Der bedrohte David: Eine Exegetische Und Rezeptionsgeschichtliche Studie Zu 1 Sam 16 - 1 Kon 2 311040057X, 9783110400571

Im Zentrum steht ein in der Forschung kaum berücksichtigtes Motiv der Daviderzählungen: der bedrohte und gefährdete Empo

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Der bedrohte David: Eine Exegetische Und Rezeptionsgeschichtliche Studie Zu 1 Sam 16 - 1 Kon 2
 311040057X, 9783110400571

Table of contents :
Inhalt
Vorwort und Dank
A. Einleitung
1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16–1Kön 2
1.1. Was ist ein „Motiv“?
1.2. Begrifflichkeit und der Versuch einer Definition von „Gefahr“ und „Bedrohung“
1.3. Auswahl der Texte und methodische Anmerkungen zur Exegese
2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa zwischen 1575 und 1720
2.1. Was ist „Wirkungsgeschichte“?
2.2. Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes und Analyse des Bildes vor dem Hintergrund des biblischen Textes – Anmerkungen zur Intermedialität
2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit
3. Fazit
B. Exegetischer Teil – Der bedrohte David in den Samuelbüchern
1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David
1.1. Apologie: Eine Fiktion zur Legitimation der Königsherrschaft Davids
1.2. Herrscherkritik: Die Bedrohung Davids im Spiegel der Erfahrung mit dem Königtum
1.3. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt
2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids
2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“ (1Sam 18 f.)
2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19–27)
2.2.1. „Denn der König von Israel ist ausgezogen, einen einzelnen Floh zu suchen…“
2.2.2. „David fürchtete sich sehr vor Achisch, dem König von Gat“ (1Sam 21,11–16)
2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)
2.4. Fazit
3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids
3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege: Die Kriege gegen Israel und die Philister
3.1.1. „Ich aber bin, obwohl zum König gesalbt, heute noch schwach…“ (2Sam 3,39)
3.1.2. „…der sagte, er wolle David erschlagen“ (2Sam 21,15–17)
3.1.3. Fazit
3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände: Absalom (2Sam 15–19), Scheba (2Sam 20) und Adonija (1Kön 1 f.)
3.2.1. „Und ich werde den König allein erschlagen…“ (Absalom-Aufstand 2Sam 15–19)
3.2.2. „Scheba, der Sohn Bichris, hat seine Hand gegen den König, gegen David, erhoben…“ (2Sam 20)
3.2.3. „Ich bin es, der König wird!“ (1Kön 1)
3.2.4. Fazit
3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“ (2Sam 16,5–14; 2Sam 19,17–24 und 1Kön 2,8 f.36–46)
3.3.1. Der verbale und nonverbale Angriff Schimis und Davids Reaktion darauf in 2Sam 16,5–14
3.3.2. Die Figur Schimis im weiteren literarischen Kontext (2Sam 19,17–24 und 1Kön 2,8 f.36–46)
3.3.3. Der historische Kontext der Schimi-Erzählungen
3.4. Fazit
4. Göttliche Strafe als Bedrohung?
4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1–15)
4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land und für David (2Sam 21,1–14 und 2Sam 24,1–25 par. 1Chr 21,1–22,1)
4.2.1. Drei Jahre Hungersnot (1Sam 21,1–14)
4.2.2. Der Tod von 70000 Mann (2Sam 24,1–25 par. 1Chr 21,1– 22,1)
4.3. Fazit
5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext
5.1. Synchrone Beobachtungen zum Motiv der Bedrohung Davids
5.2. Diachrone Beobachtungen und historische Verortung des Motives der Bedrohung Davids
5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids
C. Wirkungsgeschichtlicher Teil – Der bedrohte David in der frühen Neuzeit
1. Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten Herrschers in der frühen Neuzeit
1.1. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert
1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur? – Herrschaftsikonografie, Fürstenspiegel und Fürstentugenden in der frühen Neuzeit
1.2.1. Der heldenhafte Hirtenjunge, der den übermächtigen Goliat besiegt
1.2.2. Der Harfe spielende David
1.2.3. Der büssende David
1.2.4. Der bedrohte und gefährdete David
1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik
2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano
2.1. Benito Arias Montano (1527–1598)
2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597
2.2.1. Die Ausgabe von Antwerpen (1575) in Zusammenarbeit mit Philips Galle
2.2.2. Die Ausgabe von Frankfurt am Main (1597) mit Kupferstichen von Johann Theodor und Johann Israel de Bry
2.2.3. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos
2.2.4. Die Bilder im Vergleich
2.3. Fazit
3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz
3.1. Architektur und Bildprogramm
3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg
3.2.1. David-Zimmer (Zimmer 13)
3.2.2. Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14)
3.2.3. Vorzimmer (Zimmer 17)
3.2.4. Jagdzimmer (Zimmer 20)
3.2.5. Weitere Deckengemälde, die mit den David-Erzählungen in Zusammenhang stehen
3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler
3.3.1. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos
3.3.2. Die Maler
3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David- Bilder
3.4.1. Hans Ulrich von Eggenberg (1568–1634)
3.4.2. Johann Anton I. (1610–1649)
3.4.3. Johann Christian I. von Eggenberg (1641–1710) und Johann Seyfried von Eggenberg (1644–1713)
3.4.4. Der historische Kontext der David-Bilder
3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen in Schloss Eggenberg
3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen
3.6.1. Mögliche Vorbilder für Schloss Eggenberg
3.6.2. David-Darstellungen von Francesco Salviati im Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom
3.7. Fazit
4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen Kunst
4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn und seiner Schule
4.1.1. Die Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn
4.1.2. Die Skizzen im religions-politischen Kontext
4.1.3. Der biografische Hintergrund der Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn
4.1.4. Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Skizzen zu 2Sam 12
4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1–25 par. 1Chr 21,1–22,1 bei Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst
4.2.1. David und der Pestengel beziehungsweise David und der Engel mit den drei Strafen im Missale Romanum und Breviarium Romanum
4.2.2. Gad als bedrohliches Gegenüber zu David – zwei (Altar-)Gemälde von Jan Boeckhorst (1604–1668)
4.2.3. Der biografische und religiöse Hintergrund der Darstellungen zu 2Sam 24,1–25 par. 1Chr 21,1–22,1 – Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst
4.2.4. Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Kupferstiche und (Altar-) Gemälde zu 2Sam 24,1–25 par. 1Chr 21,1–22,1 von Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst
4.3. Fazit
5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts
5.1. Das Motiv des bedrohten David in der bildenden Kunst
5.2. Das Motiv des bedrohten David in der Musik
5.3. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur
5.4. Fazit
D. Schluss
Literaturverzeichnis
Bildanhang
1. Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten Herrschers in der Frühen Neuzeit
2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano
2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597
2.2. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos
3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz
3.1. David-Zimmer (Zimmer 13)
3.2. Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14)
3.3. Vorzimmer (Zimmer 17)
3.4. Jagdzimmer (Zimmer 20)
3.5. Weitere Abbildungen
4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen Kunst
4.1. Natan vor David (2Sam 12,1–15)
4.2. Gad vor David (2Sam 24)
Bibelstellenregister (Auswahl)
Namen- und Sachregister

Citation preview

Sara Kipfer Der bedrohte David

Studies of the Bible and Its Reception

Edited by Dale C. Allison, Jr., Christine Helmer, Choon-Leong Seow, Barry Dov Walfish, Eric Ziolkowski

Volume 3

Sara Kipfer

Der bedrohte David Eine exegetische und rezeptionsgeschichtliche Studie zu 1Sam 16 – 1Kön 2

DE GRUYTER

ISBN 978-3-11-040057-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040748-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040750-1 ISSN 2195-450X Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Logo: Martin Zech Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt Vorwort und Dank

XI

A. Einleitung . Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2 4 5 .. Was ist ein „Motiv“? .. Begrifflichkeit und der Versuch einer Definition von „Gefahr“ und „Bedrohung“ 6 .. Auswahl der Texte und methodische Anmerkungen zur Exegese

10

. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa zwischen 1575 und 1720 13 .. Was ist „Wirkungsgeschichte“? 13 .. Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes und Analyse des Bildes vor dem Hintergrund des biblischen 20 Textes – Anmerkungen zur Intermedialität .. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit 27 . Fazit

35

B. Exegetischer Teil – Der bedrohte David in den Samuelbüchern . Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David 39 .. Apologie: Eine Fiktion zur Legitimation der Königsherrschaft Davids 42 .. Herrscherkritik: Die Bedrohung Davids im Spiegel der Erfahrung mit dem Königtum 43 .. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt 45 . Gewalttätige, physische Bedrohung Davids 50 .. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“ (1Sam 18 f.) 52

VI

.. ... ... .. ..

Inhalt

„Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27) 63 „Denn der König von Israel ist ausgezogen, einen einzelnen Floh zu 71 suchen…“ „David fürchtete sich sehr vor Achisch, dem König von Gat“ (1Sam 21,11 – 16) 73 80 „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30) Fazit 90

92 . Gefährdung der Königsherrschaft Davids .. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege: Die Kriege gegen Israel 92 und die Philister ... „Ich aber bin, obwohl zum König gesalbt, heute noch schwach…“ (2Sam 3,39) 97 118 ... „…der sagte, er wolle David erschlagen“ (2Sam 21,15 – 17) ... Fazit 132 .. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände: Absalom (2Sam 133 15 – 19), Scheba (2Sam 20) und Adonija (1Kön 1 f.) ... „Und ich werde den König allein erschlagen…“ (Absalom-Aufstand 2Sam 15 – 19) 140 ... „Scheba, der Sohn Bichris, hat seine Hand gegen den König, gegen 171 David, erhoben…“ (2Sam 20) ... „Ich bin es, der König wird!“ (1Kön 1) 196 ... Fazit 200 .. „Und warf mit Steinen nach David…“ (2Sam 16,5 – 14; 2Sam 19,17 – 24 202 und 1Kön 2,8 f.36 – 46) ... Der verbale und nonverbale Angriff Schimis und Davids Reaktion darauf in 2Sam 16,5 – 14 203 ... Die Figur Schimis im weiteren literarischen Kontext (2Sam 19,17 – 24 und 1Kön 2,8 f.36 – 46) 210 ... Der historische Kontext der Schimi-Erzählungen 219 .. Fazit 223 . Göttliche Strafe als Bedrohung? 226 .. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15) 227 .. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land und für David (2Sam 21,1 – 14 und 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1) 253 ... Drei Jahre Hungersnot (1Sam 21,1 – 14) 256

Inhalt

... ..

VII

Der Tod von 70000 Mann (2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 261 22,1) Fazit 285

. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext 292 .. Synchrone Beobachtungen zum Motiv der Bedrohung Davids 294 .. Diachrone Beobachtungen und historische Verortung des Motives der 296 Bedrohung Davids .. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids 300

C. Wirkungsgeschichtlicher Teil – Der bedrohte David in der frühen Neuzeit . Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten 311 Herrschers in der frühen Neuzeit .. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert 315 .. Der bedrohte David als Identifikationsfigur? – Herrschaftsikonografie, Fürstenspiegel und Fürstentugenden in der frühen Neuzeit 323 ... Der heldenhafte Hirtenjunge, der den übermächtigen Goliat 330 besiegt ... Der Harfe spielende David 332 333 ... Der büssende David ... Der bedrohte und gefährdete David 334 .. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik 337 . Der bedrohte David bei Benito Arias Montano 351 .. Benito Arias Montano (1527 – 1598) 351 .. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597 361 ... Die Ausgabe von Antwerpen (1575) in Zusammenarbeit mit Philips Galle 362 ... Die Ausgabe von Frankfurt am Main (1597) mit Kupferstichen von Johann Theodor und Johann Israel de Bry 375 ... Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos 389 ... Die Bilder im Vergleich 396 .. Fazit 406

VIII

. Der .. .. ... ... ... ... ... .. ... ... .. ... ... ... ... .. .. ... ... ..

Inhalt

bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz 411 411 Architektur und Bildprogramm Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg 419 David-Zimmer (Zimmer 13) 421 Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) 424 428 Vorzimmer (Zimmer 17) Jagdzimmer (Zimmer 20) 430 Weitere Deckengemälde, die mit den David-Erzählungen in Zusammen432 hang stehen Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler 434 Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Pro438 phetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos Die Maler 440 Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David442 Bilder Hans Ulrich von Eggenberg (1568 – 1634) 444 456 Johann Anton I. (1610 – 1649) Johann Christian I. von Eggenberg (1641 – 1710) und Johann Seyfried von Eggenberg (1644 – 1713) 458 Der historische Kontext der David-Bilder 464 Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählun467 gen in Schloss Eggenberg Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen 476 Freskenzyklen Mögliche Vorbilder für Schloss Eggenberg 476 David-Darstellungen von Francesco Salviati im Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom 479 Fazit 487

. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen Kunst 489 .. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn und seiner Schule 490 ... Die Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn 491 ... Die Skizzen im religions-politischen Kontext 499 ... Der biografische Hintergrund der Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn 504 ... Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Skizzen zu 2Sam 12 511

Inhalt

.. ...

... ...

...

..

IX

„Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 bei Peter 516 Paul Rubens und Jan Boeckhorst David und der Pestengel beziehungsweise David und der Engel mit den drei Strafen im Missale Romanum und Breviarium Romanum 519 Gad als bedrohliches Gegenüber zu David – zwei (Altar-)Gemälde von 531 Jan Boeckhorst (1604 – 1668) Der biografische und religiöse Hintergrund der Darstellungen zu 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 – Peter Paul Rubens und Jan 533 Boeckhorst Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Kupferstiche und (Altar‐) Gemälde zu 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 von Peter Paul 539 Rubens und Jan Boeckhorst 543 Fazit

. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts 546 .. Das Motiv des bedrohten David in der bildenden Kunst .. Das Motiv des bedrohten David in der Musik 549 .. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur 553 558 .. Fazit

546

D. Schluss Literaturverzeichnis

568

Bildanhang . Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten Herrschers in der Frühen Neuzeit 653 . Der bedrohte David bei Benito Arias Montano 654 .. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597 654 .. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos 678

X

. Der .. .. .. .. ..

Inhalt

bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz 685 685 David-Zimmer (Zimmer 13) Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) 686 Vorzimmer (Zimmer 17) 688 Jagdzimmer (Zimmer 20) 690 691 Weitere Abbildungen

. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen Kunst 693 .. Natan vor David (2Sam 12,1 – 15) 693 696 .. Gad vor David (2Sam 24) Bibelstellenregister (Auswahl) Namen- und Sachregister

702 708

Vorwort und Dank Zu Beginn dieser Arbeit stand eine Reise nach Graz zu den Deckengemälden in Schloss Eggenberg. Dass die Reise und dann auch die Arbeit zu diesem Thema zu Stande kamen, habe ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Walter Dietrich von der Universität Bern zu verdanken. Für die freundliche Einladung und die vielfältigen Anregungen in zahlreichen Gesprächen danke ich Prof. Dr. Eveline Krummen von der Universität Graz ganz herzlich. Mein aufrichtigster Dank gilt an dieser Stelle Frau Dr. Barbara Kaiser sowie Mag. Paul Schuster für ihre Hinweise, die Bereitstellung des Bildmaterials sowie für die Gastfreundschaft, die es mir ermöglicht haben, zahlreiche Stunden in der Beletage von Schloss Eggenberg zu verbringen. Ebenfalls danke ich Hana Mertová, die mir während eines Forschungsaufenthaltes in Český Krumlov die Nutzung der Schlossbibliothek ermöglichte. Ein grosser Gewinn war für mich der 35. Internationale Wolfenbütteler Sommerkurs zum Thema „Herrscherkritik und Politikberatung: die Rolle von Hofpredigern an europäischen Höfen des 16. bis 18. Jahrhunderts“ an der Herzog August Bibliothek, 15. – 28. August 2010 unter der Leitung von Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte. Dankbar blicke ich auf die anregenden Diskussionen zurück. Ein grosser Dank geht zudem an Pater Alois Kurmann, OSB, Kloster Einsiedeln, der mir beim Übersetzen der lateinischen Texte geholfen hat. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr.Walter Dietrich sowie den Zweitgutachterinnen Prof. Dr. Christine Göttler und Prof. Dr. Silvia Schroer und allen, die mich auf meinem Weg immer wieder unterstützt und gefördert haben. Namentlich genannt sei hier lediglich Prof. Dr. Cheryl Exum. Ein ganz herzlicher Dank geht schliesslich an alle, die Teile meine Dissertation gegengelesen und mir wertvolle Rückmeldung gegeben haben: PD Dr. Johannes Klein, Dr. Manuel Dubach, Bettina Kindschi sowie Prof. Dr. Wolfgang Zwickel und nicht zuletzt Juliane Funkel, die die ganze Arbeit noch einmal mit grösster Sorgfalt Korrektur gelesen hat. Die Abfassung der Arbeit wurde unter anderem ermöglicht durch ein Stipendium für angehende Forschende des Schweizerischen Nationalfonds. Bei den jeweils halbjährigen Aufenthalten am Centre for Reception History der University of Oxford und am Warburg Institute in London betreuten mich Prof. Dr. Christopher Rowland sowie Prof. Dr. Elizabeth McGrath, denen ich hierfür herzlichst danke. Finanziell unterstützt wurde ich in meiner Promotionszeit auch durch ein Förderstipendium der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, für das ich ebenfalls sehr dankbar bin. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2013 von der Theologischen Fakultät der Universität Bern als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde

XII

Vorwort und Dank

sie geringfügig überarbeitet und stellenweise gekürzt. Bücher, die während der Drucklegung erschienen sind, konnten allenfalls noch ansatzweise eingearbeitet werden. Die Arbeit wurde im November 2014 mit dem Hanns-Lilje-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen ausgezeichnet. Den HerausgeberInnen der „Studies of the Bible and its Reception“ danke ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe und den MitarbeiterInnen des Verlages de Gruyter für die verlegerische Betreuung. Bern, im November 2014

Sara Kipfer

A. Einleitung David est vn grand mellange de diuerses auantures, de biens, de maux, de ioyes, de douleurs, de mépris, de gloires, de vices, de vertus, d’actions, de passions, de succez inopinez, d’accidens estranges, & de merueilles. Nicolas Caussin (1583 – 1651)

Eine sechzehnteilige Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Zeichnungen von Marten de Vos stand am Ausgangspunkt der vorliegenden Untersuchung. In einem Buch des spanischen Humanisten Benito Arias Montano und des calvinistischen Gelehrten Matthias Bergius über die David-Erzählungen wurden sie 1597 reproduziert. Fast ein halbes Jahrhundert später sind sie in einem Freskenzyklus in der Beletage des Schlosses Eggenberg bei Graz (1666 – 1775) an die Decke gemalt worden. Dargestellt werden in der Kupferstichserie nicht einfach beliebige Szenen aus den David-Erzählungen. Vielmehr stehen sie allesamt unter einem einheitlichen Thema: Mit einer Ausnahme zeigen alle Kupferstiche David an Leib und Leben bedroht, trauernd, büssend, mit einem Wort: ohnmächtig. Damit werfen sie ein in der Forschung so noch nie wahrgenommenes Licht auf den alttestamentlichen Herrscher. Überdeutlich präsentiert sich das Bild eines bedrohten und gefährdeten Machthabers. Und unweigerlich stellt sich dem Betrachter / der Betrachterin die Frage, ob sich Anhaltspunkte für das Bild des bedrohten Davids auch in den Texten der Samuelbücher finden oder ob es sich dabei um eine von der Wirkung der Geschichte¹ in der frühen Neuzeit beeinflusste ideologische Interpretation der David-Erzählungen in 1Sam 16 – 1Kön 2 handelt. Damit ist nicht nur die Ausgangsfrage gestellt, sondern es werden zugleich auch die damit verbundenen hermeneutischen und methodischen Schwierigkeiten deutlich: Vorausgesetzt wird die Möglichkeit einer Differenzierung zwischen Exegese als synchroner und diachroner Analyse der biblischen Texte und einer Untersuchung der entsprechenden Rezeption im ausgehenden 16. und 17. Jahrundert.² Diese Prämisse darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass weder die Auslegung des biblischen Textes noch die rezeptionsgeschichtliche Analyse

 Vgl. mehr zum Begriff der „Wirkungsgeschichte“ in Kapitel A. 2.1.  Oeming, M. (22007, 101) formuliert dies als Forderung: „Die Differenzierung zwischen Exegese als Erhebung der ursprünglichen Intention eines Autors und seines Textes und späteren Anwendungen, die sich von der Ursprungsintention mehr oder weniger weit entfernt haben, ist möglich und dringend nötig.“

2

A. Einleitung

„voraussetzungslos“³ ist. Historische Forschung muss immer auch ihre eigene Geschichtlichkeit mitbedenken.⁴ Die Auseinandersetzung mit der Rezeption eines Textes (Hypertext) führt jedoch unweigerlich zur Auseinandersetzung mit dem Ausgangspunkt der Rezeption (Hypotext).⁵ Und sowohl der biblische Text wie auch dessen Rezeption sind im je eigenen historischen Kontext zu verorten.⁶ Dabei gilt es in der vorliegenden Untersuchung nicht nur den „garstigen, breiten Graben“⁷ zu überwinden und auf dem Boden der Geschichte weit auseinander liegendes Material miteinander zu verknüpfen, sondern auch unterschiedliche Medien – Texte und Bilder – als Quellen ernst zu nehmen.⁸ Obwohl Intermedialität⁹ zu einem neuen Schlagwort geworden ist und der iconic turn ¹⁰ längst Einzug gehalten hat in die Bibelwissenschaft, ist die Auseinandersetzung mit dem Medium Bild bis anhin selten methodisch reflektiert worden.¹¹ Das Ziel der Untersuchung ist grundsätzlich ein Doppeltes – zum einen die Exegese ausgewählter Texte (Teil B), zum anderen eine Analyse der Rezeptionsgeschichte dieser Texte (Teil C) –, wobei in der Einleitung zu den jeweiligen Teilen

 Vgl. Bultmann, R. (1957, 409): „Die Frage, ob voraussetzungslose Exegese möglich ist, muß mit Ja beantwortet werden, wenn ‚voraussetzungslos‘ meint: ohne daß die Ergebnisse der Exegese vorausgesetzt werden. In diesem Sinn ist voraussetzungslose Exegese nicht nur möglich, sondern geboten. In einem anderen Sinn ist freilich keine Exegese voraussetzungslos, da der Exeget keine tabula rasa ist, sondern mit bestimmten Fragen bzw. einer bestimmten Fragestellung an den Text herangeht und eine gewisse Vorstellung von der Sache hat, um die es sich im Text handelt.“  Zur Geschichtlichkeit des Verstehens Gadamer, H.-G. (61990, 270 – 321). Vgl. dazu Gander, H.-H. (2000, 257– 267).  Vgl. Genette, G. (21993, 14 f.).  Das Verhältnis von biblischer Exegese und wirkungsgeschichtlicher Analyse „has received only selective attention“ – so Spieckermann, H. (2012, 348). Er führt aus: „One can not yet expect more in the contemporary situation, since methodological reflection on the connectedness of biblical exegesis and reception history is only beginning.“  So Gotthold Ephraim Lessing in Beweis des Geistes und der Kraft (1777), siehe Lessing, G. E. (1989, 443). Gadamer, H.-G. (61990, 296 – 305) spricht vom „Zeitenabstand“. Luz, U. (1985, 27) hält einen „Zwischenraum“, zwischen der Ursprungssituation des Textes und der Gegenwart fest.  Emich, B. (2008, 32) hält am Konsens unter Historikern fest: „Bilder müssen als historische Quellen umfassend erschlossen und ernst genommen werden.“  Vgl. Wagner, P. (1996, 1– 40); Rajewsky, I. O. (2002); Messerli, A. (2009, 75 – 97) u. a.  W. J. T. Mitchell und G. Boehm haben unabhängig voneinander und zeitgleich einen „iconic turn“ postuliert. Vgl. dazu die Einleitung in Belting, H. (2007, 11– 23) sowie den Briefwechsel Boehm, G. (2007a, 27– 46). Hin und wieder wird auch vom „Zeitalter des pictorial oder iconic turn“ gesprochen – so etwa Kruse, C. (2006, 15). Sachs-Hombach, K. (2006, 71) schlägt in Analogie zum linguistic turn den Begriff visualistic turn vor.  Vgl. auch O’Kane, M. (2012, 391): „While there has recently been a burgeoning of publications relating to how the Bible has been interpreted in visual culture, these rarely deal with methodological considerations.“ Eine Ausnahme bildet etwa Luz, U. (2007, 102– 119).

A. Einleitung

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spezifischer auf die Fragestellung eingegangen und ihre Relevanz erörtert sowie der aktuelle Forschungsstand und gängige Interpretationen und Theorien diskutiert werden sollen. Im einleitenden Kapitel (Teil A) stehen hermeneutische und methodische Fragen im Vordergrund, während der letzte Teil (Teil D) dazu dient, die biblischen Texte und ihre Rezeption noch einmal direkt aufeinander zu beziehen.

1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2 Das Bild, das die Samuelbücher von David zeichnen, ist grundsätzlich äusserst vielfältig: Als Hirte wurde er zum König gesalbt, er war Musiker und Tänzer, Liebhaber und Büsser, Freund und Vater, Dichter und Beter. Auch wenn es „neuerdings zunehmend Mode“ geworden ist, David „als Muster an Skrupellosigkeit und Gewalttätigkeit“¹ hinzustellen, so stellt sich die Frage doch immer wieder neu: Sieger oder Verlierer? Held oder Feigling? Gewalttäter oder Opfer von Gewalt?² Es geht im Folgenden nicht darum, ein neues David-Bild zu zeichnen oder in möglichst viele Texte eine Bedrohung hineinzulesen und David als ohnmächtigen Herrscher darzustellen. Ebensowenig will diese Untersuchung belegen, David werde in den Samuelbüchern hauptsächlich oder sogar ausschliesslich gefährdet und verfolgt gezeigt.³ Viel zu offensichtlich ist, dass es sich bei David um eine „komplexe Figur, die sich einer eindeutigen Charakteranalyse entzieht“,⁴ handelt. Statt dessen stehen folgende Fragen im Zentrum: Lässt sich synchron eine Zu- beziehungsweise eine Abnahme der Gefahr über die gesamten DavidErzählungen hinweg ausmachen? In welchem historischen Kontext sind die Texte geschrieben worden und inwiefern reflektieren sie eine historische Bedrohung beziehungsweise eine Gefährdung der davidischen Dynastie? Und: Entstammen sie ein und derselben Redaktion oder sind sie zu unterschiedlichen Zeiten von verschiedenen Autoren geschrieben worden?

 Beide Zitate aus Dietrich, W. / Mayordomo, M. (2004, 178). Vgl. zudem Dallmeyer, H.-J. / Dietrich, W. (2002, 245 f.): „War es früher üblich, David als vorbildlichen Menschen und überaus erfolgreichen Herrscher zu sehen, so wird es neuerdings eher Mode, ihn als puren Machtmenschen und Gewaltherrscher zu entlarven (noch recht differenziert der Romancier Stefan Heym, 1972, viel einseitiger Exegeten wie Würthwein, 1974; McCarter, 1980 und 1981; McKenzie, 2000). Bei den Vertretern beider Anschauungen gerät leicht in Vergessenheit, dass sie sich auf nichts stützen können als auf ihre eigenen Wunschvorstellungen und Wahrscheinlichkeitsurteile – und auf den biblischen David-Roman! Dieser erlaubt verschiedene Lektüre- und Deutungsmöglichkeiten.“  Vgl. hierzu Kapitel B. 1.3.  Vgl. dazu Klein, J. (2002, 11): „Die Beschäftigung mit dem Stoff hat jedoch immer wieder verdeutlicht, dass es im Wesentlichen von der Blickrichtung, von der aus man die Samuelbücher betrachtet, abhängt, was für Ergebnisse die Analyse erzielt.“ Ähnlich auch Willi-Plein, I. (2004, 140): „Die Gefahr von Zirkelschlüssen auf Grund der eigenen Lesererwartung wird immer wieder erkennbar, wenn etwa die Frage ‚prodavidisch’ versus ‚dynastiekritisch’ bzw. ‚königsfreundlich’ versus ‚königskritisch’ gestellt wird.“  Zach, M. (2006, 14).

1.1. Was ist ein „Motiv“?

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1.1. Was ist ein „Motiv“? Der Begriff „Motiv“ wird in Exegese⁵ und Literaturwissenschaft⁶ meist unscharf verwendet.⁷ Eine allgemein anerkannte Definition gibt es bislang nicht. Eine häufig zitierte Definition hat Elisabeth Frenzel (1963) vorgelegt: „Im Deutschen bezeichnet das Wort Motiv eine kleinere stoffliche Einheit, die zwar noch nicht einen ganzen Plot […] umfaßt, aber doch bereits ein inhaltliches, situationsmäßiges Element und damit einen Handlungsansatz darstellt.“⁸ In jüngerer Vergangenheit wurde dieser Ansatz wegen seiner Unschärfe kritisiert.⁹ Michael Andermatt hat vor dem Hintergrund der Textlinguistik eine wesentlich komplexere Definition vorgeschlagen.¹⁰ In der exegetischen Wissenschaft schlug zuletzt Jutta Krispenz unter Aufnahme dieser Definition und in Vorbereitung auf das Wörterbuch alttestamentlicher Motive¹¹ eine weitere Definition des Begriffs „Motiv“ vor: „Ein Motiv ist ein kleines Element einer Erzählung. Abgeleitet vom lateinischen Verb ‚movere‘ bezeichnet es einen minimalen schematisierbaren Erzählzug, der in der Lage ist, eine Erzählung in Gang zu setzen, bzw. im Leser zu evozieren. Es handelt sich bei dem Motiv oftmals um ein intertextuelles Phänomen, Motive erscheinen häufig in mehreren Erzählungen, dies ist jedoch keine Voraussetzung für die Einschätzung eines narrativen Elements als Motiv.“¹²

 Vgl. beispielsweise Fohrer, G. / Hoffmann, H.W. / Huber, F. / Vollmer, L. / Wanke, G. (41983, 105): „Unter einem Motiv wird in diesem Buch ein frei umlaufendes, d. h. nicht mit einem bestimmten Personenkreis verbundenes, geprägtes Bedeutungssyndrom verstanden, das ein Verfasser aus verschiedenen Gründen aufgreifen kann.“ Vgl. zudem Vieweger, D. (22005, 92 f.) und Utzschneider, H. / Nitsche, S. A. (32008, 209).  Die Motivforschung wurde über Jahrzehnte als unergiebig und einseitig positivistisch abgewertet, findet seit den 1970er Jahren jedoch wieder vermehrt Zustimmung. Vgl. den Forschungsüberblick bei Frenzel, E. (41978, 3 – 14).  Andermatt, M. (1996, 17) spricht von einem der „gebräuchlichsten Gemeinplätze“. Vgl. zur Problematik etwa Dietrich, W. (2012c, 305).  Vgl. Frenzel, E. (41978, 29):  Vgl. Andermatt, M. (1996, 17– 22).  Vgl. Andermatt, M. (1996, 25): „1. Versteht man ‚Motiv‘ auf der Ebene des Inhalts, d. h. semantisch, dann ist das Motiv ein Bestandteil der semantischen Gesamtstruktur des Textes, d. h. der Makrostruktur. 2. Versteht man ‚Motiv‘ auf der Ebene der Form, d. h. erzählpragmatisch, dann gehört es zur schematisch-technischen Struktur des Textes, d. h. es ist ein Element der Superstruktur oder narrativen Struktur. 3. Da Inhalt und Form nur theoretisch zu trennen, in Wirklichkeit aber miteinander verknüpft sind, ist das Motiv als superstrukturell formiertes Element der Makrostruktur zu verstehen.“  Vgl. Fieger, M. / Krispenz, J. / Lanckau, J. (2013).  Krispenz, J. zitiert nach http://www.atmotive.ch/motiv/, aufgerufen am 4.9. 2012.

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1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2

Das Motiv ist als inhaltliches Element Bestandteil der semantischen Gesamtstruktur des Textes und Teil der Makrostruktur und zeigt Personen und Sachen nicht isoliert, sondern in einem Zusammenhang.¹³ Dabei stellen Motive und Makrostrukturen jedoch keine feststehenden Grössen eines Textes dar, sondern konstituieren und wandeln sich unter dem Zugriff der Rezeption, wobei diese wiederum im Horizont gesellschaftlicher Diskursregelungen erfolgt.¹⁴ Das Motiv ist also eine strukturelle Grösse beziehungsweise „ein theoretisches Konstrukt und manifestiert sich deshalb nur mittelbar in einem Text, nämlich in den Sätzen, aus denen die Struktur des Motivs abgeleitet ist“.¹⁵ Diese Definition legt zusätzlich Gewicht auf eine „textimmanente Polyvalenz“,¹⁶ was bedeutet, dass der gleiche Text verschiedene Aussageabsichten haben kann. In diesem Sinn gilt es, das Motiv der Bedrohung nicht nur literarisch, sondern in einem zweiten Schritt auch rezeptionsgeschichtlich zu analysieren. Der Nachweis seiner Rezeption, also der Tatsache, dass David im 17. Jahrhundert bedroht dargestellt wurde, belegt die Bedeutung des Motivs der Bedrohung in den David-Erzählungen. Obwohl unter dieser Prämisse eine Motivkonstanz, also eine lang andauernde Tradierung beziehungsweise Rezeption eines Motivs in Text, Musik und Bild, vorausgesetzt wird,¹⁷ soll auch der grundsätzlichen Geschichtlichkeit und der Variabilität dessen, was als Bedrohung angesehen und wie darauf reagiert wird, Rechnung getragen werden.¹⁸

1.2. Begrifflichkeit und der Versuch einer Definition von „Gefahr“ und „Bedrohung“ Das Motiv der Bedrohung erschliesst sich in den Samuelbüchern weniger durch einzelne Begriffe und feste Ausdrücke und Wendungen als innerhalb ganzer Erzählzusammenhänge. Dennoch soll im Folgenden kurz auf das Begriffsfeld der „Gefahr“ beziehungsweise „Bedrohung“ eingegangen werden. Im Alten Testament gibt es hierfür kein eigenes Lexem. Das Wort ‫ ַפַחד‬bedeutet so viel wie

 Vgl. Frenzel, E. (41978, 29).  Vgl. Andermatt, M. (1996, 25 f.).  Vgl. Andermatt, M. (1996, 27).  Golka, F. W. (2006, 9).  Frenzel, E. (41978, 50 – 52) spricht in diesem Zusammenhang auch von der „Macht der Tradition“.  Vgl. Janowski, B. (2008, 109): „Die im Lauf der Geschichte bezeugten Selbstauffassungen und Selbstexplikationen des Menschen können nicht auf eine Wesensformel subsumiert, sondern müssen seiner Geschichtlichkeit und Kulturalität gerecht werden.“

1.2. Begrifflichkeit und Versuch einer Definition von „Gefahr“ und „Bedrohung“

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„Schrecken“, „Gefahr“, aber dies ist ein eher selten verwendeter Begriff und meint nicht das Abstraktum „Bedrohung“.¹⁹ Ähnlich verhält es sich auch mit dem Begriff ‫ָצָרה‬, dem die Konnotation der räumlichen Enge inhärent ist (vgl. auch die seltenen Begriffe ‫ ַצר‬und ‫ֵמַצר‬, „enger Ort“, „Bedrängnis“, sowie ‫ צוּק‬und ‫צוָּקה‬, „Enge“, „Bedrücktheit“) und der übertragen auch als „Bedrängnis“ oder „Not“ verstanden werden kann.²⁰ Die Begriffe ‫ ַצר‬und ‫ ָצָרה‬tauchen mehrfach in den im Folgenden zu untersuchenden Erzählungen von der Bedrohung Davids auf. Allerdings werden sie selten – lediglich in 1Sam 30,6 (‫ – )צרר‬im narrativen Zusammenhang verwendet und stehen meistens in der direkten Rede Davids: Zweimal verweist David in einer Formel auf Jhwh, der seine ‫ ֶנֶפשׁ‬aus aller Not (‫ )ָצָרה‬errettet hat („So wahr Jhwh lebt, der meine ‫ ֶנֶפשׁ‬aus jeder Not errettet hat“ 2Sam 4,9; 1Kön 1,29). In 1Sam 26,24 hofft David: „So möge meine ‫ ֶנֶפשׁ‬hochgeachtet werden in den Augen Jhwhs, und er möge mich erretten aus aller Bedrängnis (‫“)ָצָרה‬.²¹ Und in 2Sam 22,7 erinnert er sich schliesslich daran: „In meiner Bedrängnis (‫ )ַצר‬rief ich zu Jhwh.“ Daneben werden auch die Begriffe ‫ ָע ָנה‬und ‫ ֹעֶצר‬verwendet, um eine Notlage zu beschreiben. Vorwiegend in weisheitlichen Texten finden sich die Begriffe ‫„ ֵאיד‬Unglück“, „Not“, „Verderben“ (Ps 18,19; Hi 18,12; 21,17, 30,12; 31,23; Spr 1,26 f. u. a.) und ‫ ַה ָוּה‬für „Unfall“, „Verderben“, „Unglück“ (Hi 6,2; 30,12; Ps 57,2; 91,3; Spr 19,3). „Bedrohung“ respektive „Gefahr“ sind in 1Sam 16 – 1Kön 2 also selten begrifflich fassbar und müssen folglich aus dem jeweiligen Erzählzusammenhang erschlossen werden. Im Vordergrund steht dabei erstens die Frage, wie die Gefahr respektive die Bedrohung in den David-Erzählungen umschrieben werden, und zweitens, wie die Figuren – in erster Linie David – darauf reagieren. Grundsätzlich zu unterscheiden ist also zwischen der narrativen Beschreibung der Gefahr und der Reaktion der Figuren auf die Gefahrenquelle. In 1Sam 16 – 1Kön 2 finden sich Gefahren wie Krieg (1Sam 29; 2Sam 2,12– 32; 2Sam 5,17– 25 u. a.), die Belagerung und Einnahme einer Stadt (2Sam 5,6 – 8; 2Sam 20,15), Naturkatastrophen (2Sam 21,1; 24,15 – 17), aber auch unterschiedliche Arten physischer Gewalt wie Vergewaltigung (2Sam 13,1– 22), Angriff mit einem Speer (1Sam 18,10 f.; 1Sam 19,9 f.) oder mit Steinen (1Sam 30,6; 2Sam 16,6.13), Nachstellung und Verfolgung (1Sam 19,11 u. a.), Usurpation (2Sam 15,1– 12; 1Kön 1,5 – 53), Aufstände (2Sam 20,1), Mord und Totschlag (1Sam 22,26 – 19; 2Sam 2,27; 2Sam 4; 2Sam 11,14– 17; 2Sam 20,9 f. u. a.), schliesslich auch die Strafe Gottes (2Sam 6,6 – 9; 2Sam 12,11 f.), ferner verbale Gewalt (2Sam 16,5.7.13) und Zerstörung der

 Müller, H.-P. (1989, 556). Vgl. auch Stähli, H.-P. (1976, 412).  Vgl. Fabry, H.-J. (1989, 1114– 1122). Müllner, I. (2006, 10 f.): „Wie übrigens auch im Deutschen lässt sich eine Begriffsverbindung zwischen ‚Angst‘ und ‚Enge‘ in den Termini der Wurzel ‫צרר‬ feststellen.“  Vgl. dazu auch Schulte, H. (1972, 162).

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1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2

Lebensgrundlagen durch Brandstiftung (2Sam 14,20). Diese klar fassbaren Gefahren sind grundsätzlich zu unterscheiden von länger andauernden Leidenserfahrungen wie Altern und Krankheit (1Kön 1,1), Behinderung (2Sam 9), Kinderlosigkeit (2Sam 6,23) oder Mittellosigkeit und Armut (1Sam 22,2; 2Sam 14,1– 11). Aussergewöhnlich oft ist von Davids „Feinden“ die Rede. Der Begriff ‫ ֹא ֵיב‬ist in den Samuelbüchern 25mal belegt mit Bezug auf David: Saul ist der persönliche Feind Davids (1Sam 18,29 ‫ ;ֹא ֵיב‬vgl. zudem 1Sam 19,17; 24,5; 26,8 und implizit auch in 1Sam 24,20), aber auch die Sauliden – insbesondere Eschbaal (2Sam 4,8) – werden als Feinde Davids bezeichnet.²² Sehr viel häufiger als von diesen konkreten Feinden – weder Hadad-Ezer noch die Philister (vgl. höchstens 2Sam 5,20) werden explizit als Feinde Davids bezeichnet!²³ – ist von namenlosen, unbekannten Feinden die Rede, nämlich in 1Sam 20,15.16; 25,22.26.29; 29,8; 2Sam 3,18; 5,20; 7,1.9.11; 18,19.32; 22,1.4.18.38.41.49. Lediglich einmal werden die Feinde Jhwhs genannt (1Sam 30,26, möglicherweise auch in 2Sam 12,14)²⁴ sowie einmal der Feind des Volkes (1Sam 19,10). In deuteronomistischer beziehungsweise nach-deuteronomistischer Zeit ist schliesslich davon die Rede, dass David das Volk Israel aus der Hand aller seiner Feinde rettet (2Sam 3,18; vgl. 2Sam 22 par. Ps 18 sowie 2Sam 7,9.11 u. a.). Die Handlungen Davids als Reaktion auf diese Gefahren fallen unterschiedlich aus. David wendet sich in grosser Bedrängnis an Gott (1Sam 30,6) oder beginnt sich vor Jhwh zu fürchten (2Sam 6,9). Er flieht (‫נוס‬, ‫ ברח‬sowie ‫)מלט‬,²⁵ ignoriert den Angriff und geht weiter unbeirrt seinen Weg (2Sam 16,5 – 14) oder er sammelt weitere „Bedrängte“ (‫ )ָמצוֹק‬um sich (1Sam 22,2) und rüstet sich zum Widerstand. Die wohl wichtigste und häufigste emotionale Reaktion auf diese Gefahren ist die Angst. Diese wird entweder durch den Erzähler benannt (‫ַו ִיָּרא ְמֹאד ִמ ְפּ ֵני ָאִכישׁ‬ ‫ ֶמֶלְך־ ַגּת׃‬1Sam 21,13; vgl. 2Sam 6,9) oder durch direkte Rede (z. B. ‫ ַצר־ִלי ְמֹאד‬2Sam 24,14) zum Ausdruck gebracht. Aber auch nonverbale Äusserungen werden verwendet, um die Angst der Figuren zu verdeutlichen. Mehrfach wird das Bild vom „Erschlaffen der Hände“ verwendet (vgl. ‫ ַו ִיְּרפּוּ ָיָדיו‬2Sam 4,1, wo die Furcht Eschbaals beschrieben wird, sowie in 2Sam 17,2, wo Ahitofel Absalom gegenüber von Davids schlaffen Händen [‫ ]וְּרֵפה ָיַדיִם‬spricht).²⁶ Bei Mutlosigkeit und Furcht

 In seltenen Fällen wird auch das Wort ‫ ָר ָשׁע‬verwendet, wo David Saul gegenüber seine Treue bekundet (1Sam 24,14; vgl. zudem 2Sam 4,11). Vgl. dazu Keel, O. (1969, 110).  Vgl. Na’aman, N. (1995, 394) spricht von Hadad-Ezer als „David’s arch-enemy during his wars with Israel’s neighbours“.  Vgl. zur Textkritik dieser Stelle Kapitel B. 4.1.  Vgl. Kapitel B. 2.2.  Vgl. Gruber, M. I. (1990, 416 Anm. 24). Das Motiv vom Erschlaffen der Hände kommt auch in Jes 13,6 7 f.; 35,3 f.; Jer 6,24; 38,4; 47,3, 50,43; Ez 21,12; Zeph 3,16, Hi 4,3, Ezra 4,4; 2Chr 15,7 vor. In der

1.2. Begrifflichkeit und Versuch einer Definition von „Gefahr“ und „Bedrohung“

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werden nicht nur die Hände schlaff, sondern auch das Herz „fällt“ (‫ַאל־יִ ֹפּל ֵלב־ָאָדם‬ 1Sam 17,32).²⁷ Gerade in den Texten, in denen sich David in Gefahr befindet, wird häufig etwas über sein Gefühlsleben mitgeteilt. Immer wieder erfahren wir von Davids „fear or perception of persecution and danger“.²⁸ Dies ist umso auffälliger als „glimpses into David come seldom“.²⁹ Mehrfach wird zudem festgehalten, dass David in Situationen der Not weint (‫)בכה‬. In seltenen Fällen sind es Tränen der Rührung, beispielsweise beim Abschied von David und Jonatan (1Sam 20,41) oder Tränen der Reue nach seinem Ehebruch mit Batseba (2Sam 12,21 f.). Mehrheitlich sind es Tränen der Trauer (1Sam 30,4bis; 2Sam 1,12; 3,32; 13,36; 15,30bis; 19,1 f.).³⁰ David trauert auffälligerweise gerade um diejenigen, die ihn bedrohten: Saul, Abner – zumindest gibt Joab vor, dass Abner nicht zu trauen sei³¹ – und Absalom. Er weint zudem über das niedergebrannte Lehen Ziklag und seine verschleppten Frauen (1Sam 30,4), aber auch bei seiner Flucht vor Absalom aus Jerusalem weint David (2Sam 15,30). In einer fast formelhaften Notiz (‫ )בקשׁ את־נפשׁ‬wird immer wieder betont, dass Menschen David nach dem Leben trachten. Meist geht die Gefahr von Saul, aber auch von „Feinden“ aus. In dieser Wortkombination ‫ בקשׁ‬+ ‫ ֵאת‬+ ‫ ֶנֶפשׁ‬wird insgesamt sieben Mal in direkter Rede erwähnt, dass Davids Leben in Gefahr ist (1Sam 19,2.10; 20,1; 22,23; 25,29; 2Sam 4,8; 16,11), und einmal wird dies vom Erzähler mitgeteilt (1Sam 23,15). Auch davon, dass David sein Leben retten kann beziehungsweise dass sein Leben gerettet wird, ist mehrfach die Rede (vgl. 1Sam 19,11 ‫ ;ְמַמֵּלט ֶאת־ ַנְפש‬1Sam 19,12.17 f.; 22,1; 23,13; 27,1; 2Sam 19,6). Es dominieren in den Samuelbüchern die Begriffe ‫ ֶנֶפשׁ‬, aber auch ‫„( חיה‬Leben“) und als Gegensatz dazu ‫„( מות‬Tod“). Insgesamt 65mal kommt ‫ חיה‬in 1Sam 1– 1Kön 2 vor, und 163mal findet sich der Begriff ‫מות‬. Folgt man diesem begrifflichen Befund, dann geht es in den

sogenannten Aufstiegsgeschichte ist sehr häufig von der „Hand“ (‫ )יד‬die Rede: „Davids Hand hält die Leier (1Sam 16,16.23; 18,10); nie erhebt er sie gegen seine Widersacher (24,7.13.14; 25,26.33; 26,9.11.23), auch dann nicht, wenn Gott ihm diese in die Hand zu geben scheint (24,5.11.19; 26,8.23). Saul hingegen hält den Spieß in der Hand und zögert nicht, ihn einzusetzen (18,10; 19,9; 20,33; 22,6); er versucht zu arrangieren, dass die Philister Hand an David legen (18,17.21.25), und als er ihn später selber zu ergreifen sucht, verhindert Gott immer wieder, dass David ihm in die Hand fällt (23,7.14.17.20; 24,14).“ – So Dietrich, W. (2011a, 51*).  Vgl. Schmidt, W. H. (1995, 87). Vgl. zu weiteren Begriffen und Metonymien wie Herzklopfen, Reglosigkeit, Schwäche- und Hitzegefühl zur Beschreibung von Furcht oder Angst Kruger, P. A. (2001, 77– 89) und Kruger, P. A. (2005, 651– 663).  Steussy, M. J. (1999, 69).  Steussy, M. J. (1999, 54).  Vgl. dazu Lang, B. (2001, 1074 f.). Auch von König Saul wird übrigens gesagt, dass er weint, 1Sam 24,17. Vgl. zudem Collins, T. (1971, 18 – 38.185 – 197).  Vgl. Kapitel B. 3.1.1.

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1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2

Samuel-Erzählungen generell und in den David-Erzählungen im Besonderen buchstäblich um Leben und Tod.³² Über die gesamten Erzählungen verstreut findet sich daher auch die Bezeichnung von David als „Sohn des Todes“ (‫בן־מות‬ 1Sam 20,31; 2Sam 12,5). Diese Bezeichnung wird nur von David oder in Hinblick auf ihn verwendet.³³ In 1Sam 20,30 f. wird in einer Rede Sauls zuerst Jonatan als „Sohn einer verkehrten Widerspenstigkeit“ (‫) ֶבּן־ ַנֲע ַות ַהַּמְרּדוּת‬, dann David als Sohn Isais und schliesslich David als Sohn des Todes (‫ )ֶבן־ָמ ֶות‬bezeichnet.³⁴ Die Frage Jonatans „Warum soll er sterben?“ (1Sam 20,32) zeigt, dass der Ausdruck durchaus wörtlich verstanden werden kann. Immer wieder kommt also in den David-Erzählungen die Bedrohung direkt oder indirekt zur Sprache.

1.3. Auswahl der Texte und methodische Anmerkungen zur Exegese Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgende Textauswahl: In einem ersten Kapitel (C. 2.) geht es um die Gefahren für David innerhalb von 1Sam 16 – 31. Im Vordergrund steht der Angriff Sauls mit seinem Speer auf David (1Sam 18,10 f. par. 1Sam 19,9 f.), dann aber auch die Verfolgung Davids und seine Flucht vor Saul (1Sam 19 – 27). In diesen sogenannten „Flucht-“ beziehungsweise „Philistererzählungen“ wird die Gefahr, die von Saul, aber auch von Achisch, dem König von Gat, ausgeht, immer wieder thematisiert. Schliesslich wird Davids Lehen, die Stadt Ziklag, von den Amalekitern zerstört und niedergebrannt. Das Volk spricht daraufhin davon, David mit Steinen zu bewerfen (1Sam 30). In einem weiteren Kapitel (C. 3.) steht die Bedrohung der Königsherrschaft Davids im Vordergrund. David muss sich gegen äussere Feinde verteidigen, gleichzeitig aber auch Spannungen und Aufstände im Inneren bewältigen. Damit geht es hier auch nicht mehr ausschliesslich um die direkte, physische Bedrohung Davids, sondern auch um die Gefährdung seiner Macht. Als Letztes folgt schliesslich in Kapitel C. 4. die Darstellung der Bedrohung durch eine Strafe Gottes. Neben der Gewalt im Äussern wie auch im Innern werden hier auch Naturkatastrophen – Hungersnot und Pest – beschrieben, die das Kö-

 Vgl. Fokkelman, J. P. (2010, 27): „Counting the times a keyword occurs in the beginning and at the end of the composition led us to the envelope of the whole and confirmed the importance of the contrast between life and death.“  Pyper, H. S. (1996, 162) hat festgehalten, dass „the phrase ‘son of death‘ becomes indelibly attached to the name of David“. Vgl. ausführlich dazu Pyper, H. S. (1996, 161 f.).  Vgl. Pyper, H. S. (1996, 161): „Suffice it to note here that the phrase ‘son of death’ comes as the culmination of a series of ‘son of …’ phrases, all of which have a negative connotation.“

1.3. Auswahl der Texte und methodische Anmerkungen zur Exegese

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nigreich erschütterten. Meistens werden David die Unheilsankündigungen durch einen Propheten übermittelt (2Sam 12,1– 15a; 2Sam 24,1– 25 par. 1Chr 21,1– 22,1). Dabei geht es weniger um eine direkte physische Bedrohung Davids als um das heikle Gefüge von Sünde und Strafe, König und Prophet, Macht und Ohnmacht. Die Frage nach der historischen Verortung der Texte von einer Bedrohung Davids einerseits und die Frage nach der Darstellung der Bedrohung Davids innerhalb des literarischen Kontextes andererseits machen eine Kombination aus entstehungsgeschichtlichen Hypothesen und einer endtext-orientierten Zugangsweise notwendig. Einer ausführlichen synchronen, textorientierten Analyse³⁵ folgt jeweils in einem zweiten Schritt eine diachrone Analyse. Die David-Erzählungen sind kein einheitliches literarisches Produkt. Ihrer langen Entstehungsgeschichte soll Rechnung getragen und entsprechend nach dem historischen, sozialen, politischen und religionsgeschichtlichen Kontext des Motivs von der Bedrohung Davids gefragt werden.³⁶ Auch wenn eine Unterscheidung in fiktionale und faktuale Erzählungen³⁷ beziehungsweise in Fiktion und Historiographie grundsätzlich problematisch ist,³⁸ darf dies nicht dazu führen, die Suche nach der Darstellung einer sowohl innerhalb wie ausserhalb der Texte liegenden Realität aufzugeben.³⁹ Hinweise auf eine mögliche historische Verortung der Texte oder einzelner Verse geben lexikalische und syntaktisch-stilistische Beobachtungen,⁴⁰ aber auch Orts- und Zeitenangaben sowie Sachverhalte. Der vorliegenden Studie liegt das Entstehungsmodell von Walter Dietrich zu Grunde.⁴¹ Ausgangspunkt bilden zahlreiche unterschiedliche David-Überlieferungen: Listen, Einzelüberlieferungen, die allesamt alt sind (10. / 9. Jh.), sowie ganze Erzählkränze (vgl. etwa den Erzählkranz vom Freibeuter David, eine eher  Im Vordergrund steht ein literarischer, narratologischer Zugang.  Garsiel, M. (1993, 247): „Since the story under discussion forms part of a historiographical account of a historical period, we must, whatever the difficulties, study that period and the ways in which it is reflected in the biblical narrative continuum.“  Vgl. Genette, G. (1992, 65 – 94).  Vgl. Naumann, T. (2000a, 137): „Es gibt kein einziges sicheres Kriterium dafür, in den erzählten Welten historisch zuverlässige Nachrichten, die in der ‚Hofgeschichte‘ enthalten sein können, von ‚fiktionalen‘ Elementen zu trennen.“ Vgl. zudem van Oorschot, J. (2000, 1– 27) u. a.  Vgl. Kunz, A. (2000, 73 f.): „Nicht die Rekonstruktion aufgelisteter historischer Fakten kann somit die primäre Aufgabe der Textinterpretation sein, sondern die Rekonstruktion von inscription, also die Darstellung einer sowohl innerhalb als auch außerhalb des Textes liegenden Realität.“ Vgl. auch Kaiser, O. (1988, 7): „Aber die Ausklammerung der literar- und redaktionsgeschichtlichen Fragestellungen würde unsere Disziplin nicht nur gegenüber den anderen historischen Disziplinen isolieren, sondern auch zu einem Verlust der geschichtlichen Dimension in der Verkündigung und Lehre der Kirche führen.“  Vgl. beispielsweise Polak, F. H. (2010, 34– 73) u. a.  Siehe beispielsweise Dietrich, W. (2011a, 38*-58*) und Dietrich, W. (1997, 229 – 273).

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1. Das Motiv der Bedrohung in 1Sam 16 – 1Kön 2

locker gefügte Komposition von Geschichten)⁴² oder die Batseba-Salomo-Novelle (2Sam 11 f. und 1Kön 1 f.),⁴³ möglicherweise aus dem 8. Jh. Diese unterschiedlichen Quellen sind im Höfischen Erzählwerk⁴⁴ zusammengeflossen und wurden vom Höfischen Erzähler teilweise ergänzt. Diese grössere Erzählsammlung dürfte nach 722 v.Chr. entstanden sein.⁴⁵ Es folgten mehrere deuteronomistische Redaktionen (deutlich erkennbar etwa in 2Sam 7* und 2Sam 12,7b – 12)⁴⁶ sowie spätnachexilische Zusätze (etwa in 2Sam 22,1– 51 par. Ps 18). Ist im Folgenden von der sogenannten „Aufstiegsgeschichte“ beziehungsweise von der sogenannten „Thronfolgegeschichte“⁴⁷ die Rede, dann sind nicht in erster Linie frühere Hypothesen über die vor-deuteronomistischen Geschichtsschreibungen im Blick; vielmehr werden die Begriffe verwendet, um das jeweilige Textkorpus in den Blick zu nehmen. Allen Anfragen über Beginn und Ende der jeweiligen Erzählwerke zum Trotz sind doch zwei Erzählblöcke in 1Sam 16 – 2Sam 5 (oder 7 oder 8) und in 2Sam 9 – 20 und 1Kön 1 f. erkennbar und voneinander zu unterscheiden.⁴⁸

 Vgl. Dietrich, W. (2011a, 57*).  Vgl. zu einer Trennung von 2Sam 9; 13,1– 20,26 von 2Sam 11,2– 27; 12,15b – 25; 1Kön 1– 2* sowie zur Datierung der Texte zuletzt ausführlich Hutton, J. M. (2009, 187– 201).  Davon zu unterscheiden ist eine von Kratz, R. G. (2000, 182) postulierte Sammlung der Jerusalemer Hofgeschichten, die sich auf 2Sam 11– 1Kön 2 beschränkt.  Vgl. auch Kaiser, O. (2000, 99 f.120), der ebenfalls von einer „Hofgeschichte“ spricht.  Vgl. Kapitel B. 4.1.  Die von Leonhard Rost 1926 postulierte Thronfolgeerzählung steht schon lange und immer noch unter Kritik.Vgl. Schulte, H. (1972, 138 f.); Kaiser, O. (1988, 5 f.); de Pury, A. / Römer, T. (2000) u. a. Vgl. zudem den Forschungsüberblick bei Kreuzer, S. (2000, 187– 194). Rudnig, T. A. (2006, 1) kommt zu dem Schluss: „Die Geschichte von der Thronnachfolge Davids ist derzeit einer der umstrittensten Textbereiche im Alten Testament.“  Dies zeigt sich nicht nur in der unterschiedlichen Thematik, sondern auch am Vokabular, den genannten Figuren, den unterschiedlichen Ortsangaben oder darin, dass in der Aufstiegsgeschichte stärker redaktionelle Verknüpfungen einzelner Quellen deutlich werden.

2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa zwischen 1575 und 1720 Texte von der Bedrohung Davids wurden in unterschiedlichen Medien rezipiert. Im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung steht die Frage, wie die biblischen Texte in Europa zwischen 1575 und 1720 verstanden und in theologisch-politischen, exegetischen sowie homiletischen Werken und bildlichen Darstellungen ausgelegt wurden.¹ Andere künstlerische Umsetzungen wie beispielsweise die musikalische Interpretation müssen angesichts der Vielfalt der hier behandelten Zugänge etwas zurückstehen und werden nur am Rande erwähnt. Es geht bei der wirkungsgeschichtlichen Untersuchung in erster Linie um eine Erschliessung des Kontextes, in dem die Rezeption stattfindet, und um die Frage nach der ideologischen beziehungsweise ideologiekritischen Verwendung der Texte.

2.1. Was ist „Wirkungsgeschichte“?² Grenzen sich „Auslegungsgeschichte“, „Rezeptionsgeschichte“ (reception history) und „Wirkungsgeschichte“ (effective history, auch: history of influence, history of consequences oder history of effects)³ semantisch voneinander ab oder handelt es sich dabei um synonym verwendbare Begriffe?⁴ Angesichts der diffusen Begriffslage ist eine Definition unerlässlich.⁵ Oft wird der Ausdruck „Rezeptions-

 Die Rezeption der Antike war bereits in der frühen Neuzeit Thema theoretischer Abhandlungen. Zu nennen wäre beispielsweise Charles Perraut, Parallèle des Anciens et des Modernes, 1693. Vgl. van de Wetering, E. (2006b, 80 – 81) und Klancher, N. (2013, 99 – 129).  So die Frage von Gnilka, J. (1983, 330).  Sawyer, J. F. A. (2012, 298) spricht von „history of interpretation“, die er mit dem Begriff „Wirkungsgeschichte“ gleichsetzt. Insgesamt bevorzugt er jedoch die Begriffe „reception criticism“ beziehungsweise „biblical reception“ – so Sawyer, J. F. A. (2012, 325). Luz, U. (52002, 108) gibt dem Begriff „history of influence“ den Vorzug.  Zu nennen wäre hier ferner die Rezeptionsästhetik (reception theory), die auf Hans Robert Jauss zurückgeht. Vgl. Jauss, H. R. (1987) u. a.  Hertzberg, H. W. (1962, 69 – 80) spricht von „Nachgeschichte“. Diese ist nicht zu unterscheiden von der historisch-kritischen Exegese. Sie beginnt mit der Redaktionsgeschichte und dem innerbiblischen „Weiterwirken“ des Textes. Lange davor hat Aby Warburg auf das „Nachleben“ der Antike – vgl. Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 10.32) – und den „Einfluss der Antike“ aufmerksam gemacht. „Was bedeutet der Einfluss der Antike für die künstlerische Kultur der Frührenaissance?“, so die Frage Aby Warburgs in einem Vortrag in Rom 1912, in: Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 373). Und am 24. Oktober 1924, bezeichnet er die Frage „nach dem

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

geschichte“ weiter gefasst als der Begriff „Auslegungsgeschichte“,⁶ der für die Auslegung eines Textes in Kommentaren⁷ steht. Hin und wieder wird unter „Auslegungsgeschichte“ auch die innertheologische Debatte verstanden, während der „Rezeptionsgeschichte“ ein weiterer ideen- und kulturgeschichtlicher Rahmen zugeschrieben wird. Eine gewisse Differenzierung zwischen „Rezeptionsgeschichte“ einerseits und „Auslegungsgeschichte“ andererseits erscheint sinnvoll und methodisch notwendig, auch wenn es schwierig bleibt, eine klare Linie zu ziehen. Im Folgenden wird der Begriff „Auslegungsgeschichte“ für die philosophische, theologische, exegetische, ästhetische usw. Literatur, die sich explizit mit dem Bibeltext befasst, verwendet.⁸ Unter „Rezeptionsgeschichte“ wird die Aufnahme eines biblischen Textes in Literatur, Musik, bildender Kunst, Theater usw. verstanden. Zur Interpretation der Auslegung eines Textes braucht es beides: theoretische Auslegung und das Verstehen eines biblischen Textes, das nicht nur durch das Wahrnehmen seiner Aussagen geschieht, sondern in Bildern, Literatur und Musik ihren Ausdruck findet. Eine rezeptionsgeschichtliche Untersuchung kommt – so die These, die im Folgenden weiter ausgeführt werden soll – ohne Einbezug der Auslegungsgeschichte, also theoretisch reflektierender zeitgenössischer Analysen, nicht aus. Von der Auslegungs- und Rezeptionsgeschichte, die also lediglich auf formalen Unterschieden beruhen, klar zu unterscheiden ist der Begriff der „Wirkungsgeschichte“.⁹ Der Begriff „Wirkungsgeschichte“ ist verschiedentlich in

Einfluß der Antike auf spätere Kulturepochen“ als „Mittelpunkt und Leitstern“, in: Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 680).  Vgl. Luz, U. (52002, 107 f.). Anders Räisänen, H. (2001, 269): „In my opinion, the decisive line should be drawn, not between reception in different media, but between the actual ‚effectiveness‘ of a text and such reception‘ as does not let it be effective.“ Vgl. Ebeling, G. (1964, 22): „Kirchengeschichte ist die Geschichte der Auslegung der Heiligen Schrift.“  Vgl. Luz, U. (52002, 107).  Die Grenze bleibt fliessend. Vgl. Brandt, R. (22001, 8): „Der Übergang von der Darlegung einer Theorie in der literarischen Form eines Gedichtes hin zur Dichtung, die zwar philosophische Überzeugungen zur Darstellung bringt, jedoch nicht eigentlich theoretisch expliziert, dieser Übergang ist häufig ein nur gradueller, so daß die Werke sowohl der Philosophie wie auch der Kunst zugeordnet werden können.“  Mayordomo, M. (1998, 349) setzt Rezeptions- und Auslegungsgeschichte gleich und differenziert davon die Wirkungsgeschichte. Gnilka, J. (1983, 340) unterscheidet Auslegungs- und Wirkungsgeschichte: „Ich möchte das Verhältnis beider zueinander so verstehen, daß ich Wirkungsgeschichte als Oberbegriff und Auslegungsgeschichte als Teil der ersten begreife.“ Vgl. zudem Gnilka, J. (1998, 1590). Anders Luz, U. (2005, 17): „Ich verstehe ‚Wirkungsgeschichte‘ der biblischen Texte als Synonym von ‚Rezeptionsgeschichte‘.“ Vgl. zur Begrifflichkeit auch Räisänen, H. (1992, 340 f.) sowie Räisänen, H. (1992, 306 – 313). O’Kane, M. (2012, 390 f.) schlägt ebenfalls eine Unterscheidung zwischen Rezeptionsgeschichte und Wirkungsgeschichte vor. Er verwendet beide

2.1. Was ist „Wirkungsgeschichte“?

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Verruf geraten, sei es, weil er die rekonstruierende Tätigkeit des Subjektes verschleiere¹⁰ oder zu sehr auf identifizierbaren Wirkungen der Bibel in Kultur und Gesellschaft beharre.¹¹ Diese Kritik wird jedoch obsolet, wenn man von der ursprünglichen Verwendung des Begriffes bei Hans-Georg Gadamer ausgeht. Gadamer bezeichnete damit nicht die „Wirkung der Texte“,¹² sondern die „Wirkung der Wirkungsgeschichte“,¹³ womit er das unaufhebbare Hineinwirken der Überlieferung in die hermeneutische Situation des Interpreten meint:¹⁴ „Es heißt ‚Wirkungsgeschichte‘, nicht nur, weil der Text in der Geschichte auf uns wirkt, sondern, weil die Geschichte beim Verständnis des Textes in uns wirkt.“¹⁵ Der Begriff „Wirkungsgeschichte“ wird hier also zur Bezeichnung einer hermeneutischen Position und nicht semantisch koextensiv mit „Rezeptionsgeschichte“ verwendet.¹⁶ Für Gadamer ist Wirkungsgeschichte ein Moment im Vollzug des Verstehens.¹⁷ Dabei geht es bei einer „wirkungsgeschichtlichen“ Analyse nicht um die philologische oder historische Aufgabe, die Fortwirkung eines Textes zu untersuchen,¹⁸ sondern um „das machtvolle Übergreifen der Geschichte selbst auf das endliche Bewußtsein des Verstehenden“.¹⁹ Wenn dennoch in seltenen Fällen von der Wirkung der biblischen Texte gesprochen wird – etwa bei Heikki Räisä-

Begriffe zur Bezeichnung einer hermeneutischen Position, sieht den Begriff der „Wirkungsgeschichte“ jedoch stärker rezipientenorientiert.  Vgl. Berger, M. (1994, 80): „Auch bloße Rezeptivität ist von der rekonstruierenden Tätigkeit des Subjekts bestimmt. […] Aus diesem Grund schiene mir auch der Begriff der ‚Rezeptionsgeschichte’ sinnvoller als der eine eben solche Passivität unterstellende Ausdruck ‚Wirkungsgeschichte’.“ Vgl. dazu Koch, K. (1991, 150).  Diese Kritik wird insbesondere von feministischer Seite laut. Vgl. Fischer, I. / Økland, J. / Navarro Puerto, M. / Valerio, A. (2009, 31): „Der Ausdruck ‚Wirkungsgeschichte‘ […] setzte zu stark voraus, dass die Bibel die Ursache von klaren und identifizierbaren Wirkungen in der Kultur und der Gesellschaft war.“  Vgl. so etwa Luz, U. (52002, 108), der festhält, dass der Ausdruck „Rezeption“ in erster Linie den rezipierenden Menschen konnotiert, während bei „Wirkungsgeschichte“ „die Wirkkraft der Texte selber anklingt“. Luz, U. (2005, 17) spricht auch von einer „wirkungsmächtigen Spur“.  Gadamer, H.-G. (61990, 305 f.). Vgl. dazu Gander, H.-H. (2007, 120): „Im Sinne Gadamers meint Wirkungsgeschichte jenes Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart, in dem die Vergangenheit die Gegenwart durch das Hineinspielen ihrer Überlieferung konstitutiv mitbestimmt.“  Vgl. Lessing, H.-U. (2004, 846).  Mayordomo, M. (1998, 348).  Vgl. zur unterschiedlichen Verwendung des Begriffs Pöttner, M. (2004, 126) sowie Mandelkow, K. R. (1974, 82).  Vgl. Gnilka, J. (1983, 330).  Vgl. Steinmann, M. (2005, 1596).  Mayordomo, M. (1998, 348).

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

nen²⁰ und Ulrich Luz²¹ –, dann liegt der „Verdacht […] nahe, daß hier christliche Exeget/innen von dem theologischen Axiom einer dem biblischen Text innewohnenden ‚Kraft‘ her argumentieren.“²² Da alles Verstehen auf vorgängiger Deutung beruht, „fordert hermeneutisches zwingend historisches Bewußtsein“.²³ Gadamer kritisiert entschieden die Naivität des sogenannten „Historismus“ beziehungsweise des „historischen Objektivismus“ und den universalen Anspruch wissenschaftlicher Methodik.²⁴ Seine Forderung ist daher auch gerade nicht methodischer, sondern theoretischer Art, und sein Postulat eines „Prinzips der Wirkungsgeschichte“ „zielt nicht auf die Ergänzung der konkreten historischen Erforschung eines Werks durch Rezeptionsgeschichte […], sondern versteht sich vielmehr als Forderung“²⁵ nach einem „wirkungsgeschichtlichen Bewusstsein“.²⁶ Es geht also nicht darum, „daß man die Wirkungsgeschichte als eine neue selbständige Hilfsdisziplin der Geisteswissenschaften entwickeln sollte, sondern daß man sich selber richtiger verstehen lerne und anerkenne, dass in allem Verstehen, ob man sich dessen ausdrücklich bewußt ist oder nicht, die Wirkung der Wirkungsgeschichte am Werke ist.“²⁷ In diesem Sinn soll an dem Begriff „Wirkungsgeschichte“ als einem „Grundterminus“²⁸ der

 Räisänen, H. (1992, 339).Vgl. Räisänen, H. (2001, 272): „Presumably nothing ever resulted from the impact of the Bible alone. Other factors are always involved. But one can speak of the influence of the Bible, when some part of it has been a necessary condition for a development.“  Luz, U. (52002, 108) votiert für den Begriff der „Wirkungsgeschichte“, weil darin „die Wirkkraft der Texte selber anklingt“, und verteidigt sich gegen den Vorwurf eines „theologischen Axioms“, an dessen Stelle er die „konstitutive[n] Erfahrung“ als Ausgangspunkt setzt – so Luz, U. (52002, 108 Anm. 313).  Mayordomo, M. (1998, 350).  Oeming, M. (22007, 92).  Vgl. Gadamer, H.-G. (61990, 1). Steinmann, M. (2005, 1597) spricht in Hinblick auf Gadamers Hermeneutik von einer Metakritik des modernen Geschichtsverständnisses.  Lessing, H.-U. (2004, 846). Vgl. dazu auch Boehm, G. (21985a, 23): „Gegenüber der offenen Antinomie des Historismus, einerseits das Geschichte schreibende Subjekt historisch verankern zu müssen, es andererseits aber instand zu setzen, die Objektivität einer Begebenheit jenseits aller perspektivischen Abschattung zu intendieren, baut die Wirkungsgeschichte auf einen Prozeß der Verständigung, der dieser Dissoziation nicht unterliegt.“  Gadamer, G. (61990, 307).  Gadamer, H.-G. (61990, 306). Vgl. Gadamer, H.-G. (61990, 305): „Wenn wir aus der für unsere hermeneutische Situation im ganzen bestimmenden historischen Distanz eine historische Erscheinung zu verstehen suchen, unterliegen wir immer bereits den Wirkungen der Wirkungsgeschichte.“ Und Stuhlmacher, P. (21986, 214) hat im Anschluss an Gadamer festgehalten: „Das Verstehen von Überlieferung wird m.a.W. nicht nur vom Interpreten, sondern auch wesentlich von der Überlieferung und ihrer Ausstrahlung konstituiert […].“ Vgl. dazu auch Räisänen, H. (1992, 338). Räisänen, H. (2001, 263) spricht von „influence of the bible“.  Lessing, H.-U. (2004, 846). Vgl. auch Steinmann, M. (2005, 1596).

2.1. Was ist „Wirkungsgeschichte“?

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philosophischen Hermeneutik Gadamers festgehalten werden. Gleichzeitig wird gerade wegen dieses begrifflichen Festhaltens an Gadamers Terminologie auch die Aufgabe und Methodik „wirkungsgeschichtlicher Untersuchung“ schwammig. Eine gewisse Zweideutigkeit in dem Begriff des „wirkungsgeschichtlichen Bewusstseins“ hat Gadamer selbst nachträglich eingeräumt.²⁹ „Kontextualität alles Verstehens“ und „Pluriformität der Wahrheit“ sind wichtige Schlagworte der gegenwärtigen hermeneutischen Diskussion.³⁰ Der Gefahr der Beliebigkeit der wirkungsgeschichtlichen Forschung soll mit einer sorgfältigen Einbettung in den jeweiligen historischen Kontext begegnet werden: „Die Aufgabe des historischen Verstehens schließt die Forderung ein, jeweils den historischen Horizont zu gewinnen, damit sich das, was man verstehen will, in seinen wahren Maßen darstellt. Wer es unterläßt, derart sich in den historischen Horizont zu versetzen, aus dem die Überlieferung spricht, wird die Bedeutung der Überlieferungsinhalte mißverstehen.“³¹ Die Rezeption der biblischen Texte soll daher, ebensowenig wie die Texte selber, isoliert von ihrem Kontext betrachtet werden. Im Zentrum steht dabei immer die Frage: „Warum hat jemand in einer bestimmten Zeit unter bestimmten Voraussetzungen einen Text so und nicht anders gelesen und ausgelegt?“³² Dieser Betonung der „Wirkmacht“ der Geschichte und der stark rezipientenorientierten Textanalyse ist entgegenzuhalten, dass Gadamer den Texten eine Wahrheit zugestand.³³ Luz hat in diesem Zusammenhang von einem „literatur-

 Vgl. Gadamer, H.-G. (21993, 444): „Die Zweideutigkeit desselben besteht darin, daß damit einerseits das im Gang der Geschichte erwirkte und durch die Geschichte bestimmte Bewußtsein, und andererseits ein Bewußtsein dieses Erwirkt- und Bestimmtseins selber gemeint ist.“  Vgl. Oeming, M. (22007, 92).  Gadamer, H.-G. (61990, 308). Vgl. dazu auch Gnilka, J. (1983, 331).  Utzschneider, H. / Nitsche S. A. (32008, 287), die hier auf die zwei von Marquard vorgeschlagenen Fragerichtungen bei der Interpretation eines Textes eingehen.  Gadamer, H.-G. (61990, 308 f.): „Der Text, der historisch verstanden wird, wird aus dem Anspruch, Wahres zu sagen, förmlich herausgedrängt. Indem man die Überlieferung vom historischen Standpunkt aus sieht, d. h. sich in die historische Situation versetzt und den historischen Horizont zu rekonstruieren sucht, meint man zu verstehen. In Wahrheit hat man den Anspruch grundsätzlich aufgegeben, in der Überlieferung für einen selber gültige und verständliche Wahrheit zu finden.“ Gnilka, J. (1983, 331) führt aus: „Wer die eigene Geschichtlichkeit verleugnet und jede Vergangenheit in ihrem eigenen Sein zu sehen sich bemüht, wer die Wahrheit nur historisch sucht, hat ihren Anspruch grundsätzlich schon aufgegeben.“ Vgl. zudem Luz, U. (1985, 31 f.). Für Ebeling, G. (1964, 15) liegt die eigentliche Erkenntnis darin, sich selber zu verstehen: „In dieser Eigenart historischen Verstehens ist darum ferner begründet, daß der Sinn geschichtlicher Erkenntnis sich nicht erschöpft in der Erkenntnis dessen, wie es einmal gewesen ist, auch nicht in irgendwelchen politischen, moralischen, weltanschaulichen, apologetischen oder polemischen Nutzanwendungen für die Gegenwart und Zukunft – das alles sind gewissermaßen nur die Ab-

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

wissenschaftlichen Axiom“ gesprochen, das voraussetzt, „dass die Texte einen festen Sinnkern haben, welcher durch Lektüren nicht beliebig verändert oder dekonstruiert wird“.³⁴ Der Wahrheitsanspruch eines Textes, also die adäquate Sinnerschliessung seines Gehalts, entfaltet sich jedoch erst in einem kritisch reflektierten Verstehen.³⁵ Wirkungsgeschichtliche Analyse ist somit viel mehr als „Faktensammlung“.³⁶ Dabei muss die Balance zwischen auslegungsgeschichtlichen Detailfragen und hermeneutischen Grundsatzproblemen immer wieder neu ausgelotet werden.³⁷ Zusammenfassend soll die Frage nach der Relevanz einer wirkungsgeschichtlichen Untersuchung und erst recht im Gegenüber zu einer historisch-kritischen Exegese folgendermassen festgehalten werden: 1. Die wirkungsgeschichtliche Analyse fungiert als Korrektiv.³⁸ Sie legt vergessene Interpretationen eines biblischen Textes frei und mahnt gerade dort zur Vorsicht, wo Texte über Jahrhunderte einseitig (miss)verstanden wurden.³⁹ Dabei wirkt sie sowohl stabilisierend als auch destabilisierend.⁴⁰ 2. Die wirkungsgeschichtliche Analyse macht das Vorverständnis⁴¹ des Interpreten eines Textes deutlich und zeigt, wo wir uns heute im Gegenüber zum Text befinden.⁴² Dabei wird die persönliche Entscheidung und die Verantfallprodukte geschichtlicher Erkenntnis –, sondern allein darin, daß man in der Begegnung mit der Geschichte sich selbst verstehen lernt.“ Vgl. zum Wahrheitsverständnis Gadamers Gander, H.H. (2007, 113 – 116).  Luz, U. (2005, 18 Anm. 7).  Gander, H.-H. (2007, 108).  Vgl. Mayordomo, M. (1998, 348): „Die verständliche Abneigung Gadamers gegen eine Wirkungsgeschichte, die sich als bloße Faktensammlung versteht, steht allerdings in einer gewissen Spannung zu der Tatsache, daß das Bewußtsein der Geschichtlichkeit des eigenen Verstehens ohne konkrete Einblicke in die Auslegungs- und Rezeptionsgeschichte kaum zustande kommen kann.“ Vgl. zudem Räisänen, H. (2001, 272): „Effective history inevitably involves the analysis of a complex processs.“  Vgl. Mayordomo, M. (2005, 12).  Luz, U. (52002, 111): „Die Auslegungs- und Wirkungsgeschichte liefert aber auch Korrektive. Sie zeigt exemplarisch, was wir durch die Texte werden könnten.“ Vgl. zudem Luz, U. (1985, 29 f.); Luz, U. (2005, 16 f.).  Hunziker-Rodewald, R. (2005, 65 f.) bestimmt die Bedeutung der Rezeptionsgeschichte als „Anregung“ und „Warnung“.  Mayordomo, M. (2005, 12) fragt: „Dient sie [die Wirkungsgeschichte] der Festigung von Auslegungstraditionen oder kommt ihr eine Rolle bei der Begründung sachkritischer Entscheide zu?“  Der Begriff des „Vorverständnisses“ beziehungsweise des „Vorurteils“ geht ebenfalls auf Gadamer zurück. Vgl. Gadamer, H.-G. (61990, 281– 290 u. a.).  Vgl. Berger, M. (1994, 81): „Was kann Rezeptionsgeschichte leisten? […] Sie kann eine (begrenzte, weil nie vollständige) Antwort auf die Frage geben, welche Voraussetzungen meiner eigenen Exegese sich unter Umständen dieser Wirkungsgeschichte verdanken.“ Dazu auch Luz, U.

2.1. Was ist „Wirkungsgeschichte“?

3.

4.

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wortung gegenüber der Tradition, aber auch die Tragkraft der Tradition deutlich.⁴³ Die wirkungsgeschichtliche Analyse lotet die unterschiedlichen Zugangsweisen und Interpretationen ein und desselben Textes in einem spezifischen historischen Kontext aus.⁴⁴ Die wirkungsgeschichtliche Analyse erinnert daran, dass das „Verstehen eines biblischen Textes nicht durch Feststellen seiner Aussagen geschieht, sondern darüber hinaus durch Handeln und Leiden, durch Singen, Malen und Dichten, durch Beten und Hoffen“.⁴⁵

(1985, 25 – 27). Luz, U. (2005, 15) führt zudem aus: „Bewusstmachung der Wirkungsgeschichte biblischer Texte bedeutet die Entdeckung der eigenen Verflechtung in den Wirkungszusammenhang der biblischen Texte und damit Erhellung der eigenen hermeneutischen Situation gegenüber den Texten.“  Vgl. Luz, U. (1985, 32) und Parris, D. P. (2009, 2– 11). Der Vorwurf der Rehabilitierung des Autoritäts- und Traditionsbegriffs hat Gadamer immer wieder den Ruf eines gepflegten Konservatismus eingebracht. Vgl. dazu Gander, H.-H. (2007, 112 f.). Die „Rehabilitierung der Tradition“ scheint heute nicht mehr problematisch, sondern geradezu notwendig. Donner, H. (1994b, 258) hat mit Blick auf Baruch Spinoza festgehalten, dass man bei diesem lernen kann, „was Emanzipatoren im Zeichen der Vernunft gewöhnlich vergessen: daß sich die kritische Auflösung von Theorien nicht ohne, sondern mit der Tradition vollzieht, daß Emanzipation im Zeichen der Vernunft nicht gegen die Tradition, sondern mit der Tradition geschieht. Spinozas gewiß nicht geringes philosophisches Selbstbewußtsein hat ihn nicht gehindert zu schreiben: ‚daß ich nicht in der Absicht geschrieben habe, Neuerungen einzuführen, sondern das Entstellte zu verbessern (depravata corrigere), und ich hoffe, daß ich es noch einmal verbessert sehen werde.“  Siehe die Definition Koch, K. (1991, 151): „Rezeptionsgeschichte heißt Untersuchung der Rahmenbedingungen, die den Verstehenshorizont eines literarischen Werkes bei grundsätzlich unverändertem Wortlaut im Laufe der Zeit bei veränderter Leserschaft unterschiedlich prägen.“  Luz, U. (52002, 112 f.). Vgl. Räisänen, H. (2001, 280): „But the effective history also presents a challenge to biblical scholarship which is still mainly concerned with origins. This concern goes back to a theological motive: origins used to be regarded as normative. This axiom has been questioned in recent times. […] If the question of the effects of the Bible is a critical issue, if it is a meaningful task methodologically, and if biblical study ought to have something to do with vital issues of life, then effective history could claim a good deal of the energy of biblical scholars.“ Ebenso Ebeling, G. (1964, 24): „Aber Auslegung der Heiligen Schrift vollzieht sich nicht nur in Verkündigung und Lehre und erst recht keineswegs etwa primär in Kommentaren, sondern auch im Handeln und Leiden. Auslegung der Heiligen Schrift vollzieht sich in Kultus und Gebet, in theologischer Arbeit und persönlichen Entscheidungen, in kirchlicher Organisation und Kirchenpolitik, in der Weltherrschaft der Päpste und in der Kirchenhoheit von Landesherren, in Kriegen im Namen Gottes und in Werken barmherziger Liebe, in christlicher Kulturgestaltung und klösterlicher Weltflucht, in Martyrien und Ketzerverbrennungen. Unter ‚Auslegung‘ will nicht nur die ausgesprochene, sondern auch die unausgesprochene, nicht nur die bewußte, sondern auch die unbewußte, nicht nur die positive, sondern auch die negative Beziehung zur Heiligen Schrift verstanden sein.“

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

2.2. Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes und Analyse des Bildes vor dem Hintergrund des biblischen Textes – Anmerkungen zur Intermedialität Der Einbezug von Bildern geschieht nicht zu illustrativen Zwecken,⁴⁶ sondern hat mit der Frage nach der Verwendung der unterschiedlichen Medien Text und Bild im Spannungsfeld von Macht und Ohnmacht, Herrschaftsideologie und Königskritik, Propaganda und Feindbild zu tun. Zu Beginn steht also die Prämisse, dass Bilder bestimmte philosophische Themen darstellen, „Theorie im Medium der bildlichen Darstellung exponieren“⁴⁷ und biblische Texte auszulegen vermögen.⁴⁸ Bilder kommunizieren jedoch grundsätzlich anders als Texte.⁴⁹ Das Bild wird im Folgenden im Sinn der historischen Bildwissenschaft⁵⁰ verstanden und auf seine exegetischen Aussagen hin befragt, woraus sich eine Wechselwirkung ergibt. Die Bedeutung des Bildes für die Auslegung des Textes und die Bedeutung des biblischen Textes für das Bild sind gleichermassen zentral: Was vermag einerseits ein Text zu vermitteln, was sich nicht im Bild ausdrücken lässt? Was kann andererseits ein Bild über die Textaussage hinaus zum Ausdruck bringen? In welchem Verhältnis stehen Text und Bild zueinander? Gibt es eine Sprachlichkeit der Bilder und eine Bildlichkeit der Sprache, die die Grenzen zwischen den Medien verwischen? Diese Fragen und die Bestimmung der Auf Was Wohlfeil, R. (1986, 91) innerhalb der Geschichtswissenschaft kritisiert hat, gilt gerade in zunehmendem Masse für die Theologie, nämlich dass „Bilder zur Illustration genutzt werden und damit vornehmlich mit der Absicht, Bücher verkaufsfördernd auszustatten“. Dass dies „wissenschaftlich unverantwortbar“ ist, brauche nicht weiter begründet zu werden, vielmehr sei offensichtlich, dass auch „die wissenschaftliche Nutzung von Bildern […] einer leitenden Fragestellung“ bedürfe, so Wohlfeil, R. (1986, 92).  Brandt, R. (22001, 8).  Vgl. Gadamer, H.-G. (61990, 149): „Die ‚Idealität‘ des Kunstwerks ist nicht durch die Beziehung auf eine Idee als ein nachzuahmendes, wiederzugebendes Sein zu bestimmen, sondern wie bei Hegel, als das ‚Scheinen‘ der Idee selbst.Von der Grundlage einer solchen Ontologie des Bildes aus wird der Vorrang des Tafelbildes, das in die Gemäldesammlung gehört und dem ästhetischen Bewußtsein entspricht, hinfällig. Das Bild enthält vielmehr einen unauflösbaren Bezug zu seiner Welt.“  Vgl. Kruse, C. (2006): „Bilder kommunizieren anders als Sprache oder Schrift, ihre Wirkungsweise ist intensiver, ihr Informationsgehalt polyvalent.“ Vgl. zudem Bätschmann, O. (52001, 36 – 45.48 – 50.146 – 148). Boehm, G. (42006, 29) spricht von einer „ikonischen Differenz“. Vgl. zudem Boehm, G. (21985b, 454– 460).  Nach Sachs-Hombach, K. (2006, 73) haben die historisch orientierten Bildwissenschaften „vor allem die Geschichtlichkeit der Bilder und ihre besondere Eignung zur kulturellen Selbstverständigung zum Gegenstand“. Vgl. auch Kruse, C. (2010, 81– 104).

2.2 Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes

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gabe, „einen biblischen Text durch das Medium des Bildes zu verstehen“,⁵¹ ist bis anhin weitestgehend unbeantwortet geblieben.⁵² Während die Auslegung des biblischen Textes im Medium des Bildes in jüngster Zeit etwa unter dem Begriff der „visual exegesis“⁵³ im Wissenschaftsdiskurs angemessene Anerkennung fand, ist die sogenannte „Ikonografie“, die auf Panofsky⁵⁴ zurückgeht und die den Bildinhalt vor dem Hintergrund antiker Texte beschreibt und analysiert, eine etablierte wissenschaftliche Methode kunsthistorischer Forschung.⁵⁵ Zwar ist gerade diese Methode in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten,⁵⁶ da die „Bedeutungsanalyse eines Bildes auf die Rekonstruktion des zugrundeliegenden Bildes im Rekurs auf die schriftlichen Quellen und literarischen Vorgaben reduziert“⁵⁷ werde. Unter Vernachlässigung der Bildinterpretation würden Texte Bildern vor- und übergeordnet – was noch verschärft in der christlichen Ikonografie hervortritt: „Das treibende Moment der christlichen Ikonographie ist das Interesse an der Kontinuität christlicher Kultur.“⁵⁸ Dieses Analyseverfahren führe entsprechend zu einer Trivialisierung des Bildes, da dieses in den Dienst der christlichen Lehre gestellt und an dieser gemessen werde. Auch der Begriff der „visual exegesis“ ist problematisch, da dieser nur die Funktion des Bildes bezeichnet, nämlich die „Auslegung“ des biblischen Textes im Medium des Bildes, und verschleiert, dass zum Verständnis eines Bildes mit biblischem Inhalt immer eine Interpretation der visuellen Darstellung des Textes

 Luz, U. (2007, 102).  Vgl. Hoeps, R. (2007, 11), der von einer „theologischen Bildreserve“ spricht.  Der Begriff der „visual exegesis“ hat vermutlich der Kunsthistoriker Paolo Berdini geprägt – siehe Berdini, P. (1997). Knaap, A. C. (2004, 184 f.) spricht mit Blick auf Rubens Gemälde von „visual exegesis“. Curschmann, M. (2007, 155) spricht von „imagined exegesis“. Exum, J. C. (2011, 475) schlägt den Begriff „visual criticism“ vor. Der Begriff der „iconocraphic exegesis“ wird für die Exegese, die altorientalische Bilder bei ihrer Auslegung einbezieht, verwendet. Vgl. dazu de Hulster, I. (2009) sowie de Hulster, I. / Schmitt, R. (2009).  Mehr dazu weiter unten.  Vgl. dazu Kopp-Schmidt, G. (2004, 9); Bätschmann, O. (52001, 58 – 66); Eberlein, J. K. (72008, 175 f.) sowie den Sammelband von Poeschel, S. (2010).  Vgl. Bätschmann, O. (51991, 460 – 484). Zu Kritik, Selbstkritik und Perspektiven der Ikonologie Eberlein, J. K. (72008, 184– 188).  Stock, A. (1990, 177).Vgl. zur Kritik an der ikonologischen Analyse auch Büttner, F. / Gottdang, A. (22009, 22). Die ikonografische Analyse führt nur unter zwei Bedingungen zu eindeutigen Ergebnissen – wie Bätschmann, O. (52001, 65) festgehalten hat: „1. muß man den Text identifizieren können, auf den sich eine bildliche Darstellung bezieht; 2. muß man nachweisen können, daß der eruierte Text der intendierte Sinn der bildlichen Darstellung ist.“  Stock, A. (1990, 176).

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

nötig ist.⁵⁹ Bilder sind grundsätzlich nicht lediglich mit Blick auf die biblischen Texte zu interpretieren, sondern sie müssen als eigenständiges Medium ernstgenommen werden.⁶⁰ Es kann zwar vorausgesetzt werden, dass das Bild als Form der Textexegese (und nicht etwa als selbstständige Quelle) erscheint und entsprechend eine sekundäre Intermedialität vorliegt, da der biblische Text lange Zeit als Text tradiert und rezipiert wurde, bevor er einen Medienwechsel erfahren hat. Diese Umsetzung einer Textvorgabe in ein Bild stellt dabei immer einen „VerlustGewinn-Prozeß“⁶¹ dar, den es mitzubedenken gilt. Erst durch eine Ausgewogenheit in der Berücksichtigung von Bild einerseits sowie Text und Kontext andererseits wird eine sinnvolle Bildanalyse möglich.⁶² Neben dem biblischen Text spielt also auch die jeweilige (Bild‐)Tradition und die Auslegungstradition eine entscheidende Rolle.⁶³ Dies ist keineswegs eine neue Einsicht, sondern geht letztlich auf Aby Warburg (1866 – 1929) zurück, der zu seiner so genannten „ikonologischen Analyse“⁶⁴

 Dies wurde in einem Gespräch mit Ben Quash in London deutlich, der vorsichtiger von „the arts as scriptural exegesis“ spricht. Vgl. dazu auch Exum, J. C. (2010, 473 – 476).  So hat etwa Gadamer, H.-G. (61990, 139) festgehalten, dass es möglich ist, „ein jedes Werk der bildenden Kunst ‚unmittelbar‘, d. h. ohne daß es einer weiteren Vermittlung bedarf, als es selbst [zu] erfahren.“ Seine Ontologie des Bildes sowie der stark rezipientenorientierte Zugang zum Bild ist gerade in der jüngsten Vergangenheit häufig für die „visual exegesis“ herangezogen worden. Vgl. O’Kane, M. (2008, 10); Davey, N. (2011, 1– 26); O’Kane, M. (2012, 394– 398). Gadamer hat zwar keine Bildhermeneutik geschrieben, aber seine Untersuchung, was beim Verstehen geschieht, beschränkte sich nicht auf die Sprache – ähnlich Boehm, G. (2007a, 34). Vgl. zudem Bacsó, B. (2003, 183 – 192) und Teichert, D. (2003, 193 – 217).  Stock, A. (1990, 179).  Stock, A. (1990, 179) hat diese methodische Forderung folgendermassen umschrieben: „Das bildlich gegebene Surplus kann sich die Theologie aber nur aneignen, soweit es wiederum in Sprache überführt werden kann. Das kann nur gelingen, wenn die theologische Sprachbewegung versucht, dem Bild nachzukommen, seiner eigentümlichen Sinnspur zu folgen und sich darin selbst zu erneuern, also sich einen Sprachgewinn durch das Bild hindurch zu erarbeiten. Das heißt nicht, daß das bildliche Surplus vollends diskursiv eingelöst werden könnte, sondern definiert nur eine Bedingung, jenseits derer ein Bild für die Theologie auf sich beruhen bleiben muß. Diese Bedingung impliziert die Erwartung, daß ein Bild, indem man auf seine Bildlichkeit eingeht, theologisch zu denken und zu sprechen gibt. Bei diesem Umsetzungsversuch kann die Theologie auf nichts ohne weiteres verzichten,was im Rahmen der Kunstwissenschaft zu einem vorliegenden Bild geschrieben und gesagt worden ist.“  Christian Tümpel hat immer wieder betont, dass sowohl der biblische Text als auch die (Bild‐) Tradition bei der visuellen Darstellung eine zentrale Rolle spielt. Vgl. beispielsweise Tümpel, C. (1980, 135 f.).  Von einer „ikonologischen Analyse“ spricht Aby Warburg zum ersten Mal 1912 in einem Vortrag in Rom, in: Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 396).Vgl. Kopp-Schmidt, G. (2004, 48 – 52). Zudem Lerm, C.-M. (1994, 150): „Warburgs besondere Art der Quellenverwendung, Einbe-

2.2 Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes

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weit verstreutes Quellenmaterial beizog und die Werke in den Kontext der Geistesgeschichte einband. Erwin Panofsky (1892– 1968) hat diese Methode weiter differenziert.⁶⁵ Zu Beginn seiner Ausführungen verweist Panofsky auf Lessing, der ein Missverständnis Lukians, der im 2. Jahrhundert n.Chr. ein Basisrelief von Zeuxis falsch gedeutet hat, aufdeckt. Damit verweist er auf das Grundproblem, dass „ein Mensch des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts […] ein Bild aus dem 5. Jahrhundert vor Christo in seinem reinen Sachbestand nicht ohne weiteres eindeutig zu erkennen und zu beschreiben vermag […].“⁶⁶ Vor diesem Hintergrund beschreibt Panofsky ein dreistufiges Interpretationsmodell. Dieses umfasst: 1. eine vorikonografische Beschreibung zur Erfassung des primären oder natürlichen Sujets (sogenannter Phänomensinn), 2. die ikonografische Analyse, die auf die Identifikation der dargestellten Personen, Motive, Symbole und ihre Kombination mit Themen aus der biblischen, mythologischen, religiösen und historischen Literatur aufbaut (sogenannter Bedeutungssinn) 3. die ikonologische Interpretation, die Erkenntnisse über Epoche, Gesellschaft, das Individuum (Künstler und Auftraggeber) und seine Haltung zu Religion, Politik, Moral, Philosophie etc. untersucht (sogenannter Dokumentsinn).⁶⁷ In diesem letzten Schritt wird das Bild zu einem Beleg für bestimmte Einstellungen des Auftraggebers, des Malers und der Epoche.⁶⁸ Es ist ein Dokument seiner Zeit. Aber um den „Dokumentensinn“ des Bildes zu verstehen, muss es im Gesamtzusammenhang der geistigen Welt, in der es entstanden ist, gedeutet werden. „Die Rede vom Bild verlangt, die visuelle Kompetenz des Menschen zu reflektieren, und erfordert eine Einbindung in kulturelle Kontexte. Bildverstehen ist Kontextuali-

ziehung von sozialgeschichtlichen, kulturwissenschaftlichen und geschichts-philosophischen Aspekten, hat die Kunstgeschichte in seiner Nachfolge zu einer exakteren, ernster zu nehmenden Wissenschaft werden lassen.“  „Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst“, 1932 sowie „Ikonographie und Ikonologie“, 1955. Vgl. Panofsky, E. (22006a+b).  Panofsky, E. (22006a, 6). Vgl. dazu Bätschmann, O. (1991, 461 f.), der an dieser Stelle auf Gadamer verweist. Vgl. zudem Bätschmann, O. (52001, 19).  Vgl. Panofsky, E. (22006a, 5 – 32) und Panofsky, E. (22006b, 43 – 59). Dazu beispielsweise KoppSchmidt, G. (2004, 51– 60) sowie Eberlein, J. K. (72008, 179 – 182) u. a.  Vgl. Panofsky, E. (22006b, 39): „Er [der eigentliche Gehalt] wird erfaßt, indem man jene zugrunde liegenden Prinzipien ermittelt, die die Grundeinstellung einer Nation, einer Epoche, einer Klasse, einer religiösen oder philosophischen Überzeugung enthüllen, modifiziert durch eine Persönlichkeit und verdichtet in einem einzigen Werk.“ Vgl. Kopp-Schmidt, G. (2004, 57).

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

sierung.“⁶⁹ Dies bedingt eine sorgfältige Analyse der zur Verfügung stehenden Quellen und Informationen. Oskar Bätschmann spricht auch von „visuellen und literarischen Referenzen eines Bildes“.⁷⁰ Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Einbezug weiterer Bilder, der sogenannten ikonografischen Tradition, zu. Zahlreiche druckgrafische Werke⁷¹ und Bilderbibeln⁷² dienten den Malern als Vorlage und Inspirationsquelle.⁷³ Der „Einfluss“⁷⁴ der Druckgrafik auf die Malerei ist kaum zu unterschätzen. Erst ein Überblick über die Darstellungen zum gleichen Bildthema ermöglicht eine sogenannte „Interbildlichkeit“⁷⁵ – in Anlehnung an den Begriff „Intertextualität“. Die Analyse gleicher oder ähnlicher Bilder und Bildthemen und die Erkenntnis von Wiederaufnahmen und Abhängigkeiten deckt Einmaliges und überraschende Neuerungen auf. Einflüsse und Anregungen lassen sich jedoch kaum verstehen ohne die Biografien von Künstlern und Auftraggebern, Hofpredigern und Regenten. Das dichte Netz an Beziehungen⁷⁶ nicht zuletzt zwischen Künstlern und Auftraggebern und der reiche kulturelle Austausch in der frühen Neuzeit ist kaum zu überschätzen.⁷⁷

 Katthage, G. (2003, 6), zitiert nach: http://www.theomag.de/25/geka1.htm, aufgerufen am 18.5. 2009.  Bätschmann, O. (72008, 214). Vgl. mehr dazu Bätschmann, O. (72008, 214– 217).  Maarten van Heemskerck (1498 – 1574), Maarten de Vos (1532– 1603) und Bernard Salomon (1506 – 1561?) bieten auf Grund ihres „systematic or encyclopaedic approach“ – so van der Coelen, P. (1996a, 19) – eine riesige Fülle an „Illustrationen“ zum Alten Testament. Ein guter Überblick über die Buchillustration im Deutschland des 16. und 17. Jahrhunderts findet sich bei Kunze, H. (1993).Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 15 f.) zu Bernard Salomons Werk: „Salomon’s woodcuts were published by Jean de Tournes in Lyon. This was done in the form of picture Bibles. In these books the Bible is told with the aid of images.The biblical text itself is not included, but its content is often summed up in short verses. A total of 26 editions of Salomon’s picture Bible were published in no less than seven languages, including German, Dutch and English.“  Vgl. van der Coelen, P. (2002, 218): „Bilderbibeln gehören zur ‚Pictura-Poesis-Literatur‘, einem Genre, das seit dem 16. Jahrhundert eine enorme Entwicklung durchlaufen hatte.“  Vgl. Tümpel, C. (1994a, 8).Vgl. ausführlich zur alttestamentlichen Druckgrafik van der Coelen, P. (2002).  Vgl. zur Problematik des Begriffs van de Wetering, E. (2006b, 86): „Einfluß als Erklärungsmodell für die starke Verwandtschaft zwischen den Werken zweier Künstler erweist sich jedoch häufig als unzutreffend. Das Denken in Konkurrenzkategorien, wie es im Emulationsmodell beschlossen liegt, paßt viel besser zur Denkweise zu Rembrandts Zeit.“  Der Begriff wird mit Blick auf Aby Warburgs Bilderatlas (Mnemosyne) bei Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 614) verwendet.  Dieser Sachverhalt ist in der Geschichtswissenschaft mit dem Begriff „Verflechtung“ („network“) umschrieben. Vgl. den Forschungsüberblick bei Reinhardt, N. (2002, 235 – 262).  So hat McGrath, E. (2000, 43) etwa für Antwerpen festgehalten: „There are friendships, documented in works of art as well as in letters and in pages of those erudite autograph albums

2.2 Auslegung des biblischen Textes im Medium des frühneuzeitlichen Bildes

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Zum jeweiligen Bildverständnis sind darüber hinaus auch textliche Quellen unterschiedlichster Art von Bedeutung. Es kann sich dabei um spirituelle Handbücher, Legenden und Funeralien handeln,⁷⁸ die Aufschluss geben über das Selbstverständnis der Auftraggeber, aber auch um Briefe und Inventare etc.⁷⁹ Zu den Bildern, die sich dem gleichen Thema widmen, und den unterschiedlichsten Quellen, die Aufschluss geben über den historischen Kontext, tritt schliesslich die Auslegungsgeschichte im oben definierten Sinne: theoretische Schriften aller Art, die sich direkt mit dem biblischen Text befassen. Von besonderer Bedeutung ist im Hinblick auf die visuelle Auslegung des jeweiligen Textes die Berücksichtigung zeitgenössischer Kommentare.⁸⁰ Häufig folgen diese dem System der „Anmerkungen“ (Annotationes), „eine Wort-für-Wort-Auslegung in bekannten Kapiteln, mit gelegentlichen Exkursen zu besonderen Problemen“.⁸¹ Neben Kommentaren sind auch theologische, ästhetische, polittheoretische und philosophische Schriften zu nennen. Das Medium der Predigt bildet für zahlreiche Themenbereiche des 17. Jahrhunderts eine Hauptquelle.⁸² Umso erstaunlicher ist es, dass Predigten bisher kaum in die rezeptionsgeschichtliche und bildhistorische Forschung einbezogen wurden.⁸³ Die Predigt ist in der frühen Neuzeit zweifellos „das entscheidende Vermittlungsmedium zwischen kirchlicher Lehre und Alltagwirklichkeit, zwischen Prediger und Gesellschaft“⁸⁴ – und nicht zuletzt

(alba amicorum) cherished by learned Northerners: of Hoefnagel and Bruegel with Ortelius; of Van Veen with Ortelius and Lipsius, of Rubens finally with Moretus, Woverius, Gevatius.“ Vgl. zudem Warnke, M. (21996).  Insbesondere Leichenpredigten, sogenannte Funeralien, geben Aufschluss über die Identifikation eines Herrschers mit einer biblischen Figur.  Vgl. Jacobson, R. (1995, 163 – 173).  Vgl. beispielsweise Hugo Grotius, Annotationes In Vetus Testamentum, 1644, Paris; Johann Gottlob Carpzow, Introductio ad libros Canonicos Bibliorum Veteris Testamenti, 1721; Richard Simon, Histoire Critique du Vieux Testament, Amsterdam, 1685; Patrick Symon, Commentary upon the Historical Books of the Old Testament, 1703; Pool Matthew, The Annotations upon the Holy Bible by Pool Matthew; John Meyer, Many commentaries in one: upon, Joshuah. Judges. Ruth. 1 and 2 of Samuel. 1 and 2 of Kings. 1 and 2 of Chronicles. Ezra. Nehemiah. Esther, 1647; John Trapp, Annotations upon the Old and New Testament, 1662 u. a. Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 33 f.).  Reventlow, H. (1997, 216).  Vgl. Sommer, W. (1999, 288 f.). Vgl. zur Bedeutung der Predigt als Quelle für Kirchen- und Theologiegeschichte sowie zur Predigtinterpretation Sommer, W. (1999, 292 f.) und Tode, S. (2006, 87– 123).  Ausnahmen bilden etwa Heinen, U. (1996) sowie Baumgarten, J. (2004).  Sommer,W. (1999, 293). Zwar besteht zwischen dem mündlichen Kommunikationsakt und der schriftlichen Fixierung von Predigten ein wesentlicher Analyseunterschied – darauf hat Tode, S. (2006, 87) hingewiesen –, doch bietet die schriftliche Überlieferung eine wichtige Quelle der Rezeptionsgeschichte.

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

auch zwischen biblischem Text und Künstler. Die Predigt ist ein schichtenübergreifendes Medium der Wissensvermittlung und gibt wie kaum ein Medium Aufschluss über das Verständnis eines biblischen Textes in einer bestimmten Zeit.⁸⁵ Allerdings lässt sie sich „nur aus ihrem Gesamtzusammenhang interpretatorisch erschließen, so daß Textaussage, theologische Gedankenführung und die Applikation an die Hörer in gleicher Weise zu betrachten sind“.⁸⁶ Schliesslich war auch das Verhältnis zwischen ästhetischer Theorie und Kunst grundsätzlich wechselseitig.⁸⁷ Künstler rezipierten in ihren Werken Theorie und Philosophie, und umgekehrt wurde die Kunst zum Ausgangspunkt theoretischer Reflexion. Ähnliches mag auch für den Prozess der Auslegung der biblischen Texte gelten: Künstler wurden von zeitgenössischen Textauslegungen geprägt und prägten diese wiederum durch ihre Visualisierung.⁸⁸ Bei diesem wechselseitigen Prozess erscheint der Künstler als Exeget.⁸⁹ Ihm kommt also eine wichtige Rolle zu, auch wenn es in den meisten Fällen unmöglich ist, überhaupt etwas über die Intention des Künstlers auszusagen.⁹⁰ Aufschluss darüber gibt etwa die Frage, welche bildlichen und textlichen Quellen dem Künstler zur Verfügung standen und in welchem religiös-politischen Diskurs er sich befunden hat. Immerhin gibt es mehrere Beispiele, die belegen, dass sich Künstler auch theologisch, philosophisch und politisch geäussert haben. Dirck Volckertsz. Coornhert beispielsweise war „engaged in public debates on this matter [Prädestination], time after time

 Vgl. Tode, S. (2006, 91).  Sommer, W. (1999, 293).  Vgl. Juntunen, E. (2005, 7): „Die Frage nach dem Verhältnis von schriftlicher Überlieferung kunsttheoretischer Topoi und ihrer Umsetzung in Kunstwerken kann allerdings nicht mit einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis gekennzeichnet werden, denn theoretische Reflexionen im Bild sind nicht zwingend von ihrer schriftlichen Fixierung und Tradierung abhängig oder durch sie bedingt. Neue Studien zu italienischen Künstlern legen vielmehr nahe, daß sie an der Auseinandersetzung mit aktuellen kunsttheoretischen Fragestellungen parallel zu ihrer schriftlichen Fixierung mit innerbildlich gefaßten Stellungnahmen beteiligt waren.“  Dies hat Terrien, S. (2004, 268 – 278) gezeigt.  Vgl. Tümpel, C. (1993, 126), der an zahlreichen Beispielen demonstriert hat, dass sich Rembrandt „in die Geschichte vertieft und ihre Besonderheiten durch die in seiner Zeit gültige Bildsprache ausgedrückt hatte.“ Vgl. zudem Belting, H. (52000, 511), der festhält, dass der Künstler Dichter ist und Anspruch hat „auf dichterische Freiheit. Mit ihr interpretiert er auch religiöse Wahrheiten.“  Vgl. Bätschmann, O. (52001, 67): „Die Ermittlung der Intention ist möglich, wenn von ihr eine Spur vorhanden ist, die sie dokumentiert: ein Text, ein aufgezeichnetes Gespräch und dergleichen. In vielen Fällen wird man also über die Intention eines Künstlers überhaupt nichts aussagen können, oder man kann nur mehr oder weniger begründete Vermutungen aufstellen aufgrund der geschichtlichen oder sozialen Situation des Künstlers oder seiner Auftraggeber oder Zeitgenossen usw.“

2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit

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stressing man’s own responsibility to strive for salvation by doing what is good and refraining from evil“.⁹¹ Das Bildungsniveau der Künstler war aber sehr unterschiedlich und bei der Wahl des Themas eines Bildes spielten schliesslich auch die Auftraggeber eine Rolle.⁹² Sowohl Auftraggeber wie Künstler hatten dabei jeweils konkrete Adressaten vor Augen. Die Bilder sollten die Betrachtenden von einer bestimmten Interpretation überzeugen.⁹³ Damit wird deutlich, dass das Bild aus zahlreichen Gegensätzen und Spannungen besteht: Es steht zuallererst in der Spannung zwischen Abhängigkeit vom biblischen Text und der Eigenständigkeit des Bildes, dann aber auch zwischen Tradition und Innovation („Interbildlichkeit“) und schliesslich zwischen Herrschaftsauftrag und Kunsttat.⁹⁴

2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit Genauso wie sich die Bibelauslegung seit der frühen Neuzeit gewandelt hat, wandelte sich auch das Verständnis der Bilddeutung.⁹⁵ Im Folgenden gilt es daher, überblicksartig nach der Hermeneutik biblischer Texte und ihrer visuellen Darstellung zu fragen.⁹⁶

 Sellink, M. S. (1997, 98).  Vgl. Nagel, I. (2010, 42): „Der Auftraggeber bestimmte nicht nur das Thema, sondern auch dessen Deutung – und wies dem Einzelbild oder Zyklus seinen geeigneten oder ungeeigneten Platz (in Kirche, Herrscherpalast, Rathaus oder Privatzimmer) zu.“  Vgl. van Eck, C. (2007, 28) u. a.  Vgl. ähnlich Nagel, I. (2010, 42): „Im Gemälde selbst wohnen die Gegensätze: 1. zwischen Herrschaftsauftrag und Kunsttat; 2. zwischen Abhängigkeit von der Schrift und Autonomie des Bildes; 3. zwischen Erzählung und Drama.“  Vgl. so bereits Tümpel, C. (1980, 129): „Um diese ‚historische‘, vom wörtlichen Text ausgehende, den Erzählungszusammenhang und die Realien beachtende Historienauffassung zu verstehen, muß man sich die geistigen und künstlerischen Strömungen dieses und der vorangehenden Jahrhunderte vergegenwärtigen. Denn die Entwicklung der Exegese und Hermeneutik und im Verband damit die Übersetzung der Bibel und der antiken Autoren haben ebenso einen Niederschlag in den Werken der Prä-Rembrandtisten gefunden wie die Entwicklung der Buchillustration, der Graphik, der Altar- und Kabinettmalerei. Schließlich hat sich auch die veränderte politische und religiöse Situation auf Themenwahl und Bildtypus ausgewirkt.“ Vgl. ausführlich dazu Kipfer, S. (im Druck b).  Zwischen „Ikonologie“ als Methode – beziehungsweise als „Modell von Verstehen und Erklären“, so Bätschmann, O. (52001, 72) – und einer Bildhermeneutik als Auslegung des Bildes in der frühen Neuzeit ist zu unterschieden.

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

Die Auslegung biblischer Texte befand sich seit der Reformation in einem starken Wandel.⁹⁷ Dabei wurde die Philologia Sacra als Wissenschaft der Beschreibung, Übersetzung und Auslegung der biblischen Texte zu einer Schlüsseldisziplin.⁹⁸ Salomon Glassius (1593 – 1656) legte mit seinem Werk Philologia Sacra (1623 – 1636, drei Bände) ein aus lutherischer Perspektive mustergültiges Werk zur Hermeneutik der Bibel vor.⁹⁹ Zunehmend fand eine systematische Trennung zwischen einer „historisch-philologischen Untersuchung und Interpretation der Texte einerseits und der wie auch immer gearteten auslegenden Applikation andererseits“¹⁰⁰ statt. Im Spannungsfeld zwischen typologischem Interpretationsprinzip und Anfängen der historisch-kritischen Exegese kam es zu zahlreichen Kontroversen. So haben etwa Richard Simon, Histoire critique du Vieux Testament (1678), Jean le Clerc, Sentiments de quelques théologiens de Hollande sur l’Histoire critique du Vieux Testament (1686), Benedict de Spinoza, Tractatus Theologico-Politicus (1670), und Thomas Hobbes, Leviathan (1650), die Entstehung der biblischen Texte über eine längere Zeit und die Möglichkeit von Schichtungen, Vorlagen und Zusätzen in Erwägung gezogen.¹⁰¹ Gleichzeitig legte man im 17. Jahrhundert den Blick vermehrt auf die Rezipienten der biblischen Texte. Illuminatio (Erleuchtung) und irradiatio (Einstrahlung) waren Teil des Veränderungsprozesses des Lesers. Bei der Interpretation des biblischen Textes geht es nach diesem Verständnis um eine Begegnung mit dem Text, die eine direkte, unmittelbare Veränderung beim Leser auslöst.¹⁰² Diese texthermeneutische Situation ist für die Bibelillustration von zentraler Bedeutung.¹⁰³ Zum einen hat der Wandel weg von einer typologischen hin zu einer

 Vgl. zur Bibelauslegung im 17. Jahrhundert die Sammelbände von Reventlow, H. / Sparn, W. / Woodbridge, J. (1988); Armogathe, J.-R. (1989); Reventlow, H. (1997); Schönert, J. / Vollhardt, F. (2005) sowie Sæbø, M. (2008). Vgl. zudem die Monografien von Kraus, H.-J. (31982); Schäfer, R. (1980); Sdzuj, R. (1997); Yarchin, W. (2004) u. a.  Vgl. Bultmann, C. (2011a, 1),  Vgl. Danneberg, L. (2011, 11– 297) und Bultmann, C. (2011b, 357– 371).  Loop, J. (2003, 149 f.).  Vgl. Ligota, C. (1984, 154); Smend, R. (2004, 32).Vgl. dazu ausführlich Donner, H. (1994b, 242), der in seinem Aufsatz zur Prophetie und Propheten in Spinozas theologisch-politischem Traktat bedauert, dass „die Methode, die eigentümliche Art der Untersuchung, die Eröffnung der kritischen Phase der Bibelwissenschaft überhaupt“ in der Bibelwissenschaft in den Hintergrund geraten sei. Vgl. Johannsson, T. (2011, 427– 433).  Vgl. Johannsson, T. (2011, 413 f.).  Vgl. auch Spica, A.-E. (2007, 21): „Premier ensemble à interroger: les rapports de l’image et du texte sacré, ainsi que la nature même du texte sacré, car c’est cette dernière qui va rendre les deux systèmes polyphoniques, à tous les sens de l’adjectif.“ Vgl. zum Bildverständnis in der frühen Neuzeit die Sammelbände von Ganz, P. / Gosebruch, M. / Meier, N. / Warnke, M. (1991); Bell, J. / Willette, T. (2002); von Rosen, V. / Krüger, K. / Preimesberger, R. (2003); Schütze, S. (2005); Heck,

2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit

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historischen Textauslegung zur Folge, dass bei der bildlichen Darstellung eine möglichst textgetreue, wörtliche Wiedergabe im Vordergrund stand.¹⁰⁴ Die Erforschung der Realien der biblischen und heidnischen Antike fand unmittelbaren Eingang in die antikisierende Darstellung biblischer Erzählungen.¹⁰⁵ Mit kulturgeschichtlichem Interesse wurden Alltagsgegenstände, Kleidung und Waffen gesammelt und das Leben fremder Völker – etwa der Türken – untersucht und in Gemälden wiedergegeben.¹⁰⁶ Zur Erforschung der geschichtlichen Umwelt kommt die der Sprachen und die Frage nach dem Urtext. Zudem wurden Erzählungen verstärkt in ihrem Zusammenhang gelesen und dargestellt. Dies wiederum spiegelt sich in entsprechenden Kupferstichzyklen.¹⁰⁷ Bildtheorie und Bildpolitik waren im 17. Jahrhundert zweifellos konfessionell geprägt.¹⁰⁸ Auf katholischer Seite veränderten sie sich nach Abschluss des Konzils von Trient (1563).¹⁰⁹ Als einer der ersten reflektierte Joannes Molanus (Jan Vermeulen) nach dem Konzil von Trient in seinem Werk De picturis et imagibus sacris (1570) die Aufgabe und Bedeutung des religiösen Bildes.¹¹⁰ Daraufhin folgten weitere Werke, etwa Carlo Borromeos Instructiones fabriciae et supellectilis ecclesiasticae (1577), ein Traktat von Gabriele Paleotti Discorso intorno alle imagini sacre e profane (1582), und schliesslich widmete sich Robert Bellarmin in der dritten Kontroverse in seinem Buch De contraversiis christianae fidei. Adversus huius temporis haereticos (1586) ebenfalls der Frage nach der Rolle der Bilder.¹¹¹ Die Diskussion, ob ein Bild in Einklang mit der biblischen Beschreibung steht, wurde im ausgehenden 16. Jahrhundert besonders von der Consejo de la Inqui-

M.-C. (2009) sowie die Arbeiten von Lee, R. W. (1967); Warncke, C.-P. (1987); Hundemer, M. (2005, 71– 89) u. a.  Vgl. Tümpel, C. (1980, 132): „Luther forderte eine textgetreue wörtliche Darstellung der Historie.“  Vgl. Tümpel, C. (1980, 133 f.).  Tümpel, C. (1980, 134): „Die Neigung zu enzyklopädischer Erforschung schlägt sich in einer außerordentlichen Gründlichkeit nieder, mit der die Realien erfaßt werden. Das Interesse an den Hilfsmitteln zur Schriftauslegung wächst, die antike und orientalische Geschichte wird herangezogen, die biblische Geographie und Archäologie und die biblische Chronologie erforscht.“  Tümpel, C. (1980, 133). Eindrückliches Zeugnis hierfür geben die Biblischen Summarien (1630) von Conrad Rotenburger. Zu jedem Kapitel der Bibel findet sich hier eine Ätzradierung und ein kurzer Reim.  Zum calvinistischen Bildverständnis siehe Finney, P. C. (1999) u. a., zum protestantischen Bildverständnis generell siehe van der Coelen, P. (2002), zum katholischen Bildverständnis Dekoninck, R. (2005); Baumgarten, J. (2004, 32– 137); Hecht, C. (1997).  Vgl. dazu Baumgarten, J. (2004, 32).  Vgl. Sellink, M. (1996, 32).  Vgl. Baumgarten, J. (2004, 13).

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

sición heftig diskutiert.¹¹² Aber auch später war die Frage nach der Ausrichtung der Darstellung an der Heiligen Schrift entscheidend. In Predigten forderte Christoph Selhamer (um 1640 – 1709) die Maler dazu auf, sich an ihr zu orientieren.¹¹³ Bildtheoretische Schriften auf protestantischer Seite waren in der nachreformatorischen Zeit seltener, die Diskussion zur visuellen Auslegung des biblischen Textes verlief jedoch nicht unähnlich. Sowohl auf katholischer wie auch auf protestantischer Seite dienten Bilder in der frühen Neuzeit zu einem grossen Teil der Wissensvermittlung.¹¹⁴ Voraussetzung dafür ist, dass sich Wissen grundsätzlich in Bildern darstellen lässt. Von Giulio Camillo (um 1480 – 1544) stammt Idea del Theatro (1550). Darin stellt er einen umfassenden Ordnungs- und Systematisierungsvorschlag für das gesamte Wissen dar und führt magisch-hermetisches und humanistisch-rhetorisches Gedankengut zusammen.¹¹⁵ Ausgehend davon kommt nicht nur dem Theater, sondern auch der Malerei eine zunehmend wichtiger werdende Bedeutung in der Wissensvermittlung zu. Der Dominikaner Tommaso Campanella (1586 – 1639) verfasste im Gefängnis die Schrift La Città del Sole (1602 / 1623), in der er eine Stadt beschreibt, auf deren Mauern das gesamte Wissen der Welt dargestellt wird, so dass jeder durch Betrachtung alles lernen kann. Dabei betont er mehrfach die totale Repräsentation durch die Malerei.¹¹⁶ Davon beeinflusst schrieb der protestantische Theologe Johann Valentin Andreae (1586 – 1654) seine Christianopolis (1619), „ein Wissenschaftsgebäude, in welchem alles an seinem genauen Platz ist“.¹¹⁷ Es geht jedoch nicht nur darum, Wissen zu sammeln und darzustellen, sondern auch darum, in einem pansophischen Konzept alles miteinander zu verbinden.¹¹⁸ Dies war auch vorrangiges Ziel der „Kunstkammern“. Kunst als ars memorativa dient dazu, sich Wissen schnell und mühelos anzueignen.¹¹⁹ Nicht zuletzt aus pädagogischen Gründen kommt der Malerei dabei eine wichtige Rolle zu: Wissen liesse sich – so sind Tommaso Campanella und Johann Valentin Andreae überzeugt – viel einfacher über Bilder vermitteln. In der Folge entstand etwa 1658 das lateinisch-deutsche Lehr- und Schulbuch Orbis sensualium pictus des  Vgl. Hänsel, S. (1989, 98 – 102). Beispielsweise bei einem Gutachten von Benito Arias Montano zeigt sich, dass er die bildnerische Erfindung nicht wegen ihrer Neuheit ablehnte, sondern weil sie ihm falsch erschienen. Genauso in der Tatsache, dass „einer Abbildung die gleiche Bedeutung zugemessen wurde wie einer Textpassage“, so Hänsel, S. (1989, 102).  Vgl. Zahlten, J. (1995, 415 – 418).  Vgl. Lutz, E. C. (2005, 361– 391).  Vgl. Braungart, W. (1989, 60).  Vgl. Braungart, W. (1989, 84).  Braungart, W. (1989, 69).  Vgl. Kunze, H. (1993, 653).  Vgl. Braungart, W. (1989, 85).

2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit

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Pädagogen Johannes Amos Comenius (1592– 1670).¹²⁰ Als Erläuterungen zu den biblischen Erzählungen wurden Bilder mit Verweisen angeführt, die den Text auslegen sollten.¹²¹ Dem Bild kommt nicht mehr länger „illustrierende“ Funktion zu, sondern es vermittelt Wissen über den biblischen Text.¹²² Die Bilder haben jedoch nicht nur einen moralisch-didaktischen Wert.¹²³ Sie sind auch Augenlust, Anregung zur Meditation, Schmuck und Dekoration eines Buches:¹²⁴ „Mire enim lectorem recreat, emtorem allicit, librum ornat, neque pretium multum auget.“¹²⁵ In einem vor-psychologischen Sinn sollten im 17. Jahrhundert seelische Regungen und Beobachtung von Empfindungen in Bildern wiedergegeben werden.¹²⁶ Gleichzeitig – so die Annahme – ermöglichen die Bilder dem Betrachter aber auch, die Wahrheit vor seinem eigenen inneren Auge zu finden, zu berühren und vom Heiligen verändert zu werden.¹²⁷ Bilder boten die Möglichkeit der Identifikation und umgekehrt auch die Gelegenheit zur Herrscherkritik.¹²⁸ Das Bild gab also nach frühneuzeitlicher Auffassung „historische Tatsachen“ wieder, es war Textauslegung, regte zur Meditation an, wurde moralisch-didaktisch verwendet und konnte hin und wieder politisch und polemisch

 Vgl. Braungart, W. (1989, 78); Leis-Schindler, I. (1991, 215 – 233); Kunze, H. (1993, 652– 655). Vgl. zudem Kapitel C. 3.1.  Dies ist insbesondere in folgendem Werk der Fall: Les Peintvres Sacres svr la Bible par le R. Père Antoine Girard, de la Compagnie de Iesvs, Dediees a la reyne, seconde Edition. É Paris Chez Antoine de Sommavill, au Palais dans la Gallerie des Merciers, 1657; benutztes Exemplar in der Bibliothek in Český Krumlov, Sign. 40 L 7583.  Ein Beispiel hierfür findet sich bei Lecercle, F. (2007, 129 – 145), der zum Schluss kommt, dass die Bilder „ont un statut intermédiaire: elles ne sont plus la servante du texte, elles en seraient plutôt la clef. Elles sont l’auxiliaire nécessaire sans lequel on ne saurait avoir accès à la vérité cachée du texte [144].“  Bahre, K. (2006, 137) hat festgehalten: „Als Funktion und Wirkung ist bei Van Mander das ‚delectare‘, also das Erfreuen, ohnehin dem ‚docere‘, dem Belehren, ebenbürtig.“  Vgl. Emich, B. (2008, 52): „Daher verwundert es nicht, dass Sinnbilder – also allegorische oder symbolische Darstellungen visueller oder multimedialer Art – in fast allen Bereichen des Lebens auftauchten: als didaktisches Hilfsmittel, im sakralen Raum, zu Zwecken der Propaganda und Selbstdarstellung und nicht zuletzt zum Zeitvertreib.“  So steht es in einem Brief von Bernard Bauhuis an Balthasar I. Moretus, Plantin-Moretus Museum, Arch. 76, p. 485, zitiert nach Bowen, K. L. (1997, 185). „It amuses the reader wonderfully, it attracts the buyer, it decorates the book, and it does not add much to the price“ – so die Übersetzung von Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 367).  Vgl. Kunze, H. (1993, 663). Heinen, U. (1996, 18 – 20) spricht von „Affektbrücken“. Baumgarten, J. (2004, 95 – 102) geht von „Affektregung und -disziplinierung durch das Bild“ aus.  Vgl. Loach, J. (2007, 65 – 82). Vgl. zudem Göttler, C. (2007, 569 – 585).  Huiskamp, M. (1994, 152): „So konnte im Amsterdam des 17. Jahrhunderts eine Szene wie ‚David und Goliath‘ im Rathaus eine politische Ideologie mit hohen Zielen versinnbildlichen und gleichzeitig an der Prinsengracht einen Nachmittag lang Unterhaltung bieten.“

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

gefärbt sein.¹²⁹ Docere, delectare und movere werden in kunsthistorischen Traktaten als Wirkungsfunktionen der Bilder genannt.¹³⁰ Der Wandel des Textverständnisses wurde also von einem Wandel in der Bildhermeneutik begleitet. Mit der Entdeckung der Zentralperspektive und der zunehmend realistischen Malweise kam die „mimetische Auffassung, die im Bild kein Zeichen, sondern ein Abbild, die realistische Wiedergabe der Wirklichkeit sah“.¹³¹ Beide Auffassungen blieben jedoch bis in die Spätphase der frühen Neuzeit nebeneinander stehen. Mit diesen Neuerungen in der Text- und Bildhermeneutik ändert sich auch das Verhältnis von Text und Bild. Die Text-Bild-Relation nimmt im 17. Jahrhundert sehr unterschiedliche Ausprägungen an: So haben beispielsweise Kupferstiche in illustrierten Bibeln nicht die gleiche Funktion wie Kupferstiche in Werken zu biblischen Figuren, auch wenn dabei aus ökonomischen Gründen teilweise sogar die gleichen Kupferstiche verwendet wurden.¹³² Die Spannweite reicht von einer illustrierten Literatur, in der das Bild dem heiligen Text untergeordnet ist, bis hin zu kommentierten Bildsammlungen, in denen der Text in einer gewissen Weise das Bild „illustriert“.¹³³ Grundsätzlich wurde die Funktion von Text und Bild in der frühen Neuzeit jedoch sehr ähnlich gesehen. „Ut pictura poesis“ – diesem Ausspruch Horaz’ in seiner Ars poetica (361– 365) kam in der frühen Neuzeit grosse Bedeutung zu.¹³⁴

 Vgl. Clifton, J. / Melion, W. S. (2009).  Vgl beispielsweise Gabriele Paleotti, Discorso intorno alle imagini sacre e profane (1582). Mehr dazu bei Steinemann, H. (2005).  Emich, B. (2008, 53).  Vgl. Sellink, M. (1996, 34 f.): „Finally, a tentative start was also made in the printing of didactic, moralizing handbooks for a broader public. It was predominantly this genre that was intended to instruct the reader in an edifying manner through the illustrations, where the function of the accompanying text in the book was rather that of a supportive role than an independent text.“  Vgl. Dekoninck, R. (2005, 312): „Le rapport entre texte et image s’inverse donc: d’une littérature illustrée, où l’image reste subordonnée au texte sacré qui lui préexiste, on passe à une imagerie commentée, où le texte vient en quelque sorte ‚illustrer‘ l’image.“  Vgl. Thimann, M. (2002, 43 f.) u. a. „Grundlage aller Reflexionen über die Verbindung von Malerei und Dichtung oder Bild und Text in der Antike (Aristoteles, Horaz) und früher Neuzeit dürfte ein von Plutarch überliefertes Diktum des Simonides sein, demzufolge die Malerei eine stumme Dichtung, die Dichtung eine sprechende Malerei sei, und beide Gattungen mit verschiedenen Mittel der Nachahmung demselben Zweck dienen“ – so Thimann, M. (2002, 175). Ausführlich zum Verhältnis von Bild und Sprache bei Plutarch Hirsch-Luipold, R. (2002). Gotthold Ephraim Lessing arbeitete in Lakoon oder über die Grenzen der Mahlerey und Poesie (1766) grundlegende künstlerische Unterschiede zwischen den beiden Medien heraus.

2.3. Bild- und Texthermeneutik der frühen Neuzeit

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Dies zeigt sich vor allem in der vielfältigen Emblem-Literatur,¹³⁵ in der Text und Bild einander als Ikon und Lemma gegenübergestellt sind. Seit Heinrich Steiners (Siliceus) Emblematum Liber, Augsburg 1531, ist die Verbindung von Wort und Bild als Kunstform begrifflich definiert, bestehend aus Pictura, Subscriptio und Inscriptio. ¹³⁶ Zahlreiche Bilderbibeln – etwa Sellius’ Emblemata Sacra,¹³⁷ Merians Icones Biblicae u. a. – richten sich nach dieser Dreiteilung.¹³⁸ Neben dem unmittelbaren Rekurs des Bildes auf den biblischen Text gibt es hier – wie beispielsweise auch in der Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos¹³⁹ – sehr oft eine direkte, unmittelbare Intermedialität und ein In-Bezug-Setzen von Text und Bild. Leon Battista Alberti hat das Historienbild in De pictura als die bildliche Wiedergabe einer Narration definiert.¹⁴⁰ Während die Erzählung Geschehnisse grundsätzlich linear und sukzessive wiedergibt, hält die Malerei die Komplexität eines bestimmten Momentes simultan fest. Dies löste in der Kunsttheorie des 17. Jahrhunderts Debatten über das Problem der Wiedergabe eines zeitlichen Ablaufs aus.¹⁴¹ Die geforderte Einheit von Raum, Zeit und Handlung wurde nicht selten durchbrochen.¹⁴² Besonders in der Druckgrafik wurden häufig mehrere Szenen in einem Bild wiedergegeben. Im Vordergrund war meist die wichtigste Szene zu sehen, im Hintergrund wurden vorangehende und folgende Szenen wiedergegeben.¹⁴³ Unter der Voraussetzung einer „Bilderzählung“¹⁴⁴ beziehungsweise einer „Bildrhetorik“¹⁴⁵ kann danach gefragt werden, was von einer Erzählung dargestellt wird (wird der Höhepunkt oder das Ende einer Erzählung dargestellt, stimmt die Einheit von Raum, Zeit und Handlung überein oder werden mehrere Szenen in  Vgl. Emich, B. (2008, 51). Vgl. zur Emblemliteratur etwa Adams, A. / Harper, A. J. (1992); Warncke, C.-P. (2005); Hess, G. (2006, 170 – 192); Manning, J. / van Vaeck, M. (1999) u. a.  Vgl. Mühleisen, H.-O. (1982, 5).  Vgl. ausführlich dazu sowie zur Rolle von Text und Bild Dekoninck, R. (1999, 96 – 131). Ursprünglich hiess das Werk Imagines et figurae Bibliorum und stammte von Peeter van der Borcht und Hendrik Jansen van Barrefelt.  Vgl. van der Coelen, P. (2002, 218).  Vgl. Kapitel C. 2.2.3.  Vgl. Kirchner, T. (22011, 505) sowie Bätschmann, O. (1997, 248).  Vgl. Juntunen, E. (2005, 144– 145).  Vgl. Juntunen, E. (2005, 144).  Vgl. Tümpel, C. (1994b, 161).  Vgl. Kemp, W. (2006, 247– 266). Zur Narrativität der bildenden Kunst Wolf, W. (2002, 53 – 75). Anders Nagel, I. (2010, 45 f.), der festhält: „Das Gemälde erzählt nicht. Es dramatisiert eine Erzählung zur Szene, und es hat diese Szene zu malen. […] Offenbar geschieht Kunst in der Transformation der Erzählung zum Drama.“  Vgl. dazu beispielsweise Brassat, W. (2003, 233 – 267).

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2. Die Rezeption des Motivs des bedrohten Herrschers in Europa

einem Bild verdichtet etc.?)¹⁴⁶ und wie die Erzählung dargestellt und ausgelegt wird. Grundsätzlich zeigen Bilder nicht, was man wirklich gesehen hätte, wenn man Augenzeuge gewesen wäre. Stattdessen werden „die gedachten und geschehenen Ereignisse in Formeln übertragen, die allgemeingültig und verständlich waren.“¹⁴⁷ Dabei wird eine Bildsprache verwendet, die deutlich von den sozialen Ordnungen der Zeit geprägt ist. So konnte man im 17. Jahrhundert beispielsweise den Stand eines Menschen an seinen Schuhen und seiner Kleidung ablesen. Diese „Bildsprache“ wurde nachweislich auch in den biblischen Gemälden verwendet.¹⁴⁸ Die Frage nach dem Wie der Darstellung der Erzählung ist also wiederum vom historischen Kontext abhängig und ohne methodische Erweiterung nicht sinnvoll zu beantworten.

 Tümpel, C. (1996, 33) spricht in Hinblick auf bildliche Darstellungen von „treatment of the narrative context“.  Tümpel, C. (1993, 120).  Vgl. ausführlich dazu Tümpel, C. (1993, 124– 126).

3. Fazit Die folgende Untersuchung orientiert sich an ausgewählten David-Erzählungen und frühneuzeitlichen Bildern, die diese Texte auslegen. In beiden Fällen wird versucht, das Motiv des bedrohten David weiter historisch zu kontextualisieren. Damit verfolgt die Untersuchung ein motivgeschichtliches und nicht zuletzt auch ein theologie- und frömmigkeitsgeschichtliches Interesse. Nicht nur die biblischen Texte, sondern auch die Rezeptionsgeschichte sind auslegungsbedürftig, d. h. sie müssen vor dem jeweiligen historischen, sozialen, politischen und religionsgeschichtlichen Hintergrund, also „wirkungsgeschichtlich“ verstanden werden. Eine Analyse der biblischen Texte im Medium des frühneuzeitlichen Bildes und umgekehrt der Bilder vor dem Hintergrund der biblischen Texte kommt nicht um eine erneute grundlegende „methodische Erweiterung“¹ herum. Als Richtschnur dient hier eine Ikonologie, die überall dort auflebt, „wo Ikonographie aus ihrer Isolierung geholt und mit anderen Methoden – der historischen, […] der kritischen, welcher auch immer [man mag hier ergänzen: der exegetischen] – vereinigt wird“.² Vorrangiges Ziel der Untersuchung ist es, „den Logos des Bildes in seiner historischen, wahrnehmungsbezogenen und bedeutungs-gesättigten Bedingtheit zu verstehen und auszulegen“.³ Dabei werden Reflexionen in Erzählungen und Bildern sowie Interpretationen und Bezüge des sogenannten Motivs der Bedrohung Davids aufgedeckt.

 So Aby Warburg in einer vorbereitenden Sitzung im Kuratorium 1927, „Vom Arsenal zum Laboratorium“, in: Treml, M. / Weigel, S. / Ladwig, P. (2010, 685).  Panofsky, E. (22006b, 42).  Boehm, G. (2007a, 31).

B. Exegetischer Teil – Der bedrohte David in den Samuelbüchern

1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David Die Macht des Herrschers war und ist zu keiner Zeit uneingeschränkt. Vielmehr waren Könige im Alten Orient besonders stark Gefahren ausgesetzt.¹ Immer wieder wird die Ohnmacht des Mächtigen in den biblischen Texten thematisiert. Umso überraschender ist, dass eine einschlägige Studie zu diesem Thema bisher fehlt.² Zwar wurden immer wieder staats- und politiktheoretische Fragen („political theory“) an die Hebräische Bibel gestellt, so etwa von Geoffrey P. Miller (2011)³ oder Wolfgang Oswald (2009).⁴ Doch geht es darin nie um das Verhältnis zur Macht. Am ausführlichsten ist die Thematik von Macht und Ohnmacht eines Herrschers im Alten Testament am Beispiel Davids dargestellt. Die Bedrohung Davids wurde in der Forschung bereits verschiedentlich beobachtet und auch gedeutet. Überblicksartig sollen diese Forschungspositionen nachgezeichnet werden.⁵ Zahlreiche Forschungsansätze zu den Samuelbüchern bleiben dabei unerwähnt, da die Bedrohung Davids darin keine oder so gut wie keine Rolle spielt.⁶

 Vgl. dazu meine in Vorbereitung befindliche Studie „Der bedrohte Herrscher in Texten des Alten Orients“.  Gerade in jüngster Zeit wurde statt Davids Ohnmacht immer wieder seine Macht, die in direkter Gewaltanwendung beschrieben wird, betont. Dies untermauert etwa der Titel „David. Der kämpferische König“ eines Kommentars für Laien, Katechetinnen und Lehrer von Krauss, H. / Küchler, M. (2011).  Miller, G. P. (2011, 11) meint, dass die Hebräische Bibel möglicherweise das älteste Buch ist, „which offers a systematic account of the problem of authority“ und das die „oldest political philosphy“ enthält. In seinem Buch geht Geoffrey P. Miller ausführlich auf die Problematik einer Monarchie ein und zeigt, wie dem Machtmissbrauch in der Hebräischen Bibel Grenzen gesetzt werden. Vgl. Miller, G. P. (2011, 229 – 238).  Vgl. Oswald, W. (2009, 13 – 71). Oswald, W. (2009, 56) hält sogar verallgemeinernd fest: „Prophetie ist daher keine Größe, die dem Königtum prinzipiell kritisch gegenüber stünde, vielmehr ist sie integraler Bestandteil der Königsideologie.“ Vgl. auch Müller, R. (2004).  Einen generellen Überblick über die neuste Samuelforschung bietet etwa Dietrich,W. (2012b-d). Vgl. auch Dietrich, W. (1977, 44– 63); Dietrich, W. (2010a, 9 – 17); Dietrich, W. / Naumann, T. (22005) u. a.  Als Beispiel sei hier die von Willi-Plein, I. (2004, 161) postulierte „Davidhausgeschichte“ aus dem 9. Jh. v.Chr. genannt. Darin konkurriere zwar die Erzählung von der Rettung Davids duch Michal mit jener von der Rettung durch Jonatan. Die Gefahr für David wird von Willi-Plein, I. (2002b, 80 f.) aber nicht weiter berücksichtigt. Nach der Gesamtschilderung des Abschalomaufstandes sei David „sehr wohl Herr der Lage“ – so Willi-Plein, I. (2009, 458). Und der SchebaAufstand sei lediglich eine „kritische Episode“. Vgl. Willi-Plein, I. (2004– 2007, 218 – 229).

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1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

Gerhard von Rad betonte 1957 mehrfach den „Realismus“ der David-Erzählungen im Gegensatz zu den Herrschererzählungen des Alten Orients. Dieser zeigte sich für ihn gerade in der Bedrohung und Gefährdung, aber auch in der Menschlichkeit Davids.⁷ Von dieser frühen exegetischen Erkenntnis bis zur ersten eingehenderen Thematisierung des Motivs des bedrohten David sollten aber noch Jahrzehnte vergehen. Hannelis Schulte (1972)⁸ war vermutlich die erste, die Davids Ohnmacht und Schwäche zur Kenntnis genommen und erklärt hat. Sie datiert den grössten Teil der David-Erzählungen in das 10. Jh. v.Chr. und stellt fest, dass David mehr Hauptfigur als Held sei: „Weder kriegerisch noch diplomatisch entfaltet er besondere Aktivität. Wirklich Handelnder ist er nur in der Bathseba-Geschichte und dann bei seiner Flucht aus Jerusalem. Sonst überlässt er weithin anderen das Gesetz des Handelns und muß sich von ihnen Belehrung und Zurechtweisung gefallen lassen. […] Seine eigentlichen Gegner sind nicht die Philister und kaum die Ammoniter, sondern einzelne Gestalten aus der Saul-Familie oder noch mehr aus seiner eigenen Sippe. Ihnen gegenüber erleidet David sein Schicksal, mehr als daß er es gestaltet.“⁹ Frank Crüsemann (1978) sah die Bedrohung Davids im Kontext eines allgemeinen „Kampf[es] gegen das Königtum“ beziehungsweise in „Widerstandsbewegungen“;¹⁰ dieses Verständnis war sicherlich auch beeinflusst von der damaligen Bewegung der Nach-68er-Zeit. Zunehmend rückte die Deutung, dass die in den David-Erzählungen geschilderten Gefahren eine reale Opposition gegen das Königtum reflektierten, in den Hintergrund. Die Gefahren wurden zunehmend enthistorisiert und lediglich metaphorisch verstanden. Bereits in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts

 Vgl. von Rad, G. (71978, 329 f.): „Jahwe hat sein Wort eingelöst; aber der Weg zu der Erfüllung der Zusage war ein ganz unerwarteter: der Gesalbte wurde aufs tiefste gedemütigt, und sein Thron ist beinahe dem Aufruhr zum Opfer gefallen. […] Der Realismus, mit dem der Gesalbte geschildert ist, die Profanität, aus der er kommt und in der er sich bewegt, ist im alten Orient ohne Beispiel.Wohl, hier ist auch von dem leidenden Gesalbten die Rede; ja die Eindringlichkeit, mit der das Bild des seiner Insignien entkleideten Königs gezeichnet ist, wie er die Residenz mit seinem Thron und auch die Lade zurückläßt, bis es sich entschieden hat, ob Jahwe an ihm Gefallen hat, darf ja nicht übersehen werden (2. Sam. 15,17 ff.). Aber diese Leiden haben nun gerade nichts Sakrales an sich; da ist kein Ritual, keine kultische Konvention, nach der sie begangen werden. Die extreme Profanität dieser Leiden wiegt theologisch viel schwerer als die fragwürdigen Belege von einem sakralen Leiden des Gesalbten, die man neuerdings glaubt beigebracht zu haben.“  Vgl. etwa Schulte, H. (1972, 159): „Menschliche Willkür beugt sich der Gerechtigkeit; der Starke verzichtet auf das ‚Recht des Stärkeren‘, der König erkennt, daß er nicht über, sondern unter dem Recht steht.“  Vgl. Schulte, H. (1972, 170).  Vgl. Crüsemann, F. (1978, 125 f.).

1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

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vertrat Rolf August Carlson (1964) die These, David wäre eine typologische Gestalt und würde in 2Sam 2– 7 unter dem Thema des „Segens“, später in 2Sam 9 – 24 unter dem Thema des „Fluchs“ dargestellt.¹¹ Dies führte unter anderem zu der Annahme, dass David nicht Gefahren von aussen drohten, sondern dass ihm in erster Linie die Blutschuld zur Gefahr wurde.¹² Dies wiederum mündete in die These, 1Sam 16 – 2Sam 9 schildere den glorreichen Weg Davids an die Macht, während ab 2Sam 10 – 12 vom unheilvollen Niedergang der David-Dynastie erzählt wird.¹³ Meistens werden hierfür synchrone Argumente angeführt, doch verschiedentlich wurden auch literarkritische Argumente beigezogen: Erik Aurelius (2004) hat dafür plädiert, dass 2Sam 11(‐12) als Übergang redaktionell eingefügt wurde.¹⁴ Sofern das Motiv der Bedrohung in der Forschung eine Rolle spielte, wurde es auf drei unterschiedliche Arten historisch beziehungsweise literarisch kontextualisiert und beurteilt. Zum einen wurde angenommen, die Erzählungen von der Ohnmacht und Schwäche Davids würden ihn gegen den Vorwurf verteidigen, zahlreiche Gegner ermordet zu haben. Zum anderen wurde behauptet, die Erzählungen von den zahlreichen Angriffen gegen David und dem Versuch der Usurpation wären königskritisch zu verstehen. Die dritte Position geht einen Mittelweg und hält fest, dass der literarische David eine schillernde Figur ist, die  Carlson, R. A. (1964) spricht von „David under the blessing“ und „David under the curse“.  Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 229): „David and the narrator have concluded that the only serious threat to David’s kingdom is bloodguilt. David will not be defeated by external enemies, for he can manage such enemies. His danger is from bloodguilt, which is not so manageable.“  Vgl. Alter, R. (22000, 249): „Chapters 11 and 12, the story of David and Bathsheba and its immediate aftermath, are the great turning point of the whole David story […].“ Halpern, B. (2010a, 85 f.): „2 Sam 10 – 12 is a turning-point in the story of Solomon’s seizure of power in Israel. […] 2Sam 10 – 12 is also a turning-point within the narrative embracing David’s career from youth to dotage.“ Und noch einmal Halpern, B. (2010a, 89): „The dynastic apology turns on 2 Samuel 10 – 12.“ Vgl. auch Brueggemann,W. (1990a, 272); Brueggemann,W. (22002, 33 – 61); McKenzie, S. L. (22001, 34 f.); Oeming, M. (2009, 278) u. a. McKenzie, S. L. (2010, 313) hält fest: „The positive orientation on David in the story of his rise (1 Samuel 16 – 2 Samuel 5) is relatively obvious and widely accepted. […] The story about David’s reign in the rest of 2 Samuel is more ambivalent. The reason for this ambivalence is the Bathsheba episode (2 Samuel 11– 12) […].“  Vgl. Aurelius, E. (2004, 404): „Als die Hofgeschichte II Sam 13 – 18* mit der Saulgeschichte I Sam 9 – 14* durch eine Erstfassung der Saul-Davidgeschichten in I Sam 16 – II Sam 8 verbunden werden sollte, wird die Diskrepanz aufgefallen worden sein zwischen den spannenden Erzählungen der Aufstiegsgeschichte, der Erfolgsgeschichte vom jungen Freibeuter, Krieger und König David und der im Vergleich dazu wehmütigen Hofgeschichte, die um den Machterhalt des reifen Königs, aber auch um den hohen Preis dafür kreist. Aus dieser Verbindung der Saulgeschichte mit der Hofgeschichte durch die Aufstiegsgeschichte erklärt sich ungezwungen die Eintragung der unheimlichen Uriaerzählung II Sam 11(‐12): Sie steht am Übergang vom aufsteigenden Helden zum glanzlosen König David und soll den Übergang einsichtig machen.“

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1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

nicht nur als mächtig, geschickt, gutaussehend, beliebt und erfolgreich, sondern auch als an Leib und Leben bedroht dargestellt wird. Diese drei Positionen sollen im Folgenden kurz nachgezeichnet werden.

1.1. Apologie: Eine Fiktion zur Legitimation der Königsherrschaft Davids Albrecht Alt (1930)¹⁵ und im Anschluss an ihn Arthur Weiser (1966)¹⁶ verstanden die sogenannte Aufstiegsgeschichte als Fiktion, die die Herrschaft Davids über Israel legitimieren sollte. Dabei würden bedeutende Machtfaktoren eher verhüllt als geklärt.¹⁷ Gerade weil das Königtum Davids „ernster Belastung“¹⁸ ausgesetzt gewesen sei, sei Davids Erwählung und Führung auf Jhwh zurückgeführt und dadurch legitimiert und verteidigt worden. Weiser betont die „apologetische Tendenz“¹⁹ des Verfassers, der im „Umkreis des von Salomo im Jerusalemer Tempel eingerichteten Jahwekultues und seiner Tradition“²⁰ zu suchen sei. Martin A. Cohen (1971) nimmt auch für die sogenannte Thronfolgeerzählung eine apologetische Tendenz an.²¹ P. Kyle McCarter spitzt diesen Gedanken in seinem Aufsatz „The Apology of David“ (1980)²² zu, indem er 1Sam 16 – 2Sam 5 mit der sogenannten „Apologie“ des Hetiterkönigs Ḫattušili III. (etwa 1267– 1237 v.Chr.) vergleicht.²³ David würde in der sogenannten Aufstiegsgeschichte gegen den Vorwurf verteidigt, ein Deserteur, Banden- und Söldnerführer und mitschuldig am Tod von Saul, Abner und Eschbaal zu sein. Ebenso wird er in 2Sam 10 – 1Kön 2 vom Verdacht entlastet, die saulidische Königsfamilie ausgelöscht und seine eigenen Söhne umgebracht zu

 Vgl. Alt, A. (1930, 47 f.51).  Vgl. Weiser, A. (1966, 325 – 354).  Vgl. Weiser, A. (1966, 343).  Weiser, A. (1966, 351).  Weiser, A. (1966, 337).  Weiser, A. (1966, 351).Vgl. zudem Weiser, A. (1966, 354): „Rechnet man die Aufstiegsgeschichte Davids zu den Anfängen der Geschichtsschreibung in Israel, so ist zu bedenken, daß es sich um eine Tendenzschrift handelt, die zwar verschiedenartige Einzelüberlieferungen von ungleichem historischen Wert in zeitlicher Abfolge zusammenordnet, ihr Ziel aber in der göttlichen Legitimation des Königs David und seiner Dynastie über Israel als dem sakralen Stämmeverband sieht.“  Vgl. Cohen, M. A. (1971, 91– 112).  McCarter, P. K. (1980a, 489 – 504); McCarter, P. C. (1981, 358 – 367). McCarter, P. K. (1980a, 491 f.502) datiert 1Sam 16 – 2Sam 5 zudem in die Zeit Davids.  Vgl. McCarter, P. K. (1980a, 495 – 499); McCarter, P. K. (1986, 117– 129).

1.2. Herrscherkritik: Die Bedrohung Davids im Spiegel der Erfahrung

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haben. Steven L. McKenzie (2000, 2003)²⁴ sowie Baruch Halpern (2001),²⁵ die die David-Erzählungen grösstenteils ebenfalls als alt (10./9. Jh.) ansehen, differenzierten diese These weiter.²⁶ Die These einer Apologie aus der frühen Königszeit, die Davids Herrschaft legitimiert, polarisiert die aktuelle Forschung. Zum einen wird nach wie vor daran festgehalten, dass es sich bei den Erzählungen in 1Sam 16 – 2Sam 5 um eine „political apology“²⁷ handelt.²⁸ Zum anderen wird auch die gegenteilige These vertreten, die Erzählungen seien Spiegel der jeweils aktuellen Erfahrung mit dem Königtum und beinhalteten auch Königskritik.²⁹

1.2. Herrscherkritik: Die Bedrohung Davids im Spiegel der Erfahrung mit dem Königtum Immer wieder wurde festgehalten, dass sich in den Erzählungen von der Bedrohung Davids Kritik am Königtum äussere. Sehr dezidiert hat diese Meinung Frank Crüsemann (1978)³⁰ vertreten. Rachel Dulin (1988) geht in einer kurzen Einzelstudie davon aus, dass sich in den David-Erzählungen die Schwierigkeiten des 10. Jh.s v.Chr. spiegeln.³¹ Othmar Keel (2007) spricht von Schwächen der Herrschaft  McKenzie, S. L. (22001, 32– 34.89 – 110); McKenzie, S. L. (2003, 33 – 49). Vgl. McKenzie, S. L. (22001, 35 f.): „Recognition of the apologetic nature of the History of David’s Rise and the Court History is extremely important for our biography of David. […] In short, the story in the Deuteronomistic History (1 Samuel 16 – 1 Kings 2) is as close to the historical David as we can get. It appears to contain genuine historical information about him.“  Vgl. Halpern, B. (22004, 73 – 103).  Vgl. etwa auch Thiel, W. (2005a, 47), der von einer „apologetische[n] Tendenz“ spricht.  Dick, M. B. (2004, 4).  Zuletzt Knapp, A. (2013, 261– 275) als Reaktion auf Short, J. R. (2010).  Isser, S. (2003, 54– 59.104– 109) argumentiert gegen eine Apologie und für eine „popular heroic literature“. Vgl. auch Van Seters, J. (2009, 54– 60).  Vgl. Crüsemann, F. (1978, 125 f.).  Vgl. Dulin, R. (1988, 165): „The power struggles among the tribes were intense, and they bred discounted among those tribes that felt left out. Also, David’s military policies were not always popular. These strong forces influenced individual opportunists within the court to take advantage of the problems by obtaining position of influence within the administration or, at times, by attempting to usurp the throne itself.“ Vgl. zudem Dulin, R. (1988, 271): „What is most revealing in these stories about the Davidic rule is that people felt free enough to record such strong criticism. […] These texts bear witness to the opposition to David that was present from the beginning of his rule.“ Vgl. Flanagan, J. W. (1997): „To summarize and conclude: the literary record of the reigns of Saul and David reports a period of trauma and uncertainty when individuals competed forcefully for the paramount role. Murders, broken and restored alliances, marriages and separations, sharing of booty, unifying and leading militia, kinship ties, redistribution, and appeals to religious

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1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

Davids und von der missglückten dauerhaften Integration der mittel- und nordpalästinischen Gruppen und Stämme.³² Die Erzählungen von der Bedrohung Davids werden jedoch nicht immer als Kritik an den Verhältnissen des 10./9. Jh. gelesen. Auch eine spätere Kritik und jüngere Erfahrungen mit dem Königtum könnten darin zum Ausdruck kommen – so etwa die Annahme von Joachim Conrad³³ oder Erhard Blum.³⁴ Legitimierung, Usurpation und die Frage nach der Rolle und Funktion des Königs sind nur drei der möglichen Anknüpfungspunkte. David tut, was böse ist in den Augen Jhwhs (2Sam 12,9), und steht damit in einer Linie von zahlreichen Königen, die Jhwhs Willen missachten. John Van Seters spricht deshalb von einer „anti-legitimation story“.³⁵ In der sogenannten „David Saga“ würden die politischen und sozialen Verhältnisse des Perserreiches gespiegelt.³⁶ Walter Brueggemann (1990) meint, dass insbesondere 2Sam 21– 24 die Mächtigen dazu einladen sollten, ihre Macht zu hinterfragen.³⁷ „Both David and Saul are portrayed as persons in deep crisis of leadership, and both are deeply at risk.“³⁸

legitimacy all figured as strands in the warp and woof of the social, political, economic, and religious fabric of the day.“  Keel, O. (2007, 231– 233).  Vgl. Conrad, J. (2005, 40).  Vgl. Blum, E. (2000, 29), der mit Blick auf die sogenannte Thronfolgegeschichte von einer traditionalen Erzählung als Spiegel der Wirklichkeit ausgeht.  Van Seters, J. (1981, 27).  Vgl. Van Seters, J. (2009, 358): „As we have seen in our study of the David Saga, this view of David and his household is so completely subverted by repeated acts of violence: murders, rape, adultery, civil war, and bloodshed. It is not just in the case of the Bathsheba affair, in which David’s actions are comparable to those of Ahab, the worst king of Israel according to Dtr, and in which the judgment is passed on him that the sword will never depart from his household/dynasty. The negative view of David begins with his violent rise to power and it includes the unremitting acts of injustice and bloodshed that persist in his family throughout his reign. A portrayal of this sort could never serve as a model of what the monarchy should be, ‘doing what is pleasing in the sight of Yahweh.’“  Brueggemann,W. (1990b, 112): „The texts invite those with power, and with presumed absolute power, to imagine and conceptualize their lives differently, i. e., without such pretensions to absolutism.“ Vgl. auch Schroer, S. (1992, 206): „Aus den Samuelbüchern ergibt sich das Postulat einer realistisch-kritischen Haltung gegenüber Herrschaft, Zentralismus und Macht sowohl im politischen wie kirchlichen Bereich.“  Brueggemann, W. (1990a, 201). Vgl. auch Gerstenberger, G. / Schrage, W. (1977, 75): „Der Leser der Davidsgeschichte merkt: Ein Mann dieses Schlages muß durch harte Prüfungen hindurch. Die Widerstände, die sich vor ihm aufbauen, können ihn nur – falls sie ihn nicht zerbrechen – stärken. Lebens- und Geschichtserfahrungen standen Pate, als diese Daviderzählung entstand.“

1.3. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt

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1.3. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt Während die einen also annehmen, die Texte seien apologetisch und damit prodavidisch, gehen die anderen von einer anti-dynastischen, anti-davidischen Erzählung aus.³⁹ Der dritte Ansatz sucht eine Zwischenposition. Er stellt die Beobachtung in den Mittelpunkt, dass die Figuren in den Samuelbüchern nicht plakativ dargestellt werden, sondern „Licht- und Schattenseiten“⁴⁰ zeigen. Dazu gehört nicht nur, dass David sowohl positiv als auch negativ präsentiert wird, sondern auch, dass David mit seiner vielschichtigen Persönlichkeit fast als gebrochener Held erscheint.⁴¹ Davids Leben sei – verglichen mit jenem Salomos, das mehrheitlich von Weisheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Wirtschaftsaufschwung, Wohlstand und Bautätigkeit geprägt ist – „überwiegend als Kampf mit allen möglichen Schwierigkeiten und Feinden“⁴² dargestellt. Die umfangreich erzählte Lebensgeschichte „zeigt David als eine Persönlichkeit mit außergewöhnlich vielen Facet-

 Die Forschungspositionen sind insgesamt noch wesentlich komplexer: „Die Tendenz sei eindeutig prodavidisch und prosalomonisch, behaupten einige, sie sei vielmehr antidavidisch, antisalomonisch und überhaupt antimonarchisch, versichern andere, antidavidisch, aber prosalomonisch, sagen wieder andere, prodavidisch, aber antisalomonisch, meinen noch andere“ – so hat Aurelius, E. (2004, 392) die Positionen zusammengefasst. Darauf soll hier aber nicht näher eingegangen werden.  Dietrich,W. (2012c, 290).Vgl. so bereits von Rad, G. (71978, 325): „Im Mittelpunkt von allem steht David, ein Mensch von harter innerer Gegensätzlichkeit. Als Staatsmann war er von genialem Weitblick, als Mensch von manchen Leidenschaften getrieben, denen er bis zum Verbrechen erliegen konnte, aber doch immer großer Impulse fähig und im Unglück von echter Würde.“ Vgl. auch Miscall, P. D. (1986, 121): „David is marked by war, violence, and blood, but his association with them can be ambiguous. Is he a good man forced to violence by the times and by others, or is he an unscrupulous man who will do anything to further his aims?“ Ähnlich auch Perdue, L. G. (1997, 183): „Of the two portraits of David just drawn, which one do we choose? Do we select the David who valiantly attempts to rule his kingdom with compassion and forgiveness […]? Or is the other David more convincing, the king who is consistently deceitful, treacherous, and ruthless, demanding loyalty from his subjects, but repaying it only if it promotes his own self-interest?“ Vgl. zudem Niccolls, T. S. (1981, 278 f.): „On the one hand, David is idealized as the king par excellence because of his piety and strength in the face of Israel’s traditional enemies in Transjordan as well as the giants Egypt and Assyria. On the other hand, we detect an honesty about his failings and finitude. His overweening self-confidence, his pathetic inability to control his royal household, and the infirmities of his old age are not glossed over in the sacred text. He may have been anointed with oil, but he often walked in slippery places.“ Vgl. Steussy, M. J. (1999, 3); Dietrich, W. (2003a, 17 f.); Dietrich, W. (2006).  Vgl. Dietrich, W. (2003a, 17); Dallmeyer, H.-J. / Dietrich, W. (2002). So auch schon Hagan, H. (1979, 325): „David is himself the most important figure of weakness.“ Auch Fokkelman, J. P. (1981, 39 – 40 u. a.) beobachtete beispielsweise Davids Schwäche und Angst.  Dietrich, W. (2003a, 20).

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1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

ten“.⁴³ David ist alles in einem: „legitimer Usurpator“, „gewaltloser Kämpfer“ und „leidender Starker“.⁴⁴ Wichtigster Vertreter dieses Ansatzes ist Walter Dietrich (2003, 2006, 2011 u. a.).⁴⁵ Thomas Naumann versteht diese ungleichen Zugänge als Nebeneinander von Mythos und Antimythos, die bewusst in einem Spannungsverhältnis stehen und aus gutem Grund zusammengehalten wurden.⁴⁶ Frank H. Polak (1994) argumentiert, dass diese unterschiedlichen Darstellungsweisen miteinander verknüpft wurden und „result from the representation of David as a tragic king“.⁴⁷ Davids Leiden sei Strafe für seine Sünde. J. Cheryl Exum begründet differenzierter und führt aus, dass David der Rolle eines tragischen Helden gerade nicht gerecht wird:⁴⁸ „If David’s complexity, elusiveness, and impenetrability make him a questionalbe tragic hero, his flexibility and lack of tragic dignity born of tragic responsibility are the deciding factors.“⁴⁹ Hin und wieder werden diese unterschiedlichen Davidbilder verschiedenen Autoren beziehungsweise Redaktoren zugeschrieben. Miteinander konkurrierende beziehungsweise sich verändernde Traditionen hätten das facettenreiche Davidbild zu verantworten. Timo Veijola (1975) geht beispielsweise von einer deuteronomistischen, prodavidischen Redaktion aus.⁵⁰ Auch Ernst Würthwein (1974),⁵¹ François Langlamet (1976 u. a.)⁵² und Jacques Vermeylen (2000)⁵³ setzen

 Oeming, M. (2009, 277). Oeming, M. (2009, 278) führt aus: „Aber in diese Bilderbuchvita sind überraschende Schatten eingewebt, zahlreiche Schattenseiten in politischer und charakterlicher Hinsicht: sein Hin- und Herlavieren zwischen den Fronten von Philistern und Israeliten, seine dubiose Loyalität und gleichzeitige Zersetzung der Autorität Sauls, der zweifelhafte Bandenführer und ‚Pate‘ für die Bürger des Negevs, eine Art Mafiaboss und ein Don Juan in einem.“  Dietrich, W. (2006).  Vgl. Dietrich, W. (2003b, 833): „Einzusetzen ist bei dem stupenden Facettenreichtum des biblischen Davidbildes. Kann man überhaupt von einem Bild, oder muss man von vielen, miteinander kaum abgestimmten, womöglich gar unvereinbaren Davidbildern sprechen?“  Vgl. Naumann, T. (2000b, 46).  Vgl. Polak, F. H. (1994, 119). Polak, F. H. (1994, 139) kommt zum Schluss: „Thus, David’s tragedy is not conditioned by his personality, but relates to his status before God. His weakness is connected to his guilt, his acumen to his consciousness of having sinned; suffering is a precondition of his ultimate success. In the end, the equilibrium between grace and doom is positive, but precarious.“  Vgl. Exum, J. C. (21996, 121).  Exum, J. C. (21996, 148). Und Exum, J. C. (21996, 148 f.) führt aus: „In his willingness to bend, to accomodate himself to fate, he lacks the largeness of spirit that sets great tragic heroes apart from lesser mortals.“  Vgl. besonders Veijola, T. (1975, 137 f.).  Würthwein, E. (1994, 64– 79).  Langlamet, F. (1976a, 321– 379.481– 528) u. a.

1.3. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt

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voraus, dass das Davidbild in späterer Zeit positiv übermalt wurde.⁵⁴ Stefan Ark Nitsche macht hingegen zwei deutlich voneinander zu unterscheidende Erzählstränge fest, um die „schillernde Gestalt“ Davids zu erklären.⁵⁵ Ganze Erzählabschnitte bestünden aus einem „Heroenkonzept“,⁵⁶ das dem Alten Testament sonst eher fremd, aber aus Textmaterial aus der Umwelt bekannt sei; es habe die Funktion, die Herrschaft zu legitimieren.⁵⁷ Dem gegenüber stehe die beissende Kritik der sogenannten Thronfolgeerzählung. Sie ist nach Nitsche in denjenigen Kreisen beheimatet, „die bei der Inthronisation Salomos von der Macht verdrängt worden sind“.⁵⁸ Manfred Oeming (2009) verortet diese Beobachtung in einer „dialektischen Anthropologie“.⁵⁹ In der Figur Davids wären Gegensätze wie „Schönheit der Jugend, Hässlichkeit des Alters, Freiheit von jeder Blutschuld und doch ein Mörder, ein Muster an Tora-Treue und doch ein Paradebeispiel für den Übertreter des Gotteswillens, der liebende Vater, der genau dadurch unfähig ist zum Königsamt“⁶⁰ zusammengefasst. Auch Michael Zach thematisiert die „Ambivalenz des David-Bildes“.⁶¹ Er betont, dass sich der Facettenreichtum der Gestalt Davids insbesondere in seinen unterschiedlichen sozialen Rollen äussere: David erscheint als Mann, als Vater, als König, als richterliche Autorität etc.⁶² Neben der Ambivalenz der Figur Davids wurde aber auch die Ambiguität der Erzählungen

 Vermeylen, J. (2000, 207 Anm. 84): „C’est, en effet, la première rédaction salomonienne qui soulignera, à de nombreuses reprises, la faiblesse du roi, qui succombe aux charmes de Bethsabée, n’intervient pas lors du viol de Tamar ou se laisse manipuler par la femme de Teqoa.“  Dazu etwa Naumann, T. (2000b, 47): „Die gegenwärtige Forschung rechnet in der Regel mit einem einfachen Entwicklungsmodell der Davidtradition, bei dem kritische und ambivalente Überlieferungen in eine frühere, idealisierende in eine spätere Zeit gehören. Nur weil die Urijageschichte tatsächlich passiert war und deshalb nicht verschwiegen werden konnte – so argumentiert man –, sei sie weiter überliefert und archiviert worden, wenn auch nicht mehr von aktuellem Belang. Dieses Modell ist m. E. etwas zu einfach, denn die Urijageschichte gehört wohl nicht zum ältesten Bestand der Überlieferung und ist – wie sich zeigen wird – als Geschichtserzählung von der einzigen schweren Fehlleistung Davids auch in späterer Zeit produktiv rezipiert worden.“  Vgl. Nitsche, S. A. (1994, 11).  Nitsche, S. A. (1994, 13.99.200 – 202).  Nitsche, S. A. (1994, 201).  Nitsche, S. A. (1994, 219).  Oeming, M. (2009, 279).  Oeming, M. (2009, 279).  So der Titel von Zach, M. (2006).  Zach, M. (2006, 16 f.41– 104).

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1. Forschungsüberblick zum Motiv des bedrohten David

betont, so etwa bei Leo G. Perdue (1997)⁶³ und unabhängig davon in der literaturwissenschaftlichen Arbeit von Pia Eckstein (2000).⁶⁴ Daneben gibt es zweifellos weitere Positionen, die zum Teil in Kommentaren, zum Teil in Einzelstudien festgehalten wurden und die sich nicht so einfach unter diese drei Zugangsweisen subsumieren lassen. Hierzu zählt etwa der Kommentar von Tony W. Cartledge (2001). Darin wird die Bedrohung Davids konsequent benannt und nicht selten christologisch gedeutet.⁶⁵ Ein weiteres Beispiel ist das Buch „David in Distress“ von Vivian L. Johnson (2009). Sie beleuchtet die Gefahrensituationen aus dem Blickwinkel der Psalmen: „The historical psalms make David appear penitent in situations when the Samuel narrative does not disclose his emotions, they serve to fulfill death sentences on those people David did not enact revenge upon, they aid in heightening the suspense of the narrative, and they fill in gaps in stories.“⁶⁶ Die David-Erzählungen wurden auch immer wieder mit Texten aus der Umwelt verglichen.⁶⁷ Häufig diente dabei die sogenannte „Apologie“ von Ḫattušili III.⁶⁸ oder jene von Asarhaddon⁶⁹ als Vergleich.⁷⁰ Aber auch Ähnlichkeiten mit der ägyptischen Literatur wurden festgehalten.⁷¹ Baruch Halpern vergleicht David zudem mit Idrimi von Alalaḫ.⁷² Gershon Galil zieht Parallelen zwischen Hasael und David und kommt unter der Voraussetzung der historischen Zuverlässigkeit  Perdue, L. G. (1997, 173 – 182) spricht von David als einem „dynamic character“ und gleichzeitig einem „static character“ und fragt: „But is it not possible that the double portrait of David reflects the ambiguity many Israelites held about the institution of the monarchy in general, an ambiguity reflected in many biblical texts?“ – so Perdue, L. G. (1997, 183).  Eckstein, P. (2000, 171): „Das die gesamte David-Geschichte durchdringende und alles bestimmende Erzählprinzip ist bereits mehrfach angesprochen und in aller Deutlichkeit herausgehoben worden: die Besonderheit und der Reiz der Erzählung liegt im Prinzip der Ambiguität.“ Vgl. ähnlich auch Gibson, A. (2000, 215 – 224).  Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 247 f.336 f. u. a.). Vgl. etwa auch Cartledge, T. W. (2001, 578): „A later son of David would also demonstrate a remarkable ability not only to endure the insults of those who opposed him, but to turn the other cheek (Matt 5:39).“  Johnson, V. L. (2009, 11).  Vgl. ausführlich Halpern, B. (22004, 107– 132); Finkelstein, I. / Silberman, N. A. (22007). Vgl. zudem Na’aman, N. (2002, 203 – 216); Ishida, T. (1985, 145 – 153) u. a. Vgl. zudem Bodi, D. (2010); Adam, K.-P. (2007, 13 – 21) sowie Hutton, J. M. (2009, 175).  Vgl. Hoffner, H. A. (1975, 50); McCarter, P. K. (1981, 495 – 499); Tadmor, H. (21984, 56 f.); Short, J. R. (2010, 51– 98) sowie zuletzt Knapp, A. (2013, 261– 275).Vgl. den Forschungsüberblick bei Short, J. R. (2010, 39 – 43).  Vgl. Ishida, T. (1991, 166 – 173).  Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 77 f.) sowie Dick, M. B. (2004, 4 f.). Vgl. zudem Dietrich, W. (1997, 215); Rudnig, T. A. (2006, 333).  Vgl. Whybray, R. N. (1968, 96 – 116).  Vgl. Halpern, B. (22004, 20).

1.3. Ambivalenz oder Ambiguität: David als schillernde Gestalt

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der Quellen zum Schluss, dass beide Usurpatoren waren, die in naher Verbindung zu ihrem Vorgänger standen und das Reich in Personalunion vereinten.⁷³ Michael B. Dick sieht Ähnlichkeiten zwischen den David-Erzählungen und den „Neo-Babylonian political apologies“⁷⁴ und erkennt ebenfalls Parallelen beim Machtwechsel.⁷⁵ Auch Bill T. Arnold hat in einer soziologischen Studie die Situation Israels zur Zeit Davids mit jener Babylons unter Nabopolassar verglichen.⁷⁶

 Vgl. Galil, G. (2007, 79 – 84).  Dick, M. B. (2004, 3 – 19). Und Dick, M. B. (2004, 18 f.) kommt zum Schluss: „The royal apologies of a David, Nabonidus, or even a Cyrus or Darius for ‚usurping‘ royal power from a legitimate dynasty must of necessity be similar. Such similarities […] stem not from monogenesis (my mimetic borrowing) but from the very nature of ancient kingship.“  Vgl. Dick, M. B. (2004, 12): „The strongest arguments for the royal legitimacy of both David and Nabonidus is that (1) their predecessor had lost divine approval; (2) they had not sought out or connived for rule; (3) they both had divine approbation, that is, they were called by the gods; and (4) they were dressed as kings: clothes make the king!“  Vgl. Arnold, B. T. (2002, 351): „Nonetheless, these parallels with the Neo-Babylonian period suggest that in fact, Nabopolassar and Nebuchadnezzar have much in common with David and Solomon. Such institutional and socio-political analogies should provide limits to our scepticism about early Israel and the biblical picture of United Monarchy.“

2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids Der gesamte zweite Teil des 1. Samuelbuches (1Sam 16,14– 31,13) steht unter dem Thema der politischen Spannungen¹ und der persönlichen Konflikte zwischen Saul, dem König Israels, und David, dem Gesalbten Gottes und Thronanwärter. Der Gegensatz zwischen den beiden Figuren, dem „unmanned Saul and spirited David“,² wird von Beginn der sogenannten Aufstiegsgeschichte³ an deutlich und endet erst mit dem Tod Sauls. Aufstieg des einen und Abstieg des anderen, Erwählung und Verwerfung sind eng ineinander verwoben. David ist noch gar nicht König, sein Aufstieg beginnt gerade erst, und schon droht ihm mehrfach tödliche Gefahr.⁴ Die Erwählung des einen und die Verwerfung des anderen werden in den David-Saul-Erzählungen⁵ theologisch untermauert: Der Geist Jhwhs kommt über David (1Sam 16,13), und gleichzeitig kommt ein böser Geist über Saul (1Sam 16,14).⁶ Im Machtkampf zwischen Erwähltem und Verworfenem hat Jhwh anscheinend

 Brueggemann, W. (22002, 28) schreibt von einem „great public conflict“. Brueggemann, W. (1990a, 141) führt aus: „To an ordinary observer who does not, like us, have this privileged narrator to interpret and anticipate, the drama appears simply to be a deathly conflict over power between a king and his best warrior.“ Nitsche, S. A. (2004, 185) meint, dass es sich um mehr als eine Familien- oder Dynastiegeschichte handelt. Vgl. Nitsche, S. A. (1994, 120): „Wichtig […] bleibt dabei der Hinweis, daß es bei der Auseinandersetzung Saul-David um eine Ablösung eines unbrauchbar gewordenen Konzeptes von Führerschaft durch ein effektiveres Handeln geht. Das aber war nicht die Sache zweier Einzelpersonen in einem individuellen Kampf.“  Campbell, A. F. (1986, 39); ähnlich Dietrich, W. (2002b, 60): „David der Hirte fungiert als Kontrastfigur zu den militärischen und gesellschaftlichen Machtfiguren Goliat und Saul – und wider Erwarten ist er diesen überlegen. […] Wenn David gerade als Hirte Goliat besiegt und Israel zum Sieg über seine bedrohlichsten Feinde verhilft, dann übernimmt er unversehens die Funktion des Herrschers.“  Rost, L. (1926, 133) sieht in 1Sam 23,1– 13; 27,1– 28,2; 29,1– 30,26; 2Sam 1,1; 2,4a; 3,20 – 29.31– 37; 4,1a; 4,5 – 12; 5,3; 5,17– 25 eine „lückenlos zusammenhängende Darstellung von Davids Ergehen auf seiner Flucht vor Saul und von den Vorgängen […], die zu seiner Herrschaft über Juda und Israel und zur Eroberung Jerusalems geführt haben“. Vgl. Weiser, A. (1966, 325 – 354). Als sogenannte Aufstiegsgeschichte wird heute in der Regel der Textkorpus 1Sam 16 – 2Sam 5 (oder 7 oder 8) gesehen. Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 67 f.). Vgl. zudem Dietrich,W. (1997, 213 – 216); Kratz, R. G. (2000, 179); Schäfer-Lichtenberger, C. (2006, 55 – 66) u. a.  Vgl. Dietrich, W. (2011b, 35): „Als David noch gar nicht König ist, sondern sein Aufstieg gerade erst beginnt, droht ihm mehrfach tödliche Gefahr.“  Dietrich, W. (1997, 248) spricht vom „Erzählkranz vom Freibeuter David“.  Vgl. dazu Kapitel B. 2.1.

2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

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klar Position bezogen, wie die sogenannte Mitsein-Formel deutlich macht („Jhwh war mit ihm [David]“, ‫ ַויה ָוה ִעּמוֹ‬1Sam 16,18 sowie 1Sam 18,14; ‫ ִּכי־ָה ָיה ְיה ָוה ִעּמוֹ‬1Sam 18,12; ‫ ִּכי ְיה ָוה ִעם־ָּד ִוד‬1Sam 18,28; vgl. auch 1Sam 17,37; 2Sam 8,6.14).⁷ Diese Formel „durchzieht die Darstellung wie ein roter Faden. Damit macht die Erzählung deutlich, dass der Mord an dem präsumtiven König deshalb nicht stattfindet, weil Gott seine schützende Hand über ihn hält.“⁸ Während Jhwh auf Davids Bitten antwortet und ihn durch die gesamte Erzählung hindurch begleitet,⁹ hat er Saul bereits verlassen (1Sam 16,14; 18,12). Die biblische Darstellung der frühen Königszeit ist „wesentlich durch die Polarität zwischen Saul und David geprägt“.¹⁰ Dennoch werden die Charaktere Saul und David „nicht einfach als Antitypen einander gegenübergestellt“.¹¹ David fungiert in der Erzählung als Musiktherapeut Sauls (1Sam 16,23 u. a.), er ist sein Waffenträger (1Sam 16,21), sein Truppenführer (1Sam 19,8) und nach einigem Hin und Her wird er sogar sein Schwiegersohn (1Sam 18,27). Schliesslich sprechen sich Saul und David sogar als Vater und Sohn an (1Sam 24,12.17). Zweimal könnte David Saul umbringen, jedoch verehrt und verschont er ihn (1Sam 24 und 26). Nicht nur David befindet sich also in Gefahr, auch Saul entgeht mehrfach einer Bedrohung.¹² Literarisch wird dies besonders in 1Sam 22,8 deutlich. Saul verdächtigt die Benjaminiten, Davids Verschwörung zu decken. Dabei verwendet er den Begriff ‫קשׁר‬, der nicht selten im Kontext einer Usurpation verwendet wird.¹³ Wenig später fragt Saul auch den Priester Ahimelech, weshalb sich dieser zusammen mit David gegen ihn verschworen habe (‫ קשׁר‬1Sam 22,13). David ist längst nicht mehr der harmlose, kleine Hirtenjunge wie zu Beginn der Erzählung in 1Sam 16,1– 13. Er sammelte die Sippe seines Vaters sowie Bedrängte und solche, die verschuldet waren, sowie andere mit erbittertem Gemüt um sich (1Sam 22,2) und wurde ihr Anführer. Vierhundert Mann waren bei ihm, mit Tross sechshundert (1Sam 23,13; 25,13; 27,2; 30,10).¹⁴ Den Erzählungen zufolge lebte

 Vgl. bereits Weiser, A. (1966, 334 f.); Willis, J. T. (1973, 301) u. a. Dietrich,W. (1997, 214) sieht in der sogenannten Mitsein-Formel ein Stilmerkmal, das für die gesamte Komposition wichtig ist. Vgl. Adam, K.-P. (2007, 38 f.).  Dietrich, W. (2011b, 35).  Vgl. McKenzie, S. L. (2011b, 151– 160). McKenzie, S. L. (2011b, 156) führt aus: „Yahweh consistently responds to David’s inquiries and directs his steps through the narrative.“  Dietrich, W. (1997, 282).  Dietrich,W. (1997, 220).Vgl. auch George, M. K. (2002, 447): „Saul and David are introduced into the narrative of 1 Samuel in strikingly similar ways, in terms both of the literary structure of their introduction and the type of information provided about them.“  Vgl. Dietrich, W. (2011b, 35).  Vgl. zum Begriff Kapitel B. 3.2.1. Vgl. zudem Adam, K.-P. (2007, 124 f.).  Vgl. Dietrich, W. (2012a, 92).

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David als Anführer einer Streifschar¹⁵ – vergleichbar etwa mit den aus bronzezeitlichen Texten bekannten Apirū (Ḫapirū),¹⁶ die gleichzeitig Söldner und gefährliche Banditen waren – und stellte als solcher durchaus eine gewisse Macht dar. Dem Erzähler geht es in den hier zu behandelnden Kapiteln mitnichten darum, David durchweg zu entlasten.¹⁷ Vielmehr stellt sich die Frage: Ist wirklich David und nicht eher Saul, der verworfene und in jeglicher Hinsicht scheiternde König, „gefährdet“?¹⁸ Wer bedrängt wen: Saul David oder David Saul? Im Endtext können diese Fragen aufgrund der starken Überarbeitung der Texte immer nur für einzelne Erzählabschnitte beantwortet werden. Im Folgenden soll lediglich der „gefährdete Aufstieg“¹⁹ Davids (1Sam 18 – 30) näher untersucht werden. Dabei zeigen sich in drei unterschiedlichen narrativen Einheiten Gefahren für David: – am Königshof Sauls (1Sam 18 f.), wo Saul zweimal versucht den Speer nach David zu werfen und damit zur direkten und unmittelbaren Gefahr für David wird, – auf seiner Flucht vor Saul (1Sam 21– 26) und schliesslich – während seines Aufenthalts bei den Philistern (1Sam 27– 30).²⁰

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“ (1Sam 18 f.) 1Sam 16 – 18 erzählt, wie David an den Königshof gelangte, dort zum Waffenträger und Schwiegersohn des Königs aufstieg und gleichzeitig dessen Eifersucht und

 Dietrich,W. (2012a, 92) spricht von „bandit chief“. Zur Frage, ob in Israel und Juda im 10. bis ins 8. Jh. eher von „chiefdom“ oder von einem Staat zu sprechen ist, ausführlich Kessler, R. (2009, 148 – 166). Grundsätzlich spricht nichts dagegen, hier von einer Situation,wie sie im 10. Jh. existiert hat, auszugehen. Anders Van Seters, J. (2009, 99 – 118), der meint, es sei „extremely unlikely that there was any widespread use of mercenaries in the early first millennium“ (99). Van Seters, J. (2009, 100 – 109) nimmt stattdessen an, dass es Söldnertum in grösserem Umfang erst ab der assyrischen und der saitischen, vor allem aber in der persischen und hellenistischen Epoche gegeben habe. Dazu wiederum Dietrich, W. (2010b, 1– 9) und nochmal Van Seters, J. (2010, 200 – 214).  Vgl. etwa Na’aman, N. (2010, 87– 97).  Dies wurde oft behauptet. Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 78 f.).  Vgl. dazu Weiser, A. (1966, 332 f.); Brueggemann, W. (1993, 240 f.) sowie Dietrich, W. (1997, 60 – 67 sowie 282– 289). Vgl. ferner Dietrich, W. / Link, C. (2000, 239 – 246).  Stolz, F. (1981, 105): „Davids gefährdeter Aufstieg und Sauls Untergang“.  Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 228).

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“

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Hass auf sich zog.²¹ Die Liebe Sauls zu David, von der in 1Sam 16,21 die Rede war (‫) ַו ֶיֱּאָהֵבהוּ ְמֹאד‬, verwandelt sich zuerst in Furcht vor ihm, später in Hass (1Sam 18,8 ‫)חרה‬.²² Davids Erfolge bedrohen Saul. Während in 1Sam 17 die Aktion durchweg von David ausgegangen war und Saul erstaunlich unbeteiligt schien – seine einzige aktive Handlung war, dass er David zu sich holen liess (1Sam 17,31) –, geht die Aktion nun mehrheitlich von Saul aus.²³ David erscheint umgekehrt in 1Sam 18 f. häufig als Objekt und nicht als Subjekt der Erzählung.²⁴ 1Sam 18 und 19 bestehen aus vielen kleinen „Episoden“ mit einem einheitlichen Thema: Einerseits werden der Erfolg Davids und die Gunst des Volkes, die er geniesst, beschrieben, andererseits die Missgunst und der Hass Sauls sowie dessen Scheitern, den Rivalen aus dem Weg zu schaffen. Dieser Konflikt mündet in immerwährende Feindschaft (1Sam 18,29 ‫ ; ַו ְיִהי ָשׁאוּל ֹא ֵיב ֶאת־ ָּד ִוד ָּכל־ַה ָיִּמים‬vgl. zudem 1Sam 19,17; 24,5.20; 26,8; 2Sam 4,8). Dabei wird das hebräische Wort ‫ ֹא ֵיב‬gebraucht, das sonst nur selten einen bestimmten einzelnen Feind bezeichnet,vielmehr in der Mehrheit der Belege in den Samuelbüchern politisch-militärische Feinde des Volkes Israel meint.²⁵ In Kontrast zur Feindschaft Sauls steht die Liebe, die in 1Sam 18,1.3.20.28 Jonatan und Michal, die Kinder Sauls, David entgegenbringen und die

 Vgl. Dietrich,W. / Naumann, T. (22005, 98): „Ist in I 16 – 18 erzählt, wie David an den Königshof gelangte, dort aufstieg und prompt das Misstrauen und die Eifersucht Sauls weckte, so steht ab I 19 und bis zum Tod Sauls I 31 die Rivalität der beiden Männer im Zentrum der Darstellung.“ Vgl. auch Willi-Plein, I. (2004, 164): „ISam 18 und 19 bilden bzw. enthalten die grundlegenden Anfangserzählungen eines bis IReg 2 durchgehenden Erzählzusammenhangs, der zu bemerkenswert wenigen literarkritischen Aussonderungen einlädt […].“ Vgl. zudem Nitsche, S. A. (2004, 183).  Die Grundbedeutung von ‫ חרה‬ist „zornig sein“.Vgl. dazu Freedman, D. N. / Lundbom, J. (1982, 183 f.). Fokkelman (1986, 222) spricht in Bezug auf Saul und David von einer „love-hate relationship“.  Vgl. Brueggemann, W. (1993, 231): „It is important to note that Saul is continually and relentlessly active in his pursuit and retention of royal power. He is not a passive recipient of fate but is the agent of his own undoing.“ Vgl. zudem Bar-Efrat, S. (2007, 254): „Die Erfolge Davids bedrohen Saul und bewirken in ihm, dass er sich vor ihm fürchtet, aber alle Schritte, die er gegen ihn unternimmt, verfehlen nicht nur ihr Ziel, sondern stärken David sogar noch.“ Dazu auch Nitsche, S. A. (2004, 184).  Ob dies aber eine theologische Ursache hat, wie Seidl, T. (1986, 53) meint, ist zu bezweifeln: „Der Mensch kann klein, jung und unbekannt sein, wenn er nur von Jahwe erwählt ist. Darum ist David hier ganz passiv gezeichnet; er handelt nicht, er erhält keinen Auftrag. Alle Wirkung bleibt dem Wort Jahwes überlassen; es steht am Anfang der Erwählung zum König.“  Vgl. dazu Kapitel A. 1.2. Dietrich, W. (1997, 270) meint, es handle sich bei ‫ ֹא ֵיב‬um ein Leitwort. Vgl. Dietrich, W. (2000, 65 f.) sowie Jenni, E. (1971, 119). Vgl. zudem Ringgren, H. (1973, 231): „Das eigene Volk bzw. der Held der Erzählung werden nie als ‫ אויב‬bezeichnet; der Feind ist immer der von außen kommende Angreifer.“

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

sich im folgenden Kapitel in kritischen Situationen bewährt.²⁶ Auch Sauls Untergebene (1Sam 18,22) und ganz Israel und Juda (1Sam 18,16) lieben David. In 1Sam 18 f. fallen zahlreiche Wiederholungen auf.²⁷ Viermal wird gesagt, dass David Erfolg hat (‫ שׂכל‬Hifil, 1Sam 18,5.14.15 sowie in 1Sam 18,30 Qal). Dreimal wird betont, dass sich Saul vor David fürchtet (‫ ירא‬1Sam 18,12.29; ‫גור‬²⁸ 1Sam 18,15). Zweimal versucht Saul, David mit seinem Speer umzubringen; zweimal verspricht er, ihm eine seiner Töchter – zuerst Merab, dann Michal – zur Frau zu geben, und zweimal sendet Saul hintereinander drei Boten aus, um David aufzuspüren. Saul „sagt“, beziehungsweise „spricht“ zu sich selber (‫ אמר‬1Sam 18,8.17.21.25) und „beabsichtigt“ (‫ חשׁב‬1Sam 18,25) für David Nachteiliges.²⁹ Zahlreiche Doppelungen konzentrieren sich auf 1Sam 18 f.³⁰ 1Sam 18 f. liegt folgende Gliederung zugrunde:³¹ A 1Sam 18,1– 5 Sauls Sohn und David: Der Bund Jonatans mit David Einschub 1Sam 18,6 – 9 Siegeslied der Frauen und die Eifersucht Sauls B 1Sam 18,10 – 12 Saul schleudert den Speer nach David C 1Sam 18,13 – 16 Davids Erfolg im Krieg und seine Beliebtheit in ganz Israel und Juda D 1Sam 18,17– 19 Saul will Merab, seine älteste Tochter, mit David verheiraten und verheiratet sie schliesslich mit Adriel D′ 1Sam 18,20 – 30 Michal liebt David, und David überbringt Saul die Heiratsgabe; dieser gibt ihm Michal zur Frau; Schlussnotiz mit Bekräftigung der Feindschaft zwischen Saul und David

 David wird durchweg als der „Geliebte“ dargestellt: In 1Sam 18,1.3 steht, dass sich die ‫ֶנֶפשׁ‬ Jonatans mit der ‫ ֶנֶפשׁ‬Davids verband (‫ ) ְו ֶנֶפשׁ ְיהוֹ ָנָתן ִנְק ְשָׁרה ְבּ ֶנֶפשׁ ָּד ִוד‬und dieser ihn lieb gewann wie seine eigene ‫ ַו ֶיֱּאָהֵבהוּ ְיהוֹ ָנָתן ְּכ ַנְפשׁוֹ( ֶנֶפשׁ‬1Sam 18,1; vgl. zudem 1Sam 18,3 ‫) ְבַּאֲהָבתוֹ ֹאתוֹ ְּכ ַנְפשׁוֹ‬. In 18,16 folgt die Notiz, dass ganz Israel und Juda David mochte (‫)אהב‬, und in 1Sam 18,22 trägt Saul seinen Beamten auf, David einzureden, dass alle ihn lieben (‫ )אהב‬und er deshalb Schwiegersohn des Königs werden solle. Und schliesslich ist bemerkenswert, dass auch von Michal gesagt wird, dass sie David liebt (‫ אהב‬1Sam 18,20.28). Vgl. dazu Ackerman, S. (2002, 452 f.). In 1Sam 18 kommt der Begriff ‫ אהב‬insgesamt fünfmal vor. Dieser sei ein „charakteristisches Merkmal des ganzen Überlieferungskomplexes und wohl etwas Besonderes (16,21; 18,16; 20,17)“, so Stoebe, H. J. (1973, 348). Vgl. auch Bar-Efrat, S. (2007, 254).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 255). Vgl. ausführlich zu diesen Doppelungen auch Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 87 f.). Klein, J. (2010, 108) spricht mit Blick auf 1Sam 18 von „Kohärenzstörungen“. Vgl. ausführlich zu diesen „doublets“ auch Hutton, J. M. (2009, 235 – 245).  Nach Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 222) ist dieses Wort viel stärker und drückt „la terreur que David inspire à Saul“ aus.  Vgl. Dietrich, W. (2012 ff., 403).  Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. (2012 ff., 407 f.).  Der Abschnitt 1Sam 18 – 19 wird sehr unterschiedlich gegliedert: Bar-Efrat, S. (2007, 254.261) unterteilt in 1Sam 18,6 – 29 und 1Sam 18,30 – 19,24.Vgl. auch Dietrich,W. (2012 ff., 456): „Der Aufbau des Kapitels [19] entspricht in auffälliger Weise dem des vorangehenden.“

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“

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D′′ 1Sam 19,1– 7 Jonatan hat grossen Gefallen an David; Sauls Mordpläne und Jonatans Verhandlungen (vgl. 1Sam 20) C′ 1Sam 19,8 Davids Erfolg im Krieg: David bringt den Philistern im Krieg eine grosse Niederlage bei B′ 1Sam 19,9 – 10 Saul schleudert den Speer zum zweiten Mal nach David A′ 1Sam 19,11– 17 Sauls Tochter und David: Michal verhilft David zur Flucht; dreimal sendet Saul Boten 19,11.14.15.

In diesen chiastischen Aufbau ist Sauls Absicht, David zu töten, eingebettet.³² Zweimal wirft Saul den Speer nach David, zweimal wird seine Mordabsicht ausdrücklich genannt. B 1Sam 18,11 ‫ ַו ָיֶּטל ָשׁאוּל ֶאת־ַהֲח ִנית ַו ֹיּאֶמר ַא ֶּכה ְבָד ִוד וַּבִּקיר‬Und Saul stach mit dem Speer und dachte: Ich will David an die Wand spiessen! D Sam ,b ‫ ְו ָשׁאוּל ָאַמר ַאל־ ְּתִהי ָיִדי בּוֹ וְּתִהי־בוֹ ַיד־ ְפִּל ְשִּׁתים׃‬Und Saul sagte: Meine Hand soll nicht gegen ihn sein, sondern die Hand der Philister soll gegen ihn sein. D′′ Sam ,a ‫ַו ְיַד ֵבּר ָשׁאוּל ֶאל־יוֹ ָנָתן ְבּנוֹ ְוֶאל־ָּכל־ֲעָבָדיו ְלָהִמית ֶאת־ ָּד ִוד‬

Und Saul redete mit seinem Sohn Jonatan und mit all seinen Beamten, dass er David töten wolle.

B′ Sam ,a ‫ ַו ְיַבֵּקשׁ ָשׁאוּל ְלַהּכוֹת ַבֲּח ִנית ְבָּד ִוד וַּב ִּקיר‬Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen.

Dabei spitzt sich die Bedrohung für David bis zu seiner endgültigen Flucht vom Königshof am Ende von 1Sam 19 immer mehr zu.³³ Sauls Neid und Hass münden darin, dass er den Speer nach David wirft. Auslöser dieser Eifersucht ist das in 1Sam 18,7 wiedergegebene Siegeslied der Frauen: „Saul hat seine Tausende erschlagen, und David seine Zehntausende“ (‫ ִה ָּכה ָשׁאוּל ַבֲּאָלָפיו ְוָד ִוד ְבּ ִרְבֹבָתיו‬vgl. 1Sam 21,12 und 29,5).³⁴ Obwohl der Erzähler ausdrücklich sagt, dass die Frauen Saul entgegenzogen und nicht David, sie also seine Autorität als König nicht grund-

 Vgl. ähnlich auch noch 1Sam 20,1.30.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 255) sowie Dietrich, W. (2012 ff., 462 f.).  Vgl. Klein, J. (2005, 183). Anders Fokkelman, J. P. (1986, 214). „The song contains no insult. It is a lavish praise of both Saul and David, utilizing the largest (single) equivalent numerals available in Syro-Palestinian poetic diction; the fixed pair ‘thousands’ // ‘ten-thousands’.“

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

sätzlich in Frage stellen,³⁵ lässt dieses Lied Saul sehr ergrimmen: Und diese Sache war in seinen Augen böse (‫ ַו ִיַּחר ְל ָשׁאוּל ְמֹאד ַו ֵיּ ַרע ְבֵּעי ָניו ַה ָּדָבר ַה ֶּזה‬1Sam 18,8). Die historische Situation eines charismatischen Führertums, das mit militärischen Erfolgen erreicht und bewahrt wird, könnte den Grimm Sauls verständlich machen.³⁶ Der Erfolg Davids bedrohte seine Anerkennung und seine Position als König und führender Militär. Aus der Perspektive Sauls tritt David als Rivale und Konkurrent auf.³⁷ In seinem Argwohn stellt Saul fest, dass David nur noch das Königtum fehlt, um auf dem absoluten Höhepunkt seines Erfolges anzukommen (1Sam 18,8). Saul scheint, wie auch in 1Sam 20,31 deutlich wird, zu ahnen, dass David eine reale Gefahr für sein Königtum ist.³⁸ Von diesem Moment an scheint Saul mit Neid auf David zu blicken („fortan beäugte Saul David“³⁹ 1Sam 18,9). Und Sauls Neid verwandelt sich kurz danach in eine zerstörerische Handlung (1Sam 18,10).⁴⁰ Saul versucht zweimal David mit dem Speer an die Wand zu spiessen und „[…] auf den impulsiven Mordanschlag Sauls folgt der heimtückisch geplante Versuch, den Rivalen zu beseitigen.“⁴¹ Mit List versucht Saul, den Gegner aus dem Weg zu schaffen, indem er ihm eine seiner beiden Töchter zur Frau geben will.⁴² Er hofft,

 Vgl. mehr dazu bei Fokkelman, J. P. (1986, 211– 220). Anders Alter, R. (22000, 113).  Die Formulierung ‫ ַו ֵיּ ַרע ְבֵּעי ָניו ַה ָּדָבר ַה ֶּזה‬weist allerdings Anklänge an deuteronomistische Sprache auf.  Vgl. Campbell, A. F. (1997, 91): „The exercise of command, the gaining of success and the winning of the soldiers’ approval are all part of David’s establishing a reputation, once he is taken into Saul’s court.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 256): „Durch diese Worte verleiht Saul erstmals seiner Eifersucht gegenüber David und seiner Befürchtung, dass David der Mann ist, der sein Königtum erben wird, Ausdruck.“  So die Übersetzung von Dietrich, W. (2012 ff., 396). Esler, P. F. (1998, 240 inkl. Anm. 22) weist darauf hin, dass aufgrund des hebräischen Wortgebrauchs klar zwischen „envy“ (Neid, Missgunst) und „jealousy“ (Eifersucht) unterschieden werden müsse. Ketib ‫ ָעוֹן‬ist vermutlich eine Fehllesung und Qere ‫ עוֹ ֵין‬LXX ὑποβλεπόμενος vorzuziehen. Dazu Dietrich, W. (2012 ff., 399). Vgl. ähnlich 2Sam 16,12. Dazu in Kapitel B. 3.3.1.  Vgl. Campbell, A. F. (2003, 184).  Stolz, F. (1981, 125).Vgl. Kratz, R. G. (2000, 184.): „Die Feindschaft zwischen David und Saul wird ab 18,6 auf zweifache Weise begründet: 1) 18,6 – 9 sieht den Grund in den militärischen Erfolgen Davids und der drohenden Gefahr, daß er das Königtum an sich reißen könnte. Ähnlich die Bemerkungen in 18,13– 15.29 f. 2) 18,10 f und 19,9 f begründen die Feindschaft mit dem akausalen Tobsuchtsanfall Sauls.Wieder fällt die Entscheidung über die Priorität leicht, doch ist sie durch das Urteil über 16,14 ff und 17 schon präjudiziert: Die militärische und politische Rivalität in 18,6 – 9 gründet auf dem Sieg gegen die Philister in Kap. 17; der psychisch bedingte Mordanschlag in 18,10 f und 19,9 f greift auf 16,14– 23 zurück. […] Danach sieht es so aus, daß dem Motiv des spontanen Wutanfalls die Priorität zukommt, die politische Rivalität hingegen nachgetragen ist.“  Für Merab nennt Saul keinen Brautpreis. Darin einen Rückbezug auf 1Sam 17,25 sehen zu wollen, ist unbegründet, da nirgends gesagt wird, dass David Anrecht auf sie hätte. Anders Stolz,

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“

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dass David entweder in seinem Dienst als Krieger oder beim Mord an den hundert Philistern, den er als Brautpreis gefordert hat, ums Leben kommt (1Sam 18,17.21).⁴³ Die Bedrohung, die von Saul ausgeht, wird schliesslich so gross, dass David fliehen muss. Zur erfolgreichen Flucht verhilft ihm Michal (1Sam 19,11– 17): Sie lässt ihn zum Fenster hinaus, legt einen Terafim auf sein Bett und ein Geflecht von Ziegenhaar an das Kopfende. Den Boten Sauls erklärt sie, David sei krank. Als die Täuschung auffliegt, wird Michal von Saul zur Rede gestellt, woraufhin sie erklärt, David habe sie erpresst. Hätte ihr Vater – ohne diese Notlüge – vielleicht auch den Speer nach ihr geworfen, wie er es kurz danach bei Jonatan tut (1Sam 20,33)? Achtmal wird in 1Sam 19 das Wort „töten“ (‫ מות‬Hifil) verwendet (1Sam 19,1.2.5.6.11.15bis.17).⁴⁴ Insgesamt sendet Saul sechsmal Häscher aus (‫ַו ִיּ ְשַׁלח ָשׁאוּל‬ ‫ ַמְלָאִכים‬1Sam 19,11.14.15.20.21bis; ‫ שׁלח‬wird sogar achtmal verwendet 1Sam 19,11.14 f.17bis.20.21bis), um David zu verhaften (‫ לקח‬1Sam 19,14.20). Dies ist bestimmt nicht die Darstellung eines harmlosen Manövers! Doch jedes Mal bleibt Saul erfolglos, und David kann entwischen. Von besonderem Interesse sind die beiden Szenen, in denen Saul David direkt und unmittelbar physisch bedroht und versucht ihn mit dem Speer an die Wand spiessen will. Zwischen 1Sam 18,10 – 12 und 19,9 f. gibt es zahlreiche Ähnlichkeiten, aber auch bedeutende Unterschiede: 1Sam 18,10 – 12

Sam , – 

‫ַו ְיִהי ִמ ָּמֳחָרת ַוִּתְצַלח רוַּח ֱאל ִֹהים ָרָעה ֶאל־ ָשׁאוּל‬ ‫ַו ִיְּת ַנ ֵבּא ְבתוְֹך־ַה ַבּיִת‬ ‫ְוָד ִוד ְמ ַנ ֵגּן ְבּ ָידוֹ ְּכיוֹם ְבּיוֹם ְוַהֲח ִנית ְבּ ַיד־ ָשׁאוּל׃‬ Und es geschah am folgenden Tag, dass ein böser Geist von Gott über Saul kam, und er geriet im Innern des Hauses in Raserei. David aber spielte mit seiner Hand, wie er täglich zu tun pflegte, und ein Speer war in der Hand Sauls.

‫ַו ְּתִהי רוַּח ְיה ָוה ָרָעה ֶאל־ ָשׁאוּל‬ ‫ְוהוּא ְבֵּביתוֹ יוֹ ֵשׁב ַוֲח ִניתוֹ ְבּ ָידוֹ‬ ‫ְוָד ִוד ְמ ַנ ֵגּן ְבּ ָיד׃‬ Und ein böser Geist von Jhwh kam über Saul, als er in seinem Haus sass, seinen Speer in seiner Hand. David aber spielte mit seiner Hand.

‫ַו ָיֶּטל ָשׁאוּל ֶאת־ַהֲח ִנית ַו ֹיּאֶמר‬ ‫ַא ֶּכה ְבָד ִוד וַּב ִּקיר‬ ‫ַו ִיֹּּסב ָּד ִוד ִמ ָפּ ָניו ַפֲּעָמיִם׃‬

‫ַו ְיַבֵּקשׁ ָשׁאוּל ְלַהּכוֹת ַבֲּח ִנית ְבָּד ִוד וַּבִּקיר‬ ‫ַו ִיְּפַטר ִמ ְפּ ֵני ָשׁאוּל ַו ַיְּך ֶאת־ַהֲח ִנית ַבִּּקיר‬

F. (1981, 126) und Dietrich,W. (1997, 248).Willi-Plein, I (2004, 150 f.) unterscheidet eine „Dienstehe“ beim ersten Heiratsangebot und eine „reguläre Brautverhandlung“ beim zweiten.  Vgl. Cartledge, T.W. (2001, 255): „Saul became jealous of his prolific retainer and threatened his life, both directly (18:10 – 11, 19:9 – 10) and through subterfuge (18:17,25).“  Vgl. Dietrich, W. (2012 ff., 459); Bar-Efrat, S. (2007, 261).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

Sam , – 

Sam , – 

Und Saul stach mit dem Speer und dachte: Ich Und Saul versuchte, David mit dem Speer an die will David an die Wand spiessen! Wand zu spiessen. Aber er wich aus vor Saul, Aber David wich ihm zweimal aus. sodass er den Speer in die Wand stiess. ‫ַו ִיָּרא ָשׁאוּל ִמִּלְפ ֵני ָד ִוד ִּכי־ָה ָיה ְיה ָוה ִעּמוֹ וֵּמִעם ָשׁאוּל ָסר׃‬ ‫ְוָד ִוד ָנס ַו ִיָּּמֵלט ַבּ ַּל ְיָלה הוּא׃‬ Und Saul fürchtete sich vor David; denn Jhwh Und David floh und entrann in jener Nacht. war mit ihm. Aber von Saul war er gewichen.

LXXB bietet in 1Sam 18, ebenso wie bereits im vorangehenden Kapitel (1Sam 17), eine wesentlich kürzere Variante als MT. Insbesondere fehlt der gesamte Teil 1Sam 18,10 – 11.12b.⁴⁵ Die Frage nach der Ursprünglichkeit des hebräischen bzw. griechischen Textes darf nicht auf 1Sam 18,10 – 12 beschränkt bleiben, sondern muss für 1Sam 17 f. insgesamt beantwortet werden. Die Gründe für die einzelnen Argumentationen können hier nicht ausführlich erläutert werden.⁴⁶ Grundsätzlich kann aber festgehalten werden, dass die kürzere Version der LXXB gegenüber dem längeren MT häufig älter eingestuft wird.⁴⁷ 1Sam 18,10 beginnt, ebenso wie 1Sam 18,6, mit ‫ ַו ְיִהי‬und einer Zeitangabe. Diese Einleitung bezieht sich direkt auf die vorangehende Erzählung.⁴⁸ Saul wurde demzufolge unmittelbar, nachdem David von den Frauen gepriesen wurde, eifersüchtig (V. 8) und bedrohte ihn am folgenden Tag (‫ )ָמֳחָרת‬mit dem Speer. Dabei kam ein böser Geist (‫)רוַּח ָרָעה‬⁴⁹ von Gott über Saul. In 1Sam 18,10 steht ebenso wie in 1Sam 10,10; 11,6; 16,15 f.23; 19,20.23 ‫רוַּח ֱאל ִֹהים‬. In 1Sam 10,6; 16,13; 16,14; 19,9 ist hingegen von ‫ רוַּח ְיה ָוה‬die Rede.⁵⁰ So oder so bekommt der Konflikt zwischen Saul und David eine theologische Dimension: „Sauls’s blind destructiveness concerns

 Zudem fehlen folgende Verse: 1Sam 17,12– 31.41.48b.50.55 – 58; 18,1– 6a.10 – 11.12b.17– 19.21b.29b – 30.  Vgl. für einen Forschungsüberblick und eine Liste der Argumente für die Ursprünglichkeit vom MT bzw. LXXB: Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 88 – 90); Hutton, J. M. (2009, 245 – 263); Schmitt, H.-C. (2010, 119 f.) sowie zuletzt Dietrich, W. (2012 ff., 408 f.).  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 90). Vgl. zudem Dietrich, W. (2012 ff., 408): „Der Textbestand der kürzeren G B-Fassung wird fast reflexhaft als älter, die M-Zusätze (in 1– 6aα.10 f.12b.17– 19.21b.30, also namentlich die Jonatan-, die Spießwurf- und die Merab-Episode) als jünger beurteilt.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1986, 211).  In 2Kön 3,15 kommt beim Saitenspiel nicht der Geist Gottes, sondern die Hand Jhwhs (‫) ַיד־ ְיה ָוה‬ über Elisa.  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 87) u. a.

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“

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not only Saul and David, but also an ‘evil spirit from God’ (v 10).“⁵¹ Das Wort ‫בעת‬ (Piel) aus 1Sam 16,14, das auch in Zusammenhang von einem plötzlichen Schrecken (Jes 21,4; Hi 9,34; 13,21; 18,11; 33,7) verwendet wird, verstärkt den Eindruck des plötzlichen, unerwarteten und heftigen Überfallens.⁵² In 1Sam 18,10 steht hierfür – wie in 1Sam 10,6.10; 11,6; 16,13 – das Wort ‫( צלח‬Qal), das in diesem Kontext soviel wie „eindringen“, „durchdringen“ bedeutet.⁵³ In 1Sam 19,9 steht lediglich ‫( היה‬Qal, wayyiqtol-x). Dieser böse (‫ )רעה‬Geist liess Saul im Innern seines Hauses „toben“ beziehungsweise „ausser sich geraten“ (‫נבא‬, Hitpael). Der Ausdruck, der in 1Sam 10,6.10 f. und in 1Sam 19,23 f. ebenfalls im direkten Zusammenhang mit Saul vorkommt, hat eigentlich die Grundbedeutung „weissagen“, „prophezeien“ (vgl. auch 1Kön 18,17; Jer 29,26 u. a.).⁵⁴ Von Sauls Anfall ist in 1Sam 19,9 f. nicht mehr die Rede: Wird er hier bereits vorausgesetzt? In diesem Fall könnte es ein Argument dafür sein, dass sich 19,9 f. auf 18,10 – 12 bzw. 16,14 zurückbezieht. Eine Erklärung, weshalb David vor Saul die Leier spielt, fehlt in beiden Textstellen (1Sam 18,10 f. und 19,9 f.). Auch wird das Musikinstrument beide Male nicht genannt.⁵⁵ Allerdings legen der Ausdruck ‫„( ְוָד ִוד ְמ ַנ ֵגּן ְבּ ָידוֹ ְּכיוֹם ְבּיוֹם‬David aber spielte mit seiner Hand, wie er täglich zu tun pflegte“ 1Sam 18,10) sowie die Ähnlichkeiten mit 1Sam 16,23, wo ‫ ִּכ ּנוֹר‬genannt ist, es nahe, dass hier die Leier gemeint ist. In 1Sam 16,16.17.18.23; 18,10 und 19,9 wird immer ‫( נגן‬Piel, „ein Instrument spielen“) verwendet. In 1Sam 18,10 wird zudem betont, dass David täglich (‫ ) ְּכיוֹם ְבּיוֹם‬mit der Hand zu spielen pflegte (‫ְמ ַנ ֵגּן ְבּ ָיד‬, 1Sam 18,10 und 19,9).⁵⁶ Auffällig oft erscheint in dem Text der Begriff „Hand“ (‫ ָיד‬vgl. 1Sam 18,10bis.17.21.25; 19,9.10), der zu einem bestimmenden Leitwort wird.⁵⁷ Saul denkt,  Brueggemann, W. (1993, 230). Brueggemann, W. (1993, 241) führt aus: „The introduction of an ‘evil spirit’ brings a larger coherence to the concrete self-destructive action of Saul. It is, nonetheless, the concrete self-destructive actions that permit that theological conclusion.“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 166).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1118).  Vgl. hierzu Müller H.-P. (1986, 155 f.): „Die Szenen 1Sam 10,5 ff.; 19,20 ff. verwenden das Ptz. (10,5) für das Bestehen des ekstatischen Zustandes in der Gruppe und den Narrativ (bzw. das anknüpfende perf.cons.) ingressiv für das In-Ekstase-Geraten Sauls (10,10 bzw. v. 6) oder der von ihm ausgesandten Boten (19,20 f.); ebenfalls mit nb’ hitp wird 18,10 das (depressive?) Toben Sauls […] bezeichnet.“ Vgl. zudem Esler, P. F. (1998, 227) sowie Fokkelman, J. P. (1986, 222 f.). Zuletzt Dietrich, W. (2012 ff., 399) „In 1Sam 10,6 – 10 haben wir ‫ התנבא‬in der Folge eines Geistbefalls übersetzt mit ‚sich prophetisch gebärden‘; hier legt der Kontext keinen Gedanken an Prophetie nahe.“ Vgl. Gesenius, W. (182013, 770).  In 1Sam 16,16.23 steht dafür das Wort ‫ִּכ ּנוֹר‬, das ein Saiteninstrument aus Holz (Leier) bezeichnet.  Vgl. Willis, J. T. (1973, 300).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 255); Dietrich, W. (2012 ff., 402)

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

dass nicht seine eigene Hand, sondern die Hand der Philister sich gegen David richten solle. Und während David mit der Hand sein Musikinstrument spielt, hält Saul seinen Speer in der Hand. Dieses Wortspiel wiederholt sich in 1Sam 19,9 in umgekehrter Reihenfolge: Saul sitzt im Inneren seines Hauses und hält seinen Speer in der Hand, während David vor ihm mit der Hand (die Leier) spielt. In 18,10 – 12 kommt der Speer (‫)ֲח ִנית‬⁵⁸ zweimal, in 19,9 f. sogar dreimal vor (zudem in 1Sam 20,33; 22,6; 26,7.8.11.12.16.22 und 2Sam 1,6).⁵⁹ Der Speer ist als „Machtzeichen in der Hand des ‚Heerkönigs‘ Saul“⁶⁰ ebenfalls ein wichtiges Leitwort. Mit dieser Beschreibung vom sitzenden Saul und spielenden David in 1Sam 18,10 und 19,9 ist der Höhepunkt der Erzählung erreicht: Saul hebt den Speer, um damit auf David loszugehen (1Sam 18,11) beziehungsweise „versucht, David mit dem Speer an die Wand zu spiessen“ (‫ ַו ְיַבֵּקשׁ ָשׁאוּל ְלַהּכוֹת ַבֲּח ִנית ְבָּד ִוד‬1Sam 19,10). In 1Sam 18,11 wird dasselbe Wort (‫ טול‬Hifil beziehungsweise ‫ נטל‬Qal)⁶¹ verwendet wie in 1Sam 20,33, wenn Saul mit dem Speer nach Jonatan sticht. Der Speer wird in 1Sam 18,11 vermutlich als Stichwaffe verwendet, denn David kann zweimal ausweichen. Anders verhält es sich in 1Sam 19,10. Dort trachtet (‫ )בקשׁ‬Saul danach, David an die Wand zu spiessen!⁶² Hier wird das Verb ‫ נכה‬Hifil (1Sam 19,10bis) verwendet, das häufig in Fällen beabsichtigter Tötung, besonders bei politischem

 Gesenius, W. (182013, 372) schlägt für die Übersetzung die ganze Spannbreite von „Speer“, „Lanze“ bis „Wurfspieß“ vor, KAHAL (2013, 175) lediglich „Speer“. In der Tat ist auch eine Differenzierung auf Grund archäologischer Funde schwierig. Vgl. Mittmann, S (1989, 1662): „Lanze und Speer (hebr. chanīt, rōmach). Eine Unterscheidung zwischen der längeren (Stoß‐)Lanze […] und dem kürzeren (Wurf‐)Speer ist bei Funden kaum möglich, weil nur die metallenen Spitzen erhalten sind, die signifikanten Holzschäfte (2Sam 23,7) dagegen allenfalls noch rudimentär. Der Übergang ist ohnehin fließend, bei der Länge wie bei der Handhabung“.  Diese häufige Nennung des Speers weist darauf hin, dass er als Attribut Sauls, ähnlich wie der Bogen vielleicht Attribut Jonatans war (1Sam 18,4; 2Sam 1,18.22 zudem 1Sam 20), gezielt literarisch eingesetzt wurde. Vgl. Willi-Plein, I. (2004, 154):  Görg, M. (2001, 652). Vgl. Tsumura, D. T. (2007, 479): „Saul’s spear was almost a symbol of his kingship, and he had it at hand in formal situations (cf. 20:33; 22:6; 26:7).“  Vgl. Dietrich,W. (2012 ff., 399): „Nach M hat Saul den Spieß tatsächlich geschleudert – doch wie sollte er das mit dem gleichen Spieß grad zweimal tun? In GLA heißt es: καὶ ἦρεν, ‚und er erhob‘. Dabei dürfte der gleiche Konsonantenbestand vorausgesetzt sein wie bei M, jedoch nicht vokalisiert als ‫( ַו ָיֶּטל‬Hif. von ‫טול‬, ‚weit werfen‘, vgl. HALAT 357), sondern als ‫( ַו ִיּ ֹטּל‬Qal von ‫נטל‬, ‚wiegen, aufheben‘, vgl. HALAT 655).“ So bereits Wellhausen, J. (1871, 111). Die Entscheidung von welchem Verb die Form hier abzuleiten ist, kann auf grammatikalischem Wege nicht gelöst werden. Der Sachzusammenhang mit dem zweimaligen Ausweichen Davids legt es zwingend nahe, dass hier der Speer als Stich- und nicht als Wurfwaffe gebraucht wird. Damit kann die herkömmliche Bedeutung „werfen“ (‫ )טול‬nicht verwendet werden.  Vgl. Alter, R. (22000, 114).

2.1. „Und Saul versuchte David mit dem Speer an die Wand zu spiessen…“

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Mord, vorkommt,⁶³ oft auch zusammen mit dem Begriff ‫( קשׁר‬1Kön 15,27.29; 16,10; 2Kön 9,7.24.27; 10,9.11.17.25; 15,10.14 f.25.30).⁶⁴ Während Saul also in 1Sam 18,11 mit dem Speer auf David losging und davon sprach, David an die Wand zu spiessen (ebenfalls ‫ נכה‬Hifil), wirft er in 1Sam 19,10 den Speer, sodass dieser in der Wand stecken bleibt (‫) ַו ַיְּך ֶאת־ַהֲח ִנית ַבִּּקיר‬. Die Gefahr, die Saul für David darstellt, ist offensichtlich. Unabhängig von der Bedeutung, die ‫ ויטל‬hier zugeschrieben wird, lässt sich folgende Steigerung festmachen: Während Saul in 1Sam 18,11 lediglich davon spricht, David an die Wand zu spiessen (‫ נכה‬+ ‫)ִקיר‬, sucht (‫ )בקשׁ‬Saul, David in 1Sam 19,10 tatsächlich an die Wand zu spiessen (‫ נכה‬+ ‫)ִקיר‬, und am Ende bleibt der Speer in der Wand stecken (‫ נכה‬+ ‫)ִקיר‬.⁶⁵ David kann in 1Sam 18,11 zweimal (‫ ) ַפֲּעָמיִם‬dem Speer Sauls ausweichen. Wiederum werden in 1Sam 18,11 f. und 1Sam 19,10 unterschiedliche Begriffe für das Ausweichen verwendet: ‫ סבב‬in 1Sam 18,11 heisst so viel wie „sich wenden“, „sich drehen“,⁶⁶ ‫ פטר‬in 1Sam 19,10 kommt selten vor und hat nur hier die Bedeutung „ausweichen“.⁶⁷ Insgesamt zeigt sich bei allen Gemeinsamkeiten zwischen 1Sam 18,10 – 12 und 1Sam 19,9 f. doch ein auffällig differenziertes, voneinander abweichendes Vokabular. Die beiden Schlussteile sind nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich verschieden. Während in 1Sam 18,12 festgehalten wird, dass Saul sich vor David fürchtet, weil Jhwh mit diesem war, wird in 1Sam 19,10 lediglich mitgeteilt, dass David floh. Mit der ersten Aussage rückt also Saul in den Blick, mit der zweiten David. Obwohl zu erwarten wäre, dass sich David vor Saul fürchtet, ist gerade das

 Vgl. zudem Conrad, J. (1986, 447 f.): „Am häufigsten kennzeichnet nkh hiph (entsprechend niph und hoph) den tödlichen Schlag, d. h. eine von Menschen verursachte Verwundung, die bei den Betroffenen, in der Regel ebenfalls Menschen, zum sofortigen oder alsbald eintretenden Tod führt.“ Vgl. beispielsweise 1Sam 26,8 („jemandem mit dem Speer an den Boden spiessen“). „Weitere Fälle beabsichtigter Tötung werden in erzählenden Texten geschildert (so besonders politischer Mord 2 Sam 4,7; 20,10; 2 Kön 19,37, versuchter politischer Mord 1 Sam 18,11; 19,10; 20,33 […]; Mord aus persönlichen Gründen 2 Sam 12,9 […]; vgl. Gen 37,21).“ – so Conrad, J. (1986, 448).Vgl. zur Verwendung des Verbs ‫ נכה‬hier auch Fokkelman, J. P. (1986, 259 – 261).  Vgl. dazu Conrad, J. (1986, 449 f.).  Vgl. Dietrich,W. (2012 ff., 462): „In der ersten (18,10 f.) probiert Saul gewissermaßen nur aus, ob er David mit dieser Waffe töten könnte, in der zweiten (19,9 f.) versucht er es tatsächlich.“ Vgl. auch Schmitt, H.-C. (2010, 125): „V.10 f. sprechen von zwei vorläufigen Angriffen Sauls. Erst in 19,1 f.9 f. geht es um eine bewusste Tötungsabsicht Sauls, so dass David auch erst bei diesem Angriff die Flucht vor Saul ergreift.“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 868 f.).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1048 f.). Zudem Dietrich, W. (2012 ff., 476).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

Gegenteil der Fall: Saul fürchtet sich vor David.⁶⁸ Die Musik Davids kann ihn nicht mehr beruhigen.⁶⁹ Mit der sogenannten Mitsein-Formel in 1Sam 18,12 wird ein weiter literarischer Bogen geschlagen.⁷⁰ Mit der Notiz von Davids Flucht in 1Sam 19,10 wird hingegen der Rahmen für die weitere Erzählung vorgegeben.⁷¹ In 1Sam 18,11 bleibt es also vorerst dabei, dass David Saul zweimal ausweichen kann.Weitere Massnahmen scheint David nicht zu treffen. Ganz anders Saul, der in 1Sam 19,10 – 17 seine Mordpläne auf neue Art versucht, in die Tat umzusetzen. In 1Sam 19,1– 7 erscheint die Bedrohung Davids durch Saul nicht mehr nur als spontaner Ausdruck, sondern als klarer Mordvorsatz.⁷² Unter dieser Voraussetzung ist auch 1Sam 19,9 f. anders zu lesen als 1Sam 18,10 f. Zwar handelt Saul immer von einem „bösen Geist“ geleitet, impulsiv und gegen das Versprechen, das er Jonatan in 1Sam 19,6 gegeben hat.⁷³ Dennoch scheint es, als würde er weniger im Affekt als vielmehr fest entschlossen handeln. Aus den eben genannten Gründen lässt sich festhalten, dass sich das Gewaltpotential über die gesamte Erzählung 1Sam 18 f. hinweg kontinuierlich steigert und dies auch in 1Sam 18,10 – 12 und 19,9 f. spiegelt. 1Sam 18,10 – 12 und 19,9 f. sind also lediglich insofern als „Doppelüberlieferung“ zu betrachten, als ein thematisch vergleichbares Textstück innerhalb eines grösseren Erzählzusammenhangs zweifach vorkommt.⁷⁴ Wie sich diese Doppelüberlieferung erklärt, ist umstritten. Ein literarkritischer beziehungsweise redaktionsgeschichtlicher Konsens für die Doppelung zeichnet sich in der Forschung nicht ab.⁷⁵ Unterschiedliche Überlieferungstraditionen, redaktionelle Tätigkeit⁷⁶ oder literarische

 Vgl. Campbell, A. F. (1997, 92): „First, Saul’s fear of David is noted and theologically interpreted: because the LORD was with David but had departed from Saul. Then the text notes Saul’s action as a result of his fear: he removes David from the court and gives him a senior command.“  Vgl. Brueggemann,W. (1993, 230): „In order to be tamed from his rage, Saul must see David the musician again. But seeing David only escalates the rage, thus requiring attention from David’s soothing music, which spirals the rage once again. There is no escape from David for Saul.“  Vgl. dazu Kapitel B. 2.  Vgl. dazu Kapitel B. 2.2.  Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 358).  Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (2007, 263).  Utzschneider, H. / Nitsche, S. A. (2001, 236).  Vgl. Tsumura, D. T. (2007, 479): „Whether or not one decides that this is a ‘duplicate of the incident’ and ‘modeled on 19:9 – 10’ […] is a methodological problem.“  Es wird angenommen, dass 1Sam 18,10 f. als Doppelung zu 1Sam 19,9 f. entstanden ist. So McCarter, P. K. (1980b, 305): „This duplicate of the incident in 19:9 – 10 seems out of place at this point.“ Vgl. Vermeylen, J. (2000, 81 f.): „Par rapport au texte presque identique de 19,9 – 10, le rédacteur ajoute que David évita ‚deux fois’ la lance de Saül. Ce dernier trait – sans doute suggéré par le v. 21b – montre que l’original se trouve en 19,9 – 10, où il est d’ailleurs beaucoup mieux en place, même s’il n’appartient pas ou récit le plus ancien […].“ Vgl. auch Dietrich,W. (2012 ff., 411 f.),

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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Komposition⁷⁷ sind gleichermassen denkbar. Fest steht, dass die Dublette in 1Sam 18,10 – 12 und 19,9 f. auf der Ebene des Endtextes eine kunstvolle literarische Komposition darstellt.⁷⁸ Aufgrund dieser vermuteten starken literarischen Bearbeitung scheinen die beiden Episoden in 1Sam 18 f., die die Beziehung zwischen David und dem saulidischen Königshaus ausschmücken, jüngeren Datums zu sein. Nichts spricht dafür, dass 1Sam 19,9 f. Teil des „Erzählkranzes vom Freibeuter David“⁷⁹ waren. Im Gegenteil, der textkritisch umstrittene Teil in 1Sam 18,10 – 11.12b deutet eher auf eine späte Abfassung beider Dubletten hin.⁸⁰

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27) Der Komplex 1Sam 19 – 27 hat zwei Hauptthemen: zum einen die Verfolgung Davids durch Saul, zum anderen Davids Leben als Bandenführer (Ḫapirū-Führer), sein Kampf gegen die Philister (1Sam 23,1– 5 u. a.) und schliesslich sein Bündnis mit Achisch, dem König von Gat. Eine klare Differenzierung in sogenannte

der hier von einer „Redaktionsarbeit des Höfischen Erzählers“ spricht und davon ausgeht, dass der Höfische Erzähler in 18,10 – 13aα die Szene von Sauls Spiesswurf von 1Sam 19,9 f. vorgreifend verdoppelt hat.  Geht man davon aus, dass die beiden Erzählungen vom Speerwurf Sauls mit unterschiedlichen Akzentsetzungen eine Steigerung der Bedrohung festmachen, dann können sie durchaus Teil ein und derselben Erzählung sein.Vgl. Schmitt, H.-C. (2010, 135): „Keinen Einschub bilden die beiden Verse von dem unvermittelten Angriff Sauls auf David mit dem Spieß in 18,10 f. Auch wenn die LXX sie auslässt, so liegt bei ihnen doch keine Kohärenzstörung vor. Die Verse stellen nämlich keine Vorwegnahme des Speerwurfs Sauls in 19,9 f. dar.“ So auch Alter, R. (22000, 119).  Vgl. Nitsche, S. A. (2004, 187): „[…] unabhängig davon, ob die Szenen aus einer Hand stammen oder nicht, es handelt sich nicht einfach um Dubletten, sondern um eine kunstvolle Komposition […].“ Vgl. auch Campbell A. F. (1997, 95 f.): „Anyone familiar with the differences between the Greek and Hebrew manuscripts in this text will be aware that the division within the following structure does not correspond completely with the difference in the text traditions“. Es wird sich wohl kaum „um parallele Darstellungen desselben Ereignisses [gehandelt haben], denn dass die Spannung wuchs und dass es zu verschiedenen Ausbrüchen des Hasses Sauls kam, ist von vornherein wahrscheinlich“ – so Stoebe, H. J. (1973, 350).  Dietrich, W. (1997, 250) zählt 1Sam 19,9 f. zum „Erzählkranz vom Freibeuter David“. Vgl. Dietrich, W. (2012 ff., 461.476).  Anders Dietrich, W. (1997, 248): „Alles, was über den Motivkreis ‚Flucht und Rückkehr Davids‛ hinausgreift, kann sehr wohl und wird von dem Gesamtverfasser des Erzählwerks über die frühe Königszeit […] nachträglich eingefügt worden sein.“ Vgl. Dietrich,W. (1997, 267) sowie Dietrich,W. (2012a, 86 f.) und Dietrich, W. (2012 ff., 463 f.).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

„Fluchterzählungen“ und „Philistererzählungen“⁸¹ ist jedoch schwierig, da sich im vorliegenden Endtext die beiden Erzählstränge stark überschneiden:⁸² So flieht David etwa zu Achisch nach Gat, weil er von Saul bedroht wird (1Sam 21,11– 16). Jedoch scheitert er da vorläufig; der Überlauf gelingt ihm erst in 1Sam 27,1, als deutlich wird, dass die Flucht zu den Philistern die einzige Möglichkeit für David dargestellt hat, Saul überhaupt zu entrinnen und zu überleben (vgl. auch 1Sam 22,11). Nicht aus Charakterlosigkeit oder Kalkül, sondern aus purer Not⁸³ wechselte David demnach die Fronten.⁸⁴ Durch zahlreiche Stichwortverbindungen und ein Fluchtitinerar⁸⁵ werden die einzelnen Erzählkomplexe in 1Sam 19 – 27 miteinander verbunden. Die Flucht beginnt unmittelbar, nachdem Saul den Speer zum zweiten Mal nach David geworfen hat (1Sam 19,10) und David aus Gibea fliehen muss. Immer wieder wird in den folgenden Kapiteln die Mobilität des flüchtenden David in den Mittelpunkt der Erzählung gestellt: ‫ ְוָד ִוד ָנס ַו ִיָּּמֵלט ַבַּּל ְיָלה הוּא‬Und David floh und entrann in jener Nacht.

Danach lässt Saul das Haus Davids umstellen, Michal aber lässt David durchs Fenster hinab, und David kann erneut fliehen (1Sam 19,12): ‫ ַו ֵיֶּלְך ַו ִיְּב ַרח ַו ִיּ ָּמֵלט‬Und er eilte fort, floh und entrann.

In 1Sam 19,18 wird Davids Flucht rückblickend (dies lässt zumindest der Tempuswchsel vermuten) erwähnt: ‫ ְוָד ִוד ָבּ ַרח ַו ִיּ ָּמֵלט‬David aber war geflohen und konnte entrinnen.

 So Adam, K.-P. (2007, 73): „Figurenkonstellation und Handlungsabfolge in 1Sam 27,1– 28,2; 29 unterscheiden sich von der Fluchterzählung 1Sam 26, sowie von 1Sam 28,3 – 25 und 30. Die Philistererzählungen bilden eigenständige Erzähleinheiten.“  Vgl. Dietrich, W. (2012a, 88): „The story about ‚David in Keilah‘ falls in two part: one recounts David’s effort to protect this place in the Shephela against Philistine attacks (23:1– 5), the other tells about his departure from Keilah threatened by Saul’s approach (23:6– 13).“  Vgl. Dietrich, W. (1997, 66).Vgl. Dietrich, W. (2012a, 81): „This implies, that David basically was an enemy of the Philistines, but was sometimes forced into alliance with them.“  Vgl.Vermeylen, J. (2000, 134): „On explique parfois que l’addition est destinée à blanchir David de l’accusation d’avoir collaboré avec l’ennemi: c’est lui, en définitive, qui s’est joué du roi philistin et l’a utilisé pour son propre projet.“ Vgl. dazu auch Schroer, S. (1992, 99).  Kratz, R. G. (2000, 189) spricht von „Wüstenitinerar“.

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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Gleichzeitig beginnt in 1Sam 19,18 ein neuer Erzählabschnitt, in dem David zu Samuel nach Rama kommt (‫) ַו ָיֹּבא ֶאל־ ְשׁמוֵּאל‬. Vorübergehend wohnt David anscheinend bei Samuel (1Sam 19,18 ‫) ַו ֵיֶּלְך הוּא וּ ְשׁמוֵּאל ַו ֵיּ ְשׁבוּ ְבּ ָניוֹת‬, bevor ihm Saul auch dort nachstellt und er weiter flieht (1Sam 20,1a): ‫ ַו ִיְּב ַרח ָּד ִוד ִמ ָּניוֹת ָבָּרָמה‬Und David floh von der Flur⁸⁶ in Rama.

Mit diesem Ortswechsel setzt wiederum eine neue Erzählung ein. David geht nun zu Jonatan (1Sam 20,1b ‫) ַו ָיֹּבא ַו ֹיּאֶמר ִלְפ ֵני ְיהוֹ ָנָתן‬. Dann macht sich David erneut auf (1Sam 21,1): ‫ ַו ָיָּקם ַו ֵיַּלְך‬Und er machte sich auf und ging weg.

David kommt nach Nob zum Priester Ahimelech (1Sam 21,2 ‫ַו ָיֹּבא ָד ִוד ֹנֶבה ֶאל־ֲאִחיֶמֶלְך‬ ‫)ַהֹּכֵהן‬. Von dort flieht David weiter (1Sam 21,11): ‫ ַו ָיָּקם ָּד ִוד ַו ִיְּב ַרח ַבּיּוֹם־ַההוּא ִמ ְפּ ֵני ָשׁאוּל‬Und David machte sich auf und floh an diesem Tag vor Saul.

Und David kommt ein erstes Mal zu Achisch, dem König von Gat (1Sam 21,11 ‫ֶאל־ָא ִכישׁ‬ ‫)ֶמֶלְך ַגּת‬. Aber auch hier hält sich David nicht lange auf. Vielmehr zeigt sich auch Achisch als Gefahr, und David kann in die Höhle Adullam entkommen (1Sam 22,1): ‫ ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד ִמ ָשּׁם ַו ִיָּּמֵלט ֶאל־ְמָע ַרת ֲעֻדָּלם‬Und David ging von dort weg und entkam in die Höhle Adullam.

Daraufhin scheinen sich die Ereignisse erneut zu überstürzen: David geht nach Mizpe in Moab (1Sam 22,3 ‫ ) ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד ִמ ָשּׁם ִמְצ ֵפּה מוָֹאב‬und bringt seine Eltern beim König von Moab in Sicherheit (1Sam 22,3 – 5), solange er in der Bergfeste (‫)ְמצוָּדה‬ wohnt. Anscheinend ist nicht nur er, sondern die ganze Sippe Isais in Gefahr.⁸⁷ Unmittelbar danach kommt der Prophet Gad zu ihm und rät ihm, nicht in der Bergfeste zu bleiben, sondern sich in das Land Juda zu begeben. Und so zieht David wieder weiter (1Sam 22,5): ‫ ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד ַו ָיֹּבא ַיַער ָחֶרת‬Und David ging weg und kam nach Jaar-Heret.

 Es ist fraglich, ob ‫ ָּניוֹת‬wirklich ein Ortsname ist, wie meist angenommen wird. Es dürfte wohl eher – so Gesenius, W. (182013, 814) –„Weide“, „Flur“, „Wohnung“ heissen. Vgl. dazu Hamilton, J. M.(1992, 1001).  Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 62).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

1Sam 22,1 f. stellt einen literarischen Wendepunkt dar. In 1Sam 19 – 23 wurden Begriffe der Flucht, insbesondere ‫( נוס‬1Sam 19,10.12)⁸⁸ und ‫( ברח‬19,12.18; 20,1; 21,11; 22,17.20; 23,6 und 27,4),⁸⁹ als Leitworte verwendet.⁹⁰ Auch ‫( מלט‬Nifal, 1Sam 19,10 – 12.17 f.; 20,29; 22,1.20; 23,13; 27,1) mit der Grundbedeutung „entkommen“, „davonkommen“ ist sehr häufig.⁹¹ Von 1Sam 22,1 f. an ist David nicht mehr allein auf der Flucht.⁹² Es sammeln sich seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters sowie Bedrängte und solche, die verschuldet waren, oder Menschen mit erbittertem Gemüt (‫ )ַמר־ ֶנֶפשׁ‬um ihn (1Sam 22,1 f.). Schliesslich ist Flucht nicht mehr die einzige Option. David kann sich verteidigen, ja sogar angreifen. So wird in 1Sam 23,1– 5 beschrieben, wie David nach Keila zieht, die Philister angreift, sie besiegt und grosse Beute macht. Mehrfach ist zudem von Davids Verbleib (‫ )ישׁב‬die Rede.⁹³ Mit der Situation Davids ändert sich auch die Erzählperspektive vom verfolgten, auf der Flucht befindlichen David zum Verfolger Saul. Es steht nicht mehr  Vgl. Reindl, J. (1986, 309 f.): „Schon bei dieser Bedeutungsnuance war zu erkennen, daß sich die Verwendung von nûs nicht auf die Situation des Kampfes beschränkt. Das Verb kann vielmehr auch dort stehen, wo ein Einzelner oder eine Gruppe sich aus einer konkreten Gefahr oder einer bedrohlichen Situation schleunigst entfernen muß.“ Aufgrund der Belege lässt sich weiter differenzieren: „Ähnlich heißt es von David, er ‚floh‘ (nās) vor dem tückischen Anschlag Sauls, d. h. wie sich aus dem folgenden ergibt, er bringt sich in seinem Haus in Sicherheit; als Saul ihm aber auch dort nachstellt, ‚flieht‘ er (wajjiḇraḥ) und begibt sich zu Samuel (1 Sam 19,10.12). nûs bezeichnet hier die sofortige Entfernung aus der unmittelbaren Gefahr, während bāraḥ die Entfernung aus dem Machtbereich des Verfolgers zum Ausdruck bringt.“ – so Reindl, J. (1986, 310), der allerdings gleichzeitig von einer Verallgemeinerung warnt.  Vgl. Gamberoni, J. (1973, 779): „Der Großteil der Belege besteht aber in Formen des Grundstammes. Sie bedeuten zwar ‚fliehen‘, aber kaum Flucht in drohendem Kampf oder in akuter Gefahr, sondern eher ein Ausweichen und Entweichen vor einer andauernden, unangenehmen Situation, etwa Spannungen und Tragödien innerhalb der Sippe […].“ Vgl. 1Sam 20,1; 21,11; 23,6; 27,4; 2Sam 4,3;13,34;15,14;19,10;1Kön 2,7.39 u. ö. Daneben kann ‫ ברח‬auch die Ausführung der Flucht meinen, also ‚auf der Flucht sein‘, vgl. 1Sam 19,12.  Vgl. Hasel, G. (1989, 597): „Die Aktionsfolge ist in 1 Sam 19,12 klar zu erkennen: ‚und er brach auf (hlk qal), floh (brḥ) und hat sich in Sicherheit gebracht / gerettet (mlṭ niph)‘, d. h. Anfang (hlk), Vorgang (brḥ) und Resultat (mlṭ) der Flucht sind mit drei nahezu synonymen, aber doch semantisch unterschiedlich nuancierten Verben zum Ausdruck gebracht.Vorgang (brḥ) und Resultat (mlṭ) des Entweichens kommen im gleichen Kontext wieder vor: ‚und David war geflohen (bāraḥ) und hatte sich in Sicherheit gebracht / gerettet (wajjimmāleṭ)‘ (1Sam 19,18). Den gleichen Aktionsunterschied trotz Ähnlichkeit zeigt auch 1 Sam 22,20 (mit Reihenfolge mlṭ niph / brḥ) auf.“  Vgl. Hasel, G. F. (1989, 592 f.). Vgl. dazu auch Adam, K.-P. (2007, 97 f.).  Vgl.Van Seters, J. (2010, 172): „From the lone fugitive in 1 Sam 21:2– 10, David has now become a band of ‘David and his men’ in 22:6, which means that the creation of this band in 22:1– 2 is known and assumed.“  Eine Ausnahme bildet lediglich 1Sam 27,1– 4, wo noch einmal von Davids Flucht die Rede ist. Dort läuft David endgültig zu den Philistern über und wird von diesem Zeitpunkt an nicht mehr von Saul verfolgt.

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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Davids Flucht im Mittelpunkt der Erzählung, sondern seine Verfolgung durch Saul. Während Saul in 1Sam 19,24 seine Verfolgung aufgegeben zu haben scheint, wird nun davon berichtet, dass David verraten worden war und Saul davon hörte (1Sam 22,6 ‫) ַו ִיּ ְשַׁמע ָשׁאוּל ִּכי נוַֹדע ָּד ִוד ַוֲא ָנ ִשׁים ֲא ֶשׁר ִאּתוֹ‬. Bevor Saul die Verfolgung aufnimmt, bringt er die Priester in Nob um (1Sam 22,6 – 19). Einzig Abjatar, ein Sohn Ahimelechs, konnte sich retten und floh (‫ )ברח‬zu David. In 1Sam 23,8 wird Saul erneut berichtet, wo sich David aufhält; dieses Mal zögert er nicht mehr, Männer zusammenzurufen, um David und seine Männer zu belagern (‫ַו ְי ַשׁ ַּמע ָשׁאוּל ֶאת־ ָּכל־ָהָעם‬ ‫)ַלִּמְלָחָמה ָלֶרֶדת ְקִעיָלה ָלצוּר ֶאל־ ָּד ִוד ְוֶאל־ֲא ָנ ָשׁיו׃‬. War David bis anhin ständig unterwegs und wurde es ihm ausdrücklich geraten, nicht an einem Ort zu bleiben (1Sam 22,5 ‫)ישׁב‬, wird nun Davids Verbleib (‫ )ישׁב‬herausgestrichen und betont, wo Saul ihn überall suchte (‫)בקשׁ‬.⁹⁴ David bewegt sich nicht mehr von Ort zu Ort, sondern lässt sich offenbar längerfristig an einzelnen Orten nieder. In 1Sam 23,14 wird ausdrücklich gesagt, dass David in der Wüste, in den Bergfesten und im Gebirge der Wüste Sif bleibt: ‫ַו ֵיּ ֶשׁב ָּד ִוד ַבִּּמְד ָבּר ַבְּּמָצדוֹת‬ ‫ ַו ֵיּ ֶשׁב ָבָּהר ְבִּמְד ַבּר־ ִזיף‬. Saul hingegen ist nun aktiv unterwegs und verfolgt ihn (1Sam 23,14 f.). ‫ ַו ְיַבְק ֵשׁהוּ ָשׁאוּל ָּכל־ַה ָיִּמים ְול ֹא־ ְנָתנוֹ ֱאל ִֹהים ְבּ ָידוֹ‬Und Saul suchte ihn alle Tage, aber Gott gab ihn nicht in seine Hand. ‫ ַו ַיְּרא ָד ִוד ִּכי־ ָיָצא ָשׁאוּל ְלַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפשׁוֹ‬Und David sah, dass Saul ausgezogen war, um ihm nach dem Leben zu trachten.

Die Elemente Meldung, Flucht, Verfolgung und Einholung, wie sie in 1Sam 23,19 – 28 vorkommen, folgen einem festen literarischen Muster. Dieses Muster findet sich etwa auch in Gen 31,22– 24; Ex 14,5 – 8a und Jos 2,1– 7.⁹⁵ Davids Flucht wird hier jedoch nicht mehr wortwörtlich genannt: Als Saul und seine Männer hinabziehen, um David zu suchen und dieser davon hört, geht er zum Felsen hinab und bleibt (1Sam 23,25 ‫ )ישׁב‬in der Wüste Maon. Augenblicklich folgt ihm Saul auch dahin (1Sam 23,25): ‫ ַו ִיּ ְשַׁמע ָשׁאוּל ַו ִיְּרֹּדף ַאֲחֵרי־ָד ִוד ִמְד ַבּר ָמעוֹן‬Als Saul das hörte, jagte er David nach in die Wüste Maon.

 Vgl. dazu weiter unten mehr.  Vgl.Utzschneider, H. / Oswald,W. (2013, 311).Von der Flucht eines Königs ist auch bei Jerobeam I. (1Kön 11, 40) oder Zidkija (2Kön 25,4 f.) die Rede. Nach Gerstenberger, E. S. / Schrage, W. (1977, 101) gehört „die Flucht vor drohendem Unheil […] zu den am häufigsten erwähnten menschlichen Verhaltensweisen“ im Alten Testament.

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

In 1Sam 24,1 wird berichtet, dass David von dort hinaufzieht und auf den Bergfesten von En-Gedi blieb (‫)ישׁב‬. Auch davon erfährt Saul und bricht mit dreitausend Männern auf, um David zu suchen (1Sam 24,3): ‫ ַו ִיּ ַּקח ָשׁאוּל ְשׁל ֹ ֶשׁת ֲאָלִפים ִאישׁ ָבּחוּר ִמ ָּכל־יִ ְשָׂרֵאל ַו ֵיֶּלְך‬Und Saul nahm dreitausend auserlesene Män‫ ְלַב ֵּקשׁ ֶאת־ ָּד ִוד ַוֲא ָנ ָשׁיו ַעל־ ְפּ ֵני צוֵּרי ַה ְיֵּעִלים׃‬ner aus ganz Israel und zog hin, um David und seine Männer gegenüber von den SteinbockFelsen zu suchen.

In 1Sam 25,1 zieht David in die Wüste Paran.⁹⁶ Vorerst bleibt es ruhig: Er scheint Saul in dieser für ihn sehr entlegenen Region abgehängt zu haben. Bald wird David aber von Sifitern verraten, die zu Saul nach Gibea kommen und ihm sagen: „Hält sich David nicht auf dem Hügel Hachila, der Jeschimon gegenüberliegt, verborgen?“ (1Sam 26,1 ‫)ֲהלוֹא ָד ִוד ִמְס ַּתֵּתר ְבּ ִגְבַעת ַהֲחִכיָלה ַעל ְפּ ֵני ַה ְי ִשׁיֹמן‬. Sofort macht sich Saul auf, David mit dreitausend Mann in die Wüste zu folgen (1Sam 26,2): ‫ ַו ָיָּקם ָשׁאוּל ַו ֵיֶּרד ֶאל־ִמְד ַבּר־ ִזיף ְוִאּתוֹ ְשׁל ֹ ֶשׁת־ֲאָלִפים ִאישׁ‬Da machte Saul sich auf und zog in die Wüste Sif ‫ ְבּחוֵּרי יִ ְשָׂרֵאל ְלַבֵּקשׁ ֶאת־ ָּד ִוד ְבִּמְד ַבּר־ ִזיף׃‬hinab und mit ihm dreitausend auserlesene Männer aus Israel, um David in der Wüste Sif zu suchen.

David sieht angesichts der andauernden Verfolgung, die trotz des Aufenthaltes an unterschiedlichen Plätzen kein Ende nimmt, nur noch eine Lösung: Er beschliesst, zu den Philistern überzulaufen (1Sam 27,1). Als Saul aber berichtet wird, dass David nach Gat geflohen sei, sucht (‫ )בקשׁ‬er ihn nicht mehr (1Sam 27,4 ‫ַו ֻיּ ַגּד ְל ָשׁאוּל‬ ‫)ִּכי־ָב ַרח ָּד ִוד ַגּת ְול ֹא־ ָיַסף עוֹד ְלַבְקשׁוֹ׃‬. Damit verliert sich der Faden der sogenannten Fluchterzählungen. ‫ בקשׁ‬ist eindeutig das Leitwort in 1Sam 19 – 27. Meist ist Saul das Subjekt (vgl. 1Sam 19,2.10; 20,1; 22,23bis; 23,10.14.15.25; 24,3; 25,26.29; 26,2.22; 27,1.4), seltener auch David (1Sam 24,10).⁹⁷ Dabei meint ‫ בקשׁ‬häufig nicht nur suchen, sondern „nach dem Leben trachten“ (‫ בקשׁ‬+ ‫ ֵאת‬+ ‫) ֶנֶפשׁ‬. So warnt Jonatan David in 1Sam 19,2, dass sein Vater ihn töten wolle, was wenig später dann beinahe geschieht. Beide Male ist die Handlung Sauls mit ‫ בקשׁ‬verbunden (1Sam 19,2 ‫ְמַב ֵּקשׁ ָשׁאוּל ָאִבי ַלֲהִמיֶתָך‬ und 1Sam 19,10 ‫) ַו ְיַבֵּקשׁ ָשׁאוּל ְלַהּכוֹת ַבֲּח ִנית ְבָּד ִוד וַּב ִּקיר‬. David fragt Jonatan, was denn seine Schuld sei, dass ihm Saul nach dem Leben trachte (1Sam 20,1 ‫ִּכי ְמַבֵּקשׁ‬ ‫)ֶאת־ ַנְפ ִשׁי‬. Wenig später versichert David Abjatar, dass derjenige, der Abjatar nach dem Leben trachte, auch ihm selber, David, nach dem Leben trachte: ‫ּכי ֲא ֶשׁר־ ְיַב ֵּקשׁ‬

 LXX 1Sam 25,1 ἔρημον Μααν.  Vgl. Klein, J. (2005, 181 f.).

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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‫( ֶאת־ ַנְפ ִשׁי ְיַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ֶשָׁך‬1Sam 22,23). Schliesslich erinnert Abigajil David daran, dass ein Mensch aufgestanden sei, um ihn, David, zu verfolgen und ihm nach dem Leben zu trachten: ‫( ַו ָיָּקם ָאָדם ִלְרָדְפָך וְּלַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ֶשָׁך‬1Sam 25,29).⁹⁸ Diese Aussagen kommen in der Regel in der direkten Rede vor. Es ist durchaus denkbar, dass sie nicht zur ältesten Überlieferung von David gehören. Möglicherweise bestand die Formulierung zunächst daraus, dass Saul David „suchte“. Daraus könnte die feste Wendung „nach dem Leben trachten“ entstanden sein, die dann geschickt in einzelne Erzählungen eingewoben wurde. So teilt David in 1Sam 23,10 in einem Gebet an Jhwh mit, dass er gehört habe, dass Saul danach trachte, nach Keila zu kommen, um die Stadt seinetwegen zu vernichten (‫ִּכי־ְמַבֵּקשׁ ָשׁאוּל ָלבוֹא ֶאל־ְקִעיָלה‬ ‫)ְל ַשֵׁחת ָלִעיר ַבֲּעבוּ ִרי‬. In 1Sam 23,14 hält der Erzähler daraufhin fest, dass Saul David suche (‫)בקשׁ‬, Jhwh ihn aber nicht ausliefert. Im darauffolgenden Vers (1Sam 23,15) muss David dennoch erkennen, dass Saul ausgezogen war und ihm nach dem Leben trachtet (‫) ַו ַיְּרא ָד ִוד ִּכי־ ָיָצא ָשׁאוּל ְלַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפשׁוֹ ְוָד ִוד ְבִּמְד ַבּר־ ִזיף ַבֹּחְר ָשׁה‬. In 1Sam 23,25 hält der Erzähler noch einmal fest, dass Saul ausgezogen war, um David zu suchen – diesmal aber nicht, um ihm nach dem Leben zu trachten (‫ַו ֵיֶּלְך ָשׁאוּל ַוֲא ָנ ָשׁיו‬ ‫)ְלַבֵּקשׁ‬. Auch in 1Sam 24,3 und 1Sam 26,2 ist lediglich davon die Rede, dass Saul David sucht (‫ בקשׁ‬vgl. auch 1Sam 26,20, wiederum in direkter Rede). In 1Sam 27,1.4 ist endlich davon die Rede, dass Saul aufgehört habe, David zu suchen (‫)בקשׁ‬. Nicht nur Saul sucht David, auch die Philister ziehen in 2Sam 5,17 hinauf, um David zu suchen (‫)בקשׁ‬.⁹⁹ Nicht zuletzt steht David angeblich im Verdacht, das Verderben Sauls zu suchen (‫)ִה ֵּנה ָד ִוד ְמַבֵּקשׁ ָרָעֶתָך‬, wie er in 1Sam 24,10 selber sagt.¹⁰⁰ Aus diesen Beobachtungen von Leitworten und ganzen Satzwiederholungen ergibt sich folgende Gliederung: – David flieht vor Saul (1Sam 19 – 23*) – Saul verfolgt David (1Sam 22*.23* – 26) – David bei den Philistern (1Sam 27– 31) David wird vor allem im ersten Teil 1Sam 19 – 23 als Flüchtender dargestellt. Danach wendet sich das Blatt.Von Davids Flucht ist – mit Ausnahme von 1Sam 27,2.4 – nicht mehr die Rede, stattdessen rückt die Verfolgung durch Saul in den Blick.

 Aber nicht nur in 1Sam, auch in 2Sam ist immer wieder davon die Rede, dass David nach dem Leben getrachtet wird. So wird David das Haupt Eschbaals mit den Worten übergeben: „Siehe da, der Kopf Eschbaals, des Sohnes Sauls, deines Feindes, der nach deinem Leben trachtete!“ (2Sam 4,8 ‫)ֲא ֶשׁר ִבֵּּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ֶשָׁך‬. In 2Sam 16,11 spricht David selbst davon, dass sein Sohn ihm nach dem Leben trachtet: ‫ִה ֵּנה ְב ִני ֲא ֶשׁר־ ָיָצא ִמֵּמַעי ְמַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ִשׁי‬.  Vgl. das Kapitel B. 3.1.2.  Zweimal sucht (‫ )בקשׁ‬David in Situationen der Gefahr das Angesicht Jhwhs beziehungsweise Gottes, nämlich in 2Sam 12,16 und 2Sam 21,1.

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

David erscheint als der Überlegene, der Saul zweimal töten könnte, dies aber nicht vollzieht (1Sam 24 und 26). David wird zudem als mächtiger Bandenführer gezeigt, der gewaltsam gegen Nabal ausrückt, um sich zu holen, was ihm seiner Meinung nach zusteht. Nur dank der weisen Abigajil wird grosses Blutvergiessen verhindert. David wird bei den Philistern zu einem Bandenführer, der weder Mann noch Frau am Leben lässt (1Sam 27,9.11). 1Sam 22 f. und 1Sam 27 bilden jeweils die Scharnierstellen an den Übergängen. In beiden Teilen (2Sam 21,11– 16 und 1Sam 27) flieht David zu Achisch von Gat, einmal erfolgreich, einmal weniger erfolgreich. Aus dem einzelnen Flüchtling ist eine ganze Söldnertruppe geworden, die bei den Philistern Dienst leistet. In 1Sam 27 gelingt es David, die Fronten zu wechseln, und Saul hört endlich auf, ihn weiter zu verfolgen (1Sam 27,4 ‫) ַו ֻיּ ַגּד ְל ָשׁאוּל ִּכי־ָב ַרח ָּד ִוד ַגּת ְול ֹא־ ָיַסף עוֹד ְלַבְקשׁוֹ‬. Bei diesen Wiederholungen könnte es sich um redaktionelle Verknüpfungen handeln.¹⁰¹ Dadurch wurden gezielt Verbindungen geschaffen, um höchst disparate Einzelerzählungen in einen grösseren Zusammenhang zu stellen und einen redaktionell gestalteten Erzählkomplex zu bilden.¹⁰² Für eine redaktionelle Verknüpfung spricht zum einen die auffällige Anordnung: Zunächst steht Davids Flucht, dann Sauls Verfolgung im Vordergrund. Zum anderen sind konkrete Ortsangaben relativ selten. Stattdessen wird mehrfach die Wüste genannt. Einzelne der redaktionell miteinander verknüpften Anekdoten mögen alt sein, andere jüngeren Datums. So entspricht die Darstellung Davids dem, was von einem Ḫapirū-Führer des 10. Jh. v.Chr. zu erwarten ist.¹⁰³ Sie enthält genaue Beschreibungen, die wohl nicht erst Jahrhunderte später, als es die Ḫapirū-Gruppen nicht mehr gab, festgehalten wurden. Andererseits warnt die Stilisierung der Texte davor, die Ereignisse als historisch zuverlässig anzusehen. 1Sam 24 und 1Sam 26 sind beispielsweise in dieser Form zweifelsfrei erfunden. Dies alles macht es wahrscheinlich, dass einzelne Anekdoten zu einer Gesamtgeschichte des Aufstiegs Davids im Sinne einer vor-deuteronomistischen Komposition zusammengefügt und unter bestimmten Interessen, nämlich Flucht und Verfolgung, literarisch ausgestaltet wurden.

 Diese Beobachtung würde beispielsweise auch die These von Thiel, W. (2005a, 44) stärken: „Hier zeigt sich viel stärker die gestaltende Hand des Redaktors: Er hat nicht nur die erhaltenen Mitteilungen disponiert und ihren Gesamtverlauf seiner Geschichte einbezogen, sondern sie auch durch deutende Hinweise, die er verfaßte, zuallererst miteinander und mit dem größeren Ganzen in Verbindung gesetzt. Auf diese Weise wird eine kontinuierliche Darstellung erreicht.“  Vgl. Kratz, R. G. (2000, 185): „Auch dieser Komplex wirkt überfüllt und ist über längere Zeit gewachsen, wie unschwer aus den vielen Wiederaufnahmen […] zu ersehen ist.“  Vgl. Finkelstein, I. / Na’aman, N. (1994); Zwickel, W. (1996 – 1997, 751– 766); Finkelstein, I. / Silberman, N. A. (22007, 46 – 50). Vgl. zudem Guichard, M. (2011, 29 – 93).

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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Aus welcher Perspektive auch erzählt wird, aus jener des Verfolgten oder des Verfolgers, es dominiert klar das Thema der Flucht, und dieses wird sich weit über diesen Abschnitt hinaus bis in das zweite Samuelbuch durchziehen.¹⁰⁴

2.2.1. „Denn der König von Israel ist ausgezogen, einen einzelnen Floh zu suchen…“ Im Kontext der Gefährdung Davids sind zwei Reden von Belang, in denen David sich mit Tieren vergleicht: mit einem toten Hund (‫ ֶּכֶלב ֵמת‬1Sam 24,15) beziehungsweise einem Floh (‫ ַפְּרֹעשׁ‬1Sam 24,15; 1Sam 26,20) sowie mit einem Stein- oder Rebhuhn (‫ ֹקֵרא‬1Sam 26,20). Tiervergleiche kommen in den Samuelbüchern oft vor und sind weit mehr als „bloße Veranschaulichung oder Illustration eines Sachverhaltes, den man ebenso gut anders ausdrücken könnte“.¹⁰⁵ So wird beispielsweise Asaels Flinkheit mit der einer Gazelle verglichen (2Sam 2,18 ‫ְבּ ַר ְגָליו ְּכַאַחד‬ ‫ )ַהְּצָביִם ֲא ֶשׁר ַבּ ָשֶּׂדה‬und die Stärke von Davids Helden mit einer Bärin (2Sam 17,8 ‫ְּכֹדב‬ ‫) ַשּׁכוּל ַבּ ָשֶּׂדה‬. Der Floh (‫ ) ַפְּרֹעשׁ‬wird nur zweimal im Alten Testament erwähnt; beide Belege beziehen sich auf David und stehen jeweils im Kontext der Verfolgung durch Saul (1Sam 24,15; 1Sam 26,20).¹⁰⁶ Der Erzähler legt David diesen Tiervergleich als Selbstbezeichnung gegenüber König Saul in den Mund. Damit macht sich David unbedeutend und winzig. Allerdings kann ein Floh auch sehr lästig sein und unerwartet irgendwo auftauchen. Dies ermöglicht also auch die Deutung, dass der in der Höhle sitzende kleine Floh bereits zugepackt hat, „ohne dass sich der mächtige Saul seiner hätte erwehren können“.¹⁰⁷ In 1Sam 26,20 vergleicht sich David gegenüber Saul zudem mit einem Steinhuhn (bzw. Rebhuhn; vgl. Jer 17,11, ‫)ֹקֵרא‬. Steinhühner sind recht schnelle Läufer, können jedoch, sobald sie ermüdet sind, mit einem Stock totgeschlagen werden.¹⁰⁸ Mit dieser Metapher drückt der Text aus, dass David weder ein  Auch in 2Sam wird das Thema der Flucht fortgeführt. Absalom flieht (‫ )ברח‬nach dem Mord an seinem Bruder (13,34 bzw. 13,37.38) ins Ausland, nämlich nach Geschur. In 2Sam 15,14; 19,10 muss David vor seinem Sohn fliehen (‫)ברח‬. Ahitofel schlägt Absalom vor, David bei Nacht zu überfallen; das ganze Kriegsvolk werde dann fliehen (‫ נוס‬2Sam 17,2; vgl. zudem ‫ נוס‬2Sam 1,4; 10,14; 18,3.17; 19,9).  Riede, P. (1995, 86).  1Sam 26,20 ist vermutlich literarisch von 1Sam 24,15 abhängig. Vgl. Riede, P. (1995, 87) und Dietrich, W. (2004, 240 f.). Ausführlich dazu auch Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 102– 108).  Riede, P. (1995, 88).  Vgl. Riede, P. (1995, 89). Vgl. auch Schroer, S. (2010, 88): „Der von Saul in den judäischen Bergen verfolgte David vergleicht sich einmal mit einem gejagten ‚Rufer‘, wie diese Vögel genannt wurden, deren Männchen besonders im Frühjahr lautstark ihr Revier verteidigten.“

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

mächtiger Konkurrent noch ein gefährlicher Rivale Sauls sei. Dennoch jagt ihm dieser mit einer grossen Streitmacht hinterher und hetzt ihn wie „[…] ein Steinhuhn in den Bergen, das man nur unablässig genug verfolgen muss, um es zu ermüden und schließlich zu fangen.“¹⁰⁹ In der vermutlich ältesten Fassung der Rede in 1 Sam 26,17b – 20 – 1Sam 26 scheint literarisch von 1Sam 24 abhängig¹¹⁰ – vergleicht sich David mit einem toten Hund (1Sam 24,15). ‫ ֶּכֶלב‬kommt noch an vier weiteren Stellen in den Samuelbüchern vor (1Sam 17,43; 2Sam 3,8; 9,8; 16,9).¹¹¹ Hunde wurden häufig schlecht behandelt, gejagt und sogar geschlagen (vgl. Jes 66,3). In der Königszeit lebten sie meist wild und waren teilweise auch eine Gefahr für die Menschen. Das Verhalten des Hundes diente grundsätzlich als Metapher für negatives Verhaltens (vgl. Dtn 23,19; Jes 56,10; Spr 26,11; Sir 13,18 u. a.).¹¹² In Israel wurden Hunde entsprechend verabscheut und verachtet.¹¹³ Dies ist der Grund, weshalb ‫ ֶּכֶלב‬auch als Schimpfwort verwendet wurde. In 2Sam 3,8 fragt Abner Eschbaal ironisch, ob er ein Hundskopf aus Juda beziehungsweise einer, der zu Juda hält (‫ֲהֹראשׁ ֶּכֶלב ָאֹנִכי ֲא ֶשׁר‬ ‫)ִליהוָּדה‬, sei. Und Abischai spricht von Schimi als von einem toten Hund (‫ַה ֶּכֶלב ַה ֵּמת‬ ‫)ַה ֶּזה‬, der den König verflucht.¹¹⁴ Gleichzeitig diente der Hund aber auch in den sogenannten Selbsterniedrigungsformeln als Bild für die Unterwürfigkeit und Wertlosigkeit des Redners.¹¹⁵ In Zusammenhang mit dem Verb ‫( חוה‬Hischtafel, 2Sam 24,9 und 2Sam 9,8) macht ein Untergebener seine Unterwürfigkeit vor dem Vorgesetzten und seine Selbsterniedrigung deutlich. So bezeichnet sich beispielsweise auch Merib-Baal als „toter Hund“ (2Sam 9,8 ‫ )ֶאל־ַה ֶּכֶלב ַה ֵּמת‬und wirft sich vor David nieder. Umso auffälliger ist, dass sich David hier vor Saul ganz ähnlich verhält. Die Selbstbezeichnung als Hund (‫ ) ֶּכֶלב‬wird in 1Sam 24,9 mit dem Niederfallen (‫ קדד‬Qal) vor einem Höhergestellten verbunden. Mit der Proskynese einher geht die wiederholte Anrede „mein König und Herr“ (‫ ֲאֹד ִני ַהֶּמֶלְך‬1Sam 24,9;

 Riede, P. (1995, 89 f.).  Vgl. Anm. 106.  Vgl. ausführlich dazu Riede, P. (1995, 92– 101).  Vgl. Schroer, S. (2010, 53). Liverani, M. (2011, 24) hingegen hält fest: „Bref, le chien est un animal utile et fidèle, mais subordonné.“  Vgl. Schroer, S. (2010, 52): „Während Hunde im antiken Griechenland als treue Begleiter geschätzt waren (vgl. den Hund, der den heimkehrenden Odysseus erwartet, erkennt und dann stirbt) und im Alten Ägypten sogar Schoßhunde gezüchtet werden, hat man sie in Israel nicht geliebt, vielmehr verabscheut und verachtet.“ Vgl. auch Smelik, K. A. D. (1987, 112).  Vgl. Kapitel B. 3.3.1.  Hutton, J. M. (2002– 2003, 2– 17) spricht von „self-abasement formulas“.

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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26,17).¹¹⁶ Zudem bezeichnet sich David Saul gegenüber mehrfach als Knecht (‫ֶעֶבד‬ 1Sam 26,18 f.). Die direkte Kombination von Knecht und Hund, die sich in der altorientalischen Umwelt häufig findet,¹¹⁷ aber etwa auch in 2Kön 8,13 (‫ִּכי ָמה ַעְבְּדָך‬ ‫„ ַה ֶּכֶלב ִּכי ַיֲע ֶשׂה ַהָּדָבר ַה ָגּדוֹל ַה ֶּזה‬Was ist dein Knecht, der Hund, dass er eine so grosse Sache tun könnte?“) vorkommt, fehlt hier. Dennoch lässt sich aus diesem Vergleich die Unterwürfigkeit Davids, seine Selbstherabsetzung gegenüber Saul, aber auch seine Ohnmacht als „toter“¹¹⁸ Hund ablesen. Die Bedrohung Davids kommt im Bild des Rebhuhns aber wohl noch deutlicher zum Ausdruck, womit die Gefahr für David in dem jüngeren Text mit diesem Bildwort weiter zugespitzt wurde.

2.2.2. „David fürchtete sich sehr vor Achisch, dem König von Gat“ (1Sam 21,11 – 16) Wie einige andere Erzählungen wird auch 1Sam 21,11– 16 durch eine formelhafte Wendung, „die David als ständig auf der Flucht Befindlichen charakterisieren“,¹¹⁹ eröffnet: ‫„ ַו ָיָּקם ָּד ִוד ַו ִיְּב ַרח ַבּיּוֹם־ַההוּא ִמ ְפּ ֵני ָשׁאוּל ַו ָיֹּבא ֶאל־ָאִכישׁ ֶמֶלְך ַגּת׃‬Und David machte sich auf und floh an diesem Tag vor Saul und kam zu Achisch, dem König von Gat.“ Der nächste Neueinsatz beginnt in 1Sam 22,1. Dort wird gesagt, dass David „von dort“ (‫ ) ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד ִמ ָשּׁם‬wegging.¹²⁰ Neben dem Ort wird mit dem sehr häufigen Ausdruck „an jenem Tag“ (‫ ַבּיּוֹם־ַההוּא‬vgl. 1Sam 18,2; 20,26; 21,8; 21,11; 22,22; 27,6 u. a.) auch die Zeit festgelegt. 1Sam 21,11– 16 ist somit klar nach vorn und hinten abgegrenzt und stellt eine „völlig selbständige Überlieferung“¹²¹ dar. Dabei grenzt sich die Erzählung nicht nur formal, sondern auch inhaltlich vom Kontext ab. So

 Vgl. mehr dazu bei Riede, P. (1995, 103).Vgl. zudem Schroer, S. (2010, 53): „Gegenüber einem Ranghöheren, vor allem dem König, bezeichnete sich im Orient ein demütiger Untergebener gern als unwürdiger ‚toter Hund‘.“  Dieser literarische Topos findet sich beispielsweise in den Amarna Briefen – dazu Hutton, J. M. (2002– 2003, 5 – 9) – sowie in Ostraka aus dem beginnenden 6. Jahrhundert, in denen sich ein Untergebener an den militärischen Führer wendet. Vgl. Renz, J. / Röllig, W. (1995, 409 – 412.423 – 432) sowie TUAT 1, Die Ostraka von Lachisch, 620 – 624: Ostrakon 2, Z. 3 f.; Ostrakon 5, Z. 3 f. und Ostrakon 6, Z. 2– 4. Vgl. ausführlich dazu Smelik, K. A. D. (1987, 108 – 121); Schwiderski, D. (1997, 135– 141) sowie Hutton, J. M. (2002– 2003, 9 f.).  Vgl. Smelik, K. A. D. (1987, 112): „Ein toter Hund genießt noch weniger Achtung als ein lebender.“  Dietrich, W. (1997, 252).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1986, 362).  Crüsemann, F. (1980, 218). Zudem Feininger, B. (2000, 108): „Sie steht in Spannung zur Aufstiegsgeschichte, da die gut bezeugte Nachricht vom Aufenthalt Davids beim Philisterfürsten Achisch von Gat erst in den Kap. 27– 29 thematisiert wird.“

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

ergeben sich zum einen inhaltliche Widersprüche zur unmittelbar vorangehenden sowie zu den nachfolgenden Erzählungen, da kaum vorstellbar ist, dass David ausgerechnet mit der Waffe des Gatiters Goliat, die er vom Priester Ahimelech ausgehändigt bekommen hat (1Sam 21,2– 10), zu Achisch von Gat floh.¹²² Und während Achisch David in 1Sam 21,15 f. für wahnsinnig hält, macht er ihn in 1Sam 27,5 – 7 zu seinem Vasallen und in 1Sam 28,2 sogar zu seinem Leibwächter. Dieser Wandel des Achisch lässt sich auf der Erzählebene kaum mit den veränderten Verhältnissen begründen.¹²³ Zwar kommt David in 1Sam 27,2 nicht mehr wie in 1Sam 21,11– 16 allein zu Achisch, sondern mit sechshundert Männern, und er hat sich zwischenzeitlich als „zäher Widersacher“¹²⁴ Sauls erwiesen. Umgekehrt hat David aber auch den Philistern eine „grosse Niederlage“ beigebracht (1Sam 23,5). Diese Widersprüche zum Kontext von 1Sam 11– 16 sind vermutlich nur literarkritisch zu erklären. In der kurzen Erzählung in 1Sam 21,11– 16 stellen die philistäischen Beamten (‫ )ֶעֶבד‬Achisch zweimal eine rhetorische Frage und äussern eine Vermutung, für wen sie David halten: für den „König des Landes“ (‫ )ֶמֶלְך ָהָאֶרץ‬beziehungsweise für denjenigen, für den bei Reigentänzen das Lied gesungen wurde: „Saul hat seine Tausende erschlagen, David aber seine Zehntausende“ (‫ִה ָּכה ָשׁאוּל ַבֲּאָלָפיו ְוָד ִוד ְבּ ִרְבֹבָתיו‬ V. 12b; vgl. 1Sam 18,7 und 29,5).¹²⁵ Ähnlich findet sich diese Frage der Beamten auch in 1Sam 29,5. Achisch reagiert in 1Sam 21,11– 16 zunächst nicht auf die beiden Fragen. Stattdessen teilt der Erzähler Davids stumme Reaktion mit: Er nimmt sich diese Worte zu Herzen, beginnt sich zu fürchten und stellt sich wahnsinnig (wayyiqtol-x ‫שׂים‬, wayyiqtol ‫ ירא‬V. 13; wayyiqtol ‫שׁנה‬, wayyiqtol ‫הלל‬, wayyiqtol ‫תוה‬, wayyiqtol ‫ ירד‬V. 14). Erst danach kommt Achisch in den Blick und stellt seinerseits drei (rhetorische) Fragen. Daraus ergibt sich ein klarer und einfacher Aufbau:¹²⁶

 Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 399 f.); Smith, H. P. (21977, 201); Crüsemann, F. (1980, 218); Vermeylen, J. (2000, 134); Campbell, A. F. (2003, 223).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 66). Anders Klein, J. (2005, 177 f.).  Dietrich, W. (1997, 66).  Dietrich W. (1997, 231) geht davon aus, dass dieses Lied eine spätere Ergänzung ist, die zur Verknüpfung mit dem weiteren Kontext (1Sam 18,7 und 29,5) hier eingebaut wurde. Nach Dietrich, W. (1997, 231) gehört es – wie auch der „Separationsruf“ („Wir haben keinen Anteil an David […]“ 2Sam 20,1; 1Kön 12,16) – zu den Einzelüberlieferungen, die ganz nahe an die frühe Königszeit heranreichen und aus mündlicher Überlieferung stammen. Der Redaktor wollte damit vielleicht zeigen, dass David seine Beliebtheit und sein Erfolg noch ein weiteres Mal zum Verhängnis wurde: Genau wie Saul mag nun auch Achisch mit Argwohn auf den politischen Gegner und erfolgreichen Emporkömmling geschaut haben. Das Lied wird zu einer Art „Bindemittel zwischen divergenten Überlieferungsstoffen“, so Dietrich, W. (1997, 249).  Vgl. ähnlich Bar-Efrat, S. (2007, 289).

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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1Sam 21,11 David kommt zu Achisch 1Sam 21,12 die philistäischen Beamten stellen Achisch zwei rhetorische Fragen 1Sam 21,13 f. David stellt sich wahnsinnig 1Sam 21, 15 f. Achisch antwortet mit drei rhetorischen Fragen 1Sam 22,1a David geht weg von dort

Viermal findet sich der Name Achisch in 1Sam 21,11– 16. Er scheint die Erzählung klar zu dominieren, obwohl er lediglich ein einziges Mal als Subjekt genannt wird (wayyiqtol-x ‫ אמר‬V. 15). Achisch wird nur hier (2Sam 21,11.13) und noch einmal in 1Sam 27,2 als „König“ (‫ )ֶמֶלְך‬bezeichnet.¹²⁷ Ansonsten steht jeweils der Ausdruck ‫ֶסֶרן‬ (vgl. besonders 1Sam 29,2.6.7).¹²⁸ ‫ ֶסֶרן‬könnte ein philistäisches Lehnwort sein, das mit dem griechischen τύραννος verwandt ist.¹²⁹ In der Ekron-Inschrift, in der ein Achisch als König einer philistäischen Stadt erwähnt wird, findet sich ebenfalls nicht der Titel ‫ֶמֶלְך‬, sondern der vom akkadischen šarru abgeleitete Titel šr (vgl. ugaristisch SRN).¹³⁰ Erst in Texten aus dem 8. bis 6. Jh. v.Chr. ist von Königen (‫)ֶמֶלְך‬ in den vier philistäischen Städten die Rede, jedoch nicht mehr von einem König in Gat.¹³¹ Daher ist es gut möglich, dass ‫ ֶסֶרן‬die ältere Bezeichnung ist, die dann im Laufe des 9. und 8. Jh.s aufgegeben und durch das semitische ‫ ֶמֶלְך‬ersetzt wurde. Auch David wird in dieser Erzählung als König bezeichnet, nämlich in der Frage der Beamten Achischs, ob David nicht „der König des Landes“ (‫)ֶמֶלְך ָהָאֶרץ‬ sei.¹³² Dem gatitischen Philisterkönig Achisch wird der „König des Landes“ gegenübergestellt.¹³³ Häufig und in sehr unterschiedlichen Kontexten ist von den Bewohnern des Landes (‫ יוֹ ֵשׁב ָהָאֶרץ‬vgl. etwa Gen 50,11; Num 14,14; 1Sam 27,8; 2Sam 5,6; Jer 47,2; Ez 7,7) die Rede. Der Ausdruck ‫ ֶמֶלְך ָהָאֶרץ‬kommt im Singular jedoch sonst nirgendwo vor (vgl. die plurale Verwendung in Jos 12,1.7 und Jer 25,20bis). Es ist denkbar, dass der Erzähler deutlich machen will, dass die Philister David be-

 Ein König „Achisch“ kommt sonst noch in in 1Kön 2,39 (Achisch, der Sohn Maachas, nicht wie in 1Sam 27,2 Achisch, der Sohn Moachs). Da Namenswiederholungen in Königsdynastien häufig sind, muss es sich dabei nicht um den gleichen Achisch handeln.Vgl. ausführlich dazu Tsumura, D. T. (2007, 535). Vgl. Dietrich, W. (2012a, 94) sowie Edenburg, C. (2011, 36 f.) u. a. Vgl. zudem Finkelstein, I. (2002, 133 f.).  Vgl. zudem Jos 13,3; Ri 3,3; 16,5.8.18.23.27.30; 1 Sam 5,8.11; 6,4.12.16; 7,7; 29,2.6 f.; 1Chr 12,9.  Vgl. Gesenius, W. (182013, 903) und Ellenbogen, M. (1962, 126 f.).  Vgl. Weippert, M. (2010, 346 f.): Epigraphische Bezeugung des Königs Ikaʾuš von Ekron. Vgl. auch Na’aman, N. (2002, 202).  Vgl. Dietrich, W. (2012a, 94).  In 2Sam 5,17 wird erwähnt, dass die Philister von Davids Salbung zum König hörten! Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 260), der meint, dass diese Bezeichnung „an impressive appellation for a fugitive“ ist.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1986, 365).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

reits als künftigen König anerkennen beziehungsweise sich sein Erfolg und sein Auftreten als Bandenführer herumgesprochen hat.¹³⁴ An die erste Frage der Beamten des Achisch, ob David nicht der König des Landes sei, schliesst sich direkt die zweite Frage an, ob David nicht derjenige sei, für den bei Reigentänzen gesungen wurde. Mit dem Zitat „Hat nicht Saul seine Tausende erschlagen, David aber seine Zehntausende?“ wird Bezug genommen auf 1Sam 18,7 und 29,5. Waren es diese beiden Fragen der Beamten des Achisch, die David so einschüchterten?¹³⁵ War es nach allem, was von den Siegen Davids über die Philister (1Sam 17– 19) erzählt wurde, überhaupt denkbar, dass David unerkannt nach Gat fliehen konnte? Oder bekam er vielleicht plötzlich Angst, Achisch würde ihn an Saul ausliefern (vgl. 1Kön 2,39 f.)? Klar ist, dass sich David diese Worte zu Herzen nimmt (‫ ַו ָיּ ֶשׂם ָּד ִוד ֶאת־ַה ְּדָב ִרים ָהֵאֶּלה ִבְּלָבבוֹ‬1Sam 21,14) und sich sehr vor Achisch, dem König von Gat, fürchtet (1Sam 21,14).Von seinem Heldenmut (1Sam 17,11.24 u. a.) ist nichts mehr zu spüren.¹³⁶ David packt die nackte Angst. ‫ ירא‬kommt in den Samuelbüchern insgesamt 22 Mal vor.¹³⁷ Das hebräische Wort hat sowohl die Bedeutung „verehren“ als auch „vor etwas Angst haben“, wobei es hier in 1Sam 21,13b nur im Sinn von „sich fürchten“ verstanden werden kann.¹³⁸ David fürchtet sich hier angesichts der bedrohlichen Situation, wie dies auch von anderen Figuren gesagt wird: Mehrmals wird festgehalten, dass sich Saul vor David beziehungsweise den Philistern oder den Worten Samuels (1Sam 18,12.29; 28,5.20 u. a.)

 So Weiser, A. (1966, 337): „Eine versteckte Anspielung auf Davids zukünftiges Königtum wird auch in 1 Sam. xxi 12 vorliegen, wo die Philister, den Ereignissen vorgreifend, den David als ‚den König des Landes‘ bezeichnen. Diese anachronistische Bemerkung, die neben dem Zitat des Siegesliedes xxi. 12b [sic] (vgl. xixx 5) überflüssig ist, ist wohl ein der jetzigen Anekdote aufgesetztes Licht, das vom Verfasser als Gegengewicht gegen den peinlichen Eindruck der Situation gewählt ist, in der David den Verrückten spielt, um sich aus der Gewalt der Philister zu retten.“ Vgl. Tsumura, D. T. (2007, 536): „It may be that they simply recognized him as a ‘local chieftain’ of the Israelite country. Or, since Achish was king of only one ‘city’, they may have used the word ‘king’ differently.“  Vgl. Alter, R. (22000, 134): „He has come unnamed and, evidently, alone, and now he realizes he has been recognized.“ Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 290): „Den Worten der Diener Achischs entnimmt David, dass er in ernster Gefahr schwebt.“  Vgl. Steussy, M. J. (1999, 55): „Yet David’s fear and focus on persecution serve to weaken our image of a man whose confidence (in himself, his divinely declared destiny, and the God who will bring it about) never wavers.“  Stähli, H.-P. (1971, 766 f.).  Vgl. Gruber, M. I. (1990, 416).

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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fürchtet. In 1Sam 23,3 fürchten sich die Männer Davids, gegen die Philister in den Krieg zu ziehen – bis anhin aber nie David selbst.¹³⁹ Auf die Notiz von Davids Angst in 1Sam 21,14 folgt die Beschreibung seiner Reaktion. Die Kausalität ist jedoch nicht eindeutig; es wurde diskutiert, ob hier dargestellt wird, dass David aus Furcht verrückt wird oder ob es sich dabei um einen Täuschungsversuch handelt. Die Verben ‫שׁנה‬, ‫ הלל‬und ‫ תוה‬sind dahingehend nicht eindeutig. Der Ausdruck ‫ שׁנה‬II Piel bedeutet nur hier und in Ps 34,1 „sich wahnsinnig stellen“.¹⁴⁰ Generell meint ‫„ שׁנה‬ändern“, „wechseln“ und nicht in erster Linie „sich verstellen“.¹⁴¹ ‫ הלל‬III Hitpolel meint „toll werden (von Betrunkenen)“ oder „rasen (von Wagen)“ (Jer 25,16; 46,9; 50,38; 51,7; Nah 2,5), die Bedeutung „sich wie verrückt gebärden“ ist jedoch ebenfalls nicht zwingend.¹⁴² Ersteres, nämlich den Verstand (‫ )ַטַעם‬ändern, tut David „vor ihren Augen“ (‫) ְבֵּעי ֵניֶהם‬, letztes, nämlich „verrückt werden“, in „ihren Händen“ (‫) ְבּ ָיָדם‬. ‫ תוה‬I Piel ist ein Hapaxlegomenon, das LXX mit „schlagen“, „trommeln“ (ἐτυμπάνιζεν) übersetzt; vermutlich stammt das Wort jedoch von ‫„ ָתּו‬Zeichen“ und bedeutet daher soviel wie „Zeichen machen“, „kritzeln“.¹⁴³ Beides, gegen die Torflügel (‫ַעל־ ַּדְלתוֹת‬ ‫ )ַה ַ ׁשַּער‬trommeln beziehungsweise kritzeln, macht hier gleichermassen Sinn. Schliesslich lässt David Speichel in seinen Bart fliessen (‫) ַויּוֶֹרד ִרירוֹ ֶאל־ ְזָקנוֹ‬. Ist David also tatsächlich wahnsinnig geworden? Ist sein Toben, Starrwerden, Mundschäumen und sein unkoordiniertes Handeln echt oder gespielt?¹⁴⁴ An diesen Fragen¹⁴⁵ entscheidet sich, ob die Erzählung davon berichtet, wie David vor

 Das zweite Samuelbuch erwähnt ferner in 2Sam 6,9 mit ‫ ַו ִיָּרא ָד ִוד ֶאת־ ְיה ָוה‬Davids Gottesfurcht (vgl. 2Sam 23,3 ‫)יְִרַאת ֱאל ִֹהים‬.  Vgl. Schüpphaus, J. (1982, 370).  Vgl. Crüsemann, F. (1980, 221). Vgl. zudem Crüsemann, F. (1980, 221): „Im Akkadischen kann šanê tēmi eine Krankheit bezeichnen, die einen befallen kann und mit ‚Wahnsinn‘ übersetzt werden darf. […] Dass er [David] die Philister durch einen Trick täuschte, mag vom Kontext her nahe liegen, gesagt ist es nicht. Ebenso gut kann man heraushören: in der Gefahr und vor Furcht ‚drehte er durch‘. Außer der großen Furcht ist von Davids inneren Motiven nichts erkennbar.“ Dazu auch Gesenius, W. (182013, 1392) und AHw III, 1166. Anders Kronholm, T. (1995, 321): „Menschen können sich auch radikal verstellen; wer einem anderen schaden will, der ‚verstellt sich‘ (jšnʼ pnjm), als wolle er ihm helfen, aber er fällt ihm in den Rücken (Sir 12,18; vgl. auch 13,25). Parallel heißt es in dem Bericht von David am Hofe des Königs Achisch (in der Überschrift des Ps 34 Abimelech genannt) im philistäischen Gat, daß David schauspielerisch ‚sich wahnsinnig stellte‘ (1Sam 21,14; Ps 34,1).“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 279).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1428).Vgl. zur Textkritik McCarter, P. K. (1980b, 355) sowie Dietrich, W. (2012 ff., 559).  Diese Frage stellt auch Miscall, P. D. (1986, 133).  Fokkelman (1986, 367 f.) versucht, die These Crüsemanns, F. (1980, 215 – 227), David sei wirklich wahnsinnig geworden, ausführlich zu widerlegen. Sein Hauptargument ist: „[…] the text

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

Schrecken wahnsinnig wird, oder ob sie doch eine neue und andersartige Heldengeschichte wiedergibt, die davon berichtet, wie sich David geschickt aus der Klemme hilft.¹⁴⁶ Zur Beurteilung der Bedrohung sind diese Fragen jedoch nicht allein ausschlaggebend. Ob David vor Schrecken wahnsinnig wird, oder ob er in seiner Angst soweit geht, sich verrückt zu stellen, unter ihren Händen zu toben, an die Flügel des Tores zu kritzeln und seinen Speichel in seinen Bart fliessen zu lassen – wie die Mehrheit der Exegeten annimmt¹⁴⁷ –: er steckt in einer gefährlichen Situation. Auf dieses Szenario Davids reagiert Achisch in V. 15 f. mit drei (rhetorischen) Fragen. Dabei verwendet er dreimal das Wort ‫( שׁגע‬Pual sowie Hitpael, 1Sam 21,15.16bis).¹⁴⁸ Er charakterisiert David eindeutig als „wahnsinnig“ und „verrückt“.¹⁴⁹ Dieser Mensch ist für ihn nutzlos. Achisch von Gat will nichts mit ihm zu tun haben: „Fehlt es mir an Wahnsinnigen, dass ihr diesen hergebracht habt, bei mir zu toben?“ (‫ ֲחַסר ְמ ֻשׁ ָגִּעים ָא ִני ִּכי־ֲהֵבאֶתם ֶאת־ ֶזה ְלִה ְשַּׁת ֵגַּע ָעָלי‬1Sam 21,16). Auch wenn Lücken bleiben – beispielsweise ist unklar, wie David zu Achisch von Gat kommt,¹⁵⁰ was nach 1Sam 21,16 mit ihm passiert etc. – und mehrere Doppelungen vorliegen, so präsentiert sich die gesamte Erzählung doch insgesamt als kohärent, insofern ein Element auf das andere folgt und ein ununterbrochener is given no chance of functioning organically in the great whole“ – Fokkelman, J. P. (1986, 362 Anm. 26).  Dazu Stolz, F. (1981, 143): „Der Israelit hört die Geschichte mit vergnügtem, überlegenem Lachen – voller Bewunderung für seinen König David.“ Vgl. Alter, R. (22000, 134): „David, the glamorous hero of the preceding episodes, is prepared to do whatever is necessary in order to survive, even if it means making himself appear to be the most repulsive of humankind.“  Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 400); Smith, H. P. (1977, 201); Fokkelman, J. P. (1986, 367); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 262); Campbell, A. F. (2003, 228); Bar-Efrat, S. (2007, 290) u. a.Vgl. Dietrich,W. (1997, 252): „Er [David] ist dem kranken, ihn mit aller Macht verfolgenden König Saul, er ist auch seinem Lehensherrn König Achisch überlegen: nicht an Macht, aber an Klugheit. Er macht aus dem, der ihn jagt, den Gejagten, und er benutzt den, der ihn zu benutzen meint, um seinen eigenen Zielen näher zu kommen. Erzähler und Hörerschaft kosten den Triumph aus, den das bekannte Erzählmuster von dem Kleinen, der dem Großen ein Schnippchen schlägt, bereitet.“ Nach Campbell, A. F. (2003, 229) handelt es sich hier um eine Anekdote, die „focuses on a single experience: how recognition led to fear and fear to resourceful dissimulation. It blends the two motives of David’s fame and his astuteness.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (1980b, 357): „David realizes that once recognized he is in mortal danger from the Philistines, upon whom he has personally inflicted so much grief, and adopts the desperate stratagem of pretending to be insane.“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1323 f.).  Dass David hier in Beziehung zum wahnsinnigen Saul gesetzt wird, wie Nitsche, S. A. (2002, 126) meint, ist äusserst unwahrscheinlich. Dies zeigen schon das differierende Vokabular und die unterschiedlichen Reaktionen.  Zudem steht in V. 11, dass David zu Achisch „kam“ (‫)בוא‬, während Achisch in V. 15 davon spricht, dass er vor ihn gebracht (‫ בוא‬Hifil) wurde.

2.2. „Und David floh und entrann in jener Nacht…“ (1Sam 19 – 27)

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Handlungsfortgang ersichtlich ist. Selbst das Lied der Frauen in V. 11 („Saul hat seine Tausende erschlagen, David aber seine Zehntausende“) fügt sich nahtlos in den Kontext der Erzählung. Es wurde angenommen, dass die beiden Erzählungen in 1Sam 21,11– 16 und 1Sam 27,1– 12 beziehungsweise 1Sam 29,1– 11 auf das gleiche historische Ereignis zurückgehen, nämlich Davids Überlaufen zu den Philistern.¹⁵¹ Während seine Kooperation mit den Philistern in 1Sam 27,2.3a.6 f. sehr nüchtern und knapp beschrieben wird, wird sie in 1Sam 21,11– 16 als schwierig und riskant dargestellt.¹⁵² 1Sam 21,11– 16 dürfte deshalb wesentlich jünger sein als 1Sam 27,2.3a.6 f. Ob die Erzählung bereits Bestandteil des „Erzählkranzes vom Freibeuter David“ war, ist ungewiss.¹⁵³ Thematisch handelt es sich um eine Mischung aus sogenannten „Fluchterzählungen“ (1Sam 19 – 26) und einer sogenannten „Philistererzählung“ (1Sam 27– 30). Einerseits scheint David immer noch auf der Flucht vor Saul zu sein, andererseits begibt er sich gleichzeitig zu den Philistern. Dieser narrative Zusammenhang wird in dieser Deutlichkeit jedoch erst mit der Erklärung in 1Sam 27,1 geschaffen:¹⁵⁴ „Und David dachte in seinem Herzen: Eines Tages werde ich durch die Hand Sauls umkommen! Es gibt nichts Besseres für mich, als mich in das Land der Philister zu retten. Dann wird Saul von mir ablassen, mich weiter im ganzen Gebiet Israels zu suchen, und ich werde seiner Hand entkommen.“ Während ihm die Philister sozusagen zur Rettung werden, stellt Achisch für David in 1Sam 21,11– 16 eindeutig eine Gefahr dar. Dies lässt sich nicht allein dadurch erklären, dass die Rolle der Philister¹⁵⁵ in der sogenannten Aufstiegserzählung grundsätzlich zwiespältig ist: Sie sind in erster Linie Sauls Feinde, „but

 Vgl. ausführlich dazu Klein, J. (2005, 176 f.). Vgl. Schroer, S. (1992, 99): „Dennoch scheint 21,11– 16 eine zuverlässige Erinnerung an die Zeit unmittelbar nach Davids Flucht vom Hofe Sauls bewahrt zu haben. Demnach versucht David sich schon früh, lange bevor er dann bei den Philistern in Dienst tritt, vor Saul zu Achisch von Gat zu flüchten.“  Vgl. Dietrich, W. (2012a, 89). Gerade umgekehrt argumentiert Van Seters, J. (2009, 191), der 1Sam 21,11– 16 seinem „account A“ und somit der älteren, deuteronomistischen Quelle zuschreibt: „There is, of course, the obvious problem of the doublet in 21:11– 16[10 – 15] with David’s relations with te same king in 27:1– 28:2, 29:1– 11. In the earlier episode, David appears alone at the court of Achish of Gath to seek asylum as a fugitive, similar to Rehoboam’s [sic] seeking asylum in Egypt as a fugitive from Solomon (1 Kgs 11:40).“ Vgl. zudem Van Seters, J. (2009, 203).  Nach Dietrich, W. (1997, 250) war 21,11– 12a.13 – 16 (ebenso wie übrigens auch 21,1– 10 und 22,1 f.) integrativer Bestandteil des „Erzählkranzes vom Freibeuter David“. Willi-Plein, I. (2004, 166 f.) zählt den ganzen Abschnitt 21,2– 4.7– 10.11– 16; 22,1– 2 zur Davidhausgeschichte (DHG), die ihrer Meinung nach von einem Nicht-Jerusalemer im 9. Jahrhundert verfasst wurde. Vgl. auch Adam, K.-P. (2007, 82): „Von einem ‚historischen‘ Aufenthalt Davids bei den Philistern ist sie weiter entfernt als 1Sam 27.29.“  Vgl. Stolz, F. (1981, 128); Schroer, S. (1992, 99) sowie Nitsche, S. A. (2002, 114).  Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. (2012a, 79 – 98).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

were at different times David’s refuge, the benefactors of his raids, his suzerains, and his enemies“.¹⁵⁶ David greift die Philister an (1Sam 23,1– 5) und wird von ihnen angegriffen (2Sam 5,17– 25).¹⁵⁷ Dazwischen gibt es in 1Sam 27– 30 eine Zeit, in der David als Freibeuter und Bandenführer den Philistern seine Truppen zur Verfügung stellt (vgl. 1Sam 27,2.3a.6 f.; 1Sam 29).¹⁵⁸ Söldner und Schutztruppen der Hirten (1Sam 25,7 f.), die auf ein Lehen und Naturalien angewiesen waren, konnten im Dienst unterschiedlicher Herren stehen – aus diesem Grund standen David beim Aufstand Absaloms auch 600 Gatiter zur Verfügung (2Sam 15,18b – 22).¹⁵⁹ Von all dem klingt in 1Sam 21,11– 16 aber nichts an. Die Erzählung wirkt merkwürdig zeitlos, was für ihr jüngeres Alter und ihre Entstehung im Zusammenhang mit dem Höfischen Erzählwerk sprechen könnte.¹⁶⁰ Der eigentümliche Titel des Achisch als König (‫ )ֶמֶלְך‬und nicht als Stadtfürst (‫ )ֶסֶרן‬spricht ebenfalls für eine Abfassung ab dem 8. Jahrhundert; daran ändert auch die Nennung Gats¹⁶¹ nichts. 1Sam 21,11– 16 ist eine Anekdote, die die Anerkennung Davids bei den Philistern deutlich macht, aber auch die Gefahr, die die Philister für David darstellen, betont.

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30) 1Sam 30 steht im jetzigen Kontext als Einschub zwischen 1Sam 29 und 31, wirkt retardierend und „unterbricht den Zusammenhang der übergeordneten ‚politi-

 Flanagan, J. W. (1983, 363).  Vgl. Garsiel, M. (2000, 153).Vgl. Dietrich,W. (2012a, 81): „This fluctuation between conflict and cooperation reflects a dilemma, in which the authors of the books of Samuel found themselves. On the one hand, the Philistines where Israel’s most dangerous enemy during the foundation of the state; indeed, the first king of Israel, with three of his sons (and presumably also a large number of warriors), died in a combat against them. On the other hand, it was well known that David maintained close relations with that very enemy.“ Vgl. zudem Dietrich, W. (2012a, 95 – 98).  Vgl. Dietrich,W. (2012a, 89): „David enters the service of Achish from Gath, with his 600-mentroop, gets Ziklag as a fief and stays in Philistia for one year and four months. This rather dry account in the verses 2, 3a, 6, 7 may be old […].“ Vgl. auch Dietrich, W. (2012a, 93): „Bandit chiefs typically with little regard for political or moral maxims, just do what seems beneficial at any given time. […] Apparently, the Philistines offered good terms, and at the same time hoped to incorporate the vagabonding troop into their political and economic system.“ Vgl. ähnlich auch Van Seters, J. (2009, 110 f.), wenn auch vor einem anderen historischen Hintergrund.  Vgl. dazu Dietrich, W. (2012a, 90).  Hauptsächlich aufgrund der metaphorischen Verwendung des Wortes ‫ ַטַעם‬in V. 14 (vgl. Spr 11,22; 26,16 u. a.) schreibt Vermeylen, J. (2000, 135) den gesamten Text 1Sam 21,11– 16 der (nachdtr.) „rédaction finale de l’Histoire de David“ zu, die er in die persische Zeit datiert.  Vgl. Kapitel B. 3.3.3. Vgl. auch Dietrich, W. (2012a, 93).

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)

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schen‘ Geschichte“¹⁶² mit einem eher episodenhaften Erlebnis aus dem Leben Davids: In 1Sam 29 (vgl. 1Sam 28,1 f.) wird ausführlich beschrieben, wie Achisch auf Druck seiner Beamten David nicht in den Krieg gegen Israel ziehen lässt und ihn auffordert zurückzukehren (1Sam 29,10).¹⁶³ In 1Sam 31 folgt dann der Bericht über diese Schlacht und eine Beschreibung vom Hergang des Todes Sauls.¹⁶⁴ Dazwischen steht in 1Sam 30 die Erzählung von einem Überfall der Amalekiter auf Ziklag und Davids erfolgreiche Rückgewinnung ihrer Beute. Obwohl zuvor von Überfällen¹⁶⁵ Davids auf die Geschuriter, Girsiter und Amalekiter (1Sam 27,8) im Süden des Landes berichtet wurde, wird in 1Sam 30 nirgendwo darauf Bezug genommen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass es sich hier um einen Vergeltungsschlag handelt.¹⁶⁶ Dennoch kann der Abschnitt 1Sam 27– 31 aufgrund der Komposition, der Anordnung des Materials und der innertextlichen Bezüge insgesamt durchaus als Einheit betrachtet werden.¹⁶⁷ Beispielsweise wird vorausgesetzt, dass David in 1Sam 27,6 Ziklag von Achisch dem König von Gat, als Lehen bekommen hat¹⁶⁸ und sich dort zusammen mit seinen Frauen aufhält. Die Erzählung in 1Sam 30 lässt sich folgendermassen gliedern:¹⁶⁹ A Sam , – 

Einleitung und Situationsbeschreibung in Ziklag V.  – . Situationsbeschreibung V.  Klage V. a Erbitterung, Versuch der Steinigung V. b –  David findet Stärkung in Jhwh und in einem Orakel

 Tanner, H. A. (2005, 226).Vgl. auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 350); Dietrich,W. (2012a, 82).  Vgl. Tanner, H. A. (2005, 238).  Auffälligerweise wechselt die Ortsbezeichnung – was ein Hinweis dafür sein könnte, dass auch in 1Sam 29 und 31 der Autor noch einmal auf unterschiedliche Überlieferungen zurückgegriffen hat. Vgl. Tanner, H. A. (2005, 224 f.).  Sowohl in 1Sam 27,8.10 als auch in 1Sam 30,1.14 kommt der Begriff ‫ פשׁט‬vor.  So etwa Bar-Efrat, S. (2007, 366): „Anscheinend ist dieser Überfall eine Revanche für Davids vorherigen Einfall in Amalek.“ Sowie Van Seters, J. (2009, 112 f.): „The Amalekites, who have suffered frequent massacres at the hands of David’s men, now retaliate with a raid of their own on Ziklag while David and his men are far to the north in Aphek, having left the home base unguarded, a very grave mistake.“ In V. 8 ist zudem nicht mehr von den Amalekitern, sondern von ‫ְגּדוּד‬ (vgl. 1Sam 30,8.15bis.23 vgl. 1Chr 12,21– 23) die Rede.  Vgl. Campbell, A. F. (2003, 276); Miscall, P. D. (1986, 177) u. a. Vgl. auch Bar-Efrat, S. (2007, 365): „Die Erzählung in Kap 30 setzt die von Kap 29 fort.“ Ähnlich auch Van Seters, J. (2009, 191): „There is also no question that 27:1– 28:2 belongs to what follows in 29:1– 31:13.“  Die Ätiologie in 1Sam 27,6 erklärt, weshalb die Stadt „bis auf den heutigen Tag“ den Königen von Juda gehört. Vgl. Kessler, R. (2009, 177).  Vgl. zur Gliederung auch Tanner, H. A. (2005, 229 – 233). Ähnlich auch Campbell, A. F. (2003, 279).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

B Sam , – 

Feldzug gegen die Amalekiter und Davids Sieg V.  f. David zieht los und lässt zweihundert Mann zurück V.  –  Fund eines Ägypters, der die Amalekiter verrät V.  Beutefest der Amalekiter V.  Sieg Davids V.  –  David bekommt alles zurück, die Ordnung ist wiederhergestellt C Sam , –  Rückkehr und Streit um die Aufteilung der Beute V.  Rückkehr zum Tross V.  Streit um die Verteilung der Beute V.  f. Davids Schlichtung V.  Gültigkeit des Rechtssatzes D Sam , –  David sendet den Ältesten in Juda Geschenke (Ortsliste)¹⁷⁰

Die eigentliche Gefahr für David stellen in 1Sam 30 nicht die Amalekiter dar, die die Stadt Ziklag überfallen, denn David vernichtet seine Feinde am Ende sehr erfolgreich und effektiv. Zur direkten, persönlichen Bedrohung wird ihm vielmehr das eigene Kriegsvolk, das ihn steinigen will. Entsprechend steht vor allem der Beginn der Erzählung, der Überfall der Amalekiter auf die Wohnstadt Davids und der Versuch der Steinigung Davids durch das Volk (1Sam 30,1– 8), im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung. Mit ‫( ַו ְיִהי‬V. 1) wird der Anfang einer neuen Erzählung signalisiert.Vers 1 könnte eine „fugenlose Verbindung“¹⁷¹ zum vorangehenden Kapitel und eine Verklammerung mit der übergeordneten Komposition darstellen.¹⁷² Die Zeitangabe „am dritten Tag“ (‫ ) ַבּיּוֹם ַה ְשִּׁלי ִשׁי‬koordiniert die Ereignisse und regt durch die literarische Verknüpfung mit 1Sam 30,12 (‫ ) ְשׁל ֹ ָשׁה ָיִמים וּ ְשׁל ֹ ָשׁה ֵלילוֹת‬dazu an, diese synchron zu lesen.¹⁷³ Der Überfall auf Ziklag hat sich also an dem Tag zugetragen, an dem die Führer der Philister Davids Heimkehr forderten (1Sam 29,11).¹⁷⁴ Die Amalekiter hatten die Stadt Ziklag überfallen (‫)פשׁט‬, sie geschlagen (‫נכה‬ Hifil), abgebrannt (‫ ַו ִיּ ְשְׂרפוּ ֹאָתּה ָבֵּאשׁ‬vgl. 1Sam 30,3.14) und ihre Bewohner gefangen genommen (‫ )שׁבה‬und verschleppt (‫ נהג‬vgl. 1Sam 30,20.22).¹⁷⁵ Ausdrücklich weist der Text darauf hin, dass während des Überfalls niemand ums Leben kam (‫ל ֹא ֵהִמיתוּ‬  Der historische Kontext dieser Ortsliste ist umstritten. Bei der „Liste der von David mit Geschenken bedachten Orten in Juda“ (30,27– 31) handelt es sich nach Dietrich,W. (1997, 232) um eine Einzelüberlieferung, die wohl noch aus der frühen Königszeit stammt.Vgl. Dietrich,W. (2012a, 94).  Tanner, H. A. (2005, 236).  Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 510); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 350) u. a.  Stoebe, H. J. (1973, 511) nimmt an, es handle sich um eine „konventionelle Zahl“; nach dreitägigem Marsch seien David und seine Männer in Ziklag angekommen.Vgl. auch Tsumura, D.T. (2007, 638). Miscall, P. D. (1986, 178) dagegen meint, David sei am dritten Tag, nachdem Ziklag zerstört worden sei, dort eingetroffen.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 365).  Vgl. zur Textkritik McCarter, P. K. (1980b, 431).

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)

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‫ִאישׁ‬, anders als in 1Sam 27,9, wo ausdrücklich festgehalten wird, dass David niemanden am Leben liess).¹⁷⁶ Damit wird das Geschehen eindeutig als Raubüberfall charakterisiert.¹⁷⁷ V. 3 wiederholt V. 1 f., dieses Mal aber aus der Perspektive Davids und der zurückkehrenden Männer:¹⁷⁸ David und seine Männer kommen zur Stadt, sehen, dass sie niedergebrannt ist und ihre Frauen, Söhne und Töchter gefangen weggeführt wurden.V. 4 schildert die Reaktion Davids und des Volkes, das bei ihm war. Bis anhin war von „seinen Männern“ (‫ ַוֲא ָנ ָשׁיו‬1Sam 30,1.3) die Rede, nun ist plötzlich das Volk, das mit David war, Subjekt (‫) ְוָהָעם ֲא ֶשׁר־ִאּתוֹ‬. Gemeinsam mit David erhebt das Kriegsvolk seine Stimme (‫ )נשׂא ֶאת־קוָֹלם‬und weint (‫ בכה‬2Sam 30,4bis)¹⁷⁹ bis zur Erschöpfung. Der skrupellose Bandenführer David (vgl. beispielsweise 1Sam 27,8 f.) ist zutiefst erschüttert und im Innersten verletzt.¹⁸⁰ Auch wenn das Weinen nicht nur „Ausdruck seelischen Schmerzes“¹⁸¹ und „Trauer über einen schlimmen Vorfall“¹⁸² ist, sondern es sich dabei auch um eine kollektive, rituelle Volksklage (vgl. z. B. Ri 20,23.26; 21,2; 1Sam 11,4; 2Sam 3,32.34; 13,36; 15,23) handeln könnte, zeigt sich narrativ doch ein eigenwilliges Davidbild:¹⁸³ Davids unmittelbare Reaktion auf den Raubüberfall ist nicht aggressiv, sondern depressiv. Er antwortet nicht mit Gewalt, sondern mit Trauer auf die Ereignisse. Gerade darin könnte auch seine Verletzlichkeit und Schwäche deutlich werden.¹⁸⁴ Der Bandenführer David lebt

 Vgl. Tanner, H. A. (2005, 240 f.). Zudem Van Seters, J. (2009, 113): „This is stated in such explicit and marked contrast to David’s own behaviour, that for the narrator it must be significant. It simply points up the bloodthirsty character of David and his men toward these same Amalekites.“ Daraus folgert Van Seters, J. (2009, 204): „There is nothing ‚apologetic‘ about this portrait of David.“  Raubüberfälle und auch Menschenraub sind häufig in altorientalischen Texten belegt.  Vgl. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 351); Miscall, P. D. (1986, 179) u. a.Vgl. Bar-Efrat, S. (2007, 367): „Nach der Rückblende nimmt der Erzähler das am Anfang von V1 Gesagte wieder auf. Er beschreibt noch einmal die Folgen des Amalekitereinfalls, aber jetzt aus der Perspektive Davids und seiner Leute, und unter Hinzufügung ihrer Reaktion.“  Dazu Stolz, F. (1981, 179): „Die natürliche Reaktion der heimkehrenden Männer ist die Klage (V.4 f.). Das Weinen gilt dem alttestamentlichen Menschen nicht als unmännlich, jeder darf seinem Schmerz ungehinderten Ausdruck verleihen.“ Das Wort ‫בכה‬, das dafür gebraucht wird, kommt insgesamt 114 Mal vor.  Von David wird mehrfach gesagt, dass er weint. Vgl. Kapitel A. 1.2.  Hamp, V. (1973, 640).  Stolz, F. (1971, 315).  Vgl. Stolz, F. (1971, 315).  Vgl. Miscall, P. D. (1986, 179): „Weakness is an important theme in the chapter and is attached to David. […] It is easy to read the chapter as portraying a troubled David – faced with possible mutiny and not sure what to do.“

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

nicht nur vom Erfolg und von zahlreichen Siegen. Er und seine Familie wurden Opfer eines Raubüberfalls, und er beklagt dies bitterlich und vorerst auch gänzlich ohne Aussicht auf Rache. Trotz seiner offensichtlichen Inaktivität ist David doch – sofern das Subjekt von wayyiqtol genannt wird – mehrheitlich das Subjekt in diesen Versen (beispielsweise wayyiqtol-x ‫ בוא‬V. 3, wayyiqtol-x ‫ נשׂא‬V. 4, wayyiqtolx ‫צרר‬, wayyiqtol-x ‫ חזק‬V. 6).¹⁸⁵ In V. 5 wird hinzugefügt, dass auch die Jesreeliterin Ahinoam und Abigajil, die Frau des Karmeliters Nabal, zwei von Davids Frauen, unter den Entführten sind. Diese Information setzt einen weiten Erzählhorizont voraus (vgl. 1Sam 25,1– 42; 1Sam 25,43; 27,3; 2Sam 2,2) und erscheint als eine Ergänzung, die für den weiteren Verlauf der Erzählung nicht mehr von Bedeutung ist. Lediglich in V. 18 wird noch einmal beiläufig erwähnt, dass David auch seine beiden Frauen befreien konnte. Thematisch gehört V. 5 eng zu V. 3 und wirkt als Anschluss nach V. 4 störend.¹⁸⁶ Allerdings wird mit dieser Notiz die persönliche Betroffenheit Davids – nämlich der Verlust seiner eigenen Frauen – betont. Die Zerstörung der Stadt und die Entführung seiner Frauen war nicht alles, was David ertragen musste. Er gerät in zusätzliche Bedrängnis (V. 6 ‫ַוֵּתֶצר ְלָד ִוד‬ ‫)ְמֹאד‬:¹⁸⁷ Die Trauer des Volkes (V. 4) schlägt zuerst in Verbitterung (‫ִּכי־ָמָרה ֶנֶפשׁ‬ ‫„ ָּכל־ָהָעם‬denn die ‫ ֶנֶפשׁ‬des ganzen Volkes war verbittert“ 1Sam 30,6; vgl. oben 1Sam 22,2),¹⁸⁸ dann in Wut gegen den Anführer um. Das Volk spricht von dem Vorhaben, David zu steinigen. Möglicherweise hat die Enttäuschung, dass David dem Volk nicht helfen konnte, zu dem Wunsch geführt, David zu töten.¹⁸⁹ Es wurde vermutet, dass es sich beim Plan – mehr ist es ja nicht, denn das Volk spricht lediglich davon (‫ ִּכי־ָאְמרוּ ָהָעם ְלָסְקלוֹ‬vgl. auch Num 14,10), David mit Steinen zu bewerfen – um eine Lynchjustiz handele, ähnlich wie etwa in 1Kön 12,18 (vgl. auch 1Kön 21,13 ‫) ַו ִיְּסְקֻלהוּ ָבֲאָב ִנים‬.¹⁹⁰ Der Begriff ‫סקל‬¹⁹¹ meint in erster Linie jedoch einfach „Steine

 Vgl. Tsumura, D. T. (2007, 638): „In this paragraph, when the subject of wayqtl is stated (as in vv. 3, 4, 6b), it is ‘David’ who is the subject and, hence, the major actor in this episode.“  In V. 6 und V. 19 ist nur von den Söhnen und Töchtern, nicht aber von den Frauen die Rede.  Der Begriff ‫ צרר‬kommt im Alten Testament relativ häufig vor, sowohl im Qal (transitiv 9 Mal; intransitiv 33 Mal) als auch im Hifil. Obwohl er eine grosse Bedeutungsvielfalt hat, lassen sich nur wenige Belege sicher in die vorexilische Zeit datieren. Mehr dazu bei Fabry, H.-J. (1989, 1117). Vgl. Kapitel A. 1.2.  In 1Sam 1,10 ist davon die Rede, dass Hannas ‫ ֶנֶפשׁ‬verbittert war. Vgl. auch 1Sam 22,2.  Kapelrud, A. (1986, 947). Vgl. Stoebe, H. J. (1973, 512).  Vgl. beispielsweise Stoebe, H. J. (1973, 512).  Vgl. ‫ סקל‬Qal, Ex 8,22; 17,4; 19,13; 21,28; 1Sam 30,6; 1Kön 21,10.13; mit Zusatz Dtn 13,11; 17,5; 22,21.24; Jos 7,25; Nifal zudem Ex 19,13; 21,28 f.32. Vgl. Gesenius, W. (182013, 901).

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)

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werfen“ und ist erst später in den juristischen Kontext der Todesstrafe gerückt.¹⁹² Ob das Volk in diesem Fall wirklich die Absicht hatte, an David das Todesurteil zu vollziehen, ist unklar. Denkbar ist auch, dass hier Enttäuschung und blinde Wut zum Ausdruck kommt.¹⁹³ Aus ganz ähnlichen Gründen wie in 1Sam 30,6 droht etwa auch in Ex 17,4 das Volk bzw. in Num 14,10 die Gemeinde (‫ )ֵעָדה‬mit der Steinigung (‫)רגם‬¹⁹⁴ des Führers, nämlich wegen „fehlerhafter, unvorsichtiger […] Führung. Das Volk ist hier wie dort verbittert und verärgert, weil David resp. Mose das Volk allzu grossen Gefahren aussetzt und zu wenig schützt.“¹⁹⁵ Von einer konkreten Schuld¹⁹⁶ Davids ist nicht die Rede, aber sein Fehlverhalten liegt dennoch auf der Hand: David hat als Bandenführer nicht dafür gesorgt, eine ausreichend grosse Schutztruppe in Ziklag zu lassen, um die Stadt zu verteidigen und die Angehörigen der Männer zu schützen.¹⁹⁷ Mehrmals wird in der sogenannten Aufstiegsgeschichte ein Tross von zweihundert Mann erwähnt. Die Zahl von vierhundert Soldaten Davids, ein Tross von zweihundert sowie die Gesamtzahl von sechshundert Kriegern ist ein festes literarisches Motiv in den Samuelbüchern (1Sam 23,13; 25;13; 27,2; 30,9 f.; vgl. zudem Ri 18,11.16 f.; 1Sam 13,15; 14,2; 2Sam 15,18 u.a).¹⁹⁸ So bleiben beispielsweise auch in 1Sam 25,13 zweihundert Männer beim Tross, und David zieht mit vierhundert Soldaten los. Auch in 1Sam 30,10 bleiben zweihundert Männer am Bach Besor zurück.¹⁹⁹ Offensichtlich war

 Vgl. Kapelrud, A. (1986, 948).Vgl. Liedke, G. (1971, 49 f.): „‫ סקל‬ist das alte Wort für Steinigung. Das geht daraus hervor, daß der Todeserfolg bei ‫ סקל‬oft ausdrücklich gefordert werden muß. Die Steinigung war nicht von Anfang an Todesstrafe, sondern zuerst eine Form der Ächtung: Austreibung aus dem Schutz der Gemeinschaft.“  Vgl. etwa McCarter, P. K. (1980b, 437): „The grief-sticken soldiers are at the point of putting David to death out of bitterness and despair, but he maintains control and organizes a forded march in pursuit of the plunderer.“  Zur Bezeichnung einer Steinigung wird auch das Wort ‫ רגם‬verwendet (vgl. Lev 24,14; Num 14,10; Jos 7,25; 1Kön 12,18 u. a.), das semantische Ähnlichkeit mit ‫ סקל‬hat. Tanner (2005, 246) sieht eine Abhängigkeit zwischen Num 14 und 1Sam 30, hält aber nirgends fest, dass hier eine unterschiedliche Begrifflichkeit vorliegt. Aufgrund dieser Beobachtung vermutet er aber, in 1Sam 30,6 auf eine „Bearbeitungsspur“ gestossen zu sein, die deutlich jünger als das „Erzählwerk über die frühe Königszeit“ wäre.  Tanner, H. A. (2005, 245).  Vgl. Stolz, F. (1981, 179).  Vgl. Van Seters, J. (2009, 193). „In their distress, they blame David for leaving their families defenceless and threaten revolt.“ Vgl. zudem Cartledge, T.W. (2001, 332); Brueggemann,W. (1990a, 201) u. a.  Vgl. dazu Van Seters, J. (2009, 113 f.).  In 1Sam 30,17 wird gesagt, dass vierhundert Amalekiter auf ihre Kamele stiegen und David entkommen konnten. Möglicherweise soll damit gezeigt werden, dass Ziklag auch mit Tross den Amalekitern unterlegen gewesen wäre. Damit wäre David entlastet.

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

das in diesem Fall anders: David hat in seinem Einsatz für die Philister (1Sam 29) leichtsinnig gegenüber seinen eigenen Leuten gehandelt und die Stadt Ziklag unbewacht gelassen. Nun richten sich Wut und Verzweiflung seiner Gefolgsleute gegen ihn.²⁰⁰ Die Rebellion der eigenen Truppe stellt nicht weniger als die komplette Zukunft Davids in Frage. Der Aufstand zeigt, dass „popular indignation easily turns against the ruler in case of calamity“.²⁰¹ Dargestellt wird, „how precarious political power is“.²⁰² Auf diese Drohung des Volkes reagiert David nicht verzweifelt, sondern vertraut ganz auf Jhwh (V. 6b): David findet Kraft und Stärke in Jhwh, seinem Gott (‫) ַו ִיְּתַח ֵּזק ָּד ִוד ַבּיה ָוה ֱאל ָֹהיו‬.²⁰³ Er bittet den Priester Abjatar, ihm den Efod zu bringen (V. 7). Die Orakelbefragung mit Hilfe des Efod wird ganz ähnlich auch in 1Sam 23,6 – 13 erwähnt.²⁰⁴ Damit wird Davids Frömmigkeit und Gottvertrauen deutlich. In der Not fällt David keine eigenen Entscheide, sondern vertraut auf Jhwh und holt einen Gottesbescheid ein (V. 8). Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal befragt David Jhwh. Die Formulierung ‫„( ַו ִיּ ְשַׁאל ָּד ִוד ַבּיה ָוה‬da befragte David Jhwh“) findet sich ähnlich in 1Sam 23,2.4; 2Sam 2,1; 5,19 sowie 1Chr 14,10. In diesen Stellen geht es darum, dass David nicht einfach angreift, sondern sich bei Jhwh absichert, bevor er „loszieht“ (‫הלך‬, ‫ירד‬, ‫רדף‬, ‫)עלה‬. Auch Saul befragt Jhwh in 1Sam 28,6 (vgl. auch 1Sam 14,37), doch Jhwh antwortete ihm nicht, weder durch Träume noch durch die Urim noch durch Propheten. In diesem Kontrast – Jhwh antwortet David, während Saul keine Auskunft erhält – wird nicht nur Davids Frömmigkeit, sondern auch Jhwhs besondere Unterstützung für ihn deutlich.²⁰⁵ Nach erfolgtem Gottesbescheid – „Nimm die Verfolgung auf, denn du wirst sie einholen und du wirst sie retten!“ (V. 8b) – setzt David diesen unverzüglich in die  Vgl.Van Seters, J. (2009, 113): „The blame for the grievous oversight in not protecting those left in Ziklag is placed on David to the point of munity (v. 6), which is only averted by David’s appeal to an oracle that calls for immediate action and full pursuit (vv. 7– 10).“  Smith, H. P. (21977, 246).  Alter, R. (22000, 184).  ‫ חזק‬kommt – ebenfalls mehrheitlich in der späteren Literatur, „ohne aber im früheren Schrifttum zu fehlen“ – sehr oft vor und hat in aller Regel die Bedeutung von „stark machen“ (auch militärisch erstarken etc.); vgl. Hesse, F. (1977, 847). Im Hitpael kann es die Bedeutung „Mut, Tapferkeit gewinnen“ (Num 13,20; 1Sam 4,9; 2Sam 10,12 par. 1Chr 19,13 u. a.) oder hier (1Sam 30,6) den Sinn von „Vertrauen zu jemandem gewinnen“ haben, so Hesse, F. (1977, 855). Auch von Jonatan wird gesagt, dass er seine Hand in Gott gestärkt habe (1Sam 23,16 Hifil). Die beiden Stellen 1Sam 23,16 und 30,6 erscheinen aber literarisch doch zu weit voneinander entfernt, um in gegenseitiger Abhängigkeit entstanden zu sein.  Das Efod als Kultgegenstand findet sich ausserdem an folgenden Stellen: Ri 8,27; 17,5; 18,14– 20; 1Sam 14,3.10; 21,10; (22,18); 23,6.9; 30,7; Hos 3,4. Vgl. Zwickel, W. (1990, 178 f.); Görg, M. (1991, 472 f.) u. a. Vgl. Veijola, T. (1990a, 11 f.) sowie zur Textkritik Pisano, S. (1984, 88 f.).  Vgl. auch McCarter, P. K. (1980b, 437); Campbell, A. F. (2003, 292).

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)

87

Tat um. Er zieht mit den sechshundert Männern, die bei ihm sind, los (V. 9). Am Bach Besor bleiben zweihundert von ihnen zurück („die Zurück- bzw. Übriggebliebenen“ ‫ ְוַה ּנוָֹת ִרים‬Part. Nifal m. Pl.), weil sie zu müde (‫ פגר‬Piel)²⁰⁶ waren.²⁰⁷ Diese Notiz ist insofern bedeutsam, als sie eine Verbindung zum Anfang (V. 1) schafft, wo gesagt wird, dass die Männer Davids bereits drei Tage unterwegs waren. Gleichzeitig bereitet sie das Ende der Erzählung vor, an dem David die Bedeutung des Trosses deutlich macht (1Sam 30,21– 25). In V. 10 nimmt David mit den restlichen Männern die Verfolgung (‫ רדף‬1Sam 30,8bis.10) wieder auf.²⁰⁸ Ganz am Ende der Erzählung 1Sam 30 muss David schliesslich einen gefährlichen Streit schlichten.²⁰⁹ Böse und ruchlose Leute unter den zurückgekehrten Soldaten wollen den zweihundert am Bach Besor zurückgebliebenen Männern nichts von der Beute abgeben (1Sam 30,22). Die Bezeichnung als ‫ ָּכל־ִאישׁ־ָרע וְּבִל ַיַּעל ֵֽמָהֲא ָנ ִשׁים‬überrascht.²¹⁰ David löst das Problem durch eine apodiktische Verordnung. Jeder soll den gleichen Anteil erhalten. Auf diese Weise wird deutlich gemacht, dass es in Davids Truppe keine Unterschiede in der Rangordnung gibt. Hatte er sich vorher den Zorn seiner Truppe zugezogen, weil er keinen Tross zurückgelassen hatte, so macht er jetzt deutlich, dass Kampftruppe und Tross in ihrem strategischen Wert für die Kriegsführung gleichermassen bedeutend sind.²¹¹ Die Erzählung in 1Sam 30 schildert zuerst die Zerstörung der Stadt Ziklag nach dem Überfall der Amalekiter, fokussiert dann aber auf David und beschreibt seine Schwierigkeiten und seine Reaktion auf das Geschehene.²¹² Sie endet schliesslich mit der Betonung der Bedeutung des Trosses. Abgesehen von V. 5 erscheint der

 Das Wort ‫ פגר‬findet sich nur hier und in V. 21.  Ziklag kann vermutlich mit Tell eṣ-Ṣeri’ā identifiziert werden.Vgl. Zwickel, W. (2000, 48). Bei allen für Ziklag in Frage kommenden Tells ergibt sich bis zum Bach Besor (Wadi Ghazze) eine Distanz von ungefähr 20 km, also zwei Drittel eines Tagesmarsches. Vgl. auch Dietrich, W. (2012a, 94): „The location of Ziklag, the village which according to 1 Sam 27 David received from ‚king‘ Achish as a fief, remains unverified down to present day; but the context points to the southeast of Philistia. Apparently it served as an outpost and border station meant to protect the heartland against invasions from the Negev and at the same time to expand its own sphere and influence.“ Vgl. dazu auch McCarter, P. K. (1980b, 435); Tsumura, D. T. (2007, 639 f.) u. a.  Vgl. Tanner, H. A. (2005, 255): „Das Verb ‚verfolgen‘ (‫ )רדף‬in V.10 nimmt die Orakelfrage und die Orakelantwort aus V.8 wörtlich auf.“  Vgl. Schroer, S. (1992, 124).  Vgl. Kapitel B. 3.2.2. und Kapitel B. 3.3.1.  Zudem nimmt 1Sam 30,23 theologisch auf den Gottesbescheid in 1Sam 30,8 Bezug, wenn David auf das verweist, was Jhwh gegeben hat (‫)ֲא ֶשׁר־ ָנַתן ְיה ָוה ָלנוּ‬, und fügt sich damit gut in den Kontext ein. Die Betonung der Frömmigkeit Davids kann generell als alt angesehen werden. Vgl. ebenso Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 351).  Vgl. Campbell, A. F. (2003, 285).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

untersuchte Teil der Erzählung in 1Sam 30,1– 25 einheitlich.²¹³ Zahlreiche Stichwortverbindungen zwischen 1Sam 30,1 f. und 1Sam 30,9 – 20 – etwa die Erwähnung des dreitägigen Marsches (V. 1 und V. 12), die Beschreibung der mit Feuer verbrannten Stadt (V. 1 und V. 14), die Aufzählung von Klein und Gross (V. 2 und V. 19) etc. – machen es wahrscheinlich, dass 1Sam 30 weitestgehend einheitlich ist.²¹⁴ Hin und wieder wurde insbesondere in V. 6b – 8, aber auch in V. 17– 25 eine Jhwh-Kriegs-Ideologie vermutet. Zwar fehlt der Begriff ‫חרם‬, doch wird gesagt, dass David, mit Ausnahme von vierhundert Männern, alle erschlug.²¹⁵ Für einen Bannkrieg spräche ferner die Aussage in V. 26 von der „Beute der Feinde Jhwhs“ (‫)ִמ ְשַּׁלל ֹא ְיֵבי ְיה ָוה‬.²¹⁶ Bemerkenswert ist, dass David eindeutig Beute macht (V. 24), was in jüngeren Anweisungen für einen Bann bzw. einen Heiligen Krieg ausdrücklich verboten wird (vgl. Jos 7; 1Sam 15 u. a.).²¹⁷ Auch V. 23 bekommt durch die Aussage, Jhwh habe die Streifschar in Davids und seiner Männer Hände gegeben

 Zur ältesten Überlieferung von 1Sam 30 gehören nach Vermeylen, J. (2000, 173.629) die Verse 1.3a.4.11– 17ba.18a.19*.20.26a.27– 31. Diese schreibt er – inklusive der Ortsliste, die er mit der Liste in Jos 12,9 – 24 vergleicht! – DtrH zu.Vermeylen, J. (2000, 174 f.): „Bref, il semble bien que le récit de 1 S 30 ne soit pas antérieur au travail de l’école deutéronomiste.“ Von DtrP sollen lediglich folgende Verse stammen: 2*3b*.6 – 9a.10.19a*.21– 25.26b – so Vermeylen, J. (2000, 176 f.644). 1Sam 2a*.3b*.5.17bβ.18b.22bα stamme von einer Endredaktion aus persischer Zeit. Tanner, H. A. (2005, 286) macht drei alte Überlieferungen aus, die uns hier nur noch fragmentarisch vorliegen: Die erste umfasst die Verse (1– 3)*.4.(6?).9*.11.24* und 15 – 17.18* und erzählt, wie die Amalekiter in Ziklag eingefallen sind, die Stadt ausgeraubt, abgebrannt und ihre Bewohner gefangen weggeführt haben, wie gross der Kummer über den Verlust war und wie David zögert einzuschreiten, bis er bzw. seine Männer auf einen ausgehungerten Ägypter stossen, der ihnen den Aufenthaltsort der Räuberbande verrät. Nach heftigem Kampf kann diese besiegt und die Gefangenen zurück in die Stadt geführt werden. Die zweite Überlieferung enthält mit den Versen 10.21– 24.25a die „ätiologische Sage zur Erklärung, wie der Rechtssatz zur Beuteverteilung entstanden ist“. In der letzten Überlieferung findet sich schliesslich eine alte, originale Ortsliste (V. 27– 30).  Eine Ausnahme stellt vermutlich V. 18b sowie V. 23 und V. 26 – 31 dar.  Dietrich, W. (2002e, 154): „Nur in einem einzigen, offensichtlich besonders erregenden und kritischen Fall hat David der Überlieferung zufolge über einen Feind den ‚Bann‘ verhängt.“ Vgl. Collins, N. L. (1991, 203 – 210).  Dietrich,W. (2002e, 154). Tanner, H. A. (2005, 273) rückt die Rede von den Feinden als Feinde JHWHs in den Horizont der Erbfeindschaft zwischen Israel und Amalek und vertritt die These, dass „auch diese Erzählung nicht unabhängig von den anderen Amalekerzählungen betrachtet werden darf.“ Miscall, P. D. (1986, 178) weist darauf hin, dass auch die Amalekiter einen „Heiligen Krieg“ führten, indem sie alle (und alles?) aus Ziklag mitnahmen: „The Amalekits perform bloodless holy war.“ In 1Sam 15,8 steht ausdrücklich, dass Saul den Bann (‫ )חרם‬an Amalek vollstreckt habe.  Anders Schroer, S. (1992, 124): „David deklariert, der JHWH-Kriegstradition folgend, die Beute für grundsätzlich als Anteil JHWHs (V.23), auf den alle Mitglieder der Truppe denselben Anspruch haben.“

2.3. „…denn das Volk sprach davon, David zu steinigen“ (1Sam 30)

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(‫) ַו ִיּ ְשֹׁמר ֹאָתנוּ ַו ִיֵּּתן ֶאת־ַה ְגּדוּד ַה ָבּא ָעֵלינוּ ְבּ ָיֵדנוּ‬, möglicherweise Züge einer Jhwh-KriegsIdeologie.²¹⁸ Das Motiv vom „in die Hände Geben“ findet sich aber auch in 1Sam 24,5.11; 26,23. Dies spricht jedoch nicht grundsätzlich gegen ein hohes Alter des Textes. Der Bann wird bereits in einer Steininschrift des moabitischen Königs Mescha aus dem 9. Jahrhundert v.Chr. erwähnt und wird deshalb kaum eine literarische Erfindung der Exilszeit sein.²¹⁹ Auch literarische Ähnlichkeiten mit und Anklänge an Abraham²²⁰ (Gen 14) und Mose²²¹ (Ex 15,22– 27 bzw. 17) stellen ein hohes Alter der Erzählung in 1Sam 30* nicht grundsätzlich in Frage. Schliesslich scheint auch 1Sam 15 in Abhängigkeit von 1Sam 30 entstanden zu sein und nicht umgekehrt.²²² Die Erzählung in 1Sam 30,1– 25 dürfte – möglicherweise mit Ausnahme von V. 5 – alt sein und damit zum Erzählkranz vom Freibeuter David gehört haben.²²³ Hierfür spricht der historische Kontext, der im Hintergrund der Erzählung steht,²²⁴ insbesondere das Freibeutertum Davids, aber auch die Auseinandersetzung mit den Amalekitern. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die historische Einordnung der Amalekiter nicht vollständig geklärt ist. Mit grosser Wahrscheinlichkeit handelt es sich nämlich um eine Gruppe, die in der Frühzeit (12. – 10. Jahrhundert) real existierte und später verschwand bzw. sich im Rahmen des Verstädterungsprozesses im 10./9. Jahrhundert im Kulturland niederliess. Mögli Vgl. Tanner, H. A. (2005, 272).  Vgl. Dietrich, W. (2002e, 150). Vgl. zudem Dietrich, W. / Link, C. (42002, 195 – 201).  Nach Dietrich,W. (2002c, 96) zählt 1Sam 30 zu den sehr alten, „im Kern nahezu zeitgenössisch [en]“ Einzelüberlieferungen. Er nimmt daher an, dass Gen 14 später in bewusster Abhängigkeit dazu geschrieben wurde: „Die Kompositoren formten die Gestalt Abrahams so, dass er David – selbstverständlich dem literarischen, nicht dem historischen David – als Vorbild dienen konnte […]“, so Dietrich, W. (2002c, 97).  Vgl. das oben bereits erwähnte Weinen des Volkes (Num 11,10.13), zudem die Drohung mit Steinen (Ex 17,4; Num 14,10) und schliesslich auch die Rechtsprechung. 1Sam 30,21– 25 gibt sich ganz klar als Ätiologie eines Rechtssatzes über die Verteilung der Beute aus: David setzt hier Ordnung und Recht fest, was sonst fast ausschliesslich Mose, allenfalls noch Josua zugeschrieben wird (Ex 15,25; Jos 24,25; 1Sam 30,25). Vgl. Tanner, H. A. (2005, 276.296).  Die Parallelen zwischen 1Sam 15 und 30 hat Klein, J. (2002, 101 f.179 f.) sehr sorgfältig herausgearbeitet. Vgl. zudem Cartledge, T. W. (2001, 335).  Nach Dietrich, W. (1997, 250) gehört 30,1– 31 zum „Erzählkranz vom Freibeuter David“. Charakteristisch für diesen Erzählkranz sei unter anderem, dass sich „in ihm zwar kaum aufgeführte theologische Argumentationen“ finden, dass „relativ häufig aber vom Eingreifen der Gottheit zugunsten ihres Schützlings David berichtet wird“ – so Dietrich, W. (1997, 252).  Dietrich, W. (2012a, 94): „The detailed report about a conflict with nomadic Amalekties in 1Sam 30:1– 25 could well be historically accurate, in its core.“ Stolz, F. (1981, 178) meint: „Wie in Kap. 27 und 29 verarbeitet der Erzähler zuverlässige historische Erinnerungen, die anscheinend kaum durch volkstümliche Gestaltung geformt sind.“ Zudem Dietrich,W. (1997, 193 f.) sowie zuletzt Finkelstein, I. (2013, 134).

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2. Gewalttätige, physische Bedrohung Davids

cherweise können die Amalekiter mit den zahlreichen kleinen Siedlungen und befestigten Gehöften im Negev im 11. und 10. Jahrhundert²²⁵ verbunden werden, wo sie ihre ökologische Nische suchten und zumindest vorübergehend einen eigenen Stammesverbund gründeten. Spätestens im 8. Jahrhundert dürfte es sie nicht mehr gegeben haben.²²⁶ Die Erzählung dürfte entsprechend älter sein.

2.4. Fazit David war sowohl als Elitekrieger (1Sam 18 f.) als auch als Freibeuter (1Sam 21– 26) und schliesslich als Söldnerführer (1Sam 27– 30) vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Längerfristig kann sich David gegen Saul durchsetzen, alle Gefahren überwinden und sich schliesslich zum König salben lassen (2Sam 2,4a). Sein Aufstieg verlief nach der Darstellung der Erzählungen jedoch keineswegs glorreich und reibungslos, sondern war immer wieder überschattet. Am Anfang war David am Hof Sauls an Leib und Leben bedroht: Zweimal wollte ihn Saul mit dem Speer töten (1Sam 18,11– 12; 19,10 f.), versuchte er ihn in eine Falle zu locken und hoffte, dass David im Krieg gegen die Philister umkomme. Doch nicht nur Saul stellte eine Gefahr für David dar. Auf seiner Flucht vor Saul fürchtete sich David vor allem vor Achisch, dem König von Gat (1Sam 21,13). Zuletzt sind es nicht mehr die Philister, die ihm Furcht einflössten, sondern seine eigenen Männer brachten ihn in Bedrängnis.²²⁷ David hatte an Macht gewonnen, wurde zum einflussreichen Bandenführer, der sich nicht erklären und nicht vorstellen muss (vgl. beispielsweise 1Sam 25,7 f.), und stand nun in 1Sam 30,6 erneut vor der Gefahr, alles, auch sein Leben, zu verlieren. Das Volk richtete sich gegen ihn und versuchte, ihn zu steinigen. Diese unterschiedlichen Kontexte zeigen, dass das Motiv der Bedrohung keineswegs ein oberflächlich eingefügtes literarisches Stilmittel ist, wie die redaktionellen Ergänzungen von Davids Flucht (1Sam 19,10b.12.18; 20,1a; 21,1.11; 22,1.5) vielleicht vermuten lassen könnten. Vielmehr ist das Motiv der Bedrohung konstitutiver Bestandteil der Erzählungen vom Aufstieg Davids. Handelt es sich deshalb in 1Sam 18 – 30 um die Darstellung eines „Aufstiegs“, der immer wieder gefährdet war, oder umgekehrt um die Schilderung eines wechsel- und gefahrvollen

 Vgl. Finkelstein, I. (1984, 189 – 209).  Vgl. Na’aman, N. (2002, 202): „The prominent place of the Amalekties in the periphery of south Palestine in the histories of Saul and David does not correspond to what we know of nomadic groups in this region in the late eighth-seventh centuries BCE.“ Vgl. ausführlich Jericke, D. (1997).  Vgl. Peterson, E. H. (1999, 130): „David’s life has been under threat from King Saul and from the Philistines; this is the first time that his own company has turned against him.“

2.4. Fazit

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Lebens, „das David damals mit Glück und Geschick bestanden haben soll“?²²⁸ Die Intention hinter dem Text beziehungsweise den einzelnen Texten und damit die Frage nach der Perspektive auf die Schilderung der Bedrohung lässt sich nicht mehr vollständig erschliessen. Es dürfte jedoch deutlich geworden sein, dass Davids Aufstieg zum König nach Ansicht der Autoren und Redaktoren keineswegs selbstverständlich war, sondern sich immer wieder und vordringlich der Bewahrung und dem Mit-Sein Jhwhs verdankte.

 Dietrich, W. (2011b, 35).

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids Zahlreiche Könige des Alten Testaments verlieren bei Kriegen oder Aufständen ihr Leben. Auch die Herrschaft Davids über Israel und Juda ist den Erzählungen zufolge von kriegerischen Auseinandersetzungen sowohl im Innern wie auch im Äusseren geprägt. Dabei ist David nicht immer der siegreiche Held, sondern wird auch als Herrscher, der kriegerische Angriffe abwehren und sich gegen Aufstände im Innern behaupten muss, dargestellt.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege: Die Kriege gegen Israel und die Philister Kriege waren für Könige ein gefährliches Geschäft, waren sie bei einer Schlacht doch eine besonders gefragte Zielscheibe (2Sam 18,1– 5; 2Sam 21,17 u. a.). Im Alten Testament ist immer wieder davon die Rede, dass Könige im Krieg umkamen. So wird erzählt, dass Saul im Krieg gegen die Philister ums Leben kommt (1Sam 31). Von Joschjia wird berichtet, dass er sich dem Pharao Necho in den Weg stellte und von diesem bei Megiddo getötet wurde (2Kön 23,29). Drei Jahre lang war Jojakim Vasall Nebukadnezzars von Babylon – als er sich ihm widersetzte, wurde er von Streifscharen der Chaldäer, Aramäer, Moabiter und Ammoniter angegriffen (2Kön 24,1 f.). Zidkija wird, nachdem er aus der belagerten Stadt Jerusalems geflohen ist, von Nebukadnezzar verfolgt, gefangen genommen und gefoltert (2Kön 25,1– 7). König sein war ein risikoreiches Geschäft – und genau dies thematisieren auch die Erzählungen in den Samuelbüchern. David hat – so ist es den Erzählungen der Samuelbücher zu entnehmen – sowohl als „Freibeuter“ und Philister-Vasall (beispielsweise 1Sam 23 bzw. 1Sam 27 u. a.) wie auch später als König immer wieder Kriege geführt.¹ So zeigen ihn die Texte in 2Sam 5,17– 25 und 2Sam 8,1 als dreimaligen Sieger über die Philister,² und die Liste in 2Sam 8,1– 18 par. 1Chr 18,1– 13 als Eroberer grosser Teile Syrien-Palästinas:³ David unterwirft

 Vgl. Klement, H. H. (2000, 190): „Belligerent actions of David against Saul during the time when he was fleeing from him are not reported, but those are named whose aim was to liberate the land from its enemies, the Philistines (1Sam. 23.1 ff), the wilderness nomads (25.15), the Geshurites, Girzites and Amalekties (27.8; 30.17). The civil war conflicts with Abner (2Sam. 2.13 ff), the subsequent conquest of Jerusalem (5.6) and the defeat of the Philistines (2Sam. 5.21,25) took place in each case under the aegis of the men of David.“  Vgl. mehr zu den Philistern in Kapitel B. 2.2.2. Vgl. zudem Garsiel, M. (2000, 150 – 164).  Vgl. Dietrich, W. (2003a, 19). Na’aman, N. (2002, 200): „Tyre and Geshur are not mentioned among the participants in David’s wars and by inference may be considered his allies. On all other

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

93

die Moabiter (2Sam 8,2), Hadad-Eser, den König von Zoba (2Sam 8,3 f.), die Aramäer (2Sam 8,5 – 8; 10,15– 19), Edomiter (2Sam 8,13 f.) und Ammoniter (2Sam 10,1– 14; 11,1; 12,26– 31). 2Sam 8– 10 erweckt den Eindruck einer „planmässigen Expansionspolitik gegen die Nachbarn im Südosten, Osten und Norden“.⁴ Die kriegerische Aktion geht jedoch nicht immer von David aus. So ziehen die Philister herauf, „um David zu suchen“ (‫ ְלַב ֵּקשׁ ֶאת־ָּד ִוד‬2Sam 5,17; vgl. auch V. 22).⁵ Davids Reaktion darauf ist der Rückzug in die Bergfeste – gemeint ist wohl Adullam – und die Befragung Jhwhs.⁶ Auch in 2Sam 5,17– 25 wird er als der Angegriffene dargestellt, der nur dank der Befragung Jhwhs und dessen Unterstützung und Anweisung zur Taktik (2Sam 5,23 f.) zum heldenhaften Sieger wird. Lediglich in seltenen Fällen ist David in der sogenannten Thronfolgegeschichte explizit „die angreifende Partei“.⁷ Gerade in 2Sam 11,1 sowie bei den Aufständen in 2Sam 18,3 und 2Sam 20,7 wird deutlich, dass David gar nicht selber im Krieg steht, sondern seinem Heerführer Joab eine entscheidende Rolle zukommt (vgl. 2Sam 10 – 12; 18,1– 19,9; 20,1– 22 u. a.).⁸ Auch in 2Sam 2,12 – 32 und 3,22 f. scheint Joab ohne David Kriege gegen Israel zu führen beziehungsweise Streifzüge zu unternehmen. Entsprechend beauftragt David Joab in 2Sam 11,1, die Ammoniter anzugreifen und Rabba zu belagern. Am Ende nimmt David die Stadt jedoch selber ein (2Sam 12,26 – 31) und lässt sich als Sieger feiern. Umgekehrt wird in 2Sam 8,13 gesagt, dass David Edom schlug, während in 1Kön 11,14 – 22 der Sieg Joab zugeschrieben wird. David zieht nicht in den Krieg (‫)יצא‬, er zieht weg (‫ יצא‬2Sam 15,16 f.). Mehrmals wird dies damit begründet, dass er nicht angegriffen und bedroht werden kann (2Sam 18,3; 21,17).⁹ Zwar bleibt eine eindeutige Darstellung des Kräfteverhältnisses schwierig, zu

fronts David conducted campaigns against his neighbors. Among his enemies were the Amalekties, the five Philistine kingdoms of Gath, Ekron, Gaza, Ashkelon and Ashdod, the three Transjordanian kingdoms of Moab, Ammon and Edom, and the four Aramean kingdoms of Bethrehob-Zoba, Damascus, Maacah and Tob.“  Dietrich, W. (2003a, 14). Vgl. ausführlich zu 2Sam 8,1– 14(15) Fischer, A. A. (2005a, 101– 128) sowie Na’aman, N. (2002, 173 – 179) u. a.  Vgl. Noort, E. (1998, 212): „Wie Ri 15:9, so beschreibt auch 2Sam. 5:17.22 den Versuch, einen gefürchteten Gegner in die Gewalt zu bekommen.“ ‫ בקשׁ‬taucht sehr oft auch im Kontext der Bedrohung Davids durch Saul auf. Vgl. Kapitel B. 2.2.  Wie V. 17b genau zu verstehen ist, ist umstritten. Vgl. beispielsweise Garsiel, M. (2004, 55*).  Bietenhard, S. K. (1998, 105). Vgl. Zach, M. (2006, 43): „David selbst wird nicht als Aggressor dargestellt, sondern als derjenige, der auf die außenpolitische Gefahr reagieren muss.“  Vgl. ausführlich dazu Bietenhard, S. K. (1998, bes. 116 – 119). Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 42): „Joab steht unter dem Oberkommando Davids (11,15; 12,28; 15,17 f.), welcher ihn und das Heer in die Feldzüge schickt (2 Sam 10,7; 11,1 f.; 18,2.6; 20,7).“ Vgl. auch Zach, M. (2006, 44).  Vgl. dazu insbesondere Kapitel B. 3.1.2.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

uneindeutig und zu stark bearbeitet sind vielfach die Texte, doch gibt die folgende Tabelle eine Idee davon, wer wen angreift: David als der Angegriffene

David als Aggressor

Nicht David ist gemäss Sam , der Aggressor, sondern die Philister: ‫ַו ֵיְּצאוּ ָשֵׂרי ְפִל ְשִּׁתי‬

Sam , –  David zieht in den Kampf gegen die Philister¹⁰ und erschlägt  Philister (Sam , ‫) ַו ַ֣יְּך ַבּ ְפִּל ְשׁ ִּתים‬ ‫ ַו ֵיֵּצא ָד ִוד‬Sam ,; , ‫ ַו ֵיֵּצא ַו ָיֹּבא ִלְפ ֵני ָהָעם‬Sam , Vgl. Sam , –  David zieht hinab gegen die Philister

Joabs Kriege

Sam , –  David kämpft gegen die Philister und erobert Keïla Sam , Saul zieht aus, David zu suchen: ‫ִּכי־ ָיָצא ָשׁאוּל ְלַבֵּ֣קשׁ‬ Sam , und Sam , Saul greift David mit  auserlesenen Männern an Sam , David rückt gegen Nabal an und wird von Abigajil aufgehalten Sam , –  „David verwüstet das Land und lässt weder Mann noch Frau am Leben“ (zweimal) Sam  Ziklag wird von den Amalekitern zerstört und Davids Frauen werden geraubt Sam , –  Es ist unklar, ob Israel oder Juda angreift und wer von beiden siegt, sicher hat David selbst aber damit wenig zu tun.¹¹

 David unternimmt diesen Krieg vermutlich im Dienste Sauls.  Vgl. zur inhaltlich und formalen Analogie mit 1Kön 12,19 – 24 Kunz, A. (2000, 57– 60). Die Interpretation von Dietrich, W. (1997, 199) – „David verfolgt eine Destabilisierung des nordisraelitischen Königtums mit militärischen Mitteln“ – geht nicht eindeutig aus dem Text hervor.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

David als der Angegriffene

David als Aggressor

95

Joabs Kriege ‫ ַו ֵיֵּצא ַאְב ֵנר‬Sam , ‫ ְויוָֹאב ֶבּן־ְצרוּ ָיה ְוַעְבֵדי ָד ִוד ָיְצ֔אוּ‬Sam , Sam , Joab kommt von einem „Streifzug“ zurück

Sam ,, rückblickend sagt Israel, David habe bereits unter Saul Israel ins Feld geführt¹² Vgl. Sam ,, wo Jhwh auszieht vor Israel: ‫ָיָצא ְיה ָוה ְלָפ ֶניָך‬ Sam , –  Einnahme Jerusalems¹³ Sam , –  und , –  zweimal greifen die Philister an ‫ַיֲּעלוּ ָכל־ ְפִּל ְשִּׁתים ְלַבֵּקשׁ ֶאת־ ָּד ִוד‬ Sam , ‫ ַו ֹיִּספוּ עוֹד ְפִּל ְשׁ ִּ ֖תים ַלֲעלוֹת‬Sam , David schlägt (‫ נכה‬Hifil) die Philister (Sam ,), die Moabiter (Sam ,),¹⁴ HadadEser, den Sohn Rehobs, den König von Zoba, sowie Aram Damaskus (Sam , – )¹⁵ Sam , f. David tötet  Vgl. zudem Kön , – , Edomiter wo der Sieg Joab zugeschrieben wird

 Vgl. van der Lingen, A. (1992, 61): „Davids ability as a commander and his success in war are presupposed by these words.“  Es umstritten, ob der Text eine kriegerische Eroberung wieder gibt. Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 117– 119).  Na’aman, N. (2002, 212) hält dies für „a kind of literary compensation for what Mesha, king of Moab, had perpetrated in his wars with Israel“.Vgl.Weippert, M. (2010, 242– 248) und TUAT 1, Die Inschrift des Königs Mesa von Moab, 646 – 650.  Na’aman, N. (1995, 384) spricht hier von einer „decisive battle“ gegen Hadad-Eser.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

David als der Angegriffene

David als Aggressor

Joabs Kriege

Sam  Die Ammoniter, Aramäer und die Männer von Tob und Maacha greifen David an; ‫ ַו ֵיְּצאוּ ְבּ ֵני ַעּמוֹן‬Sam , ‫ ַו ֹיֵּצא ֶאת־ֲאָרם‬Sam ,

Sam , – a David schlägt die Aramäer¹⁶

Joab führt den Krieg (Sam ,. – ¹⁷

Sam ,; , –  David sendet Joab aus, um die Ammoniter anzugreifen und Rabba zu belagern und nimmt selber die Stadt erfolgreich ein (in Chr , wird der Sieg Joab zugeschrieben) Joab zieht aus gegen Scheba ben Bichri ‫ ַו ֵיְּצאוּ ַאֲחָריו ַא ְנ ֵשׁי יוָֹאב‬Sam ,

Die Aufgabe des Königs im Alten Orient besteht zum einen darin, Kriege gegen aussen zu führen, und zum anderen, für die Infrastruktur im Innern zu sorgen. So hält es auch 1Sam 8,19 f. fest: „Nein, wir wollen einen König über uns! Dann werden auch wir sein wie alle Nationen, und unser König soll uns Recht verschaffen und vor uns her ausziehen und unsere Kriege führen.“¹⁸ Es erstaunt daher nicht, dass David in den älteren Erzählungen als erfolgreicher Kriegsführer dargestellt wird.¹⁹ Im sogenannten Königsgesetz (Dtn 17,14– 20*) aus dem 7. Jahrhundert ist jedoch nicht mehr vom Krieg als zentraler Aufgabe eines Königs die Rede. In diesem Kontext stehen vermutlich auch spätere Textschichten, etwa die deuteronomistische Redaktion,²⁰ die sich zunehmend kritisch gegenüber den kriegerischen Zügen des älteren Davidbildes äus Vgl. dazu Hübner, U. (1992, 171): „2Sam. 10,16 – 19a berichtet summarisch von einer inneraramäischen Koalition unter der Führung Hadad-Esers (und seines Generals Schobak), die von einem israelitischen Heer unter der Führung Davids […] besiegt wird.“  Vgl. dazu Hübner, U. (1992, 171– 174).  1Sam 8,19 f. wird sehr häufig als deuteronomistisch angesehen.Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. (2011a, 349 – 354).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 295), der festhält, dass die Bibel „von der Frühzeit des Königtums ein ausgesprochen kriegerisches Bild“ zeichnet.  Kunz, A. (2004, 199) meint mit Blick auf Dtn 20,9: „Eine Beteiligung des Königs am Krieg sieht auch Dtn nicht vor.“ Anders Fischer, A. A. (2005b, 56), der festhält: „Beide [gemeint sind die Texte in 2Sam 5,17– 25 und 2Sam 8,1– 14] sind erst durch eine spätvorexilische oder eine deuteronomistische Redaktion in den Darstellungszusammenhang der Geschichte Davids gekommen.“ Ebenso Van Seters, J. (2009, 288 f.), der festhält: „Unlike the battles in Dtr, David does not himself engage in any military operation but leaves it entirely in the hand of his commanders, Joab and Abishai.“

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

97

serten.²¹ Während in 2Sam 8,13 festgehalten wird, dass sich David durch Kriege „einen Namen“ machte (‫) ַו ַיַּעשׂ ָּד ִוד ֵשׁם‬, steht in 2Sam 7,9, dass Gott ihm „einen grossen Namen gleich dem Namen der Grossen, die auf Erden sind“, machen will (‫ְוָע ִשִׂתי ְלָך ֵשׁם ָגּדוֹל ְּכ ֵשׁם‬ ‫)ַה ְגֹּדִלים ֲא ֶשׁר ָבָּא ֶרץ‬.²² Zudem wird beispielsweise in 2Sam 7,8– 16 (ausgeführt in 1Kön 5,17 f. und 1Chr 22,8 f.; 28,3) indirekt deutlich, dass der Grund, weshalb nicht David, sondern erst sein Sohn Salomo den Tempel erbauen wird, daran liegt, dass zu viel Blut an Davids Händen klebt.²³ Ob in Kriegs- oder in Friedenszeiten: Über Sieg und Niederlage entscheiden häufig Davids Helden, insbesondere die Söhne der Zeruja.²⁴ In diesem Kontext stehen die zwei Texte 2Sam 3,22– 39 und 21,15 – 17, die nachfolgend ausführlich untersucht werden sollen. Im ersteren bekennt David seine Hilflosigkeit, sich gegen Joab durchzusetzen, im zweiten wird er direkt von einem Philister angegriffen und überlebt den Kampf nur dank des tapferen Einschreiten Abischais. Anhand dieser beiden Erzählungen soll untersucht werden, ob und inwiefern David in Gefahr und bedroht dargestellt wird und in welchem narrativen und historischen Kontext die Schilderung von der Bedrohung Davids durch Feinde und Kriege steht.

3.1.1. „Ich aber bin, obwohl zum König gesalbt, heute noch schwach…“ (2Sam 3,39) Auf eine ausführliche Schilderung des Krieges zwischen Juda und Israel in 2Sam 2,12– 3,1 folgen nach einer Liste der Söhne, die David in Hebron geboren worden

 Vgl. Dietrich, W. (2003a, 19): „Speziell in den späten Textschichten – in der deuteronomistischen Endredaktion der Samuelbücher wie auch der Chronik und im Psalter – ist Distanz zu spüren gegenüber den eminent kriegerischen Zügen des älteren Davidbildes.“ Ursprünglich, so Dietrich, W. (2003a, 19), wäre beispielsweise 2Sam 8,13 („Und David machte sich einen Namen“) rühmend gemeint gewesen, später sei daraus ein scharfer Tadel geworden. Davids Name hätte gemäss der Verheissung Natans in 2Sam 7,9 („Gott werde ihm einen grossen Namen machen, gleich dem Namen der Grossen, die auf Erden sind“) anders „gross“ werden sollen als durch Kriege.  Vgl. Dietrich, W. (2003a, 19).  Vgl. Dietrich,W. (2003a, 19). Zudem Dietrich,W. (1997, 300): „Die Bibel begründet die Tatsache, daß nicht schon David, sondern erst Salomo den Tempel in Jerusalem gebaut hat, damit, daß David ein Krieger war (2.Sam 7,10 – 13 – nicht zufällig vor dem großen Kriegskapitel 2.Sam 8 stehend; vgl. 1.Kön 5,17 f und 1.Chr 22,8; 28,3). Anscheinend passen Gottesdienst und Kriegsdienst nicht ohne weiteres zusammen.“  Vgl. dazu Kapitel B. 3.1.3. sowie Kapitel B. 3.3.1.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

sind (2Sam 3,1– 5), zwei Erzählungen über Abner (2Sam 3,6 – 21.22– 39).²⁵ 2Sam 3,6 – 21 berichtet davon, wie Abner einen Bund mit David schliesst, 2Sam 3,22– 39, wie Joab Abner tötet und David um ihn trauert. Dieser letzte Teil, der mit ‫ְוִה ֵּנה‬ einsetzt, soll im Folgenden näher untersucht werden, da hier einerseits die Hilflosigkeit und Ohnmacht Davids besonders zum Ausdruck kommt, andererseits aber auch die Spannung zwischen Gefährdung und Stabilisierung der Herrschaft deutlich wird. Der Text in 2Sam 3,22– 29 lässt sich in zwei Abschnitte gliedern: Im ersten Teil (V. 22 – 27) ist Joab der Handelnde, im zweiten (V. 28 – 39) sind es David und das Volk.²⁶ Der Aufbau des ersten Teils (2Sam 3,22– 27) ergibt sich anhand der Komplementärbegriffe ‫ בוא‬und ‫הלך‬: V. 22 Joab kommt (‫ )בוא‬vom Streifzug zurück. Abner aber ist in Frieden weggegangen (‫)הלך‬. V. 23 Joab kommt (‫ )בוא‬und ihm wird berichtet, dass Abner in Frieden weggegangen (‫ )הלך‬ist. V. 24 f. Joab kommt (‫ )בוא‬zum König und macht ihm Vorwürfe, dass Abner weggegangen ist (‫)הלך‬. V. 26 Joab geht hinaus (‫ )יצא‬und schickt Boten nach Abner. V. 27 Abner kommt nach Hebron zurück (‫ )שׁוב‬und Joab bringt ihn um.

Die Erzählung erwähnt dreimal, dass Joab gekommen (‫ בוא‬V. 22.23.24) ist: Einmal kommen Joab und die Knechte Davids (auffälligerweise mit dem Verb ‫ בוא‬Part. m. Singular),²⁷ einmal Joab und das ganze Heer, und schliesslich kommt Joab allein. Diese auffällige dreifache Wiederholung mit leichten Variationen hat einen klaren Aufbau: In V. 22 wird mitgeteilt, woher Joab kommt, in V. 23 wird keine weitere Information gegeben, und in V. 24 wird ergänzt, wohin er geht.²⁸ Zu Beginn ist er unwissend, dann wird er informiert, und schliesslich geht er zum König, um sich über dessen Unwissen zu beschweren. Ab V. 26 folgen kurze und sprunghafte

 Vgl. zur Wiederaufnahme von Motiven aus 2Sam 8 – 32 in 2Sam 3,(1– 5).6 – 39 Kunz, A. (2004, 62).  So auch Hentschel, G. (1994b, 16) und Vermeylen, J. (2000, 206 f.). Fokkelman, J. P. (1990, 94); Brueggemann, W. (1990a, 228); Stoebe, H. J. (1994, 133 – 133); Campbell, A. F. (2005, 31.41) u. a. unterteilen hingegen in V. 22– 30 und V. 31– 39. So auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 391), die allerdings überzeugt sind, dass sich in 2Sam 3,30 – 31 „la suite naturelle de la narration primitive, anticipée par les versets 28 – 29“ findet.  In der LXX (παρεγίνοντο) steht hier ein Plural. Bar-Efrat, S. (2009, 42) zieht die Lesart ‫ ָבִאם‬vor und vermutet, ein Abschreiber hätte „das Mem übersehen, weil das folgende Wort mit demselben Buchstaben beginnt“. Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 108).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 97): „In 22a we learn where Joab comes from, in 23a no further information is given, and in 24a we learn where he is going to: to the king, to make his complaint.“

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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Handlungen. In den Sätzen in V. 26 f. wechselt fast jedes Mal das Subjekt: Joab schickt Boten (‫ שׁלח‬wayyiqtol-x,V. 26), diese holen Abner zurück (‫ שׁוב‬wayyiqtol-x, V. 26), David weiss nichts davon (‫ ידע‬x-qatal V. 26), Abner kehrt zurück (‫שׁוב‬ wayyiqtol-x,V. 27), Joab führt ihn beiseite, um mit ihm im Tor²⁹ ungestört zu reden (‫ נטה‬wayyiqtol-x, V. 27; ‫)דבר‬, er ersticht ihn (‫ נכה‬wayyiqtol-x, V. 27) und Abner – grammatikalisch ist der Subjektwechsel nicht angezeigt – stirbt (‫ מות‬wayyiqtol, V. 27). In diesem gesamten ersten Teil bleibt Joab die dominierende Figur und wird insgesamt zehnmal namentlich genannt (2Sam 3,22.23bis.24.26.27.29bis.30.31), während er anschliessend ab V. 31 unerwähnt bleibt. Von David wird hingegen in der Erzählung bis V. 27 nicht viel mehr gesagt, als dass er Abner entlassen habe (zweimal ‫ שׁלח‬qatal-x V. 22; wayyiqtol-x V. 23) und dieser in Frieden weggegangen sei (zweimal ‫ הלך‬wayyiqtol-x). Mit dieser Aussage wird an die vorangehende Erzählung angeknüpft, die damit schloss, dass ‫( ַו ְיּ ַשַּׁלח ָּד ִוד ֶאת־ַאְב ֵנר ַו ֵיֶּלְך ְבּ ָשׁלוֹם‬V. 21). Durch die dreifache Wiederholung werden die Begriffe ‫שׁלח‬, ‫ הלך‬und ‫ְבּ ָשׁלוֹם‬ (V. 21.22.23) zu Leitworten.³⁰ Ohne den Zusatz „in Frieden“ tauchen ‫ שׁלח‬und ‫ הלך‬in V. 24 (‫ )ָל ָּמה־ ֶּזה ִשַּׁלְחּתוֹ ַו ֵיֶּלְך ָהלוְֹך‬noch ein viertes Mal auf und werden dort Joab in den Mund gelegt.³¹ Nachdem also insgesamt viermal davon die Rede war, dass David Abner „weggeschickt“ habe (‫)שׁלח‬, schickt (‫ )שׁלח‬in V. 26 Joab Boten hinter Abner her, die ihn zurückholen sollen. Dies erscheint in der Handlungsabfolge widersprüchlich, insofern in V. 27 festgehalten wird, dass Abner von alleine nach Hebron umgekehrt sei. Auf der literarischen Ebene wird jedoch deutlich, dass Joab nicht das gleiche tut wie David, sondern durch das Losschicken von Boten hinter Abner ausdrücklich dessen Handlung widerruft und rückgängig macht. Die Passivität Davids wird jedoch nicht nur durch die Abwesenheit von Handlungen in der Erzählung deutlich, sondern vor allem in seinem auffälligen Schweigen. Der König bleibt stumm und tatenlos gegenüber den Vorwürfen Joabs, die dieser in V. 24b – 25 direkt und missbilligend äussert.³² Grund des Ärgers ist für Joab, dass Abner zu David gekommen ist. In seiner Rede betont er daher zweimal, dass Abner zu ihm, David, gekommen sei (‫ בוא‬V. 24b und 25a), während die Erzählung selbst diese Tatsache nur einmal in V. 23 erwähnt. Letzten Endes wirft Joab aber David vor, dass er Abner ungehindert habe wegziehen lassen (‫הלך‬

 Vgl. zur Angabe des Ortes in den unterschiedlichen Textzeugen Hugo, P. (2011, 44 f.).  Fokkelman, J. P. (1990, 94): „This piece of information is made into a motiv […].“  Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (2009, 43). Die LXX ergänzt ἐν εἰρήνῃ, wodurch sich das Motiv viermal wiederholt. Vgl. McCarter, P. K. (41986, 109) und Gordon, R. P. (1990, 29).  Joab tritt David nicht nur hier, sondern auch in 2Sam 19,6 – 8 als kritische Instanz entgegen. In 2Sam 11,28 tritt Joab hingegen vornehm hinter David zurück und fordert ihn auf, Rabba einzunehmen, damit nicht sein „Name über ihr ausgerufen wird“! Vgl. zur Rolle Joabs Bietenhard, S. K. (1998).

100

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

V. 24b). Seinem Groll macht er in Form zweier rhetorischer Fragen Luft und greift dabei in einem ersten Teil David, im zweiten Abner an.³³ Formal bildet das Verb ‫ עשׂה‬einen Rahmen: Zu Beginn fragt Joab, was David denn getan habe (‫ עשׂה‬V. 24a), und am Ende folgert Joab, dass Abner gekommen sei, um alles über Davids Tun (‫ עשׂה‬V. 25b) zu erfahren.³⁴ ‫ֶמה ָע ִשׂיָתה‬ ‫ִה ֵּנה־ָבא ַאְב ֵנר ֵאֶליָך‬ ‫ָל ָּמה־ ֶּזה ִשַּׁלְחּתוֹ ַו ֵיֶּלְך ָהלוְֹך׃‬ ‫ָיַדְעָּת ֶאת־ַאְב ֵנר ֶבּן־ ֵנר ִּכי ְלַפֹּתְתָך ָבּא‬ ‫ְוָלַדַעת ֶאת־מוָֹצֲאָך ְוֶאת־מוָֹבֶאָך‬ ‫ְוָלַדַעת ֵאת ָּכל־ֲא ֶשׁר ַאָּתה ֹע ֶשׂה׃‬

Das Leitwort ist ‫ידע‬. Nicht nur hier, sondern auch für den weiteren Verlauf der Erzählung ist das gegenseitige Wissen beziehungsweise Nichtwissen voneinander entscheidend: David hätte – so wirft ihm Joab vor – wissen müssen (‫)ידע‬, dass Abner nur gekommen sei, um ihn auszuspionieren (‫ ידע‬zweimal). Sind die Vorwürfe Joabs berechtigt? Diese Frage bleibt vorerst völlig offen, insofern David überhaupt nicht darauf reagiert. Die Erzählhandlung geht weiter, und erst in V. 26b hält der Erzähler fest: ‫ ְוָד ִוד ל ֹא ָיָדע‬.³⁵ Dieses Nichtwissen Davids kann sich einerseits – so im jetzigen Text – darauf beziehen, dass David nichts davon wusste, was Joab tat.³⁶ Es ist andererseits aber auch denkbar, dass V. 26bβ ursprünglich an V. 25 anschloss,V. 26abα also eine sekundäre Einfügung ist; damit sollte betont werden, dass David nichts von Abners bösen Absichten ahnte. Erst im vorliegenden Endtext wäre dann in Übereinstimmung mit 1Kön 2,32 festgehalten worden, dass Joab Abner umgebracht hat, und dass David davon nichts wusste (‫)ידע‬. Die Ahnungslosigkeit Davids wurde somit zu einem „motiv de la dissimulation [der Verheimlichung]“.³⁷ Dies mag David zwar im Hinblick auf den Mord an Abner entlasten, aber er wird dadurch gleichzeitig ohnmächtig dargestellt: Er ist nicht

 Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 42).  In V. 25a liest die LXX τὴν κακίαν Αβεννηρ υἱοῦ Νηρ, was den negativen Blick Joabs auf Abner noch verstärkt. McCarter, P. K. (41986, 109) nimmt an, dass ‫ את רעת‬ausgefallen sei.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 101): „The verb used in the absolute sense, painfully admits that David has lost sight of developments since his not knowing is not restricted by any adjunct or object.“ Vgl. auch Stolz, F. (1981, 201): „Bei allem, was nun folgt, ist David absolut passiv geschildert – er weiß von nichts […].“ Zudem Bietenhard, S. K. (1998, 263 f.).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 100): „The thesis of Joab, who entertains the possibility of Davids’s not seeing through (yd‘) the fact that Abner is spying on him (yd‘), slanderously brands Abner as a source of danger, whilst in reality Joab himself is a source of danger for the one who is slandered and that is what David is unaware of (yd‘)!“ Zudem ausführlich dazu Hugo, P. (2011, 40).  Vermeylen, J. (2000, 206 Anm. 79).

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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nur handlungsunfähig, sondern auch ignorant und hat keine Ahnung von dem, was Joab tut. Dem Unwissen Davids über Joab steht so das (vermeintliche) Wissen Joabs über Abner gegenüber. Das Leitwort ‫ ידע‬kommt am Ende der Erzählung noch zweimal vor: In 2Sam 3,37 hält der Erzähler fest, dass das Volk und ganz Israel erkannte (‫)ידע‬, dass der König an der Ermordung Abners unschuldig ist, während bereits im vorangehenden Vers davon die Rede war, dass das Volk das Tun des Königs wahrnahm – hier jedoch ‫ נכר‬Hifil. In V. 38 schliesslich fragt David seine Knechte – ganz ähnlich, wie ihn in V. 25 Joab gefragt hat – und als hätte er erst da seine Sprache wiedergefunden: ‫ֲהלוֹא ֵתְדעוּ‬. Die Intention des ersten Teils der Erzählung scheint eindeutig. Joab ist der eigentliche Akteur. Er handelt eigenmächtig und ohne Einverständnis des Königs: Joab macht einen Streifzug (‫ ְגּדוּד‬V. 22), wie dies zuvor in 1Sam 27,8; 1Sam 30,8 u. ö.³⁸ David gemacht hat, Joab macht dem König Vorwürfe (V. 24), er schickt eigenmächtig Boten (V. 26) und bringt Abner eigenhändig um (V. 27). Mit all dem dürfte er seine Kompetenz wohl eindeutig überschritten haben. Dies bleibt jedoch lediglich eine Vermutung, denn die Rolle Joabs bleibt trotz allem ambivalent. Dies geht etwa daraus hervor, dass Joab zu David kommt und wieder weggeht (‫ בוא‬V. 24, ‫ יצא‬V. 26), während er dem König mit Verwendung genau dieser Worte vorhält, Abner komme zu ihm, um sein „Aus- und Eingehen“ (‫ יצא‬und ‫ בוא‬in ihrer substantivierten Form) auszuspionieren (V. 25).³⁹ Der Ausdruck „Aus- und Eingehen“ (‫ )ֶאת־מוָֹצֲאָך ְוֶאת־מוָֹבֶאָך‬bezeichnet eindeutig militärische Handlungen (vgl. auch 1Sam 18,13.16; 1Sam 29,6), die – so stellt es der Text in V. 22 f. dar – nicht nur zum Kerngeschäft Abners, sondern auch Joabs gehören.⁴⁰ Es könnte also durchaus sein, dass Joab David mit seinen Vorwürfen implizit kritisiert, er habe hinter seinem Rücken diplomatische Verhandlungen aufgenommen und damit ebenfalls Kompetenzen überschritten. Beide Textverständnisse sind möglich: Entweder ist Joab zu weit gegangen, oder David. Dass beide unter einer Decke stecken, geht nicht aus dem Text hervor.⁴¹ Fest steht zudem, dass David in 2Sam 3,22 – 27 überhaupt keine aktive Rolle zukommt. Mehrheitlich wird wiederholt, was er am Ende der vorangehenden Erzählung in V. 21 getan hat, nämlich Abner in Frieden

 Vgl. dazu Stoebe, H. J. (1994, 136).  Vgl. dazu Fokkelman, J. P. (1990, 100 f.) sowie Bar-Efrat, S. (2009, 43).  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 117); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 391) u. a. sowie insbesondere van der Lingen, A. (1992, 59 – 66).  Trotzdem wurde nicht selten angenommen, dass David hinter Joab steht. Vgl. dazu weiter unten.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

ziehen lassen. David hat „in diesem Passus keine eigene Rolle, ist lediglich Objekt des Zornes Joabs“⁴² und unwissend. Im zweiten Teil der Erzählung werden die Rollen dieser beiden Hauptfiguren vertauscht: Während Joab in 2Sam 3,22– 27 fast ausschliesslich als Subjekt auftaucht, geht in 2Sam 3,28 – 39 die Handlung mehrheitlich von David aus. Weder reagiert Joab auf die Verwünschung durch David in V. 28b – 29, noch wird davon berichtet, dass er den Befehl Davids in V. 31aβ tatsächlich ausgeführt hat. Lediglich in V. 30 kommt noch einmal eine Handlung Joabs vor: diese zusammenfassende Notiz, die davon spricht, dass Joab und sein Bruder Abischai Abner erschlagen haben, ist mit grosser Wahrscheinlichkeit eine spätere Glosse.⁴³ Sie erwähnt nicht mehr nur Joab, sondern beide Söhne der Zeruja, Joab und Abischai zusammen.⁴⁴ Auffälligerweise wird das Wort ‫ הרג‬⁴⁵ verwendet und nicht, wie zuvor in V. 27 und in 2Sam 2,23; 4,6; 20,10 u. a., das Wort ‫נכה‬. Aufgrund textkritischer Überlegungen kann jedoch angenommen werden, dass der Vers besagt, dass Joab und Abischai auf eine Gelegenheit warteten, Abner umzubringen: LXX liest διεπαρετηροῦντο, und einiges spricht dafür, dass 4QSama (frgs. 61i – 62, Pl. XV) ‫התאנו‬ (3. Pers. m. Pl. von ‫ )אנה‬bezeugt.⁴⁶ Dann stellt V. 30 kein grundsätzliches Problem für das Verständnis und die Kohärenz der Erzählung dar, weil dann Abner und Joab durchaus zusammen genannt werden können. Fest steht, dass sowohl in V. 27 als auch in V. 30 mit der Begründung, Joab hätte Abner um das Blut seines Bruders willen (‫ ) ְבַּדם ֲע ָשׂה־ֵאל ָאִחיו‬getötet, explizit Bezug genommen wird auf den Tod Asaels im Kampf bei Gibeon (2Sam 2,18 – 32). Damit stellt sich der zunächst politische Mord eindeutig als eine Blutrache Joabs für seinen Bruder Asael dar.⁴⁷ Diese Rechtfertigung des Mordes an Abner wird durch mehrere Stichwortverbindungen  Dietrich, W. (1997, 68).  Dazu McKenzie, S. L. (2011a, 302): „It [V. 30] expresses similar information but in somewhat different language.“ Anders Alter, R. (22000, 214), der sie für „flat repetition of what has already been reported more vividly“ hält.  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 138). McCarter, P. K. (41986, 117– 119) vermutet, dass V. 30 direkt an V. 27 angeschlossen habe. Hentschel, G. (1994b, 17) und Vermeylen, J. (2000, 207 Anm. 83) halten 2Sam 3,27bβ.30 für eine spätere Hinzufügung. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 301) sprechen von einer „incidente“.  Bar-Efrat, S. (2009, 45) hat festgehalten, dass ‫ הרג‬mit der Dativpartikel Lamed anstelle der Akkusativpartikel ‫ את‬beim Objekt unüblich ist und nur in späteren Schriften auftaucht. Vgl. dazu auch McCarter, P. K. (41986, 110); Alter, R. (22000, 214); Hugo, P. (2008, 108) u. a.  Vgl. zur Textkritik sehr ausführlich Gordon, R. P. / Herbert, E. D. (1998, 75 – 80). Vgl. zudem McCarter, P. K. (41986, 110); Parry, D. W. (2000, 87); Hugo, P. / Kottsieper, I. / Steudel, A. (2007, 99 – 103); Hugo, P. (2008, 108 f.); Hugo, P. (2011, 45); McKenzie, S. L. (2011a, 303 f.) u. a.  Vgl. Schroer, S. (1992, 136); Dietrich, W. (1997, 68) und Klein, J. (22011b, 683). Vgl. auch Cartledge, T.W. (2001, 393): „In a bold move that bordered on treason, Joab set out to sabotage David’s regnal plans for no greater purpose than to satisfy his own sense of vengeance.“

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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hervorgehoben: Abner rammte Asael das Ende des Speers in den Bauch (‫ ֹחֶמשׁ‬2Sam 2,23), weshalb sich Joab bei Abner mit einem Stich in den Bauch (‫ ֹחֶמשׁ‬2Sam 3,27) rächt. Auch Amasa wird von Joab mit Stichen in den Unterleib (2Sam 20,10, ebenfalls ‫ )ֹחֶמשׁ‬umgebracht. Der Begriff ‫ ֹחֶמשׁ‬wird sonst nur noch in 2Sam 4,6 beim Tod Eschbaals verwendet. Somit ähneln sich die vier Morde. In Analogie steht auch die Erzählung, wie Ehud Eglon, den König von Moab, umgebracht hat, nämlich mit einem Stich in den Bauch – in Ri 3,21 wird allerdings der Ausdruck ‫ֶבֶּטן‬ verwendet.⁴⁸ Auch der Begriff ‫ ַאֲחֵרי‬erinnert an den Tod Asaels: Wie Asael in 2Sam 2,19 und Joab und Abischai in 2Sam 2,24 hinter Abner her jagten (‫)ַאֲחֵרי ַאְב ֵנר‬, so verfolgen nun die Boten, die Joab ausgeschickt hat, Abner (2Sam 3,26). Wenig später, in 2Sam 3,31, zieht David ausdrücklich hinter (‫ )ַאֲחֵרי‬der Bahre her, während er kurz davor Joab und dem Volk befohlen hat, ‫ ִלְפ ֵני ַאְב ֵנר‬herzugehen. Schliesslich wird in V. 27 mit dem Wort ‫( נטה‬hier: „beiseite nehmen“) ein weiterer Bezug hergestellt, mit dem ausgedrückt wird, dass Asael nicht ablassen wollte von der Verfolgung (2Sam 2,19.21).⁴⁹ Die Erzählungen 2Sam 2,18 – 32 und 3,29 – 39 scheinen also durchweg literarisch aufeinander bezogen, auch wenn im Gegensatz zu den Erzählungen von der Tötung Asaels und Amasas die Erzählung vom Mord an Abner äusserst knapp ausfällt – so fehlt die Erwähnung der Waffe oder die Reaktion der Vorbeigehenden.⁵⁰ 2Sam 3,28 – 39 beginnt damit, dass David „anschliessend“ (‫ )ֵמַאֲחֵרי ֵכן‬von den Vorfällen erfährt. Dieser zweite Teil gliedert sich in fünf Reden Davids, auf die – mit Ausnahme von V. 30, der lediglich das Tatmotiv Joabs ergänzt – jeweils eine Handlung des Volkes folgt. Innerhalb von 2Sam 3,22– 39 wird das Volk (‫ )ַעם‬zum ersten Mal in V. 31 erwähnt. V. aβ –  V.  V. aβ V. b – a

V. b – a

. Rede Davids: David bezeichnet sich als unschuldig vor Jhwh und verflucht Joab Zweite Erwähnung des Mordes an Abner (vgl. die erste Erwähnung in V. ) . Rede Davids: Aufforderung zur Totenklage Begräbnis Abners: Der König David geht hinter der Bahre her (‫ הלך‬qotel), sie [unbestimmt] begraben Abner (‫ קבר‬wayyiqtol-x), der König erhebt seine Stimme und weint (‫ נשׂא‬wayyiqtol-x, ‫ בכה‬wayyiqtol-x) und das ganze Volk weint (‫ בכה‬wayyiqtol-x). . Rede Davids: Klagelied Davids auf Abner

 Der Begriff ‫ חמשׁ‬II kommt ausschliesslich in 2Sam 2,23; 3,27; 20,10 vor, während ‫„ בטן‬is wiedely used elswhere but not at all in Samuel“ – so Wong, G. T. K. (2006, 401 Anm. 5), der daraus folgert, dass es sich nur um „idiosyncratic preference“ handelt. Vgl. Gesenius, W. (182013, 369).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 44).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 103).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

V. b – a

V. bß V.  f.

V. b – 

Das Volk trauert: Das ganze Volk weint noch mehr (‫ יסף‬wayyiqtol-x, Hifil; ‫ בכה‬Infinitiv) und kommt (‫ בוא‬wayyiqtol-x), um David das Trauerbrot zu reichen (‫ ברה‬Infinitiv, Hifil). . Rede Davids: David schwört. Urteil des Volkes: Das Volk nimmt es wahr (‫ נכר‬x-qatal, Hifil), es ist gut in ihren Augen (‫ יטב‬wayyiqtol-x), und das Volk erkennt (‫ ידע‬wayyiqtol-x) Davids Unschuld. . Rede Davids: David bezeichnet sich als schwach und bittet Jhwh um Vergeltung.

Dabei lassen sich die fünf Reden Davids chiastisch einander zuordnen:⁵¹ A David bezeichnet sich als unschuldig vor Jhwh und verflucht Joab B Aufforderung zur Totenklage C Klagelied Davids auf Abner B′ Schwur Davids, einen Tag lang zu fasten A′ David bezeichnet sich als schwach und bittet Jhwh um Vergeltung

Das ganze Volk (‫ ָּכל־ָהָעם‬2Sam 3,31.32.34.35.36bis.37) und ganz Israel (V. 37) bilden mit Ausnahme von V. 28 f. und 38 f. die Zuhörerschaft.⁵² Wer genau damit gemeint ist, ist unklar. Zum einen ist es hier möglich, ‫ ָעם‬im Sinn von „Truppe“⁵³ zu verstehen, wie etwa V. 23 und 31 suggerieren, wo von allem Volk, das bei Joab beziehungsweise bei David war (‫)ֲא ֶשׁר־ִאּתוֹ‬, die Rede ist. Zum andern ist auch denkbar, dass viel genereller Juda im Blick ist. Dafür würde auch die Gegenüberstellung zu Israel („das ganze Volk und ganz Israel“ V. 37) sprechen.⁵⁴ Auffällig sind die zahlreichen Handlungen dieses Kollektivs, das dennoch nie direkt auf Davids Worte zu reagieren scheint, was besonders nach dessen Rede in V. 31 mit drei Imperativen zu erwarten wäre. Umgekehrt antwortet David in V. 35 auf die Handlung des Volkes. Insgesamt dreimal wird repetitiv festgehalten, dass entweder David (V. 32) oder das ganze Volk (V. 32 und V. 34) weinten (‫)בכה‬. Anschliessend wird mehrfach betont, dass das Volk erkannte (V. 36 f.), dass nicht der König den Mord zu verantworten hätte. Diese Wiederholungen machen zusätzlich deutlich, dass auf der

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 119).  Vgl. Gordon, R. P. (1990, 30 f.): „Verses 28 f. are addressed to no-one in particular because they are meant for anyone in general who will take notice, and especially, we may judge, are they intended for the ear of God.“  Vgl. Haelewyck, J.-C. (1995, 188).  Fokkelman, J. P. (1990, 108) plädiert dafür beide Bedeutungen stehen zu lassen. In V. 31 ist wohl eher die Truppe gemeint, später dann das Volk. Vgl. ausführlich zum Begriff ‫ ָעם‬Bietenhard, S. K. (1990, 44– 48). Auld, A. G. (2011, 381) spricht von einem „very flexible term in the books of Samuel“.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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Ebene des Textes „die generelle Unterstützung der Position des Königs“⁵⁵ betont wird. Gleichzeitig wird aber auch Davids Einflusslosigkeit signalisiert: David spricht fünfmal, ohne dass jemand unmittelbar darauf reagiert! In seiner ersten Rede in V. 28aβ – 29 betont David seine eigene Unschuld (‫) ָנִקי‬, aber auch die seines Königreiches⁵⁶ „vor Jhwh“. Der Ausdruck ‫ ֵמִעם ְיה ָוה‬kommt mehrfach vor (Dtn 18,16; 29,17; Rut 2,12; 1Kön 2,33; 11,9; 12,15; Ps 121,12; Jes 7,11; 8,18; 28,29; 29,6). Er wird jedoch – abgesehen von der hier untersuchten Stelle 2Sam 3,28 – nie dazu verwendet, die Unschuld vor Jhwh auszudrücken. Diese explizite Beteuerung der Unschuld vor Jhwh soll vermutlich verstärkend wirken und jegliche Zweifel beseitigen. Der zusätzlich verwendete Ausdruck ‫ ַעד־עוָֹלם‬⁵⁷ hat wohl eine ähnlich bekräftigende Funktion. Nach dieser einleitenden Unschuldsbeteuerung geht David in seiner Rede in eine Verwünschung Joabs über: Das Blut Abners solle über Joabs eigenes Haus und das Haus seines Vaters kommen.⁵⁸ Die Aussage wird später in 1Kön 2,32 f. zweimal wiederholt, unmittelbar bevor Benaja die Verwünschung umsetzt und Joab niederstösst und tötet.⁵⁹ Auf diese generelle Unheilsankündigung folgt eine Aufzählung von fünf konkreten Übeln, die das Haus Joabs (‫ )ִמ ֵבּית יוָֹאב‬befallen sollen: zwei, nämlich Ausfluss und Aussatz, beziehungsweise drei verschiedene Krankheiten – je nachdem, ob ‫ ֶפֶּלְך‬mit Krücke oder mit Spindel übersetzt wird, kann auch Zwangsarbeit gemeint sein⁶⁰ – sowie Mord und Hunger sollen nie weichen. Alles in allem handelt es sich hier um „a grievous curse“.⁶¹ Damit wird „der Fall kriminalisiert und für eine wohlverdiente Strafe ausgegeben“.⁶² In seiner zweiten Rede in V. 31aβ wendet sich David mit einer ganz anderen Aussage an Joab und das ganze Volk, nämlich mit der Aufforderung, die typischen

 Bar-Efrat, S. (2009, 47).  Der Begriff ‫ ַמְמָלָכה‬kommt noch in 1Sam 13,13 f.; 1Sam 24,21; 1Sam 27,5; 1Sam 28,17; 2Sam 3,10; 2Sam 5,12 und 2Sam 7,12 f.16 vor. McCarter, P. K. (41986, 118) meint, er „raises the question of dynasty“ und signalisiere „a characteristically Deuteronomistic interest“.Vgl. auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 391).  Vgl. dazu Klein, J. (2002, 75).  Dies ist merkwürdig, da von Joab nur die Mutter erwähnt wird, und er immer als „Sohn der Zeruja“ eingeführt wird.  Vgl. zum Ausdruck, dass das Blut, das über jemanden kommen soll, auch Kapitel B. 3.3.2.  Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 118); Fokkelman, J. P. (1990, 106); Bar-Efrat, S. (2009, 44 f.); Alter, R. (22000, 214) und Gordon, R. P. (1990, 31).  Fokkelman, J. P. (1990, 106). Vgl. auch Cartledge, T. W. (2001, 394): „A curse was a serious matter, believed to become effective by the power of the spoken word. […] David calls for sickness, weakness, war, and famine to be constant companions to Joab’s house (v. 29).“ Vgl. ausführlich zu diesen Strafen auch Stolz, F. (1981, 202); Firth, D. G. (2009, 351); Auld, A. G. (2011, 380 f.) u. a.  Veijola, T. (1975, 30 f.).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Trauerriten⁶³ zu vollziehen. Er ordnet an, die Kleider zu zerreissen (‫ קרע‬vgl. 2Sam 1,11; 15,23), ein Sacktuch anzuziehen (‫ )חגר‬und Totenklage zu halten (‫ ספד‬vgl. 1Sam 25,1; 28,3; 2Sam 1,12; 11,26), wobei die drei Verben jeweils im Imperativ stehen. Nach dieser Rede geht König David (‫ – ) ְוַהֶּמֶלְך ָּד ִוד‬zum ersten Mal fallen hier Name und Titel zusammen⁶⁴ – hinter der Bahre her (V. 31b). Es wird berichtet, dass Abner in Hebron begraben wird, und der König und das Volk weinten (‫ בכה‬2Sam 3,32bis.33; vgl. 2Sam 1,12.24; 19,1 f.). Mit ganz ähnlichen Worten wird auch die Trauer Davids und seiner Männer um Saul und Jonatan in 1Sam 1,11 f. geschildert. Dort ist ferner davon die Rede, dass ein Fasten gehalten wurde (‫ צום‬2Sam 1,12; vgl. auch 1Sam 31,13; 2Sam 12,20). Dass David auch in dieser Erzählung einen Tag lang fastete, wird hier erst in seiner vierten Rede indirekt deutlich (2Sam 3,25b). In V. 33b – 34a folgt eine dritte Rede, oder präziser: ein Lied Davids. Der König stimmt ein Klagelied über Abner an (‫ קין‬vgl. auch 1Sam 1,17). Das sogenannte Leichenlied ‫ ִקי ָנה‬unterscheidet sich gattungsspezifisch von der rituellen Totenklage (‫)ִמְס ֵפּד‬.⁶⁵ Es beginnt im vorliegenden Fall mit einer rhetorischen Frage, die von Abner in der dritten Person spricht, und schliesst damit ab, dass sich David in der zweiten Person direkt an ihn wendet.⁶⁶ Das Klagelied ist insgesamt als Parallelismus membrorum aufgebaut und gliedert sich in vier Teile.⁶⁷ In den rahmenden Teilen beklagt David, dass Abner wie ein ‫ ָנָבל‬⁶⁸ und ‫ ְב ֵני־ַע ְוָלה‬gestorben ist, in den beiden Teilen dazwischen rühmt er die Unbesiegbarkeit Abners:⁶⁹ Weder seine Hände (‫ ) ָיֶדָך‬noch seine Füsse (‫ ) ְו ַר ְגֶליָך‬wurden jemals gefesselt, wobei das Wort ‫„ ְנֹח ֶשׁת‬immer in Verbindung mit einem Führer, der vom Feind gefangen

 Vgl. zu den Trauerriten de Vaux, R. (61997, 103 f.); Emmendörffer, M. (2002, 8 – 10) u. a.  Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 230).  Vgl. Fleischer, G. (1993, 23): „Der einzige Text im AT, der diesen ursprünglichen Sitz im Leben noch erkennen läßt, ist 2 Sam 3,33.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 46).  Bei diesem Lied gibt es zahlreiche textkritische Abweichungen. Dazu Cross, F. M. / Parry D.W. / Saley, R. J. / Ulrich, E. (2005, 117).Vgl. ausführlich dazu auch Barthélemy, D. (1982, 236); McCarter, P. K. (41986, 110 f.) sowie Freedman, D. N. (1997, 227– 231), der insbesondere mit Hilfe von 4QSama frgs. 61i – 62 „a perfectly balanced metrical pattern reflecting the chiastic structure of the poem“ rekonstruiert.Vgl. fünf Rekonstruktionsvorschläge bei Parry, D.W. (2000, 90 – 96). Zuletzt Hugo, P. / Kottsieper, I. / Steudel, A. (2007, 103 f.).  Eine Verbindung mit Nabal aus 1Sam 25, wie sie die LXX (τὸν θάνατον Ναβαλ) impliziert, ist wohl wenig wahrscheinlich. 2Sam 13,13 zeigt, dass das Wort generell für „Verbrecher“ verwendet wird. Vgl. McCarter, P. K. (41986, 119); Alter, R. (22000, 215) u. a.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 46); Alter, R. (22000, 214) und Fokkelman, J. P. (1990, 110 – 112). Vgl. auch Stoebe, H. J. (1994, 142): „Sicher bedeutet es mehr als nur dies, daß ihm durch Hinterlist widerfahren ist, was sonst nur Narren begegnen kann: frei zu sein und doch ohne Gegenwehr zu fallen.“

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genommen worden ist“,⁷⁰ verwendet wird (Ri 16,21; 1Kön 25,7; Jer 39,7; 52,11; 2Chr 33,11; 36,6). Obwohl das Klagelied wesentlich bescheidener ist als jenes über Saul und Jonatan, lässt es sich vom Stil her doch mit 2Sam 1,19 – 27 vergleichen, da in beiden gute Eigenschaften gelobt werden, insbesondere die Unbesiegbarkeit im Krieg (2Sam 1,22 f.).⁷¹ In der vierten Rede (V. 35bβ) schwört David, dass er kein Brot essen oder irgendetwas anderes vor Sonnenuntergang geniessen werde. Das Volk war nämlich nach V. 35a zu ihm gekommen, um ihm das Trauerbrot zu reichen. Ein Tröstungsmahl ist sonst nur noch in Jer 16,7 erwähnt: Vermutlich wurde jemand beim Todesfall eines Verwandten dadurch getröstet, dass man ihm das Trauerbrot brach und den Trostbecher reichte.⁷² Damit macht die Erzählung deutlich, dass das Volk eine enge Verbindung Davids zum ermordeten Abner sieht und ihn zu trösten versucht. David verweigert jedoch das Trauerbrot und schwört, ein eintägiges Fasten zu halten. Sowohl das Überreichen des Trauerbrotes durch das Volk als auch Davids Ablehnung und sein Fasten sind deutliche Zeichen für das Ausmass des Ereignisses. Zum einen kann diese Geste – angesichts der Tatsache, dass Abner bis kurz vor seiner Ermordung im Krieg gegen Juda stand (2Sam 2) – als Überreaktion Davids und des Volkes gedeutet werden. Zum anderen macht sie auch Davids Entsetzen über die Ermordung Abners, mit dem er einen Bund (‫ְבּ ִרית‬ 2Sam 3,12 f.21) geschlossen hat, deutlich. Die Ermordung Abners kann auch als Bundes- beziehungsweise Vertragsbruch verstanden werden. David trauert nicht nur um Abner, sondern sieht mit der Ermordung auch die von Abner zugesagte Einheit zwischen Israel und Juda (2Sam 3,21) in Gefahr. Dabei verwendet David bei seinem Schwur (sogenannter „self-curse“)⁷³ die gleiche Formel (‫ֹּכה ַיֲע ֶשׂה־ִּלי ֱאל ִֹהים‬ vgl. auch 1Sam 14,44;⁷⁴ 2Sam 19,14; 1Kön 2,23; 2Kön 6,31 u. a.)⁷⁵ wie zuvor in 2Sam 3,9 f. Abner, der Eschbaal sagte, dass er „das Königtum vom Haus Sauls wegnehmen und den Thron Davids aufrichten [werde] über Israel und über Juda“ (2Sam 3,10), wie es Jhwh David geschworen habe. Auch wenn nicht klar ist, worauf sich Abner hier bezieht, so wird doch deutlich, dass David genau um den Mann

 Bar-Efrat, S. (2009, 46).  Vgl. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 391).  Vom „Brot der Trauer“ ist ferner in Ez 24,17.22; Hos 9,4 die Rede. Vgl. zum Trauerbrot auch de Vaux, R. (61997, 104 f.).  Firth, D. G. (2009, 352).  Vgl. zu den Gemeinsamkeiten zwischen 1Sam 14,24– 46 und 2Sam 3,35 – 37 Klein, J. (2002, 91 f.).  Die Formel ‫ כה עשה‬kommt zwölfmal im Alten Testament vor, u. a. in 1Sam 11,7 und 17,27, beide Male nicht als Schwur oder Beschwörung.Vgl. ausführlich dazu Sanders, P. (2004, 91– 98); Ziegler, Y. (2007, 59 – 81).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

trauert, der Jhwh gebeten hat ‫ ְלַאְב ֵנר ֱאל ִֹהים ֹּכה־ ַיֲע ֶשׂה‬und versprochen hat, Israel hinter ihm, David, zu versammeln. In V. 36 kommt es mit dem generellen Urteil des gesamten Volkes zu allem, was David tat – unter dreimaliger Verwendung von ‫ – !כל‬zu einem vorläufigen Abschluss der Erzählung. Das Volk nahm Davids Trauer und Verzicht wahr, und „es war gut in ihren Augen“ (‫ ַו ִיּיַטב ְבֵּעי ֵניֶהם‬zweimal!). Damit wird deutlich, dass diejenigen, die Zeugen des Geschehens waren, vollständig von Davids Unschuld überzeugt waren.⁷⁶ In V. 37 wird ganz Ähnliches noch einmal wiederholt: Das ganze Volk und ganz Israel (zweimal ‫ )כל‬erkennen, dass David wirklich nichts mit dem Tod Abners zu tun hat. Möglicherweise handelt es sich hierbei um eine Doublette. Mit der Häufung des Wortes ‫ כל‬im jetzigen Endtext wird deutlich, wie radikal das Volk und sogar ganz Israel hinter David stehen und von seiner Unschuld überzeugt sind. Nach diesem vorläufigen Schluss fällt eine fünfte und letzte Rede Davids in V. 38b – 39 auf, die im Gegensatz zu den vorangehenden Reden keine klare und eindeutige Aussageabsicht enthält, sondern unterschiedliche Dinge anspricht.⁷⁷ Zudem wechseln hier die Adressaten: David spricht nicht mehr zum Volk, sondern zu seinen Knechten (‫)ַעְבֵדי ָד ִוד‬, die bereits zu Beginn einmal, nämlich in V. 22, erwähnt wurden.⁷⁸ Nachdem in V. 37 das Volk „an diesem Tag“ (‫ ) ַבּיּוֹם ַההוּא‬erkannte (‫)ידע‬, dass der Tötungsbefehl für Abner nicht von David ausgegangen war, stellt nun David zu Beginn die rhetorische Frage an seine Knechte, ob sie denn an diesem Tag (‫ ַהיּוֹם ַה ֶּזה‬V. 38) nicht erkennen (‫ )ידע‬würden, dass mit Abner ein wichtiger und bedeutender Mann Israels gefallen sei.Wie in V. 25 f. wird hier ‫ ידע‬als Leitwort verwendet. Mit der Charakterisierung Abners als ‫ ַשׂר‬und ‫ ָגּדוֹל‬werden Begriffe verwendet, die einen mächtigen und einflussreichen Menschen kennzeichnen. Joab wird im Gegensatz dazu – abgesehen vielleicht von 2Sam 24,2; 1Kön 1,19.25 und indirekt in 2Sam 19,14 – nie als ‫ ַשׂר‬bezeichnet.⁷⁹ Nach dieser anerkennenden Darstellung Abners kommt David auf sich selbst (‫ ְוָאֹנִכי‬am Satzanfang) zu sprechen. Er sei heute (erneut: ‫ )ַהיּוֹם‬schwach, obwohl er zum König gesalbt sei. Der Vergleich wird dabei

 Vgl. McCarter, P. K. (41986, 121): „It is the narrator’s testimony that those who witnessed the events in person were entirely persuaded of David’s innocence […].“ Vgl. auch Gordon, R. P. (1990, 27) u. a.  Fokkelman, J. P. (1990, 107) spricht hier von „evaluation and retribution“. Vgl. auch Stolz, F. (1981, 202): „Das Schlußwort Davids faßt das Geschehen nochmals in der Weise zusammen, wie der Erzähler es verstanden haben will […].“  Vgl. Haelewyck, J.-C. (1995, 182).  Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 64).

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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lediglich durch ein Kopula (‫ )ו‬ausgedrückt, was öfters problematisiert wurde.⁸⁰ Bemerkenswert ist jedoch, dass die Begriffe „Oberster“ (‫ ) ַשׂר‬und „Grosser“ (‫) ָגּדוֹל‬⁸¹ dem Ausdruck ‫ וָּמשׁוַּח ֶמֶלְך‬gegenüberstehen. Erst anschliessend setzt sich David ins Verhältnis zu den Söhnen der Zeruja, die stark sind, während er selber schwach ist. Das Adjektiv ‫ ַרְך‬kommt im Alten Testament 16mal vor und hat sehr unterschiedliche Bedeutungsnuancen: Im vorliegenden Kontext ist es wohl, anders als in Dtn 28,54,⁸² nicht als „weichlich“, „verzärtelt“, zu verstehen, sondern als „wehrlos“ und „schwach“ – ähnlich wie in 2Chr 13,7, wo es sich als Begründung dafür findet, weshalb Rehabeam nicht gegen Jerobeam aufkommen konnte.⁸³ David selbst sieht sich also zwischen „the great man of v.38b and the tough guys of 39b“.⁸⁴ Im Gegensatz dazu werden die Söhne der Zeruja als ‫ ָק ֶשׁה‬beschrieben, was so viel wie „hart“, „verstockt“ oder „unbeugsam“ bedeutet.⁸⁵ ‫ֲהלוֹא ֵתְדעוּ ִּכי־ ַשׂר ְו ָגדוֹל ָנַפל ַהיּוֹם ַה ֶּזה ְבּיִ ְשָׂרֵאל׃‬ ‫ְוָאֹנִכי ַהיּוֹם ַרְך וָּמשׁוַּח ֶמֶלְך‬ ‫ְוָהֲא ָנ ִשׁים ָהֵאֶּלה ְבּ ֵני ְצרוּ ָיה ָק ִשׁים ִמֶּמ ִּני‬

Diese letzte Rede Davids in V. 38b – 39 fasst die vorangehende Erzählung zusammen und deutet sie: David erwähnt „all three main characters and provides each one with a qualification in one sentence.“⁸⁶ Dabei geht es weniger um eine Zurückweisung der Söhne der Zeruja, „mais plutôt de la reconnaissance par David

 Vgl. beispielsweise Alter, R. (22000, 216); Campbell, A. F. (2005) u. a. Vgl. dazu auch Gesenius, W. / Kautzsch, E. (281985, §141e, 474).  Nicht ausgeschlossen ist es, hier „grosser Führer“ zu lesen, so Bar-Efrat, S. (2009, 47). LXX übersetzt mit ἡγούμενος μέγας.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 47).  Vgl. Kellermann, D. (1993, 520). Vgl. zum Begriff ‫ ַרְך‬auch Hugo, P. (2010a, 503), der meint, der Satz bedeute, dass David wegen der königlichen Salbung zart sei. Dies hätte zur Folge, dass die Rede Davids nicht ein Ohnmachtsbekenntnis enthält, sondern „die Behauptung seiner Schuldlosigkeit“.Vgl. ähnlich auch schon Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 292): „Mais on peut comprendre ‫ רך‬comme la Vulgate: ‚doux‘, ‚délicat‘, et ce non pas en dépit mais à cause de l’onction royale.“ Zuletzt Auld, A. G. (2011, 384): „David’s claim to be ‚tender‘ (rak) is his third anticipation in short order or a series of actions for which Josiah will be praised by Huldah (2 Kgs 22:19): tearing his clothes (2 Sam 3:31), weeping (v. 32), and now being tenderhearted (v. 39).“ Vgl. Gesenius, W. (182013, 1242).  Fokkelman, J. P. (1990, 117).  Vgl. Zipor, M. (1993, 206). Vermeylen, J. (2000, 207 Anm. 84) meint der Ausdruck „implique l’idée de violence ou de brutalité“. Der Begriff wird auch in 2Sam 19,44 verwendet. Dort ist davon die Rede, dass das Wort der Männer von Juda härter war als das Wort der Männer von Israel! Vgl. zudem auch 1Sam 5,7; 20,10; 25,3; 2Sam 2,17 u. a.  Fokkelman, J. P. (1990, 115).

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de sa propre faiblesse par rapport à l’intransigeance politique de Joab“.⁸⁷ David stellt seine Hilflosigkeit der Macht der Söhne der Zeruja gegenüber. Erst im letzten Satz verwünscht David denjenigen, der Böses tut: ‫ְי ַשֵּׁלם ְיה ָוה ְלֹע ֵשׂה ָהָרָעה ְּכָרָעתוֹ׃‬ („Jhwh vergelte dem, der Böses tut, nach seiner Bosheit!“ 2Sam 3,39). Dieser Fluch erinnert an V. 29, auch wenn dort nicht von der Vergeltung Jhwhs die Rede ist. 2Sam 3,38 f. gliedert sich also in „un éloge d’Abner, un aveu de faiblesse de David et une nouvelle malédiction de Joab“.⁸⁸ Einige Schwierigkeiten verursacht die Tatsache, dass genau der mittlere Teil der Rede (V. 39a) textkritisch unterschiedlich bezeugt ist: Während LXXB 121+O grosse Ähnlichkeiten mit dem MT besitzt, bezeugt LXXL καὶ ὅτι σήμερον συγγενὴς καὶ καθεσταμένος ὑπὸ βασιλέως πέπτωκεν („Und [erkennt ihr nicht] dass heute ein Verwandter und ein durch einen König Eingesetzter gefallen ist?“).⁸⁹ Durch diese leichte Modifikation des Textes fällt der Teil weg, in dem David über seine Schwäche spricht. Stattdessen beschreibt David noch einmal Abner und verdeutlicht damit „die Konfrontation dieser zwei entgegengesetzten Mächtigen, Abner und die Söhne der Zeruja“.⁹⁰ Ob damit der MT als prodavidisch und sekundär gegenüber der LXXL zu werten ist, ist zweifelhaft.⁹¹ Gerade die Darstellung seiner Schwäche, die hier zum Ausdruck kommt, dürfte zweischneidig sein und passt insgesamt zur Erzählung: Was David auf diplomatischem Weg zu erreichen versucht hat, ist ihm misslungen. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als Israel gegenüber seine Unschuld zu beteuern und ein Staatsbegräbnis anzuordnen. Der Vorwurf, am Mord von Abner beteiligt gewesen zu sein, wird dementiert: etwa dadurch, dass David eine Trauerprozession anordnet, ein Klagelied anstimmt und fastet (V. 31– 35) oder dass er explizit seine Unschuld beteuert (V. 28aα). Auch im ersten Teil der Erzählung (2Sam 3,22– 28) wird David indirekt in Schutz genommen: beispielsweise, wenn betont wird, dass es sich um Blutrache handle (V. 27; vgl. auch V. 30), dass David Abner in Frieden habe ziehen lassen (2Sam 2,21.22.23), dass Joab unabhängig von ihm agierte und David nichts davon wusste (2Sam 3,24 f.). Dies alles sind tatsächlich starke Argumente für apologetische

 Haelewyck, J.-C. (1995, 183).  Haelewyck, J.-C. (1995, 163).  Zur Rekonstruktion der Septuaginta-Vorlage ausführlich Hugo, P. (2010a, 499 – 502). In 4QSama frgs. 61i – 62 fehlt ‫קשים ממני‬. Dazu Cross, F. M. / Parry D. W. / Saley, R. J. / Ulrich, E. (2005, 117) und McKenzie, S. L. (2011a, 306). Vgl. dazu auch McCarter, P. K. (41986, 111 f.); Stoebe, H. J. (1994, 140 f.).  Hugo, P. (2010a, 502).  So das Fazit von Hugo, P. (2010a, 493): „Eine gründliche Untersuchung zeigt, dass der MT eine sekundäre literarische und ideologische Revision bezeugt, mit dem Zweck, David von der Schuld des Mordes an Abner freizusprechen.“

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Tendenzen innerhalb der Erzählung.⁹² Der Text – so die weitverbreitete Annahme – verteidige David gegenüber dem impliziten Vorwurf, am Mord Abners beteiligt gewesen zu sein. Da in der Erzählung selbst der Verdacht, David wäre Komplize oder gar Auftraggeber gewesen, aber gar nicht auftaucht, lässt sich diese Annahme einer Apologie nicht erhärten. Der literarische – und übrigens auch der historische!⁹³ – David wurde deshalb in der Forschung immer wieder verteidigt⁹⁴ be-

 Vgl. Haelewyck, J.-C. (1995, 188 f.). Die These, dass es insgesamt in 2Sam 3,22– 39 darum geht, Joab beziehungsweise die Söhne der Zeruja als schuldig darzustellen und David zu entlasten, vertritt auch Stolz, F. (1981, 201); Cryer, F. H. (1985, 385 – 394) u. a. Veijola, T. (1975, 31), geht davon aus, dass das Hauptanliegen der Erweiterung in V. 28 f.38 f. in der Betonung der Unschuld der Davididen besteht und damit der Vorlage in V. 22– 27.31– 73 entspricht, die „eine – offenbar schon früh als notwendig empfundene – Apologie Davids“ enthält. Vgl. Dietrich, W. (1997, 68): „Die Schuld wird durch diese Passagen eindeutig von David weg- und zu Joab und Abischai hingeschoben. […] Die apologetische Absicht der biblischen Autoren ist hier mit Händen zu greifen.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 121): „Nowhere is the story of David’s rise more insistent in its apologetic tone than here in its controversion of David’s involvement in Abiner’s death.“ Vgl. auch Gordon, R. P. / Herbert, E. D. (1998, 80), die in 2Sam 3,22– 39 „one of the most apologeticallymotivated“ Texte im ganzen Alten Testament sehen. Ähnlich auch Ishida, T. (1993, 111*), der darin allerdings nicht die gleiche David-Apologie sieht wie in der Aufstiegsgeschichte: „We can hardly find such an insistent apology for David in any other narrative in the History of David’s Rise.“ Ishida, T. (1993, 112*) nimmt ferner an, „one of the important themes of the Succession Narrative“ sei „to justify Joab’s execution as the victorious climax in Solomon’s struggle for the Davidic throne“. Vgl. zudem ausführlich Halpern, B. (22004, 82– 84); McKenzie, S. L (22001, 117– 122); McKenzie, S. L. (2011a, 301– 307) u. a.  Auf der historischen Ebene wurde einerseits angenommen, dass David mit dem Vorgehen Joabs einverstanden war – vgl. Haeleweyck, J.-C. (1995, 165), der dies damit begründet, dass Joab in Davids Diensten blieb –, und andererseits, dass Joab tatsächlich selbstständig handelte und David nicht immer die Kontrolle hatte. Letztere Position vertritt Schroer, S. (1992, 137 f.): „Historisch ist ein solches öffentliches Eingeständnis der Schwäche des Königs wenig wahrscheinlich. Doch dürfte der Sachverhalt zutreffend sein, dass David schon während seiner Zeit in Hebron nicht immer sämtliche Fäden der Politik fest in der Hand hatte, es sich aber auch nicht leisten konnte, auf einen Joab zu verzichten, selbst wenn dieser gelegentlich eigenmächtige Entscheidungen traf.“  Vgl. Haelewyck, J.-C. (1995, 192): „Dans ces conditions, nous plaidons pour l’innocence de David dans l’assassinat d’Abner et d’Ishbaal: Joab seul est responsable de ces assassinats.“ Vgl. auch Ishida, T. (1993, 110*), der meint, es ginge hier um „David’s successful dealings with Abner and Ishbaal by his exploitation of the conflict between them.“ Campbell, A. F. (2005, 47): „However, the whole tenor of the story from the outset strongly suggests that it would have been in David’s interest to keep Abner alive, at least until the merger of the kingdoms was effected.“ Vgl. auch Gordon, R. P. (1990, 32), der insbesondere auf den Vertragsschluss verweist: „In conclusion: far from providing evidence of David’s involvement in the death of Abner, the covenant factor in 2 Samuel 3 is best interpreted as an indication of the contrary […].“ Vgl. Firth, D. G. (2009, 346).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

ziehungsweise verurteilt.⁹⁵ In Bezug auf die Rolle Davids ist beides vertretbar, seine Rolle ist ambivalent. Mit Blick auf die Erzählung insgesamt spricht jedoch einiges gegen eine Apologie. So kommt beispielsweise Jhwh in diesem Text eine wichtige Funktion zu. Deutlich wird dies in der Gegenüberstellung der Selbstbeschreibung Davids in seiner ersten (V. 28) und letzten Rede (V. 39).⁹⁶ Einmal bezeichnet er sich als unschuldig, einmal als schwach. Beide Male nimmt David dabei auf Jhwh Bezug: Vor Jhwh sei er, David, unschuldig (V. 28), und Jhwh übertrage er die Aufgabe, die Tat zu rächen (‫ שׁלם‬⁹⁷ V. 39b).⁹⁸ V. 28 V. 39

‫ָנִקי ָאֹנִכי וַּמְמַלְכִּתי ֵמִעם ְיה ָוה ַעד־עוָֹלם ִמ ְּדֵמי ַאְב ֵנר ֶבּן־ ֵנר׃‬ ‫ְוָאֹנִכי ַהיּוֹם ַרְך וָּמשׁוַּח ֶמֶלְך]…[ ְי ַשֵּׁלם ְיה ָוה ְלֹע ֵשׂה ָהָרָעה ְּכָרָעתוֹ׃‬

Jhwh soll hier für Davids Unschuld und die entsprechende Bestrafung des Täters garantieren. Damit beteuert David nicht nur seine Passivität, sondern verhält sich auch weiterhin passiv: Er unternimmt nicht den geringsten Versuch, den Mörder zu strafen, sondern überlässt das Gericht Gott. Wäre eine solche theologische Verknüpfung möglich, wenn David tatsächlich schuldig wäre? Darüber hinaus wird in 2Sam 3 noch zweimal von Jhwh gesprochen, nämlich in einer Rede Abners in 2Sam 3,9 f. und in einem Versprechen, das Abner in 2Sam 3,18 erwähnt. Demnach wolle Jhwh durch David das Volk Israel aus der Hand der Philister und aus der Hand aller seiner Feinde erretten.⁹⁹ Beide Male geht es darum, dass Jhwh David versprochen hat, Israel zu befreien und dass er es regieren könne. Und während Abner eine Zusage Jhwhs ins Feld führt, bleibt David abwartend und passiv. Er unterhält zwar diplomatische Beziehungen zu Abner, aber das eigentliche politische Geschehen überlässt er Jhwh. Gegen eine Apologie spricht auch Davids Schwachheit. Dies wird noch deutlicher, wenn die Bezüge zum weiteren Kontext berücksichtigt werden: So wird in 2Sam 3,1 gesagt, dass David immer stärker wird und Saul immer schwächer (‫ְוָד ִוד‬ ‫)ֹהֵלְך ְוָח ֵזק וֵּבית ָשׁאוּל ֹהְלִכים ְוַדִּלים‬. Statt ‫( ַרְך‬2Sam 3,39) steht in 2Sam 3,1 der Begriff ‫ ַּדל‬.¹⁰⁰ Auffällig ist in 2Sam 3,1 der Gebrauch des Singulars für David gegenüber der

 Vgl. Anm. 92.Vgl. zudem Vanderkam, J. C. (1980, 532): „The king must have calculated that Joab and Abner could not coexist in one camp […].“  Vgl. dazu Fokkelman, J. P. (1990, 117).  Fokkelman, J. P. (1990, 118): „Equilibrium can only return through retribution, though the šallem of God.“  Hier von einem Meineid auszugehen, bietet die Erzählung überhaupt keinen Anhaltspunkt.  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 46).  Vgl. Klein, J. (2002, 52 f.).

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Verwendung des Plurals für Saul.¹⁰¹ Das Haus Sauls¹⁰² wird also nicht mit dem Haus Davids verglichen, sondern mit David selbst. Entsprechend geht es auch in V. 39 nicht um die davidische Dynastie, sondern um David allein.¹⁰³ V. 1 und 39 bilden in diesem Sinn einen gegensätzlich aufgebauten Rahmen um das gesamte Kapitel. Der Begriff ‫ ָח ֵזק‬kommt darin dreimal vor, nämlich in 2Sam 3,1.6.39 – alle drei, David, Abner und die Söhne der Zeruja, werden als „stark“ beschrieben.¹⁰⁴ Zudem scheint nicht nur David den Söhnen der Zeruja, insbesondere Joab (2Sam 3,22– 39), machtlos ausgeliefert, sondern auch Eschbaal dem Abner.¹⁰⁵ In 2Sam 3,6 – 11 macht Abner – dem MT zufolge – deutlich, dass er Eschbaal nicht in die Hand Davids habe geraten lassen (V. 8), und behauptet indirekt (V. 12), dass ihm das Land gehöre und David deshalb mit ihm einen Bund schliessen soll.¹⁰⁶ Unabhängig davon, ob die Beziehung Abners mit Rizpa einen Anspruch auf den Thron impliziert oder nicht – Joab und Abner sind die jeweils starken Männer.¹⁰⁷ Unmittelbar an 2Sam 3,39 anschliessend wird dies noch einmal betont: „Als der Sohn Sauls hörte, dass Abner in Hebron umgekommen war, da wurden seine Hände schlaff, und ganz Israel erschrak“ (2Sam 4,1). Abner, der nach 1Sam 14,50 der Vetter, nach 1Chr 8,33 der Onkel von Saul ist, ist sowohl unter Saul als auch unter Eschbaal Heerführer (1Sam 14,50; 17,55 – 57; 1Sam 26,5.14; 2Sam 2,12– 31). Er macht Eschbaal zum König (2Sam 2,8 f.; vgl. zudem 4,1.12b), fällt wichtige militärische und politische Entscheidungen (2Sam 2,8 – 3,21) und setzt sich schliesslich über den König hinweg (2Sam 3,6 – 11).¹⁰⁸ Über Abners Haltung David gegenüber wird in 2Sam 3,22– 39 gar nichts gesagt. Jedoch sind jegliche Versuche, ihm böse Absichten David gegenüber zu unterstellen, Speku-

 Vgl. Klein, J. (2002, 52).  Vgl. dazu mehr Kapitel B. 3.3.3.  Es darf hier nicht im Sinn der LXX ὁ οἶκος Δαυιδ korrigiert weden. So auch Fischer, A. A. (2004, 127 Anm. 103).  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 43).  Vgl. Firth, D. G. (2009, 350): „Like Ish-bosheth with Abner, David was placed in a dilemma because of Joab’s power within his household.“ Zu einem gegenteiligen Schluss kommt McKenzie, S. L. (2011a, 305): „The situation is entirely different from that of Abner and Ishbaal, where the former is clearly shown to be in charge (2Sam 2:8 – 10).“ Ähnlich auch Adam, K.-P. (2007, 62).  Allerdings differieren die Textzeugen auch da. Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 106 f.) und Hugo, P. (2010a, 492). In 2Sam 3,21 spricht die LXX davon, dass Abner – und nicht wie im MT „ganz Israel“ – einen Bund mit David schliessen will. Hugo, P. (2010a, 494– 498) schliesst daraus, dass nach der Fassung der LXX Abner nicht nur Macht über Eschbaal, sondern auch über David ausübt.  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 122); Haelewyck, J.-C. (1995, 185 f.); Duarte Castillo, R. (2004, 122); Bar-Efrat, S. (2009, 37).  Vgl. Vanderkam, J. C. (1980, 530) und Bietenhard, S. K. (1998, 40 f.).

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lation.¹⁰⁹ In dem unmittelbar vorangehenden Text 2Sam 3,6 – 21 wurde ausführlich begründet, weshalb Abner um eine gesamtisraelitische Lösung bemüht ist, beziehungsweise eine Koalition zwischen Nord und Süd, Israel und Juda, vorantreiben will. Entsprechend ergibt sich aus dem Erzählzusammenhang kein Tatmotiv, weshalb David Abner, mit dem er verhandelte (2Sam 3,13) und einen Bund schloss (2Sam 3,12 f.21), umgebracht haben sollte. Ganz anders verhält es sich mit Joab:¹¹⁰ So ist durchaus denkbar, dass Joab befürchtete, dass David Abner an seiner Stelle zum Heerführer macht, wie er es später mit Amasa tut (2Sam 17,25; 19,14). Abner mag für Joab also möglicherweise eine gefährliche Konkurrenz dargestellt haben, ganz abgesehen davon, dass die beiden etwa in 2Sam 2,12– 32 heftig miteinander verfeindet waren.¹¹¹ Zudem werden in der Erzählung zwei weitere Tatmotive explizit genannt: Joab rächt den Tod seines Bruders Asael. Dabei handelt er doppelt verwerflich: Zum einen, weil er im Krieg vergossenes Blut in Friedenszeiten rächt (vgl. 1Kön 2,5), zum anderen,weil er Abner ohne Vorwarnung, „hinterrücks“¹¹² tötet,während dieser Asael in der damaligen Auseinandersetzung mehrfach gewarnt hatte. Joab überlistet Abner also, während er ihm vorwirft, David hinterlistig auszuspionieren.¹¹³ Schliesslich kann Joab auch ein politisches Tatmotiv unterstellt werden: Wie aus seiner vorwurfsvollen Rede an David hervorgeht, hält er Abner für nicht vertrauenswürdig beziehungsweise sogar für gefährlich (2Sam 3,15). Joab zieht mit Davids Knechten in den Krieg (2Sam 2,13 – 31; 3,22 u. a.),¹¹⁴ verhandelt mit Abner (2Sam 2,14.26 f.) und tötet hinterlistig einen Verbündeten des Königs (2Sam 3,27). Dass Joab „pour le bien du roi et du royaume“¹¹⁵ handle, ist

 Vgl. so etwa Haelewyck, J.-C. (1995, 181): „Ce lien pourrait s’exprimer comme suit: tout comme il a réussi à maîtriser, à museler Ishbaal, Abner tente maintenant d’agir de même manière avec David.“ Vgl. ferner die Argumente bei Haelewyck, J.-C. (1995, 191).  Vgl. auch McKenzie, S. L. (2011a, 307): „Whatever the historical circumstances may have been, the literary roles are clear. David is blameless of any wrongdoing. It is the sons of Zerujah who are culpable, especially where violence is concerned.“ Vgl. auch Cartledge, T. W. (2001, 398): „Joab’s untimely assassination of Abner probably grew from mixed motives.“  So Campbell, A. F. (2005, 43).  So Bar-Efrat, S. (2009, 44). ‫ ְשִׁלי‬ist ein Hapaxlegomenon. Vgl. ausführlich dazu Malul, M. (2003), der die These vertritt, „that ledabbēr baššelî is […] an idiomatic expression that means ‘to talk peace’, in the sense of formally negotiating and sealing a peace treaty“. Vgl. auch Alter, R. (22000, 213) sowie zur Textkritik Hugo, P. (2008, 107).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 104 f.); Bar-Efrat, S. (2009, 36 f.). Ishida, T. (1993, 111*) meint sogar, Joab sei „described as the leading villain in the story“.  Insgesamt wird Joab hier elfmal genannt: 2Sam 2,13.14bis.18.22.24.26.27.28.30.32.  Haelewyck, J.-C. (1995, 192). Vgl. auch Fischer, A. A. (2004, 114), der meint, dass Joab in einer Grunderzählung als „pflichtbewusster Militär“ erscheine, „der eine von Abner ausgehende Gefahr

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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hier definitiv nicht impliziert. V. 38 f. ist eine Zusammenfassung und Erweiterung dessen, was über mehrere Erzählungen immer deutlicher wurde: Joab ist der mächtige Drahtzieher, David der ohnmächtige Herrscher. Der König lässt Abner in Frieden ziehen. Joab bringt ihn hinterhältig um. Der Text spricht eine deutliche Sprache: David ist seinem Heerführer ausgeliefert. In einer späteren Zusammenfassung blickt David leidvoll auf das zurück,was ihm Joab „angetan hat“ (‫ֲא ֶשׁר־ָע ָשׂה‬ ‫)ִלי יוָֹאב‬: „Auch weisst du, was mir Joab, der Sohn der Zeruja, angetan hat, was er den beiden Heerführern Israels, Abner, dem Sohn Ners, und Amasa, dem Sohn Jeters, angetan hat: Er hat sie umgebracht […]“ (1Kön 2,5).¹¹⁶ Sowohl textkritisch¹¹⁷ als auch literarkritisch ist 2Sam 3,22– 39 komplex:¹¹⁸ So wird etwa der Mord an Abner zweimal unterschiedlich erwähnt (V. 27 und V. 30). Ferner werden zwei verschiedene Motive für Joabs Mord an Abner angegeben – zum einen Blutrache für seinen Bruder Asael (V. 27 und V. 30),¹¹⁹ zum anderen, dass Abner eine Gefahr darstelle (V. 24 f.).¹²⁰ Schliesslich finden sich zwei ganz ähnliche abschliessende Notizen in V. 36 und V. 37. Fast wechselweise ist von „David“ und dem „König“ die Rede, wobei der Wechsel in V. 23 – 26 besonders auffällig ist, insofern hier Joab zu David kommt und vom König weggeht. In V. 26b

für Leib und Leben Davids erkennt und entsprechend der Staatsräson handelt, ohne dabei den König in die Angelegenheit zu verwickeln“. Ähnlich auch Stoebe, H. J. (1994, 137).  Die Bedeutung Joabs wird nicht zuletzt in 2Sam 20,11 deutlich.  Parry, D.W. (2000, 83 f.) hält fest, dass sich ein „large cluster of unique readings of 4QSama“ in 2Sam 3,30 – 38 befindet. Hugo, P. hat mehrfach – zuletzt Hugo, P. (2011, 24– 48) – auf unterschiedliche Bearbeitungstendenzen in der ältesten Textüberlieferung, nämlich zwischen der griechischen Übersetzung (ca. zweite Hälfte des 3. Jh.v.Chr.) und der vermuteten Standardisierung des Proto-MT (ca. Mitte des 1. Jh. v.Chr.) hingewiesen, die ein erkennbares ideologisches beziehungsweise theologisches Profil haben.  Haelewyck, J.-C. (1995, 182 f.) sieht in 2Sam 3,22a.23 – 27*.32a.38 – 39 die ursprüngliche Erzählung, 2Sam 3,31.32b.33 – 37 sind dem Autor der Thronfolgeerzählung und 2Sam 3,9 f.17– 19.28 f. DtrG zuzuschreiben, „qui oppose l’innocence de la royauté davidique à la culpabilité de Joab“ – so Haelewyck, J.-C. (1995, 186). Fischer, A. A. (2004, 333) sieht in 2Sam 3,22abα.24– 26a.27abαß1 und eventuell in 3,32a eine alte Vorlage. 2Sam 3,22bβ.23.26b und 3,31– 37 schreibt er einer Gesamtredaktion aus dem 7. Jh. n.Chr. zu, 2Sam 3,28 f. einer deuteronomistischen Redaktion, Dtr(Sam). In 2Sam 3,27bβ2.30.38 f. schliesslich hält er nachredaktionelle Ergänzungen fest. Bietenhard, S. K. (1998, 157– 261) sieht in V. 22b.24bβ.26abα.27aγ und V. 31– 38 die prosalomonische Redaktion am Werk. V. 28 f. und 39 entsprechen bei ihr deuteronomistischen Ergänzungen. Nach Vermeylen, J. (2000, 482) findet sich eine alte Erzählung in 2Sam 3,22.23 – 26.27abα.31– 36.37. Hingegen liessen sich 2Sam 3,27bβ – 29a.30.38 – 39 der „édition salomonienne principale“ zuordnen sowie V. 29b der „rédaction finale de l’histoire de David“. Vgl. zum literarischen Wachstum auch Adam, K.-P. (2007, 60 f.).  In V. 27 ergeben sich jedoch syntaktische Schwierigkeiten, insofern sich das Suffix bei ‫ ָאִחיו‬auf Abner beziehen müsste. Dazu Fokkelman, J. P. (1990, 102 f.).  Vgl. Cryer, F. H. (1985, 392); Vermeylen, J. (2000, 206).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

wird ferner Davids Nichtwissen betont (‫) ְוָד ִוד ל ֹא ָיָדע‬, wobei jedoch unklar bleibt, ob sich dies auf das Handeln Joabs bezieht oder auf die angeblich bösen Absichten Abners. Umstritten ist insbesondere aber die Frage, ob die Verse 28 f. und 38 f., die hier besonders relevant sind, sekundär sind,¹²¹ und wenn ja, deuteronomistisch oder nicht. Für ihren sekundären Charakter¹²² sprechen erstens die bereits erwähnten Unterschiede zu den vorangehenden Reden und ihre Stellung nach dem zusammenfassenden Urteil des Volkes in V. 37 sowie die Tatsache, dass sie sich gut aus dem Kontext herauslösen lassen. Ein zweiter Anhaltspunkt ist, dass erneut, wenn auch nur implizit wie in V. 30, die Söhne der Zeruja, Joab und Abischai, gemeinsam für den Mord verantwortlich gemacht werden. Und drittens können in V. 28 f. sowie V. 38 f. Anklänge an deuteronomistische Sprache festgemacht werden:¹²³ So finden sich etwa im dynastischen Kontext verwendete Ausdrücke wie ‫„( ַעד־עוָֹלם‬für immer“), die Rede von der Schuldlosigkeit (‫ ) ָנִקי‬sowie die zentrale Rolle Jhwhs (z. B. ‫ ֵמִעם ְיה ָוה‬oder ‫ ְי ַשֵּׁלם ְיה ָוה ְלֹע ֵשׂה ָהָרָעה ְּכָרָעתוֹ‬vgl. auch 2Sam 3,9 f.). Da unterschiedlichstes literarisches Material vorliegt, das sich nicht immer klar voneinander trennen lässt – so erscheint etwa das Klagelied Davids als zuverlässige Quelle, „die in ihrer poetischen Form und sogar im ursprünglichen Wortlaut erhalten zu sein“ scheint¹²⁴ –, ist auch hier die Frage nach den Autorenkreisen und die historische Einordnung des Textes schwierig. Für eine ältere Grunderzählung (2Sam 3,22– 37*)¹²⁵ kommt die „frühe Zeit Salomos“¹²⁶ genauso in Frage wie die Zeit nach

 McCarter, P. K. (41986, 120) hält V. 38 f. nicht für sekundär, lediglich 39b sei ein „pious comment of a scribe“, aber „the rest displays no formal or thematic characteristic necessarily requiring us to bracket it as secondary.“ Vgl. auch Stoebe, H. J. (1994, 143).  Vgl. Vermeylen, J. (2000, 207 Anm. 84).  Es fehlen allerdings charakteristische deuteronomistische Formulierungen, wie sie Weinfeld, M. (21983) herausgearbeitet hat. Vgl. ebenso Gordon, R. P. (1990, 30): „Dictional correspondences involving words such as ‘innocent’ […], ‘bloodguilt’, and ‘forever’ are not at all impressive given the subject-matter. Nor is it necessary to attribute such parallels as exist to Deuteronomistic intervention in both passages.“ Hingegen schreibt Veijola, T. (1975, 30 – 32) 2Sam 3,28 f.38 f. DtrG zu. McCarter, P. K. (41986, 117– 120) hält nur die V. 28 f. für deuteronomistisch. McKenzie, S. L. (2011a, 304), spricht in V. 28 von einer „widely acknowledged Deuteronomistic terminology“.  Dietrich, W. (1997, 181). Vgl. zur Authentizität des Klageliedes auch Stoebe, H. J. (1994, 141): „Die Klage kennzeichnet, wohl historisch zuverlässig, die erste Phase des Königtums Davids in seinen Machtstrukturen […].“  Vgl. Dietrich, W. (1997, 246): „3,28 f.(30) und vielleicht der gesamte Passus 3,31– 39, in dem allenfalls das Klagelied auf Abner in V. 33 f. auf alter Tradition beruhen könnte, verfolgen eine klar apologetische Absicht: David distanziert sich mit aller Kraft vom Mord an Abner. Gerade dies aber ist ein durchgehender Zug der Gesamterzählung: David trifft – außer in dem ja sehr speziell gelagerten Fall des Urija – nie die Schuld am Tod eines Wiedersachers!“  Stoebe, H. J. (1994, 144). Campbell, A. F. (2005, 49) setzt sogar noch früher an: „[…] the original setting could well have been in Davidic circle.“ Vgl. zudem Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 144): „Wir

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

117

der sogenannten Reichsteilung. Die Erzählungen über einen diplomatischen Aufbau der Beziehungen zwischen Juda und Israel zu Beginn des vereinigten Königreiches dürften für die Identität der beiden Reiche entscheidend gewesen sein. Möglicherweise reflektiert die Erzählung in 2Sam 3,22– 37* daher auch die zerbrechliche Einheit Nord- und Südpalästinas und bringt sie in Davids Trauer um das vorläufige Scheitern der Vereinigung zum Ausdruck.¹²⁷ Bleibt diese frühe Datierung auch unsicher, so war die Grunderzählung sicherlich Teil des sogenannten Erzählwerks über die frühe Königszeit aus dem 8., vielleicht auch frühen 7. Jahrhundert (nach den Ereignissen von 722 v.Chr.).¹²⁸ Sie passt sehr gut in diesen Kontext, insofern sie deutlich macht, dass Nordisrael nichts vom Hause Davids zu befürchten habe, ungerechtfertigte Verdächtigungen dementiert und dafür wirbt, gemeinsam eine neue Zukunft zu suchen.¹²⁹ Was hier beschrieben wird, war weder in einer frühen Vorstufe, noch auf der Ebene des Endtextes eine Apologie Davids. Thema ist vielmehr die (gefährliche) Bedrohung von Davids Macht. Dabei wird David zwar nicht direkt an Leib und Leben bedroht dargestellt, aber er erscheint ohnmächtig und schwach.¹³⁰ Seine Schwäche wird inhaltlich daran deutlich, dass seine Handlungsunfähigkeit betont wird: Das Opfer zu ehren und den Täter der Strafe Gottes zu überlassen – dies ist alles, was ihm zu tun übrig bleibt. Selbst wenn David den Plan Joabs gekannt hätte, wäre er vermutlich „nicht in der Lage gewesen, Joab Einhalt zu gebieten“.¹³¹ Auch wenn es vermutlich zu weit geht, 2Sam 3,39 als „eine Art Programmsatz für Davids gesamte Rolle“¹³² anzusehen, so zeichnet sich hier mit der Schwäche Davids gegenüber den Söhnen der Zeruja doch etwas ab, das sich über die gesamten David-Erzählungen hinzieht.

werden hier mit einer resümierenden Wiedergabe von Gedanken und Fragen zu rechnen haben, die allerdings die Verhältnisse und die Haltung Davids im wesentlichen [sic!] richtig wiedergeben.“ Gordon, R. P. (1990, 30) nimmt „a post-Davidic date of composition (or editing) for the narrative“ an.  Dem Bericht der Königebücher zufolge war man in Juda immer wieder um die Wiedervereinigung des Nordens mit dem Süden bemüht (1Kön 12,21– 24; 14,30; 15,6.16 – 23.32). Vgl. Dietrich, W. (1997, 31).  Vgl. ähnlich auch Fischer, A. A. (2004, 333).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 268).  Vgl. Klein, J. (22011b, 686): „Der Fluch, den David danach über Joab und sein Haus verhängt (29), zeugt von der Ohnmacht Davids in dieser Angelegenheit: Joab ist offensichtlich so mächtig, dass David ihn weder an dieser Tat hindern noch ihn angemessen bestrafen kann.“  Hentschel, G. (1994b, 16). Vgl. ähnlich radikal auch Ishida, T. (1993, 111*): „It is clear that in both accounts of the killings of Abner and Amasa the narrator is intent on recording David’s inability in the face of Joab’s unlawful actions.“  Schulte, H. (1972, 143).

118

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

3.1.2. „…der sagte, er wolle David erschlagen“ (2Sam 21,15 – 17) Die Kurzerzählung in 2Sam 21,15 – 17 ist die einzige, die den Krieg mit den Philistern als Bedrohung und nicht als heldenhafte Bewährung für David herausstellt, und sie tut dies mit letzter Konsequenz: David soll sich von jetzt an schonen und nicht mehr mit in den Krieg ziehen, damit die „Leuchte Israels“ nicht auslöscht. Die Anekdote in 2Sam 21,15 – 17„deals with a battle with the Philistines that became complicated and endangered David’s life“.¹³³ Dabei steht 2Sam 21,15 – 17 in einer Reihe mit drei weiteren Episoden, die Zweikämpfe zwischen einem Philister und einem Helden Davids schildern. Diese Kurzerzählungen oder Notizen (2Sam 21,15 – 22) entsprechen innerhalb des chiastischen Aufbaus von 2Sam 21– 24¹³⁴ den Heldenerzählungen in 2Sam 23,8 – 39. Da sie aber mehr oder weniger losgelöst vom weiteren Kontext der David-Erzählungen stehen, in einem „annalistic style“¹³⁵ verfasst sind und als „enumerative fragments“¹³⁶ auftauchen, ist anzunehmen, dass sie ursprünglich nicht in diesen literarischen Kontext gehörten.¹³⁷ Die Erzählungen von den Zweikämpfen mit den Philistern passen inhaltlich weniger gut an das Ende der David-Erzählungen als vielmehr in die Hebroner Zeit¹³⁸ Davids oder – da nirgends vom „König“, sondern immer nur von David die Rede ist (2Sam 21,15bis.16.17.22) – in die Zeit, in der David Saul diente (vgl. auch 1Sam 18,27.30; 19,8), oder kurz danach, als er von ihm verfolgt wurde. Die Kurzerzählungen könnten also innerhalb der Erzählungen des ersten Samuelbuches dort angesiedelt werden, wo David Leute als „Freibeuter“ um sich scharte, bevor er sich zusammen mit sechshundert Männern von den Philistern als Söldnertruppe anheuern liess (1Sam 27,2).¹³⁹ Dazu würde beispielsweise die Erzählung in 1Sam 23,1– 5 passen, in der von einem Sieg Davids und seiner Männer über die Philister berichtet wird. Gegen die Annahme, dass die Kurzerzählungen in 2Sam 21,15 – 22 in die Zeit Davids als Freibeuter oder als König in Hebron gehören, spricht jedoch, dass hier die Philister eindeutig mit Israel (2Sam 21,15.21; vgl. auch 2Sam 23,9) und nicht mit dem „Haus Juda“ im Krieg

 Garsiel, M. (2011, 5).  Vgl. ausführlich dazu Kapitel B. 4.  Fokkelman, J. P. (1990, 292).  Fokkelman, J. P. (1990, 292).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 315 f.): „However, what makes these scenes unexpected and unusual is that on the one hand from II 12,31 no foreign enemy has been mentioned, and on the other, it is not David’s personal accomplishments they are about.“  Vgl. Dietrich, W. (1997, 194).  Vgl. Klein, J. (22011b, 730). Vorsichtig formuliert Campbell, A. F. (2005, 184): „a period earlier in David’s military career“.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

119

stehen.¹⁴⁰ Dies macht es wiederum wahrscheinlicher, dass 2Sam 21,15 – 22 mit den Kriegen gegen die Philister in 2Sam 5,17– 25 par. 1Chr 14,8 – 17 in Verbindung gebracht werden kann.¹⁴¹ Dort werden zwar keine Zweikämpfe, sondern lediglich das Kriegsgeschehen geschildert. Aber die Erzählungen beinhalten ebenso märchenhafte Züge; beispielsweise kann David lediglich dank der wundersamen Unterstützung Jhwhs zweimal einen Angriff der Philister abwehren.¹⁴² Da der literarische Kontext von 2Sam 21,15 – 22 unsicher bleibt, wurde umgekehrt versucht, eine Erklärung zu finden, weshalb der Text an das Ende der David-Erzählungen gerückt wurde. Ein Grund dafür wurde häufig in der Erschöpfung Davids (2Sam 21,15) gesehen:¹⁴³ David sei im Krieg gegen die Philister rasch ermüdet, weil er eben schon alt gewesen sei. Seine Altersbeschwerden werden dann in 1Kön 1,1 auch ausführlich beschrieben. Diese Müdigkeit Davids darf aber im gesamten Erzählkontext nicht überbewertet werden, da es eine textkritische Unsicherheit gibt: LXXB liest επορευθη statt ἐξελύθη.¹⁴⁴ Zudem ist auch schon in 2Sam 16,14 (‫ ָע ֵיף‬Adj.) von Davids Ermüden und in 2Sam 17,29 von der Erschöpfung des Volkes (im Zusammenhang mit dem Aufstand Absaloms) die Rede.¹⁴⁵ Die Erzählungen aus 2Sam 21,15 – 22 folgen auch in der Chronik (1Chr 20,4– 8) – wo die Müdigkeit Davids fehlt – relativ spät und als letzte Kriegshandlung Davids, nämlich direkt nach der Einnahme der ammonitischen Stadt  Vgl. Dietrich, W. (2006, 139 Anm. 245): „Wäre das korrekt, dann wären die geschilderten Ereignisse – soweit historisch – der Periode zuzuweisen, in der David (mit seinen Leuten?!) Saul diente. Doch spricht das Kolorit der Erzählungen eher für seine Zeit als Freibeuter.“  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 451); Cartledge, T.W. (2001, 643); Brueggemann,W. (1988, 394) und Dietrich, W. (2012a, 90). Vgl. auch Schroer, S. (1992, 191): „aus der Zeit der Philisterkriege“ und Fokkelman, J. P. (1990, 293): „We get incidents and pictures from the clashes on the PhilistineIsraelite border which occurred in the early years of King David.“ Zuletzt Garsiel, M. (2011, 6): „The most plausible time, then, for most of the episodes at issue is the middle of the first decade of David’s reign in Jerusalem.“ Ausführlich dazu auch Stoebe, H. J. (1994, 464– 466), der zu keinem Schluss kommt.  Zudem wird als Kampfplatz mehrfach die Ebene Refaim genannt (vgl. 2Sam 5,18.22; 2Sam 23,13 sowie die Parallelstellen in Chr 11,15; 14,9). Ein direkter Bezug zu den in 2Sam 21,15 – 22 genannten Refaim beziehungsweise „Söhnen des Rafa“ kann zwar nicht nachgewiesen, darf aber auch nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Vgl. Liwak, R. (1993, 635 f.) sowie ausführlich Rouillard, H. (21999, 698 f.).  Eine Erklärung für den vorliegenden literarischen Kontext der Erzählung sehen Hertzberg, H. W. (61982, 318), Brueggemann,W. (1990a, 339), Alter, R. (22000, 333) und Vermeylen, J. (2000, 411) in der Müdigkeit Davids, deren Ursache in seinem fortgeschrittenen Alter liegt.  Vgl. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 577); McCarter, P. K. (41986, 448) u. a. Vgl. zudem Gesenius, W. / Kautzsch, E. (281985, §72 t, 207). Vgl. mehr dazu weiter unten.  Vgl.Vermeylen, J. (2000, 411): „[…] le motif de l’épuisement de David (v. 15b) a déjà été utilisé en 2 S 16,14 et 17,29 en contexte rédactionnel salomonien, et la présentation des faiblesses de David est une des caractéristiques de cette rédaction.“

120

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Rabba (1Chr 20,1– 4; vgl. 2Sam 11,1; 12,26 – 31). Dies ist umso erstaunlicher, als die Parallelstelle mit Heldenerzählungen (2Sam 23,8 – 39) sehr viel früher, nämlich direkt nach Sauls Tod und der Salbung Davids zum König in 1Chr 11,10 – 47 eingefügt wurde. Es kann angenommen werden, dass auch die Verfasser der Chronik den ursprünglichen literarischen Kontext dieser Kurzerzählungen nicht kannten, beziehungsweise, was fast noch entscheidender ist, ihnen ebenfalls keinen anderen literarischen Kontext gaben als den einer Art „Nachtrag“. 2Sam 21,15 – 22 ist demnach literarkritisch nicht näher zu verorten, auch wenn die Einleitung mit ‫ ַו ְּתִהי־עוֹד‬in 2Sam 21,15, die in V. 18.19.20 wiederholt wird (vgl. sonst nur noch die Parallelstelle 1Chr 20,5 f. sowie Hi 6,10), sehr wahrscheinlich macht, dass den Erzählungen vom Krieg Israels gegen die Philister eine andere vorausgegangen ist.¹⁴⁶ Insgesamt ist die Passage sorgfältig strukturiert und im Hinblick auf Zeit und Ort homogen.¹⁴⁷ Viermal schlägt ein tapferer Kämpfer Davids einen der Refaiter. Bei den Philistern beziehungsweise Refaitern handelt es sich um Jischbi (‫ יִ ְשׁ ִבּי‬2Sam 21,15 – 17), Saf (‫ ַסף‬2Sam 21,18) beziehungsweise Sippai (‫ ִס ַפּי‬1Chr 20,4), Goliat (‫ ָגְּל ָית‬2Sam 21,19) beziehungsweise dessen Bruder Lachmi (‫ ַלְחִמי‬1Chr 20,5) und schliesslich um einen namenlosen „langen Mann“ (‫ )ָמִדין ִאישׁ‬mit je sechs Fingern und Zehen (2Sam 21,20 par. 1Chr 20,6).¹⁴⁸ Den vier erwähnten Philistern stehen vier namentlich erwähnte Helden Davids gegenüber: Abischai (‫( )ֲאִבי ַשׁי‬2Sam 21,17), Sibbechai (‫( )ִס ְבַּכי‬2Sam 21,18 / 1Chr 20,5),¹⁴⁹ Elhanan (‫( )ֶאְלָח ָנן‬2Sam 21,19 / 1Chr 20,5)¹⁵⁰ und Jonatan (‫) ְיהוֹ ָנָתן‬ (2Sam 21,21 / 1Chr 20,7).¹⁵¹ Die Erzählung von Jischbi fehlt in der Parallelstelle der Chronik (1Chr 20,4 – 8). Entsprechend wurde auch der Schlussvers V. 21 in 1Chr

 Vgl. Hertzberg, H. W. (61982, 318) sowie Campbell, A. F. (2005, 192).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 293): „But upon close inspection both passages turn out to be well-organised units and much literary attention has been paid to the shaping of the parts and their whole.“  Dieser sogenannte Polydactylimus ist im Alten Orient bedeutend, wie beispielsweise eine assyrische Inschrift von Šumma Izbu aus dem 7. Jh. oder ein anthropomorpher Sarg aus Deir elBalah in der Nähe von Gaza aus dem 13. Jh. zeigen. Vgl. für weitere Beispiele Barnett, R. D. (1990, 46 – 51). „Early examples seem to indicate that polydactylism was a characteristic of giants, or of people with super powers or extra strength.“ – so Barnett, R. D. (1990, 51).Vgl. zum ‫ ִאישׁ ָמדוֹן‬mit den je sechs Finger und Zehen (V. 20) auch Fokkelman, J. P. (1990, 298 bes. Anm. 32).  Aufgrund von 1Chr 11,29 wurde vermutet, dass Sibbechai ebenfalls zu den dreissig Helden Davids gehört. 2Sam 23,27 müsste dann entsprechend textkritisch korrigiert werden. Vgl. Hentschel, G. (1994b, 94), Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 588) und Stolz, F. (1981, 283).  Von einem Elhanan aus Betlehem ist auch in 2Sam 23,24 die Rede.  Jonatan wird als Sohn von Davids Bruder Schamma beziehungsweise Schimea eingeführt, der auch in 1Sam 16,9; 17,13; 2Sam 13,3 sowie eventuell auch in 2Sam 23,11.25.33 erwähnt wird.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

121

20,8 korrigiert und nicht mehr auf „diese vier“ (‫)ֶאת־ַאְר ַבַּעת ֵא ֶּלה‬, sondern nur noch auf „diese“ hingewiesen. 2Sam 21,15 – 22 lässt sich folgendermassen gliedern: V. 15 – 17 V.  V.  V.  f. V. 

Jischbi wird von Abischai getötet und dadurch David gerettet Saf wird von Sibbechai getötet Goliat wird von Elhanan getötet ein grosser Mann wird von Jonatan getötet zusammenfassender Schluss

Dabei fällt auf, dass 2Sam 21,15 – 22 nicht aus „vier gleichartigen Szenen“¹⁵² besteht, sondern dass V. 15 – 17 in mehrfacher Hinsicht heraussticht:¹⁵³ Bereits die Einleitung in V. 15a unterscheidet sich – abgesehen von der Formulierung ‫ ַוְּתִהי־עוֹד‬, die viermal vorkommt – deutlich von den Einleitungen in den folgenden Szenen.¹⁵⁴ So wird beispielsweise Israel innerhalb der Einleitungsformel lediglich in V. 15a erwähnt, wohingegen in V. 18.19 und 20 ein konkreter Kampfplatz genannt wird, nämlich Gob beziehungsweise Gat.¹⁵⁵ Zudem wird nur in V. 15 die Präposition ‫ְל‬ verwendet,während sonst mehrheitlich ‫ ִעם־ ְפִּל ְשׁ ִּתים‬steht. Damit verschiebt sich die Erzählperspektive zu Gunsten der Philister: Statt der neutraleren Formulierung „und es kam zum Kampf mit den Philistern“ (vgl. V. 18 f.) steht „und wieder hatten die Philister Krieg mit Israel“ (V. 15). Ferner wird ‫ ִמְלָחָמה‬in V. 15.20 ohne Artikel, in V. 18 f. dagegen jeweils mit Artikel verwendet.¹⁵⁶ 2Sam 21,15a

‫ַוְּתִהי־עוֹד ִמְלָחָמה ַל ְפִּל ְשׁ ִּתים ֶאת־יִ ְשָׂרֵאל‬

Sam ,

‫ ַו ְיִהי ַאֲחֵרי־ֵכן ַוְּתִהי־עוֹד ַה ִּמְלָחָמה ְבּגוֹב‬Chr , ‫ִעם־ ְפִּל ְשִּׁתים‬

Sam ,

‫ ַוְּתִהי־עוֹד ַה ִּמְלָחָמה ְבּגוֹב ִעם־ ְפִּל ְשִּׁתים‬Ch ,

Sam ,

‫ ַוְּתִהי־עוֹד ִמְלָחָמה ְבּ ַגת‬Chr ,

‫ַו ְיִהי ַאֲחֵריֵכן ַוַּתֲעֹמד ִמְלָחָמה ְבּ ֶג ֶזר‬ ‫ִעם־ ְפִּל ְשִּׁתים‬ ‫ַו ְּתִהי־עוֹד ִמְלָחָמה ֶאת־ ְפִּל ְשִּׁתים‬ ‫ַו ְּתִהי־עוֹד ִמְלָחָמה ְבּ ַגת‬

 Vgl. Stolz, F. (1981, 282).  Vgl. Brueggemann,W. (1990a, 338): „The text falls into two parts that stand in an odd tension with each other.“ Ebenso Stoebe, H. J. (1994, 464).  Vgl. ausführlich dazu Auld, A. G. (2011, 577).  Auffallend ist, dass 1Chr 20,4– 8 den Ortsnamen „Gob“ entweder weglässt (V. 5) oder ihn durch Geser (V. 4) ersetzt. Bei Gob handelt es sich um eine Ortschaft, die bis heute nicht lokalisiert werden konnte. Vgl. Simon, L. T. (2000, 165 f.) und Garsiel, M. (2011, 10 f.). Na’aman, N. (2008, 5) identifiziert Gob mit Khirbet Qeiyafa – allerdings ist diese Identifizierung sehr umstritten.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 294 bes. Anm. 21).

122

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Weiterhin enthalten alle vier Heldenerzählungen mehrere gleiche Komponenten, von denen lediglich 2Sam 21,15 – 17 einige Zusatzinformationen enthält: Alle Notizen beginnen mit der Nennung eines Kampfes gegen die Philister (mit Ausnahme der Anekdote in 2Sam 21,20 f.), des Kriegsschauplatzes (mit Ausnahme der Anekdote in 2Sam 21,15 – 17), der Beschreibung der furchterregenden Gegner und ihrer Waffen (mit Ausnahme der Anekdote in 2Sam 21,18), dem Namen des gegnerischen Philisters (mit Ausnahme der Anekdote in 2Sam 21,20 f.) und dem Namen des Helden, der ihn „erschlug“ (‫ נכה‬Hifil, 2Sam 21,16b.17b.18b.19b.21b; vgl. auch 2Sam 23,10.12 u. a.).¹⁵⁷ Ein Vergleich mit 2Sam 23,8 – 12.18 – 23 und Ri 3,31 zeigt, dass in den Aufzählungen dort ganz ähnliche Informationen enthalten sind (vgl. Tabelle unten). Abgesehen von 2Sam 23,20 – 23 handelt es sich dabei nicht um Zweikämpfe, sondern um Kriege gegen die Philister, in denen einer der Helden allein gegen eine grosse philistäische Übermacht siegt. Zweimal wird ein Held dabei ausdrücklich vom Kriegsvolk verlassen (2Sam 23,9.11). Entsprechend spielen auch der einzelne Gegner, seine Waffen und sein Aussehen eine geringere Rolle – die Namen der Gegner werden gar nicht genannt. Betont wird vielmehr die Anzahl der erschlagenen Philister. Dennoch dürften die Ähnlichkeit der Auflistung und die Tatsache, dass auch in 2Sam 21,15 – 20 viermal von einem Krieg mit den Philistern die Rede ist (2Sam 21,15.18.19.20), den fliessenden Übergang zwischen Krieg und Zweikampf deutlich machen. Ein eindrückliches Beispiel bietet abgesehen davon auch die sicher jüngere Erzählung von David und Goliat in 1Sam 17. Schliesslich wird auch in 2Sam 21,17 selbst das strikte Muster des Zweikampfes durchbrochen, wenn Abischai David zu Hilfe kommt.¹⁵⁸ Name des Gegners

Beschreibung der Waffen des Gegners bzw. des Helden¹⁵⁹

Name des Helden

Kriegsschauplatz

Sam , –  „Jischbi in Nob, der zu den Söhnen des Rafa gehörte“

„das Gewicht seiner Lanzenspitze war dreihundert Schekel Bronze, und er war neu gegürtet“

„Abischai, der Sohn der Zeruja“



 Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 297 f.) und Bar-Efrat, S. (2009, 223).  Vgl. Garsiel, M. (2011, 8): „As for the first of these episodes, one cannot consider it as an instance of one-on-one combat since Abishai came to help David.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 295 Anm. 25): „The data of 16bc and its parallels in 19c and 23:21b should, after all, be valued as a literary motif in combat stories […].“

123

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

Name des Gegners

Beschreibung der Waffen des Gegners bzw. des Helden

Sam , / Chr ,

„Saf, der zu den – Söhnen des Rafa gehörte“

Sam , / Chr ,

„Goliat, der Gatiter“

Sam , f. / Chr , f.

„ein langer Mann, der – hatte sechs Finger an seinen Händen und sechs Zehen an seinen Füssen,  an der Zahl; und auch er war dem Rafa geboren worden“

Name des Helden

Kriegsschauplatz

„Sibbechai, der Huschatiter“

Gob

„und der Schaft sei- „Elhanan, der Sohn Gob nes Speeres war wie des Jaare-Oregim, ein Weberbaum“ der Bethlehemiter“ „Jonatan, der Sohn Gat Schammas, des Bruders Davids“

Sam , / „achthundert (vgl. Chr ,) [Mann], die er auf einmal erschlagen hatte“

„er schwang seinen Speer“

„Joscheb-Baschebet, der Tachkemoniter, das Haupt der ‚Drei‘“

Sam , f. (vgl. Chr , – )

„bis seine Hand müde wurde und seine Hand am Schwert kleben blieb“

„Eleasar, der Sohn – Dodos, des Sohnes des Ahoach“

„Philister, die sich dort zum Kampf versammelt hatten“



Sam , f. „die Philister sam(vgl. Chr , – melten sich zu einer ) Truppe“

„schlug die Philister“ „Schamma, der – Sohn des Age, der Harariter“

Sam , f. / Chr , f.

„und er schwang seinen Speer“

„dreihundert Erschlagene“

Sam , –  „die beiden Kriegs/ Chr , –  helden von Moab und einen Löwen“ „einen ägyptischen Mann, einen Mann von schrecklichem Aussehen“

„Und der Ägypter hatte einen Speer in der Hand. Er aber ging mit einem Stock zu ihm hinab, riss

„Abischai, der Bru- – der Joabs, der Sohn der Zeruja, er war das Oberhaupt der Dreissig“ „Benaja, der Sohn – Jojadas, war ein tapferer Mann, gross an Taten, aus Kabzeel“

124

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Name des Gegners

Beschreibung der Waffen des Gegners bzw. des Helden

Name des Helden

Kriegsschauplatz

dem Ägypter den Speer aus der Hand und brachte ihn mit dessen eigenem Speer um.“ vgl. Chr ,

„die Edomiter,  – Mann“

„Abischai, der Sohn der Zeruja“

im Salztal

vgl. Ri ,

„die Philister, sechs- „mit einem Viehhundert Mann“ treiberstock“

„Schamgar, der Sohn Anats“



Zweierlei fällt bei diesem Vergleich auf. Zum einen wird nur in 2Sam 21,15 – 17 eine heikle und gefährliche Situation erwähnt, während in den anderen Episoden eine heldenhafte Tat im Vordergrund steht. Zum anderen ist lediglich hier David am Kampf beteiligt. Die Rolle Davids und die Darstellung der Gefahr sollen nachfolgend näher untersucht werden. Nach der Einleitungsformel (V. 15a) beginnt die Erzählung damit, dass David mit seinen Knechten hinabzog (‫ ירד‬wayyiqtol-x), sie mit den Philistern kämpften (‫ לחם‬wayyiqtol-x) und David ermüdete (‫ עיף‬wayyiqtol-x). ‫ עיף‬bedeutet so viel wie „müde“¹⁶⁰ beziehungsweise „erschöpft“¹⁶¹ (vgl. Ri 4,21; 1Sam 14,28.31; Jer 4,31) sein. Dass David hier einer „tödlichen Bedrohung“¹⁶² ausgeliefert ist, weil ihm ein mächtiger Philister gegenübersteht, wird erst im weiteren Verlauf deutlich. Im Vordergrund steht vorerst das Ermüden Davids.¹⁶³ In V. 16 wechselt die Perspektive des Erzählers unverzüglich zu Jischbi,¹⁶⁴ der David nun – ohne dass dies ausdrücklich gesagt wird – gegenübertritt. Auf Grund

 Bar-Efrat, S. (2009, 224).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 958). Vgl. Hasel, G. F. (1982, 710 – 718).  Stolz, F. (1981, 283). Vgl. Klement, H. H. (2000, 187): „In this connection it is appropriate to observe that although the victories were ascribed to David (21.22), he himself appears as tired, dependent upon help, indeed in life-threatening danger.“ Zudem: Cartledge, T.W. (2001, 643): „[…] David himself became extremely weary and was in danger of being overcome by a Philistine named Ishbi-benob.“  Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 338): „The particular focus of these verses is on David’s ‘weariness.’“  Vgl. Alter, R. (22000, 333): „This name looks as bizarre in the Hebrew as in transliteration and probably betrays a corrupt text.“ Vgl. zur Erklärung Bar-Efrat, S. (2009, 224). Vgl. zur Textkritik McCarter, P. K. (41986, 448) sowie Garsiel, M. (2011, 6).

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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dieses literarischen Bruchs¹⁶⁵ wurde vermutet, dass der Satz, der in der LXXL in 2Sam 21,11 überliefert ist, hierher passen könnte: καὶ κατέλαβεν αὐτοὺς Δαν υἱὸς Ιωα ἐκ τῶν ἀπογόνων τῶν γιγάντων.¹⁶⁶ Diese Annahme bleibt aber äusserst vage und ergibt mehr Fragen als Klärungen, insofern lediglich ein weiterer Feind genannt wird. So ist viel eher anzunehmen, dass die Kurzerzählung abrupt mit der Einführung Jischbis weitergeht: Auf die textkritisch umstrittene Angabe über die Herkunft Jischbis mit „Nob“¹⁶⁷ wird dessen Abstammung durch die Angabe ‫ִבּיִליֵדי‬ ‫ ָהָרָפה‬weiter präzisiert. Der Name ‫ ָהָרָפה‬taucht in 2Sam 21,15 – 22 insgesamt viermal (2Sam 21,16.18.20.22), zudem einmal in den Parallelstellen der Chronik ‫( ָהָרָפא‬1Chr 20,6) beziehungsweise ‫( ָהְרָפִאים‬1Chr 20,4) auf.¹⁶⁸ Diese Bezeichnung hat vermutlich nichts mit den legendären Einwohnern Kanaans,¹⁶⁹ die in der Septuaginta häufig als γίγαντες bezeichnet werden – hier durchweg mit Ραφα übersetzt – zu tun.¹⁷⁰ Aber auch wenn diese ‫( ִבּיִליֵדי ָהָרָפה‬V. 16.18) bzw. ‫( ֻי ְּלדוּ ְלָהָרָפה‬V. 20.22) – wobei ‫ְיִליֵדי‬ wohl allgemein weniger die physische Nachkommenschaft als vielmehr die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bevölkerungsgruppe beziehungsweise „nichts anderes als die dem Stammvater der Rephaim geborenen Kinder“¹⁷¹ bezeichnet – nichts mit den in Gen 14,5; 15,20; Dtn 2,11.20; 3,13 u. a. genannten „Riesen“ zu tun haben, so stechen sie hier doch durch ihren übernatürlichen Körperbau und ihre Waffen hervor. Es wird deutlich, dass der Text nicht zwei gleich starke Gegner im  Vgl. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 587): „La première notice (v. 15 – 17) semble avoir été mutilée en son commencement, car il n’y a pas de lien explicite entre le v. 15 et le début de 16.“  Ausführlich dazu Pisano, S. (1984, 151– 154).Vgl. McCarter, P. K. (41986, 448) und Stoebe, H. J. (1994, 455). Auch 4QSama frg. 154 hilft hier nicht weiter. Cross, F. M. / Parry, D. W. / Saley, R. J. / Ulrich, E. (2005, 180) halten fest: „The text at the beginning of v 16 is most confused. We have elected to follow the disturbed Masoretic tradition.“  Nob kommt in 1Sam 21,2; 22,9.11.19; Neh 11,32 und Jes 10,32 vor. Dass die heute in Rās eṭṬamīm lokalisierte Ortschaft Herkunftsort eines Philisters ist, ist unwahrscheinlich – vgl. Zwickel, W. (1992a, 84– 93). In der LXX fehlt entsprechend diese Lokalisierung καὶ Ιεσβι ὃς ἦν ἐν τοῖς ἐκγόνοις τοῦ Ραφα, da sie vermutlich unverständlich war. Vgl. die Erklärung von Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 588).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 166 f.): „As far as the orthography of the word is concerned it should be noted that II 21,15 – 22 is consistent in having exlusively the form with final ‫]…[ ה‬.“  Auf die im Alten Testament insgesamt fünfundzwanzigmal erwähnten Refaim oder Refaiter kann hier nicht näher eingegangen werden. Vermutlich handelt es sich um „a conglomerate consisting of various pseudoethnic groups, each with his own characteristics“ – so Rouillard, H. (1999, 698). Ob die hier erwähnten Refaim Mitglieder einer militärischen Elitetruppe waren und möglicherweise im Dienste einer Gottheit (‫ )רפה‬standen, die in ugaritischen Quellen als rp’u auftaucht, ist umstritten. Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 449 f.451); Rouillard, H. (1999, 699); Talmon, S. (1995, 104– 118) u. a.  Vgl. Liwak, R. (1993, 625 – 636); Hentschel, G. (1994b, 93) und Cartledge, T. W. (2001, 643).  Perlitt, L. (1994b, 215).Vgl. McCarter, P. K. (41986, 449 f.).Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 298 Anm. 34) und Simon, L. T. (2000, 168).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Kampf zeichnet, sondern beschreibt, wie die sogenannten „Knechte“ Davids gegen übermächtige – gemäss der Beschreibung der Waffen in 2Sam 21,16.19 – und übernatürliche – entsprechend der Beschreibung in 2Sam 21,20 – Feinde antreten und sie erfolgreich besiegen. In diesem Sinn trägt 2Sam 21,15 – 22 deutliche Kennzeichen einer sogenannten „Heroenüberlieferung“.¹⁷² Es folgt eine ausführliche Beschreibung der Waffen Jischbis, durch die der Erzähler dessen Überlegenheit betont. Das in V. 16 angegebene Gewicht der Lanzenspitze¹⁷³ mit dreihundert Schekeln Bronze zeigt, dass David einem schwer bewaffneten Mann gegenüber stehen muss.¹⁷⁴ Diese Beschreibung lässt an Goliat denken, dessen Speerspitze sechshundert Schekel Eisen wog (1Sam 17,7). Nicht nur die schweren Waffen Jischbis, sondern auch seine Umgürtung (‫ חגר‬Part.) dürften auf eine Gefahr hindeuten. Textkritisch ist dabei unklar, ob hier der Name der Waffe weggelassen wurde,¹⁷⁵ ob es sich um ein „neues“ Umgürten handelt (‫ָחגוּר‬ ‫)ֲחָד ָשׁה‬¹⁷⁶ oder ob mit LXXL das Substantiv (‫ )חגורה‬gelesen werden muss („gegürtet mit einem Gürtel“).¹⁷⁷ Zu diesem nonverbalen Aspekt der Bedrohung kommt ein direkter, verbaler Angriff. Der schwer bewaffnete Refaiter Jischbi sagt nun, er wolle David erschlagen (V. 16 ‫ אמר‬wayyiqtol-x; ‫)ְלַהּכוֹת ֶאת־ ָּד ִוד‬. Dabei bleibt offen, ob diese Aussage als geheimer Plan oder als offene Drohung gedeutet werden muss. Fest steht, dass der Erzähler weiss, was Jischbi sagt, und dies mitteilt. Umso auffälliger ist dies, als in 2Sam 21,15 – 22 sonst nur noch in V. 21 – ebenfalls im Kontext einer verbalen

 Vgl. Liwak, R. (1993, 636). Vgl. dazu auch sehr überzeugend Perlitt, L. (1994b, 215 – 217).  Das hier verwendete Wort ‫ ַקיִן‬ist ein Hapaxlegomenon und daher nicht näher zu bestimmen. Die Septuaginta übersetzt mit τό δόρυ.Vgl. McCarter, P. K. (41986, 448); Alter, R. (22000, 333) sowie Bar-Efrat, S. (2009, 225).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 293). Vgl. auch Bar-Efrat, S. (2009, 225): „Da ein Schekel etwas mehr als 11 Gramm wiegt, war das Gewicht der Waffe aus Bronze ungefähr 3,5 kg. Dieses Detail unterstreicht die Kraft des Waffenbesitzers.“ Vgl. Stolz, F. (1981, 283). Anders Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 588): „[…] le poids indiqué (3,5 kg) n’a rien de fantastique.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 225): „Wahrscheinlich ist hier der Name der Waffe ausgelassen worden, oder ‫ חדשה‬ist eine Verderbnis der Waffenbezeichnung.“ McCarter, P. K. (41986, 448) sieht das textkritische Problem am ehesten in der Variante der LXXB – also mit einer Ergänzung – gelöst: καὶ αὐτὸς περιεζωσμένος κορύνην.  Dabei widerspricht die Deutung von Simon, L. T. (2000, 173) („[…] implying that the soldier who it is said about was a freshman in waging war and fighting a battle“) der allgemeinen Annahme, dass hier ein besonders gefährlicher Mann dargestellt werden soll.  Dafür könnte auch 4QSama frg. 154 sprechen. Vgl. Cross, F. M. / Parry, D. W. / Saley, R. J. / Ulrich, E. (2005, 179 f.).

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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Äusserung: „und er verhöhnte Israel“ (V. 21 ‫ חרף‬Piel, wayyiqtol-x) – eine Handlung von den Philistern ausgeht.¹⁷⁸ Anscheinend – davon wird jedoch in der Erzählung wiederum nichts gesagt – versucht Jischbi anschliessend, seine Drohung in die Tat umzusetzen, denn Abischai muss David nun zu Hilfe kommen. Auf die indirekte Rede (V. 16b) folgt somit in V. 17 unmittelbar der Einsatz Abischais, des Bruders Joabs, eines der Söhne der Zeruja. Dieser hat als Oberhaupt der Helden Davids eine wichtige Funktion, wie 2Sam 23,18 f. zeigt.¹⁷⁹ Allerdings sind die Rollen des Königs und seiner Helden im Gegenüber zu den Erzählungen der sogenannten Aufstiegs- und Thronfolgegeschichte geradezu vertauscht: Während David Abischai in den vorangehenden Erzählungen jeweils vom Töten eines Feindes abgehalten hat (1Sam 26,8 f.; 2Sam 16,9; 19,22), scheint er hier ganz auf Abischais Unterstützung angewiesen zu sein. David überlebt den Krieg vermutlich nur dank dessen tatkräftigem und raschem Eingreifen.¹⁸⁰ Das Verb ‫( עזר‬wayyiqtol-x, „jemandem beistehen“, „helfen“) kommt überwiegend in den Psalmen und der Chronik vor und wird nicht selten auch für die Hilfe Gottes verwendet (beispielsweise in Gen 49,25; 1Sam 7,8; Jes 41,10; 2Chr 14,10; 18,31; Ps 79,9; 109,26 u.ö.).¹⁸¹ Der mutige Einsatz Abischais wird hier jedoch nicht theologisch als Hilfe Jhwhs für David gedeutet. Jhwh wird in 2Sam 21,15 – 22 kein einziges Mal genannt.¹⁸² Ausgerechnet Abischai ist es, der David vor dem Tod rettet. In zwei kurzen Sätzen – Abischai schlug den Philister Jischbi und tötete ihn – werden die Aktivität und der rasche Ablauf der Handlung Abischais betont. Der Satz, der die Tat beschreibt, ist genau derselbe wie in 1Sam 17,50, wo davon erzählt wird, wie David Goliat tötet: ‫ ַו ַיְּך ֶאת־ַה ְפִּל ְשׁ ִּתי ַו ְיִמיֵתהוּ‬.¹⁸³ Wenig später in 2Sam 21,19 wird dann der Gatiter Goliat (vgl. 1Sam 17,4.23; 21,10; 22,10) sogar namentlich erwähnt – wie in 1Sam 17,7 mit einem Speerschaft wie einem Weberbaum. Ein gewisser Elhanan soll ihn getötet haben. Es wurde vermutet, dass Informationen aus

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 295): „This Ishbi-benob had received three nominal clauses and a wyqtl clause which reports only what he said. Now the narrator has him eliminated in two wyqtl clauses containing the transitive acts of Abishai.“  Vgl. zum Vergleich zwischen 2Sam 21,15 – 22 und 23,8 – 39 Fokkelman, J. P. (1990, 292– 294).  Vgl. Brueggemann, W. (1988, 387). „He is not filled with power and vitality, but is utterly dependent on his men.“ Ebenso geht auch Garsiel, M. (2011, 9) davon aus, dass der Autor „bestows Abishai with the credit of saving King David’s life.“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 947 f.). Vgl. auch Lipiński, E. (1989, 15): „Häufig hat es Gott zum Subjekt und einen Ausdruck zur Bezeichnung der Gläubigen oder des Gottesvolkes als direktes Obj.“  Vgl. Klement, H. H. (2000, 188): „The reference to David’s helplessness is even more convincingly plain in the light of the fact that Yahweh is on his side, and David is the king whom Yahweh desires.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 223); Fokkelman, J. P. (1990, 296).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

2Sam 21,15 – 22 verwendet und zur heldenhaften Erzählung in 1Sam 17 ausgeschmückt wurden,¹⁸⁴ und daraus gefolgert, dass 2Sam 21,15 – 22* älter sein muss als 1Sam 17. Es ist wahrscheinlicher, dass der Sieg Elhanans auf David übertragen wurde, anstatt die umgekehrte Übertragung von einer berühmten Person auf eine kaum bekannte anzunehmen.¹⁸⁵ Nachdem Abischai Jischbi getötet hat, folgen die Konsequenzen, die die Männer Davids aus diesem Kriegserlebnis ziehen, und eine Erklärung, weshalb David in den weiteren Heldenerzählungen nicht mehr vorkommt: Er soll geschont und keiner weiteren Gefahr ausgesetzt werden, damit die „Leuchte Israels“ nicht auslösche:¹⁸⁶ ‫לֹא־ֵתֵצא עוֹד ִאָּתנוּ ַל ִּמְלָחָמה ְול ֹא ְתַכ ֶבּה ֶאת־ ֵנר יִ ְשָׂרֵאל׃‬. Metaphorisch wird in den Königebüchern dreimal ein Davidide als ‫( ִניר‬1Kön 11,36; 15,4; 2Kön 8,19; vgl. auch 2Chr 21,7, auch mit der Bedeutung von „dauernder Bestand“) bezeichnet. Unter der Voraussetzung, dass ‫ ִניר‬eine Nebenform zu ‫( ֵנר‬2Sam 21,17 u. a.) sein kann, kann festgehalten werden, dass „an mehreren Stellen das Bild von der Lampe auf David oder die davidische Dynastie angewandt wird“.¹⁸⁷ Dabei taucht der Ausdruck immer in einer formelhaften Verbindung auf: Die Sätze werden jeweils eingeleitet mit ‫ְלַמַען‬, zweimal trägt David den Ehrentitel „Knecht [Jhwhs]“ (‫ ֶעֶבד‬1Kön 11,36; 2Kön 8,19), und zweimal wird als Ort der Leuchte Jerusalem genannt (1Kön 11,36; 15,4).¹⁸⁸ Da dieser formelhafte Charakter in 2Sam 21,17 fehlt, wurde angenommen, dass ein späterer deuteronomistischer Redaktor den Ausdruck von hier übernommen und ihn in den Königebüchern in Zusammenhang mit David weiterverwendet hat.¹⁸⁹ In diesem deuteronomistischen Gebrauch kann – wie etwa auch in Ps 132,17, wo davon die Rede ist, dass Jhwh David ein Horn und eine Lampe aufrichten wird – das hier

 Vgl. Na’aman, N. (2008, 4 f.) sowie die hypothetische Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte von 1Sam 17 und 2Sam 21,15 – 22 bei Nitsche, S. A. (2002, 41– 53). Vgl. McKenzie, S. L. (22001, 70 – 88).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 296). Bar-Efrat, S. (2009, 224) geht von zwei Traditionen aus: „Nach der einen erschlug einer der Helden Davids den Gatiter Goliat,während es nach der anderen David selbst war. Der Philister, der nach 1Sam 17 von David erschlagen wurde, war eigentlich anonym.“  Vgl. dazu auch Loretz, O. (1990, 203).  Kellermann, D. (1986, 625). Diese Bedeutung ist nicht unumstritten. Vgl. dazu Ben Zvi, B. (1991, 19 – 30) sowie Görg, M. (1985a, 363 – 367). Beide plädieren dafür, dass die Übersetzung mit „Lampe“ falsch ist.  So ausführlich Veijola, T. (1975, 119).  Vgl. Veijola, T. (1975, 119): „Der formelhafte Charakter des Ausdrucks im Vergleich zu der schlichten Aussage von 2Sam 21:17b macht es ganz unwahrscheinlich, dass schon in 2Sam 21:17 derselbe Verfasser am Werk wäre. Näher liegt die Annahme, dass der dtr Redaktor den Ausdruck auf Grund von 2Sam 21:17b konzipiert hat, denn eine andere Stelle, von der er ihn hätte übernehmen können, fehlt.“ So auch Hentschel, G. (1994b, 94) und Kellermann, D. (1986, 624 f.). Auch Görg, M. (1985a, 367) hält in diesem Kontext an der deuteronomistischen Verfasserschaft fest.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

129

genannte „Machtzeichen“¹⁹⁰ einer ständig brennenden Lampe als „symbol of endurance and prosperity“¹⁹¹ angesehen werden. In 2Sam 21,17 stehen hingegen eindeutig die Vergänglichkeit und die Gefahr des frühzeitigen und unerwarteten Verlöschens im Vordergrund.¹⁹² Die Männer wollen David in Sicherheit wissen, weil er als König eine Sonderstellung als „Leuchte für das Volk“ innehat. In welchen literarischen und ideologiegeschichtlichen Kontext¹⁹³ diese Aussage passt, und inwiefern hiermit auch eine spezifische Königsideologie¹⁹⁴ zum Ausdruck gebracht werden soll, muss offen bleiben.¹⁹⁵ Insgesamt fällt in 2Sam 21,15– 17 Davids passive Haltung in diesem Kampf ¹⁹⁶ auf: David trägt nichts zum Sieg bei, im Gegenteil, er musste von Abischai gerettet werden und wird künftig nicht mehr in den Kampf ziehen.¹⁹⁷ Damit wird ein Grund

 So Görg, M. (1985a, 367).  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 450).  In 2Sam 22,29 par. Ps 18,29 ist von Jhwh als Leuchte oder in Spr 20,27 vom Geist des Menschen (‫ )ָאָדם ִנ ְשַׁמת‬als Leuchte Jhwhs die Rede. Wo in weisheitlichen Texten die Lampe als Metapher für das Leben verwendet wird, steht sie immer im Kontext der erlöschenden Lampe der Gottlosen und Frevler (Hi 21,17; Spr 20,20; 24,20).Vgl. Cartledge, T.W. (2001, 644). Kellermann, D. (1986, 623 f.) hat ferner festgehalten: „Die Lampe bedeutet, wenn sie hell brennt, Lebensglück, aber Tod und Untergang, wenn sie erlischt. Das Erlöschen […] ist Sinnbild des Unglücks und des Untergangs, weil die Finsternis dem Tode gleicht und ihre Schrecken birgt.“  Vermutet wurde ein Kontext, in dem der König eine Führungsfigur und nicht mehr Feldherr war.Vgl. Garsiel, M. (2011, 8): „They decided that they needed a king as their national leader more than as a military field commander who takes part in actual fighting.“ Und später spitzt Garsiel, M. (2011, 17) noch einmal zu: „The most important reason for establishing a kingship in Israel, namely, that the king would lead his people in war, is obsolete.“  Vgl. Brueggemann,W. (1988, 387): „In the middle of this list ‚David’s men‘ (presumably led by Abishai) pronounce a massive assertion of royal ideology […].“ Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 588) halten fest: „L’image de la lampe d’Israël peut appartenir à la phraséologie royale […].“  Vgl. Stolz, F. (1981, 283): „Merkwürdig mutet die Schlußbemerkung des Abschnitts an, wonach die Soldaten David vorsichtshalber nicht mehr in den Krieg ziehen lassen wollen. Dieser Satz paßt schlecht in eine Sage oder Anekdote, erinnert aber stark an 18,3; vielleicht ist die Bemerkung aus jenem Zusammenhang hier eingetragen worden.“ Vgl. Brueggemann, W. (1988, 387). Zudem Fokkelman, J. P. (1990, 297): „The text which appears somewhat later in narration time places the insight that David may no longer be exposed to the dangers of the battlefield much earlier in narrated time, saying that people already wanted to keep the early David out of harm’s way.“  Vgl. Campbell, A. F. (2010, 352): „David may have been a great leader and strategist, but he lacked the stamina of a warrior and was in great enough danger of his life that his men decided ‘you shall not go out with us to battle any longer’ (2 Sam 21,17).“ Vgl. ferner Brueggemann, W. (1990a, 339): „At the same time, the popular tradition of David’s heroic prowess is called into question for he himself does nothing to his narrative report.“  Vgl. Brueggemann,W. (1988, 387). „[…] in the list of four heroic killings, David does nothing.“ Diese Absurdität gut auf den Punkt gebracht hat auch Campbell, A. F. (2005, 194): „No feat of David’s is narrated; his only achievement in the text is to grow weary.“

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

angegeben, weshalb der Kampf zwischen Israel und den Philistern seit diesem Zeitpunkt ohne den König abläuft.¹⁹⁸ Die Kurzerzählung in 2Sam 21,15 – 17 endet mit einem Schwur der Männer Davids (‫)ַא ְנ ֵשׁי־ָד ִוד‬. Dabei fällt auf, dass von Davids Männern (‫ ַא ְנ ֵשׁי־ָד ִוד‬vgl. auch 1Sam 23,3; 24,5; 2Sam 19,42) und nicht von Davids Knechten (‫ ַוֲעָבָדיו‬vgl. 2Sam 21,15.22) und schon gar nicht von Davids Helden (‫ – ) ִגּ ֹבּ ִרים‬wie dann in 2Sam 23,8 f.13.16 f.22 u. a. – die Rede ist.¹⁹⁹ An diese Beobachtung schliessen sich weitere an: So fallen etwa syntaktische Übereinstimmungen zwischen der Einleitung in V. 15 und dem Schlusssatz in V. 22 auf, wo die Söhne des Rafa aus Gat²⁰⁰ David und seinen Knechten gegenübergestellt werden: Beide Male werden David und seine Knechte erwähnt. Doch obwohl David und seine Knechte die Sieger sind, erhalten sie sowohl in V. 15 als auch in V. 22 nicht „the syntactical position of subject“.²⁰¹ Inhaltlich lässt sich aber auch eine gewisse Spannung zwischen V. 15 – 21 und V. 22 feststellen: In V. 22 wird betont, dass die vier Philister, die dem Rafa in Gat geboren wurden, durch die Hand Davids (‫ )ְב ַיד־ָּד ִוד‬und durch die Hand seiner Knechte fielen, David aber keinen einzigen getötet hat.²⁰² Die Erzählung in 2Sam 21,15 – 17 und vor allem ihr Fehlen in 1Chr 20 lässt zahlreiche redaktionskritische Fragen offen: Wäre es denkbar, dass einige Heldenerzählungen ohne direkte Beteiligung Davids ursprünglich sind und beim Einfügen an diesen Ort eine Anekdote hinzugefügt wurde als Erklärung, weshalb David öfters nicht mit in den Krieg zog?²⁰³ Sprachlich liesse sich dies etwa an der Beobachtung festmachen, dass in V. 18 eindeutig ein neuer Abschnitt beginnt – eingeleitet durch die sonst immer an markanten Stellen verwendete Formel ‫ַו ְיִהי‬ ‫( ַאֲחֵרי־ֵכן‬vgl. Ri 16,4; 1Sam 24,6; 2Sam 2,1; 8,1;10,1; 2Kön 6,24;1Chr 18,1;19,1). Oder ist es umgekehrt wahrscheinlicher zu vermuten, dass die Version von vier Zweikämpfen ursprünglich ist, und in 1Chr 20,4– 8 die Anekdote von David ausgelassen wurde,

 Vgl. dazu die Erklärung von Alter, R. (22000, 334): „This fragmentary episode is obviously remembered because it marks a turning point in David’s career.“  Vgl. zu den Begriffen Bietenhard, S. K. (1998, 51– 53.59 – 69).  Vgl. Levin, Y. (2012, 144).  Fokkelman, J. P. (1990, 295).  Garsiel, M. (2011, 15 f.) hat aus diesem und anderen Gründen geschlossen, „that Elhanan is David’s previous name before he became king“. Aber selbst unter dieser Voraussetzung ändert sich nichts daran, dass V. 22 in Spannung zu V. 19 steht, insofern dort Goliat nicht als Sohn Rafas eingeführt wird und in 2Sam 21,15 – 21 also insgesamt nur drei und nicht vier Söhne Rafas erwähnt werden. Vgl. Simon, L. T. (2000, 175) und Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 587).  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 464): „Man wird darum in diesen Versen [V. 15 – 17] eine vom Skopus her bestimmte freie Verwendung von Stilelementen, eine Erweiterung und Überarbeitung zu sehen haben.“ Vgl. ebenso Auld, A. G. (2011, 577 f.), der zahlreiche Argumente einbringt, weshalb 1Chr 20,4– 6 älter ist als 2Sam 21,15 – 22.

3.1. Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege

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weil sie David schwach und wenig heldenhaft darstellt?²⁰⁴ Aufgrund des fragmentarischen, notizenhaften Charakters der Kurzerzählungen lässt sich diese Frage kaum textimmanent beantworten. Jeder Versuch, dies zu tun, bleibt spekulativ. Fest steht, dass es sich bei der Liste in 2Sam 21,18 – 21, eventuell bereits bei dem gesamten Abschnitt 2Sam 21,15 – 22, um einen alten Text aus dem 10./9. Jh. v.Chr. handelt, der von Zweikämpfen im Krieg zwischen Philistern und Israel berichtet. Auf das hohe Alter der Liste, das in der Forschung fast unumstritten ist,²⁰⁵ weisen insbesondere die zahlreichen detaillierten Namen und Angaben, beispielsweise die Nennung Gats,²⁰⁶ aber auch die knappe episodenhafte Auflistung der Kämpfe hin. Dass diese Notizen nicht nur historische Fakten festhalten, sondern durchaus legendenhafte Züge haben, spricht nicht gegen diese Annahme. Solche und ähnliche Notizen könnten vielleicht in dem in Num 21,14 erwähnten ‫ ֵסֶפר ִמְלֲחֹמת ְיה ָוה‬gesammelt worden sein. Nichtsdestotrotz wurden diese Anekdoten in 2Sam 21,15 – 22 weder in das sogenannte Erzählwerk über die frühe Königszeit noch in das deuteronomistische Geschichtswerk aufgenommen. Sie befinden sich in dem wesentlich späteren Anhang der Samuelbücher (2Sam 21– 24). So durchlebte 2Sam 21,15 – 22* zwischen dem 4. und 2. Jh. v.Chr. noch einmal starke Veränderungen und Ergänzungen, wie ein Vergleich mit 1Chr 20,4– 8 und die unterschiedlichen Bearbeitungstendenzen – besonders in V. 16a – in den verschiedenen Textzeugen²⁰⁷ zeigen.

 Vgl. Campbell, A. F. (2005, 193). „Perhaps David’s weariness and near escape from death were not judged a fitting remembrance to the founder of the future temple.“ Vgl. Nitsche, S. A. (2002, 41): „Jene Notiz, die eine Schwäche Davids zeigt, wurde gestrichen, da das ganze Buch an einer Verherrlichung David interessiert ist.“ Vgl. Garsiel, M. (2011, 17 f.).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 194): „Die sehr alten Überlieferungen in 2.Sam 21,15 – 22 und 23,8 – 23 sind voller Anekdoten über Scharmützel, Zweikämpfe, Kommandounternehmen, in denen sich David und seine Leute vornehmlich mit Philistern maßen.“ Vgl. auch Cartledge, T. W. (2001, 642): „These stories may derive from ancient archival material […]“ sowie ganz ähnlich auch Hertzberg, H. W. (61982, 318) und McCarter, P. K. (41986, 451).Vgl. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 589): „[…] la péricope apparaît comme un vestige du matériau qu’a dû utiliser le plus ancien historien […].“ Zudem auch Vermeylen, J. (2000, 411), allerdings mit einer etwas sonderbaren Begründung: „L’ancienneté de la tradition est confirmée par le fait qu’Abishaï fils de Ceruya est présenté comme celui qui sauve David d’une morte certaine (vv. 16 – 17), alors que les rédacteurs salomoniens l’opposent sans cesse au roi.“ Zuletzt Finkelstein, I. (2013, 134): „The heroic stories in 2 Sam 21,15 – 22 and 2 Sam 23,8 – 21 also belong to the early southern layer. These preserve folktales of daring actions undertaken by David’s warriors in the course of their confrontation with the Philistines.“  Vgl. ausführlich zu Gat in Kapitel B. 3.3.3.  Diese lassen sich ungefähr in die Zeit zwischen der griechischen Übersetzung (ca. zweite Hälfte des 3. Jh. v.Chr.) und der vermuteten Standardisierung des Proto-MT (ca. Mitte des 1. Jh. v.Chr.) datieren.

132

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

3.1.3. Fazit Unter dem Aspekt der Bedrohung durch äussere Feinde und Kriege rückten zwei Texte in den Blick, die sonst kaum je nebeneinander betrachtet werden und die beide von Davids Schwäche im Gegenüber zur Stärke der Söhne der Zeruja handeln. In diesem Gegenüber von 2Sam 3,22 – 39 und 2Sam 21,15 – 17 wird Davids Ohnmacht und die Macht der Söhne der Zeruja besonders deutlich.²⁰⁸ In 2Sam 3,29 bezeichnet sich David als schwach gegenüber den Söhnen der Zeruja, die „härter“ sind als er. In 2Sam 21,15 – 17 ermüdet David und überlebt den Zweikampf nur dank des tapferen Einschreitens von Abischai. Von einer Apologie kann weder in 2Sam 3,22– 39 noch in 2Sam 21,15 – 17 die Rede sein – warum wird David als schwach dargestellt und warum sollte er den mächtigen Philister nicht niederstrecken, so wie er Goliat in 1Sam 17 besiegt hat und wie dies seine Helden tun?²⁰⁹ Die Söhne der Zeruja spielen sowohl in der sogenannten Aufstiegs- wie auch in der Thronfolgegeschichte immer wieder eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt deshalb wurde vermutet, dass es sich bei den beiden Söhnen der Zeruja – Abischai und Joab – nicht um Figuren, sondern um eine Art „literarisches Motiv“²¹⁰ beziehungsweise „pattern“²¹¹ handelt, das sich durch die Opposition der beiden zum König und die kollektive Bezeichnung mit ‫ ְבּ ֵני ְצרוּ ָיה‬ausweist.²¹² Doch ihre Rolle ist komplexer. Die vorliegende Untersuchung hat deutlich gemacht, dass eine vorschnelle Trennung in eine sogenannte „Heldentradition“, in der „die Söhne der Zeruja durchweg positiv gesehen“²¹³ werden (2Sam 21,17; 2Sam 23,24; 2Sam 10,7– 14; u. a.), und in eine negative Darstellung der Söhne der Zeruja²¹⁴ durchaus kritisch hinterfragt werden kann. Ihre brutales Einschreiten wird nicht immer gleich  In beiden Texten wird denn auch Abischai erwähnt (2Sam 3,30 und 2Sam 21,17).Vgl. zur Rolle Abischais Auld, A. G. (2011, 578).  Vgl. Klein, J. (22011b, 730): „David wird nicht als Held beschrieben, eher im Gegenteil: Abischai kommt ihm zu Hilfe (17a). Aufgrund der Gefahr, der sich David ausgesetzt hatte, lassen die Männer Davids ihn nicht mehr in den Kampf ziehen (17b).“  So Bietenhard, S. K. (1998, 123 f.).  Vgl. McKenzie, S. L. (2011a, 294). Gunn, D. M. (1976, 215 f.) spricht von einem „pattern“, das David schwach zeigt gegenüber „the son of Zeruiah as the man of action“. Vgl. Gunn, D. M. (1976, 217): „The role of the sons of Zeruiah vis-à-vis David has in time been encapsulated in a memorable and easily deployed stereotype.“  Fischer, A. A. (2004, 108).  Fischer, A. A. (2004, 109).  Zur Negativcharakterisierung der Zerujasöhne Joab und Abischai gehören gemeinhin 2Sam 16,10 f.; 19,22 f.; vgl. ferner 1Sam 24,11; 2Sam 1,16; 2Sam 3,39a. Vgl. zuletzt McKenzie, S. L. (2011a, 293): „[…] they function primarily as a contrast or foil to David by carrying out or advocating acts of violence that he eschews but from which he nonetheless benefits. The sons of Zeruiah thus at once deflect suspicion from David for violent deeds and highlight his piety and passivity.“

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

133

beurteilt: Dreimal kann David Abischai davon abhalten, einen Gegner umzubringen (1Sam 26,8 f.; 2Sam 16,9; 19,22). Beim vierten Mal wird Abischai für ihn gerade durch sein rasches Eingreifen zum Beschützer. Während die Tötung des Philisters in 2Sam 21,15 – 17 David das Leben rettet und also sicherlich positiv verstanden werden will, bleibt der Text in 2Sam 3,22– 39 merkwürdig uneindeutig. David zögert mit der Tötung der Sauliden beziehungsweise versucht, diplomatische Kontakte mit Abner, dem Heerführer Eschbaals, aufzubauen; Joab verhindert dies durch seine Tatkraft und Brutalität. Tendenzkritisch ist der Text kaum zu beurteilen. Die Ohnmacht Davids ist aber auffällig. Kriege haben David nur in einem Fall, nämlich in 2Sam 21,15 – 17, direkt an Leib und Leben bedroht. Die Pflege der aussenpolitischen Beziehungen (2Sam 3,22– 39)²¹⁵ scheint aber immer wieder ein heikles Geschäft, das zwar nicht ihn selber, aber doch immerhin seine Macht in Frage zu stellen vermag.

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände: Absalom (2Sam 15 – 19), Scheba (2Sam 20) und Adonija (1Kön 1 f.) Häufig ist in der Forschung im Zusammenhang mit der sogenannten Thronfolgeerzählung (2Sam 10 – 20; 1Kön 1– 2) von drei „Aufständen“²¹⁶ beziehungsweise „revolts“,²¹⁷ „Rebellion[en]“,²¹⁸ „coup d’état“²¹⁹ oder aber auch von „Staatskrise“,²²⁰ „secession“,²²¹ „Intrige“²²² etc. die Rede. Dabei handelt es sich nicht um aussenpolitische Bedrohungen, sondern um innenpolitische Krisen. Diese „machen den Hauptteil der Geschichte über das Königtum Davids aus“.²²³ Aufstände waren für den König – so schildern es die Königebücher – meist tödlich. Von mehreren Königen sowohl des Süd- als auch des Nordreichs wird berichtet, dass sie bei Aufständen ums Leben kamen: Von insgesamt neunzehn erwähnten Königen im Nordreich kommen der biblischen Darstellung zufolge sieben durch  Zu denken wäre etwa auch an das Scheitern der Diplomatie in 2Sam 10.  So z. B. Bietenhard, S. K. (1998); Stolz, F. (1981).  So z. B. McCarter, P. K. (41986); McKenzie, S. L. (22001); Halpern, B. (22004); Van Seters, J. (2009).  So z. B. Klement, H. H. (2000, 190). Ebenso Campbell, A. F. (2005, 167 u. ö.) mit Blick auf Scheba.  So z. B. Hagan, H. (1979, 313); Vermeylen, J. (2000, 544 u. ö.).  Seebaß, H. (1974, 209). Alt, A. (1930, 68) spricht von „schweren inneren Krisen“.  Fokkelman, J. P. (1981).  So Rudnig, T. A. (2006, 70 – 103) mit Blick auf 1Kön 1.  Bietenhard, S. K. (1998, 70).

134

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Aufstände um.²²⁴ Im Südreich sterben von den zwanzig erwähnten Königen vier eines gewaltsamen Todes.²²⁵ Als Rebellen gegen die davidische Dynastie können Absalom, Scheba, eventuell Adonija, Jerobeam, Atalja, Joaschs Knechte, Amazjas Feinde sowie Amons Knechte genannt werden.²²⁶ Es fällt auf, dass das Subjekt des Aufstandes häufig im Plural steht (‫)ֲעָבִדים‬, und es bleibt offen, „ob nur der jeweilige Davidide durch einen anderen ersetzt oder ob die Dynastie abgesetzt werden sollte“.²²⁷ Auch von der Ursache des Aufstandes verlautet meist nichts. Dennoch kann festgehalten werden, dass – so formelhaft der Hergang der Usurpation auch geschildert werden mag – zahlreiche Details mitgenannt werden, beispielsweise

 Hier werden lediglich die gewaltsamen Usurpationen mitgezählt. Ishida, T. (1988, 96 f.) spricht von zehn Thronfolgen und unterscheidet zwei Typen: „While the first type was carried out by the people who helped their war-leader to the throne, the second was executed by usurpers who conspired against their lord. Each type is expressed by its set formula.“ Instabilität des Nordreichs hat unterschiedliche Ursachen. Dazu Crüsemann, F. (1978, 123): „Die Putschbestrebungen militärischer Kreise, die einem Teil der Revolten die typischen Züge von Militärcoups verleihen; die rapide soziale Entwicklung, deren Ergebnis wir im 8. Jahrhundert überdeutlich gewahr werden; die offenbar vor allem das 9. Jahrhundert bestimmende religiöse Auseinandersetzung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen, wobei prophetische Zirkel und Einzelgestalten eine nicht ungewichtige Rolle spielen; die damit gegebene innere Instabilität des Staates überhaupt; schließlich die ständigen außenpolitischen Bedrohungen vom Überfall Schoschenks über die Auseinandersetzungen mit Philistern und Aramäern bis hin zur alles überschattenden assyrischen Gefahr – alle diese Faktoren und vielleicht noch weitere haben dabei mitgewirkt.“  Gründe für weniger Unruhen im Südreich führen Weippert, M. / Janowski, B. (1995, 514) an: „Die Abgelegenheit Judas begünstigte dort die nur einmal kurz unterbrochene Herrschaft der Davididen (ob der nach der Unterbrechung dem Volk präsentierte König Joasch wirklich ein Davidide war, ist allerdings nicht nachweisbar), während in Israel die stärkere Einbindung in die Weltpolitik und größere interne Interessenskonflikte zu häufigem Dynastiewechsel führten […].“ Vgl. ausführlich dazu auch Van Seters, J. (1981, 21) sowie Ishida, T. (1988, 101– 104). W. Dietrich deutet dies in Dietrich, M. / Dietrich,W. (1998, 250) folgendermassen: „So scheint sich in Juda der Volkswille nie gegen die Monarchie als solche und auch nie gegen die davidische Dynastie erhoben zu haben.“  Vgl. Lamb, D. T. (2010, 218 f.).  Adam, K.-P. (2006, 190 Anm. 20).Vgl. dazu ausführlich Conrad, J. (1993, 215) zum Begriff ‫ָק ֶשׁר‬: „Für das Südreich sind nur Fälle bezeugt, in denen es zwar zur Ermordung des Königs kommt, das Unternehmen als Ganzes aber scheitert. Das Verb hat hier stets pluralisches Subj. […] Offen bleibt allerdings in allen diesen Fällen, um welches Ziel es eigentlich geht, etwa um den Sturz der davidischen Dynastie überhaupt oder nur um die Inthronisation anderer Davididen. Aus der Tatsache jedoch, daß das Subj. hier stets pluralisch ist, der Umsturzversuch also jeweils als rein kollektiver Akt geschildert wird, ist wohl zu schließen, daß keiner der Verschwörer selbst den Thron zu usurpieren beabsichtigt […].“

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

135

der Ort der Ermordung, Herkunft und sozialer Status des Usurpators und wo dieser Unterstützung fand.²²⁸ Nordreich Name

Aufständischer

Hergang

Belegstelle

Nadab

Bascha, der Sohn Ahijas, vom Haus Issaschar, verschwor (‫)קשׁר‬ sich gegen ihn.

Bascha erschlug (‫ נכה‬Hifil) Kön , –  ihn, während Nadab und ganz Israel Gibbeton belagerten, das den Philistern gehörte.

Ela

Gegen Ela verschwor (‫ קשׁר‬vgl. Simri kam herein (‫)בוא‬, erV. ..) sich sein Knecht Simri, schlug (‫ נכה‬Hifil) und tötete der Oberste über die Hälfte der ihn (‫ מות‬Hifil). Kriegswagen.

Kön , – 

Der Ausdruck: „Simri, der seinen Herrn erschlug“ scheint eine Redewendung geworden zu sein vgl. Kön ,. Simri

Der Heeroberste Omri wurde im Kriegslager zum König gesalbt.

Omri zog herauf (‫ )עלה‬und Kön , –  nahm nach einer Belagerung Tirza ein (‫ ;)צור‬als Simri sah, dass die Stadt eingenommen war, ging er in den Palast des Königshauses, steckte ihn in Brand und starb darin.

Joram

Jehu wurde im Auftrag von Elischa zum König über Israel gesalbt (Kön , – ) bzw. Jehu, der Sohn Joschafats, des Sohnes Nimschis, stiftet eine Verschwörung (‫ קשׁר‬Hitpael; vgl. Kön ,) gegen Joram an.

Jehu nahm einen Bogen zur Hand und traf Joram zwischen die Schulterblätter, so dass der Pfeil ihm durchs Herz fuhr und er in seinem Wagen zusammenbrach (Kön ,).

Kön ,; Kön  und Chr , Vgl. zudem sog. Tel Dan Inschrift (KAI , Z. f.)²²⁹

Secharja Schallum, der Sohn des Jabesch, Schallum erschlug ihn ( ‫נכה‬ Kön , –  verschwor (‫ קשׁר‬V..) sich ge- Hifil) vor dem Volk und tötete gen ihn. (‫ מות‬Hifil) ihn.

 Vgl. ausführlich dazu Ishida, T. (1988, 98 f.). Vgl. dazu auch Dietrich, W. (2011b, 27– 43) sowie Hallo, W. W. (1991, 151 f.).  Vgl. TUAT/E Die Inschrift von Tell Dan, 176 – 179 sowie Weippert, M. (2010, 267– 269). Zur Rekonstruktion der historischen Situation Sasson, V. (1996, 547– 554); Kottsieper, I. (1998, 487– 492); Knauf, E. A. (2000, 59 – 69); Na’aman, N. (2006, 160 – 166) und Dietrich, W. (2011b, 31– 34.38 f.).

136

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Nordreich Name

Aufständischer

Schallum Menahem, der Sohn Gadis, zog von Tirza herauf (‫ )עלה‬nach Samaria.

Hergang

Belegstelle

Er erschlug (‫ נכה‬Hifil) Schallum, den Sohn des Jabesch, und tötete (‫ מות‬Hifil) ihn.

Kön , – 

Pekachja Gegen ihn verschwor (‫ )קשׁר‬sich Pekach erschlug (‫ נכה‬Hifil) ihn Kön , –  Pekach, der Sohn Remaljas, einer in Samaria in dem Palast des seiner Offiziere. Königshauses; mit ihm waren fünfzig Mann von den Söhnen der Gildeaditer (V. ). Pekach

Hoschea, der Sohn Elas, machte eine Verschwörung (‫ )קשׁר‬gegen Pekach.

Hoschea erschlug (‫ נכה‬Hifil) ihn und tötete ihn (‫)מות‬.

Kön , – 

Südreich Name

Aufständischer

Hergang

Ahasja

Jehu, der Sohn Joschafats, des Ahasja wurde von Männern von Sohnes Nimschis, tötete Ahasja Jehu in seinem Wagen beim eher zufällig. Aufstieg von Gur verwundet, er floh nach Megiddo und starb dort (Kön ,).

Kön , – ,

Atalja

Joasch wurde zum König gesalbt (Kön ,); der Priester Jojada trug die Verantwortung für den Aufstand (Atalja ruft: ‫)ֶק ֶשׁר ָק ֶשׁר‬.

Kön 

Atalja wurde aus dem Tempel geführt und am Eingang zum Palastvorhof getötet (Kön ,; vgl. V. ).

Belegstelle

Joasch²³⁰ Seine Beamten (Josachar, der Sohn Schimats und Josabad, der Sohn Schomers) erhoben sich gegen ihn (‫ )קום‬und zettelten eine Verschwörung an (‫) ַו ִיְּק ְשׁרוּ־ָק ֶשׁר‬.

Sie erschlugen (‫ נכה‬Hifil) ihn im Kön , –  Haus des Millo, wo man nach Silla hinabgeht (V. ); zwei seiner Beamten erschlugen ihn (‫ נכה‬Hifil) und er starb (‫)מות‬ (V. ).

Amazja

Joasch forderte Amazja zum Krieg heraus und griff ihn an. Amazja floh vor der Verschwörung gegen ihn nach Lachisch,

Joasch, der König von Israel, nahm Amazja, den König von Juda, gefangen (Kön ,); Verschwörung (‫ )קשׁר‬in Jerusalem gegen Amazja.

 Vgl. ausführlich zu Joasch Liverani, M. (2004, 159).

Kön , –  / Kön ,, vgl. Chr ,

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

137

Südreich Name

Aufständischer

Hergang

Belegstelle

wurde verfolgt und dort getötet (‫ מות‬Hifil). Amon

Die Beamten Amons verschworen (‫ )קשׁר‬sich gegen ihn.

Sie töteten (‫ מות‬Hifil) den König Kön , –  in seinem Haus; das Volk des par. Landes aber erschlug alle, die Chr , –  sich gegen den König Amon verschworen hatten.

Im Folgenden geht es um die Frage, wie genau in diesen Erzählungen von Absalom (2Sam 15 – 19), Scheba (2Sam 20) und Adonija (1Kön 1) die „Aufstände“ dargestellt werden: An welchen Formulierungen wird die Auflehnung gegen David erkennbar? Wie äussert sich die Gefahr und wie bedroht wird David dargestellt? Dabei werden im Textabschnitt 2Sam 15 – 20 und 1Kön 1 Ereignisse geschildert, die sich chiastisch entsprechen:²³¹ 2Sam 15 – 19 Absalom-Aufstand A 2Sam 15,1 Absalom schafft sich Wagen und Pferde und fünfzig Mann an, die vor ihm herlaufen B 2Sam 15,16 David flieht, lässt seine zehn Nebenfrauen zurück und verlässt Jerusalem: ‫( ֶע ֶשׂר־ ָנ ִשׁים ִפַּל ְג ִשׁים‬2Sam 15,16b.31; vgl. 2Sam 16,21– 23) C 2Sam 18,16 Joab stösst ins Horn ‫שָּׁפר ַו ָיּ ָשׁב ָהָעם ִמְרֹדף ַאֲחֵרי יִ ְשָׂרֵא‬ ֹ ‫ ; ַו ִיְּתַקע יוָֹאב ַבּ‬2Sam 19,9 Israel aber war geflohen, jeder zu seinen Zelten (vgl. auch 2Sam 18,17) D 2Sam 19,9 – 16 Zurückholen Davids: Die Herzen der Männer Judas neigen sich David zu 2Sam 20 Scheba-Aufstand D′ 2Sam 19,42– 44 Zurückholen Davids: Israel fühlt sich benachteiligt C′ 2Sam 20,1 Scheba stösst ins Horn und ruft Israel auf, zu den Zelten zurückzukehren (vgl. 2Sam 20,22 Joab stösst ins Horn ‫) ַו ִיְּתַקע ַבּשּׁוָֹפר ַו ָיֻּפצוּ ֵמַעל־ָהִעיר‬ B′ 2Sam 20,3 David kommt nach Jerusalem zurück und nimmt seine zehn Nebenfrauen wieder in Besitz: ‫ֶע ֶשׂר־ ָנ ִשׁים ִפַּל ְג ִשׁים‬ 1Kön 1 Adonija-Aufstand A′ 1Kön 1,5 Adonija schaffte sich Wagen und Reiter an und fünfzig Mann, die vor ihm herliefen.

 Dies entspricht nicht einer Gliederung der Erzählung in 2Sam 15 – 20 und 1Kön 1 als solcher, insofern hier zahlreiche Erzählteile wegfallen und unerwähnt bleiben. Deutlich gemacht werden soll damit nur, die gezielte literarische Wiederaufnahme von Erzählelementen und ihre chiastische Anordnung.

138

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Insgesamt ist der Aufstand Absaloms mit jenem von Scheba literarisch eng verzahnt:²³² Zum einen wird ein Streit zwischen Israel und Juda und möglicherweise auch der nachfolgende Aufstand Schebas ben Bichri mit der Ankündigung Joabs in 2Sam 19,8 angedeutet, dass Schlimmes (‫ )ָרָעה‬eintreffen werde, wenn David nicht endlich handele, und dass dieses Schlimme sogar alles überträfe, was David bisher erlebt hat (‫) ְוָרָעה ְלָך ֹזאת ִמ ָּכל־ָהָרָעה ֲא ֶשׁר־ ָבָּאה ָעֶליָך ִמ ְּנֻעֶריָך ַעד־ָעָּתה‬.²³³ David hört zwar Joabs Rat und befolgt ihn, kann jedoch nicht verhindern, dass Israel und Juda weiterhin verfeindet sind. Während des Scheba-Aufstandes blickt David selbst noch einmal auf den Absalom-Aufstand zurück und befürchtet, dass die Gefahr, die von Scheba ben Bichri ausgeht, noch verheerender sein könnte (‫ )רעע‬als der Absalom-Aufstand: ‫( ַעָּתה ֵי ַרע ָלנוּ ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי ִמן־ַאְב ָשׁלוֹם‬2Sam 20,6). David nimmt also die weiteren Gefahren nach dem Absalom-Aufstand durchaus ernst und handelt entsprechend. Schliesslich gibt es auffällige Analogien in der Aufzählung des Kriegsvolkes zwischen 2Sam 15 – 19 und 2Sam 20: ‫ ָּכל־ִאישׁ־ ְיהוָּדה‬werden in Sam , – . –  Der König befiehlt Amasa, alle Männer Judas genannt (‫ ֶאת־ִאישׁ־ ְיהוָּדה‬Sam ,) zusammenzurufen (vgl. Sam ,) ‫ ָכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬Sam ,; ,.; Sam ‫ ָכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬ziehen von David weg (Sam ,) , (vgl. auch ‫)ַעם יִ ְשָׂרֵאל‬²³⁴ „alle seine Knechte“ (‫ ְוָכל־ֲעָבָדיו‬Sam ,; David befiehlt Abischai, die „Knechte deines ,.; vgl. auch Sam , u. a.) Herrn“ zu nehmen (‫ ֶאת־ַעְבֵדי ֲאֹד ֶניָך‬Sam ,) Kreter und Pleter (‫ ) ְוָכל־ַה ְּכֵרִתי ְוָכל־ַה ְפֵּלִתי‬und alle Die Männer Joabs (‫ ַא ְנ ֵשׁי יוָֹאב‬Sam ,) ziehen Krieger aus Gat, sechshundert Mann (Sam zusammen mit Kretern und Pletern los (‫ְוַה ְּכֵרִתי‬ ,) ‫ ְוַה ְפֵּלִתי‬Sam ,.)²³⁵

 Vgl. dazu beispielsweise Fokkelman, J. P. (1981, 338 f.415). Vgl. auch Geyer, M. L. (1987, 34): „Thus the events of 2 Sam. 20:1– 22 are the concluding portion of the lager act within the Succession Narrative, ‘the aftermath of Absaloms’s revolution,’ 2 Sam. 18:16 – 20: 22.“ Vgl. auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 525): „Dans leur teneur primitive, les chapitres 15 à 20 ont pu constituer une unité autonome qu’est venu enrichir le prologue constitué par les chapitres 13 – 14.“ Ähnlich hat auch Kratz, R. G. (2000, 181) festgehalten: „Am stärksten mit dem Kontext verwoben sind die Erzählungen von den Aufständen Abschaloms und Schebas in II Sam 15 – 19 und 20, die kaum je ein Eigenleben geführt haben, sondern die Abschalomerzählung in II Sam 13 – 14 fortsetzen.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 325): „David now unintentionally confirms Joab’s view by indicating a superlative doom with a comparative phrase just as Joab did.“  Vgl. ferner Dtn 29,9; Jos 10,24; Ri 7,8; 20,11.33; 1Kön 8,2; 1Chr 10,7; 2Chr 5,3 sowie 1Sam 11,15; 1Sam 14,22 und 1 Sam 17,19.24.  Eine alte Liste in 2Sam 20,23 (vgl. 2Sam 8,16;1Kön 1,8.10) hält Benaja als Führer der Kreter und Pleter fest. Bei den Kretern und Pletern handelt es sich vermutlich um „eine persönliche Leib-

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

Ittai, der Gatiter, mit seinen Männern und dem ganzen Tross (‫ִא ַּתי ַה ִגִּּתי ְוָכל־ֲא ָנ ָשׁיו ְוָכל־ַהַּטף ֲא ֶשׁר ִאּתוֹ‬ Sam ,) alle Knechte, die mit König David waren, und das ganze Volk und alle Helden (Sam ,) (‫) ְוֶאת־ ָּכל־ַעְבֵדי ַהֶּמֶלְך ָּד ִוד ְוָכל־ָהָעם ְוָכל־ַה ִגּ ֹבּ ִרים‬ „das ganze Land“ (‫ ) ְוָכל־ָהָאֶרץ‬und „das ganze Volk“ (‫) ְוָכל־ָהָעם‬, (Sam , u. a.)

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und alle Helden (‫ ְוָכל־ַה ִגּ ֹבּ ִרים‬Sam ,)²³⁶

und das ganze Volk, das bei Joab war (‫ְוָכל־ָהָעם‬ ‫ ֲא ֶשׁר ֶאת־יוָֹאב‬Sam ,)

Diese literarischen Bezüge sind auffällig und machen eine historische Kontextualisierung der Erzählungen in 2Sam 15 – 19 und 2Sam 20 schwierig. So stellt sich etwa die Frage, ob mit Israel nur der Norden oder ganz Israel, bestehend aus Nordund Südreich, gemeint ist, wie es etwa der Ausdruck „von Dan bis Beerscheba“ suggeriert.²³⁷ Entsprechend könnte angenommen werden, dass sich die „Auseinandersetzungen zwischen dem Heer ganz Israels aus Nord und Süd und den Söldnertruppen“²³⁸ abspielten (vgl. auch 2Sam 18,7 ‫)ַעם יִ ְשָׂרֵאל ִלְפ ֵני ַעְבֵדי ָד ִוד‬.²³⁹ Zwar stiehlt Absalom das Herz der Männer von „Israel“. Daraus kann man vielleicht schliessen, dass es Absalom auf die Bewohner des mittelpalästinischen Berglandes, wo die Herrschaft Davids „offenbar am wenigsten fest verankert“²⁴⁰ war, abgesehen hat. Doch geht der Aufstand von Hebron aus, dem Zentrum des Südens; dort schart Absalom auch zweihundert Männer aus Jerusalem um sich.²⁴¹ Juda selbst wird jedoch erst in 2Sam 19 genannt, und die Episode in 2Sam 19,41 f. zeigt, dass David auch unter den Vertretern der Nordstämme Anhänger hatte. Die Konfliktparteien sind also insgesamt äusserst diffus, was es auch schwierig macht,

wache“ – so Zwickel,W. (2009, 404). Dietrich schliesst eine Verbindung zu den Philistern nicht aus, vgl. dazu Dietrich, W. (2012a, 80). Vgl. 2Sam 8,18; 15,18; 20,7.23; 1Kön 1,38.44.  Vgl. 2Sam 10,7; 16,6; 20,7; 23,8 f.16 f.22; 1Kön 1,8.10. Zu den Helden Davids Kapitel B. 3.1.2.  Vgl. zur Formulierung „von Dan bis Beerscheba“ Kapitel B. 4.2.2. Crüsemann, F. (1978, 97) meint, dass nicht nur in der Rede Huschais, sondern generell, wenn im Kontext des AbsalomAufstandes von „Israel“ die Rede ist (vgl. in 2Sam 16,18.21; 17,13.15), Nord- und Südreich gemeint sind. Vgl. auch Hentschel, G. (1994b, 66). Dagegen spricht sich Vermeylen, J. (2000, 349) aus: „On suppose ordinairement que le mot ‚Israël‘, aux vv 2.6.10, doit être compris dans son sens large, englobant les douze tribus, mais cette hypothèse harmonisante ne peut être retenue: en contexte politique, l’emploi du mot yiśrā’él à l’époque royale est (presque) tourjours restreint aux tribus du Nord.“ Zum Verhältnis von Israel und Juda im Höfischen Erzählwerk ausführlich Dietrich, W. (2000, 60).  Bietenhard, S. K. (1998, 72). Vgl. ausführlich zu dieser Frage auch Keel, O. (2007, 231– 233).  Vgl. Crüsemann, F. (1978, 98).  Dietrich, W. (2006, 190). Vgl. Dietrich, M. / Dietrich, W. (1998, 249): „Die Aufstände Abschaloms und vor allem Schebas scheinen von den Nordisraeliten, nicht von den Judäern getragen worden zu sein.“  Vgl. ausführlich dazu Vermeylen, J. (2000, 349).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

dem Text eine klare Tendenz zu entnehmen.²⁴² Deutlicher werden die Konfliktparteien im Adonija-Aufstand.²⁴³ Auch terminologisch gibt es Unterschiede zu 2Sam 15 – 20: Den ‫ עבדים‬kommt nicht mehr ausschliesslich die Rolle der davidtreuen Truppen zu wie in den Erzählungen vom Absalom- und Scheba-Aufstand (vgl. auch 1Kön 1,9). Vielmehr treten sie in 1Kön 1,9 als Parteigänger Adonijas auf.²⁴⁴ Diese unklare Einordnung in Freund und Feind, Gegner und Anhänger erschwert eine literarische Untersuchung des Bedrohungspotentials für David. Nichtsdestotrotz sollen im Folgenden einzelne Erzähleinheiten genauer auf die Frage nach der Bedrohung Davids analysiert werden.

3.2.1. „Und ich werde den König allein erschlagen…“ (Absalom-Aufstand 2Sam 15 – 19) Die Erzählung vom Aufstand Absaloms in 2Sam 15 – 19 beziehungsweise 2Sam 13 – 19 nimmt das Motiv des bedrohten Königs mehrfach auf. Sie handelt „vom Konflikt zwischen einem König und einem Rebellen“²⁴⁵ und gleichzeitig zwischen Vater und Sohn.²⁴⁶ Dass dieser Konflikt – so er sich denn ereignet hat²⁴⁷ – nicht losgelöst vom politischen Kontext stattgefunden haben kann, ist vorauszusetzen. In der Erzählung wird auf die Stämme des Nord- und Südreichs,²⁴⁸ die Männer Israels und die Männer Judas als Konfliktparteien und möglicherweise auch Hebron und Mahanajim²⁴⁹ als Sitz konkurrierender Könige (vgl. 2Sam 2 und 2Sam 15 und 17) angespielt.²⁵⁰ Die Konfliktparteien sind im Endtext jedoch kaum noch erkennbar.  Diese Spannung lässt sich wohl nur literarkritisch erklären.Vgl. dazu Hutton, J. M. (2011, 143): „The biblical text portrays Absalom’s ascent to the throne as a populist revolt, bolstered by a groundswell of anti-Davidic animosity.While the original narrative may only have implied that this was a posture held by a negligible pro-Saulide faction within Benjamin, the present text attributes this revolt to a much larger sector of Israelite society.“  Vgl. Kapitel B. 3.2.3.  Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 64– 67).  Bar-Efrat, S. (2009, 151).  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 275): „In der Perspektive der TFG ist der Abschalomaufstand die Revolte des Sohnes gegen seinen Vater.“  Vgl. zu dieser Frage und zur Schwierigkeit, Fiktion und Geschichte zu unterscheiden, Carrière, J.-M. (2003, 165 – 169).  Vgl. Adam, K.-P. (2006, 188), der hier von einer „signifikanten Verhältnisbestimmung zwischen Israel und Juda als Kriegsgegner“ spricht und annimmt, dass durch diese „judäische Siegesgeschichte“ die späteren judäisch-israelitischen Machtverhältnisse, wie sie in 2Kön 14,12 geschildert werden, umgekehrt werden.  Mahanajim war eine Zentralstadt des Ostjordanlandes mit grosser stategischer Relevanz.

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Bei der Erzählung in 2Sam 15 – 19 handelt es sich – anders als später bei Scheba ben Bichri in 2Sam 20 – eindeutig um einen Putschversuch. Absalom erhebt Anspruch auf den Thron und lässt sich in Hebron zum König ausrufen (2Sam 15,10). Er versteht sich als „Gegenkönig“, der besser zu richten vermag als David (2Sam 15,3). Aber nicht nur er hält sich für den neuen König, selbst David bezeichnet ihn so, etwa wenn er in 2Sam 15,19 f. den Gatiter Ittai beauftragt, beim „neuen“ König (‫ )ֶמֶלְך‬zu bleiben (vgl. auch 2Sam 15,34), oder wenn er Huschai bittet, alle Informationen aus dem Palast, wörtlich, dem „Haus des Königs“ (‫ִמ ֵבּית‬ ‫ )ַהֶּמֶלְך‬zu melden (2Sam 15,35). Der Erzähler macht zudem deutlich, dass Absalom wie ein König „handelt“: Er sammelt Streitkräfte um sich (2Sam 15,1), er spielt sich im Tor zum Richter auf (2Sam 15,2), er setzt Amasa an der Stelle Joabs über das Heer ein (2Sam 17,45) und steht schliesslich im Krieg gegen David (2Sam 18,9). Erst nach seinem Tod wird berichtet, dass Israel ihn bereits zum König über sich gesalbt hat (‫ ְוַאְב ָשׁלוֹם ֲא ֶשׁר ָמ ַשְׁחנוּ ָעֵלינוּ ֵמת ַבִּּמְלָחָמה‬2Sam 19,11).²⁵¹ Absalom handelte also nicht als Einzelperson, sondern hatte Israel hinter sich. Aus diesem Grund kann David nach Absaloms Tod „nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“,²⁵² sondern musste seine Machtbasis durch eine differenzierte Stämmepolitik erst wieder neu schaffen. Insgesamt lässt sich die Erzählung in 2Sam 15 – 19 grob unterteilen in Flucht, Konflikt und Rückkehr.²⁵³ Innerhalb der Erzählung verändern sich die Gefahren für David, sie spitzen sich zu und nehmen dann wieder ab, aber sie werden nie ganz beseitigt. Das Schicksal Davids ist zu Beginn und am Ende gleichermassen ungewiss: Die Erzählung vom Aufstand Absaloms „begins with preciptious flight and ends with the uncertainity of return“.²⁵⁴ Die Erzählung des Absalom-Aufstandes lässt sich folgendermassen gliedern:²⁵⁵

 Crüsemann, F. (1978, 99) nimmt an, dass es „im Kern um Auseinandersetzungen zwischen den Israeliten einerseits, dem König selbst und seiner Administration andererseits“ geht.  Vgl. dazu Ishida, T. (1988, 103 f.).  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 275).  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 143), der in „David’s flight from Jerusalem“ 2Sam 15,13 – 16,14; „David’s conflict with Absalom“ 2Sam 16,15 – 19,9 sowie „David’s return to Jerusalem“ 2Sam 19,10 – 44 unterteilt. Bar-Efrat, S. (2009, 153) gliedert in „Vorbereitungen“ (2Sam 15,1– 12), „Flucht“ (2Sam 15,13 – 16,16), „Kampf der Berater“ (2Sam 16,15 – 17,14), „Zum Ostjordanland“ (2Sam 17,15 – 29), „Das Ende des Rebellen“ (2Sam 18,1– 18), „Vom Sieg zur Trauer“ (2Sam 18,19 – 19,9) und „Rückkehr“ (19,10 – 44).  Campbell, A. F. (2005, 165).  Vgl. zur Gliederung auch Kapitel B. 3.3. Vgl. ferner Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 271); Adam, K.-P. (2006, 188); Fischer, A. A. (2005b, 44– 48). Carrière, J.-M. (2003, 169 f.) gliedert die Erzählung „à partir d’un critère géographique“ und kommt zu einem sehr ähnlichen Ergebnis.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

A Einleitung: B Flucht:

C Konflikt:

B′ Rückkehr:

A′ Schluss:

Sam , –  Absalom macht sich beliebt in Israel und lässt sich in Hebron zum König ausrufen Sam , – , David flieht und trifft unterwegs: a Ittai, den Gatiter (Sam , – ) b Zadok (Sam , – ) c Huschai (Sam , – ) d Ziba, der Diener Merib-Baals (Sam , – ) e Schimi (Sam , – ) Sam , – , Konflikt zwischen den Beratern: Huschai und Ahitofel Sam , –  Botenszene : Jonatan und Ahimaaz Sam , – , Konflikt auf dem Schlachtfeld: Vorbereitung und Kampf Sam , – , Botenszene : Ahimaaz und der Kuschiter Sam , –  Davids Trauer und Joabs Vorwürfe Sam , – b David kehrt zurück und begegnet unterwegs: e′ Schimi (Sam , – ) d′ Merib-Baal (Sam , – ) (c′) Barsillai (Sam , – ; vgl. auch , – ) Sam , Streitigkeiten zwischen Israel und Juda um David Sam ,b. David kehrt zurück nach Jerusalem

Erste Gefahren für David tauchen bereits ganz zu Beginn der Erzählung in 2Sam 15,1– 6 auf: Absalom schafft sich Wagen und Pferde an und heuert fünfzig Männer an, die vor ihm herlaufen sollen (2Sam 15,1). Mit fünfzig Männern steht ihm eine Truppeneinheit zur Verfügung.²⁵⁶ Diese Läufer bilden eine Einheit, die zum besonderen Schutz der Streitwagenkämpfer neben dem Streitwagen herliefen (vgl. 1Sam 22,17; 1Kön 14,27.28; 2Kön 10,25; 11,4.6.11.19; 2Chr 12,10.11; 30,6.10).²⁵⁷ Wenig später, in 2Sam 15,11, verlässt Absalom Jerusalem sogar mit zweihundert Mann. Auch wenn er damit militärisch David bestimmt nicht überlegen ist, so wird

 Vgl. Zwickel, W. (2009, 410): „Das stehende Heer war scheinbar in Gruppen von 50 Kriegern eingeteilt, denen jeweils ein Führer voran stand (vgl. für das Nordreich 2 Kön 1,9 – 14; für das Südreich Jes 3,3).“  Vgl. zudem Malul, M. (2010, 44): „The runners accompanying the king are mentioned elsewhere in the Bible, e. g. in I Sam 22,17, and in II Reg 11,4– 6 – 11– 19 they appear as a type of bodyguards of the king; and cf. also I Reg 14,27).“ Vgl. auch Zwickel, W. (2009, 405 f.): „Absalom, Davids Sohn, hat sich, um die Königswürde zu erlangen, angeblich Streitwagen und Pferde sowie 50 Söldner angeschafft (2 Sam 15,1). Auch Adonija, ein anderer Davidsohn, handelte wenige Jahre später ebenso, um an die Königswürde zu gelangen (1 Kön 1,5). Damit hofften beide wohl, eine militärische Überlegenheit gegenüber David und seine Heerführung zu erlangen. Die Texte zeigen aber auch, dass es offensichtlich in jener Zeit noch ausreichte, mit gerade einmal 50 kriegserfahrenen Männern und einer entsprechenden Ausrüstung eine militärische Dominanz aufzubauen.“ Vgl. auch Kapitel B. 3.2.3.Vgl. zu 2Sam 15,1– 6 insgesamt die detaillierte Studie von Malul, M. (2010, 44– 52).

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doch seine Macht deutlich und die Gefahr, die er für David darstellt. In 2Kön 15,25 wird von einem ähnlichen Fall berichtet, bei dem ein König von nur wenigen Männern überwältigt wird: Pekach erschlägt Pekachja, den König von Israel, mit Hilfe von nur fünfzig Gileaditern. Nach seinen militärischen Vorbereitungen setzt sich Absalom ins Tor und beginnt, den König zu verleumden: Allen, die wegen eines Rechtsfalles vorbeikommen, sagt er, dass sie niemanden beim König hätten, der sie anhöre (2Sam 16,3 ‫שֵׁמַע ֵאין־ְלָך ֵמֵאת ַהֶּמֶלְך׃‬ ֹ ‫)ְרֵאה ְדָבֶרָך טוִֹבים וּ ְנֹכִחים ְו‬.²⁵⁸ Immer, wenn sich jemand vor ihm niederwerfen will, streckt er seine Hand aus und ergreift ihn, um ihn zu küssen (V. 5). Auf diese Weise stiehlt (‫ גנב‬Piel) Absalom die Herzen der Männer Israels (2Sam 15,6 ‫) ַו ְי ַג ֵּנב ַאְב ָשׁלוֹם ֶאת־ֵלב ַא ְנ ֵשׁי יִ ְשָׂרֵאל‬.²⁵⁹ Und Absalom gewinnt die Gunst Israels: „das Herz der Männer von Israel steht hinter Absalom“ (2Sam 15,13 ‫ָה ָיה‬ ‫)ֶלב־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל ַאֲחֵרי ַאְב ָשׁלוֹם׃‬. Zwei Jahre hat Absalom Zeit, um seinen Aufstand vorzubereiten. Dann bittet er David, ihn nach Hebron ziehen zu lassen, um ein Gelübde zu erfüllen, das er Jhwh gelobt hatte. David lässt ihn nichtsahnend ziehen, wie er auch Abner in Frieden entlassen hat: (‫ ֵלְך ְבּ ָשׁלוֹם‬vgl. auch 2Sam 3,21.22.23). Absalom nahm zweihundert Mann aus Jerusalem mit, die in Arglosigkeit mitgingen und von seinem Vorhaben nichts zu ahnen schienen (2Sam 15,11 ‫) ְול ֹא ָיְדעוּ ָּכל־ ָּדָבר‬, wie auch David nichts argwöhnt (vgl. 2Sam 3,26). Geheimboten verbreiten in allen Stämmen Israels die Botschaft Absaloms: „Wenn ihr den Klang des Horns hört, sollt ihr sagen: Absalom ist König in Hebron!“ (‫ ְּכ ָשְׁמֲעֶכם ֶאת־קוֹל ַה ֹׁשָּפר ַוֲאַמְרֶּתם ָמַלְך ַאְב ָשׁלוֹם ְבֶּחְברוֹן‬2Sam 15,10). In 2Sam 15,12 ist vom Erstarken der „Verschwörung“ (‫ ָק ֶשׁר‬vgl. 2Sam 15,31)²⁶⁰ die Rede und davon, dass die Zahl der Anhänger Absaloms zunimmt (‫ְוָהָעם הוֵֹלְך ָוָרב‬ ‫)ֶאת־ַאְב ָשׁלוֹם‬. Mit der zweimaligen Verwendung des Begriffs ‫ ֶק ֶשׁר‬charakterisiert der Erzähler die Handlung Absaloms und stuft sie als gefährlich für Davids Königtum

 Auf der Ebene des Endtextes ist dies aus der Sicht Absaloms auch zutreffend, da David das Unrecht, das Amnon in 2Sam 13,1– 22 getan hat, nicht geahndet und Tamar nicht angehört und in sein Haus aufgenommen hat.  In 2Sam 19,15 neigt sich das Herz aller Männer Judas David zu, weshalb sich die Israeliten bei David darüber beschweren, die Männer Judas hätten ihn ihnen gestohlen (‫ גנב‬Qal). Dazu Fokkelman, J. P. (1981, 323): „The son wins all Israel, the father confines himself to Judah.“  Auch Saul unterstellt David, eine „Verschwörung“ (‫ )קשׁר‬gegen ihn zu planen (1Sam 22,8.13). Vgl. Conrad, J. (1993, 214): „Liegt der Wortgruppe, d. h. dem Verb und dem Nomen qæšær, die stativische Bedeutung ‚verbunden sein‘ zugrunde, dann geht es prinzipiell um die Verbindung von Personen in einem konspirativen Kreis, also um eine Verschwörung, deren Ziel es ist den regierenden König zu stürzen, zu töten und den freigewordenen Thron durch Usurpation neu zu besetzen. In diesem Sinne kommt die Wortgruppe vor allem in den Königsbüchern einschließlich der Paralleltexte in 2 Chr vor, da hier am häufigsten von derartigen Vorgängen berichtet wird.“ Vgl. zuletzt Dietrich, W. (2012 ff., 413).

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ein. Darüber hinaus verbindet er die Aktivitäten Absaloms möglicherweise mit der Geschichtsdarstellung von Aufständen im Nordreich Israels in den Königebüchern, wo ‫ קשׁר‬sehr häufig verwendet wird.²⁶¹ Auf diese Einleitung folgt in 2Sam 15,14– 16,14 eine relativ lange Szene, die David auf der Flucht vor Absalom zeigt. Gleich nachdem ein Bote David berichtet hat, dass Israel hinter Absalom steht (2Sam 15,13), fordert David seine Anhänger zur Flucht auf (2Sam 15,14): ‫קוּמוּ ְו ִנְבָרָחה ִּכי ל ֹא־ִתְה ֶיה־ָּלנוּ ְפֵליָטה ִמ ְפּ ֵני ַאְב ָשׁלוֹם‬ ‫ַמֲהרוּ ָלֶלֶכת ֶפּן־ ְיַמֵהר ְוִה ִּשׂ ָגנוּ ְוִהִּדיַח ָעֵלינוּ ֶאת־ָהָרָעה ְוִהָּכה ָהִעיר ְלִפי־ָחֶרב׃‬

In 2Sam 13,34.37.38 war dreimal davon die Rede, dass Absalom vor seinem Vater geflohen ist (‫)ברח‬. Nun hat sich das Blatt gewendet, und David flieht vor seinem Sohn. Die Worte, mit denen der König zum sofortigen Aufbruch mahnt, sind deutlich: Alle sollen sich aufmachen (‫ )קום‬und fliehen (‫)ברח‬, jeder soll sich beeilen (‫ מהר‬Piel) wegzukommen (‫)הלך‬. Auch die Folgen macht David in seiner panischen Rede deutlich: Für den, der nicht handelt, gibt es kein Entkommen. Absalom wird eilends kommen, Unheil (‫ )ָרָעה‬bringen und die Stadt mit dem Schwert (‫)ֶחֶרב‬ schlagen. Die weitere Erzählung beschreibt Davids Fluchtweg: Die Stationen führen von Jerusalem über den Bach Kidron (2Sam 15,23 ‫)ִקְדרוֹן‬, auf den Ölberg (2Sam 15,30 ‫)ְבַמֲעֵלה ַה ֵּזיִתים‬, von dort weiter nach Bahurim (2Sam 16,5 ‫ ) ַבּחוּ ִרים‬und schliesslich über den Jordan (2Sam 17,22bis ‫ ) ַיְרֵּדן‬nach Mahanajim (2Sam 17,24 ‫ )ַמֲח ַניִם‬ins Ostjordanland (vgl. 2Sam 2,8.12.29; 17,24.27; 19,33; 1Kön 2,8 u. a.). Damit wählt David den kürzesten Weg, Jerusalem zu verlassen und ins Ostjordanland zu gelangen.²⁶² Gleichzeitig scheint er immer wieder zu verweilen; die Handlungen folgen nicht rasch aufeinander, wie die Verwendung von Partizipien (2Sam 15,19.23.24.30) deutlich macht.²⁶³ Seine Flucht gleicht eher einem Trauermarsch in die Wüste (‫ ִמְד ָבּר‬2Sam 15,23.28; 16,2; 17,16.29). Die Beschreibung in 2Sam 15,30 erinnert zudem an eine „Trauerprozession“²⁶⁴ zu einem Kultort auf den Gipfel des Ölbergs, dort, wo man sich vor Gott niederwirft (‫ ַעד־ָהֹראשׁ ֲא ֶשׁר־יִ ְשַּׁתֲח ֶוה ָשׁם ֵלאל ִֹהים‬2Sam 15,32): David weint im Gehen, sein Haupt ist verhüllt und er geht barfuss.  Vgl. die Tabelle in Kapitel B. 3.2. Vgl. zudem Adam, K.-P. (2006, 190).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 93).  Vgl. dazu auch Hentschel, G. (1994b, 66): „Die Handlungen folgen also nicht schnell aufeinander, sondern verwandeln sich in stehende Bilder, die dem Hörer oder Leser Zeit zur Betrachtung lassen.“  Rudnig, T. A. (2006, 188). Dietrich, W. spricht in Dietrich, W. / Link, C. (2000, 243) von einer „herzerweichenden Trauerparade“. Rudnig, T. A. (2006, 187 f.) spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „Itinerar“, dazu zählt er insbesondere 2Sam 15,23.30.

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Von Davids Flucht ist auch am Ende der Erzählung noch einmal die Rede. In 2Sam 19,10 sagt das Volk aller Stämme Israels: „Und jetzt ist er [David] vor Absalom aus dem Land geflohen (‫)ברח‬.“ Die Gefahr, in der sich David befindet, wird in den einzelnen Szenen auf Davids Flucht weiter verdeutlicht: In 2Sam 15,25b.26 sagt David, dass er die Lade nur wiedersehen werde, wenn Jhwh an ihm Gefallen habe – sonst eben nicht. Damit deutet sich zwar Hoffnung an, dass der Abschied von Jerusalem nicht für immer sein wird.²⁶⁵ Doch ebenso wird deutlich gemacht, dass auch ein negativer Ausgang möglich ist. Sieg und Niederlage, Rückkehr und Verbannung liegen in der Hand Jhwhs. Wie gefährlich die Situation für David ist, wird insbesondere an der Warnung in 2Sam 17,15 – 24* deutlich. Huschai trägt den Priestern Zadok und Abjatar auf, David ausrichten zu lassen, dass er nicht bei den Übergängen der Wüste (‫ְבַּעְרבוֹת‬ ‫ ַה ִּמְד ָבּר‬vgl. 2Sam 15,28; 17,16 und 19,19 ‫ )ֲעָבָרה‬übernachten, sondern umgehend den Jordan überqueren soll, „damit nicht der König und das ganze Volk, das bei ihm ist, vernichtet wird“ (2Sam 17,16 ‫ַאל־ ָּתֶלן ַהַּל ְיָלה ְבַּעְרבוֹת ַה ִּמְד ָבּר ְו ַגם ָעבוֹר ַּתֲעבוֹר ֶפּן ְיֻבַּלע ַל ֶּמֶלְך‬ ‫)וְּלָכל־ָהָעם ֲא ֶשׁר ִאּתוֹ‬. Ausgerechnet die beiden Boten Jonatan und Ahimaaz,²⁶⁶ die David die Nachricht überbringen sollen, werden von einem jungen Mann an Absalom verraten (2Sam 17,18), verfolgt und nur dank der List einer Frau, die sie in einer Zisterne versteckt, gerettet (2Sam 17,19 f.).²⁶⁷ Unter dem Einsatz ihres Lebens richten die beiden Boten David die Nachricht aus: „Macht euch auf und überquert eilends das Wasser“ (2Sam 17,21 ‫)קוּמוּ ְוִעְברוּ ְמֵהָרה ֶאת־ַה ַּמיִם‬. Wie nahe Absalom David gekommen ist, drückt der Erzähler in den kurzen Abständen aus, in denen beide Protagonisten den Jordan überqueren: David in 2Sam 17,22 und Absalom in 2Sam 17,24.²⁶⁸ Unterbrochen wird die Jordan-Überquerung beider Gruppen lediglich durch den Hinweis auf Ahitofels Suizid und sein Begräbnis in V. 23. Nach der Beschreibung der Flucht Davids vor Absalom wird mit der Beschreibung des Kampfes (2Sam 18,1– 18) die nächste Gefahrenstufe erreicht. In 2Sam 17,24– 18,5 finden sich Informationen zur Schlachtvorbereitung: Absalom und Israel – in 2Sam 17,24 ist von ‫ ְוָכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬die Rede – lagern im Land Gilead (‫ ֶאֶרץ ַה ִגְּלָעד‬2Sam 17,26).²⁶⁹ David mustert (‫ )פקד‬das Kriegsvolk, setzt (‫ )שׂים‬Heer-

 Vgl. Dietrich,W. (2011d, 93): „Damit deutet sich erstmals die Möglichkeit an, der Rückzug aus Jerusalem könne kein Abschied für immer sein.“  Beide, sowohl Ahimaaz ben Zadok (2Sam 18,28 – 30) als auch Jonatan ben Abjatar (1Kön 1,42 f.), werden auch später noch Botenläufe erledigen.  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 97).  In 2Sam 17,15 – 24 wird ‫ עבר‬insgesamt siebenmal verwendet.  Das Land Gilead liegt im Ostjordanland in der Umgebung von Mahanajim.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

führer ein und sendet sie aus (‫ שׁלח‬2Sam 18,1 f.). Als David den Wunsch äussert, selber mit in den Krieg zu ziehen (2Sam 18,2b), macht die Erzählung erneut die für David bestehende Gefahr explizit: Das Kriegsvolk will David nicht am Krieg beteiligt wissen, weil es Absalom lediglich auf ihn allein abgesehen haben könnte: „Denn wenn wir fliehen müssen, werden sie sich nicht um uns kümmern, und selbst wenn die Hälfte von uns stirbt, werden sie sich nicht um uns kümmern. Denn du bist wie zehntausend von uns“ (2Sam 18,3). Diese Aussage erinnert an den Rat Ahitofels in 2Sam 17,2, der sagt, dass er den König allein erschlagen werde. David, so wird betont, ist das alleinige Ziel des Angriffs. Gleichzeitig wird auch die Spannung zwischen dem Handeln Davids und jenem Absaloms deutlich: Während es Absaloms Truppen auf David allein abgesehen haben, schärft David umgekehrt seinen Heerführern ein, schonend mit seinem Sohn Absalom umzugehen (2Sam 18,5).²⁷⁰ Die folgende Kampfhandlung konzentriert sich auf wenige Verse in 2Sam 18,6 – 8.²⁷¹ Nach 2Sam 18,5 f. greifen Davids Truppen zuerst an: Das Kriegsvolk zieht (zweimal ‫ )יצא‬Israel entgegen und es kommt zur Schlacht im Wald Efraim (‫) ְבּ ַיַער ֶאְפָריִם‬.²⁷² Wie heftig der Kampf verlaufen sein soll, zeigt die riesige Truppengrösse und die Anzahl der Toten: 20000 Männer kommen – so wird in 2Sam 18,7 ausdrücklich festgehalten – auf Israels Seite um, und „die Niederlage war gross an jenem Tag“ (2Sam 18,7).²⁷³ Der Wald aber frass sogar noch mehr vom Volk, „als das Schwert gefressen hat an jenem Tag“ (2Sam 18,8).²⁷⁴ Vom „fressenden Schwert“ (‫ )ָאְכָלה ַהֶחֶרב‬ist ferner in Dtn 32,42; 2Sam 2,26; 11,25; Jes 31,8; Jer 2,30; 12,12; 46,10.14; Hos 11,6; Nah 2,14; 3,15 u. a. die Rede, wobei sachlich die vollständige Vernichtung im Krieg gemeint ist.²⁷⁵ Erst nach Abschluss dieses Schlachtberichtes wird wesentlich ausführlicher vom Tod Absaloms (2Sam 18,9 – 18) erzählt. Schliesslich wird ebenso ausschweifend berichtet, wie David davon erfährt und um seinen Sohn trauert (2Sam

 Vgl. Campbell, A. F. (2005, 157).  Vgl. Gunn, D. M. (1974, 294 f.).  Diese Lokalisationsangabe ist höchst problematisch, denn der Wald Efraim dürfte im Westjordanland liegen, während das Geschehen im Ostjordanland stattfindet. Vgl. dazu beispielsweise Aurelius, E. (2004, 396) u. a.  Vgl. 2Sam 18,7 ‫ ַו ִיּ ָּנ ְגפוּ ָשׁם ַעם יִ ְשָׂרֵאל ִלְפ ֵני ַעְבֵדי ָד ִוד ַו ְּתִהי־ ָשׁם ַה ַּמ ֵגָּפה ְגדוָֹלה ַבּיּוֹם ַההוּא ֶע ְשׂ ִרים ָאֶלף׃‬. Ganz ähnliches wird auch in 2Sam 2,17 gesagt: ‫ַו ְּתִהי ַה ִּמְלָחָמה ָק ָשׁה ַעד־ְמֹאד ַבּיּוֹם ַההוּא ַו ִיּ ָּנ ֶגף ַאְב ֵנר ְוַא ְנ ֵשׁי יִ ְשָׂרֵאל ִלְפ ֵני‬ ‫ַעְבֵדי ָד ִוד׃‬.  Diese Aussage erklärt Campbell, A. F. (2005, 157) folgendermassen: „The rebellion has not been suppressed blood-lessly, but many of the deaths of Israelites will not be attributed to the sword of David’s men.“  Vgl. Kaiser, O. (1982, 173).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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18,19 – 19,1).²⁷⁶ Dabei drücken die Worte der beiden Boten, die David die Nachricht überbringen, noch einmal die Gefahr, die Absalom für David dargestellt hat, aus: Rede des ersten Boten (2Sam 18,28): ‫]…[ ָשׁלוֹם ]…[ ָבּרוְּך ְיה ָוה ֱאל ֶֹהיָך ֲא ֶשׁר ִס ַגּר ֶאת־ָהֲא ָנ ִשׁים ֲא ֶשׁר־ ָנ ְשׂאוּ ֶאת־ ָיָדם ַבּאֹד ִני ַה ֶּמֶלְך‬ Rede des zweiten Boten (2Sam 18,31 f.*): ‫]…[ יְִת ַבּ ֵּשׂר ֲאֹד ִני ַהֶּמֶלְך ִּכי־ ְשָׁפְטָך ְיה ָוה ַהיּוֹם ִמ ַיּד ָּכל־ַהָּקִמים ָעֶליָך‬ ‫יְִהיוּ ַכ ַּנַער ֹא ְיֵבי ֲאֹד ִני ַהֶּמֶלְך ְוֹכל ֲא ֶשׁר־ָקמוּ ָעֶליָך ְלָרָעה‬

In diesen Versen ist von den Männern, die ihre Hand gegen den König erhoben haben (‫)ֶאת־ָהֲא ָנ ִשׁים ֲא ֶשׁר־ ָנ ְשׂאוּ ֶאת־ ָיָדם ַבּאֹד ִני ַהֶּמֶלְך‬²⁷⁷ die Rede, von allen, die sich gegen ihn aufgelehnt haben (‫) ָּכל־ַהָּקִמים ָעֶליָך‬, von den Feinden (‫ )ֹא)וֹ( ֵיב‬und von jenen, die sich zum Bösen gegen ihn aufgelehnt haben (‫)ֲא ֶשׁר־ָקמוּ ָעֶליָך ְלָרָעה‬. Damit macht der Text das Ausmass der Gefahr überdeutlich und rechtfertigt gleichzeitig die Ermordung Absaloms. Diese Nachricht versetzt David in grosse Trauer um seinen Sohn. Klagend zieht er sich zurück, und dieses Verhalten hat erneut gefährliche Konsequenzen:²⁷⁸ Obwohl der Aufstand gebannt und die Bedrohung für David aus dem Weg geräumt zu sein scheinen, sieht Joab bereits eine neue Gefahr auf David zukommen. Mahnend und anklagend ergreift er in 2Sam 19,6 – 8 das Wort und droht David Schlimmes an, wenn er nicht endlich zu den Männern hinausgeht, die heute sein Leben und das Leben seiner Söhne, seiner Töchter, seiner Frauen und seiner Nebenfrauen gerettet haben (‫ מלט‬Piel). Joabs Rede ist zu entnehmen, dass nicht nur David selbst, sondern seine gesamte Familie unter Lebensgefahr stand. Das Unheil, das Joab David bei Jhwh androht, ist schlimmer „als all das Schlimme, das über dich gekommen ist von deiner Jugend an bis jetzt“ (2Sam 19,8 ‫ְוָרָעה ְלָך ֹזאת‬ ‫)ִמ ָּכל־ָהָרָעה ֲא ֶשׁר־ ָבָּאה ָעֶליָך ִמ ְּנֻעֶריָך ַעד־ָע ָּתה׃‬: Nicht ein Mann werde bei ihm bleiben (V. 8). Trotz seines Sieges auf dem Schlachtfeld ist David nun erst recht in Gefahr, denn wegen seiner Trauer um den rebellischen Sohn hat David seine Männer beschämt (2Sam 19,4.6), er hat den Obersten und Knechten zu spüren gegeben, dass sie ihm

 David trauert in 2Sam 1,17– 27 um Jonatan und Saul sowie in 2Sam 3,33b – 34 um Abner. Im Gegensatz dazu ist sein Klagelied hier äusserst knapp wiedergegeben (2Sam 19,1b) und beinhaltet hauptsächlich den Wunsch, anstelle Absaloms gestorben zu sein.  Auch von Scheba wird gesagt, dass er die Hand gegen David erhoben habe (2Sam 20,21).Vgl. Kapitel B. 3.2.2.  Vgl. Carrière, J.-M. (2003, 173), der 2Sam 16,15 – 17,23 und 2Sam 18,19 – 19,1 eng aufeinander bezieht: „[…] la décision de Yhwh concernent le conseil d’Ahitophel change le cours de l’histoire, et l’oriente vers le ‚bien‘; la décision de David entendant mal le rapport de la victoire change le cours de l’histoire, et l’oriente ‚mal‘.“

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

nichts wert sind (2Sam 19,7) und sich vermutlich höchst unbeliebt gemacht.²⁷⁹ David – so der Vorwurf Joabs – liebt, die ihn hassen, und hasst, die ihn lieben ֣ ֹ ‫)ְלַֽאֲהָבה ֶאת־‬. Er wünscht sich, an der Stelle Absaloms (2Sam 19,7 ‫שׂ ְנֶאיָך ְוִל ְשֹׂנא ֶאת־ֹאֲהֶביָך‬ gestorben zu sein (2Sam 19,1). Und Joab wirft ihm vor: „Wenn Absalom noch lebte und wir alle heute tot wären, dann wäre es recht in deinen Augen!“ (2Sam 19,7). Der König nimmt die Mahnung Joabs ernst und setzt sich ins Tor.²⁸⁰ Mit der Rückkehr Davids nach Jerusalem entsteht aber noch eine weitere²⁸¹ Gefahr:²⁸² Es entbrennt eine Debatte darüber,²⁸³ wer den König zurückholt. Damit verbunden ist bereits ein erneuter Konflikt zwischen den Männern von Israel und den Männern von Juda, der in die Erzählung vom Aufstand Schebas ben Bichri (2Sam 20,1– 22) überleiten wird. Am Ende des Absalom-Aufstandes hat David zwar das Königtum wiedergewonnen, „aber sein alter Glanz ist denn doch nicht mit zurückgekehrt.“²⁸⁴ Im Folgenden soll ein Erzählabschnitt näher untersucht werden, der die Bedrohung Davids besonders betont. Es handelt sich dabei um die sogenannte „Ratgeberszene“²⁸⁵ in 2Sam 16,15 – 17,14. Auch wenn es in der Gesamtkomposition mehrfach Gefahrensituationen gibt, so stellt der gefährliche Plan Ahitofels, sofort auszuziehen und den König zu erschlagen, gewissermassen den Höhepunkt der Bedrohung dar.²⁸⁶ Im Ringen zwischen den Beratern, die Absalom und alle Männer Israels von ihrer Sache überzeugen wollen,²⁸⁷ fällt der Vorentscheid für den Kampf auf dem Schlachtfeld – so jedenfalls präsentiert sich die Erzählung im

 Vgl. Beek, M. A. (1994, 166 f.).  Vgl. Klein, J. (22011b, 720): „Durch diese Intervention gelingt es Joab, den König dazu zu bringen,von seinen Gefühlen als Privatmann Abstand zu nehmen, seine Pflicht als Staatsmann zu erfüllen und dem Volk zu signalisieren, dass er bei ihm ist.“  Vgl. dazu ausführlich weiter unten.  Vgl. Campbell, A. F. (2005): „In its own way, it is a pointer to the fragility of David’s hold on power.“  Vgl. Campbell, A. F. (2005): „[…] there is a debate in progress throughout Israel as to whether the king should return […].“  Fischer, A. A. (2005b, 46).  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 271) u. a.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 152): „Davor sieht die Situation für David schlecht, fast hoffnungslos aus, danach wendet sie sich zum Guten, und er kann dem Sieg entgegen schreiten.“ So auch Fokkelman, J. P. (1981, 205): „To the reader this means that 16:15 – 17:4 bring a climax of tension, followed immediately by a first peripeteia.“ Beek, M. A. (1994, 161) spricht zudem vom „most exciting part of the story“: „[…] everything now turns on the hour of the decision which will occur not on the field of battle but in the meeting of counselors.“ Carrière, J.-M. (2003, 168) spricht hier von einem „‘pivot’ de l’histoire de la révolte“.  Campbell, A. F. (2005, 140) spricht in 2Sam 16,15 – 17,23 von einem „Clash of counselors“.

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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jetzigen literarischen Kontext.²⁸⁸ Dabei tritt „Absalom als handelnde Person gerade in diesem Abschnitt, der von seiner Regierungszeit als König erzählt“,²⁸⁹ stark zurück. Im Vordergrund stehen die beiden Berater Ahitofel und Huschai. Diese beiden Antagonisten kommen lediglich innerhalb der Erzählung vom Aufstand Absaloms in 2Sam 15 – 19 vor. Lediglich in einer Notiz (1Chr 27,33) werden sie noch einmal erwähnt,²⁹⁰ diesmal nicht als Antagonisten, sondern als gleichwertige „Beamte“ Davids: „Und Ahitofel war Ratgeber (‫ )יוֵֹעץ‬des Königs. Und Huschai, der Arkiter, war Freund (‫ )ֵרַע‬des Königs.“ Die Erzählung von Ahitofel und Huschai lässt sich folgendermassen gliedern:²⁹¹ A 2Sam 15,12 Absalom lässt Ahitofel aus seiner Stadt holen B 2Sam 15,31– 37 David wird davon berichtet, dass Ahitofel bei Absalom ist, und David beauftragt Huschai, den Rat Ahitofels zu vereiteln und Absalom in Jerusalem auszuspionieren (vgl. 2Sam 15,37 und 2Sam 16,15 Absalom und Ahitofel kommen nach Jerusalem) C 2Sam 16,16 – 19 Unterredung zwischen Absalom und Huschai, zweigeteilte Rede Huschais (‫) ְוַה ֵשּׁ ִנית‬ D 2Sam 16,20 – 23 erster Rat Ahitofels und dessen Umsetzung und Bewertung D′ 2Sam 17,1– 4 zweiter Rat Ahitofels und dessen Bewertung C′ 2Sam 17,5 – 14 Unterredung zwischen Absalom und Huschai, zweigeteilte Rede Huschais (‫)ִּכי ָיַעְצ ִּתי‬ B′ 2Sam 17,15 – 22 Boten werden losgeschickt, um David zu berichten, was sich zugetragen hat und ihn zu warnen A′ 2Sam 17,23 Ahitofel kehrt in seine Stadt zurück und nimmt sich das Leben

Diese Gliederung macht deutlich, dass sich die sogenannte Ratgeberszene in 2Sam 16,15 – 17,14 nur schwer nach vorn und hinten abgrenzen lässt. Zum einen wird die Ratgeberszene in der Erzählung vom Aufstand Absaloms bereits ausführlich vorbereitet: In 2Sam 15,12 wird Ahitofel als „Ratgeber Davids“²⁹² (‫ )יוֵֹעץ ָּד ִוד‬und aus

 Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 167). Vgl. Park, S.-M. S. (2009, 454): „This story, which acts as the preamble to the defeat of Absalom during his rebellion against his father, David, dramatically illustrates the power of language, especially as it intersects and interacts with the planned will of God.“  Stolz, F. (1981, 261).  Vgl. auch die genealogische Anmerkung zu Ahitofel in 2Sam 23,34.  Vgl. zur Gliederung auch Bar-Efrat, S. (2009, 168); Fokkelman, J. P. (1981, 204) sowie Gunn, D. (1980, 109 – 113).  Vgl. Müllner, I. (2011, 335): „Der Ratgeber wird zusammen mit dem Richter (Hiob 12,17), mit dem Krieger, dem Ältesten und anderen Amtsträgern in Jes 3,3 genannt. Im Horizont des Königtums sind die Ratgeber eng verbunden mit dem politischen Machtzentrum, dem Hof, und darin mit

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der Stadt Gilo (‫) ִגּל ֹה‬²⁹³ stammend eingeführt, und es wird berichtet, dass ihn Absalom von dort holen liess. Die Tatsache, dass Ahitofel zu Absalom kam (2Sam 15,12), wird nicht direkt erwähnt, sondern kann nur indirekt aus dem Kontext geschlossen werden.²⁹⁴ Ahitofels Überlaufen zu Absalom ist jedoch keineswegs ein nebensächliches Detail, da der Erzähler in diesem Zusammenhang vom Erstarken der Verschwörung berichtet und wenig später David in 2Sam 15,31 darüber informiert wird (‫)ֲאִחיֹתֶפל ַבֹּּק ְשׁ ִרים ִעם־ַאְב ָשׁלוֹם‬. Daraufhin gibt David Huschai in 2Sam 15,31– 37 konkrete Anweisungen, was er sagen und wie er sich Absalom gegenüber verhalten soll: Er soll dessen Vertrauen gewinnen und ihm vortäuschen, die Fronten gewechselt zu haben, was ihm anschliessend ermöglichen wird, den Rat Ahitofels zunichte zu machen (‫) ְוֵהַפְרָּתה ִלי ֵאת ֲעַצת ֲאִחיֹתֶפל‬. Ferner soll er Absalom ausspionieren und alles, was er hört, den Priestern Zadok und Abjatar berichten, damit deren Söhne es David weitermelden können. Es wird damit deutlich, dass sich David keineswegs geschlagen gibt. Zwar befindet er sich auf der Flucht und scheint sich widerstandslos zu ergeben, aber im Hintergrund beginnt er mit der Verteidigung. Zum anderen werden gegen Ende der Absalom-Erzählung auch die Folgen der Ratgeberszene erzählt. Von Huschai wird berichtet, wie er die Priester Zadok und Abjatar beauftragt, David zu informieren, und wie David entsprechend handelt (2Sam 17,21 f.).Von Ahitofel wird lediglich noch erzählt, dass er, nachdem sein Rat nicht befolgt wurde, wieder in die Stadt zurückkehrt, aus der ihn Absalom holen liess, und sich dort erhängt (2Sam 17,23).²⁹⁵ Ahitofels Aufgabe ist es zu beraten:²⁹⁶ 2Sam 16,21 und 2Sam 17,1 ‫ אמר‬wayyiqtolx; 2Sam 17,15 ‫ יעץ‬x-qatal, 2Sam 17,21 ‫ יעץ‬x-qatal. Erst im letzten Vers, in dem von ihm die Rede ist, kommen eine Reihe weiterer Handlungen in den Blick (2Sam 17,23 ‫ראה‬ x-qatal; ‫חבשׁ‬, ‫קום‬, ‫הלך‬, ‫צוה‬, ‫ חנק‬Nifal, ‫מות‬, ‫ קבר‬Nifal, immer wayyiqtol). Bis zu seinem Scheitern in 2Sam 17,23 ist also keine andere Tätigkeit von ihm wiedergegeben

dem König. Es sind insbesondere Konfliktsituationen, in denen die Ratgebenden aktiv werden, wenn sie nicht nur allgemein bezüglich ihrer Kompetenz erwähnt sind.“  Ahitofel wird zweimal als Giloniter (‫ ) ִגּיל ֹ ִני‬vorgestellt, nämlich in 2Sam 15,12 und 2Sam 23,34. In 2Sam 15,12 wird zudem verstärkend hinzugefügt ‫ֵמִעירוֹ ִמ ִגּל ֹה‬. Die Stadt Gilo kann jedoch nicht lokalisiert werden. Vgl. Zwickel, W. (2000, 48). Eine Identifizierung mit Bet-Jala im Süden Jerusalems ist falsch. Vgl. Jos 15,51, wonach Gilo weiter südlich liegt.  Müllner, I. (2011, 333) vermutet daher, dass es sich nicht unbedingt um einen „Verrat Ahitofels an David handelt“, da dies voraussetzen würde, dass die Initiative für den Lagerwechsel von Ahitofel ausging.  Vgl. Müllner, I. (2011, 332): „,Seine Stadt‘ bildet eine Klammer um das Auftreten Ahitofels.Von dort wird er geholt (15,12), dorthin kehrt er zurück, um zu sterben (17,23).“  Vgl. zu den königlichen Ratgebern Stolz, F. (1981, 261), der auf Jer 18,18 verweist.

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worden als Rat zu erteilen.²⁹⁷ Das „Beraten“ ist Hauptaufgabe Ahitofels, während umgekehrt das Verb ‫ יעץ‬nie gebraucht wird, um eine Handlung Huschais auszudrücken, sondern lediglich zweimal in der ersten Person Singular von diesem selbst verwendet wird (2Sam 17,11.15). Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich auch mit Blick auf das Substantiv ‫ יוֵֹעץ‬beziehungsweise ‫ ֵעָצה‬II: Ahitofel wird in 2Sam 15,12 als ‫( יוֵֹעץ‬Ratgeber) eingeführt, ein terminus technicus für den Berater, die Beraterin (vgl. 1Chr 26,14; 27,32 f.; 2Chr 22,3 f.; Spr 11,14; 15,22; 24,6; Hi 12,17; Jes 9,5; 41,28; Esra 4,5).²⁹⁸ Achtmal wird zudem der Ausdruck ‫ ֵעָצה‬im Zusammenhang mit Ahitofel verwendet (2Sam 15,31.34; 16,23bis; 17,7.14bis), aber nur ein einziges Mal ganz am Schluss der Erzählung im Zusammenhang mit Huschai (2Sam 17,14).²⁹⁹ Insgesamt stellt das Wortfeld ‫ עצה‬in 2Sam 16,15 – 17,14 das Leitwort dar (2Sam 16,20.23bis; 17,7.14.23; vgl. zudem 2Sam 15,31.34). Ahitofel ist offizieller, amtlicher Berater am Königshof. Der Arkiter Huschai (‫)חוּ ַשׁי ָהַאְר ִּכי‬³⁰⁰ wird in 2Sam 15,32 zum ersten Mal eingeführt. Zweimal wird er als ‫ ֵרֶעה ָד ִוד‬vorgestellt (2Sam 15,37; 2Sam 16,16; LXX auch 2Sam 15,32 ἑταῖρος Δαυιδ). Somit wird Huschai, ebenso wie Ahitofel in 2Sam 15,12 (‫)יוֵֹעץ ָּד ִוד‬, David zugeordnet. Beim Titel ‫ ֵרֶעה‬dürfte es sich ebenfalls um die Bezeichnung eines hohen Würdenträgers bei Hofe handeln (vgl. die Beamtenliste Salomos 1Kön 4,5).³⁰¹ Huschai wird elfmal mit Eigennamen genannt (in 2Sam 15,32.37; 2Sam 16,16bis.17.18 und  Vgl. Müllner, I. (2011, 334): „Bis zum Scheitern seines Ratschlags werden von Ahitofel keine anderen Handlungen – auch keine anderen Sprechhandlungen – erzählt als das Ratgeben. […] Erst nachdem sein Ratschlag nicht angenommen wird, zeigt sich Ahitofel als eigenständig handelnde Person.“ Möglicherweise ist Ahitofel jedoch auch das Subjekt einer Kulthandlung in 2Sam 15,12 (‫)זבח‬. Dies ist im Text jedoch nicht eindeutig. Vgl. Müllner, I. (2011, 332).  Vgl. Müllner, I. (2011, 334 f.). Vgl. ausführlich dazu auch Ruppert, L. (1982, 724 f.).  Vgl. Langlamet, F. (1978, 79).  Insgesamt dreimal, in 2Sam 15,32; 16,16 und 17,5, wird Huschai mit dem Zusatz „der Arkiter“ vorgestellt. Es handelt sich dabei vermutlich um eine Sippe, die in der Gegend von Atarot, westlich von Bet-El, ansässig war und zum Stamm Efraim zählte – so Dietrich,W. (2011d, 108).Vgl. Gen 17,10 und Jos 16,2. Siehe auch Bar-Efrat, S. (2009, 162).  Der Titel kommt zudem in 1Chr 27,33 vor. Insgesamt ist er also viermal belegt. Der Begriff ‫ֵרַע‬ („Freund“, „Gefährte“) bezeichnet vermutlich nicht nur einen Hofrang, sondern ein festes Amt. Ausführlich dazu Donner, H. (1994a, 25 – 33) und Rüterswörden, U. (1985, 73 – 77). Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 372); Stoebe, H. J. (1994, 382); Hentschel, G. (1994b, 68 f.); Alter, A. (22000, 294); Müllner, I. (2011, 335 f.); Dietrich,W. (2011d, 108) u. a. Der Titel ‫ רעה המלך‬ist als śmr nśw auch in Ägypten bekannt und vom Alten Reich bis in die Spätzeit belegt. Zudem bezeichnet sich im 14. Jh. v.Chr. ʽAbdi-Ḫeba, der Stadtfürst von Jerusalem, in einem seiner Briefe an Amenophis IV./Echnaton als LÚru-ḫi šarriri und damit als Träger des ägyptischen Titels „Freund des Königs“ – so Donner, H. (1994a, 30). Zu EA 288:11 vgl. TUAT.NF Bd. 3, 203 – 205, ʽAbdi-Ḫeba von Jerusalem an den Pharao sowie Weippert, M. (2010, 138 – 141). Vermutlich war der ‫( רעה המלך‬1Kön 4,5) „eine Vertrauensperson, die den König berät und aktiv um die Sicherung seiner Herrschaft bemüht ist“ – so Rüterswörden, U. (1985, 73).

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2Sam 17,5.6.7.8.15), und neunmal ist er Subjekt (2Sam 15,37 ‫ בוא‬wayyiqtol-x; 2Sam 16,16 ‫ בוא‬qatal-x; ‫ אמר‬wayyiqol-x; 2Sam 16,18 ‫ אמר‬wayyiqtol-x; 2Sam 17,6 ‫בוא‬ wayyiqtol-x; 2Sam 17,7.8.15 ‫ אמר‬wayyiqtol-x). Seine Handlungen beschränkten sich auf die beiden Verben ‫ בוא‬und ‫( אמר‬abgesehen von 2Sam 15,32 ‫ קרא‬qotel-x). Er führt damit lediglich den Befehl Davids aus (2Sam 15,34): Er soll in die Stadt zurückkehren (‫)שׁוב‬, zu Absalom reden (‫)אמר‬, um so den Ratschlag Ahitofels zunichte zu machen (‫ פרר‬Hifil) und den Priestern Zadok und Abjatar mitteilen (‫ נגד‬Nifal),was er „aus dem Haus des Königs“ (‫ )ִמ ֵבּית ַהֶּמֶלְך‬hört. Sobald er diesen Auftrag erledigt hat (2Sam 17,15), wird er nicht mehr erwähnt. Die eigentliche Ratgeberszene setzt damit ein, dass Absalom, begleitet von ‫ ְוָכל־ָהָעם ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬, in Jerusalem eintrifft (2Sam 16,15). Bereits in 2Sam 15,37 wurde erwähnt, dass Absalom in Jerusalem eingezogen ist.Während dort davon die Rede war, dass Huschai – wenn auch unabhängig von Absalom – nach Jerusalem gekommen war, so wird nun in 2Sam 16,15 betont, dass Ahitofel mit Absalom nach Jerusalem gekommen ist (‫) ַוֲאִחיֹתֶפל ִאּתוֹ‬.³⁰² Damit befinden sich alle drei Protagonisten am Handlungsort, und es erfolgt eine erste Unterredung zwischen Absalom und Huschai. Huschai führt, wenn auch nicht wortwörtlich, den Befehl Davids aus.³⁰³ Nach 2Sam 15,34 soll Huschai folgende Worte sagen: ‫ַעְב ְּדָך ֲא ִני ַה ֶּמֶלְך ֶאְה ֶיה ֶעֶבד‬ ‫ָאִביָך ַוֲא ִני ֵמָאז ְוַע ָּתה ַוֲא ִני ַעְבֶּדָך‬.³⁰⁴ Und nun beginnt er in 2Sam 16,16 mit einer Huldigung Absaloms: „Es lebe der König! Es lebe der König!“ (‫) ְיִחי ַה ֶּמֶלְך ְיִחי ַהֶּמֶלְך‬.³⁰⁵ Absalom reagiert auf diese Ehrerweisung mit zwei Fragen, „die sein Misstrauen Huschai gegenüber veranschaulichen“:³⁰⁶ ‫„( ֶזה ַחְס ְּדָך ֶאת־ֵרֶעָך ָלָּמה ל ֹא־ָהַלְכָּת ֶאת־ֵרֶעָך‬Dies ist also deine Treue zu deinem Freund? Warum bist du nicht mit deinem Freund gegangen?“ 2Sam 16,17). Damit unterstellt er Huschai indirekt Untreue gegenüber David und wirft ihm vor, diesen nicht begleitet zu haben. Absalom konnte nicht ahnen, dass sich, wie in 2Sam 15,32– 33 deutlich geworden ist, gerade darin Huschais Treue (‫ ֶחֶסד‬vgl. 2Sam 15,20) zu David zeigt. Indem Absalom zweimal von Huschai als dem „Freund (‫ )ֵרַע‬Davids“ (2Sam 16,17) und nicht vom „Freund meines Vaters“ spricht, vermeidet er es, sein Verwandtschaftsverhältnis zu David zu benennen.  Vgl. Müllner, I. (2011, 342).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 94): „Huschai wiederholt die Sätze sinngemäß, nur mit noch etwas gesteigerter Emphase.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 163): „Die Erklärung besteht aus zwei Teilen in chiastischer Anordnung.“ Vgl. zur Spannung zwischen 2Sam 15,34a* und 2Sam 16,19 Langlamet, F. (1978, 62 f.).  Nach Bar-Efrat, S. (2009, 168) ist dies die „übliche Formel für die Anerkennung eines neuen Königs“.Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 384): „‚May the king live!‘ is not merely a wish for the wellbeing of the king. It is an acclamation by which royal authority is officially recognized and assented to […].“ Vgl. auch 1Sam 10,24; 1Kön 1,34.39. In LXX und zwei hebräischen Handschriften wird der Ausruf ζήτω ὁ βασιλεύς nicht wiederholt. Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 380 f.).  Bar-Efrat, S. (2009, 168).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Dies ist umso auffälliger, als sowohl Ahitofel als auch Huschai im Folgenden mehrmals auf die Vater-Sohn-Beziehung zwischen dem Rebellen und dem König hinweisen: ‫ ָאב‬kommt in 2Sam 15,34;16,3.19.21bis.22; 2Sam 17,8bis.10.23 vor sowie ‫ ֵבּן‬in 2Sam 16,19. Huschai antwortet auf die doppelte Frage Absaloms mit einer zweigeteilten Antwort (2Sam 16,18 f.): A ‫ֶזה ַחְסְּדָך ֶאת־ֵרֶעָך‬ B ‫ָלָּמה ל ֹא־ָהַלְכ ָּת ֶאת־ֵרֶעָך‬ B′ ‫ל ֹא ִּכי ֲא ֶשׁר ָבַּחר ְיה ָוה ְוָהָעם ַה ֶּזה ְוָכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל לוֹ ֶאְה ֶיה ְוִאּתוֹ ֵא ֵשׁב‬ A′ ‫ְוַה ֵשּׁ ִנית ְלִמי ֲא ִני ֶאֱעֹבד ֲהלוֹא ִלְפ ֵני ְבנוֹ ַּכֲא ֶשׁר ָעַבְד ִּתי ִלְפ ֵני ָאִביָך ֵּכן ֶאְה ֶיה ְלָפ ֶניָך‬

Huschai geht erst auf die zweite, dann auf die erste Frage Ahitofels ein, wodurch sich für das Frage-Antwort-Spiel das Schema AB-BʹAʹ ergibt.³⁰⁷ Seine Rede beginnt mit einer Verneinung, doch beantwortet er Absaloms Frage, warum er nicht mit seinem Freund gegangen ist, nicht, sondern erklärt umgekehrt, warum er beschlossen habe, sich Absalom anzuschliessen (B′):³⁰⁸ Er wolle demjenigen Folge leisten, den Jhwh und das Volk und alle Männer Israels erwählt haben. Damit führt er sowohl eine theologische als auch eine politische Begründung an.³⁰⁹ Erst danach (2Sam 16,19) fügt Huschai annähernd das an, was ihm David in 2Sam 15,34 aufgetragen hat (A′): Er betont, dass er Absalom dienen wolle, wie er dessen Vater gedient habe. Dabei verändert er jedoch die von David vorgegebene Formulierung dahingehend, dass er Absalom zwei rhetorische Rückfragen stellt und diesen direkt anspricht. Erst hier macht Huschai zudem explizit deutlich, wem er künftig dienen will. Die beiden vorangehenden Redeelemente (B′), in denen Huschai etwas über das ihm von David Angeratene hinaus vorbringt, waren doppeldeutig:³¹⁰ „Der Huldigungsruf lässt offen, wer der ‚König‘ ist, der ‚leben‘ soll. Abschalom soll natürlich denken, er sei gemeint. Und wenn Huschai dem dienen will, den Jhwh und das Volk ‚erwählt‘ haben, soll Abschalom wiederum denken, das sei er, doch könnte (und wird!) Huschai an David denken.“³¹¹

 Vgl. Langlamet, F. (1978, 63).  Ketib liest ‫לא‬.Vgl. dazu Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 529); Dietrich,W. (2011d, 94 Anm. 11) u. a.  Vgl. Stolz, F. (1981, 261): „Husais Rechtfertigung bewegt sich auf zwei Ebenen; die erste ist theologischer, die zweite rhetorischer Natur […].“ Vgl. Dietrich, W. (2011d, 94).  Weitere Beispiele verdeckter Rede finden sich beispielsweise auch in 1Sam 29,8 und 2Sam 18,28 f. Vgl. Klein, J. (22011b, 714) und Dietrich, W. (2011d, 106 f.).  Dietrich, W. (2011d, 106). Vgl. zudem Klein, J. (22011b, 714); Bar-Efrat, S. (2009, 168); Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 278); Hentschel, G. (1994b, 71); Fokkelman, J. P. (1981, 206 f.); Conroy, C. (1978, 114) u. a.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Nach dieser einleitenden Szene, die die Voraussetzung dafür ist, dass Absalom wenig später auch Huschais Rat anhört, wechselt die Erzählung vorerst zu Ahitofel. Huschai konnte Absalom davon überzeugen, dass er die Fronten gewechselt hat. Die nächste Szene (2Sam 16,20 – 23) wird dadurch eingeleitet, dass Absalom Ahitofel auffordert, einen Rat zu geben. Dabei verwendet er den Plural (‫ ָהבוּ‬von ‫)יהב‬, der durch ein Pluralsuffix (‫ )ָלֶכם‬zusätzlich betont wird: ‫ָהבוּ ָלֶכם ֵעָצה‬.³¹² Eine literarkritische Erklärung hierfür ist ebenso denkbar wie die Annahme, dass mit diesem Plural Huschai mitgemeint ist.³¹³ Er wird allerdings erst in 2Sam 17,5 f. nachträglich herbeigerufen und erst dann von Absalom über den Rat Ahitofels informiert.³¹⁴ In 2Sam 16,21 folgt ein erster Ratschlag Ahitofels. Er legt Absalom nahe, zu den Nebenfrauen (‫ )] ָנ ִשׁים[ ִפַּל ְג ִשׁים‬Davids einzugehen (‫)בוא‬. Diese Nebenfrauen – zwischen Frauen und Nebenfrauen wird generell, wie ‫ ִפַּל ְג ִשׁים ְו ָנ ִשׁים‬in 2Sam 5,13 zeigt, unterschieden³¹⁵ – hat David bei seiner Flucht in Jerusalem zurückgelassen, um das Haus zu hüten (‫ ִל ְשֹׁמר ַה ָבּיִת‬vgl. 2Sam 15,16 und 2Sam 20,3).³¹⁶ Die sexuelle Konnotation von ‫( בוא‬2Sam 16,21 f.) ist in diesem Kontext unbestritten.³¹⁷ Absalom soll mit den Nebenfrauen seines Vaters schlafen. Ahitofel fügt eine ausführliche Begründung seines Ratschlages an: Ganz Israel wird hören, dass sich Absalom „stinkend gemacht“ (‫) ִּכי־ ִנְבַא ְשׁ ָּת‬³¹⁸ hat bei seinem Vater. Dadurch würden die Hände derer, die mit ihm sind, stark werden

 Eine ähnliche Aufforderung findet sich etwa auch in Ri 20,7, wo ganz Israel angesprochen wird. Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 209).  Vgl. Grossman, J. (2007, 562), der die pluralistische Formulierung als Anrede Ahitofels und Huschais sieht. Zudem Ku, C.-Y. (2009, 167). Vgl. auch Dietrich, W. (2011d, 108): „Nimmt man den Plural ernst, werden von mindestens zwei Leuten Ratschläge verlangt: von Ahitofel – und von Huschai (der eben nicht entlassen wurde, sondern wie Ahitofel vor Abschalom und seinen Leuten steht).“  Vgl. Müllner, I. (2011, 343), die unter anderem vermutet, dass diese Diskrepanz „dahingehend interpretiert werden [kann], dass der Plural sich auf die Anwesenheit Huschais im Hintergrund bezieht.“ Vgl. auch Alter, R. (22000, 294).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 100) hält 2Sam 15,16b für eine sekundäre Einfügung: „Dabei werden die Nebenfrauen als ‫ נשים פלגשים‬bezeichnet; normalerweise genügt ‫פלגשים‬, doch durch die Beifügung von ‫ נשים‬wird die Nähe des Vorgangs zur Androhung Natans unterstrichen.“ Ähnliches müsste dann auch für 2Sam 30,3 gelten. Vgl. auch Engelken, K. (1989, 587).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 91.109 f.).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 101); Würthwein, E. (21994, 60) u. a.  Sonst nur noch in in 1Sam 13,4 und 2Sam 10,6; beide Male kurz vor der Eskalation einer Konfliktsituation. Dazu Dietrich,W. (2011d, 101): „Ganz Ähnliches wird von Sauls Revolte gegen die Philister (1Sam 13,4) und vom Konflikt der Ammoniter mit David (2Sam 10,6) berichtet.“ Vgl. BarEfrat, S. (2009, 170) sowie Müllner, I. (2011, 343).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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(‫) ְוָח ְזקוּ ְיֵדי‬. Es „scheint nicht so sehr der Akt selbst als dessen Wirkung auf ganz Israel einerseits und David andererseits von Bedeutung zu sein“.³¹⁹ Zweimal betont Ahitofel, dass es sich dabei um die Nebenfrauen „deines Vaters“ (‫)ָאִביָך‬ handelt und stellt damit klar, dass diese Tat die Beziehung zu seinem Vater bleibend belasten wird.³²⁰ Unmittelbar auf den Rat Ahitofels folgt in V. 22 die Notiz von dessen Ausführung: Ein Zelt wird auf dem Dach (‫ ) ָגּג‬aufgeschlagen und Absalom geht zu den Nebenfrauen seines Vaters ein. Die Deutung dieses Aktes ist umstritten. Es wurde vermutet, dass der Verkehr mit den Frauen des Königs nicht nur einer Beschämung, sondern auch einer Machtdemonstration, eventuell sogar einer Festigung seines „Anspruch[s] auf das Königtum“³²¹ gleichkommt.³²² Sicherlich ist er ein „symbol of Absalom’s definitive estrangement from his father“.³²³ Absalom macht sich mit diesem Verhalten zum offensichtlichen Feind seines Vaters; indem er „den sexuellen Platz seines Vaters einnimmt, okkupiert er den politischen Raum“.³²⁴ Der Beischlaf wird in einem Zelt auf dem Dach vor den Augen von ganz Israel (‫ ) ָּכל־יִ ְשָׂרֵאל‬vollzogen, und ganz Israel wird damit zum Zeugen dieser sexuellen Machtdemonstration des Sohnes gegenüber seinem Vater. Zweierlei fällt dabei auf: Zum einen gelingt es Huschai nicht, den Rat Ahitofels zu vereiteln, wie ihm David aufgetragen hat (2Sam 15,34). Zum anderen tendiert der Rat Ahitofels hier aber in die genau gleiche Richtung wie später der Rat Huschais, nämlich dahin, den Angriff auf David hinauszuzögern. Bevor in 2Sam 17,1– 4 ein zweiter Rat Ahitofels folgt,wird die Erzählung in V. 23 durch einen Kommentar des Erzählers unterbrochen: Der Rat Ahitofels sei so

 Müllner, I. (2011, 343).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 209). Ku, C.-Y. (2009, 181) spricht von einer „Zerstörung des VaterSohn-Verhältnisses“, Stoebe, H. J. (1994, 383) von einer „symbolische[n] Für-tot-Erklärung Davids als Regent“ und begründet dies damit, dass „die Übernahme des Harems […] Eintritt in die Pflichten eines Regenten im weitesten Umfang und damit die legitime Nachfolge“ bedeutet.  Schroer, S. (1992, 180).  Vgl. dazu auch das Kapitel B. 4.1.Vgl. ausführlich auch Stolz, F. (1981, 261 f.), der mit Verweis auf mesopotamische Quellen meint, dass sich Absalom durch sein Tun „als König, Kultherr und Landesvater“ erweist. Anders Würthwein, E. (21994, 60): „Nach unserem Verständnis von 16,21– 23 bedeutet das von Ahitophel angeratene Vorhaben nicht die Legitimierung des Königtums, sondern stellt eine in Israel ungehörige Beschimpfung durch seinen Sohn dar.“ Vgl. auch Müllner, I. (2011, 343 f.): „Der sexuelle Akt, den Abschalom entsprechend dem Rat Ahitofels vollzieht, ist Ausdruck seines politischen Machtanspruchs. Dabei handelt es sich nicht um ein Ritual, sondern um einen einmaligen Vorgang.“ Vgl. zudem den Exkurs bei Rudnig, T. A. (2006, 220 – 223) sowie den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 278).  Campbell, A. F. (2005, 146).Vgl. auch schon Stolz, F. (1981, 261): „Damit ist der Bruch zwischen Vater und Sohn endgültig.“  Müllner, I. (2011, 344).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

wirkmächtig, „wie wenn man das Wort Gottes einholt“ (‫ּכֲא ֶשׁר יִ ְשַׁאל־כך ִבְּדַבר‬ ‫)ָהֱאל ִֹהים‬.³²⁵ Diese anerkennende und wertschätzende Einstufung des Rates Ahitofels durch den Erzähler darf jedoch nicht inhaltlich darauf bezogen werden, dass Absaloms Eingehen zu den Nebenfrauen Davids dem Willen Gottes entspricht.³²⁶ Vielmehr soll betont werden, wie hoch der Rat Ahitofels bei beiden Konfliktparteien, sowohl bei David als auch bei Absalom, eingeschätzt wurde. Seine Empfehlung hatte ein grosses politisches Gewicht und eine hohe Verbindlichkeit.³²⁷ Durch den Ausdruck „in jenen Tagen“ (‫) ַבּ ָיִּמים ָהֵהם‬³²⁸ wird aber eine deutliche zeitliche Distanz zu den Geschehnissen geschaffen. In 2Sam 17,1– 4 folgt ein zweiter Rat Ahitofels, erneut eingeleitet durch ‫ַו ֹיּאֶמר‬ ‫( ֲאִחיֹתֶפל ֶאל־ַאְב ָשׁל ֹם‬vgl. 2Sam 16,21). Diesmal berät Ahitofel Absalom nicht nur, sondern bietet gleich an, das Gesagte selbst in die Tat umzusetzen und mit 12000 Mann³²⁹ gegen David auszurücken.³³⁰ Darin zeigt sich, dass der Ratschlag „von sich heraus zum Handeln [drängt], er will umgesetzt werden und ist verbindlich. Gleichzeitig zeigt sich sowohl in der partizipialen Formulierung ‫ יועץ‬als auch im

 Vgl. Müllner, I. (2011, 337): „Der Rat Ahitofels wird nicht direkt, sondern über einen syntaktischen Umweg mit dem Wort Gottes verglichen: ‚wie wenn (‫ )כאשר‬einer das Wort Gottes einholt‘ (16,23). Die Konstruktion ‫ שׁאל‬mit ‫ ב‬weist in die Richtung der Orakeltechnik, also eines Versuchs, sich direkt des Wortes Gottes zu versichern.“ Es ist nicht eindeutig, wer das Wort Gottes einholt. Das Qere präzisiert daher ‫אישׁ‬, ebenso die antiochenische Fassung der LXX (τιϛ). Vgl. Müllner, I. (2011, 338); Kim, J.-H. (2009, 236 f.); Grossman, J. (2007, 561 f.) u. a.  Vgl. Müllner, I. (2011, 338). Anders Grossman, J. (2007, 561): „More specifically: Ahitophel’s advice to Absalom to lie with his father’s mistresses should be understood as the realization of God’s will as well, as a continuation of God’s punishment of David […].“  Vgl. Müllner, I. (2011, 338); Grossman, J. (2007, 560); Bar-Efrat, S. (2009, 167) u. a.  Vgl. Müllner, I. (2011, 337): „‚In jenen Tagen‘ signalisiert einen Abstand zu den erzählten Ereignissen, von denen sich die Phrase zeitlich absetzt, aber auch eine Hinwendung des Erzählers zum Publikum, das durch einen solchen Kommentar implizit ins Blickfeld kommt.“  Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 537) haben die Vermutung geäussert, dass es sich bei den 12000 Mann um eine „dimension symboliquement panisraélite“ handelt.  Im Text wird weder gesagt, weshalb Ahitofel die Seiten wechselt, noch werden Gründe deutlich gemacht für diese persönlichen Rachegedanken gegenüber David. Als mögliche Erklärung wurde seine Verwandtschaft mit Batseba angeführt.Vgl. Dietrich, W. (2011d, 95): „Laut 2Sam 11,3 war Batscheba ‚die Tochter Eliams‘, und laut 2Sam 23,34 war ‚Eliam ben Ahitofel, der Giloniter,‘ einer von den ‚Dreißig‘, einer Elitetruppe Davids – genau wie auch ‚Urija, der Hethiter‘ (23,39). Demnach war Batscheba die Enkeltocher Ahitofels und ihr Gatte ein Waffenbruder seines Sohnes!“ Vgl. ausführlich dazu Bodner, K. (2002, 63 – 78); Würthwein, E. (21994, 55). Anders Stoebe, H. J. (1994, 361): „Emotionale Gründe sind für einen so weitreichenden Entschluß kaum anzunehmen, etwa die zornige Reaktion auf die Versündigung Davids mit seiner Enkelin Bathseba. Abgesehen davon, daß diese postulierte Verwandtschaft keineswegs sicher ist […], darf nicht vergessen werden, daß in der Zwischenzeit Bathseba die Gemahlin des Königs geworden und als solche hochgeehrt war.“

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Handlungsverlauf der Erzählung 2Sam 16 – 17 eine außerordentlich enge Verbindung zwischen dem Ratgeber und seinem Ratschlag.“³³¹ Ahitofel will David mit 12000 Mann umgehend, nämlich noch in dieser Nacht (‫)ַהָּל ְיָלה‬, verfolgen (‫)רדף‬. Das Verb ‫ רדף‬wird später in 2Sam 20,1– 22 als Leitwort verwendet (vgl. auch 2Sam 18,16).³³² Dort wird Scheba ben Bichri von Joab verfolgt. Gleichzeitig erinnert es an die sogenannte Aufstiegsgeschichte, wo jeweils davon die Rede ist, dass Saul David verfolgt hat (1Sam 23,25.28; 24,15; 26,18.20). Eine sofortige militärische Aktion soll David überraschen, solange er noch müde ist und schlaffe Hände hat, (‫ ) ְוהוּא ָי ֵגַע וְּרֵפה ָיַדיִם‬und ihn in Schrecken versetzen (‫חרד‬ Hifil; vgl. Ri 8,12; Ez 30,9 u. a.).³³³ Das ganze Volk werde fliehen und er, Ahitofel, den König allein erschlagen (‫) ְוִה ֵּכיִתי ֶאת־ַהֶּמֶלְך ְלַבּדוֹ‬. Schliesslich werde er das ganze Volk zu Absalom zurückbringen und das ganze Volk werde Frieden (‫ ) ָשׁלוֹם‬haben. V. 3 ist textkritisch umstritten. LXX (Kaige-Rezension) liest ergänzend: πρὸς σέ ὃν τρόπον ἐπιστρέφει ἡ νύμφη πρὸς τὸν ἄνδρα ([ich werde das ganze Volk dir zuwenden,] wie sich die Braut ihrem Mann zuwendet).³³⁴ Die Version des masoretischen Textes passt in seiner Nüchternheit jedoch besser zur Rede Ahitofels als der Vergleich von der Rückkehr einer Braut in LXX. Die beiden Ratschläge Ahitofels erscheinen auf den ersten Blick gegensätzlich:³³⁵ Während die erste Rede Ahitofels ein retardierendes Moment enthält und er  Müllner, I. (2011, 337). Vgl. auch Bodner, K. (2002, 70 f.).  Insgesamt kommt das Verb 143mal vor in der Hebräischen Bibel. In militärischem Kontext bezeichnet das Verb die aktive Verfolgung eines oder mehrerer Menschen in böser Absicht (z. B. Gen 14,14 f.; Dtn 1,44; Jos 2; 8; Ri 4,22; 7,25; 1Sam 23,25; 25,29; 26,17; 2Sam 17,1; 20,6 f.; 24,13; Jes 41,3; Ez 35,6; Hos 8,3; Ps 109,16 u. ö.) – so Frevel, C. (1993, 364).  Vgl. Baumann, A. (1982, 179): „Wer erschöpft und deprimiert ist, verfällt leichter in Panik. Darauf beruht Ahitophels Plan in 2 Sam 17,2: Er will David überrumpeln und in der entstehenden Panik, wenn alle fliehen, David erschlagen.“  Vgl. 2Sam 17,3 LXX: (ὃν τρόπον ἐπιστρέφει ἡ νύμφη) πρὸς τὸν ἄνδρα αὐτῆς πλὴν ψυχὴν ἑνὸς ἀνδρὸς σὺ ζητεῖς καὶ (παντὶ τῷ λαῷ ἔσται εἰρήνη). Vgl. Kim, J.-H. (2009, 238.240). Barthélemy, D. (1982, 278 – 280) argumentiert für die Ursprünglichkeit des MT. Generell wird jedoch angenommen, dass der MT durch Haplografie gekürzt wurde und weitere Korruptionen erfuhr. Vgl. Cross, F. M. / Parry D. W. / Saley, R. J. / Ulrich, E. (2005, 162). McCarter, P. K. (41986, 381 f.) hält daher LXX für die ursprünglichere Version. Stoebe, H. J. (1994, 385) bezeichnet den Vergleich der LXX als „billige Sentimentalität“. Er passt nicht zu Ahitofels sachlichem Stil. Bar-Efrat, S. (2009, 171) vermutet, dass der Vergleich mit dem Zurückkehren der Braut (‫ )כשוב הכלה‬dadurch entstanden ist, „dass die Buchstaben (‫ )כשובהכלה‬auf andere Weise in Worte aufgeteilt worden sind“. Vgl. Alter, R. (22000, 296 f.). Vgl. zusammenfassend Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 537): „Le tour elliptique de 3b a donné lieu chez les versions à une grande diversité de compréhensions, celle de la LXX ayant la faveur des modernes: ‚comme la fiencée revient vers son mari‘, mais la sobriété de l’hébreu correspond mieux à la sécheresse du discours d’Ahitofel comme au procédé expéditif qu’il veut faire adopter.“  Vgl. zu den literarkritischen Konsequenzen weiter unten.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Absalom empfiehlt, zunächst bei den Nebenfrauen seines Vaters einzugehen, rät er ihm in einem zweiten Schritt, sofort Truppen loszuschicken, David zu verfolgen und überraschend zu überfallen. Insofern sich Ahitofel aber anbietet, diesen zweiten Plan selber auszuführen, kann der Text auch so verstanden werden, dass beide Ratschläge gleichzeitig ausgeführt werden sollen,³³⁶ vorausgesetzt, dass mit „ganz Israel“ (2Sam 16,21) und „zwölftausend Männern“ (2Sam 17,1) nicht dieselbe Personengruppe gemeint ist.³³⁷ Zudem beziehen sich die Ratschläge Ahitofels auch sprachlich aufeinander: Während es im ersten Rat darum geht, die Hände all derer, die bei Absalom sind, „stark zu machen“ (‫ ְוָח ְזקוּ ְיֵדי ָּכל־ֲא ֶשׁר ִאָּתְך‬V. 21), geht es im zweiten Rat darum, David zu überfallen, während er noch „schlaffe Hände“ hat (‫ ְוהוּא ָי ֵגַע וְּרֵפה ָיַדיִם‬V. 2).³³⁸ Schliesslich werden zwei unterschiedliche Strategien deutlich, wie David überwältigt und besiegt werden kann. Dabei handelt es sich um zwei unterschiedliche Facetten der Machtergreifung, nämlich um die Übernahme des Palastes im ersten und die Tötung des Königs im zweiten Schritt. Die beiden Ratschläge sind also nicht grundsätzlich widersprüchlich. Auffällig ist hingegen, wie unterschiedlich Absalom darauf reagiert: Während er den ersten sofort ausführt, zögert er beim zweiten und holt einen weiteren Rat ein. Mit der Formel ‫ ַו ִיּי ַשׁר ַהָּדָבר ְבֵּעי ֵני ַאְב ָשּׁל ֹם‬wird der Vorschlag Ahitofels gut geheissen (vgl. 1Sam 18,20.26; 1Chr 13,4; 2Chr 30,4), und mit dem Einverständnis Absaloms und aller Ältesten von Israel ist der Spannungshöhepunkt erreicht (2Sam 17,4). David scheint „keine Chance mehr zu haben, sich noch zu retten“.³³⁹ Das Wort Ahitofels war sowohl in den Augen (‫ )ַעיִן‬Absaloms als auch in den Augen (‫ )ַעיִן‬aller Männer Israels „recht“ (‫)ישׁר‬. Zuvor hat Absalom bereits vor den Augen (‫ )ַעיִן‬von ganz Israel den ersten Rat Ahitofels ausgeführt und mit den Nebenfrauen seines Vaters geschlafen (2Sam 16,22). Ohne dass eine Erklärung oder Begründung dafür gegeben wird, will Absalom nun, bevor er die andere Empfehlung Ahitofels ausführt, eine Zweitmeinung einholen. Er lässt Huschai kommen, um seine Ansicht zu hören.³⁴⁰ Durch das zweifache ‫ ַגּם‬in V. 5 – Absalom lässt auch Huschai rufen und will auch hören, was in seinem Mund ist – nimmt Absalom implizit Bezug auf den Plan Ahitofels.³⁴¹  Anders in 2Sam 20,3, wo die Notiz von den Nebenfrauen, die David wieder zu sich nimmt, die Verfolgung Schebas ben Bichri verzögert.  Vgl. Aurelius, E. (2004, 394): „Ahitofel will keineswegs ‚ganz‘ Israel zuschauen lassen, wie Absalom den ersten Rat befolgt, sondern sich mit 12.000 Mann zur Verfolgung Davids aufmachen, und zwar sofort, ‚heute Nacht‘, um David möglichst schnell zu erreichen und zu überraschen.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 211): „The contrast underlines the acute danger facing David […].“  Bar-Efrat, S. (2009, 171).  Vgl. Beek, M. A. (1994, 162): „Then there was a strange turn in the course of events in that Absalom wanted to hear Hushai’s advise.“  Vgl. Müllner, I. (2011, 345).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Offensichtlich hat Absalom zu Huschai, der ihm seine Loyalität zugesichert hat, Vertrauen gefasst, während er Ahitofel gegenüber skeptisch geworden ist. Ahitofel wiederum hat sich in einem gewissen Sinn neutral und unparteiisch verhalten, indem er Absalom, der ihn zu sich an den Hof holen liess, lediglich seine ausgezeichneten Beraterfähigkeiten zur Verfügung gestellt hat. Huschai kommt, Absalom erörtert ihm kurz und knapp den Rat Ahitofels (‫ַּכ ָּדָבר‬ ‫ ַה ֶּזה ִּד ֶבּר ֲאִחיֹתֶפל‬vgl. auch 2Sam 14,3) und bittet ihn um eine Stellungnahme (2Sam 17,6). Dabei fordert Absalom Huschai ausdrücklich dazu auf, auch Widerspruch zu äussern.Wenn er anderer Meinung sei und Ahitofels Plan nicht ausgeführt werden soll, dann soll er einen Gegenvorschlag unterbreiten (‫)ִאם־ַאיִן ַאָּתה ַד ֵבּר‬. Auf diese Aufforderung folgt in 2Sam 17,7– 13 ein „zweites rhetorisches Meisterstück“³⁴² Huschais. Er eröffnet seine Rede damit, dass er den Plan Ahitofels ablehnt und meint, dass Ahitofels Rat „dieses Mal“ (‫„ ) ַבּ ַפַּעם ַה ֹּזאת‬nicht gut“ (‫ )ל ֹא־טוָֹבה‬sei (V. 7). Damit gibt er seinem Publikum zu verstehen, dass er nicht grundsätzlich an der Kompetenz Ahitofels zweifelt, sondern lediglich in diesem einen Fall eine andere Vorgehensweise vorschlägt.³⁴³ Danach folgt eine zweite Redeeinleitung (V. 8).³⁴⁴ Die anschliessende Rede gliedert sich in zwei Teile: Im ersten Teil (2Sam 17,8 – 10) zeigt Huschai die Schwachpunkte im Rat Ahitofels auf, im zweiten Teil schlägt er einen alternativen Plan vor.³⁴⁵ „Nicht Taktik und Schnelligkeit, sondern Masse an Kriegern soll den Sieg bringen.“³⁴⁶ Huschais geheimes Ziel ist es dabei allerdings, Zeit zu gewinnen, damit David in Ruhe das Heer organisieren und sich auf den Angriff vorbereiten kann.³⁴⁷ Diese Verzögerungstaktik zeigt sich bereits in der Länge seiner Rede: „Semantically, Hushai urges Absalom to slow down and take time to gather his troops instead of rushing to attack David.“³⁴⁸ Zudem stellt sich Huschai, anders als Ahitofel, nicht selbst in

 Dietrich, W. (2011d, 95). So bereits Rost, L. (1926, 125). Vgl. Campbell, A. F. (2005, 153): „Hushai’s councel is skillfully presented.“ Ebenso Bar-Efrat, S. (42008, 223): „By virtue of this speech Hushai succeeded in having Ahithophel’s advice rejected, not because of what he said, because his plan was less advantageous to Absalom than Ahithopel’s but because of the way he said it.“  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 95); Müllner, I. (2011, 345); Bar-Efrat, S. (42008, 224).  Vgl. dazu die Erklärung von Bar-Efrat, S. (2009, 172): „Huschai wartet ein wenig, um die Wirkung seiner Worte zu beobachten; das zeigt die Wiederholung von ‫ויאמר‬.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (42008, 225); Bar-Efrat, S. (2009, 172) und Fokkelman, J. P. (1981, 214).  Stolz, F. (1981, 262).  Vgl. Müllner, I. (2011, 346): „Ahitofels kurzer und rüder Plan verlangt sofortiges Handeln, Huschais elaborierte Rede will Entschleunigung herbeiführen.“ Vgl. auch Hentschel, G. (1994b, 70): „Die Vorschläge der beiden Ratgeber unterscheiden sich darin, wieviel Zeit sich Abschalom bei der Verfolgung seines Vater David nehmen konnte.“  Park, S.-M. S. (2009, 458).

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den Vordergrund, sondern spricht Absalom direkt an und bezieht manipulativ dessen eigene Kenntnisse mit ein, wobei das Personalpronomen ‫ ַא ָּתה‬betonend am Satzanfang steht (V. 8).³⁴⁹ Ahitofel habe, so Huschais erstes Argument, den Fehler gemacht, Davids Schlagkraft zu unterschätzen: Er ist umgeben von seinen Elitekämpfern (‫) ִג ֹבּ ִרים‬, und diese sind bitteren Mutes wie eine Bärin auf dem Feld (‫ְּכֹדב‬ ‫) ַשּׁכוּל ַבּ ָּשֶׂדה‬, der man die Jungen geraubt hat. David selbst ist ein Kriegsmann, der nicht Nachtruhe halten wird mit dem Volk, sondern aus einem Versteck angreift und den Verfolgern Verluste zufügt. Es wird deshalb nicht möglich sein, den König allein zu töten, weil er sich versteckt (‫ חבא‬Nifal) hält. Eine Niederlage (‫)ַמ ֵגָּפה‬³⁵⁰ für Absalom sei eigentlich fast gewiss. Am Ende weist Huschai noch einmal auf Davids Stärke hin und nimmt dabei chiastisch noch einmal die Begriffe aus V. 8 auf:³⁵¹ V. 

Du weisst (‫)ידע‬, dein Vater und seine Männer sind Helden (‫ ) ִגּבּוֹרים‬und dass sie verbittert sind wie eine Bärin, die ihrer Jungen beraubt wird ‫וָּמֵרי ֶנֶפשׁ ֵה ָּמה ְּכֹדב ַשּׁכוּל ַבּ ָּשֶׂדה‬ dein Vater ist ein Kriegsmann (‫)ִאישׁ ִמְלָחָמה‬ V.  Siehe, er hat sich jetzt in irgendeinem Loch oder sonst an einem Ort versteckt ‫הוּא־ ֶנְח ָבּא ְבַּאַחת ַה ְפָּחִתים אוֹ ְבַּאַחד ַהְּמקוֹֹמת‬. Und es wird geschehen, wenn zu Anfang einige von ihnen fallen, so wird jeder, der es hört, sagen: Das Volk, das Absalom nachfolgt, hat eine Niederlage erlitten! V.  dein Vater ist ein Held (‫) ִגּבּוֹר‬ die, die bei ihm sind, sind tapfere Männer (‫ )וְּב ֵני־ַחיִל ֲא ֶשׁר ִאּתוֹ‬mit einem Herzen wie dem Herzen eines Löwen ‫ַגם־ ֶבּן־ַחיִל ֲא ֶשׁר ִלבּוֹ ְּכֵלב ָהַאְר ֵיה‬ ganz Israel weiss (‫)ידע‬.

Huschai spielt, wenn er dem eitlen, ehrgeizigen Sohn den eben vertriebenen Vater rühmt, durchaus ein „gefährliches Spiel“.³⁵² Die Überlegenheit Davids wird etwa im Vergleich seiner Männer mit einer wütenden Bärin deutlich, wohingegen auf Absaloms Seite selbst ein Mann mit Löwenherz verzagen würde. Den zahlreichen ‫ ְב ֵני־ַחיִל‬auf Davids Seite steht ein einzelner ‫ ֶבּן־ַחיִל‬auf Absaloms Seite gegenüber (V. 10).³⁵³ Mit diesem anschaulichen Bild flösst Huschai seinen Hörern Angst ein und führt ihnen die Unwahrscheinlichkeit eines Sieges vor Augen. Mit der drei-

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 215 f.); Bar-Efrat, S. (42008, 225). Zudem Hyman, R. T. (1995, 13): „with carefully chosen words he addresses Absalom personally and frankly […].“  ‫ ַמ ֵגָּפה‬kommt in den Samuelbüchern noch in 1Sam 4,17; 2Sam 18,7 und 2Sam 24,21.25 vor. Es wird auch im Sinn von Plage (vgl. 2Sam 24,21.25; 1Chr 21,17.22 u. a.) verwendet. Vgl. Koehler, L. / Baumgartner, W. (1974, 518). Bar-Efrat, S. (2009, 173) übersetzt mit „Massaker“.  Vgl. zum Aufbau der Rede Bar-Efrat, S. (2009, 176). Vgl. zudem Fokkelman, J. P. (1981, 216 f.).  Dietrich, W. (2011d, 95).  Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (42008, 231).

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maligen Verwendung von ‫„( ָאִביָך‬dein Vater“ 2Sam 17,8bis.10) nimmt Huschai zudem die Perspektive Absaloms ein und setzt ihn so in Beziehung zu seinem Gegner.³⁵⁴ Danach folgt im zweiten Teil seiner Rede ein konstruktiver Gegenvorschlag, eingeleitet mit ‫ ִּכי ָיַעְצ ִּתי‬. Da nur ein gewaltiges Heer David und seine Männer besiegen könne, so die Argumentationslinie von Huschai, rät er Absalom, ganz Israel von Dan bis Beerscheba³⁵⁵ zu versammeln, also eine „Generalmobilmachung“³⁵⁶ anzuordnen. Auch dieser zweite Teil der Rede ist chiastisch aufgebaut.³⁵⁷ Verwendet werden dabei „geläufige Ausdrücke und Redewendungen“:³⁵⁸ V.  Ganz Israel (‫ )ָכל־יִ ְשָׂרֵאל‬soll sich zu dir versammeln (‫)ֵהָאֹסף ֵיָאֵסף‬, von Dan bis Beerscheba, so zahlreich wie der Sand, der am Meer ist (‫)ַּכחוֹל ֲא ֶשׁר־ַעל־ַה ָיּם ָלֹרב‬ V.  Kommen wir dann zu ihm an einen der Orte, wo immer er sich auch befinden mag, ‫וָּבאנוּ ֵאָליו ְבַּאַחד ַהְּמקוֹֹמת ֲא ֶשׁר ִנְמָצא ָשׁם‬ so werden wir uns auf ihn niederlassen, wie der Tau auf den Erdboden fällt (‫ְו ַנְחנוּ‬ ‫)ָעָליו ַּכֲא ֶשׁר יִ ֹפּל ַה ַּטל ַעל־ָהֲאָדָמה‬ Dann wird von ihm und von all den Männern, die bei ihm sind, auch nicht einer übrigbleiben. V.  Und wenn er sich in eine Stadt zurückzieht (‫) ֵיָאֵסף‬, dann soll ganz Israel (‫ )ָכל־יִ ְשָׂרֵאל‬Seile an jene Stadt legen, und wir schleifen sie bis zum Talgrund, bis sich dort nicht einmal mehr ein Steinchen findet (‫)ֲא ֶשׁר־ל ֹא־ ִנְמָצא ָשׁם ַגּם־ְצרוֹר‬

Auch im zweiten Teil seiner Rede verwendet Huschai Vergleiche. Während er im ersten Teil Tiervergleiche (Bär, Löwe) einsetzt, gebraucht er nun Metaphern aus der unbelebten Natur (Sand, Tau, Steinchen). Diese Bilder unterstreichen seine Worte, sind letztlich aber inhaltslos.³⁵⁹ Der Vergleich der wehrtüchtigen Männer mit dem „Sand am Meer“ (‫ ) ַּכחוֹל ֲא ֶשׁר־ַעל־ַה ָיּם ָלֹרב‬ist nicht originell, sondern wird öfters verwendet.³⁶⁰ Hingegen erfährt das Bild vom Tau, der auf den Erdboden fällt, hier eine einmalige Umdeutung: Während die Metapher sonst eine positive

 Vgl. Bar-Efrat, S. (42008, 226).  Vgl. zu diesem Ausdruck Kapitel B. 4.2.2. McCarter, P. K. (41986, 386 f.) meint, dass der Ausdruck hier und in 2Sam 24,2.15 „derives from Davidic times“. Nach Vermeylen, J. (2000, 631) handelt es sich hingegen um eine Ergänzung durch DtrH.  Stolz, F. (1981, 262); Dietrich, W. (2011d, 95). Vgl. Langlamet, F. (1978, 68) spricht von „mobilisation générale“.  Vgl. eine etwas andere Gliederung bei Fokkelman, J. P. (1981, 219).  Bar-Efrat, S. (2009, 175).  Vgl. Beek, M. A. (1994, 163): „Hushai did his best with a piece of sheer nonsense and he knew it.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 218). Der Ausdruck „wie Sand am Meer“ kommt in 1Kön 4,20 vor, wo von Juda und Israel die Rede ist (‫) ְיהוָּדה ְויִ ְשָׂרֵאל ַר ִבּים ַּכחוֹל ֲא ֶשׁר־ַעל־ַה ָיּם ָלֹרב‬, ferner in Jos 11,4 und 1Sam 13,5 wo das (Kriegs‐)Volk näher beschrieben wird, zudem in Ri 7,12 im Hinblick auf Kamele sowie in Jes 48,19; Hos 2,1 etc. auf die Nachkommenschaft.

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Konnotation hat, wird sie hier eingesetzt, um die totale Vernichtung zu beschreiben (V. 13): Wie Tau auf die Erde fällt, so wird sich Absalom auf David niederlassen und nichts mehr von ihm und seinen Männern übrig lassen.³⁶¹ Für den Fall, dass David sich in einer Stadt verschanze, schlägt Huschai vor, diese mit Seilen abzutragen, bis kein Steinchen mehr von ihr gefunden wird. Dabei erwähnt Huschai David im zweiten Teil seiner Rede nicht mehr namentlich, sondern nennt ihn nur noch als Objekt. Er suggeriert damit, dass David eigentlich schon aufgehört hat zu existieren.³⁶² Die zwei mittleren Teile der chiastisch aufgebauten Reden sind deutlich aufeinander bezogen: Einmal wird Absaloms (V. 9), einmal Davids Niederlage (V. 12) beschrieben. Beide Male ist auch vom Ort (‫)ַה ְּמקוֹֹמת‬,³⁶³ an dem sich David befindet, die Rede, und während sich David beim ersten Mal an diesem Ort verborgen (‫ חבא‬Nifal) hält, kann er beim zweiten Mal gefunden (‫ מצא‬Nifal) werden.³⁶⁴ Beide Redeteile sind so aufeinander aufgebaut und eng miteinander verzahnt, dass es keinen Grund gibt, sie literarkritisch voneinander zu scheiden.³⁶⁵ Insgesamt geht es Huschai in seiner Rede nicht allein darum, David zu töten, sondern er skizziert seine totale Vernichtung. Diese wird entsprechend nicht von Huschai ausgehen, sondern von Absalom und ganz Israel. Dabei rät Huschai Absalom im Gegensatz zu Ahitofel ausdrücklich, mit in den Kampf zu ziehen: ‫וָּפ ֶניָך‬ ‫( ֹהְלִכים ַבְּקָרב‬2Sam 17,11).³⁶⁶ Erst diese explizite Forderung³⁶⁷ bildet die Voraussetzung dafür, dass Absalom in der Schlacht fallen wird. Huschais Rede ist, ebenso wie Ahitofels Rede, in sich widersprüchlich: Einerseits betont er die Stärke und Unbesiegbarkeit Davids, andererseits zeigt er auf, wie leicht es wäre, diesen mit einem Heer vernichtend zu besiegen.³⁶⁸ Dennoch ist die Rede so überzeugend aufgebaut, dass Absalom und alle Männer Israels in V. 14

 Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (42008, 235).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 176).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 217).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 176): „Aber während beim ersten Mal David dort ‚verborgen‘ ist, ‚befindet‘ er sich beim zweiten Mal dort, so dass er ‚gefunden‘ werden kann.“ Vgl. Bar-Efrat, S. (42008, 234).  Vgl. dazu weiter unten.  Vgl. Bar Efrat, S. (2009, 174): „Der Ausdruck ‫ פניך הלכים‬kommt im Zusammenhang mit Gott vor […].“ Vgl. Ex 33,14 f. Statt ‫ בקרב‬lesen LXXB, Peschitta und Vulgata ‫( בקרבם‬ἐν μέσῳ αὐτῶν).  Diese Forderung steht im Gegensatz zu 2Sam 18,3, wo das Kriegsvolk David auffordert, nicht mit in den Krieg zu ziehen (‫)ל ֹא ֵתֵצא‬.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 220).Vgl. Bar-Efrat, S. (42008, 234): „In the first part of his speech, when he was trying to undermine Ahithophel’s advice, Hushai claimed that it would be impossible to find David […]. Now, however, when his object is to demonstrate that according to his plan it was possible to overcome David, he has to hint that it is possible to find him.“

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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den bisherigen Beschluss revidieren. Während der Plan Ahitofels zuvor in den Augen Absaloms und der Ältesten von Israel (‫„ )ַאְב ָשׁל ֹם וְּבֵעי ֵני ָּכל־ ִזְק ֵני יִ ְשָׂרֵאל‬recht“ (‫ )ישׁר‬war, sind es nun Absalom und alle Männer Israels (‫)ַאְב ָשׁלוֹם ְוָכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬, die Huschais Vorschlag bewerten.³⁶⁹ Sie halten fest, dass der Rat Huschais besser (‫)טוֹב‬ sei als jener Ahitofels. Somit steht dem „nicht gut“ (‫ )ל ֹא־טוָֹבה‬in V. 7 das „besser“ (‫ טוָֹבה‬vgl. zudem ‫ ַהּטוָֹבה ְלַבֲעבוּר‬im gleichen Vers) in V. 14 gegenüber. „Kein Wunder – und doch ein Wunder –, dass Abschalom und ‚jedermann in Israel den Rat des Arkiters Huschai besser‘ findet als denjenigen Ahitofels (17,14a). Kein Wunder wegen des Raffinements von Huschais und der Schwächen von Ahitofels Vorschlag. Und doch ein Wunder angesichts des enormen Ansehens Ahitofels, das seine Desavouierung in einem so wichtigen Fall nicht erwarten ließ.“³⁷⁰ Die gesamte Erzählung ist eine einzige grosse Steigerung der Spannung auf den letzten Vers hin, wenn Absalom und alle Männer Israels entscheiden, den Rat Huschais zu befolgen.³⁷¹ Bis zu diesem Zeitpunkt wurde immer wieder betont, dass die Erfolgsaussichten der konkurrierenden Ratgeber Huschai und Ahitofel sehr unterschiedlich sind. Von Anfang an sprach alles dafür, dass Ahitofels Plan umgesetzt werden wird. So ist Huschai in den Augen Absaloms verdächtig, weil er ein Freund Davids ist (2Sam 16,17). Ferner gilt der Rat Ahitofels so viel, wie wenn man das Wort Gottes befragt (2Sam 16,23). Schliesslich wird der erste Rat Ahitofels umgehend von Absalom in die Tat umgesetzt (2Sam 16,22), und sein zweiter Rat ist bereits von Absalom und allen Ältesten von Israel angenommen worden. Wie ist es also möglich, dass Huschai einen Plan vereitelt, „which was good, which all had accepted, which was spoken by such a prestigious man“?³⁷² Wenn trotz all dem nun Absalom und alle Männer Israels den Rat Huschais annehmen, so ist dies allein darauf zurückzuführen – so das Urteil des Erzählers in 2Sam 17,14b –, dass Jhwh es so angeordnet hatte.³⁷³ Nicht zuletzt deshalb kann der Ausgang der Erzählung als ein Wunder festgehalten werden, weil Jhwh es selbst „angeordnet hatte, den guten Rat Ahitofels zu vereiteln“ (17,14bα). Es war der Wille Jhwhs, „Unheil (‫ )ָרָעה‬über Absalom zu bringen“ (17,14bβ).³⁷⁴ Überzeugt werden Absalom und alle Männer  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 109): „Huschais Gegenvorschlag, der auf die Sicherheit überlegener Truppenstärke (in Wahrheit: auf Zeitverzug) abzielt, findet bei Absalom ‚und der gesamten Mannschaft Israels‘ Anklang (17,14a), während Ahitofel nur die ‚Ältesten‘ überzeugt hatte.“  Dietrich, W. (2011d, 96).Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 205): „[…] Hushai has unexpectedly great success.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 205): „The scene combines a maximum threat on the part of Absalom and its radical nullification.“  Beek, M. A. (1994, 162).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 167).  Dabei handelt es sich hier nach von Rad, G. (71978, 327) um eine der wenigen theologischen „Deutestellen“ innerhalb der sogenannten „Thronfolgeerzählung“: „Es sind freilich nur drei

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Israels jedoch nicht mit Hilfe eines übernatürlichen göttlichen Einwirkens, sondern durch die rhetorische Überzeugungskraft eines Menschen:³⁷⁵ Jhwh untergräbt den Rat Ahitofels nicht direkt, sondern bewirkt, dass Huschai Absalom und seine Männer davon überzeugen kann, seinen Rat umzusetzen. Diese Begünstigung Huschais wird an seiner grossen rhetorischen Geschicklichkeit besonders deutlich. Seine Rede unterscheidet sich nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch von jener Ahitofels.³⁷⁶ Ahitofels Rat zu durchkreuzen, hatte David auf der Flucht geschickt und von langer Hand geplant (2Sam 15,32 – 37). Gleichzeitig wird diese Wendung aber auch als Erhörung seines Stossgebetes dargestellt: Nachdem David erfahren hat, dass Ahitofel bei Absalom ist, bittet er Jhwh, den Rat (‫ )ֶאת־ֲעַצת‬Ahitofels „zur Torheit zu machen“. Davids Gebet besteht lediglich aus sechs Wörtern: ‫ַס ֶּכל־ ָנא ֶאת־ֲעַצת ֲאִחיֹתֶפל‬ ‫( ְיה ָוה‬2Sam 15,31bβ). Darin wird die grosse Angst Davids in dieser Situation deutlich: „David was more afraid of the advice this shrewdest of counselors might give, than of the army that his rebel son might be able to field.“³⁷⁷ Unmittelbar danach in 2Sam 15,32 taucht – einer Gebetserhörung gleich – der Arkiter Huschai auf, mit zerrissenem Leibrock und Erde auf seinem Kopf.³⁷⁸ Dies alles ereignet sich genau

Stellen, an denen er [der Historiker] explizit von Gott redet; die aber sind von grundsätzlicher Bedeutung, nämlich 2. Sam. 1127; 1224; 1714. In jedem dieser Fälle handelt es sich nur um einen kurzen Satz, der innerhalb der extrem profanen Zusammenhänge merkwürdig unvermittelt wirkt.“ Dazu Dietrich, W. (2011d, 96); Müllner, I. (2011, 347); Würthwein, E. (21994, 54 f.); Langlamet, F. (1978, 82) u. a.Vgl. zudem Bar-Efrat, S. (2009, 167): „Dies ist die einzige Stelle in der Erzählung vom Aufstand Abschaloms, in der der Erzähler von einer Einmischung des Herrn in den Verlauf der Ereignisse spricht.“ Ähnlich auch schon Rost, L. (1926, 128 f.). Ausführlich zur Bedeutung von 2Sam 17,14 für die Interpretation des grösseren narrativen Zusammenhangs Avioz, M. (2013, 339 – 347).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 167). Vgl. zudem Fokkelman, J. P. (1981, 205): „Once again divine providence and human action flow together in one undivided event.“ Vgl. auch Müllner, I. (2011, 342): „Einerseits ist es David, der Huschai selbst in die Rolle bringt, für ihn (‫ )לי‬den Ratschlag Ahitofels zunichte zu machen (15,34). Andererseits ist es Jhwh, der Davids Bitte erfüllt und dafür sorgt, dass der gute Ratschlag Ahitofels verworfen wird (17,14).“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 221): „Ahitophel has spoken very pertinently, he required no manipulations, metaphors or other rhetorical artifices and pyrotechnics.“ Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 278): „Beide Reden haben ein völlig unterschiedliches Profil und charakterisieren zugleich ihre Sprecher: hier der knappe, an der politischen Pragmatik orientierte Rat Ahitofels, dort die ausufernde, aber brilliante Überredungskunst Huschais, die in all ihrer bildreichen Weitschweifigkeit zugleich einen raffinierten, wohlüberlegten Aufbau besitzt.“ Ausführlich dazu auch Müllner, I. (2011, 345 f.).  Beek, M. A. (1994, 161).  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 93) sowie Müllner, I. (2011, 348). Vgl. zudem Gunn, D. M. (1980, 111); Fokkelman, J. P. (1981, 191); Seiler, S. (1998, 147); Bodner, K. (2002, 65); Grossmann, J. (2007, 560); Mann, S. T. (2009, 324); Bar-Efrat, S. (2009, 162).

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in dem Moment, als David auf den Gipfel kommt, „wo man sich vor Gott niederwirft“ (2Sam 15,32 ‫)ַעד־ָהֹראשׁ ֲא ֶשׁר־יִ ְשַּׁתֲח ֶוה ָשׁם ֵלאל ִֹהים‬. Mit der Notiz, Jhwh habe den guten Rat Ahitofels zunichte gemacht, um Unheil über Absalom zu bringen (2Sam 17,14), ist erst das vorläufige Ende der Erzählung erreicht. Bis jetzt wurde David noch nicht über die Geschehnisse am Königshof informiert. Der grössere Erzählrahmen endet damit, dass Huschai den beiden Priestern Zadok und Abjatar den Hergang der Beratung, jedoch nicht deren Ausgang berichtet. Im Folgenden wird ausführlich beschrieben, wie Boten David unter grossen Gefahren das Vorgefallene übermitteln (2Sam 17,15 – 21). Damit bezieht sich die Erzählung wieder auf den Beginn in 2Sam 15,27 f., wo David festhält, dass er an den Übergängen zur Wüste auf eine Nachricht von Zadok und Abjatar warten wird (2Sam 15,28). In 2Sam 17,15 informiert Huschai die Priester Zadok und Abjatar darüber, was Ahitofel Absalom und den Ältesten Israels geraten hat und was er selbst gesagt hat (2Sam 17,15 ‫) ָּכֹזאת ְוָכֹזאת ָיַעץ ֲאִחיֹתֶפל ֶאת־ַאְב ָשׁל ֹם ְוֵאת ִזְק ֵני יִ ְשָׂרֵאל ְוָכֹזאת ְוָכֹזאת ָיַעְצ ִּתי ָא ִני‬. Jonatan und Ahimaaz erhalten die Nachricht von einer Magd in der Nähe von EnRogel. Wahrscheinlich handelt es sich in 2Sam 17,18 – 21 um eine sekundäre Ausschmückung der Erzählung, denn bereits in 2Sam 17,17 wurde festgehalten, dass Jonatan und Ahimaaz zu David kamen und ihn benachrichtigten (‫ֵיְלכוּ ְוִהגּידוּ‬ ‫)ַלֶּמֶלְך ָּד ִוד‬.³⁷⁹ Unter Gefahren und nur dank der List einer Frau schaffen es Jonatan und Ahimaaz, David in dieser Version die Information zu überbringen. Dabei nehmen sie keinen Bezug auf Huschais Rat, sondern warnen vielmehr David vor Ahitofels Plan: „Macht euch auf und geht eilends über das Wasser, denn so hat Ahitofel gegen euch geraten!“ (‫)קוּמוּ ְוִעְברוּ ְמֵהָרה ֶאת־ַה ַּמיִם ִּכי־ָכָכה ָיַעץ ֲעֵליֶכם ֲאִחיֹתֶפל‬.³⁸⁰ Die Boten übermitteln also nicht die Botschaft, die Huschai ihnen aufgetragen hat, auch wenn die Kernaussage die gleiche bleibt: David und seine Leute sollen umgehend den Jordan überqueren, „damit nicht der König und das Volk, das bei ihm ist, verschlungen wird“ (2Sam 17,16).³⁸¹ Im jetzigen Erzählzusammenhang wird also auch nicht ganz deutlich, wessen Rat tatsächlich umgesetzt wird. 2Sam 17,23 hält jedoch fest, dass Ahitofel sah, dass sein Rat nicht ausgeführt worden war. Dar-

 Zu einem anderen Schluss kommt Dietrich,W. (2011d, 105): „Die spannende Episode über das knappe Entkommen der Priestersöhne vor den Häschern Abschaloms könnte in dem Dorf Bahurim lokal verankert sein. Anscheinend wird man hier eines weiteren alten Überlieferungsstücks ansichtig.“  Vgl. dazu die Erklärung von Fokkelman, J. P. (1981, 225): „Hushai is very right in stating that despite his success in the council of war David must at all events that night carry out the burdensome operation of crossing the river.“  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 154).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

aufhin machte er sich auf den Weg in seine Heimatstadt und erhängte sich dort. Mit der Notiz vom Tod Ahitofels endet erst der grössere Erzählrahmen der Ratgeberszene. In der Forschung herrscht weitgehend Einstimmigkeit darüber, dass das Thema der Nebenfrauen in 2Sam 16,21 f. sekundär ist³⁸² und dem gleichen Redaktor wie 2Sam 15,16 f. und 2Sam 20,3 sowie möglicherweise auch 2Sam 12,11 f.³⁸³ zuzuschreiben ist.³⁸⁴ Als Argument dafür kann angeführt werden, dass Joab in 2Sam 19,6 offenbar nichts von der Schändung der Nebenfrauen (‫ ) ִפּיֶל ֶגשׁ‬weiss. Zudem ist zwischen 2Sam 16,20 und 2Sam 16,21 ein Bruch erkennbar: Auf die pluralische Aufforderung (‫ָהבוּ ָלֶכם ֵעָצה‬, „Gebt euren Rat!“) antwortet lediglich Ahitofel. Ebenso besteht eine Spannung zwischen Ahitofels erstem und zweiten Ratschlag. Der erste Rat beinhaltet eine zeitliche Verzögerung, während er im zweiten Rat zur sofortigen Verfolgung Absaloms rät.³⁸⁵ In der ursprünglichen Erzählung hat Ahitofel also lediglich geraten, David sofort anzugreifen. Ob Absalom diesen Rat ausführt oder nicht, bleibt unklar. Auf jeden Fall beauftragt er nicht Ahitofel mit der Ausführung des Plans, wie dieser selbst vorgeschlagen hat. In der Forschung besteht aber Uneinigkeit über die weitere literarische Entstehung der Erzählung. V. 15a könnte eine redaktionelle Ergänzung sein.³⁸⁶ Einerseits bildet 2Sam 16,15 die Nahtstelle zwischen der vorangehenden Erzählung von Schimi und der nun folgenden Ratgeberszene am Hof. Ausserdem ist V. 15a eine „Doppelung“ von 2Sam 15,37 und steht im Gegenüber zu 2Sam 16,14a: Beide Protagonisten, Absalom und David, kommen an einem bestimmten Ort, Jerusalem

 Das Thema der Nebenfrauen könnte, so Dietrich, W. (2011, 102), vom Höfischen Erzähler eingebracht worden sein.  Mehr dazu unter Kapitel B. 4.1.Vgl. Dietrich,W. (2011d, 102): „Die befremdliche Szene auf dem Palastdach ist also nichts anderes als die Erfüllung von Natans zweiter Drohung.“ Vgl. Müllner, I. (2011, 344); Grossman, J. (2007, 561); Alter, R. (22000, 295); Brueggemann, W. (1990a, 310) u. a.  Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich,W. / Naumann, T. (22005, 278). Nach Langlamet, F. (1978, 71 f.) gehören 2Sam 16,21b und vermutlich auch V. 23 zu einer eigenständigen Redaktionsschicht. Ebenso Würthwein, E. (21994, 56 f.); Hentschel, G. (1994b, 70) u. a.Vgl. zudem Aurelius, E. (2004, 394 f.). Ausführlich dazu auch Langlamet, F. (1977, 161– 209). Vermeylen, J. (2000, 552) schreibt 2Sam 16,21– 23 der ersten salomonischen Redaktion zu. Vgl. auch Vermeylen, J. (2000, 365 – 367). Bietenhard, S. K. (1998, 363) schreibt lediglich 16,21b.23 der prosalomonischen Redaktion zu, nicht V. 22. Zuletzt Dietrich,W. (2011d, 101): „So sitzt auch hier das Nebenfrauen-Motiv relativ locker im Erzählkontext.“ Anders McCarter, P. K. (41986, 384 f.) sowie Ku, C.-Y. (2009, 170), die 2Sam 11 f. im Sinne eines vaticinum ex eventu verstehen und davon ausgehen, dass 2Sam 16,21 f. alt ist.  Vgl. Vermeylen, J. (2000, 363) u. ö.  Vgl. Vermeylen, J. (2000, 362).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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beziehungsweise am Jordan, an.³⁸⁷ Ferner ist es wahrscheinlich, dass Huschais Aufgaben am Hof Absaloms in einer ursprünglichen Erzählung gemäss Davids Auftrag in 2Sam 15,33 – 36 vor allem darin bestanden, Absaloms Gunst zu gewinnen, zu spionieren beziehungsweise Informationen weiterzuleiten. Huschai hat dementsprechend Absaloms Vertrauen gewonnen (2Sam 16,16 – 19) und Informationen weitergeleitet (2Sam 17,15 – 22) – und dadurch den Rat Ahitofels vereitelt (2Sam 15,34). Noch im jetzigen Erzählkontext ist nirgendwo davon die Rede, dass der Plan Huschais umgesetzt worden wäre. Zwar erwähnt Huschai in 2Sam 17,15, dass er auch beraten würde, doch ist dies nicht seine Haupttätigkeit am Hof. In 2Sam 17,21 ist ausschliesslich vom Rat Ahitofels die Rede. Schliesslich macht die Aussage der Männer Davids in 2Sam 18,3, dass es Absalom lediglich auf David abgesehen haben könnte, wahrscheinlich, dass sich der Rat Ahitofels durchgesetzt hat.³⁸⁸ Wie bereits erwähnt, merkt der Erzähler allerdings an, dass sich Ahitofel das Leben nimmt, als er sieht, dass sein Rat nicht ausgeführt wird (2Sam 17,23).³⁸⁹ Der eigentliche Fehlentscheid Absaloms und der entscheidende Unterschied zum Rat Ahitofels besteht darin, dass Absalom selber mit in den Krieg zieht (2Sam 18,9). In einer älteren Fassung ist Ahitofels Plan möglicherweise nicht dadurch verhindert worden, dass Huschai einen besseren Gegenvorschlag präsentiert hat, „sondern weil Ahitofels Rat verraten wurde und David ihm mit der schnellen Überquerung des Jordans zuvorkommen konnte“.³⁹⁰ Entgegen Ahitofels Rat hat Absalom in seiner Eitelkeit selber die Verfolgung aufgenommen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass in die ursprüngliche Erzählung (2Sam 16,16 – 20 und 2Sam 17,1– 3)³⁹¹ Ahitofels Rat, zu den Nebenfrauen Davids einzugehen (2Sam 16,21– 23), eingefügt wurde. In einer dritten Erweiterung der Erzählung wurde die Ratgeberszene und der Wettkampf zwischen Ahitofel und Huschai ergänzt (2Sam 17,5 – 14a).³⁹² In einer älteren Fassung hat Ahitofel Absalom

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 204): „Just as v.14 stands apart by casting off a series of short scenes, and is not part of 16:5 – 13, so v.15 does not form part of the moment 16:16 – 19, but stands apart as an introduction to a complete series of short (partial) scenes.“  Vgl. die Erklärung von Stolz, F. (1981, 262) dazu: „Husai instruiert David vorsichtshalber auch für den Fall, daß Absalom unter dem Eindruck von Ahitophels Rat doch relativ schnell die Verfolgung aufnehmen würde: David muß sich in sichere Distanz begeben.“  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 279).  Würthwein, E. (21994, 62). Ebenso Hentschel, G. (1994b, 70).  Vermeylen, J. (2000, 370) hält 2Sam 16,16b – 17a.18aα.19*.20a.bβ; 17,1– 3a*.4.15a.16 – 23 für die ursprüngliche Erzählung. Vgl. Würthwein, E. (21994, 57): „17,1 schließt nahtlos und ohne daß eine Lücke entsteht an 16,20 an, während im heutigen Text die beiden Antworten hart nebeneinander stehen […].“  Würthwein, E. (21994, 62); Hentschel, G. (1994b, 70) u. a. halten 2Sam 17,5b – 14a für sekundär. Nach Langlamet, F. (1978, 58 – 61) sind 2Sam 15,31.34*; 16,16 – 19.20bα.23 und 2Sam 17,5 – 14.15b.23

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also ohne dessen Aufforderung angeboten, David nachzujagen – weshalb in 2Sam 17,1 ausdrücklich ‫ אמר‬und nicht, wie sonst häufiger, ‫ יעץ‬steht. Huschai hat diesen Vorschlag David weitergemeldet, wobei 2Sam 17,4 nahtlos und logisch an V. 15* anschliesst. Erst später wird Huschai zum Gegenspieler Ahitofels, indem dem doppelten Ratschlag Ahitofels eine doppelte Rede Huschais entgegengesetzt wurde. In diesem Zusammenhang steht auch eine sekundäre – möglicherweise deuteronomistische³⁹³ – Theologisierung der Erzählung in 2Sam 17,14b:³⁹⁴ Davids Gebet in 2Sam 15,31 wird erhört,³⁹⁵ Jhwh greift in 2Sam 17,14b in das Geschehen ein und ordnet an, den guten Rat Ahitofels zu verhindern. Der Gedanke der Königserwählung (‫בחר‬, der Begriff wird ferner in 2Sam 17,1 aufgenommen) durch Jhwh, wie er in 2Sam 16,18 von Huschai geäussert wird, muss jedoch nicht unbedingt

redaktionell. Vermeylen, J. (2000, 367 f.552) schreibt neben 16,15 – 16a.21– 23 auch 2Sam 17,3b.5 – 14*.15b der ersten salomonischen Redaktion zu. Bietenhard, S. K. (1998, 363) weist V. 15a.16 – 19.29bα.21b.23 sowie V. 2.aβγ.3b.5 – 14 der prosalomonischen Redaktion zu. Rudnig, T. A. (2006, 229) geht davon aus, dass zunächst nur Ahitofel firmierte (2Sam 16,15.20; 17,1– 3a.4), und später Huschai eingeführt wurde (2Sam 17,5 f.8 – 12.14a.23). Ein Redaktor verankerte 16,16.17a.18 f. in der Szenerie, und von einer Theodizee-Bearbeitung stammt 16,23; 17,7.14bα sowie 17,14bβ. Dietrich, W. (2011d, 108 f.) schreibt hingegen 2Sam 16,16b.18b.21– 23 sowie 2Sam 17,5 f.8 – 10.14b dem Höfischen Erzähler zu. Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 279); McCarter, P. K. (41986, 385 f.) und Seiler, S. (1998, 152– 157).  Vgl. Hentschel, G. (1994b, 72 f.). Nach Vermeylen, J. (2000, 372) sind 2Sam 16,17b.18aβb sowie Teile von 2Sam 17,1* und 17,11* deuteronomistisch. Vgl. den Forschungsüberblick bei Seiler, S. (1998, 151 f.).  Vgl. dazu bereits oben! Dietrich, W. (2011d, 109) schreibt auch diesen theologischen Kommentar in 2Sam 17,14b dem Höfischen Erzähler zu. Vgl. Würthwein, E. (21994, 55): „17,14 gehört zu einer späteren Ueberarbeitung. Nur handelt es sich dabei nicht einfach um eine Glosse, die sich auf den einen Vers beschränkt; vielmehr liegt die Sache wesentlich komplizierter: die Ueberarbeitung erstreckt sich auf das von den beiden Gestalten Ahitofel und Husai insgesamt berichtete […].“ Vgl. auch Würthwein, E. (21994, 62): „Es scheint mir beachtenswert, daß am Ende der beiden Einschübe 16, 21– 23 und 17, 4– 14 jeweils eine Begründung dafür gegeben wird, weshalb die Ratschläge befolgt werden. Beide empfahlen sich einem mitdenkenden Leser so wenig, daß der Verfasser glaubte, ihre Annahme begreiflich machen zu müssen durch Hinweise auf eine hinter ihnen stehende Autorität.“ Sowie Alter, R. (22000, 299): „This theological explanation can be viewed as adding an overarching perspective, or as merely secondary to the thoroughly human machination of Hushai, instigated by David.“ Gegen eine sekundäre theologische Deutung sprechen sich Beek, M. A. (1994, 166 f.) und Ku, C.-Y. (2009, 176 – 178) aus. Ruppert, L. (1982, 736) schreibt diese theologische Ergänzung dem Verfasser des Geschichtswerkes von Davids Thronnachfolge zu.  Vgl. Würthwein, E. (21994, 57).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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sekundär sein, da diese Vorstellung weit zurückreicht (vgl. 1Sam 10,24; 2Sam 6,21).³⁹⁶ Die Datierung der Absalom-Erzählung und insbesondere der Ratgeberszene bleibt jedoch schwierig. Abgesehen von Gilo als Heimatort Ahitofels und Jerusalem werden in 2Sam 15,12.30 – 37; 16,15 – 17,14 keine Ortschaften genannt. So erscheint die Erzählung – anders als etwa 17,15 – 22 – ohne genaue Lokalisierung. Es fällt jedoch auf, dass über weite Strecken aus der Sicht Davids berichtet wird. Damit soll verdeutlicht werden, dass David im Hintergrund die Fäden zieht. Den Rezipientinnen und Rezipienten wird etwas mitgeteilt, was Absalom nicht weiss und in späterer Zeit sogar theologisch gedeutet wird. Aus diesem Grund wurde der Absalom-Aufstand als eine im Kern „projudäische[n] Geschichtsschreibung“³⁹⁷ gesehen. Dies trifft insbesondere für die älteste Schicht der Erzählung (2Sam 16,16 – 20; 2Sam 17,1– 3) zu. Als weiteres Argument dafür kann angeführt werden, dass die Erwähnung eines Hofamtes „Freund des Königs“ nach der frühen Königszeit nicht mehr bekannt war.³⁹⁸ Eine Abfassung dieses ältesten Teils in der frühen Königszeit scheint also wahrscheinlich.³⁹⁹ Der erste Nachtrag von Absaloms Eingehen bei den Nebenfrauen seines Vaters (2Sam 16,21– 23) hat den weiteren Zusammenhang der sogenannten Thronfolgeerzählung im Blick und stammt vermutlich vom Höfischen Erzähler.⁴⁰⁰ Trotz Absaloms schändlichem Verhalten gegenüber den Nebenfrauen fehlt in der gesamten jetzt vorliegenden Erzählung jegliche moralische Wertung.⁴⁰¹

 Dazu ausführlich Ku, C.-Y. (2009, 164– 166).  Adam, K.-P. (2006, 189). Und Adam, K.-P. (2006, 191) führt, jedoch ohne weiter zu begründen, aus: „Der Absalomaufstand erzählt vom Usurpator, der den judäischen König vom Thron stürzen will, als einem paradigmatischen Übergriff eines Nordreichherrschers auf den judäischen König zum Beginn der Geschichte des Reiches Israel. Im Hintergrund steht dabei stets Israels Untergang als zentrales geschichtliches Ereignis.“  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 113).  Vgl. auch Stoebe, H. J. (1994, 382) besonders in Hinblick auf 2Sam 16,15 – 19: „Der Abstand von den Begebnissen dürfte nicht groß gewesen sein.“ Stoebe, H. J. (1994, 387) geht insgesamt von einem „historischen Tatbestand“ aus.  Nach Dietrich, W. (2011d, 108 f.) sind 2Sam 16,16b.18b.21– 23 sowie 2Sam 17,5 f.8 – 10.14b dem Höfischen Erzähler zuzuschreiben. Der Rest der Erzählung gehört einer alten Erzählung an. Dietrich, W. (2011d, 113) rechnet entsprechend lediglich mit zwei Textschichten, die er folgendermassen datiert: „einer ersten, die mutmaßlich recht nah an der Frühen Königszeit, und einer zweiten, die nach dem Untergang des Nordreichs entstanden ist.“  Das Schlafen mit der Frau des Vaters verstösst gegen die Gesetze in Lev 18,8 und Dtn 23,1; 27,20. Allerdings handelt es sich dabei nach Stoebe, H. J. (1994, 383) um „altes Sippenrecht, das die Großfamilie schützen soll und zu Lebzeiten des Vaters gilt“. Auch von Ruben wird berichtet, dass er bei Bilha, der Nebenfrau (‫ ) ִפּיֶל ֶגשׁ‬seines Vaters, eingeht (Gen 35,22), und später wird in Gen 49,4 eine Bestrafung dafür angeführt.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

In 2Sam 17,5 – 14a findet sich der sprachlich eindeutig jüngste Teil der Erzählung. Häufig ist auf die thematischen und linguistischen Entsprechungen zwischen der Rede Huschais (2Sam 17,5 – 13), die „rich figurations and imageries“⁴⁰² enthält und „voller rhetorischer Mittel und in poetischer Sprache gehalten“⁴⁰³ ist, und den Reden Abigajils (1Sam 25,24– 31), der weisen Frau von Tekoa (2Sam 14,2– 22) und Barsillais (2Sam 19,35 – 38)⁴⁰⁴ beziehungsweise der Weisheit insgesamt hingewiesen worden.⁴⁰⁵ Erst im „Ratgeberwettstreit“ ergeben sich literarische Parallelen zu 1Kön 12 par. 2Chr 10,1– 19, wobei die Erzählung in der sogenannten Thronfolgegeschichte generell als die ältere von beiden angesehen wird. Sowohl in 2Sam 16,20 – 17,14 wie auch in 1Kön 12 par. 2Chr 10,1– 19 geht es um zwei sich widersprechende Ratschläge in einer politisch brisanten Situation. Davon wird jeweils derjenige Plan ausgewählt, der dem König am meisten schmeichelt. Diese Entscheidung kostet den einen das Leben, den anderen einen Teil des Königreichs. Die Erzähler sehen jeweils Jhwhs Geschichtslenken am Werk (vgl. 2Sam 15,31; 1Kön 22,20 – 23).⁴⁰⁶ Die Ratgeberszene und insbesondere die Rede Huschais fallen nicht nur durch ihren weiten literarischen Horizont aus dem Rahmen,⁴⁰⁷ sie machen narrativ auch deutlich, dass Weisheit besser ist als Kriegsgerät (Koh 9,18 ‫ )טוָֹבה ָחְכָמה ִמְּכֵלי ְקָרב‬und in diesem Fall über Sieg und Niederlage entscheidet.⁴⁰⁸ Nicht zuletzt damit wird zudem die wichtige machtpolitische Position der Stämme und die zentrale Rolle Absaloms deutlich: Absalom entscheidet gemeinsam mit den Ältesten bzw. den Männern Israels (2Sam 17,4.14) das weitere Vorgehen.⁴⁰⁹ Auf diese Weise kommen

 Park, S.-M. S. (2009, 457).  Bar-Efrat, S. (2009, 171).  Vgl. Langlamet, F. (1978, 83 f.); Klein, J. (2002, 128); Müllner, I. (2011, 339 f.) u. a.  Vgl. zum Forschungsüberblick Park, S.-M. S. (2009, 455 – 457).Vgl. auch Whybray, R. N. (1968, 56 – 60); Langlamet, F. (1978, 83) sowie Ku, C.-Y. (2009, 183 – 186). Zum weisheitlichen Kontext der Rede auch Müllner, I. (2011, 338 – 341).  Vgl. Müllner, I. (2011, 349): „In beiden Texten geht es um Planung und Ratschlag in einer politisch brisanten Situation. In beiden Fällen wird nicht nur ein Plan ausgebreitet, sondern werden jeweils zwei einander widersprechende Ratschläge den Herrschern zur Entscheidung vorgelegt. Sowohl Abschalom als auch Rehabeam entscheiden sich für den falschen Plan; dessen Ausführung kostet den einen das Leben, den anderen das Königreich im ererbten Umfang.“ Vgl. zum Vergleich 2Sam 16,15 – 17,23 und 1Kön 12 auch Rost, L. (1926, 136 f.); Ruppert, L. (1982, 731 f.); Van Seters, J. (2003, 119 f.) sowie Avioz, M. (2013, 346).  Alter, R. (22000, 297) spricht von „a series of moments from the earlier story of David“. Vgl. ausführlich dazu Bar-Efrat, S. (42008, 231 f.): „The first part of Hushai’s speech contains a great many phrases which are also found in the narratives about David’s earlier years.“ Dabei nennt er 1Sam 16,18; 17,36; 21,2; 23,23; 2Sam 23,8.  Vgl. Beek, M. A. (1994, 164).  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 275).

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seine Macht und seine Stellung als „faktischer“ König zum Ausdruck, und gleichzeitig wird die Schwäche Davids betont. Letztendlich bleibt Absalom aber ohne Weisheit, und Jhwh macht den Rat Ahitofels zunichte. „David bleibt nicht allein gewiegter Taktiker und zäher Kämpfer, er legt in dieser schweren Krise sein Schicksal vertrauensvoll in Gottes Hände – und wird nicht im Stich gelassen; denn Gott hat beschlossen, ihn obsiegen und seinen Sohn scheitern zu lassen.“⁴¹⁰ Thematisch geht es hier nicht allein um „Handlungen zur Sicherung königlicher Macht gegen Aufstände“,⁴¹¹ sondern genauso umgekehrt um die Darstellung der Gefährdung des Königs und Jhwhs schützendes Eingreifen.

3.2.2. „Scheba, der Sohn Bichris, hat seine Hand gegen den König, gegen David, erhoben…“ (2Sam 20) Scheba ben Bichri ist nicht in gleicher Weise eine innere Bedrohung der Herrschaft Davids,wie dies Absalom und Adonija sind. Er gehört nicht zur Familie Davids und ist somit auch kein potentieller Thronanwärter.⁴¹² Es ist insgesamt höchst umstritten, wie die Aktion Schebas ben Bichri zu deuten ist: Es wurde einerseits argumentiert, es handle sich dabei um „einen Aufstand gegen bestehende Verhältnisse“⁴¹³ oder ein „Separatist Movement“⁴¹⁴ beziehungsweise „defection of the Israelite army“.⁴¹⁵ Andererseits wurde behauptet, dass Scheba ben Bichri gar keinen Aufstand gegen David geplant habe,⁴¹⁶ da für ihn „gar keine Herrschaft

 Dietrich, W. (2011d, 114).  Adam, K.-P. (2006, 211).  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 283): „Die traditionelle Themenbestimmung ‚Thronnachfolge Davids‘, unter der die Ereignisse von Kap.20 nicht unterzubringen sind, hat die Isolierung von II 20 zusätzlich verstärkt.“ Zudem Schroer, S. (1992, 184), die meint, dass die Hofgeschichte Davids eigentlich schon abgeschlossen sei, „da die durch Scheba angezettelten innenpolitischen Unruhen nicht unmittelbar am Königshof spielen oder von diesem ausgehen“. So zuletzt auch Bar-Efrat, S. (2009, 94): „Der Aufstand Schebas ben Bichri hat gar nichts mit der Thronfolge zu tun, sondern ist in der grundsätzlichen Verneinung der Rechtmäßigkeit von Davids Herrschaft und zudem in der Spannung zwischen dem Stamm Juda und den Nordstämmen begründet.“  Bardtke, H. (1981, 18).  Brueggemann, W. (1990a, 329).  McCarter, P. K. (41986, 424). Willi-Plein, I. (2004– 2007, 220) spricht von „Israels Aufkündigung der Gemeinschaft mit bzw. der freiwilligen Unterordnung unter David“.  So etwa Schroer, S. (1996, 80): „Er [Scheba ben Bichri] sammelt Söldner und Gefolgsleute aus dem Nordreich Israels um sich, um die politische Autonomie zu erkämpfen.“

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Davids über die Nordstämme“⁴¹⁷ existiere. Dass Scheba ben Bichri es als Usurpator auf den Thron Davids abgesehen habe, wird in 2Sam 20,1– 22 mit keinem Wort gesagt. Lediglich in einer Rede Joabs gegen Ende der Erzählung wird beiläufig festgehalten, dass Scheba ben Bichri die Hand „gegen den König, gegen David“ (‫) ַבּ ֶּמֶלְך ְבָּד ִוד‬⁴¹⁸ erhoben habe (2Sam 20,21 ‫) ָנ ָשׂא ָידוֹ‬, womit auch auf eine Machtergreifung angespielt sein könnte.⁴¹⁹ Inwiefern es sich also in dieser Erzählung um eine Gefahr, die auf das Königreich Davids abzielt und Israel und Juda zu spalten droht, handelt, ist umstritten und wird im Folgenden zu untersuchen sein.⁴²⁰ 2Sam 19,42– 20,26 lässt sich dabei folgendermassen gliedern: A 2Sam 19,42– 44 Vorspiel: Auseinandersetzung der Männer Israels mit den Männern Judas B 2Sam 20,1 f. Scheba ben Bichri bläst das Schofar und ruft Israel dazu auf, zu den Zelten zu gehen; Rückkehr Davids nach Jerusalem (2Sam 20,3: Notiz von den Nebenfrauen Davids) C 2Sam 20,4– 7 zweimaliger Befehl Davids, der mit der Verfolgung Schebas endet: ‫ִלְרֹּדף ַאֲחֵרי ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי‬ D 2Sam 20,8 – 13a Unterbrechung der Verfolgung: Ermordung Amasas durch Joab, und alle bleiben stehen C′ 2Sam 20,13b – 21 Wiederaufnahme der Verfolgung Schebas ‫;ִלְרֹּדף ַאֲחֵרי ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי‬ Beendigung des Aufstandes dank einer weisen Frau; Ermordung Schebas B′ 2Sam 20,22 Joab bläst das Schofar; Rückkehr des Heeres zu den Zelten und Rückkehr Joabs nach Jerusalem A′ 2Sam 20,23 – 26 Nachspiel: Joabs Einsetzung über das ganze Heer und sogenannte „Beamtenliste“

Der eigentlichen Erzählung vom Aufstand Schebas in 2Sam 20,1– 22 geht ein Streit zwischen den Männern Israels und den Männern Judas um den Anteil (‫ ) ָיד‬an David voraus (2Sam 19,42– 44).⁴²¹ In diesem Streit beschweren sich die Männer Israels,  Stolz, F. (1981, 276), der meint, dass entgegen der allgemeinen Annahme Scheba keinen Aufstand plane. Nichtsdestotrotz spricht Stolz, F. (1981, 273) aber vom „Aufstand des Seba“.  Wenige Handschriften lesen ‫במלך דוד‬, ebenso die LXX τὸν βασιλέα Δαυιδ.  Vgl. Stolz, F. (1981, 276): „Daß etwa Bichri selbst die Königswürde angestrebt hätte, ist mit keinem Wort gesagt, die politische Zukunft der Nordstämme spielt gar keine Rolle.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 204) spricht von einem „gefährlichen Ausbruch, der in einen Bürgerkrieg und die Spaltung des Königreiches zu münden droht“.  Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 282): „Die Verse 19,42– 44 können ebensogut als Abschluß von Kap.19 wie auch in Vorbereitung von Kap.20 erzählt sein, weil sie bereits den Konflikt sichtbar machen, der zum Schebaaufstand führt.“ Vgl. für Ersteres etwa Campbell, A. F. (2005, 140 f.). Für Letzteres vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 320): „The connection between 19:42– 20:3 is fairly loose. Although the beginning of the secession (20:1– 2) results directly from the unsuccessful Israel-Judah debate and there is the cohesion of the motif of ‘a share/no share in David’, vv. 42– 44 have a self-contained structure.“ Vgl. ähnlich auch McCarter, P. K. (41986, 432), der in

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die Männer Judas hätten den König gestohlen und ihn, sein Haus und alle seine Männer über den Jordan geführt, obwohl sie doch vor ihnen zur Stelle waren und mehr Anrecht auf David hätten. Dass die Stämme Israels tatsächlich vor Juda am Jordan eingetroffen waren, um David zurückzuholen, wird zweimal in 2Sam 19,12 f. ausdrücklich festgehalten. Damit wird beim Streit in 2Sam 19,42– 44 auf die Ereignisse in 2Sam 19,9 – 16 Bezug genommen. Während David in 2Sam 19,9 – 16 eindeutig Juda bevorzugt hat, fehlt in 2Sam 19,42– 44 jegliche Reaktion von ihm. Dies ist umso auffälliger, als er in 2Sam 19,42 direkt angesprochen und dadurch in den Konflikt einbezogen wird.⁴²² Der Streit endet mit einem Urteil des Erzählers. Dieser hält abschliessend fest, dass das Wort der Männer Judas „härter“ (‫)קשׁה‬⁴²³ war als jenes der Männer Israels. Obwohl die Männer Israels also das letzte Wort haben, scheinen sie sich nicht gegen die Männer Judas durchsetzen zu können. Vor diesem Hintergrund beginnt in 2Sam 20,1 die eigentliche Erzählung vom Aufstand Schebas ben Bichri. Obwohl angezweifelt wurde, ob der erste Satz in 2Sam 20,1 wirklich als Beginn einer neuen Erzählung angesehen werden kann, da er sich syntaktisch nicht als solcher auszeichnet,⁴²⁴ spricht die detailreiche Einführung der Figur ‫ ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי‬doch für den Anfang einer selbstständigen Erzählung: Die Hauptperson oder präziser der Initiant der folgenden Ereignisse wird mit Name, Filiation, Stamm und für die künftige Handlung wichtiger Eigenschaft vorgestellt.⁴²⁵ Er wird über die ganze Erzählung bis hin zu seiner Enthauptung in 2Sam 20,22 immer wieder erwähnt (2Sam 20,2.6.7.10.13.21.22). In diesem Sinn kann 2Sam 20,1– 22* als eigentliche, wenn vermutlich auch nicht einheitliche SchebaErzählung angesehen werden.⁴²⁶ Sie setzt mit einem Rückblick auf das Vorange-

2Sam 19,9bγ – 20,3 und 2Sam 20,4– 22 gliedert. Vgl. zudem Stolz, F. (1981, 273), Schroer, S. (1992, 184) u. a., die 2Sam 19,42– 20,22 als eine Einheit behandeln. Stoebe, H. J. (1994, 432) sieht 2Sam 19,41b – 44 jedoch nur ganz locker redaktionell mit 2Sam 20 verbunden, da „beide Stücke überlieferungsmäßig auf sehr verschiedenen Ebenen liegen“. Vgl. zudem auch Vermeylen, J. (2000, 397): „Par rapport à l’histoire de la révolte d’Absalom (chap. 15 – 19), cet épisode fait figure d’appendice ou plutôt d’épilogue, car le retour de David à Jerusalem est l’occasion d’une controverse entre les gens de Juda et ceux d’Israël (19,41b – 44) et appelle une suite.“  Vgl. dazu Fokkelman, J. P. (1981, 316): „This practically unnoticed disappearance of David reflects his failing as a leader.“ Vgl. Ackerman, J. S. (1990, 47): „It is David, who after having survived Absalom’s rebellion, plays the south off against the north in his attempt to reconsolidate his power.“  Der gleiche Begriff wird in 2Sam 3,39 verwendet. Vgl. dazu Kapitel B. 3.1.1.  ‫ ְו ָשׁם‬kommt in Gen 41,12; Ex 15,25.22; Lev 8,31; Num 13,22.33; 14,35; Deut 12,14; Ri 20,27; Rut 1,17; 1Sam 1,3; 4,4; 6,14; 7,17; 24,7; 2Kön 4,8; 1Chr 11,4 u. a., jedoch mit wenigen Ausnahmen – beispielsweise 1Sam 21,8 ‫ ְו ָשׁם ִאישׁ ֵמַעְבֵדי ָשׁאוּל‬und 2Chr 28,9 – nie am Erzählanfang und höchst selten am Satzbeginn vor.  Vgl. zur Einführung von Personen mit diesen Angaben Groß, W. (2009, 232).  Vgl. beispielsweise Bar-Efrat, S. (2009, 204– 211) u. a.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

hende ein: Dort (‫) ְו ָשׁם‬, wo die Gespräche zwischen den Männern Judas und Israels stattfanden,⁴²⁷ war zufällig (‫קרא‬, Nifal) ein Mann, der die angespannte Situation zwischen Israel und Juda zu seinen eigenen Gunsten zu nutzen versuchte (2Sam 20,1). Noch bevor ein Name genannt wird, betont der Erzähler, dass es sich bei diesem Mann um einen ‫ ִאישׁ ְבִּל ַיַּעל‬⁴²⁸ handele.⁴²⁹ Eine solch negative Wertung bei der Einführung einer Figur ist selten (vgl. etwa noch 1Sam 2,12; 25,3). Sie verleiht der Erzählung einen anekdotenhaften Zug und gibt Aufschluss über die Position des Erzählers.⁴³⁰ Scheba ben Bichri wird jedoch in 2Sam 20,1a nicht nur als ‫ִאישׁ‬ ‫ ְבִּל ַיַּעל‬vorgestellt, sondern auch als ‫„( ִאישׁ ְיִמי ִני‬Mann des Südens“). Dieser Ausdruck wird sehr selten verwendet (vgl. etwa 1Sam 9,1; Est 2,5).⁴³¹ ‫ ְיִמי ִני‬bezieht sich stets auf die im Süden wohnenden Menschen einer bestimmten politischen Grösse. Es dürfte hier Benjamin (‫ ) ִבּ ְנ ָיִמן‬gemeint sein, da in 2Sam 20,21 Joab den Scheba ben Bichri als ‫ ִאישׁ ֵמַהר ֶאְפ ַריִם‬⁴³² vorstellt, und Benjamin bis zur Reichsteilung der südlichste Stamm Israels im Gebirge Efraim war.⁴³³

 Eine genaue Lokalisierung ist jedoch nicht möglich. Alter, R. (22000, 321) schlägt Gilgal vor und bezieht dies auf 2Sam 19,41 – allerdings setzt die Verhandlung zwischen den Männern Israels und den Männern Judas eindeutig erst in 2Sam 19,42 ein. Vgl. zudem Campbell, A. F. (2005, 144).  Vgl. Kapitel B. 3.3.1. Vgl. 1Sam 25,25; 2Sam 16,7; 1Kön 21,13 Spr 16,27 zudem auch in der Verbindung mit ‫ בן‬resp. ‫ בת‬Dtn 13,14; Ri 19,22; 20,13; 1Sam 1,16; 2,12; 10,27; 25,17; 1Kön 21,10.13; 2Chr 13,7. Vgl. ferner auch Hi 34,18. Nach Crüsemann, F. (1978, 105) handelt es sich hierbei um die „stärkste Negativzeichnung, die dem Verfasser überhaupt zur Verfügung stand“. Dietrich, W. (2000, 58) spricht von „Umstürzler“. Der Ausdruck sei „fast“ ein „terminus technicus für Königsgegner“ während der frühen Königszeit – so Crüsemann, F. (1978, 106). Vgl. zuletzt Klein, J. (2011, 375 f.).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 318 f.): „Even before his name is heard, he has already been disqualified as a ‚dangerous element‘ […]. Such an explicit value-judgment by the narrator himself is a great exception.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 205); Klein, J. (2011, 376 f.) u. a.  Vgl. zudem ‫ ֶבּן־ַה ְיִמי ִני‬in Ri 3,15; 2Sam 16,11; 2Sam 19,17 und 1Kön 2,8.  Das Gebirge Efraim wird ferner in Ri 3,27; 17,1; 19,16; 1Sam 1,1; 9,4; 14,22; 1Kön 4,8; 12,25; 2Kön 5,22; 2Chr 15,8; Jer 4,15 u. a. erwähnt. Es ist durchaus bemerkenswert, dass Efraim auch in Ri 3,27 genannt wird – einer Erzählung mit zahlreichen Ähnlichkeiten mit 2Sam 20,1– 22*. Ebenso spielt Efraim beim Absalom-Aufstand eine Rolle und findet in 1Kön 12,25, wo sich ebenfalls literarische Ähnlichkeiten zu 2Sam 20,1– 22 zeigen, als Herrschaftsgebiet Jerobeams Erwähnung. Vgl. BarEfrat, S. (2009, 205.210), der meint, dass das Gebirge Efraim einen Teil Benjamins einschliesst.Vgl. auch Bardtke, H. (1981, 21). Die LXX übersetzt hier sowie in Ri 3,15; 2Sam 19,17; 1Kön 2,8 und Ps 7,1 mit Ιεμενι, in 2Sam 16,11 und 1Kön 2,35 mit Ιεμινι.  Zwar taucht die Angabe ‫ ָיִמי ִני‬auch als Personen- oder Sippenname in Gen 46,10; Ex 6,15; Num 26,12 und 1Chr 4,24 auf und bezeichnet den äussersten Süden Judas. Ein Bezug auf Juda bietet sich jedoch nicht an. In diesem Fall müsste erklärt werden, weshalb ausgerechnet ein Mann des Südens mit dem Norden kooperiert.

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Erst nach dieser Einführung Schebas ben Bichri setzt in 2Sam 20,1b die eigentliche Handlung ein: Scheba ben Bichri stösst ins Horn (‫שָּׁפר‬ ֹ ‫) ַו ִיְּתַקע ַבּ‬. Das Schofar wird meistens im Kontext von militärischen Auseinandersetzungen erwähnt, entweder zu Kriegsbeginn oder Kriegsende. Im nichtkriegerischen Kontext taucht es häufig bei der Königsproklamation auf (vgl. 2Sam 15,10; 1Kön 1,34.39.41; 9;13). Sehr oft ist es Joab, der ins Horn stösst, so auch ganz am Ende der Erzählung vom Aufstand Schebas in 2Sam 20,22, wo er zum Abbruch der Belagerung bläst.⁴³⁴ Auf dieses Signal erfolgt ein Separationsruf Schebas ben Bichri. Er streitet jeglichen Anspruch auf den Teil (‫ )ֵחֶלק‬oder das Erbe (‫ ) ַנֲחָלה‬Davids ab. Dabei werden einige Unterschiede zur vorangehenden Einleitung in 2Sam 19,42– 44 deutlich: So wurde in 2Sam 19,44 statt der Begriffe ‫ ֵחֶלק‬und ‫ ַנֲחָלה‬der Begriff ‫ָיד‬ verwendet. Während die Männer Israels in einem Parallelismus membrorum vom zehnfachen Anteil⁴³⁵ an David sprechen (2Sam 19,44 ‫ֶע ֶשׂר־ ָידוֹת ִלי ַבֶּמֶלְך ְו ַגם־ ְבָּד ִוד ֲא ִני‬ ‫ )ִמ ְּמָך‬und damit ihren Anspruch auf David bekräftigten, betont Scheba ben Bichri ebenfalls in einem Parallelismus membrorum gerade das Gegenteil, nämlich, dass Israel keinen Anteil an David habe (2Sam 20,1 ‫)ֵאין־ָלנוּ ֵחֶלק ְבָּד ִוד ְול ֹא ַנֲחָלה־ָלנוּ ְבֶּבן־יִ ַשׁי‬. Vor diesem Hintergrund wird der Separationsruf Schebas ben Bichri zweideutig: Er kann dahingehend interpretiert werden, dass David Juda bevorzugt und sich Israel gegenüber in 2Sam 19,9 – 16 ungerecht und parteiisch verhalten habe.⁴³⁶ Umgekehrt kann der Separationsruf so verstanden werden, dass der Aufstand des Scheba ben Bichri allein dessen Boshaftigkeit zuzuschreiben ist. Hierfür könnte seine Charakterisierung als ‫ ִאישׁ ְבִּל ַיַּעל‬sprechen. Wie immer dieser Aufruf Schebas zu deuten ist, er endet mit der Aufforderung an die Männer Israels, sich bei den Zelten zu versammeln: ‫ִאישׁ ְלֹאָהָליו יִ ְשָׂרֵאל‬.⁴³⁷ Varianten dieser Formel werden fast ausschliesslich am Ende kriegerischer Auseinandersetzungen verwendet. Sie

 Joab bläst ferner in 2Sam 2,28 und 18,16 zum Ende des Krieges.Vgl. Geyer, M. L. (1987, 34) und Bietenhard, S. K. (1998, 120 f.). Zu den Ähnlichkeiten dieser drei Stellen auch Gunn, D. M. (1974, 306 – 308).  Was mit „zehn Anteilen“ gemeint sein könnte, wurde viel diskutiert. Ohne hier auf die stammespolitischen Verhältnisse einzugehen, kann vermutet werden, dass damit auf die gleiche Situation angespielt wird wie in 1Kön 11,31bis.35. Vgl. besonders Stolz, F. (1981, 276), aber auch Stoebe, H. J. (1994, 432) u. a.  Vgl. so etwa Fokkelman, J. P. (1981, 315), der davon ausgeht, dass in 2Sam 19,9 – 16 „David favoured Judah“ und dass nun „the harmful consequences of this discrimination become visible“. Vgl. auch Stolz, F. (1981, 275): „Davids Verhalten hat nach der Darstellung des Erzählers dieser Einschätzung [Bevorzugung Judas durch David] Vorschub geleistet (vgl. 19,12). Der Protest der Israeliten ist also berechtigt.“ Ebenso Geyer, M. L. (1987, 34): „David ignores his own guilt, and concentrates on Sheba’s […].“  Vgl. Ausführlich dazu Willi-Plein, I. (2004– 2007, 218 – 229).Vgl. 2Sam 20,22 mit ‫פוץ‬, während in 2Sam 20,1 ein Verb fehlt.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

bezeichnen etwa in Ri 7,8; 1Sam 13,2; 2Kön 8,21; 14,12; „das Auseinandergehen der Truppe, die Auflösung des Heerbannes“,⁴³⁸ bei Niederlagen häufig auch die Flucht (vgl. Jos 22,4– 6.8; 1Sam 4,10; 1Sam 18,17, 19,9; 1Kön 8,77; 2Kön 14,12).⁴³⁹ Somit ist auch der Aufruf, zu den Zelten zurückzukehren, im Kontext von 2Sam 20 mehrdeutig. Er kann dahingehend verstanden werden, dass Scheba ben Bichri die Männer Israels dazu auffordert, die militärische Ordnung aufzulösen und nach Hause zu gehen. Es ist aber auch möglich, den Aufruf im übertragenen Sinne aufzufassen. Statt tatsächlich nach Hause zu gehen, fordert Scheba seine Landsleute aus dem Norden dazu auf, sich aus der Gefolgschaft Davids zu lösen und sich ihm anzuschliessen. Dies wird in V. 2 deutlich ausgedrückt, wenn nur noch die Bewohner des Südreichs David begleiten, die Bewohner des Nordreichs aber dem Aufruf Schebas gefolgt sind. Somit wäre eine Loslösung von der Herrschaft Davids impliziert und damit der Versuch „zu den vorstaatlichen Verhältnissen zurückzukehren“.⁴⁴⁰ Eine weitere Deutung ergibt sich, wenn der Separationsruf Schebas in seinem literarischen Kontext betrachtet wird: In 2Sam 18,17 und 2Sam 19,9 scheint Israel aufgrund des äusseren Druckes zu den Zelten zurückzukehren. Hätte die Aufforderung zu den Zelten zurückzukehren hier eine ähnliche Bedeutung, dann wäre die Aufforderung Schebas ben Bichri also nicht mutwillig, sondern möglicherweise aus der problematischen politischen Neuordnung nach der Rückkehr Davids heraus zu verstehen. Diese Vermutung bestätigt sich, wenn der Aufruf im Zusammenhang mit 1Kön 12,16 (par. 2Chr 10,16) gelesen wird. Dort spricht das ganze Volk – nicht Jerobeam allein – zu König Rehabeam, als die Menschen sahen, dass dieser nicht auf sie gehört hatte: „Was für einen Anteil haben wir an David? Wir haben kein Erbteil am Sohn Isais! Zu deinen Zelten, Israel! Nun sieh nach deinem Haus, David!“ 2Sam 20,1 1Kön 12,16

‫ֵאין־ָלנוּ ֵחֶלק ְבָּד ִוד ְול ֹא ַנֲחָלה־ָלנוּ ְבֶּבן־יִ ַשׁי ִאישׁ ְלֹאָהָליו יִ ְשָׂרֵאל‬ ‫ַמה־ָּלנוּ ֵחֶלק ְבָּד ִוד ְול ֹא־ ַנֲחָלה ְבֶּבן־יִ ַשׁי ְלֹאָהֶליָך יִ ְשָׂרֵאל ַע ָּתה ְרֵאה ֵביְתָך ָּד ִוד‬

Der Wortlaut ist auffallend ähnlich, wenn auch mit geringfügigen Unterschieden, etwa dem, dass 1Kön 12,16 mit einer rhetorischen Frage beginnt, während 2Sam

 Crüsemann, F. (1978, 106 f.). Stolz, F. (1981, 276) spricht von einer „Entlassungsformel, mit welcher die versammelten Israeliten nach Hause geschickt werden“. Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 419). Anders Willi-Plein, I. (2004– 2007, 229), die darin ausdrücklich „nicht eine Parole zur Entlassung“ sieht.  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 419): „[…] it refers more specifically to the flight home of a defeated army.“  Crüsemann, F. (1978, 107). Becker, U. (2000, 216) hat umgekehrt dafür argumentiert, darin eine nachträgliche Erklärung, wie es zur Zweistaatlichkeit kam, zu sehen.Vgl. auch Klein, J. (2011, 389 f.).

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20,1 nur aus Aussagen besteht. Die Richtung der literarischen Abhängigkeit ist nach wie vor umstritten. Auch eine spätere redaktionelle Verknüpfung ist denkbar. Aber wie immer ihre Entstehungsgeschichte aussieht, beide Aufrufe müssen unweigerlich in einem engen literarischen Zusammenhang gesehen werden.⁴⁴¹ Und damit wird im Ruf Schebas ben Bichri durchaus auch Kritik an der Herrschaft Davids laut. Auf die Aufforderung des Scheba ben Bichri folgt in V. 2 die unmittelbare Reaktion der Israeliten: ‫ ָּכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬wenden sich von David ab und folgen Scheba ben Bichri nach, während ‫ ִאישׁ ְיהוָּדה‬David vom Jordan nach Jerusalem begleiten. Nach V. 2 wird im gesamten weiteren Verlauf der Erzählung nicht mehr von den ‫ ָּכל־ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל‬die Rede sein.⁴⁴² Stattdessen wird die Perspektive der Männer Judas betont und durch das Suffix „ihr König“ (‫ )ַמְל ָּכם‬der Separationsgedanke verstärkt: David ist der König der Männer Judas, und diese begleiten ihn nach Jerusalem zurück, das er wegen des Aufstands Absaloms in 2Sam 15,13 – 37 verlassen hat. Später, in 2Sam 20,22, wird auch Joab nach erfolgreicher Niederschlagung des Aufstandes des Scheba ben Bichri nach Jerusalem zum König zurückkehren. In 2Sam 20,3 schwenkt die Erzählung ganz zu David: Fünfmal ist er im Folgenden das Subjekt (‫ בוא‬wayyiqtol-x, ‫ לקח‬wayyiqtol-x, ‫ נתן‬wayyiqtol-x, ‫ כול‬pilpel wayyiqtol-x, ‫ בוא‬x-qatal). Inhaltlich wird Bezug genommen auf den AbsalomAufstand und auf die Rückkehr Davids in sein Haus, wo er seine zehn Nebenfrauen (‫ )ֶע ֶשׂר־ ָנ ִשׁים ִפַּל ְג ִשׁים‬erneut zu sich nimmt, die er nach 2Sam 15,16 zurückgelassen hatte und die Absalom während Davids Abwesenheit geschändet hat (2Sam 15,16b.31 und 2Sam 16,21– 23).⁴⁴³ Berichtet wird, wie die Nebenfrauen eingeschlossen und von David versorgt werden, aber künftig wie Witwen (‫ַאְלְמנוּת ַחיּוּת‬, LXX χῆραι ζῶσαι) leben, ohne dass der König zu ihnen eingeht.V. 3 fällt mit diesem Rückbezug inhaltlich aus dem Rahmen der Erzählung in 2Sam 20,1– 22.⁴⁴⁴ In V. 4– 7 folgen zwei Befehle König Davids, einmal an Amasa und einmal an Abischai gerichtet. Amasa befiehlt er, die Männer Judas zusammenzurufen (‫זעק‬ Hifil) und in drei Tagen wieder zurück zu sein (‫)עמד‬. Abischai dagegen beauftragt  Becker, U. (2000, 216) argumentiert dafür, dass der Aufruf seinen ursprünglichen Ort in 2Sam 20,1 hat. Stoebe, H. J. (1994, 439) spricht sich umgekehrt dafür aus, dass dieser Aufruf – da „es sich hier weder um eine Rebellion noch um eine explizite Vertragsauflösung handelt“ – besser zu 1Kön 12,16 passe und von dort aus später in 2Sam 20,1 eingefügt worden sei. Ähnlich hält auch Bardtke, H. (1981, 19 f.), fest, dass in 1Kön 12,16 nicht der Heerbann aufgelöst wird, sondern eine Ältestendelegation.  Crüsemann, F. (1978, 104).  Vgl. dazu Kapitel B. 3.2.1.  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 434). Anders Brueggemann, W. (1990a, 330), der diese Notiz von den Nebenfrauen durchaus im Kontext der Erzählung verankert sieht und als „a concession and conciliatory gesture to the north“ deutet.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

er, seine Knechte (‫ )ֶאת־ַעְבֵדי ֲאֹד ֶניָך‬zu nehmen (‫ )לקח‬und Scheba zu verfolgen (‫)רדף‬.⁴⁴⁵ An diese doppelten Befehle schliesst sich jeweils eine Notiz über die Ausführung des Befehls an: Amasa scheitert daran, den Auftrag innerhalb der befohlenen Frist von drei Tagen auszuführen. Und statt Abischai mit den Knechten Davids ziehen in 2Sam 20,7 Joabs Männer (‫ ַא ְנ ֵשׁי יוָֹאב‬vgl. V. 8 ‫) ַנֲער יוָֹאב‬⁴⁴⁶ sowie Kreter und Pleter und alle Helden (‫ ) ְוַה ְּכֵרִתי ְוַה ְפֵּלִתי ְוָכל־ַה ִגּ ֹבּ ִרים‬aus.⁴⁴⁷ Beide Befehle werden also entweder mangelhaft oder von den falschen Personen ausgeführt. Da die Frist von drei Tagen in dem relativ kleinen Gebiet Judas durchaus als realistisch und umsetzbar angesehen werden kann,⁴⁴⁸ ist umstritten, weshalb sich Amasa verspätet und es nicht schafft, den Heerbann einzuberufen. Ist es ihm nicht gelungen, wehrfähige Männer in Juda zu sammeln, weigerten diese sich, Amasa, dem früheren Heerführer Absaloms, zu gehorchen, oder hat sich Amasa absichtlich verzögert und erreicht vorsätzlich Gibeon, ohne vorher noch einmal in Jerusalem vor David zu treten? Der Text lässt diese Fragen offen. Es wurde daher einerseits vermutet, Amasa wollte David schädigen. Hierfür spricht, dass David, anders als dies bei Abner der Fall war (2Sam 3,28 – 39), nicht um seinen Heerführer trauert und Joab keinerlei Vorwürfe macht.⁴⁴⁹ Auch widersetzt sich Amasa eindeutig Davids Befehl, wenn er noch vor Joab nach Gibeon kommt, ohne vorher bei David vorstellig zu werden.⁴⁵⁰ Andererseits wurde argumentiert, dass Amasa tatsächlich vor einer  Abischai wird sonst nirgendwo als Heerführer erwähnt.Vgl. ausführlich dazu Campbell, A. F. (2005, 169).  Der Ausdruck ‫ ַא ְנ ֵשׁי יוָֹאב‬ist singulär.Von „Joab und seinen Männern“ (‫ )יוָֹאב ַוֲא ָנ ָשׁיו‬ist allerdings auch in 2Sam 2 die Rede (V. 32).Vgl. dazu Fokkelman, J. P. (1981, 330): „This unique designation is the replacement of what elsewhere is always called ‘the men of David’.“ Alter, R. (22000, 323) meint, dass damit deutlich gemacht werden solle „where the real power is“. Aufgrund der missverständlichen Aussage ergänzt die Septuaginta LXXB Abischai. Vgl. zur Textkritik Barthélemy, D. (1982, 295 f.); Stoebe, H. J. (1994, 435); McCarter, P. K. (41986, 426 f.).  Vgl. zur Aufzählung der verschiedenen militärischen Einheiten die Einleitung zu Kapitel B. 3.  Hebron ist von Jerusalem ca. 37 km entfernt. Diese Distanz ist in einem Tag durchaus zu bewältigen. Üblicherweise beträgt eine Tagesdistanz etwa 30 km. Zwischen Jerusalem und Hebron sind jedoch wenige Steigungen zu überwinden, sodass ein trainierter Soldat diese Strecke durchaus zurücklegen kann. Mit einem Marsch von Jerusalem nach Hebron hätte das Heer das gesamte Gebiet Judas durchschritten, denn Hebron bildete im 10. Jh. v.Chr. die südliche Siedlungsgrenze des Stammes. Damit könnte sich folgender Ablauf ergeben: ein Tag für den Marsch nach Hebron, ein Tag für die Sammlung wehrfähiger Männer und schliesslich ein Tag, um nach Jerusalem zurückkehren. Anders Stolz, F. (1981, 276), der meint, dass die Frist „sehr knapp bemessen“ sei.  Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 330): „It reflects a failure to obey, probably reflecting a deep policy disagreement.“ Ähnlich auch Stoebe, H. J. (1994, 440): „Es ist vorstellbar, daß hinter der dreitägigen Verzögerung der Gedanke steht, daß die Haltung Amasas eben doch nicht über jeden Verdacht erhaben oder die Stimmung in Juda immer noch gespalten war.“  Vgl. Klein, J. (22011b, 725 f.) sowie Klein, J. (2011, 380 f.).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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unlösbaren Aufgabe stand, da der Heerbann erst kurz zuvor entlassen worden war und die Männer Judas wohl wenig Interesse daran hatten, schon wieder in den Krieg zu ziehen. Je nachdem, ob Amasa als unschuldiges Opfer Joabs gesehen wird oder als Gefahr für David, wurde 2Sam 20,1– 22 entweder als joabkritisch – unrechtmässige und hinterlistige Tötung Amasas⁴⁵¹ – oder joabfreundlich – königsfreundlich und David treu⁴⁵² – gelesen. David verstärkt die Dringlichkeit seines Befehls an Abischai, indem er ausführt, wie gefährlich Scheba ben Bichri nun werde, nämlich „schlimmer als Absalom“ (‫)ַעָּתה ֵי ַרע ָלנוּ ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי ִמן־ַאְב ָשׁלוֹם‬. Eine sofortige Verteidigung – und nicht erst eine in drei Tagen – ist daher notwendig. Wenn nicht sofort etwas geschehe, werde Scheba ben Bichri „befestigte Städte für sich gewinnen und uns unser Auge ausreissen“ (‫ ֶפּן־ָמָצא לוֹ ָע ִרים ְבֻּצרוֹת ְוִה ִּציל ֵעי ֵננוּ‬V. 6b)!⁴⁵³ Mit dem Schreckensszenario, das David malt, klingt nicht nur seine eigene Angst an, sondern es wird auch die Gefahr für das Reich insgesamt deutlich: Scheba ben Bichri hat es demnach auf befestigte Städte abgesehen und scheint die Macht zu haben, diese einzunehmen und dadurch David zu schwächen. Das Schlimmste soll nun verhindert werden, und somit beginnt in V. 7 unmittelbar auf den Befehl Davids folgend die Verfolgung Schebas ben Bichri. Die nun aufgenommene Verfolgung Schebas ist das zentrale Thema der Erzählung. Dabei bildet ‫„( רדף‬hinter jemandem her sein“, „jemanden verfolgen“)⁴⁵⁴

 Vgl. Hentschel, G. (1994b, 86). Hentschel, G. (1994b, 87) schätzt daher die Erwähnung der Verspätung Amasas noch etwas jünger ein „als die Kritik am brutalen Verhalten Joabs […]. Vielleicht hat sich ein dritter Erzähler zum Ziel gesetzt, das Schicksal Amasas durch dessen saumseliges Verhalten zu erklären.“  Stoebe, H. J. (1994, 441): „Joab war wohl auch hier der Verteidiger von wirklichen Interessen und nicht etwa nur von vermeintlichen Interessen Davids.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 432): „The author of our account, however, is intent, as usual, upon showing us that David was innocent of wrongdoing. […] This [der Mord an Amasa] was the work of Joab, acting on his own initiative and motivated by his usual sense of ruthless expediency, probably augmented in this case by envy and injured pride.“  Der Ausdruck ‫ ְוִה ִּציל ֵעי ֵננוּ‬ist textkritisch umstritten: Die LXX übersetzt mit καὶ σκιάσει (LXXL σκεπάσθη) τοὺς ὀφθαλμοὺς ἡμῶν. Vgl. Stoebe, J. H. (1994, 435). Anderson, R. W. (1990, 392– 396) hat festgehalten, dass mit dem Ausdruck „Auge des Königs“ sowohl in ägyptischen als auch in persischen Texten ein Beamter gemeint ist, der für Kontrolle und Sicherheit im Königreich zuständig ist. Insofern befestigte Städte nicht nur wichtige administrative Zentren sind, sondern auch als „protective network against foreign invasion“ dienten – so Anderson, R.W. (1990, 394), – können sie als „Auge des Königs“ gesehen werden.Vgl. Alter, R. (22000, 323): „In any case, the idea strongly suggested by the context is that Sheba would place himself beyond the reach of pursuit by withdrawing into fortified towns.“  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1222).

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das Leitwort (2Sam 20,6.7.10.13).⁴⁵⁵ Die Formulierung ‫ ִלְרֹּדף ַאֲחֵרי ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי‬kommt sowohl in V. 7 als auch in V. 13 vor, ähnlich auch in V. 10 mit dem Unterschied, dass ‫ רדף‬dort in einer finiten Verbform verwendet wird. Zwischen diesem gleichlautenden Ausdruck in V. 7 und V. 13 steht in 2Sam 20,8 – 12 die Szene von Joab und Amasa als „intermezzo between the introduction and the successful tracking down of Sheba“.⁴⁵⁶ Das Leitmotiv der Verfolgung verbindet also den Anfang der Erzählung von Scheba ben Bichri mit deren Ende. Es wird unmissverständlich deutlich, dass V. 13b die Fortsetzung der Verfolgung ist, die in V. 7 begonnen hat.⁴⁵⁷ Kurz nachdem die Verfolgung Schebas ben Bichri in V. 7 begonnen hat, kommt sie in V. 8 bereits wieder zum Stehen. Obwohl die in 2Sam 20,8 – 12 eingeschobene Erzählung von der Ermordung Amasas eindeutig ein eigenes Thema hat und als retardierendes Moment innerhalb der Erzählung von der Verfolgung Schebas ben Bichri erscheint, kann sie dennoch nicht gänzlich vom Rest der Erzählung losgelöst werden. Zum einen übernimmt Joab erst das Kommando, nachdem Amasa und Abischai scheinbar versagt haben beziehungsweise nachdem Joab Amasa brutal aus dem Weg geräumt hat. Dass Joab die Rolle des Anführers übernimmt, ist für den Fortgang und insbesondere die Schlussfolgerungen in 2Sam 20,23b, wo er erneut über das ganze Heer eingesetzt wird, von Bedeutung.⁴⁵⁸ Zum anderen treten mit Amasa und Abischai zwei der in 2Sam 20,1– 7 eingeführten Figuren wieder auf. Amasa, den David in V. 4 zur Heereinberufung losgeschickt hat, taucht in V. 8 trotz seines durch den Erzähler in V. 5b ausdrücklich festgehaltenes Versagens unerwartet wieder auf: Noch vor Joab trifft er bei einem grossen Stein in Gibeon⁴⁵⁹ ein. Allerdings wird nichts davon gesagt, ob er alleine oder in Begleitung von wehrfähigen Männern kommt. Ferner erscheint in V. 10 auch Abischai, der bereits zuvor in V. 6 erwähnt wurde, und von dem bisher nicht klar war, ob und wie er sich an der Verfolgung Schebas ben Bichri beteiligte. Allerdings wird er nicht als eigenständig handelnde Person genannt, sondern lediglich als Bruder Joabs (‫ )ָאִחיו‬erwähnt. Schliesslich wird Joab, auf den lediglich in V. 7 indirekt verwiesen wurde, mit einer detaillierten Beschreibung seiner Rüstung und Waffen (‫ְויוָֹאב ָחגוּר ִמּדוֹ ְלֻבשׁוּ ְוָעָליו ֲחגוֹר‬ ‫ )ֶחֶרב ְמֻצֶּמֶדת ַעל־ָמְת ָניו ְבַּתְעָרּה ְוהוּא ָיָצא ַוִּת ֹפּל‬in Vorbereitung auf seinen Mord an Amasa vorgestellt (V. 8).⁴⁶⁰ Das Zwischenstück in 2Sam 20,8 – 12 klärt also inhaltlich die Frage, wie es zur Ablösung von Amasa durch Joab kam: David schickt erst Amasa, dann Abischai

     

Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 325). Fokkelman, J. P. (1981, 326). Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 326). Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 326). Vgl. dazu ausführlich weiter unten. Vgl. zur Textkritik McCarter, P. K. (41986, 427).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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aus, und am Ende kehrt Joab erfolgreich zu ihm nach Jerusalem zurück.⁴⁶¹ Zudem stellt es eine Verzögerung der Verfolgung dar. Immer wieder wird betont, dass die Verfolgung hinausgezögert wurde, weil alle bei dem mitten im Weg liegenden, tödlich verwundeten – nach V. 10 allerdings bereits toten – Amasa stehen blieben. Während es Amasa zuvor versäumt oder nicht geschafft hat, innerhalb der von David festgesetzten Frist von drei Tagen wieder vor ihm zu stehen (‫)עמד‬, gerät nun die ganze Verfolgung wegen seiner Ermordung ins Stocken. Erst blieb einer von den Gefolgsleuten Joabs (‫ )ִמ ַּנֲעֵרי יוָֹאב‬bei ihm stehen (‫ עמד‬V. 11). Und aus der Sicht dieses Mannes wird dann gesagt, dass das ganze Kriegsvolk stehen blieb: ‫ַו ַיְּרא ָהִאישׁ‬ ‫ עמד( ִּכי־ָעַמד ָּכל־ָהָעם‬2Sam 20,12bis). Der Begriff ‫ עמד‬wird zudem noch einmal in V. 15 verwendet; insgesamt findet er sich fünfmal in 2Sam 20,1– 22. Erst nachdem dieser Gefolgsmann Joabs den verwundeten Amasa weg von der Strasse aufs offene Feld gezerrt hatte, zieht in V. 13 jedermann vorüber und Joab nach (‫ָעַבר ָּכל־ִאישׁ ַאֲחֵרי‬ ‫)יוָֹאב‬.⁴⁶² Die eigentliche Erzählung vom Aufstand Schebas ben Bichri findet in V. 14 ihre Fortsetzung. Die Perspektive schwenkt erneut zu Scheba ben Bichri, wobei der Subjektwechsel nicht direkt angezeigt wird. Die Nennung der Sippe Bichri (‫) ְוָכל־ַה ֵבּ ִרים‬,⁴⁶³ lässt darauf schliessen, dass es sich um Scheba ben Bichri handelt. Doppeldeutig bleibt jedoch die Motivation Schebas ben Bichri: Durchzieht er ganz Israel, um Leute für sich zu gewinnen, oder durchzieht er Israel auf der Flucht vor Joab? Während zuvor die Verfolger Scheba ben Bichri nachzogen (V. 13 ‫)עבר‬, wird nun gesagt, dass dieser durch alle Stämme Israels⁴⁶⁴ zieht (V. 14 ‫)עבר‬.⁴⁶⁵ Und während jedermann (‫ ) ָּכל־ִאישׁ‬Joab nachzog (V. 13 ‫)ַאֲחֵרי‬, ziehen nun die Bichriten „hinter ihm her“ (V. 14 ‫)ַאֲחָריו‬. Der Ausdruck ‫ ַאַחר‬wird sowohl negativ verwendet,

 Vgl. Campbell, A. F. (2005, 171).  Der Begriff ‫ עבר‬kommt auch im Kontext des Absalom-Aufstandes mehrmals vor: In 2Sam 15,23 zieht das ganze Kriegsvolk (‫ ) ְוָכל־ָהָעם‬an David vorüber, später überqueren alle den Jordan (2Sam 17,22), schliesslich findet sich das Wort bei der Rückkehr Davids in 2Sam 19,41bis.42bis.Vgl. Kapitel B. 3.3.2.  Es ist unklar, wer mit ‫ ְוָכל־ַה ֵבּ ִרים‬gemeint ist. Sehr naheliegend ist es jedoch, dass die Sippe Schebas ben Bichri selbst damit gemeint ist. LXXB übersetzt mit Χαρρι, LXXL vermutlich erklärend, aber die Gefahr, die von Scheba ausgeht, verstärkend mit: και πασαι αι πολεις („und alle Städte“). Vgl. Bardtke, H. (1981, 21); Barthélemy, D. (1982, 296 f.); Campbell, A. F. (2005, 168) sowie McCarter, P. K. (41986, 428).  Der Ausdruck „alle Stämme Israels“ (‫ ) ְבָּכל־ ִשְׁבֵטי יִ ְשָׂרֵאל‬kommt so nur noch in 2Sam 15,10; 19,10 und 2Sam 24,2 vor.  Vgl. dazu Alter, R. (22000, 325): „The switch in scene is effected, in accordance with an established technique of biblical narrative, by a repetition of the verb in a slightly different meaning: The Judahite soldiers ‚pass on‘ beyond the copse at Gibeon; the object of their pursuit ‚passes through‘ the territories of the northern tribes.“

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um auszudrücken, dass die Verfolger hinter Scheba her sind, als auch positiv (vgl. 2Sam 20,2.14), dass ihm Anhänger nachfolgen. Der Ausdruck ‫( ַאף־ַאֲחָריו‬V. 14) dürfte sich also auf die Einleitung zurückbeziehen: Israel (V. 2) und alle Bichriten (V. 14), Anhänger wie Gegner, folgen und verfolgen Scheba ben Bichri. Die Verfolgung kommt schliesslich in Abel-Bet-Maacha, dem nördlichsten Ort Israels, definitiv und sehr abrupt zum Stehen, indem Joab die Stadt belagert. Dabei wechselt in V. 15 erneut, ohne dass dies angezeigt würde, das Subjekt: Während eben noch davon die Rede war, dass die Bichriter hinter Scheba hergingen (V. 14 ‫) ַו ָיֹּבאוּ‬, wird nun vermutlich von den Verfolgern gesagt, dass sie in Abel-Bet-Maacha eintrafen (V. 15 ‫ ) ַו ָיֹּבאוּ‬und die Stadt belagerten. Erst danach wird gesagt, wer dies tut, nämlich ‫ ְוָכל־ָהָעם ֲא ֶשׁר ֶאת־יוָֹאב‬. Damit ist erneut vom Kriegsvolk (vgl. 2Sam 20,12) und nicht (wie zuvor in 2Sam 20,7.11) von den Männern beziehungsweise den Gefolgsleuten Joabs die Rede.⁴⁶⁶ Detailreich wird in 2Sam 20,15 die gesamte Belagerung geschildert:⁴⁶⁷ Die Stadt wird eingeschlossen (‫)צור‬,⁴⁶⁸ ein Wall aufgeschüttet (‫ ;שׁפך‬der gleiche Begriff wird auch in 2Sam 20,10 verwendet!),⁴⁶⁹ sodass er an die Vormauer (‫ )ֵחיל‬stiess, und die Hauptmauer (‫ חוָֹמה‬vgl. 2Sam 20,21 u. ö.) wird unterwühlt (‫ שׁחת‬Hifil), um sie zum Einsturz zu bringen (‫)ַמ ְשִׁחיִתם ְלַה ִפּיל ַהחוָֹמה‬. Belagerungsrampen (‫ )ֹסְלָלה‬sind seit der Zeit assyrischer Belagerungen (2Kön 19,32; Jes 37,33; vgl. zu babylonischen Belagerungen Jer 6,6; 32,24; Ez 4,2; vgl. ferner Ez 21,17; 26,8 und Dan 11,15) bekannt.⁴⁷⁰ Jedoch ist bisher nirgendwo in der Levante nachgewiesen, dass die Hauptmauer untergraben wurde.⁴⁷¹

 Vgl. dazu weiter oben.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 331): „The city is subjected to a full-siege, vv. 15b and c give able attention to the associated construction and destruction by Joab’s men.“  ‫ צור‬I kommt beispielsweise noch in 2Sam 11,1 vor, wo davon die Rede ist, dass David Rabba belagerte. Vgl. zudem 1Kön 15,27; 16,17; 20,1; 2Kön 6,24 f.; 17,5; 18,9; 24,11 u. a.  Diese Beschreibung erinnert etwa an die assyrische Belagerungsrampe von 701 v.Chr. in Lachisch.  Vgl. eventuell auch die aramäische Belagerung von Gat im 9. Jh. v.Chr., wo ein tiefer Graben sowie auch eine Aufschüttung gefunden wurden – allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass der Graben um die Stadt herum und nicht unter der Stadtmauer hindurch führt. Ausführlich dazu Maeir, A. M. / Gur-Arieh, S. (2011, 227– 244). Vgl. zudem auch die Beschreibung der Belagerung von Ḥazrak durch Bar-Hadad im 8. Jh. in der Zakkur-Inschrift KAI 202A, 9 f.  In Palaeapaphos haben archäologische Grabungen eine Unterwanderung der Hauptmauer bei einem Aufstand der Cyprioten gegen die persische Herrschaft (499 – 494 v.Chr.) ans Licht gebracht. Allerdings wurden diese Stollen nicht von den Belagerern, sondern von den Belagerten gebaut, um eine Belagerungsmaschine durch Einbruch der Rampenoberfläche ausser Gefecht zu setzen. Vgl. dazu ausführlich Maier, F. G. / Catling, H. W. (2008, 63 – 97). Solche Stollen wurden ferner „von lydischen Truppen in Ephesos angelegt, von der persischen Armee in Milet und 510

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In V. 16 betritt erneut eine namenlose Figur⁴⁷² die Szene und dominiert von nun an die Handlung. In 2Sam 20,11– 13 war es ein unbekannter Bursche Joabs, hier in 2Sam 20,16 ist es eine weise Frau. Sie wird als ‫( ִא ָשּׁה ֲחָכָמה‬vgl. auch 2Sam 14,2) eingeführt und insgesamt dreimal (2Sam 20,17.21.22) als ‫ ָהִא ָשּׁה‬bezeichnet. In 2Sam 20,22 wird die ‫ ָחְכָמה‬der Frau noch einmal betont und damit deutlich gemacht, dass der glimpfliche Ausgang der Erzählung in erster Linie dieser Weisheit zu verdanken war.⁴⁷³ Die Frau bezeichnet sich in ihrer Rede Joab gegenüber als dessen Magd ‫ ָאָמה‬⁴⁷⁴ und ist insgesamt sechsmal das handelnde Subjekt: Zu Beginn steht das Verb ‫( קרא‬V. 6), am Ende ‫( בוא‬V. 22), dazwischen jeweils ‫אמר‬.Von der Stadt her macht die Frau auf sich aufmerksam und verlangt, mit Joab zu reden: „Hört her! Hört her! Sagt doch zu Joab: Tritt hier heran, ich will mit dir reden!“⁴⁷⁵ Auf diese erste Rede folgen mehrere, sehr kurze Dialoge zwischen ihr und Joab in 2Sam 20,17. Auf die indirekte Aufforderung der Frau (V. 16b) tritt Joab heran. Auf ihren Befehl zu hören (V. 17b) bestätigt er, dass er höre. Dabei wird das erste „ich binʼs“ (‫ )ָא ִני‬durch ein zweites „ich höre“ (‫שֵׁמַע ָאֹנִכי‬ ֹ ) bekräftigt.⁴⁷⁶ Anschliessend an diesen kurzen Dialog folgt eine längere Rede der weisen Frau, in der sie Joab für ihre Sache zu gewinnen versucht (2Sam 20,18 f.).⁴⁷⁷ Sie eröffnet ihre Rede mit einem Sprichwort, das besagt, dass man nur in Abel fragen müsse, um ans Ziel zu gelangen.⁴⁷⁸ Danach stellt sie sich selbst vor, beginnend mit ‫ָאֹנִכי‬, mit dem gleichen Wort also, mit dem zuvor Joab bekräftigt hat, dass er hört: Sie, die weise Frau von Abel-Bet-Maacha, sei von den Friedsamen und Getreuen Israels.⁴⁷⁹ Damit bekennt

beim Angriff auf Barke, wo sie durch gegen Gegenminen bekämpft wurden“ – so Maier, F. G. / Catling, H. W. (2008, 95).  Vgl. Reinhartz, A. (1993, 123).  Vgl. ausführlich dazu Schroer, S. (2011a, 396 – 399). Zur Rolle der Frauen als Ratgeberinnen Schroer, S. (1990, 41– 60).  Vgl. auch Abigajil David gegenüber 1Sam 25,24bis.25.28.31.41 u. a., anders in 2Sam 14, wo sich die Frau durchweg als ‫ ִשְׁפָחה‬bezeichnet.  Vgl. zur poetischen Struktur der ersten Rede der Frau Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 331) sowie Alter, R. (22000, 325 f.).  Vgl. dazu auch Fokkelman, J. P. (1981, 332).  Vgl. zum formalen Aufbau der Rede Fokkelman, J. P. (1981, 333).  Dieses Sprichwort ist textkritisch umstritten. Die längere Version der LXX, die auch Dan erwähnt (καὶ ἐν Δαν εἰ ἐξέλιπον ἃ ἔθεντο οἱ πιστοὶ τοῦ Ισραηλ), wird generell als die ältere angesehen. Vgl. ausführlich dazu Gordon, R. P. (1993, 215 – 226) sowie McCarter, P. K. (41986, 429). Anders Barthélemy, D. (1982, 297– 299), der den MT aufgrund der lectio difficilior für ursprünglicher hält. Camp, C.V. (1981, 19) kommt zum Schluss, dass „In either case, the saying clearly refers to the heritage of Abel as a place where one might receive counsel of peace and faithfulness.“ Vgl. generell dazu auch Geyer, M. L. (1987, 37); Stoebe, H. J. (1994, 443 f.) u. a.  Dass damit „the primary function of an Israelite judge“ genannt sei – so Geyer, M. L. (1987, 38) – geht nicht aus dem hier verwendeten Vokabular hervor.

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sie sich ausdrücklich zu Israel, das sich nach 2Sam 20,2a von David abgewendet hat, und präsentiert sich gleichzeitig als friedlich und treu (‫ !) ְשֻׁלֵמי ֱאמוּ ֵני‬Im letzten Teil ihrer Rede wechselt die weise Frau schliesslich zu Joab. In einem Parallelismus membrorum hält sie fest, dass Joab danach trachte, eine Stadt und eine Mutter in Israel (‫)ִעיר ְוֵאם ְבּיִ ְשָׂרֵאל‬⁴⁸⁰ zu töten, und fragt ihn anschliessend, weshalb er das Erbteil Jhwhs verschlingen wolle.⁴⁸¹ Während in 2Sam 20,1 Scheba ben Bichri behauptete, kein Erbe (‫ ) ַנֲחָלה‬an David zu haben, wirft die weise Frau nun Joab vor, das Erbe Jhwhs (‫ ) ַנֲחַלת ְיה ָוה‬zu zerstören. Mit dem Perspektivenwechsel von den Belagerern zu den Belagerten wird deutlich, dass die Stadt von Joab völlig grundlos umzingelt worden ist.⁴⁸² Joab versucht, eine Stadt mit militärischer Macht zurückzugewinnen, die sich gar nicht von Israel losgesagt hat. Joab ist entlarvt und entsprechend heftig weist er – ebenfalls in einer längeren Rede – den Vorwurf zurück. Dabei verwendet er in V. 20b den Ausdruck ‫ָחִליָלה ָחִליָלה‬ ‫„( ִלי‬fern, fern sei es von mir!“) und betont, er habe kein Interesse daran, zu zerstören und zu vernichten. Mit ‫ בלע‬I (Piel, „verschlingen“, „verderben“, „vernichten“)⁴⁸³ nimmt er einen Begriff aus der Rede der weisen Frau auf (2Sam 20,19), den er durch einen zweiten (‫ שׁחת‬Hifil, „verderben“, „zerstören“; vgl. 2Sam 20,15)⁴⁸⁴ ergänzt. Anschliessend begründet er sein Verhalten und rechtfertigt die Belagerung der Stadt Abel-Bet-Maacha: Ein Mann aus dem Gebirge Efraim mit Namen Scheba ben Bichri habe seine Hand gegen König David erhoben (‫) ָנ ָשׂא ָידוֹ ַבֶּּמֶלְך ְבָּד ִוד‬. Der Ausdruck „die Hand gegen jemanden erheben“ in der Botenrede des Ahimaaz wird in 2Sam 18,28 sowie zweimal in 1Kön 11,26.27 (hier allerdings mit ‫ רום‬Hifil) verwendet. Dort erhebt Jerobeam, zunächst ein Beamter Salomos aus Efraim, dann später der erste König des selbstständigen Nordreichs, seine Hand gegen Salomo, womit sich neben dem Separationsruf in 2Sam 20,1 und 1Kön 12,16 eine weitere Parallele zwischen den beiden Erzählungen ergibt. Mit der Aussage in 2Sam 20,21, Scheba ben Bichri habe seine Hand gegen den König erhoben, wird in

 Die LXX übersetzt erklärend mit πόλιν καὶ μητρόπολιν ἐν Ισραηλ. Es ist denkbar, dass die Stadt mit der weisen Frau personifiziert wird, so Gordon, R. P. (1993, 217). So bezeichnet sich in Ri 5,7 auch Debora als ‫ֵאם ְבּיִ ְשָׂרֵאל‬. Wahrscheinlicher aber ist, dass hier von einer Mutter-Stadt, also einer „principal town“ in Israel, die Rede ist, so McCarter, P. K. (41986, 430); Alter, R. (22000, 326) u. a. Vgl. zudem Schroer, S. (2011a, 400 f.).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 334): „The woman contrasts the high standing of her city with the deconstructive and, as such incomprehensible behaviour of the besieger.“ Vgl. ähnlich Stolz, F. (1981, 278): „Die Frage, warum Joab eine solche Siedlung zerstören wolle, ist nicht ohne hintergründige Drohung: Müßte sich nicht ganz Israel in Frage gestellt sehen – und gravierender: Müßte sich nicht Jahwe selbst angegriffen sehen?“  Vgl. Geyer, M. L. (1987, 36).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 153 f.).  Vgl. Gesenius, W. (182013, 1344).

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erster Linie die Gefahr, die dieser für David und die Doppelmonarchie darstellt, hervorgehoben.⁴⁸⁵ Abschliessend präsentiert Joab in seiner Rede eine mögliche Lösung zur Beendigung der Belagerung: Er erbittet sich von der Frau, Scheba ben Bichri auszuliefern, und erklärt sich bereit, umgehend von der Stadt abzuziehen. Die Frau geht augenblicklich auf Joabs Forderung ein, modifiziert sie allerdings leicht, indem sie Joab zusichert, dass ihm der Kopf Schebas über die Mauer zugeworfen werde. Dem abgeschlagenen Kopf des Feindes kommt in der altorientalischen Welt generell eine Vernichtungssymbolik zu (vgl. auch 1Sam 17,51; 1Sam 31,9; 2Sam 4,7; 2Kön 10,6 – 8 u. a.).⁴⁸⁶ Zwar finden sich weder literarische noch ikonografische Parallelen, dass dem Belagerer ein Kopf über die Stadtmauer zugeworfen wird,⁴⁸⁷ doch ist ein solches Verhalten zur Beendigung einer Belagerung durchaus denkbar. Nach dieser Zusage an Joab wird die weise Frau von Abel-Bet-Maacha in V. 22 noch einmal aktiv: Sie geht zum Volk (‫ בוא‬wayyiqtol-x), und das Volk reagiert, indem es Scheba ben Bichri den Kopf abschneidet (‫כרת‬ wayyiqtol-x) und diesen Joab zuwirft (‫ שׁלך‬Hifil wayyiqtol-x). Daraufhin stösst Joab ins Horn, sie – vermutlich das Kriegsvolk – zerstreuen sich von der Stadt und jeder kehrt zurück zu seinen Zelten (V. 22). Joab aber kehrt zurück nach Jerusalem zum König! Damit ist das Ende der Erzählung erreicht: Scheba ben Bichri ist tot. Ob sich damit aber der abtrünnige Norden beziehungsweise die Anhänger Schebas ben Bichri wieder unter die Herrschaft Davids fügten, wird nicht gesagt. Insgesamt erscheint Scheba, abgesehen von der Einleitung in 2Sam 20,1, passiv und nicht wirklich als Bedrohung.⁴⁸⁸ Meist ist er Objekt der Verfolgung.⁴⁸⁹ Die eigentliche Hauptfigur der Erzählung ist daher Joab, der sechzehnmal genannt wird (2Sam 20,8.9bis.10bis.11bis.13.15.16.17.20.21.22bis.23). Zwar wird er nicht zu Beginn der Erzählung eingeführt, doch ist er sowohl an der Niederschlagung des Aufstands des Scheba ben Bichri als auch an der Ermordung Amasas aktiv beteiligt. Er ist also die verbindende Figur, während David (2Sam 20,1.2.3.6.11.21) bezie-

 Vgl. Geyer, M. L. (1987, 39): „Joab’s description of Sheba differs in perspective and in degree of aggression from what we have seen Sheba actually doing.“  Vgl. Zwickel, W. (1994a, 240 f.); Hunziker-Rodewald, R. (2004, 280 – 300) u. a.  Keel, O. (1975, 413 – 466) hat 34 ägyptische Darstellungen untersucht, die die Einnahme einer kanaanäischen Stadt durch den Pharao zeigen. Auf diesen Abbildungen werden sehr oft Kinder über die Mauern gehalten und dem Pharao als Geiseln angeboten. Auffälligerweise wird in 2Kön 3,27 ein Krieg dadurch beendet, dass der König von Moab seinen Sohn und Thronnachfolger opfert.  Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 115 f.).  Fokkelman, J. P. (1981, 326): „In actantial terms, Sheba is clearly the object of the tale. The linguistic facts confirm this strongly. Sheba is 3x direct object and 5x preposition object, practically always of his pursuers.“

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hungsweise „der König“ (2Sam 20,2.3.4.21.22) nur in Einzelfällen handelnd auftritt (lediglich in 2Sam 20,3 f.6) und daher eine Nebenrolle spielt. Bekräftigt wird die Bedeutung Joabs in der Erzählung durch den zweiten, zusätzlich angehängten Schluss. Neben dem Vorspann (2Sam 19,42– 44), in dem der Hintergrund für den Aufstand erklärt wird, hat die Erzählung nämlich auch einen längeren Epilog, in dem die Konsequenzen und Folgen festgehalten werden. So steht zu Beginn die Notiz, dass Joab (erneut?) über das ganze Heer, Benaja, der Sohn Jojadas, aber über die Kreter und Pleter (2Sam 20,23) eingesetzt wurde. Damit verbunden ist eine Liste mit Beamten und Priestern (V. 24 f.), wie sie sich ähnlich auch in 2Sam 8,16 – 18 und 1Kön 4,2– 4 findet.⁴⁹⁰ Obwohl der Endtext der Erzählung durchaus als mehr oder weniger geschlossene Einheit betrachtet werden kann, ist aufgrund der literarischen Brüche anzunehmen, dass einzelne Teile oder ganze Teilerzählungen einmal unabhängig voneinander existierten und erst später zusammengefügt wurden.⁴⁹¹ Diese Spannungen im Text weisen darauf hin, dass es in 2Sam 20,1– 22 zwei, wenn nicht sogar drei unterschiedliche literarische Traditionen gibt:⁴⁹² 2Sam 20,2b.3 lässt sich nicht in den klar chiastischen Aufbau einordnen, setzt zudem die Erzählung in 2Sam 15,16b.31 und 2Sam 16,21– 23 voraus und beinhaltet somit thematisch das eigentliche Ende der Absalom-Erzählung.⁴⁹³ Sehr wahrscheinlich ist diese Verknüpfung dem Höfischen Erzähler zuzuschreiben. Ähnlich erscheint auch V. 6* und der Vergleich des Scheba-Aufstandes mit jenem Absaloms aufgrund der oben erwähnten Unstimmigkeiten – etwa dem Bruch zwischen dem Befehl in V. 6 und der Ausführung in V. 7 sowie der unterschiedlichen Erwähnung Abischais in V. 6 und V. 10 – als sekundäre Einfügung. Es kann also davon ausgegangen werden,  Vgl. Brueggemann,W. (1990a, 332): „Thus the narrative of David’s family is framed in 8:15 – 18 and 20:23 – 26 by two inventories of bureaucratic organization.“  Die skizzierte Ausgangslage ist hiermit eindeutig eine andere als beispielsweise in 2Sam 24, wo aufgrund des inneren Zusammenhaltes der Erzählung lediglich darüber spekuliert werden kann, welche und ob überhaupt gewisse Erzähleinheiten ursprünglich unabhängig voneinander überliefert worden sein könnten. Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 283): „Stärker als in früheren Kapiteln zeigen sich aber auch Brüche, die auf die Aufnahme selbstständiger Überlieferungen oder auf nachträgliche Bearbeitung verweisen.“  Stoebe, H. J. (1994, 437) spricht von „selbständige[n] Erzählkomplexe[n]“.  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 282) sprechen in V. 3 und V. 6 von „Brücken“ zwischen Absalom- und Scheba-Erzählung.Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 204): „Während V1 bereits vom Aufstand handelt, bezieht sich V2 sowohl auf die vorige Erzählung (die Rückkehr Davids nach Jerusalem) als auch auf die neue. Demgegenüber beschäftigt sich der gesamte V3 mit einem Thema, das zur vorangehenden Erzählung gehört (mit den Nebenfrauen Davids, die zurückgelassen worden waren, um auf das Haus aufzupassen).“ Vgl. auch Bardtke, H. (1981, 16); Vermeylen, J. (2000, 397). Hentschel, G. (1994b, 87) sieht in V. 3 ebenso wie in 2Sam 15,16b und 2Sam 16,21 f. jüngere Erweiterungen.

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dass die Erzählung vom Scheba-Aufstand einmal unabhängig existierte und erst später in den Kontext eingefügt und mit der Erzählung vom Absalom-Aufstand verknüpft wurde. Entsprechend erscheint 2Sam 20,1.2a.6*.7.14– 22 als eine in sich geschlossene Erzählung mit einem klaren Aufbau, Entsprechungen in Einleitung (V. 1) und Schluss (V. 22) sowie einem Höhe- (V. 15) und Wendepunkt (V. 16).⁴⁹⁴ Darin aufgenommen wurde ein altes Sprichwort von Abel-Bet-Maacha in V. 18.⁴⁹⁵ V. 13b ist eine redaktionelle Verdoppelung von 7b und zeigt, dass V.8 – 12a ein Einschub ist. In die Erzählung vom Aufstand Schebas ben Bichri wurde die Amasa-Episode in 2Sam 20,4 f.8 – 13* eingefügt, die allerdings nicht (mehr) als eigenständige Erzählung angesehen werden kann, da hier ein Erzählanfang fehlt und sich mehrere literarische Brüche erkennen lassen:⁴⁹⁶ So bleibt etwa unklar, weshalb Amasa in V. 8 nicht in Jerusalem, wie V. 5 voraussetzt, sondern plötzlich in Gibeon erscheint. Ferner wird in 2Sam 20,10, berichtet, dass Amasa starb (‫) ַו ָיֹּמת‬, während später in 2Sam 20,12 festgehalten wird, dass er sich mitten auf der Strasse in seinem Blut wälzte (‫) ְבּתוְֹך ַהְמִּס ָּלה ַוֲעָמ ָשׂא ִמְת ֹגֵּלל ַבָּּדם‬.⁴⁹⁷ Letzteres unterstreicht insbesondere den zusätzlichen redaktionellen Charakter von 2Sam 20,11– 13, die die Amasa-Episode mit der Erzählung vom Aufstand Schebas ben Bichri zu verknüpfen scheinen. Trotz dieser Uneinheitlichkeit des Textes spricht nichts gegen eine einmal selbstständig überlieferte Amasa-Erzählung: Diese könnte mit einer Einführung Amasas und Ernennung zum Heerführer Absaloms (2Sam 17,25) begonnen und berichtet haben, wie er nach der Ermordung Absaloms Heerführer von David wurde (2Sam 19,14), David ihn dann mit der Heereinberufung beauftragte, er aber versagte und von Joab hinterlistig umgebracht wurde (2Sam 20,4– 13*). Dafür spricht auch, dass Amasa in der vorliegenden Erzählung insgesamt siebenmal mit Eigennamen (2Sam 20,4.5.8.9.10.11.12bis) genannt wird und sechsmal als Subjekt auftaucht (‫הלך‬

 Vgl. Bardtke, H. (1981, 18): „Die Verse 1– 2 und die Verse 14– 22 sind also diejenigen, die uns als Quelle für den Scheba-Aufstand zur Verfügung stehen.“  Es ist – nach Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 284) – an „eine eigenständige Tradition zu denken“, „die ihrerseits eine langdauernde Bedeutung der Stadt für Israel voraussetzt“.  Vermeylen, J. (2000, 397) spricht daher von einer „addition principale“. 2Sam 20,8 – 13 wird sehr oft als sekundär angesehen. Vgl. McCarter, P. K. (41986, 429). Vgl. zudem Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 283): „V.8 – 13 gehört nicht in den ursprünglichen Zusammenhang, sondern verdankt sich einer Tradition von einer Bluttat auf dem ‚Feld der Messer‘, die in drei Variationen wiederkehrt: II 2,14– 16; 4,1– 12; 20,8 – 13, wobei Verbindungslinien auch zur Erzählung vom Tod Asahels führen (vgl. 2,23b mit 20,12).“ Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 569) schreiben V. 4 f. und 8 – 13 einem „rédacteur hostile à Joab“ zu.  Vgl. auch 2Sam 18,10 – 15 wo Absalom zweimal getötet wird.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

wayyiqtol-x, ‫ אחר‬wayyiqtol-x, ‫ בוא‬x-qatal, ‫ שׁמר‬Nifal, x-qatal, ‫ מות‬wayyiqtol, ‫גלל‬ Hitpolel x-qotel).⁴⁹⁸ Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Erzählung in 2Sam 20,1– 22 und erst recht ihr weiterer Rahmen (2Sam 19,42– 20,26) in verschiedene Teilerzählungen zerfällt. Dabei ist die Erzählung von Scheba ben Bichri (2Sam 20,1.2a.6*.7.14– 22) wohl die älteste, die durch die mit dem Absalom-Aufstand in Zusammenhang stehende Erzählung von Amasas Tod (2Sam 20,4 f.8 – 13*) und weitere redaktionelle Zusätze ergänzt wurde. Der kollektiven Auseinandersetzung zwischen den Männern von Israel und den Männern von Juda, wer von ihnen mehr Anteil an David habe, wurde der individuelle Streit zwischen Joab und Amasa um die Position als Heerführer Davids gegenübergestellt (vgl. besonders 2Sam 20,23).⁴⁹⁹ Dabei haben beide Teilerzählungen erstaunliche Ähnlichkeiten. So sind beide zweigeteilt: Die Erzählung vom Aufstand und der Hinrichtung Schebas ben Bichri befindet sich in 2Sam 20,1.2a.6 f.* sowie in 2Sam 20,14– 22. Die Erzählung vom Versagen Amasas und dessen Ermordung unterteilt sich in 2Sam 20,4 f. und 2Sam 20,8 – 13. In beiden Erzählungen verhält sich David passiv und greift nicht in die Rivalitäten der beiden Parteien ein. Im Gegenteil, er ist vielmehr der mutmassliche Auslöser für die Auseinandersetzungen: In 2Sam 19,9 – 16 scheint er Juda Israel direkt vorzuziehen, und in 2Sam 19,14 schwört David Amasa,⁵⁰⁰ dass er von nun an Heeroberster an Joabs Stelle sein soll. In beiden Erzählungen wirkt ferner eine namenlose Figur wegweisend: So verhilft der Rat der weisen Frau in 2Sam 20,16 – 22 zum Ende der festgefahrenen Belagerungssituation. Zuvor hat ein Bursche Joabs in 2Sam 20,11– 13 als Vermittler gedient, indem er klargestellt hat, dass „Parteinahme für David und Gehorsam gegenüber Joab“⁵⁰¹ ein und dasselbe sind: „Wer an Joab Gefallen hat und wer für David ist, folge Joab nach!“ (‫)ִמי ֲא ֶשׁר ָחֵפץ ְבּיוָֹאב וִּמי ֲא ֶשׁר־ְלָד ִוד ַאֲחֵרי יוָֹאב‬. Als dies keine Wirkung zeigt, schafft er den mit dem Tod ringenden Amasa weg und wirft ein Kleidungsstück über ihn. Als letzter Vergleichspunkt ist schliesslich festzuhalten, dass der kollektive und individuelle Konflikt in beiden Fällen durch Mord gelöst wird: einmal ist es ein hinterhältiger Meuchelmord – Joab täuscht vor, Amasa küssen zu wollen und ersticht ihn dabei –, einmal ist es die Taktik einer weisen Frau. Es stirbt vermutlich beide Male ein Mann der „Israel“-Partei.⁵⁰² Ferner taucht in beiden

 Campbell, A. F. (2005, 171) u. a. sprechen in Hinblick auf Amasa von einem „sup-plot“.  Stolz, F. (1981, 275) spricht von „Gegensatz zwischen Nord- und den Südstämmen“ einerseits und „Rivalitäten in der Umgebung des Königs“ andererseits.  Vgl. dazu auch Kapitel B. 3.1.1.  Stolz, F. (1981, 277).  McCarter, P. K. (41986, 432) meint, jedoch ohne dies weiter zu begründen, dass Amasa „a man of great influence and popularity in Judah“ war. Die Zuordnung Amasas zur „Juda“-Partei wird

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Erzählungen der Begriff ‫( ָשׁלוֹם‬V. 9) bzw. ‫( שׁלם‬V. 19) auf. Zusammengehalten werden diese beiden Erzählungen von Scheba ben Bichri und Amasa schliesslich auch durch Texte ausserhalb der eigentlichen Erzählung. In 2Sam 19,13 f. sagt David zu Juda, dass sie seine Brüder und „mein Gebein und mein Fleisch“ (‫ַעְצִמי‬ ‫ )וְּב ָשׂ ִרי ַא ֶּתם‬seien, und befiehlt ihnen, auch Amasa als „ihr Gebein und Fleisch“ zu akzeptieren. In 2Sam 19,42 sprechen die Israeliten zudem von den Männern Judas als ihren Brüdern, und in 2Sam 20,9 spricht Joab Amasa als „mein Bruder“ (‫)ָאִחי‬ an.⁵⁰³ Die Verbindung zwischen diesem individuellen Streit zwischen Amasa und Scheba ben Bichri einerseits und dem kollektiven Streit zwischen Juda und Israel andererseits könnte sprachlich in 2Sam 19,42– 44 dadurch vorbereitet und eingeleitet werden, dass „die streitenden Parteien sich einmal im Plural, dann im Singular (also wie eine Person) um ihre Vorrechte zanken“.⁵⁰⁴ Die zahlreichen literarischen Entsprechungen lassen vermuten, dass sich beide Erzählungen aufeinander beziehen, sich möglicherweise auch gegenseitig auslegen.⁵⁰⁵ Dabei geht es wohl weniger darum, die Figur Joabs einmal negativ und einmal positiv darzustellen,⁵⁰⁶ als vielmehr darum, dem Konflikt von David mit Scheba ben Bichri jenen unter den beiden Heerführern gegenüberzustellen. Hierfür sprechen auch aussertextliche Bezüge. Bereits mehrfach wurde auf die sprachlichen und inhaltlichen Gemeinsamkeiten zwischen den Erzählungen von den Morden an Asael (2Sam 2,19 – 23), Abner (2Sam 3,22– 39) und Amasa (2Sam 20,8 – 10 bzw. 2Sam 20,8 – 13) hingewiesen.⁵⁰⁷ Auch die Erzählung, wie Ehud Eglon, den König der

später in 1Kön 2,32 festgehalten: „Amasa, der Sohn Jeters, der Heerführer Judas“. 2Sam 17,25 könnte dagegen eher vermuten lassen, dass er als Heerführer Absaloms zu Israel gehörte. Amasas Vater war Israelit, seine Mutter aber Judäerin. In 1Chr 2,17 wird Amasa später als Sohn eines Ismaeliten eingeführt. Angesichts der unklaren Herkunft und der mehrdeutigen biblischen Bezüge bleibt offen, wie die Ernennung zum Heerführer durch David in den literarischen Kontext passt. Vgl. Neiderhiser, E. A. (1981, 209): „Part of the deal was to replace Joab with Amasa as commander of the army (19:13).“  Nach 2Sam 17,25 sind Joab und Amasa tatsächlich miteinander verwandt: Ihre Mütter, Abigal und Zeruja, sind Schwestern.  Schroer, S. (1992, 184).  Anders Crüsemann, F. (1978, 105), der festhält, dass die Erzählung mehr Interesse an der Auseinandersetzung zwischen Joab und Amasa (V. 8 – 13) hat.  Dies hat Fokkelman, J. P. (1981, 337) in Hinblick auf 2Sam 20,8 – 13 und 2Sam 20,16 – 22 vorgeschlagen: „The value of the one confrontation is very negative, while that of the other is positive.“  Gunn, D. M. (1974, 306) nimmt an, „that there are in these passages more resemblances than are likely to be coincidental“. Camp, C. V. (1981, 22 f.) hat 2Sam 2,18 – 23; 2Sam 2,24– 28; 2Sam 20,16 – 22 und 2Kön 18,17– 36 miteinander verglichen und dabei entscheidende Parallelen zum Mord an Amasa (2Sam 20,8 – 13) übersehen. Vgl. Kaiser, O. (2000, 96).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Moabiter, in Ri 3,15 – 26 umbringt, kann mit diesen drei Erzählungen in Verbindung gebracht werden.⁵⁰⁸ Auffallend ist jedoch, dass die Erzählung in 2Sam 19,42– 20,22 einen praktisch identischen Aufbau mit jener in 2Sam 2,12– 32 hat:⁵⁰⁹ So ist in „die Geschichte vom Aufstand Schebas […] die Erzählung von der Ermordung Amasas durch Joab verwoben, so wie in die Geschichte vom Kampf zwischen Joab und Abner die Erzählung von der Tötung Asaels […].“⁵¹⁰ In beiden Erzählungen spielt Gibeon – das abgesehen davon in den Samuelbüchern nur noch in 2Sam 5,25 erwähnt wird (von den Gibeonitern ist noch in 2Sam 21,1.2.3.4.9 die Rede) – eine zentrale Rolle: In 2Sam 2,12.13.16.24 als Ort, wo Abner Asael ermordet, in 2Sam 3,30 mit Rückbezug auf 2Sam 2,12– 32 sowie in 2Sam 20,8 zur Lokalisation des Mordes Joabs an Amasa. Gibeon liegt zwar nördlich von Jerusalem, aber nicht,wie sich aus dem Verlauf der Strassen zeigt, auf dem Weg von Juda in den Norden.⁵¹¹ Es lässt sich also schwer aus dem jetzigen Erzählkontext erklären, weshalb Amasa und Joab gerade hier aufeinander treffen. Schliesslich wird oft das Wort „Bruder“ (‫)ָאח‬ verwendet, wobei es lediglich in 2Sam 2,22 – und mit Rückbezug darauf auch in 3,27.30 – ein Verwandtschaftsverhältnis bezeichnet. Danach wird es lediglich im übertragenen Sinn als „Freund“ oder „Nächster“ gebraucht (2Sam 2,26 f.; 2Sam 19,42; 20,9 f.).⁵¹² Dabei wird sowohl in 2Sam 19,42 als auch in 2Sam 2,26 der Begriff  Etwa die verwendeten Begriffe ‫ֶחֶרב‬, ‫חגר‬, ‫ ַמד‬bei der detailreichen Beschreibung der Bewaffnung (Ri 3,16.; 2Sam 20,8); das Töten mit der linken Hand (Ri 3,21; 2Sam 20,9) u. a. sprechen dafür. Dazu Neiderhiser, E. A. (1981, 209 f.); Alter, R. (22000, 324) sowie ausführlich Groß, W. (2009, 226 f.232). Allerdings scheint Linkshändigkeit des Helden aber ein weit verbreitetes Motiv, ebenso die Taktik der Vortäuschung etwas im Geheimen sagen zu wollen (Ri 3,19 f.; 2Sam 3,27). Vgl. dazu Wong, G. T. K. (2006, 399 – 411), der ausführlich auf die Gemeinsamkeiten „at the plot level as well as through the use of common language“ eingeht. Groß, W. (2009, 230) sieht in Ri 3,15b*-26 eine „ehemals selbständige, alte benjaminitsche Erzählung mit versehrtem Anfang: ein benjaminitischer Held ermordet als Einzelkämpfer den feindlichen moabitischen König in seinem Palast“.  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 441): „Hinsichtlich der Darstellungsweise bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Kap. 2 und 20, zugleich aber so viele situationsbedinge Verschiedenheiten, daß man nicht mehr von konventionellen Darstellungselementen sprechen kann, sondern eher an Charakteristika einer Überlieferung zu denken hat.“ Kaiser, O. (2000, 96) spricht von „Rahmenszenen“ in 2Sam 2,8 – 32 und 2Sam 20,1.4– 22. Zuletzt ausführlich Klein, J. (2011, 382 f.).  Bar-Efrat, S. (2009, 204).  Vgl. die Übersicht über Strassen und Routen bei Dorsey, D. A. (1991).  Diese Verwendung des Begriffs könnte auf eine alte Vorstellung von der Blutsverwandtschaft ganzer Stämme und Stammesverbände zurückgehen. Ebenso ist auch eine dtn Prägung möglich: Unter anderem in Dtn 15,7– 11; 17,15 und 23,21 sowie Lev 19,17; 25,25.35 f.39.47 wird mit ‫ ָאח‬eindeutig der „Mitisraelit“ bezeichnet und teilweise im Gegenüber zum Ausländer (‫ ) ָנְכ ִרי‬gesetzt. Zu unterscheiden ist das Phänomen, dass Könige, Rechtspartner und persönliche Freunde einander den Titel „Bruder“ antragen von der „dtn Forderung, daß alle im Staate Lebenden einander als Brüder empfinden und behandeln sollen“ – so Perlitt, L. (1994a, 66). Vgl. ausführlich dazu Perlitt, L. (1994a, 50 – 73).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

191

zur Bezeichnung der gegenseitigen Verbundenheit zwischen Israel und Juda verwendet (vgl. 2Sam 19,13). Nicht zuletzt sind auch grössere strukturelle Gemeinsamkeiten auffällig. 2Sam 2,12 – 32

Sam , – ,

Sam , –  Kampf Abners und des Heeres Sam , –  Streit der Männer Israels und Eschbaals gegen Joab und die Knechte Davids. der Männer Judas. Fazit: Fazit: ‫ַו ִיּ ָּנ ֶגף ַאְב ֵנר ְוַא ְנ ֵשׁי יִ ְשָׂרֵאל ִלְפ ֵני ַעְבֵדי ָד ִוד׃‬ ‫ַו ִיֶּקשׁ ְּדַבר־ִאישׁ ְיהוָּדה ִמ ְּדַבר ִאישׁ יִ ְשָׂרֵאל׃‬ Ortsbestimmung Sam ,: Teich (‫ ) ְבֵּרָכה‬von Gibeon

Ortsbestimmung Sam ,: Stein (‫ )ֶאֶבן‬bei Gibeon

Sam , Einführung der Figuren: Sam ,.a Einführung der Figuren: ‫ַו ִיְּהיוּ־ ָשׁם ְשׁל ֹ ָשׁה ְבּ ֵני ְצרוּ ָיה‬ ‫ְו ָשׁם ִנְקָרא ִאישׁ ְבִּל ַיַּעל‬ Sam , –  Asael verfolgt Abner und dieser Sam , –  Joab bringt Amasa um bringt ihn um Dialog zwischen „Opfer“ und „Täter“: Dialog zwischen „Opfer“ und „Täter“: ‫ַו ֹיּאֶמר ַהַאָּתה ֶזה ֲע ָשׂהֵאל ַו ֹיּאֶמר ָאֹנִכי׃‬ ‫ַו ֹיּאֶמר יוָֹאב ַלֲעָמ ָשׂא ֲה ָשׁלוֹם ַא ָּתה ָאִחי‬ Vgl. später die Frage der weisen Frau an Joab V.  ‫ַוֹּתאֶמר ָהִא ָשּׁה ַהַא ָּתה יוָֹאב ַו ֹיּאֶמר ָא ִני‬ Mord (Sam ,) Mord (Sam ,) ‫ַו ַיּ ֵּכהוּ ָבּה ֶאל־ַהֹחֶמשׁ ַו ִיּ ְשׁ ֹפְּך ֵמָעיו ַאְרָצה ְול ֹא־ ָשׁ ָנה לוֹ ַו ָיֹּמת ַו ַיּ ֵּכהוּ ַאְב ֵנר ְבַּאֲחֵרי ַהֲח ִנית ֶאל־ַהֹחֶמשׁ ַו ֵּתֵצא ַהֲח ִנית ֵמַאֲחָריו‬ ‫ַו ִיּ ָפּל־ ָשׁם ַו ָיָּמת ַּתְחָּתיו‬ Unterschied: Asael ist mehrfach von Abner vorgewarnt worden. Joab tötet Amasa hinterhältig: Er täuscht vor, diesen küssen zu wollen und Amasa hat nicht auf das Schwert in seiner Hand geachtet! Sam , alle bleiben stehen: Sam , f. erst bleibt ein Bursche Joabs ‫ ַו ְיִהי ָּכל־ַה ָבּא ֶאל־ַהָּמקוֹם ֲא ֶשׁר־ ָנַפל ָשׁם ֲע ָשׂהֵאל ַו ָיֹּמת‬stehen, dann wird zweimal gesagt, dass alle ‫ ַו ַיֲּעֹמדוּ׃‬stehen bleiben: ‫ַו ַיְּרא ָהִאישׁ ִּכי־ָעַמד ָּכל־ָהָעם ַו ַיּ ֵּסב ֶאת־ֲעָמ ָשׂא ִמן־ַהְמִסָּלה‬ ‫ַה ָּשֶׂדה ַו ַיּ ְשֵׁלְך ָעָליו ֶבּ ֶגד ַּכֲא ֶשׁר ָרָאה ָּכל־ַה ָבּא ָעָליו ְוָעָמד׃‬ ‫ עמד‬kommt noch in Sam ,.. vor ‫ עמד‬kommt noch in Sam ,..bis. vor Sam , Joab und Abischai nehmen die Ver- Sam , Joab und Abischai nehmen die folgung auf Verfolgung auf ‫ַו ִיְּר ְּדפוּ יוָֹאב ַוֲאִבי ַשׁי ַאֲחֵרי ַאְב ֵנר‬ ‫ְויוָֹאב ַוֲאִבי ַשׁי ָאִחיו ָרַדף ַאֲחֵרי ֶשַׁבע ֶבּן־ ִבְּכ ִרי‬ ‫ רדף‬kommt noch in Sam ,.. vor ‫ רדף‬kommt noch in Sam ,... vor Sam , Die Benjaminiten sammeln (‫קבץ‬ Sam , Die Bichriter versammeln (‫ קהל‬NiHitpael) sich hinter Abner fal) sich und folgen Scheba ben Bichri nach ‫ַו ִיְּתַק ְבּצוּ ְב ֵני־ִב ְנ ָיִמן ַאֲחֵרי ַאְב ֵנר‬ ‫ְוָכל־ַה ֵבּ ִרים ַו ִיָּּקֲהלוּ ַו ָיֹּבאוּ ַאף־ַאֲחָריו‬ Sam , –  Abner ruft Joab zu, dieser ant- Sam , –  eine weise Frau ruft Joab zu, wortet und bricht den Krieg ab dieser antwortet und bricht die Belagerung ab

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Sam , – 

Sam , – ,

Ort: ‫ ִמן־ָהִעיר‬bzw. ἐκ τοῦ τείχους⁵¹³ drei Fragen: wie lange soll das noch dauern? ‫ְוַעד־ָמַתי‬ Anrufung der Gottheit: ‫ַחי ָהֱאל ִֹהים‬

Ort: ‫ַעד־ ִגְּבַעת ַאָּמה‬ eine Frage: warum? ‫ָל ָּמה‬ Selbstverpflichtung Joabs: ‫ָחִליָלה ָחִליָלה ִלי‬

Sam , Joab stösst ins Horn; Israel wird Sam , Joab stösst ins Horn und jeder nicht länger verfolgt kehrt zu seinen Zelten ‫ַו ִיְּתַקע יוָֹאב ַבּשּׁוָֹפר ַו ַיַּעְמדוּ ָּכל־ָהָעם ְול ֹא־יְִר ְּדפוּ עוֹד ַאֲחֵרי‬ ‫ַו ִיְּתַקע ַבּשּׁוָֹפר ַו ָיֻּפצוּ ֵמַעל־ָהִעיר ִאישׁ ְלֹאָהָליו‬ ‫יִ ְשָׂרֵאל‬ Sam ,. Joab sammelt das ganze Volk und Sam , Joab kehrt nach Jerusalem zurück kehrt zurück nach Hebron ‫ְויוָֹאב ָשׁב ְירוּ ָשִַׁלם ֶאל־ַהֶּמֶלְך‬ ‫ְויוָֹאב ָשׁב ֵמַאֲחֵרי ַאְב ֵנר ַו ִיְּק ֹבּץ ֶאת־ָּכל־ָהָעם‬ ‫ַו ֵיְּלכוּ ָכל־ַהַּל ְיָלה יוָֹאב ַוֲא ָנ ָשׁיו ַו ֵיֹּאר ָלֶהם ְבֶּחְברוֹן‬ Unterschied: Während Joab in der einen Erzählung Abner entweichen lässt, besteht er in der anderen auf dem Kopf Schebas.⁵¹⁴

Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach der Textentstehung um einiges komplizierter: Es fallen nämlich nicht nur strukturelle Ähnlichkeiten der Texte auf, sondern auch beachtliche Unterschiede in Hinblick auf Vokabular und Syntax. So kommt der Ausdruck ‫„ ְמִסָּלה‬aufgeschüttete Strasse“ insgesamt siebenundzwanzig Mal im Alten Testament vor, in den Samuelbüchern jedoch nur in 1Sam 6,12 und hier in 2Sam 20,12bis.13.⁵¹⁵ In 2Sam 2,24 steht stattdessen der allgemeinere Begriff ‫ֶּדֶרְך‬. Derartige gebahnte Wege wurden erst in relativ später Zeit der Geschichte Israels realisiert. Ebenso wird für „versammeln“ einmal ‫ קבץ‬Hitpael in 2Sam 2,25, einmal ‫ קהל‬Nifal in 2Sam 20,14 verwendet. Ferner tauchen Entsprechungen nicht immer in der gleichen Reihenfolge auf. So wird die Frage, die Abner Asael in 2Sam 2,20 stellt, erst später in 2Sam 20,17 von der weisen Frau aufgenommen. Von Joab und seinen Männern, die nur in diesen beiden Erzählungen vorkommen (einmal ‫ַא ְנ ֵשׁי יוָֹאב‬, einmal ‫)יוָֹאב ַוֲא ָנ ָשׁיו‬, ist in der einen Erzählung am Anfang (2Sam 20,7), in der anderen am Ende (2Sam 2,32) die Rede. Diese Unterschiede machen eine literarische Doppelung durch einen späteren Autor unwahrscheinlich und lassen vielmehr Quellen vermuten, die redaktionell verbunden und einander gegenübergestellt wurden.⁵¹⁶ Die ideologischen Ähnlich-

 Vgl. zur Textkritik McCarter, P. K. (41986, 428). Vgl. dazu besonders Schroer, S. (2011a, 401 f.).  Vgl. Gunn, D. M. (1974, 306): „The upshot is that he is content to let Abner escape, although it takes the surrender of Sheba’s head to settle the other matter.“  Vgl. Dorsey, D. A. (1991, 228 – 229).  Vgl. auch Gunn, D. M. (1974, 310): „Structurally the only obvious candidate for classification as redactional would be one or other of these further details but this, of course, is out of the

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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keiten (Israel und Juda als Brüder), die geographischen (Gibeon) und die inhaltlichen Entsprechungen (die kollektiven Auseinandersetzungen zwischen Israel und Juda werden auf individueller Ebene zwischen zwei Heerführern ausgetragen) verweisen jedoch auf einen sehr ähnlichen Entstehungskontext. Damit ist vorläufig eine mögliche Entstehung der Erzählung 2Sam 19,42– 20,22 und eine relative Chronologie ihres Wachstums skizziert. Die literarhistorische Einordnung der Erzählung in eine absolute Chronologie und einen historischen Kontext gestaltet sich trotz – oder vielleicht gerade wegen diesen zahlreichen literarischen Verbindungen – als äusserst schwierig. Mehrere historische Ebenen überlagern sich dabei so, dass sie nicht mehr eindeutig voneinander getrennt werden können: eine Erzählung vom Aufstand eines Einzelnen (2Sam 20,1.2a.6 f*.14– 22) und eine Erzählung im grösseren Kontext der Spannungen zwischen Nord- und Südreich.⁵¹⁷ Aufgrund dieser Spannungen zwischen Nord- und Südreich wurde vermutet, dass die Erzählung in der Zeit Rehabeams geschrieben wurde, um Rehabeam zu entlasten und die Ursache für die Reichstrennung in die Zeit Davids zurückzuprojizieren.⁵¹⁸ Vermutlich haben auch die Übervorteilung Israels und die Bevorzugung Judas, die hier zum Anlass für einen Aufstand werden (2Sam 19,42– 44), während der sogenannten „Reichsteilung“ (1Kön 12,1– 20) eine Rolle gespielt.⁵¹⁹ Juda scheint sich jedoch nicht an der Belagerung von Abel-Bet-Maacha zu beteiligen, insofern nicht explizit gesagt wird, dass es Amasa gelang, den Heerbann einzuberufen.⁵²⁰ Damit wird die Auseinandersetzung zu einem Konflikt zwischen den königlichen Truppen und einer Stadt an der nördlichsten Grenze. Es stellt sich sogar die Frage, ob die Erzählung nicht eigentlich eine Erzählung vom Widerstand der Stadt Abel-Bet-Maacha ist. Ihre Rolle in 2Sam 20,14– 22 ist äusserst zwiespältig: Aus unerklärlichen Gründen nehmen ihre Bewohner Scheba ben Bichri auf,⁵²¹ woraufhin sie geradezu übertrieben aufwändig belagert und in „eine tödliche Auseinandersetzung“⁵²² gerissen wird. Die für Joab verschlossenen Tore vor Abel-Bet-Maacha könnten darauf hindeuten, dass Davids Männer nicht erwünscht question as it is precisely at this point that similarity ceases. If there is anything redactional here, then, it must be the basic story-line, a rather drastic assertion in the circumstances.“  Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 283 f.).  So bereits Alt, A. (1930, 68 f.). Vgl. Bardtke, H. (1981, 20). Seiler, S. (1998, 318) hingegen lehnt eine Verbindung ab: „Die Annahme, im Hintergrund dieser Erzählung stehe die Reichteilung, ist schon aus inhaltlichen Gründen nicht zu halten.“  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 432).  Aufgrund der negativen Haltung des Erzählers Scheba gegenüber (vgl. 2Sam 20,1) hat Adam, K.-P. (2006, 187) vermutet, dass der Text „aus judäischer Sicht wertend erzählt“.  Vgl. Stolz, F. (1981, 278): „Warum die Stadt den Flüchtling überhaupt aufnimmt, ist unklar.“  Schroer, S. (1996, 83).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

sind und dass die Stadt eine gewisse Unabhängigkeit von der Herrschaft Davids hat oder zumindest Scheba ben Bichri vorerst schützt. Zwar versichert die weise Frau Joab ihre Loyalität, doch bleibt offen, ob mit dem Tod Schebas ben Bichri die davidische Herrschaft in Abel-Bet-Maacha akzeptiert wird oder nicht.⁵²³ Die Stadt Abel-Bet-Maacha an der nördlichen Grenze Israels erscheint insgesamt dreimal im Kontext von Belagerung und Eroberung:⁵²⁴ In 1Kön 15,20 ist von der Einnahme durch den Aramäerkönig Ben-Hadad die Rede, der „Ijon und Dan und Abel-BetMaacha und ganz Kinneret“ im 9. Jh. geschlagen habe. In 2Kön 15,29 wird von Tiglat-Pileser III. festgehalten, dass er im 8. Jh. „Ijon, Abel-Bet-Maacha, Janoach, Kedesch, Hazor und Gilead […]“ eingenommen und die Bewohner nach Assur deportiert hat.⁵²⁵ Und schliesslich ist es in 2Sam 20,1.2a.6 f*.14– 22 Joab, der die Stadt belagert. Die Stadt liegt an der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung und war daher immer wieder Objekt feindlicher Aktivitäten. Joabs Sieg wird jedoch nicht mit militärischen Mitteln erreicht, sondern aufgrund der Überzeugungskraft einer klugen Frau. Dennoch ist es insgesamt unwahrscheinlich, in der frühen Königszeit eine solch massive Belagerung anzunehmen.⁵²⁶ Aus diesen und ähnlichen Gründen wurde die Erzählung von Scheba ben Bichri in das ausgehende 8. oder frühe 7. Jahrhundert datiert.⁵²⁷ Allerdings verweist das Vokabular im jetzt vorlie Der Schluss, den etwa Geyer, M. L. (1987, 40) zieht, lässt sich nicht am Text festmachen: „The people of the north will themselves decide Sheba’s treason, thereby decisively restoring David as their king by their own choice.“  Abel-Bet-Maacha wird in V. 15 erwähnt, in V. 14 sind Abel und Bet-Maacha getrennt genannt, während im Sprichwort der weisen Frau lediglich Abel genannt wird (V. 18). Der Name Bet-Maacha hat sich nach dem Untergang des Königreichs von Maacha (2Sam 10,6) erhalten – ähnlich wie sich auch der Name „Gibea Sauls“ noch in Zeiten nach dem Tod Sauls (Jes 10,29) findet. Davon eine Datierung abzuleiten, bleibt schwierig. Vgl. Seiler, S. (1998, 318). Neue Einsichten sind in den nächsten Jahren von den Tel Abel Beth Maacah Excavations, die seit 2013 von Azusa Pacific University (Robert A. Mullins), der Hebrew University of Jerusalem (Nava Panitz-Cohen und Ruhama Bonfil) in Zusammenarbeit mit Cornell University (Lauren Monroe und Chris Monroe) durchgeführt werden, zu erwarten.  Vgl. Aus der „kleineren Inschrift Nr. 1“ Tiglatpilesers III., TUAT 1, 373.Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 430); Fischer, A. A. (2004, 133); Schroer, S. (2011a, 401).  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 445): „Die Schilderung des angewendeten Verfahrens könnte auf spätere Kriegstechnik verweisen und damit die zeitliche Einordnung des ganzen Geschehens erschweren […].“ Vgl. auch Schroer, S. (2011a, 401): „Die Geschichte spielt in der frühesten Königszeit. Auch wenn sie in der späteren Königszeit abgefasst wurde, kann man annehmen, dass es die geschilderte Situation hier und da gab.“  Vgl. Klein, J. (2011, 387): „Am ehesten scheint eine Verortung am Ende des 8. oder zu Beginn des 7. Jh.s plausibel, und das aus zwei Gründen. Erstens datieren viele Forscher in diese Zeit ein übergreifendes Werk über den Beginn des Königtums, zweitens ist eine Aussage in der erörterten Richtung gerade in dieser Zeit sinnvoll. Es ist möglich, die Konzeption dieser Erzählung nach dem Untergang Samarias zu denken und zurückzuführen auf eine Bewegung von Menschen, die aus

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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genden Endtext möglicherweise auf einen noch jüngeren Text: Beispielsweise kommt ‫ זעק‬Hifil abgesehen von Ri 4,10.13 nur in jüngeren Texten vor. ‫ – ַנֲחָלה‬besonders ‫ – ַנֲחַלת ְיה ָוה‬ist ein deuteronomistischer beziehungsweise priesterschriftlicher⁵²⁸ Begriff. Ähnlich wird er nur noch in 2Sam 14,16 (‫ )ִמ ַּנֲחַלת ֱאל ִֹהים‬sowie Ps 127,3 und 1Sam 26,19 verwendet.⁵²⁹ Hin und wieder wurden nicht zuletzt deshalb Ähnlichkeiten mit der weisen Frau in Tekoa (2Sam 14) festgehalten: Beide Frauen werden als ‫ ִא ָשּׁה ֲחָכָמה‬eingeführt (2Sam 14,2; 20,16), beide stellen ihrem Gegenüber die Frage, weshalb sie das Volk Gottes (2Sam 14,13 ‫) ְוָל ָּמה ָח ַשְׁב ָּתה ָּכֹזאת ַעל־ַעם ֱאל ִֹהים‬ oder das Erbe Jhwhs zerstören wollen (2Sam 20,19 ‫)ָלָּמה ְתַב ַּלע ַנֲחַלת ְיה ָוה׃‬. Beide Frauen verwenden Sprichwörter (2Sam 14,14; 2Sam 20,18) und beide überzeugen einen Herrscher beziehungsweise Heerführer mit ihrem Ratschlag.⁵³⁰ Solange jedoch die literarhistorische Einordnung des Textes unsicher bleibt, muss schliesslich wohl auch die Frage, ob Scheba ben Bichri innerhalb der Erzählung lediglich als ein kleiner, lästiger Störenfried oder umgekehrt als wirkliche Bedrohung für das davidische Reich und die „Personalunion“ dargestellt werden soll, kontrovers beantwortet werden: Einerseits kann 2Sam 19,42– 20,22 als Auseinandersetzung zwischen Nord- und Südreich gelesen und der Scheba-Aufstand im Licht Jerobeams (1Kön 12,1– 20) gedeutet werden.⁵³¹ Andererseits erscheint er genauso als ziemlich aussichtsloser Aufstand eines Einzelnen, der sich vom davidischen Reich lossagt und allenfalls bei einer Sippe oder einer einzelnen Stadt an der nördlichsten Grenze des Landes Unterstützung findet.⁵³² So kann lediglich

dem Norden stammen und ihre Zukunft im Süden sehen.“ Zudem Kaiser, O. (1988, 18), der die sogenannte Thronfolgeerzählung insgesamt in die Zeit zwischen Hiskija und Jojakim datiert: „Mag es sich mit dem Rest der Erzählung [2Sam 20,1– 22] verhalten, wie es will, so ist jedenfalls das eine unübersehbar, daß der Erzähler schlechterdings gar nichts über revolutionäre Umtriebe im Lande zu erzählen wußte. Mithin haben wir erneut ernsthaft die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß die Geschichte erheblich jünger als die Zeit Davids oder Salomos ist.“  Vgl. dazu Kessler, R. (2009, 172 f.). Zu ‫ ַנֲחָלה‬im dtr Gebrauch Weinfeld, M. (21983, 328.341.343).  Vgl. Camp, C. V. (1981, 26 f.).  Vgl. Camp, C. V. (1981, 19 f.); Alter, R. (22000, 325); Ku, C.-Y. (2009, 197) sowie zuletzt ShalomGuy, H. (2010, 427).Vgl. ausführlich zu den weisen Frauen Schroer, S. (1996, 81 f.) sowie Schroer, S. (2011a, 394 f.).  Schroer, S. (1996, 80): „Dieser Aufstand bedeutet für David eine ernste Gefahr – droht doch sein Großreich auseinanderzufallen.“ Vgl. auch Brueggemann, W. (1990a, 329 f.): „David’s rule is regularly at risk and in question“ und Campbell, A. F. (2005, 168): „Sheba is portrayed as a serious threat to David […].“ Ebenso Dietrich,W. (21992, 103): „Aus diesem Krieg [2Sam 15 – 19] erwächst ein Sezessionsversuch der Nordstämme, angeführt von dem Benjaminiten Scheba ben Bichri, der die Davidsherrschaft ins Mark bedroht, aber sehr rasch mit Waffengewalt unterdrückt werden kann […].“  Stoebe, H. J. (1994, 437): „Der ganze Verlauf von Sebas Unternehmen, vor allem sein Ende, macht deutlich, daß seine Gefolgschaft begrenzt war und kaum über seine Sippe hinausgegangen

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

zusammenfassend festgehalten werden, dass auf der Erzählebene sowohl David als auch Joab Scheba ben Bichri als Gefahr betrachten und dies beide in einer direkten Rede (V. 6 und V. 21) deutlich machen.⁵³³ Selbst wenn Scheba ben Bichri auf der Erzählebene nicht direkt eine Gefahr für David darstellen würde, so zeigt die Erzählung doch insgesamt „a dangerous weakness in the structure of the kingdom“.⁵³⁴

3.2.3. „Ich bin es, der König wird!“ (1Kön 1) In seinen letzten Tagen wird David als alt und hochbetagt (‫ ָזֵקן ָבּא ַבּ ָיִּמים‬vgl. 1Kön 1,15 ‫) ָזֵקן ְמֹאד‬, als nicht mehr zu erwärmen (‫)ל ֹא יִַחם לוֹ‬⁵³⁵ und als entscheidungsunfähig beschrieben (1Kön 1,1– 4). Kurzum: David lag im Sterben (‫ ִיְּקְרבוּ ְיֵמי־ָד ִוד ָלמוּת‬1Kön 2,1). Kann man in dieser Situation von einer realen Gefahr, die von Adonija ausgeht, sprechen?⁵³⁶ Auf der einen Seite ist diese Frage zu verneinen. Da es sich um Wirren unmittelbar vor der Thronnachfolge handelt, tritt Adonija weniger in Konkurrenz mit David als vielmehr mit Salomo (vgl. 1Kön 1,12). Auf der anderen Seite muss die Frage jedoch bejaht werden: „Ein König, der entweder nicht merkt, dass sein Sohn den Thron usurpiert, oder der dagegen nichts unternimmt, ist in seiner politischen Macht angeschlagen.“⁵³⁷ David ist dem Geschehen ohnmächtig ausgeliefert. Da diese Wirren um die Thronfolge noch zu Lebzeiten Davids geschahen und dessen Rolle nicht gänzlich passiv ist, gilt es auch innerhalb der Erzählung vom Aufstand Adonijas auf die Darstellung der Gefahren für David hinzuweisen. Da aber die Bedrohung für Davids Königsherrschaft und die davidische Dynastie hier nicht direkt offensichtlich wird, soll lediglich ganz knapp auf diese Erzählung eingegangen werden.

sein kann.“ Vgl. auch Hentschel, G. (1994b, 85): „Mit der aktiven Unterstützung Schebas kann es aber nicht weit her gewesen sein. Denn der Rebell zog überall in Israel umher und fand schließlich nur in Abel-Bet-Maacha – hoch im Norden – Zuflucht. Lediglich die Angehörigen der eigenen Sippe – die Bichriter – sind ihm gefolgt. Sie waren jedoch so wenige, daß sie nicht einmal verhindern konnten, daß man Scheba in der Stadt den Kopf abschlug.“  Vgl. Geyer, M. L. (1987, 35): „The ambiguity about the real strength of sentiment for secession, and the fact that David and Joab considered Sheba’s initiative to be a serious threat, are important to the story.“  McCarter, P. K. (41986, 431).  Damit ist vermutlich gemeint, dass er impotent war. Auf jeden Fall vollzog David nicht mit Abischag den Beischlaf.  Vgl. so Rudnig, T. A. (2006, 357).  Kunz, A. (2004, 208).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Die Frage, wer König wird und künftig die Macht innehat, ist das Hauptthema in 1Kön 1. Es geht hier eindeutig um die Frage der Sukzession. Immer wieder taucht die Frage, wer König sein (‫ )ֲאֹד ִני ַהֶּמֶלְך‬und wer auf dem Thron (‫ ) ִּכֵּסא‬sitzen wird, auf:⁵³⁸ 1Kön 1,13 Natan sagt Batseba, sie solle zu David sagen: „Hast nicht du selbst, mein Herr und König, deiner Magd geschworen: Salomo, dein Sohn, soll nach mir König sein (‫)יְִמל ְֹך ַאֲח ַרי‬, und er soll es sein, der auf meinem Thron (‫ )ִּכ ֵּסא‬sitzen wird? Warum aber ist Adonija König geworden?“ 1Kön 1,17 Batseba fragt David: „Mein Herr, du selbst hast deiner Magd bei Jhwh, deinem Gott, geschworen: Salomo, dein Sohn, soll nach mir König sein (‫)יְִמל ְֹך ַאֲחָרי‬, und er soll es sein, der auf meinem Thron (‫ )ִּכ ֵּסא‬sitzen wird.“ 1Kön 1,20 „Und du bist es, mein Herr und König, auf den die Augen ganz Israels gerichtet sind, dass du ihnen bekanntgibst, wer nach meinem Herrn, dem König (‫)ֲאֹד ִני־ַהֶּמֶלְך ַאֲחריו‬, auf dem Thron (‫ )ִּכ ֵּסא‬sitzen wird.“ 1Kön 1,24 Rede Natans: „Mein Herr und König, du musst gesagt haben: Adonija soll nach mir König sein (‫)יְִמל ְֹך ַאֲחָרי‬, und er soll es sein, der auf meinem Thron (‫) ִּכ ֵּסא‬ sitzen wird! 1Kön 1, 27 Wenn diese Sache von meinem Herrn, dem König, ausgegangen ist ist, dann hast du deine Knechte wohl nicht wissen lassen, wer nach meinem Herrn, dem König (‫)ֲאֹד ִני־ַהֶּמֶלְך ַאֲחָריו‬, auf seinem Thron (‫ )ִּכ ֵּסא‬sitzen soll?“ 1Kön 1,30 David antwortet Batseba: „Wie ich bei Jhwh, dem Gott Israels, geschworen habe, dass Salomo, dein Sohn nach mir König (‫ )יְִמל ְֹך ַאֲח ַרי‬sein wird, und dass er an meiner Stelle auf meinem Thron (‫ ) ִּכ ֵּסא‬sitzen wird, ja, so werde ich am heutigen Tag tun.“ 1Kön 1,35 David befiehlt Natan: „Danach sollt ihr hinter ihm hinaufziehen und er soll kommen und sich auf meinen Thron (‫ )ִּכֵּסא‬setzen. Er ist es, der an meiner Stelle König sein soll (‫) ְוהוּא יְִמל ְֹך ַּתְחָּתי‬.⁵³⁹ Und ihn habe ich dazu bestimmt, Fürst über Israel und über Juda zu sein.“ 1Kön 1,46 Botenbericht: „Salomo hat sich auf den Königsthron (‫ )ִּכֵּסא‬gesetzt.“

Während David gebrechlich und nichtsahnend in seinem Bett liegt, formieren sich am Königshof zwei unterschiedliche Parteien, bestehend aus je einem General, einem Priester und einer Gruppe von Anhängern.⁵⁴⁰ Die einen wollen Salomo zum Nachfolger, die anderen seinen älteren Bruder Adonija zum König machen.⁵⁴¹

 Vgl. so bereits Rost, L. (1926, 119); Whybray, R. N. (1986, 20 f.); Langlamet, F. (1976b, 119).Vgl. auch Dietrich, W. (2000, 42 f.).  Hier wird ‫ ַּתַחת‬, statt wie sonst immer ‫ ַאַחר‬verwendet. Vgl. auch 1Kön 1,30 ‫ַעל־ִּכְסִאי ַּתְחָּתי‬.  Vgl. Ackerman, J. S. (1990, 47): „While David lies impotently in his bedchamber, each son, supported by a general, a priest, and a band of followers, proceed with plans to carry out concurrent succession ceremonies.“ Vgl. dazu auch Keel, O. (2007, 232 f.) und Bietenhard, S. K. (1998, 73 – 79).  Vgl. zur Auflistung der Parteigänger auch Dietrich, W. (2006, 195).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Auffällig ist, dass weder die Ältesten Israels (vgl. ‫ ָּכל־ ִזְק ֵני יִ ְשָׂרֵאל‬2Sam 17,4) noch die Judas an dieser „Palastrevolution“⁵⁴² beteiligt waren.⁵⁴³ Anhänger Adonijas

Anhänger Salomos

Kön ,. Joab, der Sohn der Zeruja (vgl. Kön ,, wo vom Heerführer Joab die Rede ist)

Kön ,.... Benaja, der Sohn Jojadas

Kön ,.. der Priester Abjatar

Kön ,.... f. f. der Priester Zadok⁵⁴⁴ Kön ,..... f. der Prophet Natan

Kön , f. alle Königssöhne – ausser Salomo

Kön , u. ö. Batseba Kön , die Helden, die David hatte (Elitetruppen) ‫ְוַה ִגּבּוֹ ִרים ֲא ֶשׁר ְלָד ִוד‬

Kön , Jonatan, der Sohn des Priesters Abjatar

Kön , Schimi und Rei (unbekannte Personen)

Kön , alle Männer Judas, die im Dienst des Kön ,. die Beamten eures Herrn ‫ֶאת־ַעְבֵדי‬ Königs standen (Königsbeamte) ‫ֲאֹד ֵניֶכם‬ ‫וְּלָכל־ַא ְנ ֵשׁי ְיהוָּדה ַעְבֵדי ַהֶּמֶלְך׃‬ Kön ,. die Kreter und Pleter ‫ְוַה ְּכֵרִתי ְוַה ְפֵּלִתי‬ Kön , f. alles Volk ‫ָּכל־ָהָעם‬

David bemerkt von all dem nichts: ‫( ָיָדע ל ֹא ָד ִוד ַוֲאֹד ֵנינוּ‬1Kön 1,11; vgl. auch 1Kön 1,4 und 2Sam 3,26). Voll Bitterkeit teilt Batseba David mit, dass sich Adonija zum König ausrufen liess, während er nichts davon mitbekommen hat (‫ ל ֹא ָיָדְע ָּת‬1Kön 1,18). Adonija wird als hochmütig und machtgierig beschrieben. Er erhob sich (‫נשׂא‬ Hitpael) und sagte, er wolle König werden: ‫( ֲא ִני ֶאְמל ְֹך‬1Kön 1,5). Damit kommt sein Anspruch auf die Königsherrschaft deutlich zum Ausdruck. Die Gefahr, die von Adonija ausgeht, wird vor allem in der Rede Natans deutlich, wenn er Batseba rät,  Weiser, A. (1966, 347).  Vgl. Keel, O. (2007, 231).  Abjatar und Zadok werden in der Liste der davidischen Spitzenfunktionäre als Priester (2Sam 8,17) genannt. Sie spielen eine wichtige Rolle während des Absalom-Aufstands, bei dem sie durchweg auf der Seite Davids stehen (2Sam 15,24– 29 und 2Sam 17,15 – 22). Vgl. ausführlich dazu Hutton, J. M. (2011, 136 – 139). Später stellt sich jedoch Abjatar beim Ringen um die Thronfolge auf Adonijas Seite, während Zadok zu Salomo hält. Vgl. dazu Dietrich, W. (2011d, 103).

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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ihr Leben und dasjenige Salomos zu retten: ‫( וַּמְּלִטי ֶאת־ ַנְפ ֵשְׁך ְוֶאת־ ֶנֶפשׁ ְבּ ֵנְך ְשׁל ֹֹמה׃‬1Kön 1,12b).⁵⁴⁵ Zudem äussern sich Adonijas Machtbestrebungen gleich wie jene Absaloms: Adonija schafft sich Wagen, Reiter und fünfzig Mann, die vor ihm herlaufen, an (vgl. 2Sam 15,1 und 1Kön 1,5).⁵⁴⁶ Schliesslich werden die beiden Brüder Absalom und Adonija sehr ähnlich beschrieben. Beide waren sie „schön von Gestalt“ (2Sam 14,25 und 1Kön 1,6). Dies erweckt leicht den Eindruck, „hier solle ein Rebell in den Fußstapfen des anderen gezeigt werden“.⁵⁴⁷ Fest steht, dass der Machtanspruch Adonijas in die Schranken verwiesen wurde, indem David ein ausführliches Investiturritual anordnete und zugunsten Salomos abdankte.⁵⁴⁸ Die Königserhebung bestand unter anderem darin, dass Salomo auf dem Maultier seines Vaters mit den politischen Führern zur Gihonquelle reitet, der Priester Zadok und der Prophet Natan ihn zum König salben, das Horn geblasen wird und das Volk ruft: „Es lebe König Salomo!“ Anschliessend besteigt Salomo den Thron seines Vaters.⁵⁴⁹ Dies widerspricht 1Kön 2,12, wo gesagt wird, dass sich Salomo erst nach dem Tod Davids auf dessen Thron setzt: ‫וּ ְשׁל ֹֹמה ָי ַשׁב‬ ‫ַעל־ ִּכֵּסא ָּד ִוד‬.⁵⁵⁰ Es wurde daher vermutet, dass auch Adonija eine Usurpation geplant hatte, und die Thronnachfolgeregelung durch David nachträglich zur Schlichtung des Aufstandes eingefügt wurde, um zu betonen, dass Salomo mit Zustimmung seines Vaters die Regentschaft übernommen hat. Der Erzähler der sogenannten Batseba-Salomo-Novelle (2Sam 11 f. und 1Kön 1 f.)⁵⁵¹ versucht möglicherweise zu verschleiern, dass Salomo unrechtmässig an die Macht kam, indem unter anderem David selbst die Machtübernahme Salomos theologisch legitimiert (1Kön 1,47).⁵⁵²

 Vgl. Keel, O. (2007, 232): „Die Jerusalemer, allen voran der Prophet Natan […], Batseba und ihr Sohn Salomo fühlten sich durch die Nicht-Einladung tödlich bedroht und inszenierten einen Palastcoup.“  Vgl. Rost, L. (1926, 100); Seiler, S. (1998, 49.305) u. a.  Dietrich, W. (2006, 195). Vgl. auch Seiler, S. (1998, 49); Dietrich, W. (22011, 743).  Vgl. Dietrich,W. (22011, 743): „Klar ist am Ende aber eines: David hat zugunsten seines Sohnes abgedankt. Wiederum bleiben die Motive unklar: Ist er manipuliert worden? Ist er an sein Wort gebunden? Ist er Salomo mehr zugetan als Adonija? Ist er für eine zentralistische Staatsführung, die von Salomo und seiner Jerusalemer Partei eher zu erwarten ist als von Adonija und seinen Judäern?“  Vgl. Saur, M. (2005, 34).  Die Inthronisation Salamos durch David selbst „est absolument inattendue de la part du vieillard que nous a décrit le narrateur (vv. 1– 4, 15) et elle est contredite par II, 12, gui place l’intronisation de Salomon après la mort de David“ – so Langlamet, F. (1976b, 119 f.).Vgl.Veijola, T. (1975, 16).  Vgl. mehr dazu Dietrich, W. (2000, 45 f.); Dietrich, W. (1997, 253 – 267).  Vgl. Willis, J. / Pleffer, A. / Llewelyn, S. (2011, 147): „Very little of the succession itself can be verified other than that Solomon succeeded David under dubious circumstances and with the elimination of political rivals.“ Vgl. dazu auch Veijola, T. (1975, 18): „Kurzum, es geht in der Be-

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Auch diese Erzählung zeigt, dass Davids Herrschaft kurz vor seinem Tod keineswegs gesichert, sondern heftigen Thronfolgewirren ausgesetzt war.

3.2.4. Fazit Die Frage, wer nach David auf dem Thron sitzen wird, wird erst in 1Kön 1 mehrfach formuliert. Hier geht es eindeutig um die Frage der Thronfolge zu einer Zeit, in der König David nicht mehr in der Lage ist, die Geschäfte des Landes eigenständig zu verwalten;⁵⁵³ zwei konkurrierende Thronnachfolger werden von ihren Parteien im Kampf um die Sukzession unterstützt. Beim Aufstand Absaloms beziehungsweise Schebas ben Bichri steht weniger die Thronfolge⁵⁵⁴ als eine Usurpation, also die gewaltsame Machtübernahme während der aktiven Herrschaft eines Königs, im Mittelpunkt.⁵⁵⁵ Während beim Aufstand Absaloms gezielt gegen David geputscht werden soll,⁵⁵⁶ stellt der Aufstand von Scheba eine Gefährdung für das Königreich an sich dar, da sich ein Teil Israels unter dem Anführer Scheba ben Bichri von der davidischen Herrschaft lossagt.⁵⁵⁷ In den Erzählungen von Absalom und Scheba ben Bichri geht es um den Aufstand eines Einzelnen, der Israel für sich zu gewinnen versucht und sich gegen die Herrschaft Davids auflehnt beziehungsweise sich von ihr lossagt. Die Mobilisierung eines Heeres und die darauf folgenden Zustände legen jedoch nahe, auch bei der Erzählung von Scheba ben Bichri von einer Bedrohung im Inneren zu sprechen.⁵⁵⁸

arbeitung um die theologische Legitimierung der Daviddynastie.“ Vgl. ausführlich auch Langlamet, F. (1976a, 329 – 351.481– 486); Würthwein, E. (21994, 33 – 39); Dietrich, W. (2000, 38 – 69).  Vgl. Conroy, C. (1978, 102): „An unprejudiced reading of 2 Sam 13 – 20 shows that these chapters deal with the causes and outcome of an attempted coup d’état, not with the question of succession; the distinction may be fine, but it is real and should not be swept aside.“  Nicht auszuschliessen ist, dass es sich auch in Salomos Fall um eine „regelrechte Thronusurpation handelte, die von den Erzählern in ein etwas begütigendes Licht getaucht wird“ – so Dietrich, W. (2006, 197).  Vgl. Bardtke, H. (1981, 20): „Es wird von dem Erzähler nirgends gesagt, daß sich Scheba zum neuen König ausrufen wollte. Es wird nichts von einer Königsproklamation verlautet, nichts von einer Akklamation des Volkes gegenüber Scheba.“  Bar-Efrat, S. (2009, 93): „Tatsächlich handelt nur die Erzählung von Adonija in 1Kön 1 vom Thema der Thronfolge.“ Mit folgender Begründung: „Die Erzählung vom Abschalomaufstand handelt von der Beseitigung des Vaters durch den Sohn, nicht von einer Thronfolge […]“ – so BarEfrat, S. (2009, 94).  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 431): „Whereas Abishalom’s revolt threatened the king, Sheba’s threatened the kingdom itself.“  Vgl. Keel, O. (2007, 231): „Vielleicht war schon der Abschalom-Aufstand (2Sam 15 – 19) ein Aufstand der Nordstämme gegen David. Sicher war es der Scheba-Aufstand (2Sam 20 […]). In

3.2. Bedrohung durch innere Spannungen und Aufstände

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Somit ergeben sich drei sehr unterschiedliche Ausgangssituationen: Bei Absalom ist es der Versuch einer Usurpation des väterlichen Thrones – ebenfalls mit dem für einen Aufstand charakteristischen Begriff (‫ָק ֶשׁר‬, 2Sam 15,12.31) bezeichnet –, bei Scheba ben Bichri der Versuch einer Separation und schliesslich bei Adonija eine Königsproklamation zu Lebzeiten des altersschwachen Königs. Entsprechend diffus sind auch die verschiedenen Parteien, die einmal aus ganzen Stämmen (2Sam 15 – 20), ein anderes Mal lediglich aus einzelnen Personen (1Kön 1) bestehen. Die Erzählungen von Absalom und Adonija erscheinen eindeutig im familiären Deutungsrahmen. Dies wird nicht nur daran deutlich, dass in beiden Geschichten grundsätzlich ein Vater-Sohn-Konflikt die Ursache der Auseinandersetzungen ist, aber auch an der Formulierung Joabs, wonach nicht nur Davids Leben, sondern auch das seiner Nächsten gerettet wurde (2Sam 19,6). Anscheinend – so lässt sich daraus entnehmen – stand das Königreich nicht direkt auf dem Spiel.⁵⁵⁹ Anders verhält es sich beim Aufstand von Scheba ben Bichri, wo eindeutig stämmepolitische Konflikte am Ausgangspunkt stehen (2Sam 19,42– 44). Diese inhaltlichen und formalen Differenzen zwischen den drei Erzählungen könnten den Verdacht aufkommen lassen, dass sie nicht nur verschiedene historische Ereignisse wiedergeben, sondern auch in unterschiedlichen Abständen zu den jeweiligen Ereignissen verfasst worden sind. Gegen diesen Verdacht sprechen jedoch auffällige literarische Parallelen. So kommt etwa das Schofar (‫ )שׁוָֹפר‬in allen drei Erzählungen vor. Während es bei Absalom und Adonija (2Sam 15,10; 1Kön 1,34.39.41) eindeutig unter dem Vorzeichen der Königsproklamation verwendet wird, scheint es in 2Sam 20,1.22 den Beginn beziehungsweise das Ende des Konfliktes zu signalisieren. Insgesamt hält sich der Erzähler in allen drei Erzählungen mit einer Wertung zurück. Er vermeidet es, weder Adonija noch Absalom „als charakterlich schäbigen und eitlen Heißsporn oder politisch deformierten Verführer Israels und Vatermörder“⁵⁶⁰ darzustellen, sondern porträtiert beide als durchaus königliche Gestalten. So erhält Absalom sogar eine Gedächtnisstele im Tal der Könige (2Sam 18,18). Diese Sachlage liegt im Scheba-Aufstand durchaus anders, da Scheba ben Bichri als ‫„( ִאישׁ ְבִּל ַיַּעל‬ruchloser Mann“) eingeführt wird. Doch sind auch hier die gegenläufigen Tendenzen – „Tötungsscheu, Ehrfurcht vor dem Monarchen, Staats- und Monarchietreue auf der einen, Tö-

beiden dürfte auch die wahrscheinlich von Anfang an vorhandene Kritik an einem autokratischen Königtum zum Ausdruck gekommen sein. Im Aufstand Abschaloms taten sich die Ältesten Israels mit diesem zusammen (2Sam 17,4), wahrscheinlich mit dem Ziel einer Monarchie, die im Gegensatz zu der Davids und wie die Sauls die Ältesten wieder stärker in die Verwaltung einband […].“  Vgl. Naumann, T. (2011, 327).  Naumann, T. (2011, 328).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

tungsbereitschaft, Recht auf Widerstand, Staats- bzw. Monarchiekritik auf der anderen Seite“⁵⁶¹ nicht so einfach zu differenzieren. Müssten nicht alle drei, Absalom, Scheba ben Bichri und Adonija, für ihr Verhalten bestraft und nicht eher beiläufig und unabsichtlich getötet werden, wenn der Text tatsächlich eine Warnung vor Königsmorden beinhalten sollte? Oder umgekehrt: Weshalb scheitern alle drei Aufstände, wenn damit das Recht auf Widerstand zum Ausdruck gebracht werden sollte? Zwei Dinge stehen fest: In allen drei Erzählungen geht es um innere Gefahren für Davids Königsherrschaft beziehungsweise sein Königreich, und alle drei Erzählungen berichten weitestgehend wertfrei. Es gibt keine Anhaltspunkte, den historischen Kontext einer Erzählung wesentlich früher anzusetzen als den der anderen. Das Aussergewöhnliche ist – mit Blick in die Literatur der Umwelt Israels, aber auch der Königebücher –, dass von einem Aufstand gegen den König erzählt wird, dieser aber nicht ermordet wurde.⁵⁶²

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“ (2Sam 16,5 – 14; 2Sam 19,17 – 24 und 1Kön 2,8 f.36 – 46) Gewissermassen als „unrühmlicher Zwischenfall“⁵⁶³ präsentiert sich innerhalb der Erzählung vom Absalom-Aufstand (2Sam 15 – 19) die Geschichte von Schimis Attacke auf David: Auf seiner Flucht aus Jerusalem tritt David ein Benjaminit entgegen, der ihn beschimpft und mit Steinen bewirft (2Sam 16,5 – 14). Diese ebenso merkwürdige wie mehrdeutige Erzählung soll im Folgenden genauer untersucht und in ihrem weiteren historischen Kontext betrachtet werden. Einerseits soll die Darstellung der Bedrohung im Hinblick auf die verbale und nonverbale Handlung Schimis und die Reaktion Davids in 2Sam 16,5 – 14 untersucht werden, andererseits wird auch der grössere narrative Zusammenhang (2Sam 19,17– 24; 1Kön 2,8 f.36 – 46) betrachtet, aus dem sich – etwa durch die Erwähnung von tausend Benjaminitern (2Sam 19,8) – weitere für die Thematik relevante Aspekte ergeben.

 Dietrich, W. (2011b, 28).  Vgl. Dietrich, W. (2011b, 34): „Von David wird berichtet, er habe sich mehrfach in Lebensgefahr befunden, doch wurde er nicht ermordet […].“  Viele Exegeten sehen in der Schimi-Erzählung in 2Sam 16,5 – 14 keinen unrühmlichen Zwischenfall, sondern gerade umgekehrt eine höchst tugendhafte Darstellung des Verhaltens Davids. Diese Sichtweise ist nicht zuletzt durch die Wirkungsgeschichte geprägt und nicht länger haltbar. Vgl. Kipfer, S. (2011, 271– 292).

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

203

Schimi, der Sohn des Gera, kommt dreimal im Alten Testament in ungefähr gleich langen Passagen (2Sam 16,5 – 14; 2Sam 19,17– 24 und 1Kön 2,36 – 46) und einer etwas kürzeren in 1Kön 2,8 f. vor.⁵⁶⁴ Zwar wurde in der Forschung bereits mehrfach auf das mögliche Gefahrenpotential der Figur Schimi hingewiesen,⁵⁶⁵ doch besteht bisher kein Konsens über seine Rolle innerhalb dieser vierteiligen Erzählung: Ist er ein lästiger, kleiner Störenfried oder ein „cholerischer Hitzkopf“,⁵⁶⁶ steht er mit seiner Kritik am Königtum in prophetischer Tradition⁵⁶⁷ oder ist er sogar Befehlshaber über tausend Benjaminiter und Anführer eines gezielten Widerstandes?⁵⁶⁸

3.3.1. Der verbale und nonverbale Angriff Schimis und Davids Reaktion darauf in 2Sam 16,5 – 14 2Sam 16,5 – 14 steht in einer Reihe von fünf ähnlich aufgebauten, aufeinander folgenden Begegnungen Davids mit Menschen auf seiner Flucht aus Jerusalem (2Sam 15,13 – 16,14): Ittai (2Sam 15,13 – 22), Zadok (2Sam 15,23 – 29), Huschai (2Sam 15,30 – 37), Ziba (2Sam 16,1– 4) und schliesslich Schimi (2Sam 16,5 – 14).⁵⁶⁹ 2Sam

 Umstritten ist, inwiefern es sich auch bei der Erwähnung in 1Kön 1,8 und Est 2,5 um denselben Schimi handelt. Ungefähr sechzehn Männer respektive Familien tragen im Alten Testament den Namen Schimi. Vgl. Propp, W. H. (1992, 1216 – 1218). Vgl. zudem Dietrich, W. (2000, 44): „Am überraschendsten an der gebotenen Rekonstruktion mag die Annahme wirken, der laut 1 Kön 2,36 ff von Salomo ausgeschaltete Schimi sei ursprünglich ein anderer gewesen als der uns von 2 Sam 16,5 ff und 19,17 ff her bekannte Schimi ben Gera aus der Sippe Sauls.“  Beispielsweise Brueggemann, W. (1990a, 308) meint, David befinde sich in „enormous danger“.  Stoebe, H. J. (1994, 378).  Vgl. Simpson, T. F. (1997, 58 – 61).  Vgl. Würthwein, E. (21994, 65): „Es ist zu vermuten, daß er als politischer Führer Benjamins die Aufstandsbewegung gegen David militärisch unterstützte […].“ Vgl. auch McKenzie, S. L. (22001, 155), der Schimi als „an important Benjaminite leader“ bezeichnet. Ähnlich auch Vermeylen, J. (2000, 460): „[…] il restait à anéantir Shiméï, un homme puissant, qui pouvait mobiliser mille hommes de Benjamin et était sans doute lié au milieu nostalgique de la maison de Saül […].“  So auch Cartledge, T. W. (2001, 578). Die Einteilung ist jedoch umstritten: Polzin, R. (1993a, 210) folgt grundsätzlich der Kapiteleinteilung, woraus sich für die Begegnungen eine chiastische Anordnung ergibt: „[…] David’s hasty journey out of Jerusalem in ch. 15 is interrupted by ideologically important conversations with Ittai, Zadok and Hushai, just as ch. 16 will narrate his meeting with Ziba and Shimei near the high point of his flight (16,1), and just as ch. 19 will describe David’s meetings with Shimei, Mephiboshet and Barzillai prior to his crossing to the Jordan back into the Land in v. 29.“ Fokkelman, J. P. (1981, 175 – 202) gewichtet anders und gliedert in 15,13 – 31 „David’s flight from Jerusalem“ und 15,32– 16,13 „three meetings on the outward journey“. Ähnlich

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

16,5 – 14 gliedert sich in einen kürzeren Teil in den V. 5 f. und 13 f., der als narrativer Einleitungs- und Schlussteil einen längeren mittleren Abschnitt in direkter Rede (V. 7– 12) umrahmt. Die Erzählung von Schimi beginnt mit Davids Ankunft in Bahurim⁵⁷⁰ (‫וָּבא ַה ֶּמֶלְך‬ ‫ ָּד ִוד ַעד־ ַבּחוּ ִרים‬2Sam 16,5). Diese Lokalangabe findet in 15,32 und 16,1 eine Analogie, wo gleichfalls eine Begegnungsszene mit einer Lokalisierung verknüpft wird.⁵⁷¹ Entsprechend endet die Erzählung mit dem Abschied Davids und seiner Männer von diesem Ort (V. 13 ‫ ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד‬resp. V. 14 ‫ ַו ָיֹּבא ַה ֶּמֶלְך‬:). Auf die Lokalangabe folgt eine detaillierte Einführung des bis anhin unbekannten Schimi, den Sohn des Gera, einschliesslich seiner Zugehörigkeit zur Sippe des Hauses Saul (vgl. 2Sam 16,5.8; 2Sam 19,18).⁵⁷² Schimi wird insgesamt viermal als ‫ ֶבּן־ ֵגָּרא‬bezeichnet (2Sam 16,5; 19,17.19; 1Kön 2,8). Da auch in Gen 46,21, Ri 3,15 und 1Chr 8,3.5.7 ein Benjaminiter namens Gera erwähnt wird, kann angenommen werden, dass es sich entweder um einen nur in Benjamin häufig gebrauchten Personennamen oder um die Bezeichnung eines benjaminitischen Clans handelt.⁵⁷³ Der Ausdruck ‫ ֵבּית־ ָשׁאוּל‬kommt – abgesehen von 2Sam 3,1.6.8.10; 2Sam 9,1.2.3 und in den Schimi-Erzählungen – nur selten vor. Man könnte hier den Begriff ‫ ֵבּית־ ָשׁאוּל‬auch im Sinne der Dynastie des Königshauses Saul (= Israel) verstehen, analog zum Haus Davids als Bezeichnung Judas in der sogenannten Mescha-Stele, der altaramäischen Orthostateninschrift Hasaels aus Tell el-Qādī / Tẹl Dān⁵⁷⁴ sowie der Nennung des Hauses Omris auf dem Schwarzen Obelisken.⁵⁷⁵ Mit der Betonung der Zugehörigkeit Schimis zum Hause Sauls könnte somit bereits seine feindliche Gesinnung angedeutet sein.⁵⁷⁶

auch Campbell, A. F. (2005, 140), der zwischen Begegnungen „At the city“ und „On the Mountain“ unterscheidet.  Bahurim dürfte auf der Rückseite des Ölberges liegen. Vgl. Zwickel, W. (1992a, 84– 93). Er lokalisiert Bahurim in Barukka. Zum archäologischen Befund vgl. Finkelstein I. / Magen, Y. (1993, 61* No. 458).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 195).  Oft wurde daraus geschlossen, Schimi trete hier weniger als Einzelperson als vielmehr als Repräsentant der Sauliden auf. McKenzie, S. L. (22001, 110) betont: „[…] Shimei was expressing a widely held viewpoint“. Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1981, 196), Bar-Efrat, S. (2009, 165) u. a.  So Groß, W. (2009, 232).  Zur Mescha-Stele siehe Weippert, M. (2010, 244– 248) sowie KAI 181; TUAT 1, Die Inschrift des Königs Mesa von Moab, 646 – 650, Z. 32. Zur altaramäischen Orthostateninschrift Hasaels aus Tell el-Qādī / Tẹl Dān, Z. 9, siehe KAI 310; TUAT/E Die Inschrift von Tell Dan, 176 – 179 sowie zuletzt Weippert, M. (2010, 267– 269).  Vgl. zur Beischrift zur Abbildung von Tributbringern im zweiten Register des „Schwarzen Obelisken“ aus Nimrūd (Kalḫu) Weippert, M. (2010, 264).  Langlamet, F. (1979, 490 – 492) sieht im Ausdruck „maison de Saül“, der in 2Sam 19,18 zum letzten Mal vorkommt, ein Schlüsselwort und ein Indiz für die „dynastische“ Perspektive der

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

205

Nach dieser Einführung geht die Handlung zunächst ausschliesslich von Schimi aus (vgl. die Verben ‫ יצא‬x-qotel / x-qotel und Infinitiv, ‫ קלל‬qotel, ‫סקל‬ wayyiqtol-x): Schimi kommt unter ständigem Fluchen heraus und bewirft David und seine Knechte mit Steinen. Diese Aussage wird am Ende der Erzählung noch einmal wiederholt. Damit wird betont, dass Schimi ununterbrochen fluchte und unaufhörlich mit Steinen und Erde nach David warf (2Sam 16,13). Der Begriff ‫ֶאֶבן‬ lässt offen, ob es sich dabei um Kieselsteine handelt oder doch eher um „solid stones“.⁵⁷⁷ Bemerkenswert ist aber in 2Sam 16,13 die Ergänzung mit dem Hapaxlegomenon ‫( עפר‬Piel) „mit Erde werfen“, die der Situation vermutlich ihre gefährliche Spitze nimmt: Schimi wirft im Affekt wahllos und unkontrolliert mit dem um sich, was er gerade vor seinen Füssen hat. Weder handelt es sich dabei um die Vollstreckung der Todesstrafe durch Steinigung⁵⁷⁸ noch um eine Lynchjustiz wie etwa in 1Kön 12,18 oder 1Kön 21,13.⁵⁷⁹ Vielmehr wird der Begriff ‫סקל‬,⁵⁸⁰ der häufig ein Strafmittel bezeichnet (vgl. Ex 19,12; 21,32; Dtn 12,11; 17,5 u. a.), hier in einer älteren Bedeutung verwendet: „Die Steine werden geworfen, um David zu schmähen, vielleicht auch um ihm zu schaden, aber es handelt sich nicht um eine Hinrichtung.“⁵⁸¹ Auch über die Distanz zwischen Schimi und David macht der Text keine Angaben, was in der Forschung zu verschiedenen Spekulationen führte: Einerseits wurde vermutet, Schimi hätte mutig sein Leben riskiert, sei nahe an David herangekommen und hätte nicht darauf geachtet, dass ihn Abischai je-

sogenannten „benjaminitschen Episoden“. Vgl. ähnlich Vermeylen, J. (2000, 360): „Le rédacteur souligne l’origine de Shiméi, qui appartient au même clan que Saül (v. 5).“ In 2Sam 19,21 bezeichnet sich Schimi ferner als „vom Hause Josefs“. Vgl. dazu Alter, R. (22000, 315). Stoebe, H. J. (1994, 421) und McCarter, P. K. (21986, 420) weisen hier auf den Widerspruch hin. McCarter, P. K. (41986, 420) hält fest: „In a stricter sense Shimei, a Benjaminite, was not of the house of Joseph (Josh 17:17; etc.).“  Cartledge, T. W. (2001, 614).  Vgl. Bächli, O. (1977, 70): „Simei leitet ein Hochgerichtsverfahren ein. In seinen Worten und Handlungen kommt nicht nur der Volkszorn gegen den einst Mächtigen zum Ausdruck; sondern Verfluchung und Steinigung leiten die von Jahwe geforderte Todesstrafe ein, mit der Davids Vergehen an Saul – hier als Usurpation gebrandmarkt – gesühnt werden soll. Das Wortfeld ist typisch für Gerichtsverfahren, speziell für die Vollstreckung des Todesurteils.“  Häufig wird hier auch eine Ähnlichkeit zu 1Sam 17 angenommen, wo Goliat David verflucht und als Hund bezeichnet und von diesem mit einem einzigen Stein besiegt wird. Vgl. ausführlich zum Vergleich von 2Sam 16,5 – 14 mit 1Sam 17 Simpson, T. F. (1997, 55 f.). Dieser Vergleich hinkt aber insofern, als ein und dieselbe Rolle anders aufgeteilt wird: David wirft gezielt und ruhig einen Stein mit der Steinschleuder, während Goliat flucht. Ferner handelt es sich dort eindeutig um eine Kampfsituation. Mann, S. T. (2009, 331) nimmt ferner a „ritualistic act of stoning“ an.  Vgl. zur Übersetzung von ‫ סקל‬mit λιθάζω (Kaige-Rezension) resp. βαλλω (Antiochenischer Text) ausführlich bei Kim, J.-H. (2009, 213 f.). Vgl. mehr dazu in Kapitel B. 2.3.  Kapelrud, A. S. (1986, 946).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

derzeit hätte umbringen können.⁵⁸² Andererseits wird aber auch Schimi vorsichtiger eingeschätzt und argumentiert, dass er David wohl auch angespuckt hätte, wäre er ihm nahe genug gekommen.⁵⁸³ Aus dem Text selbst geht jedoch lediglich hervor, dass Abischai davon spricht, „hinüberzugehen“ (‫עבר‬, 2Sam 16,9), und schliesslich, dass Schimi – implizit vorausgesetzt ist: in Hörweite – auf der anderen Bergseite nebenher geht: ‫( ְו ִשְׁמִעי ֹהֵלְך ְבֵּצַלע ָהָהר ְלֻע ָּמתוֹ‬2Sam 16,13). Vermutlich befand sich Schimi also die ganze Zeit oberhalb des Wadis, in dem normalerweise die Wegführung verlief.⁵⁸⁴ Dies legt auch die geografische Landschaft östlich des Ölberges nahe.Von der Wasserscheide auf dem Ölberg aus fällt das Gelände relativ stark zum Jordangraben hin ab. Die in West-Ost-Richtung verlaufenden Täler, in denen üblicherweise die Wege verliefen, waren tief eingeschnitten. Lief Schimi parallel dazu höher am Abhang, war er auch gesichert, denn Abischai oder ein anderer Kämpfer Davids hätte erst einmal einen beträchtlichen Höhenunterschied überwinden müssen, sodass Schimi leicht hätte fliehen können. Bemerkenswert ist aber dennoch die Wiederholung von ‫„( ֻע ָמּה‬nahe bei“, „nebenher“) im selben Vers (2Sam 16,13).⁵⁸⁵ Schliesslich greift Schimi David aber nicht nur nonverbal, sondern auch verbal an. Achtmal verwendet der Erzähler hierfür den Begriff ‫קלל‬⁵⁸⁶ (Piel, 2Sam 16,5.7.9.10bis.11.12.13; vgl. zudem 2Sam 19,22; 1Kön 2,8bis), der so viel wie „klein machen, beschimpfen, jemandem seine Würde nehmen“⁵⁸⁷ meint. Eine gefährliche, nicht rückgängig machbare Verfluchung, bei der Gott von einem Machtlosen angerufen wird, um das Urteil an einem Übeltäter zu vollziehen, darf hier also nicht zwingend angenommen werden. Allenfalls von 1Kön 2,8 (‫)ִקְלַל ִני ְקָלָלה ִנְמֶרֶצת‬ her,wo der Spott Schimis durch ‫( מרץ‬Nifal) hervorgehoben wird, kann sein verbaler  Fokkelman, J. P. (1981, 196): „He [Schimi] is certainly not afraid, he completely disregards the truly present (v.9c) risk that one of his victims may not see the funny side of the rain of stones and curses and will eliminate him at a stroke.“ Auch Würthwein, E. (21994, 64) nimmt an, dass Schimi „dicht neben David“ herging.  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 378). Vgl. auch Stolz, F. (1981, 258): „[…] wollte man ihn verfolgen, so hätte er [Schimi] wohl Aussicht zu entkommen […].“  Vgl. Hertzberg, W. (61982, 284); Bar-Efrat, S. (2009, 166). Ähnlich auch Hentschel, G. (1994b, 69): Schimi habe sich „jenseits des Bachtales am Berghang auf halber Höhe“ befunden.  Kim, J.-H. (2009, 225) sowie zuvor auch schon McCarter, P. K. (41986, 369) u. a. nehmen an, dass der MT hier (vermutlich) verderbt ist. Dass es jedoch keinen äusseren textkritischen Grund dafür gibt, hier zu korrigieren oder wegzulassen, hat bereits Langlamet, F. (1979, 402– 406) gezeigt: Insofern ‫ ֻע ָמּה‬in der LXX auf elf verschiedene Arten übersetzt wird, zwinge den Übersetzter nichts dazu, zweimal mit dem gleichen Wort zu übersetzen. In der Folge steht einmal ἐκ πλευρᾶς, einmal ἐκ πλαγίων. Auch textinterne Kriterien sprechen für den MT und damit die lectio difficilior.  Lediglich der Antiochenische Text übersetzt in V. 5 ‫ קלל‬mit κακολογέω. In V. 7.9.10.11.12 sowie in der Kaige-Rezension steht stattdessen durchweg καταράομαι. Vgl. dazu Kim, J.-H. (2009, 213).  Scharbert, J. (1993, 42). Gesenius,W. (182013, 1170) übersetzt mit „verfluchen“, „verwünschen“.

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

207

Angriff als gefährliche Verfluchung verstanden werden; ‫( מרץ‬Nifal) kommt sonst nur noch in Mi 2,10 vor und bedeutet „schlimm“, „gefährlich sein“.⁵⁸⁸ Es bleibt also auch hier eine gewisse Offenheit, ob Schimi David „verfluchte“ oder nicht eher an „verhöhnen“, „verächtlich machen“ gedacht werden sollte.⁵⁸⁹ Man kann vermuten, dass Schimi laut geschrien und getobt hat; die direkte Rede wird jedoch ohne emotionalen Nachdruck mit der neutralen ‫ )ו(כה־אמר‬Formel eingeleitet.⁵⁹⁰ Weder lässt sich daraus auf eine Distanzierung des Erzählers noch auf eine besondere Gewichtung oder Hervorhebung der direkten Rede Schimis schliessen,⁵⁹¹ denn die Formel dient lediglich der Einleitung der direkten Rede im Erzähltext.⁵⁹² Und damit rückt nun die direkte Rede, der Sprechakt,⁵⁹³ der innerhalb der Erzählung einen quantitativ wie qualitativ gewichtigen Teil einnimmt, ins Zentrum der Untersuchung:⁵⁹⁴ Verbal äussert sich Schimis Entrüstung zu Beginn in kurzen, heftigen Kraftausdrücken (V. 7 ‫)צֵא צֵא‬, auf die der konkrete Vorwurf der Blutschuld am Hause Sauls folgt.⁵⁹⁵ Am Anfang und am Ende seines

 Vgl. Scharbert, J. (1993, 43.48). Zudem Gesenius, W. (182013, 743).  McKenzie, S. L. (22001, 155) spricht von „ridiculing“, Simpson, T. F. (1997, 55) mit „to make contemptible“. Brichto, H. C. (22009, 217) hält für ‫ קלל‬die Bedeutung „to treat in a disrespectful manner“ fest und führt aus: „Shimei’s words do not constitute imprecation or malediction“ (141). Vgl. Schroer, S. (1992, 183) spricht von „Schimpftiraden“.  Vgl. zur Verwendung dieser Einleitung von direkter Rede in Erzählungen Wagner, A. (2004, 150 – 153).  Vgl. Fokkelman J. P. (1981, 197). Bar-Efrat, S. (2009, 165) geht noch weiter, wenn er feststellt, dass die Formel anzeige, „dass der Erzähler die Worte Schimis wörtlich zitiert“.  Vgl. Wagner, A. (2004, 150 – 153). Insgesamt fehlt jedoch ein Referenzrahmen, insofern die ‫ )ו(כה־אמר‬-Formel in Berichten und Erzählungen, „ohne dass ein Rekurs auf einen Botenvorgang“ vorliegt – so Wagner, A. (2004, 150) –, nur selten verwendet wird (vgl. 2Sam 19,1; 1Sam 9,9; 1Kön 2,30).  Vgl. zur Anwendung der Speech Act Theory von John Searle auf 2Sam 15,23 – 16,14 Mann, S. T. (2009, 315 – 334).  Qualitativ insofern, als die Deutung der dargestellten Ereignisse und wesentliche zur Handlung beitragende Elemente in den Reden der Handlungsträger zur Sprache kommen. WilliPlein, I. (2004, 161) hält diese Beobachtung für die antike Geschichtsschreibung allgemein fest. Mann, S. T. (2009, 316) hat auf die häufige Verwendung der direkten Rede hingewiesen und festgehalten, dass „several actions are described as what characters says“.Vgl. auch Fischer, A. A. (2004, 112).  Häufig wurde angenommen, der Vorwurf beziehe sich auf die Vorgänge in 2Sam 21. So beispielsweise Hertzberg, W. (61982, 284); Langlamet, F. (1978, 204); Vanderkam J. C. (1980, 537– 539); Stolz, F. (1981, 258 f.); Schroer, S. (1992, 179); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 534) u. a. Dies wurde von der neueren Forschung aber mit guten Argumenten widerlegt.Vgl. dazu beispielsweise Fokkelman, J. P. (1981, 198). Da Schimi nicht direkt sagt, dass David selber Blut vergossen hat, sondern, dass er in Zusammenhang mit seinem Königsantritt „mit Blutschuld behaftet“ (‫ ) ְדֵּמי‬sei, mag der Vorwurf im grösseren literarischen Kontext durchaus berechtigt sein. Vgl. Stoebe, H. J.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Wutausbruchs steht das Schimpfwort „Blutmensch“ (‫ ִאישׁ ַהָּדִמים‬V. 7 f.; vgl. Ps 5,7), das einmal noch durch „Mann Belials“ (‫ ִאישׁ ַה ְבִּל ָיַּעל‬V. 8; vgl. 1Sam 25,25; 2Sam 20,1) verstärkt wird.⁵⁹⁶ Ebenso wie die Handlung Schimis ist auch die Gefährlichkeit seiner Rede in der Forschung umstritten: Zum einen wird auf die Bedrohung, die von ihr ausgeht, hingewiesen und betont, dass dieser Fluch Schimis durch niemanden ausser Jhwh (2Sam 16,12) ungeschehen gemacht werden kann; daher kann auch die Tötung Schimis für David keine Lösung des Konflikts sein.⁵⁹⁷ Umgekehrt, wurde behauptet, sei die Tötung Schimis in 1Kön 2,36 – 46 notwendig, weil er einen Fluch über David ausgesprochen hat und für „dessen ganzes Haus gefährlich werden kann“.⁵⁹⁸ Zum anderen werden in den Worten Schimis aber auch Ähnlichkeiten zur Rede Natans in 2Sam 12 festgemacht und Schimi in die Nähe von Figuren gerückt „who speak[s] truth to royal power“.⁵⁹⁹ Beide Extrempositionen sind unwahrscheinlich: Von einer direkten Gefahr, die von dieser Rede für David und sein Haus besteht, darf nicht ausgegangen werden, und ebenso ist es verfehlt, Schimis Worte als prophetische Königskritik zu deuten.⁶⁰⁰ Für die Erzählstruktur ist zentral, dass David erst nach einer langen Schimpfrede Schimis und einer Äusserung Abischais in der zweiten Hälfte der Erzählung (V. 10) aktiv wird. Dabei wendet er sich in direkter Rede weder an Schimi noch an Abischai, sondern beginnt mit einer Zurückweisung der „Söhne der Zeruja“ (vgl. 2Sam 3,38 f.).⁶⁰¹ Dieser erste Redeeinsatz Davids ist chiastisch auf-

(1994, 378 f.) und Rudnig, T. A. (2006, 207 f.). Bezzel, H. (2014, 204) nimmt gerade eine umgekehrte Abhängigkeit an und behauptet, dass 2Sam 21* sich konstruktiv kritisch mit Schimi auseinandersetze.  Dazu Mann, S. T. (2009, 329) sowie Simpson, T. F. (1997, 56 f.). Am ehesten ist unter ‫ִאישׁ ַה ְבִּל ָיַּעל‬ wohl „someone who was condemned to death or doomed to die soon or, perhaps, worthy of death“ – so Emerton, J. A. (1987, 216) – zu verstehen. Allerdings könnte, so Emerton, J. A. (1987, 217) weiter, der Ausdruck auch von der Wurzel ‫ בלע‬kommen und die Bedeutung „zerstören“ haben: „The sons of Belial are then those whose characters are destructive, harmful, evil.“ Vgl. zudem zu beiden Ausdrücken McCarter, P. K. (41986, 373) und zum Aufbau der Rede Schimis Fokkelman, J. P. (1981, 197).  Vgl. Mann, S.T. (2009, 331). Ebenso Simpson, T. F. (1997, 57): „[…] the curse is a medium of real effective power that is capable of doing great harm […].“  Würthwein, E. (21994, 38).  Simpson, T. F. (1997, 58 – 61) in Anlehnung an Robinson, G.Vgl. auch Grossman, J. (2007, 563), der behauptet, dass „the point of view of the cursing Shimei combines with the words of Natan“.  Gegen Simpson, T. F. (1997, 61): „Instead of seeing him as the jealous, unbalanced figure of the traditional reading, I am proposing that he can be understood in a more positive light by placing him in line with the Hebrew prophets who seem to be his most natural successors.“  Auf das komplizierte Verhältnis zu den Söhnen der Zeruja kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu McKenzie, S. (2011, 293 – 313) sowie Bietenhard, S. K. (1998, 259 – 261 u. a.) und Fischer, A. A. (2004, 108 – 116). Vgl. ferner die vergleichenden Anmerkungen in Kapitel B. 3.4.

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

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gebaut. Er beginnt und endet mit einer rhetorischen Frage, während im Zentrum eine theologische Begründung für das Fluchen Schimis steht:⁶⁰² Wenn Jhwh Schimi befohlen hat, David zu verspotten, darf ihn niemand davon abhalten (2Sam 16,10).⁶⁰³ Auf diese Begründung, weshalb Schimi nicht getötet werden soll, folgt ein zweiter Redeeinsatz Davids, in dem er sich an Abischai und alle seine Knechte (2Sam 16,11) wendet. Diese zweite Rede führt noch einmal – diesmal mit einer einleitenden Begründung und einem abschliessenden Ausblick auf Vergeltung – aus, dass Schimis Verhöhnen gottgewollt ist. Damit respektiert David den Vorwurf Schimis.⁶⁰⁴ In seiner Rede scheint er einzugestehen, dass er tatsächlich in Gefahr ist.⁶⁰⁵ So bekennt er, dass sein Sohn Absalom ihm, David, nach dem Leben trachte (‫)ְמַב ֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ִשׁי‬.⁶⁰⁶ Wenn schon der eigene Sohn so brutal vorgeht, wieviel mehr ist dann dieser Benjaminiter berechtigt, das Gleiche zu tun.⁶⁰⁷ Noch einmal folgt die Aufforderung, Schimi gewähren zu lassen (V. 11 f.), da Jhwh ihm bestimmt aufgetragen habe, so zu handeln.⁶⁰⁸ Damit ist vermutlich aber nicht gemeint, dass David der Interpretation Schimis zustimmt, der Aufstand Absaloms sei eine Strafe Jhwhs (2Sam 16,8). In diesem Fall könnte David wohl kaum im Anschluss daran sagen, er vertraue auf die Hilfe Jhwhs (2Sam 16,12).⁶⁰⁹ Vielmehr äussert David hier die Zuversicht, dass Jhwh ihm in dieser Situation helfen und ihm anstelle des Fluches Gutes zukommen lassen wird. Mit der Aussage in V. 12 gesteht David seine Ohnmacht erneut ein, wenn er die Hoffnung äussert, dass Jhwh sein Elend ansehen werde (2Sam 16,12).⁶¹⁰ Hier dürfte die griechische Version (ἐν τῇ ταπεινώσει)⁶¹¹ vorzuzie-

 Fokkelmann, J. P. (1981, 199).  Vgl. zur Textkritik Kim, J.-H. (2009, 219): Die LXX nahm mit ὅτι die Tradition des Qere (‫ )כי‬auf, nicht jene des Ketib (‫)כה‬. Vgl. McCarter, P. K. (41986, 368 f.) sowie die Erklärung bei Bar-Efrat, S. (2009, 166): „Wenn er [Schimi] flucht, tut er dies, weil der Herr ihm die Worte eingegeben hat.“  Vgl.Vanderkam, J. L. (1980, 536): „[…] David admits that Shimei’s curse arose not merely from familial pique but from the deity himself.“  Vgl. Simpson, T. F. (1997, 64): „David’s remarks in v 11 acknowledge that he understand the curse of Shimei to be a threat against his life.“  Vgl. dazu Kapitel A. 1.2. Vgl. auch Campbell, A. F. (2005, 151).  Weder Schimi noch Absalom, werden in 2Sam 16,11 f. direkt beim Namen genannt. Vgl. Fokkelmann, J. P. (1981, 200).  Vgl. auch 2Sam 15,14, wo David nach Fischer, A. A. (2005b, 64) „hinter dem Unheil, das Abschalom über die Stadt zu bringen droht, eine Schickung Gottes“ sieht.  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 376).Vgl. Alter, R. (22000, 293): „The acceptance of humiliation is a kind of fatalism: […] Behind that fatalism may be a sense of guilt: I am suffering all this because of what I have done […].“  Vgl.Veijola,T. (1975, 33): „In V. 12a gesteht David seine momentane Ohnmacht ein, ähnlich wie in 2Sam 3,39 vor den Zeruja-Söhnen.“  ταπείνωσις wird meistens in Zusammenhang mit der notvollen Situation einzelner Menschen verwendet (so beispielsweise Gen 16,11; Gen 29,32; 1Sam 1,11; Jes 53,8 u. a.) bis hin zur Bezeichnung

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

hen sein; Ketib liest ‫„ בעוני‬meine Schuld“, während manche Handschriften und Targum dem Qere ‫„ בעיני‬mein Auge“ folgen (vgl. auch 2Sam 19,19). Die griechischen Versionen hatten – darin besteht weitestgehend Konsens in der Forschung⁶¹² – das Substantiv ‫עני‬, respektive mit Suffix ‫„ בעניי‬mein Leid“, „mein Elend“, „meine Not“ (vgl. 1Sam 1,11 u. a.) zur Vorlage. Dieser Lesart folgen auch Peschitta und Vulgata.⁶¹³ Jhwh, so ist David überzeugt, wird also sein Elend, seine Not⁶¹⁴ ansehen und ihm Gutes (‫ )טוָֹבה‬zuwenden anstelle des Fluches von Schimi (2Sam 16,12).⁶¹⁵ Schliesslich endet die Erzählung in 2Sam 16,5 – 14 mit der Aussage, dass der König und alles Volk erschöpft (‫ ָע ֵיף‬vgl. 2Sam 17,29 u. a.) ankamen. Weder wird der Verbleib Schimis thematisiert noch gesagt, wo sie ankommen.⁶¹⁶

3.3.2. Die Figur Schimis im weiteren literarischen Kontext (2Sam 19,17 – 24 und 1Kön 2,8 f.36 – 46) Zur Beurteilung der Frage, in welcher Rolle Schimi David innerhalb der Erzählung gegenübertritt und inwiefern er eine Gefahr darstellt, müssen auch die übrigen Texte, die Schimi nennen, in die Analyse einbezogen werden. 2Sam 16,5 – 14 und 2Sam 19,17– 24 sind analog aufgebaut: So werden in 2Sam 16,5 beziehungsweise in 2Sam 19,17 die beiden Hauptpersonen David und Schimi in ganz ähnlicher Weise eingeführt. Während im ersten Text David nach Bahurim kommt (‫)בוא‬, ist es im zweiten Schimi aus Bahurim, der David entgegeneilt (‫)מהר‬. Wie in 2Sam 16,5 – 14 geht auch in 2Sam 19,17– 24 die Erzählung in erster Linie von der Handlung und der direkten Rede Schimis aus: Schimi eilt herbei, geht durch den Jordan, geleitet das Haus des Königs hinüber, tut, was gut in den Augen des Königs ist und fällt vor diesem nieder (vgl. die Verben ‫ מהר‬wayyiqtol-x, ‫ ירד‬wayyiqtol-x und Infinitiv, ‫צלח‬

des Todesschicksals, durch das der Mensch wieder zu Staub wird (Ps 89,3). Vgl. Grundmann, W. (1969, 11).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 166); Mann, S. T. (2009, 330) und Campbell, A. F. (2005, 142); so auch schon McCarter, P. K. (41986, 369); Langlamet, F. (1979, 398 – 402) u. a. Anders Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 535) und Brueggemann, W. (1974, 181 Anm. 22), die Ketib bevorzugen und in Qere und LXX „ajustements to protect David’s reputation“ sehen; auch Klein, J. (2002, 88 Anm. 144) bevorzugt Qere.  Kim, J.-H. (2009, 223) erklärt die Vorlage so, „dass das Ketib des MT (‫ )בעוני‬durch metathesis zwischen ‫ י‬bzw. ‫ ו‬und ‫ נ‬vom Qere (‫ “)בעיני‬abweiche. Eine ähnliche Verlesung liegt nach Grundmann, W. (1969, 11 Anm. 25) auch in Jes 3,8 vor.  Vgl. zur „Not“ respektive „Bedrängnis“ (‫ )צרר‬Davids Kapitel A. 1.2.  Somit enthält V. 12b eine positive Entsprechung zur negativen Formulierung in 2Sam 3,39.Vgl. Veijola, T. (1975, 33).Vgl. zu den sog. „Vergeltungsformeln“ auch Bietenhard, S. K. (1998, 259 – 261).  Einige Textzeugen der lukianischen LXX-Rezension ergänzen „an den Jordan“.

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

211

weqatal-x und Infinitiv, ‫ עבר‬weqatal-x und Infinitiv, ‫ עשׂה‬Infinitiv, ‫ נפל‬qatal-x). Danach folgt der grösste Teil der beiden Erzählungen in direkter Rede mit einem identischen Gesprächsverlauf: Schimi – Abischai – David – David.⁶¹⁷ Einer etwas längeren Einleitung in 2Sam 19,17– 24 entspricht schliesslich der etwas ausführlichere Schluss in 2Sam 16,12– 14. 2Sam 16,5 – 14 ‫וָּבא ַה ֶּמֶלְך ָּד ִוד ַעד־ ַבּחוּ ִרים‬ ‫ְוִה ֵּנה ִמ ָשּׁם ִאישׁ יוֵֹצא ִמִּמ ְשׁ ַפַּחת ֵבּית־ ָשׁאוּל וּ ְשׁמוֹ ִשְׁמִעי‬ ‫ֶבן־ ֵגָּרא ֹיֵצא ָיצוֹא וְּמַקֵּלל׃‬ Und als König David bis nach Bahurim kam, siehe, da kam von dort ein Mann aus der Sippe des Hauses Saul heraus, und sein Name war Schimi, Sohn des Gera. Und er kam unter ständigem Fluchen heraus ‫ַו ְיַסֵּקל ָבֲּאָב ִנים ֶאת־ ָּד ִוד‬ ‫ְוֶאת־ ָּכל־ַעְבֵדי ַהֶּמֶלְך ָּד ִוד‬ ‫ְוָכל־ָהָעם ְוָכל־ַה ִגּ ֹבּ ִרים ִמיִמינוֹ וִּמ ְּשֹׂמאלוֹ׃‬ und er warf mit Steinen nach David und nach allen Knechten des Königs David und gegen das ganze Volk und gegen alle Helden zu seiner rechten und linken Seite.

Sam , –  ‫ַו ְיַמֵהר ִשְׁמִעי ֶבן־ ֵגָּרא ֶבּן־ַה ְיִמי ִני‬ ‫ֲא ֶשׁר ִמ ַבּחוּ ִרים ַו ֵיֶּרד ִעם־ִאישׁ ְיהוָּדה ִלְק ַראת ַה ֶּמֶלְך ָּד ִוד׃‬ Und Schimi, Sohn des Gera, der Benjaminit, der aus Bahurim war, eilte herbei und kam mit den Männern von Juda herab, dem König David entgegen. ‫ְוֶאֶלף ִאישׁ ִעּמוֹ ִמ ִבּ ְנ ָיִמן ְוִציָבא ַנַער ֵבּית ָשׁאוּל‬ ‫ַוֲחֵמ ֶשׁת ָע ָשׂר ָבּ ָניו ְוֶע ְשׂ ִרים ֲעָבָדיו ִאּתוֹ‬ ‫ְוָצְלחוּ ַה ַיְּר ֵּדן ִלְפ ֵני ַה ֶּמֶלְך׃‬ Und tausend Mann aus Benjamin waren bei ihm, und Ziba, der Diener des Hauses Sauls, und seine fünfzehn Söhne und seine zwanzig Diener waren bei ihm. Und sie gingen durch den Jordan vor den König. ‫ְוָעְבָרה ָהֲעָבָרה ַלֲעִביר ֶאת־ ֵבּית ַה ֶּמֶלְך‬ ְ ‫ְוַלֲעשׂוֹת ַהּטוֹב ְבֵּעי ָניו ְו ִשְׁמִעי ֶבן־ ֵגָּרא ָנַפל ִלְפ ֵני ַה ֶּמֶלך ְבָּעְברוֹ‬ ‫ַבּ ַיְּר ֵּדן׃‬ Und sie versahen den Dienst, das Haus des Königs hinüberzugeleiten und zu tun, was gut war in seinen Augen. Und Schimi, der Sohn des Gera, fiel vor dem König nieder, als er den Jordan überschreiten wollte.

‫ְוֹכה־ָאַמר ִשְׁמִעי ְבַּקְללוֹ‬ ‫ַו ֹיּאֶמר ֶאל־ַה ֶּמֶלְך‬ ָ ‫ַאל־ ַיֲח ָשׁב־ִלי ֲאֹד ִני ָעוֹן ְוַאל־ִּת ְזֹּכר ֵאת ֲא ֶשׁר ֶהֱע ָוה ַעְב ְּדך ַבּיּוֹם ֵצא ֵצא ִאישׁ ַה ָּדִמים ְוִאישׁ ַה ְבִּל ָיַּעל׃‬ ‫ֲא ֶשׁר־ ָיָצא ֲאֹד ִני־ַה ֶּמֶלְך ִמירוּ ָשׁ ִָלם ָלשׂוּם ַה ֶּמֶלְך ֶאל־ִלבּוֹ׃‬ Und so sprach Schimi, als er fluchte: Und er sagte zum König: „Hinaus, hinaus du Blutmensch, und Mann des „Mein Herr rechne mir die Schuld nicht an und Belials. denke nicht daran, was dein Knecht verkehrt gemacht hat, an dem Tag als mein Herr, der König, hinausging aus Jerusalem, dass der König es zu Herzen nähme!

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 300.303).

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Sam , – 

Sam , – 

‫ֵה ִשׁיב ָעֶליָך ְיה ָוה ֹּכל ְּדֵמי ֵבית־ ָשׁאוּל‬ ‫ֲא ֶשׁר ָמַלְכ ָּת ַּתְח ָּתיו ַו ִיּ ֵּתן ְיה ָוה ֶאת־ַהְּמלוָּכה ְבּ ַיד ַאְב ָשׁלוֹם ְבּ ֶנָך‬ ‫ְוִה ְּנָך ְבָּרָעֶתָך ִּכי ִאישׁ ָּדִמים ָא ָּתה׃‬ Jhwh hat die ganze Blutschuld am Hause Saul, an dessen Stelle du König geworden bist, über dich gebracht, und Jhwh hat das Königtum in die Hand Absaloms, deines Sohnes, gegeben! Und siehe, du bist in deinem Unglück, denn ein Blutmensch bist du.“

‫ִּכי ָיַדע ַעְב ְּדָך ִּכי ֲא ִני ָחָטאִתי‬ ‫ְוִה ֵּנה־ָבאִתי ַהיּוֹם ִראשׁוֹן ְלָכל־ ֵבּית יוֵֹסף‬ ‫ָלֶרֶדת ִלְק ַראת ֲאֹד ִני ַה ֶּמֶלְך׃‬ Denn dein Knecht hat erkannt: Ich habe gesündigt. Aber siehe, ich bin heute gekommen, als erster vom ganzen Haus Joseph, um hinabzuziehen, meinem Herrn, dem König entgegen.“

‫ַו ֹיּאֶמר ֲאִבי ַשׁי ֶבּן־ְצרוּ ָיה ֶאל־ַהֶּמֶלְך‬ ְ ‫ָלָּמה ְיַקֵּלל ַהֶּכֶלב ַה ֵּמת ַה ֶּזה ֶאת־ֲאֹד ִני ַהֶּמֶלך ֶאְע ְבָּרה־ ָּנא‬ ‫ְוָאִסיָרה ֶאת־ֹראשׁוֹ׃‬ Da sagte Abischai, der Sohn der Zeruja zum König: „Warum flucht dieser tote Hund meinem Herrn, dem König? Lass mich doch hinübergehen und ihm den Kopf abschlagen!“

‫ַו ַיַּען ֲאִבי ַשׁי ֶבּן־ְצרוּ ָיה ַו ֹיּאֶמר‬ ‫ֲהַתַחת ֹזאת ל ֹא יוַּמת ִשְׁמִעי ִּכי ִקֵּלל ֶאת־ְמ ִשׁיַח ְיה ָוה׃‬

‫ַו ֹיּאֶמר ַהֶּמֶלְך‬ ‫ַמה־ִּלי ְוָלֶכם ְבּ ֵני ְצֻר ָיה‬ ‫ּ ֹכה ְיַק ֵּלל ִּכי ְיה ָוה ָאַמר לוֹ ַק ֵּלל ֶאת־ָּד ִוד וִּמי ֹיאַמר ַמּדוַּע ָע ִשׂיָתה‬ ‫ֵּכן׃‬ Aber der König sagte: „Was habe ich mit euch zu tun, ihr Söhne der Zeruja? Ja, soll er fluchen! Denn wenn Jhwh ihm gesagt hat: Fluche David, wer darf dann sagen: Warum tust du das?“

Da antwortete Abischai, der Sohn der Zeruja, und sagte: „Sollte nicht Schimi dafür getötet werden, dass er den Gesalbten Jhwhs geflucht hat?“ ‫ַו ֹיּאֶמר ָּד ִוד‬ ‫ַמה־ִּלי ְוָלֶכם ְבּ ֵני ְצרוּ ָיה‬ ‫ִּכי־ִתְהיוּ־ִלי ַהיּוֹם ְל ָשָׂטן ַהיּוֹם יוַּמת ִאישׁ ְבּיִ ְשָׂרֵאל‬ ‫ִּכי ֲהלוֹא ָיַדְעִּתי ִּכי ַהיּוֹם ֲא ִני־ֶמֶלְך ַעל־יִ ְשָׂרֵאל׃‬ David aber sagte: „Was habe ich mit euch zu tun, ihr Söhne der Zeruja, dass ihr mir heute zu Widersachern werdet? Soll heute ein Mann in Israel getötet werden? Weiss ich denn nicht, dass ich heute König bin über Israel?“

‫ַו ֹיּאֶמר ָּד ִוד ֶאל־ֲאִבי ַשׁי ְוֶאל־ ָּכל־ֲעָבָדיו‬ ‫ַו ֹיּאֶמר ַה ֶּמֶלְך ֶאל־ ִשְׁמִעי‬ ‫ִה ֵּנה ְב ִני ֲא ֶשׁר־ ָיָצא ִמ ֵּמַעי ְמַבֵּקשׁ ֶאת־ ַנְפ ִשׁי ְוַאף ִּכי־ַעָּתה‬ ‫ל ֹא ָתמוּת‬ ‫ֶבּן־ַה ְיִמי ִני ַה ִּנחוּ לוֹ ִויַק ֵּלל ִּכי ָאַמר־לוֹ ְיה ָוה׃‬ ‫ַו ִיּ ָשַּׁבע לוֹ ַה ֶּמֶלְך׃‬ Und David sagte zu Abischai und zu allen seinen Und zu Schimi sagte der König: Knechten: „Seht, mein Sohn, der aus meinem Leib her„Du sollst nicht sterben!“ vorgegangen ist, trachtet mir nach dem Leben, Und der König schwor ihm. wie viel mehr der der Benjaminiter. Lasst ihn, mag er fluchen! Denn Jhwh hat es ihm gesagt. ‫אוּ ַלי יִ ְרֶאה ְיה ָוה ְבֲּעוֹ ִני ְוֵה ִשׁיב ְיה ָוה ִלי טוָֹבה ַּתַחת ִק ְל ָלתוֹ ַהיּוֹם‬ ‫ַה ֶּזה׃‬ Vielleicht wird Jhwh mein Elend ansehen, und Jhwh wird mir Gutes zuwenden anstelle des Fluchs an diesem Tag.“

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

Sam , – 

213

Sam , – 

‫ַו ֵיֶּלְך ָּד ִוד ַוֲא ָנ ָשׁיו ַבּ ָּדֶרְך‬ ְ ‫ְו ִשְׁמִעי ֹהֵלְך ְבֵּצַלע ָהָהר ְלֻע ָּמתוֹ ָהלוֹך ַו ְיַקֵּלל ַו ְיַסֵּקל ָבֲּאָב ִנים‬ ‫ְלֻע ָּמתוֹ ְוִע ַפּר ֶבָּעָפר׃‬ Und David und seine Männer gingen ihres Weges, während Schimi an der Seite des Berges neben ihm herging, im Gehen fluchte, mit Steinen nach ihm warf, und neben ihm her ihn mit Erde bewarf. ‫ַו ָיֹּבא ַהֶּמֶלְך ְוָכל־ָהָעם ֲא ֶשׁר־ִאּתוֹ ֲע ֵיִפים ַו ִיּ ָּנֵפשׁ ָשׁם׃‬ Und der König und alles Volk, das bei ihm war, kamen erschöpft an. Dort ruhte er sich aus.

Während der äussere Rahmen der beiden Erzählungen zum grössten Teil gleich bleibt, unterscheiden sich die beiden Texte vorrangig durch die Worte und Taten Schimis: Im ersten Text demütigt und bewirft er David mit Steinen, im zweiten zeigt er Reue (‫ ִּכי ֲא ִני ָחָטאִתי‬2Sam 19,21)⁶¹⁸ und verweist darauf, dass er zur Wiedergutmachung als Erster dem König entgegengekommen sei (2Sam 19,21).⁶¹⁹ Der Fortschritt der Erzählung konzentriert sich gewissermassen auf den Gesinnungswandel Schimis, der jedoch nicht weiter begründet oder erklärt wird. Trotz der grundlegenden Einstellungsänderung bleibt Abischai der Meinung, dass Schimi getötet werden solle, und äussert sich diesbezüglich in beiden Texten mit gleicher Intention. Die direkte Rede Abischais nimmt dabei jedoch mit zwei bezeichnenden Formulierungen die Stimmung Schimis auf: Das Schimpfwort ‫ַה ֶּכֶלב‬ ‫( ַה ֵּמת‬2Sam 16,9), mit dem sich David in 1Sam 24,15 auch gegenüber Saul klein macht,⁶²⁰ ahmt die Kraftausdrücke Schimis nach.⁶²¹ In Kontrast dazu – und kor-

 Das Schuldeingeständnis hier erinnert an dasjenige Sauls in 1Sam 26,21 David gegenüber respektive an Davids eigene Einsicht in seine Verfehlung (2Sam 12,13 und 2Sam 24,19 ‫ִה ֵּנה ָאֹנִכי‬ ‫)ָחָטאִתי‬.  2Sam 19,17– 24 steht in einer Reihe von drei Begegnungen Davids mit Menschen bei seiner Rückkehr nach Jerusalem, nämlich mit Schimi (2Sam 19,17– 24), Merib-Baal (2Sam 19,25 – 31) und Barsillai (2Sam 19,32– 41). Während Schimi im ersten Erzählzusammenhang der Letzte ist, der David entgegentritt, ist er hier der Erste. Dies betont auch der Text,wenn der Erzähler Schimi sagen lässt, dass er als „Erster vom ganzen Haus Josef“ (2Sam 19,21) David entgegengekommen sei. Vgl. Hutton, J. M. (2006, 471), der hier eine Umkehrung der Reihenfolge der Begegnungen annimmt.Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 612).  Vgl. dazu in Kapitel B. 2.2.1.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

respondierend zu Schimis ‫( ֲאֹד ִני־ַהֶּמֶלְך‬2Sam 19,20 f.) – steht in 2Sam 19,22 ‫ֶאת־ְמ ִשׁיַח‬ ‫ ְיה ָוה‬.⁶²² Auch in der Erzählung in 2Sam 19,17– 24 schaltet sich David erst in der zweiten Hälfte ein. Wie in 2Sam 16,10 wendet er sich aber zunächst weder an Schimi noch an Abischai, sondern beginnt seine Rede mit der Formulierung ‫ַמה־ִּלי ְוָלֶכם ְבּ ֵני ְצרוּ ָיה‬ („Was habe ich mit euch zu tun, ihr Söhne der Zeruja?“; vgl. 2Sam 16,10 und 19,23).⁶²³ In 2Sam 19,23 wird dieser Ausdruck durch ‫„( ִּכי־ִתְהיוּ־ִלי ַהיּוֹם ְל ָשָׂטן‬dass ihr mir heute zu Widersachern werdet“) ergänzt. David bezeichnet also auffälligerweise nicht Schimi, sondern Abischai als „Gegner“.⁶²⁴ Auf die zwei unterschiedlichen Begründungen Davids, weshalb Schimi nicht getötet werden soll – einmal eine theologische und einmal eine eher allgemeine Aussage – folgt ein zweiter Redeeinsatz Davids, diesmal aber an andere Adressaten: Während David in 2Sam 16,11 zu „Abischai und allen seinen Knechten“ spricht, sagt er in 2Sam 19,24 zwei Worte – die einzigen überhaupt – zu Schimi: ‫ל ֹא‬ ‫יוַּמת‬. David entscheidet hier gewissermassen als apodiktischer Rechtssprecher in Umkehrung der mot-jumat-Reihe des apodiktischen Rechts (Ex 21,12 ff.), dass Schimi keine unmittelbare Todesstrafe droht. Weiterhin fällt bei einer Gegenüberstellung von 2Sam 16,5 – 14 und 2Sam 19, 17– 24 auf, dass David in 2Sam 16,5 – 14 von vielen Menschen begleitet wird,⁶²⁵ während in 2Sam 19,17– 24 Schimi mit einigen Benjaminitern und weiteren Anhängern anrückt. Von den in 2Sam 16,6 ausdrücklich erwähnten „Helden Davids“

 Vgl. Mann, S. T. (2009, 329). Vgl. auch 2Sam 9,8. Brueggemann, W. (1974, 178) meint: „‘Dead dog,‘ then must refer to an unworthy or disloyal servant who warrants death […].“ Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 375).  Diesen Ausdruck hat David häufig – nicht zuletzt Abischai gegenüber – für Saul verwendet (1Sam 24,7.11; 26,9.11.16.23; 2Sam 1,14.16). Auf diese Weise wird ein sprachlicher Bezug zu 1Sam 24 und 26 hergestellt und daran erinnert, dass bereits in 1Sam 26,8 – 11 Abischai es David anbot, den Feind (‫ )איב‬Saul unverzüglich zu töten. David hat ihn dort ebenfalls mit einer Doppelrede davon abgehalten – mit dem Hinweis, dass Jhwh die Tat vergelten wird. Vgl. den detaillierten Vergleich zwischen 1Sam 26 und 2Sam 16,5 – 13 bei Klein, J. (2002, 87– 89).Vgl. ebenso Alter, R. (22000, 292 f.).  Vgl. 1Kön 17,18; 2Kön 3,13; Ri 11,12; 2Chr 35,21. Mehr dazu bei Bächli, O. (1977, 69 – 80); Cartledge, T. W. (2001, 575) u. a.  Vgl. Stolz, F. (1981, 272). ‫ שׂטן‬bedeutet hier wohl in erster Linie „Hindernis“. Bar-Efrat, S. (2009, 198) hat darauf hingewiesen, dass auch die Philister von David als ‫ שׂטן‬sprechen (vgl. 1Sam 29,4 ‫) ְול ֹא־יְִה ֶיה־ָּלנוּ ְל ָשָׂטן‬. Gegen Day, P. L. (1987, 547), die von einem forensischen Kontext ausgeht und deshalb die Bedeutung „Ankläger“ annimmt: „David asks Abishai why he has chosen to become an accuser on his behalf […].“  Vom Volk (‫ ) ְוָכל־ָהָעם‬in 2Sam 15,17.23 f.30; 16,6.14 f.), das mit David von Jerusalem ausgezogen ist, schweigt die Erzählung von seiner Rückkehr mehrheitlich (mit Ausnahme von 2Sam 19,40).

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

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(‫) ְוָכל־ַה ִגּ ֹבּ ִרים‬,⁶²⁶ deren Anführer Abischai ist (2Sam 23,18)⁶²⁷ und die David auf seiner Flucht aus Jerusalem begleiten und auch gegen den Angriff des Steine werfenden und schimpfenden Schimi verteidigt hätten, erfahren wir bei seiner Rückkehr nichts mehr. Stattdessen tritt nun aber Schimi nicht mehr alleine, sondern mit einem grossen Gefolge auf. Es lässt sich also eine Verschiebung feststellen: Während in 2Sam 16,6 drei Gruppen – die Knechte des Königs, das ganze Volk und alle Helden – aufgezählt werden, die David folgen, kommt Schimi in 2Sam 19,18 in Begleitung von tausend Mann aus Benjamin sowie von Ziba, fünfzehn seiner Söhne und zwanzig Dienern. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob diese Personen Schimi wirklich begleiten, um zu bekräftigen „that the tribe of Saul will be obedient the restored king“.⁶²⁸ Die tausend Benjaminiter äussern direkt ihre Absicht, das Haus des Königs über den Jordan zu begleiten. Dieser Plan schliesst aber nicht aus, dass die Männer auch als Gefahr angesehen werden können. Davids Grossmut wäre damit unter ihrem äusseren Druck erklärbar.⁶²⁹ Dass David Schimi hier verschont, ist „a larger strategic gesture to reclaim the loyalty of the north“.⁶³⁰ David ist gezwungen, die Benjaminiter auf seine Seite zu ziehen, Anhänger zu gewinnen und somit mit Schimi zu kollaborieren. Oder anders ausgedrückt: Der König kann es sich nicht leisten, durch die Bestrafung der einen Person Schimi tausend Benjaminiter gegen sich aufzubringen. Zudem meint die rhetorische Frage Davids ‫„( ַהיּוֹם יוַּמת ִאישׁ ְבּיִ ְשָׂרֵאל‬Sollte heute ein Mann in Israel getötet werden?“ 2Sam 19,23) eine generelle Amnestie (vgl. die Ähnlichkeiten zu 1Sam 11,13).⁶³¹ Davids Verschonung Schimis wird damit zur ersten Handlung des

 Die Distanzierung Davids von den Zerujasöhnen ist hier mit der Heldentradition verknüpft. Vor diesem Hintergrund müsste die redaktionskritische These von Fischer, A. A. (2004, 109) hinterfragt werden, der die Distanzierung Davids von den Zerujasöhnen gegenüber der Heldentradition eindeutig als sekundär einstuft, den Text hier aber als einheitlich beurteilt.  Vgl. 2Sam 23,18 sowie 2Sam 10,7; 17,8; 20,7; 23,8 f.16 f.22; 1Kön 1,8.10.  Fokkelman, J. P. (1981, 298). Vgl. ähnlich auch McCarter, P. K. (41986, 420); Brueggemann, W. (1990a, 326) und Campbell, A. F. (2005, 162). Vgl. auch Bar-Efrat, S. (2009, 197): „Demgegenüber [2Sam 16,5] wird hier seine Zugehörigkeit zum Stamm Benjamin erwähnt, um darauf hinzuweisen, dass Davids Verhalten ihm gegenüber die Beziehung des Stammes zum König bestimmen kann. Zur Bekräftigung bringt Schimi tausend Mann aus Benjamin mit.“  Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 620): „Even if David did not fear the possibility of battle with Shimei’s allies, he could not risk alienating such a significant segment of his support.“ Ebenso Hentschel, G. (1994b, 82 f.); McKenzie, S. L. (22001, 170).Vgl. bereits Langlamet, F. (1979, 506): „[…] il [David] a compris que l’exécution de Shiméï lui aliénerait, non seulement Benjamin, mais ‹toute la maison de Joseph› […].“  Brueggemann,W. (1990a, 327).Vgl. Campbell, A. F. (2005, 162): „Shimeis support is needed.“  Vgl. Bächli, O. (1977, 72); Stolz, F. (1981, 272); McCarter, P. K. (41986, 421); Schroer, S. (1992, 183); Stoebe, H. J. (1994, 425) u. a.Vgl. zu den Gemeinsamkeiten von 1Sam 11,13 und 2Sam 19,23 Klein, J.

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

wieder eingesetzten Königs.⁶³² Schliesslich könnte das dreimal vorkommende „heute“ (‫ )היום‬in V.23 aber erahnen lassen, „dass Simei nicht für alle Zeiten Davids Wohlwollen geniessen“⁶³³ und früher oder später trotz seiner Entschuldigung für sein Vergehen bestraft wird. Darum geht es in den beiden Erwähnungen Schimis im ersten Königebuch (1Kön 2,8 f. und 1Kön 2,36 – 46), die im Folgenden ebenfalls einbezogen werden sollen.⁶³⁴ Die beiden Erwähnungen Schimis im ersten Königebuch stehen – ebenso wie 2Sam 16,4– 15 und 2Sam 19,17– 24, die sich in einer Reihe von drei oder mehreren Begegnungen finden – jeweils im Rahmen einer grösseren, dreiteiligen Komposition: Während sich die Erwähnung Schimis in 1Kön 2,8 f. in einer Reihe von drei Anweisungen Davids an seinen Sohn befindet, handelt es sich bei der längeren Erzählung in 1Kön 2,36 – 46 um eine von drei Episoden, die alle von der Vernichtung eines Hauptgegners Salomos (Adonija, Joab und Schimi) berichten.⁶³⁵ Ferner lassen sich zahlreiche literarische und inhaltliche Bezüge zwischen den Erzählungen in 2Sam und jenen in 1Kön finden. So enthält 1Kön 2,8 eine sehr präzise Zusammenfassung dessen, was in 2Sam 16,5 – 14 und 2Sam 19,17– 24 geschehen ist: Schimi – mit den Zusatzangaben „Sohn des Gera“, „Benjaminit aus Bahurim“ (vgl. 2Sam 16,5 und vor allem 19,17) – beschimpfte (‫ קלל‬1Kön 2,8 zweimal) David, als dieser aus Jerusalem floh. Dabei wird nicht der Ausgangspunkt, also Jerusalem, sondern der Zielort Mahanajim erwähnt (‫ ַמֲח ַניִם‬vgl. 2Sam 17,24.27; 19,33). Bei seiner Rückkehr sei Schimi dem David am Jordan entgegengekommen, und David habe ihm geschworen (‫ שׁבע‬vgl. 2Sam 19,24), dass er ihn für sein Fehlverhalten nicht mit dem Tod bestrafen werde. Hier differieren jedoch die Aussagen der Texte: Zum einen schwor David nicht bei Jhwh, wie in 1Kön 2,8 vorausgesetzt (vgl. dazu auch 2Sam 19,8; 1Kön 1,17.30; 1Kön 2,23 u. a.), und zum anderen fehlt in 2Sam 19,23 die Präzisierung ‫( ֶבָּחֶרב‬d. h., durch das Schwert solle Schimi nicht getötet werden). 1Kön 2,9 schliesst jedoch wieder an 2Sam 16,8 an und

(2002, 89 f.).Vgl. auch Alter, R. (22000, 316): „This day of victorious return is a moment for national reconciliation and hence for a general amnesty for the Saulides and the supporters of Absalom.“  Hertzberg, W. (61982, 302) argumentiert hier mit Schimis List: „Denn er wird sich denken können, daß die erste Hand, die sich ihm [David] aus Israel bietet, nicht zurückstoßen oder gar abhauen kann […] und wird darüber hinaus annehmen, daß der König an einem solchen Tage keine Exekution veranstalten wird.“  Veijola, T. (1975, 34). Vgl. Vermeylen, J. (2000, 388). Veijola, T. (1975, 34) hält V. 22 f. für eine spätere Ergänzung durch DtrG.  Der MT ist vorzuziehen. Auf den Zusatz der LXX in 1Kön 2,35.46 kann hier leider nicht eingegangen werden. Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Cogan, M. (2000, 171 f.).  Allerdings sind die Anweisungen Davids und die Ausführungen Salomos nicht symmetrisch: Salomo bestellt Schimi erst einmal zu sich und setzt ihn unter Arrest, bevor er ihn umbringen lässt. Vgl. Cogan, M. (2000, 180).

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

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erinnert mit der Wiederaufnahme des Motivs vom Blut, das über Schimi kommen soll (‫ ָרּם‬2Sam 16,7.8bis; 1Kön 2,8.37), an 2Sam 16,8, wo Schimi sagt, dass Davids Blutschuld am Hause Sauls auf ihn selbst zurückfallen werde. Allerdings wird hier eine gegenüber 1Kön 2,37 leicht abgeänderte Formel verwendet.⁶³⁶ In 1Kön 2,44 spricht Salomo statt vom Blut von der Bosheit, die Jhwh über Schimis Kopf bringen wird (‫) ְוֵה ִשׁיב ְיה ָוה ֶאת־ָרָעְתָך ְבֹּרא ֶשָׁך‬. Damit wird ein weiterer Bezug zur Rede Schimis hergestellt, der in 2Sam 16,8 sagt, Jhwh habe David das Königtum weggenommen und ihn ins Unglück (ebenfalls ‫ ) ְבָּרָעֶתָך‬gestürzt.⁶³⁷ Das Machtverhältnis der beiden Protagonisten hat sich in 1Kön 2,8 f.36 – 46 grundlegend gewandelt: Während in 2Sam 16,5 – 14 und 2Sam 19,17– 24 Schimi David gegenübertritt und als Erster das Wort ergreift, ist es nun David, der Schimis Tod befiehlt (1Kön 2,9) beziehungsweise Salomo, der Schimi zweimal zu sich bestellt (‫ ַו ִיּ ְשַׁלח ַהֶּמֶלְך‬1Kön 2,36.42) und das Gespräch klar dominiert. Inwiefern Schimi, der jetzt fast gänzlich passiv erscheint – abgesehen von der kurzen Rede in 1Kön 2,38 und während der Suche seiner zwei entflohenen Sklaven – noch eine politische Gefahr für Salomo darstellt, bleibt offen.⁶³⁸ Unklar ist ebenfalls,weshalb David Schimi nicht sofort töten oder zumindest unter Arrest setzen liess, wenn er tatsächlich eine Gefahr darstellte, oder umgekehrt, weshalb ihn Salomo in einem längeren Verfahren und auf Anraten seines Vaters aus dem Weg räumen muss, wenn er lediglich eine lästige, kleine Nebenrolle spielen sollte. Vermutlich soll Salomo in 1Kön 2,8 f. nun das vollziehen, was David versäumt hat beziehungsweise auf Grund eines Schwures nicht mehr vollziehen konnte.⁶³⁹ Aber Salomo setzt den Auftrag keineswegs rasch in die Tat um. Erst ein Wortbruch Schimis

 Vgl. Polzin, R. (1993a, 222 f.). Vgl. auch 1Kön 2,32 f. und 1Sam 1,16 ‫ְוֵה ִשׁיב ְיה ָוה ֶאת־ ָּדמוֹ ַעל־ֹראשׁוֹ‬ sowie Dtn 32,42 und Jos 2,19.Während David hier also die Rache Salomo überlässt, übte er zuvor in 2Sam 1,16 mit ganz ähnlichen Worten „dein Blut komme auf deinen Kopf!“ ausgerechnet für Saul Rache. Vgl. auch Rudnig, T. A. (2006, 207).  Vgl. Grossman, J. (2007, 564): „The parallelism between Solomon’s words to Shimei and Shimei’s curse of David is quite obvious.“ Vgl. auch Bietenhard, S. K. (1998, 259 – 261).  Es gibt allerdings keinen Grund,weshalb Schimi plötzlich „in ganz anderer und viel stärkeren Weise eine potentielle Gefahr“ bedeuten sollte, wie Stoebe, H. J. (1994, 425) annimmt. Vgl. zu den politischen Beziehungen zwischen Israel und Gat Ehrlich, C. S. (1994b, 111 f.), der in seinem Artikel zur Sklavenauslieferung in der Bibel und im Alten Orient 1Kön 2,39 – 41 als Ausgangspunkt nimmt. Davon, dass Schimi eine „politische Gefahr für Salomo“ darstellt, ist auch Seiler, S. (1998, 76) überzeugt.  In diesem Sinn hat etwa Gunn, D. M. (21982, 107) argumentiert: „[…] it is merely a question of how to find a way round his own oath guaranteeing the man’s life. The answer is a nice piece of equivocation […]: he himself is sworn, his son is not.“

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3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

„ermöglicht“ es Salomo gewissermassen, Schimi umzubringen, wie das die ausführliche Erzählung in 1Kön 2,36 – 46 zeigt.⁶⁴⁰ Während Schimi also in 2Sam 16,5 – 14 und 2Sam 19,17– 24 seine Meinung grundlegend geändert hat, ist es nun David, der vom Erzähler unkommentiert und grundlos sein Wort bricht. Die Frage, ob 1Kön 2,8 f. ursprünglich ist oder eine sekundäre Hinzufügung, ob die Tötung Schimis von Anfang an auf einen Befehl Davids zurückgeht oder ob sie der Eigeninitiative Salomos entspringt, kann letztendlich nur mit Blick auf das ganze Testament Davids in 1Kön 2,1– 9 beantwortet werden.⁶⁴¹ Mögen „Arrest, Flucht,Verfolgung und Exekution Schimis“ auch die „folgerichtige Weiterführung der Politik Salomos“⁶⁴² darstellen, so macht der Erzähler im jetzigen Erzählzusammenhang doch deutlich, dass alles ganz im Interesse Davids geschah. So beauftragt David Salomo ausdrücklich, Schimi für seine Tat zu bestrafen (‫ נקה‬Piel, 1Kön 2,9, im Unterschied zu der sonst sehr ähnlichen Stelle in 1Kön 2,6). Es ist in diesem Sinn nicht auszuschliessen, dass der Erzähler die Tötung Schimis insgesamt durchaus als rechtmässig betrachtete.⁶⁴³ Er unterstreicht damit, dass David beziehungsweise sein Nachfolger Salomo es nach (wieder)etablierter und gestärkter Herrschaft nicht mehr für nötig hielten, den „Gegner“ länger zu schonen, um sich die Gunst der Benjaminiter zu erhalten.  Vgl. Kottsieper, I. (1993, 983), der meint, dass Salomo gezwungen sei, „den Verschonungsschwur seines Vaters gegenüber Schimi über einen Umweg außer Kraft zu setzen“. Diese indirekte Aufhebung eines Verschonungsschwures bestätigt als Ausnahme die Regel, dass mit ‫( שׁבע‬Nifal) eine verlässliche Zusage gegeben wird, wie die restlichen zehn Belege eines „Verschonungsschwures“ zeigen, bei dem – so Kottsieper, I. (1993, 983) – „ein Überlegener einem Schwächeren den Verzicht auf die Ausübung seiner Macht oder Strafe zusichert“ (vgl. 1Sam 19,6; 28,10; 30,15 u. a.).  Vgl. den ausführlichen Forschungsüberblick bei Seiler, S. (1998, 74– 76) sowie Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 291– 293). In der Regel wird 1Kön 2,5 – 9 in der neueren Forschung als Nachtrag betrachtet.Veijola, T. (1975, 23) hielt beispielsweise 1Kön 2,1– 2.4aαb.5 – 9 sowie 37b*.42a. *43a.44– 45 für dtr Zusätze und begründet dies – neben sprachlichen Argumenten – damit, dass die fragwürdigen Massnahmen Salomos dadurch in ein positives Licht gerückt werden, „dass sie als notwendig für die göttlich legitimierte Daviddynastie hingestellt“ werden – so Veijola, T. (1975, 25).  Bietenhard, S. K. (1998, 202).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 86 f.262.264) und Seiler, S. (1998, 87). Hiermit wird auch die oft diskutierte Frage, ob es denkbar ist, dass ein Redaktor Salomo von seiner hinterlistigen Tötung Schimis „entlastet“ und David damit „belastet“, überflüssig. Vgl. dazu die Erklärung von Würthwein, E. (21994, 38): „Die Entlastung kann natürlich in den Versen 5 – 9 nicht einfach darin gesehen werden, daß man die Bluttaten Salomos auf Aufträge Davids zurückführte, wie das meist verstanden wird. Denn dann würde sie lediglich auf Kosten Davids aufgenommen, was bei dessen späterer Hochschätzung schwer vorstellbar ist.“ Vielmehr sollten die „Sätze, für die die Autorität des Ahnherrn David in Anspruch genommen wird“ zeigen, „wie sachlich berechtigt, ja notwendig die Beseitigung Joabs und Simeis war“ – so Würthwein, E. (21994, 38).

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Unter dieser Voraussetzung war nun in 1Kön 2,36 – 46 der richtige Zeitpunkt gekommen, Schimi seine verdiente Strafe zukommen zu lassen und ihn als Gefahrenpotential erst unter Hausarrest zu setzen und ihn dann aus dem Weg zu räumen.

3.3.3. Der historische Kontext der Schimi-Erzählungen Die literarische Einheitlichkeit beider Texte – 2Sam 16,4– 15 und 19,17– 24 – ist in der Forschung nicht unumstritten: Sowohl Davids Reaktion auf Abischai (2Sam 16,10) als auch seine zweite ausgedehnte Antwort (2Sam 16,11 f. entsprechend 2Sam 19,22 f.) wurden oft späteren Redaktionen zugeschrieben.⁶⁴⁴ Dass jedoch die jeweils angeführten Argumente – etwa dass David zweimal hintereinander als Sprecher eingeführt wird, die Beschuldigung der Zerujasöhne oder die Anklänge an deuteronomistische Theologie – widerlegt werden können, ist bereits ausführlich gezeigt worden.⁶⁴⁵ Darüber hinaus können die Argumente, 1Kön 2,8 beziehungsweise auch 1Kön 2,36 – 46* als sekundär anzusehen – abgesehen von der formelhaften und von der Erzählung losgelösten Notiz in V. 45⁶⁴⁶ – ebenfalls wenig überzeugen: Statt unterschiedliche Erzählintentionen und redaktionelle Überarbeitungen zu postulieren (beispielsweise eine pro-salomonische Überarbeitung),⁶⁴⁷ scheint es sinnvoller, die Spannungen als textinterne Divergenzen zu verstehen. In diesem Sinn ist von einer ursprünglichen im Grossen und Ganzen einheitlichen, vierteiligen Schimi-Erzählung (2Sam 16,5 – 14; 19,17– 24; 1Kön 2,8 f.36 – 46) auszugehen, die beim Einfügen in den Kontext möglicherweise auch noch einmal leicht umgestaltet wurde.⁶⁴⁸ Plausibel erscheint die Annahme, dass die Erzählungen von Schimi – eventuell zusammen mit den Merib-Baal-Szenen (2Sam 9; 16,1– 4; 19,25 – 31) und der Barsilai-Geschichte (2Sam 19,32– 41a) – in einen bereits bestehenden literarischen

 Vgl. den Forschungsüberblick bei McCarter, P. K. (41986, 373 f.420 f.); Seiler, S. (1998, 138 f.); Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 277.282) und Rudnig, T. A. (2006, 208 f.307).  Vgl. Fischer, A. A. (2004, 110 – 113).  Auffällig ist, dass Salomo von sich selbst in der 3. Person spricht, und auch der Segenswunsch passt nicht in den Kontext der Verurteilung Schimis. Deutliche Bezüge zu 2Sam 7,12b.13b.16.26b lassen eine dtr Bearbeitungsschicht vermuten. Vgl. dazu ausführlich Seiler, S. (1998, 74) sowie Van Seters, J. (2003, 122).  Vgl. Langlamet, F. (1976a, 321– 379.481– 528);Vermeylen, J. (2000, 602 f.); Hentschel (1984, 31) u. a.  Vgl. ähnlich Vermeylen, J. (2000, 462), der für die Schimi-Erzählungen aber eine redaktionelle Überarbeitung festhält. So schreibt Vermeylen, J. (2000, 602 f.) lediglich 2Sam 16,1– 10.13 – 16a; 19,17– 21.24; 1Kön 2,8 f.36– 37a.38 – 41.42a.42b – 43a.43b.46 der zweiten Salomonischen Edition zu.

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Kontext eingefügt wurden. Diese sogenannten „benjaminitischen Episoden“ wären also nachträglich in die Thronfolgegeschichte (2Sam 9 – 20; 1Kön 1– 2) eingefügt und möglicherweise von einer prosalomonisch-dynastischen Redaktion bearbeitet worden.⁶⁴⁹ Mit der Annahme einer selbstständigen Schimi-Überlieferung⁶⁵⁰ lässt sich dann die Unstimmigkeit zwischen 2Sam 19,16 und 2Sam 19,21 erklären,⁶⁵¹ wer genau David als erster entgegen gekommen sei, aber auch, weshalb Boten Davids in Bahurim (2Sam 17,18 – 21) Unterstützung finden, während der König selbst dort beschimpft und mit Steinen beworfen wird. Erst vor diesem grob skizzierten redaktionsgeschichtlichen Hintergrund kann die Frage nach einer möglichen Autorenschaft des Textes und seiner historischen Verortung erklärt werden: Die Datierung der Schimi-Erzählungen variiert in der Forschung von der frühen Königs-⁶⁵² bis in die nachexilische⁶⁵³ Zeit. Eine alte Schimi-Überlieferung mag tatsächlich in die frühe Königszeit zurückreichen.⁶⁵⁴  Langlamet, F. (1979, 512 f.) schreibt die von ihm so benannten „benjaminitischen Episoden“ zu grossen Teilen S2 zu. In 1Kön 2,36 – 46* befindet sich der älteste Teil, der nach Langlamet, F. (1976a, 521) zum „récit ancien“ „de l’accession de Salomon“ gehört. Von der prodavidischenprosalomonischen Redaktion S3 ergänzt wurden nach Langlamet, F. (1981a, 332): 2Sam 16,7 f.10.11*.12.13b*; 2Sam 19,20a.22 f.; 1Kön 2,37b.44 f. Vgl. Bietenhard, S. K. (1998, 222– 228 u. a.).  Die „benjaminitischen Episoden“ schildern Davids freundliches Verhalten den Sauliden gegenüber. Hierzu passt mindestens der Schluss 1Kön 2,8 f.36 – 46, vermutlich aber weite Teile der Schimi-Erzählung nicht, da David insgesamt weniger grosszügig dargestellt wird als bisher in der Forschung angenommen. Es wäre also weiter zu prüfen, inwiefern wir es hier eventuell mit einer eigenständigen Überlieferung zu tun haben. Vgl. zu dieser Problematik bereits Dietrich, W. (1997, 210). Im grösseren Zusammenhang erklärt sich dies Vermeylen, J. (2000, 608) wie folgt: „L’intérêt du rédacteur pour la maison de Saül est confirmée par le rôle qu’il attribue à plusieurs personnages. En dehors de David et son fils, les figures dont il parle sont presque toutes liées d’une manière ou d’une autre à la famille de Saül (Meribbaal, Ciba), à sa tribu (Shiméï) ou à son royaume (Barzillaï et son fils).“  2Sam 19,16 schloss ursprünglich an 2Sam 19,41bβ an. Dort wird gesagt, dass das Volk den König über den Jordan führt. Vgl. Langlamet, F. (1979, 420 f.).  So hält beispielsweise Vermeylen, J. (2000, 610) für die benjaminitischen Episoden fest: „Le document remanié est écrit à l’époque royale (les apports deutéronomistes sont postérieurs), en fonction de l’affrontement entre le Nord et le Sud.“ Vgl. Seiler, S. (1998, 321), der hier eine Nähe zu den geschilderten Ereignissen festhält.  Polzin, R. (1993a, 219); Simpson, T. F. (1997, 57) und Mann, T. S. (2009, 333) datieren in exilische, respektive frühnachexilische Zeit. Für eine nachexilische Datierung argumentiert Fischer, A. A. (2004, 113), der die Fluchtgeschichte Davids in 2Sam 15 – 19* für spät-dtr und eine midraschartige Ausgestaltung einer älteren Absalom-Erzählung hält, in die die benjaminitischen Episoden als ad-hoc-Bildungen eingefügt wurden und deren Verfasser „aus dem gesamten, bis in nachexilische Zeit angewachsenen Fundus der David-Überlieferungen schöpfen“ konnte.  Nur bis 926 gehörte Benjamin zum Nordreich. Nach der Reichsteilung hielt es sich zum Südreich Juda. Die beschriebenen Verhältnisse geben somit exakt die politische Situation in davidisch-salomonischer Zeit wieder, sodass eine selbstständige Schimi-Überlieferung, die später

3.3. „Und warf mit Steinen nach David…“

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Die jetzt vorliegende Erzählung, die sowohl mit der Saul- als auch mit der SalomoTradition verknüpft ist, und nicht zuletzt die Nennung der Söhne der Zeruja legen eine Datierung des Endtextes nach 722 v.Chr. nahe. Die durchschimmernde benjaminitische (nordisraelitische) Perspektive, die Nennung des Hauses Sauls und des Hauses Joseph⁶⁵⁵ sowie die Ortsangaben „Bahurim“ (2Sam 16,5; 19,17), „Mahanajim“ (1Kön 2,8) und die Erwähnung „Gats“ als philistäische Stadt⁶⁵⁶ (in 1Kön 2,39 – 41 insgesamt fünfmal!) lassen eine Datierung in die exilische oder sogar nachexilische Zeit unmöglich erscheinen. 2Sam 16,5 – 14; 19,17– 24; 1Kön 2,8 f.36 – 46 kann als eine Erzählung aus dem Nordreich und als davidkritische Überlieferung angesehen werden, wobei beide Begriffe äusserst vorsichtig verwendet werden sollten: Zwar wird in den Schimi-Erzählungen die Dualität von Israel und Juda⁶⁵⁷ beziehungsweise die Grenzlage Benjamins deutlich, und Ressentiments gegenüber David mögen durchschimmern,⁶⁵⁸ doch werden diese gleich wieder relativiert. Davidkritisch sind die Erzählungen nur insofern, als sie einen Gegner Davids direkt zu Wort kommen lassen.⁶⁵⁹ Aus dem Nordreich stammt die

in das Erzählwerk integriert wurde, durchaus auf die Zeit Davids und Salomos zurückgehen könnte. Eine alte Schimi-Überlieferung könnte hinter 2Sam 16,5 – 14* stecken. Der analoge Aufbau von 2Sam 19,17– 24 könnte dagegen schon auf die Darstellung des Höfischen Erzählers zurückgehen, ebenso die beiden Erzählungen in den Königebüchern, in denen die Tötung Schimis beschrieben wird.  Vgl. dazu weiter oben.  Vgl. Uziel, J. / Maeir, A. M. (2005, 64): „Gath of the Philistines, of central importance in early biblical narratives dealing with Judean–Philistine relations, is not mentioned in passages relating to the Philistines in post-mid-8th-century contexts.“ So sind in den assyrischen Inschriften von Tiglath-Pileser III. (745 – 727 v.Chr.) und Sargon II. (721– 705 v.Chr.) sowie prophetischen Texten aus dem 8. Jh. lediglich vier der fünf Philisterhauptstädte genannt: Gaza, Aschkelon, Aschdod und Ekron. Damit wird deutlich, dass Gat seine Macht und politischen Einfluss zuvor verloren haben muss. Na’aman, N. (2002, 202): „The prominent place of Gath in the history of David is in marked contrast to the city’s political position in the eighth-seventh centuries BCE.“ Darin stimmen auch die archäologischen Zeugnisse überein. Vgl. Maeir, A. M. (2003, 244): „The fact that after the middle of the eight century BCE the site is sparsely occupied during the Iron Age is compatible with the lack of reference to Gath in the biblical and extra-biblical sources during the eight-sixth centuries BCE.“ Vgl. zudem Ehrlich, C. S. (1994a, 56 – 69) und Ehrlich, C. S. (2004, 101– 116) sowie zuletzt den Grabungsbericht Maeir, A. M. (2012), darin besonders Levin, Y. (2012, 141– 152).  Vgl. Dietrich, W. (1997, 263). Äusserst unpräzise bleibt da Adam, K.-P. (2006, 210): „In allen untersuchten Erzählabschnitten lässt sich eine projudäische Tendenz nachweisen; besonders deutlich in den Episoden von Ziba und Mephiboschet und in den Benjaminiter-Episoden über Schimi.“ Deren Datierung wiederum – so Adam, K.-P. (2006, 210 Anm. 90) – hinge von der Einordnung der weiteren Benjaminitenepisoden ab.  Vgl. McKenzie, S. L. (22001, 170).  Vgl. Rudnig, T. A. (2006, 212): „Im dynastiekritischen Text der Szene steht Šimis Verhalten im Zeichen des Vorwurfs, David habe das Königtums der Sauliden an sich gerissen.“ Ähnlich

222

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

Erzählung hinsichtlich der in den Worten Schimis angezweifelten Legitimität Davids als König.⁶⁶⁰ Die Erzählperspektive ist jedoch nicht nur politisch, sondern auch theologisch ambivalent: So wird die Schmähung des Benjaminiters Schimi genauso als gottgewollt dargestellt (2Sam 16,10 f.) wie später seine Exekution (1Kön 2,44). Hier eine spätere Hinzufügung oder eine redaktionelle Überarbeitung anzunehmen, ist zwar möglich, lässt sich jedoch nicht so einfach erklären. Vielmehr scheinen die Erzählungen von Schimi im ausgehenden 8. beziehungsweise im frühen 7. Jh. zum ersten Mal im Höfischen Erzählwerk über die frühe Königszeit⁶⁶¹ literarisch fassbar und die bleibenden Spannungen zwischen untergegangenem Nordreich und weiter existierendem Südreich darin implizit aufgenommen worden zu sein. Schimi, wie ihn der Erzähler im späten 8. respektive frühen 7. Jahrhundert darstellt, ist für David nicht in erster Linie eine direkte physische Bedrohung. Die Steine und Erde, die der aufrührerische Benjaminiter David entgegenschleudert, stellen nur eine geringe Gefahr dar, denn David wurde von seinen Helden beschützt, und Schimi stand vermutlich an der anderen Seite des Berghanges (V. 13). Trotzdem wird die Konfrontation mit Schimi aber nicht als Bagatelle geschildert, sondern muss als „act of extreme provocation“⁶⁶² verstanden werden, da Schimi „challenged the social boundaries of his society“.⁶⁶³ Zum einen macht dies der Angriff Schimis deutlich, der David in seiner Rolle als König über Israel und Juda zutiefst demütigt und der Usurpation bezichtigt. Zum anderen spiegelt sich diese Provokation in der Reaktion Davids wider, der eingesteht, dass ihm der Benjaminit – wie sein leiblicher Sohn – nach dem Leben trachtet, dass er in Not geraten sei und in dieser Situation der Hilfe Jhwhs bedürfe. Dass auch Davids Rückkehr „far from triumphal“⁶⁶⁴ ist, wird am zweiten Text über Schimi in 2Sam 19,17– 24 deutlich, der beschreibt, wie Schimi David entgegenkommt, um sich bei ihm zu entschuldigen. David erscheint auch da – genau wie in 2Sam 16,5 – 14 – passiv, und sein Handlungsspielraum bleibt vermutlich stark eingeschränkt, da sich hinter Schimi durchaus ein Gefahrenpotential verCampbell, A. F. (2005, 150): „Here and only here we are offered a glimpse of how David’s enemies viewed his rise to power.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 196): „By coupling ‚the king‘ to the proper name David, the narrator shows that David, no matter how threatened, maintains his claim to the throne, and it is the king whom Shimei wishes to humiliate.“ Vgl. Campbell, A. F. (2005, 150): „[…] a negative view of David’s success could be found.“  Dietrich, W. (1997, 245) rechnet die Schimi-Erzählung bereits zu den Erzählungen über Aufstieg und Niedergang der Sauliden.  Alter, R. (22000, 292).  Simpson, T. F. (1997, 56).  Gunn, D. M. (1980, 113).

3.4. Fazit

223

bergen mag. Nun steht David nämlich nicht nur die Einzelperson Schimi gegenüber, sondern tausend – sicherlich eine symbolische Zahl – Benjaminiter (2Sam 19,18). Dieses Machtverhältnis ändert sich erst in 1Kön 2,8 f.36 – 46, wenn Salomo König ist und Schimi unter Arrest gesetzt und schliesslich getötet werden kann. Aber auch hier kann nur darüber spekuliert werden, ob Schimi damit wirklich nur bestraft werden soll, wie dies 1Kön 2,9 deutlich macht, oder ob er vielleicht doch aus dem Weg geräumt werden muss, weil er als Gefahr für das sonst fest gegründete Königtum Salomos (1Kön 2,45) verstanden wurde. Nicht allein Schimi, sondern auch Adonija und Joab werden in 1Kön 2 getötet und damit ein gewisses Gefahrenpotenzial beseitigt. Alles in allem ist die vierteilige Schimi-Erzählung also merkwürdig ambivalent. Bis zum Schluss bleibt unklar, wer über wen die Macht hat und welche Gefahr sich hinter Schimi für David wirklich verbirgt. Eine eindeutige Zuschreibung der Rollen in Opfer und Täter⁶⁶⁵ respektive in verschiedene Parteien wird den Texten nicht gerecht.⁶⁶⁶

3.4. Fazit David wird als König eingesetzt, zuerst über Juda (2Sam 2,4), dann über Israel (2Sam 5,1– 5). Er führt erfolgreich Kriege und erobert Länder (2Sam 5,17– 25; 2Sam 8,1; 2Sam 8,1– 18 par. 1Chr 18,1– 13): David unterwirft die Moabiter (2Sam 8,2), Hadad-Eser, den König von Zoba (2Sam 8,3 f.), die Aramäer (2Sam 8,5 – 8; 10,15 – 19), Edomiter (2Sam 8,13 f.) und Ammoniter (2Sam 10,1– 14; 11,1; 12,26 – 31). Und er erobert Jerusalem, das seine neue Hauptstadt werden soll (2Sam 5,6 – 10). Doch der erste Schein trügt. David muss von einem seiner Helden gerettet werden (2Sam

 Vgl. ähnlich auch Simpson, T. F. (1997, 68).: „[…] if Shimei sounds like a prophet, and Abishai like a defender of Torah, then they will be evaluated positively, David negatively; but if Shimei sounds like nothing more than a jealous Saulide, and Abishai sounds like the ruthless Solomon and his descendants, they they [sic!] will be evaluated negatively, and David positively.“ Anders dagegen Brueggemann, W. (1974, 179 f.), der betont, dass die drei Akteure je für eine soziale Gruppierung stehen: In Schimi sieht er einen Vertreter der alten sakralen Ordnung, in Abischai einen der neuen staatlichen Macht und des Militärs und in David ein Vorbild des Glaubens. Zu einem anderen Schluss kommt jüngst auch Klein, J. (22011b, 713): „Schimi kommt nicht zu Wort, weil ihm Recht gegeben wird, sondern um widerlegt zu werden und David als moralisch überlegen darzustellen.“  Was Campbell, A. F. (2005, 150 f.) für 2Sam 15 – 19 insgesamt festgehalten hat, gilt im Speziellen auch hier: „Rather than trying to identify them and discuss them in isolation, it may be better to realize how much storytelling of this kind takes account of the multiplicity of human motivations and the deviousness of so much human behavior.“

224

3. Gefährdung der Königsherrschaft Davids

21,17) oder nimmt, weil er besonders gefährdet ist (2Sam 17,2), gar nicht erst am Krieg teil (2Sam 18,3). Nicht nur aussenpolitisch versagt David, sondern auch innenpolitisch. Seine Königsherrschaft wird in keinerlei Art und Weise als etabliert dargestellt. Nach Darstellung der sogenannten Thronfolgegeschichte wird Davids Herrschaft durch zwei beziehungsweise drei aufeinander folgende Aufstände erschüttert und in ihrem Bestand radikal in Frage gestellt.⁶⁶⁷ Absalom und Adonija scheinen es auf den Thron Davids abgesehen zu haben, während Scheba ben Bichri sich vom Davidischen Reich lossagt. Nicht nur Davids Herrschaft, sondern auch sein Königreich ist also gefährdet (2Sam 20,1– 22).⁶⁶⁸ Dabei fällt der Widerstand aus dem Stamm Benjamin besonders ins Gewicht (2Sam 16,5; 20,1 u. a.).⁶⁶⁹ 2Sam 15 – 20* und 1Kön 1* bilden eine geschlossene Erzähleinheit, die sich chiastisch entsprechende Elemente enthält und die um mehrere Episoden, etwa um die Erzählung von Schimi (2Sam 16,5 – 14; 19,17– 24), ergänzt wurde. Die Bedrohung der Königsherrschaft Davids reicht aber weit über diesen Textabschnitt hinaus. Joab, der Heerführer und dessen Brüder, die Söhne der Zeruja, treten nicht nur als Mahner (2Sam 3,24 f. und 2Sam 19,6 – 8; vgl. auch 2Sam 24,3), sondern auch als Drahtzieher und mächtige Gegenspieler auf, die im Hintergrund agieren (2Sam 2,13 – 32; 3,22– 39; 14; 20,1– 22; 1Kön 1,7). Ihnen gegenüber bezeichnet sich David als „schwach“ (2Sam 3,39). Einerseits steht Joab auf der Seite Absaloms (2Sam 14) und Adonijas (1Kön 1), andererseits schafft er es völlig überraschend (nach 2Sam 20,4 f. war Amasa beauftragt), den Aufstand Schebas ben Bichri zu beenden (2Sam 20,1– 22). Nicht nur die Söhne der Zeruja, insbesondere Joab, entscheiden über das Schicksal Davids; auch die königlichen Berater mischen kräftig mit (2Sam 16,15 – 17,14). Die Protagonisten sind mehrheitlich „die anderen“: Joab, Absalom, Schimi, Scheba ben Bichri, Adonija usw. David verhält sich merkwürdig passiv. Als König weiss er, dass immer die Gefahr besteht, die einmal erreichte Macht wieder zu verlieren.⁶⁷⁰ Genau um dieses Thema – Macht, Machterhalt und Machtverlust beziehungsweise die Frage nach den „Rechten des Königs und den Grenzen seiner Macht“⁶⁷¹ (vgl. Dtn 17,14– 20 und 1Sam 8,11– 18) – scheinen die untersuchten Erzählungen zu kreisen. Es wird deutlich: David verdankt seine Königsherrschaft

 Vgl. Crüsemann, F. (1978, 94).  McCarter, P. K. (41986, 431): „Whereas Abishalom’s revolt threatened the king, Sheba’s threatened the kingdom itself.“  Vgl. Klein, J. (22011b, 725).  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 168): „As rulers know, once power has been attained there is only one danger to be feared: losing it.“  Bar-Efrat, S. (2009, 94).

3.4. Fazit

225

und Macht nicht seinen ausserordentlichen strategischen Fähigkeiten, seinem politischen Kalkül und seinem diplomatischen Geschick. Vielmehr verdankt er sie anderen: Seine Knechte retten ihm, seinen Söhnen und Töchtern sowie seinen Frauen und Nebenfrauen das Leben (2Sam 19,6); Abischai, einer seiner Helden, eilt ihm zu Hilfe (2Sam 21,17); und schliesslich greift auch Jhwh in die Geschicke ein (2Sam 17,14). In Zeiten der Bedrohung bittet David Jhwh einzuschreiten (2Sam 15,31) beziehungsweise legt sein Schicksal in Jhwhs Hände (2Sam 15,23 f.31; 2Sam 16,10 f.). Jhwh ist es dann auch, der das Unheil abwendet (2Sam 17,14). Insbesondere im Absalom-Aufstand ist die Bewahrung durch Jhwh von entscheidender Bedeutung und zeugt davon, dass David die Unverfügbarkeit Gottes erkennt.⁶⁷² Macht und Ohnmacht liegen nahe beieinander, und oft hängt das Leben Davids an einem dünnen Faden.

 Vgl. Blum, E. (2000, 36): „Besonders eindrücklich ist erzählt, wie der von Absalom bedrohte König sich restlos in die Hand Gottes gibt (15,25 f.31; 16,10 – 12). Dies bedeutet geradezu exemplarisch die Anerkennung der unverfügbaren Wirklichkeit JHWHs, an der alles Planen der Akteure seine Grenze findet: die böse und doch so erfolgreiche ‚Findigkeit‘ Davids in der Batsebageschichte (11,27b; 12,1 ff.) ebenso wie die vorausschauenden Planungen des Ratgebers Ahitophel (15,31 + 17,14; cf. Prov 21,30). Aber auch die ‚unheilwirkende Tatsphäre‘ (12,13.24; 16,10 ff.).“

4. Göttliche Strafe als Bedrohung? In den Samuelbüchern werden drei Propheten, nämlich Samuel, Natan und Gad, namentlich genannt und als ‫( נביא‬Prophet), ‫( ראה‬Seher), ‫( איש האלהים‬Gottesmann), ‫( שפט‬Richter) und ‫( חזה‬Schauender) eingeführt.¹ Alle drei finden in Zusammenhang mit David Erwähnung.² Während Samuel David ausschliesslich wohlwollend gegenübertritt und diesen im Auftrag Jhwhs zum König salbt (1Sam 16,1– 13), reicht das Verhalten Natans und Gads von bedingungsloser Solidarität bis zu radikaler Kritik gegenüber dem König:³ Natan weissagt David den ewigen Bestand der Dynastie (2Sam 7) und Gad fungiert als Richtungsweiser in Zeiten der Verfolgung (1Sam 22,5). Beide Propheten künden ihm aber andererseits auch mit unerbittlicher Schärfe die Strafe Gottes an (2Sam 12 und 24). Letzteres soll im Folgenden näher untersucht werden. Im Vordergrund steht dabei die Frage nach den prophetischen „Drohungen“ und göttlichen „Bedrohungen“ in Form von Strafen wie Krieg, Aufständen und Epidemien.⁴ Es gilt zu fragen, inwiefern „die“ Prophetie – oder präziser: Personen aus dem prophetischen Umfeld – in den David-Erzählungen als „überlegene Kontra-Instanz zum Königtum“⁵ dargestellt wird, und inwiefern narrativ hinter den Drohworten Natans und der Strafankündigung Gads ein Gott steht, der die Macht des Mächtigen begrenzt und David angesichts der Gefahren ohnmächtig und bedroht erscheinen lässt.

 Die Terminologie lässt jedoch keine Unterscheidung in bestimmte Funktionen oder Ämter zu. Vgl. dazu Klein, J. (2007, 27 f.). Bar-Efrat, S. (2009, 260) spricht sich für einen synonymen Gebrauch der Begriffe ‫ נביא‬und ‫ חזה‬aus. Während Natan meistens – jedoch gerade nicht in 2Sam 12,1– 15 – den Titel ‫ נביא‬führt (2Sam 7,2; 12,25; 1Kön 1,8.10.22 f.32.34.38.44 f.; Ps 51,2 u. a.), wird Gad in 1Sam 22,5 als ‫ַה ָּנִביא‬, später in 2Sam 24,11 (MT) als ‫ ַה ָּנִביא ֹח ֵזה‬eingeführt. Vgl. Aejmelaeus, A. (2011b, 412 f.) und Haag, H. (1970, 135.139 f.). Auffällig ist insbesondere, dass Natan in 2Sam 12,1.5.7.13.15 (ebenso in 2Sam 7,3 f.17; 1Kön 1,24) anders als in 2Sam 7,2; 12,25; 1Kön 1,8.10.22 f.23.28.44 f. ohne Titulatur eingeführt wird. Erst in 2Sam 7,2 wird seine Funktionsbezeichnung ‫ ָנָתן ַה ָּנִביא‬genannt. In 2Sam 12,1 lesen die LXX, Peschitta sowie wenige (hebräische) Handschriften τὸν Ναθαν τὸν προφήτην.  Vgl. zusammenfassend 1Chr 29,29.  Vgl. Klein, J. (2007, 28 f.). Dietrich, W. (21992, 7) spricht von einem „doppelten Gesicht“ der Propheten.Vgl. auch Klement, H. H. (2000, 100): „Thus each prophet appears in the Samuelcorpus once with a message of salvation and once with a prophecy of judgment.“  Nicht berücksichtigt werden können die Erzählungen, die von der Unterstützung und positiven Weissagung der Propheten David gegenüber berichten (2Sam 7; 1Sam 22,5) sowie jene Texte, in denen die Propheten selber Irrtümern erliegen, die von Gott korrigiert werden müssen (1Sam 16,6). Vgl. Klein, J. (2007, 29.35 f.). Unberücksichtigt bleiben ebenso jene Stellen, die Natan als „Hofpropheten“ darstellen (vgl. 1Kön 1).  Dietrich, W. (21992, 38).

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

227

Allerdings wird nicht immer die Strafe Gottes durch einen Propheten angekündigt, bevor sie eintritt.Wie 2Sam 21,1 zeigt, ist es auch möglich, dass die Strafe Gottes in der Erzählung unmittelbar genannt wird und im Nachhinein – in direkter Jhwh-Rede – als solche gedeutet wird. Auch die Erzählung von der Hungersnot (2Sam 21,1– 14) ist im Hinblick auf das Gefahrenpotential für den alttestamentlichen König David zu untersuchen.

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15) 2Sam 10 – 12 stellt innerhalb des Endtextes eine grössere, in sich geschlossene Einheit dar.⁶ Sie beginnt mit dem Tod des Königs von Ammon und der Demütigung der Gesandten Davids durch dessen Nachfolger Hanun und endet mit der Erniedrigung Ammons, indem David die Ammoniterstadt Rabba einnimmt, sich die ammonitische Königskrone – respektive die Krone des Gottes Milkom (1Kön 11,5.33; 2Kön 23,13; Jer 49,3) – aufsetzt und damit „symbolisch den Herrschaftsanspruch als Gottkönig über Rabba erwirbt“.⁷ In diese rahmende Kriegsgeschichte ist die David-Batseba-Urija-Erzählung geschickt eingeflochten. Da 2Sam 10 eine redaktionell geschaffene Komposition darstellt, wurde auch angenommen, der Rahmen bestehe lediglich in 2Sam 11,1* und 12,26 – 30.⁸ Für die folgende Untersuchung ist die Frage, welche Teile genau zum Erzählrahmen gehören, zweitrangig. Entscheidend ist, dass „die politischen Dimensionen aus der oft individualistisch verkürzt interpretierten Schuldgeschichte Davids nicht herausgehalten werden können“.⁹

 Vgl. Rudnig, T. A. (2010, 274): „Dass 2 Sam 10 – 12 eine in sich geschlossene größere Einheit darstellen, ist leicht zu erkennen.“ Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1981, 41); Hentschel, G. (1990, 117) u. a. Zuletzt Halpern, B. (2010a, 76): „2 Samuel 10 – 12 form a part of a larger historiographic project about the formative days of the Israelite monarchy.“  Schroer, S. (1992, 170). Vgl. auch 1Chr 19,1– 20,3. Beginn und Ende der Erzählung werden sprachlich durch die Wendung ‫ ַו ְיִהי ַאֲחֵרי־ֵכן‬in 2Sam 10,1 und 13,1 deutlich. Vgl. dazu Fischer, A. A. (2004, 47– 50); Ku, C.-Y. (2009, 27); Hutton, J. M. (2009, 190 f.); Rudnig, T. A. (2010, 274) u. a.  Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 229 – 233); Dietrich, W. (1997, 254); Bailey, R. C. (1990, 75 – 78); Kunz, A. (2004, 129 – 136). Dazu die Begründung bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 229): „Der gegenüber der übrigen Erzählung knappere Stil der Kriegsschilderungen sowie die relative Unabhängigkeit dieses ‚Rahmens‘ von der sonstigen Erzählung gelten traditionell als Beweis für eine selbständige Kriegsberichtsquelle, in welche die Erzählung 11,(*1) 2– 12,25 eingearbeitet wurde.“  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 233). Vgl. auch Rudnig, T. A. (2010, 275): „Durch eine geschickte Verzahnung dieser Kriegsberichte mit der Geschichte von David, Bathseba, Uria und

228

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Insgesamt lässt sich der Erzählabschnitt folgendermassen gliedern:¹⁰ 2Sam 10,1– 11,1* Kriege gegen die Ammoniter und Aramäer 2Sam 11,1* – 27 Davids Verfehlung: Ehebruch mit Batseba und Mord an Urija 2Sam 12,1– 15 Begegnung zwischen Natan und David 2Sam 12,16 – 25 Jhwhs Strafe: Davids Busse und Tod des Kindes 2Sam 12,26 – 31 Ende des Ammoniterkrieges und Einnahme der Stadt Rabba

Im Mittelpunkt der weiteren Untersuchung steht das Gleichnis und die Strafrede Natans und damit verbunden die Frage nach der Gefährdung Davids durch diese Androhung göttlicher Strafe (2Sam 12,1– 15). Die Drohrede Natans befindet sich nicht nur im Zentrum der chiastischen Struktur, sondern dominiert auch in ihrem Umfang eindeutig gegenüber den relativ kurzen Äusserungen Davids.¹¹ Mit dem Kommentar des Erzählers in 2Sam 11,27b endet die Erzählung von David und Batseba, und es beginnt gleichzeitig ein neuer Erzählabschnitt.¹² Zum einen wird mit der Formulierung ‫ ַהָּדָבר ֲא ֶשׁר־ָע ָשׂה ָד ִוד‬das in 2Sam 11 Erzählte zusammenfassend in den Blick genommen, zum anderen mit ‫ ַו ֵיּ ַרע ְבֵּעי ֵני ְיה ָוה‬¹³ ein neues Subjekt eingeführt und auf das folgende Urteil vorausgeblickt.¹⁴ In 2Sam 11,27b findet sich zudem eine von drei (vgl. 2Sam 12,24 und 2Sam 17,14) explizit Nathan fallen nach dem vorliegenden Text von Kapitel 10 – 12 nicht nur die Belagerung Rabbas und die Bathseba-Uria-Affäre zeitlich zusammen. […] Sondern hinter dieser Komposition steckt deutlich mehr. Denn die erfolgreiche Beendigung des Zuges gegen Rabba wird so lange ausgesetzt, bis das Problem von Davids Sünde abgehandelt ist. Der Sieg über Rabba kann erst dann geschehen, wenn die Schuld gesühnt ist.“  Vgl. ausführlich dazu auch Hunziker-Rodewald, R. (2010, 97).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 71 f.): „But the king is only allotted space for two appalled reactions, and Nathan is the principal speaker.“  Vgl. Jones, G. H. (1990, 96) und Bailey, R. C. (1990, 105). Den Beginn der Erzählung in 2Sam 11,27b sehen Fokkelman, J. P. (1981, 71); Dietrich,W. (1994, 20) u. a. Oswald,W. (2008, 113) sieht die „szenische Einleitung“ in 2Sam 12,1abα.Van Wolde, E. (2003, 262) spricht mit Blick auf 2Sam 11,27b von „a kind of summary“: „Here the same words as in 2 Sam. 12:9 – 12 occur: ‘evil’ (11:27; 12,9, 11), ‘the thing’ (11:27; 12:6, 9, 12), ‘that David had done’ (11:27; 12:9, 12a) and ‘in the eyes of Yhwh’ (11:27; 12:9, 11a, 11b).“  Die Formulierung (‫ עשה ָה ַרע ְבֵּעי ֵני ) ְיה ָוה‬finden sich auch in dtr Königsbeurteilungen. Ganz ähnlich lautete auch der Vorwurf Samuels an Saul in 1Sam 15,19: ‫ְוָלָּמה ל ֹא־ ָשַׁמְע ָּת ְבּקוֹל ְיה ָוה ַוַּתַעט‬ ‫ֶאל־ַה ָשָּׁלל ַוַּתַעשׂ ָה ַרע ְבֵּעי ֵני ְיה ָוה׃‬. Vgl. 1Kön 11,6; 15,26.34; 16,19.25.30; 2Kön 3,2; 8,18.27; 13,2.11 u. a. Dazu Klein, J. (2002, 77); Seiler, S. (1998, 262) u. a. Anders Fischer, A. A. (1989, 55): „Während mit den deuteronomistischen Wendungen ein geradezu pauschales Urteil über eine Person oder Personengruppe gefällt wird, bewertet V.27b ein bestimmtes Verhalten Davids als Unrecht gegen Jahwe.“ Zudem bezieht sich nach Fischer, A. A. (1989, 56) 2Sam 11,27b auf 2Sam 11,25 zurück,wo David dem Boten aufträgt Joab auszurichten: „Lass diese Sache nicht so schlimm sein in deinen Augen!“  In 2Sam 12,9 wird die Formulierung, dass Davids Handeln böse ist in den Augen Jhwhs, noch einmal ähnlich aufgegriffen.

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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theologischen Aussagen innerhalb der sogenannten Thronfolgegeschichte.¹⁵ Die Erzählung von der Begegnung zwischen Natan und David beginnt damit, dass Jhwh in die Geschichte eingreift (2Sam 12,1a),¹⁶ und endet in 2Sam 12,15b mit dem Hinweis darauf, dass Jhwh die Strafe vollzieht. Bemerkenswert ist, dass nun Jhwh Natan „schickt“ (‫) ַו ִיּ ְשַׁלח ְיה ָוה‬, während im vorangehenden Kapitel jeweils David nach jemandem geschickt hat¹⁷ (2Sam 11,1.3.6.14.25.27 ‫) ַו ִיּ ְשַׁלח ָּד ִוד‬.¹⁸ Durch diese Gegenüberstellung wird zusätzlich deutlich gemacht, dass nun Jhwh in die Geschehnisse eingreift und die Handlung bestimmt. Ein innerer Rahmen der Erzählung berichtet davon, wie Natan zu David kommt (V. 1a), und schliesst mit der Bemerkung, dass dieser in sein Haus zurückkehrt (V. 15a), womit Anfang und Ende der Erzählung klar markiert sind.¹⁹ Abgesehen von diesen vier Handlungen in V. 1 und 15 (‫שׁלח‬, ‫בוא‬, ‫הלך‬, ‫ )נגף‬und der Beschreibung des Zornes Davids in V. 5 besteht der gesamte Abschnitt aus direkter Rede und den entsprechenden Redeeinleitungen. Folglich kann 2Sam 12,1b – 14 anhand der drei Reden Natans in ein Gleichnis, eine rhetorisch kunstvolle Rede mit heilsgeschichtlichem Rückblick und Unheilsandrohung sowie eine abschliessende Strafandrohung gegliedert werden.²⁰ 2Sam 11,27b – 12,15a lässt sich folgendermassen gliedern: V. 11,27b – 12,1a Jhwhs Urteil und Eingreifen V. 1a Auftritt Natans (‫) ַו ָיֹּבא ֵאָליו‬ V. 1b – 4 Erste Rede Natans: Gleichnis vom reichen und armen Mann V. 5 f. Davids Reaktion: Urteil V. 7– 12 Zweite Rede Natans: heilsgeschichtlicher Rückblick und Strafankündigung V. 13a Davids Reaktion: Schuldeingeständnis V. 13b – 14 Dritte Rede Natans: Strafminderung und Urteil V. 15a Abtritt Natans (‫) ַו ֵיֶּלְך ָנָתן ֶאל־ ֵבּיתוֹ‬ V. 15b Jhwhs Vollzug der Strafe

 Vgl. zu diesen Deutestellen Kapitel B. 3.2.1.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 71): „The scene that now follows introduces a new protagonist who is completely unique in II Sam. 9 – 20 + I Kings 1– 2: it is God himself who here, and here alone, participates in the continuing action.“  Auch von Joab wird dort gesagt, dass er einen Boten schickte (2Sam 11,18.22.23; 2Sam 12,27).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 115); Campbell, A. F. (2005, 113); Brueggemann, W. (1990a, 279).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 71).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 114): „Die Rede Natans besteht aus zwei Teilen: dem Gleichnis (V1– 4) und der Zurechtweisung (V7– 12).“ Vgl. auch die detaillierte Gliederung bei Bailey, R. C. (1990, 102– 104).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Natan formuliert seine Kritik zunächst nicht direkt (V. 1b – 4), sondern indem er dem König ein Gleichnis von einem reichen und einem armen Mann erzählt. Diese Geschichte Natans ist selbst „meticulously structured“.²¹ In der Einleitung werden zwei Männer aus einer Stadt (‫ ) ְבִּעיר ֶאָחת‬nebeneinander eingeführt und anschliessend ihre Gegensätzlichkeit betont: Der eine war reich, der andere arm (‫)ָראשׁ – ָע ִשׁיר‬, einer hatte sehr viel, der andere nichts (‫)ֵאין־ֹּכל – ַהְר ֵבּה ְמֹאד‬, ersterem gehörten Kleinvieh und Rinder, letzterem ein einziges kleines Schaflamm (‫ֹצאן וָּבָקר‬ – ‫) ִּכי ִאם־ ִּכְב ָשׂה ַאַחת ְקַט ָּנה‬.²² Die eigentliche Handlung des Gleichnisses setzt erst in V. 3 ein. Erzählt wird von der Fürsorge des armen Mannes für sein Tier (‫ קנה‬x-qatal, ‫ חיה‬wayyiqtol-x) und der zutraulichen Lebensweise des Schafes (‫ גדל‬wayyiqtol-x, ‫ אכל‬x-yiqtol, ‫ שׁתה‬x-yiqtol, ‫ שׁכב‬x-yiqtol, ‫ היה‬wayyiqtol-x). In V. 4 steht schliesslich der Besucher im Mittelpunkt, der zum reichen Mann kommt (‫ בוא‬wayyiqtol-x). Der reiche Mann reagiert nicht mit Gastfreundschaft. Er hat Skrupel, eines seiner Schafe herzugeben (‫ חמל‬wayyiqtol-x). Obwohl der reiche Mann viele Schafe besitzt, kann er sich nicht überwinden, eines davon zu schlachten, sondern nimmt (‫ לקח‬wayyiqtol-x) dem Armen sein einziges Lamm weg, um ein Gastmahl zuzubereiten (‫ עשׂה‬wayyiqtol-x). Damit wird die Gegensätzlichkeit der beiden Männer auch in ihrer Handlung betont: Während der eine Mann um das Wohl seines Tieres besorgt ist und gibt, ist der andere unfähig etwas zu geben und nimm sogar unrechtmässig vom Besitz anderer.²³ Natan hat mit Erzählung ins Schwarze getroffen: David reagiert mit grosser Wut auf die Erzählung (‫ ַו ִיַּחר־ַאף ָּד ִוד ָבִּאישׁ ְמֹאד‬2Sam 12,5)²⁴ und nimmt „einen beurteilenden Standpunkt“²⁵ ein: Er verurteilt die Handlung des reichen Mannes.²⁶

 Fokkelman, J. P. (1981, 72).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 73). Hentschel, G. (1990, 118) präzisiert: „Die beiden Adjektive ‚reich‘ und ‚arm‘ werden im Paradigma jeweils dreimal verwendet.“ Vgl. auch die Tabelle bei Müllner, I. (2006, 4).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 74) und Hentschel, G. (1990, 119). Diese Gegensätzlichkeit in der Handlung wird durch den je zweimaligen Gebrauch des partitiven ‫ ִמן‬in V. 3 und 4 zum Ausdruck gebracht.  Vgl. 2Sam 13,21, wo ebenfalls vom Zorn Davids die Rede ist. Dass sich dieser Zorn hier, wie in LXX 2Sam 11,22 καὶ ἐθυμώθη Δαυιδ πρὸς Ιωαβ, gegen Joab richtet, wie Schipper, J. (2007, 389) annimmt, ist eher unwahrscheinlich. Vgl. die Deutung von Fokkelman, J. P. (1981, 76): „The quickness, severity, and intense indignation on David’s part all constitute signs of his lack of equilibrium and too great an involvement.“ Vgl. zur Textkritik von 2Sam 12,1– 17 generell Kreuzer, S. (2010b, 104– 110.112– 115).  Naumann, T. (2000b, 41).  Dazu Bar-Efrat, S. (2009, 116): „David fällt das Urteil nicht überlegt und durchdacht, sondern reagiert stark gefühlsmäßig, wozu die Formulierung als Schwur passt.“ Pyper, H. S. (1996, 109) spricht bei 2Sam 12,1– 4 sowie in 2Sam 14,6 f. von „Oath-provoking stories“. Vgl. auch den Schwur Davids in 1Sam 26,10.16 sowie in 2Sam 4,9 und 1Kön 1,29.

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

231

Wer so handele wie dieser, sei ein „Sohn des Todes“ (V. 5b). Es ist umstritten, ob es sich bei ‫ ֶבן־ָמ ֶות‬um einen affektgeladenen Kraftausdruck oder tatsächlich um ein Todesurteil handelt.²⁷ Die beiden Referenzstellen, an denen der Ausdruck noch vorkommt, sind hinsichtlich dieser Frage widersprüchlich: In 1Sam 20,31 könnte durchaus ein Todesurteil Sauls impliziert sein, wie die Reaktion Jonatans (V. 32) es nahelegt. In 2Sam 12,5 hingegen wird der Ausdruck mit dem Ausruf ‫ַחי־ ְיה ָוה( ַחי־ ְיה ָוה‬ ‫ ) ִּכי ֶבן־ָמ ֶות ָהִאישׁ‬kombiniert und erinnert damit eher an 1Sam 26,16 (‫ַחי־ ְיה ָוה ִּכי‬ ‫)ְב ֵני־ָמ ֶותַא ֶּתם‬, wo er eindeutig affektiv gebraucht wird. Im vorliegenden Kontext ist diese Alternative jedoch irreführend: Weder ist ein Todesurteil noch ein reiner Kraftausdruck wahrscheinlich. Stattdessen liegt eine dritte, wörtliche Interpretation nahe: ‫ ֶבן־ָמ ֶות‬wäre demnach als „ein dem Tod verfallener“, ein dem Tod Zugehöriger zu verstehen. Über dem reichen Mann wie auch über David hängt gemäss des Tun-Ergehen-Zusammenhangs als Strafe der Tod. In einem zweiten, gemässigten Urteil fügt David hinzu, dass der reiche Mann aus dem Gleichnis – wie in Ex 21,37 gefordert – vierfachen Ersatz leisten müsse (V. 6).²⁸ Obwohl im literarischen Kontext dieses Urteil von Natan nicht aufgegriffen wird und V. 6 daher häufig als sekundäre Ergänzung angesehen wurde,²⁹ hat auch die Schadenersatzforderung ihre Berechtigung, da „der König nicht nur die Pflicht hatte, den Übeltäter zu bestrafen, sondern auch dem Geschädigten zu seinem Recht zu verhelfen“.³⁰ David fordert nach V. 6b den Schadenersatz nicht wegen

 Vgl. auch ‫ ַא ְנ ֵשׁי־ָמ ֶות‬in 2Sam 19,29 bzw. ‫ ִאישׁ ָמ ֶות‬in 1Kön 2,26, der wohl eine ähnliche Todesverfallenheit bezeichnet. McCarter, P. K. (41986, 299) meint, ‫„ ֶבן־ָמ ֶות‬is characterizing the man’s behavior, not condemning him to death“. Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 297), der in dieser Formel „kein direktes Todesurteil“ sieht, sondern meint, sie sei ein „affektiver Kraftausdruck, der aber tatsächlich den Bereich tödlicher Strafwürdigkeit tangiert“. Ebenso Campbell, A. F. (2005, 116 f.). Pyper, H. S. (1996, 159) zieht Jes 21,10 ‫ וֶּבן־ ָגְּר ִני‬und Dtn 25,2 ‫ ִאם־ ִבּן ַהּכוֹת‬als Parallelen heran und argumentiert, dass ‫„ ֶבן־ָמ ֶות‬may more plausibly be alluding to the death-dealing rather than deathdeserving qualities of those to whom it is applied“.Vgl. dazu auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 482 f.) und zuletzt Auld, A. G. (2011, 466).  Die LXXL spricht in Anschluss an Spr 6,31 von „siebenfacher“ (ἑπταπλασίονα) Rückerstattung. Vgl. dazu McCarter, P. K. (41986, 294.299); Hentschel, G. (1990, 119 Anm. 9); Stoebe, H. J. (1994, 297 f.); Cartledge, T. W. (2001, 515); Bar-Efrat, S. (2009, 117); Kreuzer, S. (2010b, 108 f.) u. a.  Vgl. Hentschel, G. (1998, 190), der V. 6 als jüngere Erweiterung im Sinne der israelitischen Rechtsordnung ansieht. Ebenso Stolz, F. (1981, 241); Seiler, S. (1998, 259 f.) u. a.  Oswald, W. (2008, 116). Es gibt weitere Argumente, dieses zweite Urteil Davids bzw. seine Schadenersatzforderung nicht als sekundär anzusehen. Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 248): „Das Problem der Inkongruenz von Todesurteil und Diebstahlvergehen bzw. Todesurteil und Wiedergutmachungsforderung verschwindet, wenn die Todesdrohung nicht als Gerichtsurteil, sondern als Ausdruck der emotionalen Erregung (V.5a) und Empörung Davids aufgefaßt wird, der einer Weisung zur Wiedergutmachung des Schadens des armen Mannes nachfolgt.“ Vgl. auch die Erklärung von Fokkelman, J. P. (1981, 77): „The former corresponds with his last and worst crime,

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

eines Diebstahls, sondern verurteilt „diese Sache“, die der reiche Mann getan hat, und dass er dabei kein Mitgefühl hatte mit dem armen Mann (‫ )ל ֹא־ָחָמל‬respektive es ihn reute, von seinen Herden ein Tier zu schlachten.³¹ David kritisiert also das soziale Verhalten des Reichen. Genau diesen Mangel an Mitgefühl hat Natan bereits im Gleichnis sehr deutlich ausgeführt: ‫ַו ַיְּחֹמל ָלַקַחת ִמֹּצאנוֹ וִּמ ְבָּקרוֹ ַלֲעשׂוֹת ָלֹאֵרַח‬ ‫( ַה ָבּא־לוֹ‬V. 4aβ). Die von David geäusserte Kritik entspricht „den Sanktionen für Davids eigene Vergehen, für Ehebruch und Mord“³² und nimmt diese vorweg. Dabei identifiziert sich David einerseits emotional mit dem armen Mann im Gleichnis,³³ andererseits spricht er nur über den reichen Mann, mit dem er selber später identifiziert wird. Genau dies ist die literarische Grundvoraussetzung dafür, dass die Pointe, die Übertragung auf David selbst, gelingt.³⁴ Natan lenkt das Urteil Davids auf ihn selbst zurück, indem er konstatiert: „Du bist der Mann!“ (‫ַא ָּתה ָהִאישׁ‬ 2Sam 12,7). David selbst ist dieser reiche Mann, der ohne Mitleid handelt, und David selbst ist ein ‫ֶבן־ָמ ֶות‬, ein Mann der auf Grund seines Verhaltens den Tod verdient. Diese literarisch kunstvoll gestaltete Szene darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Parabel³⁵ nicht genau mit den vorangehenden Ereignissen am Königshof übereinstimmt. Zwar gibt es vereinzelt literarische Anspielungen – beispielsweise erinnert das Wort ‫( ַבּת‬V. 3) an den Namen Batseba und die Verben ‫אכל‬, ‫שׁתה‬, ‫( שׁכב‬V. 3) kommen in dieser Reihenfolge auch in 2Sam 11,11.13 vor³⁶ –, doch können nicht einfach im Sinne einer Allegorie Urija mit dem armen Mann, Batseba mit dem Lamm sowie David und seine Frauen mit dem reichen Mann und dessen Herde gleichgesetzt werden.³⁷ Dass sich Geschichte und Moral nur teil-

the murder of Uriah, and therefore is precedes the other (psycho)logically. The latter corresponds with 11:2– 4, 27, the adultery and the marriage with Bathsheba.“ Vgl. auch Eynikel, E. (2000, 82 f.).  Vgl. Oswald,W. (2008, 115); Coats, G.W. (1986, 171 f.). Das Verb ‫חמל‬, „Mitleid haben“, „jemanden bedauern“, wurde bereits zuvor in V. 4 verwendet, dort mit der Bedeutung „etwas nicht über sich bringen können“. Diese unterschiedlichen nebeneinander stehenden Bedeutungen des gleichen Wortes müssen nicht zwingend redaktionskritisch erklärt werden. Ausführlich dazu Klein, J. (2002, 79); Eynikel, E. (2000, 81 f.) und Jones, G. H. (1990, 97).  Naumann, T. (2000b, 41).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 79): „The parable makes a strong appeal to his feeling of righteousness, and this feeling appears to be alive and well.“ Vgl. auch Firth, D. G. (2009, 427).  Vgl. Oswald, W. (2008, 115).  Der Begriff „Parabel“ „bezeichnet die literarische Funktion der Geschichte in ihrem Kontext“ – so Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 246). McCarter, P. K. (41986, 304) präzisiert: „A juridical parable is a type of speech that functions to break open a closed system of the sort found here.“ Ausführlich zur sogenannten „juridical parable“ auch Cartledge, T. W. (2001, 514).  Dazu Dietrich, W. (1997, 268); Bar-Efrat, S. (2009, 116); Fokkelman, J. P. (1981, 79) u. a.  Vgl. Dietrich,W. / Naumann, T. (22005, 245); Bailey, R. C. (1990, 105 f.); Eynikel, E. (2000, 85 f.); Klein, J. (2002, 181 f.); Schipper, J. (2007, 386 f.). Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 82): „The parable does

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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weise entsprechen, wurde zum einen damit erklärt, dass eine zu starke Kongruenz von Parabel und Ereignis den „Verfremdungseffekt zerstören [würde], der notwendig ist, damit David die unbewusste Selbstverurteilung aussprechen kann“.³⁸ Zum anderen wurde vermutet, dass sich die Vergleichspunkte nicht eins zu eins auf die Handlung des Gleichnisses konzentrieren, um generell auf Davids ungerechtes Verhalten gegenüber sozial Schwächeren, seinen Machtmissbrauch und die Ausnutzung seiner Stellung als König hinzuweisen.³⁹ Insofern die Parabel Natan ohne direktes Werturteil in den Mund gelegt wird, kann lediglich vermutet werden, was er implizit kritisiert und wo die Vergleichspunkte zum Verhalten Davids liegen: „Der reiche Mann hat sich das einzige Schaf des armen angeeignet: so wie sich David Urias Frau angeeignet hat […]“,⁴⁰ nämlich ohne Mitmenschlichkeit und ohne Gemeinschaftsbewusstsein. Kritisiert wird in der Parabel also in erster Linie die Rücksichtslosigkeit, mit der sich David die Frau des Urija zu eigen gemacht hat, seine Habgier oder, in Davids eigenen Worten, sein Handeln ohne „Mitleid“. Durch das „Nehmen“ – ‫ לקח‬ist „ein für die Kritik am Königtum typischer

not show David’s reality but nonetheless shows the truth of his reality […].“ Vgl. ähnlich auch Stolz, F. (1981, 240): „Es wäre verfehlt, jedes Element des Bildes auf die gemeinte Situation zu auszudeuten (Reicher = David, Armer = Uria usw.), ebensowenig darf man das Bild in seinen Details einer Realitätsprüfung unterziehen […]. Vielmehr läuft alles auf das eine hinaus: Da liebt einer etwas über alles – und der andere nimmt es ihm weg, weil ihm sein eigener Überfluß zu schade ist, als daß er ihn anbrauchen würde.“ Vgl. auch Bar-Efrat, S. (2009, 115), der festgehalten hat, dass das Gleichnis „in wichtigen Punkten Ähnlichkeit zu dem auf[weist], was sich zwischen David, Batscheba und Urija abgespielt hat, […] sich aber andererseits in einigen Details davon“ unterscheidet. Zu einem anderen Schluss kommt Daube, D. (1982, 275): „The piece before us is so glaring a misfit as to leave no room for doubt.“  Oswald, W. (2008, 114).  Vgl. den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 245). Nach Rudnig, T. A. (2010, 277 f.) ist „Habgier“ das zentrale Thema! Vgl. ähnlich auch schon Seebaß, H. (1974, 206): „Es ging also in dem Rechtstreit zwischen Jahwe und David nicht um den Ehebruch […] und nicht um die militärische Beseitigung des Uria, sondern um die Ausnutzung der königlichen Stellung durch David.“ Ferner Eynikel, E. (2000, 86): „The point Nathan wants to bring home to David is his abuse of power for personal profit.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 299); Jones, G. H. (1990, 100) u. a. Zudem Bar-Efrat, S. (2009, 114): „Im Lichte der Deutung, die Natan vorträgt, gewinnt das Gleichnis auch grundsätzliche Bedeutung für die Herrschaft in Israel. Es begrenzt klar die Freiheit der Besitzenden, indem es festhält, dass Gesetz und Moral über ihren Interessen stehen.“ Zudem Schenker, A. (1981, 43): „Das Empörende ist die Entrechtung des Kleinen, dessen Recht man unverfroren mit den Füssen treten darf, weil man seiner ohnmächtigen Gegenwehr spotten kann.“  Dietrich,W. (21992, 29).Vgl. auch Naumann,T. (2000b, 40). Ähnlich auch Eynikel, E. (2000, 86): „In Nathan’s parable the point of correspondence can be detected when we look at the interpersonal- and power-relations of the characters in the parable as corresponding with the relations between David, Bathsheba and Uriah.“

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Terminus“⁴¹ – einer Frau und das Töten ihres Ehemannes demonstriert David Skrupellosigkeit.⁴² Auf die Aussage Natans, dass David selber dieser Mann sei, den er gerade verurteilt hat, folgt eine längere Erklärung Natans (2Sam 12,7– 12), deren Gliederung einige Schwierigkeiten bietet. Zum einen wird die Rede durch die Wiedergabe direkter Jhwh-Rede, jeweils eingeführt durch die Formel ‫ ֹּכה ָאַמר ְיה ָוה‬in V. 7 und 11, unterbrochen.⁴³ Dabei wird einmal eine erweiterte, einmal die kurze Version der sogenannten Botenformel verwendet (vgl. auch die doppelte ‫ֹּכה ָאַמר ְיה ָוה‬-Formel in 2Sam 7,5.8).⁴⁴ Zum anderen folgt dreimal auf einen allgemeinen Vorwurf (V. 9.10.12) eine konkrete Anklage und Unheilsankündigung.⁴⁵ Grob lässt sich die Rede Natans in eine Einleitung (V. 7b – 8), ein prophetisches Gerichtswort, bestehend aus Anklage und Ankündigung der Strafe wegen Mordes an Urija (V. 9a – 10a), und ein zweites Gerichtswort, wiederum bestehend aus Anklage und Ankündigung der Strafe im Hinblick auf den Ehebruch mit Batseba (V. 10b – 11), sowie ein abschliessendes Gerichtswort (V. 12) unterteilen.⁴⁶ Diese Gliederung macht deutlich, dass „[t]he punishment of 10a belongs with the transgression of v. 9b – d, and the punishment of v. 11b – f belongs with the crime of v. 10c“.⁴⁷ Beide Urteilssprüche beginnen mit „warum“ beziehungsweise „weil“ (‫ ַמּדוַּע‬V. 9 und ‫ ֵעֶקב ִּכי‬V. 10) und enden mit dem, was David getan hat; ähnlich auch der dritte und letzte Vorwurf in

 Werner, W. (1988, 233). Dabei verweist Werner, W. (1988, 234) auf 1Sam 8,11.13.14.16, wo der König als Despot geschildert wird, „der die Söhne,Töchter, Felder,Weinberge, Knechte, Mägde, die jungen Leute und Esel zu seinem Nutzen ‚nimmt‘.“  Dass Davids Schuld allerdings im grösseren literarischen Kontext und in seinem „inexplicable and dishonourable failure to take to the field against Amnon“ – worin Esler, P. F. (2005, 199) den „prime factor in the plot“ sieht – gesehen werden kann, ist hingegen wenig wahrscheinlich, insofern David auch anderswo den Krieg ganz Joab überlässt (beispielsweise 2Sam 2,12– 32; 3,22 f.; 2Sam 10,7; 20 u. a.). Vgl. dazu auch Hunziker-Rodewald, R. (2010, 98); Campbell, A. F. (2005, 114) und Garsiel, M. (1993, 249).  Vgl. dazu Campbell, A. F. (2005, 117): „Introductions to divine speech and references to the sexual crime and the murder all occur twice; the punishment for sex and for murder is referred to once of each.“  Vgl. dazu Wagner, A. (2004, 173): „Die kô ʼāmar-Formeln in V.7b und 11 bilden eine Klammer und weisen den ganzen Deuteteil der Rede Natans als in Jahwes Namen gesprochen aus.“  Es bleibt daher fraglich, ob wirklich von einer „zweiteilige[n] Unheilsankündigung“ – so beispielsweise Stolz, F. (1981, 240) – gesprochen werden kann.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 83); Oswald, W. (2008, 117) und Campbell, A. F. (2005, 117). BarEfrat, S. (2009, 117) unterteilt die Zurechtweisung in eine einleitende Mitteilung, was David von Jhwh empfangen hat (V. 7 f.), eine Beschuldigung (V. 9) und eine Strafankündigung (V. 10 – 12). Hentschel, G. (1990, 121) unterteilt in zwei prophetische Reden in V. 7c – 10c und 11a – 12b.  Fokkelman, J. P. (1981, 84).

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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V. 12, der allerdings nur noch mit ‫ ִּכי‬eingeleitet wird und keine theologische Konnotation hat.⁴⁸ Die ersten fünf einleitenden Sätze (V. 7d – 8), die einen heilsgeschichtlichen Rück- und Ausblick beinhalten, sind als direkte Jhwh-Rede wiedergegeben und haben Jhwh als Subjekt. Diese Einleitung hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem heilsgeschichtlichen Rückblick in der sogenannten Natans-Weissagung (2Sam 7,8 f.) sowie mit der Samuel-Weissagung in 1Sam 15,17– 19 (dort allerdings in der 3. Person Singular):⁴⁹ 2Sam 12,7b – 8

Sam ,b – * (vgl. par. Chr , – )

Ich habe dich zum König über Israel gesalbt,

Ich habe dich fortgeholt von der Weide, weg von den Schafen, dass du Fürst wirst über mein Volk, über Israel.

und ich habe dich aus der Hand Sauls errettet, Und ich bin mit dir gewesen überall, wohin du gegangen bist, und habe alle deine Feinde vor dir ausgerottet. […] Und ich verschaffe dir Ruhe vor all deinen Feinden. und ich habe dir das Haus deines Herrn gegeben [Und ich mache dir einen grossen Namen gleich und die Frauen deines Herrn in deinen Schoss. dem Namen der Grossen, die auf Erden sind.] Und habe dir das Haus Israel und Juda gegeben. Und Jhwh wird dir verkünden, dass Jhwh dir ein Haus bauen wird. Und wenn es zu wenig war, so hätte ich dir noch dies und das hinzugefügt.

Die erste Aussage bezieht sich auf Davids Salbung (2Sam 12,7b)⁵⁰ beziehungsweise seine Erwählung zum Fürsten (‫ ) ָנ ִגיד‬über Israel (2Sam 7,8; vgl. auch 1Kön 14,7; 1Kön 16,2 ‫) ָוֶא ֶּת ְנָך ָנ ִגיד ַעל ַעִּמי יִ ְשָׂרֵאל‬, die zweite auf seine Errettung aus der Hand Sauls (2Sam 12,7b) beziehungsweise generell auf Jhwhs Gegenwart und die Vernichtung

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 85). Nach Bar-Efrat, S. (2009, 118) wird die Strafankündigung in V. 10 mit dem Wort ‫ ְוַע ָּתה‬eröffnet.  Dazu Avioz, M. (2005, 60): „Both oracles open with an introduction that includes a retrospective look at David’s rise to kingship.“ Avioz hat ausserdem auf Wörter wie ‫( ַעד־עוָֹלם‬2Sam 12,10 und 2Sam 7,13.16.24.25), ‫( ַבּיִת‬2Sam 12,10 und 2Sam 7,11.13.19.27.29 u. a.), ‫( סור‬2Sam 12,10 und 2Sam 7,15), ‫( קום‬2Sam 12,11 und 2Sam 7,12) u. a. hingewiesen und festgehalten, dass diese Parallelen „function in a contrastive capacitiy to highlight the difference between the promise its fulfillment or non-fulfillment.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 306). Vgl. zur Gegenüberstellung von 2Sam 12,1– 14 und 2Sam 7,1– 17 zudem Polak, F. H. (1994, 129 – 132) und Lamb, D. T. (2010, 315 – 317).  Mit einer ganz ähnlichen Formulierung auch in 1Sam 15,17b ‫ ַו ִיְּמ ָשֲׁחָך ְיה ָוה ְלֶמֶלְך ַעל־יִ ְשָׂרֵאל׃‬. Vgl. auch 2Kön 9,6.

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

der Feinde Davids (2Sam 7,9a.11), und die dritte auf Davids Reichtum an Frauen (2Sam 12,8a) beziehungsweise seinen Ruhm (2Sam 7,9b). Diese dritte Aussage (2Sam 12,8a) ist bemerkenswert, insofern nirgendwo sonst erwähnt wird, dass David den Harem von Saul übernommen hätte.⁵¹ Inhaltlich steht sie aber in engem Zusammenhang mit dem literarischen Kontext: Während Jhwh David viele Frauen gegeben hat, hat David dies nicht gewürdigt und sich widerrechtlich die Frau eines anderen genommen (2Sam 11,2– 5). Deshalb wird Jhwh nun David seine Frauen wegnehmen und seinem Nächsten geben (2Sam 12,11 f.). Bemerkenswert ist zudem die vierte Aussage innerhalb der Gottesrede, die nicht nur die Salbung Davids durch Jhwh zum König über Israel (‫ְלֶמֶלְך ַעל־יִ ְשָׂרֵאל‬, 2Sam 12,7b) ergänzt, sondern betont, dass Jhwh David das Haus Israel und Juda gegeben habe. Der Ausdruck ‫ ֶאת־ ֵבּית יִ ְשָׂרֵאל ִויהוָּדה‬kommt sonst nur noch in Ez 9,9 vor (vgl. auch 2Sam 11,11).⁵² Diese Gottesrede in der 1. Person Singular schliesst in einem fünften Teil mit der Zusicherung, dass Jhwh David noch mehr hinzugefügt hätte, wenn das eben Genannte zu wenig gewesen wäre. David – so der implizite Vorwurf – hätte nichts widerrechtlich zu nehmen brauchen. Jhwh klagt hier David zuallererst wegen seines „Undank[es] Gott gegenüber“ an.⁵³ Nach der rhetorischen Frage in 2Sam 12,9a, warum David das Wort Jhwhs verachtet habe (vgl. 1Sam 15,19), folgt in 2Sam 12,9b – 12 ein mehrteiliges Strafwort, in dem Natan offene Kritik am Verhalten des Herrschers formuliert. Durch den Wechsel des Subjekts von der 1. in die 2. Person Singular rückt Davids eigenes Handeln in den Mittelpunkt und Jhwhs Handeln an David in den Hintergrund.Von Jhwh ist lediglich in V. 9a und V. 13 f. in der 3. Person die Rede. Der erste Generalvorwurf Natans (V. 9aα) ist, genau wie dann auch der zweite in V. 10bα, theologischer Natur:⁵⁴ David habe ‫ ֶאת־ְּדַבר ְיה ָוה‬⁵⁵ verachtet (2Sam 12,9aα). Der Ausdruck ‫ ְּדַבר ְיה ָוה‬kommt ebenfalls in 1Sam 15,13.23.26 (zweimal mit ‫ מאס‬statt des in 2Sam 12,9 verwendeten ‫ )בזה‬vor und wird auch sonst häufiger verwendet.⁵⁶ Die Formulierung „das Wort des Herrn verachten“ (‫ ) ָבּ ִזיָת ֶאת־ְּדַבר ְיה ָוה‬findet sich jedoch nur noch in Num 15,31.⁵⁷ Bei der Missachtung des Wortes Gottes geht es wohl weder um

 Vgl. Stolz, F. (1981, 241); McCarter, P. K. (41986, 300); Stoebe, H. J. (1994, 307); Alter, R. (22000, 259) u. a. Vgl. zudem Bar-Efrat, S. (2009, 118): „Nirgendwo sonst wird behauptet, David habe die Frauen Sauls genommen, aber vielleicht bestand der Brauch, dass der neue König die Frauen des Vorgängers übernahm […].“ Einen Hinweis darauf könnten 2Sam 16,21 und 1Kön 2,22 geben.  Vgl. Oswald, W. (2008, 119).  Schenker, A. (1981, 45).  Vgl. Oswald, W. (2008, 120).  ‫ ְּדַבר‬fehlt in LXXL und bei Theodotion. Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 298).  Vgl. Görg, M. (1973, 582). Ausführlich dazu Van Seters, J. (2009, 293 f.).  Vgl. Hentschel, G. (1990, 126).

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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die Missachtung des Dekalogs oder eines spezifischen Gebotes noch um Natans Weissagung in 2Sam 7,5 – 16,⁵⁸ sondern generell um die Weisung Gottes.⁵⁹ In V. 10bα folgt ein zweiter Generalvorwurf Natans. Hier wird nicht gesagt, dass David das Wort Jhwhs, sondern diesen selbst verachtet haben soll (‫)ְב ִזָת ִני‬. Zweimal wird also betont, dass David Jhwh bzw. sein Wort verschmäht habe. Dies ist nicht die einzige Doppelung. Auch in den konkreten Vorwürfen, die auf diese Generalbeschuldigungen Natans folgen, finden sich zahlreiche Wiederholungen: Zweimal ist davon die Rede, dass David Urija durch das Schwert getötet habe, und zweimal, dass David Batseba zur Frau genommen habe. Damit gehen zahlreiche Wortwiederholungen einher, etwa die zweimalige Verwendung von ‫( ָה ַרע‬V. 9.11), ‫( בזה‬V. 9 f.) etc. Es wurde vermutet, dass 2Sam 12,7– 12 literarkritisch in ein „Wort vom Schwert“ (V. 9aβ – 10a) und eine „Rede von den Frauen“ (V. 7 f.10b – 12b) geschieden werden muss.⁶⁰ Es fällt zudem auf, dass die Sätze, in denen Jhwh selbst spricht (V. 7b – 8.10 – 11), alle „von einem einheitlichen Thema beherrscht werden“:⁶¹ Jhwh habe David viele Frauen gegeben, dieser aber habe Jhwh verachtet und sich eine Frau genommen, die einem anderen gehörte; daher wird ihm Jhwh alle Frauen wegnehmen und einem andern überlassen. In V. 9aβ – 10a hingegen, die nicht direkt zur Gottesrede gehören, ist vielmehr vom Mord an Urija und der Bestrafung Davids durch das Schwert die Rede. Trotz möglicher redaktioneller Tätigkeit in 2Sam 12,7b – 12 fehlt es nicht an zahlreichen literarischen Bezügen und einer klaren Gliederung des Textes. In einer Tabelle lassen sich diese Bezüge folgendermassen darstellen:⁶²

 So Oswald, W. (2008, 120 f.).  Vgl. dazu auch Spr 13,13: ‫ ָבּז ְלָדָבר ֵיָחֶבל לוֹ‬.  Vgl. Hentschel, G. (1990, 126). Rost, L. (1926, 94) spricht von zwei „Drohreden“. Vgl. zudem Dietrich,W. (1972, 130 f.), der eine Schicht A (V. 8aαb.*9aα.10bβ.*11.12) und eine Schicht B (7b.8aβγ. *9aα.9aβγ.10abα) unterteilt, wobei Schicht B „Stück um Stück in A eingetragen“ worden sei. Zudem Dietrich, W. (2011d, 99), der von zwei Drohungen spricht: „erstens, dass das Schwert nicht mehr von seinem Haus weichen werde (12,10), zweitens dass ihm dereinst seine eigenen Frauen weggenommen werden sollten (12,11 f.).“ Vgl. auch Jones, G. H. (1990, 101 f.), der in 2Sam 12,7b – 10 und 2Sam 12,11– 12 „two separate additions“ sieht. Oswald, W. (2008, 141) hält eine literargeschichtliche Differenzierung zwischen den beiden Gerichtsworten für „nicht plausibel“.  Hentschel, G. (1990, 126).  Vgl. auch die Tabellen bei Oswald,W. (2008, 125) und Ku, C.-Y. (2009, 42) sowie die Gliederung des Textes bei Wagner, A. (2004, 172).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Auf die generelle Beschuldigung in V. 9aα und auf jene in V. 10bα führt Natan explizite Kritikpunkte und anschliessende Urteile an, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. In V. 9aβ kritisiert Natan David dafür, dass er Urija mit dem Schwert erschlagen habe (‫ נכה‬Hifil). Anschliessend präzisiert er, dass er ihn durch das Schwert der Ammoniter habe umkommen lassen (‫ הרג‬Qal). Es wurde vorgeschlagen, 2Sam 12,9b aufgrund dieser Wiederholung als sekundär anzunehmen.⁶³ Doch ist durchaus denkbar, dass die Doppelung beabsichtigt ist, insofern sie auch inhaltlich Ähnliches meint: Indem David Urija durch das Schwert der Ammoniter

 Vgl. Dietrich,W. (1972, 128 Anm. 75); Hentschel, G. (1990, 125); Stoebe, H. J. (1994, 298), Seiler, S. (1998, 261) u. a. Vgl. zudem Schroer, S. (1992, 169): „Die Formulierung in V.9 legt nahe, dass David Urija nach einer anderen Überlieferung vielleicht sogar eigenhändig umgebracht hatte.“ Ähnlich auch Dietrich, W. (21992, 30). Anders Oswald, W. (2008, 125 Anm. 80), der betont hat, dass David nicht entlastet wird, sondern auch in V. 9b das Subjekt des Tötens bleibt!

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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umbringen liess, hat er ihn eigentlich selber getötet.⁶⁴ Damit wird betont, dass Urija kein zufälliges Kriegsopfer ist, wie David in 2Sam 11,25 vorgibt.⁶⁵ Und dreimal wird dabei der Begriff ‫„( ֶחֶרב‬Schwert“) in V. 9 f. wiederholt. Weil David Urija mit dem Schwert umgebracht hat, soll das Schwert nun nicht mehr von seinem Haus weichen. Der Ausdruck ‫ ְוַעָּתה‬leitet von der konkreten Anklage zur Strafankündigung bzw. dem Urteil über:⁶⁶ Jhwh verhängt die Strafe nicht nur über David, sondern über sein ganzes Haus. Mit dem „key-word“⁶⁷ ‫ ַבּיִת‬wird in 2Sam 12,8bis.10.11.15 ein Schlüsselwort aus 2Sam 11,2.4.8bis.9bis.10bis.11.13.27 aufgegriffen. Die Strafe gilt zudem nicht nur vorübergehend, sondern ‫ַעד־עוָֹלם‬. Der Ausdruck ist innerhalb der David-Erzählungen sehr häufig (1Sam 20,15.23.42; 2Sam 3,28; 2Sam 7,13,16bis.16.24.25.26; 2Sam 22,25; 1Kön 2,33.45). In diesen Belegen geht es um den ewigen Bestand des Bundes zwischen David und Jonatan, um die Bekräftigung der Unschuld und die Standhaftigkeit der davidischen Dynastie. Mit der Ankündigung der immerwährenden Strafe fällt also ein dunkler Schatten auf die sonst positiven Aussagen über Davids ewige Herrschaft. Bei der zweiten konkreten Anklage fallen die Ähnlichkeiten zwischen V. 9aβ und 10bβ sofort auf.⁶⁸ Beide Male geht es um den Hetiter Urija und dessen Frau. Allerdings fehlt in V.10b der Vorwurf, dass David Urija umgebracht habe. Es wird lediglich betont, dass er die Frau Urijas genommen habe. Auch die Formulierung variiert leicht, einmal steht ‫( ְוֶאת־ִא ְשּׁתוֹ ָלַקְחָּת ְּלָך ְלִא ָשּׁה‬V. 9), einmal ‫ַו ִּתַּקח ֶאת־ֵא ֶשׁת אוּ ִר ָיּה‬ ‫( ַהִחִּתי ִלְהיוֹת ְלָך ְלִא ָשּׁה‬V. 10). Die erste Anklage Natans (V. 9) betont Davids doppeltes Fehlverhalten gegenüber Urija – dessen Ermordung und das Nehmen seiner Frau. Die zweite Anklage (V. 10) beschränkt den Vorwurf auf das unrechtmässige Nehmen der Frau des Urija. Urija wird lediglich einmal als Objekt angeführt (‫ֵאת‬ ‫ אוּ ִר ָיּה ַהִחִּתי‬V. 9), während seine Frau zweimal erwähnt wird (‫ ֶאת־ֵא ֶשׁת אוּ ִר ָיּה ַהִחִּתי‬V. 10 und ‫ ְוֶאת־ִא ְשּׁתוֹ‬V. 9; Batseba, wird allerdings in 2Sam 12,1– 15 nie namentlich genannt). Erst danach folgt die allgemeine Ankündigung eines Unglücks aus dem eigenen Haus (V. 11 ‫ ִמ ֵבּיֶתָך‬vgl. V. 10) und anschliessend erneut die Nennung einer konkreten Strafe für Davids Verhalten. Während in der Gottesrede in V. 8 zweimal

 So auch Alter, R. (22000, 259): „[…] it is as though David himself had wielded the sword.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 118).  Vgl. Oswald, W. (2008, 124).  Fokkelman, J. P. (1981, 86). Vgl. zur dynastischen Verwendung des Begriffs weiter unten mehr.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 86): „Yet another unfortunate result of the incorrect, traditional division into verses is that we are led to think that v. 9c and 10c are synonymous.This is not so.They both mention the same fact, but their focus is quite different. Whereas 10c indeed makes indictment against the adultery and the marriage of David and Bathsheba which is therefore based on sin, v. 9c views a special aspect thereof.“

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

festgehalten wird, dass Jhwh gibt (‫)נתן‬, wird in V. 9 f. zweimal betont, dass David die Frau Urijas genommen hat (‫)לקח‬.⁶⁹ Deshalb will Jhwh nun in 2Sam 12,11 David seine Frauen nehmen und sie seinem Nächsten geben (wiederum mit den gleichen Verben ausgedrückt). Es fällt auf, dass sich Vergehen und Strafe mit den Leitworten ‫ ֶחֶרב‬bzw. ‫ לקח‬sehr genau entsprechen⁷⁰ und literarisch eine immanente Verknüpfung zwischen dem Tun Davids und seinem späteren Ergehen festgehalten wird. Aus diesem literarischen Zusammenhang fällt lediglich die Ankündigung eines generellen Unglücks (‫ )ָרָעה‬heraus, das über Davids Haus kommen wird (V. 11). Sie bleibt vorerst ohne Bezug. Die Wiederholung der ‫ )ו(כה־אמר‬-Formel in V. 11 macht insgesamt deutlich, dass es nicht mehr um Davids Handeln und dessen Folgen geht, sondern um eine göttliche Strafe für Davids Verbrechen.⁷¹ Diese göttliche Strafe geht dabei über das Talionsprinzip hinaus und wird in V. 12 gegenüber der Tat ausdrücklich verschärft: Was David im Verborgenen getan hat, das wird Jhwh nun öffentlich machen. Zweimal wird dabei mit Variation die Sonne als Zeugin genannt:⁷² Das eine Mal werden allein die Augen dieser Sonne (‫ְלֵעי ֵני‬ ‫ ַה ֶשֶּׁמשׁ ַה ֹּזאת‬2Sam 12,11), das andere Mal ganz Israel gemeinsam mit der Sonne (‫ ָּכל־יִ ְשָׂרֵאל ְו ֶנ ֶגד ַה ָשֶּׁמשׁ‬2Sam 12,12) als Tatzeugen angeführt.⁷³ Diese Strafankündigung klingt hart und ausweglos. Nicht nur David allein, seine Dynastie und insbesondere seine Frauen sind vom göttlichen Gericht betroffen. Umso erstaunlicher ist, wie unmittelbar darauf folgend von Davids Schuldbekenntnis, Jhwhs Vergebung und einer abgeschwächten Wiedergutmachungsforderung berichtet wird (2Sam 12,13 – 15).⁷⁴ Davids „Reaktion beeindruckt dadurch, dass er seine Schuld ohne Zurückhaltung eingesteht und nicht versucht, seine Tat zu entschuldigen, andere mit hineinzuziehen […] oder mildernde Umstände geltend zu machen“.⁷⁵ Natan erklärt daraufhin (V. 13b), dass Jhwh David seine Sünden vergeben hat und David nicht sterben müsse.⁷⁶ In einem zweiten Teil seiner Rede (V. 14) fügt er jedoch eine konkrete Strafe an, die notwendig ist, um die

 Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 281) und Hentschel, G. (1990, 122).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 84): „The crime with the sword is answered with the sword, whereas God punishes the adultery by arranging an open and violating encroachment of David’s harem.“ Vgl. Klein, J. (2002, 80); Hentschel, G. (1990, 122) u. a.  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 117).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1981, 85).Vgl. ausführlich zur Bedeutung der Sonne in 2Sam 12,7– 12 van Wolde, E. (2003, 259 – 278).  Vgl. zum doppelten ‫ ֶנ ֶגד‬Klein, J. (2002, 77).  Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 251– 253).  Bar-Efrat, S. (2009, 119).  Vgl. zur Textkritik Aejmelaeus, A. (2007, 93) u. a.

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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Tat zu sühnen:⁷⁷ Der Sohn, den David unrechtmässig gezeugt hat und den ihm Batseba gebären wird, muss sterben. Damit bleibt Davids Verbrechen nicht einfach ungestraft, und es wird den Feinden Jhwhs (‫ )ֶאת־ֹא ְיֵבי ְיה ָוה‬kein Anlass zur Lästerung gegeben.⁷⁸ Sowohl die Sündenvergebung (V. 13) als auch die Todesankündigung (V. 14) werden mit der Konjunktion ‫ ַגּם‬eingeleitet, die hier „einerseits – andererseits“ bedeutet, wodurch die Vergebung von vornherein eingeschränkt ist:⁷⁹ Zwar muss das Kind sterben, doch beugt sich ein „von Gott und dem Propheten seiner Verbrechen überführter König […] mit seinem Schuldeingeständnis dem Propheten und bleibt dadurch am Leben.“⁸⁰ Es wird in letzter Konsequenz deutlich, dass David seinem eigenen Urteil in 2Sam 12,5 f. zu Folge zum Tod verurteilt ist; der Wille Gottes aber ist es, dass sein Kind und nicht er selber stirbt. Es fällt auf, dass Natan in 2Sam 12,1– 4.13 – 15 und 2Sam 12,7– 12 das Vergehen Davids nicht nur unterschiedlich gewichtet, sondern David auch grundverschiedene Strafen androht: Während Natan David in 2Sam 12,7– 12 ein Unglück, Krieg und das Wegnehmen der Frauen ankündet, sagt er ihm in 2Sam 12,14 den Tod seines Kindes voraus.⁸¹ Im Folgenden wird in einer synchronen Analyse der Frage nachgegangen, welche Drohungen, die Natan David in 2Sam 12,1– 15 ankündigt, sich innerhalb der weiteren Erzählung erfüllen und welche auf der Erzählebene als Bedrohung  Die Tatsache, dass nicht David, sondern sein Sohn stirbt, ist vermutlich weniger als Verminderung des Strafmasses zu verstehen als dass David etwas zur Wiedergutmachung hergeben muss – so Schenker, A. (1981, 49): „Aber etwas muss David hingeben, was die Stelle der Wiedergutmachung vertritt, wenn diese möglich wäre. Dafür verlangt Gott von ihm die Hingabe des Kindes.“  Von den „Feinden Jhwhs“ ist – im Gegensatz zu den „Feinden Davids“ – selten die Rede, nämlich nur noch in 1Sam 30,26 und Ps 37,20, von „deinen Feinden Jhwh“ in Ps 66,3; Ps 89,11.Wer in 2Sam 12,14 genau gemeint ist, ob „the sympathizers with the house of Saul“ – wie Daube, D. (1982, 287) vorgeschlagen hat – wird nicht weiter deutlich, zumal Davids Verbrechen ja auch im Verborgenen geschah. Es wurde deshalb angenommen, dass es sich bei ‫ ֶאת־ֹא ְיֵבי ְיה ָוה‬um einen Euphemismus handele und eigentlich gemeint sei, dass David Jhwh gelästert habe, was textkritisch jedoch kaum haltbar ist. Zum textkritischen Problem zudem McCarter, P. K. (41986, 296); Hentschel, G. (1990, 123 Anm. 23); Stoebe, H. J. (1994, 299); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 480); Kunz, A. (2003, 307 f.); Alter, R. (22000, 260); Campbell, A. F. (2005, 112); Firth, D. G. (2009, 424 f.); Auld, A. G. (2011, 464) u. a.  Vgl. Oswald, W. (2008, 127 f.).  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 253).  Beides wird sich, wenn auch auf unterschiedlichen literarischen Ebenen, erfüllen: Das eine kurzfristig in unmittelbarem literarischen Anschluss, das andere erst längerfristig innerhalb der weiteren Erzählung. Oswald, W. (2008, 129) hat zusammenfassend festgehalten: „Insgesamt hat David drei Tatfolgen zu gewärtigen: eine in kurzer Frist eintreffende, der Tod des Kindes, eine mittelfristig eintreffende, der Missbrauch seiner Frauen, sowie eine langfristig wirkende, das Wüten des Schwertes in seiner Dynastie.“

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

für die davidische Dynastie bestehen bleiben. Zum einen verwirklicht sich die Ankündigung Natans, dass Davids Sohn sterben werde (V. 14b), unmittelbar nach Natans Rückkehr in sein Haus in V. 15b: Jhwh schlägt das Kind (‫) ַו ִיּ ֹגּף ְיה ָוה ֶאת־ַה ֶיֶּלד‬,⁸² das „Urijas Frau“ dem David geboren hat, und es wird sehr krank (‫)אנשׁ‬. David, der sich unwissentlich als ‫ ֶבן־ָמ ֶות‬bezeichnete (V. 5), erfährt nun, dass sein Sohn (‫) ֵבּן‬ sterben (‫ )מות‬wird (V. 14).⁸³ 2Sam 12,15 – 23 berichtet sehr ausführlich von Davids qualvollem Kampf um das Leben seines Kindes: Er betet, fastet und liegt auf dem Boden, bis das Kind nach sieben Tagen stirbt (2Sam 12,18). Der gesamte Ablauf von der Ankündigung des Todes des Kindes über Davids Busse und seinem Kampf um das Leben seines Kindes bis hin zu dessen Tod ist integrierender Bestandteil der Erzählung.⁸⁴ Nicht David selbst, sondern sein Sohn stirbt; der König befindet sich ausserhalb der Lebensgefahr.⁸⁵ Schwieriger verhält es sich mit der Frage nach der Erfüllung der anderen Strafankündigungen, etwa der, dass das Schwert nicht mehr von Davids Haus weichen soll. Die Frage, welche der prophetischen Ankündigungen in 2Sam 12,9 – 12 mittel- und längerfristig eintreten und inwiefern die Zurechtweisung Natans zu einem „Deuteschlüssel für die Ereigniskette in diesem und den folgenden Kapiteln“⁸⁶ wird, ist nicht zuletzt deshalb schwierig zu beantworten, weil sich nirgendwo „an explicite fulfillment notice“⁸⁷ findet. David feiert vorerst einen wei-

 Vgl. auch 1Sam 25,38 und 1Sam 26,10, wo ebenfalls davon die Rede ist, dass Jhwh jemanden schlägt (‫)נגף‬. Bar-Efrat, S. (2009, 114) hat festgehalten: „Kap 12 handelt von der Reaktion des Herrn auf die Schuld Davids – am Anfang in Worten, vermittelt durch den Propheten Natan, und am Schluss durch die Tat, in Gestalt von Erkrankung und Tod des Kindes.“  Vgl. Pyper, H. S. (1996, 153): „David’s expletive describing ‘the man who has done this thing’ as a ‘son of death’ finds a fatal echo in Nathan’s warning that his ‘son’ will ‘die’, as in fact he does in 2 Sam 12:18.“  Dafür, dass 2Sam 12,14.16 – 23 sekundär ist, sprechen die Anonymität des ersten Kindes der Batseba sowie die Tatsache, dass 2Sam 11,27 gut an 2Sam 12,24bα anschliesst. Vgl. ausführlich dazu Veijola, T. (1990c, 85 – 91) sowie Rudnig, T. A. (2006, 54– 62). Seiler, S. (1998, 265 – 271) und Oswald, W. (2008, 139) gehen hingegen davon aus, dass 2Sam 12,15b – 24 von Anfang an zur Erzählung gehörte. Vgl. auch Stoebe, H. J. (1994, 309): „Die Ankündigung des Todes des Kindes ist also ein integrierender Bestanteil des Berichts. Sie auszuklammern, so daß der ursprüngliche Text bei ‫ ל ֹא ָתמוּת‬geendet hätte, ist ebensowenig berechtigt, wie es angeht, den ganzen Bericht von Krankheit und Tod des Kindes als nachträgliche Legende auszuscheiden, die die Tatsache verschleiern sollte, daß Salomo das Kind dieses Ehebruches war, um jeden Makel von ihm zu nehmen.“  Vgl. Dietrich, W. (2011d, 102): „Auch hier handelt es sich um eine abgemilderte Strafe, stand ursprünglich doch die Todesstrafe für David selbst im Raum. Seine Reue hat bewirkt, dass er verschont und dafür das Kind getroffen wird.“  Bar-Efrat, S. (2009, 114).  Lamb, D. T. (2010, 316).

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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teren militärischen Erfolg und nimmt die Stadt Rabba ein, als wäre nichts geschehen (2Sam 12,26 – 31). Erst danach kommt es zu Morden innnerhalb seiner Familie und zu gewaltsamen Aufständen. Das Schwert, das nicht mehr von Davids Haus weichen soll (2Sam 12,10a), kann „auf das gewaltsame Ende von Amnon, Absalom und Adonia […] (13,28 f.; 18,14; 1.Kön 2,25)“⁸⁸ bezogen werden, explizite literarische Hinweise gibt es dafür jedoch nicht. Dass sich weitere Drohungen innerhalb der Erzählung erfüllen, kann höchstens aufgrund der Stichwortverbingung ‫( ָרָעה‬2Sam 12,11) vermutet werden.⁸⁹ Zwar scheint die Androhung eines generellen Unglücks durch Natan in V. 11a auf David (‫ )ָעֶליָך‬beschränkt zu sein;⁹⁰ dennoch wird möglicherweise auf das angekündete „Unglück“ beziehungsweise „Unheil“ (‫ )ָרָעה‬in 2Sam 15,14; 16,8; 17,14; 19,8bis Bezug genommen.⁹¹ An diesen Stellen betrifft es allerdings nicht David allein, sondern seine gesamte Dynastie. Zweifellos erfüllt sich die Drohung, dass Jhwh David seine Frauen beziehungsweise Nebenfrauen wegnimmt (2Sam 12,11b – 12), in 2Sam 16,22.⁹² Anders als von Natan vorausgesagt, schläft Absalom allerdings nicht mit Davids Hauptfrauen, sondern ausdrücklich mit dessen Nebenfrauen (‫) ִפּיֶל ֶגשׁ‬, die David nach 2Sam 15,16 in Jerusalem zurückgelassen hat.⁹³ Ankündigung und Erfüllung der Strafe entsprechen sich aber insofern, als Absalom dies ausdrücklich auf dem  Stolz, F. (1981, 241).Vgl. auch Alter, R. (22000, 259): „The story of David’s son, not to speak of his descendants in later generations, will in fact turn out to be a long tale of conspiracy, internecine struggle, and murder.“ Ähnlich Brueggemann, W. (1990a, 281): „Now a long destiny of swordshaped life is promised, played out in the bloody history of David’s sons and, indeed, in the long course of the monarchy until the coming of deathly Babylon (II Kings 24– 25).“ Zuletzt McKenzie, S. L. (2010, 309) und Dietrich, W. (2011d, 99).  Vgl. Lamb, D. T. (2010, 323): „However, since the curse itself states that the sword would never leave his house (2 Sam 12,10) and since violence did characterize the reigns of his descendents, according to the books of Samuel and Kings, the sword curse should be understood to have ramifications that continue beyond the first generation.“  Vgl. Oswald, W. (2008, 225): „Diese beiden Gerichtsworte erweitern den Horizont der Untat Davids beträchtlich, indem sie ihre Folgen für die gesamte Dynastie thematisieren. In der älteren Fassung waren die Tatfolgen noch ganz auf die gegenwärtige Familie Davids konzentriert gewesen.“ Grossman, J. (2007, 563) argumentiert, dass „the cursing Shimei combines with the words of Nathan“.  Vgl. dazu auch Dietrich, W. (2011d, 99).  Vgl. Kapitel B. 3.2.1. Vgl. Oswald, W. (2008, 126): „Die Nathan-Rede transformiert Absaloms Zugriff auf Davids Frauen in ein Geschehen von Ankündigung und Erfüllung.“ Vgl. auch Langlamet, F. (1977, 161– 209); McCarter, P. K. (41986, 306); Fokkelman, J. P. (1981, 219); Brueggemann,W. (1990a, 283); Cartledge, T.W. (2001, 518);Van Seters, J. (2009, 300) sowie zuletzt Dietrich,W. (2011d, 98 – 102) und Müllner, I. (2011, 344).  Vgl. Seebaß, H. (1974, 207), der daher meint, dass dies „auf einem anderen Blatt“ stehe als die Unheilsankündigung in 2Sam 12,10b – 12, „da nach Davids Kalkül sein eigentlicher Harem nicht betroffen werden sollte“.

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Dach (‫ ָגּג‬2Sam 11,2bis; 2Sam 16,22)⁹⁴ und vor den Augen von ganz Israel tut (‫ַו ָיֹּבא‬ ‫ ַאְב ָשׁלוֹם ֶאל־ ִפַּל ְג ֵשׁי ָאִביו ְלֵעי ֵני ָּכל־יִ ְשָׂרֵאל‬2Sam 16,22; vgl. auch V. 21).⁹⁵ Insofern nach altorientalischem Denken „der Zugriff auf die Frauen der königlichen Familie die Erhebung des eigenen Anspruchs auf den Thron“⁹⁶ bedeutet, kann hier durchaus von der Darstellung einer Gefahr für Davids Königtum gesprochen werden. Bei einer diachronen Analyse stellt sich die Frage, ob die bedrohliche Gerichtsankündigung an David über verschiedene Redaktionsstufen hin verschärft oder entschärft wurde. Zum einen ist die Natan-Szene im unmittelbaren Erzählkontext von 2Sam 11 f. entbehrlich. Zum anderen ist 2Sam 12,1– 15 durchaus sorgfältig mit 2Sam 11 sowie dem weiteren Erzählkontext verknüpft. Diese Tatsache führte „zu unterschiedlichen literarkritischen Lösungen“.⁹⁷ Die These, dass 2Sam 12,1– 15* zum Grundbestand von 2Sam 11 f. gehörte,⁹⁸ wird genauso vertreten wie ihr Gegenteil.⁹⁹ Dass sich Natans Rolle in 2Sam 12,1– 15 stark von jener in den  Vgl. Garsiel, M. (1993, 253); Dietrich, W. (2011d, 100 f.).  Vgl. dazu Seiler, S. (1998, 264).  Thiel, W. (2005b, 125). Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 170). Vom „Eingehen“ bei der Frau als Gefährdung der Macht handeln etwa auch 2Sam 3,7– 11; 2Sam 16,20 – 23; 1Kön 2,13 – 25. Im ChicagoTaylor-Tonprismen III,37– 49 ist davon die Rede, dass Hiskija Sanherib unter anderem seine Töchter und Palastfrauen, Sängerinnen und Sänger nach Ninive schickte, vgl. TUAT 1, 390 und Weippert, M. (2010, 333). Auch KTU 1.15 V 22– 24 wurde für die Deutung herbeigezogen, jedoch ist die Stelle unsicher. Insgesamt ist die Deutung der Machtübernahme durch Beischlaf mit den Königsfrauen umstritten. So widerlegte beispielsweise Würthwein, E. (1994, 58 – 60) die immer wieder geäusserte Behauptung, in Juda habe die Übernahme des Harems des Vorgängers gleichsam zum Ritual des Thronwechsels gehört; vielmehr sei das in 2Sam 16,22 Geschilderte nichts anderes als „eine in Israel unerhörte Beschimpfung Davids durch seinen Sohn“ (60). Vgl. Fischer, A. A. (2004, 149 f.) und Dietrich, W. (2011d, 91 f.98 – 102).  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 250). Vgl. Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 234): „An der Frage, ob der Natanauftritt überhaupt zur ursprünglichen Gestalt von Kap.10 – 12 hinzugehört, polarisiert sich die Diskussion.“  Rost, L. (1926, 96) rechnet 2Sam 12,1– 7a.13.14.15a zur sogenannten „Nathansperikope“. Nach ihm – siehe Rost, L. (1926, 99) – gehört 2Sam 11,2– 12,7a.13 – 25 zur Thronfolgegeschichte.Vgl. Alter, R. (22000, 249); Ku, C.-Y. (2009, 44); Stoebe, H. J. (1994, 301 f.); Firth, D. G. (2009, 425); Auld, A. G. (2011, 464) u. a. Dazu Esler, P. F. (2005, 195): „Most critics […] fail to discern the extent to which 2 Samuel 10 – 12 is a tightly integrated and unified narrative.“ Ähnlich auch Naumann, T. (2000b, 35): „Literaturgeschichtlich gesehen ist die Ehebruch- und Mordgeschichte wohl von Anfang an als dunkle Folie und Bedingung des prophetischen Auftritts von Kap.12 entworfen.“ Und McCarter, P. K. (41986, 307): „[…] it is difficult to imagine 11:2– 27a + 12:15b – 24 existing in isolation from 11,27b – 12:15a. I prefer to think of the David-Bathsheba-Uriah-Nathan sequence (11:2– 12:24) as a wholly original work of a prophetic writer […].“  Veijola, T. (1990c, 104) nimmt an, dass die ursprüngliche Erzählung lediglich die Sätze 11,27b; 12,24bβ umfasst habe, die unmittelbar an die Batseba-Erzählung anschlossen. Würthwein, E. (1994, 40 – 53) geht davon aus, dass die Auftritte Natans in 2Sam 11,27b – 12,15a; 2Sam 12,25 später hinzugefügt worden seien. Vgl. Dietrich, W. (21992, 28): „Als jüngste Schicht des Kapitels läßt sich

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

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Erzählungen in 2Sam 7 und 1Kön 1 unterscheidet – einmal tritt er eher als Gerichtsprophet, einmal eher als Hofprophet auf –, ist zweifellos richtig, jedoch müssen sich beide Rollen nicht zwingend ausschliessen:¹⁰⁰ Es ist durchaus denkbar, dass „gerade der Natan, welcher David als gestrenger Mahner und Richter entgegengetreten ist, […] sich dem neugeborenen Sohn zuwenden und ihm, viel später, auf den Thron helfen“¹⁰¹ wird. Umgekehrt wird es jedoch kaum zufällig sein, dass sowohl in 2Sam 11 f. als auch in 1Kön 1 f. neben David, Batseba und Salomo jeweils auch Natan und Joab als Figuren auftauchen – die beiden Szenen also durchweg eine gewisse Ähnlichkeit haben, was vermuten liesse, dass auch Natan zu einer ursprünglich selbstständig überlieferten Batseba-SalomoNovelle gehört haben könnte.¹⁰² Schliesslich scheitern alle Versuche, die Negativzeichnung Davids aus der Erzählung in 2Sam 11 f. zu streichen:¹⁰³ Es wurde vorgeschlagen, dass ein altorientalisches Recht, wonach unter gewissen Bedingungen die von einem anderen Mann gezeugten Kinder bei der Rückkehr des ersten Ehemannes aus dem Krieg in dessen Obhut übergehen, auch in Israel

die gesamte Natan-David-Szene 11,27b – 12,15a abheben. DtrP hat sie unter kräftiger eigener Bearbeitung in den Erzählzusammenhang der Thronfolgegeschichte aufgenommen.“ Vgl. Dietrich, W. (2011d, 101 Anm. 28), der die Stelle nun dem Höfischen Erzähler zuschreibt und lediglich 2Sam 12,7– 9 als Zusätze von DtrP ansieht. Auch Bietenhard, S. (1998, 363) vertritt die These, dass 2Sam 12,1– 15a von DtrP eingefügt wurde. Nach Vermeylen, J. (2000, 644.652) ist 2Sam 12,1– 15 deuteronomistisch, jedoch in zwei Schüben entstanden: Zuerst wurde 2Sam 12,1a.9abα.10a.13abα.15aα von DtrP eingefügt, anschliessend hat DtrN 2Sam 12,1b – 8.9bβ.10b – 12.13bß – 14 ergänzt.Vgl. auch Dietrich, W. (1997, 260 f.); Seiler, S. (1998, 266); Klein, J. (2002, 180 f.); Fischer, A. A. (2004, 306); Rudnig, T. A. (2006, 55 f.227) u. a. Zuletzt Hunziker-Rodewald, R. (2010, 97.103) und Rudnig, T. A. (2010, 277), der hier sogar von einem Forschungskonsens spricht.  Vgl. Dietrich, W. (21992, 105). Oswald, W. (2008, 274) spricht von einem „weitgehend einheitlich konzipierte[n] Charakter“. Ebenso kommt auch Bodner, K. (2001, 53 f.) zum Schluss: „[…] I would submit that from a literary perspective, there is a consistency of characterization and inherent character development in the presentation of Nathan the prophet.“ Vgl. ausführlich zu den unterschiedlichen Rollen Natans auch Hentschel, G. (1998, 202– 208) sowie Huffmon, H. B. (2008, 33 – 42).  Dietrich, W. (21992, 105).  Vgl. zur sog. Batseba-Salomo-Novelle Dietrich, W. (1997, 253 – 257). Nach Dietrich, W. (1997, 254) gehörte jedoch unter anderem 1Sam 12,1– 15 nicht zur ursprünglichen Novelle, sondern wurde erst später vom Höfischen Erzähler ergänzt. Vgl. Dietrich, W. (2011d, 102): „M. E. könnte es sehr wohl der Höfische Erzähler gewesen sein, der über einen genügend weiten Erzählhorizont verfügte und den anscheinend sein Gerechtigkeitssinn zu der Annahme führte, dass David für sein Vergehen an Batscheba und Urija nicht nur an Leib und Leben (dem eigenen oder dem seiner Kinder) büßen, sondern gewissermaßen auch materiellen Schadenersatz leisten musste.“  Anders Kratz, R. G. (2000, 182): „Erst in einem späteren Stadium der Überlieferung und nach unserem davon geprägten moralischen Empfinden gilt die Batsebaepisode als Vergehen (I Sam 12) […].“

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Geltung gehabt habe.¹⁰⁴ Demgemäss hätte David Urija nicht im Krieg sterben lassen, um den Ehebruch zu vertuschen, „sondern damit keine Eventualität bestehender familienrechtlicher Regelungen je greifen kann“.¹⁰⁵ Trotzdem hat David mit seiner direkten Aufforderung an Joab, Urija im Krieg umkommen zu lassen (2Sam 11,15), ein Unrecht begangen, wodurch die Stranfankündigung Natans berechtigt bleibt. Der Auftritt Natans muss folglich zur Erzählung dazugehört haben, wenn „der Zusammenhang von Schuld, Gericht und Sühne des Machtmenschen David“¹⁰⁶ nicht zerrissen werden soll. Die Annahme, dass 2Sam 12,1– 15* von Anfang an zur Erzählung in 2Sam 11 f. beziehungsweise zu einer Batseba-Salomo-Novelle (2Sam 11 f. und 1Kön 1 f.) gehörte, soll deshalb in diesem Kontext als These vorausgesetzt werden. Eine andere Frage ist – wie oben bereits angetönt –, ob 2Sam 12,1– 15 an sich einheitlich ist und ob der unbeugsame Kritiker des Königs von Anfang an als Vorhersager zukünftiger Ereignisse, wie sie sich in 2Sam 12,7b – 12 finden,¹⁰⁷ aufgetreten ist.¹⁰⁸ Für die sekundäre Einfügung von 2Sam 12,7b – 12 sprechen folgende Argumente:

 Hunziker-Rodewald, R. (2010, 99 f.) verweist auf Dtn 24,5 und auf die mittelassyrische Gesetzgebung MAG.A § 36. Vgl. auch Dtn 20,7. Vgl. zudem Bodi, D. (2010, 216 – 220).  Hunziker-Rodewald, R. (2010, 102). Allerdings müsste dann im Kontext der Erzählung auch die Szene, in der David Urija das Kind unterschieben will (2Sam 11,6 – 13), erklärt werden können. Vgl. dazu auch Halpern, B. (2010c, 106). Einen ähnlichen Gedanken formulierte bereits Seebaß, H. (1974, 211), wenn er meint, dass das Neugeborene sterben müsse, da zum „Zeitpunkt der Zeugung des potentiellen Thronfolgers Uria der eheliche Herr und Eigentümer der Bathseba gewesen war“.  Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 235). Ähnlich argumentiert auch schon Rost, L. (1926, 97).  Bereits Rost, L. (1926, 96) hielt V. 7bff. und 11 f. für sekundär, allerdings sieht er keine deuteronomistische Redaktion dahinter. Für sekundär halten die V. 7b – 12 ebenfalls Bailey, R. C. (1990, 111); Jones, G. H. (1990, 96); Stoebe, H. J. (1994, 306); Seiler, S. (1998, 260); Rudnig, T. A. (2006, 56); Oswald, W. (2008, 225) u. a. Sehr vorsichtig auch Campbell, A. F. (2005, 118): „For a number of reasons, it has been thought that vv. 7b – 12 might be an expansion of Nathan’s original speech, emphasizing what is latent in the sequence of the narrative.“ Hentschel, G. (1998, 190) sieht in 2Sam 12,1– 5.7a.15a die alte Erzählung, ähnlich Werner, W. (1988, 255), der in 2Sam 12,9a.10.14.15 – 25 eine Redaktion, „die der chronistischen Vergeltungstheologie nahesteht“, erkennt. Anders McCarter, P. K. (41986, 300): „Verses 7b – 12, then, are not likely to be secondary to the prophetic narrative in chaps. 10 – 12; on the contrary, they contain a clear expression of its viewpoint, and they contribute directly to its chief purpose, viz. the theological interpretation of chaps. 13 – 20 […].“ Sowie Dietrich, W. (1972, 132): „Soviel steht jedenfalls fest, dass DtrP, wenn überhaupt etwas, dann nicht nur den Abschnitt V. 7b – 12 interpoliert haben kann; denn einerseits ist die Schicht A dafür zu eng mit V. 1– 4.5 f.13 f. verzahnt, andererseits ist sie nicht geschlossen genug, als daß man in ihr eine selbständig tradierte Überlieferungseinheit sehen könnte.“ Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 483 – 485) halten V. 11 f., möglicherweise auch V. 6, für eine deuteronomistische Redaktion, während sie den Rest des Textes der „composition du Sadocide“ zuschreiben.

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)



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Erstens bestehen gewisse innertextliche Spannungen: Während David in V. 5 den Mann im Gleichnis als ‫ ֶבן־ָמ ֶות‬bezeichnet, und ihm Natan verkündet, dass David selbst dieser Mann sei (V. 7), geht Natan erst sehr viel später in V. 13 auf das von David über sich selbst gesprochene Todesurteil ein.¹⁰⁹ Natan kündet David hier den Tod seines Sohnes an, während er ihm selbst beziehungsweise seiner Dynastie viel schwerere Strafen auferlegt.¹¹⁰ 2Sam 12,7b – 12 erscheinen also als Einschub, in dem etwas anderes kritisiert und ein anderes Urteil verkündet wird als in 2Sam 12,1– 4.13 – 15. In der Grunderzählung 2Sam 12,1– 7a.13 – 15 wird in der Parabel lediglich beanstandet, dass David die Frau des Hetiters Urija unrechtmässig an sich genommen und skrupellos seinen „Besitz“ vermehrt habe. Die Ermordung Urijas wird nicht angeführt.¹¹¹ Erst in der späteren Einfügung 2Sam 12,7b – 12 wird Davids Schuld am Tod Urijas ausdrücklich benannt und ausserdem theologisch erweitert: Natan geht in seiner Rede in 2Sam 12,7b – 12 vom Missachten des Wortes Jhwhs und dem Mord an Urija (V. 9) aus und rekurriert erst anschliessend auf das Unrecht, dass David die Frau eines anderen zur Frau genommen hat (V. 10b). Schliesslich unterscheidet sich auch die Strafandrohung Natans. In der Grunderzählung 2Sam 12,1– 7a.13 – 15 kündigt Natan David an, dass sein Kind sterben wird (V. 14). Das kann als eine Art Sühneleistung verstanden werden, die sofort erbracht werden muss, aber auch die gesamte Schuld tilgt. Erst im späteren Einschub 2Sam 12,7b – 12 droht Natan David zahlreiche Strafen an, die langfristige Folgen haben, unter anderem für Davids gesamte Dynastie. Zwar schliesst das eine das andere nicht unbedingt aus, doch geht es insge-

 Naumann, T. (2000b, 36) hat festgehalten, dass Natan in 2Sam 12,1– 15 in zwei verschiedenen Rollen, nämlich als „Erzähler“ und als „Prophet“ agiert.Vgl. ausführlich zu den unterschiedlichen hier verwendeten Kommunikationsformen Naumann, T. (2000b, 43 f.)  Oswald,W. (2008, 141) vertritt die Ansicht, dass schon in Natans Ankündigung in 2Sam 12,11, Davids Frauen werden ihm einst vor seinen Augen weggenommen, deutlich werde, dass ihn sein eigenes Urteil nicht treffen wird, „wohingegen Nathan diese Auskunft in 12,13b so erteilt, als wäre sie eine Neuigkeit“.  Vgl. Rost, L. (1926, 95).  Dietrich, W. (21992, 29 f.) führt hierfür folgende Gründe an: „Entweder setzt die Prophetenerzählung eine Version des David-Batseba-Skandals voraus, die vom Mord an Uria (noch) nichts wußte, sondern z. B. damit rechnete, bei seinem Tod im Ammoniterkrieg sei alles mit rechten Dingen zugegangen; oder die Parabel war auf den David-Batseba-Skandal, in dem es um Ehebruch und Mord ging, nicht von vornherein ausgerichtet, stellte vielmehr ein frei verfügbares Motiv dar, das auf viele Fälle von Gewalttat Mächtiger gegen Machtlose zutreffen bzw. angewendet werden konnte.“ Vgl. dazu auch Klein, J. (2002, 182). Ausführlich zur Frage, welches Verbrechen die Parabel voraussetzt, äussert sich auch Hentschel, G. (1998, 191). Schipper, J. (2007, 288) schlägt aus der Sicht Davids eine andere Deutung der Parabel vor: „The rich man (Joab) takes the ewe lamb (Uriah) from the poor man (Bathsheba) and slaughters it in order to please the traveler (David).“

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

samt um unterschiedliche Kategorien: Wenn Natan sagt, dass Jhwh Davids Sünden vergeben hat (‫ ַגּם־ ְיה ָוה ֶהֱעִביר ַח ָּטאְתָך‬V. 13), bezieht sich dies jedoch nur auf 2Sam 12,5, nicht aber auf 2Sam 12,7b – 12. Es kann also insgesamt angenommen werden, dass auf die zwei Worte Natans (‫ ַאָּתה ָהִאישׁ‬V. 7) ursprünglich die zwei Worte Davids (‫ ָחָטאִתי ַליה ָוה‬V. 13) folgten, Natan daraufhin David die göttliche Vergebung versprach und ihm den Tod seines Sohnes ankündigte.¹¹² Zweitens verweisen zahlreiche Wörter und Formulierungen auf eine deuteronomistische Prägung der V. 7b – 12 und weichen „durch einen eigenen Wortschatz vom Kontext ab“.¹¹³ So wird statt des in V. 9 verwendeten Begriffs ‫„( בזה‬das Wort Jhwhs verachten, geringschätzen“) in V. 14 der Begriff ‫נאץ‬ verwendet.¹¹⁴ Zudem wird das Wort ‫ ַבּיִת‬dynastisch im Sinn von „Geschlecht“ gebraucht (V. 8.10.11, anders dagegen in V. 15.17.20 u. a.).¹¹⁵ Auf die Bezüge zu 2Sam 7, das grösstenteils als deuteronomistisch beurteilt wird, wurde oben bereits hingewiesen.¹¹⁶ Der Ausdruck ‫„( עשה ָה ַרע ְבֵּעי ַני‬Böses tun in den Augen [Jhwhs]“) gilt als typisch deuteronomistisch und kommt sonst noch in Dtn 4,25; 9,18; 17,2; 31,29; Num 32,12; Ri 2,11; 3,7.12; 4,1; 6,1; 10,6; 13,1; 1Sam 15,19; Jer 7,30; 18,10; 32,30; Jes 65,12 und mehr als vierzigmal in den Königebüchern vor.¹¹⁷ Die Formulierung ‫ ֵמִקים ָרָעה על‬kommt zwar sonst nicht mehr vor, zeigt aber ebenfalls gewisse Ähnlichkeit mit deuteronomistischer Sprache.¹¹⁸ Mit der vierfachen Verwendung von „Israel“ (V. 7bis.8.12) wird der grössere, umfassendere Horizont sichtbar.¹¹⁹ Schliesslich wird aber insgesamt etwa durch das Schema von Strafansage und Erfüllung bzw. das sog. „WeissagungsErfüllungs-Prinzip“¹²⁰ (V. 6.10b.11– 12) deuteronomistisches Gedankengut

 Vgl. Hentschel, G. (1990, 128): „Natans Reaktion auf das spontane Urteil Davids über den Reichen im Paradigma beschränkte sich auf den kurzen Satz: ‚Du bist der Mann‘ (V. 7b.).“ Anders allerdings Dietrich, W. (1972, 130 f.).  Hentschel, G. (1990, 122). Vgl. Dietrich, W. (1997, 28): „Auf relativ sicheren dtr Boden gelangt man jedenfalls in den Natan-Kapiteln 2.Sam 7 und 12 […].“ Vgl. Dietrich, W. (1972, 131). ‫ַעד־עוָֹלם‬ (V. 10) begegnet allerdings auch in vordeuteronomistischen Texten. Dazu auch Hentschel, G. (1998, 201 Anm. 99).  Vgl. Werner, W. (1988, 248).  Vgl. Hentschel, G. (1990, 122).  Vgl. zudem Renaud, B. (1994, 5 – 61).  Vgl. Weinfeld, M. (21983, 339); Dietrich, W. (1972, 131) u. a. Vgl. dazu zuletzt Lamb, D. T. (2010, 321): „Typical Deuteronomistic terminology is used as the rulers are condemned for disobedience to divine commands.“  Vgl. Dietrich, W. (1972, 131) und Seiler, S. (1998, 263).  Vgl. Hentschel. G. (1990, 122).  Vgl. Dietrich, W. (21992, 29).

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)



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greifbar.¹²¹ Der Redaktor zeigt sich also nicht besonders „davidkritisch“ – die Tat Davids war ja bereits zuvor erzählt worden –, sondern stellt Davids Handeln lediglich in den grösseren Zusammenhang von Verheissung und Erfüllung, der die nachfolgenden dunklen Momente innerhalb der DavidErzählungen erklären soll.¹²² Dazu gehört auch, dass in der Jhwh-Rede gerade nicht darauf hingewiesen wird, Jhwh habe David viele Frauen gegeben (V. 8). Dies erinnert an Dtn 17,17, wo verlangt wird, dass der König nicht viele Frauen haben soll, damit sein Herz sich nicht von Gott abwende.¹²³ Drittens ist lediglich in 2Sam 12,7b – 12 ein grosser literarischer Kontext vorausgesetzt: Inhaltlich werden sich die Androhungen Natans,wie oben gezeigt, erst viel später erfüllen. Zudem bezieht sich V. 7b zurück auf Davids Salbung (1Sam 16,1– 13, 2Sam 2,4; 5,1– 5) und seine Verfolgung durch Saul (1Sam 19 – 26*) – allesamt Texte, die wohl nicht zur ältesten David-Erzählung gehört haben. Es fallen zahlreiche formale Übereinstimmungen mit dem grösseren literarischen Kontext des deuteronomistischen Geschichtswerkes auf: So erinnert der Aufbau von 2Sam 12,7– 12 mit seinem heilsgeschichtlichen Rückblick und dem auf die Zukunft bezogenen Urteil nicht nur an die Rede Samuels in 1Sam 15,17– 19,¹²⁴ sondern auch an die Reden Ahias von Schilo in 1Kön 11,31– 39 und 1Kön 14,7– 16¹²⁵ sowie an die Rede Jehus ben Hanani in 1Kön 16,2– 4 und an diejenige eines anonymen Prophetenjüngers in 2Kön 9,6 – 10.¹²⁶

 Vgl. Naumann, T. (2000b, 48): „Denn die deutlich deuteronomistisch erweitere Gerichtsrede Natans in V.7b – 12 betont die politischen Aspekte der von Gott verliehenen Herrschaft, die David mit dem hier mehrfach erwähnten Mord an Urija mißbraucht habe, und reflektiert die Folgen für die königliche Dynastie in Israel.“ Vgl. ferner Stoebe, H. J. (1994, 308); Bailey, R. C. (1990, 111) u. a.  Vgl. Lamb, D. T. (2010, 316): „Ironically, Dtr has jhwh speak in parallel language to declare that both his mercy (‫ )ֶחֶסד‬and the sword (‫ )ֶחֶרב‬will never leave David’s family.“ Anders Van Seters, J. (2003, 117): „But we can say for a certainty that it is not a Deuteronomist. It is simply not possible to believe that at one point David can be accused of being a king who, like Ahab, does evil in the eyes of Yahwe and shows contempt for the word of Yahweh, and at another point be heaped with praise for doing only what was right in the eyes of Yahweh and for being completely obedient to all his laws.“  Gegenteilig fällt das Urteil von Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 484) aus: „On voit là que l’auteur ne peut guère être un deutéronomiste, car un adepte de cette école n’aurait pas manqué de rappeler que le roi ne doit pas avoir trop de femmes (Dt. 17.17 ; cf. 1 R. 11. 1– 3).“  Die sprachlichen Ähnlichkeiten zwischen 1Sam 15 und 2Sam 12,1– 15 sind auffallend. Vgl. zum Vergleich mit 1Sam 15 ausführlich Klein, J. (2002, 76 – 80), McCarter, P. K. (41986, 300) und Auld, A. G. (2011, 465 f.).  Van Seters, J. (2003, 117) hat allerdings darauf hingewiesen, dass David in 1Kön 14,8 als positives Vorbild und Massstab herangezogen wird, was nicht mit 2Sam 12,1– 15 in Übereinstimmung gebracht werden kann. Zuletzt Van Seters, J. (2009, 295).  Zu den von DtrP aufgenommenen älteren Erzählungen siehe Dietrich, W. (21992, 110 – 132).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Schliesslich geht es in 2Sam 12,1– 15, besonders aber in 2Sam 12,7b – 12, ebenso wie in 1Kön 21 um die Frage, wie weit ein König eine auf Egalität und gegenseitige Anerkennung ausgerichtete Gesellschaft umgestalten darf, weil er die Macht dazu hat. Trotz dieser zahlreichen Argumente für eine redaktionelle Herkunft von V. 7b – 12 darf nicht übersehen werden, dass die Einfügung an diesen Ort sehr geschickt vorgenommen wurde: So bestehen durchaus Stichwortverbindungen zwischen dem Gleichnis in 2Sam 12,1– 4 und der in 2Sam 12,7b – 12 folgenden Rede Natans. Die entscheidenden Stichworte sind dabei ‫ לקח‬und ‫ֵחיק‬:Wie im Gleichnis der reiche Mann das Schaflamm des armen Mannes nimmt (‫ לקח‬2Sam 12,4b), so nahm (‫)לקח‬ sich David die Frau des Hetiters Urija (2Sam 12,9a.10b; vgl. ebenso schon in 2Sam 11,4) – abweichend davon wird in 2Sam 11,27 das Verb ‫ אסף‬verwendet. Und wie das Schaflamm im Schoss (‫ )ְבֵחיק‬des armen Mannes schlief (2Sam 12,3b), so schliefen auch die Frauen in Davids Schoss (‫ ְבֵחיק‬2Sam 12,8a). In 2Sam 12,1– 7a wird das Wort ‫ ִאישׁ‬siebenmal verwendet (V. 1.4tris.5bis.7), ebenso kommt in 2Sam 12,7b – 12 das Wort ‫ ִא ָ ׁשּה‬siebenmal vor (V. 8.9bis.10bis.11bis).¹²⁷ Während 2Sam 12,7b – 12 mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit als sekundärer, deuteronomistischer Nachtrag angesehen werden kann, ist der historische Kontext für die vordeuteronomistische Erzählung¹²⁸ äusserst schwierig zu ermitteln. Häufig wurde die Königszeit, präziser die „fortgeschrittene[n] Königszeit“¹²⁹ angenommen. In ihrer Beschreibung widerspricht 2Sam 12,1– 4 dem

 Vgl. Hentschel, G. (1994b, 48).  Allerdings ist auch eine vordeuteronomistische Grunderzählung umstritten: Kunz, A. (2004, 198 – 201) datiert sie in den Übergang vom 6. ins 5. Jh. v.Chr. und sieht insgesamt den „Deuteronomismus und seine Zeit als Entstehungshintergrund von 2Sam 11 f.“; Rudnig, T. A. (2006, 349) schreibt 2Sam 12,1– 15a* einer Theodizee-Bearbeitung zu, die er in „das fortgeschrittene vierte, eher aber das dritte Jahrhundert v.Chr.“ datiert. Van Seters, J. (2003, 115) nimmt ebenfalls einen nachdeuteronomistischen Kontext an. Vgl. zuletzt McKenzie, S. L. (2010, 312), der festhält, dass 2Sam 11 f. „is a post-Dtr addition to the book of Samuel“.  Oswald, W. (2008, 270). Hunziker-Rodewald, R. (2010, 103 f.) datiert 2Sam 11– 12, allerdings ohne 2Sam 12,1– 15a, an das Ende des 7. Jh. v.Chr. Vgl. auch Naumann, T. (2000b, 35): „Der Erzählzusammenhang setzt m. E. schon in seiner ältesten Gestalt die Erfahrungen eines gegenüber der staatlichen Macht kritischen Prophetentums in Juda voraus, ist also historisch nicht vor dem 8. Jh. denkbar.“ Sowie Campbell, A. F. (2005, 122): „As presently formulated, the story fits remarkably well with a setting at Jerobeam’s court in the north, with particular concern for the role of the counselor in royal affairs […].“ Hutton, J. M. (2009, 192) kommt zum Schluss: „This identification would supply a terminus ante quem of the pro-Solomonic additions in 2 Sam 11:2– 12:24(25)* + 1 Kings 1– 2* at the time of the formation of the PR [Prophetic Record] sometime between the late-9th and mid-8th centuries. Of this material, the prophetic addition(s) in 12:1– 15a* may be safely ex-

4.1. „Du bist der Mann…“ – Strafandrohungen durch Natan (2Sam 12,1 – 15)

251

Standard einer weitgehend egalitären Gesellschaft, wie sie in der vorstaatlichen Zeit und frühen Königszeit vorauszusetzen ist. Auch die Funktion Davids als Richter steht hier nicht im Zentrum.¹³⁰ Vielmehr geht es, wie in 1Kön 20,35 – 43, darum, dass ein Prophet durch eine Zeichenhandlung beziehungsweise eine Erzählung dem König sein Fehlverhalten vorhält und ihn dazu veranlasst, ein Urteil über sich selbst zu fällen.¹³¹ Sprachlich finden sich in 2Sam 12,1– 7a.13 – 15 kaum Anhaltspunkte, ausser dass die Parabel verschiedene Ausdrücke enthält, „that are relatively rare in biblical prose narrative“.¹³² Die literarischen Verbindungen nach vorne zur sogenannten Aufstiegsgeschichte (‫ ֶבן־ָמ ֶות‬1Sam 20,31; 26,16) und zum weiteren Kontext (‫ ָחָטאִתי‬1Sam 15,24 f.30; 1Sam 20,1; 1Sam 26,21; 2Sam 19,21; 2Sam 24,10.17 u. a.)¹³³ sind so gering, dass keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden können. Wenn aber eine präzise, literarhistorische Verortung damit ausgeschlossen ist, so kann doch festgehalten werden, dass die Grunderzählung 2Sam 11 f.* „wohl nicht zum ältesten Bestand der Überlieferung“¹³⁴ von David gehörte. Die Erzählung in 2Sam

cised from the hypothesized earlier material, leaving as the probable maximal extent of the earliest pro-Salomonic additions 2 Sam 11:2– 27*; 12:15b – 24(25)* + 1 Kings 1– 2*.“  Vgl. zur richterlichen Funktion des Königs Weippert, M. / Janowski, B. (1995, 515): „Auf dem Gebiet der Rechtspflege blieb die traditionelle Ortsgerichtbarkeit erhalten; das Königsgericht war für Fälle (z. B. von alleinstehenden Frauen) zuständig, die dort nicht verhandelt werden konnten, und diente als Berufungsinstanz.“ Auch beim Versuch, die Natan-Parabel juristisch zu interpretieren und anzunehmen, Natan käme, wie die weise Frau von Tekoa (2Sam 14), mit einem real möglichen, wenn auch fingierten, Rechtfall zum König, worauf dieser ein Urteil spräche, ergeben sich Probleme: So erscheint etwa das königliche Todesurteil für einen Diebstahl als unverhältnismässig und die Abwesenheit der Konfliktparteien sowie die Rolle Natans als Kläger als unpassend. Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 247 f.) sowie Seebaß, H. (1974, 205); Hentschel, G. (1998, 189 f.); Pyper, H. S. (1996, 89 f.101– 106) und Wénin, A. (2003, 158 – 163). Zuletzt ausführlich Schipper, J. (2007, 383 – 385), der zum Schluss kommt: „Since no other biblical prophet presents another person’s legal case to the king, one has little reason to believe that Nathan provides an exception.“ Die Tatsache, dass in der Erzählung von Natan (2Sam 12,1– 4) mit den Darstellungen des Reichen und des Armen als gegensätzliche Figuren eindeutig typisiert wird, spricht eher für eine literarische Interpretation, wo eine fiktive Geschichte zum Schlüssel für die Wahrheit wird.  Vgl. Gunn, D. M. (1976, 217– 220); Bailey, R. C. (1990, 108) sowie de Vries, S. J. (2004, 218 – 223).  Alter, R. (22000, 257). Die Ausdrücke ‫( ָע ִשׁיר‬reich) und ‫( ואשׁ‬arm) kommen nur noch in Spr 10,4; 13,7.8; 14,20; 18,23; 22,2; 28,6 im gleichen Vers vor – so Schipper, J. (2007, 385).Vgl. dazu auch Auld, A. G. (2011, 465).  Vgl. dazu Kapitel B. 4.3.  Naumann, T. (2000b, 47). Vgl. Hutton, J. M. (2009, 201): „Nonetheless, if it is possible to link the base text of Nathan’s oracle (2 Sam 12:1– 5a) to a pre-Deuteronomistic stratum rather than to a prophetically-concerned Deuteronomist’s editorial work (DtrP), then we have here evidence for the

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

12* ist zweifellos königskritisch oder präziser ausgedrückt „david-kritisch“, insofern hier Natan im Auftrag Gottes erscheint, um David sein lasterhaftes Leben vor Augen zu führen und ihm die göttliche Strafe anzukünden. Dies sagt aber nichts über das Alter der Erzählung aus. Die Rezeption von 2Sam 11 f. in 1Kön 15,5¹³⁵ und Ps 51,2 – allerdings nicht in 1Chr 20,1– 3! – dürfte Beweismittel genug dafür sein, dass das Vergehen Davids nicht einfach verblasste, sondern „auch in späterer Zeit produktiv rezipiert“,¹³⁶ vielleicht auch produziert wurde. Schliesslich ist Davids Sünde lediglich ein Aspekt, denn David wird genauso als vorbildlicher Büsser dargestellt, der seine Tat aufrichtig bereut. Neben der prophetischen Kritik an David und seiner Busse gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt der Erzählung in 2Sam 12,1– 15, nämlich die „Entmachtung“ des Königs und der davidischen Herrschaft:¹³⁷ Davids Handeln wird in klare Schranken verwiesen; dabei entspricht das „beschnittene Machtpotenzial des Königs […] der Forderung in Dtn 17,20, nach der der König unter seinen Brüdern ein Gleicher unter Gleichen ist.“¹³⁸ Die angekündigte Strafe wird sich zum einen sofort, zum andern aber Schritt für Schritt über Generationen hin (‫ )ַעד־עוָֹלם‬erfüllen und das Haus Davids zutiefst erschüttern. David wird nicht als Alleinverantwortlicher dargestellt,¹³⁹ aber doch als Mitschuldiger an „the destruction of the kingdom of Judah“.¹⁴⁰ Es geht somit in 2Sam 11 f. nicht um eine moralisch abstrakte Schuld- und Sühnedebatte, sondern um Deutung und Erklärung der Nachwirkungen dieser einmal angedrohten Strafen und um die Frage nach der Ursache aktueller göttlicher „Bedrohungen“.¹⁴¹ Dabei kommt der Vergebung lediglich geringe Bedeutung zu.¹⁴² Alles in allem: „there are two

pre-Deuteronomistic compilation of the SN [Succession Narrative], and hence for the pre-Deuteronomistic juxtaposition of the monarch-type and deliverer-type versions of Transjordan.“  Allerdings fehlt ‫ ַרק ִבְּדַבר אוּ ִר ָיּה ַהִח ִּתי‬in der LXX. Vgl. McKenzie, S. L. (2010, 310).  Naumann, T. (2000b, 47).  Vgl. Dietrich, W. (1994, 20): „Meinten die Könige, Geschichte zu machen, so standen die Propheten für Gott als den Herrn der Geschichte ein. Wie er den Mächtigen Macht verleiht (II Sam 7,11 ff; IReg 1), so kann er sie begrenzen und entziehen (II Sam 7,1 ff; 12); seine ohnmächtigen, über nichts als das Wort verfügenden Boten spielen dabei eine seltsam machtvolle Rolle.“  Kunz, A. (2004, 199).  So Van Seters, J. (2003, 118).  Van Seters, J. (2003, 118).  Brueggemann,W. (1990a, 281): „Such a hovering of danger from Yahweh belongs to the world of prophetic reality.“ Vgl. auch Campbell, A. F. (2005, 121): „The more extensive narrative […] moves precisely to address the long-term implications of what David has done.“  Anders Rudnig, T. A. (2010, 275): „2 Sam 11 f ist, so wie er vorliegt, als paradigmatischer Erzählkomplex von Schuld und Vergebung zu sehen.“

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

253

serious threats“¹⁴³ und es ist offensichtlich, dass Davids Vergehen auch mit dem Tod hätte bestraft werden können.

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land und für David (2Sam 21,1 – 14 und 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1) 2Sam 21,1– 14 und 2Sam 24,1– 25 par. 1Chr 21,1– 22,1 erzählen von einer drei Jahre andauernden Hungersnot beziehungsweise einer drei Tage lang wütenden Epidemie und deren katastrophalen Folgen. Obwohl David hier nicht direkt bedroht zu sein scheint, ist er doch der Hauptexponent des göttlichen Zorns, der sich in Form von Naturkatastrophen äussert.¹⁴⁴ Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen, Heuschreckenplagen oder Epidemien, aber auch Kriege werden häufig als strafendes Handeln Gottes respektive als Indikator für ungesühnte Schuld gedeutet. In diesem Sinn erstaunt es nicht, dass der Begriff ‫ ֶּדֶבר‬, der eine tödliche Epidemie, die Menschen und Tiere (Ex 9,3) befällt, bezeichnet,¹⁴⁵ nie profan verwendet, sondern immer als „eine von Gott gesandte Strafe für den Ungehorsam“¹⁴⁶ verstanden wird. Wesentlich lockerer ist hingegen das Verhältnis von Schuld und Strafe bei einer Hungersnot: Der Ausdruck ‫ ַו ְיִהי ָרָעב‬kommt im Alten Testament sechsmal vor (Gen 12,10; 26,1; 41,54; Ruth 1,1; 2Sam 21,1; 2Kön 6,25), ohne dass – abgesehen von 2Sam 21,1 – ein zuvor begangenes Vergehen dafür verantwortlich gemacht würde.¹⁴⁷ Die beiden Naturkatastrophen, die das davidische Reich heimgesucht haben sollen, werden direkt mit dem göttlichen Zorn in Verbindung gebracht. Nicht nur David, sondern insbesondere das Volk bekam diese göttliche Strafe unmittelbar zu spüren. Es handelt sich um Erzählungen von „catastrophes de dimension natio-

 Jones, G. H. (1990, 106): „Not only are there two serious threats in the oracles contained in vv. 7b – 12, but it is obvious from David’s conversation with Nathan in v. 13 that his admission of guilt could lead to punishment by death […].“  Simon, L. T. (2000, 41) spricht hier treffend von „disasters which endanger life and fertility of the land“.  Obwohl das Wort ‫ ֶּדֶבר‬im Folgenden gelegentlich mit „Pest“ übersetzt wird, wird nicht vorausgesetzt, dass es sich um eine durch den Erreger Yersinia pestis hervorgerufene Epidemie handelt. Medizinische Rückschlüsse sind in diesem Fall nicht möglich. Neben dem Begriff ‫ֶּדֶבר‬ (2Sam 24,13.15) taucht in 2Sam 24 auch das seltenere Wort ‫( ַמ ֵגָּפה‬2Sam 24,21.25; vgl. Num 25,9; 31,16) auf. Es kann generell etwa als „Schlag“ oder „Katastrophe“ übersetzt werden.  Mayer, G. (1977, 133). Dies wird besonders deutlich in Num 14,12; Dtn 28,21 und Ps 78,50. Eine Ausnahme bildet eventuell Ps 91,3.  Vgl. Simon, L. T. (2000, 89 f.).

254

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

nale“.¹⁴⁸ In der Forschung wurde deshalb vermutet, dass diese Erzählungen am Ende der Samuelbücher (2Sam 21– 24) „dismantle the high royal theology which has been enacted elsewhere in the narrative“.¹⁴⁹ Im Folgenden gilt es dementsprechend, der Rolle des Königs David im Kontext dieser beiden „Bedrohungen“ Hungersnot und Pest besondere Beachtung zu schenken.¹⁵⁰ David wurde in den vorangehenden Erzählungen bereits mehrfach als einer dargestellt, auf den Gefahren lauerten, aus denen er sich immer wieder erfolgreich befreien konnte.Wird ihm das hier auch gelingen? Wird er als Held und vorbildlicher Büsser aus den Bedrohungen hervorgehen, oder stellen die beiden Erzählungen, die „von Unglück berichten“,¹⁵¹ doch eher die „Schuld des Herrschers“¹⁵² dar? Die literarische Einheit 2Sam 21– 24, der sogenannte „Nachtrag zu den Davidgeschichten“,¹⁵³ ist chiastisch aufgebaut.¹⁵⁴ Dabei kommen die beiden Texte 2Sam 21,1– 14 und 2Sam 24,1– 25 einander gegenüber zu stehen:¹⁵⁵  Cohen, M. (2001, 17).  Brueggemann, W. (1988, 385). Vgl. die entsprechende Kritik daran bei Andersson, G. (2009, 39 – 46) sowie Eynikel, E. (2010, 68). Einen Forschungsüberblick bietet Klement, H. H. (2000, 61– 68).  Mehrmals wurde darauf hingewiesen, dass in 2Sam 21– 24 drei Gefahren, nämlich sowohl Hungersnot und Pest als auch Krieg (2Sam 21,15 – 22 und 23,8 – 39) vorkommen. Auf Letzteres soll hier nicht eingegangen werden, da es sich dabei nicht um eine von Gott geschickte Strafe handelt. Vgl. Dieterlé, C. / Monsarrat,V. (1991, 210): „Ainsi les causes des deux fléaux que sont la famine et la peste touchent à l’ordre juridico-religieux. Elles sont iputables au roi, mais leurs conséquences atteignent l’ensemble du peuple. Par contre le risque du troisième fléau provient de la menace toujours présente de l’ennemi dans les pourtours du pays.“  Bar-Efrat, S. (2009, 215).  Hartenstein, F. (2008, 135).  Häufig ist von einem „appendix“ die Rede – so etwa Fokkelman, J. P. (1990, 275) u. a. Alter, R. (22000, 329) spricht von „coda“, Klement, H. H. (2000) von „Samuel Conclusion“,Veijola, T. (1975, 106) von „Nachträgen“, Dietrich, W. (1997, 301) entsprechend von einem „Nachtrag zur Davidgeschichte“, McCarter, P. K. (41986, 16) von „miscellany“. Vgl. dazu auch Simon, L. T. (2000, 7). Zuletzt Campbell, A. F. (2010, 347): „As present text, structurally the collection is a unit.“ Auld, A. G. (2010b, 359 – 366) mildert diese Ansicht ab und spricht von „a paradigmatic earlier conclusion swept out of the narrative flow“.  Vgl. Campbell, A. F. (2010b, 348); Firth, D. G. (2009, 502); Bar-Efrat, S. (2009, 214); Mathys, H.P. (2007, 229); Campbell, A. F. (2005, 184 f.); Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 157 f.); Cartledge, T. W. (2001, 635); Alter, R. (22000, 329); Stoebe, H. J. (1994, 38); Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 578 f.); Brueggemann, W. (1990a, 335); McCarter, P. K. (41986, 18).  Einen Vergleich zwischen 2Sam 21,1– 14 und 2Sam 24 bieten Hartenstein, F. (2008, 136 – 138) und Polzin, R. (1993b, 210 – 214). Vgl. auch Campbell, A. F. (2010b, 350): „The two passages may well be ‚companion pieces‘; this does not require that they were originally part of a single document.“ Hartenstein, F. (2008, 138) spricht von einer „prägende[n] Komposition und Redaktion der beiden Kapitel“. Stoebe, H. J. (1994, 36) betont eher die Unterschiede und hält fest, dass die Gemeinsamkeiten „nur äusserlicher Art“ wären.

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

255

A 21,1– 14 Hungersnot, Opferung der Sauliden und Rizpas Trauer B 21,15 – 22 Aufreihung von Anekdoten über Davids Helden C 22,1– 51 sogenannter „Psalm Davids“ C′ 31,1– 7 sogenannte „Letzte Worte Davids“ B′ 23,8 – 23.24– 39 Aufreihung von Heldentaten berühmter Krieger Davids sowie Namen und Herkunftsorte der „Dreissig Helden“ A′ 24,1– 25 Zensus, Ausbruch der Pest und Altarbau bei der Tenne des Arauna

Die Bezüge zwischen 2Sam 21,1– 14 und 2Sam 24,1– 25 sind vielfältig: 2Sam 21,1 erzählt von einer Hungersnot und davon, wie David das Angesicht Jhwhs sucht, um die Ursache für diese göttliche Strafe herauszufinden.Während David hier eine klare Antwort bekommt, wird in 2Sam 24,1 lediglich betont, dass der Zorn Jhwhs „wieder“¹⁵⁶ – vermutlich mit Blick auf 2Sam 21,1 – gegen Israel entbrannt sei (‫ַו ֹיֶּסף‬ ‫)ַאף־ ְיה ָוה ַלֲחרוֹת ְבּיִ ְשָׂרֵאל‬, ohne dass jedoch ein Grund dafür genannt würde.¹⁵⁷ Schliesslich enden beide Erzählungen damit, dass sich Jhwh für das Land erbitten liess: 2Sam 21,14b¹⁵⁸ 2Sam 24,25b

‫ַו ֵיָּעֵתר ֱאל ִֹהים ָלָאֶרץ ַֽאֲחֵרי־ֵכן׃‬ ‫ַו ֵיָּעֵתר ְיה ָוה ָלָאֶרץ ַו ֵּתָעַצר ַהַּמ ֵגָּפה ֵמַעל יִ ְשָׂרֵאל׃‬

Auffallend ist, dass in 2Sam 21,14b Elohim und nicht Jhwh steht, obwohl in der gesamten Erzählung 2Sam 21,1– 14 ansonsten immer der Gottesname verwendet wird (V. 1bis.3.6.7.9).¹⁵⁹ Jhwh ist sowohl in 2Sam 21,1– 14 und noch viel entscheidender in 2Sam 24,1– 15 äusserst wirkmächtig präsent:¹⁶⁰ Am Anfang der beiden Erzählungen steht Gottes Zorn, am Ende seine göttliche Milde. Durch Entsprechungen und Wortspiele finden sich auch innerhalb der beiden Erzählungen zahlreiche weitere literarische Bezüge: So stehen drei Jahren Hungersnot drei Tage

 Vgl. Schroer, S. (1992, 195): „Wie schon in 21,1– 14 geht es auch im letzten Kapitel des Nachtrags um eine Bedrohung Israels, die von JHWH selbst ausgeht.“ Vgl. auch Klement, H. H. (2000, 164) u. a. Statt „etwas wieder tun“ kann ‫ יסף‬auch „andauern“, „fortfahren“ bedeuten. Vgl. ausführlich dazu Simon, L. T. (2000, 99) und Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 631 f.).  Simon, L. T. (2000, 111) spricht von „unspecified sin of Israel“.Vgl. die Erklärung bei Veijola,T. (1975, 116).  ‫ ַֽאֲחֵרי־ֵכן‬markiert in der Regel (vgl. 2Sam 2,1; 8,1; 10,1; 31,1) einen Erzähleinsatz, während der Ausdruck hier abschliessend verwendet wird. Vgl. Simon, L. T. (2000, 64 f.73).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 76 Anm. 92). Vgl. Thiel, W. (2005b, 128 f.).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 76): „Yhwh is the character whose presence frames the pericope as also encompasses the narrated events. At the beginning he reveals the cause of famine. At the end, however, the return of the divine favour is not the result of the removal of the cause.“

256

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Pest gegenüber, und die sieben hingerichteten Sauliden entsprechen wohl den siebzigtausend Pesttoten.¹⁶¹

4.2.1. Drei Jahre Hungersnot (1Sam 21,1 – 14) Drei Jahre lang herrscht „in den Tagen Davids“¹⁶² eine Hungersnot, bis David durch einen „Gottesbescheid“¹⁶³ – hier ohne Erwähnung einer Vermittlung durch einen Propheten – erfährt, dass diese aufgrund einer Blutschuld (‫ֶאל־ ָשׁאוּל ְוֶאל־ ֵבּית‬ ‫„ ַה ָּדִמים‬wegen Saul und des Hauses der Blutschuld“ V. 1), ausgebrochen ist. Die Schuld Sauls bestehe darin, dass er versucht habe, die Gibeoniter „in seinem Eifer für die Söhne Israels und Judas“ (V. 2) auszurotten beziehungsweise zu vertreiben (V. 5). Dieser Vorwurf wird in der Erzählung dreimal in verschiedenen Variationen aufgegriffen: in der Jhwh-Rede (2Sam 21,1), als Anmerkung des Erzählers mit Hinweis auf einen Schwur¹⁶⁴ (2Sam 21,2) und in der Rede der Gibeoniter selbst (2Sam 21,5). Die Übertretung Sauls wird in den Samuelbüchern jedoch nirgendwo

 Vgl. Polzin, R. (1993a, 208 – 214). Vgl. dazu auch Auld, A. G. (2011, 575): „The most obvious connections are the positioning at beginning and end of the final four chapters, the catastrophic consequences for people and land of a disastrous and impious action of the king, the mention of Judah alongside Israel, the prominence of the numbers three and seven, and the appeasement of Yahweh through a ‘sacrificial’ action.“  Aus der Angabe ‫ ִבּיֵמי ָד ִוד‬lässt sich eine zeitliche Distanz zwischen der Zeit des Erzählers und der erzählten Zeit entnehmen.Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 275); Bar-Efrat, S. (2009, 214). Zwickel,W. (2012, 460) weist darauf hin, dass solche Hungersnöte in Israel immer wieder vorkamen. Da die Hungersnot in 2Sam 21,1 aber ansonsten nirgendwo erwähnt wird, ist ihre Historizität schwer zu prüfen. Vgl. ferner Thiel, W. (2005b, 127): „Dem Verfasser geht es nicht um eine exakte historische Einordnung, sondern um die Kennzeichnung der Katastrophe, die Israel betroffen hat […].“  Der Ausdruck ‫ בקש את־פני יהוה‬kommt im Alten Testament lediglich achtmal vor, davon in den Samuelbüchern in 2Sam 12,16 und 21,1. Vgl. dazu Simon, L. T. (2000, 57 f.).  Der Verfasser rekurriert vermutlich auf den Schwur in Jos 9,15. Vgl. ausführlich dazu Fokkelman, J. P. (1990, 271) und Simon, L. T. (2000, 79). Hentschel, G. (1994c, 104), Thiel, W. (2005b, 130) u. a. halten V. 2b.3aα für eine Interpolation. Und hierfür gibt es tatsächlich gute textimmanente Gründe – beispielsweise die Nennung von Juda und Israel in Zusammenhang mit Saul. Vgl. auch Veijola, T. (1975, 106 f.), der 2Sam 21,2b DtrG zuschreibt und Stoebe, H. J. (1994, 456 f.). Vgl. zuletzt Hentschel, G. (2011, 170), der aufgrund der Stellung annimmt, dass V. 2b sekundär ist: „Die Rede Davids ist bereits eingeleitet (V. 2a.b), sie muss darum nach der Unterbrechung in V. 3 wieder aufgenommen werden. Wenn es sich um eine ursprüngliche Erläuterung handelte, wäre sie nach der ersten Erwähnung der Gibeoniter in V. 1 zu erwarten. Die Parenthese stellt also einen jüngereren Zusatz dar. An der Formulierung ist deutlich zu erkennen, dass eine dtr Hand am Werke ist.“ Anders Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 581).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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erwähnt.¹⁶⁵ Lediglich der Vertrag mit den Gibeonitern findet sich bereits in der vorangehenden Geschichtsdarstellung in Jos 9,1– 27. Saul spielt in der weiteren Erzählung so gut wie keine Rolle, und dass die Hungersnot ihre Ursache in einem Vergehen Sauls hat, ist höchstens im Hinblick auf die Sühneleistung wichtig – nämlich dass David einen Anlass hat, sieben Sauliden hinrichten zu lassen.¹⁶⁶ Die Annahme, die Sauliden könnten eine Gefahr für David dargestellt haben und wären deshalb von ihm hingerichtet worden, geht nicht aus dem Text hervor.¹⁶⁷ Viel entscheidender ist im Hinblick auf die Bedrohung Davids, dass David direkt mit der Strafe für diese Blutschuld konfrontiert wird. Die Hungersnot ereignet sich zu seiner Regierungszeit, und bei David liegt die Verantwortung, die Schuld Sauls zu sühnen. Entsprechend erkundigt er sich umgehend bei den Gibeonitern, wie denn diese Schuld Sauls getilgt werden könne. Die gesamte Erzählung in 2Sam 21,1– 14 wird von Davids Handeln dominiert: ‫בקשׁ‬, ‫קרא‬, ‫( אמר‬viermal wiederholt 2Sam 21,2– 4.6), ‫חמל‬, ‫לקח‬, ‫נתן‬, ‫הלך‬, ‫( עלה‬immer wayyiqtol-x). Auffallend ist jedoch, dass Davids „actions“ hauptsächlich „reactions“ sind.¹⁶⁸ Zweimal (2Sam 21,3 f.) fragt David, was er für die Gibeoniter tun könne, und äussert die Bereitschaft, selber Sühne zu leisten: ‫וַּבָּמה ֲאַכ ֵפּר‬.¹⁶⁹ Danach kommt er dem Wunsch der Gibeoniter nach, dass ihnen sieben Sauliden ausgeliefert werden – jedoch mit dem kleinen Vorbehalt, dass Merib-Baal verschont bleibt.¹⁷⁰ Die Gibeoniter vollziehen

 Ausführlich dazu Simon, L. T. (2000, 78) sowie McCarter, P. K. (41986, 441). Dass auch beispielsweise 1 Sam 31 nicht vorausgesetzt werden darf, zeigen ferner „minor variations“ in 2Sam 21,12 – so Campbell, A. F. (2010, 351).  Gegen Klement, H. H. (2000, 164), der meint, dass es hier um „a final comparison of Saul and David“ gehe. Der Sinn der Erzählung wird jedoch eindeutig verfehlt, wenn man wie Klement, H. H. (2000, 165) davon ausgeht, dass „Saul’s guilt on the one hand and David’s on the other are placed in opposition one to the other“, denn in beiden Fällen muss David die Schwierigkeiten meistern. Umgekehrt geht es auch nicht darum, Davids Erfolg Sauls Misserfolg gegenüber zu stellen, wie Chavel, S. (2003, 41) annimmt.  Vgl. Stoebe, H. J. (1994, 459).  Simon L. T. (2000, 75) führt aus: „The responsive character of David’s responsibility implies a certain constraint on the liberty of his actions.“ Vgl. auch Chavel, S. (2003, 30), der festhält, dass mit Ausnahme von V. 14a die Erzählung „depicts David as the one fulfilling demands, not issuing commands“. Ebenso Hentschel, G. (1994c, 99): „Davids Rolle ist die eines Helfers. Allerdings geht von ihm mehrmals die Initiative aus (VV 1b.2a.3a – c.4d).“  Ausführlich dazu Simon, L. T. (2000, 69). Zum Begriff ‫ כפר‬in dem Kontext vgl. Auld, A. G. (2011, 572).  Während Saul einen Schwur bricht (V. 2), hält David den Schwur, den er Jonatan vor Jhwh geschworen hat (V. 7). Es ist jedoch durchaus denkbar, dass auch V. 7 ein späterer redaktioneller Nachtrag ist, der auf 1Sam 20,14– 17.42 rekurriert. So Hentschel, G. (1994c, 104 f.) und Hentschel, G. (2011, 173 f.).Vgl. schon Veijola,T. (1975, 106 f.), der 2Sam 21,7 dem redaktionellen Nachtrag in 1Sam 20,17 durch DtrG gleichstellt. Vermeylen, J. (2000, 407 f.410) nimmt im Anschluss an Veijola 2Sam

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

die Hinrichtung, wobei angenommen werden kann, dass von einer öffentlichen, kultischen Tötung die Rede ist. Das Wort ‫יקע‬, das hierfür (2Sam 21,6.9.13) verwendet wird, kommt sonst nur noch in Num 25,4 vor und bezeichnet eine besonders brutale Form der Hinrichtung – möglicherweise durch Erhängen beziehungsweise indem die Glieder des Körpers ausgerenkt, ausgerissen oder gebrochen wurden.¹⁷¹ Insgesamt dominieren Verben, die „töten“, „hinrichten“ und ähnliches bedeuten, die gesamte Erzählung.¹⁷² Im Gegensatz zu den zum Teil namentlich genannten Sauliden bleiben die Todesopfer, die die drei Jahre andauernde Hungersnot forderte, unerwähnt. Nicht zuletzt deshalb wurde die Gefahr, die von dieser Hungersnot ausging, in der Forschung auch sehr unterschiedlich gewichtet.¹⁷³ Die Hinrichtung der Sauliden „in den ersten Tagen der Ernte, am Anfang der Gerstenernte“ (‫שׁ ִנים ִבְּתִחַּלת ְקִציר ְשֹׂע ִרים׃‬ ֹ ‫ ִבּיֵמי ָקִציר ָבּ ִרא‬V. 9), bringt vorerst keinen Regen. Vielmehr setzt mit dem Auftreten Rizpas, der Tochter des Aja und Mutter zweier getöteter Sauliden, eine neue Szene ein. Rizpa trauert so lange um die sieben Sauliden, „bis das Wasser sich vom Himmel über die Toten ergoss“ (V. 10). Im jetzigen Erzählkontext wird dadurch deutlich, dass Jhwh nicht auf das Opfer, sondern auf „die physisch wie religiös ungeheuerliche Tat der Mutterliebe“,¹⁷⁴ nämlich die Totenwache der Rizpa, reagiert. Die Erwähnung des Regens in V. 10 lässt darauf schliessen, dass die Hungersnot tatsächlich durch eine Dürre verursacht wurde.¹⁷⁵ In V. 9 f. ist zweimal von der Ernte die Rede, was jedoch der in V. 1 erwähnten Hungernot nicht unbedingt widersprechen muss: So konnte auch in Trockenperioden geerntet werden, jedoch fiel der Ertrag erheblich kleiner aus

21,2b – 3a.7 als deuteronomistisch an, und auch Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 584) sehen in V. 7 eine deuteronomistische Redaktion am Werk.  Ausführlich dazu Thiel, W. (2005b, 131 f.); McCarter, P. K. (41986, 442); Hentschel, G. (1994c, 95 – 97) und Hentschel, G. (2011, 172). Im Qal kommt ‫ יקע‬noch in Gen 32,26; Jer 6,8 und Ez 23,17 f.vor.  Ausführlich dazu Hentschel, G. (1994c, 94 f.): ‫ מות‬V. 1.4.9; ‫ כלה‬V. 5; ‫ שמד‬V. 5; ‫ נכה‬V. 2.12; ‫ תלה‬V. 12; ‫ יקע‬V. 6.9.13.  Vgl. Zwickel, W. (2012, 460): „Selbst wenn die Niederschläge über eine begrenzte Zeit hinweg geringer ausfallen, so dass die Ernte kleiner wird, konnten in der Regel solche Hungersnöte aber ganz gut bewältigt werden, ohne dass es eine große wirtschaftliche Krise gab. Erst wenn die Hungersnöte länger anhielten,war der Bestand der Familien bedroht.“ Anders Stolz, F. (1981, 280): „Eine dreijährige Hungersnot bedeutet für ein Land eine lebensbedrohende Katastrophe (V.1).“ Thiel,W. (2005b, 128) spricht von einer „Totalkatastrophe, die vielen Menschen das Leben kostet“. Ähnlich Stoebe, H. J. (1994, 456). Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 580) sprechen insgesamt von einer „catastrophe supplémentaire“ neben den Kriegen im Innern. Vgl. zuletzt Firth, D. G. (2009, 504): „In a society without the means to store significant amounts of food, a three-year famine was devastating.“  Thiel, W. (2005b, 137). Vgl. ausführlich zu Rizpa Miescher, E. C. (2008, 27– 124).  Vgl. Thiel, W. (2005b, 128); Hartenstein, F. (2008, 132) u. a.

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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als gewöhnlich.¹⁷⁶ Den Ausdruck ‫ ִמְּתִחַּלת ָקִציר‬kann aber auch als eine Zeitbeschreibung verstanden werden. In diesem Fall liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Sauliden genau zu der Zeit hingerichtet wurden, in der üblicherweise geerntet wurde.¹⁷⁷ Trotzdem fällt auf, „daß das Motiv der Hungersnot gar nicht mehr ausdrücklich in der Erzählung berührt wird – nicht einmal in V 14d. Von der Dürre ist erst recht keine Rede.“¹⁷⁸ David wird von der Totenwache Rizpas berichtet. Er lässt daraufhin die Gebeine Sauls und Jonatans aus Jabesch holen und beisetzen. Den hingerichteten Söhnen Sauls schenkt er keinerlei Beachtung. Lediglich nebenbei wird erwähnt, dass auch die Gebeine der Hingerichteten eingesammelt wurden (V. 13b).¹⁷⁹ Erst nach (‫ )ַאֲחֵרי־ֵכן‬dieser Bestattung lässt sich Jhwh im jetzigen Erzählkontext für das Land erbitten (V. 14). Damit wird das zweimalige Ende der Strafe Gottes betont: Zum einen erfolgt es durch den einsetzenden Regen (V. 10), zum anderen damit, dass sich Jhwh für das Land erbitten lässt (V. 14). Aus dem Text geht nicht klar hervor, warum die Hungersnot beendet wurde, ob aufgrund der Hinrichtung der Sauliden beziehungsweise der Totenwache Rizpas oder aufgrund der Bestattung Sauls und Jonatans. Die direkte Entsprechung zwischen Kosmos und Sozialsphäre,Wiedergutmachung der Blutschuld und Wohlergehen des Landes ist nicht so offensichtlich, wie hin und wieder postuliert wird.¹⁸⁰ Vielmehr kann von einer „double-climax narrative“¹⁸¹ gesprochen werden, in der sich Hinrichtung und Bestattung gegenüberstehen. Dabei wurde häufig auf ein widersprüchliches Handeln Davids hingewiesen: David, der erst die Nachkommen Sauls ausliefert, lässt diese am Ende würdevoll im Familiengrab im benjaminitischen Zela bestatten.¹⁸² Es wurde deshalb vermutet, 2Sam 21,12– 13a.14a wären sekundär hin Simon, L. T. (2000, 71) erklärt dies folgendermassen: „Nonetheless, it definitely emphasis the fact that, on the one hand, there is no harvest (or an extremely meagre one), because the famine still lasts […] and on the other, that the period of harvesting the life-giving crop now is the time of death.“ Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 285) und Firth, D. G. (2009, 505).  Thiel, W. (2005b, 128) hat darauf hingewiesen, dass in V. 1 wie dann auch in V. 9 f. Zeitpunkt und Zeitdauer angegeben werden. Rizpa hätte also etwa von April bis Oktober auf offenem Feld zugebracht. Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 288) und Hentschel, G. (1994c, 112 Anm. 3).  Hentschel, G. (1994c, 106).  Vgl. Hentschel, G. (2011, 174): „Die Gebeine der Hingerichteten werden zwar von anderen eingesammelt (V. 13b), aber ihr Schicksal wird nicht weiter verfolgt.“  So zum Beispiel Hartenstein, F. (2008, 132 f.).Vgl. zur kosmischen Dimension auch Miescher, E. C. (2008, 88 f.).  Simon, L. T. (2000, 65). Vgl. auch Hentschel, G. (1994c, 98 f.). Thiel, W. (2005b, 128) sieht in diesen beiden Erwähnungen keinen Widerspruch: „Die Texteinleitung beschreibt einen Spannungsbogen, der sein Ende anscheinend in V. 10 und dann als Resümee in V. 14 findet.“ Van Seters, J. (2011, 535 – 551) plädiert für die Einheitlichkeit der Erzählung.  Vgl. Hentschel, G. (1994c, 102 f.).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

zugefügt.¹⁸³ Die ursprüngliche Erzählung hätte nur 2Sam 21,1b.3 – 6.8 – 10.13b umfasst.¹⁸⁴ Die Ergänzung sollte, entgegen der konkurrierenden Überlieferung, wonach Saul und seine Söhne in Jabesch in Gilead beigesetzt worden sind (1Sam 31,11– 13 par. 1Chr 10,11 f.; 2Sam 2,4– 7)¹⁸⁵ und entgegen der Erzählung von der Hinrichtung der sieben Sauliden (2Sam 21,1– 10), das Handeln Davids in ein positives Licht rücken. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass zwei unterschiedliche Erzählungen hier miteinander verbunden wurden, nämlich eine Erzählung von der Hinrichtung der Sauliden (2Sam 21,1– 10*) und eine Geschichte,wie David Saul und Jonatan bestattete (2Sam 21,11– 14*). Davids Handeln gegen die Sauliden beziehungsweise für Saul und Jonatan wird jedoch weder in der einen noch in der anderen Erzählung kommentiert. Es wird nicht der leiseste Vorwurf erhoben, David handle aus Eigeninteresse und mit der Absicht, Gegner aus dem Weg zu räumen:¹⁸⁶ David missachtet zwar das Versprechen, das er Saul gegeben hat (1Sam 24,22 f.), und hält sich nicht an zwei deuteronomische Vorschriften, nämlich an die Gebote, dass Söhne nicht um der Väter willen getötet werden sollen (Dtn 24,16) und dass die Leiche eines Mannes, an dem das Todesurteil vorstreckt wurde, noch am gleichen Tag beerdigt werden soll (Dtn 21,22 f.),¹⁸⁷ aber er wird in keinerlei Weise vom Erzähler kritisiert. Der Endtext in 2Sam 21,1– 14 kann – genauso wie jener in 2Sam 24 – David sowohl belasten als auch entlasten. Insgesamt weisen Theologie und Sprache sowohl in 2Sam 21,1b.3 – 6.8 – 10.13b als auch in 2Sam 21,12– 13a.14a auf eine Abfassung in der frühen Königszeit, si-

 Chavel, S. (2003, 34) und Hutton, J. M. (2009, 220) nehmen dabei eine wohl einmal selbstständig tradierte Erzählung an. Vgl. auch Hentschel, G. (1994c, 107 f.) und zuletzt Hentschel, G. (2011, 174 f.), der in V. 11– 14b eine dtr Redaktion annimmt. Stoebe, H. J. (1994, 460) sieht in 2Sam 21,10 – 14 eine „israelitisierende Ergänzung“.  Vgl. Hentschel, G. (2011, 180), allerdings ohne V. 1b. Bezzel, H. (2014, 203.210) nimmt eine Grundschicht der Erzählung in 2Sam 21,1a.bα.12– 13a.14 an und eine Fortschreibung in 2Sam 21,1bβ.2a.3aβb.5 – 6.8 – 11.13b.  Auf das unterschiedliche Vokabular in 1Sam 31,11– 13 und 2Sam 21,12 f. haben Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 585 f.) und Dietrich,W. / Münger, S. (2003, 45 f.) hingewiesen. Nicht berücksichtigt wird in 2Sam 21,12– 14, dass nach 1Sam 31,11– 13 die Gebeine der Sauliden in einer für Palästina unüblichen Brandbestattung bestattet wurden, die einzelnen Gebeine für eine erneute Bestattung also gar nicht mehr zur Verfügung standen. Zur Praxis derartiger Brandbestattungen im Ostjordanland aufgrund archäologischer Quellen Zwickel, W. (1993, 165 – 174).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 82 f.): „David cannot be blamed for what follows, since it was Yhwh himself who revealed to him the cause of the famine pointing to Saul and his killing of the Gibeonite.“ Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 273): „He [David] does this, not out of personal enmity or for reasons of political expediency […].“ Vgl. auch Campbell, A. F. (2005, 191 f.).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 81). Vgl. Hentschel, G. (2011, 180).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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cherlich aber in vordeuteronomischer Zeit, hin.¹⁸⁸ Wie der hetitische König Muršili II. (ca. 1321 v.Chr. bis ca. 1294 v.Chr.) erfährt David durch ein Orakel von der Schuld, die in der Zeit seines Vorgängers entstand.¹⁸⁹ Anschliessend löscht David das Haus seines Vorgängers aus (1Kön 15,29; 16,11; 2Kön 10,1– 11).¹⁹⁰ Vermutlich redaktionell eingefügt sind V. 1a.14b sowie V. 7 und möglicherweise auch V. 2b. Dabei mögen V. 2b und V. 7 einem deuteronomistischen Redaktor zugeschrieben werden, während V. 1a.14b in Zusammenhang mit der Endredaktion des sogenannten „Nachtrags zur Geschichte Davids“ Eingang fand.¹⁹¹

4.2.2. Der Tod von 70000 Mann (2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1) Vermutlich wird kaum eine Erzählung der Samuelbücher in der Forschung so kontrovers diskutiert wie 2Sam 24.¹⁹² Rückt man den militärischen Zensus und damit die Sünde Davids und die von Gott kommende Strafe in den Vordergrund, wird hier „nicht zum Ruhme Davids“¹⁹³ berichtet, da es sich dabei um ein „schwere[s] Sakrileg“¹⁹⁴ des Königs handelt. Wird dagegen der Kauf der Tenne des Arauna und der Altarbau ins Zentrum gestellt, lässt sich 2Sam 24 als Kultätiologie beziehungsweise jebusitische Legende¹⁹⁵ lesen, durch die David „in die lange Liste

 Vgl. Thiel,W. (2005b, 131– 137) und Stoebe, H. J. (1994, 461). Hentschel, G. (1994c, 107) spricht sogar von einer „zeitgenössischen Erzählung“ in 2Sam 21,2a.3 – 6*.8 – 10*. Vermeylen, J. (2000, 410) nimmt für 2Sam 21,1– 14* ebenfalls eine alte Tradition an, die unabhängig von den DavidErzählungen entstanden war und von Dtr erstmals verwendet wurde. Auch Janowski, B. (1982, 178) datiert in die „frühe Königszeit“ und spricht von einer „rituellen Tötung der stellvertretend Schuldigen“. Anders Van Seters, J. (2011, 551); Hutzli, J. (2011, 94– 96); Hutzli, J. (2014, 156 – 163); Edenburg, C. (2014, 168 – 177); Bezzel, H. (2014, 199 – 206), die die gesamte Erzählung in 1Sam 21,1– 14 oder Teile davon in die persische Zeit datieren.  Vgl. Hentschel, G. (2011, 177). Vgl. TUAT 2, Erstes Pestgebet Mursilis II., CTH 378, 808 – 810.  Vgl. Hentschel, G. (2011, 184).  Vgl. dazu Kapitel B. 4.2.2.  So etwa auch Firth, D. G. (2009, 548). Ähnliches gilt übrigens auch für die Parallelstelle in 1Chr 21,1– 22,1. Siehe dazu etwa Bailey, N. (1994, 84– 90) u. a.  Dietrich, W. (1997, 163). Vgl. Brueggemann, W. (1988, 383 – 397). Campbell, A. F. (2010, 347 f.) hält fest: „The sacral traditions (21,1– 14 and 24,1– 25) can be interpreted to portray David in a far from glorious light, potentially ruthless and uncaring in the case of the Gibeonites (2Sam 21,1– 14) and guilty of gross imprudence in the case of national census (24,1– 25).“  Dietrich,W. (1997, 163).Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 318).Veijola, T. (1975, 116) spricht von einer „Geschichte von der Sünde des Königs David“, zu der DtrP seine Vorlage umgestaltet habe.  Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 166 – 168).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

königlicher Tempel- und Kultstifter des Alten Orients eingetragen“¹⁹⁶ worden ist. Während also zum einen behauptet wird, es handle sich um eine anti-davidische Sündengeschichte,¹⁹⁷ wird andererseits eine pro-davidische Bussgeschichte postuliert.¹⁹⁸ Es stellt sich somit die grundsätzliche Frage, ob von Davids Verfehlung, den katastrophalen Auswirkungen einer Epidemie und der Gerichtsprophetie Gads erzählt oder David als exemplarischer Frommer und Kultstifter eingeführt wird.¹⁹⁹ In diachronen Analysen wurde diese Spannung durch unterschiedliche Quellen und Redaktionen erklärt, während in synchronen Analysen immer wieder dargelegt wurde, dass beide Deutungen die Kehrseite ein und derselben Medaille darstellen. Unter der Voraussetzung, dass David in dieser Erzählung die zentrale Figur ist,²⁰⁰ können diese divergierenden Auslegungen auf eine Entwicklung der literarischen Figur des Königs zurückgeführt werden.²⁰¹ Entsprechend handelt 2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22– 1 davon, wie David „durch seinen Entschluss zur Volkszählung sein Land in große Not gestürzt, es dann aber auch wieder daraus zu befreien vermocht“²⁰² hat. In dieser Kontroverse wurde die Frage, inwiefern auch die Rettung aus einer Gefahr Thema der Erzählung sein könnte, bisher weitestgehend ausgeklammert. Ihr soll im Folgenden nachgegangen werden. Dabei liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Interaktion der Figuren, ihren direkten verbalen Äusserungen, aber auch der Darstellung der Epidemie. Unabhängig von diesen Fragen an den nun vorliegenden Endtext soll in einem zweiten Teil auch das Problem der Textentstehung geklärt werden, denn bereits die Textüberlieferung macht deutlich, dass die Erzählung im Verlaufe der Zeit gewachsen ist.²⁰³

 Dietrich,W. (1997, 183). Nach Stolz, F. (1981, 300) dreht sich 2Sam 24 „um das zentrale Thema der davidischen Kultgründung in Jerusalem.“ Vgl. ebenfalls Mathys, H.-P. (2007, 231): David wird „zum Begründer des Opferkultes in Jerusalem und rückt so an die Seite Salomos“.  Vgl. Klein, J. (2002, 182). Vgl. auch Auld, A. G. (2002, 81), der sogar meint, 2Sam 24 habe zum Ziel „to predispose readers to the more pessimistic options for reading David’s story“. Vgl. ferner Brueggemann,W. (1988, 393): „The narrative portrays the model of royal policy in all its ugliness.“  Vgl. beispielsweise Campbell, A. F. (2005, 209): „[…] the text can certainly derive from circles favorable to David.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 518): „Thus David was presented not as a king who had brought grief to the people but, on the contrary, as a king who had saved them from grief.“  Simon, L. T. (2000, 46) fasst zusammen: „Is II 24 a Gründungslegende, hieros logos of Jerusalem temple or is it a Fürstenspiegel?“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 255).  Vgl. so zum Beispiel Brueggemann, W. (1988, 392): „There is a remarkably developed characterization of David offered in this narrative.“ Ebenso Schenker, A. (1982, 5 f.28). Anders Fokkelman, J. P. (1990, 309): „The actual text undermines David’s candidacy as hero from the very start and does that radically.“  Dietrich, W. (1997, 183).  Mathys, H.-P. (2007, 232 inkl. Anm. 14).

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Die Erzählung in 2Sam 24 lässt sich wie folgt gliedern:²⁰⁴ a) 2Sam 24,1– 9 organisierte Zählung Israels A Einleitung (V. 1) B Dialog zwischen Joab und David (V. 2– 4) C Itinerar und Vollzugsmeldung (V. 5 – 9) b) 2Sam 24,10 – 19 Schuldbekenntnis Davids, Auftritt Gads und Ausbruch der Pest A Gebet Davids (V. 10) B Befehl Jhwhs an Gad und Dialog Gads und David (V. 11– 14) C Vollzugsmeldung zum Ausbruch der Pest und Reue Jhwhs (V. 15 f.) A Gebet Davids (V. 17) B Befehl Gads an David (V. 18) C Vollzugsmeldung, David handelt „nach dem Wort Gads“ (V. 19) c) 2Sam 24,20 – 25 Altarbau bei der Tenne des Jebusiters Arauna A Einleitung (V. 20) B Dialog zwischen Arauna und David (V. 21– 24a) C Vollzugsmeldung zum Altarbau (V. 24b – 25)

Durch diese Gliederung fällt der Wechsel der Figuren besonders auf: Während im ersten Teil David und sein Heerführer Joab (2Sam 24,1– 9) die Hauptrolle einnehmen, sind es im zweiten Teil David und der Prophet Gad (2Sam 24,10 – 19) sowie im dritten Teil David und Arauna (2Sam 24,20 – 25). Einzig David respektive der „König“ (‫ )ֶמֶלְך‬kommt als verbindende Figur über die gesamte Erzählung immer wieder vor. Dass insgesamt aber Jhwh die Fäden in der Hand hält, wird gleich zu Beginn deutlich, wenn die Erzählung in V. 1 damit einsetzt, dass der Zorn Jhwhs wieder gegen Israel entbrannt sei (‫ יסף‬Hifil).²⁰⁵ Im gesamten Verlauf der Erzählung folgen weitere Handlungen Jhwhs: Er reizt David (‫ סות‬wayyiqtol-x V. 1), beauftragt seinen Propheten Gad (‫ וְּדַבר־ ְיה ָוה ָה ָיה‬x-qatal V. 11),²⁰⁶ überzieht das Land mit der Pest (‫ נתן‬wayyiqtol-x V. 15), empfindet Reue (‫ נחם‬wayyiqtol-x V. 16), gebietet dem Engel Einhalt (‫ אמר‬wayyiqtol-x V. 16) und lässt sich schliesslich von David erbitten (‫ עתר‬wayyiqtol-x V. 25).²⁰⁷ In der Parallelstelle in der Chronik (1Chr 21,1) erfolgt die

 Für eine chiastische Gliederung des Textes siehe beispielsweise Simon, L. T. (2000, 111 f.).  In den Samuelbüchern entbrannte der Zorn Jhwhs vorher erst einmal: gegen Usa ‫ְיה ָוה ַו ִֽיַּחר־ַאף‬ ‫( ְבֻּע ָּזה‬2Sam 6,7). Auch hier war der Zorn Jhwhs eine Bedrohung mit tödlichen Folgen.  Dazu Simon, L.T. (2000, 104): „Here we have the retrospective use of waw-x-qatal. It expresses anteriority and provides information which precedes the account that follows.“  Vgl. Klement, H. H. (2000, 181).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Anstiftung zum Zensus bemerkenswerterweise nicht durch Jhwh, sondern durch Satan (‫) ָשָׂטן‬.²⁰⁸ Dies entlastet das Gottesbild und verhindert den Rückschluss, dass auf Grund des göttlichen Zorns 70000 Menschen an einer Epidemie gestorben sind. Es ändert allerdings grundsätzlich nichts daran, dass David für einen Plan instrumentalisiert wird:²⁰⁹ David wird dazu angestachelt (‫ סות‬Hifil, 2Sam 24,1 und 1Chr 21,1; vgl. 1Sam 26,19 u. a.), das Volk zu zählen.²¹⁰ Und der Zensus wiederum gibt Gott – so auch in 1Chr 21,7 f. – Anlass, David und das Volk zu bestrafen. Bemerkenswert ist in 2Sam 24,1 die direkte Rede, die in 1Chr 21,1 fehlt. Jhwh reizt David zu sagen: „Geh hin, zähle Israel und Juda!“, wobei diese Rede nicht ausdrücklich als Jahwe-Rede formuliert ist. Auffallend ist aber, dass Jhwh hier direkt mit David zu kommunizieren scheint, während er im Verlauf der Erzählung nur noch indirekt über Gad mit David spricht.²¹¹ David selbst gibt im Folgenden den Auftrag zur Zählung an Joab weiter (V. 2):²¹² Statt von ‫( ֶאת־יִ ְשָׂרֵאל ְוֶאת־ ְיהוָּדה‬V. 1)²¹³ ist jetzt von ‫ ְבָּכל־ ִשְׁבֵטי יִ ְשָׂרֵאל‬respektive

 Ausführlich dazu Evans, P. (2004, 545 – 549.553 – 555), Schenker, A. (1982, 40 f.), Cartledge, T. W. (2001, 698) sowie Stokes, R. E. (2009, 91– 106), der zum Schluss kommt: „The śāṭān of 1 Chr 21:1 is an emissary of the deity, carrying out Yhwh’s punishment of Israel.“ Auld, A. G. (2011, 604 f.) warnt allerdings vor einem falschen Verständnis von „Satan“. Dieser sei eher als ‫ ַמְלַאְך ְיה ָוה‬zu verstehen. So werden „Satan“ und „Bote Gottes“ nicht nur hin und wieder miteinander identifiziert, sondern es erscheint auch in dieser Erzählung das Verb ‫( עמד‬1Chr 21,1.16.17) sowohl mit „Satan“ als auch mit „Bote Gottes“ als Subjekt. Alles in allem – so Auld, A. G. (2011, 605): „There is less theological distance between these two forms of the introduction to this narrative than most commentators suggest.“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 309), Hentschel, G. (1994b, 106) und Vermeylen, J. (2000, 427). Schenker, A. (1982, 25) hingegen deutet die Versuchung als eine „Chance“ für David, die dieser allerdings nicht nutzt.Vgl. auch Briffard, C. (2002, 96): „La visée est évidemment idéologique mais tout autant pédagogique.“  Vgl. dazu die Erklärungen von Klement, H. H. (2000, 180): „David’s sinful behavior is not excused by this, but for the reader he appears to be somewhat exonerated personally, as not just the one who commits sin, but also the one who is tempted to sin.“  Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (2009, 254.256).Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 317): „In v.10 and v.17 David speaks directly to God, but God (after v.1) no longer speaks directly to David anywhere, he uses Gad twice as spokesman.“  Zahlreiche Kommentatoren vermuten, dass die Lesart der LXXL sowie einiger Handschriften vorzuziehen ist: καὶ πρὸς τοὺς ἄρχοντας (vgl. 1Chr 21,2 und 2Sam 24,4), beispielsweise Bar-Efrat, S. (2009, 256), McCarter, P. K. (41986, 504) u. a. Simon, L. T. (2000, 100) hat jedoch darauf hingewiesen, dass der Singular in ‫ שׂר החיל‬nur hier vor kommt und dass es insgesamt schwieriger ist zu postulieren, „that the plural was changed into singular than the opposite“.Vgl. auch Campbell, A. F. (2005, 206).  Es ist auffällig, dass hier Juda genannt wird, das ansonsten fehlt. Noch bemerkenswerter ist die Erwähnung Judas in 1Chr 21,5 – so Ristau, K. A. (2005, 212): „This is the first and only time that

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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‫ ֶאת־ָהָעם‬die Rede, später bei der Ausführung dann nur noch von Israel (V. 4). Statt des seltenen Wortes ‫( מנה‬2Sam 24,1; 1Chr 21,1) steht nun ‫( פקד‬V. 2), das nicht direkt „zählen“, sondern „suchen“, „mustern“ meint:²¹⁴ Ziel Davids ist es, „die Zahl des Volkes zu kennen“ (‫) ְו ָיַדְע ִּתי ֵאת ִמְס ַפּר ָהָעם‬.²¹⁵ Auf diesen Befehl Davids reagiert Joab mit einer längeren Rede (V. 3), die mit einem doppelten Segen beginnt – Jhwh möge das Volk tausendmal vermehren (vgl. Dtn 1,11), und David möge dies noch miterleben (vgl. 1Kön 1,48) –, und mit der rhetorischen Frage, warum er, David, einen Zensus durchführen wolle, endet.²¹⁶ Joab weist damit höflich, aber dezidiert den Auftrag zurück und übernimmt dabei den „Part des Mahners“:²¹⁷ In dem ersten Segenswunsch Joabs, dass Gott das Volk auch in Zukunft vermehren wird, kann man die Bitte heraushören, dass er das Volk nicht aus Zorn über die Zählung verringern möge. In der Frage, warum er die Zählung vornehmen soll, liegt eine gewisse Skepsis gegenüber dem Auftrag vor.²¹⁸ Wesentlich heftiger ist Joab David zuvor in 2Sam 3,24 f. oder 2Sam 19,6 – 8 entgegengetreten und dort zum „direktesten und persönlichsten Kritiker des Königs“²¹⁹ geworden. David lässt sich von Joab nicht abbringen, sondern bleibt bei seinem Entscheid (V. 4). Durch diesen Dialog bekommt sein Befehl aber noch einmal grösseres Gewicht: David wurde von seinem Heerführer zumindest leise gewarnt. Statt darauf zu hören, setzt er sich über die Warnung hinweg. Es folgt ein längerer erzählender Teil ohne direkte Rede (2Sam 24,4– 9), der damit beginnt, dass Joab und die Obersten des Heeres „vor dem König ausziehen“ (V. 4), und damit endet, dass sie nach Jerusalem zurückkehren und dem König die Zahl der Musterung angeben. Das Itinerar, das in 1Chr 21 fehlt, stellt ein retardierendes Moment innerhalb der Erzählung dar.²²⁰ Die Verse 4b – 8b präzisieren die in 2Sam 24,2.15

Israel and Judah are mentioned in the same verse as distinct entities in the Chronicler’s account of the unified monarchy.“  Vgl. Ristau, K. A. (2005, 209 f.) und Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 632 f.).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 312): „The command ‘count Israel and Judah’ which God gave David is passed on to Joab by David with a variation […].“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 256 f.). Ausführlich dazu auch Fokkelman, J. P. (1990, 313). In 1Chr 21,3 folgt darauf noch eine zweite Frage.  Mathys, H.-P. (2007, 233). Vgl. auch Vermeylen, J. (2000, 430).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 257). Klein, J. (22011b, 734) sieht in Joab eine eindeutig negative Figur. Er interpretiert Joabs Einwand als Frage, ob der König einen Betrug dulde: „Hat der König etwa Gefallen daran, wenn JHWH mithilfe von Joab diese Zahlen vergrössert.“ Und folgert: „Offensichtlich handelt es sich um eine Manipulation des Zählergebnisses durch Joab mit dem stillschweigenden Einverständnis Davids, der die Andeutung Joabs verstanden und sein Handeln gebilligt hat.“  Bietenhard, S. K. (1998, 133). Leider geht Bietenhard nicht auf 2Sam 24 ein.  Vgl. Auld, A. G. (2011, 606 f.).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

gemachte geografische Angabe „von Dan bis Beerscheba“²²¹ – wobei sich aber die Beschreibung auffälligerweise nicht auf das Gebiet von Dan bis Beerscheba beschränkt, sondern auch Ortslagen ausserhalb dieses Gebietes genannt werden: In V. 6 f. werden mit Kadesch in Nordsyrien sowie mit den phönizischen Gebieten Tyrus und Sidon Städte genannt, die nie zu Israel gehörten.²²² Insgesamt entspricht der Grenzverlauf im Süden dem von Jos 13 – 21.²²³ Die Erweiterung im Norden dürfte eine schriftgelehrte Notiz sein, die auf Jos 19,28 f.; Num 34,7– 9; Ez 47,15 – 23 und 2Sam 8,3 – 12 basiert. Grundsätzlich ist die Ortsnamenliste sicherlich „not primarily a result of narrating just for the fun of it, it responds rather to the need of documenting the kingdom of David and the task of historiography“.²²⁴ Inwiefern sie nun ursprünglich zur Erzählung gehörte oder nicht²²⁵ beziehungsweise, ob sie sogar historische Informationen enthalten solle, bleibt umstritten.²²⁶ Auf jeden Fall besitzt die Aufzählung der Orte, „sei sie nun ursprünglich oder sekundär eingefügt, politische Sprengkraft“, insofern sie das davidische Reich deutlich grösser darstellt.²²⁷

 Der feste Ausdruck ‫ ִמָּדן ְוַעד־ ְבֵּאר ֶשַׁבע‬kommt innerhalb der Samuelbücher auch in 1Sam 3,20; 2Sam 3,10; 17,11; 24,2.6.15 vor, ferner in Ri 20,1; 1Kön 5,5; 1Chr 21,2; 2Chr 30,5. Dies sind nicht durchwegs alte Texte. So ist beispielsweise Ri 20,1 – wie zuletzt Groß, W. (2009, 850) gezeigt hat – ein „nachpriesterlicher“ Text, was deutlich macht, dass die Formulierung „von Dan bis Beerscheba“ auch in späterer Zeit als Zitat aus der bereits bestehenden Literatur übernommen werden konnte.  Eine mögliche Erklärung hierfür bietet Na’aman, N. (1986, 54 f.): „The words ‘around to Sidon’ (2 Sam. 24:6) were intended to describe a detour around Sidon from the south, subsequently reaching the fortress of Tyre, which marked the extreme north-western boundary of the kingdom. […] It is clear therefore, that kingdoms of both Tyre and Sidon remain outside the allotments of the Israelite tribes (i. e., David’s kingdom at its peak).“ Ausführlich dazu auch Stoebe, H. J. (1994, 521).  Dazu ausführlich Na’aman, N. (1986, 45 Anm. 7). Dieser hält eine literarische Abhängigkeit jedoch für unwahrscheinlich, vielmehr nimmt er an, „that the similarities between them are the result of a similar geographical setting and historical background, rather than literary influence“.  Fokkelman, J. P. (1990, 315).  Wüst, M. (1975, 142 f.) listet gute Argumente auf, in V. 4bβ.5 – 7 einen Nachtrag zu sehen.  Vgl. Na’aman, N. (1986, 45 Anm. 7): „Even though it is an interpolation, the passage must have belonged to an early document used by the redactor, and can therefore serve as a reliable source for the study of the extent of David’s Kingdom.“ Dietrich, W. (1997, 163) betrachtet die im Bericht gebotenen Informationen ebenfalls als „grundsätzlich unverdächtig“. Vgl. bereits Dietrich, W. (21992, 31): „Die geographischen wie auch die Zeit- und Zahlenangaben dieses Textes wirken verläßlich und sind vermutlich höfischer bzw. militärischer Quelle entnommen.“ Im Gegensatz dazu beispielsweise Mathys, H.-P. (2007, 240): „Sie [die Routenbeschreibung] beinhaltet ideologisch begründete und wenigstens theoretisch aufrechterhaltene Ansprüche auf Gebiete, die Israel / Juda großenteils nie besaß.“  Mathys, H.-P. (2007, 240).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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Dass die Zählung, die David in V. 2 in Auftrag gibt, ein militärisches Ziel hat, „d. h. die Klärung der Zahl der potentiellen Kämpfer vielleicht zur Vorbereitung eines Krieges“²²⁸ im Auge hat, wird durch die Erläuterung in V. 9b ‫שֵׁלף ֶחֶרב‬ ֹ ‫ִאישׁ־ַחיִל‬ deutlich. Heereszählungen spielten insbesondere in persischer Zeit bei den Achämeniden eine wichtige Rolle.²²⁹ In diesem Sinn ist es denkbar, in 2Sam 24 einen „Reflex auf die achämenidische Praxis der Heereszählung“²³⁰ zu sehen. Andererseits wurde bereits im 18. Jahrhundert v.Chr. in Maribriefen vor einer Musterung der Wehrpflichtigen gewarnt.²³¹ Wie auch immer: hinter Joabs Einwand könnte möglicherweise „historisch der Widerwille der israelitischen Bevölkerung gegen administrative Massnahmen, die der Zentralregierung und dem Militär dienten“,²³² stehen. Im Alten Testament kommen öfters, durchweg in priesterschriftlichen Texten, Zählungen des Volkes vor (Ex 30,11– 16; 38,25 f.; Num 1 und 26) – allerdings ohne militärische Absicht. Ob gerade in dieser offenkundig militärischen Absicht Davids der Grund dafür zu suchen ist, weshalb die Zählung hier als ein Vergehen dargestellt wird, muss offen bleiben,²³³ denn der Text macht nicht deutlich, worin die Schuld Davids eigentlich bestand.²³⁴ Es können nur Vermutungen angestellt werden. Zum einen wurde im Versuch Davids, herauszufinden, über welche militärischen Machtmittel er verfügt (2Sam 24,9) – die Zahlen zeigen, „welche große Kraft David zur Verfügung hatte“²³⁵ – ein Vertrauensbruch gegenüber Gott und eine anmassende Selbstüberschätzung gesehen:²³⁶ „David beweist durch die Zählung, dass ihm die Frage wichtig ist, wie stark sein militärisches Potenzial ist. Wiederum ist das ein Mangel an Vertrauen zu Gott, der

 Bar-Efrat, S. (2009, 256). Vgl. Brueggemann, W. (1990a, 352): „The purpose is to mobilize military power.“  Vgl. beispielsweise Xenophon (Oec IV,6 ff.) und Herodot (Hist. VII,60). Dazu Mathys, H.-P. (2007, 235). Weniger überzeugend zieht Weinfeld, M. (1991, 293 f.) Mari zum Vergleich heran und hält fest, dass der Zensus „for military conscription on the one hand and for allotment of land on the other“ bestimmt sei.  Mathys, H.-P. (2007, 236).  Vgl. TUAT.NF, Bd. 3, Briefe aus Mari, 64 § 5.3. Vgl. auch 62 § 5.1.  Schroer, S. (1992, 196). Vgl. ähnlich Dietrich, W. (1997, 301): „Es ist dies eine bizarre, offenkundig gegen Krieg und Armee äusserst kritisch eingestellte Geschichte.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 255). Vgl. auch Klement, H. H. (2000, 175): „The text itself indicates neither the purpose of the measure nor its blameworthiness.“ So auch schon Stolz, F. (1981, 301): „Warum die Idee der Volkszählung so verkehrt ist, wird gar nicht ausdrücklich gesagt.“  Eine spätere Erklärung liefert 1Chr 27,34 f. Vgl. dazu Auld, A. G. (2011, 609 f.).  Bar-Efrat, S. (2009, 258). Mit Abweichungen hinsichtlich der Zahlen in LXXL und 1Chr 21,5.  Vgl. Klement, H. H. (2000, 178): „What is in question is the superiority of Yahwe’s kingship over that of David.“ Vgl. auch Schenker, A. (1982, 18): „Aus alledem folgt, dass David nicht durch die Anordnung einer Volkszählung an sich, sondern durch die unerlaubte Zählung gefehlt hat.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 512– 514) und Cartledge, T. W. (2001, 700.713).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

erwartet, dass man auf ihn und nicht auf das Militär baut.“²³⁷ Zum anderen wurde aber auch vermutet, es ginge um einen Verstoss gegen ein in Ex 30,12 festgelegtes Gebot, das im Falle eines Zensus ein Lösegeld (‫ )ֹּכֶפר‬verlangt:²³⁸ „Wenn du die Gesamtzahl der Söhne Israel aufnimmst nach ihren Gemusterten, dann sollen sie bei ihrer Musterung ein jeder Jhwh ein Lösegeld für sein Leben (‫ ) ֶנֶפשׁ‬geben. Dann wird keine Plage (‫ ֶנ ֶגף‬nicht ‫ ֶּדֶבר‬oder ‫ )ַמ ֵגָּפה‬über sie kommen, wenn man sie mustert.“ (Ex 30,12).²³⁹ Als Opfer (‫ ) ְּתרוָּמה‬sollen alle gezählten Einwohner einen halben Schekel, vermutlich in Form einer Tempelsteuer,²⁴⁰ abgeben. Davon ist in 2Sam 24 nicht die Rede. Mit V. 10 beginnt ein neuer Abschnitt, der mehrheitlich aus direkter Rede besteht.²⁴¹ In V. 10 und 14 bekennt David seine Schuld und gesteht seine Angst ein. Dazwischen stehen zwei direkte Reden, die die Strafe thematisieren (V. 11– 14), wobei sich nachstehende Abfolge der Sprechenden ergibt: Jhwh – Gad – David. Nach einem Einschub des Erzählers in V. 15 folgen in V. 16 – 18 erneut drei direkte Reden, und zwar in der Abfolge: Jhwh – David – Gad. Auf Davids Gebet beziehungsweise Schuldbekenntnis folgt je ein Auftritt Gads und dessen Strafandrohung beziehungsweise Anweisung zum Opfer.²⁴² David schlägt das Herz (‫) ַו ַיְּך ֵלב־ ָּד ִוד ֹאתוֹ‬, nachdem er – nicht wie in 2Sam 24,2– 8 Joab und die Obersten – das Volk gezählt hat (‫ נכה‬Hifil, wayyiqtol-x). Mit der gleichen Formulierung wie zuvor in 1Sam 24,6 realisiert David sein Vergehen, und es plagt ihn das Gewissen.²⁴³ Das nun folgende Schuldbekenntnis Davids lässt sich in drei Teile gliedern: Auf ein Bekenntnis der Schuld folgt eine Bitte um Vergebung, wörtlich die Bitte, „die Sünde vorbeigehen zu lassen“ (‫)ַהֲעֶבר־ ָנא ֶאת־ֲעוֹן‬, eingeleitet mit ‫ ְוַע ָּתה‬. Das Bekenntnis endet mit der Begründung: „denn ich habe sehr töricht gehandelt“. David versucht nicht, seine Schuld zu bagatellisieren, im

 Klein, J. (2002, 81).  Vgl. Weinfeld, M. (1991, 297) sieht hier einen direkten Bezug: „It seems that David was negligent with observance of the old cultic practice of census, and the author wants to show that he was punished for that.“ Vgl. auch Fokkelman, J. P. (1990, 319), der von einem „infringement of a divine prerogative“ spricht.  Eine literarische Abhängigkeit anzunehmen bleibt hier im Hinblick auf die unterschiedliche Terminologie schwierig. Vgl. ausführlich dazu Cohen, M. (2001, 23 f.), der mit Blick auf Ex 30,12 festhält: „Il va sans dire qu’il est ici question d’une imposition ou de tribut, autrement dit d’une obligation contraignante à laquelle l’on doit se soumettre de son gré sinon ce sera par la force coercitive, voire par la violence.“ – so Cohen, M. (2001, 27),  Dazu Stoebe, H. J. (1994, 518): „Wohl ist das inzwischen zu einer Tempelsteuer geworden, doch sind die Vorstellungen, die dahinterstehen, gewiß alt […].“  Vgl. sehr ausführlich dazu Fokkelman, J. P. (1990, 316 f.).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 112).  Vgl. dazu Fokkelman, J. P. (1990, 318); Bar-Efrat, S. (2009, 258) und Firth, D. G. (2009, 544 f.).

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Gegenteil: er fügt zweimal zur Bestärkung das Wort ‫ ְמֹאד‬hinzu (V. 10).²⁴⁴ Doch trotz dieses Gebetes geschah das Wort Jhwhs (sogenannte Wortereignisformel: ‫וְּדַבר־ ְיה ָוה‬ ‫)ָה ָיה‬²⁴⁵ am Morgen, als David aufstand (‫) ַו ָיָּקם ָּד ִוד ַבּ ֹבֶּקר‬, nicht direkt zu ihm, sondern zu dem Propheten Gad, dem Seher Davids: ‫( ֶאל־ ָגּד ַה ָּנִביא ֹח ֵזה ָד ִוד ֵלאֹמר‬V. 11 f.). Gad ist bereits aus 1Sam 22,5 bekannt, wo er David den Rat erteilte, nicht auf der Bergfeste zu bleiben, sondern sich nach Juda zu begeben. In 2Sam 24,11 nun beauftragt ihn Jhwh, David drei verschiedene Strafen zur Wahl zu unterbreiten.²⁴⁶ Textimmanent lässt sich kein literarischer Bruch zwischen V. 10 und V. 11– 13 ausmachen, da beispielsweise in der Rede Gads die Schuldeinsicht Davids durchaus vorausgesetzt ist und Gad David im Gegensatz zu Natan in 2Sam 12,1– 15a keinerlei Vorhaltungen zu machen braucht oder ihn auf sein Fehlverhalten hinweisen muss.²⁴⁷ Die Zeitangabe „am Morgen“ (‫ ) ַבּ ֹבֶּקר‬verweist auch eindeutig auf eine chronologische Abfolge, die ausschliesst, dass das Sündenbekenntnis Davids und der Auftrag Jhwhs an Gad gleichzeitig erfolgt wären.²⁴⁸ Es macht aber auf narrativer und theologischer Ebene durchaus Sinn, dass David am Morgen nach seinem Gebet aufgestanden ist und genau zu dem Zeitpunkt das Wort Jhwhs zu Gad geschah. Die Auftragserteilung Jhwhs an Gad ist kurz und knapp und lässt sich folgendermassen gliedern (V. 12): a) geh und rede²⁴⁹ b) Spruch-Jhwhs (‫ֹּכה ָאַמר‬ ‫ ְיה ָוה‬vgl. auch 2Sam 7,5 u. ö.)²⁵⁰ c) eine Art Zahlenspruch, der besagt, dass David zwischen dreierlei auswählen soll und ihm Jhwh etwas davon antun wird (‫) ְוֶאֱע ֶשׂה־ָּלְך‬. Dabei ist ganz klar an eine Bestrafung gedacht. Allerdings werden die

 Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 260).  Die sog. Wortereignisformel ist sehr häufig und kommt ca. 110mal im Alten Testament vor. In den Samuelbüchern kommt sie etwa noch in 1Sam 15,10; Sam 7,4 par. 1Chr 17,3 vor.Vgl. Schmidt,W. H. (1977, 120 f.). In V. 18 fehlt diese direkte Beauftragung durch Jhwh, und Gad scheint selbstständig zu handeln. Erst nachträglich wird in V. 19b bestätigt, dass es sich auch hier um ein Gebot Jhwhs handelt: ‫ ַּכֲא ֶשׁר ִצ ָוּה ְיה ָוה׃‬. Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 318).  Die theologisch höchst beunruhigende Tatsache, dass Jhwh nicht auf Davids Gebet und seine ausdrückliche Bitte, die Sünde vorbeigehen zu lassen, eingeht, wird vermutlich später in einem Gebet Salomos (vgl. 1Kön 8,22– 53 par. 2Chr 6,12– 42) reflektiert. In diesem Gebet bittet Salomo Jhwh ausdrücklich, Gebete in Notsituationen zu erhören. Auld, A. G. (2002, 71) meint, Salomo versichere sich hier lediglich, „that his father’s prayers had been heard and that his house was not still in danger“.  Vgl. Auld, A. G. (2002, 70).  Gegen Fokkelman, J. P. (1990, 318), der von einem „fascinating synchronism“ spricht: „in the same night David’s conscience plays up Gad receives, through revelation, God’s reaction to the king’s guilt.“  Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 636 f.) wies darauf hin, dass der inf. abs. + weqaṭalti eine Form ist, die häufig bei Jeremia vorkommt (beispielsweise Jer 2,2; 3,12; 19,1; 28,12; 34,2 u. a.). Vgl. auch Simon, L. T. (2000, 105).  Vgl. Wagner, A. (2004, 180).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

drei Strafen hier noch nicht genannt, sondern erst in der ausführlichen Rede Gads an David aufgeführt (V. 13):²⁵¹ Gad kommt zu David und setzt in seiner Rede direkt und ohne Umschweife mit der Ankündigung der drei Strafen ein, von denen David eine auswählen soll: drei (1Chr 21,12) respektive sieben (2Sam 24,13) Jahre Hungersnot,²⁵² drei Monate Verfolgung durch Feinde oder drei Tage Pest. Die Dauer der Strafe wird dabei immer kürzer und die Strafe immer härter, so dass alle drei ungefähr gleichwertig sind.²⁵³ Die Rede Gads endet mit zwei Imperativen, mit denen er David auffordert, sich zu entscheiden: ‫!ַעָּתה ַּדע וְּרֵאה‬²⁵⁴ Somit erscheint Gad nicht als Mahner, der aufzeigt, inwiefern David falsch gehandelt hat, sondern lediglich als Verkünder des Gerichts.²⁵⁵ Zudem ist dies eine ganz und gar einmalige Situation, da Gad der einzige unter den Propheten ist, „who is expected to take back an answer from the addressee of the prophetic message“.²⁵⁶ Davids Antwort in V. 14 beginnt mit dem Eingeständnis seiner Angst. Mit genau den gleichen Worten (‫ )ַצר־ִלי ְמֹאד‬drückt auch Saul dem Totengeist Samuels gegenüber seine Angst aus (1Sam 28,15).²⁵⁷ Der Ausdruck kommt sonst nur noch in der Parallelstelle in 1Chr 21,13 und in 2Sam 1,26 – hier allerdings mit etwas anderer Bedeutung – vor (vgl. ähnlich auch 1Sam 13,6).²⁵⁸ 1Chr 21,30 bietet ferner einen Nachtrag, in dem noch einmal vom Schrecken Davids die Rede ist, wobei hier das Verb ‫ בעת‬Nifal „von plötzlichem Schrecken überwältigt werden“²⁵⁹ (sonst nur noch in Dtn 8,17 und Est 7,6) verwendet wird. In der direkten Rede kommt Davids Hilflosigkeit zum Ausdruck, was noch verstärkt wird durch den Spruch, mit dem David weder auf Gads Frage antwortet noch dessen Befehl Folge leistet:

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 319).  Textkritisch ist dies eine äusserst schwierige Stelle: Mehrheitlich wurde angenommen, dass 1Chr 21,12 und LXX harmonisieren und deshalb statt „sieben“ „drei“ lesen. Vgl. dazu Simon, L. T. (2000, 105) und Aejmelaeus, A. (2011b, 415).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 320).  Vgl. zur Textkritik Aejmelaeus, A. (2011b, 419 f.), die davon ausgeht, dass die Stellen, in denen David seine eigene Bestrafung wählt, aus dem MT entfernt worden sind.  Vgl. Mathys, H.-P. (2007, 233): „Gad wirkt nicht ganz so eindrücklich wie andere prophetische Gestalten aus dem ‚deuteronomistischen Geschichtswerk‘.“ Er erklärt dies folgendermassen: „Da Joab die Funktion eines Warners wahrnimmt, bleibt Gad diese Aufgabe, die für Propheten im deuteronomistischen Bereich bezeichnend ist (s. etwa 2Kön 17), vorenthalten.“ Vgl. Dietrich, W. (21992, 35): „Als Ankläger braucht er [Gad] im Unterschied zu den klassischen Propheten nicht aufzutreten.“  Simon, L. T. (2000, 117).  Vgl. dazu Klein, J. (2007, 33).  Vgl. Kapitel A. 1.2.  Vgl. Gesenius, W. (182013, 166).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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‫ִנ ְפָּלה־ ָּנא ְב ַיד־ ְיה ָוה ִּכי־ ַר ִבּי ַרֲחָמיו‬ ‫וְּב ַיד־ָאָדם ַאל־ֶא ֹפָּלה׃‬

Die Antwort Davids ist kunstvoll aufgebaut: In beiden Teilen kommen das Verb ‫נפל‬ sowie das Substantiv ‫ ָיד‬vor. „In die Hand von jemandem fallen“ ist ein häufig verwendeter Ausdruck.²⁶⁰ Zudem kommt der Terminus ‫ – ָיד‬als Ausdruck der Ohnmacht beziehungsweise der Macht – in 2Sam 24 insgesamt fünfmal vor, noch zweimal in V. 16, wo der Engel seine Hand ausstreckt und Jhwh ihm dann befiehlt, seine Hand zurückzuziehen, und einmal in V. 17. Dabei ergibt sich eine bedenkenswerte Spannung: Die Hand Jhwhs ist gegen das Volk gerichtet, gleichzeitig wünscht sich David, in die göttliche Hand zu fallen.²⁶¹ Bemerkenswert ist in dieser schematischen Antwort Davids (V. 14) ferner der Wechsel von der ersten Person Plural in die erste Person Singular. Deshalb wurde vermutet, es solle hiermit deutlich gemacht werden, dass David nur an sich denke und ausschliesslich sein eigenes Leben retten wolle.²⁶² Die Symmetrie des Spruchs wird lediglich durch die Begründung ‫ ִּכי־ ַר ִבּי ַרֲחָמיו‬, eine Charakterisierung Jhwhs, gestört. Diese Aussage vom Erbarmen Jhwhs steht einerseits in schroffem Widerspruch zur Erzählung, insofern sich Jhwh gerade nicht durch das Schuldbekenntnis Davids umstimmen lässt. Andererseits wird sich diese Aussage aber doch im weiteren Verlauf der Erzählung bewahrheiten, insofern in V. 16 von Jhwhs Reue die Rede ist. Schliesslich bleibt aber bei dieser formelhaften Antwort Davids offen, für welche Strafe er sich entscheidet: Ausgeschlossen werden kann die Verfolgung durch Feinde, da David ausdrücklich sagt, er wolle nicht in die Hand der Menschen fallen. Fraglich bleibt hingegen, ob sich David für die Pest oder eine Hungersnot entscheidet.²⁶³ David begibt sich in gottergebener und passiver Haltung in die Hand Gottes.²⁶⁴ Diese passive Haltung Davids wird in der LXX abgeschwächt, indem David dort eine Entscheidung untergeschoben wird.²⁶⁵ In dichter narrativer Folge wird in V. 15 der zeitlich (‫ )ֵמַה ֹבֶּקר ְוַעד־ֵעת מוֵֹעד‬und räumlich (‫ )ִמָּדן ְוַעד־ ְבֵּאר ֶשַׁבע‬begrenzte Ausbruch der Pest erzählt. Während die  Hartenstein, F. (2008, 137) sieht darin eine Parallele zu 2Sam 21,9, wo die Sauliden „in die Hand der Gibeoniten“ ausgeliefert werden. Vgl. dazu auch Bar-Efrat, S. (2009, 261).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 323): „The hand in which David chose to fall is the hand of the angel. This hand frames 16a – e and changes from an instrument of destruction into a hand which lowered and allowed to stop.“ Vgl. auch Ackroyd, P. (1982, 446 – 451).  Vgl. ausführlich dazu Fokkelman, J. P. (1990, 321) sowie Schenker, A. (1982, 1).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 260 f.); Fokkelman, J. P. (1990, 322) und Schenker, A. (1982, 1 f.).  Vgl. Klement, H. H. (2000, 181): „David’s rôle in this remains a clearly passive one.“  Vgl. LXX V. 15 καὶ ἐξελέξατο ἑαυτῷ Δαυιδ τὸν θάνατον. Vgl. dazu Schenker, A. (1982, 46 f.). McCarter, P. K. (41986, 506) spricht von „interpretative expansion“. Vgl. dazu auch Rofé, A. (1990, 117) sowie Aejmelaeus, A. (2007, 95 – 97).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

räumliche Begrenzung auf das Gebiet von Dan bis Beerscheba genau der Sünde entspricht, insofern die Volkszählung gemäss dem Auftrag Davids in V. 2 genau in diesem geografischen Raum durchgeführt werden sollte,²⁶⁶ ist die zeitliche Begrenzung unverständlich und umstritten: Da vermutlich mit einer Angabe, die einen Zeitpunkt desselben Tages bezeichnet, zu rechnen ist, wurde die Lesung der LXX ὥρας ἀρίστου („bis zum Mittag“)²⁶⁷ vorgezogen.²⁶⁸ In dem Fall wäre mit ‫ְוַעד־ֵעת‬ ‫ מוֵֹעד‬also nicht die dreitägige Frist gemeint, die Gad genannt hat, sondern ein Zeitpunkt am ersten Tag. Die Zahl der Todesopfer von 70000 Mann soll eine riesige Summe symbolisieren.²⁶⁹ Dabei steht sieben für Vollkommenheit, und zehntausend symbolisiert zusätzlich eine riesige Summe. Mit dieser extrem hohen Zahl soll die massive Strafe am Volk, von der David als Herrscher nicht direkt gefährdet zu sein scheint, deutlich gemacht werden. Doch trotz dieser Ungerechtigkeit entspricht die Strafe vermutlich der Sünde: „David wollte im Dienste militärischer Zwecke das Volk zählen. Nun wird es um 70.000 Menschen verringert und dadurch die militärische Kraft gemindert.“²⁷⁰ Wenn sich Jhwh anschliessend in V. 16 erbarmt und es ihn – wie er den Engel mit ausgestreckter Hand über Jerusalem sieht – reut,²⁷¹ dann ist diese Reue eindeutig unabhängig vom Sündenbekenntnis Davids.²⁷² Damit unterstreicht der Autor des Textes, dass die Anweisung Jhwhs „zur Beendigung der Epidemie nicht etwa eine Reaktion auf Davids Worte ist, sondern auf dem vorgängigen und eigenständigen Beschluss des Herrn beruht“.²⁷³ Anders verhält es sich bei Abraham, der Gott in Gen 18,22– 33 von einer totalen Vernichtung abhalten, oder Mose, der Jhwh zugunsten des Volkes umstimmen kann (Ex 32,11– 14), so dass ihn das Unheil reute, das er dem Volk antun wollte (‫) ַו ִיּ ָּנֶחם ְיה ָוה ַעל־ָהָרָעה ֲא ֶשׁר ִּד ֶבּר ַלֲעשׂוֹת ְלַעּמוֹ׃‬. David hat hier keinerlei Einfluss auf den Entscheid Jhwhs. Die Formulierung ‫ַו ִיּ ָּנֶחם‬

 Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 322): „The repetition ‘from Dan to Beersheba’ in v.15b means that the punishment has a talio-like symmetry with sin […].“  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 506.511); Simon, L. T. (2000, 105 f.) u. a. Zur Textkritik von 2Sam 24,15 siehe Pisano, S. (1984, 61– 65).  Vgl. zur Zeitangabe Bar-Efrat, S. (2009, 261); Schenker, A. (1982, 7) u. a. Fokkelman, J. P. (1990, 323) hält fest: „Now [V. 16] that God has changed his mind, and not before, the content of mōʻed in 15a is laid down. This word should not be made more problematic than it is.“  Vgl. Klein, J. (2002, 81): „Die Tötung von siebzigtausend Menschen als Strafe für Davids Hochmut ist kaum erklärbar.“  Klein, J. (2007, 34).  In 1Sam 15,11.35 reut (‫ נחם‬Nifal) es Jhwh, dass er Saul zum König über Israel gemacht hat.Vgl. ausführlich dazu Auld, A. G. (2002, 75) sowie Klein, J. (2002, 82) und Cartledge, T. W. (2001, 708).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 323).  Bar-Efrat, S. (2009, 262).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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‫ ְיה ָוה ֶאל־ָהָרָעה‬, die die Reue Jhwhs ausdrückt, kommt auch in Jer 26,13.19 vor. Das Wort ‫ נחם‬Nifal wird insgesamt dreissigmal verwendet, um die Reue Gottes auszudrücken.²⁷⁴ Von Jhwhs Reue ist beispielsweise auch in Joel 2,14; Jona 3,9; 4,2; Ps 106,45 u. a. die Rede. Im Kontext von 2Sam 24 könnte das bedeuten, dass Jhwh „seinen Strafvollzug nicht blind und unbeteiligt“²⁷⁵ durchführt, sondern ihm Grenzen setzt. Gerade die Sorge um Jerusalem²⁷⁶ – so macht der Text deutlich – veranlasst Jhwh dazu, dem Engel Einhalt zu gebieten. Dabei handelt es sich beim hier genannten ‫ ַמְלָאְך‬²⁷⁷ vermutlich um einen „Vernichtungsengel“ beziehungsweise „Verderberengel“, der nach den Anweisungen Jhwhs handelt.²⁷⁸ Auffällig ist jedoch, dass dieser „Bote“, der in 1Chr 21,16 weiter als ‫ ַמְלַאְך ְיה ָוה‬präzisiert wird, in der gesamten Erzählung nichts sagt und eindeutig eine negative Macht darstellt.²⁷⁹ Nach 1Chr 21,16.27.30 hat die „furchterregende Engelserscheinung“²⁸⁰ zudem ein Schwert in der Hand, das sie zum Zeichen des Endes der Pest in die Scheide steckt. Das Schwert in der Hand des Engels wird auch in 4QSama frg. 164,1– 3²⁸¹ erwähnt (vgl. zudem Num 22,32).²⁸² Insgesamt nennt 1Chr 21 den Engel neunmal (1Chr 21,12.15.16.18.20.27.30), fünfmal mehr als 2Sam 24.²⁸³ Und es ist naheliegend, daraus zu folgern, dass „[…] the angelological interpretation of the plague derives

 Vgl. ausführlich zur hebräischen Wurzel und ihrer Bedeutung Jeremias, J. (21997, 15 – 18.124– 127). Vgl. zudem Simian-Yofre, H. (1986, 374).  Jeremias, J. (21997, 68).  Jeremias, J. (21997, 68) nimmt an, dass die „Tradition von Jerusalems Unverletzlichkeit“, wie sie auch in Ps 46, 48 und 76 zum Ausdruck gebracht wird, vorausgesetzt ist.  Mathys, H.-P. (2007, 233) spricht vom „Racheengel“; Brueggemann,W. (1988, 392) vom „angel of pestilence“; Fokkelman, J. P. (1990, 325) vom „angel of vengeance“; Schroer, S. (1992, 197) vom „Todesengel“. Dietrich, W. (21992, 32 f.) unterscheidet zwei Plagen: zum einen die Pest (‫)דבר‬, zum anderen den „Boten Gottes“ (‫)מלאך‬: „Der jetzige Text identifiziert natürlich beide Plagen miteinander – doch nicht ohne eine gewisse Gewaltsamkeit. Die Formulierung von V.15 markiert sichtlich einen Abschluß, und in der Tat rundet sich in ihm, glatt und erschreckend, die GadErzählung.“ Vgl. Fabry, H.-J. (1984, 898).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 261).  Vgl. Simon, L. T. (2000, 145): „One of the most important features of the ‫ מלאך יהוה‬is that when he appears he almost always communicates some message.“ Auffällig ist, dass der Engel in 1Chr 21,18 entsprechend auch zu Gad spricht. Evans, P. (2004, 551) sieht darin „a characteristic of later angelology which portrays angels acting as mediators between God and humans“. Vgl. eine ähnliche Vorstellung in 2Kön 19,35 par. Jes 37,36.  Gerstenberger, E. S. (2005, 121).  Vgl. 4QSama frg. 164 und 165.Vgl. Cross, F. M. (2006, 77– 83); Aejmelaeus, A. (2007, 100 – 105); Himbaza, I. (2010, 39 – 52) u. a. Vgl. ausführlich dazu auch Pisano, S. (1984, 112– 114).  Vgl. ausführlich zum Vergleich zwischen Num 22,22– 35 und 2Sam 24 Stokes, R. E. (2009, 100 – 105).  Vgl. Rofé, A. (1990, 112 f.).Vgl. auch Simon, L. T. (2000, 144 f.) sowie den detaillierten Vergleich bei Evans, P. (2004, 549 – 553).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

from a late phase of the belief in angels prevalent in a good deal of postexilic literature.“²⁸⁴ Eine ähnliche Vorstellung findet sich auch unter dem Begriff ‫ַמ ְשִׁחית‬ „Verderber“ in Ex 12,23; Ez 25,15; Spr 18,9 u. a. Nachdem Jhwh dem Engel Einhalt geboten hat, sieht auch David, wie der Engel das Volk schlägt (V. 17). Nicht ausgeschlossen werden kann in diesem Fall – anders als in 2Sam 24,11 – die Interpretation, dass beides gleichzeitig geschieht: Der Engel ist dabei, das Volk zu vernichten (‫ ַה ַּמ ְשִׁחית ָבָּעם‬Partizip Hifil V. 16) und es zu schlagen (‫ ַהַּמ ֶּכה ָבָעם‬Partizip Hifil V. 17), wobei die Partizipialform eine andauernde Handlung anzeigt.²⁸⁵ Jhwh sieht den Engel und empfindet Reue, David sieht den Engel ebenfalls und bittet Jhwh um Erbarmen für das Volk. Das „Erbarmen, das die Triebfeder zur Reue des Königs war, war auch die Macht, die Gott zur Reue, d. h. zur Wandlung bestimmte“.²⁸⁶ So gesehen könnte die Pest tatsächlich bereits in V. 16 beendet worden sein, unmittelbar folgend auf Jhwhs Befehl an den Engel, seine Hand zurückzuziehen, obwohl erst in V. 17 gesagt wird, dass David den Engel sieht, wie er das Volk schlägt.²⁸⁷ Wenn die Pest aber schon in V. 16 durch Jhwhs Befehl an den Engel beendet worden wäre, weshalb braucht es dann noch ein Sühneopfer? Dass es sich bei dem Opfer Davids nicht etwa um ein Dankopfer handelt, wird aus Davids Aussage in 2Sam 24,21 deutlich, wo er Arauna sagt, dass er einen Altar bauen wolle, damit die Seuche vom Volk abgewendet wird. Aus dem Auftrag Gads in V. 18 ist allerdings nicht zu entnehmen, warum David einen Altar bauen soll: damit die Pest aufhört, oder zum Dank dafür, dass die Pest aufgehört hat. Der Text enthält also eine weitere merkwürdige Unklarheit, inwiefern Davids Sündenbekenntnis und Opfer zur Abwehr der Pest beigetragen haben respektive inwiefern das Ende der Pest lediglich dem gnadenvollen Handeln Gottes zugeschrieben werden kann.²⁸⁸ Diese Spannung wurde folgendermassen erklärt: Jhwh handelt unabhängig von Davids Bekenntnis oder seinem Opfer. Nur David selbst unterliegt der Illusion, „that his

 Rofé, A. (1990, 113).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 262 f.). Auch Fokkelman, J. P. (1990, 324) betont: „There is no causality, but there is an intriguing synchronicity.“ Vgl. auch Hentschel, G. (1994b, 105): „Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, daß die Ereignisse immer nur aufeinander gefolgt seien; sie können sich auch nebeneinander abgespielt haben.“  Schenker, A. (1982, 7). Vgl. auch Brueggemann, W. (1990a, 354): „The simultaneous action of the two makes new interaction and new mutual fidelity possible.“  Jeremias, J. (21997, 68) nimmt an, dass die Pest nur von Jerusalem abgewendet wurde: „Außerhalb Jerusalems aber nimmt die Strafe ihren Fortgang (Vv. 17. 21. 25).“ Damit erklärt sich aber V. 17 und die Frage, warum David dem Wüten des Engels zusehen kann, nicht.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 254): „Der Beschluss des Herrn, Israel zu bestrafen, geht der Sünde Davids voraus, und die Anweisung an den Engel, abzulassen, geht der Opferdarbringung voraus.“

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cultic activity or his sacrifice is affecting the raging of the plague“.²⁸⁹ Ob die Erklärung, dass Davids Opfer eigentlich nicht mehr nötig ist, in der Aussageintention des Erzählers liegt, oder ob die literarische Spannung, die hier zutage tritt, nicht viel eher auf eine längere Textentstehung zurückgeführt werden muss, muss vorläufig offen bleiben.²⁹⁰ Fest steht, dass V. 16 den Wandel Jhwhs benennt, während in 2Sam 24,18 – 25 die Bedingungen dafür angeordnet werden: Sowohl die Stiftung des Altars als auch das Opfer gehen von Jhwh aus (V. 19).²⁹¹ Anders wiederum verhält es sich etwa in 1Chr 21,16,wo sowohl im MT (‫ְמֻכִּסים ְוַה ְּזֵק ִנים ָּד ִויד ַו ִיּ ֹפּל‬ ‫ )ַעל־ ְפּ ֵניֶהם ַבּ ַשּׂ ִּקים‬als in der LXX (Δαυιδ καὶ οἱ πρεσβύτεροι περιβεβλημένοι ἐν σάκκοις ἐπὶ πρόσωπον αὐτῶν) und möglicherweise auch in 4QSama²⁹² eine zusätzliche Busshandlung angefügt wird: David und die Ältesten hüllten sich in ein Sacktuch und fielen auf ihr Angesicht. Das zweite Schuldeingeständnis Davids in V. 17 beginnt mit dem doppelten Geständnis, gesündigt (‫ חטא‬Qal) beziehungsweise verkehrt gehandelt (‫ רעע‬Hifil) zu haben, das gefolgt wird von einer rhetorischen Frage und einer voluntativen Klausel:²⁹³ Der Engel schlägt das Volk (‫)ַעם‬, David aber ist der eigentliche Schuldige (zweimal betont durch ‫)ָאֹנִכי‬.²⁹⁴ Und so stellt er zu Recht die Frage: ‫ְוֵא ֶּלה ַהֹּצאן ֶמה‬ ‫ָעשׂוּ‬.²⁹⁵ Mit der Metapher der Schafe beziehungsweise des Kleinviehs (‫ )צאן‬betont David seine Verantwortung als Hirte des Volkes.²⁹⁶ Nach V. 1 ist aber der Zorn Gottes gegen Israel und nicht gegen David entbrannt, womit also durchaus die tatsächlich Verantwortlichen bestraft würden.²⁹⁷ Damit wird erneut eine innertextliche Spannung deutlich: Einerseits soll das Volk Israel nicht für die Schuld seiner Könige bestraft werden (2Sam 24,17), andererseits liegt die Schuld nicht nur beim König, sondern auch beim Volk, das den Zorn Gottes auf sich gezogen hat

 Fokkelman, J. P. (1990, 323). Vgl. ähnlich Cartledge, T. W. (2001, 708): „As the story is told, David is not convinced (or does not know) that the plague has been halted.“  Vgl. Campbell, A. F. (2005, 208): „Two endings to the tradition are possible: one with the Lord relenting spontaneously; the other with David offering sacrifices on the newly built altar, following prophetic instructions. Equally possible is the forging of a unity from the two.“  Vgl. ausführlich dazu Schenker, A. (1982, 10 f.).  Vgl. Aejmelaeus, A. (2007, 104).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 325).  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 262); Fokkelman, J. P. (1990, 325).  Fokkelman, J. P. (1990, 326 Anm. 81) sieht in „Hirte“ (LXXL καὶ ἐγώ εἰμι ὁ ποιμὴν und 4QSama) eine spätere Ergänzung, da bereits das Wort „Schaf“ „makes the function of shepherd sufficiently clear“.Vgl. ebenso Simon, L. T. (2000, 108) mit guten Argumenten für den MT. Gegen McCarter, P. K. (41986, 507) u. a.  Vgl. Klein, J. (2007, 34).  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 326).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

(2Sam 24,1).²⁹⁸ Literarkritisch lässt sich diese Spannung folgendermassen erklären: Die Fehldeutung, das ganze Volk sei wegen eines Vergehens Davids bestraft worden, soll in 2Sam 24,1 ausgeräumt werden. Explizit wird hier erwähnt, dass der Zorn Jhwhs über das ganze Volk entbrannt sei.²⁹⁹ V. 17 widerspricht dieser Erklärung allerdings: David bittet nicht mehr für sich wie im ersten Schuldbekenntnis in V. 10 (‫) ְוַעָּתה ְיה ָוה ַהֲעֶבר־ ָנא ֶאת־ֲעוֹן ַעְבְּדָך‬, sondern hält Fürbitte für das Volk und zeigt sich bereit, die Strafe auf sich und sein Haus zu nehmen (‫ְּתִהי ָנא ָיְדָך ִבּי‬ ‫)וְּבֵבית ָאִבי׃‬.³⁰⁰ Nicht das Volk soll anstelle des Königs bestraft werden, sondern der König allein soll seine Vergehen büssen. Mit dieser Aussage hinterfragt David die kollektive Strafe:³⁰¹ Das Volk soll nicht wegen seiner Vergehen leiden. Möglicherweise sind hiermit sogar prophetische Reflexionen wie in Jer 31,29 f. und Ez 18 vorausgesetzt.³⁰² Davids Bereitschaft, die Folgen seines Handelns zu tragen, macht ihn zum priesterlich-liturgischen Mittler. Oder in anderen Worten: „Der König erhält erst dann die Befugnis, Altar und Kult zu stiften, als er das richtige Verhältnis zur Macht gewonnen hat; das richtige Verhältnis zur Macht aber kann nur der zu Mitleid fähige Mächtige finden“³⁰³ beziehungsweise derjenige, der seine (Mit‐)Verantwortung anerkennt. Der Erzähler betont in V. 18, dass Gad am selben Tag (‫ ) ַבּיּוֹם ַההוּא‬ein zweites Mal zu David kommt. Dies wird mit denselben Worten wie in V. 13 ausgedrückt (‫ַו ָיֹּבא־ ָגד‬ ‫)ֶאל־ ָּד ִוד‬. Gad befiehlt David, hinaufzugehen (‫ עלה‬qetol) und Jhwh einen Altar (‫ִמ ְז ֵבַּח‬ V. 18.21.25) bei der Tenne des Jebusiters Arauna³⁰⁴ zu errichten (‫ קום‬qetol, zwei

 Die Erzählung ist nicht so eindeutig, wie beispielsweise Polzin, R. (1993b, 212) meint: „[…] dynastic sin is the subject of 2 Samuel 21, but national guilt the focus of 2 Samuel 24.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 254). Ausführlich dazu weiter unten.  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 317): „The piece follows step for step a spectacular growth process in David, so that his second confession of guilt exhibits fascinating differences with respect to his position in v.10 and v.14.“ Vgl. auch Brueggemann, W. (1988, 393): „David no longer worries about his person or his throne, but he remembers the community entrusted to him.“  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 254): „Ein zentraler Gedanke der Erzählung ist das Problem der kollektiven Strafe.“  So Hartenstein, F. (2008, 137).  Schenker, A. (1982, 9).  Ausser hier in V. 18, wo das Ketib ‫ ָאָר ְנ ָיה‬lautet, steht sonst immer ‫ֲא ַר ְו ָנה‬. In 1Chr wird hingegegen immer ‫ ָאְר ָנן‬verwendet, während 4QSama ‫ ארנא‬bzw. die Septuaginta Ορνα liest.Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 261), der auf Grund des Artikels, der in V. 16 vor ‫ ֲא ַר ְו ָנה‬steht, vermutet, es könnte sich hierbei auch um einen Titel, wie etwa „Herr“ oder „freier Mann“ handeln. Arauna u. ä. ist auf jeden Fall ein nicht-semitischer Personenname, der wohl hurritisch-hetitischen Ursprungs (araunan[n]i) ist und übersetzt „frei“ bzw. „der Freie“ bedeutet. Vgl. Friedrich, J. / Kammenhuber, A. (21975, 275 f.). Die Meinungen gehen insgesamt weit auseinander: Zum einen wird der Name „Arauna“ als programmatischer, erfundener Namen verstanden zum anderen – so etwa McCarter, P. K. (41986, 512) – als „pre-Israelite citizen of Jerusalem, a Jebusite of Hurrian or Hittite ancestry“ gedeutet. Für

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Imperative wie bereits in V. 13) –, ohne dass diesmal zuvor ein Auftrag Jhwhs erwähnt worden wäre. Diesen erwähnt der Erzähler erst rückblickend in V. 19. Anders als in Ri 2,1– 5 und Ri 6,11– 24 liegt der Grund für den Altarbau nicht in einer Engelserscheinung, sondern im Befehl Gottes, der David durch Gad übermittelt wurde. Dass der Ort des Altarbaus genau der Ort ist, an dem David den Engel gesehen hat, wird jedoch nicht zufällig sein; Engelserscheinung und Altarbau gehören eng zusammen. Dabei wurde einerseits vermutet, es handle sich bei der Tenne Araunas um eine kanaanäische, vorisraelitische Kultstätte, andererseits, der Ort sei lediglich landwirtschaftlich genutzt worden und stehe bewusst in keiner kultischen Tradition.³⁰⁵ Vermutlich ist dies aber eine falsche Alternative: „Tennen sind nicht von Hause aus Kultplätze, dienen Gott aber als bevorzugte Orte seines Erscheinens, wie etwa Ri 6,37 und 2Sam 6,6 (par.) zeigen.“³⁰⁶ Allerdings handelt es sich hierbei jeweils um einmalige kultische Aktionen auf einer Tenne, nicht aber um etablierte Kultstätten. Deutlich wird mit der Nennung der Tenne aber auf jeden Fall, dass die Engelserscheinung ausserhalb der Ortschaft, also ausserhalb Jerusalems, geschah. David gehorcht Gad und damit auch Jhwh umgehend (‫ ַּכֲא ֶשׁר ִצ ָוּה ְיה ָוה‬,V. 19): „Im Gegensatz zu der Schuld, die David mit der Zählung auf sich geladen hat, wird in diesem Vers sein Gehorsam gegenüber der Weisung des Herrn betont.“³⁰⁷ Danach setzt mit V. 20 noch einmal ein neuer Abschnitt ein, der vorerst aus dem Blickwinkel Araunas erzählt wird. Die Tenne des Arauna wurde bereits in V. 16 und 18 erwähnt, weshalb in V. 20 nicht ein weiteres Mal gesagt werden muss, von wo Arauna hinausblickt und den König kommen sieht.³⁰⁸ Arauna kommt David entgegen, wirft sich vor ihm nieder, mit seinem Gesicht zur Erde (‫ )ַא ָפּיו ָאְרָצה‬und fragt ihn mit „ausgesuchter Höflichkeit“,³⁰⁹ weshalb er,

eine alte hurritisch-hetitische Namensüberlieferung würde sprechen, dass auch der Herrscher von Jerusalem in den Amarna-Briefen, ʽAbdi-Ḫeba, einen hetitischen Namen hat. Die Erwähnung eines möglicherweise alten Namens aus vor-davidischer Zeit sagt jedoch noch nichts über das Alter des Textes aus, da der Name aus einer eigenständigen Überlieferung hier aufgegriffen worden sein kann. Zu Arauna vgl. zuletzt ausführlich Keel, O. (2007, 222 f.).  Zu ersterem siehe Dietrich,W. (21992, 34) und zuletzt Keel, O. (2007, 224). Für Letzteres spricht sich beispielsweise Stoebe, H. J. (1994, 532) aus.  Mathys, H.-P. (2007, 241). Vgl. auch Cartledge, T. W. (2001, 707 f.).  Bar-Efrat, S. (2009, 262).  In 1Chr 21,15 sowie 4QSama finden sich zusätzliche Ergänzungen. Vgl. McCarter, P. K. (41986, 506 f.).Vgl. zudem den Forschungsüberblick bei Simon, L. T. (2000, 106 – 109). Rofé, A. (1990, 116 f.) hält fest: „We have thus come to the conclusion that the explanatory notes contained in 2 Sam 24:14 LXX as well as in 4QSama to v. 20 and in 1 Chr 21:20 MT do belong to the original texture of the story.“  Stolz, F. (1981, 303).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

„der Herr König“, zu ihm, „seinem Knecht“, komme (V. 21). David erklärt ihm, dass er ihm die Tenne abkaufen wolle, worauf ihm Arauna alles, auch die Rinder, als Brandopfer und die Dreschschlitten als Brennholz anbietet (V. 22). Häufig wurde angenommen, dass es sich in V. 23 um den Vollzug eines Machtwechsels, „von König zu König“,³¹⁰ handelt. David betont aber noch einmal, dass er alles kaufen will, und der Erzähler bestätigt, dass dies auch tatsächlich geschehen ist (V. 24). Schliesslich endet die Erzählung damit, dass David an der Stelle einen Altar baut, opfert und sich Jhwh für das Land erbitten lässt. Dabei kommt die gleiche Formel (‫ ) ַו ִיֶּבן ָשׁם ָּד ִוד ִמ ְז ֵבַּח ַליה ָוה‬vor, die in Gen 12,7 f.; 13,18; 22,9 auch für Abraham verwendet wird.³¹¹ Diese „Altarbauformel“ – ‫ ִמ ְז ֵבַּח ַליה ָוה‬in 2Sam 24,18.25 und in Vers 21 gerade mit umgekehrter Wortfolge – muss nicht zwingend als Kultgründung verstanden werden.³¹² Vielmehr wurden Altäre als „spontanes Zeugnis der Dankbarkeit und zum Ruhm der verehrten Gottheit errichtet“.³¹³ Auffällig ist, dass in der abschliessenden sogenannten „Altarbaunotiz“ (2Sam 24,25) statt des zuvor verwendeten Wortes ‫( קום‬vgl. 2Sam 24,18) das ältere Wort ‫( בנה‬vgl. auch Vers 21) verwendet wird.³¹⁴ Während ein Hinweis auf den künftigen Tempelbau in der Erzählung in 2Sam 24 fehlt,³¹⁵ erfolgt diese Verknüpfung in der Chronik (1Chr 22,1):³¹⁶ „Das hier soll das Haus Gottes, Jhwhs, sein, und das der Altar zum

 So zum Beispiel Mathys, H.-P. (2007, 242). Anders dagegen Bar-Efrat, S. (2009, 236): „Die Wiederholung des Wortes ‫ םלך‬ist schwer zu verstehen. Einige entnehmen ihr, dass Arauna der jebusitische König war, bevor David Jerusalem eroberte […]. Es scheint eher, dass die Verdoppelung irrtümlich geschehen ist.“ Vgl. dazu den Forschungsüberblick bei Simon, L. T. (2000, 109 f.).  Vgl. Dietrich, W. (2002c, 92 f.).  Vgl. Zwickel, W. (1992b, 535). Vgl. auch Zwickel, W. (1999, 32 f.), der davon ausgeht, dass die Altarbaunotizen in Gen 8,20; 13,14– 17; 1Sam 14,35; Ex 17,15; Ri 6,24 u. a. nicht mit Kultgründungslegenden gleichzusetzen sind. Anders Keel, O. (2007, 223).  Vgl. Zwickel, W. (1992b, 538). Möglicherweise rückt 2Sam 24 dann in die Nähe des „Altarbaus am Jordan“ (Jos 22), eine vermutlich nachexilische, theologisch und kultpolitisch motivierte Bildung. Vgl. Gerstenberger, E. S. (2005, 219).  Vgl. Zwickel, W. (1992b, 543) mit Blick auf die sogenannten Altarbaunotizen: „Die Belege mit ‫ קום‬stammen allesamt aus (nach‐)exilischer Zeit.“  Der Zusatz der LXX καὶ προσέθηκεν Σαλωμων ἐπὶ τὸ θυσιαστήριον ἐπ᾽ ἐσχάτῳ ὅτι μικρὸν ἦν ἐν πρώτοις ist vermutlich im Kontext einer dem Tempel sehr positiv gegenüberstehenden Tendenz des griechischen Textes zu sehen. Vgl. dazu Simon, L. T. (2000, 135 f.) sowie McCarter, P. K. (41986, 517). Eine andere Position vertritt Dietrich, W. (2002d, 140), der davon ausgeht, dass es in 2Sam 24 „in verdeckter Form“ um „den Jerusalemer Tempel geht“. Noch stärker betont Cartledge, T. W. (2001, 712) den Bezug zum Tempel, der meint, der Text wolle zeigen, „how the great temple of Salomon had its roots in the work of David“.  Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 255).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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Brandopfer für Israel“ (vgl. 2Chr 3,1). Dieser Bezug ist insofern nicht erstaunlich, als in der Chronik insgesamt der Tempel im Mittelpunkt steht. Auffallend an V. 25b ist, wie oben schon gezeigt, die Nähe zu 2Sam 21,14b, aber auch der Bezug zu V. 1, insofern hier ausdrücklich von „Israel“ die Rede ist und nicht wie zuvor in V. 21 vom „Volk“.³¹⁷ Entsprechend ist in 2Sam 24,2– 9 nur vom „König“ und nicht von „David“ die Rede, während umgekehrt in 2Sam 24,1.10 – 19 der Text nur von „David“ und nicht vom „König“ spricht.³¹⁸ Ferner besteht ein inhaltlicher Widerspruch zu V. 16, in dem Jhwh dem Engel bereits Einhalt geboten hat und also nicht noch einmal die Seuche von Israel abwenden muss. Nähme man eine nachträgliche redaktionelle Überarbeitung dieser „short editorial notes“³¹⁹ V. 1a und V. 25b³²⁰ – und entsprechend auch in 2Sam 21,1a.14b³²¹ – an, dann liessen sich diese Schlussfloskeln als eine Unterstreichung des guten Endes verstehen, obwohl die Dürre beziehungsweise die Plage bereits zuvor beendet wurden. Literarisch wird diese These durch den von 2Sam 24 abweichenden Erzählanfang und -schluss in 1Chr 21,1– 22,1 gestützt. Theologisch würde die Erzählung dieser Annahme folgend wesentlich pointierter: Zum einen wäre die Schuld Davids zusätzlich betont – da nicht Jhwh David zur Volkszählung anstiftete –, zum anderen wurde unterstrichen, dass die Pest nicht durch Davids Bussopfer abgewendet wurde, sondern allein durch Gottes Erbarmen (V. 10). Gerade Letzteres ist aber wiederum schwer mit V. 21 zu vereinbaren, wo David ausdrücklich sagt, dass er opfern wolle, um die Pest abzuwenden. Damit wird die ganze Komplexität von

 Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 264): „Allerdings hat David im Gespräch mit dem Jebusiter Arauna den inklusiven Ausdruck ,Volk‘ benutzt, während der Erzähler ‚Israel‘ sagt, nachdem der Zorn des Herrn ja über Israel entbrannt war (V1).“  Vgl. Fokkelman, J. P. (1990, 311) und Simon, L. T. (2000, 119).Vgl. die ausführliche synchrone Analyse dazu von Briffard, C. (2002, 96). Hentschel, G. (1994b, 106) erklärt sich diesen Wechsel mit unterschiedlichen Rollen, die David spielt.  Simon, L. T. (2000, 110).  Von dieser Annahme geht auch Fokkelman, J. P. (1990, 308) aus: „If the chapter had been preserved without this opening and without v.25cd, we still would have had a superb story in front of us.“ Vgl. auch Vermeylen, J. (2000, 434): „Le rédacteur final a voulu souligner la correspondance du chap. 24 avec 21,1– 14.“ Vgl. auch McCarter, P. K. (41986, 516 f.) und Cartledge, T. W. (2001, 699). Vgl. Campbell, A. F. (2010, 350), der damit argumentiert, dass dieser Satz in der Parallelstelle 1Chr 21,1– 22,1 fehlt.  Auld, A. G. (2004, 157) geht hier von einer „new editorial connection between separately drafted stories“ aus.Vgl. Hentschel, G. (1994b, 106): „Der Eindruck, daß V 14d eingefügt worden ist, wird dadurch verstärkt, daß die hier gebrauchte Wendung sonst nur noch in 2 Sam 24,25 vorkommt. Es könnte sich um eine Bearbeitung der Schlusskapitel des Samuelbuches handeln. Dafür spricht auch, daß das Nifal des Verbums ‫ עתר‬fast nur in nachexilischen Texten begegnet (1 Chr 5,20; 2 Chr 33,13.19; Esra 8,23; Jes 19,22).“ Vgl. auch Veijola, T. (1975, 108 f.). Ausführlich dazu auch Simon, L. T. (2000, 64.120) und zuletzt Hentschel, G. (2011, 177– 179).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

2Sam 24 beispielhaft deutlich, was nicht selten zur Annahme einer oder mehrerer älterer Überlieferungen und einer deuteronomistischen Überarbeitung und Einfügung in den nun vorliegenden Kontext geführt hat.³²² Insgesamt sind in 2Sam 24 Brüche erkennbar, die 1Chr 21,1– 22,1 vermeintlich glättet.³²³ 1Chr 21,1– 22,1 ebnet nicht nur Widersprüche und Inkongruenzen ein, sondern baut die Erzählung auch weiter aus.³²⁴ So werden Figuren, beispielsweise die Söhne des Arauna (1Chr 21,20),³²⁵ eingeführt, mehrere Engelserscheinungen ergänzt, Handlungen umgestellt (beispielsweise indem 1Chr 21,7 eingeschoben wird) und die Ortswahl „durch den Bericht über das Gottesfeuer, welches das Opfer Davids verzehrt“³²⁶ (V. 26; vgl. auch 2Chr 7,1), überhöht. Deshalb ist insgesamt zweifelhaft, ob 1Chr 21,1– 22,1 insgesamt als „einfachere“,³²⁷ literarisch einheitliche Geschichte verstanden werden kann, und es bleibt fraglich, in welcher Relation beide Texte überhaupt zueinander stehen.³²⁸ Fest steht, dass die Erzählung von Davids Zensus und der Pest, die insgesamt in vier unterschiedlichen Textversionen – 4QSama und die zahlreichen abweichenden Textzeugen nicht mitgerechnet – vorliegt, noch in hellenistischer Zeit zahlreiche Abänderungen und Redaktionen erfuhr.³²⁹ Ältere Erzählteile sind in der Erzählung, so wie sie heute in 2Sam 24 vorliegt, so eng verzahnt, dass – wie auch ein Blick in die Forschungsgeschichte zeigt³³⁰ –  Vgl. Schroer, S. (1992, 197): „Quellenkritische Untersuchungen machen so wahrscheinlich, dass hier eine alte Kultgründungslegende verarbeitet ist.“  Vgl. ebenso Aejmelaeus, A. (2007, 102): „The Chronicler, however, has smoothed out a few corners of the story.“ Die Frage, ob es sich hier um den Chronisten selber handelt oder nicht, kann hier nicht beantwortet werden. Vgl. dazu die unterschiedliche Diskussion bei Rofé, A. (1990, 114) und Aejmelaeus, A. (2007, 102).  Vgl. Rofé, A. (1990, 115): „Furthermore, we have noticed that the recast of the story in 1Chr 21 includes additions as well as omissions.“  Mosis, R. (1973, 114 f.) vermutet, dass es sich um Söhne Davids handelt.  Gerstenberger, E. S. (2005, 121).  Vgl. Schenker, A. (1982, 43).  Fokkelman, J. P. (1990, 310) nimmt an, dass der Chronist „included II Sam.24 in his work“. Schenker, A. (1982, 39) spricht von 1Chr 21,1– 22,1 als „Nacherzählung“. Vgl. auch Ristau, K. A. (2005, 206): „The Chronicler re-presents the Vorlage so that it conforms more amicably to the particular theology and purposes.“ Vorsichtiger Stolz, F. (1981, 300): „Wahrscheinlich ist der Samuel-Text an einigen Stellen gekürzt, ohne daß man die Chronik-Version grundsätzlich als ursprünglicher werten dürfte.“  Vgl. sehr radikal Aejmelaeus, A. (2011a, 149): „It is impossible to date this editorial activity, but it must be a question of the time around the turn of the era, perhaps the 1st century bce. This means that the Books of Samuel – or probably the Deuteronomistic History in general – was not yet considered to be ‘canonical’ in the sense of being sacred Scripture and being authoritative and unchanged in wording.“  Vgl. Dietrich,W. (21992, 31), der von einem Bericht über Davids Volkszählung (V. *1– 10), einer Erzählung über den Propheten Gad und wie er David drei Strafen zur Wahl stellt (V. *11– 15) und

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – Hungersnot und Pest als Gefahren für das Land

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mit jedem redaktionskritischen Eingriff mehr Fragen aufgeworfen als gelöst werden.³³¹ Nicht zuletzt deshalb wird in zahlreichen neueren Forschungspositionen für die Einheitlichkeit von 2Sam 24 votiert.³³² Alles in allem geht es um eine Plage, ihre Ursache (Zensus) und ihre Beendigung (Altar).³³³ Auch wenn es einerseits durchaus Bezüge zu anderen Texten in den Samuelbüchern gibt – beispielsweise die Nennung des Propheten Gad oder das

einer Legende, wie David bei der Tenne des Arauna einen Altar baute (V. *15 – 25), ausgeht. Caquot, A. / de Robert, P. (1994, 643) schreiben 2Sam 24 im Wesentlichen der „rédaction sadocide“ zu, die sich auf ältere Quellen „concernant une peste en Israël […], un recensement opéré sur ordre de David, une légende d’Arawna et de son aire“ stützt. 2Sam 24,3 f.5 – 7.11b – 14.16aβ.18a.19aβ.23b sind schliesslich deuteronomistisch. Hentschel, G. (1994b, 107 f.) nimmt zwei Erzählungen an: eine in V. 2– 4aα.9.15, eine in V. 20 – 21bα.22– 25a. Er geht davon aus, dass prophetische Kreise die beiden Erzählungen miteinander verknüpften, und diese Erzählung dann wiederum mehrfach bearbeitet wurde. Veijola, T. (1975, 108 – 117) schreibt 2Sam 24,3.4a.10 – 14.15aβ.17.21bβ.25bβ DtrP und 2Sam 24,1.19.23b.25bα DtrG zu. Vermeylen, J. (2000, 429) führt dies weiter und nimmt „une histoire littéraire en quatre étapes“ an: zwei ältere Teile, deren Herauslösung schwierig bleibt, eine Bearbeitung durch DtrH/DtrG und DtrN sowie eine Schlussredaktion. Sehr vorsichtig Aejmelaeus, A. (2007, 101): „The MT clearly shows some unevenness, and this is probably due to different dtr hands having worked on the passage.“ Zudem Aejmelaeus, A. (2011b, 414 f.) und Aejmelaeus, A. (2011a, 139 – 141). Jeremias, J. (21997, 66 – 69) nimmt eine ältere Grunderzählung und eine spätere Ergänzung in V. 16 an, die in „die letzten Jahrzehnte der staatlichen Existenz Israels“ (69) passt. Keel, O. (2007, 224) sieht eine alte Erzählung in 2Sam 24,2– 4.8 f.15 ev. V. 16 und V. 20 – 25). Entsprechend sind V.10 – 14 und V. 16 f. sekundär: „Vor allem aber ist die Bemühung, den Altarbau auf die Initiative JHWHs und nicht etwa Davids zurückzuführen (V. 18) von der dtn./dtr. Theologie her verständlich, nach der nur an jenem Ort Opfer dargebracht werden dürfen, den JHWH sich erwählt hat (Dtn 12 […]).“ Vgl. zum Forschungsüberblick McCarter, P. K. (41986, 514 f.); Dietrich, W. / Naumann, T. (22005, 166 f.); Simon, L. T. (2000, 122 – 126); Stoebe, H. J. (1994, 514 f.) sowie Klein, J. (2002, 183 – 185).  Vgl. Rofé, A. (1990, 109 f.): „In my opinion this tension cannot be used in order to detect distinct sources or layers in the story; rather it indicates how different phases and moments in the development of religion can become amalgated in the conscience of one believer, be he even a talented writer.“ Ähnlich auch Stolz, F. (1981, 301): „Es gelingt nicht, den verwickelten Überlieferungsprozeß in dem Sinne zu erklären, daß man jede Stufe genau dingfest machen könnte in Versen und Versbruchstücken. Noch weniger lassen sich ganze ursprüngliche Erzähleinheiten ausgliedern.“  Vgl. Mathys, H.-P. (2007, 232). So bereits Schenker, A. (1982, 33): „Denn es ist weniger wahrscheinlich, dass eine solch geschlossene Texteinheit, in der sich die Teile sinnvoll aufeinander beziehen, aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt und über einen grösseren Zeitraum hinweg durch verschiedene Hände zu einer Einheit eingeschmolzen wurde, als dass sie vielmehr von Anfang an als Einheit gedacht und gestaltet worden ist.“ Vgl. auch Hentschel, G. (1994b, 107): „Die drei Teile der Erzählung sind recht verschieden, bilden aber durchaus eine literarische Einheit.“  Vgl. McCarter, P. K. (41986, 518).

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Schuldbekenntnis Davids³³⁴ –, so sind diese doch insgesamt marginal.³³⁵ Gerade an der Figur Joabs kann sogar eine wesentliche Differenz aufgezeigt werden: So wird er beispielsweise in 2Sam 24,2 als ‫ ַשׂר־ַהַחיִל‬bezeichnet, während in 1Kön 1,19 ‫ ַשׂר ַה ָּצָבא‬steht.³³⁶ Zudem wird in 2Sam 24,25 mit der Altarbauformel ein alter Ausdruck aufgenommen und neu gedeutet. Bemerkenswert ist ferner die seltene Erzählung vom Kauf eines Grundstücks, die an die Erzählung vom Kauf des Patriarchengrabes durch Abraham in Gen 23 erinnert (ähnlich auch Gen 33,19) – ein priesterschriftlicher oder sogar nachpriesterschriftlicher Text.³³⁷ Vielleicht ist es auch nicht ganz zufällig, dass sowohl in Gen 23 als auch in 2Sam 24 jeweils Hetiter die Vertragspartner sind. Insgesamt steht 2Sam 24 in sachlicher und wohl auch zeitlicher Nachbarschaft zu Ez 14, wo von Vernichtung und Errettung durch Jhwh die Rede ist. Schliesslich ist die Trias Schwert, Hunger und Pest ein häufiges Motiv in Jer und Ez (vgl. Jer 14,12; 21,7.9; 24,10; 27,8.13; 29,17.18; 32,24.36; 34,17; 38,2; 42,17.22; 44,13; Ez 5,12.17; 6,11 f.; 7,15; 12,16; 14,21) und steht dort im Kontext des Untergangs des judäischen Staates 587 v.Chr. und der Nachwehen dieses Ereignisses.³³⁸ Entsprechend kann die Metaphorik der unschuldig leidenden Schafe, die David in V. 17 in den Mund gelegt wird, in Zusammenhang mit Jes 53 gesehen werden.³³⁹ Und schliesslich ist statt Kultgründung und Ätiologie eher anzunehmen, dass David nachträglich zum Altarstifter in Jerusalem gemacht wurde. Dafür spricht die  Vgl. Briffard, C. (2002, 101). Zu den Bezügen zwischen 2Sam 12,13 und 24,10 siehe unter Kapitel B. 4.3.  Anders Klement, H. H. (2000), der zu zeigen versucht, dass 2 Sam 21– 24 zusammen mit den restlichen Samuelbüchern eine literarische Einheit bilden.  Vgl. Firth, D. G. (2009, 543). Zur Rolle Joabs siehe Kapitel B. 3.1.1. bes. Anm. 92.Vgl. Campbell, A. F. (2005, 207): „Joab is portrayed changing his orders (cf. Uriah) or disobeying them (cf. Absalom); he has not been portrayed openly questioning the king’s orders.“ Selbst wenn es schwer fallen sollte, Joab hier eine positive Funktion zuzuschreiben, kann mit Auld, A. G. (2011, 606) festgehalten werden: „We have never met Joab so hesitant in face of action.“  Zum Vergleich mit Gen 23 siehe Ristau, K. A. (2005, 216); Briffard, C. (2002, 103);Vermeylen, J. (2000, 432 f.) und Schenker, A. (1982, 14 f.). Vgl. insbesondere auch die interessante Beobachtung von McDonough, S. M. (1999, 128 f.), dass die Erzählung in Gen 24,1 und 1Kön 1,1 mit genau dem gleichen Satz lediglich mit unterschiedlichem Subjekt weitergeht: „It would appear that the final editor wished the reader to see a connection between David and Abraham.“  So Mayer, G. (1977, 134): „Die Dreierreihe Hunger, Pest, Schwert haftet am Untergang des judäischen Staates 587 und seinen Nachwehen und umschreibt den Krieg in seinen furchtbarsten Konsequenzen.“ Zum Vergleich zieht Mayer, G. (1977, 135) zu diesen Dreierreihen Fluchtafeln der vorderasiatischen Grenzsteine und Vasallenverträge, die bei Vertragsbruch Hunger, Unheil, Krankheit, Überschwemmung usw. androhen, heran. Vgl. Veijola, T. (1975, 112); Seidl, T. (1993, 563 f.); Cartledge, T. W. (2001, 705) und Dieterlé, C. / Monsarrat, V. (1991, 218 f.).  Vgl. Schenker, A. (1982, 38): „Nichts hindert uns, für 2 Sam 24 eine zeitliche Nachbarschaft mit Ez 14 und Jes 53 anzunehmen, da sich diese Texte als inhaltlich verwandt erwiesen.“ Vgl. Simon, L. T. (2000, 130).

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Nennung von Brand- und Heilsopfer (‫)ֹעָלה ֹעלוֹת וּ ְשָׁלִמים‬,³⁴⁰ die so nur nachexilisch belegt ist (vgl. Ri 20,26; 21,4; Ez 45,15; 1Chr 16,1 f.).³⁴¹ Selbst die Nennung des Jebusiters Arauna muss nicht unbedingt alt sein,³⁴² da Jebusiter auch noch in Esra 9,1 und anderen jüngeren Texten vorkommen.³⁴³ Anklänge an die deuteronomistische Sprache erklären sich entsprechend aus dieser späten Abfassung.³⁴⁴ Aus all diesen Gründen kann 2Sam 24 als mehr oder weniger einheitliche Erzählung in einen „frühestens (spät‐)exilischen, viel eher nachexilischen Zeithorizont“³⁴⁵ eingeordnet beziehungsweise in die persische Zeit datiert werden.³⁴⁶

 Vgl. zu den Begriffen ‫ עלות‬und ‫ שׁלמים‬und deren Verwendung in 2Sam 6,17 f. Dietrich, W. (2010d, 247 f.). Vgl. zum Begriff Schenker, A. (1982, 9 f.).  Vgl. Zwickel, W. (1999, 30 f.).  Vgl. beispielsweise Dietrich, W. (2002d, 141): „Die Kultgründungslegende für das Heiligtum vor den Toren Jerusalems dürfte in ihrem Kern sehr alt sein und noch hinter die Davidzeit zurückreichen. Es war nämlich ursprünglich kaum David, sondern jener Arauna, ein Jebusiter, der in höchster Not auf seiner Tenne ein Opfer darbrachte, dadurch eine zürnende Gottheit gnädig stimmte und auf diese Weise zum Kultstifter wurde.“ Ähnlich Stoebe, H. J. (1994, 533), der meint, ein Zusammenschluss von verschiedenen Traditionen wäre „verhältnismäßig früh […], nicht allzuweit entfernt von den geschilderten Zeiträumen“ geschehen.  Vgl. ausführlich zu den Jebusitern Simon, L. T. (2000, 149 – 155).  Vgl. zu deuteronomistischen Formulierungen in 2Sam 24 beispielsweise Veijola, T. (1975, 111– 117). Vgl. zudem Dietrich, W. (21992, 36 f.): „Manches an der Erzählung deutet darauf hin, daß sie eher in eine nachklassische Epoche der Prophetie gehört; andererseits zeigt sie deutlich Abstand zum dtr Sprach- und Denkbereich. DtrP hat sie in den Kontext eingepaßt, indem er sie mit Schuldbekenntnissen Davids rahmte (V.10.17) und durch eine negative Glossierung des Zensusberichts vorbereitete (V.1.3.4a.). So wird aus dem im profanen (V.2 ff) wie im kultischen Bereich (V.16 ff) klug und erfolgreich handelnden Herrscher ein schuldbeladener Mann, der den Gott Israels herausfordert und Israel in Gottes Strafhandeln hineingezogen hat – ein König, der weniger agiert als reagiert, und das überwiegend glücklos und hilflos.“  Hartenstein, F. (2008, 138). Anders Keel, O. (2007, 223): „Aus diesen Gründen ist es auch unwahrscheinlich, dass 2Sam 24 als Ganzes nachexil. ist. Das heißt natürlich nicht, dass nicht einzelne Präzisierungen wie z. B. die Kombination von Brand- und Heilsopfern nicht nachexil. sind […].“  Vgl. Mathys, H.-P. (2007, 245). Gemäss Schenker, A. (1982, 38) liegt es nahe „nicht zu weit in die nachexilische Zeit vorzudringen“. Vgl. Zwickel, W. (1999, 31): „Die Heiligtumslegende in 2 Sam 24,18 – 25 bezieht sich dann nicht auf eine vorisraelitische und nur schwer zu rekonstruierende Vorzeit, sondern eher auf Pläne zur Wiedererrichtung des Tempels nach der Rückkehrmöglichkeit aus dem babylonischen Exil.“ Vgl. auch Vermeylen, J. (2000, 434): „L’épisode de la rencontre avec Arauna et de l’offrande de sacrifice sur le site du futur Temple s’explique enitèrement dans le cadre de la rédaction postexilique des livres de Samuel.“ So auch schon McCarter, P. K. (41986, 517): „It is clear, therefore, that the story of the census plague functioned in post-exilic tradition as an etiology for the holocaust altar in the Salomonic temple.“ Und was Ristau, K. A. (2005, 220) für 1Chr 21 festgehalten hat, mag auch hier gelten: „It is a not-so-subtle admonishment to the leadership of post-exilic community.“ Vgl. auch Gerstenberger, E. S. (2005, 221): „Dabei ist erwä-

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4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Insgesamt steht nicht die Schuld des Volkes im Vordergrund, sondern die des Königs. Gott bestraft das Volk für die Machtgier seines Herrschers. Aber auch die Schuld des Herrschers wird nicht weiter – etwa durch den auftretenden Propheten Gad – thematisiert. Entscheidend sind vielmehr Gottes Strafe und seine Reue (V. 16) und die Bereitschaft des Königs, die Schuld auf sich zu nehmen (V. 17). Der Altar wird daher zum Erinnerungsmal an dieses Erbarmen Gottes, den Wunsch des Königs nach Wiedergutmachung (V. 10.17)³⁴⁷ und an seine Hartnäckigkeit, den Preis dafür bezahlen zu wollen (V. 24) – und nicht unbedingt zum Ort des Sühneopferkults.³⁴⁸ Denkbar wäre es, dass die Erzählung vom Altarbau Davids in der Zeit kurz vor dem Wiederaufbau des salomonischen Tempels (520 v.Chr.) entstanden ist. Auch in der Exilszeit und in der frühnachexilischen Zeit wurde auf dem Tempelplatz geopfert, wie Jer 41,5 zeigt. 2Sam 24 würde dann den Altar in Jerusalem legitimieren und ihm eine „davidische“ Bedeutung geben.³⁴⁹ Wie dem auch sein mag: 2Sam 24 legt das Schwergewicht auf den Altarbau, nicht auf den Tempel.³⁵⁰ Erst der Chroniktext streicht dann den Bezug zur Rechtfertigung Davids (1Chr 21,28) und zum Tempel (1Chr 22,1; 2Chr 3,1) heraus.³⁵¹ Nicht Sünde, Busse und Strafe stehen im Vordergrund,³⁵² sondern Macht (der Wunsch, die Zahl der Waffenfähigen und die militärische Überlegenheit zu kennen) und Ohnmacht (der Tod von Zehntausenden). Der König, der in seiner Selbstherrlichkeit nicht auf seinen General Joab hören will (V. 4), wird zu einem, dem das Herz schlägt (V. 10) und der

genswert, dem exilischen dtr. Werk stärker die Auseinandersetzung mit der Schuldfrage zuzuordnen, die positive Darstellung des Königtums, besonders hinsichtlich des Jerusalemer Kultwesens, in die Zeit des wiedererstandenen Tempels zu datieren.“  Vgl. Cartledge, T. W. (2001, 711): „Human penitence confirms that judgment has fulfilled its function, facilitating the expression of divine mercy.“  Anders Mathys, H.-P. (2007, 230 f.): „2Sam 24 ist eine der wichtigsten erzählerischen Entfaltungen des Themas Schuld und Schuldbewältigung. Allerdings geht es in diesem Kapitel nicht um die Rückkehr zu einem lebendigeren Glauben oder zu einer zurückhaltenderen Art der Machtausübung. Es bietet vielmehr eine grandiose Ätiologie des Opferkultes in Jerusalem, in der Sünde ganz ‚felix culpa‘ ist, eine Ätiologie, durch die der Priesterstand des zweiten Tempels in die (Rechts‐)Nachfolge Davids einrückt.“  Vgl. Zwickel, W. (1999, 33): „Lediglich in nachexilischer Zeit macht die Erwähnung eines Brandopferaltars als Ausgangspunkt für den nachfolgenden Tempelbau Sinn.“  Zumindest gilt dies für den MT. Bereits die LXX fügt in 2Sam 24,25 hinzu: καὶ εἰρηνικάς καὶ προσέθηκεν Σαλωμων ἐπὶ τὸ θυσιαστήριον ἐπ᾽ ἐσχάτῳ ὅτι μικρὸν ἦν ἐν πρώτοις. Schniedewind,W. M. (1994, 108 f.) meint dazu: „In this case, the Septuagint’s addition is undoubtedly secondary. Although the expansion seems innocuous, it looks forward to Salomon’s construction of the temple and Solomon’s altar.“  Vgl. dazu Mosis, R. (1973, 112); Gerstenberger, E. S. (2005, 118 – 121).  So hat schon Stolz, F. (1981, 303) bemerkt: „Im letzten Abschnitt der Erzählung fehlen die theologisch befrachteten Gedanken über Schuld, Verantwortung, Strafe usw. völlig.“

4.3. Fazit

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es mit der Angst zu tun bekommt (V. 14). Mit dieser Erkenntnis lässt sich die Erzählung auch sozialgeschichtlich (die Rolle des Königs als militärischer Befehlshaber wird durch die Alleinwirksamkeit Jhwhs stark abgeschwächt)³⁵³ und theologisch (in der Rede vom zornigen und reumütigen Gott) in die frühnachexilische, persische Zeit einordnen.

4.3. Fazit Die untersuchten Texte thematisieren menschliche Vergehen und Busse.³⁵⁴ David büsst Ehebruch und Mord damit, dass sein mit Batseba gezeugtes Kind stirbt (2Sam 12,18) und Absalom vor den Augen ganz Israels zu seinen Nebenfrauen eingeht (2Sam 12,11 f.; 2Sam 16,22; 2Sam 20,3). Die davidische Dynastie wird damit bestraft, dass das Schwert für immer wütet (2Sam 12,10). Die Blutschuld Sauls an den Gibeonitern und die Volksszählung Davids werden dadurch gerächt, dass das Volk mit Hungersnot beziehungsweise mit einer Pest belegt wird.³⁵⁵ Der theologische Schluss liegt nahe, dass Jhwh in gewissen Situationen eingreift, Schuld bestraft und für Recht und Gerechtigkeit sorgt. Die näheren Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Tat und Strafe, Tun und Ergehen nicht immer offensichtlich ist. Häufig wird nicht explizit benannt,worin genau die Schuld bestand und vor allem, weshalb die Strafe nicht den Schuldigen selbst trifft:³⁵⁶ So werden die Begriffe „Ehebruch“ (‫נאף‬ Ex 20,14; Dtn 5,18 u. a.) und „Mord“ (‫ רצח‬Ex 20,13; Dtn 5,17 u. a.) in 2Sam 11 f. ebensowenig verwendet wie die Wörter „Habgier“ und „Machtmissbrauch“. In 2Sam 21,1 ist von einer Blutschuld (‫ )ַהָּדִמים‬die Rede, die in den Tagen Davids eine Hungersnot ausgelöst habe, jedoch ohne dass sie weiter präzisiert oder irgendwo darauf Bezug genommen wird. Es bleibt diffus, welchen Fehler David mit dem

 Vgl. Gerstenberger, E. S. (2005, 128).Vgl. so beispielsweise auch schon Stoebe, H. J. (1994, 527): „Der Ton muß wohl darauf liegen, daß David durch die Minderung seines Machtpotenzials darüber belehrt wird, daß Jahwe der Herr des Gedeihens und Verderbens ist.“  Nicht weiter untersucht wurde die Erzählung, in der Usa mit dem Leben für die Verletzung der Heiligkeit Gottes (‫ ַשׁל‬, Hapaxlegomenon 2Sam 6,7) büsst.  Auch die Chronik spricht von „three explicit failures“ Davids – so Ristau, K. A. (2005, 213) –, bei denen Jhwh eingegriffen und ihn bestraft oder doch zumindest am Handeln gehindert hat:1Chr 13 (vgl. 2Sam 6); 1Chr 17,1– 25; 22,7– 10 und 1Chr 21,1– 22,1 (vgl. 2Sam 24). Ristau, K. A. (2005, 213) führt aus: „David’s reign is marred by three explicit failures: his first attempt to transport the ark to Jerusalem (1 Chron. 13), his unacceptability as temple builder (1 Chron. 17.1– 25; 22.7– 10), and his sin in the census narrative (1 Chron. 21).“  Auld, A. G. (2002, 77) hat festgehalten: „The deaths caused by David’s offences against Yahweh may in fact play no part in the ‘removal’ of his guilt or his offence.“

286

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Zensus begangen hat, ganz abgesehen davon, dass hier eine Spannung zwischen individueller und überindividueller – da von Gott dazu angestiftet – Schuld besteht. Am deutlichsten wird die Schuldthematik in dem als sekundär herausgearbeiteten Text in 2Sam 12,7b – 12, in dem Natan David göttliche Strafe ankündet, weil er sich die Frau des Hetiters Urija zur Frau genommen und diesen getötet hat. Insgesamt bestehen gewichtige Unterschiede innerhalb der Erzählungen 2Sam 12,1– 15; 2Sam 21,1– 14 und 2Sam 24. Entsprechend lässt sich auch kein einheitliches Schema, etwa nach dem Muster Vergehen, Kritik durch einen Propheten, göttliche Strafe, Reue des Königs und Vergebung, ausmachen. Während David im Fall von 2Sam 12,1– 15 seinen Fehler nicht sogleich einsieht und sich unwissend sein eigenes Urteil fällt, realisiert er in 2Sam 24 augenblicklich nach der Tat, dass er falsch gehandelt hat, und bekennt seine Schuld, noch bevor Gad zu ihm kommt!³⁵⁷ Damit wird auch deutlich, welche unterschiedlichen Rollen den beiden Propheten Natan und Gad zukommen: Besonders in der älteren Erzählung von Natan (2Sam 12,1– 7a.13 – 15) geht es um das Aufdecken der Verfehlung Davids, in der jüngeren Erzählung von Gad (2Sam 24) überwiegt die Darstellung der Strafe. Während Natan als kritisches Gegenüber des Königs erscheint, fungiert Gad „lediglich“ als Überbringer des Strafgerichts Gottes.³⁵⁸ Entsprechend findet sich bei Natan ein klares Gerichtswort,während sich Gad relativ zurückhaltend verhält, „da sich das Entscheidende nicht zwischen ihm und David, sondern zwischen dem König und Jahwe abspielt, und zwar noch vor der Intervention des Propheten (V.10).“³⁵⁹ Auch Jhwh werden in den Erzählungen unterschiedliche Rollen zugeschrieben: Während sich die Handlung Jhwhs in 2Sam 12,1– 15 darauf beschränkt, dass er Natan zu David schickt (V. 1), greift er in 2Sam 24 mehrmals aktiv ins Geschehen ein (2Sam 24,1.11.15 f.25). Gad wird direkt von Jhwh beauftragt, was er sagen soll, während es umgekehrt aber keine „Indizien für einen wortgetreu auszurichtenden Auftrag Natans“³⁶⁰ gibt. Gemeinsam ist beiden Er-

 Schenker, A. (1982, 32): „Der Vergleich zwischen Natan und Gad hinkt jedoch insofern, als Natan den unbussfertigen König mit seinem fingierten Rechtsfall erst überlisten und überführen muss. Die Funktion Natans ist die des Untersuchungsrichters, der den Angeklagten erst zum Schuldgeständnis bringen muss. Anders Gad! Der König sieht seine Schuld bereits ein, als er zu ihm gesandt wird.“  Vgl. Mathys, H.-P. (2007, 233 f.): „Anders verhält es sich bei der Intervention Nathans in 2Sam 12. Dieser weist David auf sein Vergehen hin, und der König wendet sich an ihn (2Sam 12,13 – 15).“  Mathys, H.-P. (2007, 233).  Vgl. Wagner, A. (2004, 174).

4.3. Fazit

287

zählungen die „Androhung“ der göttlichen Strafe durch einen Propheten.³⁶¹ Wann das göttliche Gericht anfängt und wann es aufhört, ist wiederum unterschiedlich: Während die Strafankündigung Natans – zumindest im jetzt vorliegenden Endtext – insgesamt einen weiten zeitlichen Horizont (‫ )ַעד־עוָֹלם‬im Blick hat, ist die Strafe, die Gad David ankündigt, zeitlich klar begrenzt (‫) ְשׁל ֹ ֶשׁת ָיִמים‬. Entsprechend wird in 2Sam 24 auch das Ende der Pest erzählt (2Sam 24,16) und festgehalten, dass sich Jhwh für das Land erbitten liess (2Sam 24,25), während in der sogenannten Thronfolgeerzählung nie auf die Strafankündigung von Natan rekurriert wird und offen bleibt, was sich davon bereits erfüllt hat und was sich zukünftig noch erfüllen wird.³⁶² Aufgrund dieser inhaltlichen und theologischen Differenzen bleibt es schwierig, die beiden Erzählungen mit Blick auf die Bedrohung Davids zu vergleichen, scheinen sie doch etwas grundsätzlich Verschiedenes auszusagen sowie historisch und theologisch unterschiedlich geprägt zu sein. Dennoch gibt es sprachliche Gemeinsamkeiten, die sich auf einen prophetischen Kontext zurückführen lassen: etwa die ‫ֹּכה ָאַמר ְיה ָוה‬-Formel, die in den David-Erzählungen lediglich in 2Sam 7,5.8; 2Sam 12,7.11 und 24,12 par. 1Chr 21,11 (vgl. auch 1Sam 15,2) vorkommt, oder die sogenannte Wortereignisformel in 2Sam 24,11 (vgl. 1Sam 15,10; 2Sam 7,4).³⁶³ Die Verwendung dieser beiden Formeln macht eine implizierte Präsenz Jhwhs in den Erzählungen deutlich. Hinzu kommt, dass in beiden Erzählungen die Sünde als „böse in den Augen Jhwhs“ beschrieben wird (2Sam 11,27; 1Chr 21,7; jedoch nicht in 2Sam 24!) und damit ein klares theologisches Urteil vorliegt. Davids Reaktion auf die göttliche Strafe besteht darin, Gott zu suchen (2Sam 12,16 ‫ ַו ְיַב ֵּקשׁ ָּד ִוד ֶאת־ָהֱאל ִֹהים‬bzw. 2Sam 21,1 ‫ ַו ְיַבֵּקשׁ ָּד ִוד ֶאת־ ְפּ ֵני ְיה ָוה‬, ähnlich auch in 2Sam 24, wenn auch nicht in diesen Worten). Und mit ganz ähnlichen Formulie-

 Vgl. Vermeylen, J. (2000, 432): „L’intervention du prophète Gad (vv. 11– 13) est comparable à celle de Natan au chap. 12 : il vient annoncer la punition divine.“  Lamb, D. T. (2010, 323 f.): „The sword curse does explain the unnatural deaths of four of David’s sons, the rape of his concubines and the rebellions of Absalom, Sheba and Adonijah, but violence also characterizes the reigns of his later descendents.“  Veijola, T. (1975) hat deshalb angenommen, dass die beiden Erzählungen auf den gleichen Redaktor, nämlich DtrP, zurückgehen; dies ist jedoch nicht zwingend, insofern es in den Samuelbüchern noch weitere Erzählungen gibt, in denen sich dieses Vokabular wiederholt und die Bezüge insgesamt sehr vielfältig sind.Veijola, T. (1975, 115): „Das prophetische Element, das neben dem ‚dtr‘ in dieser Schicht stark zutage tritt, sowie die erhebliche Nähe zu der Nathan-DavidEpisode (2Sam 11:27b–12:15a), die von DtrP erweitert und an ihrer jetzigen Stelle untergebracht worden ist, machen es äusserst wahrscheinlich, dass auch die prophetische Bearbeitung in 2Sam 24 ihre Existenz demselben Verfasser (DtrP) verdankt.“ Vgl. auch Dietrich, W. (21992, 38 – 49) u. a.

288

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

rungen wie bereits Saul zuvor in 1Sam 15,24.30 und 1Sam 26,21³⁶⁴ bekennt David seine Schuld:³⁶⁵ 1Sam 15,24 ‫ַו ֹיּאֶמר ָשׁאוּל ֶאל־ ְשׁמוֵּאל‬ ‫ָחָטאִתי ִּכי־ָעַבְרִּתי ֶאת־ ִפּי־ ְיה ָוה‬ ‫ְוֶאת־ ְּדָבֶריָך ִּכי ָיֵראִתי ֶאת־ָהָעם ָוֶא ְשַׁמע‬ ‫ְבּקוָֹלם׃‬ Sam , ‫ַו ֹיּאֶמר ָחָטאִתי ַע ָּתה ַּכ ְבֵּד ִני ָנא ֶנ ֶגד‬ ‫ִזְק ֵני־ַע ִּמי ְו ֶנ ֶגד‬ ‫יִ ְשָׂרֵאל ְושׁוּב ִע ִּמי ְוִה ְשׁ ַּתֲח ֵויִתי ַליה ָוה‬ ‫ֱאל ֶֹהיָך׃‬

Sam ,

Sam ,b

‫ַו ֹיּאֶמר ָּד ִוד ֶאל־ ָנָתן‬ ‫ַו ֹיּאֶמר ָּד ִוד ֶאל־ ְיה ָוה‬ ‫ָחָטאִתי ְמֹאד ֲא ֶשׁר ָע ִשׂיִתי ְוַע ָּתה ְיה ָוה ָחָטאִתי ַליה ָוה ַו ֹיּאֶמר ָנָתן ֶאל־ ָּד ִוד‬ ‫ַגּם־ ְיה ָוה ֶהֱעִביר ַח ָּטאְתָך ל ֹא ָתמוּת׃‬ ‫ַהֲעֶבר־ ָנא ֶאת־ֲע ֺון ַעְב ְּדָך‬ ‫ִּכי ִנְס ַּכְל ִּתי ְמֹאד׃‬ Sam , ‫ַו ֹיּאֶמר ָּד ִוד ֶאל־ ְיה ָוה ִבְּרֹאתוֹ‬ ‫ֶאת־ַהַּמְלָאְך ַה ַּמ ֶּכה ָבָעם ַו ֹיּאֶמר ִה ֵּנה‬ ‫ָאֹנִכי ָחָטאִתי ְוָאֹנִכי ֶהֱע ֵויִתי ְוֵאֶּלה ַהֹּצאן‬ ‫ֶמה ָעשׂוּ ְּתִהי ָנא ָיְדָך ִבּי וְּבֵבית ָאִבי׃‬

Es fällt auf, dass das Vokabular sehr differenziert verwendet wird, und in 2Sam 24,10 und V. 17 unterschiedliche Begriffe auftauchen:³⁶⁶ 2Sam 24,10 – ‫חטא‬, ‫ סכל‬Nifal 2Sam 24,17 – ‫חטא‬, ‫ עוה‬Hifil, anders in 4QSama: vgl. LXXL sowie 1Chr 21,17³⁶⁷ ‫ֲהֵרעוִֹתי ְוָהֵרַע‬ (vgl. 1Sam 20,1; 1Sam 26,21; 2Sam 19,21).

Im Zentrum steht also das Eingeständnis der Schuld und Reue; eine eigentliche Bitte um Vergebung findet sich lediglich in 2Sam 24,10. Diese Worte Davids und die geschilderten Busshandlungen Davids (etwa in 2Sam 12,16 f.; 2Sam 24,18 – 25) verbieten es geradezu, die Texte insgesamt antidavidisch oder sogar antimonarchisch zu lesen.³⁶⁸ Vielmehr zeigt sich hier Davids Einsicht und vorbildhafte Haltung.³⁶⁹ Daran ändert auch die prophetische Kritik nichts: Zweifellos kritisiert  Siehe zum Vergleich mit 1Sam 26 Auld, A. G. (2002, 72 f.).  Vgl. auch die Gebete Hiskijas in 2Kön 19,15 – 19 und 2Kön 20,2b – 3a. Mehr dazu bei Veijola, T. (1975, 113).  Vgl. Klein, J. (2002, 83).Vgl. Auld, A. G. (2010b, 365): „We noted above that ‫( חמל‬21,7) is shared with 2 Sam 12,4.6 as well as with 1 Sam 15 (3x); 23,21; and that ‫( בקשׁ‬21,1) is used again of David and the deity in 2 Sam 12,16. And we should add that 2 Sam 11,11 and 12,8 also pair ‘Israel and Judah’, like 21,2 and 24,1.9 (and elsewhere only 1 Sam 17,52; 18,16; 2 Sam 3,10; 5,5). Such links simply underscore what is clear from the whole content of 2 Samuel 11– 12, that this is a further probe of the implications of guilt for David.“  Vgl. dazu Bar-Efrat, S. (2009, 262).  Vgl. Schroer, S. (1992, 196). „Hier kommt indirekt die Skepsis gegenüber der Institution des Königtums am Schluss der Samuelbücher nochmals zum Tragen […].“ Ähnlich Klein, J. (2007, 31).  Vgl. Hartenstein, F. (2008, 138): „Die Eigenart beider Texte ist es schließlich, daß sie jeweils auf eine abgründige David-Überlieferung zurückgreifen (Rizpa-Erzählung und Zensusgeschichte),

4.3. Fazit

289

Natan David in 2Sam 12,7b – 12. Aber Kritik an David wird auch anderswo laut, beispielsweise in der Erzählung von der weisen Frau von Tekoa: „Denn da der König dieses Wort geredet hat, ist er einem Schuldbeladenen (‫ ) ְּכָא ֵשׁם‬gleich, indem der König den von ihm Verstossenen nicht zurückkehren lässt“ (2Sam 14,13). Erstaunlich ist, dass die Busse Davids jedoch – abgesehen von den vermutlich redaktionellen Formulierungen in 2Sam 21,14 und 2Sam 24,25, wonach Jhwh sich erbitten liess – kaum Wirkung zeigt und die Strafe Jhwhs praktisch ungeachtet dessen eintritt. Jhwh wird dem König und dem Volk zur „Bedrohung“. Diese „göttliche Bedrohung“ kann noch weiter präzisiert werden. Insofern es sich in 2Sam 11 f. und 2Sam 24 um „forms of illegitimate exercise of power“³⁷⁰ geht, dürften die Erzählungen einen polit-theologischen Inhalt haben und um das Thema der göttlichen „Begrenzung“ der Macht des Königs kreisen. Sie zeigen narrativ, wie die weltliche Macht durch die göttliche Macht begrenzt wird³⁷¹ – nämlich durch Jhwhs unvermitteltes Eingreifen: im Ausbruch einer Naturkatastrophe oder im Auftreten eines Propheten, der die göttliche Strafe ankündigt. Diese Thematik der Machtbegrenzung – dargestellt anhand einer Auseinandersetzung zwischen Königen und Propheten – kommt nicht nur in den David-Erzählungen vor.³⁷² Auch Könige wie Abimelech oder Ahab „werden vom Lauf der Dinge erfasst oder zumindest in ihrem Handeln beeinflusst.“³⁷³ Parallelen finden sich zudem in 1Kön 14,1– 18, wo der Prophet Ahija von Silo dem König Jerobeam den Tod seines Sohnes und das Ende seiner Herrschaft ankündet, ebenso in 1Kön 13, wo ein Mann Gottes aus Juda ein Fluchwort gegen den Altar, an dem Jerobeam opfert, ausstösst, sowie in 2Kön 1,2– 8, wo Elia den Boten Ahasjas dessen Tod voraussagt.³⁷⁴ um daran Reflexionen über die Schuld des Herrschers zu knüpfen, die ihn aus Krisensituationen als exemplarischen Frommen hervorgehen lassen. Der David einer fernen Vergangenheit wird so zum Spiegelbild für theologische Gegenwartsfragen.“  Klement, H. H. (2000, 102).  Vgl. Dietrich, W. (21992, 38).  Vgl. ausführlich dazu Dietrich, W. (1972, 9 – 12); Dietrich, W. (21992, 38 – 49) und Cazeaux, J. (1988).Vgl. auch Matthews,V. H. (1991, 204– 216), der den Schluss zieht: „It has been shown in this study that literary framework has been imposed on or used in portions of the deuteronomistic history. The most likely source of this framework is the work of the exilic editors in the period after 586 B.C.E. Is purpose springs from the need to demonstrate that the kings were not free to operate above the law. They were subject to divine justice and the size of their kingdoms and the longevity of their dynasties depended upon their adherence to the same covenant that was imposed on all of the people.“  Kunz, A. (2004, 195).  Besonders häufig wurden in der Forschung auch 2Sam 11 f. und 1Kön 21 miteinander verglichen. Vgl. Van Seters, J. (2003, 116 f.); Lange, J. (2000, 36 f.) sowie Kunz, A. (2004, 173 – 182) u. a. Zuletzt Van Seters, J. (2009, 291– 293).

290

4. Göttliche Strafe als Bedrohung?

Neben diesen erzählenden Texten, in denen Propheten Königen Unheil ankünden, lassen sich sieben sogenannte „deuteronomistic judgment oracles against Davidides“³⁷⁵ festhalten, in deren Nähe vermutlich auch 2Sam 12,7b – 12 steht, wie oben gezeigt wurde. Dazu gehören 1Kön 11,11– 13; 11,31– 35; 21,20 – 24; 2Kön 9,7– 10; 20,16 – 18 par. Jes 29,6 f.; 2Kön 21,10 – 15 (vgl. auch 1Kön 16,1– 14). Eine Analyse dieser Gerichtsorakel zeigt, „that Dtr is as interested in cursing David’s dynasty as in blessing it.“³⁷⁶ Dem König wird für sein falsches Handeln (Bund nicht beachten 1Kön 11,11; Jhwhs Ordnungen missachten 1Kön 11,11.33; Götzendienst 1Kön 11,33; Israel zur Sünde verführen 1Kön 21,22; 2Kön 21,11; Gräuel verüben und Schlimmes tun 2Kön 21,10) von Jhwh eine Strafe angekündet, die ihn selber betrifft: Wegreissen des Königreichs 1Kön 11,11– 13; 11,31 f., Ausrotten des Königshauses 1Kön 21,21; 2Kön 9,8 f. und Deportation nach Babylon 2Kön 21,18 par. Jes 39,6 f. Lediglich in 2Kön 21,12 wird gesagt, dass Jhwh Unheil über Jerusalem und Juda bringen werde (‫)ִה ְנ ִני ֵמִביא ָרָעה ַעל־ ְירוּ ָשִַׁלם ִויהוָּדה‬. In den untersuchten Erzählungen trifft die Strafe Gottes jedoch fast nie David selbst – abgesehen vielleicht von der Schande, die ihm die öffentliche Vergewaltigung (2Sam 16,22) seiner Frauen zufügt!³⁷⁷ Vielmehr charakterisieren sich die Strafen durch „leur radicalité dans le menace sur la vie non seulement des individus mais du peuple tout entier“.³⁷⁸ Damit wird deutlich, dass, obwohl sich der König als Einzelperson versündigt, nicht eine „individuelle“ Vergeltung (so zum Beispiel in Ez 12 und 18 und Dtn 24,16 u. a. vorausgesetzt) erfolgt, sondern die Bestrafung der Dynastie und des Volkes. David sündigt, aber nicht er wird nach 2Sam 12,1– 15 dafür bestraft, sondern seine Kinder (der Säugling Batsebas, Amnon, Absalom und möglicherweise auch Adonija) und Nebenfrauen. David wird entehrt, aber nicht bestraft. Mord und sexuelle Gewalt treffen nicht ihn selbst. Ähnlich wiederholt sich das noch einmal in 2Sam 24: Gott verführt David, und David sündigt. Aber es sterben 70000 Mann. Ist das „gerecht“? Nein, der Aufschrei

 Lamb, D. T. (2010, 321).  Lamb, D. T. (2010, 317).  Vgl. Kreuzer, S. (2010a, 299 f.): „Der Tod des Kindes für das Vergehen Davids erinnert mich eher an die Geschichte von der Volkszählung Davids. Dort ist ja auch der merkwürdige Sachverhalt, dass zwar David gesündigt hat, und dass David bei der Wahl der Strafe lieber in die Hand Gottes als in die Hände der Menschen fallen wird, aber die Strafe der Pest betrifft das Volk und nicht den König, der gesündigt hat.“  Dieterlé, C. / Monsarrat,V. (1991, 209).Vgl. auch Klement, H. H. (2000, 164): „The nation pays the penalty for the trespasses of its kings with the distress of a three-year period of famine and with those who die from an epidemic.“ Zudem Bar-Efrat, S. (2009, 214): „In beiden lässt der Herr wegen der Sünde eines Königs Unglück über Israel hereinbrechen, in beiden kommen unschuldige Menschen ums Leben, und in beiden bedarf David der Hilfe Fremder, um dem Unglück ein Ende zu setzen.“

4.3. Fazit

291

findet sich im Text selber, in der Frage Davids: „aber diese Schafe, was haben sie getan?“ (2Sam 24,17). Während in 2Sam 21,9 Menschen ‫ ִלְפ ֵני ְיה ָוה‬geopfert werden, um die Hungersnot abzuwenden,³⁷⁹ wird in 2Sam 24 der Tun-Ergehen-Zusammenhang³⁸⁰ in Frage gestellt und Zweifel an Gottes Ordnung geäussert.Was also in der sogenannten Thronfolgegeschichte passabel erscheint, nämlich, dass Gott nicht David, sondern seinen Sohn und das davidische Königshaus bestraft, wird in 2Sam 24 hinterfragt. Der König selber bittet Gott darum, ihn und sein Haus zu bestrafen (V. 17). Das göttliche Eingreifen hat in diesen Erzählungen somit zum einen etwas Beruhigendes – klare Machtbegrenzung eines skrupellosen Königs –, zum anderen auch etwas Beunruhigendes – Bestrafung der Unschuldigen, nämlich der folgenden Generationen und des Volkes. Die Strafe wird mit dem Tun des Königs in Zusammenhang gebracht, doch ist er selbst nicht direkt vom göttlichen Gericht „bedroht“.³⁸¹ Fest steht, dass die untersuchten Erzählungen das Bild von einem König (zer)stören, der unablässig unter dem Schutz seines Gottes steht, der durch ihn aus jeder Gefahr gerettet und zum siegreichen und unverletzlichen Helden wird! Sie zeigen, dass David die Gunst Jhwhs nicht immer auf seiner Seite hat, sondern vielmehr als König und Repräsentant des Volkes kritisiert und zumindest indirekt für seine Verfehlungen bestraft wird.³⁸²

 Vgl. Bar-Efrat, S. (2009, 216): „Vergeltung wird in dieser Erzählung [2Sam 21,1– 14] kollektiv verstanden. Für die Schuld des Königs wird das ganze Volk bestraft, und die Strafe kommt erst zur Zeit des neuen Königs.“  Vgl. Janowski, B. (1994, 247– 271).  Gewiss blieb da das Risiko, „daß ein öffentlich als Sünder gebrandmarkter Herrscher in Krisenzeiten stets gefährdet sein mußte“ – so Seebaß, H. (1974, 209).  Vgl. ähnlich auch schon Rudnig, T. A. (2010, 274): „Trotz aller Gefährdung durch äußere Feinde und Rebellion, und besonders trotz der Gefährdung durch eigene Vergehen gegen Jahwe stellt sich heraus, daß David nicht nur der rechtmäßige König nach Jahwes Willen ist und daß Jahwe nicht nur hinter David steht. Sondern auch noch mehr: Davids Handeln befindet sich insgesamt im Einklang mit Jahwes Gerechtigkeitswirken in der Welt. Mögliche Differenzen zu diesem Gerechtigkeitswirken werden nach dem Zusammenhang von Tat und Ergehen ausgeglichen.“

5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext Das Motiv der Bedrohung Davids kommt über die gesamten David-Erzählungen (1Sam 16 – 1Kön 2) immer wieder vor. Schon vor seiner Königswerdung drohte David Gefahr, und selbst auf seinem Sterbebett war er nicht völlig sicher vor erneuten Aufständen und dem Gerangel um die Thronfolge. Themen der Texte sind neben dem Erfolg Davids sein Machtverlust, seine Ohnmacht und seine menschliche Schwäche. Diese Thematik wird in der Forschung einerseits mit der sogenannten Apologie-These erklärt, andererseits damit, dass darin eine Königskritik zum Ausdruck gebracht würde.¹ Diese beiden Positionen sollen vor dem Hintergrund der bisherigen Untersuchungen noch einmal kritisch beleuchtet werden. An der Apologie-These ist problematisch, dass sich die Apologie nicht in den Texten selber findet, sondern aus einem möglichen historischen und ideologischen Kontext heraus konstruiert wird. So ist beispielsweise in 2Sam 2 f. keinerlei Schuld, ja nicht einmal ein mögliches Tatmotiv Davids genannt, gegen das er zu verteidigen wäre. Kann aber von einer Apologie ausgegangen werden, wenn sich David gegenüber den Söhnen der Zeruja als schwach darstellt (2Sam 3,39)? Möglicherweise gibt es tatsächlich Texte, in denen Davids Ohnmacht und seine Passivität zu seinen Gunsten gedeutet werden können (2Sam 15 – 19), doch geht es keineswegs grundsätzlich um eine Entlastung Davids von jeglicher Blutschuld (vgl. etwa 2Sam 12,1– 15; 16,5 – 14; 21,1– 14 u. a.). Auch die wiederholt verwendete sogenannte Mitseins-Formel, die besagt, dass Jhwh mit David sei und ihn vor Gefahren bewahren wird (1Sam 16,18; 17,37; 18,12.14.28; 2Sam 8,6.14), muss kategorisch unterschieden werden von apologetischen Tendenzen oder einer „defensive strategy“,² die ihn gegen den Verdacht, am Tod Sauls beteiligt gewesen zu sein, schützen wollen (vgl. 1Sam 24 und 26).³ Diese Formel verteidigt David keineswegs gegen die Annahme, er habe Saul umgebracht. Sie sagt lediglich aus, dass David Erfolg hatte und Jhwh ihn vor Saul beschützte. David – so hält die Erzählung aus der Sicht Sauls fest – plant eine Verschwörung (‫ )ֶק ֶשׁר‬gegen Saul (1Sam 22,8.13). Später plant Absalom eine Verschwörung (‫ )ֶק ֶשׁר‬gegen David (2Sam 15,12).⁴ Beide Verschwörungen bleiben insofern erfolglos, als der König überlebt.

 Vgl. dazu Kapitel B. 1.1.  McKenzie, S. L. (2011b, 157).  Beides wurde oft vermischt und miteinander in Zusammenhang gebracht.Vgl.Weiser, A. (1966, 325 – 354) sowie zuletzt McKenzie, S. L. (2011b, 157).  Vgl. dazu Conrad, J. (1993, 215).

5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

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Sie beinhalten jedoch keinerlei ideologische – oder gar theologische – Überhöhung Davids. Im Gegenteil, die David-Erzählungen sind weit davon entfernt, David zu verteidigen. Sie handeln von einem ohnmächtigen, fliehenden, Aufständen ausgelieferten, mit Steinen beworfenen, bedrohten David. David wird erniedrigt,⁵ das Vor- und Idealbild alttestamentlichen Herrschertums wird für seine Handlungsweisen kritisiert (2Sam 12,1– 15a) und harten Strafen unterworfen (2Sam 15 – 20; 1Kön 1; 2Sam 24).⁶ Der König ist eben gerade nicht der „siegreiche Gott-Held, Hirte, Rechtshelfer, weise, Kult fördernd, Segen vermittelnd, von Gott beschützt (2Sam 7; Ps 2; 45; 72; 89,21ff; 101; Jes 9,6; vgl. 2Sam 14,17.20; 1Kön 3,4– 28; 10,1– 9.24)“,⁷ sondern ist leidend, trauernd, büssend, an Leib und Leben gefährdet und ängstlich. Hin und wieder scheint es sogar, als sei er gottverlassen! Entsprechend wurde in der Forschung das Motiv des bedrohten David in der Regel als Kritik am König gelesen. In 1Sam 16 – 1Kön 2 geht es jedoch nicht um eine Ablehnung des Königtums an sich. Die Opposition – sofern es eine gegeben hat – richtet sich gegen die Person Davids und nicht gegen das Königtum als staatstragende Ordnung.⁸ David erfährt zwar mehrfach Gottes Strafe (2Sam 12,1– 15; 2Sam 24), doch reicht dies nicht aus, um die Bedrohung Davids mehrheitlich unter dem Aspekt der Königskritik sehen. Weder die Annahme, dass es sich bei den David-Erzählungen um einen apologetischen Text handelt, noch umgekehrt, dass der Text mehrheitlich Kritik am Königtum äussere, erklärt das Motiv der Bedrohung ausreichend. Es hat sich als gewichtiges Motiv erwiesen, das sich gegen eine tendenzkritische Einordnung der Texte stellt. Die Bedrohung Davids ist Teil der gesamten David-Erzählungen. In seltenen Fällen hat die Bedrohung eine mögliche historische Grundlage; sie entzieht sich weitgehend einer ideologischen Instrumentalisierung. Weder in synchroner noch in diachroner Hinsicht ist in 1Sam 16 – 1Kön 2 eine klare Entwicklung erkennbar: Weder sind es nur Texte aus einer bestimmten Zeit oder Redaktionsschicht, noch sind es nur bestimmte Abschnitte in den Samuelbüchern, in denen das Motiv der Bedrohung auftaucht. Vielmehr kommt das Motiv

 Vgl. Van Seters, J. (1981, 24): „In the case of the Davidic covenant this right to rule could not be revoked entirely, but the king could suffer humiliation.“  Staub, U. (1985, 162): „Selbst ein so verehrter König wie David, Vor- und Idealbild atl und ntl Herrschertums, wird für seine Handlungsweisen kritisiert (2Sam 12,1– 15a) und für sein Fehlverhalten harten Strafen unterworfen (2Sam 12,15b – 19; 15).“  Niemann, H. M. (2001, 1596).  Schmidt, L. (1990, 329): „Soweit es eine Opposition gibt, richtet sie sich nur gegen die Person des Königs.“ Crüsemann, F. (1978, 125) spricht von einem „Kampf gegen das Königtum im 10. Jahrhundert“.

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5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

der Bedrohung über die gesamten David-Erzählungen und in ganz unterschiedlichen literarischen Schichten vor und muss deshalb auch je spezifisch verortet werden. Dies soll im Folgenden zusammenfassend noch einmal dargestellt werden.

5.1. Synchrone Beobachtungen zum Motiv der Bedrohung Davids Grundsätzlich wandelt sich David nicht von einem Menschen, der Leid zufügt, zu einem, der Leid erdulden muss.⁹ Häufig wurde 2Sam 11 f. als Wendepunkt von Davids glorreichem Weg an die Macht zum unheilvollen Niedergang der Daviddynastie verstanden.¹⁰ Die vorliegende Untersuchung zeigt jedoch, dass sich innerhalb der David-Erzählungen (1Sam 16 – 1Kön 2) weder eine Zunahme noch eine Abnahme der Bedrohung festmachen lässt. Vielmehr wird David sowohl in der sogenannten Aufstiegs- als auch in der Thronfolgeerzählung immer wieder bedroht.¹¹ Diese Bedrohung wird zum einen an einzelnen Ausdrücken deutlich, die sich durch die gesamte Erzählung durchziehen. Dazu zählten etwa die Formulierung „nach dem Leben trachten“ (‫)בקשׁ את־נפשׁ‬, die Rede von Davids Feinden und die Bezeichnung Davids als „Sohn des Todes“ (‫)בן־מות‬. Zum anderen zeigt sie sich aber auch innerhalb der einzelnen Erzählungen in einer relativ grossen Vielfalt unterschiedlicher Gefahren. Während zu Beginn vor allem Davids Leben bedroht ist – etwa wenn Saul ihn mit dem Speer zu töten versucht (1Sam 18,10 – 12; 1Sam 19,9 f.) oder das Volk davon spricht, ihn mit Steinen zu bewerfen (1Sam 30,6) –, ist gegen Ende vor allem Davids Königsherrschaft gefährdet. Aber auch hier steht immer wieder das Leben Davids in Gefahr, etwa wenn Ahitofel Abschalom anbietet, den König allein zu erschlagen (2Sam 17,1 f.) oder wenn Schimi David verflucht und mit Steinen bewirft (1Sam 16,5 – 14). Das Motiv des ohnmächtigen Mächtigen steht jedoch keineswegs zufällig und unbeachtet im Gesamtzusammenhang der Samuelbücher. Vielmehr wird es im Hanna-Lied in 1Sam 2,1– 10 sowie im Psalm in 2Sam 22 par. Ps 18, die beide als Schlüssel für die Interpretation der gesamten Samuelbücher angesehen werden

 So beispielsweise Dietrich, W. (2003a, 17).  Vgl. Kapitel B. 1.  Und nicht einmal die These, David würde allenfalls „zwischen“ der sogenannten Aufstiegsund der sogenannten Thronfolgeerzählung in 2Sam 6 – 9 nicht „bedroht“ dargestellt, liesse sich erhärten. Auch in 2Sam 6,9 wird gesagt, dass sich David fürchtet, und in 2Sam 7,1.9.11 ist von Davids Feinden die Rede.

5.1. Synchrone Beobachtungen zum Motiv der Bedrohung Davids

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können,¹² theologisch reflektiert.¹³ In beiden poetischen Texten geht es im Wesentlichen um die „transformation of power“.¹⁴ Wahre Macht und Herrschaft gehen auf Gott zurück.¹⁵ Zahlreiche Wörter bringen in 2Sam 22,5 – 7 die Todesgefahr des Sprechers zum Ausdruck: „Denn mich umfingen die Wogen des Todes (‫)ִמ ְשׁ ְבֵּרי־ָמ ֶות‬, Ströme des Verderbens (‫ )ִמ ְשׁ ְבֵּרי־ָמ ֶות‬erschreckten mich, Fesseln der Scheol (‫ )ֶחְבֵלי ְשׁאוֹל‬umgaben mich, Schlingen des Todes (‫ )ֹמְק ֵשׁי־ָמ ֶות‬überwältigten mich. In meiner Bedrängnis rief ich zu Jhwh und zu meinem Gott schrie ich.“¹⁶ Doch Jhwh bringt Rettung: Er hilft (‫ ישׁע‬2Sam 22,3bis.4.28; er rettet vor Feinden (‫איב‬ 1Sam 2,1; 2Sam 22,(1).4.18.41.49); er ist der Fels (‫ צוּר‬1Sam 2,2; 2Sam 22,3.32; 23,3; vgl. auch 2Sam 22,2), Schild (‫ ָמ ֵגן‬2Sam 22,3) und Zufluchtsort (‫ ִמ ְשׂ ָגּב‬und ‫ ָמנוֹס‬2Sam 22,3); denn niemand ist stark durch eigene Kraft (1Sam 2,9). Jhwh ist es, der zu Fall bringt oder erhöht (1Sam 2,7; 2Sam 22,17.28.49).¹⁷ Den Mächtigen macht er schwach und den Ohnmächtigen stark.¹⁸ Dies – so machen die Erzählungen deutlich – hat auch ein König wie David erfahren.¹⁹

 Vgl. Fokkelman, J. (2010, 21– 23). Vgl. zudem Eynikel, E. (2010, 57): „Ein Lied, das am Beginn einer Reihe von Erzählungen steht – so wie das Lied der Hanna –, gibt mit seinem Thema bereits den Ton für die folgenden Ereignisse an und bereitet den Leser auf das Folgende vor. Ein Lied am Ende einer Reihe von Erzählungen – wie das Lied Davids – schaut zurück und fasst aus seiner thematischen Perspektive das Entscheidende aus den Erzählungen zusammen.“ Zu Konvergenz und Differenz zwischen 2Sam 22 und den David-Erzählungen vgl. Campbell, A. F. (2010, 353) und Auld, A. G. (2010b, 360). Zu 2Sam 2,1– 10 und 2Sam 22 auch Mathys, H.-P. (1994, 126 – 157).  Vgl. Bailey, R. C. (1995, 213 – 231); Dietrich, W. (2011a, 72 f.) u. a.  Klement, H. H. (2000, 112) sowie Brueggemann,W. (1988, 397). In 2Sam 23,1– 7 ist dies nicht so eindeutig der Fall. Vgl. ausführlich zu 2Sam 23,1– 7 Waschke, E.-J. (2005, 129 – 144).  Vgl. Eynikel, E. (2010, 59).  Vgl. dazu auch Eynikel, E. (2010, 61).  Vgl. ausführlich Eynikel, E. (2010, 57– 72).  Vgl. Dietrich, W. (2011a, 38*), der allerdings keine Beispiele dafür nennt, dass Gott auch den Mächtigen seine Gewalt entzieht, sondern nur Beispiele anführt, in denen Gott die Schwachen vor den Mächtigen in Schutz nimmt: „[…] die wiederholte Rettung Israels vor den überlegenen Philistern, die Wahl eines Mannes aus kleinem Stamm und kleiner Familie zum ersten König, die Auswahl des kleinsten unter seinen Brüdern zum zweiten König, der Sieg des Knaben David über den Riesen Goliat, die Bewahrung Davids vor den Nachstellungen König Sauls, die Ahndung von Verbrechen auch am König und den Königssöhnen und vieles mehr.“  Vgl. Bailey, R. C. (1995, 230 f.) geht noch einen Schritt weiter: „While there were passages throughout the book of Samuel which bespoke hope and trust, there were also ones which would engender fear and concern. It was this situation that the framers of the book of Samuel addressed. The objective reality of the exiles was one of feeling deserted by Yhwh and hoping that this was not the final word from Yhwh. […] On the one hand, the narratives in the book of Samuel bespoke these emotions of the people. On the other hand, the final compilers wanted to give a word of hope. The songs of Hannah and David in their pious pronouncements of Yhwh as savior, protector of the downtrodden, waymaker and the like, came as words of assurance to the exiles. ‘While your

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5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

5.2. Diachrone Beobachtungen und historische Verortung des Motives der Bedrohung Davids Die historische Verortung der Texte ist an die Einordnung zwischen fiktiver und realer Bedrohung geknüpft: Spiegeln die Texte in irgendeiner Weise eine reale Bedrohung wider, oder handelt es sich um reine Fiktion? Für die untersuchten Texte hat sich folgende historische Kontextualisierung ergeben: Das Motiv der Bedrohung zeigt sich schon in Texten, deren Abfassung in der frühen Königszeit vermutet werden kann. Möglicherweise rekurrieren diese Erzählungen auf historische Begebenheiten. Eine alte, wenn auch legendenhafte Erzählung kann etwa in 2Sam 21,15 – 22 vermutet werden, wo von Zweikämpfen im Krieg zwischen Philistern und Israel berichtet wird.²⁰ Auf das 10. Jh. v.Chr. beziehen sich etwa auch die Texte, in denen David als Bandenführer (Ḫapirū-Führer) geschildert wird und sich seine eigenen Männer plötzlich gegen ihn wenden (1Sam 30,6).²¹ In späterer Zeit – möglicherweise der des Höfischen Erzählers – wurden die David- und Saul-Geschichten miteinander verknüpft. Auffällig sind insbesondere die redaktionellen Notizen von der Flucht Davids (1Sam 19,10b.12.18; 20,1a; 21,1.11; 22,1.5), die zahlreiche Anekdoten miteinander verknüpfen. Die Erzählungen von Sauls zweimaligem Speerwurf nach David (1Sam 18,10 – 12; 19,9 f.) und von Davids Flucht zu Achisch, dem König von Gat (1Sam 21,11– 16), wirken auffällig zeitlos. Sprachliche Eigenheiten und die kunstvolle literarische Komposition machen aber eine Abfassung nach 722 v.Chr. wahrscheinlich. Zahlreiche weitere Texte aus der sogenannten Thronfolgeerzählung basieren ebenfalls auf einzelnen Quellen und Erzählkränzen und sind nach 722 v.Chr. in das Höfische Erzählwerk über die frühe Königszeit eingeflossen.²² Dazu zählen die Schimi-Erzählung (2Sam 16,5 – 14; 19,17– 24; vgl. auch 1Kön 2,8 f.36 – 46), Teile des Absalom-Aufstands, insbesondere die Erzählung von Huschais Spionage und der Vereitelung des Ratschlages Ahitofels (2Sam 16,16 – 20; 2Sam 17,1– 3), der SchebaAufstand (2Sam 20,1.2a.6 f*.14– 22) sowie vermutlich auch die Hinrichtung der experience of Got may be a capricious as the events in this book, your hope, however, must be grounded in the God of these Songs of Hannah and David‘.“  Dazu Crüsemann, F. (1978, 86): „Es darf als völlig unbestrittenes Ergebnis der bisherigen historischen Arbeit am Alten Testament gelten, daß das Königtum Sauls, aber auch noch das Davids, also das Königtum in Israel überhaupt, entstanden ist durch und unter dem unmittelbaren militärischen und politischen Druck der Philister. Diese Bedrohung der Existenz der freien Stämme war mindestens der notwendige Anlaß zu dieser Entwicklung.“  Vgl. Finkelstein, I. (2013, 134 f.144 f.).  Kratz, R. G. (2000, 181) geht davon aus, dass eine Fluchterzählung (2Sam 15,14– 23.30 – 37; 16,20 – 17,26; 19,9b – 15.16.41bβ) und die sogenannten benjaminitischen Episoden nachgetragen sein müssen.

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Sauliden (2Sam 21,1b.3 – 6.8 – 10.13b) und die Rizpa-Erzählung (2Sam 21,12– 13a.14a). Vom Höfischen Erzähler selbst stammen möglicherweise die Erzählung von der Ermordung Abners (2Sam 3,22 – 37*) und Amasas (2Sam 20,4 f.8 – 13*) sowie der Ratschlag Ahitofels, bei den Nebenfrauen einzugehen (2Sam 16,21– 23). In diesen Erzählungen ist jeweils ein grösserer Erzählzusammenhang vorausgesetzt, und es wird besonders die zerbrechliche Einheit Israels und Judas zum Ausdruck gebracht. Dies trifft im weitesten Sinne auch auf 2Sam 17,5 – 14a zu. Dabei handelt es sich möglicherweise um eine jüngere Ergänzung mit stark weisheitlichen Zügen. Gegebenenfalls kann auch 2Sam 12,1– 7a.13 – 15, Natans Kritik an Davids Verhalten, dem Höfischen Erzähler zugerechnet werden. Ein Hauptthema der sogenannten Thronfolgeerzählung bilden Verschwörungen (‫קשׁר‬, 2Sam 15,12.31) beziehungsweise Aufstände, etwa jener Absaloms, Schebas und Adonijas, aber auch Schimis. Dynastische Streitigkeiten wurden sowohl in der israelitischen und judäischen Elite als auch in der Umwelt Palästinas häufig gewaltsam gelöst.²³ Auffällig ist hier jedoch, dass die Konfliktparteien äusserst diffus bleiben. Dies spricht für die Datierung in die Zeit nach 722 v.Chr. Nach der Zerstörung Israels durch die Assyrer flohen zahlreiche Israeliten nach Juda. Dies führte zu einem enormen Zuwachs der Bevölkerung. Die Besinnung auf eine gemeinsame Geschichte war notwendig zur Identitätsstiftung, und die Erzählungen von einem einstmals gemeinsamen Reich wurden zentral. Damit wurde gleichzeitig aber auch das Feindbild des kriegerischen und verfeindeten Nachbarn abgelöst. Jegliche Polarisierung innerhalb der Erzählung fehlt. Dies macht sie nicht nur tendenzkritisch offen, sondern auch fast „undatierbar“²⁴. Aber Juda war nicht frei von Unruhen: Aus dem 7. Jahrhundert ist eine Verschwörung (‫ )קשׁר‬gegen Amon (641– 640 v.Chr.) überliefert (2Kön 21,19 – 26 par. 2Chr 33,21– 25), durch die Joschija sehr jung auf den Thron kam.²⁵ Das Haus Davids (‫)ֵבית ָּד ִוד‬, die davidische Dynastie, ist immer wieder in Gefahr. In Jes 7,1 f. ist etwa von einem Krieg die Rede, der das Haus David erzittern liess („da erbebte sein Herz“ ‫) ַו ָיּ ַנע ְלָבבוֹ‬. Die chaotischen Zustände, die beschrieben werden, erinnern an eine Drohung Jesajas, der Juda davor warnt, dass Jhwh jegliche Stütze wegnehmen

 Lamb, D. T. (2010, 318): „David’s descendents do reign until the fall of Judah, but the dynasty was interrupted, frequently threatened and shared many similarities with the more unstable northern dynasties.“  Damit meine ich nicht, dass die Texte grundsätzlich nicht historisch einzuordnen wären – vgl. etwa Andersson, G. (2009) u. a. –, sondern dass gewisse Texte den Bezug zu ihrem ursprünglichen historischen Kontext verloren haben.Vgl. dazu Rüterswörden,U. (2009, 358): „Eine Rekonstruktion einer ursprünglichen Fassung der Thronfolge mithilfe der Tendenzkritik kann nur gelingen, wenn die Tendenz klar ist – Ambiguität und Zweideutigkeit sind aber Kennzeichen der Erzählung […].“  Vgl. ausführlich dazu Seybold, K. (1972, 66 – 79).

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5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

wird (Jes 3,1– 9). Held, Kriegsmann, Richter und Prophet, Wahrsager und Älteste und so weiter würden fehlen und stattdessen junge Männer zu Obersten werden. Mutwillige Menschen würden über das Volk herrschen, die Führer des Volkes würden zu Verführern und die Geführten zu Verwirrten werden (Jes 9,15; vgl. auch Jes 3,12). Ebenso warnt Jesaja vor dem Vertrauen auf militärische Macht (Jes 30,1– 7; 31,1– 3). „In Stillsein und in Vertrauen ist eure Stärke“ (Jes 30,15); genau darin ist David ein Vorbild – insbesondere auf seiner Flucht vor Absalom. Joab beziehungsweise die Söhne der Zeruja erscheinen dagegen über weite Teile der Erzählung als die eigentlichen Drahtzieher und als willkürliche Mörder. Dreimal bezeichnet sich David gegenüber den Söhnen der Zeruja als „schwach“ im weitesten Sinne (2Sam 3,39; 16,10; 19,23).²⁶ Das Motiv der Bedrohung findet sich schliesslich auch in der deuteronomistischen Überarbeitung. Hierzu zählen möglicherweise 2Sam 3,28 f.38 f.; 2Sam 17,14b; 2Sam 21,2b.7 und mit grosser Sicherheit 2Sam 12,7b – 12. Aus der exilischen beziehungsweise sogar nachexilischen Zeit stammen insbesondere jene Erzählungen, in denen Propheten David das von Gott kommende Urteil androhen. Diese Erzählungen sind entweder deuteronomistisch (2Sam 12,7b – 12) oder in persischer Zeit (2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1) verfasst worden. Im sogenannten Königsgesetz (Dtn 17,14– 20; vgl. auch 1Sam 8) zeigt sich tiefe Skepsis gegenüber dem Königtum²⁷ sowie ein eindeutig theokratischer Aspekt:²⁸ Der Herrscher ist nicht oberste Instanz, sondern allein Jhwh, der den König bei seiner Inthronisation zu seinem Sohn erklärt. Der ‫ ָנ ִגיד‬, ein Titel, der häufig auf David angewandt wird (vgl. 1Sam 13,14; 25,30; 2Sam 5,2 par. 1Chr 11,2; 2Sam 6,21; 7,8 par. 1Chr 17,7), ist der von Jhwh erwählte und erhöhte König.²⁹ David wird aber auch als „Knecht Jhwhs“ bezeichnet.³⁰ So sagt Jhwh Rettung zu für Jerusalem und die davidische Dynastie „um seines Knechtes David willen“ (‫ וְּלַמַען ָּד ִוד ַעְבִּדי‬1Kön 11,13.32; 2Kön 19,34 par. Jes 37,35; 2Kön 20,6; vgl. 2Sam 3,18).³¹ In Ps 144,10 ist sogar

 Vgl. Schulte, H. (1972, 150 f.).  Vgl. Dietrich, M. / Dietrich, W. (1998, 244 f.).  Vgl. zum Königtum Jhwhs Schmidt, L. (1990, 330 – 332).  Vgl. Hasel, G. (1986, 216): „Jeder nāgîḏ in Israel wird oder ist König, aber nicht jeder König wird oder ist nāgîḏ. Die Titel nāgîḏ und ‚König‘ sind nicht synonym oder auswechselbar. Die Autorität und Würde des nāgîḏ beruht direkt in Gott, auch wenn sie vom Vater auf Sohn bzw. vom König auf Thronfolger übertragen wird.“ Vgl. auch Kratz, R. G. (2000, 178 Anm. 82) sowie Veijola, T. (1975, 129 f.).  Der gleiche Titel wird auch für Nebukadnezar in Jer 25,9 verwendet. Dieses „Knechts“-Titular bringt „in gedrängtester Form auf den Punkt, was Jer 25 breitet ausgestaltet: Dass nämlich im Jahr 605 v.Chr. mit dem Antritt der Weltherrschaft durch Nebukadnezar das Königtum von Gottes Gnaden auf Nebukadnezar übergegangen ist“ – so Schmid, K. (2011, 232 f.).  Vgl. Ringgren, H. (1986, 1000 – 1002).

5.2 Diachrone Beobachtungen und historische Verortung des Motives

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davon die Rede, dass Gott, der den Königen Rettung zusichert, David dem verderblichen Schwert entrissen hat. David selber bezeichnet sich in Gebeten gegenüber Jhwh – nicht zuletzt in Notsituationen – als „dein Knecht“ (vgl. 1Sam 23,10 f.; 2Sam 7,19.20.21.25.27 par. 1Chr 17,17.19.23.27; 2Sam 24,10 par. 1Chr 21,8). Ob auch die sogenannte Mitseins-Formel, die betont, dass Jhwh David in allen Situationen beschützt und bewahrt, in diesen Kontext gehört, soll hier offen bleiben. In Notsituationen ruft David Jhwh an (1Sam 23,2.4; 30,7 f.; 2Sam 5,19; 15,31). Von diesen älteren Texten abgeleitet findet sich dann in jüngeren Texten eine explizite Erhörungsgewissheit (z. B. 2Sam 22,7; 2Chr 20,9 u. a.).³² In den vier letzten Kapiteln des zweiten Samuelbuches kommen drei Gefahren vor, die ansonsten häufig bei Jeremia und Ezechiel genannt werden: Hungersnot (2Sam 21,1– 14), Krieg (2Sam 21,15 – 22 und 2Sam 23,8 – 39) und Pest (2Sam 24).³³ Auch das Gebet Salomos in 1Kön 8,37– 40 bezieht sich noch einmal auf diese drei Gefahren. Darin bittet Salomo um Gebetserhörung und Rettung von diesen Katastrophen. Gerade in diesen Erzählungen aus dem sogenannten Anhang der Samuelbücher, ist eine persisch-hellenistische, auch sogenannte „post-chronistische“ Bearbeitung nicht ausgeschlossen. Nicht zuletzt in 2Sam 24 geht es um eine breiter angelegte theologische Diskussion von Tun-und-Ergehen, Strafe und Reue Gottes. Der Facettenreichtum des Motivs der Bedrohung – von der konkreten physischen Bedrohung bis zu einer „theologischen“ Bedrohung (im Sinne einer göttlichen Strafe, die nicht David selber betrifft in 2Sam 24) – lässt sich also auf diesen langen Entstehungszeitraum von der frühen Königzeit bis in die persische, wenn nicht sogar hellenistische Zeit zurückführen. Eine einheitliche „Tendenz“ ist entsprechend nicht zu erwarten. Die Aufnahme des Motivs durch unterschiedliche Autoren und Redaktoren über diesen langen Zeitraum beweist jedoch seine Bedeutung.

 Vgl. Fabry, H.-J. (1989, 1119): „Manche Belege betonen dezidiert JHWH als den Gott, der dann aus der Not errettet, wenn man ihn anruft (Gen 35,3), wobei es in der David-Dynastie eine besondere Erhörungsgewissheit gegeben zu haben scheint (vgl. 2Sam 22,7; 2Chr 20,9; vgl. auch 1Sam 26,24; 2Sam 4,9; 1Kön 1,29; Ps 18,7; 20,2) […].“  In 2Sam 24,13 werden genau diese drei Gefahren in der Rede Gads zusammengefasst (2Sam 24,13 ‫ֲהָתבוֹא ְלָך ֶשַׁבע ָשׁ ִנים ָרָעב ְבַּאְרֶצָך ִאם־ ְשׁל ֹ ָשׁה ֳחָד ִשׁים ֻנְסָך ִלְפ ֵני־ָצֶריָך ְוהוּא ֹרְדֶפָך ְוִאם־ֱהיוֹת ְשׁל ֹ ֶשׁת ָיִמים ֶּדֶבר‬ ‫) ְבַּאְרֶצָך‬. Vgl. ausführlich dazu Dieterlé, C. / Monsarrat, V. (1991, 207– 220).

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5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids Im chronistischen Geschichtswerk und in den Psalmen findet sich ein ganz neuer David. In dieser „völlige[n] Neukonstruktion des Davidbildes“³⁴ wird das Motiv der Bedrohung jedoch aufgenommen und – wie oben bereits angedeutet – weitergeführt. Das Motiv der Bedrohung Davids durchlebt also bereits eine innerbiblische Rezeption, auf die kurz und lediglich im Sinne eines Ausblicks eingegangen werden soll. In der Chronik finden sich keine Mordgeschichten, keine Sexskandale, keine Impotenz Davids. „Getilgt ist die Zwielichtigkeit der Aufstiegserzählung, getilgt die Sündenfallgeschichte mit Batseba, getilgt die Hässlichkeiten und der abgründige Familienzwist der Nachfolgeerzählung.“³⁵ Mit Blick auf das Motiv der Bedrohung fällt jedoch zweierlei auf. Einerseits fehlen zahlreiche Texte, die die Bedrohung Davids beschreiben. Darunter fallen etwa die Erzählungen von der Bedrohung Davids durch Saul (1Sam 18 – 30), aber auch die Geschichten von den Aufständen während Davids Regierungszeit (2Sam 15 – 20; 1Kön 1). Auch die Erzählung, in der David im Zweikampf gegen einen Philister fast getötet worden wäre (2Sam 21,15 – 22), fehlt in 1Chr 20,4– 8. Hingegen wird die Bedrohung betont, die für David von einer Streifschar (‫ ְגּדוּד‬vgl. 1Sam 30,8.15bis.23) ausgeht (1Chr 12,20 – 23): Zahlreiche kriegstüchtige Männer aus Manasse liefen zu David über und halfen ihm gegen diese militärische Bedrängnis. Auch an der Bedrohung, die von Gott ausgeht, wird in der Chronik festgehalten. David wird es heiss vor Schrecken, weil Jhwh Usa tötet, und er fürchtet sich sehr vor Gott (1Chr 13,9 – 14; vgl. 2Sam 6,6 – 11). Zudem wird in 1Chr 21,1– 22,1 Davids Sünde und die von Jhwh kommende Strafe thematisiert. Die zahlreichen Abweichungen zwischen MT, LXX und 4QSama,b,c (2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1) lassen sich nicht einfach erklären; es bleibt schwierig, die literarische Abhängigkeit zu bestimmen. Insgesamt wird in der Chronik aber der theokratische Aspekt stärker betont: Von Jhwh kommen Grösse, Stärke, Herrlichkeit, Glanz und Majestät. Ihm ist alles im Himmel und auf Erden sowie eben auch das Königtum unterstellt. Gott ist über alles erhaben. In seiner Hand liegen Macht und Stärke, und er macht den Einzelnen gross und stark (1Chr 29,10 – 13). Was bereits in den Samuelbüchern angedeutet ist, wird hier breit ausgeführt: Die Macht kommt von Gott, der König ist sein Diener. Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch in Dan 5,18 – 21 erkennen, wenn davon die Rede ist, dass „der höchste Gott  Oeming, M. (2009, 280). Siehe den Vergleich zwischen dem Davidbild der Samuelbücher und dem Davidbild der Chronik bei McKenzie, S. L. (22001, 36 – 38); Steussy, M. J. (1999, 106 – 117); Auld, G. (1994, 13 – 41). Vgl. zudem Willi, T. (2005, 71– 87).  Oeming, M. (2009, 280).

5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids

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Macht hat über das Königtum der Menschen und dass er darüber einsetzt, wen er will“ (Dan 5,21). Auch hier wird betont, dass Gott selbst Nebukadnezar die Macht entziehen kann. Das Motiv des bedrohten David spielt in den Psalmen die grösste Rolle.³⁶ Formal kommt David auf zwei verschiedene Arten in den Psalmen vor. Einerseits wird in den Königspsalmen über ihn gesprochen, andererseits finden sich in den Überschriften Zuschreibungen an ihn.³⁷ Dieser Zusammenhang zwischen den Psalmen und David wurde nachträglich hergestellt³⁸ und hat im Laufe der Geschichte verschiedene Bedeutungswandlungen erfahren.³⁹ Innerhalb der Psalmen wird David nur selten erwähnt, nämlich nur in Ps 18,51; 72,20; 78,70 f.; 89,4 f.21.36 f.50; 122,5; 132,1.10.11.17 und 144,10.⁴⁰ David wird hier dargestellt als König Jhwhs, Gesalbter oder als auserwählter Knecht. Er wird zum Typus des Gerechten und zum Träger und Garanten der göttlichen Verheissung.⁴¹ Der Bezug zu Ereignissen aus den David-Erzählungen bleibt oberflächlich: Psalm 78 zählt eine Reihe von Geschehnissen aus der Geschichte Israels auf (die Wunder in Ägypten, der Auszug aus Ägypten und der Durchzug durch das Meer, Wasser und Nahrung in der Wüste etc.), spielt schliesslich auf die Salbung Davids an und betont, Jhwh habe ihn von den Schafherden weggeholt, „dass er Jakob, sein Volk, weidete und Israel, sein Erbteil“ (Ps 78,71; ähnlich in Ps 89,21; vgl. 1Sam 16,1– 13 und 2Sam 7,8).⁴² Psalm 89,29 spricht von dem Bund (‫) ְבּ ִרית‬, den Jhwh mit David geschlossen hat (vgl. 2Sam 7,8 – 16 par. 1Chr 17,7– 14; vgl. zudem Jes 55,3). Ähnlich wie in der Natans-Verheissung (2Sam 7,8 – 16)⁴³ verspricht Gott David, dass er

 Vgl. McKenzie, S. L. (22001, 38 – 43).  Vgl. Seybold, K. (2010, 126), der als Drittes auch noch ausserkanonische Texte der Psalterhandschrift 11QPsa Kol. XXVII und Kol. XXVIII erwähnt. Ähnlich auch Steussy, M. J. (1999, 131), der ebenfalls drei Bereiche annimmt, in denen David im Psalter begegnet: „as someone spoken about by certain psalms, as the supposed speaker of certain psalms, and more loosely as the voice – imaginatively – of the entire Psalter“.  Vgl. beispielsweise Kleer, M. (1996, 82 f.); McKenzie, S. L. (22001, 43) u. a.  Vgl. Zenger, E. (62006, 354) sowie ausführlich Seybold, K. (2010, 125 – 140) und Hossfeld, F.-L. (2010, 245 – 248).  Von diesen Psalmen werden nur drei David zugeschrieben (Ps 18; 122 und 144).  Vgl. Ballhorn, E. (1995, 26). Dabei werden die Dynastie Davids und die Königsherrschaft Gottes zum Teil sehr eng beieinander gesehen: „[…] the kingship of Yahwe has intimate symbolic, political, and ideological connections to the kingship of the Davidic dynasty.“ Siehe auch Brueggemann, W. (1984, 151). Vgl. ebenfalls Steussy, M. J. (1999, 139) zu Ps 89: „This section on David’s kingship (19 – 28) echoes the section on God’s kingship (5 – 18) in striking ways.“  Vgl. Steussy, M. J. (1999, 153 – 155).  Allerdings gibt es auch gewichtige Unterschiede, worauf Steussy, M. J. (1999, 139) hingewiesen hat: „Note that 2 S 7:14 and 1 C 17:13 say God will be as father to David’s son, but Ps 89 applies the son relationship to David himself.“

302

5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

seinen Namen gross machen werde, dass er dem Volk eine sichere Stätte zum Wohnen gebe und dem König Ruhe schenke vor all seinen Feinden. Lediglich in Ps 144,10 taucht das Motiv der Bedrohung auf, wenn davon die Rede ist, dass Jhwh David dem verderblichen Schwert entrissen hat (‫)ַהפּוֶֹצה ֶאת־ָּד ִוד ַעְבּדוֹ ֵמֶחֶרב ָרָעה‬. Während die Bezüge zu David innerhalb der Psalmen eher marginal sind, wird David hingegen sehr oft im Titel genannt. Bei insgesamt 73 Psalmen steht im hebräischen Text die Anmerkung ‫ְלָד ִוד‬.⁴⁴ Dreizehn Psalmen (Ps 3; 7; [9]; 18; [30]; 34; 51; 52; 54; 56; 57; 59; 60; 63; 142) sind zudem mit einem speziellen Ereignis aus dem Leben Davids verknüpft, wie es in den Samuelbüchern beziehungsweise im Fall von Ps 30⁴⁵ der Chronik⁴⁶ dargestellt wird.⁴⁷ In der LXX finden sich noch drei weitere biografische Notizen, nämlich in Ps 70,1 (MT 71); Ps 142,1 (MT 143) und Ps 143,1 (MT 144).⁴⁸ Gemeinsam ist allen dreizehn biografischen Hinweisen auf David, dass sie ihn als Verfolgten, Notleidenden und schuldig Gewordenen darstellen.⁴⁹ „They portray David as a character in conflict – with Saul, other domestic opponents,

 LXX übersetzt τῷ Δαυιδ und weist auf die Verfasserschaft Davids hin, im Gegensatz zum hebräischen ‫ְל‬, das von seiner Bedeutung her offener ist und auch als Leseanleitung („für David“, „in Bezug auf David“) verstanden werden kann.Vgl. Kleer, M. (1996, 78 – 82) sowie Janowski, B. (im Druck). Während in der LXX insgesamt 86 von den 151 Psalmen mit David in Verbindung stehen, rekurrieren im MT (150 Psalmen) nur 73 auf David.  Ballhorn, E. (1995, 22) fügt Ps 30,1 hinzu: „[…] zwar ist dies keine Situationsangabe aus dem Leben Davids, doch wirkt die Parallelität der Überschriften in der Endgestalt des Textes so.“  Mays, J. L. (1994, 94): „Of the eleven songs that refer to an occasion in David’s story […], only one can find a context in Chronicles, and that one happens to be an incident of national history rather than Davidic experience.“  Vgl. Dietrich, W. (2003a, 18): „Von den insgesamt 73, David in der Hebräischen Bibel zugesprochenen Psalmen sind auffallend viele Klagelieder. Dreizehn von ihnen werden konkreten Situationen in der Vita Davids zugeordnet – zwölf davon Notsituationen.“ Vgl. Seybold, K. (2010, 136): „Fast alle diese biographischen Informationen sind, zum Teil mit Missverständnissen und Namensverwechslungen belastet, den Samuelbüchern entnommen und setzen diese voraus.“ Vgl. zudem Hossfeld, F.-L. (2010, 250 – 254). Zuletzt Culley, R. C. (22012, 153 – 162).  Vgl. Rösel, M. (2001, 143) sowie Stichel, R. (2001, 149 – 157).Vgl. zudem Munnich, O. (2011, 360 – 373); Dorival, C. (2011, 374– 387) und Janowski, B. (im Druck).  Ausführlich dazu die Monografie von Johnson, V. L. (2009). Vgl. bereits Kleer, M. (1996, 116): „Die biographischen Überschriften zeigen David vorwiegend als den Verfolgten, Verratenen und Gefangenen, als den Trauernden und Schuldigen.“ Zudem Ballhorn, E. (1995, 23): „Es ist der bedrängte David, der hier das Bild prägt.“ Vgl. auch Naumann, T. (2000b, 49): „Unter den David zugeschriebenen Psalmen finden sich 13 Gebete, die mit referenziellen Verweisen auf bestimmte Situationen der David-Vita ergänzt wurden, so wie sie in den Samuelbüchern überliefert ist. Es sind ausschließlich Situationen, die David nicht als Kriegshelden und Eroberer oder als Gotterwählten und Verheißungsträger zeigen, sondern als Verfolgten, als Notleidenden und als Schuldiggewordenen erinnern.“

5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids

303

foreigners, and God.“⁵⁰ Diese Überschriften qualifizieren „diesen messianischen König nicht als Triumphator, sondern als exemplarisch Leidenden“.⁵¹ Dabei wird ein Prozess der Interpretation und Aktualisierung vorausgesetzt, wie er vermutlich erst in nachexilischer Zeit stattgefunden haben kann.⁵² Zudem sind die Situationsangaben aus dem Leben Davids gegenüber der blossen Davidzuordnung der Psalmen genetisch sekundär. Dies erkennt man daran, „dass die Davidspsalmen den Kernpunkt der Sammlung des Psalters ausmachen und als solche schon zusammengestellt worden sind, während die Situationsangaben in ihrer Reihenfolge keine Chronologie Davids bilden, sondern sich an der Reihenfolge der vorgegebenen Psalmen orientierten. Überdies zeigt sich ihr Zusatzcharakter dadurch, dass sie sich an den Davidsnamen ergänzend anhängen.“⁵³ Die biografischen Anganben beschränken sich mit Ausnahme von Ps 142 auf den ersten (4 beziehungsweise 5 Belege) und den zweiten Davidspsalter (8 Belege).⁵⁴ Ps 3,1

Sam , – ,

„Als er vor Absalom, seinem Sohn, floh.“ Vgl. Kön , „… als ich vor deinem Bruder Absalom floh“⁵⁵

Ps ,

Sam , – 

„Ein Schiggajon Davids, das er Jhwh sang wegen der Worte Kuschs, des Benjaminiters.“ Eventuell ist damit auch Saul gemeint, der Sohn des Kisch (Sam ,);⁵⁶ eine andere Möglichkeit wäre, dass es sich um Schimi handelt (Sam , – ).⁵⁷

evtl. Ps ,

Sam ,b – a Sam , – ,

„Wegen des Sterbens, in Bezug auf den Sohn. Ein Psalm Davids.“

Ps ,

Sam  – 

„Vom Knecht Jhwhs, von David, der die Worte dieses Liedes zu Jhwh redete an dem Tag, als Jhwh ihn errettet hatte aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls.“ Vgl. Sam ,; ,.

evtl. Ps ,

keine

„Ein Lied zur Einweihung des Hauses.“

 Steussy, M. J. (1999, 161).  Janowski, B. (2003, 347).  Vgl. Gillmayr-Bucher, S. (2002, 45).  Ballhorn, E. (1995, 21).  Vgl. Seybold, K. (21991, 36 f.); Janowski, B. (im Druck).  Vgl. Kleer, M. (1996, 90 f.); Botha, P. J. / Weber, B. (2008b, 285 – 297).  Vgl. Berges, U. (1989, 127).  Vgl. Kleer, M. (1996, 88 f.).Vgl. auch Aurelius, E. (2004, 408 – 412); Edenburg, C. (2011, 34 f.) u. a. Janowski, B. (im Druck) argumentiert für einen Bezug auf 2Sam 18,19 – 19,9a.

304

5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

Nach der Überlieferung der Samuelbücher ist diese Zuweisung falsch, da nicht David, sondern Salomo den Tempel einweihte. Ps ,

Sam , – 

„Als er sich vor Abimelech wahnsinnig stellte, und dieser ihn vertrieb, und er fortging.“ ‫ ַטַעם‬vgl. Ps , und Sam ,. Wer aber ist Abimelech? (evtl. bewusste Angleichung an Gen  und , – )⁵⁸

Ps , f. Sam ,b – ,a

„Als der Prophet Natan zu ihm kam, nachdem er zu Batseba eingegangen war.“ Ein Busspsalm mit mehreren Stichwortverbindungen.⁵⁹

Ps , f. Sam , f. (vgl. Sam ,)

„Als Doeg, der Edomiter, kam und dem Saul berichtete und zu ihm sprach: David ist in das Haus Ahimelechs gekommen.“ Keine sprachlichen, dafür kontextuelle Bezüge, anhand des Verrats Doegs werden die Begriffe „Betrüger“ und „betrügerische Zunge“ in Ps ,. geklärt.⁶⁰

Ps , f. Sam , f. und Sam , (?)

„Als die Sifiter kamen und zu Saul sprachen: Hält sich David nicht bei uns verborgen?“ „Allgemeine Parallele zwischen beiden Texten“.⁶¹

Ps ,

Sam , – 

„Als die Philister ihn in Gat ergriffen.“ Vgl. Ps ,; thematische Bezüge wie beispielsweise Davids Furcht.⁶²

Ps ,

Sam , –  (evtl. , f.)

„Als er vor Saul in die Höhle floh.“ Vgl. Ps ,.

Ps ,

Sam , – 

„Als Saul sandte und sie das Haus bewachten, um ihn zu töten.“ Vielfältige Stichwortverbindungen, z. B. das Motiv der Nacht / des Abends und Morgens etc.⁶³

 Vgl. Kleer, M. (1996, 91 f.).  Vgl. Kleer, M. (1996, 94– 96).Vgl. ausführlich dazu Heard, R. C. (22012, 161– 174).Vgl. Naumann, T. (2000b, 50): „Den Psalm [Ps 51] zu beten […] heißt, die Geschichte von Davids Ehebruch und seine Folgen erinnernd in die eigene Lebensgeschichte hineinzuziehen, als Präzedenzfall dessen, was schwere Schuld sein kann und was Gottes Barmherzigkeit auch angesichts solcher Verbrechen vermag.“  Vgl. Kleer, M. (1996, 96 – 98).  Kleer, M. (1996, 98 f.).  Vgl. Kleer, M. (1996, 99 f.).  Vgl. Kleer, M. (1996, 101 f.).

5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids

305

Ps , f. evtl. Sam , –  par. Chr , – 

„Als er gegen Aram-Naharajim und gegen Aram-Zoba Krieg führte und Joab zurückkehrte und Edom im Salztal schlug, zwölftausend Mann.“ Mehrere Unstimmigkeiten, kein direkter Bezug.⁶⁴

Ps ,

„Als er in der Wüste Juda war.“ Die Verse  –  legen jedoch möglicherweise auch „einen Bezug zur Flucht vor Absalom nahe“.⁶⁵

Sam ,; ,

Ps , Sam ,; ,

„Als er in der Höhle war.“ Vgl. Ps ,.

Auffällig oft, nämlich fünfmal, wird Saul namentlich als übermächtiger Feind und Verfolger Davids erwähnt (Ps 18; 52; 54; 57 und 59; vgl. zudem Ps 63 und Ps 142). Er erscheint in den Psalmen sogar ausschliesslich unter dieser Perspektive.⁶⁶ In Ps 18,1 par. 2Sam 22,1 erinnert sich David am Ende seines Lebens daran zurück, wie Gott ihn aus der Hand seiner Feinde und aus der Hand Sauls errettet hat.⁶⁷ In Ps 57,1 und Ps 142,1 steht Davids Flucht vor Saul in eine Höhle im Zentrum (vgl. 1Sam 22,1; 24,4bis.8 f.11; 2Sam 23,13),⁶⁸ in Ps 52,2 und Ps 54,2 wird erwähnt, wie jemand Saul den Aufenthaltsort Davids verrät (vgl. 1Sam 22,6 – 8; 23,19; 26,1). Deutlich erinnert Ps 59,1 daran, wie Saul Häscher losschickte, um das Haus Davids zu bewachen und ihn zu töten (1Sam 19,11).⁶⁹ Die vielschichtige Auseinandersetzung zwischen David und Saul in den Samuelbüchern wird auf einen einfachen und klaren Konflikt reduziert, in dem alles der Perspektive Davids untergeordnet wird: „Dabei fällt die starke Tendenz auf, David als den (unschuldig) verfolgten Gerechten darzustellen. Saul wird in diesem Prozess notwendigerweise mehr und mehr zum Feind par excellence, zum übermächtigen Widersacher Davids, dessen Untergang jedoch bereits besiegelt ist.“⁷⁰ Einen zweiten Schwerpunkt bildet Davids Flucht vor Absalom (Ps 3; 7 und evtl. Ps 9 sowie Ps 63). Während Ps 3,1 auf den Anfang des Aufstandes Absaloms rekurriert, verweist Ps 7,1 vermutlich auf dessen Ende, „das mit der Nachricht vom

 Kleer, M. (1996, 102– 106).  Gillmayr-Bucher, S. (2003, 83). Vgl. Janowski, B. (im Druck).  Vgl. Berges, U. (1989, 125 – 127).  Auffallend ist, dass auch die Feindbezeichnungen im Psalmtext zwischen Plural und Singular abwechseln (V.18 „Er rettete mich vor meinem starken Feind und vor meinen Hassern […]“). Vgl. Gillmayr-Bucher, S. (2002, 36).  In Ps 142,1 wird Saul allerdings nicht ausdrücklich erwähnt. Dieser Titel könnte eventuell auch eine Anspielung auf 2Sam 23,13 par. 1Chr 11,15 sein.  Vgl. Gillmayr-Bucher, S. (2002, 34).  Gillmayr-Bucher, S. (2002, 44).

306

5. Das Motiv des bedrohten David im historischen und innerbiblischen Kontext

Tod des Davidssohnes besiegelt wird“.⁷¹ In diesem Fall bleibt die Überschrift von Ps 7„vielschichtig“⁷² und ambivalent: „Die Bosheit der Frevler ist zwar wie im Fall Davids (2 Sam 18,19.32) ein Grund zur Klage (‫) ִשׁ ָגּיוֹן‬, ihr Ende, das intensiv herbeigesehnt, ja herbeigebetet wird (V.2 f.7ff), ist aber kein Anlass zum Triumph.“⁷³ Insgesamt geht es weniger um Notlagen, die für einen König typisch wären – so lassen sich die meisten Bezüge auf die Zeit vor Davids Königtum einordnen –, sondern um allgemein menschliche Erfahrungen. Es wurde deshalb vermutet, dass diese Psalmen „a panorama of the suffering all people undergo“⁷⁴ darstellen, und die Bezüge zu Davids Leben in einem übertragenen Sinn zu verstehen sind. Sie sollen allgemein menschliche Schwächen („loneliness, political enemies, unfairness, sickness, depression, advanced years, fear“⁷⁵) hervorheben. So lässt sich etwa in Ps 63 „die lebendige Bildsprache der Psalmen, changierende Perspektiven ebenso wie die zu unterschiedlichen Identifikationen einladende Rolle eines betenden Ichs/Wir“⁷⁶ nachweisen. Indem die Überschrift Psalm 63 David in den Mund legt, ergibt sich ein Sprecherwechsel. Allerdings ist die Verknüpfung mit den David-Erzählungen (Ps 63,1 „Als er in der Wüste Juda war“⁷⁷) zu ungenau, um eine konkrete Situation im Leben Davids auszumachen. Dennoch macht sie aber ein intertextuelles Deutungsangebot und gibt eine Leseanweisung für den gesamten Psalm. Einerseits gewinnt der Psalm damit an scheinbarer historischer Konkretisierung, andererseits wird dadurch aber auch seine Offenheit eingeschränkt: „Nur jemand, dem es so ergeht wie David, kann sich nun in diesem Text wiederfinden. Dann allerdings ergibt sich aus der bekannten Biografie Davids eine zusätzliche Gewissheit und Sicherheit: So wie David geholfen wurde, so kann der/ die BeterIn, die/der das Gebet spricht, nun ihrerseits auf Hilfe von Gott vertrauen. Das Gebet Davids wird auf diese Weise zum Hoffnungszeichen für alle späteren BeterInnen.“⁷⁸ David wird zum paradigmatischen Psalmbeter, der in der Not und

 Janowski, B. (im Druck).  Janowski, B. (im Druck).  Janowski, B. (im Druck).  Schaefer, K. (2001, xxvii).  Schaefer, K. (2001, xxvii).  Gillmayr-Bucher, S. (2003, 71).  Mehrmals wird erwähnt, dass David vor Saul in die Wüste Juda floh. Die Bezeichnung ‫ִמְד ַבּר‬ ‫ ְיהוָּדה‬findet sich allerdings nur noch in Ri 1,16. In den Samuelbüchern werden hingegen folgende Wüsten namentlich erwähnt: Wüste Sif (1Sam 23,14; 26,3), Wüste Maon (1Sam 23,24 f. sowie LXX 1Sam 25,1), Wüste En-Gedi (1Sam 24,2) sowie Wüste Paran (1Sam 25,1; sowie ‫ ִמְד ָבּר‬in 1Sam 25,4.14.21). Auch vor seinem Sohn Absalom musste David in die Wüste fliehen (2Sam 15,23.28; 16,2; 17,16.29). Vgl. zudem zu ‫ ִמְד ָבּר‬2Sam 15,23.28; 16,2; 17,16.29.  Gillmayr-Bucher, S. (2003, 85). Vgl. ebenso Ballhorn, E. (1995, 24): „Die Davidisierung gibt ein Beispiel für die Anwendung auf die jeweils konkrete Situation.“ Vgl. Schaefer, K. (2001, xxvi):

5.3. Innerbiblische Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids

307

in der Fremde zu Gott betete und von ihm erhört wurde. Gerade dadurch bietet er den Rezipientinnen und Rezipienten Identifikationsmöglichkeiten.⁷⁹

„Such a title draws the reader out of him or herself and suggests an analogous setting which can be adopted in prayer.“  Vgl. Janowski, B. (im Druck): „David ist nicht der mächtige und siegreiche König, sondern der verratene, verfolgte, arme und schuldige Mensch, mit dem sich Menschen aller Zeiten identifizieren können.“

C. Wirkungsgeschichtlicher Teil – Der bedrohte David in der frühen Neuzeit

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten Herrschers in der frühen Neuzeit In der Forschung findet sich häufig die Vorstellung, dass die biblischen Geschichten über David „offer a template for western leadership and archetype of kingly power that influences each of us, consciously or not.“¹ Die Mehrheit der zahlreichen Einzelstudien, die die Rezeption Davids in der frühen Neuzeit beleuchten, fokussieren auf der „ethisch vorbildlichen Herrscherfigur“ und dem „siegreichen Held“.² Nur selten wird darauf verwiesen, dass auch Davids Sündhaftigkeit und seine Busse eine wichtige Rolle in der Rezeptionsgeschichte spielte.³ Und kaum je wurde die Frage gestellt, wie die Erzählungen in 1Sam 16 – 1Kön 2, die David an Leib und Leben bedroht darstellen, im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert ausgelegt wurden.⁴ Im Folgenden soll gezeigt werden, dass auch die Texte, die Davids Machtmissbrauch, die ihn ängstlich, gefährdet, eben „bedroht“ zeigen, in die Kultur Westeuropas eingegangen sind. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie das biblische Motiv der Bedrohung in der Epoche des Barock aufgenommen und in Text und Bild dargestellt beziehungsweise zu Propagandazwecken einerseits und zur Herrscherkritik andererseits verwendet wurde. Ausgegangen wird von zwei Prämissen. Zum einen liegen Macht und Ohnmacht im 17. Jahrhundert sehr nahe beieinander. Tyrann und Märtyrer sind „im Barock die Janushäupter des Gekrönten“ und „die notwendig extremen Ausprä-

 Finkelstein, I. / Silberman, N. A. (22007, 18). Vgl. ähnlich auch Bar-Efrat, S. (2010, 56): „But whatever the motives that gave rise to the various portrayals, we have seen that there is a clear and steady line of development in the figure of David – from a real figure (history) to a realistic one (in Samuel), from a realistic figure to an ideal one (in subsequent biblical and post-biblical literature), and from an ideal figure to a mere idea (in the Kabbalah).“  Vgl. Salmen, W. (1995, 8 f.). Vgl. Polleross, F. (1995, 229 – 241); Metzger, H.-D. (1998, 393 – 426); Metzger, H.-D. (2003, 437– 484); Tietz, M. (1989, 203 – 225); Allingham, A. (21981, 86 – 94); Jullien, C. (2003, 153 – 157). Vgl. auch Finkelstein, I. / Silberman, N. A. (22007, 9 – 12).  Vgl. beispielsweise Münkler, H. (1995, 134 f.); Dietrich,W. / Herkommer, H. (2003).Vgl. zudem die Einleitung in McKenzie, S. L. (22001, 2): „The David of the Bible is also a complex character. […] The complexity of the biblical character helps to account for his popularity and diversity of portrayal in subsequent literature […].“  Eine Ausnahme bildet, wenn auch auf das frühe 16. Jahrhundert bezogen, Gosselin, E. A. (1976, 90 – 120).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

gungen des fürstlichen Wesens“⁵ – so Walter Benjamin im Hinblick auf das barocke Trauerspiel. Die Identifikation eines Herrschers mit dem bedrohten David entspricht in diesem Sinn durchaus der Herrscherideologie. Zum anderen wurde die Gefahr, die Unberechenbarkeit des Schicksals, dargestellt und zur Reflektion der menschlichen Schwachheit und Gefährdung – kurz: des Memento mori – verwendet. Somit haben die Erzählungen in den Samuelbüchern, die von der Bedrohung Davids handeln, eine machtbegrenzende, herrschaftskritische Funktion und wurden in der zeitgenössischen Diskussion des Widerstandsrechtes als Argument beigezogen. Das Bildmaterial zu den im exegetischen Teil untersuchten Texten ist riesig. Daraus ergibt sich eine notwendige Beschränkung auf einige wenige Bereiche: Der Fokus liegt in den drei Kapiteln jeweils auf einzelnen Personen und deren Interpretation des bedrohten David. Das erste beschäftigt sich vor allem mit einem humanistischen Gelehrten (Benito Arias Montano), das zweite mit einem Fürsten und Auftraggeber (Johann Seyfried von Eggenberg), das dritte exemplarisch mit zwei Künstlern beziehungsweise „Künstlerschulen“ (Rembrandt van Rijn und sein Umfeld auf der einen, Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst auf der anderen Seite). Untersucht wird das Motiv in unterschiedlichen konfessionellen Kontexten sowie gleichermassen in profanem als auch sakralem Kontext. Berücksichtigt wird eine grosse Bandbreite visueller Informationsträger: Zeichnungen, Druckgrafiken, Ölgemälde, Fresken, daneben aber auch Stickereien, Majolika (farbig bemalte zinnglasierte italienische Keramik) etc. Räumlich konzentriert sich die Arbeit auf die Spanischen Niederlande, wo das Buch „David“ von Benito Arias Montano geschrieben wurde beziehungsweise die Illustrationen dazu entstanden sind, auf Deutschland, wo das Buch neu aufgelegt wurde, auf Österreich, wo sich in Schloss Eggenberg bei Graz ein Zyklus von Deckenmalereien zu David findet, sowie auf die Republiek der Zeven Verenigde Nederlanden, wo weitere Bildthemen rezipiert wurden. Damit können die Internationalität und die weite Verbreitung von Vorstellungen und Bildern nachgewiesen und Zusammenhänge hergestellt werden. Gleichzeitig ist es auf diese Weise aber auch möglich, das Universale des Motivs sorgfältig vom Partikularen zu unterscheiden, das Lokale vom Überregionalen, ohne dass das gesamte Material untersucht werden muss.⁶ Zeitlich beschränkt sich die Untersuchung auf die Epoche von 1570 bis 1720; gelegentlich wird, um Entwicklungen und Kontinuität aufzuzeigen, auch auf frühere Werke Bezug genommen. Dies liegt schon daher nahe, da das Charakteristische der Epoche  Benjamin, W. (1978, 51). Vgl. zudem Benjamin, W. (1978, 54): „Wie Christus als König im Namen der Menschheit litt, so nach der Anschauung barocker Dichter Majestät schlechtweg.“  Auf die Verbreitung des Motivs in Italien, Frankreich und England wird entsprechend nur am Rande eingegangen.

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

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zwischen 1570 und 1720, die als „Barock“⁷ bezeichnet wurde, allmählich aus der Renaissance herausgewachsen ist und beide Epochen miteinander verwandt sind. Ausgehend vom Werk David des spanischen Humanisten Benito Arias Montano wird im ersten Kapitel auf die Darstellung Davids in Text und Bild in den Ausgaben von 1575 und 1597 eingegangen. Insbesondere die Kupferstiche, die in der Forschung in beiden Ausgaben lange als identisch angesehen wurden,⁸ sind bis anhin nie auf das David-Bild unter Einbezug des politischen, sozialen, religiösen und biografischen Kontextes untersucht worden. Zur ersten Ausgabe des Werkes „David“ von 1575 haben insbesondere Sylvaine Hänsel (1991), María Dolores Campos Sánchez-Bordona (1997) und Walter Melion (2005) wertvolle Vorarbeiten geleistet. Für den biografischen Hintergrund ist die Arbeit von Ben Rekers (1971) weitreichend und trotz zahlreicher neuerer, kleinerer Publikationen unersetzlich. Die spanische Forschungsliteratur zu Benito Arias Montano konnte leider nicht vollständig berücksichtigt werden. Zu erwähnen wäre etwa Juan José Jorge López (2002), Carlos Sánchez Rodríguez (1996), Ramiro Flórez und Isabel Balsinde (2000) u. a., die jedoch – soweit dies beurteilt werden kann – nicht explizit auf das Werk „David“ eingehen. Auch zur zweiten Ausgabe des Werkes „David“ von 1597 mit Ergänzungen von Matthias Bergius existiert eine Vorarbeit, nämlich die kürzlich erschienene Arbeit von Diane Deufert (2011). Den siebzehn Zeichnungen von Marten de Vos zu den David-Erzählungen hat Jane V. Shoaf (1980) einen Artikel gewidmet. Das zweite Kapitel behandelt die David-Gemälde in Schloss Eggenberg. Neben einer Bildanalyse soll auch der Frage nach Bildprogramm, Malern und Auftraggebern nachgegangen werden. Wertvolle Vorarbeiten hierfür haben Friedrich Kryza-Gersch (1960, 1984) und Günter Brucher (1973) sowie in den letzten Jahren Barbara Kaiser (Ruck) (1984, 1985, 1994, 2001, 2006), aber auch Eveline Krummen (2004) geleistet. Im Vergleich mit Zeitgenossen wie Albrecht von Wallenstein oder Gunaken von Liechtenstein ist die Forschung zu Hans Ulrich von Eggenberg leider stark zurückgeblieben; lediglich ältere Biografien, nämlich jene von Walther Ernst Heydendorff (1965) sowie die 1968 als Dissertation in Graz eingereichte Arbeit von Gerhard Bernd Marauschek liegen vor. Zu nennen wäre auch eine Biografie aus dem 19. Jahrhundert von Hans von Zwiedineck-Südenhorst (1880) mit dem Titel „Hans Ulrich Fürst von Eggenberg. Freund und erster Minister Kaiser Ferdinand

 Zum problematischen Begriff „Barock“ vgl. beispielsweise Bauer, H. (1992).  Vgl. Landwehr, J. (1972, 28): „Forty-eight virtues of David are described, 42 illustrated by J. Th. de Bry after Philip Galle’s plates for Plantin’s edition (Antwerp 1575 with the same text but with fortyeight plates).“ Vorsichtiger formuliert Praz, M. (21964, 260). Vgl. allerdings Schuckman, C. (1997, 54): „The later edition […] does not contain the originals after Van Groeningen, nor copies after it […].“

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

II“, die lediglich in Einzelfällen herbeigezogen wurde. Auch wenn es nicht darum gehen kann, eine „mikrohistorische“ Fallstudie der Habsburgmonarchie⁹ und ihrer Führungsschichten wiederzugeben und eine umfassende moderne Biografie ein Desiderat bleibt, soll doch versucht werden, den geistigen und sozialen Hintergrund des hochadeligen Konvertiten und katholischen Aristokraten Hans Ulrich von Eggenberg und seiner Nachkommen knapp zu skizzieren. Im Zentrum stehen jedoch auch da die Deckengemälde zu den David-Erzählungen, die bis anhin noch nie eigens untersucht wurden. Dank des Auffindens der Kupferstiche, die als Vorlage gedient haben, wird es auch erstmals möglich sein, einzelne Bilder korrekt den biblischen Texten zuzuordnen. Das dritte Kapitel widmet sich der niederländischen und flämischen Kunst und befasst sich vor allem mit Skizzen von Rembrandt und Druckgrafik von Rubens sowie deren „Schulen“.¹⁰ Insbesondere die Bedrohung Davids durch Strafen von Gott und die Gegenüberstellung von Prophet und König sollen hier thematisiert werden. Christian Tümpel (1970, 1994, 2006) hat auf die Bedeutung der Druckgrafik des 16. Jahrhunderts und deren Einfluss auf das Schaffen Rembrandts hingewiesen, aber auch auf Rembrandts ganz eigenwillige Auslegung der biblischen Texte. Die Zeichnungen von Rembrandt zu den Samuelbüchern – speziell die Skizzen zu 2Sam 12 – sind jedoch noch nie in einer Einzelstudie untersucht und in den grösseren ikonographischen, religionspolitischen und biografischen Kontext gestellt worden. Ähnliches gilt auch für die religiöse Druckgrafik von Peter Paul Rubens.¹¹ Zwar gibt es zahlreiche Studien zu dessen Druckgrafik, etwa im Corpus Rubenianum Ludwig Burchard oder jüngst von Nico van Hout / Paul Huvenne (2004) und Andrew D. Hottle (2006), doch ist eine eingehende Analyse seiner Druckgrafiken für die liturgischen Werke – das Missale Romanum und das Breviarium Romanum – bis anhin ausstehend.¹² Erst in jüngerer Zeit hat die Forschung vermehrt auf Rubens’ Frömmigkeit und seine religiösen Werke hingewiesen; genannt sei hier lediglich Willibald Sauerländer (2011). Von zentraler Bedeutung für die Druckgrafik in liturgischen und spirituellen Werken des Ver Vgl. Winkelbauer, T. (1999, 13 – 19).  Mit „Schule“ sind zeitgenössische Maler gemeint, die in der Manier des Künstlers – Rembrandt oder Rubens – malten, ohne dass sie zwingend in einem direkten „Lehrer-Schüler-Verhältnis“ stehen mussten.  Vgl. etwa Sellink, M. (1996, 29), der auf das Forschungsdesiderat im Hinblick auf die religiöse Druckgrafik in Antwerpen hingewiesen hat: „Of the many lacunae that characterize the study of the graphic arts in Antwerp following the end of the 16th century, perhaps the most striking is that of the immense production of religious art, in particular, Counter Reformation prints. This art historical disinterest is especially lamentable when one considers that it is precisely religious themes that as of 1585 predominated art in Antwerp by far.“  Evers, H. G. (1944) bildet eine Ausnahme. Diese Studie ist aber in vielen Punkten überholt.

1.1. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert

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lages Plantin-Moretus generell sind die Arbeiten von Karen L. Bowen (1996, 1997, sowie zusammen mit Dirk Imhof 2001 und 2008). Für die Gemälde von Jan Boeckhorst sind die Studien von Helmut Lahrkamp (1982, 1990) und Gerhard Langmeyer (1982) wichtig. Insgesamt verfolgt der wirkungsgeschichtliche Teil ein doppeltes Ziel: Zum einen sollen einzelne Werke, die die Bedrohung Davids zeigen, in ihrem jeweiligen historischen, biografischen, religiösen und sozialen Kontext untersucht werden, zum anderen ist das biblische Motiv und seine Bedeutung im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert systematisch zu analysieren. Als Überblick muss vorerst eine knappe Darstellung des David-Diskurses im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert genügen. Zwar existieren zahlreiche Einzeluntersuchungen zur David-Rezeption, jedoch gibt es bis anhin nur wenige Untersuchungen zum David-Diskurs in der frühen Neuzeit.

1.1. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert David spielte eine zentrale Rolle im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert. Alte Deutungsformen – etwa David als Präfiguration Christi¹³ – werden weitergeführt und neue, zusätzliche Bedeutungen werden der biblischen Figur beigefügt. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass nicht von einem David-Diskurs geredet werden kann: Die Erörterung der Darstellung der David-Erzählungen in der kunsttheoretischen Literatur der frühen Neuzeit beispielsweise scheint mehr oder weniger unabhängig von Kommentaren zu den Samuelbüchern oder exegetischen Einzelstudien aus der gleichen Zeit existiert zu haben. Im Folgenden wird lediglich ganz knapp auf das David-Bild – insbesondere im Hinblick auf die Darstellung der Bedrohung Davids – eingegangen. Eine zentrale Rolle spielen dabei in erster Linie Lexika und Enzyklopädien, aber auch Fürstenspiegel, exegetische Traktate und kunsttheoretische Schriften. Sie alle sind wichtig für die Interpretation von visuellen Darstellungen, aber auch von Predigten, Gedichten und Theaterstücken.¹⁴ Nur so kann das jeweils Singuläre im Gegensatz zum generellen David-Bild dieser Zeit erkannt und als solches gewürdigt werden, was insbesondere für die Gewichtung und Einordnung des Motivs der Bedrohung von zentraler Bedeutung ist.

 Sehr oft wird dabei David mit dem leidenden Christus gleichgesetzt, so etwa bei Philipp Melanchthon; dazu Gosselin, E. A. (1976, 78 – 81). Vgl. auch Kapitel C. 3.5.  Vgl. Kapitel A. 2.2.

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

In der Frühen Neuzeit wurden insbesondere Weltchroniken und Enzyklopädien bedeutsam, die den Anspruch hatten, die gesamte Geschichte beziehungsweise das gesamte Wissen der Welt darzustellen.¹⁵ Beispielhaft für eine solche frühneuzeitliche Universalgeschichte ist die Gottfriedsche Weltchronik des reformierten Theologen Johann Ludwig Gottfried (um 1584– 1633), der die Geschichte in vier Monarchien unterteilt. Aus einer historisierenden Perspektive reflektiert er in der Weltchronik vor allem die Bedrohung, die Saul für David darstellte: „Da er [Saul] verstanden / daß David Sein Successor im Königreich werden sollte / hat er ihn / wiewol er sein Tochterman war / auffs eusserst verfolget / und zutoͤdten unterstanden / wiewol vergebens“ (p. 35).¹⁶ Danach geht Johann Ludwig Gottfried auch auf Davids Verfehlungen – Ehebruch und Mord – ein. Im Le grand Dictionarie Historique des Jesuiten Louis Moréri (1643 – 1680) wird der Ruhm Davids und sein Versagen nebeneinander gestellt: „La gloire de son regne fut noircie par deux crimes“ (p. 1069). Natan kündet ihm die Strafe an und „David se vit contraint, en 3007. par la revolte d’Absalom, de sortir de Ierusalem les pieds nuds, avec peu de gens, & en état d’éprouver la fureur de ces fils denaturé, qui vouloit montrer sur le trône par un parricide“ (p. 1069).¹⁷ Damit thematisiert Louis Moréri die Gefahr, die David aus seinem eigenen Versagen entsteht. Pierre Bayle (1647– 1706) nimmt in seinem Artikel zu David im Dictionnaire historique et critique, das eine Kombination aus Enzyklopädie und Reallexikon darstellt und erstmals 1697 erschien, darauf Bezug.¹⁸ Bei ihm steht vor allem die Kritik an David im Vordergrund: „On croit ordinairement que son adultere avec Betsabée, le meutre d’Urie, le denombrement du peuple sont les seules fautes qu’on lui puisse reprocher: c’est un grand abus. Il y a bien d’autres […] choses à reprendre dans sa vie, & il n’est pas justqu’à ses derniers paroles où l’on ne trouve.“ Dazu zählt er Davids Verhalten nach dem Tod Sauls, seinen Befehl an Huschai, sich bei Absalom beliebt zu machen und auszuspionieren, die Tatsache, dass er sich Abischag von Schunem ins Bett bringen liess, seine Haltung Merib-Baal gegenüber, sein Tanz vor der Lade,

 Vgl. zur Pansophie des 17. Jahrhunderts beispielsweise Miletto, G. (2004, 144– 175).  Vgl. Historische chronica oder Beschreibung der fühnembsten Geschichten […] in Ordnung gebracht Durch Johan Ludvig Gottfriedt; mit Kupferstückhen geziert unnd verlegt durch Matthaeus Merian; benutztes Exemplar Universitätsbibliothek Basel, Sign. Mil Ci 6:1– 3.Vgl. dazu auch Kapitel C. 3.3.  Lovys Moreri, Le Grand Dictionnaire Historique, Ov le Mélange Cvrievx de l’Histoire Sacre et profane, etc. Chez Iean Girin, & Barthelemy Riviere, Paris 1682 ; Augementé, & divisé en deux Tomes. Lyon 1683, 3. Ed.; benutztes Exemplar in der Bibliothek in Český Krumlov, Sign. 20H 4166.  Vgl. Dictionaire Historique et Critique: Par Monsieur Byle. Tome Premier, premier partie. A – G, A Rotterdam, Chez Reinier Leers, 1697. In seinem Artikel zu David (p. 923 – 932) bezieht sich Pierre Bayle mehrfach auf das Werk zu David von François Timoléon, Abbé de Choisy, auf das in Kapitel C. 2.2.1. näher eingegangen wird.

1.1. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert

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der, wenn auch nicht moralisch verwerflich, so doch sehr sonderbar ist, und schliesslich als letztes seine Kriege. Pierre Bayle hält fest, dass David oft ungerechte Kriege geführt hat, „[…] car outre que l’Écriture Sainte nous le represente assez souvent comme l’aggresseur“ (p. 928). Bayle spricht David die Qualität eines vorbildichen Herrschers eindeutig ab.¹⁹ Die Ambivalenz der biblischen Figur kommt jedoch nirgendwo besser zum Ausdruck als beim Jesuiten Nicolas Caussin (1583 – 1651) in seinem Werk La Cour Sainte, das in zahlreichen Auflagen erschien und in viele Sprachen übersetzt wurde.²⁰ Zu Beginn der Erläuterungen zu David hält er fest „David est vn grand meslange de diuerses auantures, de biens, de maux, de ioyes, de douleurs, de mépris, de gloires, de vices, de vertus, d’actions, de passions, de succez inopinez, d’accidens estranges, & de merueilles.“ Davids Leben, so Nicolas Caussin, ist von Sauls Eifersucht überschattet. Doch sei das grösste Geheimnis des Lebens, sein Geschick zu erleiden („de souffrir le destin“) und Gottes Bestimmung für unser Leben zu erdulden. Dahinter steckt eine implizite Aufforderung, David in allem, besonders auch in seiner Leidensbereitschaft, nachzuahmen. Ausführlich behandelt er auch Davids Sünden, seinen Ehebruch und Mord, woraufhin „commencerent les pitoyables tragedies de sa maison qui la couurirent d’horreur, & remplirent son cœur de regrets“: die Vergewaltigung Tamars, der Mord an Amnon, der Aufstand Absaloms, Davids Flucht aus Jerusalem und der Aufstand Schebas. Die Volkszählung hingegen (2Sam 24) bleibt unerwähnt. David war auch Referenzfigur in philosophischen und polittheoretischen Schriften. Da diese jedoch mehrheitlich politische Macht rechtfertigen,²¹ ist selten oder kaum von Davids Bedrohung die Rede. Niccolò Machiavelli (1469 – 1527) hat die biblische Gestalt David „aller Verweise auf Gottes Hilfe und Unterstützung entkleidet und sie historisch radikal immanentisiert. Wenn David politisch und militärisch erfolgreich gewesen ist, so darum, weil er die richtigen Dispositionen getroffen hat“.²² Diese Auffassung konnte sich jedoch nicht weiter durchsetzen. Thomas Hobbes (1588 – 1679) spricht in Leviathan (1651) dem Souverän in Ana-

 Vgl. Tietz, M. (1989, 224).  LA COUR SAINTE […] Contenant les vies et les éloges des Personnes Illustres de la cour, tant du vieil que du nouveau Testament, divisées en cinq ordres. Les Monarques et Princes. […], Paris, 1680.Vgl. zu David p. 12– 28; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek,Wolfenbüttel, Sign. H: S 405.2 Helmst.  Vgl. ausführlich zum Verhältnis von göttlichem Wille und menschlicher Macht Andrick, M. (2010).  Münkler, H. (1995, 115).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

logie zu David eine sacerdotale Rolle zu.²³ Obwohl aber die Herrscher eine priesterlich-königliche Funktion einnehmen und unumschränkte Macht („whole authority“²⁴) auch über die Priester und somit die Kirche haben, schliesst er prophetische Kritik nicht aus.²⁵ Trotzdem behält sich der Herrscher das Recht vor, Untertanen zu töten, auch wenn sie frei von Schuld sind. Als Beispiel führt Hobbes die Tötung Urijas durch David an, „die zwar als Sünde gegen Gott anzusehen ist und dem natürlichen Gesetz widerspricht, weil sie gegen die Gerechtigkeit verstößt, aber nicht als Sünde gegen Urija, denn das Recht, nach seinem Willen zu handeln, hatte Urija selbst David gegeben, nachdem die Untertanen dem Herrscher unbeschränkte Autorität erteilt hatten“.²⁶ Sehr hart geht auch Baruch (Benedictus) Spinoza (1632– 1677) in seinem Tractatus Theologico-Politicus (1670) mit den Propheten ins Gericht, die Könige durch Ermahnungen und Bestrafungen lenken würden, und sieht darin den Beweis, dass die Religion aus dieser Freiheit „mehr Schaden als Nutzen“²⁷ hätte. Trotzdem darf sich kein Monarch, auch nicht David, in göttlicher Gnade wähnen.²⁸ Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646 – 1716), der mit Spinoza persönlich bekannt war, schränkt das Recht der Priester und Pro-

 Vgl. Metzger, H.-D. (2007, 372).Vgl. Münkler, H. (1995, 117): „Für Hobbes ging es bei diesen und ähnlichen Überlegungen darum, die königliche Suprematie gegenüber allen anderen Gewalten, weltlichen wie geistlichen, nicht nur aus der Logik der Vertragskonstruktion heraus zu entwickeln, sondern sie auch am biblischen Text selbst bestätigt zu finden […].“  Thomas Hobbes, Leviathan III,40,11, zitiert in der Ausgabe von Gaskin, J. C. A. (32008, 318).Vgl. dazu Stolleis, M. (1995, 28): „Staatwerdung vollzog sich durch Errichtung eines legitimen Gewaltmonopols jenseits der streitenden Konfessionen und jenseits der vielfältigen Gliederungen des spätmittelalterlichen Gemeinwesens. […] Das bedeutete im Prinzip die Trennung von Politik und Religion und die Zurücksetzung der Theologen in der inneren Rangordnung der Höfe.“ Vgl. Bredekamp, H. (32006).  Propheten würden als prolocutor, als Übermittler des Wortes von Gott zu den Menschen und manchmal auch als predicator „or a foreteller of things to come“ auftreten – so Thomas Hobbes, Leviathan III,36,7, zitiert in der Ausgabe von Gaskin, J. C. A. (32008, 281).  Bar-Efrat, S. (2007, 49). Ähnlich verteidigt auch Diego de Saavedra Fajardo Davids brutales Vorgehen in Idea de un príncipe político-christiano representada en cien Empresas. So hält er zum Emblem mit dem Lemma PRAE OCULIS IRA (Nr. 8) fest: „Und trotz alldem, nachdem Hammon seinen Botschaftern, die David ausgesandt hatte, um das Beileid für den Tod von dessen Vater zu überbringen, da er sie für Spione hielt, die Bärte abschneiden und ihre Kleider zerreissen ließ, erklärte David diesem den Krieg, unterwarf, besetzte und plünderte seine Städte, zersägte seine Bürger, drosch sie mit eisernen Dreschflegeln, ließ sie mit Messern in Stücke schneiden und verbrannte sie in Öfen. Als Grausamkeit und Zornexzeß mag dies dem erscheinen, der nicht weiß, daß alles notwendig ist, um die Wunden, die die Mißachtung schlägt, so zu heilen, daß keine Spur von ihnen bleibt.“ Zitiert nach Romanoski, C. (2006, 115).  Tractatus Theologico-Politicus, 18. Kapitel, zitiert nach Gawlick, G. (31994, 33). Vgl. auch Donner, H. (1994b, 242– 258).  Tractatus Theologico-Politicus, 2. Kapitel. Vgl. Gawlick, G. (31994, 33).

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pheten mit Verweis auf Zadok und David ein und meint, dass die Könige nicht alles befolgen mussten, was die Propheten im Namen Gottes geboten.²⁹ Auch Hugo Grotius (1583 – 1645), der ab 1625 in Paris im Exil lebte, verweist in seinem Werk De Iure Belli ac Pacis (1625) positiv auf David. Und Jacques Bénigne Bossuet (1627– 1704), Hofprediger von Louis XIV, zitiert in Politique tirée des propres paroles de l’Écriture Sainte (1705) 173mal aus den Samuelbüchern, bei insgesamt ungefähr 2400 Bibelzitaten.³⁰ In kunsttheoretischen Schriften der Zeit spielt der David der Samuelbücher eher eine marginale Rolle. Nur selten wird die Bedeutung dieser biblischen Figur inhaltlich weiter präzisiert, was ihre Deutung erschwert.³¹ Grosse kunsttheoretische Nachwirkungen hatten etwa die David-Darstellungen von Francesco Salviati im Palazzo Ricci-Sacchetti.³² Ausführlich verwies Giovanni Battista Armenini (1530 – 1609) in seinem Werk De veri precetti della pittvra (1587 Buch III, Kap.VIII)³³ auf diese Abbildungen von David: „Ne dipinse poi il medesimo un’altra nel Palagio del Cardinal Monte Pulciano, ch’è in Strade giulia, dentro la quale visece con bellissimi scoinpartimenti di molte istorie de’fatti del Rè Dauid, con altre lodeuoli

 Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz, Theodizee, dritter Teil, Kapitel 16. Vgl. ebenso John Buckerige, der 1606 anmerkt, dass beispielsweise David – vermutlich wohl eher Salomo, 1Kön 2,22 – den Hohepriester Abjatar absetzen und durch Zadok ersetzen liess, vgl. dazu Pečar, A. (2007a, 317). Ähnlich auch Thomas Hobbes, Leviathan III,40,11: „Besides, we read (1 Kings 2. 27) that Solomon thrust Abiathar from being priest before the Lord: he had therefore authority over the high-priest, as over any other subject; which is a great mark of supremacy in religion.“ Zitiert in der Ausgabe von Gaskin, J. C. A. (32008, 318).  Vgl. Schilling, L. (2007, 357). Diese anzuführen würde zu weit führen. Hier sei daher lediglich auf die Stossrichtung des Werkes, wie sie Schilling, L. (2007, 370) formuliert hat, hingewiesen: „Ihm [Jacques Bénigne Bousset] geht es dabei nicht darum, im Einzelnen das Wirken der göttlichen Vorsehung zu rekonstruieren. Vielmehr versucht er im Wege der Analogie und der Übertragung anhand der Bibel entnommener préceptes und exemples beispielhaft zu zeigen,wovon er a priori überzeugt ist: die Nützlichkeit und Gottgewolltheit einer patriarchalischen,wertgebundenen Monarchie – und zumal des unter der ‚protection particulière de Dieu‘ stehenden französischen Königtums.“  Häufiger wird wird in kunsttheoretischen Traktaten auf die Psalmen verwiesen. Vgl. generell zur Rezeption alttestamentlicher Themen in der Kunsttheorie Hecht, C. (1997, 365): „Obowohl alttestamentliche Themen in der christlichen Kunst eine bedeutende Rolle spielen, hat die Bildertheologie kaum Hinweise für konkrete Gestaltung dieser Darstellungen gegeben, was nicht zuletzt daran gelegen haben wird, daß sich die seltenen ikonographischen Überlegungen vorwiegend am Heiligen- und Festkalender orientierten.“  Vgl. Kapitel C. 3.6.2.  Giovanni Battista Armeninis (ca. 1533 – 1609) De veri precetti della pittvra erschien 1586 zum ersten Mal in Ravenna und war Guglielmo Gonzaga (1550 – 1587), Herzog von Mantua, gewidmet. Erst 1678, knapp hundert Jahre später, wurde das Buch ein zweites Mal aufgelegt, diesmal in Venedig, so Olszewski, E. J. (1977, 5).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

imprese, che come dell’ultime sue cose sono grandemente stimate.“³⁴ Auch Giorgio Vasari (1511– 1574) erwähnt diese David-Bilder in seinen Viten (Le vite, 1568), ordnet sie den jeweiligen biblischen Erzählungen zu und hebt besonders die Darstellung der Batseba hervor.³⁵ Giovanni Andrea Gilio da Fabriano (gest. 1584) vertrat in seinem Traktat Dialogo degli errori della pittura (1564) – der erste kunsttheoretische Traktat der Gegenreformation – die Ansicht des Konzils von Trient und forderte die Künstler auf, sich an die biblischen Quellen zu halten.³⁶ In seinem Dialoge nel quale si ragiona degli errori e degli abusi de’ pittori (1565) erwähnt er David neben Propheten wie Jesaja, Jeremia und Daniel. Der flämische Theologe Johannes Molanus (Vermeulen, 1533 – 1585) verfasste mit De picturis et imaginibus sacris (1570) eine Art theologischer Ikonologie.³⁷ Darin erwähnt er David nicht direkt, sondern lediglich in einem Zitat von Erasmus von Rotterdam.³⁸ Erst Gabriele Paleotti (1522– 1597) widmet in Discorso intorno alle imagini sacre e profane (1582) ein Kapitel zur Darstellung der Patriarchen und Propheten (Buch IV, Kap. 8), in dem ein Abschnitt von „Abraamo, Moise e David“ handelt. Zudem nennt er als Beispiel für eine falsche und lügenhafte Darstellung den Kampf Davids gegen die Philister: „Altro sera del tempo, come chi dipingesse la guerra de’ Filistei fornita da David farsi al tempo de’ Macabei“ (Buch II, Kap. 26).³⁹ Dieser zählt gerade zu den „unsicheren Bildthemen“ (pitture indifferenti et incerte, Buch II, Kap. 34).⁴⁰ Auch die Darstellung von Natan und David in Palästen wird erwähnt

 In der englischen Übersetzung von Olszewski, E. J. (1977, 243): „He [Franseco Salviati] painted another such work in Cardinal Montepulciano’s palace on the Strada Giuli, in which he depicted, with most beautiful partitions, many storie of the deeds of King David with other praiseworthy enterprises, which are greatly esteemed as being among his last works.“  Vgl. Feser, S. (2009, 50 f.). Vgl. mehr zu diesen Daviddarstellungen in Kapitel C. 3.6.2.  Im Gegensatz zu den „früher entstandenen Malereitraktaten der weltlichen Kunstschriftsteller wie Alberti, Leonardo, Pino und Dolce“ geht es darin nicht mehr um das vordergründige „wie“ der Darstellung, sondern um den didaktischen Zweck und die Vermittlung religiöser Inhalte im mehrfigurigen Historienbild – so Thimann, M. (2002, 63).  Vgl. Feld, H. (1990, 208).  Buch II, Kap. 42 „Quid est necesse in templo depingere Dauid contemplantem è fenestra Bethsabeam & ad stuprum euocantem ; aut amplectentem ad se delatam Sunamitim“. Vgl. die Übersetzung sowie Anmerkungen bei Bœspflug, F. / Christin, O. / Tassel, B. (1996, 245): „Quel besoin de peindre dans l’église David à la fenêtre contemplant Bethsabée, et l’entraînant à l’adultère ? Ou bien étreignant la Sunamite qui lui a été amenée“.  „A temporal error would result if someone were to paint the war of the Philistines waged by David taking place in the Age of the Maccabees.“ – so die Übersetzung von William McCuaig in Prodi, P. / McCuaig, W. (2012, 222).  Und Gabriele Paleotti führt aus (Buch II, Kap. 34): „[…] e molte altre simili istorie, che noi domandiamo incerte non quanto in se stesse, ma in quanto non sono particolarmente ben chiare a noi intorno a molte circonstanze, come fossero.“ In der Übersetzung von William McCuaig in

1.1. Der David-Diskurs im 16. und 17. Jahrhundert

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und von impresa abgegrenzt.⁴¹ Gregorio Comanini (ca. 1550 – 1608) schliesslich führt in Il Figino overo del fina dell Pittura (1591) 2Sam 24 als Beispiel an, was für die Bekanntheit dieses Bildthemas bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert spricht.⁴² Im Folgenden soll erörtert werden, wo der bedrohte David Herrschern als Identifikationsfigur diente beziehungsweise diesen in Fürstenspiegeln das Verhalten Davids als vorbildhaft und nachahmenswert vorgehalten wurde. Zum anderen soll untersucht werden, wo umgekehrt die Erzählungen in 1Sam 16 – 1Kön 2 dazu verwendet wurden, um Kritik am Herrscher zu üben. Theoretische Voraussetzung für diesen Vergleich mit David bildet in beiden Fällen die Vorstellung von der Wiederkehr des Gleichen.⁴³ Grundlage dafür bietet einerseits das aristotelische Verständnis der similitudo temporis, dass die Vergangenheit der Zukunft entspricht, und andererseits das typologische Interpretationsprinzip, das alttestamentlichen Figuren neutestamentliche Antitypen gegenüber stellt, die später auch durch antik-pagane Gestalten als Typen ergänzt wurden.⁴⁴ Einige der wichtigsten Vergleichspunkte zwischen den biblischen Geschichten und deren Spiegelung im 17. Jahrhundert wurden etwa von Henry Vertue in seinem Werk Christ and the Church; or, Parallels (1659) festgehalten.⁴⁵ Besonders bei den Jesuiten war die typologische Auslegung, wie etwa auch der Commentaria in Scriptura Sacra von Cornelius à Lapide (eigentlich Cornelis Cornelissen van den Steen, 1567– 1636) zeigt, ein nach wie vor wichtiger hermeneutischer Zugang zum biblischen Text.⁴⁶

Prodi, P. / McCuaig, W. (2012, 254): „and many other such stories, which we call uncertain not per se, but because it is not particularly clear to us with respect to many circumstances how they were.“  Buch II, Kap. 46: „Restano altre imprese, che si riferiscono ad alcuna virtu non propria, ma generale, come di continenza, di giustizia, di liberalita; overo contengono qualche atto notabile, come la destruzzione di Ierusalem, l’avertimento che ebbe il re David da Nathan profeta, o altre cose de’ Greci e de’ Latini, che sogliono figurarsi nelle facciate dei palazzi, nei camini delle sale et in capo delle loggie. Ma queste, perche non toccano al particolare di persona, non si chiamano propriamente imprese, ma emblemi o simboli o riversi di medaglie o ziffre figurate, o con altri nomi, secondo che piace a ciascuno di chiamarle, se bene le nominasse ancor imprese, ma seranno pero di specie diversa dalle communi e da quelle di che noi ora trattiamo […].“  Vgl. Doyle-Anderson, A. / Maiorino, G. (2001,33).  Vgl. de Forest Lord, G. (1972, 159 f.) mit Blick auf das Werk von John Dryden: „Thus no contemporary event or issue is seen as unique, and the participants in these national dramas are generally reduced to types.“  Vgl. dazu beispielsweise Weber-Möckl, A. (1986, 14– 70); Metzger, H.-D. (1998, 402– 406); Reinhardt, N. (2007b, 292 f.) u. a.  Huttar, C. A. / Frontain, R.-J. (1992, 183).  Vgl. Knaap, A. (2004, 165): „One of the richest sources for examining the typological approach in this period is Cornelius à Lapide’s Commentaria in Scriptura Sacra, which became the standard post-Tridentine Catholic work on exegesis.“

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Allerdings beginnt gleichzeitig eine deutliche Unterscheidung von Fakt und Fiktion, die eine direkte Übertragung der antiken Geschichten und Erzählungen auf die aktuelle Situation bald erschweren sollte.⁴⁷ Erzählungen der Vergangenheit und die Realität der Gegenwart sind nicht mehr einfach analog zu setzen. Dennoch kann im 17. Jahrhundert grundsätzlich mit dem Verständnis einer coniunctio gerechnet werden: Die antike Erzählung generell und der biblische Text im Speziellen beinhalten eine Wahrheit – so war die weit verbreitete Überzeugung –, die sich auf eine aktuelle Situation übertragen lässt, sodass Geschichte und Gegenwart verschmelzen. Alttestamentliche narrative Texte sind nicht einfach dem Genre der Historiographie, auch nicht einer heilsgeschichtlichen Historiographie zuzurechnen, sondern ihre Darstellungsform muss als ein Kommunikationsmedium für weiterführende theologische Aussagen betrachtet werden.⁴⁸ Eng verknüpft mit dieser weiter gefassten typologischen Auslegung, die nicht mehr nur auf das Alte und Neue Testament beschränkt blieb,⁴⁹ war auf protestantischer Seite die tropologische Exegese, die, angeregt etwa durch Philipp Melanchthon, im 16. und 17. Jahrhundert ebenfalls weite Verbreitung fand. Die biblischen Erzählungen wurden als Exemplum gelesen, aus denen moralisches Handeln abgeleitet werden konnte.⁵⁰ In diesem Zusammenhang ist auch das Phänomen des „Identifikationsporträts“ zu verstehen, bei dem eine Figur der Bibel oder der Geschichte mit den Gesichtszügen einer zeitgenössischen Person be-

 Vgl. Pierre de Villiers, Traité de la Satire u l’on examine common on doit reprende son prochain, & comment le satire peut servir à cet usage, a Paris, chez Jean Anisson, 1695, p. 312 f.: „Nous avons fait voir que la difference qu’il y a entre la satire & l’histoire, vient de ce que le satirique ne publie les défauts du prochain que pour le décrier; au lieu que l’historien ne parle, de ses mesme défauts, que par la liaison qu’ils ont avec les évenemens de l’histoire.“  Vgl. Bultmann, C. (2011b, 370).  Vgl. Knaap, A. (2004, 166 f.): „A close reading […] suggests that the Jesuits employed a method of typology that was fluid and wide ranging. They went beyond drawing connections between the Old and the New Testament to include parallels with the life of the Church and the present day. Through this method, they were able to refute Protestant criticisms and show that the current practices of the Catholic Church were a natural continuation of the earliest traditions of the Old Covenant and the life of Christ.“  Veldman, H. M. (1995, 215): „In classical antiquity the exemplum was the rhetorical principle of a paradeigma – a piece of evidence used to substantiate an argument. Myths and history provided the source material, as in Valerius Maximus’s Facta et dicta morabilia. In the twelfth century, following this classical model, the exemplum was introduced in treatises and sermons and became a flourishing genre throughout Europe.“ Vgl. als Beispiel die Widmungen von Matthäus Merian in Wüthrich, L. H. (2009, 149 – 236).

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

323

ziehungsweise „eine lebende Person in der Rolle eines biblischen Helden“⁵¹ dargestellt wird.

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur? – Herrschaftsikonografie, Fürstenspiegel und Fürstentugenden in der frühen Neuzeit Die Gattung des Fürstenspiegels ist äusserst vielfältig und reicht von religiösen Erbaungstraktaten bis zu praktisch pädagogischen Erziehungsanleitungen und beinhaltet etwa auch die panegyrische Dichtung, weshalb hier kein vollumfassender Überblick gegeben werden kann. Grundsätzlich behandeln Fürstenspiegel das rechte Verhalten und Regieren von Monarchen.⁵² Dabei muss zwischen katholischen und reformatorischen Fürstenspiegeln unterschieden werden, denen jedoch die Sorge um die Ausübung der „wahren Religion“, wenn auch aus unterschiedlicher Perspektive, gemeinsam ist. Viele Fürstenspiegel thematisieren zudem die Schwierigkeiten und Widerstände „Inn diesen letzten geferlichen zeiten“⁵³ und wollen Trost und Stärkung bieten.⁵⁴ Als Vorbild wird immer wieder auf David verwiesen, den trotz seiner Anfechtungen grossen Dulder im Regiment. In den reformatorischen Lehren wird das ethische Moment, die Tugendlehre, von der Glaubenspredigt zurückgedrängt.⁵⁵ „Neben dem Trösten steht das Warnen vor Gottes Zorn und seinem Gericht gegen den Stolzen und Bösen. Es kennzeichnet das Selbstverständnis der Verfasser, wenn sie die ihre Könige lehrenden Propheten des Alten Testaments als deren ‚Hofprediger‘ bezeichnen.“⁵⁶ Im Folgenden werden

 Polleross, F. (1995, 229). Vgl. auch Polleross, F. (1988) sowie Polleross, F. (1991, 75 – 117). Polleross, F. (1991, 81) führt aus: „In genuine identification portraits, and especially in state portraits, the significance of the relationship between the type and antetype played a leading role, and it is probably in this area that the origins of the genre as such are to be sought.“ Allerdings wurde es im 17. Jahrhundert zunehmend problematisch, einen historischen Helden mit der Physiognomie einer zeitgenössischen Figur darzustellen, da dabei die von Aristoteles geforderte Einheit der Zeit missachtet wurde. Über die Deutung eines Gemäldes und ob es politisch gelesen werden will und auf welche zeitgenössische Person es sich bezog, gibt daher häufig nur der Kontext Auskunft – so Kirchner, T. (22011, 510).  Vgl. Singer, B. (1983, 707).  Singer, B. (1981, 38).  Vgl. Singer, B. (1983, 709).  Vgl. Singer, B. (1983, 710).  Singer, B. (1983, 710). Vgl. Friedrich Glaser, Oculus principis, 1596; benutztes Exemplar Bayrische Staatsbibliothek Sign. Res/Hom. 831. Vgl. auch Singer, B. (1981, 39 – 41).

324

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

einige wenige Fürstenspiegel herausgegriffen und exemplarisch auf die Darstellung von Davids Gefährdung hin untersucht. Am Ausgangspunkt der Rezeption des Motivs des bedrohten David in der Fürstenspiegelliteratur des 16. und 17. Jahrhunderst steht sicherlich dessen Verwendung durch die Reformatoren. Zum einen identifizierten sich Martin Luther, Jean Calvin und Philipp Melanchthon⁵⁷ u. a. selbst mit dem gefährdeten David, da sie sich in einer ähnlichen Situation glaubten, nämlich als Mitglied der wahren Kirche von Feinden umgeben. Zum anderen verwendeten sie das Motiv auch im Hinblick auf Herrscher. So legte Martin Luther den Psalm 101 (Davids Regentenspiegel 1534– 1535)⁵⁸ vor dem Hintergrund seines langjährigen und engen Verhältnisses zu Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen aus.⁵⁹ Und immer wieder beziehen sich Fürstenspiegel im Anschluss an die Psalmenauslegung von Martin Luther direkt auf Ps 101,⁶⁰ etwa jene von Urbanus Rhegius (eigentl. Urban Rieger, 1535),⁶¹ Nikolaus Selnecker (1563),⁶² Johann Willing (1570),⁶³ Polykarp Leyser (1605),⁶⁴ Tobias Herold (1620),⁶⁵ Arnold Mengering (1640)⁶⁶ und zuletzt Georg

 Vgl. Gosselin, E. A. (1976, 91 f.); Münkler, H. (1995, 130 – 136) und Huttar, C. A. / Frontain, R.-J. (1992, 183). Vgl. Gosselin, E. A. (1976, 96): „In this why the reformers, by conforming the verba et gesta Davidis to their own times, used David to console Lutherans and Calvinists, to encourage them by the example of historical parallelism in the patient bearing of the Cross, and to suggest to them that, although God often works in hidden ways, the punishment of the impious may be postponed, but never lacking.“  Vgl. Singer, B. (1981, 42): „Die Auslegung macht David zum Exempel, wie man den Hof bestellen und sein Amt verstehen soll: David, der die Bösen ‚vertilgt‘, der das Wort Gottes hält und fördert, der ‚Ketzer‘ und ‚Rottengeister‘ bekämpft, sich mit den ‚Predigern‘ versteht, der allgemein ein ‚schönes Regiment‘ zu führen weiß – David auch, der sündigt, doch nicht in der Sünde verharrt, David der Dulder und der Mann des Gottvertrauens.“  Vgl. Sommer, W. (1988, 26 – 37) und Sommer, W. (1999, 11– 53).  Vgl. dazu Sommer, W. (1988, 315): „Die Momente der Kontinuität und Wandlung im Obrigkeitsverständnis zwischen Luther und dem nachreformatorischen Luthertum können darum gerade an der Auslegungsgeschichte dieses Psalms im 16. und 17. Jahrhundert wahrgenommen werden.“  Vgl. ausführlich dazu weiter unten.  Mehr dazu in Kapitel C. 1.3.  Vgl. dazu Singer, B. (1981, 116 – 118). Johann Willing,Vnterricht | Was der Fürsten Stan= | de sey […] genommen auß dem 101. Psalmen Dauids / vnd auß dem 31. Cap= | itel der Spruͤche Salomons / mit viel Lehr vnd Trostreichen Sprü= | chen vnd Exempeln, Heidelberg, 1570.  Vgl. Singer, B. (1981, 158); Sommer, W. (2006, 115 – 133). Vgl. auch in Kapitel C. 1.3.  Tobias Herold, Regentenbuch, oder Erklärung des 101. Ps. Psalm Davids, vom Ampt Weltlicher Herrn und Regenten, 1620. Vgl. Singer, B. (1981, 160).  Arnold Mengering, Horologium Principum Davidicum, 3 Geburtstagspredigten aus Ps. CI, 1646. Vgl. Singer, B. (1981, 161).

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

325

Neumarken.⁶⁷ Martin Luther stellt in seiner Psalmenauslegung die Souveränität Gottes und sein Handeln in der Geschichte in den Vordergrund und transzendiert von vornherein alle paränetischen Forderungen, indem er auf „Gottes mitwircken und treiben“⁶⁸ verweist. David ist zwar in seinem Gehorsam gegenüber Gottes Wort und als Herrscher in seinem geistlichen und weltlichen Regiment ein Vorbild, doch betont Luther ebenso die „Armseligkeit dieser von Ehebruch, Mord und Verrat bestimmten Regentschaft Davids“.⁶⁹ Nicht als moralisches Exempel und Anleitung zum Erfolg ist daher der Regentenspiegel konzipiert, sondern als Hinweis auf Gottes Gnade: „An David und seinem Regiment ist in aller irdischer Schwachheit und Schuldhaftigkeit die Gnade Gottes in besonderer Weise wirksam geworden, denn David bekennt sich zu Gott als seinem Richter und gesteht seine Schuld ein.“⁷⁰ Auf die Psalterrezeption im Speziellen kann hier nicht weiter eingegangen werden, da dies zu weitführend wäre.⁷¹ Es entstand im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert eine unüberblickbare Anzahl von Psalmenübersetzungen und -auslegungen, etwa von Benito Arias Montano,⁷² Johann Arndt oder Martin Opitz von Booberfeld⁷³, um drei prominente Beispiele von sowohl katholischer als auch reformatorischer Seite zu nennen. Selbstverständlich prägten auch die Psalmen das Bild des bedrohten David. Im Vordergrund steht jedoch im Folgenden die Rezeption der erzählenden Texte aus den Samuelbüchern. Besonders einflussreich für die Rezeption des Motivs der Bedrohung war der Fürstenspiegel von

 Davidischer Regentenspiegel, das ist, Muhtmassliches und unvorgreifliches Nachsinnen, Was der Königliche Prophet David bey Aufsetzung seines 101. Psalms vor Gedanken muss gehabt, und vor Gott ausgeschüttet haben (1655) von Georg Neumarken sowie Davidische EhrenCrone Christlicher Protestanten (1675) – letzteres konnte nicht gefunden werden.  Zitiert nach Sommer, W. (1988, 45). Vgl. Sommer, W. (1999, 25): „Der Regentenspiegel transzendiert somit von vornherein alle paränetischen Folgerungen in einer einfachen Beispielethik, vielmehr will er durch den Hinweis auf das Staunen erregende Handeln Gottes in der Geschichte zu Dankbarkeit und Demut in der realistischen Wahrnehmung der eigenen Möglichkeiten und Grenzen führen.“  Sommer, W. (1988, 71).  Sommer, W. (1988, 71).  Vgl. hierzu etwa Gosselin, E. A. (21981, 57– 67) u. a.  Vgl. Kapitel C. 2.1.  Vgl. Die Psalmen Davids. Nach den Frantzösi- | schen Weisen gesetzt. | Durch | Martin Opitzen, Dantzigk, Andreas Hünefeldt, 1637, bereits ein Jahr später in zweiter Auflage „new übersehen vnd verbessert“ erschienen (vgl. ferner Dantzig 1639, Basel 1640, Lüneburg 1641). Genaue Angaben zu den einzelnen Auflagen sowie der Korrekturen in Conermann, K. (Hrsg.) (2006, 616 – 662), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 389828. Es handelt sich dabei um Nachdichtungen des Hugenottenpsalters! Martin Opitz von Boberfeld hatte Fürst Ludwig seine Nachdichtungen des Hugenottenpsalters im November 1637 zugesandt.

326

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Urbanus Rhegius (1489 – 1541) Enchiridion | odder handbuͤchlin | eine Christlichen Fuͤr= | stens (1535), der bis zum Ende des 16. Jahrhunderts immer wieder neu gedruckt und ins Lateinische übersetzt wurde.⁷⁴ Darin geht er davon aus, dass alle, die gottgefällig leben wollen, Verfolgungen ertragen müssen (2Tim 3,12). Das grösste Unglück trifft einen Fürsten, „wenn jm gar kein ungluͤck oder truͤbsal zustuͤnde“.⁷⁵ Diese Aussage, dass kein Unglück zu erleiden, ein Unglück sei, findet sich etwa auch bei Seneca, De providentia I,3 („Nihil […] mihi videtur infelicius eo, cui nihil umquam evenit adversi“).⁷⁶ Als Begründung führt er an, dass „calamitas virtutis occasio est“. Zwar sind die Prüfungen Davids nicht der Fortuna, sondern dem Heilswillen Gottes zuzuschreiben, und sie führen nicht zur Virtus, sondern zum Glauben,⁷⁷ doch ist David ein besonders gutes Beispiel für das geduldige Ertragen von Schicksalsschlägen. Er nimmt bei Urbanus Rhegius in diesem Zusammenhang einen grossen Raum ein: Durch all die äusseren Feinde, die Nachstellungen Sauls, durch Schimi, der ihn mit Steinen bewirft und „Bluthund“ nennt, den Aufruhr Schebas, die Anschläge seines Ratgebers Ahitofel, durch den Sohn Absalom, selbst noch durch die eigene Frau, der seine Freude am Gottesdienst missfällt – „wie das alles und noch mehr truͤbsal reichlich im ersten und andern buch der Konig geschrieben ist“⁷⁸ –, wird David „bedroht“.⁷⁹ Die Auffassung, dass Leiden und Heil sehr nahe zusammengehören, war weit verbreitet. Not, Leid, Verfolgung, Krankheit und Elend werden als schwere Last angesehen, sind jedoch auch Gewähr für die Erlösung.⁸⁰ Ein weiterer Aspekt der Rezeption des Motivs der Bedrohung Davids findet sich schliesslich in Johann Arndts (1555 – 1621) Huldigungs- und Landtagspre-

 Vgl. Singer, B. (1981, 82– 84.287– 315). Urban Rieger, Enchiridion | odder handbuͤchlin | eines Christlichen Fuͤr= | stens, Wittenberg 1535, weitere Auflagen 1536, 1537, 1562 und 1577. Vgl. Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. H: K 257.8° Helmst. (6).  Zitiert nach Singer, B. (1981, 305).  Vgl. Singer, B. (1981, 305).  Vgl. Singer, B. (1981, 306).  Zitiert nach Singer, B. (1981, 305).  Vgl. auch Christpolitischer Spiegel aller Regenten vnd Vnterthanen / aus Geistlichen vnd Welt= lichen bewerten Schrifften ex= trahieret / vnd dem hochlöblichen Fürsten=thumb Braunschweig vnd Lueneburg / als seinem hochgeehrten vnd vielgeliebtem Vaterland / vom Obri= sten biß zum Niedrigsten / zu schuldiger dankbarkeit vnd stetiger gedechtnis vnterthänig / dienstlich vnd wol= meintlich præsentieret / offeriret vnd dediciret / durch FRANCISCUM HUSMANUM Fürstlichen B. vnd L. Rath zu Zell, 1615, abgedruckt in Mühleisen, H.-O. / Stammen, T. / Philipp, M. (1997, 355 – 385).  Vgl. Mauser, W. (1976, 161).

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

327

digt.⁸¹ Hier fordert Johann Arndt, dass sich die Obrigkeit „für der göttlichen Gewalt fürchten sol… daß sie nicht allein nach menschlicher Weißheit und Klugheit ihr Ampt führen sol/ sondern vornehmblich durchs Gebet“.⁸² Mit „Gottesfurcht“ ist generell andächtige Frömmigkeit gemeint. Insofern Gott als höher stehende Macht respektiert werden muss, ist auch die „nicht unerhebliche Kritik, die die Prediger gegenüber den Regenten in ihrem persönlichen Leben und der Ausübung ihres Amtes wahrnehmen“,⁸³ miteingeschlossen. Nicht nur in der reformatorischen – insbesondere lutherischen – Fürstenspiegelliteratur war das Motiv weit verbreitet. In gegenreformatorischen Fürstenspiegeln und Erziehungsbüchern wurde die humanistische imitatio virtutis mit der imitatio pietatis kombiniert. Die klassischen Tugenden virtus, clementia, iustitia und pietas sind Voraussetzung für eine Herrschaft in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Von besonderer Bedeutung ist jedoch die constantia, die Tugend, Schicksalsschläge gelassen zu ertragen. Wenn mehrfach Davids constantia gelobt wird,⁸⁴ dann geschieht dies nicht zuletzt im Kontext des Neustoizismus,⁸⁵ der von Justus Lipsius begründet wurde – auch wenn dieser selbst nicht David als Vorbild heranzieht.⁸⁶ Justus Lipsius (1547– 1606) wurde katholisch erzogen und lehrte von 1578 – 1591 an der neuen Universität in Leiden, „a Protestant and antiSpanish counterpart of Leuven and Douai“,⁸⁷ bevor er in den katholischen Süden der Niederlande zurückkehrte. Mit Politica sive civilis doctrinae libri sex (1589) und De constantia in malis publicis (1584) schuf er grundlegende staatstheoretische Werke der frühen Neuzeit, jenseits der konfessionellen Streitigkeiten.⁸⁸ Bei Erasmus von Rotterdam (1466 – 1536) steht in seinem, Karl V. und dessen Bruder Ferdinand I. gewidmeten, Fürstenspiegel Institutio Principis Christiani von 1515 die  Vgl. „Eine Huldigungs Predigt/ Als der Hochwürdiger/ Durchläuchtiger/ Hochgeborner Fürst und Herr/ Herr Christian […]“, Zell, 1618; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. DA 585 (22) u. a.  Zitiert nach Sommer, W. (1988, 221).  Sommer, W. (1988, 315).  Vgl. die Beispiele dazu auch in den folgenden Kapiteln.  Vgl. zur Tugend der Constantia im Neostoizismus Lagrée, J. (1999, 100 – 105).  Vgl. Lagrée, J. (1999, 101): „L’Écriture sainte est sans doute la source de la constance la plus solide mais, puisqu’on se bat sur son interprétation, se n’est pas sur elle que l’homme privé ou le laïc peut faire fond.“  De Landtsheer, J. (2011, 301).  Vgl. Mörke, O. (2007, 185). Dabei stand Lipsius nicht nur in engem Kontakt mit Philip van Marnix (1540 – 1598), Schriftsteller, Berater Wilhelms von Oranien und burgemeester von Antwerpen, sondern auch mit dem niederländischen Dichter und Gelehrten Dirck Volckertsz Coornhert (1522– 1590), mit Philipp Rubens, dem Bruder Peter Paul Rubensʼ, und war auch mit Benito Arias Montano bekannt. In einem Brief an Christopher Plantin äussert sich Benito Arias Montano entsprechend über Justus Lipsius. Vgl. de Landtsheer, J. (2011, 329 f.).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Fürstenerziehung im Vordergrund. Er ruft in seinem weit verbreiteteten und innerhalb kürzester Zeit in verschiedene Sprachen übersetzten Werk die Herrschenden dazu auf, Konflikte auf friedlichem Weg zu bewältigen, und geht dabei durchaus auch kritisch mit den Herrschenden um, denn „aliquin est quod vites etiam in Davide ac Solomone, Regibus a Deo laudatis“.⁸⁹ Alles in allem gilt David sowohl in katholischen wie in protestantischen Fürstenspiegeln als Vorbild hinsichtlich des Ertragens von Leid. So werden die „davidische glaubensvolle Gelassenheit“ ebenso wie die „davidische Seelenberuhigung“ geradezu sprichwörtlich.⁹⁰ Schliesslich wurde David aber nicht nur in Fürstenspiegeln als Exempel vorgestellt, sondern auch in Gemälden, panegyrischen Gedichten usw. Sowohl das Phänomen des Identifikationsporträts beziehungsweise der historisierenden Porträtdarstellung als auch die Identifikation der Herrscher mit antiken Göttern, Heroen oder Kaisern in Herrscherbiografien – ein Vorgehen, das dem Prinzip der Parallelbiografien von Plutarch folgt – waren in der frühen Neuzeit weit verbreitet.⁹¹ Dabei konnten durchweg mehrere antike Figuren mit demselben Herrscher in Verbindung gebracht werden, und meist gab es auch mehrere Herrscher, die sich zur selben Zeit mit denselben „Helden“ verglichen.⁹² Als beliebtes Vorbild galt Alexander der Grosse,⁹³ ferner aber auch Cyrus, Augustus, Hannibal und

 In der Übersetzung von Christian, G. (1968, 247): „Allerdings gibt es auch bei David und Salomon, den von Gott gepriesenen Königen, manches, was du meiden sollst.“  Vgl. so beispielsweise in Leichenpredigten: „Davidische Glaubens-volle Gelassenheit bey grosser Hertzens-Angst: Welche der Geist des Herrn in der weiland Hoch-Edlen Frauen/ Frauen Johan[n]en Christinen/ gebohrnen Geierin/ Tit. Herrn Johann Ægidii Alemanns auff Schmiedeberg […] 1709ten Jahres […] in Dresden […] genommenen freudigen und seel. Ende/ […].“ Oder „Die Davidische Seelen-Beruhigung: Bey den am Sonntage Rogate Anno 1688 gehaltenen Leich-Begängnis Des im Herrn am 8. Maji selbiges Jahres selig-entschlaffenen Herrn Johann Schapers/ I.U. Licentiati, Churfürstlichen Brandenburgischen Cammer-Gerichts-Advocati […].“ Vgl. Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin.  Staubach, N. (1990, 340 f.) erklärt dieses Phänomen: „Da das Dienstverhältnis des Königs durch einen Status eigenen Rechts abgelöst ist, hindert schließlich nichts daran, den Apparat christlicher Herrscherdarstellung durch Entlehnungen aus der antiken Götter-, Heroen- und Kaiserwelt zu ersetzen oder zu ergänzen – eine Mode, von der höfische Repräsentationswesen der neuzeitlichen Monarchien in Bildkunst, Architektur, Dichtung, Musik, Theater und Zeremoniell auf breiter Front erfaßt und gepräge worden ist […].“  Vgl.Weber-Möckl, A. (1986, 63): „Es gab im 17. Jahrhundert keinen Fürsten, der sich nicht gerne mit Salomo oder David vergleichen ließ, um so die Reihen der großen Könige des Alten Testaments fortzusetzen. Aber gleichzeitig trat er bei höfischen Festen als neuer Apoll, als Sol oder als Zeus auf.“  Insbesondere Louis XIII. stellte sich gerne als „nouvel Alexandre“ dar, dazu Terrien, M.-P. (2009, 43 f.), ferner aber auch der Niederländisch-Englische König Stadtholder-King Willem III.,

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

329

Caesar. Von den mythologischen Figuren wurde insbesondere Herkules⁹⁴ sehr oft zur Identifikation herangezogen und teilweise wurde auch eine genealogische Verbindung zu ihm festgehalten.⁹⁵ Schliesslich konnten aber auch Götter der Identifikation dienen. Unter ihnen waren besonders Mars und Apollon beliebt.⁹⁶ Und nicht zuletzt wurden auch die biblischen Könige Salomo und David als

der sich im Hampton Court Palace als Alexander der Grosse darstellen lässt (King’s Staircase, 1701 von Anonio Verrio gemalt). Vgl. van Raaij, S. / Spies, P. (1988, 70.73). Vgl. zudem Krummen, E. (2004, 213): „Wie Alexander die grausamen Perser, so werden also die Fürsten und Könige in seiner Nachfolge die Türken besiegen und ihr Reich weit in den Osten ausdehnen, und wie Alexander die griechische, so werden sie die christlich-abendländische Kultur nach Osten tragen.“  Die Herkules-Tradition ist bereits sehr gut erforscht, vgl. beispielsweise Oettermann, S. / Kray, R. (1994). Herkules wurde nicht durchweg als positive Figur verstanden, sondern stand „am Scheideweg zwischen Tugend und Laster“ – vgl. dazu das programmatische Werk von Panofsky, E. (1930) sowie in jüngerer Zeit ausführlich zu Herkules Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 122– 124); Orgel, S. (1984, 25 – 35); Sparn, W. (1984, 73 – 107); Warnke, M. (1987, 431); Tietz, M. (2004, 380.388 – 392) u. a. Sowohl die Habsburger, etwa Karl V., Philipp II. – siehe Édouard, S. (2005, 41– 46.97– 100); Jorzick, R. (1998, 244); Schrader, L. (1984, 49 – 71) – und Maximilian I. von Bayern – siehe Kraus, A. (1991, 15) – als auch François I. Herzog von Anjou mit dem Beinamen „Hercule de Valois“, Louis XIII., Louis XIV. und Cardinal Richelieu identifizierten sich mit Herkules. Vgl. zur Verwendung mythologischer Darstellungen am französischen Hof von Henri IV. und Louis XIII. ausführlich Bardon, F. (1974). Aber nicht nur im Habsburgischen Herrscherhaus und in Frankreich identifizierte man sich gerne mit dem antiken Helden. Das Herkules-Motiv spielte bereits bei Martin Luther – siehe Sparn, W. (1984, 74): „Als Hercules Germanicus schwingt Luther in einem Holzschnitt von Hans Holbein d. J. (1520) die Keule und als Befreier aus der papistischen Knechtschaft tritt er in der Federzeichnung von Peter Vischer d. J. (1524) auf“ –, beim Pfalzgraf Ottheinrich – siehe Hubach, H. (2002, 237– 244) –, Julius, Herzog von Braunschweig-Lüneburg – siehe Deufert, D. (2011, 181 f.) –, Alexander Farnese – siehe Édouard, S. (2005, 172– 174) –, oder im Bildprogramm des Huis ten Bosch von Frederik Hendrik und später bei Willem III. von Oranien eine Rolle. Vgl. dazu Mörke, O. (1997a, 248).Vgl. ausführlich zur Ikonografie des Oranjezaal Huis ten Bosch PeterRaupp, H. (1980). Zur Darstellung von Willem III. als Herkules im Hampton Court Palace siehe van Raaij, S. / Spies, P. (1988, 67– 70).  „Ein lebhaft diskutiertes Thema war allerdings in Wien die Verankerung der Autorität und Würde der Dynastie in der Geschichte. Die ‚dynastische Legende‛ […], die vordem Trojaner und Römer in den Kreis der Ahnen des Hauses Österreich einbezogen hatte, konzentriert sich jetzt, unter dem Einfluss der Anfänge kritischer Geschichtswissenschaft, auf die Abkunft von Karl dem Grossen“, so Kraus, A. (1991, 22). Insofern dürfte Romulus vielleicht auf eine genealogische Abstammung anspielen, während David eher ideologisches Vorbild war. Insgesamt bildeten aber vermutlich alle Herrscher, Philosophen und Staatsmänner „sozusagen die ‚Ahnenreihe‘ des Fürsten oder des habsburgerischen Kaiserhauses, dem sich der Fürst verpflichtet fühlt“ – so Krummen, E. (2004, 231).  Beispielsweise Leopold I., dazu Zeller, R. (2004, 69 – 91). Vgl. zudem Polleross, F. (1995, 232– 241).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Vorbilder verwendet.⁹⁷ Im Hinblick auf David lassen sich dabei grob vier verschiedene Typen ausmachen, mit denen Herrscher verglichen wurden oder sich selbst damit identifizierten.

1.2.1. Der heldenhafte Hirtenjunge, der den übermächtigen Goliat besiegt⁹⁸ Der siegreiche David findet sich in der Reihe der neuf preux, die „die höfische Ritterlichkeit in einer Reihe von Helden exemplifizierte“⁹⁹ und sich aus einer Dreiergruppe von Helden aus Antike, Altem und Neuen Testament zusammensetzte. Er wird mit Simson, aber auch mit Herkules – „der Heiden David“, ¹⁰⁰ wie Luther ihn bezeichnete – verglichen. Cornelius à Lapide zieht in seinen Commentaria in Scriptura Sacra mit Verweis auf Augustin Parallelen zwischen David und Christus sowie zwischen Goliat und dem Bösen schlechthin. Goliat kann je nach Perspektive für die unterschiedlichsten Mächte und Feinde stehen, militärisch beispielsweise für die Türken, religiös aber auch für die Katholiken. Rudolf II. (1552– 1612) wurde im Schriftmusterbuch von Georg Bocskay¹⁰¹ mit dem über Goliat siegenden David in Verbindung gebracht: Der christliche Kaiser besiegte die Übermacht der Türken bei Kulpa, so, wie David mit Gottes Hilfe über den Riesen Goliat siegte.¹⁰² Auch Karl V. (1500 – 1558) wurde mit dem heldenhaften David gleichgesetzt.¹⁰³ Mit diesem David identifizierte sich jedoch nicht nur die habsburgische Dynastie, sondern auch Louis XIII. in Frankreich.¹⁰⁴ Von den protes-

 Vgl. Weber-Möckl, A. (1986, 8) und Polleross, F. (1988, 100 – 111).  Vgl. ausführlich zur Rezeption von 1Sam 17 Nitsche, S. A. (1997).  Becker, J. (2004, 339). Vgl. zudem Polleross, F. (1991, 89 – 90). Mehr dazu in Kapitel C. 3.5.  Vgl. Sparn, W. (1984, 78): „Als ein solcher ‚Wundermann‘, wie Luther es nennt, ist der Heide Herkules dem Israeliten David ebenbürtig: ‚Denn solch hohe Fürstliche tugent beweisen (es sey David oder Hercules), da gehöret Gottes Treiben zu.‘ So ist Herkules auch für die Christen wichtig, zwar nicht als Tugendbeispiel, da von Gott gelehrt und begabt zu sein, sich nicht nachahmen läßt, wohl aber als Beispiel für Gottes Wirken im weltlichen Regiment.“  Georg Bocskay, Wien, Kunsthistorisches Museum, Sgl. für Plastik und Kunstgewerbe, Inv.Nr. 975, fol. 86.  Vgl. Wilberg Vignau-Schuurman, T. A. G. (1969a, 72).  Vgl. Édouard, S. (2005, 248): „La figure héroïque de David renvoie à celle de l’empereur Charles Quint dont les aspirations messianiques confortent le providentialisme de la Maison d’Autriche.“ Ausführlich dazu Édouard, S. (2005, 244– 252). Vgl. auch Kapitel C. 2.2.1.  Vgl. Terrien, M.-P. (2009, 67), die hier Benjamin Vignier, Le combat de David contre Goliath. Au roy tres-chrestien Louis le Juste, 1618, zitiert: „Toutes ses (Louis XIII) actions ont toujours été accompagnées d’une si entière piété, que nous le pouvons dire à bon droict [sic] successeur de David, valeureux Gedeon, sage Salomon, et le restaurateur des Églises démolies et ruinées par l’impieté de l’hérésie.“ Vgl. zudem das Gemälde von Louis XIV, König David spielt die Harfe, Domenico

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

331

tantischen Herrschern wird zum Beispiel Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg (1528 – 1589) im Paneygricum Carmen von Matthias Bergius zunächst mit dem Goliatbesieger David verglichen.¹⁰⁵ Wie David Goliat besiegt hat, so habe auch Julius den Kampf gegen den Katholizismus gewonnen, obgleich dieser Gegner ungleich mächtiger war:¹⁰⁶ „Qui, ueluti iuuenis populis laetantibus olim | Isaides rudibus saxis et simplice funda | Explicuit saeuum diuino Marte Goliam: | Barbariem elides nostris in finibus omnem“ (Z. 437– 440).¹⁰⁷ Grundsätzlich wird die Erzählung aus 1Sam 17 nicht nur zur Legitimation des Kampfes gegen die Feinde, sondern auch zur Motivation des Widerstandes verwendet.¹⁰⁸ In diesem Sinn wurde Prinz Willem von Oranien in der Schrift Triumphante Incompost (1579) mit dem über Goliat siegenden David in Zusammenhang gebracht.¹⁰⁹ Sein Nachfolger Frederik Hendrik (1584 – 1647) liess sich in einem Gemälde von Jacob Gerristz. Cuyp (1630) im Rathaus in s’Hertogenbosch als siegreicher David dargestellen (Abb. 1.1.).¹¹⁰ Die Identifikation mit David war insofern mit dem konstitutionellen Rahmen der Republik vereinbar, als dies die Oranier als Könige und Heroen präsentierte und ihnen die Rolle der Autorität des Staatsschützers zukommen liess, ihnen jedoch nicht die Macht eines Monarchen zuschrieb.¹¹¹

Zampieri, bekannt als Domenichino, Öl auf Leinwand, ca. 1620,Versailles, National Museum of the Palaces of Versailles and Trianon. Vgl. Milovanovic, N. / Maral, A. (2009, 235).  Mehr dazu in Kapitel C. 2.2.2.  Deufert, D. (2011, 184).  Zitiert nach Deufert, D. (2011, 184).  Vgl. ausführlich dazu Nitsche, S. A. (1997, 320 – 322).  Vgl. Declaration van die triumphante Incompst van den doorluchtighen ende hoogheboren Prince van Oraignien binnen die princelijcke Stadt van Brussele, door Jehan Paptista Houwaert, Antwerpen 1579: „Sowie David durch die Kraft Gottes Goliath besiegte und so den Israeliten ermöglichte, in Frieden weiterzuleben, und nach seinem Sieg von den Frauen und Mädchen bejubelt wurde – so erhoffen die Einwohner von Brüssel vom Prinzen von Oranien bei seiner Joyeuse Entrée ebenso Ruhe und Frieden.“ In der Übersetzung von Wilberg Vignau-Schuurman, T. A. G. (1969b, 34).  Vgl. de Beer, G. (1994d, 272); Huiskamp, M. (1994, 147); Nitsche, S. A. (1997, 285 – 288).  Vgl. zur Verbindung des Deutungsrasters von König und Heros Mörke, O. (1997a, 228). Vgl. Sigal-Klagsbald, L. (2007, 259): „Dans les Provinces-Unies, des chansons et des poèmes identifièrent aussitôt le prince comme ‚le nouveau David‘ tandis que les Espagnols se voyaient assimilés aux Philistines et leur maître à la figure honnie de Goliath.“ Vgl. ebenfalls Nadler, S. (2003, 97).

332

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

1.2.2. Der Harfe spielende David Auch das Bild des Musikers und Orpheus¹¹² David wird von Herrschern gern verwendet. Dieses ist grundsätzlich stärker von den Psalmen her beeinflusst und hat mit den Erzählungen in den Samuelbüchern wenig zu tun, insofern nie davon die Rede ist, dass David während seiner Zeit als König Harfe spielte.¹¹³ Andrew Marvell verherrlichte Oliver Cromwell in mehreren Gedichten als „a political and cosmic ‚musician‘“¹¹⁴ und rückt ihn in die Nähe Davids. „Herzog Anton Ulrich von Braunschweig und Lüneburg kam im 17. Jahrhundert einer idealen Verwirklichung am weitesten entgegen. Er, der 1667 David als den ‚König der Propheten‘ und ‚Gottes liebster Liebhaber‘ pries, verstand sich expressis verbis als ‚Davids frommen Nachkommen und Zeptererben‘.“¹¹⁵ Er nahm demzufolge die Aufgabe, „Gott mit Gesang und Klang zu ehren“ wörtlich und publizierte in Nürnberg ein Werk Himmlischen Lieder und Christfürstliches David-Harpfen-Spiel. ¹¹⁶ Auch Erzherzog Leopold Wilhelm (1614– 1662) soll auf König David anspielend über seinen Bruder gesagt haben: „Er stützte sein Szepter auf Leier und Schwert.“¹¹⁷ In der Tat komponierte Kaiser Ferdinand III. (1608 – 1657) viele musikalische Kirchenwerke, 170 Stücke vokaler Kammermusik, Oratorien, Messen, Schauspielmusiken und Tänze.¹¹⁸ Während David Herrscher und Sänger in einem war, wurde dies später auf zwei Repräsentanten, den Fürsten und seinen Kapellmeister, aufgeteilt, „die zur bestmöglichen Nacheiferung des gemeinsamen Vorbildes ergänzend aufeinander angewiesen waren“.¹¹⁹ So war es etwa bei Heinrich Schütz (1584– 1672) und

 Mehr zu Orpheus in Kapitel C. 2.2.4. Willem III. präsentierte sich beispielsweise als harfenspielender Orpheus. Vgl. dazu Nürnberger, K. (2003, 193 und Tafel XXV). Im Freskenzyklus von Pellegrino Tirobaldi im Grossen Bibliotheksaal im El Escorial wird unter dem Thema der Musik sowohl Orpheus als auch der Harfe spielende David dargestellt.Vgl.von der Osten-Sacken, C. (1979, 291).  Vgl. etwa das Werk von Franciscus Gomarus (1563 – 1641), Davidis lyra: seu nova hebræa S. Scripturæ poetica, canonibus suis descritpa, Et exemplis sacris, & Pindari ac Sophoclis parallelis, demonstrata: cum selectorum Davidis, Salomonis, Ieremiæ, Mosis, & Iobi poëmata analysis poëtica, Leiden, 1637. Ausführlich auch Athanasius Kircher (1602– 1680), mehr dazu bei Miletto, G. (2004, 171).  Mazzeo, J. A. (1964, 195).  Salmen, W. (1995, 11). In einem Kupferstich zu Joachim Lüttkemanns Harpffe von Zehen Seyten (1658) ist Herzog August von Braunschweig-Lüneburg als psalmodierender David dargestellt. Vgl. Polleross, F. (1995, 244). Vgl. zudem Gijsbert Jansz. Sibilla, Das Dankgebet Davids, Sammlung Hans Klenk, Zürich.  Vgl. Salmen, W. (1995, 11).  Vgl. Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 64). Vgl. Polleross, F. (1991, 91).  Vgl. Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 65 f.).  Salmen, W. (1995, 12).

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

333

dem Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585 – 1656). Gerade bei bildlichen Darstellungen des Harfe spielenden David fällt die starke Kontextualisierung auf: David wird im Ambiente des 17. Jahrhunderts präsentiert.¹²⁰

1.2.3. Der büssende David Während bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert eschatologische Herrschererwartungen formuliert und die Hoffnungen auf einen „neuen David“ gesetzt wurden,¹²¹ wurde im 17. Jahrhundert vermehrt ein realpolitischer Vergleich zwischen dem alttestamentlichen König und dem aktuellen Herrscher gezogen. Bei seiner Demission, dem Rückzug in die Nähe des Hieronymitenklosters Yuste, und seiner Einsicht, Fehler begangen zu haben, wurde Karl V. oft mit dem büssenden David gleichgesetzt.¹²² In England identifizierten sich Elisabeth I., James I.,¹²³ Charles I., aber auch weniger bedeutende Personen wie John Winthrop u. a. mit diesem Davidtypus.¹²⁴ Kaiser Ferdinand II. (1578 – 1637) wurde in zeitgenössischen Quellen expressis verbis als „un altro David“ und „als Reinkarnation des biblischen Königs“¹²⁵ angesehen. Auf einem Gemälde des Schlosses Preßburg wird er  Vgl. The Illustrated Bartsch 7001.110 S1 f. Grafik von Johan Sadeler I, nach einer unbekannten Zeichnung von Joos van Winghe. Vgl. zudem: David spielt die Harfe, Kaltnadel, 14,8 x 18,0 cm, Niederländisch, 1650 – 1669, British Museum, London, Inv.-Nr. 1853,1008.78.Vgl. zudem Knipping, J. B. (1974, 176.213).  Vgl. Édouard, S. (2005, 105 f.): „Les prophéties établissaient une correspondance entre le Christ Messie qualifié de Nouveau David, et un troisième David, nouveau messie inaugurateur du millenium de l’Esprit. Il s’agit là d’un thème fréquent de la Renaissance italienne, utilisé par Charles VIII dans son entreprise napolitaine et par Ferdinand le Catholique.“  Mehr dazu in Kapitel C. 2.2.1.  Beispielsweise bezeichnete Lancelot Andrewes in seinem ersten Gowry-Sermon (1607) James I. als novus David. Vgl. ausführlich dazu Metzger, H.-D. (1998, 407 f.).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 406).  Polleross, F. B. (1995, 234). Kardinal Giovanni Battista Pallotto schrieb an Papst Urban VIII., dass Ferdinand II. „a holy prince, a man according to the heart and will of God, as was King David, because of the candor of his conscience and the certainty of his confidence in God“ sei.Vgl. Status Particularis regiminis S. C. Majestatis Ferdinandi II, Leiden, 1637, p. 39 – 41, in der Übersetzung von Bireley, R. (1981, 127). In der Biografie „Ferdinandi II. Romanorvm Imperatoris Virtvtes A P. R. Gvilielmo Germæo de Lamormaini, Belga-Lucemburgico Arduennate, Societas Jesv, Antwerpen 1638“ wird Ferdinand mehrmals mit David verglichen, beispielsweise: „Ferdinandus Imerij, Romanorum, & multarum Prouinciarum negotiis distentus, tot bellorum curis implicatus, nouus Dauid, penèsepties, quandoque etiam sepiùs, in die laudem dixit Deo“ (ohne Seitenangabe) oder p. 83: „Hæc cùm confirmasset Cósessarius, addidit, ex iis ipsis, qui laudantur, aliquos post præclarè gesta elatos superbiâ corruisse, grauissimum instare pericu[84]lum piis Regibus à superbiâ, illis timendū esse naufragium in portu magis, quàm in mari; saluâ naue, quàm fractâ:

334

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

vor einem Kruzifix kniend gemeinsam mit David im Hintergrund in der Nachfolge des biblischen Vorbildes gemalt (Abb. 1.2.). Schliesslich malte Anthony van Dyck (1599 – 1641) mehrere Gemälde, in denen die Jungfrau Maria beziehungsweise Christus von Sündern verehrt wurden: Neben Maria Magdalena und dem verlorenen Sohn ist dies auch König David.¹²⁶ Zahlreiche Predigten zu den sieben Busspsalmen des königlichen Propheten David ermahnen zudem die Regenten, es David gleich zu tun.¹²⁷

1.2.4. Der bedrohte und gefährdete David Als viertes und letztes identifizierten sich Herrscher mit dem leidenden und „bedrohten“ David, also dem David, der sowohl von seinem Vorgänger Saul als auch von seinem eigenen Sohn Absalom verfolgt, vom Volk mit Steinen beworfen und von Gott hart bestraft wird. Positiv gewendet wird in diesem Zusammenhang von Davids vorbildhaftem Gottvertrauen gesprochen. So schrieb etwa P. Wilhelm Lamormaini an Albrecht von Wallenstein: „In hanc rem a Deo Ci. V. preror sapientiam Josue, Gedeonis gladium, Judae Machabaei fortitudinem ac pietatem, Davidis, Viri Bellatoris et secundum Cor Dei, spiritum et fiduciam in Deum, Constantini Magni Religionem ac Zelum ac Labarum.“¹²⁸ Und hin und wieder – etwa in der Philosophia Practica von Jacques de Zetter, 1616 – wird festgehalten, dass David zwar Bär, Löwe und auch Goliat getötet hat, aber den Hass und Spott von Saul und Schimi ertragen musste („Den Löwen, Bern, vnd Goliath. / Dauit der

meriò experientiâ edoctū inclamasse Dauidem: Non veniat mihi pes superbiæ. Ad hæc Imperator: Spero fore, vt me hoc discrimine eximat Deus. Vbi primùm prosperè aliquid euenisse nuntiatur, flextogenua: Deo gratias ago: eius id opus esse profiteer, non meum.“  Vgl. Barnes, S. J. / de Poorter, N. / Millar, O. / Vey, H. (2004, 256 f.).  Vgl. beispielsweise „PŒNTALIA DAVIDICA, Die Sieben Bußpsalmen deß königlichen Propheten Davides / in unterschidenen Predigten erkäret und außgeleget / Sampt beygesägten Lehren / Unterricht / Trost / Straff / Ermahn= und Warnung / Auch allerhand Secktirischer Irrthumben Widerlegung / auß Grund heiliger Göttlicher Schrifft / und Zeugnüssen der Alten Kirchen Vätern / mit fleiss zusammen getragen. Diebevor gehalten zu Ulm im Münster / nunmehr aber auff Begehren in offenen Truck gegeben / durch Cunrad Dieterich […] Gedruckt zu Lübeck / bey und invorlegung Samuel Jauchen Buchhändlern. Anno Christi M. DC. XXIV.“; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. Xb 165.  Zitiert nach von Beda Franziskus Dudík,Waldstein von seiner Enthebung bis zur abermaligen Uebernahme des Armee-Ober-Commando,Wien, 1858.Vgl. Bireley, R. (1981, 182), „In a New Year’s greeting, Lamormaini wished him ‘the wisdom of Joshua, the sword of Gideon, the bravery and piety of Judas Maccabaeus, the spirit and trust in God of David, both a man of war and according to the heart of God, the religion, the zeal, the standard (Labarum) of Constantine the Great.’“

1.2. Der bedrohte David als Identifikationsfigur?

335

Held erleget hat; / Dem König Sauln vnd Simej / Verschonet er,vnd dultet sie“) (vgl. Abb. 1.3.). Die Rezeption des Motivs des bedrohten Davids wird in den folgenden Kapiteln näher untersucht. Vorweggenommen sei hier lediglich der Verweis auf den historischen Kontext: Das Bild des Herrschers, der Aufstände im Innern und Kriege im Äussern wie David tugendhaft meisterte und Schicksalsschläge gelassen ertrug, entsprach, wie oben bereits erwähnt, einem weit verbreiteten Ideal.¹²⁹ Seinen Ursprung hatte diese Idealisierung jedoch in einer für viele Herrscher zur Zeit der Konfessionalisierung und Gegenreformation spürbaren realen Gefahr.¹³⁰ Dies lässt sich anhand zahlreicher historischer Ereignisse belegen: Am deutlichsten wird die Bedrohung der Monarchie vermutlich an der Geschichte der Herrscher in England im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert: Am 30. Januar 1649 bestieg Charles I. das Schafott.¹³¹ Sein Sohn Charles II. (1630 – 1685) flüchtete in die Niederlande und kehrte erst am 29. Mai 1660 aus dem Exil zurück. Beide Daten, der Tag des Endes der Monarchie am 30. Januar und die Restauration am 29. Mai, wurden zu Feiertagen, zu denen zahlreiche Predigten erhalten sind.¹³² Die Restauration gestaltete sich für Charles II. keineswegs einfach. Es kam zwischen 1679 – 1681 zu einer Thronfolgekrise (Exclusion Crisis), und im Frühjahr 1683 entging er nur knapp einem Mordanschlag bei Rye House in Hertfordshire, woraufhin es zu zahlreichen Hinrichtungen kam.¹³³ 1685 schlug James II., der Nachfolger von Charles II., einen Aufstand von James Scott von Monmouth erfolgreich nieder. Nur wenig später marschierte Willem III. von Oranien unter dem Vorwand, die protestantische Religion zu bewahren und Recht und Gesetz wiederherzustellen, in England ein, und James II. musste aus London fliehen.¹³⁴ Die Herrschaft Willems II.von Oranien blieb jedoch umstritten. 1696 verübten Jakobiten einen Anschlag auf ihn.¹³⁵

 Der päpstliche Richter Traiano Boccalini (1556 – 1613) malt in seiner La Bilancia politica (1678) ein düsteres Bild und sieht den Regenten generell als Leidenden: „Wer in mittlerer Glückslage geboren ist, kann Ungemach und Armut ertragen, aber die Fürsten sind gezwungen, den bittersten Kelch zu trinken und das Äußerste von Schlimmem und Guten zu erfahren.“ Zitiert nach Becker, U. (2009, 19).  Vgl. von Friedeburg, R. (2004).  Vgl. Corns, T. N. (1999); Pietsch, A. (2007, 333 f.); Burgess, G. (2004, 212– 236).  Siehe beispielsweise: „Usurpation defeated, and David restored being an exact parallel between David and our most Gracious Soveraign King Charls II. In their dangerous dissettlement, and wonderfull restauration. Laid open in a sermon on II Sam. XIX. 14. Preached on the publique solemn day of thanksgiving, May 24 1660 in the Collegiate Church of Manchester in the county palatine of Lancaster. By Henry Newcome Master in Arts, and minister of the Gospel there.“ Benutztes Exemplar Bodleian Library, Oxford, Sign. G.Pamph. 1034 (1).  Vgl. Nürnberger, K. (2003, 40). Mehr dazu weiter unten.  Vgl. Nürnberger, K. (2003, 43 – 75).

336

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Auch im Heiligen Römischen Reich war die Situation für Herrscher im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert nicht besser. Zahlreiche Kurfürsten mussten aus konfessionellen Gründen ins Exil, so beispielsweise Ottheinrich von der Pfalz (1502– 1559). Auch das Kaiserhaus blieb nicht verschont. Die Wahl Kaiser Ferdinands II. war höchst umstritten. Friedrich V. von der Pfalz (1596 – 1632) wurde 1619 kurze Zeit König von Böhmen (sogenannter Winterkönig), bevor er von Kaiser Ferdinand in der Schlacht am Weissen Berg vertrieben und ab 1621 zusammen mit seiner Frau Elizabeth Stuart (1596 – 1661) und seinen Kindern in Den Haag im Exil lebte.¹³⁶ Schliesslich wurde General Albrecht von Wallenstein 1634 unter dem Vorwand des Hochverrates am Kaiser ermordet.¹³⁷ Auch in Frankreich kam es mehrfach zu einem unrühmlichen Ende der Könige:¹³⁸ Henri III. (1551– 1589) wurde 1589 von Jacques Clément, einem Dominikanermönch, ermordet. Damit ging der Thron an das Haus der Bourbon. Henri IV. von Navarra (1553 – 1610) liess Henri I. de Lorraine, Herzog von Guise (1550 – 1588),¹³⁹ von seinen Leibwachen umbringen und fiel 1610 selbst einem Attentat zum Opfer.¹⁴⁰ Das Gemälde zur Apotheose Henris IV. und zur Proklamation der Regentschaft Maria de Medicis in einem Zyklus von Peter Paul Rubens thematisiert dieses Ereignis.¹⁴¹ Auch Maria de Medici musste aus Frankreich fliehen und starb in der Emigration in Köln; dieses Ereignis hat Rubens festgehalten.¹⁴² Sowohl Frankreich als auch Spanien kannten im 17. Jahrhundert grosse finanzielle Not und erlebten immer wieder Aufstände der Aristokratie gegen die Krone, während ein schwacher König von einem Favoriten – Richelieu beziehungsweise Olivares – beherrscht wurde.¹⁴³ In den Niederlanden stand Willem von Oranien (1533 – 1584) zwischen dem Milieu protestantischer Reichsfürsten und dem katholischen Souverän, Philipp II. (1527– 1598), dem er gerecht werden musste.¹⁴⁴ 1567 ging er ins Exil nach Dil-

 Vgl. Nürnberger, K. (2003, 201 f.).  Vgl. Kapitel C. 3.4.1. Vgl. zudem Keblusek, M. (1997, 48).  Mehr dazu in Kapitel C. 3.4.1.  Vgl. Greengrass, M. (2004, 176 – 192); Bély, L. (2004, 195 – 211).  Diese Szene ist etwa auch in Schloss Eggenberg, Gelbes Zimmer, Zimmer 11, dargestellt.  Vgl. Pietsch, A. (2007, 334).  Vgl. Gaehtgens, B. (2004, 182 f.).  Vgl. Heynen, J. (1977, 112– 119). Dazu Heynen, J. (1977, 124): „die nachfolgende Szene, Marias Flucht aus Blois […], war einer der Tiefpunkte ihrer Karriere. Rubens’ Schilderung dieser nächtlichen Flucht versteht es jedoch, auch diesem Ereignis die Banalität des wirklichen Geschehens zu nehmen.“  Vgl. Béhar, R. (2004, 404).  Vgl. dazu Mörke, O. (2007, 89).

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

337

lenburg,¹⁴⁵ 1580 wurde er von Philipp II. geächtet und am 10. Juli 1584 erschossen.¹⁴⁶ In Geusenliedern wurde er mit David identifiziert, der vor Saul flieht. Bekanntestes Beispiel „ist natürlich folgende Passage aus dem Wilhelmus: ‚Wie David mußte flüchten/vor Saul, dem Tyrannen, so mußte ich seufzen/Mit manchem Edelmann“.¹⁴⁷ Auch Philipp II. selbst war keineswegs in seiner Herrschaft unangefochten. Nach dem Konflikt zwischen Don Carlos und seinem Vater Philipp II.¹⁴⁸ kam es in Spanien zu weiteren Schwierigkeiten rund um die Thronfolge. Im 17. Jahrhundert regierten mit Philipp III. (1578 – 1621), Philipp IV. (1605 – 1665) und Karl II. (1661– 1700) Herrscher, die das Land ins wirtschaftliche und politische Chaos führten.¹⁴⁹ Juan José de Austria (1629 – 1679), ein illegitimer Sohn Philipps IV., „wagte 1676, zu Beginn der Volljährigkeit Karls II., sogar den ersten spanischen Staatstreich, der allerdings nicht wirklich gelang“.¹⁵⁰ Nicht nur innenpolitisch, auch aussenpolitisch bestanden Gefahren für den Herrscher: So kam etwa Gustav II. Adolf von Schweden (1594– 1632) in der Schlacht bei Lützen ums Leben. Damit sind nur einige Beispiele genannt und der historische Hintergrund äusserst knapp zusammengefasst. Die tatsächliche „Bedrohung“ von Herrschern in der frühen Neuzeit bestand im Innern – in Aufständen durch das Volk, aber vor allem in Intrigen und Androhungen von Gewalt am Hof – und im Äussern – in Kriegen, Plünderungen, Belagergungen etc. Dass aus damaliger Sicht dem Herrscher bei Nicht-Einhalten seiner Pflichten oder beim Begehen schändlicher Taten auch eine dritte Gefahr in Form einer göttlichen Strafe angedroht wurde, wird im Folgenden gezeigt.

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik Das Motiv des bedrohten Herrschers aus den Samuelbüchern diente nicht nur dem Herrscher zur Identifikation mit David. Eine Reihe von Belegen zeigt, dass die Erzählungen in den Samuelbüchern (1Sam 16 – 1Kön 2) auch herangezogen wurden, um Missstände in der aktuellen Politik aufzuzeigen. Die Herrscher wurden an Davids Ideal gemessen, ihnen wurde aber auch Davids Sündhaftigkeit vor Augen gehalten. Verwendet wurden die Erzählungen von der „Bedrohung“ Davids aus den Samuelbüchern sowohl im Hinblick auf innen- wie auch aussenpolitische

     

Vgl. Mörke, O. (2007, 133 f.). Vgl. Kapitel C. 2.1. und Kapitel C. 4.1.2. Huiskamp, M. (1994, 146). Vgl. dazu Kapitel C. 2.1. Vgl. zusammenfassend bei Tietz, M. (2004, 371– 374) und Francke, A. C. (1993, 30). Tietz, M. (2004, 373).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Schwierigkeiten, Kriege und Unruhen, aber auch zum Tadel persönlicher Verfehlung und eines ausschweifenden Lebensstils. Ein immer wiederkehrendes Argument, das sich gleichermassen bei der reformatorischen, katholischen und anglikanischen Geistlichkeit findet, lautete: Wie die Propheten Natan und Gad David kritisierten, so sollen auch die Hofgeistlichen den Herrscher zur Rechenschaft ziehen. Nikolaus Selnecker (1530 – 1592), Hofprediger am kursächsischen Hof in Dresden unter Kurfürst August (1553 – 1589), schrieb 1563 eine Auslegung von Ps 101, in der er sich beklagt, dass die Fürsten nicht auf die Theologen hören wollen und Davids Sündhaftigkeit geradezu als Anlass nehmen, nicht auf Ermahnungen zu hören, indem sie angeblich sagen:¹⁵¹ „was gehet uns die Pafferey an? Wie? Wöllen uns das die Pfaffen wehren … David hat auff der Harpffen ein Tentzlein gemacht / und hat sich mit seiner Berseba erlüstiget / was fragen wir nach ihme?“¹⁵² Geradezu apologetisch verweist er auf Natan und rechtfertigt die Strafpredigten der Theologen, mit denen Fürsten öffentlich ins Gewissen geredet werden muss.¹⁵³ Auch in Polykarp Leysers d.Ä. (1552– 1610) vier Landtagspredigten über den 101. Psalm, die gedruckt wurden und als Fürstenspiegel von Bedeutung waren, nimmt das Verhältnis zwischen Hofprediger und Regent einen hohen Stellenwert ein.¹⁵⁴ Als Beispiel wird wiederum David herangezogen, der seinen Priestern und Propheten auch nicht vorschrieb, wie und was sie lehren und predigen sollten.¹⁵⁵ Dabei verweist Polykarp Leyser d.Ä. ebenfalls auf Natan, der David die Augen geöffnet habe.¹⁵⁶ Johann Arndt fordert in Postilla: Das ist: Außlegung und Erklärung der Evangelischen Texte, so durchs gantze Jahr (1616) Ob-

 Vgl. Sommer, W. (1988, 74– 104). Vgl. auch Sommer, W. (2006, 47– 61).  Nikolaus Selnecker, Psalterauslegung in drei Büchern, Nürnberg 1563/64, zitiert nach Sommer, W. (1988, 93).  Vgl. Sommer, W. (1988, 94 f.). Vgl. zudem Sommer, W. (1988, 92): „Hier formuliert Selnecker sein Anliegen, das von den Erfahrungen am Hof geprägt ist und für dessen Ausführung ihm der 101. Psalm eine willkommene Gelegenheit bietet: die Haltung der Fürsten gegenüber den Theologen, die Notwendigkeit der Strafpredigten und die Auseinandersetzung mit den gegen sie erhobenen Einwänden.“ Vgl. Sommer,W. (2006, 57 f.): „Orientiert an dem Vorbild Nathans vor David sollen die Strafpredigten nach Selnecker zu einer Einschärfung des Gewissens und zur Selbsteinsicht des Regenten führen.“  Vgl. Regenten Spiegel / Gepredigt aus dem CI. Psalm / des koͤeniglichen Propheten David / auffgehalte=nem Landtage zu Torgaw / dieses 1605. Jahres / im Iunio. […] Durch POLYCARPVM Leisern D. Mit Churf. Saͤchsicher Freyheit. […] In verlegung Abraham Lambergs, Leipzig 1605; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. A: 116 Pol. (2).  Vgl. Sommer, W. (1988, 127 f.).  Vgl. Sommer, W. (2006, 128).

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

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rigkeitskritik am Beispiel Natans gegenüber David.¹⁵⁷ Ähnlich sah sich auch der Jesuit Wilhelm Lamormaini (1570 – 1648), der Beichtvater Kaiser Ferdinands II., „both as a father to Ferdinand and as a prophet urging the interests of God with the emperor“.¹⁵⁸ Entsprechend gross war der Einfluss der Jesuiten auf den Kaiser, was nicht überall beliebt war.¹⁵⁹ In England übte Richard Barnard, Pfarrer von Batcombe, 1634 in einer Predigt Kritik am König „by the example of Nathan to David“,¹⁶⁰ ebenso auch Robert Creigthon 1667 in einer Rede an Charles II. Bereits James Melville (1556 – 1614) forderte während der Regierung von James I. von England mit Berufung auf die Bibel eine klare Machtbegrenzung des Königs, weil er nicht dem Vorbild Davids folge und sich an der Schrift vergreife wie einst Usa, der die Bundeslade angefasst hatte (2Sam 6).¹⁶¹ David Black, Pfarrer in St. Andrews, untermauerte 1596 den Anspruch auf Eigenständigkeit der Kirche. Er forderte, dass die Predigt keinen weltlichen Zwängen unterworfen und die Geistlichen in ihrer Amtsausübung Königen und Königreichen übergeordnet seien.¹⁶² Das Hauptargument der Streitigkeiten lag immer wieder auf dem Primat von regnum oder sacerdotium, der Machtverteilung zwischen weltlicher und geistlicher Macht, Fürst und Hofprediger.¹⁶³ Der Text aus 1Sam 8 wurde dabei von beiden Parteien verwendet, je nachdem, wie die Verwerfung der Institution des Königtums und das von Samuel dem Monarchen zugeschriebene „Königsrecht“ interpretiert wurden.¹⁶⁴ Nicht nur zwischen Adel und Klerus, weltlicher Obrigkeit und Gruppen der neuen Geistlichkeit, auch zwischen Herrschern und Untertanen, zwischen Landesherrschaft und Ständen kam es zu Konflikten um die Macht. Das Widerstandsrecht der Untertanen gegen die Herrscher wurde nicht selten mit Blick auf  Vgl. Sommer, W. (1988, 165 f.203). Vgl. zu den kulturkritischen Schriften von Veit Ludwig von Seckendorff und Ahasverus Fritsch am Hof Herzog Ernst des Frommen von Sachsen-Gotha-Altenburg (1640 – 1675) Ignasiak, D. (1995, 153– 161).  Bireley, R. (1981, 20). Mehr dazu in Kapitel C. 3.4.1.  Beispielsweise hat Caspar Schoppe (1576 – 1649) in seinem Werk Ars servandi animas Regum ac Principum die Herrscher zu „greater independence vis-à-vis their religious adviser“ ermutigt, „and it was clearly directed against Lamormaini“ – so Bireley, R. (1981, 116). Vgl. ausführlich zum Einfluss der Hofbeichtväter auf die Politik beispielsweise Bireley, R. (1990, 386 – 403); Reinhardt, N. (2009, 568 – 590) sowie Wendland, A. (2006, 143 – 158).  Zitiert nach Metzger, H.-D. (1998, 414 Anm. 64).  Vgl. Pečar, A. (2007a, 302).  Vgl. Pečar, A. (2007a, 303).  Vgl. Schorn-Schütte, L. (2004, 206 – 232) und Weber-Möckl, A. (1986, 102– 126).  Vgl. Pečar, A. (2007a, 307– 309); Schilling, L. (2007, 361 f.); Metzger, H.-D. (2003, 445 – 449); Metzger, H.-D. (2007, 383); Münkler, H. (1995, 125 f.); von Friedeburg, R. (1995, 175 – 198). Ausführlich dazu auch Weber-Möckl, A. (1986, 94– 190), die festhält, dass konfessionelle Unterschiede bei der Auslegung von 1Sam 8 in der frühen Neuzeit nur eine geringe Rolle spielten.

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

David begründet oder widerlegt. Besonders die sogenannten „Monarchomachen“ – politische Theoretiker im ausgehenden 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts – versuchten, die Rechte des Königtums durch theoretische Argumente einzugrenzen.¹⁶⁵ Unter anderem verteidigte Theodore Beza (1519 – 1605) die Revolte der Hugenotten gegen die katholische Monarchie mit Verweis auf David. Er forderte in seinem Du Droit des Magistrats (1575) die Obrigkeit auf, den Widerstand gegen den König zu leisten, wie David Krieger um sich gesammelt und Keila befestigt hatte.¹⁶⁶ Ein ähnlicher Gedanke findet sich auch bei dem oberösterreichischen Calvinisten Georg Erasmus von Tschernembl (1567– 1626), der in dem unveröffentlichten Manuskript De resistentia subditorum adversus Principem legitima ¹⁶⁷ die Lehre vom Widerstandsrecht des Volkes und seiner Repräsentanten gegen die Fürstengewalt vertrat.¹⁶⁸ „Tschernembl verfocht ausdrücklich die Theorie, Bündnisse und Unionen mit den Nachbarn seien eine legitime Waffe im Kampf gegen einen Fürsten, der einseitig den Herrschaftsvertrag mit seinen Untertanen gebrochen und die Freiheiten, Rechte und Gewohnheiten der Stände und des Landes verletzt habe und der seine Untertanen im Widerspruch zum Naturrecht in ihrem Gewissen bedrücke.“¹⁶⁹ Dabei verflocht er praktisch-politische Erfahrung und theoretische Reflexion, um die Regierungsübernahme Ferdinands II. um jeden Preis zu verhindern. Mit Ausnahme des Tyrannenmordes kam das gesamte in dem Traktat erwähnte Widerstandsrepertoire in den österreichischen Ländern zur Anwendung.¹⁷⁰ Während der Tyrannenmord in der Regel mit Verweis auf Davids Ver-

 Vgl. Weber-Möckl, A. (1986, 1115 – 119); Pečar, A. (2007a, 299); Reinhardt, N. (2007b, 285). Zu den Monarchomachen zählte etwa Stephanus Junius Brutus, Vindiciae contra Tyrannos (1579). Auch Juan de Mariana (1536 – 1624), ein den französischen Monachomarchen nahestehender katholischer Jesuit, hat in De Rege (1599), einem Fürstenspiegel für Philipp III., festgehalten, dass der Fürst seine Macht vom Volk,von freien Menschen erhalten hat und ihm diese Macht auch nicht bedingungslos übertragen worden ist. Entsprechend respektiere der gerechte Herrscher seine Ratgeber und akzeptiere ihren Ratschlag als veritatis radices, als bittere Wahrheit.  Dazu Metzger, H.-D. (2003, 458 – 460); Gosselin, E. A. (1976, 97– 109) und Gosselin, E. A. (21981, 65 f.).  HHStA Wien, Hs. Bl. 381, fol. 442– 469v.  Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 58 f.) und Strohmeyer, A. (2006, 137).  Winkelbauer, T. (2003a, 59). Vgl. auch Strohmeyer, A. (2006, 140 – 145).  Vgl. Strohmeyer, A. (2006, 60). Zu David und Saul äussert sich Georg Erasmus von Tschernembl auch in Consultationes Oder, Underschidliche Rathschläg/ Der maisten und wichtigsten sachen/ welche von Anfang der Böhemischen/ und andern folgenden Auffständ fürgangen/ unnd zu Werck gericht worden/ oder werden sollen: Von wort zu wort auss dem Original Protocol, so in der Haidelbergischen Cantzley gefunden worden […], 1624, p. 280; benutztes Exemplar Bayrische Staatsbibliothek, Sign. 4 Diss. 2685.

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

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schonung Sauls (1Sam 24 und 26) abgelehnt wird,¹⁷¹ gibt es – wenn auch wesentlich seltener – die umgekehrte Argumentation, wonach es einer Privatperson durchaus erlaubt sei, einen Herrscher zu beseitigen.¹⁷² Trotz aller Ähnlichkeit unterschieden sich die widerstandsrechtlichen Debatten, aber auch die konfessionellen Fronten und die rechts- und herrschaftsständische Gliederung des Gemeinwesens im Heiligen Römischen Reich und Frankreich deutlich von jenen in England und Schottland, wo der Untertanenwiderstand 1649 mit der Anklage und Enthauptung Charlesʼ I. einen Höhepunkt erreichte.¹⁷³ Im Vordergrund der parlamentarischen Argumentation stand hier der Verweis auf eine Notsituation, die Verteidigungsmassnahmen rechtfertigte.¹⁷⁴ Die David-Erzählungen „may well have been the central political myth of seventeenth century England.“¹⁷⁵ Entsprechend wurden sie immer wieder sowohl zur Herrscherlegitimation als auch zur Herrscherkritik beigezogen. Da im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts unmittelbare Kritik am gegenwärtigen Herrscher wegen des auch durch den Rechtsgrundsatz „the King can do no wrong“ geschützten arcanum, das besagt, dass der König nur Gott gegenüber rechenschaftspflichtig sei, nicht möglich war, wurde häufig auf die Figur Davids als Muster für königliches Handeln verwiesen.¹⁷⁶ „Zu den frühesten Bearbeitungen der Rebellion des Absalom (2 Sam. 13 – 18) im protestantischen England zählt die Verurteilung des Aufruhrs in Bischof John Hoopers Annotations on the Romans XIII (1551) – verfaßt nach Ketts Rebellion 1549 – sowie in der Homilie against Disobedience and Wylfull Rebellion von 1570, einer auf eine Anordnung der Königin in allen Kirchen Englands verlesenen Standardpredigt, die nach dem Aufstand der katholischen Magnaten der nördlichen Grafschaften 1569 verfaßt worden war.“¹⁷⁷ Dass die Machtverhältnisse aber schon da teilweise sehr unklar waren und die David-Er-

 Prominente Beispiele sind etwa die Reformatoren Philipp Melanchthon und Jean Calvin, aber auch Thomas Hobbes, Elementa Philosophiae, De homine, Kapitel 6, Abschnitt 12; Thomas Hobbes, Leviathan II, 20 oder Gottfried Wilhelm Leibniz, Theodizee, dritter Teil, Kapitel 16. Vgl. zudem Reinhardt, N. (2007b, 288 – 292). Mehr zur Kritik an diesem Exempel, wie David Saul schonte, bei Metzger, H.-D. (2003, 444.450 – 460).  Hierfür führt Juan de Marinana in De Rege (1599) nicht biblische, sondern Beispiele aus der griechisch-römischen Antike ins Feld. Vgl. Reinhardt, N. (2007b, 290). Vgl. mit Blick auf England auch Lacey, A. (2003, 181). Vgl. auch John Milton, Eikonoklastes, in der Ausgabe von Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 274).  Unter dem Eindruck dieser Ereignisse schrieb beispielsweise Andreas Gryphius (1616 – 1664) das Trauerspiel Ermordete Majestät oder Carolus Stuardus. Vgl. Beller, M. (1979, 97– 99).  Vgl. ausführlich dazu Strohmeyer, A. (2006, 340 f.). Zudem Asch, R. G. (2004, 123 – 148).  De Forest Lord, G. (1972, 177).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 394 f.).  Metzger, H.-D. (1998, 398).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

zählungen auch gegen das Königshaus verwendet werden konnten, zeigt sich in dem lateinischen Theaterstück Absalom (um 1540) in fünf Akten von Thomas Watson (1515 – 1584), das vermutlich Henry VIII. mit Absalom und den Papst mit David gleichsetzt. Die „puritanistischen Geistlichen William Greenhill, Herbert Palmer, Richard Vines, Joseph Caryl, Edmund Calamy sowie Walter Bridges griffen auf die Thematik zurück und unterstrichen in ihren Kanzelreden vor dem Parlament unermüdlich die durch die Bestrafung Absaloms belegte Pflicht des Königs wie auch des Parlaments, sich dem Willen Gottes zu unterwerfen und diejenigen unnachsichtig zur Rechenschaft zu ziehen, die sich gegen den Allmächtigen oder die gottgewollte Ordnung vergangen hätten.“¹⁷⁸ Queen Elisabeth I. sollte mit diesem Argument 1572 davon überzeugt werden, Maria Stuart hinrichten zu lassen.¹⁷⁹ Zudem mehrte sich die Forderung nach der Bestrafung der „Ahitofels des Königs“.¹⁸⁰ Das Thema vom Aufstand Absaloms behielt auch im 17. Jahrhundert bleibende Bedeutung und wurde auf neue politische Situationen übertragen. So verwendete Bischof Lancelot Andrewes 1608 in einem seiner insgesamt acht Gowry-Sermons – jeweils am 5. August, dem Jahrestag des Mordanschlags der Gebrüder Gowry auf King James I. 1600 in Perth, gehalten – die Erzählung vom Aufstand Absaloms. Darin vergleicht er das Handeln der Feinde des Königs, den Anabaptisten und Puritanern, mit jenem Absaloms.¹⁸¹ Wenige Jahre vorher erschien von George Peele The Love of King David and Fair Bethsabe, With the Tragedie of Absalom (1594 / 1602), das auf der Sünde Davids fokussiert.¹⁸² Neben Absalom wurde hin und wieder auch Ahitofel als negatives Beispiel herbeigezogen – etwa von Nathaniel Carpenter, Achitophel, or the Picture of a Wicked Politician (1627), der darin die arminianischen Bischöfe und neuen kirchlichen Ratgeber von Charles I. als Verführer des jungen Königs hinstellte.¹⁸³ 1638 erschien von Robert Aylett die Schrift Davids troubles remembered. A Poem, in dem die Bedrohung Davids und damit des Königs einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Auch während des Bürgerkriegs der 1640er Jahre war der Stoff beliebt, wie beispielsweise das anonyme Pamphlet Absalom’s Rebellion […] with some Observations upon the Severall Passages thereof.  Metzger, H.-D. (1998, 399 f.). Vgl. eine Auswahl der Predigten in Chandos, J. (1971).  Vgl. ausführlich dazu Metzger, H.-D. (2003, 439 – 441).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 401).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 399).  Vgl. de Bruyn, F. (1992, 13): „Peele’s treatment of the story differs from those of his contemporaries in its awareness of the moral ambiguity of the situation; his Absalom, rather than embracing David’s concubines, vehemently denounces them as symbols for the king’s lust, and the play ends not with the rebel’s eternal damnation but with a vision of his participation in heavenly bliss.“ Vgl. Roston, M. (1968, 100 – 109).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 400); McHenry, R. W. (1986, 255).

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

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Too fit a Patterne for the present Times, wherein to we are Fallen zeigt.¹⁸⁴ Im Zeichen royalistischer Propaganda stehen das von Leonard Lichfield 1645 in Oxford publizierte Werk Absaloms Rebellion und andere.¹⁸⁵ Das Werk Eikon Basilike (1649), das Charles I. seinem Henker überreicht haben soll, wurde ein grosser Erfolg und sofort in zahlreiche Sprachen übersetzt.¹⁸⁶ Es ist ein Gemisch aus „political memoir, apologia, spiritual autobiography, martyrology, hagiography, meditation, and Psalter“.¹⁸⁷ Alles in allem beinhaltet es eine ikonische Darstellung¹⁸⁸ des Leidens Charles I. „Identified with Job, King David, and the crucified Christ, Charles I is a figure of innocence afflicted and heroic suffering.“¹⁸⁹ Dabei wird betont, dass Charles I. David an Tugendhaftigkeit übertrifft.¹⁹⁰ Jahrzehnte später wurde Charles auch mit Saul gleichgesetzt (in: A birchen rod for Dr. Birch, 1694). Wie „the people of England invited his present Majesty to rescue them from property and slavery“¹⁹¹, so hätte auch David verteidigend seine Waffen gegen die bösen Absichten Sauls erhoben. John Milton (1608 – 1674) kritisiert in seinem Werk The Tenure of Kings and Magistrates (1649 / 1650), dass gewisse Leute behaupten, David hätte gemäss seiner eigenen Aussage (Ps 51) nur gegen Gott gesündigt, „as if David had imagin’d that to murder Uriah and adulterate his Wife, had bin no sinn against his Nighbour“.¹⁹² Er insistiert auf der Verantwortung des Herrschers nicht nur gegenüber

 Vgl. de Bruyn, F. (1992, 13); Metzger, H.-D. (1998, 399).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 399).  Vgl. ausführlich dazu Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 13 – 39).  Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 23).  Der Frontispiz erlangte grosse Bedeutung. Darin wird Charles I. in der Pose Davids die Psalmen lesend dargestellt. Der Vergleich mit David wird bereits in einer Schrift (The Life and Reign of King Charles, Or the Pseudo-Martyr discovered. With a late Reply to an Invective Remonstrance against the Parliament and present Government) von 1651 gezogen. Vgl. Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 27 f.292). Vgl. Lacey, A. (2003, 76 – 128).  Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 24). So findet sich in Eikon Basilike etwa die rhetorische Frage: „Is there no way left to make Me a glorious KING but by My sufferings.“ – zitiert nach der Ausgabe von Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 81). Schimi soll fluchen und Scheba aufrührerische Reden führen, doch dies alles wird nur zum Segen des Königs – Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 130). Mit Blick auf Absalom hält der Autor von Eikon Basilike fest, dass kein Sieg ohne Schmerzen und Kummer vollbracht worden sei – Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 152).Wie David nimmt Charles alle Schuld auf sich: „Let it I beseech thee be against me, and my Father’s house; as for these sheep, what have they done?“ – zitiert in der Ausgabe von Daems, J. / Nelson, H. F. (2006, 177).  Vgl. Lacey, A. (2003, 109): „Charles was more virtuous than David, more devout and constant than Solomon, more zealous than either Jehosaphat or Hezekiah and more patient than Job.“  Zitiert nach Lacey, A. (2003, 181).  Vgl. Complete Prose Works of John Milton in Hughes, M. Y. (1962, 205).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Gott, sondern auch gegenüber dem Volk. Ähnlich argumentiert John Milton auch in seinem Werk Eikonoklastes (1649), das sich gegen Eikon Basilike wendet. Nach der Hinrichtung Charlesʼ I. ging die Debatte um die Identifikation mit David erst richtig los. Vielleicht ist die Behauptung nicht zu hoch gegriffen, der revolutionäre Konflikt in England würde im Kampf um den Besitz des DavidMythos gespiegelt.¹⁹³ Sowohl Monarchiekritiker wie auch Monarchiebefürworter beriefen sich auf die biblische Geschichte.¹⁹⁴ Andrew Marvell (1621– 1678) rückt in seinen Gedichten The First Anniversary of the Government under His Highness The Lord Protector (1655) und A Poem on the Death of O.C. (1657) Oliver Cromwell mit einem typologischen Vergleich in die Nähe Davids.¹⁹⁵ Abraham Cowleys (1618 – 1667) Davideis, a Sacred Poem of the Troubles of David (unvollendetes Epos 1656) ist eine Verteidigung des Commonwealth gegen den Wunsch der Restauration der Monarchie und eine sehr vielschichtige Auslegung des biblischen Textes.¹⁹⁶ Das Epos beginnt nach einer längeren Einleitung mit Davids Flucht vor Saul. Diese bildet auch im zweiten und dritten Buch das Hauptthema. Das vierte und letzte der ursprünglich zwölf geplanten Bücher thematisiert vorwiegend die Königswahl (1Sam 8). Nicht zuletzt verwendete John Dryden das Beispiel des vertriebenen und wieder eingesetzten David in seinem Gedicht Astraea Redux (1660) als Modell für Charles II.¹⁹⁷ End- und Höhepunkt dieser Tradition zur Erzählung von Absalom war das satirische Gedicht von John Dryden Absalom and Achitophel (1681).¹⁹⁸

 So de Forest Lord, G. (1972, 177): „Perhaps it would not be too much to say that the essential struggle of this revolutionary century was reflected in the struggle for possession of the Davidic myth.“  Vgl. Huttar, C. A. / Frontain, R.-J. (1992, 184): „David’s refusal to slay Saul, the Lord’s anointed, and his character under persecution by Absalom became arguments for both sides in the 17thcent. Puritan-Royalist debates. Marvell attempted to legitimize Cromwell politically by investing him with qualities of the Davidic king […], while Dryden argued, in Absalom and Achitophel, for Stuart right to rule.“  Vgl. ausführlich dazu Mazzeo, J. A. (1964, 1193 – 208) sowie de Forest Lord, G. (1972, 176 – 185).  Roston, M. (1968, 176). Vgl. Pebworth, T.-L. (21981, 96 – 104).  Vgl. Astraea Redux, Z. 79 f.: „Thus banish’d David spent abroad his time, When to be God’s Anointed was his Crime.“ Zitiert nach de Forest Lord, G. (1972, 158). Vgl. de Forest Lord, G. (1972, 165): „The restoration of Charles II with ist archetypes of David’s return from exile and the investiture of Augustus as emperor, becomes Dryden’s central pattern for a long series of restoration.“  Schilling, B. N. (1961, 99 – 131). Vgl. die Interpretation des Werkes bei Zwicker, S. / Hirst, D. (1981, 47– 55); Metzger, H.-D. (1998, 396 – 398) u. a. Swindell, A. (2013, 218) hält zusammenfassend fest: „Dryden’s Absalom and Achitophel (1681) is a landmark in the ironic and polemical use of biblical rewriting, with Charles II as David determined to suppress his enemies, no matter how ruthlessly.“

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

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Dieses weicht jedoch – anders als die vorausgehenden literarischen Beispiele – deutlich vom biblischen Text ab.¹⁹⁹ Bei John Dryden wird die Revolte allein durch Davids Rede im Keim erstickt und der eigentliche Verführer Ahitofel schonungslos entlarvt, während der König den Mitläufern und auch Absalom Gnade gewährt.²⁰⁰ Das Gedicht endet mit „[t]he King’s bloodless victory“.²⁰¹ Es richtet sich gegen die Whig-Politiker (Popish Plot) während der sogenannten „Exclusion Crisis“,²⁰² die den katholische Thronfolger James Stuart, Herzog von York, aus dem Reich verbannen und den illegitimen Sohn von Charles II., James Scott, Herzog von Monmouth und Buccleuch (1649 – 1685) stattdessen auf den Thron heben wollten.²⁰³ Bereits ein Jahr vor John Drydens Absalom und Achitophel erschien eine anonyme Schrift, Absalom’s Conspiracy; Or, The Tragedy of Treason,²⁰⁴ versehen mit einer handschriftlichen zeitgenössischen Bemerkung: „Against the D[u]ke of Monmouth“. Auch in den von John Dryden verwendeten biblischen Figuren spiegeln sich zeitgenössische Politiker. So verbirgt sich beispielsweise hinter der Gestalt Ahitofels Anthony Ashley Cooper, Earl of Shaftesbury.²⁰⁵ Grundsätzlich

 Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 410): „Demgegenüber weicht Dryden wiederholt von der biblischen Vorlage ab.“  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 410): „Am stärksten sticht ins Auge, daß der Königssohn in seiner Version der Verschwörung Absaloms gegen David keiner Strafe zugeführt wird.“  De Forest Lord, G. (1972, 186). Erst James II. verhängte 1685 nach einem erfolglosen Aufstand von James Scott von Monmouth das Todesurteil über ihn und liess ihn öffentlich hinrichten.  Am 25. Mai 1660 kam Charles II. in Dover an und zog in einem Triumphzug nach London ein. Doch die Restauration gestaltete sich nicht einfach: Nach Pest (1665) und einem verheerenden Stadtbrand (1666) in London sowie der Medway-Niederlage gegen die niederländische Flotte war Charles II. auf dem Tiefpunkt angelangt. Eine weitere Niederlage erlitt Charles II., als sein Bruder James, der potentielle Thronfolger, öffentlich zum Katholizismus konvertierte. Als 1678 Gerüchte über ein jesuitisches Komplott zur Ermordung des Königs bekannt wurden, das James auf den Thron setzen wollte, wurde England in eine grosse politische Krise gestürzt (Exclusion Crisis). Dazu Nürnberger, K. (2003, 23 – 41).  Vgl. zum politischen Hintergrund von John Drydens Absalom and Achitophel Zwicker, S. / Hirst, D. (1981, 41– 44); McHenry, R. W. (1986, 1– 13); Ernst, G. (2003, 61 f.); Nürnberger, K. (2003, 39 – 41).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 409) und McHenry, R. W. (1986, 256 f.).  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 411): „Andere Personen, die Dryden auftreten läßt, sind Corah, gemeint ist der notorische Betrüger und Verleumder des katholischen Thronfolgers Jakob, Titus Oates (I Z. 632– 81); Shimei: der Whig Sheriff von London, Slingsby Bethel (I Z. 585 – 629); oder Balaam: der enge Verbündete Shaftesburys, Theophilus Huntington (I Z. 574).“ Zudem McHenry, R. W. (1986, 1): „At the core of Dryden’s design for the poem is a Biblical parallel to Monmouth’s threat, the story of Absalom and David in 2 Samuel, chapters 13 – 19. A beloved rebellious son (Absalom/Monmouth) is seduced by an evil counselor (Achitophel/Shaftesbury) to attempt to overthrow his father, the rightful king (David/Charles II).“ Ausführlich zu den einzelnen Personen und Charakteren auch McHenry, R. W. (1986, 227– 251).

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1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

wird dabei David als positives Beispiel, ja sogar als „gottähnlich“ („godlike David“ Z. 14) dargestellt.²⁰⁶ John Dryden rechtfertigte den häufig in der Kritik stehenden, ausschweifenden Lebensstil Charlesʼ II.²⁰⁷ „His basic assumption is that Charles, whatever his imperfections as a man, is the legitimate monarch, endowed with certain inalienable rights and corresponding responsibilities, chief among them in this crisis being the safeguarding of the succession of the throne.“²⁰⁸ Dennoch ist bemerkenswert, dass die Rechtfertigung des Königs gerade durch einen Vergleich mit David, der sündigt und bedroht ist, geschieht, und dies in einer Situation, in der ein Attentat auf Charles II. nicht ausgeschlossen werden konnte und es zahlreiche Verschwörungen gab. Von diesem Vergleich zeugen nicht nur die genannten literarischen Werke, sondern auch viele Predigten. Am 26. Juli 1685, wenige Monate, nachdem Charles II. eines natürlichen Todes gestorben war, wurde zahlreiche Predigten zu 2Sam 18,28 gehalten, „Being the day of Thanksgiving Appointed for His Majesty’s Late Victory Over the Rebels“.²⁰⁹ Auch während der Regierung Williams III. (1689 – 1702) wurde in Predigten auf David verwiesen: „David and Saul a sermon preached on the day of national thanksgiving for God’s gracious deliverance of the King’s Majesty from an assassination and the kingdom from a French invasion / by John Strype, London, Printed for B. Aylmer […], 1696.“²¹⁰ Selbst noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die David-Erzählungen in England zum Vergleich mit den aktuellen politischen Verhältnissen herangezogen. George I. (1660 – 1727) kam nach dem Tod von Queen Anne auf den Thron. Die Jakobiten versuchten dies zu verhindern und ihren katholischen Halbbruder James Francis Edward Stuart an die Macht zu bringen, jedoch ohne Erfolg. In zahlreichen Predigten werden die Stuarts als Saul beziehungsweise Absalom dargestellt und George als David oder Salomo gerühmt; dafür lediglich zwei Beispiele:²¹¹ – The late rebellion against King George, worse than Absalom’s against King David. A sermon preached at Lymmington in Hampshire, on the day of Publick Thanksgiving, June the 7th 1716 by George Farrol, London.²¹²  Vgl. ausführlich dazu Wilding, M. (1972, 191– 186).  Vgl. ausführlich dazu Metzger, H.-D. (1998, 412– 419). Vgl. auch Zwicker, S. / Hirst, D. (1981, 47): „The critique of the king’s behavior usually discovered in these lines is hardly evidence of evenhandedness; it is in fact rhetorical bluff, for Dryden criticizes here only what he can excuse.“  De Forest Lord, G. (1972, 171).  Diese Information verdanke ich Prof. Dr. David Gunn; Vortrag an SBL Annual Meeting 2011.  Early English Books Online Edition nach dem Original in der Union Theological Seminary Library, New York Sign. 1696 S92.  Vgl. Smith, R. (1995, 219 f.) sowie Nürnberger, K. (2003, 180 f.).  Eighteenth Century Collections Online Print Editions nach dem Original in der Harvard University Houghton Library Sign. EC7 F2498 716ℓ.

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik



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K. George’s Victory over the Rebels at Preston, Parallel to K. David’s at the Wood of Ephraim […]. A Sermon Preach’d at Gamlingay and G. Gransden, on Thursday June the 7th, 1716. The Day of Thanksgiving to Almighty God for Suppressing the late Unnatural Rebellion. By John Jenings […], London.²¹³

Auch wenn diese Predigten grundsätzlich die Regierung des ursprünglich aus Hannover stammenden George I. verteidigten, so waren sie doch auch zynisch. „Worse, from the Hanoverian angle, was the Jacobite adoption of the figure of David in his flight from Absalom as an image of beleaguered Pretender.“²¹⁴ George I. „floh“ bildlich gesprochen ohne Verteidigung in seine ursprüngliche Heimat Hannover, und es ist nicht erstaunlich, dass sich während seiner Regierungszeit die Balance der Macht zugunsten des Parlaments verschob und Robert Walpole (1676 – 1745) faktisch zum ersten Premierminister wurde. Die Identifikation mit David war immer ein „polemical statement“.²¹⁵ Meistens wurde er als positives Beispiel hingestellt, in seltenen Fällen wurde er auch als Negativfolie verwendet.²¹⁶ Sehr oft jedoch wurde David gebraucht, um die Ohnmacht und Gefährdetheit des englischen Herrschers deutlich zu machen.²¹⁷ „In fact the whole question of Israelite kingship was politically very boggy ground, churned up by a host of commentators intent on finding ratification for their views on divine right, elective kingship and hereditary succession in the stories of Saul, David, and Salomon.“ Immer wieder wird betont, dass Aufstieg und Fall zusammengehören. Je höher jemand steigt, desto tiefer fällt er. So beschreibt es etwa Baltasar Graciáns in seinem Roman El Criticón (in drei Teilen publiziert: 1651, 1653 und 1657).²¹⁸ Auch Ludwig XIV. wird davon nicht ausgenommen, wie ein Buch über sein „wunderwuerdiges Leben“ mit dem Untertitel „Steigen und Fall“ zeigt.²¹⁹ Darin wird der

 Eighteenth Century Collections Online Print Editions nach dem Original in der British Library, London Sign. 4473.e.11.(3.).  Smith, R. (1995, 308).  Vgl. Smith, R. (1995, 224): „To identify a British ruler with an Old Testament leader, especially a royal one, was in itself a polemical statement.“  Vgl. Smith, R. (1995, 308) mit Blick auf das 18. Jahrhundert: „David had been made a figure of very questionable virtue […] and his failings were used in mid-century polemic to cast aspersions on the king of Britain.“  Smith, R. (1995, 309).  Vgl. Béhar, R. (2004, 414).  Ludewigs des XIV. Koͤniges in Frankreich / wunderwuerdiges Leben / oder Steigen und Fall in zwey Theilen. Coͤlln / bey Peter Martenau 1708; benutztes Exemplar in der Bibliothek in Český Krumlov, Sign. 3 A 390. In der Krumauer Bibliothek finden sich weitere Werke über Leben und Taten dieses Monarchen als auch gegen ihn gerichtete aktuelle publizistische Schriften und Pamphlete. Vgl. Bok, V. (2010, 161).

348

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

Sonnenkönig für seine politischen Fehlentscheide kritisiert. Was realpoltisch behauptet wird, spiegelt sich auch in polittheoretischen Schriften: So erinnert Paul Boyer du Petit-Puy²²⁰ in L’image dv sovverain ov l’illvstre portraict des divinitez mortelles (1646)²²¹ und Le veritable secret de la Paix (1651)²²² auch an die „Vorläufigkeit der Welt, an die Minderwertigkeit der temporalen Macht vor den Vorzügen des spirituellen Lohns“.²²³ So sehr die Herrscher Frankreichs auch gelobt und als Repräsentanten Gottes auf Erden angesehen werden, so sind sie doch nicht Christus, sondern nur Abbilder Christi, „geradezu ein Abklatsch dieses ‚roy des roys‘“.²²⁴ Der absolute Machtanspruch der Herrscher war religiös verankert.²²⁵ Die Kirchen wurden zunehmend in staatliche Obhut genommen und zugleich Teil von Herrschaft.²²⁶ In diesem Kontext wurde in der frühen Neuzeit die Bibelauslegung, insbesondere die David-Erzählungen, zur Herrscherlegitimation und -kritik verwendet.²²⁷ Dies gilt nicht nur für polittheoretische Schriften, sondern auch für Predigten, Werke der Literatur, Musik, des Theaters und der bildenden Kunst.²²⁸ Aufschluss über die Möglichkeiten der Kritik gibt das Werk „Traité de la satire, ou l’on examine comment on doit reprendre son prochain, et comment la satire peut servir à cet usage“ (1695), das dem französischen Jesuiten Pierre de Villiers (1648-?)

 Zur Zuschreibung in der Forschung Pietsch, A. (2007, 337 f.).  Darin zahlreiche biblische Bezüge, u. a. auch zu David. Benutztes Exemplar Bayerische Staatsbibliothek, Sign. 968311 4 Gall.g. 233 – 4.  Darin auch zu David. Benutztes Exemplar Bibliothèque municipale de Lyon, Sign. Rés 310613.  Pietsch, A. (2007, 345).  Pietsch, A. (2007, 345). Die Immunisierung des Herrschers gegen jeglichen Widerstand ist hier so weit getrieben, dass auch der grösste Tyrann als imago dei hingestellt wird. „Zwar darf die religiöse Überhöhung des Monarchen zu den exzellentesten Argumentationshilfen zählen, die der politische Diskurs im frühneuzeitlichen Frankreich zur Verfügung stellte, doch wird die Zweischneidigkeit einer solchen Argumentation überdeutlich.“ So Pietsch, A. (2007, 347 f.).  Vgl. beispielsweise Stolleis, M. (1995, 23): „Alle politischen Fragen waren religiös affiziert, alle religiösen Fragen führten in politische Handlungszwänge. Religiöses und politisches Handeln waren untrennbar verquickt.“  Vgl. Lehmann, H. (1995, 14– 19).  Vgl. Tode, S. (2006, 89): „Einerseits ist die Epoche der Frühen Neuzeit gekennzeichnet durch Legitimationsdebatten über Herrschaftsformen, zumeist in theologischen Diskursen und/oder mit Rückgriffen auf antike Modelle oder Theorien, andererseits werden Debatten über Obrigkeitskritik, Not- und Gegenwehr thematisiert.“  Vgl. zur Herrscherkritik im Theater Seifert, H. (2004, 93 – 107); Schneider, H. (2004, 109 – 144) und – allerdings mit Vorbehalt auch – Tietz, M. (2004, 394 f.). Vgl. zum Ausdruck der eigenen Gesinnung durch das literarische Medium Mourey, M.-T. (2004, 143 – 167)

1.3. Die Inanspruchnahme der David-Figur zur Herrscherkritik

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zugeschrieben wird. Darin begründet er,²²⁹ „unter welchen Bedingungen öffentliches Lob und öffentlicher Tadel an Personen nicht nur legitimiert, sondern sogar eine Verpflichtung sind“.²³⁰ Pierre de Villiers listet auf, was von wem und wie kritisiert werden darf, öffentlich und privat, schriftlich und mündlich, in Theater und Literatur. „Eitelkeit, Luxus, Härte und Unbarmherzigkeit im Umgang mit den Untertanen und Müßiggang der Großen können nur vom Beichtvater, dem Prediger und denen korrigiert werden, ‚qui ont assez de discretion pour ménager le rang en attaquant le vice […]‘.“²³¹ Das Ideal besteht in der „correction fraternelle“. Dabei argumentiert Pierre de Villiers stark theologisch, ohne jedoch seine Thesen biblisch zu begründen. Daher fehlt auch ein Hinweis auf Natan und Gad, die David kritisieren, gänzlich. Gleichzeitig besteht immer ein Vorbehalt, nämlich „qu’on n’a jamais droit d’accuser un auteur d’avoir eû quelqu’un en veûe, lorsque dans la peinture qu’il fait d’un vice sous un personnage imaginaire, il ne represent que le vice qu’il attaque.“²³² Auch wenn der biblische Bezug nicht immer eindeutig gegeben ist und umgekehrt auch nicht jede Rezeption der David-Erzählungen eine Bezugnahme zu den aktuellen politischen Verhältnissen unterstellt werden darf, so wird doch deutlich, dass es im 17. Jahrhundert nicht zuletzt mit Hilfe der Erzählungen von David allen Seiten möglich war, „politische Positionen und Absichten auszusprechen, zu legitimieren, zu rechtfertigen oder zu verurteilen – und zwar ohne daß die Handelnden dabei direkt genannt werden mußten.“²³³ Obwohl es offiziell auf Grund der Zensur keine gegen das Herrscherhaus gerichteten gedruckten Streitschriften, kontroverse oder kritische Bücher gab, konnten solche im Ausland oder unter Angabe eines falschen Erscheinungsortes publiziert und in Umlauf gebracht werden. „Die Kritik am Herrscher, an Mitgliedern des Herrscherhauses und Hofes brachte man in Bühnenwerken, Publikationen oder in bildlichen Darstellungen vielfach dadurch zum Ausdruck, daß man Vorbilder anpries, die nicht mit dem Herrscher und seinem Regime übereinstimmten […] oder indem man abschreckende Charaktere oder Handlungsweisen vorführte.“²³⁴ David war eindeutig beides: Er wird als Vorbild aber auch als Beispiel im Negativen ange-

 Vgl. auch „Traité de la critique“ (1691) von Mgr. L’Abbé de Saint-Réal, Paris, der mir jedoch nicht zugänglich war.  Schneider, H. (2004, 109).  Schneider, H. (2004, 112).  Pierre de Villiers, Traité de la Satire u l’on examine common on doit reprende son prochain, & comment le satire peut servir à cet usage, a Paris, chez Jean Anisson, 1695, p. 93; benutztes Exemplar Bayerische Staatsbibliothek, Sign. 1854787 L.eleg.g. 41.  Metzger, H.-D. (1998, 402).  Schneider, H. (2004, 116 f.).

350

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext

sehen. Die Darstellung des ohnmächtigen Mächtigen ist dabei Teil des gesamten David-Bildes im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert und wird im Folgenden anhand ausgewählter Beispiele näher untersucht.

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano Im Abstand von 22 Jahren wurden zwei emblematische Werke zu David publiziert, die beide auf den spanischen Humanisten Benito Arias Montano (1527– 1598) zurückgehen. Sie enthalten neben einem Titel (Lemma) und einem vierzeiligen Vers (Epigramm) auch 48 bzw. 39 Illustrationen (Ikon), „die das Leben Davids schildern und interpretieren“.¹ Das erste Werk zu David erschien 1575 in Antwerpen bei Christopher Plantin und enthält Kupferstiche von Philips Galle („Philippo Gallæo instruente“). Das zweite wurde 1597 in Frankfurt publiziert und enthält Kupferstiche der Gebrüder de Bry, die teilweise jedoch auch auf eine sechzehnteilige Serie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos zurückgehen. Im Folgenden geht es darum, die Bedeutung dieser beiden Davidbücher, insbesondere aber deren moralische, politische und exegetisch-theologische Implikation, näher zu beleuchten. Eine historische beziehungsweise biografische Kontextualisierung ist hierzu unabdingbar, weshalb mit einer knappen Biografie des Autors Benito Arias Montano begonnen werden soll, bevor ausführlich auf die Werke eingegangen wird.

2.1. Benito Arias Montano (1527 – 1598) Benito Arias Montano (auch als Benedictus Arias Montanus bekannt) (Abb. 2.1.) wurde 1527 als Sohn eines Notars in Frejenal de la Sierra in Estremadura geboren.² Über seine Kindheit und Jugend ist nur wenig bekannt. Schon früh ist er jedoch in Latein unterrichtet worden und 1546/47 war er an der Universität von Sevilla für den curso de artes eingeschrieben.³ Dank des spanischen Monopols für den Amerikahandel und dem daraus resultierenden internationalen Charakter Sevillas konnte auch der Protestantismus einen gewissen Einfluss in Spanien gewinnen. Predigten von Juan Gil und Constantino Ponce de la Fuente hatten riesigen Zulauf und erasmisches Gedankengut prägte die Universität.⁴ Es ist anzunehmen, dass auch Benito Arias Montano damit in Berührung kam.⁵ Die erste von zwei  Hänsel, S. (1991, 120).  Vgl. Rekers, B. (1972, 1); Hänsel, S. (1991, 4); Bautz, F. W. (1990, 210). Pérez, A. D. (2011, 233) nimmt als Geburtsjahr 1525 an, ohne dies jedoch zu begründen. Vgl. zur Biografie auch Macías Rosendo, B. (1998, XI-XV).  Vgl. Rekers, B. (1972, 1 f.); Hänsel, S. (1991, 4); Reinhardt, K. (1990, 30).  Hänsel, S. (1991, 5).  Vgl. Rekers, B. (1972, 2). Etwa bei dem Werk Dictatum Christianum, sive communes et aptae discipulorum Christi omnium partes, a condiscipulo B. Aria Montano observatis brevem summam

352

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Listen von Büchern von Benito Arias Montano aus den Jahren 1548 und 1553 enthält unter anderem das komplette Werk von Erasmus Desiderius in neun Bänden.⁶ 1548 erwarb Benito Arias Montano an der traditionsreichen Universität Alcalá de Henares den Magistertitel und ist von 1550 bis 1552 erneut als Student der Theologie eingeschrieben.⁷ In dieser Zeit begann Benito Arias Montano mit dem Studium orientalischer Sprachen und eignete sich aussergewöhnliche Kenntnisse in der hebräischen, chaldäischen, syrischen und arabischen Sprache an. „Ohne den Doktorgrad erworben zu haben – der Titel erscheint in Dokumenten erst ab 1566 – verließ Arias die Universität und zog sich auf seinen Landsitz nach Peña de Aracena zurück […].“⁸ 1556 und 1558 taucht sein Name erneut im Register der Universität Sevilla auf.⁹ 1560, mit 33 Jahren, wurde er nach einer „lengthy procedure to establish that he had no Jewish blood“¹⁰ in das Kloster von San Marcos de León und den Orden der Santiago-Ritter aufgenommen.¹¹ Bereits zwei Jahre später delegierte ihn Bischof Martín Pérez de Ayala an das Konzil von Trient.¹² Für diesen Dienst erhielt er 1566 von Philipp II. den Titel capellán und eine Pension. In dieser Zeit arbeitete er auch an seinem ersten exegetischen Werk, dem Commentaria in duodecim Prophetas (1571).¹³ 1568 wurde er von Philipp II. damit beauftragt, in den Niederlanden die philologische Arbeit an der Biblia Polyglota zu betreuen.¹⁴ Und so brach Benito Arias Montano im Mai desselben Jahres nach Antwerpen auf, wo er, ausgerüstet mit einer inquisitorischen Mission als Leiter der Edition, jedoch eher als Bedrohung empfunden und vorerst mit Missbehagen aufgenommen wurde.¹⁵ Eine Gruppe von flämischen und französischen Forschern – François Raphelengien, Guillaume Postel und die Brüder Guy und Nicolas Lefèvre de la Boderie – war

(1575) handelt es sich um ein Andachtsbuch „with clear Erasmian and pietistic tendencies“ – so Rekers, B. (1972, 188).Vgl. Hänsel, S. (1991, 5); Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 242).  Vgl. Rekers, B. (1972, 2); Hänsel, S. (1991, 5). Die Liste der Bücher ist bei Rodríguez Moñino, A. (1928, 555 – 598) publiziert.  Vgl. Hänsel, S. (1991, 5); Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 242).  Hänsel, S. (1991, 6).  Vgl. Rekers, B. (1972, 3); Reinhardt, K. (1990, 31).  Rekers, B. (1972, 3).  Vgl. Bautz, F. W. (1990, 210 f.); Reinhardt, K. (1990, 31).  Rekers, B. (1972, 3); Hänsel, S. (1991, 6).  Vgl. Rekers, B. (1972, 4). 1569 erschien sein erstes Werk (Rhetoricum libri IV), eine Sammlung von lateinischen Gedichten.  Vgl. Rekers, B. (1972, 4); Hänsel, S. (1991, 25); Macías Rosendo, B. (1998, XXI-XLIII); Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 86).  Vgl. Rekers, B. (1972, 4).

2.1. Benito Arias Montano (1527 – 1598)

353

bereits längere Zeit mit der Arbeit an der viersprachigen Bibeledition beschäftigt. Als die religiösen Auseinandersetzungen in den Niederlanden 1566 eskalierten und Christopher Plantin (1520 – 1598) im Verdacht stand, die reformatorische Seite zu unterstützen – 1562 musste er bereits vorübergehend nach Paris emigrieren –, entschied sich dieser jedoch, die Polyglota dem spanischen König zu dedizieren.¹⁶ Vermutlich überzeugte Benito Arias Montano Philipp II. darin, als Mäzen der geplanten Bibel zu fungieren.¹⁷ Auf jeden Fall willigte Philipp II. in die Dedizierung ein, ernannte Christopher Plantin 1570 zum architypographus ¹⁸ und betraute Benito Arias Montano mit der fachlichen Unterstützung der Biblia Polyglota beziehungsweise Biblia Regia. Nachdem Benito Arias Montano 1568 in Antwerpen eingetroffen war, kam die Polyglota zwischen 1568 und 1572 schnell voran. Bereits nach vier Jahren war das achtbändige Werk mit dem Titel Biblia sacra Hebraice, Chaldaice, Græce, & Latine vollständig publiziert. Sobald die Fertigstellung der Biblia Regia absehbar wurde, „beauftragte Philipp II. seinen Botschafter in Rom, Juan de Zuñiga, sich um die Approbation bei Papst Pius V. zu bemühen“.¹⁹ Die einberufene päpstliche Kommission bemängelte an der Polyglota nicht nur einzelne Traktate, sondern auch die Mitarbeit von Andreas Masius (1514– 1581) und die Verwendung beziehungsweise Veränderung der lateinischen Übersetzung des Sanctes Pagninus (1470 – 1541) und anderes mehr, sodass Benito Arias Montano 1572 selber nach Rom reiste um die Bibelausgabe zu verteidigen.²⁰ Es erwies sich von Vorteil, dass inzwischen der liberale Georg XIII. auf den päpstlichen Thron gekommen war, der lediglich wenige Monate später die vorläufige Approbation gewährte und kurz danach durch sein motu proporio bestätigte, sodass Benito Arias Montano im Dezember desselben Jahres erfolgreich in die Niederlande zurückkehren konnte.²¹ Doch schon bald ergaben sich neue Schwierigkeiten. Diesmal kamen sie aus Spanien, wo León de Castro zu einem gefährlichen Kritiker der Polyglota wurde.²² Nachdem

 Vgl. Hänsel, S. (1991, 24); Schenker, A. (2008, 775). Vgl. zudem Imhof, D. (2011, 220 f.).  Schenker, A. (2008, 776). Auch mit dem königlichen Sekretär Gabriel de Zayas war Plantin seit 1566 bekannt und die beiden führten eine rege Korrespondenz. Vgl. Rekers, B. (1972, 46 f.) und Dávila Pérez, A. (2011, 244).  Vgl. Rekers, B. (1972, 76); Bowen, K. L. (1997, 65 – 67).  Hänsel, S. (1991, 26).  Vgl. Rekers, B. (1972, 55 – 57); Hänsel, S. (1991, 26).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 26). Vgl. Schenker, A. (2008, 777): „The papal approval was granted by pope Gregory XIII. in 1572 against strong opposition on the part of adversaries of the humanistic and linguistic approach of the Biblia Regia.“  Vgl. Bautz, F.W. (1990, 210 f.): „Leon de Castro, Professor in Salamanca, klagte A. [Arias] als der Ketzerei, der Neigung zum Judentum und der Fälschung der Bibeltexte verdächtig vor der Inquisition an, weil er die Targume in die Polyglotte aufgenommen und sich über die Jesuiten frei

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

sein Versuch, ein Verbot der Bibel durchzusetzen, gescheitert war, brachte er den Fall vor die Inquisition.²³ Unter seinem Einfluss wurde im Vatikan die Vulgata trotz humanistisch-philologischer Bedenken als verbindlich festgeschrieben²⁴ und beschlossen, dass der dritte Band des Apparatus mit Traktaten von Benito Arias Montano von der Approbation ausgenommen werden sollte.²⁵ Die endgültige Entscheidung über den Apparatus wurde jedoch Juan de Mariana, einem spanischen Theologen, überlassen, der 1577 vor dem Inquisitionstribunal seine Zustimmung zur Polyglota erklärte, „wenn auch unter heftiger Kritik an den der Häresie verdächtigten Mitarbeitern und vielen Flüchtigkeiten und Fehlern in den hebräischen, syrischen und aramäischen Texten“.²⁶ Die Bedeutung dieses Werkes ist kaum zu überschätzen: „A wealth of encyclopaedic knowledge (biblical commentaries, treatises, dictionaries, lexica and translations) was thus developed by Arias Montano in the context of the Biblia Regia and more especially in the volume of the Apparatus, where all the auxiliary sciences are treated: philology, hermeneutics, geography, history, archaeology, numismatics“²⁷ u. a. Die heftige Kritik jedoch, die Benito Arias Montano dafür geerntet hatte, und seine ungewisse persönliche Situation werden kaum spurlos an ihm vorbeigegangen sein: Während 1571 Benito Arias Montano im Auftrag von Don Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von Alba, einen Index expurgatorius librorum vorbereitete, „which brought

ausgesprochen hatte.“ Die Kritiker an der Polyglota waren insgesamt sehr vielfältig, vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 103): „These range from the pope, to censors form the theological faculty of Leuven (Augustinus Hunnaeus and Corneliuss Reyneri Goudanus), along with the Jesuit Johannes Harlemius, and, the most tenacious of all, prelate Willem van der Linden (or Lindanus), bishop of Roermond, and Leon de Castro, a professor of Salamanca, who brought his case against Arias Montano and the Polyglot Bible before the Inquisition, but ultimately to no avail.“ Vgl. auch Rekers, B. (1972, 58 – 60).  Vgl. Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 245 f.): „The most frequent accusations made against the Hebraists of Salamanca to be found in the Inquisitorial trials were the use of Hebrew and Jewish commentaries in their exegesis, the preference for Vatable, Pagninius, and the Rabbis at the expense of the translation of the Vulgate and the interpretations of the Fathers and the doctors of the Church,who were accused by the Hebraists of arbitrary and formalistic use of the Scriptures, the depreciation of the authority and veracity of the Vulgate, affirming that it contained many errors and could have been better translated […].“  Vgl. Wicks, J. (2008, 624 und Anm. 99).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 26).  Hänsel, S. (1991, 26).Vgl. dazu auch Rekers, B. (1972, 62 f.) und Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 245). Vgl. Reinhardt, N. (2007b, 279): „Mariana hat zwar einiges an Montanos ‚Biblia Regia‘, vor allem auch an ihrem kritischen Apparat, auszusetzen, doch sieht er keinen Anlaß für ein Einschreiten oder eine Verurteilung durch die Inquisition.“  Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 244 f.).

2.1. Benito Arias Montano (1527 – 1598)

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him much praise for his capacity of judgement and tolerance“,²⁸ wurde später, besonders in den Jahren 1572– 1577, sein Leben „an oscillation between hope and fear, as his adversaries repeatedly submitted accusations before the Tribunal of Inquisition.“²⁹ Benito Arias Montano bekam den Ernst der Lage zu spüren, als 1562 ein Freund von ihm, Luis de León (1527– 1591), von der Inquisition in Valladolid angeklagt und verhaftet wurde.³⁰ Er selbst wurde 1559 von der Inquisition verhaftet und wenige Tage später wieder freigelassen.³¹ In den 1570er Jahren wurde er während des Gerichts von Luís León mehrmals erwähnt.³² Während Benito Arias Montano zu Beginn seines Aufenthaltes in den Niederlanden (1568 – 1575) in seinen Briefen an den königlichen Sekretär Gabriel de Zayas vorwiegend über den Fortgang der Arbeiten an der Polyglota berichtete, begann er sich schon bald auch politisch zu äussern und bot am 30. November 1569 an, regelmässig über die niederländische Situation Bericht zu erstatten.³³ Nach seiner Rückkehr aus Rom 1572 hatte er sogar offiziell die Funktion des königlichen Beraters übernommen.³⁴ Grundsätzlich lässt sich bei Benito Arias Montano ein überraschender Wandel in seiner politischen Einstellung beobachten:³⁵ Anfänglich war er ein grosser Bewunderer des Don Fernando Alvarez de Toledo, Herzogs von Alba, den Philipp II. im November 1566 in die Niederlande schickte, um den Aufstand der Geusen, der in den niederländischen Bildersturm mündete, niederzuschlagen.³⁶ Dies kam einer massiven Militärintervention Spa-

 Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 243).Vgl. Hänsel, S. (1991, 59): „Im Oktober 1569 betraute er [Herzog von Alba] den Humanisten mit der Erstellung eines neuen ‚Index librorum prohibitorum‘. Eine Aufgabe, die dieser so wahrnahm, daß er Schriften mit suspekten Passagen nicht zu verbieten, sondern nur von den entsprechenden Stellen zu ‚reinigen‘ empfahl, wodurch etwa die Werke von Erasmus von Rotterdam oder von Sebastian Münster der Öffentlichkeit zugänglich blieben.“ Vgl. dazu auch Rekers, B. (1972, 16 f.).  Rekers, B. (1972, 6). Vgl. Auch Hänsel, S. (1989, 96 f.): „Nicht ohne Grund fürchtete Arias wiederholt Verfolgung durch Inquisition, die sich beispielsweise 1579 veranlaßt sah, in Sevilla über seine Person Auskünfte einzuholen.“  Vgl. Rekers, B. (1972, 123 – 126); Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 239 f.).Vgl. zudem Édouard, S. (2005, 126 – 128) und Reboiras, F. D. (2011, 318 – 327).  Rekers, B. (1972, 169) verweist hier auf MS Archive Municipal de Sevilla, coll. Aguilar, B.8.  Vgl. die Angaben dazu bei Rekers, B. (1972, 168).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 58).  Vgl. Pérez, A. D. (2011, 245.257).  Vgl. Rekers, B. (1972, 21): „We shall see that in the course of the next year Montano swung rather abruptly from theoretical intolerance to practical clemency.“ Ähnliches bestätigen auch die Untersuchen von Pérez, A. D. (2011, 241– 245) von bisher unveröffentlichten Briefen Benito Arias Montano aus dem Archivo de la Casa de Alba, Madrid.  Vgl. Rekers, B. (1972, 5). Vgl. auch Mörke, O. (2007, 122) und Pérez, A. D. (2011, 236). Zum Ikonoklasmus 1566 in Antwerpen Göttler, C. (1997, 61– 87).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

niens in den Niederlanden gleich. Die Reformierten wurden im Süden der Niederlande niedergeschlagen, Willem von Oranien (1533 – 1584) flüchtete ins Exil nach Dillenburg, Egmond und Hoorn wurden verhaftet und später hingerichtet.³⁷ Am 21. Juli 1568 siegten die spanischen Truppen über Ludwig von Nassau bei Jemgum. Zur Feier dieses Sieges über die Aufständischen wurde ein Standbild von Herzog von Alba an der Antwerper Zitadelle vorgesehen, das von Jacques Jonghelinck und Willem van den Broeck, genannt Paludanus, ausgeführt werden sollte und dessen Bildprogramm höchstwahrscheinlich auf Benito Arias Montano zurückgeht.³⁸ 1571 wurde das Standbild in aller Feierlichkeit aufgestellt und durch einen Stich von Philips Galle einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Bereits wenig später wurde der Herzog von Alba jedoch beschuldigt, sich Ehren anzumassen, die nur einem König zuständen.³⁹ Zu diesen Intrigen am spanischen Hof kamen politische Misserfolge hinzu: plündernde Soldaten und die Steuergesetzgebung – Herzog von Alba verlangte den „zehnten Pfennig“, eine zehnprozentige Steuer auf alle beweglichen Handelsgüter – weckten allgemeine Empörung, selbst unter spanienfreundlichen Niederländern.⁴⁰ Bis 1574 wurde ungefähr 12000 Personen der Prozess gemacht, über 1000 wurden hingerichtet, zahlreiche enteignet, rund 60000 flohen ins Ausland.⁴¹ Die Hinrichtung der Haarlemer Truppen im Juli 1574, „die den Spaniern die Tore der Stadt erst geöffnet hatten, nachdem Alba ihnen Straffreiheit zugesichert hatte, kostete die Spanier einen großen Teil der Sympathien, die man ihnen noch entgegenbrachte“.⁴² In dieser Zeit änderte sich auch Benito Arias Montanos Einstellung: Während er in den Jahren 1568 – 1572 an „the greatness and in the rights of the Spanish nation under Felipe el Católico, the champion God had sent to prevent the intrusion of foreign powers“⁴³ glaubte und die Bestrafung der Rebellen und die Wiederherstellung von Ruhe und Frieden rechtfertigte, forderte er 1572 in einem Schreiben an

 Vgl. Édouard, S. (2005, 167).  Vgl. dazu ausführlich Rekers, B. (1972, 18); Hänsel, S. (1991, 60 – 68) sowie Pérez, A. D. (2011, 238.260).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 56).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 57) sowie Pérez, A. D. (2011, 238).Vgl. auch Mörke, O. (2007, 154): „Für die antispanische Propaganda wurde der ‚Zehnte Pfennig‘ zum neuen Symbol der Unterdrückung und zum Fanal des wieder aufflammenden Widerstandes in den Niederlanden selbst, der nun im Vergleich zu der Phase bis 1569 an Breite gewann.“ Zur Kritik der Steuer durch Benito Arias Montano vgl. auch Rekers, B. (1972, 21 f.).  Vgl. Mörke, O. (2007, 136).  Hänsel, S. (1991, 119). Vgl. dazu auch Mörke, O. (2007, 179 f.).  Rekers, B. (1972, 6).

2.1. Benito Arias Montano (1527 – 1598)

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den spanischen Hof „a policy of greater clemency“.⁴⁴ Da Benito Arias Montano grosses Ansehen bei Philipp II. genoss, blieb das Schreiben nicht unbeachtet. Zwar hat er sich nie direkt gegen Alba gewandt,⁴⁵ doch wurde dieser am 17. November 1573 abberufen und mit Don Luís de Requesens eine „era of conciliation“⁴⁶ eingeleitet. Der Generalpardon vom 6. Juni 1574 und das Versprechen, den Conseil de Trouble (Blutrat) aufzulösen, den Herzog von Alba eingesetzt hatte, um Aufständische zu verurteilen und die etablierten Gerichtsinstitutionen zu umgehen, erfolgte jedoch zu spät, um das spanische Ansehen noch zu retten.⁴⁷ Zwar hatte die Schlacht von Mook am 14. April 1574 den spanischen Truppen einen Sieg eingebracht, doch da die Soldaten nicht ausbezahlt worden waren, begannen auch da erneut eigenmächtige Plünderungszüge, die den Unmut der Bevölkerung schürten.⁴⁸ Die Lage der Spanier verschlechterte sich, als die Türken im September die spanische Flotte schlugen und Philipp II. sich ganz auf den Kriegsschauplatz im Mittelmeer konzentrieren musste.⁴⁹ Schliesslich offenbarte die von Requesens einberufene Konferenz von Breda, auf der er mit Willem von Oranien über einen Frieden verhandeln wollte, vor allem die Unversöhnlichkeit der Lager.⁵⁰ Gerade in dieser politisch unruhigen Zeit (1572– 1575) erschienen von Benito Arias Montano in Antwerpen zahlreiche Werke: 1572 eine Sammlung von religiösen Gedichten unter dem Titel Humanae salutis monumenta, 1573 eine lateinische Übersetzung der Psalmen (Davidis Regis ac Prophetae aliorumque sacrorum vatum Psalmi, ex hebraica veritate in latinum carmen)⁵¹ und im kurzen Zeitraum von 1573 – 1575 in Zusammenarbeit mit dem Kupferstecher Philips Galle drei An-

 Rekers, B. (1972, 7). Vgl. Hänsel, S. (1991, 6): „War er zuvor immer bereit gewesen, trotz aller erasmianischen Neigungen die katholische Kirche und die spanische Herrschaft als absolute, unabänderliche Werte zu verteidigen, wandelte sich seine Haltung nun zu religiöser und politischer Toleranz.“ Ausführlich dazu auch Rekers, B. (1972, 13 f.); Pérez, A. D. (2011, 239 f.).  Benito Arias Montano blieb gegenüber dem Herzog von Alba nach wie vor loyal – wie Pérez, A. D. (2011, 244 f.) nachweisen konnte: „But taking into account the correspondence preserved in the archive of the House of Alva, it must be admitted that, although Montano changed his view of turmoil in the Low Countries, as other counselors and even King Philip did from 1572 onwards, he did not withdraw his support from Alva.“ Vgl. auch Rekers, B. (1972, 26 – 29).  Rekers, B. (1972, 7).  Vgl. Rekers, B. (1972, 32 f.); Hänsel, S. (1991, 57).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 119).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 119).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 119).  Davidis Regis ac Prophetæ aliorvmqve sacrorvm vatvm Psalmi, ex Hebraica veritate in Latinum carmen à Benedicto Aria Montano obseruantissimè conuersi. Cum argumentis & elucidationibus, quibus singulorum Psalmorum sententia plenè exponitur, & orationis filum deducitur, eisudem interpretis opera & studio adiunctis, Antwerpen 1574; benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 3089 ee 25.

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

dachtsbücher: 1573/4 Humani generis amatori Deo liberalissimo sacr. Diviniarum Nuptiarum conventa et acta und Christi Jesu vitae admirabiliumque actionum speculum ⁵² sowie kurz danach 1575 David, hoc est virtutis exercitatissimae probatum Deo spectaculum, ex David pastoris, militis, ducis ac prophetae exemplis. Zudem gab er 1572 einen Band heraus mit vierundvierzig Porträts berühmter Humanisten (Virorum doctorum de disciplinis benemeritis effigies) – ebenfalls mit Kupferstichen von Philips Galle illustriert.⁵³ Ferner publizierte er 1574 zusammen mit Theologen aus Louvain einen abgeänderten Text der Vulgata (Biblia Sacra, quid in hac editioe a theologis lovaniensibus praestitum sit paulo post indicatur) und übersetzte einen mittelalterlichen Reisebericht aus dem Hebräischen (Itinerarium Benjamini Tudelensis, ex hebraico latinum factum, B. Aria Montano interprete 1575).⁵⁴ Im August 1574 beorderte Philipp II. Benito Arias Montano nach Spanien zurück, um „den Posten des ‚libero mayor‘ an der Bibliothek von El Escorial“⁵⁵ einzunehmen und die angeschafften Bücher in der neu eingerichteten Bibliothek zu ordnen. Benito Arias Montano befürchtete jedoch aufgrund der Anschuldigungen León de Castros, mit der Inquisition in Schwierigkeiten zu geraten und zögerte seine Abreise unter dem Vorwand des nahenden Winters hinaus. Im Frühjahr 1575 brach er, ohne zuvor die Erlaubnis des Königs eingeholt zu haben, erneut nach Rom auf, wo er sich mehr als ein Jahr aufhielt.⁵⁶ 1576 bat er Gabriel de Zaya, den Sekretär Philipps II., erneut, den König dazu zu bewegen, ihm in Flandern eine Stelle zu verschaffen.⁵⁷ Doch die Rückkehr nach Spanien war nicht mehr aufzuschieben, und so traf Benito Arias Montano am 1. März 1577 im El Escorial ein, „wo er die Bestände der Bibliothek ordnete und einen Katalog erstellte“.⁵⁸ Benito Arias Montano hatte sich während der Plünderungen in Antwerpen im November 1576, unter denen die Druckerei von Christopher Plantin sehr zu leiden hatte und die sie in grosse finanzielle Schwierigkeiten brachte, in Rom aufgehalten, wurde jedoch in Briefen auf dem Laufenden gehalten.⁵⁹ Die Nachrichten über die Plünderungen haben ihn schwer getroffen.⁶⁰  Vgl. ausführlich zu diesen beiden Stichserien Hänsel, S. (1991, 100 – 118); Gómez Canseco, L. (2007) sowie Melion, W. S. (2009, 39 – 104).  Vgl. ausführlich dazu Hänsel, S. (1991, 91– 100).  Vgl. die Liste von publizierten Werken bei Rekers, B. (1972, 187– 189). Für die Werke die bei Plantin erschienen sind vgl. auch Voet, L. (1980, 166 – 191). Daneben sind zahlreiche weitere, unpublizierte Werke erhalten, vgl. Rekers, B. (1972, 191– 196): „Montano’s unpublished writings“.  Hänsel, S. (1991, 119). Vgl. auch Rekers, B. (1972, 34).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 8).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 8). Vgl. dazu auch Rekers, B. (1972, 35 f.) und Pérez, A. D. (2011, 147 f.).  Hänsel, S. (1991, 8).  Vgl. Rekers, B. (1972, 81– 84); Imhof, D. (2011, 225 f.); Pérez, A. D. (2011, 249 f.).

2.1. Benito Arias Montano (1527 – 1598)

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1578 war Benito Arias Montano noch ein letztes Mal in politischer Mission unterwegs: Philipp II. schickte ihn nach Portugal, „um den König Sebastião einerseits von seinem geplanten Afrikafeldzug abzubringen und ihn andererseits für eine Heirat mit einer spanischen Königstochter zu gewinnen“.⁶¹ Dieser Auftrag blieb jedoch ohne Erfolg. Allerdings äusserte sich Benito Arias Montano noch verschiedentlich zur Portugiesischen Frage und rechtfertigte 1580 auch den Einmarsch spanischer Truppen in Portugal, welche die Erbfolge gewaltsam zugunsten Spaniens entschieden.⁶² Ab 1580 lebte Montano die meiste Zeit über in seinem Landhaus in Peña de Aracena, 80 Kilometer nordwestlich von Sevilla in der Provinz Huelva, und war nur noch gelegentlich im El Escorial als Bibliothekar tätig.⁶³ Dort schrieb er seine opera magna: die beiden Werke Anima (1593) und Naturae Historia (1601). Beim ersten handelt es sich um ein dogmatisches Werk, das zweite beschäftigt sich mit Geologie, Biologie und Physik.⁶⁴ Benito Arias Montano „had cut himself off from political life and kept away from theological disputes.“⁶⁵ Doch führte er kein weltabgeschiedenes und zurückgezogenes Leben, sondern traf sich mit zahlreichen gelehrten Humanisten und vermittelte den Austausch von Gestein, Pflanzen, Samen, Karten und wissenschaftlichen Geräten.⁶⁶ Daneben war er bis zu seinem Tod Prior im Konvent Santiago de Sevilla.⁶⁷ Zudem erschienen auch mehrere exegetische Werke: De Optimo Imperio, sive in lib. Josuae commentarium (1583), in dem Benito Arias Montano seine politische Einstellung anhand der biblischen Texte erläuterte, De Varia Republica, sive commentarim in lib. Iudicum (1592), ein umfangreiches exegetisches Werk zum Richterbuch und die Commentaria in Isaiae prophetae sermones (1599). Erst nach seinem Tod erschien der Psalmenkommentar In XXXI Davidis Psalmos priores commentaria (1605).⁶⁸ Darin war jeder Teil einem Freund gewidmet, der wie Benito Arias Montano Widerstand und Verfolgung erlebt hatte. Auffällig ist, dass dieser Kommentar „full of lamentations concerning the persecutions the latter had to endure in Spain as well as in the

 Vgl. seine Reaktion auf die Ereignisse 1572: „Es una grande ruína la que aquí he hallado y me rompe el corazón de ver tanta mudanza.“ – zitiert nach Rekers, B. (1972, 133).  Hänsel, S. (1991, 8). Vgl. dazu auch Rekers, B. (1972, 38 – 40).  Hänsel, S. (1991, 8). Nicht zuletzt deshalb sollte höchstens sehr vorsichtig von einer „ideología pacifista de Montano“ gesprochen werden – wie dies Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 51) tut.  Vgl. Hänsel, S. (1991, 9 f.).  Vgl. Rekers, B. (1972, 11).  Rekers, B. (1972, 11).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 10).  Vgl. Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 243).  Vgl. Sánchez Manzano, M. A. (1999).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Netherlands“⁶⁹ ist. So äussert sich Montano beispielsweise zum Schicksal von Justus Lipsius, Abraham Ortelio und anderen. Benito Arias Montano stand als Vertreter eines biblischen Humanismus „in lebhaftem Austausch mit vielen Gelehrten, Politikern und Prälaten Europas und besonders Spaniens.“⁷⁰ Vermutlich war er auch Mitglied der familia charitatis,⁷¹ einer kleinen Gruppierung von Hendrik Niclaes, der den Spiritualisten zugerechnet wird.⁷² Diese Sekte versuchte sich mit der herrschenden Kirche zu arrangieren und möglichst wenig aufzufallen, weshalb sie sich auch parteilos und tolerant gegenüber den Glaubensstreitigkeiten der Zeit verhielt und „sich einzig ihre friedliche Beendigung wünschte“.⁷³ Henrik Jansen van Barrefelt (Hiël genannt), Schüler von Henrik Niclaes, sammelte eine Reihe weiterer Mitglieder in Antwerpen um sich, „darunter auch Plantin, der mit Sicherheit ab 1579/80 zu seinen treuen Anhängern zählte“.⁷⁴ Der Einfluss von Henrik Jansen van Barrefelt auf Benito Arias Montano lässt sich etwa in dessen Werk zur Apokalypse Elucidationes in omnia Apostolorum scripta, eiusdem S. Johannis apostoly et evangelistae Apocalypsin significationes, das 1588 erschien, nachweisen, aber auch aus der Korrespondenz erschliessen.⁷⁵ Die letzten Monate vor seinem Tod am 6. Juli 1598 verbrachte er bei seiner Verwandten Ana Nuñez.⁷⁶ Eine kleine Gruppe von Leuten begann kurz danach alle seine Schriften zu kopieren.⁷⁷ Bereits wenige Jahre später, 1607, wurden jedoch

 Rekers, B. (1972, 11).  Reinhardt, K. (1990, 31).  Vgl. Rekers, B. (1972, 8): „From Plantin’s correspondence it becomes evident that many prominent sixteenth-century scholars belonged to the Family of Love. The group represented a hidden power between the fanatic extremes of Calvinist and Catholic dictatorship.“ Anders dagegen Pérez, A. D. (2011, 258): „[…] most of the arguments that Rekers has presented in support of the view that Montano, a leader of Counter-Reformation, belonged to the sect called Familia Caritatis are weak. In my opinion, we need to propose adherence to any sect whatsoever in order to explain the irenic ideology that brought Montano to maintain contacts with Catholics and Protestants, or the preference he expressed for an internal religiosity over the formalism of ceremonies: these ideas simply show the heritage of the Erasmian philosophia Christi that he, and other Spanish humanists, learned at Seville and Alcalá.“  Vgl. Hänsel, S. (1991, 104).  Hänsel, S. (1991, 105).  Hänsel, S. (1991, 105).  Vgl. Rekers, B. (1972, 9).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 11).  Vgl. Rekers, B. (1972, 11).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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viele seiner Werke in einen Index verbotener Bücher aufgenommen.⁷⁸ Auch im Index von Juan de Pineda (1632) nehmen die Werke von Benito Arias Montano noch einmal einen grösseren Platz ein.⁷⁹ 1633 wird sein Fall erneut ausführlich diskutiert und im Index von 1640 seine Werke wiederum verboten, ebenso wie später noch einmal 1667.⁸⁰

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597 Die Zeit, in der die erste Ausgabe des Werks David entstand, war nach dem Abschluss der Arbeit an der Polyglota und während Benito Arias Montanos Tätigkeit als Berater für Philipp II. in den Niederlanden. Zweierlei könnte dabei für das Verständnis des Werkes von Bedeutung sein: Zum einen wurde genau zu diesem Zeitpunkt Benito Arias Montanos Hauptwerk – der Apparatus der Polyglota – von der Inquisition angegriffen, weshalb sich Benito Arias Montano in einer unsicheren Situation befand. Zum anderen versuchte er, politisch zwischen den Fronten zu wirken und Philipp II. davon zu überzeugen, „daß Milde und Gnade mehr ausrichten können als alle spanischen Truppen“.⁸¹ Besonders in den Jahren 1573/74 konzentrierten sich die Aktivitäten Benito Arias Montanos ganz auf die öffentliche, politische Arbeit. Er pflegte engen Kontakt zum neuen Statthalter der Niederlande, Don Luis de Requesens, und genoss das Vertrauen Philipps II.⁸² Vor seiner Abreise nach Rom bat Benito Arias Montano Christopher Plantin, dem König ein Exemplar des David zukommen zu lassen, was, wie einem Brief des Druckers vom 20. Juni 1575 zu entnehmen ist, auch geschah.⁸³ Inwiefern das Werk wirklich von der biografischen und politischen Situation, in der sich Benito Arias Montano befand, geprägt ist und als „Abschluß seiner niederländischen Erfah-

 Vgl. Fernández Tejero, E. / Fernández Marcos, N. (2008, 243). Pedro de Valencia (155 – 1621) ist es zu verdanken, dass „the number of passages censored in the works of Montano was reduced from forty-five in the Roman index to nine in the Spanish index“, so Jones, J. A. (1995, 83).  Vgl. Jones, J. A. (1995, 84 f.).  Vgl. Jones, J. A. (1995, 86 f.).  Hänsel, S. (1991, 90) mit Verweis auf einen Brief Benito Arias Montanos an Gabriel de Zaya im Mai 1573. Vgl. Rekers, B. (1972, 134).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 119).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 121). Vgl. Voet, L. (1980, 174): „The edition was finished in the middle of 1575: in a letter of 20 June 1575, Plantin told de Cayas that Arias Montanus had asked him to mail to the secretary of Philip II ‘un libro nuovo de figuras que contiene toda la historia del Re David’ (Corr., IV, no 636).“

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

rungen, die er nun zusammenfaßte und in einen übergeordneten Sinnzusammenhang einzuordnen suchte“,⁸⁴ zu verstehen ist, wird im Folgenden genauer zu untersuchen sein.

2.2.1. Die Ausgabe von Antwerpen (1575) in Zusammenarbeit mit Philips Galle Das Werk „David / HOC EST VIRTUTIS EXERCITATISSIMÆ PROBATVM DEO SPECTA-/ CVLVM, EX DAVID PASTORIS MILITIS REGIS EXVLIS AC PROPHETAE EXEMPLIS: / Bened. Aria meditante, / Philippo Gallæo instruente, / ad pietatis cultum propositis Antverpie. MDCLXXV“⁸⁵ kann als letzte in einer Reihe von Stichserien verstanden werden, die Benito Arias Montano zusammen mit Philips Galle anfertigte. Das Werk David besteht aus einem Titelblatt (Abb. 2.3.), einer kurzen Approbatio von Sebastianus Baer, einem einseitigen lateinischen Gedicht von Benito Arias Montano (Davidi Regvm Præstaniss. Benedicti Ariæ Montani Dedicatio),⁸⁶ einem lateinischen Vorwort von Philips Galle sowie 48 nummerierten Kupferstichen mit jeweils aus zwei elegischen Distichen bestehenden Tetrasticha von Benito Arias Montano.⁸⁷ In der Vorrede geht Philips Galle auf die Entstehung des Werkes ein und erklärt, „Arias habe oft darüber gesprochen, daß unter allen Königen und Helden keiner sei, der nicht übertroffen würde durch den König David. Diese Überlegung habe ihm so gefallen, daß er beschloss, sie als Thema einer Kupferstichfolge zu wählen.“⁸⁸ Philips Galle betont auch die didaktische

 Hänsel, S. (1991, 121).  Benutztes Exemplar British Library, London, Sign. unbekannt sowie Leiden University Library, Sign. 20643 E 33.  Vgl. dazu Melion, W. S. (2005, 74– 76).  Vgl.Voet, L. (1980, 173): „Series of 48 engravings illustrating the virtues and virtuous deeds of King David, with a small printed introductory part (approbatio; privilege; dedicatory by P. Galle to Philip II.; one page foreword in the form of a Latin poem by Arias Montanus. The illustrations have an engraved caption (= a virtue of King David) and are accompanied underneath by a typographically printed Latin poem by Arias Montano (four lines, on two columns) paraphrasing the virtue.“  Hänsel, S. (1991, 120); Melion, W. S. (2005, 77– 79). Vgl. Einleitung fol. 2 A recto: „Benedictvm Ariam Montanum […] sæpè narrantem affirmantemque audiui, nullum ex omni veterum vel memoria vel fama principem aut aliàs illustrem virum extitisse, qui vel rebus in pace & in bello gestis, vel animi dotibus, vel sapientiæ & præclarissimarum artium exemplis cum vno Dauide Iessei filio Israëlitici populi rege esset comparandus.“ In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Ich habe Benedicuts Arias Montanus oft erzählen und bestätigen hören, dass es laut der ganzen Erinnerung und Überlieferung der Alten keinen Fürsten oder sonst berühmten Mann gegeben habe, der bezüglich seinen Taten im Krieg und im Frieden, oder seinen Geistesgaben oder

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Absicht des Werkes und bekräftigt, dass es denen dienen soll, „die ein ehrenvolles öffentliches und privates Leben führten und lernen wollten, was für die Erlangung des Seelenheils nötig sei“.⁸⁹ Zweierlei wird dabei in der Einleitung deutlich: Zum einen, dass das Werk David die Interessen des katholischen Glaubens vertritt, zum anderen, dass die Kupferstichkunst von Phillip Galle dazu verwendet wird, die Frömmigkeit zu pflegen.⁹⁰ Das Buch ist Philipp II. („Philippo Catholico Hispaniarvm & c. regi optimo et piissimo“) gewidmet, der, „so Galle in seiner Vorrede, ebenso wie der alttestamentarische König mit göttlichen Gaben ausgezeichnet sei und zudem größten Schwierigkeiten standgehalten und sie überwunden habe“.⁹¹ Philips Galle nimmt eine weitverbreitete Vorstellung auf, wenn er festhält: „adeò vt alter nobis Dauid extitisse vedeatur“.⁹² Diese Identifikation von Philipp II. (1527– 1598) mit David überrascht, wird doch meist – etwa bei Alonso Cabrera – Karl V. (1500 – 1558) mit den Beispielen der Weisheit und der hervorragendsten Kunstwerke mit dem einzigartgien David, dem Sohn Jesses, dem König des israelitischen Volkes, zu vergleichen wäre.“  Hänsel, S. (1991, 121). Vgl. Sellink, M. S. (1997, 92): „By offering his readers the exemplary life and acts of the biblical hero David, Galle, so he informs the reader in his introduction, wanted to help all the faithful and all those who study the Catholic religion in learning which virtues are essential for the salvation of one’s soul.“  Vgl. Einleitung fol. 2 A verso: „Quæ Montani sententia mihi sæpius excepta adeò placuit, animoque insedit meo, vt hoc vnum argumentum, inter ea, quæ selectissima existimaueram, cum primis dignissimum arbitratus fuerim, quod Chalcographicæ artis mihi pietatis cũ primis colendæ causa comparatæ & exercitæ diligentia & industria expressum & exornatum ad piorum, & Catholicæ religionis studiosorum vsum & oblectamentũ exhiberem.“  Hänsel, S. (1991, 121). Vgl. Sellink, M. S. (1997, 92) und Melion, W. S. (2005, 78). Vgl. Einleitung fol. 2 A verso und fol. A3 recto: „Huius autem opusculi munusculique mei primum & potissimum spectatorem te, Philippe Rex optime, mihi ipse ab initio proposui ac delegi, idque summo iure, quippe quo vt nullum in terris superiorem nec certiorem mihi dominum à Deo constitutum agnoscebam, ita nullum esse intelligebam, cui regis omni laborum ac virtutum genere exercitatissimi exemplum magis aptè con ueniret, quàm tibi Principi maximis dotibus ornatissimo simul ac piissimo, qui solus, ex quo regni clauũ tenere cœpisti, diuino auxilio adiutus tot maximas ac difficillimas res sustines, & partim cõponis & partim firmas, cæteras, vt speramus, ad Dei gloriã instauraturus sis […].“ In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Als ersten und wichtigsten Betrachter dieses kleinen Werks und Geschenkes habe ich mir von Anfang an Dich, Philipp, bester König, vorgestellt und ausgewählt, und das mit gutem Recht, da ich, wie ich auf Erden mir keinen höheren und sichereren, mir von Gott bestimmten Herrn anerkenne, so auch keinen erkannte, auf den das Beispiel des in allen Leistungen und Tugenden hervorragendsten Königs so passend zutrifft wie auf dich, Fürst, der du zugleich mit den höchsten Gaben ausgestattet und überaus fromm bist, dass du allein, seit dem du das Ruder des Reiches in die Hand genommen hast, mit göttlicher Hilfe so grossartige und äusserst schwierige Unternehmungen vollbringst, und sie teils ausführst, teils bestätigst, und andere, wie wir hoffen, zur Ehre Gottes in Angriff nehmen wirst […].“  Einleitung, fol. A3 recto.

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

David und Philipp II. mit Salomo identifiziert.⁹³ Dennoch wurden grundsätzlich die spanischen Monarchen häufiger als novus David gesehen und dynastisch das „Haus Habsburg“ mit dem „Haus David“ gleichgesetzt.⁹⁴ Wer war dieser „Herausgeber“ des Werkes David, der sich im Vorwort an Leserschaft und König richtet? Über die Jugend und Ausbildung von Philips Galle (1537– 1612) (Abb. 2.2.) ist wenig bekannt.⁹⁵ Vermutlich wurde er jedoch von Dirck Volckertsz. Coornhert, dem einzigen professionellen Kupferstecher in Haarlem zu der Zeit, ausgebildet.⁹⁶ Schon bald war er „recognised as an engraver and print publisher of considerable importance“.⁹⁷ Bis 1570 wirkte Philips Galle vor allem in Haarlem. Zusammen mit dem Zeichner Maarten van Heemskerck (1498 – 1574) und dem Humanisten Hadrianus Junius schuf er zahlreiche allegorisch moralisierende Werke „that intended to instruct the viewer on the importance of Christian ethics in daily life“.⁹⁸ Aus dieser Zeit stammt eine Serie von sechs Kupferstichen, die das menschliche Elend darstellen. Diese „is most unusual in its pessimism, its lack of any reference to the (religious) hope of salvation, and in its unflattering comparison between the inbred misfortune of mankind versus the natural state of grace in the animal world“.⁹⁹ 1569 oder 1570 verliess Philips Galle Haarlem und liess sich in Antwerpen, dem damaligen Zentrum für Buchdruck in Nordeuropa, nieder. Möglicherweise ist der Kupferstich von dem Standbild Herzogs von Alba Philips Galles erstes Werk, das er in Antwerpen publizierte.¹⁰⁰ Philips Galle war gleich von Beginn an in Antwerpen äusserst produktiv. Zwischen 1572 und 1575 entstand eine grosse Anzahl einzelner Kupferstiche, Kupferstichserien und illustrierter Bücher, darunter mehrere, die aus der Zusammenarbeit mit Benito Arias Montano hervorgingen.¹⁰¹ Es kann angenommen werden, dass Philips Galle eng befreundet

 Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 45 f.47); Édouard, S. (2005, 10 f.). Ausführlich zu Philipp II. als neuer Salomo Édouard, S. (2005, 241– 288). Vgl. Pedro de Gante, Liber trium officiorum ex Salomone collectus et ex sacris derupte navigation Caroli V Imperatoris (1520), Bca. El Escorial, Ms. III, D-9. Vgl. die Angaben bei Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 47 Anm. 26).  Vgl. Édouard, S. (2005, 245 – 252) und Polleross, F. (1995, 233).  Mehr zu ihm bei Hänsel, S. (1991, 90 f.); Sellink, M. S. (2001, XXXVI).  Sellink, M. S. (2001, XXXVI).  Sellink, M. S. (2001, XXXIII).  Sellink, M. S. (1997, 135).  Sellink, M. S. (2001, XXXVIII). Vgl. auch die Kupferstichserie zu Hiob, The Illustrated Bartsch 5601.018:1– 8.  Vgl. dazu oben sowie Sellink, M. S. (2001, XXXIX).  Vgl. die Angaben weiter oben sowie Sellink, M. S. (2001, XLIII): „In only four years time, the two of them worked together on some of the most important and innovative print series published by Galle’s workshop.“ Vgl. zudem Sellink, M. S. (1997, 88).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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war mit Christopher Plantin,¹⁰² Benito Arias Montano und Abraham Ortelius.¹⁰³ Wie für den gesamten Antwerpener Freundeskreis Arias Montanos gilt vermutlich auch für Galle, „daß er nicht auf eine eindeutige politische oder religiöse Haltung festzulegen ist. Zwar druckte er zahlreiche Werke mit antispanischer Tendenz und arbeitete im Dienst der oranistischen Propaganda, doch hatte er nie Schwierigkeiten mit der katholischen Obrigkeit bekommen, auch nicht nach der Rückeroberung Antwerpens durch Alessandro Farnese“.¹⁰⁴ Abgesehen von den Kupferstichen, die Galle selbst entwarf, „most of print designs before 1590 were produced by artists who were not permanent members of his workshop“.¹⁰⁵ Einer der Zeichner, die am längsten bei ihm angestellt waren, war Maarten de Vos, mit dem Galle ab 1574 zusammenarbeitete.¹⁰⁶ Dies ist insofern bedeutsam, als Maarten de Vos eine sechzehnteilige Serie von Zeichnungen zu David schuf, die später grösstenteils in der Ausgabe von 1597 verwendet wurde.¹⁰⁷ Als Zeichner für die 48 Kupferstiche in der Ausgabe von 1575 kommen Gerard van Groeningen und Crispijn van den Broeck in Frage.¹⁰⁸ Da Philips Galle auf dem Titelblatt als instruente erwähnt ist, bleibt ungewiss, ob er selbst der Kupferstecher war. Sehr wahrscheinlich handelte es sich beim Stecher um Johan I. Sadeler: „The

 Vgl. Sellink, M. S. (2001, XLIV): „Yet it was above all Christophe Plantin with whom Philips Galle associated in the production of elaborate print series and illustrated books.“  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 57).Vgl. Sellink, M. S. (1997, 84).Vgl. auch Imhof, D. (2011, 231): „At the end of the letters between Plantin and Benito Arias Montano, greetings were often exchanged between a small group of people, which included the cartographer Abraham Ortelius, the philologist Theodor Pulmannus, and the print publisher Philip Galle.“  Hänsel, S. (1991, 91). Sellink, M. S. (1997, 120 – 131) verweist auf zahlreiche Papst- und Heiligenbilder, aber auch auf jesuitische und franziskanische Publikationen, hält jedoch fest: „It is difficult to assess to what extent Galle’s personal opinion on religion influence on the subjects of the prints he engraved and published“ – so Sellink, M. S. (1997, 136).  Sellink, M. S. (2001, XLIf.). Vgl. auch Sellink, M. S. (1997, 84). Vgl. auch Voet, L. (1980, 173): „This illustrated album was, in fact, a realization of Philip Galle, the Antwerp engraver and publisher, specialized in this kind of publications. It may be assumed that Galle and/or craftsmen of his studio made the designs and the actual engravings.“  Vgl. Sellink, M. S. (1997, 106) und Sellink, M. S. (2001, XLVI).  Vgl. Kapitel C. 3.3.1.  In The New Hollstein, Gerard van Groeningen, Bd. IV, Nr. 265 – 286 werden die ersten einundzwanzig Kupferstiche Gerard van Groeningen zugerechnet, die restlichen Crispijn van den Broeck (The New Hollstein, Crispijn van den Broeck, Bd. XXII, Nr. 260 – 286). Vgl. Schuckman, C. (1997, 54– 68).Vgl. hierzu die weiteren Angaben bei Hänsel, S. (1991, 120 f. Anm. 166) sowie Sellink, M. S. (1997, 91): „Although the designer of the engravings is not mentioned anywhere, the compositions compare very well to those of the Diviniarum nuptiarum and Christi Jesu vitae speculum and can therefore be plausibly attributed to Gerard Groenning as well.“ Sowohl Gerard van Groeningen als auch Crispijn van den Broeck arbeiteten bei der Illustration des Divinarum nuptiarum conventa et acta von Benito Arias Montano mit – ausführlich dazu Melion,W. S. (2009, 39).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

monogram ‚IS‘ of this young Antwerp printmaker – who had already engraved illustrations of a book by Arias Montano for Plantin in 1571 – is found on two of the engravings.“¹⁰⁹ Es kann angenommen werden, dass sehr viele verschiedene Künstler, Handwerker und Gelehrte an der Erstellung der Bilder beteiligt waren. Die Publikation des Davidbuches präsentiert sich jedoch insgesamt als „a joint venture between Galle and Christophe Plantin, whose imprint was added in letterpress in the lower margin of the title page“¹¹⁰ („Ex officina Christoph. Plantini, Architypog. Regii.“). Die künstlerische und intellektuelle Zusammenarbeit von Benito Arias Montano und Philips Galle ist Beispiel für das Zusammenkommen von Text und Bild zu einer „alegoría sacro política“¹¹¹ beziehungsweise einem emblematischen Werk. David „assembles biblical images and poems into a closely argued meditative program consisting of engraved pictorial exempla completed by visually evocative poetic texts“.¹¹² Benito Arias Montano verstand Bilder nicht als Illustration der Texte, sondern als gleichwertigen Bestandteil einer Gesamtkomposition.¹¹³ Es kann auch vermutet werden, dass Benito Arias Montano nicht nur die Verse schrieb, sondern auch auf die Bilder Einfluss nahm.¹¹⁴ Dies war etwa bei den Illustrationen der Polyglota der Fall, die eindeutig dazu gedacht waren, den Text

 Sellink, M. S. (1997, 91 f.). In der Ausgabe von Claes Jansz. Visscher, wo die Stiche wieder verwendet werden, ist die Signatur Sadelers im Druck Nr. 10 und 16 sichtbar.Vgl. zuletzt Melion,W. S. (2005, 198 Anm. 8): „The draftsmen Gerard van Groeningen and Crispijn van den Broeck supplied the modelli, which were engraved by Jan Sadeler I and an unidentified master, and printed by Christopher Plantin.“ Vgl. auch van der Coelen, P. (1996c, 154). Mehr zur Familie Sadeler in Kapitel C. 3.3.1.  Sellink, M. S. (1997, 91).  Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 41.43). Mehr zur „colaboración artistic e intelectual“ von Benito Arias Montano und Philips Galle bei Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 42– 44).  Melion, W. S. (2009, 5).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 202). Vgl. Sellink, M. S. (2001, XLIII): „In most of these series Arias Montano not only provided Galle with Latin verses to be engraved in the margins of the prints, but also seems to have been deeply involved as an intellectual adviser for their content and iconography.“  Vgl. etwa Rekers, B. (1972, 115): „Montano had always been interested in pictorial art. During his stay in Flanders the engravers Galle, van de Borcht and van der Broeck were among his closest friends, and sometimes Montano made preliminary sketches for the illustrations of his own books.“ Vgl. auch McGrath, E. (2000, 44): „Some scholars even drew up their own designs, as in the case of Benito Arias Montano, who not only planned the ill-fated monument of the Duke of Alva, but devised schemes for emblems, and for the title page of the Polyglot Bible, that great production of the Plantin press.“

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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zu ergänzen.¹¹⁵ Auch dem Vorwort von Christopher Plantin und Briefen von Arias Montano ist zu entnehmen,¹¹⁶ dass dieser am Entwurf der Kupferstiche für Humanae salutis monumenta beteiligt war.¹¹⁷ Benito Arias Montano hatte schon in seiner Kindheit von Jacobus Vasquus Matamorus Zeichenunterricht bekommen.¹¹⁸ Daneben eignete er sich auch kunsttheoretische Kenntnisse an,wie aus Inventaren seiner Bücher hervorgeht. Schliesslich war er Zeit seines Lebens mit dem Sevillaner Maler Pedro de Villegas Marmolejo und zahlreichen niederländischen und italienischen Künstlern befreundet,¹¹⁹ und während seines Aufenthalts in den Niederlanden wurde er von seinen spanischen Freunden, aber auch von Philipp II. und von Herzog von Alba mit zahlreichen Kunstkäufen betraut und dürfte zu den bedeutendsten Kunstsammlern seiner Zeit gehört haben.¹²⁰ Über jedem der 48 Kupferstiche befindet sich ein Motto und darunter eine vierzeilige lateinische Ausführung, es fehlen jedoch Angaben zu den Bibelstellen.¹²¹ Sicherlich war es insgesamt „highly unusual to devote such an extensive series of images to the life of King David“.¹²² Aber nicht nur das Thema insgesamt ist selten, auch hinsichtlich einzelner Darstellungen fallen ungewöhnliche Motive auf, die im Folgenden näher erläutert werden: Besonders bedeutend sind die Darstellung von Batseba und David sowie jene, in der David dem Joab den Auftrag  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 88 – 102). Ausführlich dazu auch Hänsel, S. (1991, 27– 35). Vgl. zudem Hänsel, S. (1989, 90): „Für die Biblia Polyglota entwickelte Arias nicht nur Rekonstruktionen der biblischen Bauten, also Arche, Stiftshütte und Tempel, er entwarf auch die Titelblätter, welche einerseits Philipp II. als Retter der katholischen Einheit und Schöpfer eines Friedensreiches zeigen, andererseits die Gewißheit über die Erfüllung der göttlichen Verheißungen zum Leitmotiv der Bibelausgabe erheben.“  Neben einem Vorwort von Christopher Plantin findet, sich auch Approbationen von Benito Arias Montano. „Als Stecher der Illustrationen erscheinen Abraham de Bruyn, Pieter Huys und die Brüder Wierix, die auch an der Polyglota beteiligt waren. Gezeichnet wurden die Darstellungen von Pieter van der Borcht, der ebenfalls bei den Titelblättern der Bibel mit Arias zusammengearbeitet hatte.“ – so Hänsel, S. (1991, 69).Vgl. auch Melion,W. S. (2005, 199 Anm. 33) und Melion,W. S. (2009, 44).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 69): „Arias maß also den Illustrationen so hohe Bedeutung bei, daß er sich nicht mit dem Abfassen der Texte begnügte, sondern selbst genaue Vorstellungen über die zeichnerische Gestaltung einbrachte.“  Vgl. Hänsel, S. (1991, 12), die sich dabei auf die Einleitung des mit „Nehemia“ betitelten Traktates im achten Band der Polyglota, beruft.  Vgl. Hänsel, S. (1991, 13 – 15).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 17– 23).Vgl. insgesamt zum Einfluss Benito Arias Montanos auf die Kunst Pizarro Gómez, F. J. (2006, 24– 49).  Vgl. Sellink, M. S. (1997, 95): „In every illustration readers are confronted with a single moment from the story of David, combined with a Latin motto summarizing the virtue in question above the image and four explanatory lines of Latin verse underneath.“  Sellink, M. S. (1997, 92).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

gibt, das Heer zu zählen. Der Kupferstich zeigt David und Batseba als sich liebkosendes Paar (Abb. 2.35.a.). Diese Szene wird selten dargestellt, und daher ist die Ähnlichkeit mit einem Stich von Iohannes Baptista Collaert I nach Maarten de Vos, der in einer Serie des Dekalogs für das Verbot des Ehebruchs steht (Ex 20,14 par. Dtn 5,18), besonders bemerkenswert.¹²³ Es wird deutlich, dass Philips Galle nicht die Verführung in den Vordergrund stellt, sondern Davids Verschulden und in aller Deutlichkeit „dessen Verwerflichkeit und seine bösen Folgen“¹²⁴ betont. Sehr ähnlich wird auch mit der Darstellung des Befehls zur Volkszählung (Abb. 2.47.a.) – ebenfalls ein äusserst seltenes Motiv – sein sündiges Handeln in den Vordergrund gestellt. Es stimmt nur teilweise, dass David in dieser Serie als tugendhaftes Vorbild¹²⁵ präsentiert wird, geradezu schonungslos wird auch seine Sündhaftigkeit gezeigt. Daneben werden David unter anderem folgende Tugenden zugeschrieben: fides, modestia, pietas und prudentia. ¹²⁶ Die Tugend der Tapferkeit (fortitudo) präsentiert sich als FORTITUDO INNOCENS. Im Vordergrund steht nicht Davids Ruhm als kriegerischer Held und tüchtiger Feldherr, sondern seine „Eigenschaft als frommer, milder und gerechter Fürst, der auch seine Gegner achtet und ihnen verzeiht“.¹²⁷ Der äusseren Stärke – etwa dem heldenhaften Sieg über Goliat – entspricht eine „fuerza interior del espíritu“.¹²⁸ Abgesehen von der Darstellung von Davids Kampf gegen wilde Tiere (Abb. 2.6.a.) und gegen Goliat (Abb. 2.10.a.) sowie der Darstellung, wie David den Philistern die Vorhäute abschneidet (Abb. 2.14.a.) und der Darstellung des Kriegs gegen die Ammoniter, dort jedoch lediglich im Hintergrund (Abb. 2.37.a.), finden sich keine Schlacht- oder Gewaltdarstellungen in den 48 Kupferstichen.¹²⁹ Im Vordergrund steht die clementia (Abb. 2.31.a. und

 Vgl. Schuckman, C. (1995, 39). Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLV, Nr. 81/1 sowie The New Hollstein, The Collaert Dynasty, Bd. XIV, Nr. 38. Vgl. auch Michael Willmann, David und Batseba, Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig. Vgl. ausführlich dau auch Veldman, I. M. (1995, 229 – 235).  Hänsel, S. (1991, 124).  Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 45): „Así, en la serie grabada por Galle nos presenta la imagen del rey David como óptimo gobernante y como referente ético para el soberano español.“  Vgl. Hänsel, S. (1991, 125); Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 46). Vgl. zudem Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 48): „Conforme a la imagen humanista y montaniana del príncipe, David es el modelo de rey prudente, justo, clemente, lleno de fortaleza, y muy cuidadoso con la piedad y la religiosidad.“  Hänsel, S. (1991, 125).  Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 48).  Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 51): „En el resto de las ocasiones, cuando se representa una escena violenta o bélica, no es David el protagonista sino el personaje al que el propio

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Abb. 2.49.a.): David wird sowohl beim Aufstand Absaloms (Abb. 2.41.a. und 2.43.a.) als auch beim Aufstand Schebas als nachsichtiger und milder Herrscher (Abb. 2.44.a.) dargestellt. Genau darin kann auch die politische Forderung des Werkes gesehen werden: Eine Politik der Nachsichtigkeit, der Milde und Vergebung, kurz der clementia, forderte Benito Arias Montano in den Jahren 1572 und 1573 hinsichtlich der Politik in den spanischen Niederlanden.¹³⁰ Zwar finden sich im Werk David keine expliziten Anspielungen auf die aktuelle politische Situation in den spanischen Niederlanden, doch gibt es indirekte Bezüge. María Dolores Campos Sánchez-Bordona hat die Darstellungen von David auf Karl V. bezogen.¹³¹ Sie argumentiert beispielsweise mit der dreimaligen Darstellung der Krönung Davids im Werk von Benito Arias Montano: zum einen der Krönung zum König von Juda nach dem Tod Sauls (Abb. 2.28.a.), dann der Krönung über Israel nach dem Tod Eschbaals (Abb. 2.32.a.) und schliesslich der Krönung durch die Ammoniter (Abb. 2.37.a.).¹³² Diese drei Krönungsszenen könnten auf drei Krönungen im Leben Karls V. übertragen werden: die Ernennung Karls zum König in Kastilien 1516), vier Jahre später der Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (1520) und schliesslich der Krönung zum Kaiser durch Papst Clemens VII. (1530).¹³³ Wie David herrschte auch Karl V. erst über ein kleineres Reich, bevor er die sakrale monarchia universalis antrat und mit der Krönung zum Kaiser die Personalunion erreichte.

rey ha de perdonar, juzgar o castigar, de manera que se muestre como príncipe prudente, clemente y justo con los hechos cometidos por otros, sirviendo de ejemplo de buen gobernante.“  Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 49): „La política de clemencia era la solicitada pro Arias Montano para los Países Bajos en torno a 1572– 1573, ante la actuación de terror llevada a cabo en años anteriores por el Duque de Alba.“ Vgl. auch Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 44): „En el terreno de la práctica política, el humanista inserta en la serie de David muchos de los problemas que se estaban planteando al monarca español Felipe II. en relacíon al proceso de pacificación y control de los Paíes Bajos, y que Montano conocía perfectamente habida cuenta de su intervención como consejero real en ese campo.“ Ebenso Hänsel, S. (1991, 125): „Dieses Herrscherideal stimmt mit Arias Montanos Haltung in der niederländischen Frage überein, wo er für politische Milde plädierte und für den Generalpardon eintrat, das den ‚Reuigen‘ Straffreiheit zusicherte. In diesen Zusammenhang gehört beispielsweise auch die Schonung der Stadt AbelBeth-Maacha nach Auslieferung des Verräters; eine Begebenheit, die für die zeitgenössischen Leser ein deutliches Gegenbild zu dem gnadenlosen Vorgehen der Truppen Albas gegen Städte wie Mecheln oder Haarlem gewesen sein dürfte.“  Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 41– 56).Vgl. zur Rezeption Karls V. in italienischen Bildprogrammen des 16. Jahrhunderts Ullrich, U. B. (2006).  Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 47).  Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 47). „[…] la elección come rey de Castilla, en 1516, la coronación de Carlos como emperador de Alemania, a la muerte de Maximiliano, celebrada en Aquisgran en 1520 y finalmente, en 1530, su coronación como Emperador de Occidente por el Papa Clemente VII. y su entrada triunfal en Bolonia […].“

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Zudem werde Karl V. als defensor fidei, Verteidiger des Glaubens gegen Häretiker, Lutheraner und Calvinisten, mit David verglichen, der über Goliat siegt.¹³⁴ Ferner könne der Ehebruch mit Batseba und Natans Kritik als versteckte Anspielung auf Karl V. und dessen ausserehelichen Sohn Don Juan d’Austria gesehen werden.¹³⁵ Und schliesslich erinnere die Ablegung seiner Kaiserwürde und Herrschertitel, das Eingeständnis bei der Demission, nicht immer richtig gehandelt zu haben („dass ich mich zu mannigfachen Irrthümern habe verleiten lassen“),¹³⁶ seine Bitte um Vergebung und der Rückzug Karls V. in die unmittelbare Nähe zum Hieronymitenklosters Yuste in gewisser Weise an die Machtübergabe Davids, der, alt und schwach geworden, die Macht an Salomo übergibt.¹³⁷ Gerade in den letzten Lebensjahren hat Karl V. seine Herrschaftsausübung immer wieder bedacht und eine besondere Vorliebe für die Psalmen als christliche Herrschafts- und Tugendlehre gezeigt, wie eine Notiz seines nächtlichen Vorlesers Guillaume van Male zeigt.¹³⁸ Es wäre daher insgesamt nicht verwunderlich, wenn Karl V. mit David gleichgesetzt würde – und zwar in Schwächen wie in Stärken. Dennoch ist wahrscheinlich, dass das Werk David nicht mit Karl V., sondern viel eher mit Philipp II. in Zusammenhang gebracht werden sollte, dem das Buch gewidmet ist. So erreichte dieser beispielsweise die Vereinigung von Spanien und Portugal und kann deshalb mit David gleichgesetzt werden, der Israel und Juda in einer Personalunion vereinte. Anlässlich seiner Krönung 1581 liess er sich auf einem Triumphbogen als Hirt darstellen, der seine Herde weidet.¹³⁹ Philipp II. prägte nicht unbedingt das Bild eines „bedrohten“ und „sündigen“ Herrschers,¹⁴⁰ doch kursierten eschatologische Vorstellungen vom Ende des habsburgischen Reiches sowie die Prophezeiung von Krieg und dem Tod des Königs. Es ist denkbar, dass im Davidbuch von 1575 auch Kritik an Philipp II. angelegt ist, die sich in den 1580er Jahren weiter verstärken sollte, als François I., Herzog von Anjou, fünfter Sohn von Henri II. und Catherine de’ Medici, in Brabant Herzog wurde, was als „unlawful rebellion

 Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 51): „Pero Mexia, en Silva de varia lección (1593), hace referencia al triunfo de David sobre Goliat para recordar la figura del triunfal Emperador Carlos.“  Vgl. Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 49): „Es probable que la relación de David con Betsabé pueda ser entendida como alusión a la de Carlos V de la que nació don Juan de Austria.“  Aus: Ansprache Karls V. vor den Deputierten der niederländischen Generalstände; Rechtfertigender Rückzug Karls V. auf seine Regierungszeit und Übertragung der Herrschaft an Philipp, Brüssel 1555. Zitiert nach Kohler, A. (1990, 467). Vgl. zudem Schorn-Schütte, L. (32006, 81 f.).  Vgl. ähnlich Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 52 f.).  Vgl. Schorn-Schütte, L. (32006, 19.22).  Vgl. Édouard, S. (2005, 197).  Vgl. zu bildlichen Darstellungen der spanischen Herrscher Jorzick, R. (1998, 189 – 135).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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against a legitimate ruler“ aufgefasst wurde.¹⁴¹ Sehr heftig wurde Philipps II. hartes, kriegerisches Vorgehen verurteilt. Insbesondere Miguel de Piedrola kritisierte „la politique impériale de Philippe II et de Charles Quint, qui au nom de leur dynastie, ont entraîné l’Espagne dans des guerres coûteuses, sous le prétexte d’une idéologie religieuse, plus meurtrière et intolérante que pacifiste.“¹⁴² Nach der Niederlage der Armada 1588 gegen England und einer grossen Finanzkrise „le pouvoir de Philippe II est alors en pleine crise de confiance“.¹⁴³ Die Kritik an Philipp II. mehrte sich sowohl im Innern als auch im Äussern des spanischen Reiches.¹⁴⁴ Auch Benito Arias Montano wurde 1590 gegenüber Philipp II. in seinem Schreiben El deseado Gibierno buscado por el amor de el, para el Reyno de España sehr deutlich.¹⁴⁵ In diesem verzweifelten Appell beschreibt er Spanien als einen kranken, unheilbaren Körper und bittet den König, seine Augen gegenüber der Realität nicht zu verschliessen.¹⁴⁶ Heftiger noch war die Kritik von Antonio Pérez, der Philipp II. als Mörder seiner Frau und seines Sohnes und als Usurpator darstellt¹⁴⁷ – dies hat gewisse Ähnlichkeit mit dem Vorwurf Natans gegenüber Davids.¹⁴⁸ Schliesslich wird Philipp II. in der Statuengruppe an der Kirchenfassade in San Lorenzo El Escorial,¹⁴⁹ die Benito Arias Montano entworfen hat, mit David identifiziert.¹⁵⁰ Dabei wird sogar deutlich, dass Benito Arias Montano den Vergleich Philipps II. mit David jenem mit Salomo vorzog.¹⁵¹  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 200 – 205).  Édouard, S. (2005, 230).  Édouard, S. (2005, 232).  Vgl. Édouard, S. (2005, 123 f.)  Ms II 2045, fol 126r, Bibliothèque Albert 1er, Bruxelles. Angaben von Édouard, S. (2005, 235) übernommen.  Vgl. Édouard, S. (2005, 235).  Vgl. Édouard, S. (2005, 236).  Don Carlos (1545 – 1568) war der einzige legitime Sohn Philipps II. und daher anerkannter Thronfolger, doch gab es viele Streitigkeiten zwischen Vater und geistig verwirrtem Sohn. Zeitweise kursierten Gerüchte, dass dieser auch zur Revolte gegen den Vater bereit war, weshalb ihn Philipp II., nachdem Don Carlos seinen Onkel Juan de Austria mit dem Schwert angegriffen hatte, am 18. Januar 1568 im Königspalast gefangen gesetzt hat, wo er wenig später starb.Vgl. Edelmayer, F. (2009, 167).  Vgl. Pizarro Gómez, F. J. (2006, 40 f.).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 165).  Pizarro Gómez, F. J. (2006, 40): „La ubicación de David en el puesto de honor de la serie y de la fachada supone un aspecto importante, pues, contrariamente a lo que pudiera pensare en la relación del templo escurialense con el de Jerusalén y, por tanto, de Felipe II con Salomón, Arias Montano prefiere la asociación de Felipe II con David.“ Ferner kommt David auch im Hauptsaal der Escorialbibliothek vor, der zwischen 1586 und 1592 von Pelegrino Pelegrini und Bartolomeo Carducho ausgestaltet wurde. Das Bildprogramm des Freskenzyklus geht grösstenteils auf José de Sigüenza, aber vermutlich auch auf Benito Arias Montano zurück und widmet sich thematisch den

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Benito Arias Montano setzte sich mehrfach mit dem alttestamentlichen König auseinander und immer wieder spielt dabei Davids Bedrohung im weitesten Sinne eine Rolle. Verwiesen sei hier lediglich noch auf das 1571¹⁵² erschienene Werk Humanae salutis monumenta, bestehend aus rund 70 Gedichten und Kupferstichen mit Themen zur Bibel.¹⁵³ 26 Szenen darin stammen aus dem Alten Testament, 41 aus dem Neuen Testament, ferner finden sich zwei Carmen Votivum ad Christum Jesum an Anfang und Ende.¹⁵⁴ Die Reihenfolge der Darstellungen und Gedichte folgt mehrheitlich dem biblischen Text. Lediglich fünf alttestamentliche Szenen beschäftigen sich mit den Samuelbüchern.¹⁵⁵ Doch die Auswahl der Themen mag überraschen:¹⁵⁶ Ein Kupferstich zeigt Samuel, einer Natan und einer, wie Natan David die Strafe Gottes übermittelt. Zuletzt folgt je eine Darstellung zu David¹⁵⁷ und Salomo.¹⁵⁸ David und Salomo sitzen als uomini illustri auf prächtigen Thronen, die Propheten stehen jeweils auf einem kleinen Hügelplateau, „hinter dem sich mit tiefliegendem Horizont niederländische Landschaften erstrecken“.¹⁵⁹ In direkter Anlehnung daran ist das Werk Sacrarum antiquitatum monumenta (1577) des Andernacher Bischofs Ludovicus Hillesemius entstanden.¹⁶⁰ Es enthält 39

artes liberales. Vgl. ausführlich dazu Hänsel, S. (1991, 153 – 157). Vgl. etwa die Darstellung in der Bibliothek im El Escorial wie David vor Saul die Harfe spielt, von Malern aus der Werkstadt Pellegrino Pellegrini zwischen 1591– 1592 ausgeführt. Zur Ausgestaltung der Bibliothek vgl. Scholz-Hänsel, M. (1987).  Vgl. zu den verschiedenen Ausgaben Voet, L. (1980, 182– 188) und Hänsel, S. (1991, 71– 73).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 68). Vgl. dazu auch Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 107– 119). 18 Kupferstiche wurden bereits zuvor in der Horae beatae virginis Mariae von Plantin herausgegeben, womit deutlich wird, dass mit den Humanae salutis monumenta eine neue Form des Andachtsbuches geschaffen wurde, das die Tradition aufgriff und gleichzeitig den humanistischen Bedürfnissen entsprach.Vgl. Hänsel, S. (1991, 73).Vgl. dazu ausführlich auch Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 107– 113).  Melion, W. S. (2009, 43 f.): „Humanae salutis monumenta consists of seventy-one images that chronicle the history of human salvation from the fall of Adam and Eve to the Last Judgment.“  Hänsel, S. (1991, 75) hält im Hinblick auf die Erstausgabe fest: „Die historischen Bücher der Könige und Chroniken, neben dem Pentateuch beliebteste Motivquelle der Bilderbibeln, sind in den ‚Monumenta‘ nur mit einem einzigen Bild vertreten: Nathan, der David die Reue ermahnt.“  Hänsel, S. (1991, 75): „Sowohl Bildauswahl als auch Darstellungsweise wirken dahin, daß die Bilderbibel als Geschichtensammlung ersetzt wird durch eine Folge lehrhafter Exempla, deren erzählerischer Zusammenhang zwar vorausgesetzt wird, für das Einzelbild aber nur eine untergeordnete Rolle spielt.“  Vgl. Melion,W. S. (2005, 90 f.).Vgl. zudem The New Hollstein, Gerhard van Groeningen, Bd. IV, Nr. 383 – 386 und The New Hollstein, Crispijn van den Broeck, Bd. XXII, Nr. 914– 917.  Vgl. Melion, W. S. (2005, 91 f.).  Hänsel, S. (1991, 82).  Vgl. dazu Hänsel, S. (1991, 88 f.).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Oden an bedeutende Männer (viri illustri) des Alten Testamentes – unter anderem David, Natan und Gad. Diese vielfältige Beschäftigung Benito Arias Montanos mit David ist insofern erstaunlich, als David ansonsten in Bibelkommentaren spanischer Autoren eher eine marginale Rolle spielt.¹⁶¹ Zwar gibt es eine blühende Tradition von Psalmenkommentaren und -übersetzungen aus dieser Zeit, doch gehen lediglich wenige auf Davids Leben, wie es in den Samuelbüchern geschildert ist, ein. Erst später – aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts – sind Werke von spanischen Autoren zu David bekannt, etwa: Davidicae vitae diexagoge (1640) von Vincente Mariner de Alagón (erste Hälfte des 17. Jh.), Dichter und Bibliothekar Philipps IV. im El Escorial,¹⁶² oder Throsne de David ou cinquiesme Monarchie (1643) von Miguel Montserrat (Montañés), mit millenaristischen Ideen,¹⁶³ sowie Quastio expositiva circa verba David: Homo cum in honore esset non intellexit. De beneficis sensibilibus naturae integrae amissis (1644) des Jesuiten Juan Bautista Poza.¹⁶⁴ Ferner stammen aus dieser Zeit noch die Kommentare zu den Samuelbüchern von Gaspar Sánchez, SJ (1554– 1628)¹⁶⁵ und Diego Malo de Andueza, OSB.¹⁶⁶ Das Werk David von Benito Arias Montano wurde vielfältig rezipiert. Diese erste Auflage von Benito Arias Montano und Philips Galle wurde – abgesehen von der überarbeiteten Auflage von 1597, auf die gleich näher eingegangen wird – noch einmal neu aufgelegt, und die Kupferstiche wurden noch mehr als hundert Jahre weiter verwendet. So war es das erste Buch, das Nicolaes Visscher (1618 – 1679), dessen Vater Claes Jansz. Visscher (1586/1587– 1652) einer der bekanntesten Kupferstecher und Verleger in Amsterdam war,¹⁶⁷ nach der Übernahme des Ver-

 Vgl. dazu die Übersicht der Bibelkommentare spanischer Autoren bei Reinhardt, K. (1990 / 1999).  Vgl. Reinhardt, K. (1999, 43).  Vgl. Reinhardt, K. (1999, 90).  Vgl. Reinhardt, K. (1990, 206). Vom Ende des 17. Jahrhunderts ist von Manuel Delgado Buenrostro ein Werk mit dem Titel „Triunfos de David y de Judith, en verso heroico“ bekannt. Vgl. Reinhardt, K. (1990, 138).  Vgl. Reinhardt, K. (1999, 286): „In quatuor libros Regnum et duos Paralipomenon commentarii“, Antwerpen 1624.  Vgl. Reinhardt, K. (1999, 20 f.): „Libro primero de los Reyes. Saul coronado y David ungido. Fin de la artistocracia de Israel, principio de la monarquia. Políticas de Saul y David. Academia literal y moral. Historia sacra real perifraseada“, Madrid 1671 und „Libro segundo de los Reyes (II Reg 1– 24). Historia real sagrada perifraseada. Políticas de David. Academia litteral y moral“, Madrid 1666.  Vgl.van der Coelen, P. (1996b, 37 f.).Vgl.Veldman, I. M. (1999, 417 f.): „From 1639 he published several editions of the Theatrum Biblicum, an anthology of prints illustrating the most important stories from the Old and New Testament in chronological order. Most were restrikes from sixteenth-

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

lages seines Vaters in Amsterdam publizierte.¹⁶⁸ In dieser Neuauflage von N. I. Visscher aus dem Jahre 1637 in Amsterdam wurde die Vorlage ohne Änderung übernommen.¹⁶⁹ Ergänzt wurde lediglich eine 49. Folie mit dem Titel PROMISSA DEI MANENT FIRMA. Allerdings wurde im Titel der Name des Autors und der Name des Herausgebers entfernt und die Vorrede weggelassen.¹⁷⁰ Vermutlich hängt diese Anonymisierung des Werkes mit dem Verbot von Benito Arias Montanos Schriften zusammen, vielleicht wurde sein Namen auch gelöscht, weil das Werk nun in einem deutlich protestantischen Kontext stand und eine Nennung Montanos zur damaligen Zeit in Amsterdam problematisch geworden wäre. „Visschers Nachdruck aus 1637 hat sicher dazu beigetragen, daß die Abbildungen von Galle, die später auch in Schabaeljes Grooten Emblemata Sacra aufgenommen wurden, einen großen Einfluß auf die David-Ikonografie der holländischen Malerei ausübten.“¹⁷¹ Die Kupferstiche wurden – entgegen der Vermutung, sie wären abgenutzt gewesen und deshalb nicht mehr verwendet worden¹⁷² – erneut um 1720 in der dritten Auflage der Histoire de la Vie de David, par Mr. L’abbé de Choisy (François Timoléon, Abbé de Choisy) benützt.¹⁷³ François Timoléon (1644– 1724) wurde als Sohn eines Hausangestellten des Herzogs von Orléan geboren und trat erst als Unterhalter am Hof auf, bevor er das Amt eines Geistlichen übernahm und unter anderem als Schriftsteller wirkte.¹⁷⁴ Diese dritte Auflage seiner Histoire de la vie de David enthält alle 49 Kupferstichen von Galle in genau derselben Reihenfolge und mit den identischen vierzeiligen Untertiteln von Benito Arias Montano. Der französische Text dazu von François Timoléon de Choisy scheint sich einer ge-

century plates, but Visscher was not in the least bit bothered by the fact that they had been made by Catholic artists.“  Vgl. van der Coelen, P. (1996b, 44).  Reinhardt, K. (1990, 41) und Praz, M. (21964, 260) erwähnen zudem eine Ausgabe von 1611 aus Amsterdam.  Vgl. David, hoc est virtutis exercitatissimæ probatum Deo spectaculum, ex David pastoris, militis, regis, exulis, ac prophetæ exemplis. Amstelodami. Excusum apud NI Visscher Anno 1637; benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 4808.bb.27.  Tümpel, C. / Boonen, J. / de Beer, G. u. a. (1994, 331). Vgl. zudem van der Coelen, P. (2002, 229 f.).  So van der Coelen, P. (1996b, 48).  Vgl. Histoire de la Vie de David, par Mr. L’Abbé de Choisy, troisiême Edition enrichie de Figures. A Paris, Chez la Veuve Martin Durand, ruë St. Jacques au Roi David, 1720(?); benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 554 E 8.Vgl. die erste Auflage: Histoire de la Vie de David, par Mr. L’abbé de Choisy, Suivant la Copie de Paris a Amsterdam, Chez Pierre Mortier, Libraire sur le Vygendam a la Ville de Paris, 1692; benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 861 a.22.  Ziegler, H. (2010, 96) nennt ihn neben Abbé de Saint-Pierre, Saint-Simon, Sain-Hilaire, der Marquis de la Fare oder Bussy-Rabutin als Kritiker aus dem höfischen Umfeld Louis XIV.

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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wissen Beliebtheit erfreut zu haben, denn es gibt auch eine englische Fassung davon.¹⁷⁵ Im Vorwort betont der Autor, dass es notwendig sei, eine Geschichte von David zu schreiben, „d’autant plus que personne ne l’a encore fait“. Auch François Timoléon de Choisy hält an der Ambivalenz des David-Bildes fest und hofft, dass der Leser aus dem Leben Davids lerne, wie er mit Gutem und Schlechtem, mit Gunst und Mühsal gottgefällig umgehen kann.¹⁷⁶

2.2.2. Die Ausgabe von Frankfurt am Main (1597) mit Kupferstichen von Johann Theodor und Johann Israel de Bry 22 Jahre nach der ersten Ausgabe 1575 erschien 1597 im Verlag von Zacharias Palthenius¹⁷⁷ eine überarbeitete und ergänzte Neuausgabe mit dem Titel: „David, VIRTVTIS EXERCITATISSIMÆ PROBATUM DEO SPECTACULUM, EX DAUIDIS, PASTORIS, MILITIS, DUCIS, EXSULIS AC PROPHETÆ EXEMPLIS, BENEDICTO ARIA MONTANO meditante ad pietatis cultum propositis. Æneis laminis ornatum a Ioanne Theodoro, & Ioanne Israele de Bry, fratribus ciuib. Francofurtensibus. Quid huic noua editioni a Conrado Rittershvsio ex biblioth. M. Bergii procurata

 Für diese Hinweise danke ich Silvaine Hänsel.Vgl. The History of the Life and Death of David with Moral Reflections. A Translation from the French. Found among the Papers of his late Excellency Matthew Prior, Esq; in the Custody of Mr. Adrian Drift, his Executor. To which is Annexed, A Philosophical Essay Concerning Love and Friendship, London, Printed for the Editor, 1741; benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 4804 c 6. Gewidmet ist das Buch John Potter D. D. Archbishop of Canterbury.  Aus der Einleitung der Histoire de la Vie de David, par Mr. L’Abbé de Choisy: „[…] j’espère que le Lecteur se sentira touché en voyant ce Prince, toûjours soumis devant la Majesté du Dieu vivant, toûjours humble dans ses sentiments, toûjours prêt pardonner à ses ennemis & à ceux qui l’avoient ofencé. Les differens états de grace & de péché où on le verra seront des matières à réflexions pour les personnes qui aient de la piété dans le fond, ne laissent pas quelque-foi de s’abandonner à leurs passions; & d’un autre côté pour ceux que le sentiment de quelque grand péché jette presque dans le desespoir. Son innocene servira de modèle aux gens de bien, & sa pénitence sera la consolation des pécheurs. Mais sur tout les aflictions que Dieu lui a envoiées, les desordres arrivez dans sa famille, & la mort de ses chers Enfans seront des éxamples capables d’apprendre à tous ceux qui se trouveront comme lui sous la main de Dieu, que les châtimens dont il les visite sont pour leur correction & non pas pour leur perte. Enfin & ceux qui sont dans la prospérité, comme a été le Prince sur son trône, & ceux qui sont dans l’abaissement & dans le dernier accablement, comme ils’y est veu plusierus fois, même depuis qu’oié a porté le diadéme, trouveront ici la leçon qui les instuiront de la manière dont ils doivent recevoir les biens & les maux, les faveurs & les peines qu’il plaît à la Providence de Dieu de leur dispenser.“  Zacharias Palthenius studierte in Marburg Jura und war ab 1595 als Buchdrucker in Frankfurt am Main tätig. Vgl. Reske, C. (2007, 243 f.).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

accesserit, prafano docebit. Ex officina M. Zachariæ Palthenii. M. D. XCVII.“¹⁷⁸ Statt REGIS, wie in der ersten Ausgabe von 1575, steht nun DUCIS als einer der Titel Davids. Aber nicht nur an Titel und Titelblatt wird die nova editio deutlich, auch sonst unterscheidet sich diese Auflage wesentlich von der ersten. Die Ausgabe von 1597 beginnt mit einem einleitenden Gedicht von Rudolf Goclenius (Göckel d. Ä., 1547– 1628), in dem er Matthias Bergius¹⁷⁹ als seinen Lehrer rühmt und seine Meditationes, die den Text von Benito Arias Montano ergänzen, „als Vermächtnis für die Nachwelt würdigt, in denen Bergius’ Leben und Geist gespiegelt seien“.¹⁸⁰ Darauf folgen Dedikation und Einleitung: Herausgegeben wurde das neue Werk von Conradus Ritterhusius, der das Buch Otto Heinrich von Pfalz-Sulzbach widmete: „ILLVSTRISSIMO PRINCIPI AC DOMINO, D. Othoni Heinrico Comiti Palatino Rheni, Duci Bauariæ, Comiti Veldentiæ & Sponheimii“. Damit ist nicht – wie fälschlicherweise angenommen wurde – Kurfürst Ottheinrich von der Pfalz und Neuburg (1502– 1559)¹⁸¹ gemeint, denn dieser war bei Erscheinen des Buches fast 40 Jahre tot,¹⁸² sondern einer seiner Nachfolger. Ottheinrich von der Pfalz und Neuburg trat das Gebiet von Neuburg und Sulzbach im Heidelberger Vertrag von 1557 an Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken ab. Dieser vererbte kurz vor seinem Tod das Herzogtum Sulzbach zunächst unter der Vormundschaft des älteren Bruders Philipp Ludwig seinem dritten Sohn Otto Heinrich. Otto Heinrich von PfalzSulzbach, auch Ottheinrich II. genannt (1556 – 1604), residierte seit 1582 auf der Burg Sulzbach, die er von Adam Schwarz restaurieren liess.¹⁸³ Der Herausgeber

 Benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. A: 9.1 Eth. (2) sowie Universitätsbibliothek Basel A100 MAG Frey-Gyn G V 24b:2. Die Seitenzahlen beziehen sich auf diese Ausgaben. Vgl. Angaben zu weiteren Exemplaren bei Deufert, D. (2011, 411).  Vgl. zu Matthias Bergius weiter unten.  Vgl. Deufert, D. (2011, 82). Vgl. Einleitung fol. A1 verso: „IN SACRAS MEDITATIONES DN. MATTHIÆ BERGII. Pios manes Clarissimi, doctissimi & religiosissimi Viri M. MATTHIÆ BERGII, Præceptoris quondam sui felicissimi, alloquitur RUDOLPHVS GOCLENIVS Profeß. Marp.“  Vgl. Hänsel, S. (1991, 125). Eine Identifikation Ottheinrichs mit dem „bedrohten“ David liegt durchaus nahe: Ottheinrich überstand harte einsame Exilsjahre in Weinheim und liess sich nicht dazu überreden, zum katholischen Glauben zurückzukehren: „Mit den Devisen der in der Verbannungszeit entstandenen Medaillen […]: ‚Ich lhid mich zu mhinder Zit‘ und ‚In Domino confido‘ manifestierte der auch von körperlichem Leiden heimgesuchte, krankhaft beleibte Ottheinrich vor sich und seinen fürstlichen Glaubensbrüdern seine auf Gottvertrauen basierende Geduld und Hoffnung“, so Stemper, A. (1997, 53). Ottheinrich vertraute, wie der durch seine Feinde bedrängte David auf Gott: IN DOMINO CONFIDO – CVM TEMPORE (nach Ps 11,1), steht auf zahlreichen Medaillen. Vgl. Stemper, A. (1997, 68 – 74).  Münte, P. (2007, 153) hat auf die Funktion der Widmung bei der Einrichtung des Verhältnisses zwischen den vier Instanzen Autor, Werk, Herrscher und Öffentlichkeit hingewiesen, was in diesem Fall so keinen Sinn mehr machen würde.  Vgl. Stemper, A. (1997, 665).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Conradus Ritterhusius war persönlich mit Otto Heinrich bekannt. In der Einleitung spricht er von einer Einladung, die er zusammen mit seinem Verwandten, dem pfälzischen Hofbeamten Zacharias Staudner, beim Pfalzgrafen wahrgenommen habe. Dabei habe er Zacharias Staudner versprochen, Otto Heinrich öffentlich und privat zu loben. Dieses Versprechen wolle er nun mit dem vorliegenden Buch einlösen. Conradus Ritterhusius lobt im Folgenden die gute Bildung Otto Heinrichs, die er unter anderem am dänischen Hof genossen habe, seine Frömmigkeit, die Unterstützung der Schulen und das Vergeben von Preisen an begabte Schüler, die Errichtung der Bibliothek in Sulzbach, nicht zuletzt aber seine Offenheit und Gastfreundschaft. In seiner Einleitung wendet sich Conradus Ritterhusius zuerst an den Fürsten, danach an den Leser. Neben der Bedeutung des Werkes und einem Lob auf Benito Arias Montano, betont er darin die Vorbildhaftigkeit Davids, der von vielen Schicksalsschlägen hin und her gejagt worden sei. Der biblische König sei ein Beispiel für Menschen jeden Alters in dem, was zu meiden – dies sei natürlich wenig, doch sei kein Mensch ohne Sünde – und was nachzuahmen sei. Im wahrsten Sinn sei von einem Spectacvlvm oder „Theater der ausserordentlichen Tugend“ zu sprechen.¹⁸⁴ Anschliessend ist die vierzehnzeilige Dedicatio von Benito Arias Montano abgedruckt, wie sie auch in der Ausgabe von 1575 steht, gefolgt von einem längeren HYMNUS IN DAVIDEM, der dem Werk Humanae salutis monumenta von Benito Arias Montano entstammt – zumindest in Anlehnung, jedoch in anderem Versmass und daher nicht wortwörtlich – und anschliessend von Matthias Bergius in Prosa wiedergegeben wird.¹⁸⁵ Schliesslich folgt – bevor das eigentliche Werk beginnt – ein Gedicht von Ludwig Hillesheim: „PRIVSQVAM AD SINGVLAS PARTES HISTO-riæ Dauvidis descendamus, operæ pretium nos facturos existimauimus, si eiusdem & aliud Elogium initio adscriberemus ex sacrarum Antiquarum monumentis Lvdovici Hildessemii Consulis Andernaci.“ Darin spielt nicht nur Davids Flucht vor Saul eine wichtige Rolle – „Effugit & furias infesti regis & iras, | Altior atque magis quo

 Vgl. Einleitung: „Is enim fuit DAVID, cuius vita variis iactata casibus, exempla præbere potest omnium ætatum, cuius libet fortunæ & conditionis hominibus, vel ad fugiendum (que sunt hic paucissima, sed tamen aliqua: qui enim hominum ἀναμάρτητ[?] fuit?) vel ad imitandū, (quae sunt longe plurima:) vt verissime historia vitæ eius dici possit VIRTVTIS EXERCITATISSIMÆ SPECTACVLVM siue THEATRVM.“  Vgl. die entsprechende Erklärung dazu: „Idem Hymnvs prosa oratione expositus a Matthia Bergio: qui eum concinnauit ex duabus odis Benedicti Ariæ Montani, quæ sunt inter HVMANÆ SALVTIS MONVMENTA XXIII. & XXIIII. quibusdam de suo additis, quibusdam mutatis, vt Lectorem docebit collatio.“

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

premeretur, erat“ (er entfloh auch dem wütenden Zorn des unglücklichen Königs | und er war umso erhabener, je mehr er gedrückt wurde) –, sondern auch die theologische Einsicht, dass David seine Macht von Gott erwartete und dieser den Niedrigen (den Schafhirten) erhebt und den Hohen erniedrigt.¹⁸⁶ Damit ist das Vorzeichen gesetzt, unter dem das nun Folgende – Höhen und Tiefen im Leben Davids – steht. David von Benito Arias Montano wurde um die Angabe der Bibelstelle, eine Zusammenfassung der biblischen Erzählung und um Erklärungen (Explicatio / Paraphrasis) und in 16 Fällen Meditationes (Specimen Carminis), bestehend aus ungefähr 20 lateinischen elegischen Distichen von Matthias Bergius (1536 – 1592) erweitert.¹⁸⁷ Die Lemmata sind mit einer Ausnahme unverändert übernommen worden: Statt CONIVGII FIDES steht über Abb. 2.16.b. das Lemma INVIDENTIA.¹⁸⁸ Jeweils unterhalb des Kupferstiches (Ikon) wurden die Tetrasticha von Benito Arias Montano abgedruckt, die allesamt der Ausgabe von 1575 entnommen worden sind. Wer war dieser Matthias Bergius, auf den diese neue Ausgabe zurückgeht? Matthias Bergius wurde 1536 in Braunschweig geboren und studierte an der philosophischen Fakultät in Wittenberg, wo unter anderem Philipp Melanchthon (1497– 1560) lehrte. Er übte von 1566 – 1582 in Braunschweig das Amt des Rektors

 „Auspice nam cœlo delectum regna manebant, | Regna Sioneis conspicienda iugis: | Gentibus unde salus quondam foret una futuris, | Isaidæ soboles germine mixta Dei. | Cernimus agnorum custodi regna parari: | Infima nam tollit, deprimit alta Deus.“ Diese Aussage steht in Anlehnung an das Hannalied in 1Sam 2,7. Vgl. etwa auch: Christpolitischer Spiegel aller Regenten vnd Vnterthanen / aus Geistlichen vnd Welt= lichen bewerten Schrifften ex= trahieret / vnd dem hochlöblichen Fürsten=thumb Braunschweig vnd Lueneburg / als seinem hochgeehrten vnd vielgeliebtem Vaterland / vom Obri= sten biß zum Niedrigsten / zu schuldiger dankbarkeit vnd stetiger gedechtnis vnterthänig / dienstlich vnd wol= meintlich præsentieret / offeriret vnd dediciret / durch FRANCISCUM HUSMANUM Fürstlichen B. vnd L. Rath zu Zell, 1615, abgedruckt in Mühleisen, H.-O. / Stammen, T. / Philipp, M. (1997, 359): „In der Historien des Koeniges Davids wollen wir vornemblich mercken / daß Gott nicht ansihet die Personen / sondern stuertzet die Gewaltigen vom Stule / vnd erhebet die Nidrigen […].“  Vgl. zu seiner Autobiografie und zu seinem Leben bei Deufert, D. (2011, 18 – 42).  Für diese Änderung gibt Matthias Bergius folgende Erklärung ab (p. 26): „DAVID a Saule ad necem quaæsitus immissis percussoribus muliebri calliditate vxoris suæ conseruatur, memorabili exempo fidei coniugalis. Ben. Arias lemma hoc apposuerat huic historiæ: CONIVGII FIDES. Id hanc ob caussam mutare nobis placuit, quia de ea in ipsius tetrasticho nihil agitur: sed de Inuidentia.“ In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „David von Saul zur Ermordung gesucht, wird, als Mörder geschickt wurden, durch die weibliche Schlauheit seiner Frau gerettet, durch ein denkwürdiges Beispiel ehelicher Treue. Ben. Arias hatte dieses Lemma (Überschrift, Gedicht) zu dieser Erzählung gestellt: Treue in der Ehe.Wir haben beschlossen, das aus dem Grund zu ändern, weil von ihr in seinem Vierzeiler nicht gehandelt wird: sondern vom Neid.“

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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an der Katharinenschule aus und veröffentlichte in dieser Funktion neben einer lateinischen Grammatik,¹⁸⁹ mehreren Ausgaben von Jesus Sirach,¹⁹⁰ einer Ausgabe des Terenz und religiösen Gedichten,¹⁹¹ die hauptsächlich für seine Schüler bestimmt waren, zahlreiche Gelegenheitsgedichte. So beehrte er beispielsweise 1569 den neugekrönten Welfen Julius, Herzog von Braunschweig-Lüneburg (1528 – 1589), bei seinem Einzug in Braunschweig mit einem Lobgedicht, dem Paneygricum Carmen. ¹⁹² Darin rühmt er Juliusʼ Verdienste um das öffentliche Wohlergehen und würdigt den unter schweren Bedingungen und gegen den Willen seines katholischen Vaters an die Macht gekommenen Julius als reformierten Fürsten, dessen Herrschaft gottgewollt und dem Volk willkommen ist.¹⁹³ Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Schlussgebet des Gedichtes zu (Z. 1218 – 1267), in dem Matthias Bergius ohne grosse inhaltliche Veränderungen Ps 131 der Vulgata wiedergibt und Julius mit David gleichsetzt.¹⁹⁴ Durch diese Gleichsetzung „von Julius und David im Schlussgebet wird eine Verbindung geschlagen zum Anfang des Gedichts, wo sich Julius seines Amtsverständnisses vergewissert: Dort hatte David noch zu Julius durch Psalm 2 gesprochen und ihn aufgefordert, Gott zu dienen und als Herrscher ein Bündnis mit Gott einzugehen. Am Ende des Gedichts ist dieses Bündnis längst in Kraft getreten und hat sich bereits bewährt: Julius hat seine Herrscherpflichten erfüllt und ist zum zweiten David geworden.“¹⁹⁵ Wenige Jahre später kam Matthias Bergius in Konflikt mit der Obrigkeit, da er aus theologischer Überzeugung die Konkordienformel ablehnte, zu deren Anerkennung er als Lehrer seit 1578 verpflichtet war. Zwar widerrief er zuerst seine Protestschrift Protestatio de subsiptione libri qui vocatur Formula Concordiae, die er im Geistlichen Ministerium eingereicht hatte, doch bekannte er sich weiterhin zur calvinistischen Lehre und vermittelte sie auch im Unterricht, weshalb wenig später ein „Lehrprozess“ eingeleitet wurde, bei dem Matthias Bergius vor dem Rat im Neustadtrathaus erscheinen musste.¹⁹⁶ Auf Betreiben des lutherischen Theologen und Mitverfassers der Konkordienformel Martin Chemnitz (1522 – 1586), der zudem in der Funktion als Superintendent die Oberaufsicht über das Schulwesen hatte,

 Vgl. Deufert, D. (2011, 23 f.).  Vgl. Deufert, D. (2011, 25).  Vgl. beispielsweise Carmina Evangelica (1573), Meditationes ex Evangeliis Dominicalibus (1580) u. a. Zur religiösen (Schul‐)Dichtung Matthias Bergius’ ausführlich Deufert, D. (2011, 75 – 82).  Vgl. ausführlich dazu Deufert, D. (2011, 123 – 393).  Vgl. Deufert, D. (2011, 396).  Vgl. Deufert, D. (2011, 185 f.).  Deufert, D. (2011, 186).  Vgl. Deufert, D. (2011, 31).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

musste er das Rektorat aufgeben und Braunschweig verlassen.¹⁹⁷ Matthias Bergius fügte sich der Anordnung und verliess 1582 innerhalb von acht Tagen seine Heimatstadt. Dazu bemerkte er, dass er lieber verachtet, arm und als Verbannter leben wolle als unter dem Papst Chemnitz den Schulstab führen.¹⁹⁸ An der philosophischen Fakultät der Akademie in Altdorf fand er, wie viele andere Vertriebene, eine neue Tätigkeit.¹⁹⁹ Als Ethikprofessor (Professor Ethicae sive potius Politicae) gab er die Nikomachische Ethik des Aristoteles zweisprachig (griechisch-lateinisch) heraus und stand in Kontakt mit bedeutenden zeitgenössischen Gelehrten.²⁰⁰ Er starb 1592 – fünf Jahre vor dem Erscheinen des David – an einer Krankheit.²⁰¹ Konrad Rittershausen / Conradius Ritterhusius (1560 – 1613), der Herausgeber des Buches, war ein Neffe von Matthias Bergius und als Jurist und Hochschullehrer in Nürnberg und Altdorf tätig. In seiner Vorrede an den Leser berichtet er ausführlich „über das Zustandekommen des Neudrucks, daß er von seinem Lehrer Matthias Bergius dessen Bibliothek und nachgelassene Schriften geerbt habe, wobei ihm dieser freistellte, aus ihnen zu veröffentlichen.“²⁰² Matthias Bergius hätte von den Schriften Arias Montanos besonders David geschätzt und gemeint, dass es davon zu wenige Exemplare in Deutschland gäbe, um die Nachfrage zu

 Vgl. Deufert, D. (2011, 12).Vgl. zu Matthias Bergius theologischer Auseinandersetzung mit der Konkordienformel Deufert, D. (2011, 27– 32).  „Vivere malo equidem contetmus, pauper et exul, | Quam cum Kemnitio sceptra tenere Papa.“ Zitiert nach Deufert, D. (2011, 32).  Vgl. Deufert, D. (2011, 33).  Vgl. Deufert, D. (2011, 34– 37).  Vgl. Deufert, D. (2011, 38 f.).  Hänsel, S. (1991, 125). Vgl. Einleitung fol. A3 recto: „Posteaquam auunculus & velut alter parens meus Matthias Bergius piæ memoriæ Bibliothecam suam moriens mihi legauit præcipuam, supremaque vountate sua nuncupata potestatem dedit, ex scriptis suis, quæ non pauca composuerat, meo arbitratu vel edendi, quæ cum fructu a pluribus legi ac lucem ferre posse viderentur, vel supprimendi, quæ fortassis latere atque ignorari præstaret: cum illa recensens animaduertere, pleraque omnia ex priore potius quam posteriore genere esse, peccaturum me in op. mer. viri manes vtilitatem que adeo publicam cogitaui, si nihil inde in lucem adspectumq[ue] hominum proferrem.“ In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Nachdem der Onkel und gleichsam mein zweiter Vater, Matthias Bergius seligen Andenkens, sterbend mir den grössten Teil seiner Bibliothek vermachte und in seinem letzten ausdrücklichen Willen mir die Macht übertrug, von seinen Schriften, deren er nicht wenige verfasst hatte, nach meinem Urteil jene herauszugeben, die von mehreren gelesen werden und Licht bringen können oder die unbeachtet zu lassen, die vielleicht besser verborgen und unbekannt bleiben, glaubte ich, als ich diese Schriften sichtete und feststellte dass die meisten eher zur ersten als zur zweiten Art gehören, dass ich mich gegen die Manen des hochverdienten Mannes vergehen würde, wenn ich nichts davon ans Licht und in den Blick der Menschen brächte.“

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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befriedigen.²⁰³ Conradus Ritterhusius seinerseits hätte „die Notwendigkeit weiterer Erläuterungen gesehen, um so eine breitere Verständlichkeit zu erreichen“.²⁰⁴ Daher habe er die Neuauflage, die hauptsächlich zum Gebrauch an Schulen gedacht sei, mit weiteren Versen von Matthias Bergius ergänzt. Mit Hilfe dieses Werkes sollten die Schüler ihren Stil verfeinern, sich in der Interpretation der biblischen Texte üben und eine Lehre aus dem Leben Davids ziehen.²⁰⁵ In diesem Sinn kann die Ausgabe des Werkes David von 1597 wohl zur religiösen (Schul‐) Dichtung beziehungsweise Carmina Sacra (oder Sacra Poemata) gezählt werden.²⁰⁶ Zu den entsprechenden Szenen verfasste Bergius für seinen Lateinunterricht (in Braunschweig und Altdorf) Prosaauslegungen im Umfang von ungefähr einer Seite, denen er teilweise eine Umformung in rund zwanzig elegischen Distichen hinzugab.²⁰⁷ Dabei wird die biblische Erzählung durch didaktisch moralisierende Auslegung ergänzt. Matthias Bergius lässt David in der Explicatio teilweise selbst zu Wort kommen („Sic aliquis e vulgo Dauidi obijcit: cui ad hunc modum in Dialogismo quodam ille respondet“, p. 21). Denjenigen, der für seine guten Taten nicht belohnt wird, sondern wie David von Saul verfolgt (1Sam 19), soll er ermutigen: „Deus etiam ex periculis inexplicabilibus, vbi tua cautione, circumspectioneq[ue] tibi non poterat consuli, præsidio suo te incolumen præstabit. Ergo exemplum meum fequere sedulo cum omni prudentia“ (p. 21).²⁰⁸ In der Explicatio zur Erzählung in 1Sam 30 – die Darstellung zeigt, wie David mit Steinen beworfen wird (Abb. 2.26.b.) – wird David für den selbstlosen Einsatz für seine Leute gelobt. Er hat die Feinde verfolgt, sie geschlagen und die Beute zurückgewonnen. Die Lehre aus diesem Beispiel ist, dass dem Gerechten nichts Schlechtes angetan werden kann, weil Gott ihn schützt: „Atq[ue] in tali caussa potest aliquis egregie esse fortis, omniaque audere etiam extrema: certus, si vel occumbat in tali

 Vgl. Deufert, D. (2011, 40): „Als einzige Schrift aus dem Nachlass Bergius’ hat Rittershausen 1597 David, Auslegungen einzelner Szenen aus Davids Leben in Prosa und Dichtung, veröffentlicht.“  Hänsel, S. (1991, 126).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 127).Vgl. Deufert, D. (2011, 81): „In der Praefatio beschreibt Ritterhausen Anlass und Zweck von Bergius’ Mediationes, die er bereits in seinem eigenen Schulunterricht bei Bergius kennen gelernt hat: Die Prosaerläuterungen sollen die Lehre herausarbeiten, welche die Schüler aus dem Leben Davids zu ziehen haben. Die Versumsetzungen sollen dem Schüler bei seinen eigenen Verskompositionen als Muster dienen, gleichzeitig aber auch dessen Freude am Bibelstudium erhöhen.“  Vgl. Deufert, D. (2011, 76).  Vgl. Deufert, D. (2011, 81).  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Gott wird dich durch seinen Schutz auch in unentwirrbaren Gefahren, wo dir durch deine Vorsicht und Umsicht nicht geholfen werden konnte, unversehrt bewahren. So folge also meinem Beispiel eifrig mit aller Klugheit!“

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

proposito, nihil mali sibi accidere. Et vero tales etiam victoria comitatur, Deo tuente iustos & iusta facientes pro sua vocatione, in fiducia opis & aucilij diuini“ (p. 56).²⁰⁹ Jedoch geht es bei weitem nicht nur um die Darstellung der Tugendhaftigkeit Davids. So macht dessen Verhalten hin und wieder eine ausführliche Rechtfertigung notwendig. Etwa bei der Täuschung Achischs, des Königs von Gat (PRVDENTIAE TVTELA 1Sam 21,11– 16), geht es nach Matthias Bergius um die Frage, ob dieses Verhalten moralisch gerechtfertigt werden kann, insofern es im Widerspruch zum achten beziehungsweise neunten Gebot (Ex 20,16 par. Dtn 5,20) stehe. Matthias Bergius kritisiert, dass David zweideutig handelt und andere täuscht. Betrug und Heuchelei (Hypokrisis) sind grundsätzlich verwerflich, doch gibt es gemäss der Tragödie – vermutlich eine Anspielung auf Aias von Sophokles – die Möglichkeit einer Lüge zur Rettung (ψεῦδος ὄτι σωτηρία). Auch im Hinblick auf 2Sam 11 f. wird David getadelt: „Hei mihi: Ille toties iam a nobis laudatus heros hic nobis venit reprehendus“ (p. 85).²¹⁰ David wurde, so Matthias Bergius, hart für Ehebruch und Mord bestraft. Zur series pœnarum gehört, dass der „Sohn, der ihm aus diesem flüchtigen Beischlaf gegeben wurde“ („Filium ex furtiuo illo concubito editum“), starb, „viele schreckliche Dinge im Haus Davids passierten“ („multa exsecranda in domo Dauidis acciderunt“) und zuletzt sein Sohn Absalom die Waffen gegen seinen Vater ergriff und ihn aus der Herrschaft zu vertreiben wünschte („ad extremum Absolon filius impia aduersus patrem arma sustulit, regno ipsum depellere cupiens“) (p.85). Die Lehre daraus ist wiederum einfach: „labore honesto potius ad virtutem sese instruere, quam otio & delicijs, quæ sunt vitiorum omnium illices, se dedere“ (p. 85).²¹¹ So schlimm Davids Sünde auch war, so vorbildhaft war seine Busse: „Quisquis es, qui Dauidem peccando fuisti aliquando secutus, sequere vero etiam illius patientiam in ferenda repreliensione: Sequere item exemplum pœnitentiæ actæ & luctus huius sancti atq[ue] salutaris“

 In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Und in einem solchen Fall kann jemand besonders stark sein und auch das Äusserste wagen, er ist sicher, sogar, wenn er auch in einem solchen Vorhaben niederstürzt, dass ihm nichts passiert. Und solche Menschen begleitet auch der Sieg, weil Gott die Gerechten und jene, die nach seinem Gebot Gerechtes tun im Vertrauen auf göttliche Hilfe und Unterstützung, schützt.“  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Wehe mir: Jener Held, der schon so oft von uns gelobt wurde, kommt mir jetzt als einer entgegen, der getadelt werden muss.“  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Daraus soll jeder lernen: sich eher durch ehrliche Arbeit zur Tugend auszubilden als sich dem Nichtstun und den Vergnügen hingeben, die die Veranlassung für alle Laster sind.“

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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(p. 90).²¹² An dieser Stelle ist zum einen eine Elegie mit dem Titel „Natan“ eingefügt, die dem Werk Sacrarum antiquitatum monumenta (1577) des Andernacher Bischofs Ludovicus Hillessemius (Ludwig Hillesheim) entstammt.²¹³ Zum anderen ist auch ein Gedicht (IN TABVLAM DAVIDIS AD POENITENTIAM REVOCATI) von Benito Arias Montanus aus seinen Humanae salutis monumenta angeführt. Die Stossrichtung ist in beiden die gleiche: Das Auftreten Natans bewegt David zur Busse, und Gott hat Erbarmen mit dem König. Auffällig ist jedoch, mit welch heftigen Worten Ludovicus Hillesemius die Strafankündigung Natans wiedergibt:²¹⁴ „[…] Impia nam fuerat geminata libidine cædes: Ergo viro vltrices ingerit ille minas. Non ego te regem statui? non vindice dextra Tutatus? vitæ commoda plena dedi? Hæc si parua forent, non te maiora manerent? Excidere hæc animo num potuere tuo? Nunc temerata fides, contemto numine nostro, In pœnas non est lenta futura tuas. Clam scelus admissum toto vulgabitur orbe: Hæc est damnato pœna reperta thoro. Per genus omne tuum sæuus grassabitur ensis: Sanguine tincta manus cæde pianda pari est. Audyt hæc postquam perculsus imagine pœnæ. Supplicat æterno protinus ille Deo. Agnoscitq[ue] nefas trepidans, veniamq[ue] precatur, Eluit & lacrymis crimina tanta suis. Vidit & ignouit cœlo mitißimus alto, Flectitur atq[ue] sua pro pietate Deus. Hæc æterna tui Deus est clementia scepteri: Numinis hæc eadem gloria summa tui est. […]“ (p. 92 f.)²¹⁵

 In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Wer du auch seist, der du David in der Sünde irgendwann gefolgt bist, folge auch seiner Geduld im Ertragen des Tadels. Folge auch dem Beispiel seiner Busse und seiner heiligen unheilsamen Trauer.“  Mehr dazu weiter unten.  Diese stehen in Anlehnung an die Rede Natans in 2Sam 12,7– 12, gehen aber deutlich über sie hinaus. Vgl. Kapitel B. 4.1.  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „[…] Denn gottlos war der doppelte Mord aus Lust. Also führt er [Natan] dem Mann rächende Drohungen zu. Habe ich dich nicht zum König gemacht? Dich nicht mit meiner rechten Hand

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

In dem Bekennen seiner Schuld und seiner Busse ist David zweifellos vorbildlich (p. 90 f. und 129 – 132). Dies hält Matthias Bergius jedoch nicht davon ab, den König auch im Folgenden weiter zu kritisieren. Im Umgang mit seinem Sohn Absalom wird David allzu grosse Milde (NIMIA LENITAS) vorgeworfen: Dem schweren Vergehen des Sohnes genügt dem Vater eine geringe Strafe („pro magno peccato filij paullum supplicij fatis est patri“ p. 101). Schliesslich wird David aber nicht nur an Menschen schuldig, sondern beleidigte auch aufs Höchste Gott („grauissime Deum offendit“), da er die Macht und Kraft seines Reiches eher in der Menge der Menschen als in der göttlichen Gegenwart und in dessen Schutz sah („cum regni sui potentiam ac robur ex hominum multitudine potius quam ex diuina præsentia ac protectione de tutela æstimaret“, p.122). In der anschliessenden Explicatio zu 2Sam 24 wendet sich der Autor in einem zweiten Teil direkt an David und macht diesem Vorwürfe: „Te quoq[ue] o Dauid, licet aliquin optimum regem, hæc labes [gemeint ist die Gier nach Ruhm] corripuit“ (p. 124).²¹⁶ Jeder soll daraus lernen, dass er von Gott abhängt und nicht von den unsteten und hinfälligen Dingen der Welt („a Deo pendere non ab reb. mundi fluxis atque caducis“, p. 124). Im Anschluss an HVMANAE GLORIAE EXAMEN ist erneut eine Elegie aus dem Werk Sacrarum antiquitatum monumenta (1577) des Andernacher Bischofs Ludovicus Hillesemius (Ludwig Hillesheim) eingefügt. Diese trägt den Titel Gad, wobei der

geschützt? Dir grosse Annehmlichkeiten im Leben gegeben? Wenn diese zu klein wären, würden dir nicht noch grössere bleiben? Konnten sie deinem Geiste entfallen? Nun führt dein vermessener Glaube, Weil du meinen Geist verachtet hast, Schnell in künftige Strafen. Das Verbrechen, das du heimlich begangen hast, wird in der ganzen Welt verbreitet werden. Das ist die Strafe, die folgt, auf ein verdammtes Lager. Durch dein ganzes Geschlecht wird ein wütendes Schwert hindurch fahren, Und deine Hand, von Blut getränkt, muss mit einem gleichen Tod gesühnt werden. Und nachdem er [David] das, getroffen durch das Bild der Strafe, gehört hatte, bittet er sofort den ewigen Gott. Er anerkennt zitternd sein Unrecht und bittet um Vergebung und mit seinen Tränen wischt er das grosse Verbrechen ab. Es sieht es und verzeiht vom hohen Himmel der Mildeste und wegen seiner Güte lässt sich Gott erweichen. Das ist die ewige Milde deiner Herrschaft, Gott. Und das ist der höchste Ruhm Deiner Göttlichkeit. […].“  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Auch dich, David, magst du auch sonst ein sehr guter König gewesen sein, hat dieser Makel zerstört.“

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Prophet hier – anders als im Gedicht zu Natan – eine untergeordnete Rolle spielt. In der Explicatio (Clementia Memor zu 2Sam 24) äussert sich Matthias Bergius zum Verhältnis zwischen König und Volk. Er geht von der Annahme aus, dass einerseits das Volk unter Fehlentscheiden der Könige zu leiden habe, andererseits gute Fürsten aber auch durch die Bosheit des Volkes mit unwürdigem Schicksal geschlagen würden. Dies sei jedoch lediglich die menschliche Sicht der Dinge, denn die Urteile Gottes seien ganz anders („Dei vero iudicia longe alia sunt“). Gott verurteile keinen wegen der Sünde eines anderen und auch die 70000 Menschen in 2Sam 24,15 wären nicht unschuldig an der Pest gestorben. Umgekehrt sei David bereit gewesen, nicht nur für das Volk zu beten und zu opfern, sondern sich auch in wahrhaft königlichem Sinn durch die Bereitschaft, in den Tod zu gehen, das Heil des Volkes zu erlangen („vsq[ue] eo mitis ac benignus erga suos, adeo amans fuorum, vt non modo oraret ac sacrificaret pro ipsis, Deiq[ue] fauforem & gratiam pro ipsorũ salute sollicite ambiret, sed optaret etiam animo vere regio suo ipsius interitu populi salutem redimere“, p. 132). Im Abschnitt ERRATORVM EXPIATIO (p. 103 f.) werden der stoische Charakter des Werkes und gleichzeitig sein calvinistischer Hintergrund deutlich, wenn sich Matthias Bergius zur stoischen Lehre der Adiaphora,²¹⁷ den ethisch indifferenten Dingen, die weder schaden noch nützen, äussert. Im ersten Abschnitt umschreibt er jene Dinge und Zustände, die den Menschen nicht so sehr beeindrucken können, dass er die Ruhe verliere. Im zweiten Absatz betont Matthias Bergius, dass David das, was er auf der Flucht erlebte, geduldig ertrug und sich ganz Gott anvertraute. Ausgeführt wird diese stoische Haltung etwas später im Hinblick auf Davids Verhalten gegenüber Schimi (IVS INVICTVM 2Sam 19): „Sic Dauidem Semeeus petit improbissimis maledictis: Sic tribus Iuda Absolomum regem sibi fecit, optimo illo Dauide indignissime spreto: Sic Israeliticæ tribus improbe denuo rebellarunt, nullis veris ad hoc faciendum caussis impulsi; sed ambitioni suæ obsequentes, & odio tribuliũ exstimulati. At magni atq[ue] excelsi animi & heroicæ virtutis est, primum non vinci aut frangi talibus; sed fortiter vrguere propositos cursus, quos officium præscribit: Deinde quoq[ue] non nimis acrem esse vltorem leuitatis & iniuriarum talium; sed parcere victis & clementia vti etiam in eos, qui non sunt meriti aliquam clementiam.“²¹⁸ Trotz aller Schwierigkeiten („seditiones,

 1548 kam es zum sogenannten „Adiaphoristischen Streit“ zwischen Schülern Melanchthons und orthodoxen Lutheranern, an ihrer Spitze Flacius. Die Konkordienformel bestätigte den theologischen Grundsatz von Flacius. Vgl. dazu Koch, E. (1998, 119).  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „So greift Schimi den David mit gottlosesten Verfluchungen an, so machte der Stamm Juda Absalom für sich zum König und verachtete jenen besten David in unwürdigster Weise. So haben die israelitischen Stämme von neuem frech rebelliert, getrieben von keinen Gründen, das zu machen, sondern weil sie ihrem Ehrgeiz folgten

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

conspirationes, factiones & cetera illa“ p. 113) wird am Ende, davon ist Matthias Bergius überzeug, immer die Gerechtigkeit siegen. Am Schluss stehen zwei Zusammenfassungen (Paraphrasis) von biblischen Texten durch Matthias Bergius: Zum einen Lk 2 CANTICI SIMEONIS. Nunc dimittis seruum tuum Domine (p. 142), zum anderen Spr 30 PRECVM SALOMONIS (p. 144). Danach folgt noch einmal ein weiteres Gedicht von Benito Arias Montano aus seinen Humanae salutis monumenta. Diese Ausgabe bietet über die Verweise auf den biblischen Text in 1Sam 16 – 1Kön 2 hinaus ein Sammelsurium unterschiedlichster Quellen: Matthias Bergius zitiert in den jeweiligen Explicationes antike Schriftsteller wie beispielsweise Catull, Hesiod, Sallust, Lucretius, Xenophon und viele andere mehr. Teilweise fügt er sogar ganze griechische Verse ein, beispielsweise aus Palladas, Antholog. I. (p. 27), Homer (p. 64), Euripides (p.67) etc. Seine Erklärung der Erzählungen in den Samuelbüchern reichert er mit praktischen Beispielen an, etwa aus der Medizin oder der Pädagogik. Unterschiedlichste Lebensweisheiten aus verschiedenen Zeiten, nicht zuletzt auch antike Stoffe, werden so auf das Leben Davids projiziert. Das literarische Schaffen von Matthias Bergius steht damit deutlich unter dem Einfluss Melanchthons, der neben der Beschäftigung mit christlichen Inhalten auch das Studium der artes forderte, die ihrerseits in den Dienst des Glaubens gestellt werden sollen.²¹⁹ Es geht auch bei Matthias Bergiusʼ Dichtung nicht in erster Linie um das epische Erzählen, „sondern um die christliche Ausdeutung des Erzählten“.²²⁰ Indem Matthias Bergius die eigentliche Erzählung stets durch didaktisch moralisierende Auslegung rahmt, erzieht er die Leser zur protestantischen Lebensführung. In der Ausgabe von 1575 wurden jedoch nicht nur die Texte von Benito Arias Montano durch Erklärungen und Verse von Matthias Bergius angereichert und eine Auswahl zeitgenössischer Lyrik zitiert und abgedruckt. Die vermutlich grundlegendste Veränderung gegenüber der Ausgabe von 1575 äussert sich in den Kupferstichen. An die Stelle der Kupferstiche aus der Werkstatt von Philips Galle sind Stiche der Gebrüder Johann Theodor und Johann Israel de Bry getreten, die beide im Titel genannt werden. Das Titelblatt (Abb. 2.4.) zeigt oben, wie David von Samuel zum König gesalbt wird, und unten, wie er auf dem Sterbebett seine Macht

und vom Hass angetrieben. Doch es ist Art einer erhabenen und heldenhaften Tugend, zuerst einmal von solchen Dingen nicht besiegt oder gebrochen zu werden, sondern mutig den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen, welchen die Pflicht vorschreibt. Zweitens ein nicht allzu harter Rächer des Leichtsinns und solchen Unrechts sein wollen, sondern die besiegten schonen und Milde anzuwenden auch gegen die, die keine Milde verdient haben.“  Vgl. dazu Deufert, D. (2011, 43).  Vgl. Deufert, D. (2011, 44 f.).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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an Salomo weitergibt. Links des Titels befindet sich eine Darstellung, wie Saul den Speer nach David schleudert, und rechts des Titels eine Abbildung des psalmodierenden Königs David. Insgesamt zeigt es je zwei Darstellungen zu Szenen aus dem ersten Samuelbuch und zwei Darstellungen zu Szenen aus dem zweiten, umgeben von floralen Elementen und kleinen, an einer weiblichen Figur aufrecht stehende Hunde. Die beiden im Titel als Illustratoren genannten Brüder Johann Theodor de Bry (1561– 1623) und Johann (Hans) Israel de Bry (1565 – 1609) gehörten zu der berühmten niederländisch-deutschen Kupferstecher- und Verlegerfamilie de Bry.²²¹ Bekannt geworden war der Vater Theodor de Bry (1528 – 1598) hauptsächlich durch die Herausgabe der „Grossen Reise“ mit Reiseberichten aus Amerika. Zwischen 1586 und 1619 publizierten die Söhne de Bry, zuerst gemeinsam mit ihrem Vater Theodor de Bry, verschiedene Emblembücher (beispielsweise Emblemata saecularia). 1597– 1599 erschienen die Icones virorum illustrium, anschliessend 1619 unter Mitarbeit von Matthäus Merian, dem Schwiegersohn von Johann Theodor de Bry, eine Ausgabe der Metamorphosen Ovids. Insgesamt sind die einzelnen Kupferstiche sehr sorgfältig gearbeitet, doch sind sie lange nicht so vollständig wie in der ersten Ausgabe von 1575. So fehlen etwa zu manchen Themen die Illustrationen ganz (keine Entsprechung zu Abb. 2.11.a., 2.30.a., 2.32.a., 2.39.a., 2.40.a., 2.50.a.), während andere doppelt verwendet wurden (Abb. 2.12.b., 2.29.b., 2.36.b.).²²² Insgesamt hat die jüngere Ausgabe neun Kupferstiche weniger.²²³ Die Anfertigung neuer Kupferstiche war sicherlich nicht unbegründet. Denkbar ist, dass die Kupferstiche der ersten Ausgabe nicht mehr dem Geschmack der Zeit entsprachen oder als fehlerhaft empfunden wurden. Insgesamt liegt jedoch eher ein pragmatischer Grund nahe: Die ursprünglichen Kupferstiche waren in Frankfurt a.M. nicht verfügbar und deshalb entwarfen die Gebrüder de Bry neue, eigenständige Motive, die wiederum teilweise an ältere Motive von Aegidius Sadeler anknüpften. Benito Arias Montano hatte eine grosse Reputation als Sachverständiger für ikonologische Fragen, selbst als seine theologischen Arbeiten zunehmend in die kirchliche Kritik gerieten.²²⁴ Es ist daher beachtenswert, dass er in einem Brief auf „die künstlerische Freiheit, die es erlaubte, Motive zu variieren“²²⁵ verwies. Da in der Ausgabe von 1597 der protestantische Hintergrund

 Vgl. Hanschke, U. (1996, 620 f.).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 126): „Zu manchen Themen fehlen die Illustrationen ganz, andere sind doppelt verwendet.“  Zum Vergleich der beiden Ausgaben in Kapitel C. 2.2.4.  So Hänsel, S. (1989, 96).  Hänsel, S. (1989, 96).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

von Matthias Bergius deutlich zum Ausdruck kommt, ist es aus konfessionellen Gründen eher unwahrscheinlich, dass Benito Arias Montano bei dieser „Neuauflage“ miteinbezogen wurde. Dennoch lassen sich Verbindungen zu ihm nicht ausschliessen: Obwohl Benito Arias Montano die letzten Jahre bis zu seinem Tod 1598 zurückgezogen in Spanien lebte, pflegte er doch weiterhin Kontakte zu zahlreichen Gelehrten. Auch die Kupferstiche aus dieser Ausgabe wurden mehrfach wiederverwendet, beispielsweise sehr prominent in der Vulgata 1609, die auch als Sixto-Clementina bekannt war, einer Revision der Vulgata von Clemens VIII. (1536 – 1605): Biblia Sacra Vulgatae Editionis Sixti V. Pont. max. Jussu recognita et Clementis VIII. auctoritate edita Nunc autem CXXXX figuris nouiter inuentis & in Æsincisis illustrata a de Brÿ Moguntia apud Io: Albinum: impensis Ioanis Theobaldi Schon-Wetteri & Iacobi Fischeri. ²²⁶ Die 140 Bilder beziehen sich hauptsächlich auf die Erzählungen des Pentateuchs und der Samuelbücher, ansonsten ist die Bibel wenig illustriert. Zu 1Sam 16 – 1Kön 2 findet sich dabei auch eine bemerkenswerte Ergänzung, nämlich eine Darstellung zu 1Sam 28. Weitere Editionen des Werkes David kamen 1632 und eventuell auch 1673 in Frankfurt am Main bei Guilelmus Fitzer heraus, zwar mit anderem Titelblatt und anderem Vorwort, ansonsten jedoch grösstenteils identisch.²²⁷ Wenig später erschien es auch in einer deutsch-lateinischen Ausgabe (1644).²²⁸ Als Verleger wird Johann Ammon in Hanau genannt, die deutschen Verse stammen von Georg Greflinger. Diese Ausgabe war wieder kürzer gefasst – ohne lange Erklärungen und Gedichte – und erinnert trotz der Kupferstiche deutlich an die Ausgabe von 1575: Auf das deutsche Lemma folgt ein Vers in deutscher Sprache, darunter das Lemma in Latein sowie eine knappe Zusammenfassung der biblischen Erzählung, der Version von 1597 folgend, und anschliessend die vierzeiligen Verse von Benito Arias Montano, die sowohl in der

 Das benutzte Exemplar befindet sich im Warburg Institute, London Sign. NCH 35. Das Titelkupfer stammt von Johann Theodor de Bry, zudem finden sich Kupferstiche, die mit G. Keller und I. D. Zetter sowie Robert Boissard signiert sind.  Vgl. Omnivm virtvtvm christianarvm, exemplo Davidis, Pastoris, Militis, Dvcis, Exsvlis ac Prophetæ longe præstantissimi nobis adumbratarum specvlvm pvrvm ac pellucidum, omnibus & fingulis piè ac Christianè vivere volentibus perutile ac necessarium: Quod etiam Figvris Æneis Perpvlchris Ac artificiosis adornatum Avthore B. A. M. Impensa Gvlielmi Fitzeri Bibliopolæ Angli, Franforti ad Moenum, 1632; benutztes Exemplar British Library, London, Sign. 1578.1813.Vgl. Praz, M. (21964, 260); Landwehr, J. (1972, 28); Reinhardt, K. (1990, 41) und Hänsel, S. (1991, 127).  Vgl. David Virtvosvs. Das ist: Deß Frommen und Tapfferen Koͤnigs und Propheten Davids Ankunfft / Leben / und Ende / in schoͤnen Kupfferstichen abgebildet / von Ioh. Theodoro de Bry, p. m. und mit zierlichen Versen erklaͤret durch Georg Greflinger / alias Seladon genant. Gedruckt zu Hanaw / in Verlegung Joh. Ammon, 1644; benutztes Exemplar Mikrofilm-Ausg. New Haven, Conn. Vgl. Praz, M. (21964, 260); Landwehr, J. (1972, 80) und Hänsel, S. (1991, 127).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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Ausgabe von 1575 als auch in jener von 1597 verwendet wurden.²²⁹ Das ganze Werk umfasst insgesamt 40 Blätter, wobei vermutlich das Bedürfnis bestand, eine runde Zahl zu haben. So wurde nach Abb. 2.10.b. ein weiteres Blatt mit einer Abbildung eingefügt, die eine Variation zum Thema bildet und zeigt, wie Goliat, vom Stein getroffen, das Gleichgewicht verliert und zu Boden stürzt. Das Lemma dazu lautet PUER HEROS, womit auf Davids Heldentat angespielt wird. Dies ist nicht das einzige Lemma, das abgeändert wurde. Statt MODESTIA PROBATA (zu Abb. 2.7.b.) steht nun beispielsweise CORONATUR, QUI DEO PLACET. Eine Abbildung (Abb. 2.9.b.) fehlt in der deutsch-lateinischen Ausgabe. Von anderen wurde die Reihenfolge vertauscht (beispielsweise Abb. 2.6.b. und Abb. 2.7.b.): Davids Salbung kommt vor der Szene, in der er einem Löwen ein Lamm entreisst. Ebenso wird Abb. 2.13.b., wie Saul David mit dem Speer bedroht, erst nach den Darstellungen zur Michalerzählung eingefügt (Abb. 2.14.b. und Abb. 2.15.b.). Schliesslich findet sich Abb. 2.29.b. nur einmal, nicht zweimal wie in der Ausgabe von 1597. Eine eindeutige Korrektur nimmt diese Ausgabe etwa in der Neuordnung der Abbildungen rund um Absaloms Aufstand und Tod vor (vgl. Abb. 2.41.b. bis Abb. 2.43.b.). Aber auch Abb. 2.27.b., die zeigt, wie David das Wasser ausschüttet, das ihm drei seiner Helden aus der Zisterne in Betlehem gebracht haben, ist nun ganz weit nach hinten gerückt, dem biblischen Text entsprechend an den richtigen Ort. Das Davidbuch von Benito Arias Montano zog weitere Kreise und wurde also nicht nur neu aufgelegt, sondern auch neu bearbeitet.

2.2.3. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos Dreizehn der in der Ausgabe von 1597 verwendeten Kupferstiche gehen auf eine Serie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos zurück.²³⁰ Diese insgesamt sechzehnteilige Serie trägt auf dem ersten Stich den Titel PATIENTIÆ DAVIDIS

 Vgl. Hänsel, S. (1991, 127), die meint, dass diese Ausgabe „nur noch wenig gemein“ hat mit früheren Ausgaben, „da die Kupferstiche der Brüder de Bry nun durch Verse von Georg Grehlinger [sic] begleitet werden“.  Vgl. Hollstein, Aegidius Sadeler II, Bd. XXI, Nr. 2– 17; The Illustrated Bartsch 7201.002-.017; hier verwendete Kupferstiche: BM Inv.-Nr. 1937– 9-15 – 59 – BM 1937– 9-15 – 73. Allerdings fehlt im British Museum der Kupferstich zur Zeichnung von Maarten de Vos, The Pierpont Library, New York, Folio 6, Pl. 19 2Samuel XII:1– 17. Dieser findet sich beispielsweise in der Bibliothèque Nationale, Paris, Est. Ec 71 fol. 35 oder Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1241.Vgl. Schuckman, C. (1995, 31– 33).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

REGIS ET PROPHETÆ IN ISRAEL: FONS ET SCATVRIGO PSALTERII.²³¹ Sie sind meist signiert mit: „Martin de Vos figur(avit)“. Johannes I. Sadeler wird als Herausgeber und auctor genannt: „Ioann Sadler auct(o)r et excud(it)“. Und hin wieder findet sich der Zusatz „Edig(i) Sadl(e)r scalps“.²³² Maarten de Vos (1532– 1603) zählt zu den bekanntesten flämischen Malern und Zeichnern des 16. Jahrhunderts.²³³ Die meisten Drucke von Philips Galle nach Vorlagen von Maarten de Vos sind erst zwischen 1584/5 und 1595 entstanden.²³⁴ Aus dieser Zeit ist auch ein Vertrag zwischen Maarten de Vos und Christopher Plantin bekannt.²³⁵ Maarten de Vos zeichnete vorwiegend Vorlagen für Holzschnitte und Kupferstiche, unter anderem eine Serie zur Passion Jesu und zahlreichen alttestamentlichen Themen (etwa zu Adam und Eva, Noah und Jona).²³⁶ Im Hinblick auf die David-Bilder kann daher vermutet werden, dass Philips Galle für die erste Auflage von 1575 auf andere Vorlagen zurückgriff und eine Neubearbeitung des Themas durch Maarten de Vos erst in den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts stattfand. Dies bestätigen auch die 17 Zeichnungen (27,8 x 40 cm) zum Leben Davids in The Pierpont Morgan Library in New York.²³⁷ Zwar sind die Zeichnungen zu den David-Erzählungen weder signiert

 Shoaf, J. V. (1980, 241 Anm. 15) verweist auf Bertrand Jestaz und vermutet, dass die Kupferstiche Teil von Sadelers Serie „Old Testament“ war, die 1590 erschien.  Vgl. Schuckman, C. (1996, 31): „Each with the name of Johannes I Sadeler as publisher and auctor and with the name of De Vos as draughtsman.“ In vier Kupferstichen wurde der Name Aegidius Sadeler entfernt.  Vgl. Shoaf, J. V. (1980, 237) und Sellink, M. S. (1997, 106). Vgl. Sellink, M. S. (1997, 111): „Like Galle, De Vos suppressed his own persuasion and after 1585 soon became leading Antwerp painter of religious subjects, entirely following the ideals of the Counter-Reformation.“ Vgl. zudem van der Coelen, P. (1996a, 15 – 19).  Vgl. Sellink, M. S. (1997, 111): „In conclusion, from circumstantial evidence such as subjects, dedications and choice of collaborators one can surmise that by far the largest part of Philips Galle’s prints and series of prints after Maarten de Vos has been produced between 1584/5 and 1595 the very latest.“  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 44).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 45).  New York, The Pierpont Library Inv. Nr. 1836.8.11.668 – 771 und 1836.8.11.716 – 783: Folio 1, Pl. 13 1Samuel XVI:13; Folio 2, Pl. 14 1Samuel XVIII:11 bzw. 1Samuel XIX:9 – 10; Folio 3, Pl. 15 1Samuel XIX:12– 13; Folio 4, Pl. 16b 1Samuel XXI:10 – 13; Folio 5, Pl. 18b 2Samuel II:25 – 28 [korrekt wäre 2Sam 20]; Folio 6, Pl. 19 2Samuel XXII:1– 17; Folio 7, Pl. 23a, 2Samuel XXIV:25; Folio 8, Pl. 22a 2Samuel XVIII:23 – 33; Folio 9, Pl. 22b 2Samuel XIX:1– 7 [korrekt wäre 2Sam 12]; Folio 10, Pl. 21a 2Samuel XV:25 – 30; Folio 11, Pl. 20 2Samuel XIII,28 – 31; Folio 12, Pl. 21b 2Samuel XVI:5 – 11; Folio 13, Pl. 23b 1Könige I:28 – 48; Folio 14, Pl. 17a 1Samuel XXIII:14– 29 [korrekt wäre wohl 2Sam 24]; Folio 15, Pl. 16a 1Samuel XX,35 – 42; Folio 16, Pl. 18a 2Samuel I,1– 16; Folio 17, Pl. 17b 1Samuel XXX,3 – 8. Vgl. ausführliche Beschreibung sowie Publikation der Zeichnungen bei Shoaf, J. V. (1980, 242– 248).Wie den Kupferstichen inklusive Bildunterschriften zu entnehmen ist, zeigt Folio 5, Pl. 18b 2Sam 20 und nicht 2Sam 2,25 – 28, und Folio 9, Pl. 22b 2Sam 12 und nicht 2Sam 19,1– 7, wie

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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noch datiert, doch „the paper of at least four of the sheets can be dated about 1583 – 84 on the basis of watermarks.“²³⁸ Zusammen mit acht weiteren Zeichnungen zu neutestamentlichen Szenen²³⁹ sowie einer Heiligenvita wurden sie von Johann Baptista Jacobs gesammelt und zusammengestellt.²⁴⁰ Mit einer Ausnahme²⁴¹ stammen alle Zeichnungen dieser Sammlung von Maarten de Vos. Die Zeichnungen zum Leben Davids, die allesamt entweder eine Landschaft zeigen, die sich in der Weite verliert, oder ein Gewölbe, Torbogen oder Fenster, das nach aussen beziehungsweise hinten führt, waren eindeutig für Kupferstiche bestimmt. Folio 1 „even includes handwritten instructions to the engraver“.²⁴² Sechzehn der insgesamt siebzehn Zeichnungen von Maarten de Vos wurden von Aegidius Sadeler gestochen. Folio 11, Pl. 20, wurde nicht in die Kupferstichserie aufgenommen. Es wurde vermutet, dass sie zeigt, wie David von Amnons Ermordung erfährt (2Sam 13,30 – 33).²⁴³ Es ist jedoch auch denkbar, dass es sich hierbei um eine Variation zur Darstellung handelt, wie David vom Tod Absaloms erfährt (2Sam 18,19 – 19,1; vgl. Abb. 2.41.c.). Hierfür spricht, dass sich eindeutig zwei Boten ausmachen lassen, die David die Nachricht überbringen.²⁴⁴ Damit wäre das Bildmotiv bereits in der Serie enthalten und so würde sich dann auch das Fehlen der Zeichnung erklären. Mit Ausnahme des ersten und des letzten Kupferstichs von Aegidius Sadeler (19,8 x 26,6 cm), die wesentlich mehr Text enthalten, findet sich überall eine vierzeilige Unterschrift. Diese stimmt jedoch nicht mit jener von Benito Arias

Shoaf, J.V. (1980, 242– 248) annimmt. Entsprechend ergibt sich eine andere Reihenfolge, als Shoaf in Anm. 16 vorschlägt.  Shoaf, J.V. (1980, 239). Und Shoaf, J.V. (1980, 238) führt aus: „The characteristic handwriting of De Vos, with its firm, decided strokes and strong, fluid contours, is easily recognized in the Morgan Library folios.“  Drei Zeichnungen davon sind signiert von Maarten de Vos – so Shoaf, J. V. (1980, 239).  Vgl. Shoaf, J. V. (1980, 237): „The group of drawings was assembled and mounted into the present volume by Johann Baptista Jacobs (b. March 26, 1672), a bookseller and ‘art lover’ in Antwerp around 1672.“  Folio 19, The Martyrdom of St. Sebastian. Vgl. Shoaf, J. V. (1980, 238.248 f.).  Shoaf, J. V. (1980, 239). Diese führt aus: „His compositions show that he was customarily mindful of the resultant reversal in the final engravings. For instance, the characters are lefthanded in the drawings and right-handed in the prints. The figures exit to the left in the drawings and to the right in the finished engravings, in accordance with the compositional convention established by Raphael and the Italians who maintained that the eye should always move from left to right.“  Vgl. Shoaf, J. V. (1980, 239).  Vgl. Shoaf, J. V. (1980, Pl. 20).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Montano in den Davidausgaben von 1575 und 1597 überein. Zusätzlich wurde später ein Zitat aus den Psalmen hinzugefügt.²⁴⁵ Bei den Zeichnungen von Maarten de Vos und den entsprechenden Kupferstichen von Aegidius Sadeler fällt die unkonventionelle Auswahl der Themen auf: Wie sich David vor Achisch wahnsinnig stellt (Abb. 2.19.c.), wie David um Ziklag trauert und von seinen eigenen Männern mit Steinen beworfen wird (Abb. 2.26.c.) und wie David auf der Flucht vor Absalom die Lade zurückschickt nach Jerusalem (Abb. 2.40.c.). Dies sind selten rezipierte Bildthemen.²⁴⁶ Geprägt ist die sechzehnteilige Serie von Flucht und Verfolgung,Verfehlung und Strafe, Schmach und Schande. So steht beispielsweise unter dem Bild, als sich David vor Achisch, dem König von Gat, wahnsinnig stellt (1Sam 21,11– 16), folgendes Distichon: „Crimina dira odij, vim, spem, studiumq[ue] nocentis Eludit pietas, casibus in subitis. Viua fides maneat, trepidis solertia rebus Deseret hanc nunquam destituetve comes.“²⁴⁷

Die Frage, wie die Kupferstiche von Aegidius Sadeler in die Ausgabe des Davidbuches von 1597 kommen, in dem nur noch die Gebrüder de Bry als Kupferstecher genannt werden, lässt sich lediglich vage aus der Geschichte der Kupferstecher und Verleger erahnen. Die Familie Sadeler zählte zu den grössten und vermutlich erfolgreichsten Dynastien flämischer Kupferstecher während des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts. Sie wirkten in Spanisch-Niederlanden, Deutschland, Italien, Böhmen und Österreich. Johan I. Sadeler (ca. 1572– 1620) arbeitete von 1572– 1579 in Antwerpen für Plantin. Zu Beginn der 80er Jahre des 16. Jahrhunderts lebte er in Köln und produzierte unter anderem Stiche nach Zeichnungen von Maarten de Vos und Dirk Barendsz. Ab 1586 wohnte er zusammen mit seinem Bruder Aegidius I. Sadeler (vor 1550 – 1609) in Frankfurt.²⁴⁸ Nun stammen die Kupferstiche aber

 Dieses Zitat findet sich teilweise in den Kupferstichen in Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLV, Nr. 98 – 113, jedoch nicht in den Reproduktionen in The Illustrated Bartsch, 7201.002– 017.  So auch schon Shoaf, J. V. (1980, 240): „As a whole, however, the group reveals several conspicuous gaps.Why, for instance, is there no scene representing the famous episode of Goliath conquered by young David?“  In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: Grosse Verbrechen des Hasses, Gewalttat, Erwartung und Anstrengungen dessen, der schaden will, umgeht die Frömmigkeit in Fällen, in die sie hineingerät. Der lebendige Glaube soll bleiben, die Geschicklichkeit soll ihn in schwierigen Fällen niemals verlassen, sondern ihn begleiten.  De Ramaix, I. (1997, vii).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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vermutlich nicht von Aegidius I. Sadeler, sondern vom Vetter von Johan I. und Aegidius I. Sadeler: Aegidius II. Sadeler (1568 – 1629). Dieser hatte bei Johan I. Sadeler seine Ausbildung genossen und war unter Rudolf II. am Wiener Hof als Kupferstecher tätig.²⁴⁹ Während seines Aufenthalts in Wien und Prag hat er wohl auch einen Kupferstich von Petr Vok (1539 – 1611), dem letzten Rosenberger, dem Krumau gehörte,²⁵⁰ sowie von Ferdinand II. gemacht.²⁵¹ Hans Ulrich von Eggenberg²⁵² dürfte über diese Beziehungen mit dem Kupferstecher bekannt gewesen sein. Die Stichserie Patientiae Davidis war vermutlich eine der ersten Arbeiten von Aegidius II. Sadeler, die in Zusammenarbeit mit Johan I. Sadeler entstanden sind. „Strangely enough, his [Aegidius II. Sadelers] signature was erased and only traces of it can be seen on some prints.“²⁵³ Die Gründe hierfür sind unbekannt. Fest steht, dass die Familie Sadeler aller Wahrscheinlichkeit nach sowohl an der ersten (1575) wie an der zweiten (1597) Ausgabe des Davidbuches als Kupferstecher beteiligt war – zuerst durch Johan I. Sadeler, dann durch Aegidius II. Sadeler. Es ist ein insgesamt äusserst langer und komplizierter Entstehungsprozess für die je unterschiedlichen Kupferstiche in den beiden Ausgaben von 1575 und 1597 von Benito Arias Montano sowie die sechzehnteilige Kupferstichserie anzunehmen. Zusammenfassend kann jedoch folgender Ablauf vermutet werden: Gerard van Groeningen und Crispijn van den Broeck zeichneten die Vorlagen für die Kupferstiche des Davidbuches von 1575. Maarten de Vos machte seinerseits zu Beginn der 1580er Jahre mehrere Serien von Skizzen zu den David-Erzählungen: Auf den bekannten Künstler geht neben der sechzehnteiligen Serie zu David eine vierteilige Serie zur Erzählung aus 1Sam 25 (David und Abigajil) zurück.²⁵⁴ Die

 Vgl. Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 70).  Vgl. Ausstellung in Český Krumlov; grafického listuod Aegidia Sadeler z roku 1609, ex Bibliotheka, Illustrissimi Principis Domini Dni Petri Vok Ursini Domini Demus a Rosenberg: „Supra libros und ex libris in Roma eines graphischen Blattes von Aegidiius Sadeler aus dem Jahre 1609“.  Vgl. der Kupferstich von Kaiser Ferdinand II. Aegidieus Sadeler, Prag, Náradní galerie v Praze, Grafická sbírka, 154 475 bei Stögmann, A. (2007, 303) sowie The Illustrated Bartsch 7201.295.  Vgl. Kapitel C. 3.3.1.  De Ramaix, I. (1997, vii). Vgl. zudem De Ramaix, I. (1997, 2): „When I first started work on the Sadeler prints, my intention was to determine which were engraved by Ægidius Sadeler I. Because Zülck of the Frankfurt archives had cited an inventory of copper plates belonging to this printer and publisher I was brought to think that the five prints from the series Patientiae Davidis (.002-.017) on which Æegidius II’s signature was deliberately erased might have been Æegidius I’s work. In the absence of proof, however, I have preferred to leave this excellent series in Ægidius II’s catalogue, rather than divide it between Johan I and Ægidius II, or list it entirely under Johan I, as Wurzbach did.“  Vgl. Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLV, Nr. 114/II-117/II Dauidis et Abigael per Marti: de Vos. Die Platten wurden 1584– 1585 gestochen, wobei der Stecher unbekannt geblieben ist. Sie haben alle einen einzeiligen lateinischen Untertitel und wurden zuerst in Gerard de Jodes Thesaurus

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Darstellungen von Abigajil und Nabal sind deutlich von den beiden Kupferstichen in der Ausgabe des Davidbuches von 1597 unterschieden und jenen in der Ausgabe von 1575 ähnlich. Insbesondere die Darstellung des beleibten, betrunkenen Nabal erinnert an die Abb. 2.23.a. Ferner ist eine vierteilige Serie zu David und Absalom (2Sam 15 – 18) bekannt, die von Maarten de Vos gezeichnet und von Johan Wierix ebenfalls um 1585 gestochen wurde.²⁵⁵ Die Darstellung, wie Absalom mit seinen Haaren im Baum hängen bleibt und von Joab erstochen wird (Abb. 2.42.b.), diente eindeutig als Vorlage für den Kupferstich in der Ausgabe des Davidbuches von 1597. Bereits diese Ähnlichkeiten machen deutlich, dass Maarten de Vos indirekt an beiden Ausgaben beteiligt war. Zudem wurde die sechzehnteilige Kupferstichserie – dass es sich bei dieser Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos um eine feste, abgerundete Form handelt, kann vorausgesetzt werden – grösstenteils in die Auflage von 1597 aufgenommen und durch weitere Kupferstiche der Gebrüder de Bry, Johann Theodor und Johann Israel de Bry, ergänzt. Damit überschritt das Buch von Benito Arias Montano die konfessionellen Grenzen, die Bildmotive wurden jedoch auch im katholischen Raum weiterhin rezipiert, was etwa die Deckenmalereien in Schloss Eggenberg, aber auch die Aufnahme in die Sixto-Clementina deutlich machen.²⁵⁶ Gleichzeitig vollzogen die Kupferstiche eine geografische Reise, die die politische Situation widerspiegelt: Nachdem 1585 Antwerpen an Spanien fiel, liess die Kupferstichproduktion zu Themen aus dem Alten Testament aus religiösen und ökonomischen Gründen nach.²⁵⁷ Viele Kupferstecher, Verleger, Buchbinder etc. mussten Antwerpen verlassen, darunter auch Johan I. Sadeler und Raphael I. Sadeler, und begannen an

Veteris et Novi Testamenti (1585) publiziert. Dabei handelt es sich um eine riesige Sammlung von insgesamt 61 Kupferstichserien mit insgesamt 341 Kupferstichen, davon 218 zum Alten Testament. Davon sind wiederum vier zu David und Saul,vier zu David und Abigajil,vier zu David und Batseba und vier zu David und Absalom. Ausführlich dazu van der Coelen, P. (1996a, 15 – 19) sowie van der Coelen, P. (2002, 152– 159.190 – 193.200 – 202). Später wurden sie von Claes Jansz. Visscher in seinem Theatrum biblicum (1639, 1643, 1674) und der Grooten figuer-bibel von 1646 verwendet.Vgl. Theatrum Biblicum. Hoc est Historiae Sacrae Veteris et Novi Testamenti Tabulis Aeneis expressae. Opus praestantißimorum huius ac superioris seculi pictorum atquescuptorum, summo studio con quisitum et in lucem ed. per Nicolaum Johannis Piscatorem [i.e. Claez Jansz Visscher]; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. M: Tb 4° 53. Vgl. Schuckman, C. (1995, 33 f.).  Vgl. Zweite, A. (1980, 186 – 188); Schuckman, C. (1995, 33 f.); Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLV, Nr. 118/I-121/II Historia Dauidis et Absalon per Mar: de Vos.  Vgl. Kapitel C. 3.3.1.  Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 19): „With the exception of reproductive prints after Rubens, the illustration of the Old Testament in the South would cease to be a field for innovation.“ Zudem de Nave, F. (1996, 13 f.).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

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neuen Orten – in Haarlem und Amsterdam, aber auch in Frankfurt und Heidelberg –, künstlerisch aktiv zu werden.²⁵⁸ Neben der grundsätzlichen Ähnlichkeit zwischen den sechzehn Kupferstichen von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos und der Ausgabe des David von Benito Arias Montano von 1597 finden sich auch frappierende Unterschiede:²⁵⁹ So liesse der erste Kupferstich von der Salbung Sauls eher vermuten, dass beide Kupferstiche auf die gleiche Vorlage zurückgehen, da sie nicht ganz identisch sind (vgl. Abb. 2.7.b. und Abb. 2.7.c.). Mehrere Kupferstiche sind seitenverkehrt (z. B. Abb. 2.13.a. und 2.13.c.). Statt Abb. 2.22.c., die zeigt, wie sich David Saul stellt (1Sam 24,10), wurde eine Abbildung eingefügt, die darstellt, wie Saul die Höhle verlässt, nachdem David ihm einen Zipfel seines Oberkleides abgeschnitten hat (Abb. 2.22.b.).²⁶⁰ Abb. 2.36.d. (Natan kündigt David den Tod seines Kindes an und der König tut Busse), und Abb. 2.40.c. (David flieht vor Absalom und schickt die Lade zurück nach Jerusalem), fehlen im Davidbuch ganz.²⁶¹ Für diese Unterschiede gibt es zwei Erklärungsversuche: Entweder lag die Kupferplatte zum Zeitpunkt des Buchdruckes in Frankfurt a.M. nicht mehr vor und musste deshalb ersetzt werden, oder – was genauso wahrscheinlich ist – es fand eine kritische Auseinandersetzung mit den Bildmotiven statt und es wurde hier aus inhaltlichen Gründen eine andere Szene ausgewählt. Neben diesen Kupferstichen zu den David-Erzählungen sind lediglich noch zwei kleinere Serien bekannt. Eine fünfteilige Serie der Kupferstecherdynastie Collaert wurde 1579 zum ersten Mal im Thesaurus von Gerard de Jode in Antwerpen gedruckt.²⁶² Eine zehnteilige Serie von Maarten van Heemskerck widmet sich der Erzählung in 1Sam 16 – 18. Sie wurde von einem unbekannten Stecher gestochen

 Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 19): „Many Flemish emigrés, however, were to make an important contribution to the artistic renewal that was occurring in the North. Henceforth it would be here that Old Testament printmaking would continue to develop, particularly in Haarlem and Amsterdam.“  Vgl. Kapitel C. 2.2.4.  Vgl. The Illustrated Bartsch 7003.063, Kupferstich von Johan Sadeler, nach einer unbekannten Zeichnung von Maarten de Vos: David schneidet im Hintergrund ein Stück von Sauls Kleid ab, im Vordergrund ist dargestellt wie er es ihm präsentiert. Das Kriegsgeschehen in der rechten Bildhälfte macht die Szene sehr bedrohlich.  Vgl. De Ramaix, I. (1997, 5): „These prints, except for .008 and .010, appeared in David, Virtutis Exercitatissimae Probatum Deo published by Theodore de Bry (Frankfurt, 1597).“  Vgl. The New Hollstein, The Collaert Dynasty, Bd. XIV, Nr. 45 – 47. Die fünf Kupferstiche zeigen wie David Goliat den Kopf abschlägt, wie Saul David mit dem Speer bedroht, wie David Saul Speer und Wasserkrug stiehlt, wie sich Saul und sein Waffenträger ins Schwert werfen und die badende Batseba.

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

und 1601 veröffentlicht.²⁶³ Neben der Salbung Davids wird dargestellt, wie David Saul Geschenke von seinem Vater überreicht (1Sam 16,19 f.) und wie David seinen Brüdern zu Essen bringt, schliesslich wie Eliab ihn beschimpft, wie David vor Saul gebracht wird, wie er Goliat gegenübertritt und wie er diesem dem Kopf abschlägt. Danach folgen drei Kupferstiche, auf denen David Saul das Haupt Goliats präsentiert, wie er von den Frauen besungen wird und wie Saul David mit dem Speer bedroht.

2.2.4. Die Bilder im Vergleich Im Folgenden werden die einzelnen Darstellungen der beiden Ausgaben sowie der Kupferstichserie nebeneinander gestellt und verglichen. Ein frappierender Unterschied zwischen den beiden Ausgaben wird bereits in dem ersten Bild deutlich: Der Kupferstich zum Lemma BONA INDOLES RECTE CVLTA in der Ausgabe von Philips Galle von 1575 zeigt David als Hirten bei den Schafen (Abb. 2.5.a.). Nicht nur die Schafe lauschen andächtig seinem Saitenspiel, sondern auch Bär und Löwe kommen links im Bild hinzu und scheinen aufmerksam zuzuhören. Diese Darstellung erinnert nicht nur an Jes 11,6 f.,²⁶⁴ sondern auch an Orpheus aus der griechischen Mythologie²⁶⁵ und an das christologische Thema des „guten Hirten“, das Philips Galle bereits im Standbild für den Herzog von Alba verwendet hatte.²⁶⁶ Zudem verweist die Darstellung von David als Hirte mit Löwe und Bär im Hintergrund auf ein deutlich politisch geprägtes Motiv in Joh 10,1– 18. Zu diesem biblischen Thema hat Philips Galle einen Kupferstich nach einer Zeichnung Pieter Bruegels und zu einem Vers von Hadrianus Junius angefertigt:²⁶⁷ Räuber dringen von überall in den Schafstall ein, doch der gute Hirte schützt seine Tiere. Da in dieser Darstellung die Räuber durch ihre Kleidung als Angehörige der verschie-

 Vgl.The New Hollstein, Marten van Heemskerck, Bd. I, Nr. 94– 103.Vgl. die Zeichnungen Maer ten Jacobsz. van Heemskerck, Fonds des dessins et miniatures, Département des Arts graphiques, Musée du Louvre, Paris, Inv. Nr. 22630 recto; 22631 recto; 22632 recto; 22635 recto; 22636 recto; 22637, recto; 22638 recto. Vgl. Veldman, I. M. (1993, 93 – 99).  Im Titelblatt der Biblia sacra Hebraice, Chaldaice, Græce, & Latine wird eindeutig auf diese Motiv angespielt. Vgl. dazu Hänsel, S. (1991, 28 – 31).  Vgl. Hänsel, S. (1991, 122 f.); Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 50); Melion, W. S. (2005, 79 f.).  Vgl. Kapitel C. 2.1.  Vgl. Philipp Galle, Der Gute Hirte, Herzog-Anton-Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett Braunschweig, nach einer Zeichnung von Pieter Bruegel, The Illustrated Bartsch 5601.032 sowie Johan I. Sadeler,The Illustrated Bartsch 7001.238 S1-S5, nach einer Zeichnung von Hans Boll in The Courtauld Institute, London Inv. Nr. 1630. Vgl. ausführlich dazu Hänsel, S. (1991, 65 Abb. 28).

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denen Stände ausgewiesen sind, bezieht sie sich explizit auf die aktuelle politische Situation.²⁶⁸ Die politische Forderung, die dahinter steckt, ist die nach einem Herrscher, der das Volk vor Plünderungen, Aufständen und Willkür schützt. Entsprechend betont die Bildunterschrift von Benito Arias Montano, dass David der Auserwählte Gottes ist und dass er die Schafe weiden soll („Ipse pater superum dixit, meus hic, meus esto; | Hic pascat nostros instituatque greges“).²⁶⁹ Diese friedvolle Darstellung, die das Werk David eröffnet, steht im Kontrast zum zweiten Kupferstich (FIDEI TIROCINIA Abb. 2.6.a.), auf dem David gegen Bär und Löwen kämpft (1Sam 17,34 f.).²⁷⁰ Hier besänftigt er die wilden Tiere nicht durch sein Harfenspiel, sondern tötet sie heldenhaft mit seinem Hirtenstab, die Harfe liegt achtlos am Boden. Ganz anders gestaltet sich diese Eröffnung des Davidthemas in der Ausgabe der Gebrüder de Bry von 1597. In Abb. 2.5.b. wird gezeigt, wie David von der Herde weggeholt und Samuel präsentiert wird. Mit dieser Darstellung brechen die Gebrüder de Bry mit der ikonografischen Tradition, indem sie näher an der biblischen Erzählung in 1Sam 16,1– 13 bleiben und die Illustration weniger ideologisch aufgeladen ist. Auf diese Eröffnung folgen in beiden Ausgaben unter dem Lemma MODESTIA PROBATA Darstellungen zur Salbung Davids. Die Ausgabe von 1575 zeigt dieses Motiv lediglich im Hintergrund (Abb. 2.7.a.), während im Vordergrund die Erwählung Davids, der von seinen Brüdern umgeben ist, durch Samuel steht.²⁷¹ Zwei Figuren stehen im Mittelpunkt: Isai, der Vater Davids, der mit seinem Finger nach rechts zeigt, vermutlich auf seinen ältesten Sohn, und Samuel, der mit seinem Finger nach links auf den die Szene betretenden David weist. Das Bild in der Ausgabe von 1597, das zudem die Kupferstichserie von Aegidius Sadeler eröffnet (Abb. 2.7.b. bzw. Abb. 2.7.c.), zeigt die Salbung Davids durch Samuel im Kreis seiner Brüder. Die Darstellung der Salbung Davids durch Samuel ist ein sehr häufiges Motiv in illustrierten Bibelausgaben, allerdings ist die Szene meist in Landschaftsmalerei eingebettet und werden lediglich Samuel und David, jedoch nicht dessen Brüder dargestellt. Es folgen vier (1575) beziehungsweise drei (1597) Kupferstiche zur Erzählung von David und Goliat in 1Sam 17. Das erste Bild (VIRTVS VLTRO INCITATA,

 Hänsel, S. (1991, 65).  Philipp II. wird, nachdem er König von Portugal wurde, auch als „Hirte“ gefeiert. Vgl. Édouard, S. (2005, 194– 198).  Vgl. auch die Radierung von Pieter Serwouters nach David Vinckboons, publiziert bei Claes Jansz.Visscher, 1608, 19,4 x 21,9 cm, signiert „CIVisscher excu:“, „DVBoons Inuent.“, „P: S: scalp.“ und „1608“. Lateinische Inschrift unterhalb des Bildes in zwei Spalten: „Pro grege uti patrio … / … et fera spicula Mortis. / 1 Samuel 17. / R.Lubbæus.“ British Museum, London, Inv.-Nr. 1937,0915.318.  Vgl. Hänsel, S. (1991, 124).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. 2.8.a. und Abb. 2.8.b.) zeigt, wie David seine Brüder im Auftrag seines Vaters im Heerlager besucht und von seinem ältesten Bruder beschimpft wird (1Sam 17,12– 30). Im zweiten Bild (EXPEDITIO MVNITISSIMA) zieht David die Rüstung Sauls an. Lediglich ganz weit im Hintergrund sieht man in Abb. 2.9.b., wie er gegen Goliat antritt.²⁷² Die folgende Darstellung FIDEI VICTORIA zeigt in der älteren Ausgabe, wie David dem übermächtigen Goliat gegenübertritt und mit seiner Steinschleuder einen Stein nach ihm wirft (Abb. 2.10.a.), und in der jüngeren Version, wie David Goliat den Kopf abschlägt und diesen davonträgt (Abb. 2.10.b.). Zum Lemma PIETAS TRIVMPHVS findet sich nur in der Ausgabe von 1575 ein Ikon. Hier tritt David siegreich vor Saul und präsentiert ihm das Haupt Goliats (Abb. 2.11.; 1Sam 17,57 f.). In der Darstellung zum Lemma HUMANAR OPVM PRÆSTANTISSIMÆ überreicht Prinz Jonatan dem Hirtenjungen David seinen Waffenrock, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel (Abb. 2.12.a. und Abb. 2.12.b.; 1Sam 18,1– 4). Im Anschluss daran folgt eine Darstellung, in der Saul seinen Speer nach David wirft (Abb. 2.13.a. und Abb. 2.13.b.; 1Sam 18,10 f. par. 1Sam 19,9 f.). Das Bild findet sich auch in der Kupferstichserie von Aegidius Sadeler, hier allerdings seitenverkehrt (Abb. 2.13.c.). Ein Vergleich zeigt, dass im Kupferstich der älteren Ausgabe von 1575 Saul David mit dem Speer gefährlich nahe kommt (Abb. 2.12.a.). Dass sich David aus der dargestellten Situation retten kann, erscheint als grosses Wunder. Ganz anders präsentiert sich die gleiche Szene in der Ausgabe von 1597. Hier ist David in einigem Abstand zu Saul dargestellt, der Speer, den Saul im ausgestreckten Arm hält, ist weit davon entfernt, ihm zur Gefahr zu werden: die um Saul herum stehenden Diener halten sowohl Saul als auch den Speer in seiner Hand zurück. Die Kupferstiche zeigen eindrücklich zwei unterschiedliche Interpretationen des biblischen Textes: Während Saul in der einen Darstellung zur lebensgefährlichen Bedrohung für David wird, wird er in der anderen zur lächerlichen Figur, die, von Neid und Jähzorn gepackt, vergeblich versucht, den Gegner zu beseitigen. Die Szene, in der David vor Saul die Harfe spielt und von diesem bedroht wird, kommt in illustrierten Bibeln häufig vor. Auch hier findet sich die ganze Bandbreite von der akuten Gefahr bis zum tragikomischen Angriff Sauls dargestellt.²⁷³

 Etwa auch bei einem Kupferstich von Antonio Tempesta, The Illustrated Bartsch 251 (130), ist die Tötung Goliats lediglich im Hintergrund dargestellt.  Vgl. Jan Collaert I. nach Ambrosius Franken, Saul bedroht David mit dem Speer, 1579, The New Hollstein, The Collaert Dynasty, Bd. XIV, Nr. 46.Vgl. zudem die Kupferstiche von Maerten van Heemskerck und Pieter H. Schut, abgedruckt in de Vries, A. B. / Tóth-Ubbens, M. / Froentijes, W. (1978, 157.159). Die Szene wie Saul David mit dem Speer bedroht und wie David flieht wird bei Matthäus Merian in einem Kupferstich zusammengefasst: Matthäus Merian, Icones Biblicae, Kupferstich, 1625 – 1630, beispielsweise British Museum, London, Inv.-Nr. 1857,1212.130. Besonders

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Die nächsten drei Bilder widmen sich der Michalerzählung in 1Sam 18 f. Dargestellt wird unter dem Lemma DELIBERATA SPES, wie David den Brautpreis – hundert Vorhäute der Philister – einbringt (Abb. 2.14.a.) beziehungsweise wie er seine Trophäen Saul präsentiert (Abb. 2.14.b.; vgl. Abb. 2.15.a.). In der Ausgabe von 1597 findet sich zudem eine Abbildung davon, wie Saul ihm Michal zur Frau gibt (Abb. 2.15.b.). Danach folgt in beiden Ausgaben eine Darstellung davon, wie Michal David zur Flucht verhilft (1Sam 19,11– 17), diesmal jedoch mit unterschiedlichen Lemmata.²⁷⁴ Beide Darstellungen (Abb. 2.16.a.; Abb. 2.16.b. sowie auch Abb. 2.16.c.) sind dreigeteilt. Sie zeigen auf der rechten Seite beziehungsweise im Vordergrund die Boten Sauls, die David gefangen nehmen sollen. Durch ein Fenster in der Mitte ist zu sehen, wie Michal einen Teraphim ins Bett legt und auf der linken Seite, wie sie David an einem Strick aus dem Palast ins Freie gleiten lässt. Der markanteste Unterschied zwischen den beiden Abbildungen liegt wiederum in der Darstellung der Bedrohung: Während die Boten in der Darstellung der Ausgabe von 1597 das Haus Davids lediglich bewachen, dringen sie im älteren Kupferstich bereits in das Haus ein. Es bleibt David nur äusserst wenig Zeit zur Flucht. Allerdings sind die Boten Sauls in dieser Darstellung räumlich durch das Haus von David getrennt. Das Bildzentrum nimmt zudem „ein Obelisk ein, dessen Bedeutung noch dadurch unterstrichen wird, daß ihn die beiden Pilaster der Hauswand flankieren.“²⁷⁵ In der jüngeren Darstellung hingegen stehen die Boten Sauls im Vordergrund und Davids Fluchtweg führt in unmittelbarer Nähe an ihnen vorbei. Danach folgen mehrere Darstellungen zu Stationen der Flucht Davids: Die beiden Kupferstiche zum Lemma AMICITIÆ VERÆ VSVS zeigen zum einen Jonatan, „der den Pfeil als Zeichen der David drohenden Gefahr abschießt“,²⁷⁶ zum anderen den Abschied der beiden Freunde (1Sam 20). In Abb. 2.17.a. wird die erstgenannte Szene im Vordergrund gezeigt, in Abb. 2.17.b. und Abb. 2.17.c. wird die Abschiedszene nach vorne gerückt. Im nächsten Kupferstich übergibt Ahimelech dem David im Heiligtum von Nob die Schaubrote und Goliats Schwert; beide werden dabei von Doeg beobachtet (Abb. 2.18.a. und Abb. 2.18.b.; 1Sam 21,2– 10). Ein weiterer Stich präsentiert David, der sich vor Achisch, dem König von Gat, wahnsinnig stellt (Abb. 2.19.a.; Abb. 2.19.b. und Abb. 2.19.c.; 1Sam 21,11– 16). Da-

deutlich wird die Gefahr für David in einem Kupferstich von Christoffel van Sichem nach Tobias Stimmer, der in einer Josephus Ausgabe (Flavii Josephii des Hochberühmten Jüdischen Geschichtsschreibers Historien und Bücher“, Theodosius Rihel, Strasbourg, 1578; 1574) verwendet wurde.  Vgl. die Erklärung dazu weiter oben Anm. 188.  Vgl. Hänsel, S. (1991, 123).  Hänsel, S. (1991, 123).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

nach folgt eine Abbildung, in der David als Anführer über 400 Mann gezeigt wird: Während es sich in der einen Darstellung tatsächlich um Familienangehörige, „Bedrängte und solche, die verschuldet waren, und andere mit erbittertem Gemüt“ (1Sam 22,2) handelt, die sich in der Höhle von Adullam versammelten (Abb. 2.20. a.), wird in der jüngeren Darstellung eine wohlgeordnete militärische Einheit dargestellt (Abb. 2.20.b.). In beiden Kupferstichen stösst Abjatar zu David und berichtet ihm von Sauls Blutvergiessen an den Priestern in Nob (1Sam 22,20 – 23). Die Bekräftigung des Bundes zwischen David und Jonatan steht im Bild (Abb. 2.21. a.) mit dem Lemma VIRTVTIS VERÆ LIBERALITAS im Vordergrund (1Sam 23,15 – 18). Dabei wird in der Ausgabe von 1597 die Abb. 2.12.b. erneut verwendet. Die beiden Ausgaben widmen sich anschliessend dem Text von 1Sam 24. Die Ausgabe von 1575 zeigt,wie David ein Stück des Obergewandes von Sauls Kleidung in der Höhle von En-Gedi abgeschneidet, als dieser dort seine Notdurft verrichtet (Abb. 2.22.a.), während in der Ausgabe von 1597 Saul die Höhle verlässt und David mit dem Zipfel seines Mantels in der Hand in der Höhle zurückbleibt (Abb. 2.22.b.). Das Lemma hierzu lautet: FORTITUDO INNOCENS.²⁷⁷ Auch hier schwächt die zweite Ausgabe die Bedrohung ab. Noch deutlicher wird dies in der sechzehnteiligen Kupferstichserie Abb. 2.22.c., wo Saul die Höhle bereits verlassen hat und David ihm aus sicherer Distans begegnet. Bevor erneut auf die Verschonung Sauls durch David eingegangen wird, folgen zwei Bilder zur Erzählung von Abigajil in 1Sam 25: Das erste zeigt den geizigen Nabal (Abb. 2.23.a. und Abb. 2.23.b.), das zweite seine kluge Frau Abigajil (Abb. 2.24.a. und Abb. 2.24.b.). Unter dem Motto REVERENTIA SOSPITALIS steht schliesslich die Geschichte, wie David Saul zum zweiten Mal überrascht, sein Leben schont und nur Speer und Wasserkrug zum Beweis mitnimmt (Abb. 2.25.a. und Abb. 2.25.b.; 1Sam 26). Beide Ausgaben zeigen die gleiche Szene. Im Hintergrund ist jeweils auf der linken Seite zu erkennen, wie David Abner Speer und Wasserkrug zeigt. Sehr stark unterscheiden sich die Darstellungen zu 1Sam 30:²⁷⁸ Während David im Bild in der Ausgabe von 1575 als derjenige gefeiert wird,²⁷⁹ der seine Frauen aus der Hand der feindlichen Amalekiter befreit (Abb. 2.26.a.), zeigt die Darstellung der jüngeren Ausgabe die volle Wucht der Zerstörung (Abb. 2.26.b.):

 Vgl. Melion, W. S. (2005, 81): „The verses stress what David has realized: taking vengeance afflicts small minds, whereas it is wiser to obligate an enemy by spearing his life.“ Vgl. zudem zur Abweichung der Abb. 2.22.c. in Kapitel C. 2.2.3.  Vgl. dazu auch die Darstellung in der sog. Merian-Bibel, wo ein ganz anderer Akzent auf 1Sam 30 gelegt wird, nämlich wie David die trinkenden und feiernden (1Sam 30,16) Amalekiter überfällt und mit einer schlagkräftigen Armee auch besiegt.  Vgl. Sellink, M. S. (1997, 92); Melion, W. S. (2005, 81).

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

401

Im Hintergrund steht die Stadt Ziklag in Brand, die Amalekiter verschleppen Davids Frauen und Kinder und dieser wird von seinen eigenen Männern mit Steinen bedroht. Die katastrophalen Auswirkungen dieses amalektischen Überfalls, der David indirekt sogar an Leib und Leben bedroht, weil er in der Folge die Wut seiner Leute auf sich zieht, wird ebenso in der Kupferstichserie von Aegidius Sadeler (Abb. 2.26.c.) offensichtlich. In diesem Fall wird die Bedrohung Davids in der jüngeren Ausgabe (1597) gegenüber der älteren Ausgabe von 1575 gesteigert. Auch die nächste Darstellung widmet Philips Galle in der Ausgabe von 1575 der Erzählung in 1Sam 30. Gezeigt wird, wie David seine Männer dazu auffordert, die Beute gerecht untereinander aufzuteilen und auch denen davon abzugeben, die zu erschöpft waren, um mit David weiterzuziehen und daher gar nicht an der Schlacht beteiligt waren (1Sam 30,21– 25). In diesem Sinn hält David seine Männer von einer hartherzigen Handlung ab: „Discrimen tolerare suo pro principe, pulcrũ est: | Pulcrius at cum Rex hoc cauet ipse suis.“²⁸⁰ Eine ganz andere Szene wird in der Ausgabe von 1597 gezeigt: Drei Helden Davids dringen unter Lebensgefahr ins Heerlager der Philister ein, um Wasser aus der Zisterne in Betlehem zu holen, und David trinkt dieses nicht, sondern schüttet es als Trankopfer für Jhwh aus (2Sam 23,13 – 17). Die Darstellung zu diesem Text überrascht an dieser Stelle, passt sie doch biblisch-chronologisch nicht hierhin. Wurde der Bezug zur Erzählung in 1Sam 30,21– 25 nicht mehr verstanden oder wurde hier absichtlich auf 2Sam 23,13 – 17 verwiesen? Beides ist denkbar, passt doch auch die Szene von 2Sam 23,13 – 17 zum vierzeiligen Gedicht von Benito Arias Montano, insofern sich die drei Helden Davids für ihn aufopfern. Anschliessend folgen mehrere Darstellungen der Krönung Davids:²⁸¹ zuerst unter dem Motto INGENVVS CANDOR die Überbringung der Insignien Sauls und im Hintergrund die Hinrichtung des Königsmörders (Abb. 2.28.a.) beziehungsweise, wie sich Saul ins Schwert stürzt (Abb. 2.28.b. und Abb. 2.28.c.), danach die Krönung Davids zum König von Juda (Abb. 2.29.a. und Abb. 2.29.b.), gefolgt von einer Darstellung zur Trauer Davids um Abner (Abb. 2.30.a.).²⁸² Als nächstes wird in beiden Ausgaben die Ermordung Eschbaals dargestellt, und wie David dessen Haupt präsentiert wird (2Sam 4,5 – 12); beide Szenen werden versetzt gezeigt: einmal im Vordergrund, einmal lediglich im Hintergrund (Abb. 2.31.a. und

 Melion, W. S. (2005, 83) übersetzt: „It is beautiful to endure danger for one’s ruler: but more beautiful for the king to protect his men [from an untamed heart].“  Vgl. dazu auch Melion, W. S. (2005, 83 und 198 Anm. 14).  Diese bezieht sich, wie aus der Darstellung von der Ermordung Abners durch Joab im Hintergrund geschlossen werden kann, auf 2Sam 3,31– 39, während die Explicatio in der Ausgabe von 1597 mit der Angabe 2Sam 2 (p. 71) auf die Szene Bezug nimmt, in der sich die Männer von Jabesch in Gilead Saul bestatten und sich David hierfür bei ihnen bedankt (2Sam 2,5 f.).

402

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. 2.31.b.). „Nach dem Begräbnis Abners und der Ermordung Ischboschets mit der Bestrafung der Mörder erscheint nun Davids Krönung zum Herrscher über ganz Israel, die Arias als ‚CONSTANTIAE EXITUS‘ interpretiert.“²⁸³ Damit beginnt die Herrschaft Davids in Personalunion als König von Israel und Juda, symbolisch dargestellt durch die Übergabe von Schlüsseln durch die Männer von Israel (Abb. 2.32.a.; 2Sam 5,1– 5). Die Erzählungen von Davids Siegen über die Philister und die Einnahme Jerusalems (2Sam 5) werden weder in Text noch Bild erwähnt. Vielmehr folgt eine Darstellung, wie David die Lade nach Jerusalem bringt und ihn Michal dabei beobachtet (Abb. 2.33.a. und Abb. 2.33.b.; 2Sam 6).²⁸⁴ Merib-Baal bestimmt das Thema des nächsten Lemmas IMMORALE FOEDVS (Abb. 2.34.a. und Abb. 2.34.b.; 2Sam 9), woran je drei Bilder zur Batseba-Erzählung in 2Sam 11 f. anschliessen. In der Ausgabe von 1575 findet sich eine sehr ungewöhnliche Darstellung des Themas (Abb. 2.35.a.).²⁸⁵ Sehr oft wird dargestellt, wie sich Batseba in einem Brunnen wäscht und von David aus der Ferne beobachtet wird, so beispielsweise auch in der Ausgabe von 1597 (Abb. 2.35.b.). Im Kupferstich von Philips Galle „umarmt der auf dem Bett sitzende David die vor ihm kniende Batseba. Rechts neben den beiden steht ein bocksfüßiger Tisch mit Früchten, während links im Vordergrund ein Affe hockt.“²⁸⁶ Durch eine Türöffnung erblickt man im Hintergrund einen Reiter, vermutlich Urija, der ins Schlachtfeld aufbricht beziehungsweise auf Veranlassung Davids von Joab an die Kampffront (2Sam 11,14– 17) geschickt wird.²⁸⁷ Daraufhin folgt je ein Kupferstich zu der Szene, wie Natan David die Strafe Gottes ankündet (Abb. 2.36.a.; Abb. 2.36.b.; Abb. 2.36.c.; 2Sam 12,1– 14).²⁸⁸ In der sechzehnteiligen Kupferstichserie von Aegidius Sadeler findet sich zudem noch eine weitere Darstellung zum gleichen Thema: David kniet vor Natan auf dem Boden und tut Busse (Abb. 2.36.d.). Unter dem Lemma VERAE GLORIAE AMPLIFICATIO wird schliesslich gezeigt, wie David ein weiteres Mal gekrönt wird, diesmal durch die Ammoniter nach der Einnahme der Wasserstadt Rabba (Abb. 2.37.a.; 2Sam 12,26 – 31). Damit ist die David-Batseba-Erzählung (2Sam 11 f.)

 Hänsel, S. (1991, 123).  Vgl. sehr ähnlich auch „David tanzt vor der Lade“, The Illustrated Bartsch 7003.085, von John Wierix und Johan Sadeler gestochen nach einer Zeichnung von Maarten de Vos,Wellesley College Library, de Vos Album f. 15.  Auf die praktisch singuläre Auswahl des Motivs haben auch Hänsel, S. (1991, 124) und Melion, W. S. (2005, 83) hingewiesen.  Hänsel, S. (1991, 124).  Die Deutung von Melion, W. S. (2005, 199 Anm. 24) ist hier sicherlich falsch, da sie sich nicht auf den biblischen Text bezieht: „At the left, we see David’s attempt to dishonor Uriah by removing him from the battlefield.“  Ausführlich zu diesem Thema in Kapitel C. 4.1.

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

403

abgeschlossen und es folgt eine Rezeption der Absalom-Erzählung, die die nächsten sechs Darstellungen bestimmen wird.²⁸⁹ Den Anfang macht die Ermordung Amnons durch Absalom (Abb. 2.38.a. und 2.38.b.; 2Sam 13,23 – 29). Die Darstellungen beider Ausgaben legen ein sehr ähnliches Gewicht auf die Szene, mit der Ausnahme, dass in der älteren im Hintergrund auch Tamar zu erkennen ist.²⁹⁰ Die nächsten beiden Darstellungen fehlen in der Ausgabe von 1597. In der älteren Publikation findet sich zum einen die Versöhnung zwischen David und Absalom (2Sam 14,33), wobei in einer Nebenszene im Hintergrund Absalom, der Gericht hält und zum König ausgerufen wird (2Sam 15,1– 12), gezeigt wird (Abb. 2.39.a.); zum anderen gibt es eine Darstellung des aus Jerusalem fliehenden David, dem Schobi, Machir und Barsillai Essen bringen (Abb. 2.40.a.; 2Sam 17,27– 29). Obwohl eine Darstellung zu Davids Flucht in der Ausgabe von 1597 fehlt, findet sie sich in der Kupferstichserie von Aegidius Sadeler (Abb. 2.40.c.). Dieser Kupferstich widmet sich der Szene, wie David aus Jerusalem hinausgeht und das gesamte Volk an sich vorüberziehen lässt, und wie er Zadok und die Leviten, die die Lade tragen, zurück nach Jerusalem schickt (2Sam 15,24– 29). Auch die weiteren Bilder weichen in den beiden Ausgaben in der Thematik stark voneinander ab. Unter dem Motto PATERNA CLEMENTIA wird gezeigt, wie David das Heer ordnet und Joab, Abischai und Ittai einschärft, schonend mit Absalom umzugehen (Abb. 2.41.a.; 2Sam 18,1– 5). Unter demselben Lemma steht in der Ausgabe von 1597 die Szene, wie David die Nachricht vom Tod seines Sohnes überbracht wird und er um diesen trauert (Abb. 2.41.b. und Abb. 2.41.c.). Mit diesem Bezug auf die Erzählung in 2Sam 18,24– 19,1 wird die Chronologie der biblischen Erzählung eindeutig durchbrochen, denn auf den Tod Absaloms wird erst danach Bezug genommen. Auch hier stellt sich die Frage, ob diese Umstellung bewusst eingeführt worden ist oder ob sie mit einer gewissen Nachlässigkeit zu tun hat. Auf jeden Fall wurde diese Reihenfolge in der deutsch-lateinischen Ausgabe von 1644 umgestellt; die Abbildungen wurden nun der biblischen Erzählung entsprechend angeordnet. Nachdem also Davids Trauer um Absalom in der Ausgabe von 1597 vorweggenommen wird, zeigen beide Werke in Abb. 2.42.a. und Abb. 2.42.b., wie Absalom mit seinem Haar in einer Terebinthe hängen geblieben

 Vgl. Hänsel, S. (1991, 123 f.): „Nach Davids Krönung durch die Amalekiter [wohl eher durch die Ammoniter] bildet das Schicksal Absaloms das Thema von weiteren sechs Blättern: Absalom läßt seinen Bruder Amnon erschlagen, Absalom vor David, David gibt den Besitz Mephiboschets an Ziba, Befehl zur Milde gegenüber Absaloms, Absaloms Tod und die Teilung des Besitzes zwischen Ziba und Mephiboschet.“  Vgl. die Kupferstichserie von Philips Galle zur Tamar-Erzählung, The Illustrated Bartsch 5601.009:1– 6.

404

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

ist und von Joab durchstochen wird (2Sam 18,9 – 15).²⁹¹ Danach folgt je ein Bild zu Schimi ben Gera. Im ersten Fall wird dargestellt, wie er David entgegeneilt und sich vor ihm niederwirft (Abb. 2.43.a.; 2Sam 19,17– 24), im anderen Fall wird in die frühere Szene aufgegriffen, in der Schimi David verflucht und mit Steinen bewirft (Abb. 2.43.b.; vgl. auch Abb. 2.43.c.; 2Sam 16,5 – 14).²⁹² Beide Szenen mögen insofern gut zum Lemma IVS INVICTUM passen, als David Schimi tatsächlich in beiden Erzählungen verschont und Abischai beide Male davon abhält, ihn zu töten. Danach folgen Darstellungen zum Aufstand Schebas ben Bichri (2Sam 20,1– 22). Abb. 2.44.a. zeigt, wie die weise Frau von Abel-Bet-Maacha mit Joab verhandelt und den Kopf Schebas ben Bichris über die Stadtmauer hält.²⁹³ Umgekehrt zeigt die Abbildung aus der Ausgabe von 1597 (Abb. 2.44.b. und Abb. 2.44.c.) nicht das friedvolle Ende, sondern die Kampfansage zu Beginn der Erzählung, nämlich wie Scheba ben Bichri ins Horn stösst und ausruft: „Wir haben keinen Anteil an David!“ (2Sam 20,1).Vermutlich ist im Hintergrund der Jordan zu sehen und damit auch auf die Szene in 2Sam 19,42– 44 und den Streit zwischen den Männern Israels und den Männern Judas, die sich im Bild gegenüberstehen, angespielt. Brutal dargestellt wird die Erzählung in 2Sam 21,1– 14. Als erstes erfolgt die Darstellung der Tötung der sieben Sauliden. Während diese in der älteren Darstellung im Hintergrund gekreuzigt werden und im Vordergrund lediglich dargestellt wird, wie David davon berichtet wird (Abb. 2.45.a.), steht in der jüngeren Darstellung das brutale Erhängen an einem Baum im Zentrum (Abb. 2.45.b.). Diese Hinrichtungsart wurde in den Niederlanden des ausgehenden 16. Jahrhunderts, sicherlich aber während des Dreissigjährigen Krieges praktiziert, wie entsprechende Kupferstiche zeigen.²⁹⁴ Danach wird die Bestattung der Sauliden gezeigt (Abb. 2.46.a. und Abb. 2.46.b.). Die heldenhafte Tat der Rizpa, die Totenwache hält, wird möglicherweise in der Abb. 2.45.a. im Hintergrund festgehalten. Die drei folgenden Bilder widmen sich der Erzählung in 2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1.²⁹⁵ Zunächst wird dargestellt, wie David Joab den Auftrag gibt, das Volk zu zählen (Abb. 2.47.a. und Abb. 2.47.b.), dann, wie Gad vor David erscheint und  Vgl. etwa auch Antonio Tempesta, ABSALOM CAPILLIS SVSPENSVS / OCCVMBIT, The Illustrated Bartsch 254 (130).  Vgl. auch „Jeremia wird von Ägyptern mit Steinen beworfen“, The Illustrated Bartsch 7003.076 von Crispijn de Passe nach einer unbekannten Zeichnung von Maarten de Vos gestochen.  Vgl. den Kupferstich von Antonio Tempesta und die Angaben dazu in Leuschner, E. (2004, 113). Zudem den Kupferstich von Matthäus Merian in der Icones Biblicae sowie jener von Johann Christoph Weigel, Biblia Ectypa.  Vgl. die Darstellung einer öffentlichen Massenerhängung, Kupferstich im Zyklus „Das grosse Elend des Krieges 1630“ von Jacques Callot.  Vgl. dazu Melion, W. S. (2005, 83 f.)

2.2. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

405

ihm die Strafe Gottes für seine Hybris verkündet (Abb. 2.48.a.). In der Ausgabe von 1597 wurde hier lediglich die Abbildung von Natan, der David die göttliche Strafe ankündigt (Abb. 2.36.b.), übernommen, womit belegt ist, wie eng zusammen die beiden Erzählungen 2Sam 12,1– 15 und 2Sam 24 gesehen wurden. Und schliesslich folgt als drittes der Pestengel mit dem Schwert über der Tenne des Arauna und David, der ein Opfer darbringt (Abb. 2.49.a.; Abb. 2.49.b. und Abb. 2.49.c.).²⁹⁶ Das Davidbuch endet mit drei weiteren Darstellungen, die die Thronnachfolge thematisieren. Das erste Bild (Abb. 2.50.a.), das in der Ausgabe von 1597 keine Entsprechung hat, zeigt Batseba vor David kniend, vor ihr ein Korb mit Juwelen und reich verzierte Gefässe.²⁹⁷ Batseba bittet um die Einlösung des Versprechens Davids, dass Salomo auf den Thron käme (1Kön 1).²⁹⁸ Das zweite Bild (Abb. 2.51.a. und Abb. 2.51.b.) verweist auf den Aufstand Adonijas, der ein Gastmahl gibt und sich zum König ausrufen lässt (1Kön 1,5 – 9). In der älteren Ausgabe steht das Gastmahl Adonijas im Vordergrund, in der jüngeren, wie David von Adonijas Plänen, die Macht an sich zu reissen, berichtet wird. Die Serie schliesst ein Bild vom sterbenden David ab, der im Bett liegt und Salomo seinen letzten Willen kundtut (Abb. 2.52.a.). In der Darstellung der Ausgabe von 1597 sowie spiegelverkehrt im Kupferstich von Aegidius Sadeler sitzt Salomo bereits auf dem Thron (Abb. 2.52.b. und Abb. 2.52.c.). Der Priester Zadok und der Prophet Natan stehen in der Mitte des Raumes und verhandeln über das weitere Vorgehen und die Ausrufung Salomos zum König, die vermutlich ganz klein im Hintergrund durch das Fenster erkennbar ist.²⁹⁹ Über weite Strecken nehmen die Bilder sehr ähnliche Themen auf und weichen, abgesehen von stilistischen Unterschieden,³⁰⁰ nur geringfügig voneinander ab. Wo in der Ausgabe von 1597 Bilder fehlen oder Kupferstiche aus vorangehenden Erzählungen wieder verwendet wurden, lässt sich dies häufig auch mit ökonomischen Gründen erklären. Gemeinsam ist beiden Ausgaben, dass höchst selten Davids Aufstieg und Erfolg dargestellt wird. Es dominieren vielmehr Ge-

 Ausführlich dazu in Kapitel C. 4.2.  Melion, W. S. (2005, 87– 89) vermutet eine Anspielung auf 1Chr 29.  Vgl. dazu Melion, W. S. (2005, 89 f.): „Montanus’s verses compress these biblical passages, evoking the notion that the king’s singular piety, prudently discerning that got alone rules, commends wealth and riches to his use.“  Sehr ähnlich ist auch der Kupferstich von einem unbekannten Stecher in L‘Histoire du Vieux et du Nouveau Testament von Nicolas Fontaine, Pitts Theology Library, Inv.-Nr. 1699 Font.  Grundsätzlich sind die Kupferstiche in der Ausgabe von 1575 stärker allegorisch und mit Attributen wie Harfe, Schild, Äffchen versehen, während jene in der Ausgabe von 1597 näher dem Bibeltext folgen. Vgl. zum Stil Campos Sánchez-Bordona, M. D. (1997, 43).

406

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

fahren und Verfehlung.³⁰¹ Doch nicht immer wird die Bedrohung gleich gefährlich dargestellt. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass nur knapp die Hälfte der Bilder in den unterschiedlichen Ausgaben jeweils die gleiche Szene zeigt. Eine auffällige Abweichung betrifft hingegen etwa die dreifache Krönung Davids. In der jüngeren Ausgabe von 1597 spielt sie keine Rolle mehr, und die Darstellungen Abb. 2.32.a. und Abb. 2.37.a. bleiben ohne Entsprechung. Auffällig ist zudem die unterschiedliche Gewichtung innerhalb des Systems der kompositionellen Gliederung: Meistens steht sowohl in der Ausgabe von 1575 als auch in jener von 1597 die Haupthandlung im Vordergrund, eine oder mehrere Nebenszenen sind im Hintergrund auf der rechten oder linken Seite wieder gegeben. Ungefähr sechsmal sind in den beiden Ausgaben Haupt- und Nebenhandlung vertauscht. Dies beginnt bereits mit der Salbung Davids: Während Philips Galle das Moment der Erwählung Davids in den Mittelpunkt rückt, dominiert in der jüngeren Ausgabe die Salbung Davids durch Samuel.

2.3. Fazit David von Benito Arias Montano wirkte über Jahrhunderte weiter und übte immer wieder neu Faszination auf Gelehrte, Geistliche und Herrscher aus. Das Partikulare, das in jeder neuen Auflage beispielsweise durch die Dedicatio hervortritt, ist dabei ebenso bedeutsam wie das Universelle, das nicht nur geografische, sondern auch konfessionelle Grenzen in den Hintergrund treten liess. Daraus ergibt sich eine doppelte Frage: Wie ist das Werk David im jeweiligen Kontext zu verstehen und welche Bedeutung wird ihm insgesamt über mehrere Jahrzehnte zugemessen? Beide Ausgaben, die von 1575 und die von 1597, sind vom biografischen und politischen Kontext geprägt: Benito Arias Montano war als Theologe der Inquisition gefährlich und scheute als politischer Berater weder die Kritik am Vorgehen Spaniens in den Niederlanden noch an Philipp II. selbst. Auch das dichterische Werk von Matthias Bergius steht grundsätzlich in engem Kontext zu seiner Biografie, und dies mag besonders für seine Meditationes im David gelten.³⁰² Matthias

 Während sich etwa im sogenannten Skizzenbuch von Maarten de Vos eine Zeichnung von Davids Triumph nach einem Gemälde in der Loggia von Raphael im Vatikan findet, fehlt dieses Thema hier gänzlich. Allerdings ist hier die ikonografische Zuordnung zu einem biblischen Text äusserst schwierig. Vgl. Skizzenbuch, folio II, recto, Netto-Bol, M. M. L. (1976, 20). Vgl. auch die Zeichnung von Maarten de Vos, Triumph Davids, Paris, Louvre Cab. d. Est. 1968, Nr. 628.  Der Religionskonflikt tritt bei Matthias Bergius mehrfach als zentrales Thema in Erscheinung.Vgl. etwa Matthias Bergius’ Narratio de Synodo Nicea (1566) u. a. Dazu Deufert, D. (2011, 397): „Bergius’ dichterisches Verfahren, aktuelle Themen und Ereignisse der Zeitgeschichte mit den

2.3. Fazit

407

Bergius, der aus konfessionellen Gründen emigrieren musste, konnte sich wohl gut mit dem bedrohten und gefährdeten David identifizieren. Weder Benito Arias Montano noch Matthias Bergius werden daher zufällig auf Davids Schwierigkeiten, seine Flucht vor Absalom und die Gefahren, denen er dabei ausgesetzt war, hingewiesen haben. Vielmehr wollten sie ihre Leserschaft ermutigen, in vergleichbaren Situationen im Sinne Davids zu handeln. Es ist gut möglich, dass sie aus diesen David-Erzählungen für ihr eigenes Leben Hoffnung schöpften. David von Benito Arias Montano war in diesem Sinne weit mehr als nur ein Andachtsbuch zur frommen Meditation.³⁰³ Es war ebenso „Mittel politischer Argumentation“.³⁰⁴ Insofern David darin „as a model for contemporary rulers“³⁰⁵ präsentiert wird, kann das Werk David durchaus als Fürstenspiegel³⁰⁶ verstanden werden. Dabei stehen insbesondere die antiken Kardinaltugenden – virtus, clementia, iustitia und pietas – im Zentrum. Insgesamt werden jedoch nicht nur Davids Tugenden hervorgehoben, sondern auch seine Laster. Sie werden in Text und Bild deutlich benannt und dargestellt.³⁰⁷ Auch die Kupferstiche haben somit einen moralischen Anspruch und sind von übergreifender Gültigkeit.³⁰⁸ Entsprechend gehen die Darstellungen von David über eine ars memorativa im engeren Sinne der Emblematik hinaus und wollen „komplexe Sachverhalte auf einen Blick vor Augen führen und zu weiterem Nachdenken anregen“.³⁰⁹ Dass die Bilder im Verständnis von Benito Arias Montano und Philips Galle eine universale Wahrheit beinhalten, die weiter verbreitet werden soll, zeigt sich etwa im Vorwort zur Ausgabe von 1575. Philips Galle fordert dazu auf, die Stiche auch als Vorlagen

Mitteln der antiken Dichtungstradition zu bearbeiten, ist in seiner Epoche weder innovativ noch außergewöhnlich. Es ist vielmehr epochentypisch und repräsentativ für seine Zeit.“  So etwa Melion,W. S. (2005, 73), der festhält, dass Benito Arias Montanos Werke, die zwischen 1571 und 1575 in Antwerpen entstanden sind, „furnish pleasure by pairing pictorial images with novel genres of text (the so-called architectural and poetical genera), offering humanist readers a source of meditative otium (repose).“  Vgl. Hänsel, S. (1991, 202).  Sellink, M. S. (2001, XLIII).  Vgl. Sellink, M. S. (1997, 92): „By concentrating on the exemplary virtues of King David, the series stands in the tradition of the so-called ‘vorstenspiegel’ offering the reader the prototype of a good ruler, whose reign based on an ethically sound judgement.“  Vgl. Melion,W. S. (2005, 83): „Just as David’s power of reflection secures his royal authority, so his two great sins result from a failure to meditate on the consequences of his actions.“  Dieses Bildverständnis geht aus einem 47-zeiligen Gedicht hervor, das einem Kupferstich von Cornelis Cort nach Federico Zuccaro beigegeben ist, in dem Benito Arias Montano die moralische Aufgabe der Malerei hervorhebt. Dazu ausführlich Hänsel, S. (1991, 136 – 147 sowie Abb. 69). Vgl. Melion, W. S. (2009, 49): „Depicted actions will lead the viewer to enact similar deeds, converting images of things into the very thing they represent.“  Hänsel, S. (1991, 145).

408

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

für repräsentativere Arbeiten wie beispielsweise Wandteppiche oder Gold- und Silberschmiedearbeiten zu verwenden.³¹⁰ Damit ist nicht ein einzelner Herrscher, sondern automatisch ein „large potential public“³¹¹ im Blick. Leider konnten ausgerechnet für die erste Ausgabe von 1575 keine solchen Arbeiten nachgewiesen werden,³¹² dafür mehrere, die sich auf die Kupferstiche in der Ausgabe von 1597 beziehen. Hier sind insbesondere zu nennen: – eine Stickerei / Wirkerei, vermutlich aus dem 16. Jahrhundert, flämisch, Aufbewahrungsort unbekannt (Abb. 2.53.). Darin dargestellt sind sechs der Szenen. In der oberen Reihe: Saul bedroht David mit dem Speer; Michal verhilft David zur Flucht; David verabschiedet sich von Jonatan. In der unteren Reihe: der Tod Absaloms und Davids Trauer; der Prophet Gad vor David und Davids Opfer bei der Tenne des Arauna; David bestellt Salomo zu seinem Nachfolger, im Hintergrund der Aufstand Adonijas. Die Darstellungen sind jeweils reichlich ausgeschmückt mit zahlreichen Tieren, Häusern, Brunnen und mit den entsprechenden Versangaben unter den jeweiligen Bildern versehen – die Deckengemälde in Schloss Eggenberg, Graz (1666 – 1675)³¹³ – ferner zahlreiche einzelne Gemälde, aber auch Majolika (farbig bemalte zinnglasierte italienische Keramik), in denen ein einzelnes Motiv aufgenommen wird.³¹⁴

 Vgl. Hänsel, S. (1991, 122); Sellink, M. S. (1997, 92) und Melion,W. S. (2005, 77).Vgl. Einleitung fol. 3 A recto: „quae quamquam à me vtpote paupere, rudiori, leuiorique materia parata fuerint, poterunt pro præstantissimi cuiusque viri facultate & ingenio vel lanea vel holoserica, vel argentea & aurea, gemmis etiam intertextis splendentia confici, multis præterea artis & elegantiæ partisbus augeri & amplificari.“ In der Übersetzung von Pater Alois Kurmann, OSB: „Was von mir nur in armseligem, ungehobeltem und leichtem Material hergestellt wurde, kann je nach Fähigkeit und Talent jedes hervorragenden Mannes als glänzende Stücke aus Wolle, Seide, Silber und Gold und durch Einfügung von Edelsteinen verfertigt, zudem durch kunstvolle, elegante Zusätze vergrössert und erweitert werden.“  Sellink, M. S. (1997, 92).  Dies muss nicht heissen, dass die Kupferstiche nicht indirekt rezipiert wurden. Flämische und niederländische Künstler haben aus der Ausgabe mit Stichen von Philips Galle z. B. die Themen „Natan ermahnt David“, „Salbung Davids“, „Der Amalekiter mit der Krone Sauls vor David“ und „David ernennt auf dem Totenbett Salomo zum Nachfolger“ bevorzugt und formale und kompositionelle Elemente häufig genau übernommen. Vgl. van Gent, J. (1994, 91), die als Beispiel auf das Gemälde von Gerbrand van den Eeckhout, David auf seinem Totenbett, früher signiert und datiert 1646, Leinwand, 143 x 163, Národni Galeri, Prag, hinweist.  Vgl. dazu Kapitel C. 3.  Beispielsweise Willem van Herp, Saul versucht den Speer nach David zu werfen, Piasa Auction, Paris, 17. Dezember 2008; Matthias Scheits, David und Natan, 1672, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle, Hamburg, Inv.-Nr. 248, siehe Abb. 4.10. Kompositionell ähnlich ist auch

2.3. Fazit

409

Das Werk David von Benito Arias Montano beeinflusste die David-Ikonografie insgesamt beträchtlich. Sowohl die ältere Ausgabe von 1575 als auch die jüngere von 1597 spielten eine entscheidende Rolle.³¹⁵ Aus diesen Kupferstichserien wurden sehr häufig formale und kompositionelle Elemente genau übernommen.³¹⁶ Dennoch lassen sich in der Umsetzung auch immer wieder Eigenheiten der kopierenden Künstler feststellen, die in manchen Details von ihren Vorlagen abwichen und eigene Akzente setzten. Auf die Einordnung der Darstellungen und die Spannung zwischen Tradition und Innovation, Reproduktion und Produktion soll im Kapitel C. 4. ausführlicher eingegangen werden. An verschiedenen Beispielen wird immer wieder deutlich, dass „[t]he victory that David considers is the triumph of virtue rather than of arms.“³¹⁷ Diese Aussage des Davidbuches kann theologisch zugespitzt und weiter präzisiert werden: David ermächtigt sich nicht selbst. Er durchleidet gefahrvolle Situationen, wird immer wieder an Leib und Leben bedroht. Doch in all diesen Situationen erfährt er Gottes helfendes Handeln. Seine fürstliche Haupttugend ist es, die Hoffnung nicht auf Waffen, sondern auf Gott zu setzen und sich in schwierigen Situationen vertrauensvoll an ihn zu wenden: Ein kluger König ist derjenige, der Gott herrschen lässt. So empfängt auch Philipp II. seine Macht von Gott – symbolisch dargestellt in einem Kupferstich der Gebrüder Wierix, auf dem Christus dem spanischen König die Insignien der Macht überreicht.³¹⁸ Im Davidbuch geht es jedoch gerade

die Illustration von Matthias Scheits in der Sternschen Bibel. Dazu mehr bei Lichtwark, A. (1899, 143). Ferner ein Gemälde von Willem van Herp (1614– 1677), David trauert um Absalom, Sotheby’s London, Auktion 10. April 2003, Warburg Photographic Collection; Pietro de Lignis, Gad kündet David die Strafe Gottes an und David opfert bei der Tenne des Jebusiters Arauna, Van Ham Kunstauktionen (Keulen), 7. April 2001, Nr. 1198; ein Majolika aus Castelli, David bestellt Salomon zu seinem Nachfolger, Grue Workshop, ca. 1730, diam. 43 cm, Christie’s London, Auktion 12. März 1990, Warburg Photographic Collection; zudem die gleiche Darstellung in einem flämischen Gemälde, Christie’s London, Auktion 23. Oktober 1969, Nr. 123, Warburg Photographic Collection und viele mehr.  Vgl. van Gent, J. (1994, 91): „Von grosser Bedeutung für die David-Ikonographie des 17. Jahrhunderts ist das 1575 erschienene Buch David mit Stichen von Philips Galle und lateinischen Texten von Benito Arias Montano […]. Die 48 Darstellungen wurden von den holländischen Malern aufmerksam studiert, verschiedene Augenblicke und Themen der Geschichte aus diesem Buch wurden in die Malerei eingeführt.“ Vgl. zudem Tümpel, C. (2004, 224), der mit Blick auf Aert de Gelder festhält, dass dieser „probably was inspired by the series of engravings by Benito Arias Montano (ca. 1527– 1598) and Philips Galle (1537– 1612; Plantin, Antwerp, 1575 […]), since these were used by Rembrandt and other artists of his school as iconographic models.“  Vgl. van Gent, J. (1994, 91).  Melion, W. S. (2005, 83).  Vgl. British Library 1862,0208.66. Vgl. Hollstein, The Wierix Family, Bd. LXVII, Nr. 1920. Vgl. dazu ausführlich Édouard, S. (2005, 177– 181).

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2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

nicht um eine „absolutistische“ Machtverherrlichung: Nicht der Macht verleihende Gott steht im Zentrum, sondern an den in Notsituationen „mitleidenden“ Gott wendet sich David mit gefalteten Händen in zahlreichen Kupferstichen (beispielsweise Abb. 2.26.b.; 2.41.b.; 2.49.b.). Dieser helfende Gott kann aber auch in der Gestalt seiner Propheten als kritisches Gegenüber zum Herrscher auftreten und die Macht des Königs begrenzen. Damit wird deutlich, dass der Herrscher nicht fehlerlos ist und sich gegenüber Gott und den Menschen verantworten muss. David präsentiert sich als Vorbild und Muster eines Königs mit Stärken und Schwächen. Im Folgenden gilt es, das hier eröffnete Davidthema weiter zu verfolgen und nach dem biografischen Kontext des Auftraggebers zu fragen, der das Thema 1666 – 1675 nach der Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Marten de Vos in Schloss Eggenberg bei Graz an die Decken malen liess.

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz Das Schloss Eggenberg, das ab 1625 errichtet wurde, ist die bedeutendste Schlossanlage in der Steiermark. Zeitenlauf und Himmelsmechanik, irdische Hierarchie und die Macht des Glaubens, Weltgeschichte und Weltethos finden in Architektur und Innenausstattung ebenso ihren symbolischen Ausdruck wie diffizile alchemistische und astrologische Vorstellungen vom geheimen Bau des Universums.¹ Ab 1664 wurde der Zyklus von vierundzwanzig Räumen, die ein geschlossenes Karree um die drei Innenhöfe des Hauses bilden, zur reich ausgestalteten Beletage oder piano nobile ausgeschmückt. Ausser mythologischen und historischen Themen finden sich auch biblische Deckengemälde. Ein Zyklus von drei Zimmern widmet sich ausschliesslich den David-Erzählungen. Diese werden im Folgenden näher untersucht. Dabei geht es nicht nur um die einzelnen Gemälde, sondern auch um deren Funktion und Stellung innerhalb des gesamten Bildprogramms² sowie um die Frage nach dem Auftraggeber und dem weiteren sozialen, biografischen und historischen Kontext.

3.1. Architektur und Bildprogramm Das Schloss Eggenberg präsentiert sich heute als scheinbar einheitlicher Neubau des frühen 17. Jahrhunderts.³ Teile des Gebäudes stammen jedoch aus dem Spätmittelalter. Bereits kurz nach seiner Ernennung zum Gubernator der innerösterreichischen Länder (Steiermark, Kärnten, Krain und Istrien) beauftragte Fürst Hans Ulrich von Eggenberg den Hofarchitekten Giovanni Pietro de Pomis (1569 – 1633)⁴ mit der Planung seiner neuen Residenz. 1625 begann der grundlegende

 Vgl. Celedin, G. / Resch, W. (2003, 161).  Vgl. zum Bildprogramm in Palazzi des 16. Jahrhunderts Liebenwein, W. (1977, 128 – 164).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 53). Vgl. zur Baugeschichte die Dissertation von Paul Schuster „Schloss Eggenberg. Baugeschichte und architekturhistorische Bedeutung“ (in Vorbereitung).  Giovanni Pietro de Pomis stammt aus Lodi bei Mailand, kam an den Grazer Hof und stieg „zum wichtigsten Künstler und Wortführer der gegenreformatorischen Politik in Graz“ auf – so Kaiser, B. (2006, 86). Er war nicht nur als Maler und Medailleur tätig, sondern entwarf beispielsweise 1622 im Auftrag Hans Ulrichs die erste Grazer Minoritenkirche als Grablege der Familie nach dem Vorbild von S. Giorgio Maggiore in Venedig. 1614 stellte er die Pläne für das Mausoleum Ferdinands II. fertig und wurde anschliessend mit der Oberbauleitung beauftragt, die er z.T. auch noch zeitgleich mit dem Bau an Schloss Eggenberg ausführte. Vgl. Frodl, G. (1974, 101– 138). Mehr zu Giovanni Pietro de Pomis bei Marauschek, G. B. (1974, 9 – 99).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Umbau des spätmittelalterlichen Schlosses, wobei die alte gotische Familienkapelle unverändert belassen und zum Mittelpunkt der neuen Anlage bestimmt wurde.⁵ Für sieben Jahre leitete de Pomis die Bauarbeiten an der Eggenberger Residenz. Nach seinem Tod 1633 übernahm Laurentio van de Syppe, der bereits 1631 und 1632 als zweiter Baumeister tätig war, die Arbeiten in Eggenberg, gemeinsam mit zwei Polieren, Pietro Valnegro und Antonio Pozzo.⁶ Wie den Rechnungsbüchern⁷ zu entnehmen ist, scheint der Rohbau 1635/36 abgeschlossen worden zu sein.⁸ Ab 1641 wurde der riesige Dachstuhl aufgesetzt, und bis 1646 war auch der grosse Arkadenhof von Domenico und Carlo Gianolo vollendet.⁹ Damit war der Bau weitgehend fertiggestellt, und das Schloss wurde von diesem Zeitpunkt an zumindest temporär von der Familie Eggenberg bewohnt.¹⁰ Möglicherweise wurde schon in den späten dreissiger Jahren an der Innenausstattung gearbeitet, „da immer wieder Beiträge für ‚Spälliere und Tapezereyen‘ aufgeführt werden“.¹¹ Die eigentlichen Ausgestaltungsarbeiten an der Beletage erfolgten jedoch erst zwischen 1664 und 1685.¹² Beschäftigt man sich etwas länger mit der Architektur des Schlosses, erkennt man rasch, dass es hier kaum etwas gibt, das zufällig ist oder das nicht auch eine symbolische Bedeutung bekommen könnte. Der gesamte Bau ist einer konsequenten Zahlensymbolik unterworfen:¹³ Die Anzahl der Aussenfenster entspricht  Vgl. Kaiser, B. (2001, 53) und Kaiser, B. (2006, 85).  Möglicherweise war er mit Andrea Pozzo (1642– 1709) verwandt, der an der Innenausstattung des Wiener Palastes in der Rossau von Johann Adam Andreas von Liechtenstein beteiligt war.  Vgl. die genauen Quellenangaben bei Marauschek, G. B. (1968, 224).  Marauschek, G. B. (1968, 224) geht davon aus, dass nach dem Tod Hans Ulrichs am 18. Oktober 1634 die Ausgaben stark zurückgingen: „Sein Sohn Anton führte den Bau zwar weiter, doch dürften die riesigen Ausgaben für die Römische Gesandtschaft von 1638 bewirkt haben, daß die Fertigstellung besonders in den darauffolgenden Jahren hinausgezögert wurde.“ Brucher, G. (1973, 6) macht den Dreissigjährigen Krieg dafür verantwortlich, dass die Arbeiten unterbrochen wurden.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 88).  Die Familie hat das Schloss jedoch nie regelmässig bewohnt, sondern lediglich zu Repräsentationszwecken benutzt. Aus den Rechnungsbüchern geht hervor, dass „der Wohnsitz der Fürsten das Stadtpalais in der Sackstrasse (heute Palais Herberstein) war, wenn man nicht auf anderen steierischen Schlössern wie Waldstein und Straß, Hof hielt“ – so Marauschek, G. B. (1968, 211).  Kaiser, B. (2006, 88).  Vgl. dazu ausführlich Kapitel C. 3.3.2.  Vgl. Kaiser, B. (2001, 61); Kaiser, B. (2001, 60 f.) sowie Kaiser, B. (2006, 116). Hierzu passt etwa auch das Werk von Johannes Kepler „Prodromus Dissertationvm Cosmographicavum Mysterivm Cosmographicvm de admirabili proportione orbium cœlestium“, das 1596 zum ersten Mal in Tübingen erschien. Insofern Johannes Kepler am Egkenperger Stifft von 1594– 1600 gelehrt hat und seit 1628 im Dienst von Albrecht von Wallenstein stand, ist es durchaus wahrscheinlich, dass Hans Ulrich von Eggenberg ihn persönlich gekannt hat.

3.1. Architektur und Bildprogramm

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zum Beispiel den Jahrestagen (365), die 31 Räume pro Stockwerk (mit Planetensaal, Kapelle und Theater – früher „Comedj-Hauß“, heute Schlosskirche) korrespondieren mit den Tagen der längsten Monate und die 24 Prunkräume der Beletage stehen für die Stunden des Tages. Die 24 Prunkräume haben zudem zusammen 52 Fenster für die Wochen oder Sonntage des Jahres. Zählt man noch die 8 Fenster des Planetensaales dazu, kommt man auf die 60 der Sekunden oder Minuten. Dies alles sind nur einige wenige Auffälligkeiten innerhalb einer sorgfältig durchdachten und umfassenden architektonischen Allegorie.¹⁴ Mit der Residenz in Eggenberg „sollte ein symbolischer Mikrokosmos erschaffen werden, in dem gleichnishaft alle Elemente und bestimmenden Kräfte des Universums ihren Platz finden“.¹⁵ Dazu gehören entsprechend dem alchemistischen Gedankengut auch eine Grotte mit reicher, grotesker Muscheldekoration und ein Turm, der die vier Ecktürme überragt und einen kleinen Kirchenraum enthält.¹⁶ Bedeutsam ist ferner die hierarchische Ordnung bei der Zweckbestimmung der einzelnen Stockwerke: Im Erdgeschoss befinden sich Küchen, Lager- und Wirtschaftsräume, im ersten Stock die „Wohnräume“ der Familie und schliesslich im zweiten Obergeschoss die Beletage, die hauptsächlich der Repräsentation diente und jenen Bereich umfasst, „wo das tägliche Leben nun in ein höheres, überzeitliches verwandelt und erhoben wird“.¹⁷ Das gesamte Schloss sollte sich einerseits – dies war wohl die Absicht Fürst Hans Ulrichs von Eggenberg und seines Architekten Giovanni Pietro de Pomis – in eine universale Ordnung und Harmonie einfügen und andererseits selbst ein allegorisches Abbild des verehrten Wunderwerkes der Schöpfung werden.¹⁸ In ihrer äusseren Erscheinung mit „Wehr-

 Vgl. ausführlich dazu Kryza-Gersch, F. (1960, 10); Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 17); Kaiser, B. (1994, 29); Krummen, E. (2004, 186) u. a. Diese humanistische Baugesinnung – „strenge Unterordnung der gesamten Architektur unter ein harmonikales System, axiale Symmetrie in der Anordnung der Räume, Gänge und Stiegenläufe“ – wird, so Kaiser, B. (1994, 14), richtungweisend und als architektonisches Novum zum ersten Mal in Österreich verwendet.  Kaiser, B. (2006, 114).  Vgl. ausführlich dazu Kaiser, B. (1994, 30 f.); Kaiser, B. (2006, 120 f.) und Krummen, E. (2004, 187). Vgl. ausführlich dazu auch Ruck, B. (1985, 55): „Die Symbolik des mittleren, fünften Turmes, dessen Kapelle – der Glaube – das Zentrum des Hauses im Schnittpunkt aller Achsen markiert, greift tief in das Denken der magischen Naturphilosophie und spekulativen Alchemie über. In der Brunnengrotte (Wasser/Erde) und dem darüber zum Licht aufgerichteten Turm (Feuer/Luft) wird eine gleichnishafte Verbindung von Himmel und Erde geschaffen.“ Eine ähnliche Anlage wird auch für das Schloss Jičín vermutet, das ab 1625 von Albrecht von Wallenstein gebaut wurde.  Kaiser, B. (1994, 30).  Vgl. Kaiser, B. (1994, 29) sowie Krummen (2004, 186 f.).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

graben“,¹⁹ abgeböschten Sockelgeschossen, kargem Dekor, Ecktürmen und zentralem Glockenturm erinnert die Residenz an einen palazzo fortificato. ²⁰ Schloss Eggenberg entspricht zudem, wenn auch nur annähernd, dem von Sebastian Serlio (1475 – 1554), einem der einflussreichsten italienischen Architekturtheoretiker,²¹ entworfenen Modell eines Palazzo del governatore o luogotenente; dem würde Hans Ulrichs Aufgabe als Gubernator und Statthalter völlig entsprechen.²² Da – so Sebastiano Selio – der Gubernator oft Unruhen des Volkes ausgeliefert sei, müsse der Palazzo entsprechend befestigt sein, „che possi resistere ad una buona bataglia da mano“.²³ Damit sollte die äussere Bedrohung des Herrschers – inwiefern dies auch eine reale Bedrohung war, bleibe vorläufig dahingestellt – bereits an der Architektur ablesbar sein. Für den Arkadenhof in Schloss Eggenberg mag zudem das Landhaus Herrengasse 16 in Graz mit seinen dreigeschossigen Lauben mit durchgehender toskanischer Pilasterordnung als Vorbild gedient haben.²⁴ Besonders bemerkenswert

 Dieser ist jedoch auch symbolisch zu verstehen: Er trennt das Schloss durch eine symbolische Wasserbarriere von der übrigen Welt und verleiht ihm den Zauber der „île enchantée“.Vgl. Kaiser, B. (2006, 114).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 100). Diese ergänzt: „Schloss Eggenberg steht noch in der Tradition des spätmittelalterlichen Castello, ein italienischer Prototyp der geschlossenen Vierflügelanlage, dessen abweisende Außenansicht mit dem reich fassadierten Innenhof kontrastiert.“ Vgl. Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 14): „Es ist die unverkennbar klare, fast puritanische Architektur, die seit Palladio den oberitalienischen Villen- und Schloßbau geprägt hatte, dessen Formenwelt in Eggenberg bewußt aufgenommen wurde.“ Vgl. Kaiser, B. (1994, 14 f.).  Er schrieb sieben Bücher (Tutte l’Opere d’Architectura et Prospetiva), die im 17. Jahrhundert weitverbreitet waren.Vgl. Hart,V. / Hicks, P. (2001, xlv): „By the seventeenth century various parts of the treatise had been translated into seven languages and were studied by almost every European architect.“ Ausgerechnet das sechste Buch, das den Plan des Palazzo del governatore o luegotenente enthält,wurde jedoch erst im 20. Jahrhundert publiziert und lag bis dahin lediglich in zwei Manuskripten vor, Staatsbibliothek München, Codex Icon. 189, ca. 1547– 54 und Avery Architecture Library, Columbia University, New York, AA.520.Se.619.F ca. 1541– 47/9.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 103 f.).  Sebastiano Serlio, Architettura Civile, Libri Sesto, 61 V. Vgl. Fiore, F. P. (1994, 150). Vgl. zudem Hart,V. / Hicks, P. (2001, xxviii): „The idea of conflict is thus built into the very concept of Book VI […].“  Vgl. Hootz, R. (1966, 368 f.). Der Arkadenhof wurde 1557– 1567 von Domenico dell’Allio gebaut und gilt generell als Vorbild für den gesamten frühbarocken Schlossbau im Land. Nicht unähnlich ist auch der Jičíner Schlosshof der Residenz Albrecht von Wallensteins. Vgl. zudem auch Winkelbauer, T. (1999, 381) zu dem dreigeschossigen Arkadenhof in Mährisch Kromau, dem Residenzschloss Gundakers von Liechtenstein. Fürst Gundaker hat am Kromauer Schloss nur kleinere Bauarbeiten vorgenommen – so Winkelbauer, T. (1999, 441 f.) – hingegen ab 1650 Schloss Ungarisch Ostra – ebenfalls mit Arkadenhof – umgebaut und mit der Innenausstattung begonnen. Vgl. hierzu Winkelbauer, T. (1999, 443 – 450).

3.1. Architektur und Bildprogramm

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ist jedoch „die verblüffende Ähnlichkeit mit dem Typus der spanisch-habsburgischen Schlossbauten der Zeit Philipps II.“.²⁵ Es ist anzunehmen, dass Hans Ulrich von Eggenberg und sein Baumeister Giovanni Pietro de Pomis gemeinsam den El Escorial (1563 – 1586) besucht haben.²⁶ Die Übereinstimmungen mit dem El Escorial bei Madrid bestehen nicht nur im Hinblick auf den optischen Gesamteindruck,²⁷ sondern auch auf stilistischen Ähnlichkeiten (beispielsweise der geschlossenen Vierflügelanlage und den nicht aus der Mauermasse hervortretenden Ecktürmen mit Pilasterstellung)²⁸ und dessen umfassenden geistigen Programm.²⁹ Bemerkenswert ist insbesondere die zentrale Stellung der Kapelle beziehungsweise der Basilika innerhalb der gesamten Schlossanlage.³⁰ Schloss Eggenberg ist in diesem Sinn durch und durch politische Architektur und anspruchsvolle Legitimation für die Herrschaft einer Familie. „Mit seiner fast klösterlich anmutenden Strenge und Nüchternheit ist es Spiegel eines politischen Ideals – des tugendhaften, gelehrten Regenten – und reflektiert den ganzen Kosmos humanistischer Bildung, wie er in Kunst und Literatur jener Zeit beschworen wurde.“³¹ Der Schluss liegt nahe, dass die Symmetrie und Spiegelbildlichkeit der klaren geometrischen und astronomischen Architektur auch in der Dekoration der

 Kaiser, B. (2001, 54). Kryza-Gersch, F. (1960, 7) spricht vom „steirischen Escorial“. Vgl. auch Kryza-Gersch, F. / Ruck, B. (1982, 80) und Marauschek, G. (1974, 23 f.).  Hans Ulrich unternahm 1598 – 1599 und 1605 – 1606 Reisen nach Spanien. Vgl. Kapitel C. 3.4.1. Die Teilnahme von Pietro de Pomis an der ersten Reise kann „als gesichert gelten“, so Marauschek, G. (1974, 19). Hans Ulrich und Giovanni Pietro de Pomis „lernen so den Escorial gemeinsam kennen“, so Kaiser, B. (2006, 86).  Insofern auch Philipp II. (1527– 1598) ein begeisterter Leser von Sebastion Serlio war, sollte dies nicht erstaunen. Vgl. ausführlich zur Rezeption Serlios in Spanien bei Bustamante, A. / Marías, F. (2004, 287– 290).  Ähnlichkeiten mit Schloss Johannisburg in Aschaffenburg, zwischen 1605 und 1619 vom Strassburger Baumeister Georg Ridinger aus Rotsandstein gebaut, wurden vermutet und wieder verworfen – vgl. zum Forschungsüberblick Marauschek, G. B. (1968, 217– 219).  Vgl. Kryza-Gersch, F. (1960, 7– 10); Marauschek, G. B. (1968, 221) sowie Kaiser, B. (2001, 54 f.). Kaiser, B. (2006, 99 f.) differenziert allerdings und meint, dass sich in programmatischer Hinsicht die beiden Bauwerke stark unterscheiden, insofern sich Hans Ulrich von Eggenberg nicht „dem Gedanken einer katholischen Universalmonarchie“ unterworfen habe, sondern es sich um ein „sehr persönliches Konzept“ handele.  Das Gegenüber zum Festsaal (Planetensaal) „bildet eine kleine gotische Kapelle, die als Relikt des mittelalterlichen Vorgängerbaus einbezogen wurde. Sie ist somit sichtbares Zeichen der familiären Kontinuität und Zentrum des neuen Schlosses. In der Kapelle schneiden sich alle Achsen, die man durch das Gebäude ziehen kann und machen so den Sakralraum zum Herzstück der Anlage, damit aber auch allegorisch den Glauben zum Mittelpunkt des Universums“ – so Kaiser, B. (2006, 118).  Kaiser, B. (2006, Einleitung).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

vierundzwanzig Prunkräume aufgenommen wird:³² „Landschaftsansichten in den Faszienstreifen der Wände geben ein Abbild der Welt. Emblembilder an den Decken benennen die moralischen und gesellschaftlichen Ideale, denen sich die Familie verpflichtet sieht. Und ein riesiger Zyklus von Historienbildern an den Decken beschreibt die Geschichte der Welt von den mythischen Ursprüngen griechischer und römischer Kultur über das Alte Testament bis hin zu historisch verbürgten Episoden abendländischer Geschichte“³³ von der römischen Kaiserzeit bis in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts.³⁴ Die Deckengemälde nehmen das allegorische Bauprogramm auf, „indem sie zur Architektur, die auf das Universum verweist, einen orbis pictus, eine Welt- und Menschheitsgeschichte fügen, die aus zahlreichen Bildern aus der Mythologie, der Historie, der Geografie“³⁵ und eben auch aus dem Alten Testament besteht.³⁶ Dementsprechend findet sich in Zimmer 2 ein Zyklus von zwölf Genrebildern mit typischen Beschäftigungen als Allegorien der Monate, in Zimmer 16 ein weiterer Zyklus zu den vier Elementen (Feuer, Wasser, Erde und Luft), in Zimmer 23 Darstellungen der vier Jahreszeiten (Frühling, Sommer, Herbst und Winter) und in Zimmer 24 eine Allegorienserie zu den vier damals bekannten Kontinenten (Europa, Asien, Amerika und Afrika).³⁷ Dabei fällt auf, dass die „mythologischen Darstellungen, die Darstellung der zwölf Monate und der Musen sowie der vier Jahreszeiten und der Kontinente je in den drei Räumen links (1– 3) und rechts (22– 24) des Planetensaales“³⁸ vorkommen, die historischen sowie die biblischen Themen hingegen in den Räumen dazwischen. „Man kann diese Anordnung in eine Zeitstruktur umdenken, sodass sich eine ‚mythologische Zeit‘ (Räume 1– 3 bzw. 22 – 24) und eine ‚chronologische‘ oder ‚historische Zeit‘ (Räume 4– 21) unterscheiden lassen.“³⁹ Auffällig ist, dass die

 Vgl. Krummen, E. (2004, 185 – 191).  Kaiser, B. (2001, 63). Vgl. Kaiser, B. (2006, 126).  Krummen, E. (2004, 181) meint sogar „bis ins das erste Drittel des 17. Jh.“.  Krummen, E. (2004, 187), ähnlich auch schon Kaiser, B. (2001, 63).  Der Begriff des orbis pictus geht auf das Werk von Johannes Amos Comenius 1658 zurück. Darin soll, wie der Titel ausführt, „die sichtbare Welt“ wiedergegeben werden.Vgl. Kunze, H. (1993, 652– 655), zudem Leis-Schindler, I. (1991, 215 – 236). Nach Kunze, H. (1993, 654) ist „mit dem ‚Orbis pictus‛ […] ein für seine Zeit bedeutendes und erziehungsgeschichtlich einmaliges Dokument entstanden, ein Realienbuch, das durch seinen vielfältigen Bilderschmuck aus allen Bereichen des Lebens und der Natur,wie durch seine Lehrbuchdidaktik zwei Jahrhunderte nachgewirkt hat.“ Vgl. auch das Werk Theatrum orbis terrarum (1570) von Abraham Ortelius.  Vgl. zur Darstellung der vier Kontinente McGrath, E. (2000, 50 – 64).  Krummen, E. (2004, 189).  Krummen, E. (2004, 189).

3.1. Architektur und Bildprogramm

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historische Zeit mit der Gründung des römischen Weltreiches beginnt⁴⁰ (Zimmer 4) sowie viele, hauptsächlich negative Beispiele aus einer blutigen und gewaltbestimmten Menschheitsgeschichte aufführt und mit der Ermordung grosser Herrscher und Staatsmänner (Zimmer 21) endet, um dann in den Planetensaal zu münden, wo die segensreiche und friedvolle Herrschaft der Familie Eggenberg verherrlicht wird.⁴¹ Im Planetensaal gehen mythologische und historische Zeit ineinander über:⁴² Die Planeten repräsentieren einerseits römische Götter (z. B. Venus, Mars etc.) und sind somit Archetypen der mythologischen Zeit. Andererseits stehen sie aber im Tierkreis auch für die historische Zeit, insofern diese mit der kosmisch-astronomischen gleichgesetzt werden kann. Jedes der Planetenbilder enthält zudem eine Anspielung auf eines der sieben Eggenberger Wappen „sowie auf ein Mitglied der fürstlichen Familie, das als Planentengottheit das Schicksal des Universums mitgestaltet“.⁴³ Zudem wird die kosmische Ordnung, die auch die Architektur wiedergibt, im Bildprogramm des Planetensaales deutlich erkennbar: Der Tierkreiszeichenzyklus entspricht den zwölf Monaten (vgl. auch Südlicher Ecksaal, Zimmer 2), der Planetenzyklus den Wochentagen.⁴⁴ Insofern der Planetensaal auf den Makrokosmos und damit auf das Universum verweist, die übrigen Räume aber den Mikrokosmos und individuelle Begebenheiten wiedergeben, wurde hier ein im 17. Jahrhundert gut bekanntes Modell aufgenommen. Die Aufteilung in Mikrokosmos und Makrokosmos mit jeweils zwei Zeitebenen, einer

 Die Geschichte des römischen Reiches spielt eine zentrale Rolle. So beansprucht Romulus einen eigenen Zyklus. Dennoch ist Romulus und Remus nur ein Raum (vgl. Römisches Zimmer 4) sowie ein einzelnes Bild im westlichen Ecksaal gewidmet, während König David gleich in drei Zimmern eine zentrale Position einnimmt.Vgl. dazu Krummen, E. (2004, 202): „Die Darstellungen sind keineswegs singulär, vielmehr gehört Romulus zu den viri illustres […], die Geschichte ist in den Fürstenhäusern der Renaissance beliebt; Romulus diente der Identifikation für jeden Fürsten und Herrscher.“  Vgl. Kaiser, B. (2001, 63). Zudem Kryza-Gersch, F. / Ruck, B. (1982, 96): „Bezeichnenderweise finden sich ausnahmslos negative Exempel aus der Geschichte der Menschheit wieder: Denn nur, wenn alles Vergangene aus Üblem und Schlechtem bestand, konnte sich die segensreiche und glückbringende Herrschaft der Eggenberger dagegen doppelt wirkungsvoll abheben.“ Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 18) nehmen an, dass „der Kranz der 24 Prunkräume mit seinen Deckenmalereien wie ein dunkles Passepartout das strahlende Geschehen im Festsaal umrahmt“. Kaiser, B. (1994, 32) spitzt sogar noch zu: „Hatte man den Lauf der Erdgeschichte dergestalt in möglichst negativen Ereignissen gezeigt, so konnte sich davon die friedvolle Regierung der Hausherren doppelt effektvoll abheben.“ Vgl. dazu Krummen, E. (2004, 230) sowie zuletzt Kaiser, B. (2006, 143). Allerdings darf hier nicht allzu sehr kontrastiert werden, insofern sich auch zahlreiche Tugenddarstellungen finden! Vgl. Kapitel C. 3.5.  Vgl. Krummen, E. (2004, 189).  Kaiser, B. (2006, 145).  Mehr zum Planetensaal bei Kaiser, B. (2001, 65 – 107) sowie zuletzt Kaiser, B. (2006, 143 – 197).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

mythologischen und einer chronologischen Zeit, sodass sich insgesamt vier kosmologische Ebenen ergeben, entspricht der Raum-Zeit-Struktur des „hermetischen Universums“.⁴⁵ Ein allegorisches Konzept, das die architektonische Disposition ebenso wie das Dekorationsprogramm umfasst, ist gut möglich, bislang aber umstritten, da jeglicher literarische Hinweis auf ein ikonografisches Konzept fehlt.⁴⁶ Während Hans Adam Weissenkircher für den Planetensaal ein Bildprogramm skizzierte,⁴⁷ bleibt die Frage nach dem Sinnzusammenhang beziehungsweise der Ikonologie der 24 Prunkräume ungeklärt und lässt sich kein festes Prinzip in der Anordnung der einzelnen Gemälde ausmachen.⁴⁸ Dies ist jedoch kein Grund anzunehmen, hier würde alles dargestellt, „was bisher auf dieser Erde vorgefallen war, alle Denkwürdigkeiten, oder zumindest so viel davon als man, pars pro toto, in den Räumen unterbringen konnte“⁴⁹ und die Frage nach einem Bildprogramm aufzugeben. Das folgende Kapitel widmet sich den einzelnen Zimmern mit den Deckengemälden zu den David-Erzählungen und konzentriert sich dabei insbesondere auf auffällige Bezüge innerhalb der Gemälde und Embleme desselben Raumes sowie raumübergreifende Verbindungen und untersucht, wo und wie das Motiv vom bedrohten König David zum Ausdruck gebracht wird.

 Mehr dazu bei Krummen, E. (2004, 190). Vgl. zudem das 1617 bei Johann Theodor de Bry erschienene Werk von Robert Fludds, Utriusque Cosmi, maioris scilictet minoris, metaphysica, physica atque technica historia, zitiert nach Braungart, W. (1989, 70).  Eine ganz ähnliche Debatte findet sich auch rund um die Bildausstattung des Waldsteinpalais, wobei hier die zusätzliche Schwierigkeit dazu kommt, dass von mehreren Zimmern die Ausstattung fehlt. Vgl. dazu Karner, H. (2007, 142). Krummen, E. (2004, 227) hält „ein klares Ordnungsprinzip in der Anlage und eine deutliche Zielrichtung in der inhaltlichen Aussage“ fest. Sie hält es jedoch für ebenso möglich, dass „wohl kein ganz stringentes und systematisches Konzept intendiert war, sondern die Bilder eine gewisse Offenheit in ihrer Anordnung haben […]“ – so Krummen, E. (2004, 234). Vgl. zudem Kryza-Gersch, F. (1960, 10): „Allen Versuchen, die reiche Fülle der Darstellung von Historien mit denen die stuckierten Decken der 24 Repräsentationsräume bedacht wurden, auf eine ordnende Einteilung, wie etwa einen Tugend-Laster-Zyklus zurückzuführen, blieb der Erfolg versagt. Auch die zahlreichen Devisen und Motti, als Füllungen zwischen die Deckenbilder der einzelnen Räume eingestreut, sind durchweg beziehungslos zum Inhalt der Darstellungen und nur als allgemeingültige Symptome zu werden.“  Vgl. die Dedikationsschrift „Hochfürstlich Eggenbergischer Planeten=Saal / Durch Johann Adam Weissenkircher, Hochfürstlichen Eggenbergischer Hoff-Mahlern […] Und dem Durchleuchtigen / Hochgeborenen Fürsten, und Herrn / Herrn Johann Seyfridt// Hertzogen zu Cromau / und Für=sten zu Eggenberg […] Graz 1681“.Vgl. Graff,T. (1993, 178), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 715. Wer genau der Programm Inventor ist, geht jedoch auch daraus nicht hervor – so Ruck, B. (1985, 54).  Vgl. Krummen, E. (2004, 182).  Kryza-Gersch, F. (1960, 10).

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg⁵⁰ In Schloss Eggenberg lassen sich grundsätzlich Räume unterscheiden, die ein übergreifendes Thema haben – beispielsweise das „Römische Zimmer“ (Zimmer 4) –, einen Zyklus bilden wie die „David-Zimmer“ (Zimmer 13, 14 und 17) und Räume mit Gemälden, die auf den ersten Blick keinen erkennbaren Zusammenhang haben (beispielsweise Zimmer 10).⁵¹ Von insgesamt ungefähr 160 Deckengemälden – die zahlreichen Embleme und Friesbilder nicht mitgezählt – haben 38 biblische Themen; davon betreffen 25 die David-Geschichten (1Sam 16 – 1Kön 2). Von den übrigen 13 Gemälden stellen drei Szenen aus den Königsbüchern dar (1Kön 1,11– 40; 1Kön 3,16 – 28 / 11,1– 13; 1Kön 21,29 – 40), sechs weitere behandeln Motive aus den Büchern Genesis, Josua, Richter und Ester, die vier übrigen nehmen ein Thema aus den Apokryphen (Makkabäer, Daniel 13 und Judit) auf. Insgesamt drei Zimmer (Zimmer 13, 14 und 17) sind David gewidmet. Es wäre jedoch falsch, eine Chronologie oder eine fortlaufende Bildergeschichte zu erwarten; vielmehr sind die Bilder zu den David-Erzählungen – wie auch die Grosszahl der übrigen Deckengemälde – thematisch geordnet.⁵² Ausser diesen drei Zimmern, die ausschliesslich David gewidmet sind, finden sich noch zwei weitere Zimmer mit Darstellungen zu den Samuelbüchern. Es handelt sich um die einander gegenüberliegenden Räume Zimmer 5 und Zimmer 20.

 Mir gelang es, die Kupferstiche, die als Vorlage für die Deckengemälde gedient haben, ausfindig zu machen. Dadurch konnten einige Deckengemälde zu den David-Erzählungen erstmals den korrespondierenden Texten zugeordnet werden. Zur einfacheren Identifikation der Bilder wird in Fussnoten jeweils der alte Bildtitel angegeben.  Krummen, E. (2004, 191). Vgl. auch Kaiser, B. (1994, 58).  Vgl. Krummen, E. (2004, 228): „Die Bilder repräsentieren ein Thema, der Zusammenhang muss vom Betrachter aus dem Fundus seines Wissens hergestellt werden; man darf nicht, wie es der moderne Betrachter versucht ist zu tun, eine fortlaufende Bildergeschichte erwarten.“

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Fig. .. Grundriss Schloss Eggenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Galeriezimmer (Metamorphosen von Ovid, „unglückliche Liebe“) Südlicher Ecksaal (das Salomonische Urteil sowie Allegorien der zwölf Monate) Porzellankabinett (Allegorien der Alten und Neuen Welt) Römisches Zimmer (Darstellungen zur Gründungsgeschichte Roms) Schlafzimmer (grosse Schlachten des Alten Testaments und der römischen Antike) Kaminzimmer (Männertugenden) Chinesisches Kabinett (zwei Szenen aus der Kentauromachie) Vorzimmer (vorwiegend Szenen aus der jüngeren Geschichte) Vorzimmer (vorwiegend Szenen aus der jüngeren Geschichte) Westlicher Ecksaal (Szenen aus der griechischen, römischen und persischen Geschichte) Gelbes Zimmer (Darstellung von wundersamen Begegnungen mit einem wilden Tieren) Leopoldzimmer (vorwiegend Szenen aus der jüngeren Geschichte) David-Zimmer (Szenen aus den David-Erzählungen) Eggenberger Gedächtniszimmer (Szenen aus den David-Erzählungen) Nördlicher Ecksaal (Frauentugenden) Vorzimmer (vier Herrscherporträts) Vorzimmer (Szenen aus den David-Erzählungen) Japanisches Kabinett (Judith und Jael) Kaminkabinett (Alexander vor Diogenes und Malerwettstreit zwischen Zeuxis und Parrhasios)

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

. . . . .

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Jagdzimmer (alttestamentliche Szenen sowie vier Allegorien) Schäferzimmer (Mord und Selbstmord berühmter Staatsmänner und Herrscher) Vorzimmer (Götterversammlung) Spielzimmer (Metamorphosen von Ovid) Theaterzimmer (Mythologie, „chymische Hochzeit“)

3.2.1. David-Zimmer (Zimmer 13) Der Planetensaal liegt im Osten. Die Räume 1– 12 werden demnach an Sonnentagen von der Sonne beschienen, während die Räume 13 – 24 auf der sonnenabgewendeten Seite liegen.⁵³ Entsprechend sind die ersten zwölf Räume markiert durch hell gestrichene Türen, während die spiegelbildlich angeordneten Räume 13 – 24 mit ihrem dunklen Türenholz die Nacht symbolisieren. In der Nachthälfte folgt als erstes Zimmer und als dreizehnter Prunkraum das sogenannte DavidZimmer.⁵⁴ Mit dem Wechsel von der Tages- in die Nachthälfte variiert auch das Gesamtthema der Deckengemälde, insofern „bis zur Mittelachse (Zimmer 4 bis 12) eher dynamische Bilder der Städte und Staatsgründungen, der Eroberung und Sicherung der Herrschaft im militärischen und zivilen Bereich, nach der Mittelachse (Zimmer 13 bis 21) eher Bilder im Bereich des Herrscherdaseins zu sehen sind.“⁵⁵ In der Mitte der Decke des David-Zimmers befindet sich das mit Abstand grösste Bild des Raumes. Es zeigt die Salbung Davids zum König und eröffnet damit den David-Zyklus (Abb. 3.1.).⁵⁶ Die Gemälde links und rechts davon nehmen das Thema der Thronfolge auf. Das Deckengemälde an der Fensterwand zeigt David und Jonatan (1Sam 20), wobei gleich zwei Szenen in diesem einen Gemälde verwoben sind, David und Jonatan also je zweimal dargestellt werden (Abb. 3.2.): Einmal warnt Jonatan David mit einem Pfeil und David versteckt sich, das andere Mal – deutlich im Vordergrund – verabschieden sich die beiden Freunde, wobei David mit gefalteten Händen vor dem Königssohn kniet. Jonatan, die Hände über

 Vgl. zur Reihung und Nummerierung der 24 Prunkräume im Sinne des Sonnenlaufs Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 7).  Kaiser, B. (2006, 116): „Die 24 Stunden des Tages finden sich im Kranz der 24 Prunkräume, die peripher den Schlossbau umziehen, 12 auf jeder Seite der Symmetrieachse, die das Haus in zwei spiegelbildliche Hälften teilen, 12 Stunden des Tages und der Nacht.“  Krummen, E. (2004, 231).  Vgl. auch die Darstellung von der Salbung Davids in der Loggia von Raphael im Vatikan. Davon existiert u. a. auch eine Skizze von Maarten de Vos, vgl. Skizzenbuch, folio V, recto, Netto-Bol, M. M. L. (1976, 33 f.97).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

der Brust gekreuzt, hat schon lange erkannt, dass Gott seinem Vater das Königtum weggenommen hat, um es David zu geben (vgl. 1Sam 18,1– 4; 1Sam 20,12– 17.41 f.; 1Sam 23,17 f.). Die Salbung Davids zum König durch den Propheten Samuel scheint in diesem Bild von der Freundschaft Davids mit Jonatan und dessen Worten – „Du wirst König über Israel werden, und ich werde der Zweite nach dir sein“ (1Sam 23,17) – bekräftigt zu werden. Auf dem Gemälde gegenüber schliesslich liegt David alt und krank im Bett und bestimmt seinen Sohn Salomo zum Nachfolger (vgl. 1Kön 1,11– 40; Abb. 3.3.). Die Deckengemälde bilden einen thematischen Bogen von der Salbung Davids, dem Beginn der David-Erzählungen (1Sam 16,1– 13), hin zum alternden König, dem nicht mehr warm wird (1Kön 1,1), und damit zum Abschluss der Erzählung von David. Auffällig ist hier, dass nicht der gesamte Stuckaturrahmen ausgemalt, sondern die linke Seite leer gelassen wurde. Die Maler hatten anscheinend kein Interesse daran, eine über die Kupferstichvorlage hinausgehende Szene einzufügen. Was innerhalb der Regierungszeit Davids geschieht, wird in den Deckengemälden, die sich in den vier Ecken befinden, wiedergegeben und scheint wenig rühmlich. Dargestellt ist die Flucht Davids vor seinem Sohn Absalom aus Jerusalem (2Sam 15,13 – 37; Abb. 3.4.),⁵⁷ die Überbringung der Nachricht vom Tod Absaloms mit besonderem Augenmerk auf Davids Trauer (2Sam 18,19 – 19,1; Abb. 3.5.), Davids Opfer bei der Tenne des Jebusiters Arauna (2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1; Abb 2.6.)⁵⁸ sowie ein Landschaftsbild (Abb. 3.7.). Diese Landschaftsmalerei steht ausserhalb des narrativen Kontextes und füllt damit ohne jeglichen Bezug eine Fläche. Die Auswahl der Bildthemen macht deutlich, dass zwischen der Salbung und Erwählung Davids zum König sowie der Machtübergabe im Alter an seinen Sohn Salomo (1Kön 1,11– 40) vor allem Angst und schwere Schicksalsschläge stehen: David flieht vor seinem Sohn Absalom und schickt die Bundeslade zurück nach Jerusalem. Der Tod Absaloms – im Deckengemälde lediglich im Hintergrund wiedergegeben – löst bei David keine Erleichterung, sondern Entsetzen und tiefe Trauer aus. Mit gefalteten Händen, den Blick zum Himmel gerichtet, wendet er sich klagend von den Boten mit der vermeintlichen Freudennachricht ab. Und schliesslich unterbreitet der Prophet Gad David drei Strafen Gottes zur Auswahl, nämlich Verfolgung durch Feinde, Hungersnot und Pest (2Sam 24,13). Wenn auch kein einheitliches Thema auszumachen ist, so ist doch auffällig, dass die Deckengemälde – mit einer Ausnahme, nämlich dem Bild von Davids Opfer bei der Tenne des Jebusiters Arauna – alle um die Thronnachfolge

 Zuvor wurde dieses Bild als „David tanzt vor der Bundeslade“ (2Sam 6; 1Chr 13; 15; 1Chr 16,1– 3) bestimmt.  Zuvor wurde dieses Bild als „Samuel verstösst Saul“ (1Sam 13) gedeutet.

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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kreisen: David, Jonatan, Absalom und Salomo sind alle vier Thronanwärter. Während Jonatan freiwillig auf den Thron seines Vaters verzichtet, versucht Absalom mit Gewalt auf den Thron seines Vaters zu kommen. Salomo wiederum wird dank des Einschreitens seiner Mutter und des Propheten Natan, der im Bild zusammen mit dem Priester Zadok auftritt, König. Der Aufstand des Adonija, der hier – anders als im Kupferstich, wo die Wirren im Hintergrund zu sehen sind – nicht bildlich dargestellt ist, kann erfolgreich niedergeschlagen werden. Ferner kommen alle drei Propheten Samuel, Natan und Gad vor. Samuel salbte einst David (1Sam 16,1– 13), Zadok wird im Beisein Natans Salomo salben (1Kön 1,38 f.).⁵⁹ Insbesondere der Prophet Gad tritt hier als starkes Gegenüber zum Königtum auf: Während Samuel und Natan die Erwählung Davids zum König und die Begründung der davidischen Dynastie bekräftigen, kündet Gad David die Strafe Gottes für seine Verfehlung an. . Samuel salbt David zum König (Sam , – ) . Davids Flucht vor Absalom aus Jerusalem (Sam , – ) . David bestellt Salomo zu seinem Nachfolger (Kön , – ) . Überbringung der Nachricht vom Tod Absaloms (Sam , – ) . Landschaft . Jonatan warnt David vor Saul und David verabschiedet sich von Jonatan (Sam ) . Gad kündet David die Strafe Gottes an und David opfert bei der Tenne des Jebusiters Arauna (Sam  / Chr , – ,)

Fig. .. Grundriss des David-Zimmers (Zimmer )

Zwischen den Deckengemälden sind zudem zwei Embleme in Blautönen aus Diego de Saavedra Fajardos Idea de un príncipe político-christiano representada en cien Empresas wiedergegeben: zum einen das Zepter mit Mondsichel und der  In der Loggia von Raphael im Vatikan existiert ein Deckengemälde, das als Salbung Salomos gedeutet wird. Davon existiert auch eine Skizze von Maarten de Vos, vgl. Skizzenbuch folio IV verso, Netto-Bol, M. M. L. (1976, 32.95).Vgl. auch der Kupferstich von Philips Galle, The Illustrated Bartsch 5601.010.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Inschrift A DEO (Abb. 3.8.), zum anderen die gekrönte Harfe, die als Symbol der irdischen Harmonie unter den Emblemen des Deckenzyklus in Schloss Eggenberg gleich mehrfach (vgl. Spielzimmer, Zimmer 23) erscheint, mit der Inschrift MAIORA MINORIBUS CONSONANT (Abb. 3.9.).⁶⁰ Das erste Emblem steht für die Erkenntnis, dass die Macht von Gott kommt. Wie der Mond stets die Sonne anblickt, damit sie ihn erleuchte, so soll auch der Fürst die Augen auf Gott richten, jenen ewigen Stern, der den Weltkreisen Licht und Bewegung mitteilt.⁶¹ Das zweite steht für das Zusammenklingen der Grösseren mit den Kleineren und damit für die harmonische Ordnung der Gesellschaft und ihrer Stände. Die Harfe ist nach Diego de Saavedra Fajardo ein empfindliches Instrument, und es ist die Aufgabe des Fürsten, sein Instrument, die Stimmung im Volk, gut zu kennen.⁶² Natürlich erinnert die Harfe auch an David und ist ikonografisch eng mit ihm verbunden. Diego de Saavedra Fajardo verweist jedoch in seinen Erläuterungen nicht auf den alttestamentlichen Herrscher, und so ist schwer zu entscheiden, ob David in den dargestellten Szenen als vorbildlicher Herrscher, der auf Gott blickt und sorgfältig das Instrument seiner Regierung stimmt, betrachtet werden kann.

3.2.2. Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) Auch das nächste Zimmer, Zimmer 14, ist ganz David gewidmet. Im Zentrum steht ein Bild, das aufgrund seiner Grösse (vgl. den Grundriss unten) sofort auffällt: der junge David, der dem aufbrausenden König Saul ausweichen muss, um nicht von dessen Speer getroffen zu werden (1Sam 18,11 und 1Sam 19,10; Abb. 3.10.). Obwohl David auf der bildlichen Darstellung von Leibwächtern, die Saul zurückhalten, geschützt wird, sind die Mordabsichten und die Gefahr, die Saul für David darstellt, doch deutlich erkennbar. Umgeben ist dieses Bild von vier weiteren Bildern in einheitlicher Form und Grösse mit Szenen aus dem Leben Davids: Ein Gemälde zeigt, wie David am Bach Steine sammelt, um Goliat zu töten (1Sam 17,40; Abb. 3.11.).⁶³ Allerdings wird die Geschichte von David und Goliat (1Sam 17) in  Vgl. Kaiser, B. (2001, 139 f.) und Kaiser, B. (2006, 140 f.).  Die hier im Folgenden zitierte Ausgabe geht auf die 1642 in Mailand erschienene Ausgabe zurück. Vgl. Romanoski, C. (2006, 419): „In dieser ‚antimachiavellischen‘ Empresa geht es um die Verankerung und Orientierung des Fürsten in und an Gott im Sinne einer bewußten Antithesis zu jeder ‚autonomen‘ amoralischen, immoralischen oder unmoralischen Politik […].“  Vgl. Romanoski, C. (2006, 518 – 520).  Welche Bedeutung dem Stein beigemessen wurde, mit dem David Goliat tötet, zeigen drei Radierungen Rembrandts, die er 1655 für den jüdischen Gelehrten Menasseh ben Israel angefertigt hat. Dessen Buch „Piedra gloriosa“ handelt vom Stein in Nebukadnezars Traum (Dan 2,34). Es sei derselbe Stein, auf dem Jakob schlief (Gen 28,11), mit dem David Goliat tötete und der in einer

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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Zimmer 17 noch einmal mit vier Gemälden ausführlich thematisiert. Im gegenüberliegenden Bild trauert David um Ziklag und wird dabei gleichzeitig vom Volk mit Steinen bedroht (1Sam 30; Abb. 3.12.). Auch hier lässt sich eine Verbindung zu Zimmer 17 erkennen, wo das Motiv der Bedrohung Davids mit Steinen im Gemälde von der Verfluchung Davids durch Schimi wieder aufgenommen wird. Zweimal, sowohl hier in Zimmer 14 als auch später in Zimmer 17, wird also daran erinnert, wie David als Hirtenjunge den übermächtigen Riesen Goliat tötet, später aber in seinem Leben selbst von Menschen mit Steinen bedroht wird. Das dritte Bild in dieser Reihe schliesslich zeigt den Aufstand Schebas (2Sam 20,1– 22; Abb. 3.13.).⁶⁴ Dabei wird nicht, wie sonst üblich, die Szene dargestellt, in der die Frau von AbelBet-Maacha Joab den Kopf Schebas über die Mauer zuwirft, sondern der Augenblick des Aufstands selbst, nämlich wie Scheba ben Bichri ins Horn stösst und ausruft: „Wir haben keinen Anteil an David! Wir haben kein Erbteil an Isais Sohn! Jeder zu seinen Zelten, Israel!“ (2Sam 20,1).⁶⁵ In der Darstellung in Schloss Eggenberg haben sich deutlich zwei einander gegenüberstehende, bewaffnete Lager gebildet: auf der einen Seite mit Helm vermutlich die Männer Judas, die auf Seiten Davids stehen, auf der anderen Seite mit Turban und türkischer Kleidung⁶⁶ die Männer Israels, die Schebas Aufruf Folge leisten. Die beiden Parteien stehen sich am Jordan gegenüber (2Sam 19,42– 44), der im Bildhintergrund zu sehen ist. Die Bedrohung für die davidische Herrschaft wird vor dem zeitgenössischen Hintergrund der Türkenbedrohung besonders augenfällig. Das vierte und letzte Bild in dieser Reihe zeigt, wie Natan David wegen Ehebruchs und Mordes anklagt (2Sam 12,1– 14; Abb. 3.14.).⁶⁷ Vermutlich hat er David eben die Parabel vom reichen und armen Mann erzählt, deutlich gemacht: „Du bist der Mann!“ (2Sam 12,7) und ist nun in der Darstellung mit erhobenem Zeigefinger zur Strafrede übergegangen. David kniet vor ihm und zerreisst vor Entsetzen sein Gewand – eine Handlung,von der im biblischen Text nicht explizit die Rede ist. Links und rechts über den beiden Türen sind Szenen aus 1Sam 26 (wie David sich nachts Sauls Speer und Wasserkrug holt und wie er diesen später Abner zeigt; Abb. 3.15. und Abb. 3.16.) wiedergegeben. Das Thema von Davids Grossmut ge-

Vision Daniels vorkommt (Dan 7). Vgl. ausführlich van der Coelen, P. (1994, 183 f.); Jeroense, P. / Tümpel, C. (1996, 146 – 148); Alexander-Knotter, M. / Hillegers, J. / van Voolen, E. (2006, 24– 26) und Sigal-Klagsbald, L. (2007, 318 – 322).  Zuvor wurde das Bild als „David erobert die Wasserstadt Rabba“ (2Sam 12,26 – 31) gedeutet.  Vgl. Kapitel C. 2.2.4.  Zur türkischen Kleidung vgl. Allegorie auf den Beginn des „Langen Türkenkrieges“ im Jahr 1593, Miniaturölgemälde von Hans von Aachen, 1603/04, Heeresgeschichtliches Museum, Wien, abgedruckt bei Winkelbauer, T. (2003a, 143).  Zuvor wurde das Bild als „Sauls Weissagung“ (1Sam 19,18 – 24) interpretiert.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

genüber Saul wird ebenfalls später in Zimmer 17 mit der Verschonung Sauls in der Höhle En-Gedi (1Sam 24) aufgenommen. Diese beiden Gemälde im Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) unterscheiden sich stilistisch von den anderen, insofern hier die Landschaftsmalerei dominiert. Insbesondere im ersten Bild sticht die idyllische Nachtlandschaft, das dramatisierende Licht mit Mond, Wolken und im Hintergrund eine Stadt, heraus. Über eine Brücke nähern sich David und Abischai den Zelten, in denen Saul und seine Männer schlafen. Eine ganz andere Landschaft mit einem Tal und einem Hügel findet sich im zweiten Bild, wo David Abner Speer und Wasserkrug zeigt. Ein thematischer Zusammenhang mit den Faszienstreifen darunter lässt sich nicht direkt ausmachen, doch fügen sich die Deckengemälde gut in deren landschaftliche Szenerie ein. Auch im Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) finden sich zwei Embleme: Das eine mit der Inschrift LAEDOR UT SANEM (Abb. 3.17.) zeigt einen Pelikan, der sich die Brust aufreisst, um mit seinem Blut seine Jungen, die er zuvor getötet hat, wiederzubeleben. Diese Darstellung aus dem Physiologus ist ein uraltes Symbol für Christus und seinen Opfertod. Damit wird der Fürst ermahnt, sich in der imitatio dei für sein Volk aufzuopfern. Möglicherweise kann das Emblem auch typologisch auf David übertragen werden. Die Gemälde, die zeigen, wie Saul den Speer nach David schleudern will oder wie David vom Volk mit Steinen bedroht wird, können so als Reminiszenz an das Leiden Christi verstanden werden. Dieses Emblem stammt überraschenderweise nicht aus Diego de Saavedra Fajardos Idea de un príncipe político-christiano representada en cien Empresas; sein Ursprung ist unbekannt.⁶⁸ Das zweite Emblem steht inhaltlich in Widerspruch zum ersten. Das Ikon zeigt eine gefesselte Dohle, die mit ausgebreiteten Flügeln an den Boden genagelt ist.⁶⁹ Sie hält eine zweite Dohle fest, und eine dritte kommt von rechts auf die beiden zugeflogen und wird alsbald ebenfalls festgehalten werden. Das Lemma dazu lautet ET IUVISSE NOCET (Abb. 3.18.),⁷⁰ womit erneut auf das Bild in der Mitte hingewiesen sein könnte, auf dem David durch sein Harfenspiel, gewissermassen als „Musiktherapeut“⁷¹, Saul hilft, sich gleichzeitig aber einer  Vgl. Kaiser, B. (2001, 142) sowie Lesky, G. (1970, 79 f.). Der Pelikan der sich die Brust aufreisst, ist häufig in der Emblematik des 16. und 17. Jh., wie Henkel, A. / Schöne, A. (1967, 811– 813) zeigt, und steht für Entfaltung der geistlichen Anlagen, Opferbereitschaft oder Demut, jedoch nirgendwo mit dem Lemma LAEDOR UT SANEM.  Die Vorlage zu diesem Emblem ist von Johan I. Sadeler, demselben Kupferstecher, der auch an den Kupferstichen für die David-Bilder beteiligt war, signiert (Joan: Sadeler fecit.). Vgl. die Abbildung bei Lesky, G. (1970, 78), die leider jedoch keine Angaben dazu macht, woher ihre Abb. 27 stammt.  Es ist also zu ergänzen: FALLIMUR OPINIONE [ET IUVISSE NOCET].Vgl. Romanoski, C. (2006, 482 Anm. 2086).  Vgl. Kapitel C. 5.2.

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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grossen Gefahr aussetzt. Das Emblem, so geht es aus der subscriptio bei Diego de Saavedra Fajardo hervor, soll jedoch – anders als das erste Emblem – den Fürsten nicht zur Selbstaufopferung anhalten, sondern gerade umgekehrt zur Zurückhaltung im Beistand bei Bedrängnissen und Gefahren mahnen. Diego de Saavedra Fajardo warnt den Fürsten, sich aussenpolitisch nicht aus Mitleid zu engagieren, sondern sich dem Urteil der prudentia zu unterwerfen. Nur so entgeht er der Gefahr, wie die Dohlen in die Falle zu geraten und einen ganzen Staat in den Abgrund zu reissen.⁷² Ferner betont Diego de Saavedra Fajardo, dass Wohltaten niemals vergolten würden und sich der Fürst mit Undankbarkeit abfinden solle. . Saul will den Speer nach David werfen (Sam , – ; , f.) . David klagt um die Stadt Ziklag und das Volk bedroht ihn mit Steinen (Sam ) . David wählt Steine aus dem Bach (Sam ,) . David raubt Speer und Wasserkrug aus Sauls Lager (Sam ) . Aufstand des Scheba ben Bichri (Sam ) . Natan überführt David des Ehebruchs und Mordes und kündet ihm die Strafe Gottes an . David zeigt Abner Speer und Wasserkrug (Sam )

Fig. .. Grundriss des Eggenberger Gedächtniszimmers (Zimmer )

Im Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14) wird, wie im vorangehenden Raum, das spannungsvolle Verhältnis zwischen königlicher und geistlicher Macht thematisiert: Gad (Zimmer 13) und Natan (Zimmer 14) treten als strenge Kritiker des königlichen Verhaltens auf. Ferner wird in diesem „mittleren“ David-Zimmer (Zimmer 14) ebenso wie im folgenden, gleichfalls David gewidmeten Zimmer (Zimmer 17), Macht und Ohnmacht Davids thematisiert: David sammelt einerseits

 Vgl. Romanoski, C. (2006, 482– 484). Konkret bezieht Saavedra dieses Emblem auf das spanische Engagement für die österreichischen Habsburger im Dreissigjährigen Krieg.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Steine, die in seiner Steinschleuder zur tödlichen Munition werden, und kann andererseits selbst lediglich knapp – so in der bildlichen Darstellung – dem Speer Sauls ausweichen. Mit gefalteten Händen und den Blick zum Himmel gerichtet setzt er sich dem Volk aus, das ihn mit Steinen bedroht. Szenen aus der sogenannten „Aufstiegsgeschichte“ werden dabei – wie übrigens in allen Zimmern zu David – unmittelbar neben Szenen aus der sogenannten „Thronfolgeerzählung“ gestellt.

3.2.3. Vorzimmer (Zimmer 17) Drei Zimmer weiter, im dritten und letzten Raum, der sich ausschliesslich David widmet und der eine quadratische Grundfläche hat, zeigt das runde Bild in der Mitte David, wie er sich vor Achisch, dem König von Gat, wahnsinnig stellt (1Sam 21,11– 16; Abb. 3.19.). Es überrascht, dass ausgerechnet diese Szene, die David weder besonders mutig oder gottesfürchtig, sondern höchstens als listig charakterisiert, im Zentrum des Raumes steht. Vier umliegende Gemälde zeigen wiederum Szenen aus dem Leben Davids. Die heimliche Flucht aus dem Fenster, zu der Michal David verhilft (1Sam 19,11– 17; Abb. 3.21.), ist ein Rückbezug auf das mittlere Bild in Zimmer 14, auf dem Saul David mit dem Speer bedroht (1Sam 18,10 – 12; 19,9 f.). Genauso wie im runden Bild in der Mitte des Raumes rettet sich David auch hier mit Hilfe einer List. Ein zweites Bild zeigt die Enthauptung des Amalekiters, der David die Insignien Sauls überbrachte (2Sam 1; Abb. 3.22.). Im Hintergrund ist Saul erkennbar, der sich ins Schwert stürzt; es wird also noch einmal die gleiche Szene wie im Schlafzimmer (Zimmer 5) dargestellt.⁷³ Ein drittes Bild zeigt wie Schimi David verflucht und mit Steinen bewirft (2Sam 16,5 – 14; Abb. 3.23.). Dabei ist David lediglich von zwei bewaffneten Männern, vermutlich den Söhnen der Zeruja, umgeben; der fluchende und Steine werfende Schimi kommt ihm in der Darstellung gefährlich nahe. Auf einem vierten Bild ist die Verschonung Sauls in der Höhle von En-Gedi (1Sam 24) wiedergegeben (Abb. 3.24.). David hält die Hände vor seiner Brust gekreuzt. Mit dieser Geste wird seine Schuldlosigkeit betont. Auf diesem Bild nimmt die Landschaft ebenfalls einen wichtigen Teil ein: Im Hintergrund sind ein Fluss sowie ein Baum und einige Krieger erkennbar. Hinter David steht vermutlich Abischai und zeigt mit dem Finger auf Saul. Die Bilder in den Ecken stehen alle im Zusammenhang mit Davids Kampf gegen Goliat (1Sam 17). Auf einem tritt David Goliat gegenüber (Abb. 3.25.), auf

 Vgl. Kapitel C. 3.2.5.

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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dem anderen enthauptet er ihn (Abb. 3.26.). Auf beiden Bildern wird der Grössenunterschied zwischen dem kleinen Hirtenjungen und dem übermenschlich grossen Riesen markant hervorgehoben.⁷⁴ Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich schliesslich zwei Gemälde, die zeigen, wie David mit einem Löwen bzw. mit einem Bären kämpft (Abb. 3.27. und Abb. 3.28.). Diese Bilder gehen auf Davids Rede in 1Sam 17,34– 37 zurück.Vertrauensvoll antwortet er Saul da: „Jhwh, der mich aus den Klauen des Löwen und aus den Klauen des Bären errettet hat, der wird mich auch aus der Hand dieses Philisters erretten“ (1Sam 17,37). Mit der Auswahl dieser vier Darstellungen, bei denen eine Siegesdarstellung von David mit dem Haupt Goliats – die es sonst zahlreich gibt⁷⁵ – bemerkenswerterweise fehlt, wird ein deutliches Zeichen gesetzt. Nicht die Heldentat Davids steht im Vordergrund, sondern sein Gottvertrauen. David hat seinen Sieg über Goliat dem Gott Israels zu verdanken, der ihn auch aus den Klauen der wilden Tiere gerettet hat.⁷⁶ Auch in diesem Zimmer ist es schwierig, eine Ordnung oder ein einheitliches Thema zu erkennen. Als Grundthema präsentiert sich jedoch erneut „das gefahrvolle Leben Davids“.⁷⁷ Diesen Eindruck verstärkt eine in der ikonografischen Tradition bislang unbelegte Emblemsequenz:⁷⁸ Unter dem Bild der Verfluchung Davids durch Schimi befindet sich dazu passend ein neutestamentliches Lemma ONUS MEUM LEVE (Mt 11,30, Schwert schneidet Zweig; Abb. 3.29.), unter dem Bild von Davids Flucht steht RECTO NIL TUTIUS („nichts ist sicherer als das Aufrechte“, Buch, Lot und Kappe; Abb. 3.30.), unter Davids Grossmut gegenüber Saul INCULPA INTEGRIATE („von untadeliger Reinheit“, Waage und Spiegel; Abb. 3.31.) und schliesslich FIDELITER ET OPPORTUNE („treu und richtig“, Schlüssel; Abb. 3.32.) unter dem Gemälde mit der Hinrichtung des Amalekiters.⁷⁹ Im Vordergrund steht somit die Darstellung von Davids tugendhaftem Verhalten. Dennoch schwingt auch eine gewisse Ironie mit, insofern sich David möglicherweise vor Achisch (1Sam 21,11– 16) gerade nicht aufrecht verhält, wie das Emblem fordert.

 Vgl. Nitsche, S. A. (1997).  Vgl. Abb. 2.11. Vgl. dazu Kipfer, S. (im Druck a).  Dieses Thema wird auch sonst in Palästen des 17. Jahrhunderts aufgegriffen. Ein Beispiel ist die Darstellung von Pietro da Cortona, wie David dem Rachen des Löwen ein Lamm entreisst, Öl auf Leinwand, 125 × 97 cm Rom (Vatikan), Pinacoteca; Inv. 40410. Dieses Bild war Teil einer Serie, bestehend aus vier Bildern, Repliken von Fresken in der Villa Pigneto, die zwischen 1625 und 1639 von Cortona für Kardinal Marcello Sacchetti gebaut und später zerstört wurde.  Krummen, E. (2004, 221).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 149).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 149). Mit Einschränkungen auch Lesky, G. (1970, 61– 66).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

. . . . . . . . . . . . .

David stellt sich wahnsinnig vor Achisch (Sam , – ) Putto mit Hirtenstab und Schleuder Putto mit Schwert Putto mit Harfe Putto mit Krone und Zepter David verschont Saul in der Höhle En-Gedi (Sam ) Michal verhilft David zur Flucht (Sam , – ) Die Hinrichtung des Amalekiters, der David von Sauls Tod berichtet (Sam ) Schimi verflucht David und bewirft ihn mit Steinen (Sam , – ) David tritt Goliat gegenüber und wirft den Stein (Sam , – ) David schlägt Goliat den Kopf ab (Sam , f.) David kämpft gegen einen Löwen (Sam , – ) David kämpft gegen einen Bären (Sam , – )

Fig. .. Grundriss des Vorzimmers (Zimmer )

Ferner werden in vier ovalen Gemälden dazwischen Attribute Davids von vier Putten präsentiert (Abb. 3.20.): Zum einen der Hirtenstab und die Schleuder sowie „das Schwert für den siegreichen Krieger, die Harfe des Sängers, Symbol der Harmonie zwischen ihm und Gott, sowie Krone und Zepter, die Symbole seiner Herrschaft“.⁸⁰

3.2.4. Jagdzimmer (Zimmer 20) Ein weiteres Bild zu den David-Erzählungen, das ebenfalls einen Kupferstich aus der sechzehnteiligen Serie von Aegidius Sadeler zur Vorlage hat,⁸¹ findet sich im Jagdzimmer (Zimmer 20; Abb. 3.33.). In diesem von Frauengeschichten dominierten Raum befindet sich in der Mitte das Gemälde der mutigen Ester, die vor

 Krummen, E. (2001, 149).  Vgl. mehr dazu unter Kapitel C. 3.3.1.

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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dem persischen König Ahasver erscheint.⁸² Ester gehört zusammen mit den beiden Frauen Jael, die Sisera tötet (Ri 4), und Judit, die Holofernes den Kopf abschlägt – beide Szenen sind im Japanischen Kabinett (Zimmer 18) dargestellt –, in die Reihe der biblischen Triade der neuf preuses.⁸³ Links und rechts vom Gemälde mit Ester sind Batseba und Susanna dargestellt, beide badend und fast nackt (Abb. 3.34. und Abb. 3.35.). Die Deutung dieser zwei Deckengemälde bleibt ungewiss: Wurden sie als Gegensätze aufgefasst – Batseba (2Sam 11) als die Verführerin, Susanna (Dan 13) als die keusche Frau – oder aber als Einheit einander gegenübergestellt, als zwei Frauen, die von Männern in ihrer Ehre verletzt wurden? Fest steht, dass das Motiv der vergewaltigten und geschändeten Frau mit Lucretia und Timoklea (nördlicher Ecksaal, Zimmer 15) weitere zweimal aufgenommen wird⁸⁴ und dass Batseba ferner in Zimmer 13 bei der Bestellung Salomos zum Nachfolger als durchaus starke, handelnde Frau ins Bild gesetzt wird. Das Bild von David zeigt, wie er aufgrund seines Ehebruchs mit Batseba und des Mordes an ihrem Gatten Urija Busse tut (2Sam 12):⁸⁵ Im Vordergrund steht erneut Natan (vgl. Abb. 3.14.) vor dem knienden, reumütigen David, in zwei Nebenszenen erblickt man links durch ein Fenster eine Wiege, die sich nur im Zusammenhang mit dem kranken Kind Batsebas erklären lässt, rechts ist noch einmal David büssend und flach gestreckt auf dem Boden liegend zu sehen. Diesem Gemälde gegenüber befindet sich die Darstellung von Salomos Götzendienst, zu dem ihn eine Anzahl anonymer Frauen verleitet (1Kön 11,1– 13). In den Eckfeldern sind vier Allegorien nach Stichvorlagen von Melchior Küsel zu sehen: Hoffnung, Neid, „die Freud der Welt“ und die „eheliche Liebe und Treu“.⁸⁶

 In der Komposition erinnert das Bild sehr stark an die Königin von Saba vor Salomo. Das ausgestreckte Zepter ist jedoch typisch für Ester, zudem sind keine Geschenke zu erkennen, die die Königin von Saba Salomo mitbringt. Da dasselbe Kompositionsmuster vorliegt (eine Königin kniet vor einem König) wurden die Szenen häufig verwechselt und die Gemälde falsch gedeutet. Vgl. Tümpel, C. (1994b, 166).  Mehr zu den Frauen, die im Schloss Eggenberg dargestellt werden bei Krummen, E. (2004, 218 f.).  Vgl. zu den Frauentugenden im nördlichen Ecksaal (Zimmer 15) Krummen, E. (2004, 217– 219).  Zuvor wurde das Bild als „Salomos Busse“ gedeutet.  Vgl. Kaiser, B. (2001, 156). Die Texte zu den Bildern sind bei Lesky, G. (1970, 52– 54) widergegeben.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

. . . . . . . . .

Ester vor Ahasver (Ester ) Salomos Götzendienst (Kön , – ) Susanna im Bade (Dan ) Natans Strafrede und Davids Busse (Sam ) Batseba im Bade (Sam , – ) Der Neid „Die Freud der Welt“ „Die ehlich Lieb und Treu“ Die Hoffnung

Fig. .. Grundriss des Jagdzimmers (Zimmer )

3.2.5. Weitere Deckengemälde, die mit den David-Erzählungen in Zusammenhang stehen Ausser diesen vom David-Thema dominierten Räumen finden sich noch weitere Deckengemälde, die dazu in Bezug stehen: Salomo kommt insgesamt dreimal vor: im Jagdzimmer (Zimmer 20), ferner im David-Zimmer (Zimmer 13; Abb. 3.3.) und schliesslich im Südlichen Ecksaal (Zimmer 2; Abb. 3.36.). Dort ist das Urteil Salomos 1Kön 3,16 – 28 wiedergegeben, umgeben von einem Zyklus von zwölf Genrebildern mit monatstypischen Beschäftigungen als Allegorien der Monate. Das Motiv des weise urteilenden Salomo spielt eine zentrale Rolle in vielen öffentlichen Gebäuden der frühen Neuzeit und findet sich häufig in Rathäusern in den Niederlanden.⁸⁷ Während in Schloss Eggenberg im Südlichen Ecksaal die Sapientia versinnbildlicht und Salomo als „Symbol des gerechten Richters und Herrschers“⁸⁸ dargestellt wird, steht bei den zwei anderen Salomo-Gemälden stärker die biblische Figur des Herrschers im Vordergrund. Diese Bildauswahl  Vgl. Huiskamp, M. (1994, 134– 155). Das Thema wird auch in der Loggia von Raphael im Vatikan aufgenommen, wovon u. a. eine Skizze von Maarten de Vos existiert. Vgl. Skizzenbuch folio IV verso, Netto-Bol, M. M. L. (1976, 32.94).  Krummen, E. (2004, 197 f.). Ferner meint sie: „Er [Salomo] eröffnet als biblischer Vertreter gleichsam die Reihe der großen Herrscher, die im folgenden dargestellt sind, Romulus (Zimmer 4) und David (Zimmer 13, 14, 17), Jupiter (Zimmer 21; 22) und Sol (im Planetensaal).“ Mehr zu Salomo als archetypischer Besitzer einer Kunstkammer bei Krummen, E. (2004, 199).

3.2. Die David-Gemälde in Schloss Eggenberg

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erinnert nicht nur daran, dass Salomos Thronfolge höchst umstritten war (1Kön 1,11– 40), sondern auch daran, dass selbst der weise und gerechte Herrscher Salomo nicht fehlerfrei war und zum Götzendienst verleitet wurde (1Kön 11,1– 13). Im Schlafzimmer (Zimmer 5) werden schliesslich verschiedene Schlachten abgebildet. Abgesehen vom Deckengemälde, das Ariovists Kampf gegen Caesar zeigt, beziehen sie sich ausschliesslich auf alttestamentliche Schlachtberichte. Zwei Bilder zeigen Ereignisse des Buches Josua: der Sieg des Feldherrn über die Stadt Ai (Jos 7– 8) und über die Amoriter (Jos 10).⁸⁹ Ferner findet sich ein Bild von Judas Makkabäus (Judas Makkabäus erobert Kaspin, 1Makk 5). Dieser zählt zusammen mit Josua und David zur biblischen Triade der neuf preux, der neun starken Helden.⁹⁰ Mit „Antiochus Eupator belagert Bethsur“ (1Makk 6) wird ein weiteres ein Thema aus den Makkabäerbüchern aufgenommen. Als Kontrast zu diesen „Erfolgsgeschichten“ stehen die Bilder zu Abimelechs Ende (Ri 9,22– 57), dem Tod König Ahabs (1Kön 21,29 – 40; 2Chr 18,28 – 34) sowie dem Tod Sauls (1Sam 31; Abb. 3.37.).⁹¹ Diese drei Bilder dürften die Überheblichkeit der Herrscher und ihre Bestrafung illustrieren.⁹² Zusammen mit Ariovist stehen vier negative Exempel vier positiven, nämlich Josua, Judas Makkabäus (zweimal) und Antiochus, gegenüber. Das Deckengemälde zum Tod Sauls bei der Schlacht gegen die Philister zeigt prominent in der Mitte, wie sich Saul ins Schwert stürzt (1Sam 31; Abb. 3.37.). Die gleiche Szene wird noch einmal, nämlich im Vorzimmer 17 (Abb. 3.22.), dargestellt, hier lediglich im Hintergrund.⁹³ Generell wird das Thema der Selbsttötung im Eggenberger Bilderzyklus mehrfach aufgegriffen.⁹⁴

 Vgl. zur Josua Rezeption Ziegler, H. (2010, 29 f.).  Vgl. dazu Krummen, E. (2004, 203 Anm. 52). Die neuf preux werden in drei Triaden unterteilt. Die heidnische Triade umfasst Hektor, Alexander den Grossen und Caesar, die biblische Josua, David und Judas Makkabäus, die christliche Artus, Karl den Grossen und Gottfried von Bouillon. Allerdings gab es auch Serien der „neun guten Helden“ oder „uomini famosi“, die Samson, David und Josua oder Salomo umfassten. Vgl. Polleross, F. (1995, 231) und Becker, J. (2004, 339).  Die Darstellung ähnelt einem Kupferstich von Antonio Tempesta, The Illustrated Bartsch 253 (130). Vgl. Leuschner, E. (2004, 159).  Vgl. Krummen, E. (2004, 204).  In der Darstellung im Schlafzimmer (Zimmer 5) ist insbesondere die Ähnlichkeit zwischen der Darstellung des „Selbstmordes“ Sauls und dem gegenüberliegenden Gemälde, das die Flucht Ariovists vor Caesar zeigt, auffällig. Ariovist und Saul sind sehr ähnlich gekleidet. Diese äusseren Gemeinsamkeiten der beiden Protagonisten lassen sich möglicherweise auf eine „Vereinfachung“ des Malstils zurückzuführen, denn es fällt auf, dass die Bilder in diesem Raum nicht sehr sorgfältig gestaltet sind, sodass angenommen werden kann, dass hier die „ungelenke Hand von Werkstattmitgliedern“ – so Brucher, G. (1973, 20) – nach dem Tod des Meisters zu erkennen ist. Dennoch ist nicht nur wegen der stilistischen Ähnlichkeiten, sondern auch aufgrund inhaltlicher Parallelen denkbar, dass Saul bewusst Ariovist gegenübergestellt wurde: Ariovist wird von Gaius Iulius Caesar als grausamer Unterdrücker dargestellt (De Bello Gallico I,31 f.), aus dessen Gewalt die

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Dies alles zeigt einerseits, dass die Deckengemälde zu den Erzählungen in 1Sam 16 – 1Kön 2 in unterschiedlichen Räumen vom Südlichen Ecksaal (Zimmer 2) bis zum Jagdzimmer (Zimmer 20) immer wieder vorkommen und thematisch eng miteinander verknüpft sind. Andererseits wird damit auch der Bezug zu weiteren Deckengemälden zu biblischen, aber auch zu historischen Geschichten deutlich. Die Deckengemälde zu 1Sam 16 – 1Kön 2 lassen sich somit thematisch gut in ein Gesamtkonzept beziehungsweise ein Bildprogramm einordnen.

3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler Die Deckengemälde in Schloss Eggenberg sind grösstenteils in „minutiöse[r] Wiedergabe des gegebenen Sujets“⁹⁵ von Stichvorlagen kopiert worden. Dies war zu dieser Zeit allgemein „üblich“⁹⁶ und wurde nicht unbedingt als Mangel an Qualität angesehen, sondern als Beweis der Quellenkenntnis geschätzt.⁹⁷ In Schloss Eggenberg wurden vermutlich sowohl einzelne Stiche als auch ganze druckgrafische Werke als Vorlage verwendet. So ist beispielsweise die Verwandlungsszene aus dem Mythos von Diana und Aktaion ein „verhältnismässig treues Abbild eines Werkes des niederländischen Meisters Cornelis de Vos (signiert und

Gallier befreit werden müssen. Auch Saul wird negativ dargestellt und unterliegt in der Schlacht gegen die Philister – im Gegensatz zu allen anderen alttestamentlichen Schlachtbildern im selben Raum, die die Sicherung und Erweiterung des israelitischen Reiches wiedergeben. Beide, Ariovist und Saul (De Bello Gallico I,50 beziehungsweise 1Sam 28), erfahren das negative Orakel eines Wahrsagers beziehungsweise einer Totenbeschwörerin, bevor sie in den Krieg ziehen und scheitern. Vgl. Kapitel C. 3.3.2.  So wird beispielsweise im Schäferzimmer (Zimmer 21) der Selbstmord Catos, Neros und Kleopatras neben verschiedenen anderen „Gewaltszenen“ (z. B. die Ermordung Caesars oder der Mord Antipaters an seiner Mutter) dargestellt. Im westlichen Ecksaal (Zimmer 10) kommt zudem der Selbstmord Charondas vor sowie eine Darstellung von Sokrates, der sich von seinen Freunden verabschiedet, bevor er den Schierlingsbecher austrinkt.  Brucher, G. (1973, 16). Auch Krummen, E. (2004, 184) betont, dass die Bilder insgesamt sehr genau abgemalt wurden, „wenn auch der Gesamteindruck der Figuren weniger dramatisch und die Bewegungen weniger rasch und fliessend sind“. Vgl. Kaiser, B. (2001, 63).  Dazu van der Coelen, P. (1994, 189): „Die Meister des Barock zitierten tatsächlich aus den Bildern dieser Bücher. Dabei hielten sie sich an die Regel, dass ein Zitat nicht allzu deutlich sein durfte und in ein vollkommen neues Ganzes eingearbeitet sein musste. […] Maler dritten oder vierten Ranges hielten sich nicht an derartige Ratschläge. Sie kopierten unbekümmert drauflos und übernahmen wörtlich die Kompositionen, die sie in der Grafik vorfanden.“ Letzteres war auch in Eggenberg der Fall.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 90).

3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler

435

datiert 1623)“,⁹⁸ das sich heute in der Alten Galerie des Joanneums befindet. Die Gemälde zu den Metamorphosen Ovids (Zimmer 1, 23 und 24), aber auch Faszienstreifen stammen aus einer Buchausgabe von Johann Wilhelm Baur (1607– 1642), erschienen 1642 in Wien.⁹⁹ Die Allegorien der Tugenden und Laster in der Freskenausstattung in Schloss Eggenberg sind Kopien nach den von Melchior Küsel (1625 – 1683) verlegten Kupferstichen in der Ionographia Johann Wilhelm Baurs (ca. 12,4 x 20,3 cm).¹⁰⁰ Diese Werke waren in ganz Europa bekannt: Was hier in Eggenberg präsentiert wird, ist somit nicht einmalig, sondern gehörte „zum allgemeinen Bildungsgut des Barockzeitalter“.¹⁰¹ „Andere Vorlagen stammen von prominenten Historien- und Bildnismalern ihrer Zeit, Peter Paul Rubens an der Spitze, aber auch dem seinerzeit hoch angesehen, als ‚teutscher Apelles‘ gefeierten Joachim von Sandrat, von Simon Vouet […] und Joseph Heintz d.Ä.“¹⁰² Oftmals sind „die Zwischenräume der einzelnen Gemälde mit Emblemata ausgefüllt, kleinen Bildern mit jeweils einem deutschen, lateinischen oder spanischen Sinnspruch, der das Erziehungsideal der höfischen Gesellschaft illustriert“,¹⁰³ wobei die meisten Embleme auf die zweite Auflage des Werks Idea de un príncipe político-christiano representada en cien Empresas von Diego Saavedra Fajardo (Mailand 1642, erste Auflage von Johan II. Sadeler, München 1640) zurückgehen

 Brucher, G. (1973, 15).  Vgl. Krummen, E. (2001, 183); Kaiser, B. (2006, 138). Das Buch ist im Nürnberger Verlag von Paul Fürst unter folgendem Titel erschienen: OVIDII // METAMORPHOSIS // Verwandelungs Bücher […] // durch den kunstberühmten Johann // Wilhelm Baur Inventirt // und // Durch Abraham Aubry in Kupffer gestochen. Vgl. Bonnefoit, R. (1997, 186). Zur Rezeption der Metamorphosen Ovids in unterschiedlichen Medien vgl. Lutz, E. C. (2005, 377– 383) und Thimann, M. (2002).  Vgl. Bonnefoit, R. (1997, 118). Vgl. Ioannis Gvilielmi Bavrn Iconographia, complectens in se, Passionem, Miracvla, Vitam Christi Vnivers=am, nec non, Prospectvs rarissimorvm Portvvm, Pala=tiorvm, Hortorvm, Histioriarivm, aliarumq rerum, quæ per Italiam spectatv svnt dignæ, proprio ære æri incisæ et venales expositæ a Melchore Kysell. Dazu Krummen, E. (2004, 183 Anm. 8).  Krummen, E. (2004, 183).Vgl. zu den Vorlagen insgesamt Brucher, G. (1973, 15 – 17); Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 24) sowie Kaiser, B. (1994, 58).  Kaiser, B. (2006, 138). Nach einer Vorlage von Peter Paul Rubens dürfte allenfalls das Gemälde von „Tomyris, Königen der Massageten, die den Kopf des besiegten Perserkönigs Kyros in sein eigenes Blut eintauchen lässt“, Westlicher Ecksaal (Zimmer 10) sowie das „Salomonische Urteil“, Südlicher Ecksaal (Zimmer 2) gemalt worden sein. Vgl. Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 30). Von Joachim Sandrart stammen die Vorlagen zu einer Serie der Monatsbilder im Südlichen Ecksaal (Zimmer 2), die er für Schloss Schleißheim bei München 1642/43 gestochen hat, so Kaiser, B. (2001, 115). Von Simon Vouet stammen nach Brucher, G. (1973, 24) fünf Deckenbilder in Fontainbleau, die zwar nicht mehr existieren, aber in Stichen von Michel Dorignys überliefert sind.  Krummen, E. (2004, 182).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

und vermutlich von Cristoforo Bianchi gestochen wurden.¹⁰⁴ Sowohl Diego Saavedra Fajardo (1585 – 1648),¹⁰⁵ einer der meistgelesenen Politiktheoretiker im 17. Jahrhundert,¹⁰⁶ als auch Aegidius Sadeler und sein Sohn Johan II. Sadeler, der im Dienst Kaiser Ferdinands II. stand, waren vermutlich mit den Eggenbergs bekannt. Von Melchior Küsel stammt sogar ein Kupferstich von Johann Seyfried von Eggenberg.¹⁰⁷ Die historischen und zum Teil auch die biblischen Bilder¹⁰⁸ – nicht aber die Deckengemälde zu den David-Geschichten! – stammen zudem aus der Weltchronik von Johann Ludwig Gottfried (1584– 1633), einem im 17. Jahrhundert weitverbreiteten Werk mit 321 Kupferstichen (10 x 9,5 cm) von Matthäus Merian.¹⁰⁹ Zu den Samuelbüchern finden sich in der Weltchronik lediglich zwei Bilder,¹¹⁰ nämlich wie sich Sauls in Schwert stürzt und David und Goliat. Zwar kommen beide Themen auch in Schloss Eggenberg vor (Zimmer 5 beziehungsweise Zimmer 17), jedoch ist wenig wahrscheinlich, dass hier die Kupferstiche von Matthäus Merian als Vorlagen verwendet wurden, da hier lediglich eine sehr ungenaue und allgemeine Referenz vorliegen würde, während beispielsweise die Flucht Lots und seiner Töchter aus Sodom (Kaminzimmer 6) trotz geringfügiger Vereinfachungen sehr genau der Gottfriedschen Weltchronik entspricht.

 Vgl. Romanoski, C. (2006, 19 Anm. 5). Das Werk war Ferdinando el Católico gewidmet.  Diego Saavedra Fajardo war Familiar und Sekretär des spanischen Botschafters Kardinal Caspar de Borja, Prokurator des spanischen Königs beim Heiligen Stuhl, erster Plenipotentiar der spanischen Krone beim Westfälischen Friedensschluss zu Münster (1642) sowie Gesandter am Reichstag zu Regensburg, wo die Kaiserwahl Ferdinands III. stattfand (1636). Vgl. ausführlich zu seinem Leben Mühleisen, H.-O. (1982, 15 f.) und Romanoski, C. (2006, 23 – 86).  Vgl. zu den zahlreichen Ausgaben und Übersetzungen Romanoski, C. (2006, 105 f.).  Vgl. weiter unten Anm. 291.  Vgl. Kaiser, B. (1994, 58): „Die Historienszenen und Bilder aus dem Alten Testament sind vielfach der ‚Historischen Chronica…‘ des Johann Ludwig Gottfried (Frankfurt 1657) entnommen, mit Illustrationen von Matthäus Merian, von denen man die effektvollsten, d. h. vielfach grausamsten für die Übertragung an die Decken auswählte.“ Vgl. ähnlich Kaiser, B. (2001, 110).  Die Weltchronik ist „erstmals 1630 – 1634 erschienen und behandelt die Weltgeschichte von den Anfängen, d. h. von der Schöpfung über die vier Zeitalter (das goldene, silberne, eherne und eiserne) bis in das Jahr 1618, wobei die vier Monarchien, die assyrisch-babylonische (1717– 3410), die medo-persische mit Cyrus (3410 – 3620), die griechisch-mazedonische mit Alexander dem Grossen (3620 – 2902) und die römische mit Caesar (3902– 3950) im Stile des Eusebius und Hieronymus geschildert werden.“ – so Krummen, E. (2004, 184 f.). Vgl. zudem Wüthrich, L. H. (1993, XIV-XVI und 62– 109).  Vgl. dazu ausführlicher Wüthrich, L. H. (1993, 85 f.).

3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler

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Überraschend ist, dass auch nicht die Icones Biblicae (die sogenannte „Merian-Bibel“) als Vorlage verwendet wurde.¹¹¹ Diese Bibel mit Illustrationen von Matthäus Merian d.Ä. erschien zwischen 1625 und 1627 in Frankfurt und bestand aus drei alttestamentlichen und einem neutestamentlichen Teil.¹¹² Sie beinhaltet 156 alttestamentliche Radierungen (insgesamt 233 biblische Darstellungen), mit einer gewissen Vorliebe für Kampfszenen.¹¹³ So beginnen die David-Erzählungen mit dem Kampf Davids gegen Goliat. Es folgt je eine Darstellung, wie David nach dem Sieg über Goliat von den Frauen besungen wird,wie Saul David mit dem Speer bedroht, wie Jonatan David warnt, wie Abigajil David entgegen tritt, wie David Speer und Wasserkrug raubt und wie er die Beute nach dem Sieg über die Amalekiter aufteilt. Auf diese sieben Bilder zu Themen des 1. Samuelbuches folgen acht weitere zum 2. Samuelbuch: wie sich Saul ins Schwert stürzt, die Einholung der Lade nach Jerusalems, Davids Sieg über die Ammoniter, Batseba im Bade, die Vergewaltigung Tamars, Amnons Mord an Absalom, Absaloms Tod und wie die Frau von Abel-Bet-Maacha den Kopf Schebas ben Bichri über die Stadtmauer wirft.¹¹⁴ Den Bildern wurden kurze Texte in Latein und Deutsch – zwei lateinischen Distichen und einem deutschen Schweifreim, verfasst von Johann Ludwig Gottried – beigefügt. Der Verzicht auf den Abdruck des gesamten Bibeltextes hatte politische Gründe. Das textgetreue Bilderbuch entzog sich konfessioneller oder theologischer Kritik eher als eine Bibelausgabe.¹¹⁵ Gedruckt wurde das Buch im Verlag von Merians Schwiegervater Johann Theodor de Bry, dessen Buch- und Kunsthandlung sowie Kupferstecherei Matthäus Merian 1624 übernommen hatte.¹¹⁶ In de Brys Verlag war wenig zuvor auch das Werk David, Virtvtis Exercitatissimae Probatum Deo Spectaculum von Benito Arias Montano erschienen,¹¹⁷ das unter anderem auch die Kupferstiche von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos enthält, die als Vorlage für die Deckengemälde zu den David-Bildern in Eggenberg dienten.¹¹⁸ Die fünfzehn Kupferstiche in der Icones Biblicae und die sechzehn Kupferstiche in der Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius Sadeler nach Marten de Vos haben nur gerade in zwei Fällen (wie Saul David mit dem Speer  Vgl. zur sogenannten „Merian-Bibel“ ausführlich Meinhold, P. (1965); Wüthrich, L. H. (1963) und Wüthrich, L. H. (1993, 2– 58). Vgl. zudem Bach, B. (1995, 23): „Am Anfang der Bibelausgaben der Barockzeit steht die berühmte Merian-Bibel.“  Vgl. van der Coelen, P. (1994, 173).  Vgl. van der Coelen, P. (1994, 173).  Vgl. Wüthrich, L. H. (1993, 34 f.).  Vgl. Wüthrich, L. H. (1993, XIII).  Vgl. Meinhold, P. (1965, 16).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 138): „Stiche von Aegidius Sadeler nach Marten de Vos […], die verschiedene Bände aus dem Verlagswerk des Theodor de Bry in Frankfurt illustriert hatten.“  Ausführlich dazu Kapitel C. 2.2.3.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

bedroht und wie Jonatan David warnt) ein ähnliches Bildthema. Diese Tatsache verdeutlicht noch einmal die Originalität der Bildthemen in dieser Serie, die dann in Schloss Eggenberg wieder gegeben wurde.

3.3.1. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos Die Stichserie zu den David-Erzählungen mit dem Titel PATIENTIÆ DAVIDIS REGIS ET PROPHETÆ IN ISRAEL: FONS ET SCATVRIGO PSALTERI umfasst sechzehn Teile. Ausnahmslos alle Kupferstiche wurden für die Gestaltung der Eggenberger Beletage verwendet und noch einige mehr zu David ergänzt. Da sämtliche Ausgaben von David, Virtvtis Exercitatissimae Probatum Deo Spectaculum wesentlich mehr und andere Stiche enthalten, als hier ergänzt wurden,¹¹⁹ Bibeln mit den gleichen Kupferstichen wesentlich zahlreicher bebildert waren,¹²⁰ dürften die Deckengemälde in Eggenberg direkt auf Sadelers sechzehnteilige Serie zurückgehen. Diese ist heute lediglich in acht Bibliotheken vollständig erhalten geblieben.¹²¹ Wie oben bereits ausführlich erläutert wurde, steht in dieser Serie vor allem die „Bedrohung“ Davids im Vordergrund: David wird mehrmals mit Steinen be-

 Nachforschungen haben ergeben, dass im Nachlassinventar von 1649 vermutlich lediglich ein „Posten“ auf ein Werk von Benito Arias Montano bezieht, nämlich auf Seite 56 könnte es sich bei der Angabe: Conseruacion des Monarchias um folgendes Buch handeln: Aphorismos sacados de la Historia de Publio Cornelio Tacito, por el D. Benedicto Aries [sic!] Montano, para la conseruacion y aumento de las Monarchias, hasta apora no impressos. Y las Centellas de varios Conceptos; con los auisos de Amigo de Don Ioachin Setanti […] En Barcelona, Por Sebastian Manteuat: a costa de Miguel Manescal, 1614. Für diesen Hinweis bin ich Jitka Radimská sehr dankbar. In der Bibliothek in Český Krumlov befindet sich kein Buch von Benito Arias Montano. Im Nachlassinventar sind sind unter dem Abschnitt „Vorhandene getrückhte Büecher“ 1060 gedruckte „Posten“ vermerkt.Vgl. Bok,V. (2010, 156) und Kašparová, J. (2010, 121). „Inventarium über weilland des dürchleichtig hochgebornen fürsten und herrn, herrn Johann Antony […] fürsten zu Eggenberg […] etc. inn und ausser Grätz zu Eggenberg gefundenen verlass […]. Státní oblastní archiv Třeboň [Staatliches Regionalarchiv Wittingau], Sbírka rukopisů [Handschriftensammlung] Nr. 127. Vgl. zudem ein Bücherverzeichnis von 1629, das Aufschluss gibt über Werke, die Hans Ulrich von Graf Otto zur Lippe-Barke geschenkt bekommen hat, in Conermann, K. (Hrsg.) (1998, 389 – 396), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 290129. Es handelt sich dabei durchweg um Bücher vom Verleger Hans Beyer aus Homburg v. d. Höhe (gest. 1666), der zwischen 1626 und 1665 525 Werke in Frankfurt a.M. herausbrachte.  Vgl. beispielsweise Biblia Sacra Vulgatæ Editionis Sicti V. Pont. Max. Jussu recognita et Clementis VIII auctoritate edita […] illustrata a de Bry […] impensis Ioanis Theobaldi SchonWetteri & Iacobi Fischeri, Mainz, 1609; benutztes Exemplar Warburg Institute, London Sign. NCH 35.  Vgl. Schuckman, C. (1995, 31).

3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler

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worfen, flieht vor Saul, Absalom und Scheba, und die Propheten Natan und Gad kündigen ihm die Strafe Gottes an. Dabei wurden zum einen Motive aufgegriffen – beispielsweise die Salbung Davids oder wie Saul David mit dem Speer bedroht –, die immer und immer wieder dargestellt und vielfältig variiert wurden. Andere Themen hingegen sind selten und fanden sonst kaum Eingang in bildliche Darstellungen. Hierzu gehört etwa die Szene, wie das Volk beziehungsweise Schimi Steine nach David werfen oder wie sich David vor Achisch wahnsinnig stellt. Bei den restlichen der insgesamt 24 Deckengemälde zu den David-Erzählungen, die nicht aus dieser sechzehnteiligen Stichserie stammen, handelt es sich um folgende: – David wählt Steine (Eggenberger Gedächtniszimmer, Zimmer 14; Abb. 3.11.) – David raubt Speer und Wasserbecher (Eggenberger Gedächtniszimmer, Zimmer 14; Abb. 3.15.) – David präsentiert Abner Speer und Wasserbecher (Eggenberger Gedächtniszimmer, Zimmer 14; Abb. 3.16.) – vier Bilder zur Geschichte von David und Goliat (Vorzimmer, Zimmer 17; Abb. 3.25. – Abb. 3.28.) – eine Landschaftsmalerei, die losgelöst von jeglichem narrativen Kontext erscheint und deshalb nicht zu den Deckengemälden mit David-Erzählungen mitgerechnet wurde (David-Zimmer, Zimmer 13; Abb. 3.7.) – Batseba im Bade; dieses Bild befindet sich aber auch ausserhalb der drei eigentlichen David-Zimmer im Jagdzimmer (Zimmer 20; Abb. 3.34.) und steht dort dem Gemälde von Susanna im Bade (Abb. 3.35.) gegenüber. Bei diesen Darstellungen handelt es sich entweder um Nebenthemen – etwa wie David Steine wählt –, oder aber die dargestellte Handlung wurde zum Nebenthema gemacht, indem in der malerischen Ausführung die Landschaftsmalerei im Vordergrund dominiert, während die eigentliche Handlung – etwa bei den Gemälden, wie David Speer und Wasserbecher raubt (1Sam 26), etwas weniger ausgeprägt auch bei jenen zu David und Goliat (1Sam 17) – in den Hintergrund gerückt wurde. Die Kupferstichvorlagen hierfür sind bislang unbekannt. Viele dieser Bildmotive – etwa, wie David Goliat gegenüber tritt beziehungsweise diesem den Kopf abschneidet, oder Batseba im Bade – waren in der zeitgenössischen bildenden Kunst sehr beliebt. Nicht zuletzt deshalb dürfte es schwierig bleiben, die entsprechenden Kupferstichvorlagen für die Eggenberger Malereien zu finden. Insgesamt kann für die David-Gemälde in Eggenberg festgehalten werden, dass die sechzehnteilige Stichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert, vermutlich aus Antwerpen, als Vorlage verwendet wurde. Diese wurde durch acht Bildmotive lediglich vervollständigt und

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

ergänzt, ohne dass diesen zusätzlichen Bildern eine grosse inhaltliche Bedeutung zugemessen werden darf.

3.3.2. Die Maler Auch wenn die Maler lediglich in geringem Masse kreativ und eigenständig künstlerisch tätig waren, sondern hauptsächlich Stichvorlagen kopierten, sollen sie doch zumindest in einem kurzen Überblick Erwähnung finden. Die künstlerische Handschrift der einzelnen Maler beziehungsweise deren Meister voneinander zu unterscheiden, kann als „vornehmstes Ziel der lokalen Kunstgeschichtsforschung“¹²² angesehen werden, doch ist diese Aufgabe in der vorliegenden Untersuchung nicht zu bewältigen. Die Deckengemälde waren das Werk zahlreicher steirischer Maler, „deren Namen in den Rechnungsbüchern zwar grossenteils überliefert […], aber deren Hände und Beteiligungen an den einzelnen Zimmern nur schwer auseinanderzuhalten sind […]“.¹²³ Auffallend ist dennoch, wie stark sich die einzelnen Deckengemälde in der Qualität unterscheiden. Grob können drei Schaffensperioden festgehalten werden:¹²⁴ Anfang der 1660er Jahre begannen die Maler mit der Ausgestaltung der Beletage.¹²⁵ Das vermutlich älteste signierte Gemälde trägt die Inschrift „Joanes Tomaso pinxit 1664“ und zeigt Salomos Urteil.¹²⁶ Beim Maler handelt es sich vermutlich „um den Rubens-Schüler Jan Thomas, der in den 60er Jahren in Wien auch für Kaiser Leopold tätig war“.¹²⁷ Ob und wie viele weitere Bilder in dieser ersten Phase entstanden sind, muss offen bleiben. Nachdem der Erbteilungsvertrag am 30. Juni 1665 abgeschlossen und das

 Brucher, G. (1973, 13).  Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 24). Vgl. Kaiser B. (2006, 90): „Sie [die Decken- und Friesbilder] sind das Werk mehrerer Maler, deren Namen in den Rechnungsbüchern zwar überliefert, deren Hände und Beteiligungen in den einzelnen Zimmern unter zahlreichen späteren Übermalungen aber nur schwer auseinander zu halten sind. Erst nach Abschluss des laufenden Restaurierungsprogramms wird darüber größere Klarheit herrschen.“  Vgl. ähnlich auch Brucher, G. (1973, 12 f.).  Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 23) datieren sogar auf etwa 1655 zurück: „In der Zeit von 1655 bis 1673 entstanden, sind die Deckengemälde das Werk zahlreicher steirischer Maler […].“ Vgl. ebenfalls Kryza-Gersch, F. (1960, 10).  Es ist nach einer Vorlage von Rubens, dessen Schüler Tomaso war, gemalt. Brucher, G. (1973, 12) geht davon aus, dass die Vorlage ein Stich von Boetius a Bolswert bildete.Vgl. zudem Kaiser, B. (2001, 115) und Krummen, E. (2004, 197).  Kaiser, B. (2001, 115).

3.3. Die Vorlagen der biblischen Deckengemälde und die Maler

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Schloss Johann Seyfried von Eggenberg übertragen wurde,¹²⁸ begann wohl die zweite intensive Schaffensperiode, die bis 1673 dauerte. Neben dem comaskischen Stukkator Alessandro Serenio, der zwischen 1666 und 1669 mit seiner Werkstatt die Decken und Wandzonen der Prunkräume gestaltete und 1682 auch die Wandflächen des Planetensaales dekorierte,¹²⁹ war der bereits 1646 und 1647¹³⁰ nachweisbare Maler Johann Melchior Otto sicher der wichtigste Künstler. Johann Melchior Otto soll bis zu seinem Tod 1670 je zwei Zimmer links und rechts vom Festsaal (Zimmer 1, 2, 23 und 24) – in bedeutend höherer Qualität und mit Themen aus den Metamorphosen Ovids – mit Secco-Malerei ausgestattet haben.¹³¹ Vermutlich sind ihm beziehungswiese seinem Atelier noch weitere Räume zuzuschreiben¹³² und fand mit Otto eine ganze Künstlerkolonie in Eggenberg Beschäftigung.¹³³ Ferner stammen „zwei Räume von Andreas Rämblmayr (1672/73), vier von der Grazer Malerfamilie Kaspar [Carl Franz Caspar] (ebenfalls 1672/73), deren Monogramme in den Friesen der Räume 4 und 6 zu finden sind“.¹³⁴ Ein Raum dürfte zudem vom Regensburger Maler Georg Abraham Peuchl stammen.¹³⁵ Die Arbeiten schienen bei der Hochzeit der Erzherzogin Claudia Falicitas mit Kaiser Leopold I. 1673 vorerst abgeschlossen zu sein.¹³⁶ Die Gemälde dürften in Vorbereitung auf die kaiserliche Hochzeit teilweise auch unter einem gewissen

 Vgl. Brucher, G. (1973, 12). Der endgültige Erbteilungsvertrag wurde allerdings erst 1672 abgeschlossen. Vgl. Kapitel C. 3.4.3.  Kaiser, B. (2001, 55). Mehr zum Verhältnis von Stuckatur und Malerei in der Steiermark vor 1700 bei Brucher, G. (1973, 7– 12).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 226). Kaiser, B. (2006, 90) hält fest, dass Melchior Otto sogar schon seit 1641 in eggenbergischen Diensten stand.  Vgl. Brucher, G. (1973, 13 – 17).  Kaiser, B. (2006, 92) spricht von insgesamt 16 Räumen, die zwischen 1666 und 1670 entstanden sind.  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 226) und Brucher, G. (1973, 13).  Kaiser, B. (2006, 92). Vgl. bereits Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 24): „Im sogenannten ‚Römischen Zimmer‘ (Raum 4) und Raum 6 wiederum war sicherlich eine ganze Malerfamilie K. 1673 tätig, die sich in zahlreichen winzigen Monogrammen verewigt hat. Allerdings findet sich ein Name K. nicht in den Rechnungsbüchern, sodaß man auch sie nicht genau benennen kann […].“ Vgl. speziell zu den Eckzimmern Brucher, G. (1973, 13 f.).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 110) und Kaiser, B. (2006, 92).  Vgl. Brucher, G. (1973, 12 f.) und Kaiser, B. (2001, 55).Vgl. dazu „Prächtiger Einzug zu den kays. Beylager der Allerdurchleuchtigsten großmöchtigsten Fürstin und Frauen, Frauen Claudia Felice Römische Kaiserin […] so den 15. Wein- oder Lesemonats in der Hauptstadt Graetz […] gehalten worden, Anno 1673, […] beschrieben von Michael Franckenberger, Gedruckt zu Graetz bey denen Widmanstaetterischen Erben“, Steiermärkische Landesbibliothek Sign. A 2051. Marauschek, G. B. (1968, 226) schliesst allerdings aus diesem Bericht, dass „die Innenausstattung nicht in allen Räumen fertig gewesen ist“.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Zeitdruck entstanden sein, womit sich die entsprechend schlechte Qualität erklären liesse.¹³⁷ In der dritten und letzten Phase schliesslich tritt Hans Adam Weissenkircher (1646-1695) 1678 in den Dienst des Fürstlich Eggenbergischen Hofmalers und wird mit der Dekoration des Festsaales (Planetensaal) betraut. Auf Kosten von Johann Seyfried studierte Weissenkircher zuvor zwei Jahre bei dem berühmten Johann Carl Loth in Venedig.¹³⁸ Während in den meisten Sälen (abgesehen von den Ecksälen) der Typus der Flachdecke vorherrscht, wobei das Bestreben der Stuckateure in der „maximalen Variation der Deckenbilder und der dekorativen Verteilung der Kartuschen unterschiedlicher Grössenordnung“¹³⁹ bestand, handelt es sich im Festsaal (Planetensaal) um ein Spiegelgewölbe. Zudem finden sich in diesem Saal nicht nur Decken-, sondern auch zehn Leinwandgemälde an den Wänden. Mit der Endsignatur 1684/85 wurde im Festsaal das Dekorationsprogramm abgeschlossen.¹⁴⁰

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder Gewöhnlich wird der junge Fürst Johann Seyfried als Auftraggeber der Bildzyklen angesehen. 1664, dem Jahr, in dem das erste Bild signiert wurde, wurde er zwanzig Jahre alt und als volljährig erklärt.¹⁴¹ Hin und wieder wird auch Johann Anton als Urheber erachtet. Dieser starb jedoch bereits 1649 – lange vor dem Beginn der Ausstattung und ohne, dass etwas über sein Kunstinteresse bekannt geworden

 Vgl. etwa Ruck, B. (1985, 20) u. a. Nach Ruck, B. (1985, 20) stammen die letzten Bilder von Johann Franz Caspar und Anreas Räblmayr und sind „in aller Eile 1673 vor der Ankunft der kaiserlichen Braut“ gemalt worden.  Vgl. Kaiser, B. (1994, 15).  Brucher, G. (1973, 18 f.). Vgl. zu den unterschiedlichen Deckentypen ebenfalls Brucher, G. (1973, 18 f.).  Mehr zu Hans Adam Weissenkirchner (1646 – 1695) in Ruck, B. (1985) sowie zuletzt Kaiser, B. (2006, 92 f.).  Vgl. Brucher, G. (1973, 17): „Die Art der Zusammenstellung von Bildprogramm und Stichvorlagen ist charakteristisch und läßt die Annahme zu, daß Fürst Seyfried sich gänzlich den künstlerischen Neigungen des Wiener Hofes anschloß […].“ Vgl. zudem Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1982, 88) und Kaiser, B. (1994, 15). Kaiser, B. (2006, 90) hält fest: „Erst eine Generation später lässt der junge Fürst Johann Seyfried die Ausstattung im Sinne barocker Prachtentfaltung durch eine ganze Künstlerkolonie bereichern.“

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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wäre.¹⁴² Dass Johann Seyfried der Geldgeber und damit auch Auftraggeber der künstlerischen Ausgestaltung war, soll hier nicht bezweifelt werden, doch wer hat dieses riesige und äusserst feinsinnige Bildprogramm entwickelt?¹⁴³ Wer legte die Themen und die Anordnung fest? Dass in der Regel der Auftraggeber beziehungsweise ein von ihm beauftragter Inventor das Bildprogramm vorgegeben hat und nicht die Künstler, kann vorausgesetzt werden.¹⁴⁴ So zeigen etwa Briefe von Karl Eusebius von Liechtenstein (1611– 1684), einem Zeitgenossen und Bekannten Hans Ulrichs und Schwiegervater Johann Seyfrieds von Eggenberg, dass dieser den fürstlichen Maler Giovanni Battista Gidoni 1643 genau beauftragte, was er „wie in denen abrißen, von chiaro obscuro“ zu malen hat.¹⁴⁵ Viele Gelehrte der damaligen Zeit hat in der Folge die Frage beschäftigt, ob die Kunst des Malers oder der Geist des Programminventors wichtiger sei. Diese Frage stellte sich auch der Jesuitenpater Johannes Macher im Hinblick auf den Planetensaal in Schloss Eggenberg: arsne magis apellis, an inventoris ingenium triumpharit? ¹⁴⁶ Dies zeigt nicht zuletzt, wie wichtig die Frage nicht nur nach den Künstlern, sondern nach dem Urheber des Programms oder zumindest nach dem biografischen, sozialen und historischen Kontext, in dem die Gemälde vom bedrohten David in Schloss Eggenberg entstanden sind, ist. Drei Generationen kommen in Frage: Hans Ulrich

 Vgl. Krummen, E. (2004, 197 Anm. 39): „Der Beginn der Ausmalung der Beletage fällt wohl schon in die Anfänge der Sechzigerjahre, vielleicht noch nach Plänen von Johann Anton […].“ Vgl. zudem auch Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 23): „Das Piano nobile, also das Prunkgeschoß, wurde in seiner Einrichtung und Ausgestaltung […] durch die Fürstin-Witwe Anna Maria, sicherlich Plänen ihres früh verstorbenen Gatten folgend, und zum großen Teil von ihrem Sohn, Johann Seyfried zu Ende geführt.“ So auch Ruck, B. (1985, 19).  Diese Frage stellt auch Lesky, G. (1970, 26).  Vgl. Fidler, P. (2007a, 87): „Nachdem der Auftraggeber die Bauaufgabe oder Ikonografie des Werkes festgelegt hat, bestimmt er durch die Wahl eines Künstlers indirekt auch den Stil und die Form des Werkes.“ Bereits Brucher, G. (1973, 17) hat im Hinblick auf Schloss Eggenberg festgehalten, dass die Wahl der Themen und der entsprechenden Vorlagen in erster Linie den „künstlerischen Geschmack des Auftraggebers erkennen“ lassen, „wogegen die spezifische Einstellung des Hofmalers verborgen bleiben muß“. Vgl. zudem die bei Winkelbauer, T. (1999, 429 – 431) zitierten Dokumente, die ein praktische Beispiel von Verhältnis von Auftraggeber und Künstler geben.  Vgl. Haupt, H. (1998, 159 f.); Liechtensteinisches Hausarchiv, Wien, Kart. 1601. Vgl. auch die Arbeitsvereinbarung mit dem Bildhauer Matthias Gunst, Haupt, H. (1998, 277), Liechtensteinisches Hausarchiv Vaduz, Kart. 321.  Johannes Macher, Graecium Inclyti Ducatus Styriae Metropolis topographice Descriptum, Graz 1700, darin das Buch IV, Kapitel IV – zitiert nach Ruck, B. (1985, 54). Vgl. ausführlich zum Werk Peitler, K. (2009, 45 – 55).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

von Eggenberg, Johann Anton von Eggenberg und Johann Seyfried von Eggenberg.¹⁴⁷

3.4.1. Hans Ulrich von Eggenberg (1568 – 1634) Hans Ulrich von Eggenberg (Abb. 3.39.) wurde im Juni 1568 in Graz geboren. Sein Vater Seyfried von Eggenberg zu Eggenberg und Herbersdorf (1526 – 1594) war Kaufmann, und es gelang ihm, den Grundbesitz der Familie zu vergrössern. Er liess in Herbersdorf bei Stainz ein prächtiges Renaissanceschloss errichten, von dem heute jedoch nichts mehr erhalten ist.¹⁴⁸ Seine Mutter war Benigna, geb. von Schwanberg. Obwohl protestantisch erzogen, wird Hans Ulrich später einer „der einflussreichsten katholischen Fürsten des Heiligen Römischen Reiches“.¹⁴⁹ Über seine Kindheits- und Jugendjahre ist wenig dokumentiert. Er besuchte die evangelische Stiftsschule in Graz („Egkenperger Stifft“ nahe dem Murbrückentor Paradeis)¹⁵⁰ und studierte ab 1583 an der protestantischen Eliteuniversität Tübingen, wo er in den Matrikeln als „Joannes Ulricus ab Eckenberg, ex Styria nobilis“ erscheint.¹⁵¹ Nach seinem Studium unternahm er eine ausgedehnte Kavalierstour durch die spanischen Niederlande und Italien,¹⁵² bevor er vermutlich 1591 nach Graz zurückkehrte.¹⁵³ Als 1594 sein Vater starb, kehrte Hans Ulrich 1595¹⁵⁴ definitiv nach Graz zurück, „um die Sicherung und Verwaltung seines Erbes zu übernehmen“.¹⁵⁵

 Die Familie Eggenberg gehörte im 16. Jahrhundert zu den bedeutendsten Patriziergeschlechtern der Steiermark, doch bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts starben sie aus, weshalb das Wissen um Ruhm und Macht rasch verblasste. Vgl. Ryantová, M. (2010, 53) sowie Kaiser, B. (2006, 27).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 18).  Kaiser, B. (2006, 27).  Das sog. „Egkenperger Stifft“ war ein Vorposten lutherischer Rechtsgläubigkeit und „mit dessen Kerngebiet über die Universität Tübingen engstens verbunden“ – so Kaiser, B. (2006, 112). Hier lehrte in den Jahren 1594– 1600 auch Johannes Kepler.  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 40) und Kaiser, B. (2006, 29).  Kaiser, B. (2006, 29) schreibt von einer ausgedehnten Kavalierstour durch die Niederlande, nach Spanien und Italien. Ryantová, M. (2010, 54) grenzt die Reise auf „die damaligen spanischen Niederlande“ ein und ergänzt, dass Hans Ulrich so auch „mit der spanischen und später auch der italienischen Kultur in Kontakt“ kam. Erwerbungsvermerke im Exlibris stellen die einzige Quelle dieser Reise dar.  Ein Exlibris-Vermerk (Sign. 25 A 5226) zeigt, dass er 1591 wieder in Graz war.Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 43 Anm. 14a).  Vgl. Ryantová, M. (2010, 54).  Kaiser, B. (2006, 29).

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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Nach einigen Monaten im Dienst der protestantischen Stände erkannte Hans Ulrich sehr schnell, dass sich die Machtverhältnisse verändert hatten.¹⁵⁶ Hans Ulrich konvertierte, wahrscheinlich Mitte der neunziger Jahre, „ohne daß über die Umstände des Religionswechsels Näheres bekannt wäre“.¹⁵⁷ Dies scheint ein notwendiger Schritt gewesen zu sein, um sich in den Dienst des streng katholischen Grazer Hofs zu begeben.¹⁵⁸ Vermutlich dank der Vermittlung seines Neffen, General Ruprecht von Eggenberg (1546 – 1611), der von Kaiser Rudolf II. 1590 für seine militärischen Erfolge¹⁵⁹ in den erblichen Freiherrenstand erhoben wurde,¹⁶⁰ gelang Hans Ulrich wenig später der Eintritt in den Hofdienst: 1597 wurde er Mundschenk am Grazer Hof Erzherzog Ferdinands (1578 – 1637), ein Jahr später erzherzoglicher Kammerherr. In dieser Funktion begleitete er Ferdinand auf einer Pilgerreise nach Maria Loretto bei Ancona und Rom, wo es auch zu einer Begegnung mit Papst Clemens VIII. kam.¹⁶¹ Eine zweite Reise unternahm er im Gefolge der Erzherzogin-Mutter Maria 1598 nach Ferrera, „wo Margareth[a], eine Schwester Ferdinands, mit dem spanischen König Philipp III. (1578 – 1621) vermählt wurde,

 Vgl. Kaiser, B. (2001, 21), zuletzt Kaiser, B. (2006, 33). Heydendorff, W. E. (1965, 64) vermutet, dass der Übertritt zum Katholizismus unter dem Einfluss Ruprechts von Eggenberg (1546 – 1611) geschah. Doch ist festzuhalten, dass Hans Ulrich von Eggenberg mit dieser Konversion keineswegs der einzige war: So waren beispielsweise ein Viertel aller Mitglieder des Geheimen Rates ursprünglich Nichtkatholiken, in erster Linie Lutheraner, die zum Katholizismus übertraten. Der Religionswechsel war vielfach „Voraussetzung oder jedenfalls von Vorteil für eine Karriere am Hofdienst“ – so Winkelbauer, T. (1999, 87). Vgl. zum Kontext der Adelskonversionen in den böhmischen und österreichischen Ländern Winkelbauer, T. (1999, 66 – 84) und Winkelbauer, T. (2007, 62– 69). Zu den bekanntesten Konvertiten zählen unter anderen Maximilian von Trautmannsdorf (1584– 1650), Albrecht von Wallenstein (1583 – 1634), der aus den Kreisen der Brüderunität stammt, und die drei Brüder Karl (1569 – 1621), Maximilian (1578 – 1643) und Gundaker (1580 – 1658) von Liechtenstein, die den Jahren 1599, 1600 und 1602 vom evangelischen Glauben zum Katholizismus übergetreten sind. Vgl. dazu ausführlich Winkelbauer, T. (1999, 89 – 145).  Winkelbauer, T. (1996, 96).Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 45): „Im Mai 1595 ist er [Hans Ulrich] noch Protestant, im April 1598 bereits Kämmerer Erzherzog Ferdinands und auf dem Wege nach Ma.Loretto, und damit sicher Katholik!“  Vgl. Kaiser, B. (2006, 33): „Für den Eintritt in den Hofdienst war auch Hans Ulrich schnell und unauffällig zum katholischen Glauben übergetreten, um Ferdinands kompromissloser Haltung den Protestanten gegenüber zu entsprechen.“  Sieg gegen die Türken bei Sissek (1593) und Eroberung der Festung Petrinia (1595).  Hans Ulrich und sein Vetter Ruprecht sind gleichzeitig durch Kaiser Rudolf II. in den erblichen Freiherrenstand erhoben worden. Diese Standeserhöhung galt natürlich in erster Linie dem Türkensieger und wurde vermutlich auf dessen Anregung hin auf Hans Ulrich ausgedehnt. Vgl. dazu Marauschek, G. B. (1968, 49).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 33); Amon, K. (1993, 160 f.) sowie Marauschek, G. (1974, 17 f.).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

und weiter in ihre künftige Heimat Spanien“.¹⁶² Die Festlichkeiten fanden im Frühjahr 1599 in Madrid statt. Anschliessend kehrte die Reisegesellschaft nach Graz zurück.¹⁶³ Bereits 1605 führte Hans Ulrich – dank seiner profunden Spanischkenntnisse – „eine zweite, sehr heikle Gesandtschaft nach Barcelona und Madrid“.¹⁶⁴ Zwischen Kaiser Rudolf II. und seinem Bruder Matthias war es nämlich zum Konflikt gekommen:¹⁶⁵ Bei einem Treffen der Erzherzöge Matthias, Maximilian, Ferdinand und Maximilian Ernst in Linz war beschlossen worden, Matthias die ungarische und böhmische Königswürde zu übergeben, wogegen Kaiser Rudolf II. jedoch heftig protestiert hatte. Hans Ulrich reiste also in doppelter Mission nach Spanien: einerseits wollte er am spanischen Hof die Reaktion des Königs auf die geplante Regierungsübergabe an Matthias sondieren, andererseits wollte er in der Verstimmung zwischen Kaiser Rudolf und dem spanischen Hof vermitteln und zur Geburt eines Thronfolgers gratulieren. Von dieser Reise nach Spanien kam Hans Ulrich erst 1606 zurück. Zwei Jahre später musste Rudolf II. die Erblande und Mähren an Erzherzog Matthias abtreten, und noch im gleichen Jahr wurde letzterer zum König von Ungarn gewählt. Der Kaiser, dem man Kontakte zur protestantischen Union, vor allem zu Fürst Christian II. von Anhalt vorwarf, verlor zusehends an Einfluss.¹⁶⁶ Nach einem Übergriff der kaiserlichen Soldateska auf Prag verlor er weitere Anhänger und musste sich schliesslich seiner Entmachtung fügen. Als Kaiser Rudolf II. 1612 starb, erlangte kurz darauf sein Bruder König Matthias die Kaiserwürde. Da dieser jedoch keine Nachkommen hatte, stellte sich bald danach erneut die Erbfolgefrage. Da die übrigen Erzherzoge zum Verzicht bereit waren, versuchten Erzherzog Ferdinand und sein Vetter Maximilian, die Frage in direktem Einvernehmen mit König Philipp III. von Spanien zu regeln. Es kam zu mehreren Verhandlungen in Graz und Prag. Spanien mussten zahlreiche territoriale Zugeständnisse für den Verzicht auf die Nachfolge gemacht werden.¹⁶⁷ Hans Ulrich kam bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle zu. Seiner geschickten Verhandlungstaktik war es zu verdanken, dass dem Aufstieg Ferdinands zur Kaiserwürde nichts mehr im Wege stand; gleichzeitig gelang es ihm, „die notwendigen Kredite in Italien zu erhalten“.¹⁶⁸ Nach dem Tod Matthiasʼ 1619 wurde Ferdinand schli Kaiser, B. (2001, 21). Zuletzt Kaiser, B. (2006, 33). Sämtliche Briefe der Erzherzogin-Mutter an ihren Sohn Ferdinand in Graz sind erhalten und zeugen von ihrer Hochachtung Hans Ulrichs gegenüber.  Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 69).  Kaiser, B. (2001, 22).  Sogenannter „Bruderzwist im Hause Habsburg“, dazu Stögmann, A. (2007, 295 f.) u. a.Vgl. zur Rolle Hans Ulrichs von Eggenberg Kaiser, B. (2006, 37).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 37).  Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 82).  Ryantová, M. (2010, 55).

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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esslich nach weiteren Verhandlungen und trotz Widerständen in Frankfurt a.M. einstimmig zum Römischen Kaiser gewählt.¹⁶⁹ Hans Ulrich begleitete den Hofstaat von Graz nach Wien und wurde zum engsten und loyalsten Berater des Kaisers. So reiste er 1621 als Brautwerber an den Hof von Mantua und wurde pro procuram imperatoris Ferdinands II. mit dessen zweiter Frau Eleonora Gonzaga getraut.¹⁷⁰ Von der Hochzeit mit Ferdinands erster Frau Anna Maria von Bayern, die 1616 gestorben war, ist ein Theaterstück erhalten, das Saul und David zum Gegenstand hat: „Kurtzer Außzug und Summarischer Innhalt, der Tragedi vom Koͤnig Saul / Und Comedien vom Koͤnig David / auß H. Schrifft gezogen. Gehalten zu underthenigsten Ehre vnd Demuͤtigster Gluͤckwuͤnschung / der Durchleuchtigisten Frawen / Frawen MARIA ANNA Ertzherzogin zu Oster=reich […] Als sie dem Durchleuchtigisten Fuͤrsten vnd Herrn / Herrn Ferdinando Ertzherzogen zu Oster=reich […] vermaͤlet worden. […] Anno 1600, Gedruckt zu Graͤtz / bey Geord Widmanstetter.“¹⁷¹ Hans Ulrich war zweifelsohne an den Feierlichkeiten dieser ersten Hochzeit seines Förderers anwesend. Die noch erhaltene Korrespondenz¹⁷² lässt auf eine enge persönliche Freundschaft zwischen Hans Ulrich und dem neuen Kaiser schliessen.¹⁷³ An der Seite von Kaiser Ferdinand II. sollte Hans Ulrich zu einer der Schlüsselfiguren der europäischen Politik werden.¹⁷⁴ Über die Jahre belohnte Ferdinand II. seinen loyalen Ratgeber mit den höchsten Würden und Rängen, die das Reich zu vergeben hatte: Bereits 1598 wurde Hans Ulrich von Eggenberg von Rudolf II. in den erblichen Freiherrenstand erhoben, 1602 in das Amt eines Oberhofmeisters der

 Zur Rolle Georg Erasmus von Tschernembl und zum Widerstand der Stände, siehe Kapitel C. 1.3. sowie Winkelbauer, T. (2003a, 58 – 65) und Strohmeyer, A. (2006).  Vgl. dazu Heydendorff, W. E. (1965, 90); Ryantová, M. (2010, 56).  Vgl. Graff, T. (1993, 44), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 161. Fünfzig Jahre später erschien im gleichen Verlag ein zweites Werk zu David: „Saul | Imperio Israëlitico divinitùs amotus, DAVID Subrogatus. Sive, Mars Imperio Sacro Romano expultus Pax. Substiuta Tragoedia Dvplex. Meritis Pœmia largiente. Augustissimo Cæsare Ferdinando III Pacifico Dedicata Inclytis Ducatus Stryiæ DD: Proceribvs Collegio Societatis Jesu Græcii […] Anno Jubileo M. DC. L. […] Græcis apud Franciscvm Widmanstadivm.“ Vgl. Graff, T. (1993, 109), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 441.  Acht Briefe Kaiser Ferdinands II. an Hans Ulrich aus den Jahren 1632– 1634 wurden von Krumauer Beamten kopiert und in Mareš, F. (1893) publiziert.  Davon zeugen Briefe des Kaisers Ferdinand II., in denen er ihn mit „mein getreuer, alter und vertrauter Diener“, „Vielleiber Hans Ulrich“ und „geliebter Oheim“ anspricht – Anreden, die sonst nur Mitgliedern des Erzhauses zuteilwerden. Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 95 f.) und Kaiser, B. (2006, 28.44).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 26).

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Gemahlin Ferdinands,¹⁷⁵ Maria Anna von Bayern. Im selben Jahr wurde er Landeshauptmann des Herzogtums Krain, 1603 Präsident der innerösterreichischen Hofkammer der erzherzoglichen Lande. 1620 wurde er vom spanischen Habsburger König Philipp III.¹⁷⁶ in den höchsten Orden der Casa d’Austria, den Orden vom Goldenen Vlies, aufgenommen, 1621 zum Landeshauptmann und Erblandkämmerer in der Steiermark ernannt, ein Jahr später auch zum Obrister Erblandmundschenk in Krain und auf der Windischen Mark bestimmt und 1623 schliesslich in den Stand der Reichsfürsten erhoben.¹⁷⁷ Die grösste politische Bedeutung erlangte Hans Ulrich jedoch durch seine Tätigkeit als Direktor des Geheimen Rates.¹⁷⁸ Während der Regierungszeit Ferdinands II. (1619 – 1637) lässt sich eine „Eggenberg-Partei“ ausmachen, der neben Hans Ulrich von Eggenberg Abt Anton Wolfradt von Kremsmünster, Rabaldo di Collalto und Johann Baptist Verda angehörten. Seit etwa 1633 trat dieser Partei eine ebenfalls informelle Gruppe um den König von Ungarn und Böhmen, später Ferdinand III., gegenüber. Ihr gehörten unter anderem Franz Christoph Khevenhüller, Wilhelm Slavata und Gundaker von Liechtenstein an.¹⁷⁹ Die Krönung seiner Laufbahn erreichte Hans Ulrich, als er 1625 zum Gubernator und damit zum kaiserlichen Statthalter von Innerösterreich ernannt wurde.¹⁸⁰ Die Übertragung des Grossen Palatinates im gleichen Jahr brachte ihm zusätzlich zahlreiche Vollmachten, Rechte und Privilegien, unter anderem auch das Münz- und Nobilitierungsrecht.¹⁸¹ Wenig später,

 Später war Hans Ulrich auch Oberhofmeister Kaiser Ferdinands II. und bekleidete damit das ranghöchste Amt unter den vier obersten Hofwürdenträgern am Kaiserhof. Dieses Amt gab er 1621 an Leonhard Helfried von Meggau ab. Vgl. dazu Winkelbauer, T. (1999, 189 f.).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 44). Nach Ryantová, M. (2010, 56) von Kaiser Ferdinand II.  Vgl. einen Auszug aus dem sog. Fürstendiplom bei Heydendorff,W. E. (1965, 92 f.), zitiert nach Abschriften im Allg. Verwaltungsarchiv-Adelsarchiv Wien und im dortigen Hofkammerarchiv HAEgg Nr. 84.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 43). Vgl. ausführlich dazu auch Heydendorff, W. E. (1965, 94).  Vgl. Winkelbauer, T. (1999, 181). Vgl. ausführlich zum Verhältnis zwischen Gundaker von Liechtenstein und Hans Ulrich von Eggenberg, Winkelbauer, T. (1999, 182– 184).Vgl. ebenfalls den Brief von Gundaker von Liechtenstein an Hans Ulrich von Eggenberg, abgedruckt bei von Zwiedineck-Südenhorst, H. (1880, 154– 157), Herberstein-Eggenberg-Archiv, L. 5,60.  Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 95) und Kaiser, B. (2001, 20). Ungefähr zur gleichen Zeit ernannte Kaiser Ferdinand II. Karl Liechtenstein „zum Statthalter und Vizekönig von Böhmen mit fast unbegrenzten Vollmachten“ – so Winkelbauer, T. (1999, 62).  Vgl. dazu Heydendorff,W. E. (1965, 99); Marauschek, G. B. (1968, 65) und Ryantová, M. (2010, 56).

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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1628, wurde er schliesslich Herzog von Krumau und erhielt damit auch den erblichen Herzogtitel.¹⁸² Am 5. April 1598 heiratete Hans Ulrich von Eggenberg Sidonia Maria von Thannhausen (gest. 1614), eine Tochter des Erblandjägermeisters Conrad von Thannhausen.¹⁸³ Aus der Ehe stammen fünf Töchter¹⁸⁴ und ein Sohn, Johann Anton I. von Eggenberg. Obwohl Sidonia Maria 1614 sehr früh starb,¹⁸⁵ heiratete Hans Ulrich kein zweites Mal. Diese kometenhafte Laufbahn war auch von Schwierigkeiten überschattet: Aufgrund der Verletzung der 1609 zugestandenen Religionsfreiheit kam es unter der Führung von Matthias Graf von Thurn-Valsassina 1618 zum Aufstand in Böhmen, der im Prager Fenstersturz kulminierte. Kurze Zeit später, 1619, bedrohte Matthias Graf von Thurn-Valsassina auch Wien. Lediglich ein Sieg des Grafen von Buquoy ermöglichte die ungehinderte Reise Ferdinands nach Frankfurt, wo er zum Kaiser des Heiligen römischen Reiches gekrönt wurde.¹⁸⁶ Noch während der Wahlvorbereitungen einigten sich die böhmischen Stände in Prag, sich endgültig vom Hause Habsburg zu lösen. Sie erklärten Ferdinand II. für abgesetzt und boten Friedrich V. von der Pfalz, Oberhaupt der protestantischen Union, der mit dem englischen König James I. verschwägert war, die Wenzelskrone an.¹⁸⁷ Der letzte mächtige katholische Verbündete, Herzog Maximilian von Bayern, unterstützte zwar treu den Kaiser, forderte dafür aber nicht nur vollen Kostenersatz, sondern auch Teile der österreichischen Erblande und die Kurwürde, falls Friedrich V. von der Pfalz wegen Hochverrates geächtet werden sollte.¹⁸⁸ Am 8. November 1620 wurde das Heer der Aufständischen in der Schlacht am Weissen Berg geschlagen und Böhmen wider Erwarten zurückerobert. Friedrich V. von der Pfalz, dem sogenannten „Winterkönig“, gelang mit Mühe die Flucht. In der Folge kam es zu

 Kaiser Ferdinand II. schenkte Hans Ulrich die Herrschaft Böhmisch Krumau bereits 1622, bestätigte aber 1628 sein Geschenk und erhob die Herrschaft zugleich zu einem Fürstentum mit Herzogstitel. Vgl. Ryantová, M. (2010, 56).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 21).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 53.99). Nach Kaiser, B. (2006, 34) sind es vier Töchter.  Vgl. zu dem umstrittenen Todesdatum Heydendorff, W. E. (1965, 76 – 79).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 58). Vgl. Kaiser, B. (2009, 29): „Der Zeitpunkt seines Regierungsantritts hätte dramatischer nicht sein können.“  Vgl. dazu Kaiser, B. (2006, 38): „Während der tumultuösen Stunden der berühmten ‚Sturmpetition‘, die Ferdinands Herrschaft beinah ein Ende gesetzt hätte, bevor sie überhaupt begonnen hat, stand Eggenberg als einer der wenigen Getreuen fest an der Seite des Königs.“  Vgl. Kaiser, B. (2006, 39).

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Hinrichtungen und der Konfiszierung des Vermögens des böhmischen Kleinadels, der sich zur Auswanderung gezwungen sah oder zur Armut verurteilt war.¹⁸⁹ Mit diesem Sieg erhielt der Kaiser gebührende Satisfaktion, aber er brauchte ein Heer, sollten die kriegerischen Auseinandersetzungen weiter eskalieren. Das Angebot, ein starkes kaiserliches Heer aufzustellen, bestand von Seiten Albrechts von Wallenstein, eigentlich Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, schon länger.¹⁹⁰ Hans Ulrich und Albrecht von Wallenstein, der ein entfernter Verwandter von ihm war,¹⁹¹ kannten sich bereits seit dem „Gradiscaner Krieg“. Hans Ulrichs Einfluss wurde der Aufstieg Albrechts von Wallensteins in die Führung der kaiserlichen Armee zugeschrieben.¹⁹² Hans Ulrich unterstützte 1625 den Vorschlag Wallensteins, auf eigene Rechnung eine Streitmacht aufzustellen, da er an der Stärkung der kaiserlichen Zentralgewalt interessiert war. Später musste er sich jedoch nicht nur mit Gegnern Wallensteins – dem jesuitischen Beichtvater Ferdinands, P. Wilhelm Lamormaini, und Adam Contzen – auseinandersetzen, „sondern wurde auch mit Anklagen und Protesten aus allen Bevölkerungsschichten konfrontiert, die unter den Maßnahmen der Wallensteinschen Kriegsknechte und Offiziere zu leiden hatten“.¹⁹³ Ein stehendes Heer war eine äusserst kostspielige Angelegenheit und garantierte nicht zwangsläufig kriegerischen Erfolg. Nach dem Lübecker Frieden 1629 wurde die kaiserliche Armee teilweise demobilisiert.¹⁹⁴ Am Kurfürstentag zu Regensburg 1630 setzte der Kaiser Wallenstein auf äusseren Druck der Kurfürsten trotz des Widerstandes der Spanier und Hans Ulrichs ab.¹⁹⁵ Hans Ulrich von Eggenberg ging daraufhin für ungefähr ein Jahr nach Graz und kehrte erst an den Wiener Hof zurück, als er durch ein kaiserliches Handschreiben darum gebeten worden war.¹⁹⁶ In einem Kompromiss wurde Graf Tilly als kaiserlicher Generalissimus eingesetzt. Ausgerechnet in dieser Zeit formierte sich jedoch eine anti-habsburgische Allianz, die aus einem Bündnis

 Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 59). Zudem Winkelbauer, T. (2003a, 65 – 68 u. a.) und Stögmann, A. (2007, 297– 302).  Vgl. ausführlich dazu Kostlán, A. (2007, 50 f.).  Nach Heydendorff, W. E. (1965, 112) war Wallenstein der Schwager von Hans Ulrichs Schwiegersohn.  Vgl. Ryantová, M. (2010, 55).  Kaiser, B. (2001, 28).  Vgl. Kostlán, A. (2007, 47).  Vgl. ausführlich dazu Heydendorff, W. E. (1965, 106 – 108.114 f.). Sowie Marauschek, G. B. (1968, 68). Vgl. insbesondere zur Rolle Wilhelm Lamormaini und dem Kapuziner Valerio Magni, Catalano, A. (2007, 306 f.).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 74).Vgl. Kaiser, B. (2006, 48): „Es brauchte einige Überredungen und ein persönliches Schreiben des Kaisers, um den immer noch enttäuschten und kranken Eggenberg in die Reichspolitik zurückzuholen.“

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zwischen Frankreich unter Kardinal Richelieu und König Gustav Adolf von Schweden, der seinerseits eine Allianz mit den deutschen protestantischen Fürsten eingegangen war, bestand. Nachdem auch Maximilian von Bayern ein Bündnis mit Frankreich geschlossen hatte, war der Kaiser von allen seinen Bundesgenossen mit Ausnahme von Spanien verlassen. Gustav II. Adolf von Schweden rückte im Winter 1631 rasch weiter vor und gelangte bis Frankfurt a. d. Oder. Es war klar, dass der Wiener Hof erneut eine starke Armee mit einem geschickten Befehlshaber brauchte. Die Misserfolge Tillys nahmen Wallensteins Anhänger am Wiener Hof zum Anlass, dessen Wiederberufung zu fordern.¹⁹⁷ Hans Ulrich sollte die Aufgabe zufallen, den Friedländer zu einer Rückkehr ins Kommando zu bewegen. Er konnte Wallenstein vorerst für eine befristete Übernahme des Oberbefehls über die kaiserlichen Streitkräfte gewinnen.¹⁹⁸ 1632 traf er in Göllersdorf erneut mit Wallenstein zusammen und konnte ihn zur Verlängerung des Generalates überreden.¹⁹⁹ Bei seiner Rückkehr nach Wien wurde Hans Ulrich aufgrund der Zugeständnisse, die er Wallenstein gemacht hatte, Kompetenzüberschreitung und weitgehende Entmündigung des Kaisers vorgeworfen.²⁰⁰ Ferdinand II. selbst schien sich zunächst jedoch nicht daran zu stören, und es gelang Albrecht von Wallenstein vorerst, die sächsischen Truppen aus Böhmen zu vertreiben. Doch dann wendete sich das Kriegsglück: Obwohl König Gustav Adolf in der Schlacht von Lützen 1632 starb, war es eine deutliche Niederlage für die kaiserliche Armee.²⁰¹ Nach mehreren eigenmächtigen Entscheidungen – unter anderem auch erfolglosen Waffenstillstandsverhandlungen und dem Rückzug ins Winterlager – bezichtigte man Albrecht von Wallenstein des Hochverrats und forderte seine Absetzung und Gefangennahme.²⁰² Schliesslich wurde auch Hans Ulrich von Eggenberg „misstrauisch, fürchtete nicht zuletzt um seine Macht und die persönliche Sicherheit.“²⁰³ Hans Ulrich von Eggenberg wurde neben Graf Maximilian von Trauttmansdorff und Bischof Anton Wolfradt als einer der drei Richter eingesetzt, die eine Einschätzung der Ereignisse ausarbeiten und entscheiden sollten, ob der Kaiser das Recht habe, Wallenstein ohne vorhergehendes förmliches Gerichtsverfahren töten zu lassen. Mit dem Urteil Amicus Plato, amicus

 Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 70) und Kaiser, B. (2006, 47 f.).  Ausführlich dazu Marauschek, G. B. (1968, 76).  Vgl. ausführlich zum Vertrag Kostlán, A. (2007, 57).  Vgl. ausführlich dazu Marauschek, G. B. (1968, 78 f.).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 79).  Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 124– 128) und Marauschek, G. B. (1968, 81– 88).Vgl. dazu auch die neuere und neuste Wallenstein-Forschung, insbesondere Winkelbauer, T. (1999, 233 – 226); Winkelbauer, T. (2003a, 104– 108); Kostlán, A. (2007, 56 – 61) und Catalano, A. (2007, 304– 311).  Kaiser, B. (2006, 48).

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Socrates, amicior autem religio et patria soll er den alten Freund und Kampfgefährten in einem Schreiben fallen gelassen haben.²⁰⁴ Nur ein sehr kleiner Kreis war in die Pläne der Exekution eingeweiht. Albrecht von Wallenstein versuchte noch bei Hans Ulrich zu intervenieren, doch seine Hinrichtung war bereits beschlossen und das Proskriptionspatent unterzeichnet. Wenig später, am 25. Februar 1634, wurde Wallenstein zusammen mit drei seiner Anhänger in Eger von schottischen Söldnern ermordet.²⁰⁵ Obwohl Albrecht von Wallenstein bei den Gegnern des Kaisers verhasst war, führte seine Ermordung ohne gerichtliches Verfahren doch zu grosser Kritik. Hans Ulrich von Eggenberg wurde zudem vom spanischen Hof beschuldigt, in einen Verrat Wallensteins verwickelt gewesen zu sein.²⁰⁶ Kaiser Ferdinand II. setzte sich bis zuletzt vehement für ihn ein. Vor einer Untersuchung schien sich Hans Ulrich nicht zu fürchten.Wegen seiner schweren Krankheit zog er sich jedoch zunehmend ins Privatleben zurück. Nur wenige Monate später erledigte er auf einer Reise zur Kur letzte Staatsgeschäfte.²⁰⁷ Auf der Rückreise starb Hans Ulrich am 18. Oktober 1634 in Laibach (heute Ljubljana, Slowenien). Er wurde in der Minoritenkirche Maria-Hilf in Graz bestattet.²⁰⁸ Sowohl aussen- als auch innenpolitisch musste Hans Ulrich zahlreiche Gefahren meistern. Im Innern drohte eine konfessionelle Spaltung das Land zu zerreissen, weshalb eine strikte Rekatholisierung sowie ein vorsichtiges und taktisches Vorgehen gleichermassen notwendig erschienen.²⁰⁹ Dass Hans Ulrich von Eggenberg jedoch auch ein Profiteur der Konfiskationen in Böhmen war, ist nicht auszuschliessen.²¹⁰ 1626 kam es zu einem Bauernkrieg in Oberösterreich und im Zuge davon zu weiteren Aufständen und Hinrichtungen.²¹¹ Auch unter der Pest

 Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 130); Marauschek, G. B. (1968, 85) und Kaiser, B. (2006, 48 f.).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 29); zuletzt Kaiser, B. (2006, 49).  Vgl. Ryantová, M. (2010, 57).Vgl. auch Heydendorff,W. E. (1965, 134 f.) und Marauschek, G. B. (1968, 93).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 90).  Hans Ulrich stiftete – teilweise zusammen mit Kaiser Ferdinand II. – zahlreiche Kirchen und Klöster. Zu seinen Stiftungen zählen Minoritenkloster und -kirche in Graz, die Jesuitenkollegien in Görtz und Fiume, das Kloster der Barmherzigen Brüder in Graz, das Kapuzinerkloster in Pettau, das Minoritenkloster in Windisch-Feistritz und schliesslich das Kloster der Unbeschuhten Karmeliter in Graz. Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 98 f.); Heydendorff, W. E. (1965, 153– 155); Winkelbauer, T. (1999, 97).  Vgl. zur Rolle Hans Ulrichs von Eggenberg Kaiser, B. (2006, 35). Vgl. ausführlich zur Rekatholisierung Amon, K. (1993, 161 f.) sowie Kaiser, B. (2009, 29 f.).  Zwar gibt es keine direkten Belege, doch ist anzunehmen, dass Hans Ulrich mitverantwortlich war für Blutgericht und „fiskalische Massregelung“.Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 59).Vgl. zu den Gewinnern der Konfiskationswellen nach der Schlacht am Weissen Berg 1620 Winkelbauer, T. (1999, 43.63 f.).  Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 68 – 73).

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hatte die Bevölkerung mehrmals zu leiden. Und so hinterliess Hans Ulrich von Eggenberg 1625 eine Invections-Ordnung.²¹² Als besondere Pestzeiten gelten jedoch erst die Jahre nach 1634 und 1644 und später 1679 – 1682, also erst nach Hans Ulrichs Tod.²¹³ Zudem kam es zwischen 1619 und 1623 im gesamten Reich zu einer starken Inflation. Hans Ulrich hatte grossen Einfluss auf das rasche Zustandekommen eines Pachtvertrags für das gesamte Münzwesen im Königreich Böhmen, Niederösterreich und Mähren auf ein Jahr an den in Prag ansässigen Handelsherren Hans de Witte. Daher dürfte er dem Münzkonsortium angehört und zusammen mit Jacob Bassevi von Treuenberg (1580 – 1634), Karl I. von Liechtenstein (1569 – 1627),²¹⁴ Albrecht von Wallenstein (1583 – 1634) und einigen anderen von der unterwertigen Ausbringung der Münzen profitiert haben.²¹⁵ Diese Münzskalada führte zu Hungersnöten und endete erst 1665 nach einem langwierigen Prozess. Die Pächter des 1622 von Ferdinand II. gepachteten Münzregals wurden jedoch nie zur Verantwortung gezogen.²¹⁶ Der niederländische Handelsherr Hans de Witte nahm sich 1630 im Brunnen seines Prager Hauses das Leben.²¹⁷ Im Äussern ging eine besondere Gefahr von den Türken (Langer Türkenkrieg 1593 – 1606) und Ungarn an der Ostgrenze aus, „wo Gabor Bethlen, der calvinistische Fürst von Siebenbürgen im Begriff stand, ganz Ungarn in seine Gewalt zu bringen“.²¹⁸ Ferner drohte der sogenannte Gradiscaner Krieg zwischen Innerösterreich und der Republik Venedig (ca. 1615 – 1617), der Böhmisch-Pfälzische Krieg (1618 – 1623), der Niedersächsisch-Dänische Krieg (1623 – 1629) und der Schwedische Krieg (1630 – 1635) – insgesamt also die grossen Wirren des Dreissigjährigen Krieges, der die politischen und religiösen Verhältnisse in Europa neu

 Infections-Ordnung: anno M. DC. XXV.; Nachgedruckt zu Laybach im 1691. Jahr Bey Joseph Thadaeo Mayr, Laybach; benutztes Exemplar Österreichische Nationalbibliothek, Sing. 303629-C.  Vgl. Amon, K. (1993, 180).  Vgl. ausführlich zu Karl von Liechtenstein und dem Münzkonsortium Winkelbauer, T. (1999, 55 – 62).  Vgl. dazu Marauschek, G. B. (1968, 96 f.) und Kaiser, B. (2001, 25). Ausführlich Valentinitsch, H. (1989, 262): „So war er [Hans Ulrich] mit größter Wahrscheinlichkeit im innerösterreichischen Quecksilberhandel als stiller Teilhaber engagiert. Ob er auch während der Kipper- und Wipperzeit an dem berüchtigten Münzkonsortium des Hans de Witte beteiligt war, läßt sich nicht nachweisen. Sicher ist aber, daß Eggenberg von der Münzverschlechterung und dem darauf folgenden Staatsbankrott 1623 profitierte.“  Albrecht von Wallenstein war der einzige, der „dem kaiserlichen Fiskus 200.000 Gulden in guter Münze als Entschädigung für seine Inflationszahlungen“ entrichtete – so Kostlán, A. (2007, 47). 1668 sollte auch Johann Seyfried von Eggenberg von der innerösterreichischen Hofkammer zur Rechenschaft gezogen worden sein, doch scheiterte der Antrag vermutlich am Einspruch des Kaisers. Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 96 und 188).  Vgl. Kostlán, A. (2007, 56).  Kaiser, B. (2006, 38). Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 142– 147).

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prägen sollte.²¹⁹ Innere und äussere Instabilität des Kaiserreiches, wiederholte Währungsturbulenzen, Inflation, Unsicherheiten in der Thronnachfolge, soziale Unruhen, Kriege und Intrigen am Kaiserhof, der Mord am Generalissimus und der Suizid des bedeutenden Bankiers – dies alles prägte und beeinflusste Hans Ulrich von Eggenberg. Neben den oben genannten Schwierigkeiten dürften Vorwürfe der Bestechung,²²⁰ Intrigen und Denunziation²²¹ Hans Ulrich von Eggenberg zugesetzt haben.²²² Schliesslich hat ihn aber auch die Erfahrung der Krankheit geprägt. 1619 erschien eine, wenn vermutlich auch nicht von ihm verfasste, so doch ihm zugeschriebene Schrift:²²³ „Soliloqvivm. Oder: Ainsames Gespraͤch. Desz Wohlge=borenen Herrn / Herrn / Hanns Vlrichen Freyherrn zu Eggenberg vnd Ehrenhausen / Herrn auf Adelsperg, Assperg vnd Straß, Ihrer Koͤn: May: Zu Hungern vnd Behaimb / Ferdinandi II. Gehaimer Rat / Cammerer / Obristen Hofmaister / Landshauptmann in Crain etc.Von den letzten Dingen deß Menschen. Gedruckt zu Graͤtz, bei Georg Widmanstetter, MDCXIX“.²²⁴

 Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 376 – 394).  Vgl. Heydendorff, W. E. (1965, 104 f.141). Der Kapuzinerpater Alexander von Ales behauptete, Hans Ulrich wäre mit 200.000 Dukaten von Albrecht von Wallenstein bestochen worden. Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 71). Dass sich Hans Ulrich für die Unterstützung bei der Erlangung des kaiserlichen Pardons von Graf Otto zur Lippe-Barke Bücher schenken liess, scheint allerdings nicht anstössig gewesen zu sein. Vgl. Conermann, K. (Hrsg.) (1998, 428 – 430.453 – 455), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 290528 und 290708.  Vgl. Schreiben der Geheimen Räte der innerösterreichischen Regierung, das Hans Ulrich von Eggenberg beschuldigt, an der „Friedländischen conspiration theilhaftig gewesen“ zu sein, sowie Gutachten des Landeshauptmanns von Steiermark über die Resolution betreffend die Diffamierung des Fürsten von Eggenberg bei von Zwiedineck-Südenhorst, H. (1880, 217 f.) mit Verweis auf K. K. Statth.-Archiv in Graz, Copeien und Steiermärkisches Landesarchiv.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 97): „Der scheinbar unaufhaltsame mühelose Aufstieg ist gebremst, er sieht sich mit einer immer größeren Gegnerschaft konfrontiert. Mit zunehmender Distanz schwindet auch sein Einfluss auf den Kaiser. […] Schmähliche Gerüchte werden in Umlauf gesetzt, er muss sich gegen ein Netz von Intrigen zur Wehr setzen, die den eben erworbenen Rang, die Legitimität von Besitz und Person in Frage stellen.“  Vermutlich stammt die Schrift von P.Wilhelm Lamormaini (1570 – 1648). Seit 1598 war dieser mit Unterbrechungen bis 1621 in Graz tätig, zuerst als Professor der Philosophie, später der Theologie und ab 1613 als Rektor der Universität. Vermutlich war er zur Zeit der Herausgabe des Buches Beichtvater von Hans Ulrich. Vgl. Bireley, R. (1981, 8). Vgl. auch Bireley, R. (1981, 18): „Lamormaini was Eggenberg’s confessor, and he remained his confessor for long after serious differences between them began to come to light following Lamormaini’s appointment as imperial confessor in 1624.“  Bibliographia Widmanstadiana Nr. 326. Steiermärkische Landesbibliothek Sign. I B 5878. Ich bedanke mich bei der Steiermärkischen Landesbibliothek für die Bereitstellung einer digitalen Version.Vgl. Graff, T. (1993, 431): Bibliographia Widmanstadiana Nr. 1722.Vgl. zudem Heydendorff,

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Hans Ulrichs Motto HOMINES SUMUS („Menschen sind wir“, zu ergänzen: „keine Götter“), das auf das Zitat „homines sumus non dei“ aus dem Satyrica 77,5 von Titus Petronius (vor 66 n.Chr.) zurückgeht,²²⁵ mahnt vor der Hybris. Das Emblem auf der Rückseite einer Münze von Pietro de Pomis (Abb. 3.40.)²²⁶ mit dieser Devise macht die Haltung des Kranken in den letzten Lebensjahren deutlich: Eine Lilie mit dem Lemma ITA bezieht sich auf Jak 1,11 („ita et dives in itineribus suis marcescet“).²²⁷ Wie die Blume, die abgefallen ist und die Zierde ihres Ansehens verloren hat, „so wird auch der Reiche in seinen Wegen dahinschwinden“. Im ersten Stock des Schlosses Eggenberg, an der Mittelachse, über der Einfahrt, befand sich ursprünglich ein grosser Audienzsaal. Über dessen Portal präsentiert ein geflügelter Genius mit Totenschädel (Cranium) eine Kartusche mit demselben Motto des Bauherrn: HOMINES SUMUS (Abb. 3.41).²²⁸ Bereits lange vorher, nämlich 1595, begann Hans Ulrich, dieses Motto in die neu erworbenen Bücher einzutragen.²²⁹ Es scheint ihn sein ganzes Leben lang begleitet zu haben. Hans Ulrich war zweifellos „ein aussergewöhnlicher Mann, der die Möglichkeiten der dramatischen Umbruchszeit am Beginn des 17. Jahrhunderts zu nutzen verstand, um aus eigener Kraft vom provinziellen Patriziersohn zu einem der mächtigsten Staatsmänner seiner Epoche aufzusteigen“.²³⁰ Heinrich Schütz W. E. (1965, 87 inkl. Anm. 49), der die Autorschaft Wilhelm Lamormaini zuschreibt. Von diesem stammt auch folgendes Werk über Ferdinand II.: P. William Lamormain: Ferdinandi II. Romanorvm Imperatoris Virtvtes A P. R. Gvilielmo Germæo de Lamormaini, Belga-Lucemburgico Arduennate, Societas Jesv, Antwerpen 1638. Vgl. zudem Graff, T. (1993, 80); Bireley, R. (1981, 15); Kraus, A. (1991, 5) und Marauschek, G. B. (1968, 58 f.). In dem Hans Ulrich von Eggenberg zugeschriebenen Soliloqvivm wird nicht nur an Hand von Dan 5 die Ohnmacht des Herrschers und die Macht Gottes beschrieben, sondern auch immer wieder auf die Psalmen Davids verwiesen (vgl. etwa p. 10 f.; 22 f.; 58; 72 f.; 97; 103; 136; 155 u. a.).  Vgl. zudem das Zitat von Terenz (2. Jh. v.Chr.) aus seinem Heautonimorumenos V. 77: Homo sum, humani nihil a me alienum puto! (Ich bin ein Mensch und nichts ist mir fremd, was Menschen betrifft), der von Cicero (z. B. De legibus 1,33), Seneca (Epistulae ad Lucilium Z. 62– 64) u. a. aufgegriffen wurde. Dieser Ausspruch darf jedoch nicht als Äusserung humaner Anteilnahme aufgefasst werden, wie aus ihrem Kontext hervor geht – so Lefèvre, E. (1986, 39 f.). Zur Rezeption des Terenz-Zitates im 17. Jahrhundert Lefèvre, E. (1986, 43 f.) und Lefèvre, E. (1994).  Vgl. zu Pietro de Pomis als Medailleur, Probszt-Ohstorff, G. (1974, 175 – 190).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 51). Bei Fučíková, E. / Čepička, L. (2007, 545) gedeutet als „so ist es. Wir sind alle Menschen“. Die Lilie sei ein Beispiel „der Ergebenheit in Gottes Willen“ und eine Anspielung auf Mt 6,28 f.  Vgl. zuletzt Kaiser, B. (2006, 118). Vgl. auch Lesky, G. (1970, 266).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 256). Vgl. zudem Kašparova, J. (2007, 154): „Los libros […], los compró en su viajes pro toda Europa, hizo enviarlos de extranjero (de la feria de Francfort, p.ej.), y en ellos puso la fecha y el lugar de su adquisición, su firma, su divisa personal ‘Homines sumus’, eventualmente otras notas de carácter casi íntimo.“  Kaiser, B. (2006, Einleitung).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

widmete Hans Ulrich 1625 seine Cantiones Sacrae quatuor vocum cum basso ad organum Op. 4 und der Wiener Hoforganist Giovanni Valentini, vermutlich anlässlich seiner Reise nach Mantua 1621, Misse quatuor partim octonis partim duodenis vocibus una cum basso generali ad placitum (Venedig 1621).²³¹ Sein Leben war aber immer wieder überschattet und bedroht.

3.4.2. Johann Anton I. (1610 – 1649) Nach Hans Ulrichs Tod ging sein Erbe an seinen einzigen Sohn Johann Anton I., Reichsfürst zu Eggenberg (1610 – 1649). Dieser wurde im hocharistokratischen Milieu erzogen; er studierte an der Grazer Jesuitenuniversität Rhetorik. Das Baccalaureat schloss er mit einer viel gerühmten Thesendisputation ab.²³² Danach brach er 1627 in Begleitung des Jesuiten P. Philipp Allegambe zur Kavalierstour auf, die ihn fünf Jahre lang durch ganz Europa führte.²³³ Im Sommer 1632 weilte er wieder in Graz. Sein Vater übertrug ihm das Herzogtum Krumau samt allen böhmischen Besitzungen. Ab 1633 hielt sich Johann Anton I. für längere Zeit in Rom auf, von wo er vermutlich erst nach dem Tod seines Vaters zurückkehrte.²³⁴ Schon bald danach wird Johann Anton die Arbeiten am Weiterbau des Schlosses Eggenberg übernommen haben.²³⁵ Nach dem Tod seines Vaters ernannte ihn Kaiser Ferdinand II. zum Landeshauptmann von Krain, zum Innerösterreichischen Geheimen Rat und kaiserlichen Kämmerer. Zwei Jahre später war es Johann Anton, der 1637 an der Spitze des steirischen Adels den Leichnam des Kaisers zur Beisetzung im Grazer Mausoleum

 Vgl. Heinemann, M. (1994, 52): „Es mag ein Ausweis politisch-liberaler Gesinnung, die am sächsischen Hof seinerzeit herrschte, aber auch eine Kritik am Kunstverstand Johann Georgs I. sein, wenn Schütz seine Motettensammlung zweifellos überkonfessionellen Charakters dem zum Katholizismus konvertierten Fürsten Hans Ulrich von Eggenberg widmete, den er beim Besuch Kaiser Ferdinands in Dresden wenige Jahre zuvor als gegenüber ‚neuer‘ Musik aufgeschlossen kennengelernt hatte.“ Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 249) und Kaiser, B. (2001, 181 f.).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 104– 106). Vgl. Plausus Jllustrissimo ac Excellentissimo Sacri Romani Imperii Principi Domino Domino JOANNI ANTONIO, Principi Crumlvii et Eggenberg […] Cum in Alma Universitate Graecensi propositas è triplici Philosophia Assertiones publicè popugnaret, A Lectissima Nobilitate, quæ in eadem Academia Politoriubus exolitur literis, Datus Anno Nato Salutis M. DC. XXVII, Graz 1627. Titelblatt in Graff, T. (1993, 85), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 347.  Vgl. Kaiser, B. (2006, 53).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 107).  Marauschek, G. B. (1968, 144) vermerkt dazu lediglich: „[…] ebenso führte er den Neubau des Schlosses Eggenberg weiter.“

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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einholte.²³⁶ Und bereits kurz danach erhielt er von Ferdinand III. (1608 – 1657) seinen wichtigsten politischen und diplomatischen Auftrag, nämlich die Thronbesteigung und Krönung bei Papst Urban VII. offiziell zu notifizieren, die diplomatischen Beziehungen zwischen der Kurie und dem Kaiserhof wieder aufzunehmen und dabei auch politisch bedeutende Themen anzusprechen.²³⁷ Am 21. März 1638 brach Johann Anton nach kostspieligen und sorgfältigen Vorbereitungen in Wien auf und kam am 9. Mai in Begleitung von knapp 200 Personen nach Rom. Auf der Piazza del Popolo wurde er „durch den Protector Germaniae, den Kardinal von Sabaudia, und die Kardinäle Borghese und Aldobrandini, sowie durch den ord. Botschafter, den Herzog von Bozzolo und den spanischen Botschafter Don Juan Cuimazero, Marchese di Chastell empfangen“.²³⁸ Die erste Audienz bei Papst Urban VII. endete in einem Zeremonialstreit,²³⁹ doch nach „fast fünf Monaten mühsamer diplomatischer Arbeit hat sich die Lage soweit entspannt, dass Johann Anton die Gesandtschaft wieder aufnehmen konnte“.²⁴⁰ Am 16. November erfolgte der öffentliche Eintritt in Rom, eine „Cavalcata Solenne“, unter Teilnahme der hohen Diplomatie. Johann Anton begleitete ein prächtiges Gefolge, das unter anderem sechzig Maultiere mit fünf Serien von insgesamt 60 reichbestickten Seidendecken mit aufgenähtem Eggenberger Wappen umfasste sowie eine goldene, von Guiseppe Fiocchini geschnitzte Kutsche, die Geschenke für den Papst enthielt.²⁴¹ Diesmal verlief der offizielle Empfang des kaiserlichen Botschafters zu jedermanns Zufriedenheit. Der Papst bewilligte die „preces primariae“, und weitere Verhandlungen am Heiligen Kolleg konnten zu einem guten Abschluss gebracht werden.²⁴² Kurz nach seiner Rückkehr nach Graz 1639 heiratete Johann Anton I. Anna Maria Reichsfürstin zu Eggenberg, geb. von Brandenburg-Bayreuth (1609 – 1680). Da sie protestantisch war, musste Johann Anton I. seinem zukünftigen Schwiegervater zusichern, dass er ihren Glauben tolerieren und die Unterhaltung eines

 Vgl. Kaiser, B. (2006, 53).  Vgl. ausführlich zur Aufgabe Johann Antons bei Marauschek, G. B. (1968, 115 – 120).  Marauschek, G. B. (1968, 122).  Ausführlich dazu inkl. Quellenangaben Marauschek, G. B. (1968, 123).  Kaiser, B. (2006, 53).  Vgl. Angaben zu italienischen Handschriften und zeitgenössischen Quellen bei Marauschek, G. B. (1968, 112).Vgl. zudem die Schrift „Descrizzione Della solennissima Entrata fatta in Roma dal Eccll.de Sig. DVCA DI CROMAV Principe d’Ecchembergh Ambasciatore Straordinario per la M. Cesarea di Ferdinando III. Imper. e Rè de’Romani Alla Santità di N. S. VERBANO OTTAVO. DEDICATA Al Magnifico Sig. Mio Oßeruanisss. IL SIG. PIETRO CECCONCELL. In Roma, & Fiorenza per Pietro Nesti all’Insegna del Sole, 1638“; benutztes Exemplar Österreichische Nationalbibliothek, Sign. 168092-B.  Kaiser, B. (2006, 56).

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Predigers am Fürstenhof erlauben werde. Dieses Versprechen brach er jedoch bereits kurz nach der Hochzeit, als er das gesamte evangelische Personal entliess.²⁴³ Wie sein Vater wurde auch er 1643 durch König Philipp IV. in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen. Obwohl die Eggenberger seit 1623 Reichsfürsten waren, durften sie am Reichstag nicht in der den Reichsständen vorbehaltenen Bank Platz nehmen, da die Voraussetzung dafür der Besitz eines souveränen Reichsterritoriums war. Johann Anton unternahm grosse Anstrengungen, ein solches Territorium zu erwerben. Nachdem seine ersten Bemühungen von den deutschen protestantischen Fürsten durchkreuzt wurden, half Kaiser Ferdinand III. schliesslich 1647 nach:Von der selbstständigen Grafschaft Görz, heute auf italienischem Gebiet, konnte das Territorium von Gradisca mit Aquileia abgeteilt und von Johann Anton gekauft werden.²⁴⁴ „Damit waren die Eggenberg endlich auch im Reich und nicht nur in den Erblanden begütert […].“²⁴⁵ Noch bevor jedoch alle Formalitäten erledigt waren, starb Johann Anton unerwartet am 28. März 1649 in Laibach. Er hinterliess drei kleine Kinder: eine Tochter, Maria Elisabeth (1640 – 1715), und zwei Söhne, Johann Christian I. (1641– 1710) und Johann Seyfried (1644– 1713). Bis zu deren Volljährigkeit wurde die Verwaltung der Eggenberger Herrschaften von ihrer Mutter, Anna Maria Reichsfürstin zu Eggenberg (1609 – 1680), und den Vormündern Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth und Wolf von Stubenberg geführt. Missernten und schlechte Verwaltung der Güter führten innerhalb von acht Jahren zu grossen Einbussen.²⁴⁶

3.4.3. Johann Christian I. von Eggenberg (1641 – 1710) und Johann Seyfried von Eggenberg (1644 – 1713) Die beiden Söhne Johann Christian und Johann Seyfried besuchten das Jesuitengymnasium und später die Grazer Universität.²⁴⁷ 1660 – 1663 unternahmen sie eine Kavalierstour durch Europa, die sie zuerst nach Deutschland und in die habsburgischen Niederlande führte, „wo sich die beiden halb inkognito als ‚Grafen von Adelsperg‘ für ein Jahr an der renommierten katholischen Universität

 Vgl. ausführlich dazu Marauschek, G. B. (1968, 134 f.).  Vgl. ausführlich dazu Heydendorff, W. E. (1965, 164– 174).  Kaiser, B. (2006, 57).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 147 f.).  Vgl. die entsprechenden Quellenangaben in Graff, T. (1993, 194), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 777.

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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von Löwen immatrikulieren“.²⁴⁸ Anschliessend reisten sie weiter über Brüssel, Den Haag, Amsterdam, Utrecht, Gent und Brügge nach Paris, Orléans, die Schlösser an der Loire, Nancy, Reims, Strasbourg und verschiedene Schweizer Städte schliesslich nach Mailand, Siena, Salerno und Rom.²⁴⁹ Die besorgten Briefe der Mutter²⁵⁰ und die Tatsache, dass der mit den Zöglingen überforderte Hofmeister Arnold Goddin²⁵¹ um seine Entlassung bat, lassen darauf schliessen, dass die beiden lieber ihren Vergnügungen und Leidenschaften nachgingen und sich wenig um das Studium kümmerten. Dennoch wurde die Reise durch Italien zum Erfolg, insofern sie wohlwollende Aufnahme an den Höfen der Farnese, Este und Medici und sogar eine Audienz beim spanischen Vizekönig in Neapel, Marchese Pignoranda, sowie bei Papst Alexander VII. erhielten. Die beiden lernten auf ihrer Reise wichtige Paläste der Zeit kennen und brachten auch einige Bücher mit zurück nach Graz.²⁵² Da Johann Anton kein rechtsgültiges Testament hinterlassen hatte, kam es zwischen den beiden Söhnen wegen der Verteilung des Erbes bald zu Differenzen. Nachdem sie auf Wunsch der Mutter 1664 als volljährig erklärt wurden, wurde vermutlich unter ihrem Einfluss²⁵³ und auf Vermittlung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1665 eine gleichwertige Teilung des Erbes vereinbart. Nach längeren Verhandlungen wurde beschlossen, dass ein Teil aus allen Herrschaften in Böhmen sowie den zum Amt des österreichischen Oberstmarschalls gehörenden österreichischen Herrschaften Ehrenhausen, Senftenberg und Oberwallsee an Johann Christian gehen soll, während Johann Seyfried die Herrschaften und Grafschaften in der Steiermark und Krain zugesprochen wurden. Um die Reichsgrafschaft Gradisca und Aquileia und dem damit verbundenen Sitz im Reichsfürstenrat brach 1667 jedoch ein heftiger Erbschaftsstreit aus,²⁵⁴ der fünf

 Kaiser, B. (2006, 64).  Vgl. die 990 Seiten umfassende anonyme zeitgenössische Reisebeschreibung Státní oblastní archiv Třeboň [Staatliches Regionalarchiv Wittingau], Sbírka rukopisů [Handschriftensammlung] Nr. 39 „Reis Ordnung 1661/63“. Zitiert bei Marauschek, G. B. (1968, 154 f.).  Vgl. Familienarchiv der Eggenbergs Sign. III 1G beta 2/3, Reisen der Fürstlichen Prinzen von Eggenberg; 1658 bis 1662; 1663 bis 1669. Diesen Briefen ist auch zu entnehmen, dass Johann Christian seine Mutter bat, nach England fahren zu dürfen und dort der Krönung James II. nach dem fast zehnjährigen Protektorat Oliver Cromwells beizuwohnen. Dies verbot sie ihm jedoch.  Statt eines geistlichen hat ihnen ihre Mutter einen weltlichen Erzieher und Begleiter an die Seite gestellt. Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 153).  Radimská, J. (2002, 122 – 124). Vgl. ebenfalls Marauschek, G. B. (1968, 155 f.).  Vgl. zur Rolle der Fürstin-Witwe Anna Maria eingehend Marauschek, G. B. (1968, 159 f.162. 168 f.).  In der Folge des Erbschaftsstreites zwischen Johann Christian und Johann Seyfried kam es zu einer Teilung der Bibliothek. Eine Hälfte der Bücher wurde 1672 von Graz nach Krumau gebracht.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Jahre dauern sollte und bei dem es zu einer Totalrevision der vereinbarten Erbteilung kam, da zwischenzeitlich ein Testamententwurf gefunden wurde, in dem die Errichtung eines Familienfideikommisses mit dem Primogeniturrecht geplant war.²⁵⁵ Die beiden Brüder einigten sich erst 1672 darauf, dass Johann Christian Gradisca im Namen beider verwalten sollte, dass aber beide als gefürstete Grafen von Gradisca erschienen.²⁵⁶ Johann Christian I. von Eggenberg übernahm in der Folge die böhmischen Besitzungen. Bereits 1622 hatte Hans Ulrich Böhmisch Krumau (Český Krumlov) erhalten, doch wurde es – zwischenzeitlich 1648 von schwedischen Truppen besetzt – erst Jahre später zum Sitz der Herrscherfamilie, als 1665 Johann Christian in Krumau einzog.²⁵⁷ Ihm gehörten zudem ein Renaissancepalais in Prag, ein Stadthaus in Wien sowie mehrere Jagdschlösser,²⁵⁸ in denen er sich regelmässig aufhielt. Anfang der siebziger Jahre begann Johann Christian mit ausgedehnten Baumassnahmen am Schloss Krumau. Das Ergebnis der Barockisierung blieb jedoch insgesamt eher bescheiden und nüchtern.²⁵⁹ Erst in den achtziger Jahren entstand „eine neue Gemäldegalerie, die Zimmer nahmen eine barocke Gestalt an und wurden mit neuen Tapeten, Bildern, Wandtapisserien und Mobiliar ausgestattet“.²⁶⁰ Für die neu angelegte Bildergalerie malte der Hofmaler Heinrich de Verle 1686 Ansichten der wichtigsten Städte des Herzogtums.²⁶¹ Zwischen 1681 und 1686 wurde nach Plänen der italienischen Baumeister Jakub Anton de Maggi und Peter Spinetas an der Westseite hinter dem Schloss ein Theater errichtet. Dieses wurde durch einen hölzernen Gang über der sogenannten Mantelbrücke mit dem Hirschsaal (heute Maskensaal) verbunden.²⁶² Bereits seit 1676 sind Belege über regelmässige Zahlungen an die Mitglieder einer Theatergruppe erhalten.

Lediglich die Hälfte des Bestandes des eggenbergischen Bücherfonds ist folglich in Český Krumlov erhalten, und ab 1672 auch nur die Neuanschaffungen der böhmischen Linie der Fürsten zu Eggenberg.Vgl. Kašparová, J. (2010, 118). Und Kašparová, J. (2010, 123) führt aus: „Die meisten Drucke der Bibliothek stammen aus der ersten Hälfte des 17., einige wenige aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. […] Die Gruppe der überlieferten Drucke besteht aus sieben Drucken aus der Zeit vor 1550, 55 Drucken aus den Jahren 1551– 1600 und 62 Drucken aus den Jahren 1601– 1632.“ Wo die steirische eggenbergische Büchersammlung verblieben ist, ist bis anhin unklar. Vgl. Kašparová, J. (2010, 120).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 165 f.).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 169).  Vgl. Bok, V. (2010, 156).  Vgl. die genauen Angaben über seine Residenzen bei Marauschek, G. B. (1968, 180 f.).  Müller, J. (1996, 31 f.).  Ryantová, M. (2010, 62).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 178).  Vgl. Müller, J. (1996, 32).

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Allerdings verlor schon in den neunziger Jahren des 17. Jahrhunderts das Theaterleben am Eggenberger Hof in Krumau an Intensität.²⁶³ Ausser der Theatergruppe und einer Hofkappelle beschäftigte Johann Christian auch einige Hofmaler, wenn auch keiner von ihnen zu den bedeutenden Künstlern seiner Zeit gehörte.²⁶⁴ Angeregt wurde das kulturelle Leben am Hof auch durch die polyglotte und gebildete Maria Ernestina von Schwarzenberg (1649 – 1719), die Johann Christian 1666 in Wien geheiratet hatte und die auch als „zweite Pallas der Gelehrten Republik“ bezeichnet wurde.²⁶⁵ Johann Christian gelang es, seinen Herrschaftsbereich durch Ankäufe von weiteren Gütern auszuweiten. Und obwohl er kein öffentliches Amt innehatte, erlangte er 1692 doch die Würde eines kaiserlichen Geheimen Rates und wurde zwei Jahre später wie sein Vater und Grossvater in den Orden des Goldenen Vlieses aufgenommen.²⁶⁶ Im Alter von 69 Jahren starb er 1710 kinderlos in seinem Prager Stadtpalais. In einem Testament hatte er seine Gemahlin Maria Ernestina zur Universalerbin gemacht. Johann Seyfried von Eggenberg begann früher als sein älterer Bruder, unmittelbar nach der Erbteilung, mit der Ausgestaltung²⁶⁷ seiner Residenz. Bereits wenig später stand das Schloss Eggenberg 1673 für kurze Zeit im Zentrum der europäischen Aufmerksamkeit: Im Oktober fand die Hochzeit des Kaisers Leopold I. (1640 – 1705) mit Claudia Felicitas von Tirol in der Grazer Hofkirche statt. Die kaiserliche Braut und ihre Mutter Anna de’Medici verbrachten als Gäste des Fürsten Eggenberg die Tage vor der Trauung in der eben fertiggestellten Residenz.²⁶⁸ In einem zeitgenössischen Bericht wird festgehalten, dass „die Deckhen aber theils gewölbet, theils flach, von Stuckhetor-Arbeit, als mit weissen Alabaster überzogen, welche zum theil umbher verguldet, inwendig aber mit den allertrefflichsten Gemaehlten außgezieret waren, deren Köstlichkeit und Kunst alles

 Ausführlich dazu Ryantová, M. (2010, 63). Trotzdem ist es nach Rudin, B. (2010, 77) das „am längsten bestehende[n] deutschsprachige[n] Hoftheater im 17. Jahrhundert (1676 – 92)“. Nach Marauschek, G. B. (1968, 253 f.) hatte es eine der bekanntesten Schauspieltruppen um die Wende des 17. Jahrhunderts.  Zu Musik und bildender Kunst am Hof Johann Ulrichs in Krumau siehe ausführlich Ryantová, M. (2010, 65 – 69).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 34).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 35).  Vgl. auch Kaiser, B. (2006, 77): „Er führt den Bau der Grazer Residenz seines Großvaters zu Ende […].“ Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 225): „Als mit dem Erbteilungsvertrag vom 30.VI.1665 Schloß Eggenberg dem Fürsten Johann Seyfried zufiel, begann dieser sofort die Arbeiten an der Innenausstattung in Angriff zu nehmen.“  Vgl. Kaiser, B. (2006, 68).

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uebrige bei weitem übertraf“.²⁶⁹ Fürst Johann Seyfried scheute keinen Aufwand, die junge Kaiserin und ihre Entourage gebührend zu empfangen und zu verwöhnen. Davon zeugt etwa die am Portal als Chronogramm verfasste Inschrift „AVE CLAVIDA IMPERATRIX“. Im Audienzsaal huldigten die Stände der Kaiserin.²⁷⁰ Den Höhepunkt bildete jedoch der glanzvolle Auftritt Kaiser Leopolds selbst, der mit über fünfzig sechsspännigen Wagen zum offiziellen Besuch seiner Braut in Eggenberg eintraf, sowie der endlose Festzug mit neunzig sechsspännigen Wagen, Trabanten der Arcierengarden, Edelknaben, Trompetern, Heerpaukern, Trommlern, zahllosen Bereitern und Lakaien, der die Braut am 15. Oktober 1673 von Eggenberg in die reich dekorierte Grazer Hofkirche brachte.²⁷¹ Der Prediger an der Hochzeit war kein geringerer als der spätere Prior des Augustiner-BarfüsserKlosters in Wien, Abraham a Santa Clara (1644 – 1709).²⁷² An die Trauung schlossen sich zwei Wochen mit geistlichen und weltlichen Festakten, Huldigungen, Musik- und Theaterdarbietungen an, bevor am 3. November der Hof nach Wien zurückkehrte. Ein Jahr später wurde Johann Seyfried neuer Landeshauptmann in Laibach und reiste von diesem Zeitpunkt an oft zwischen Graz und dem Schlosspalais in Laibach hin und her.²⁷³ In dieser Funktion musste er Kaiser Leopold I. beträchtliche Summen für die Ausrüstung der Armee vorstrecken.²⁷⁴ Zwischen 1664 und 1697 kam es zu mehreren Kriegen mit den Türken, insbesondere als diese 1683 Wien belagerten.²⁷⁵ Ferner stand der Kaiser 1672– 1679 (Holländischer Krieg) und 1688 – 1697 (Pfälzischer Erbfolgekrieg) im Krieg mit Frankreich. Johann Seyfried hatte zwar politische Ämter und Würden inne – so wurde er bereits 1672 zum innerösterreichischen Geheimen Rat gewählt und 1697 durch König Karl II. in den Orden des Goldenen Vlieses aufgenommen –, doch sah er sich vorrangig „als Jupiter seines Musenhofs und freigiebiger Förderer der Künste“.²⁷⁶ In seinem Auftrag entstanden neben der erwähnten kostbaren Innenausstattung

 Aus: Prächtiger Einzug zu den kays. Beylager der Allerdurchleuchtigsten großmöchtigsten Fürstin und Frauen, Frauen Claudia Felice Römische Kaiserin […] so den 15. Wein- oder Lesemonats in der Hauptstadt Graetz […] gehalten worden, Anno 1673, […] beschrieben von Michael Franckenberger, Gedruckt zu Graetz bey denen Widmanstaetterischen Erben. Steiermärkische Landesbibliothek Sign. A 2051, zitiert nach Marauschek, G. B. (1968, 193 Anm. 153).  Vgl. Kaiser, B. (2001, 37).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 194).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 194). Zu seinen Predigten in Graz, siehe Zitzenbacher, W. (1973, 17– 33).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 197).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 197 f.).  Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 151– 173).  Kaiser, B. (2006, 77).

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des Schlosses Eggenberg auch die erste Gartenanlage und die Einrichtung eines Hoftheaters.²⁷⁷ Er berief Maler, Bildhauer, Stuckateure, Tischler, Gärtner, Baumeister, Musiker – unter anderem Georg Motz (1653 – 1733)²⁷⁸ – und Schauspieler an seinen Hof. Nicht selten herrschte auch ein reger Austausch von Künstlern²⁷⁹ zwischen den Höfen von Krumau und Graz und „natürlich auch ein Wettstreit um die prächtigste Hofhaltung und Ausstattung, der den jüngeren der beiden Fürsten in den wirtschaftlichen Ruin führen sollte.“²⁸⁰ Infolge des Krieges und der aufwändigen Hofhaltung drohte bald ein Konkurs. Bereits 1669 kam Johann Seyfried in so grosse finanzielle Bedrängnis, dass er sich gezwungen sah, die Grafschaft Adelsberg zu verkaufen.²⁸¹ Obwohl ihn die persönliche Intervention des Kaisers vor dem Konkurs rettete und Leopold I. auf seine Bitte hin das seinem Grossvater verliehene „Grosse Palatinat“ (Bulla Aurea), das mit zahlreichen Privilegien verbunden war, erneuerte, sah sich Johann Seyfried einer ungeheuren Schuldenlast gegenüber.²⁸² Er musste 1707 Gösting verkaufen und den grössten Teil des Besitzes seinem Sohn Johann Anton II. überantworten. Das Schloss Eggenberg hatte Johann Seyfried bereits 1705 seinem Sohn übertragen.²⁸³ Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn war jedoch insgesamt sehr angespannt. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass Johann Anton II. formell zwar als Universalerbe eingesetzt wurde, doch nach dem Tod seines Vaters am 5. Oktober 1713 nur Ländereien zugesprochen bekam, die er sowieso schon besass.²⁸⁴ Der übrige Besitz ging an die vierzig Jahre jüngere zweite Frau Johann Seyfrieds, Maria Antonia Margaretha von Orsini-Rosenberg, die dieser 1705, nachdem Maria Eleonora Rosalia 1703 gestorben war, geheiratet hatte.

 Vgl. Kaiser, B. (2006, 77). Vgl. auch die Theaterdrucke, die in Graz publiziert und Johann Seyfried gewidmet waren, beispielsweise Graff, T. (1993, 207), Bibliographia Widmanstadiana Nr. 831. Marauschek, G. B. (1968, 251) verweist auf zwei Opernlibretti von 1688 und 1698 („L’Oronta d’Egitto ouero La Costante in Costante“ und „Il vanto d’amore“). Allerdings liegen über das Musikund Theaterleben am Grazer eggenbergischen Hof praktisch keine primären Quellen vor, so Marauschek, G. B. (1968, 248).  Johann Motz schildert in seiner Autobiografie, dass er zuerst im Dienst Johann Seyfrieds, anschliessend im Dienst Johann Christians stand. Vgl. hierzu die Angaben bei Marauschek, G. B. (1968, 251 Anm. 135). Vermutlich standen auch der bekannte Kapellmeister Johann Jacob Pinner und der Geiger Heinrich Ignaz Franz Bibel für kurze Zeit in eggenbergischen Diensten. Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 249 f.).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 248).  Kaiser, B. (2006, 65).  Kaiser, B. (2006, 83).  Vgl. ausführlich dazu Marauschek, G. B. (1968, 198 – 202).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 228).  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 206).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Mit seinem Vater hatte Johann Anton II. Joseph, Reichsfürst zu Eggenberg (1669 – 1716), diverse Meinungsdifferenzen, etwa in Bezug auf dessen Verkauf von Gösting. Hingegen stand er mit seiner Tante Maria Ernestina, die ihn sehr zu schätzen und lieben schien und ihn über jede Veränderung im Herzogtum Krumau unterrichtete, in ständigem Briefkontakt.²⁸⁵ Johann Anton II. sollte nach dem Willen seines Onkels Johann Christian I. die eggenbergischen Besitzungen wieder zusammenführen. Da Johann Anton II. jedoch bereits 1716 starb, konnte er dieses Erbe nicht mehr antreten.²⁸⁶ Lediglich die Algersdorfer Kapelle der unbefleckten Maria, die Johann Anton II. Joseph anlässlich einer Pestepidemie im Jahre 1680 gestiftet hatte, seine Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat durch den Kaiser Leopold I. 1701 und die Tatsache, dass er als Stellvertreter seines Vaters das Amt eines Obersterblandmarschalls ausführte, zeugen von seinen Aktivitäten.²⁸⁷ Ein Jahr nach Johann Anton II. starb auch sein einziger Sohn, Johann Christian II., Reichsfürst zu Eggenberg (1704– 1717), im Alter von nur 13 Jahren als letzter eggenbergischer Fürst.

3.4.4. Der historische Kontext der David-Bilder Damit ist der grössere biografische, soziale und historische Kontext in dem die Deckengemälde zu König David stehen, geklärt. Die Frage nach dem Inventor des feinsinnigen Deckenzyklus in Schloss Eggenberg, also demjenigen, der die einzelnen Bildvorlagen vorgegeben und bestimmt hat, ist jedoch nach wie vor offen. Deutet man die Deckengemälde als „Ereignisbilder“, dann spricht vieles für Hans Ulrich von Eggenberg, insofern sich zahlreiche der dargestellten „Ereignisse“ in seinem Leben zugetragen haben. Das Thema des Suizides könnte an Hans de Witte erinnern, Motive vom Mord an Staatsmännern an Albrecht von Wallenstein usw. Das gesamte Bildprogramm passt zu seinem Motto HOMINES SUMUS, insofern es die unterschiedlichsten Lebenslagen widerspiegelt: Verfolgung und Tod, Hoffnung und Verzweiflung, Liebe und Verrat, Angst und Neid, Sieg und Niederlage – die Aufzählung könnte noch weiter fortgesetzt werden, und zu jeder Situation liesse sich mindestens ein Bild finden. Der David-Zyklus in Schloss Eggenberg präsentiert sich in diesem Kontext als Abbild des menschlichen Lebens, aber auch als ein memento mori des Fürsten, als ein Innehalten und eine Mahnung an die eigene Vergänglichkeit: „Der Reiche wird in seinen Wegen dahinschwinden“ (Jak

 Vgl. die Quellenangaben bei Marauschek, G. B. (1968, 186 Anm. 134).  Kaiser, B. (2001, 35).  Kaiser, B. (2001, 40).

3.4. Die Familie Eggenberg und der historische Kontext der David-Bilder

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1,11). Das Motto HOMINES SUMUS spricht damit auch „die saturnische Mahnung über Bedingtheit und Vergänglichkeit menschlichen Wesens aus“,²⁸⁸ der Hans Ulrich eine zentrale Stellung in seinem Denken verliehen hat. Die vorgriechische Gottheit Chronos ist in Schloss Eggenberg als Saturn im Planetensaal vertreten. Er ist geflügelt, trägt Stundenglas und Sense und sitzt auf einer alten Ruine, alles Zeichen der Vergänglichkeit.²⁸⁹ Mit diesem Planetenbild kann kein anderer als Hans Ulrich von Eggenberg selbst in Verbindung gebracht werden.²⁹⁰ Wie ganz anders lässt sich doch Johann Seyfried von Eggenberg darstellen, dessen Motto CONIUNCTIS ARMIS ET VIRIBUS („mit vereinten Waffen und Kräften“) sich auf einem Thesenblatt findet.²⁹¹ Vieles spricht dafür, dass das Bildkonzept, das Johann Seyfried ausführen liess, entweder teilweise auf seinen Grossvater Hans Ulrich zurück geht oder sich Johann Seyfried zumindest stark in dessen Nachfolge gestellt hat. Zwar hat Johann Seyfried seinen Grossvater nie kennengelernt – Hans Ulrich war bereits zehn Jahre tot, als er geboren wurde –, doch war er ebenso wie sein Bruder Johann Christian sehr gut informiert über dessen Tätigkeiten, etwa Ankäufe von Grafschaften.²⁹² Johann Seyfried, der erst 1665 seine Besitzungen zugesprochen bekam, führte sofort mit grosser Entschlossenheit die Ausmalung des Schlosses durch; ein Bild lässt sich sogar auf die Zeit davor (1664) datieren! Sein älterer Bruder Johann Christian begann erst in den achtziger Jahren mit grösseren Änderungen und Umbauten an seinen Residenzen. So bestätigt sich der Eindruck, dass Johann Seyfried lediglich ausführte, was bereits lange vor ihm geplant worden war. Gegen diese Annahme spricht allerdings, dass mehrere der Kupferstiche, die als Vorlage gedient haben, erst nach 1634 publiziert wurden. Und selbst wenn Johann Seyfried viele Themen bereits als vorgegeben übernommen hätte, steht fest, dass er keineswegs einfach ein vollständig und fest vorgegebenes Programm umsetzte. Deckengemälde im Porzellankabinett (Zimmer 3, mit Allegorie der Alten und der

 Kaiser, B. (2006, 151).  Vgl. Kaiser, B. (2006, 146 – 149). Vgl. zudem Kaiser, B. (2001, 70 – 72) und Ruck, B. (1985, 60 – 68).  Vgl. Ruck, B. (1985, 67): „Wie Saturn, mahnte auch er stets, sich der Grenzen des Menschseins und der menschlichen Bedingtheit bewußt zu bleiben.“  Vgl. Kaiser, B. (2009, 110 f.). Der Kupferstich stammt von Melchior Küsel, Salzburg, 1674, Landesmuseum Joanneum, Abt. Schloss Eggenberg, Inv.-Nr. Eg 491. Vgl. auch Kaiser, B. (2009, 112 f.), Tugendspiegel des Hauses Eggenberg, Philipp Kilian nach Johann Friedrich Pereth (Peretti), Salzburg, 1679, Landesmuseum Joanneum, Abt. Schloss Eggenberg, Inv.-Nr. Eg 419.  Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 190 f.). Zudem könnte Hans Ulrich auch schriftlich Pläne festgehalten und Ratschläge erteilt haben, wie das durchaus üblich war: „Seinem Sohn Hartmann gab Fürst Gundaker den Rat, er solle den Maler nach Kupferstichvorlagen malen lassen; jene ‚des Peter Rubens sein sehr guet‘“, so Winkelbauer, T. (1999, 429).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Neuen Welt) sowie im direkt gegenüberliegenden Vorzimmer (Zimmer 22, mit Darstellung der Götterversammlung) könnten möglicherweise aufgrund der jeweiligen „Blumenthemen“, die sich eindeutig vom restlichen Bildprogramm abheben, auf seine Frau Eleonore Maria Rosalia von Liechtenstein-Nikolsburg zurückgehen.²⁹³ Johann Anton, der ebenfalls als Urheber des Bildprogramms in Frage kommt, tritt als Kunstmäzen generell stark in den Hintergrund, was sich etwa auch in der Bibliothek spiegelt.²⁹⁴ Dennoch könnte auch ihm das Bildprogramms zugeschrieben werden, hat er doch etliche Paläste in Rom besucht, die diesbezüglich als Vorbild gelten könnten.²⁹⁵ Auch wenn nicht mehr rekonstruiert werden kann, „wie weit dieses Programm festgelegt war, als Hans Ulrich mit dem großzügigen Ausbau der alten Anlage begann und wie weit seine Nachkommen, Johann Anton und Johann Seyfried, daran Veränderungen und Ergänzungen vornahmen“,²⁹⁶ so deutet doch vieles von der Grundidee her auf Hans Ulrich selbst.²⁹⁷

 Diesen Hinweis verdanke ich Mag. Paul Schuster. Johann Seyfried von Eggenberg heiratete 1666 Eleonora Maria Rosalia von Liechtenstein-Nikolsburg (gest. 1703), eine Tochter Karl Eusebiusʼ (1611-1684). Ihr Bruder Johann Adam Andreas (Hans Adam, 1657[?]-1712) war einer der wichtigsten Bauherrn des Hochbarock in Österreich. Eleonora Maria Rosalia selbst hatte ein besonderes Interesse für die Aufzucht von Pflanzen und deren Verwendung in Küche und Heilkunde. Bekannt wurde sie als Herausgeberin eines Arzneibuches, das zwischen 1695 – 1752 an die dreissigmal aufgelegt wurde. Das Buch erschien unter folgendem Titel: „Der Granatapfel. Freywillig aufgesprungener Granat=Apfel. Des Christlichen Samariters. Aus Christlicher liebe des naechsten eroeffnete Geheimnisse. Vieler vortrefflicher bewährter artzneyen […] Von der Durchlauchtigen Herzogin, Früstin und Frauen, Frauen Eleonora Maria Rosalia“. Vgl. ausführlich dazu Bastl, B. (2010, 381– 396) u. a.  Johann Anton von Eggenberg (1610 – 1649) erbte die Bibliothek, erweiterte sie jedoch vermutlich nur geringfügig. Abgesehen von wenigen mit seiner Person verbundenen Büchern, nämlich solchen, die ihm als verdienten Politiker am Kaiserhof dediziert worden waren, finden sich keine Provenienzspuren. Es lag ihm weder daran, Bücher zu signieren, noch sich irgendwelche Notizen zu machen. Vgl. Kašparová, J. (2010, 119). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Bok, V. (2010, 157 f.).  Vgl. Kapitel C. 3.6.  Ruck, B. / Kryza-Gersch, F. (1984, 17) und diese begründen: „Wir wissen weiters nicht, ob Hans Ulrich schon im Sinne hatte, diesen mikrokosmischen Leitgedanken in der Dekoration des 2. Obergeschosses so reich fortzusetzen, aber die generelle Disposition des gesamten Hauses als Abbild der Weltschöpfung geht wohl eindeutig auf ihn und seinen leitenden Architekten Pietro de Pomis zurück.“  Sicherlich war von Anfang an eine Innenausstattung geplant. Wie bedeutsam diese ist, zeigt sich in einem Brief Karl Eusebiusʼ von Liechtenstein an seinen Sohn Johann Adam Andreas vom 27. Mai 1683: „Die zimmer inwendig zu zieren ist überall gebreüchig“ – so Haupt, H. (1998, 321) Liechtensteinisches Hausarchiv Vaduz, Kart. 362.Vgl. ebenso den Brief vom 26. Juni 1683 in Haupt,

3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen

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3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen in Schloss Eggenberg „[…] ein Bild, ein Fresko, war nach Meinung der Auftraggeber nichts anderes als eine anschauliche Argumentation zu den Inhalten des richtigen Glaubens oder, im profanen Bereich, zur Legitimation der Herrschaft des Fürsten über seine Untertanen.“²⁹⁸ War Letzteres auch die Bestimmung der David-Bilder im Schloss Eggenberg? Liegt ihnen ein historisches oder ein ideales, allegorisches Konzept zugrunde? Sind sie „eine Lust fürs Auge“,²⁹⁹ „Belehrungsinstrument für Analphabeten“³⁰⁰ oder Ausdruck des Selbstverständnisses des Auftraggebers? Um diese Fragen zu beantworten, soll in einem ersten Schritt nach der Funktion der Deckengemälde in Schloss Eggenberg generell gefragt werden und in einem zweiten nach der Stellung der Deckengemälde zu David innerhalb des gesamten Programms. Historische und mythologische Themen stehen nebeneinander und greifen ineinander.³⁰¹ Es wird einerseits darum gegangen sein, darzustellen, was sich zu irgendeinem Zeitpunkt der Geschichte tatsächlich ereignet hat. Andererseits war aber auch Raum für Fabeln und Verwandlungsgeschichten aus der römischen und griechischen Mythologie, Gemälde mit Legenden, in denen Tiere eine besondere Rolle spielen. Neben historischen Ereignissen ist auch Irreales, Groteskes, vielleicht sogar Dämonisches, wie es durchaus zur Epoche passt, Thema der Deckengemälde.³⁰² Entsprechend war es sicherlich nicht vorrangiges Ziel gewesen, eine „ideale“³⁰³ Welt, in der Friede und Glück regieren, abzubilden. Die Bilder – nicht zuletzt auch die Bilder von David – geben eindeutig eine krisenhafte Zeit wieder und präsentieren beziehungsweise repräsentieren in diesem Sinn die „reale“ Geschichte und die oben skizzierten Unsicherheiten und Wirren des dreissigjährigen Krieges, aber auch die ständige Bedrohung durch die Türken. Letzteres darf geradezu als Schlüssel für die Deutung der Darstellung ausserordentlicher Grausamkeit angesehen werden. „Die Persergeschichten sollen also auf den zeitgenössischen Feind, die Türken, verweisen, unter denen Graz auch im H. (1998, 323 – 325). Dies muss nicht zwingend durch Gemälde, sondern kann auch durch Stuckatur, Tapisserien oder durch die Ausgestaltung mit Büsten und Antiquitäten geschehen.  Bauer, H. (2000, 21).  Pastoor, G. M. C. (1994, 125 f.).  Bauer, H. (2000, 21).  Vgl. Giovanni Battista Armenini, De veri precetti della Pittvra, 1587, unterscheidet in III,15 „Di quale virtù, vita, & costumi deue essere ornato vn Pittore eccelente“, biblische Erzählungen, „stoire“ und „favola“.  Vgl. Kunze, H. (1993, 659 f.).  Dies hat Kaiser, B. (2006, 113 f.) mehrfach betont.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

17. Jahrhundert schwer zu leiden hatte, nicht nur wegen der ständigen Bedrohung, sondern auch durch die Einquartierung der Regimente, die zur potentiellen Abwehr des Feindes in Graz stationiert waren und die Stadt schwer belastete.“³⁰⁴ Die Darstellungen auf den Deckengemälden erhalten auf dem Hintergrund der sich tatsächlich ereignenden Schicksale eine aktuelle Bedeutung. Durch das Nebeneinander von mythologischen, historischen und biblischen Themen wird das gängige Bildungswissen repräsentiert.³⁰⁵ Die Deckengemälde mit „Themen der Literatur, der Geschichte, des zeitgeschichtlichen Wissens“³⁰⁶ vermitteln Wissen und regen die Betrachterinnen und Betrachter zu einer gebildeten Konversation an.³⁰⁷ Es geht dabei um eine Art bildlicher Darstellung von Wissen, wie sie aus den utopischen Städten von Tommaso Campanella und Johann Valentin Andreae bekannt ist.³⁰⁸ Das piano nobile, die Beletage, stellt sich als eine fürstliche Kunst- und Wunderkammer dar, wie sie im 16. und 17. Jahrhundert verbreitet war und in der das enzyklopädische Wissen jener Zeit wiedergegeben wurde.³⁰⁹ Es erstaunt daher nicht, dass zahlreiche Bildthemen aus dieser Zeit auch auf der Bühne und in der Literatur vertreten waren, wie zum Beispiel Cleopatra oder David.³¹⁰ Darüber hinaus sollen die Bilder aber auch „Richtlinien für das Handeln und Regieren des Fürsten und für die Erziehung des jungen Prinzen“³¹¹ geben. Nach dem zeitgenössischen Geschichtsverständnis gehört beides eng zusammen, in-

 Krummen, E. (2004, 212) und Krummen, E. (2004, 212) führt aus: „In typischer Weise wird die Grausamkeit des Feindes in seinem Umgang mit Kindern illustriert, den unschuldigsten Opfern, die er mutwillig tötet oder zerstückelt.“  Vgl. Krummen, E. (2004, 228); Lutz, E. C. (2005, 380).  Krummen, E. (2004, 232).  Vgl. Krummen, E. (2004, 233 f.).Vgl. zudem den Brief vom 26. Juni 1683 von Karl Eusebius von Liechtenstein an seinen Sohn Johann Adam Andreas in Haupt, H. (1998, 324), Liechtensteinisches Hausarchiv Vaduz, Kart. 362: „Kann also nicht schweigen, diese curiostät deiner ldten. zue repraesentieren undt recommendieren, alldieweillen kein spesa ist, so also die gedächtnus hinterlasset, alß die gebew, ein lebendige undt offene hystori ist allen vorangehenden, deren sonst andere vornehmbe thatten nur in historien und büchern zu finden ist, so die wengisten lesen undt in dergleichen wiessenschaft gelangen.“ Vgl. zum Traktat Karl Eusebius von Liechtenstein über die Architektur (1675) auch Pečar, A. (2007b, 181).  Vgl. dazu mehr unter Kapitel A. 2.3. Vgl. Kaiser, B. (2001, 58.63). Vgl. Kaiser, B. (2006, 124): „Wie die Wände in den utopischen Städten von Campanella und Andreae zeigt der riesige Zyklus von über 600 Deckengemälden und Friesbildern das Wissen der Welt in gemalter Form, sodass jeder Betrachter alles durch bloße Anschauung lernen und erfahren kann.“  Vgl. Krummen, E. (2004, 232).  Vgl. Kapitel C. 3.4.1.  Krummen, E. (2004, 188 f.).

3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen

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sofern historische Ereignisse immer auch als Exempla aufzufassen sind.³¹² „Eines greift ins andere.Während vordergründig eine Weltgeschichte in Exempla gegeben wird, baut sich im Hintergrund ein immer komplexeres Programm eines barocken, österreichisch-habsburgerischen Herrschaftsverständnisses auf, dem sich die Fürsten in Eggenberg verpflichtet fühlen.“³¹³ Abstrakte Begriffe wie Heldenmut, Rache, Hybris oder Weisheit wurden nur durch eine verständliche Personifikation oder besser durch ein signifikantes Exempel aus der Geschichte illustriert. Dabei wurden jüdisches und römisches Erbe unter der Perspektive des christlichen Herrscherverständnisses vereinigt und von diesem Erbe gleichzeitig legitimiert.³¹⁴ Insofern können die Deckengemälde auch als eine Art bildlich umgesetzter „Fürstenspiegel“³¹⁵ gesehen werden, in dem Fürstentugenden und Regentenpflichten festgehalten und mit zahlreichen Exempeln illustriert werden, beziehungsweise die Fürsten durch die Darstellung negativer Beispiele von Fehlverhalten abgehalten werden sollen.³¹⁶ Daneben mögen die Bilder durchaus auch dem ästhetischen Genuss gedient haben.³¹⁷ Hiervon zeugt etwa ein Brief, in dem Hans Fugger an Erzherzog Ferdinand von Tirol im Jahr 1587 festhielt: „und solches ist nit alleine mit pildern und tugenden selbs abcontrafeit, sondern auch mit biblischen und haidnischen römischen historien und exempeln dermassen ad oculum […] demonstriert, das solches weit lustiger und herrlicher zu sehen ist, als hiervon geschrieben werden mag“.³¹⁸ Gerade das Motiv der badenden Frauen Batseba und Susanna war beispielswiese aufgrund des erotischen Charakters sehr beliebt.³¹⁹ Insgesamt sind die Deckengemälde also ars memorativa, Fürstenspiegel und Dekoration in einem. Sie haben mnemotechnische Funktion und repräsentieren Wissen, sie sind Tugend Vgl. Kapitel A. 2.3. Vgl. Kaiser, B. (2006, 126). Kaiser, B. (2006, 124) sieht die Funktion der Deckengemälde insgesamt darin, „den Auftraggeber als idealen Regenten zu formen und präsentieren“. Krummen, E. (2004, 196) spricht zudem von einem „Exempelcharakter“ der Bilder. Krummen, E. (2004, 229) führt aus: „Nach dem zeitgenössischen Geschichtsverständnis sind historische Ereignisse als Exempla aufzufassen, die Richtlinien für das eigenen Handeln oder Regieren geben sollen.“  Krummen, E. (2004, 209).  Vgl. Krummen, E. (2004, 209).  Vgl. Béhar, R. (2004, 442) mit Blick auf den Real Alcázar de Madrid im 17. Jahrhundert: „Somit war der Palast nichts anderes als ein räumlich gestalteter Fürstenspiegel, ein Ort, von dem aus die legitimierende Perspektive sich bilden kann, ein Fluchtpunkt der Majestätsbildung. Literatur spielt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.“  Vgl. dazu Philipp, M. (1990, 71– 115). Zudem Warnke, M. (1987, 419 – 437): „Das Bild als Herrschaftsbestätigung“.  Vgl. Pastoor, G. M. C. (1994, 125 f.).  Zitiert nach Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 71).  Vgl. Pastoor, G. M. C. (1994, 125 f.).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

lehre und erheben politische Ansprüche und sie sind Schmuck und sollen den Betrachter erfreuen. Mit Blick auf die David-Gemälde im Speziellen fällt auf, dass die Deckengemälde die Erzählungen aus den Samuelbüchern so präzise wie möglich wiedergeben und dabei auch selten gemalte Szenen aufgreifen. Im Vordergrund steht eine Konzeption narrativer biblischer Bildzyklen, bei der sich die Maler nach der Wahrheit der Schrift richteten,³²⁰ und weniger ein „theologisches Gesamtprogramm“.³²¹ Obwohl beispielsweise in der Gottfriedschen Weltchronik von Matthäus Merian versucht wurde, die in der Bibel geschilderten Ereignisse in die Weltgeschichte einzuordnen, indem Szenen aus der Aeneis von Vergil direkt an die Erzählungen über Saul und David anknüpften und David im Jahr 2860 Anno Mundi König geworden wäre, dürfte hier nicht eine ausschliesslich historische Deutung beabsichtigt worden sein.³²² Vielmehr steht in den David-Bildern und in anderen Deckengemälden die ars memorativa im Mittelpunkt: positive und negative Beispiele der Geschichte sollen in Erinnerung gerufen werden. David und Salomo dürften dabei sowohl als exempla virtutis als auch als exempla ex contrario, als Vorbild und Negativfolie, gedient haben. Als negatives Beispiel gilt David in Zusammenhang mit dem Ehebruch mit Batseba (2Sam 11 f., Darstellungen dazu in Zimmer 14 und 20; Abb. 3.14.; 3.33.) sowie der Volkszählung (2Sam 24, dargestellt in Zimmer 13; Abb. 3.6.). Als „das Idealbild des gottesfürchtigen und gerechten Herrschers“³²³ erscheint David ebenfalls in mehreren Gemälden. Unter Davids Tugenden wird die clementia (Milde) besonders betont, aber auch die pietatis (Frömmigkeit), die gleichzeitig als zentrale Eigenschaft der Habsburger angesehen wurde.³²⁴ Clementia konnte „den Verzicht auf Strafe trotz des formalen

 Vgl. hierzu die Predigt von Christoph Selhamer (um 1640 – 1709), Doktor der Theologie und Stadtpfarrer in Weilheim, später in der fürstbischöflichen Residenzstadt Salzburg, in der der Vorwurf zu lesen ist, „dass die Maler wider die historische Wahrheit mit dem Pensel reden“ – zitiert nach Zahlten, J. (1995, 415). Er verweist auf die Heilige Schrift als Quelle der Wahrheit, an der sich die Maler zu orientieren hätten, was – so geht daraus hervor – offenbar seiner Meinung nach nicht der Fall war.  Vgl. z. B. Wolf, G. (1995, 399 – 413).  Vgl. Sparn,W. (1984, 87): „Die biblische Chronologie als die umfassendste, gibt den Leitfaden für die Ordnung und Verknüpfung aller bekannten historischen Daten ab; die theologische Idolatriekritik bezweckt seit ihrem Einsatz mit Johann Gerhard Vossius’ De Theologia Gentili (1641), den Ursprung und Fortgang der heidnischen Religion ‚historisch‘ und ‚physisch‘ zu erklären, nämlich einerseits auf die res gestae der Alten, andererseits auf die res naturales zurückzuführen.“  Krummen, E. (2004, 104).  Vgl. Winkelbauer, T. (2003b, 185): „Die Habsburger des 16. und 17. Jahrhunderts und ihre Laudatoren und Biografen betrachteten die konfessionell definierte Pietas (Frömmigkeit und Gottesfurcht) als die wichtigste Herrschertugend, da man nur in Verbindung mit ihr die beiden

3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen

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Rechtes“³²⁵ bedeuten. Das Deckengemälde von der Verfluchung durch Schimi (Zimmer 17; Abb. 3.23.) mag für diese Tugend stehen. Constantia,³²⁶ das Ertragen des Schicksals, wird im Gemälde von Davids Klage um die Stadt Ziklag (Zimmer 14; Abb. 3.12.) dargestellt. So wie David in den barocken Deckengemälden soll sich auch der Fürst in Notlagen vertrauensvoll an Gott wenden. In diesem Sinn wird auch in Fürstenspiegeln die Tugend der constantia et animi fortitudo gefordert,³²⁷ „nicht als aktives Handeln, sondern als tapferes Ertragen von Schicksalsschlägen definiert“.³²⁸ Clementia und constantia werden als imitatio dei und Pflicht des christlichen Herrschers angesehen. An den David-Darstellungen lässt sich zeigen, dass es sich bei den Themen der Deckengemälde gerade nicht um „ausnahmslos negative[n] Exempel aus der Geschichte der Menschheit“³²⁹ handelt, auch wenn es diese zweifellos auch gibt.³³⁰ Mehrheitlich bieten sie Handlungsanweisungen, wie sich der Herrscher in Zeiten der Gefahr zu verhalten habe. Dabei werden die biblischen Texte auch typologisch gedeutet, wie das Emblem ONUS MEUM LEVE (Mt 11,30) in Zimmer 17 nahelegt: David – so die Deutung – erträgt geduldig Schimis Verfluchung und Schmähung, denn das Joch Christi drückt nicht und seine Last ist leicht.³³¹ Das Thema der Selbstaufopferung bis hin zum Tod wird etwa auch bei der Darstellung Marcius Curtiusʼ (Kaminzimmer 6) aufgenommen³³² oder durch das Lemma ALIIS LUCENDO CONSUMOR („ich verzehre mich, indem ich anderen leuchte“) repräsentiert.³³³ Erst durch diese geistliche Allegorese erhalten viele

anderen Haupttugenden Justitia (Gerechtigkeit) und Clementia (Milde) richtig auffassen und ausüben könne.“  Vocelka, K. / Heller, L. (1997, 130). Als Beispiel sei hier lediglich auf Ferdinands Beichtvater Lamormaini hingewiesen, der diesen als idealen christlichen Fürsten schildert und seine clementia preist – trotz des brutalen Vorgehens gegen Protestanten, Niederschlagung des Bauernaufstandes usw. Vgl. Winkelbauer, T. (2003a, 75).  Vgl. zu Justus Lipsius (1547– 1606), De constantia, 1584 in Kapitel C. 1.2.  So meint auch der spanische Jesuit Andres Mendo (1608 – 1684) in seinem Principe Perfecto, dass der wichtigste Beitrag eines Fürsten zur Erreichung von Tugend „die Unterdrückung schlechter Gemütswallungen, insbesondere des Jähzorns, der Rachsucht, Ungerechtigkeiten und Gewalt“ sei. Vgl. Mühleisen, H.-O. (1990, 152).  Kraus, A. (1991, 14 f.).  Kryza-Gersch, F. / Ruck, B. (1982, 96).  Zudem Kaiser, B. (2001, 63): „In einem geschickten propagandistischen Kunstgriff bediente man sich hauptsächlich negativer Beispiele, sodass der Lauf der Menschheitsgeschichte als blutig und gewaltbestimmt, dem Leiden und dem Tod verhaftet geschildert wird.“  Mehr zu dieser typologischen Auslegungstradition Kipfer, S. (2011, 271– 276).  Vgl. ausführlich dazu Krummen, E. (2004, 206 f.).  Vgl. Becker, U. (2009, 19): „Dieser barocken, vom Geist der vanitas geprägten Mentalität entspricht es auch, das Amt des Regenten als Selbstaufopferung aufzufassen und mit einer brennenden Kerze zu vergleichen,wie es die Devise Maximilians I., Herzog und später Kurfürst von

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

mythologische, aber auch historische Deckengemälde ihre „wahre“ Bedeutung.³³⁴ Die dargestellte Geschichte wird zu einer „Heilsgeschichte“.³³⁵ Dem entspricht auch das barocke Verständnis, dass „alle Dinge dieser Welt, damit auch alle, die der Maler darstellt, […] Chiffren für etwas anderes, für die unsichtbare Welt der höheren Begriffe sein“³³⁶ können. Dieses Verständnis macht besonders auch eine Inschrift auf einem Band über einer idealperspektivischen Darstellung des Schlosses Eggenberg auf dem Kupferstich von Andreas Trost deutlich, die lautet: „Principe digna suo, sed nec mortale, quod ambis / Arx: quid id est Domini nescia fama mori“³³⁷ (Abb. 3.38.). Die Darstellungen zu den David-Erzählungen passen in diesem Sinn einerseits sehr wohl in den Eggenberger Bilderzyklus. Andererseits unterscheiden sie sich aber auch deutlich von den anderen biblischen, aber auch von den mythologischen und historischen Gemälden innerhalb des Zyklus. Diese zwei Aspekte seien hier zusammenfassend noch einmal aufgezeigt. Bestimmt ist es kein Zufall, dass in den Deckengemälden die biblische Triade der neuf preux – also Josua, David und Judas Makkabäus – vollständig ist. Da auch Helden der heidnischen und christlichen Triade vorkommen, ordnet sich David in das Gesamtprogramm ein.³³⁸ Auch thematisch ergeben sich Ähnlichkeiten: Die DavidDarstellungen zeigen den kometenhaften Aufstieg des Hirtenjungen zum König über Israel (etwa mit dem Gemälde von der Salbung Davids zum König; Abb. 3.1.) und dessen Fall (Gemälde von David und Natan beziehungsweise Gad; Abb. 3.6.; Abb. 3.14.; Abb. 3.33.). Damit passen sie gut zu dem zwischen den David-Zimmern liegenden Raum (Vorzimmer 16), nämlich zu Damokles und Plykrates: Über ersterem hängt beim Festbankett ein Schwert an einem dünnen oder seidenen Faden, letzterer findet den Ring, den er zuvor auf Rat des ägyptischen

Bayern ausdrückt: Aliis lucendo consumor […]. Die inhaltsgleiche Sentenz Aliis lucendo consumor ist über die Vermittlung der Emplematum Centuria Secundum von Gabriel Rollenhagen (1613) in das Ausstattungsprogramm von Schloss Eggenberg gelangt.“  Auf die christliche Auslegung ebenso wie auf die alchemistische Deutung der mythologischen Erzählungen, die in Eggenberg dargestellt werden, hat Krummen, E. (2004, 193 – 197) ausführlich hingewiesen.  Vgl. Krummen, E. (2004, 229): „Vielmehr sind die Exempla auch in eine heilsgeschichtliche Dimension eingebunden, denn beim jüngsten Gericht (das in der Weltchronik Gottfrieds um 1700 angesetzt wird) muss Rechenschaft über gutes und böses Handeln abgelegt werden.“ Ein ähnliches Geschichtsbild findet sich auch in Barockdramen.  Bauer, H. (2000, 21 f.).  Krummen, E. (2004, 236 Anm. 118) übersetzt: „Würdig seines Herrn; aber es ist nicht sterblich, was du anstrebst, / Burg: Was ist das (sc. was du anstrebst)? Der Ruhm des Herrn, der keinen Tod kennt.“ Vgl. Kaiser, B. (2006, 105 f.).  Vgl. Krummen, E. (2004, 203 f.).

3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen

473

Königs Amasis ins Meer geworfen hat, beim Essen im Bauch eines Fisches wieder. Beide Darstellungen zeigen, wie nahe Glück und Unglück beieinander liegen, wie schnell sich das Schicksal – auch jenes Davids – wenden kann und wie schmal der Grat zwischen Aufstieg und Fall ist.³³⁹ Zum anderen lassen sich aber auch inhaltliche Unterschiede feststellen: Die Bilder von David „betonen die Nähe des Herrschers zu Gott und seinen Willen, den Glauben zu beschützen, die römischen Bilder dagegen, in deren Zentrum Romulus, Caesar und eine Gruppe weiterer Helden stehen, betonen die weltliche Herkunft und die politische und militärische Tüchtigkeit.“³⁴⁰ Die Deckengemälde zu den David-Erzählungen stellen innerhalb des Eggenbergschen Programms insofern eine Ausnahme dar, als die Gewaltanwendung – mit Ausnahme von Davids Kampf gegen Goliat und der Hinrichtung des Amalekiters, der ihm die Insignien Sauls überbringt – nie von David ausgeht. Kriegsszenen von David fehlen gänzlich, während sonst durchaus alttestamentliche Schlachtdarstellungen (Schlafzimmer 5) vorkommen. Zahlreiche weitere Deckengemälden zeigen Gewaltszenen: Mehrfach kommt der Mord an berühmten Staatsmännern und Herrschern in unterschiedlichsten Variationen vor, z. B. der Brudermord von Romulus und Remus (Römisches Zimmer 4; Westlicher Ecksaal 10), die Ermordung Ciceros (Vorzimmer 9) und im Schäferzimmer 21 die Ermordung Caesars, Domitians sowie Kaiser Leo Armeniusʼ. Zudem wird dargestellt, wie Judit Holofernes und Jael Sisera töten (Japanisches Kabinett 18), aber auch zu Tomyris mit dem Haupt des Kyros findet sich ein Deckengemälde (Westlicher Ecksaal 10). Im Gegensatz dazu stehen drei Bilder von der Verschonung Sauls durch David (Eggenberger Gedächtniszimmer 14; Abb. 3.15.; Abb. 3.16. und Abb. 3.24. im Vorzimmer 17), in denen explizit der Verzicht auf die Tötung des Königs thematisiert wird. Zweimal trauert David um einen Rivalen: einmal um Saul (Vorzimmer 17; Abb. 3.22.), einmal um seinen Sohn Absalom (David-Zimmer 13; Abb. 3.5.). Beide Male zerreisst er dabei in der bildnerischen Umsetzung entsetzt sein königliches Kleid. Auch das Motiv der Flucht hat in den historischen Deckengemälden eine andere Konnotation als in den David-Darstellungen: Erstere zeigen vorwiegend Darstellungen von Herrschern, deren Flucht während der Schlacht scheitert (z. B. Darius auf der Flucht, Leopoldzimmer 12 sowie Ariovists Flucht vor Caesar, Schlafzimmer 5), während sich David auf der Flucht vor Saul retten kann (Davids Abschied von Jonatan, David-Zimmer 13; Abb. 3.2.; Michal verhilft David zur Flucht, Vorzimmer 17; Abb. 3.21.). Schliesslich wird auf einem Bild Landgraf

 Vgl. auch Krummen, E. (2004, 220 f.).  Krummen, B. (2004, 205).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Ludwig von Thüringen dargestellt, der wegen Mordes und Ehebruchs in der Burg Giebichenstein gefangen gehalten wurde (Vorzimmer 8). Bei den entsprechenden David-Gemälden steht nicht nur die Strafe, sondern auch die Busse im Vordergrund: David wird in zwei Gemälden wegen Ehebruchs und Mordes vom Propheten Natan zurechtgewiesen (Eggenberger Gedächtniszimmer 14; Abb. 3.14.; Jagdzimmer 20; Abb. 3.33.). Insgesamt wird deutlich, dass David in den Deckengemälden nicht der Gewalt Ausübende, sondern der Gewalt Erleidende ist. Auf vielfältige Weise wird er immer wieder „bedroht“ dargestellt: Als Hirtenjunge wird er angegriffen von Bären und Löwen. Er wird bedroht von Saul, der den Speer nach ihm schleudern will und der ihn zwingt, zu fliehen (dargestellt in der Abschiedsszene von Jonatan und David, aber auch, wie Michal David zur Flucht verhilft). Später stellt er sich aus Furcht vor Achisch, dem König aus Gat, wahnsinnig. Während seiner Regierungszeit flüchtet er vor seinem Sohn und hat gegen Aufständische zu kämpfen. Nimmt man an, dass in dem Bild, das darstellt, wie der alte David Salomo zum Nachfolger bestimmt, der Aufstand des Adonija indirekt Thema ist, dann werden in Eggenberg alle drei Aufstände (2Sam 15 – 18, 2Sam 20,1– 22; 1Kön 1) während Davids Herrschaft direkt oder indirekt thematisiert. Das eigene Volk versucht, David zu steinigen, ebenso der Saulide Schimi, der David mit Steinen bewirft und verflucht. Schliesslich droht ihm Gott selbst durch seinen Propheten Natan wegen Ehebruchs und Mordes mit einer Strafe. Insgesamt thematisieren, teils direkt, teils indirekt, ungefähr zehn Bilder diese Bedrohungen. David ist in Schloss Eggenberg nicht nur „Inbegriff des demütigen, gerechten und auch bußfertigen Herrschers“,³⁴¹ sondern wird zum bedrohten und gefährdeten König. Nicht alle Deckengemälde zu David lassen sich als exempla virtutis beziehungsweise als exempla ex contrario verstehen: Davids Flucht vor Saul (Zimmer 17; Abb. 3.2.; Abb. 3.21.), später Davids Flucht vor Absalom und die Trauer Davids bei der Überbringung der Nachricht vom Tod Absaloms (beide Zimmer 13; Abb. 3.4.; Abb. 3.5.) sowie einige andere entziehen sich einem strikten Tugendund Lasterkatalog. Die Darstellung der „Bedrohung“ Davids kann weder als moralisch positiv, im Sinn von geduldigem Ertragen von Leid, noch als ausschliesslich negativ, im Sinn etwa von Strafe für begangene Sünden, gewertet werden. Und damit ist der Kern der David-Bilder erreicht: Wenn die Deckengemälde zu den David-Erzählungen das Tugend- und Lastermuster durchbrechen, was könnten sie dann über das Selbstverständnis des Herrschers beziehungsweise Auftraggebers aussagen? Oder anders gefragt: Könnte dieses „Motiv der

 Kaiser, B. (2006, 129).

3.5. Bedeutung und Funktion der Deckengemälde zu den David-Erzählungen

475

Bedrohung“ ein zusätzlicher Hinweis dafür sein, dass an die Stelle der Tugendeine Ereignisanalogie getreten ist? Auch wenn die David-Bilder insgesamt – im Gegensatz zu denen im Planetensaal, wo die Familie Eggenberg als Götter den sieben damals bekannten Planeten (Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Sonne und Mond) zugeordnet werden – keine Identifikationsporträts sind, so kann doch eine gewisse Identifizierung der Fürsten von Eggenberg mit dem biblischen König nicht ausgeschlossen werden, zumal sich sowieso viele Herrscher dieser Zeit mit David verglichen.³⁴²

 Vgl. Kapitel C. 1.2. Als geradezu programmatisch hält Krummen, E. (2004, 231) die Ausrichtung auf grosse Herrscher, Figuren und Staatsmänner in Schloss Eggenberg fest: „[…] ausgehend von Salomo, dem weisen Weltenherrscher und ‚Schatzhausbesitzer’, über Romulus, der vergöttlicht wurde, über Alexander den Grossen, der die Perser besiegte, über Konstantin, der im Zeichen des Kreuzes siegte, und Caesar, den Vater aller ‚Caesaren‘ zu Jupiter und schliesslich Sol im Zentrum des Planetensaals.“

476

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen Für viele Herrscher und einflussreiche Familien des Hochadels stellte der Bau repräsentativer Palais „das vornehmste Mittel dar, um die eigene Herrschaft mit Glanz auszustatten“.³⁴³ Auf den Einfluss des El Escorial auf die Architektur und das geistige Programm des Schlosses in Eggenberg ist bereits hingewiesen worden. Daneben gibt es jedoch zahlreiche weitere Vorbilder in der näheren und ferneren Umgebung, in denen ebenfalls Deckengemälde zu mythologischen, historischen und biblischen Themen vorkommen. Neben Ovid (Metamorphoseon), Valerius Maximus (Factorum et dictorum memorabilia), Herodot (Historiae) und Vergil (Aeneas) zählten auch das Alte Testament – nicht selten in der Wiedergabe des Flavius Josephus – und zahlreiche weitere Schriften zu den literarischen Quellen, die immer wieder aufgegriffen wurden.³⁴⁴ Im Folgenden sollen einige weitere Residenzen genannt werden, die nicht nur architektonische, sondern vor allem auch ikonografische Ähnlichkeiten aufweisen, insbesondere solche, in denen Freskenzyklen zu David vorkommen.³⁴⁵

3.6.1. Mögliche Vorbilder für Schloss Eggenberg Der Vergleich mit dem zur gleichen Zeit wie das Schloss Eggenberg erbauten Prager Palais von Hans Ulrichs langjährigem Freund Abrecht von Wallenstein sowie einer seiner weiteren Residenzen, dem Schloss in Jičín, liegt auf der Hand.³⁴⁶ Im Waldsteinpalais in Prag wurde Bartolomeo Baccio del Bianco (1604 – 1657) mit der Ausmalung betraut.³⁴⁷ Das Deckenfresko des Hauptsaals

 Pečar, A. (2007b, 183).  Vgl. Lutz, E. C. (2005, 380 f.).  Damit ist das Forschungsdesiderat, auf das Krummen, E. (2004, 183) hingewiesen hat, allerdings noch lange nicht behoben: „Es wäre vor allem die Wirkungsgeschichte der Bildthemen in der Barock- und frühen Neuzeit aufzuarbeiten und ein Vergleich mit den Freskenzyklen anderer repräsentativer Bauten der Zeit vorzunehmen, so dass gerade auch die lokale Ausprägung des Bildprogramms erfasst werden könnte.“  Vgl. Fidler, P. (2007a, 86): „Das Schloss in Jitschin ähnelt im Grundriss der Residenz von Waldsteins langjährigem Freund Fürst Johann Ulrich von Eggenberg bei Graz.“ Vgl. ausführlich dazu Fidler, P. (2007b, 88 – 101) sowie die Pläne von Schloss Jičín von Giovanni Battista Pieroni in Florenz, Uffizi 4487 A.  Da er bereits 1624 Prag wieder verliess, ist es wahrscheinlich, „dass die Maler, welche die Ausmalungen der anderen Räume im Waldsteinpalais einige Jahre später fortgesetzt haben, seine

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen

477

(„Trabantenstube“) zeigt den Kriegsgott Mars, der auf einer Quadriga über die Wolken jagt.³⁴⁸ Zudem finden sich in der „Oberen Galerie“ („Astrologischer Gang“) sieben Hauptfelder mit den sieben damals bekannten Planeten, sowie – ähnlich dem Planetensaal in Schloss Eggenberg – die ihnen zugeordneten Sternbilder.³⁴⁹ Diesem „Astrologischen Gang“ entspricht ein „Mythologischer Gang“, die „Untere Galerie“, mit achtzehn Szenen aus Ovids Metamorphosen (u. a. Pyramus und Thisbe, Daedalus und Ikarus; Apotheose des Romulus u. a.). Diese Thematik wird auch in der „Audienzstube“ weitergeführt. Die Gemälde sind nach Vorlagen von Antonio Tempesta gemalt, die von Bernard Salomon als Matamorphosen sive Transformationum Ovidiarum libri quindecim gestochen und 1606 in Antwerpen publiziert wurden.³⁵⁰ Ferner wurde die Iconologia von Caesare Ripa als Vorlage verwendet.³⁵¹ Neben mythologischen finden sich auch historische Bilder, etwa zum Trojanischen Krieg.³⁵² Darstellungen zu David liessen sich jedoch nicht nachweisen. Anders verhält es sich in einer Reihe italienischer Paläste, in denen sich sowohl Hans Ulrich als auch Johann Anton von Eggenberg zeitweise aufgehalten haben und wo historische, mythologische und biblische Themen – darunter auch solche zu David – nebeneinanderstehen. Im zweiten Geschoss der päpstlichen Loggien (1515 – 1518) finden sich neben vielen anderen biblischen, mythologischen und historischen Themen in der elften Wölbung vier Bilder zu David: Davids Salbung durch Samuel, David schlägt Goliat den Kopf ab, David sieht Batseba beim Kämmen der Haare und Davids Triumph nach dem Sieg über Goliat. Im basamento zeigt ein Bild David, der auf seinem Lager liegt, während Batseba vor ihm kniet und um sie herum Zadok, Natan und Benaja mit der

Gehilfen oder Lehrlinge“ – so Fučíková, E. (2007, 76) – waren, die ihm in der Qualität ihrer Arbeit nicht gleich kamen.  Vgl. Karner, H. (2007, 130): „Das dahinter stehende Selbstbild Waldsteins als Person, die unter dem Stern des Mars steht, bereitet gewissermaßen den Astrologischen Gang, die ostseitige Galerie im zweiten Obergeschoss vor, dessen Ausmalung auf der Wiedergabe der Planeten und Sternzeichen beruht.“  Vgl. ausführlich dazu Hadravová, A. / Hadrava, P. (2007, 149 – 157).  Dieses Thema war weitverbreitet.Vgl. Bonnefoit, R. (1997, 118): „Einige der Fresken, die Georg Asam zwischen 1703 und 1705 für Graf Johann Georg Joseph von Königsfeld im Schloß von Schönach (Kreis Regensburg) ausführte, sind nach Szenen aus Baur Metamorphosen des Ovid gemalt.“  Vgl. zu den Vorlagen Karner, H. (2007, 127– 143) und Konečný, L. (2007, 144).  Konečný, L. (2007, 147) hält fest, dass der Prager Zyklus eindeutig als „verlängerte“ Geschichte Trojas charakterisiert werden kann, die nicht nur auf der Ilias Homers und der Aeneis Vergils beruht, sondern auch auf den in dieser Zeit bekannten Nacherzählungen.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Regelung der Thronfolge beschäftigt sind.³⁵³ Auch im Palazzo del Te in Mantua (auch als Villa Suburbana bekannt, 1524 – 1535) gibt es in der Loggia di Davide, die sich prominent in der Mitte der ungefähr 24 Räume (beispielsweise Camera di Ovido, Loggia della Muse, Camera del Imperatore, Camera dei Giganti etc.) befindet, mehrere Gemälde von Giulio Romano zu David.³⁵⁴ Bevor man die Loggia vom Garten her betritt, erkennt man zwei Szenen: David kämpft gegen einen Löwen und einen Bären. In der Loggia selbst zeigt eine Lünette, wie David Goliat tötet, eine andere, wie David nach dem Sieg über Goliat Harfe spielt.³⁵⁵ An der Decke dazwischen finden sich vermutlich drei Darstellungen zu 2Sam 11 f., nämlich Batseba bei ihrer Toilette, David, der Batseba beobachtet, sowie David und Urija.³⁵⁶ Wand- und Deckenmalereien mit den Abbildungen der Sternenbilder, der Tierkreiszeichen, der Planeten, der vier Elemente, aber auch zu historischen und biblischen Themen sind schliesslich auch in der Villa Farnese in Caprarola zu finden.³⁵⁷ Und auch hier kommt David mehrfach vor: In der Stanza degli Angeli bringt er auf einem Gemälde nach dem Ausbruch der Pest bei der Tenne das Arauna ein Opfer dar (2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1) und in der Stanza della Solitudine sind „unter der ‚Schirmherrschaft‘ des alttestamentlichen König David heidnische und christliche Hauptvertreter der Philosophie, Jurisdiktion und Legislative von Kimon, Diogenes und Numa Pompilius bis zu Johannes dem Täufer sowie den Heiligen Hieronymus, Franziskus und Coelestin V. in ideeller Entsprechung antiker Philosophie und christlicher Religion versammelt“.³⁵⁸ Inhaltlich am nächsten steht Schloss Eggenberg in Bezug auf die David-Darstellungen jedoch eindeutig der Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom.

 Vgl. Davidson, B. F. (1985, 81 f.).  Dass sich der Auftraggeber Federico II. Gonzaga (1500 – 1540) als David sah, ist mehrfach vermutet worden – nicht zuletzt, weil er den Ehemann seiner Geliebten hat umbringen lassen.Vgl. Verheyen, E. (1977, 32 f.).  Vermutlich inspiriert davon, hat sich später Peter Paul Rubens anregen lassen, diese Themen zu malen. Vgl. Vgl. D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 119 – 128). Mehr dazu in Kapitel C. 4.2.1.  Vermutlich handelt es sich nicht um den Mord an Urija, sondern darum, wie David Urija betrunken macht.  Vgl. Kliemann, J. (2004a, 432– 451). Alessandro Farnese liess hier auf Grundlage der verschiedenen Programme eine schriftliche Erläuterung der Ausmalung und ihrer komplexen Thematik anfertigen, die den Besuchern zur Verfügung gestellt wurde.  Ullrich, U. B. (2006, 63).

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen

479

3.6.2. David-Darstellungen von Francesco Salviati im Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom Die Ähnlichkeit mit Blick auf das ikonographische Programm zwischen Schloss Eggenberg und dem Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom ist auffällig, in der Forschung jedoch noch nie näher untersucht worden. Ob Hans Ulrich oder Johann Anton von Eggenberg den Palazzo Ricci-Sacchetti in Rom kannten, ist gut möglich, jedoch nicht belegt.³⁵⁹ Der Palazzo Ricci-Sacchetti an der Via Giulia 66 in Rom wurde 1543 von Antonio da Sangallo errichtet und von Kardinal Giovanni Ricci (1497– 1574) nach dessen unerwartetem Aufstieg in die Kurie 1552 gekauft, erweitert und mit einer reichhaltigen Innendekoration ausgestattet. Die Fresken zu den Erzählungen aus den Samuelbüchern von Francesco Salviati in der Sala Grande oder Sala dell’Udienza (auch: Sala di Mappamondi) entstanden zwischen 1553 und 1554. Sie gehören zu den eindrucksvollsten, die in Rom in der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden sind.³⁶⁰ Das Bildprogramm dürfte unter Mitarbeit von Paolo Giovio (1483 – 1552) konzipiert worden sein,³⁶¹ für das Bildprogramm im gesamten Palazzo ist jedoch vermutlich der Auftraggeber selbst verantwortlich.³⁶² Ausser den Bildern zu den Samuelbüchern finden sich im piano nobile ungefähr 120 weitere Wandgemälde, verteilt auf insgesamt zehn Räume, die um einen Innenhof angeordnet sind. So sind einzelne Räume berühmten Herrschern, beispielsweise Hannibal oder Alexander dem Grossen, gewidmet, daneben gibt es aber auch Freskenzyklen zu biblischen Figuren wie König Salomo, Tobias oder Moses, ein Zimmer mit mythologischen Gemälden, möglicherweise zu den Metamorphosen Ovids,³⁶³ zu den vier Jahreszeiten, zu Romulus, und zu Odysseus.³⁶⁴ Alle werden sie als tapfere Helden und weise Herrscher dargestellt. So wird beispielsweise die Götzenverehrung Salomos

 Vgl. Marauschek, G. B. (1968, 126.132); ausführlich zum Romaufenthalt Johann Antons auch Lesky, G. (1970, 263 f.).  Vgl. Kliemann, J. (2004b, 386); de Jong, J. L. (1992, 135) u. a. Ausführlich dazu Dumont, C. (1973).  Vgl. zur Frage nach den Vorlagen Monbeig Goguel, C. (2001, 47 f.).  Vgl. Brassat,W. (2003, 183). Dazu auch de Jong, J. L. (1992, 154 f.) im Hinblick auf das gesamte Bildprogramm: „It has been suggested that Giacomo Marmitta, the cardinal’s secretary, was involved in writing the program of the decoration. This is very possible, given the biblical and classical knowledge his poems reveal. But whoever worked out the details of the decoration, it may have been someone else who decided which subjects were to be represented. In our case it is tempting to assume that the cardinal himself made this decision, as many subjects represented correspond to elements of his own career and status.“ Vgl. bereits Dumont, C. (1973, 208 f.).  Vgl. dazu de Jong, J. L. (1992, 146 f.).  Vgl. ausführlich dazu de Jong, J. L. (1992, 135– 156).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

(1Kön 11) nicht erwähnt, hingegen eine vorteilhafte Geschichte (vom sogenannten „Schiessen auf den toten Vater“) aus dem Babylonischen Talmud (Baba Batra III) aufgenommen, die seit dem 13. Jahrhundert Salomo zugeschrieben wird.³⁶⁵ Im Hinblick auf die Themenwahl lässt sich eine übergreifende Konzeption von Tugendbeispielen vermuten. Die Ausstattung dieser Räume erfolgte durch Ponsio Jacquio und einige unbekannte Künstler und unterscheidet sich in Stil und Ausführung wesentlich von der Sala dell’Udienza.³⁶⁶ Allerdings wurde vermutet, dass ein „interrelationship between the subjects of the various decorated rooms“³⁶⁷ nicht programmatisch, sondern eher allgemeiner Art sei. Hierfür spricht auch, dass David in der Sala dell’Udienza keineswegs ausschliesslich vorteilhaft dargestellt wird. Lediglich in den kartuschenförmigen Grisaillen (kleine Gemälde in Grautönen) über den Hauptbildern finden sich diejenigen Situationen aus dem Leben Davids, die häufig in Deckengemälden dargestellt sind: die Salbung Davids durch Samuel (1Sam 16), David schlägt Goliat den Kopf ab (1Sam 17) und der psalmodierende David.³⁶⁸ Drei Fresken widmen sich in der Sala dell’Udienza Saul (Saul bedroht David mit dem Speer, 1Sam 18,10 f.; 19,9 f.; Saul und die Totenbeschwörerin von En Dor, 1Sam 28; der Tod von Saul und seinen Söhnen, 1Sam 31). Die Bilder beschränken sich also nicht auf die Darstellung Davids, wie allgemein angenommen wird.³⁶⁹ Im Gegenteil: Auf „den monumentalen quadri der Längswände ist von David überhaupt nichts zu sehen“.³⁷⁰ Eine chronologische beziehungsweise narrative Abfolge der Wandgemälde ist hier ebenfalls nicht erkennbar. Den vier Wandseiten lassen sich aber eindeutig vier verschiedene Themenkreise zuordnen. An der Südwand befinden sich drei Bilder von Saul. Darüber befindet sich eine wesentlich kleinere Darstellung von der Salbung Davids. Damit spielt Salviati anschaulich auf die

 Vgl. de Jong, J. L. (1992, 144 f.).  Vgl. dazu de Jong, J. L. (1992, 137.140 f.).  De Jong, J. L. (1992, 154).Vgl. de Jong, J. L. (1992, 154): „There is a possibility that one unifying program for the decoration of all the rooms did not exist, and that the subject to be represented were chosen only shortly before the artists started to work.“  Vgl. Ganz, D. (2003, 126).  Vgl.Vgl. Brassat,W. (2003, 185) spricht von „vier Lebensabschnitten Davids“, die repräsentiert wären, und bezeichnet das Bild vom Tod Sauls (1Sam 31) als „Kampf Davids mit seinem Bruder Saul“ – was natürlich in mehrfacher Hinsicht falsch ist: Weder ist David der Bruder Sauls, noch kämpft David gegen Saul.  Ganz, D. (2003, 125).

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen

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göttliche Erwählung und Verwerfung der beiden Herrscher an.³⁷¹ An der Westwand sind unterschiedliche Szenen aus dem Leben Davids dargestellt: Zweimal kommt Michal vor (1Sam 19,11– 17; 2Sam 6,12 – 23), und einmal ist dargestellt, wie David dem schlafenden Saul Speer und Becher raubt (1Sam 26). Damit könnte auf die zwischenmenschliche „Erwählung“ und „Verwerfung“ angespielt sein: einmal repräsentiert durch Michals Liebe und ihre Hilfsbereitschaft, einmal durch ihre Verachtung und Verspottung Davids. David hingegen richtet nicht über Saul, den Gesalbten Gottes, sondern überlässt das Urteil der göttlichen Macht. Das Thema der Nordwand widmet sich mit drei Bildern der AbsalomGeschichte. Das mittlere Bild zeigt die Tötung Absaloms durch Joab, das rechte, wie David vom Tod seines Sohnes berichtet wird. Beim linken Bild ist jedoch Vorsicht geboten mit einer vorschnellen Zuordnung zu einem Bibeltext, da keine eindeutigen ikonografischen Indizien erkennbar sind. Vermutlich stellt es jedoch dar, wie David nach dem Tod Absaloms im Tor sitzt (2Sam 19,5 – 8). Die Ostwand hat die Batseba-Geschichte zum Gegenstand. Gezeigt wird nicht nur die badende Batseba, sondern auch, wie Batseba zu David geht, und vermutlich der Tod Urijas (2Sam 11,14 – 17). Mit der kleinen übergeordneten Abbildung von Davids Sieg über Goliat schlägt Francesco Salviati auch hier, ähnlich wie an der Südwand, den Bogen von heldenhaftem Sieg zu Verfehlung und Schuld durch Ehebruch und Mord. Insgesamt ist der Speer in diesen Darstellungen eine Art „Leitmotiv“: Saul bedroht David mit dem Speer; David stiehlt diesen Speer nachts dem Saul; durch den Speer kommen später Saul und seine Söhne, Urija und Absalom, ums Leben – ohne, dass David etwas dazu tut.³⁷² David selbst ist jedoch der Bedrohung des Speeres entronnen und hat der Versuchung, seinen Gegner umzubringen (Gemälde zu 1Sam 26), widerstanden. Sowohl Francesco Salviati als auch sein Auftraggeber, Kardinal Giovanni Ricci, waren zweifellos äusserst gebildete und scharfsinnige Humanisten. Es kann daher vorausgesetzt werden, dass die „irritierende[…] Themenauswahl aus der Davidvita“³⁷³ nicht zufällig ist. Einerseits wurden beliebte Szenen ausgewählt, die sehr häufig ikonografisch präsent sind, andererseits auch Themen, die nur selten gemalt wurden.³⁷⁴ So findet sich das Thema des Kampfes von David gegen Goliat verschiedentlich in Wand- und Deckenmalereien in Rom:

 Vgl. Ganz, D. (2003, 125): „Von Salviatis Pinsel wird die Geschichte Davids aus dem Alten Testament allerdings so aufbereitet, dass alle auf das Strukturmodell der Heilsgeschichte zielenden Sinnerwartungen der Betrachter gründlich unterlaufen werden.“  Vgl. Ganz, D. (2003, 128).  Ganz, D. (2003, 125).  Vgl. Kliemann, J. (2004b, 388).

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

beispielsweise die brutale Darstellung von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle (1508 – 1512), im Zwickel zwischen Eingangswand und Südwand,³⁷⁵ oder ein Gemälde von Perino del Vaga (1501– 1547) in der Sala Regia im Vatikan. Auf Michelangelos Bild etwa lebt Goliat noch und versucht sich aufzurichten, während David, das Schwert weit aufgezogen, über ihm steht. Auch der triumphale Ausgang dieses Kampfes findet sich als Thema von Deckenmalereien in Rom, etwa in einem Gemälde von Andrea Pozzo in Sant’Ignazio, 1685. Es erstaunt, dass Francesco Salviati diese Szene, die traditionell zu einem DavidZyklus gehört, im Sala dell’Udienza in die Randfelder gerückt und in ein kleines Medaillon gepresst hat,³⁷⁶ während andere, eher biblische Randgeschichten im Mittelpunkt stehen. Damit gibt er hier einer zentralen Geschichte eine sekundäre Bedeutung und rückt stattdessen zwei weniger bekannte Schlachtdarstellungen – die Darstellung vom Tod Sauls und wie der Amalekiter das Schlachtfeld verlässt, um David die Insignien Sauls zu überbringen (1Sam 31– 2Sam 1) – in den Vordergrund. Auch die Darstellung der badenden Batseba, wie sie sich in der Sala dell’Udienza findet, ist häufig. Eine Erzählung von Clément Marot (1496 – 1544), Hofdichter Franzʼ I. von Frankreich, erwähnt 2Sam 11 ausdrücklich als Thema einer Wandmalerei.³⁷⁷ Einmalig ist in der Sala dellʼUdienza daher nicht das Gemälde der badenden, schönen Frau, sondern jenes, in dem sich Batseba auf den Weg zu David macht. Francesco Salviati malte Batseba viermal in ein und demselben Gemälde.³⁷⁸ Szenisches Erzählen war nicht unüblich; so kommt beispielsweise auch David in einigen Abbildungen zweimal vor, und Salviati hat wiederholt einer zentralen Hauptszene eine oder mehrere Nebenszenen gegenübergestellt. Damit wird deutlich: „Rather than a sequence of incidents, the historiae of David cycle represent conceptual ideas responding to the representations on the other walls. They are evidence of visual thinking in contrasts and similarities, articulated both in modifications of iconographic convention and particularly in a bold linking of pictorial categories hitherto unseen.“³⁷⁹

    

Vgl. Pfeiffer, H. W. (2007, 129 – 132). Vgl. Kliemann, J. (2004b, 388). Vgl. Kunoth-Leifels, E. (1962, 35). Ausführlich dazu Stewering, R. (2005, 62– 64). Stewering, R. (2005, 69).

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen

483

Fig. .. Ikonografisches Schema der Sala dell’Udienza aus: Coliva, A. (, ). a) Ostwand: „Batseba“ . David tötet Goliat (Sam ) . Urijas Tod (vermutlich Sam , – ) . Batseba im Bad (Sam , – ) . Batseba geht zu David (Sam , f.) . Die Sonne bestrahlt einen Igel, den die Götter mit Reichtum beschenken . Zwei Igel werden von Ops, der Göttin der Fruchtbarkeit, mit Milch aus ihren Brüsten genährt

 Ganz, D. (2003, 121.125 Abb. 95) bezeichnet das Bild als „Triumph Davids“, das zeige, „wie David siegreich von Feldzügen zurückkehrt“. Diese Bildzuschreibung ist eindeutig falsch: Der tanzende David, die Lade im Hintergrund, und Michal, die aus dem Fenster schaut, weisen eindeutig auf 2Sam 6.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

b) Nordwand: „Absalom“ . Ignudi . David spielt Harfe . David sitzt im Tor (vermutlich Sam , – ) . Absaloms Tod (Sam , – ) . David hört von Absaloms Tod (Sam , – ) . Fortuna mit Füllhorn . Drei Grazien präsentieren dem Apoll einen Igel . Die Sonne bestrahlt einen Igel c) Westwand: „Kairos, Hypnos und Thanatos“ . Michal verhilft David zur Flucht (Sam , – ) . David verschont Saul (Sam ) . Kairos . Thanatos . David tanzt vor der Lade und Michal beobachtet ihn (Sam , – )³⁸⁰ . Hypnos d) Südwand: „Saul“ . Putto . Weibliche Allegorie . Samuel salbt David (Sam , – ) . Saul bedroht David mit dem Speer (Sam , f. und , f.) . Der Tod von Saul und seinen Söhnen (Sam ) . Saul und die Totenbeschwörerin von En-Dor (Sam ) . Die Sonne bestrahlt einen Igel . Medaillon mit Fortuna und der Inschrift „FORTUNA VINC.“ . Ein Mensch wird von Flammen verschlungen

Auffällig ist aber auch das „völlig einmalige Dekorationssystem“³⁸¹ in der Sala dell’Udienza: historische und allegorische Darstellungen sind aufs Engste miteinander verknüpft.³⁸² Der basamento, der die Höhe der Türen erreicht, bildet den unteren Teil. Ausgefüllt ist er mit fingierten Säulen, deren Hintergrund unbestimmt im Dunkeln bleibt, und zahlreichen Schätzen des Kunstliebhabers wie etwa einer Bronzestatuette, kostbaren Gefässen und Wandbehängen mit eingesticktem Wappen. Nicht zuletzt fallen aber Tücher auf, die alle einen „Riccio“, einen Igel, zeigen und damit auf den Auftraggeber, Kardinal Giovanni Ricci, anspielen. In den insgesamt sieben Abbildungen wird dieser Igel einmal von der Sonne beschienen, ein anderes Mal leert die Fortuna ihr Füllhorn über ihm aus. Ops, die Göttin der Fruchtbarkeit, bespritzt ihn mit Milch aus ihren Brüsten, und schliesslich präsentieren ihn drei Grazien dem Sonnengott Apoll.³⁸³ Damit wird

 Kliemann, J. (2004b, 386). Vgl. auch Dumont, C. (1973, 134).  Vgl. Stewering, R. (2005, 60).  Vgl. Kliemann, J. (2004b, 387).

3.6. Der David-Zyklus in Eggenberg im Kontext von ähnlichen Freskenzyklen

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eindeutig daran erinnert, welches Glück der Auftraggeber, Kardinal Giovanni Ricci, geniesst. Im oberen, insgesamt sieben Meter hohen Salone befinden sich dann die Gemälde zu Erzählungen aus den Samuelbüchern, umgeben von fiktiven Vasen, Putten, ignudi, Sibyllen, Musen, Widderköpfen und üppigen Girlanden.³⁸⁴ Da die vielen Bilder mit einem Igel auf den Auftraggeber Kardinal Giovanni Ricci verweisen, kann vermutet werden, dass auch die übrigen Bilder in einem engen Zusammenhang zu ihm und seinem Leben gesehen werden müssen. So wurde seine Beförderung als Nichtadeliger in die Kurie mit Davids Aufstieg vom Hirtenjungen zum König über Israel parallelisiert.³⁸⁵ Es fällt jedoch insgesamt auf, dass nicht nur Erwählung, Aufstieg und Erfolg repräsentiert sind, sondern auch Schuld (Ehebruch), Gefahren (Aufstand Absaloms) und Misserfolg.³⁸⁶ An der Westwand sind ferner illusionistisch drei monumentale Figuren wiedergegeben. Eindeutig erkennbar ist Kairos, der Gott des günstigen Augenblicks, an seinem kahlen Hinterkopf und der langen Locke. Diese merkwürdige Gestalt mit Flügeln an Schultern und Füssen balanciert eine Waage und war Salviati vermutlich von einem antiken Relief her bekannt, das er in Florenz studiert hat-

 Vgl. Fastenrath, W. (1995, 132– 136); Ganz, D. (2003, 120 – 122).  Vgl. Dumont, C. (1973, 201): „Comme David, le cardinal Ricci, issu d’une famille modeste, a été jugé digne des plus grands honneurs.“ Ganz, D. (2003, 129): „Das tertium comparationis dieser Analogisierung Riccis als alter David war angesichts der Lebensumstände des Kardinals nicht schwer zu erraten; wie die Forschung zuletzt immer wieder betont hat, durfte sich der homo novus aus Montepulciano als ähnlich von Kairós Verfolgter fühlen wie der vom Hirtensohn zum Königsthron aufgestiegene David.“ Vgl. auch Kliemann, J. (2004b, 388) und Jong, J. L. (1992, 155), der allerdings zur Vorsicht mahnt: „[…] we should not even attempt so see this relationship on more than a general level.“ Giovanni Ricci wurde 1497 in Montepulciano als Sohn nichtadeliger Eltern geboren. Mit fünfzehn Jahren kam er nach Rom und stand seitdem im Dienst verschiedener Kardinäle, später von Papst Paul III. (1534– 1549). Für ihn reiste er durch ganz Europa, um verschiedene diplomatische Missionen auszuführen. Nach dem Tod Pauls III. berief ihn Papst Julius nach Rom, wo er – zum Kardinal erhoben – als Generalschatzmeister für die päpstlichen Finanzen zuständig war. Giovanni Ricci war nicht nur ein grosser Organisator und erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch einer der grössten Antiquitätensammler jener Zeit. Vgl. de Jong, J. L. (1992, 135).  Es sind jedoch auch da biografische Bezüge möglich: Kardinal Giovanni Ricci hatte einen Sohn, der ihm später seine Wahl zum Papst verunmöglichen sollte. An diesen unehelichen Sohn könnten möglicherweise die Darstellungen von Batseba erinnern. Die Schwierigkeiten, die Giovanni Ricci später mit diesem illegitimen Sohn hatte, könnten eventuell in den Darstellungen zur Absalom-Geschichte aufgegriffen worden sein – so bereits Cocke‚ R. (1980, 199). Diese biografischen Befunde dürfen nicht überbewertet werden, da ihr Zusammenhang mit dem Bildprogramm nicht sicher belegt ist; vermutlich wurden die Bilder gemalt, bevor es zu Konflikten wegen des Sohnes kam.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

te.³⁸⁷ Schwieriger ist die eindeutige Zuordnung der beiden anderen Figuren, da sie keine spezifischen Insignien tragen. Die Vermutung liegt jedoch nahe, dass es sich um das Brüderpaar Hypnos und Thanatos handelt. Sowohl bei Hypnos als auch bei Thanatos sind ähnliche Darstellungen aus der Antike bekannt: Beide wurden als nackte Jünglinge mit lockigem Haar, teilweise auch mit Flügel, dargestellt.³⁸⁸ Welche Bedeutung Kairos, Hypnos und Thanatos im Hinblick auf das Bildprogramm zukommt, wird in der Forschung unterschiedlich beurteilt. Während einige in Kairos den Schlüssel zur Interpretation sehen,³⁸⁹ wird dies von anderen eindeutig bestritten.³⁹⁰ Die entscheidende Frage in dieser Debatte ist, ob Kairos hier eine Personifikation des Glücks ist oder ob er für die Tugend steht, den richtigen Moment beim Schopfe zu packen. Oder anders ausgedrückt: Stehen fortuna oder virtus im Vordergrund? Diese Frage entscheidet sich nicht zuletzt mit Blick auf das Gesamtthema und die Darstellungen zu den Samuelbüchern. Diese erzählen nämlich eine „Geschichte ohne Protagonisten, ohne Helden“.³⁹¹ Weder kann hier von einer „view of David as the humble psalmist“³⁹² gesprochen werden, noch das Thema auf einen vorbildhaften Sieg der umilitas über die superbia reduziert werden.³⁹³ Zwar kann man sagen, dass David Kairos beim Schopf packt, während Saul Hypnos und Thanatos verfällt (vgl. die Bilder zu 1Sam 26 und 1Sam 30), aber insgesamt wird David sehr passiv dargestellt. Viel eher ist anzunehmen, dass es dem Künstler darum ging zu zeigen, von welch kurzer Dauer das Glück ist und wie schnell sich das Schicksal wenden kann. Schliesslich sind mit Hypnos und Thanatos dem menschlichen Machtstreben eindeutig Grenzen gesetzt.³⁹⁴ Während David auserwählt ist und die Gewissheit hat, dass das Glück siegt (FORTUNTA VINC.), wie als Motto auf einer riesigen antiken Bronzemünze, die  Er hat sie, offensichtlich fasziniert von einer solchen Personifikation des Glücks, bereits Jahre zuvor im Palazzo Vecchio in Florenz gemalt.Vgl. Brassat,W. (2003, 187); Kliemann, J. (2004b, 389).  Vgl. Bažant, J. (1994, 906 f.).  Vgl. Fastenrath, W. (1995, 136): „Bislang wurden gerade die vitalisierten Figuren weitgehend außer acht gelassen, denen wahrscheinlich im Programm besondere Schlüsselfunktionen zuzusprechen sind.“ Vgl. auch Ganz, D. (2003, 120 – 133).  Vgl. Kliemann, J. (2004b, 389) geht davon aus, dass es sich um einen nachträglichen Einfall des Künstlers und „keine von vornherein geplante, programmatische Figur“ handelt. Hiermit rückt Kliemann, J. (2004b, 389) auch das sinnliche und zugleich intellektuelle Vergnügen in den Vordergrund und warnt vor der Suche nach verborgenen theologischen und moralischen Botschaften.  Ganz, D. (2003, 126): „David ist entweder gar nicht anwesend oder er agiert passiv im Hintergrund.“  Cocke, R. (1980, 195).  Gegen Stewering, R. (2005, 60). Auch die Deutung von Fastenrath, W. (1995, 134 f.), dass hier die kriegerischen Tugenden Davids dargestellt und durch Sybillen, Musen und Ignudi die Ankunft des Messias angekündigt werde, ist unwahrscheinlich.  Vgl. Brassat, W. (2003, 188).

3.7. Fazit

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über dem Gemälde vom Tod Sauls gemalt ist, geschrieben steht, wird Saul verworfen. Hiermit verbunden ist jedoch nichtsdestotrotz die existentielle Frage, wie der Mensch sich bezüglich des eigenen ungewissen Schicksals verhalten soll.³⁹⁵ Der Freskenzyklus stellt Macht als unverfügbare Gunst der Stunde dar. Das Glück bleibt ein unwägbares Gut.³⁹⁶ Damit bleibt die Erscheinung der Dekorationsmotive aber auch vielschichtig, und ebenso ihre Interpretation: Moraldidaktische Funktion und ästhetischer Anspruch dürfen nicht grundsätzlich gegeneinander ausgespielt werden. Besonders auffällig aber ist, dass die literarische Figur Davids hier nicht als Ideal, sondern als fehlerhafter und passiver „Held“ dargestellt wird. In diesem Sinn folgt das Bildprogramm einer Geschichtstheologie, die nicht nur im Geglückten den Ausweis der göttlichen Legitimation sieht. Fancesco Salviati reduziert seine Botschaft nicht auf eine heilvolle Errettung, sondern erinnert an die Gefahren, denen David ausgesetzt war: den Speerwurf Sauls (1Sam 18,10 f. und 19,9 f.), die Flucht vor Saul (1Sam 19,11– 17), der Tod seines Sohnes Absalom nach dessen Aufstand gegen ihn (2Sam 18,9 – 18) und die Schönheit einer Frau, die dem alttestamentlichen König zum Verhängnis wird (2Sam 11 f.).³⁹⁷ Nicht eine Allegorisierung der Macht oder das „Heroenkonzept“, das z. B. Michelangelo Buonarotti mit seiner vier Meter hohen Marmorstatue von David („Il Gigante“) aufgegriffen hat und das Francesco Salviati aus Florenz sicher bekannt war, stehen hier im Vordergrund, sondern ein fehlerhafter und immer wieder bedrohter, ohnmächtiger Held, der trotz allem von Gott erwählt ist und das Glück auf seiner Seite hat.

3.7. Fazit Auch wenn Palazzo Ricci-Sacchetti und Schloss Eggenberg zeitlich und räumlich weit auseinander liegen, sich daher auch stilistisch unterscheiden und ikonografisch bei der Auswahl der Themen aus den David-Erzählungen je eigene Akzente setzen, fallen doch markante Gemeinsamkeiten auf: David wird zur hermeneutischen Schlüsselfigur, wenn es um die Deutung der Bilder geht. Die Darstellung seiner Bedrohung entzieht sich einer eindeutigen Kategorisierung der Gemälde als Darstellung der fortuna oder virtus (Pallazzo Ricci-Sacchetti) oder

 Vgl. Schmied-Hartmann, P. (1997, 161).Wenn überhaupt, dann thematisiere Francesco Salviati hier die „Bedeutung des exemplum als einer praxisrelevanten Orientierung“.Vgl. Brassat,W. (2003, 186).  Vgl. Ganz, D. (2003, 133).  Vgl. anders Ganz, D. (2003, 128), der davon ausgeht, dass David „ein von günstigen Gelegenheiten Verfolgter“ sei, dem das Glück an den Fersen klebt.

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3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

einer Zuteilung in positive und negative Exempel. Weder im Palazzo Ricci-Sacchetti noch in Schloss Eggenberg ist David lediglich Tugendbeispiel und Vorbild. Zwar wird David gerade im geduldigen Ertragen des Schicksals beziehungsweise seines Leidens ein exempel und als Präfiguration Christi verastanden; dies macht insbesondere das Emblem ONUS MEUM LEVE (Abb. 3.29.) in Schloss Eggenberg deutlich. Aber in beiden Fällen wird auch sein Vergehen an Batseba thematisiert und an seine Hybris erinnert. Von Michal (im Palazzo Ricci Sacchetti) beziehungsweise vom Propheten Natan, später von Gad (in Schloss Eggenberg) wird David zurechtgewiesen und getadelt und schliesslich von Gott bestraft. Wie David vom Hirtenjungen zum König von Israel und Juda aufgestiegen ist, so sind auch Giovanni Ricci und Hans Ulrich von Eggenberg zu grosser Macht und Einfluss gekommen. Aber nicht nur an den Aufstieg soll David erinnern, sondern auch an die Gefahren, die diese neue Situation mit sich bringt, an Bedrohungen aller Art: Neid, Aufstände des Volkes, Anfeindungen durch andere Fürsten, Verantwortung in Anbetracht von Inflation, Krieg, Hungersnot und Pest. In beiden Fällen dient David einem neureichen und unverhofft zu Ruhm und Ehre aufgestiegenen nichtadeligen Herrscher als memento mori. Oder nach dem Motto von Hans Ulrich von Eggenberg: HOMINES SUMUS – Menschen sind wir und auf die Hilfe Gottes und die Gunst der Fortuna angewiesen. Die Davidgemälde thematisieren Aufstieg und Fall, Macht und Ohnmacht und setzen dem menschlichen Tun und Wollen eine göttliche Grenze. Dass in Schloss Eggenberg für die Deckengemälde zu David die sechzehnteilige Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Marten de Vos verwendet wurde, überrascht dabei nicht. Auch sie sind – wie die überwiegende Mehrheit der Kupferstichvorlagen in Schloss Eggenberg – „Illustrationen populärer Bücher“.³⁹⁸ Thematisch fügen sie sich gut in das gesamte Bildprogramm, auch wenn sie sich jedoch einer eindeutigen Zuordnung in Tugend und Laster entziehen und den Auftraggeber an die Grenzen seiner Macht erinnern.

 Kaiser, B. (2006, 138)

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen¹ Kunst Nachdem in den vorangehenden Kapiteln ganze Bildserien in Bezug auf das Motiv des bedrohten Davids untersucht wurden, soll nun ein einzelnes Motiv, nämlich das der beiden Propheten Natan und Gad, die David das Gericht Gottes ankündigen (2Sam 12, 1– 15 und 2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1), näher analysiert werden. Im Fall der Begegnung von David und Natan bilden Zeichnungen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 – 1669) den Ausgangspunkt der Untersuchung. Bezüglich Gads Strafandrohung an David sollen ein Kupferstich im Breviarium Romanum von Peter Paul Rubens (1577– 1640) sowie eine Zeichnung und zwei (Altar‐) Gemälde von Jan Boeckhorst (1604 – 1668) untersucht werden. Da dem Künstler als Ausleger der biblischen Texte eine entscheidende Rolle zukommt, gilt es nicht nur, nach den religionspolitischen und „auslegungsgeschichtlichen“² Verhältnissen zu fragen, sondern auch nach den biografischen Bezügen: Welches Herrscherverständnis wird in den Bildern deutlich? In welcher Rolle werden Natan beziehungsweise Gad dargestellt und was sagt diese Darstellung wiederum über den Künstler aus? Es soll untersucht werden, inwiefern die Künstler das biblische Thema nutzten, um eine „Macht-Begrenzung“ beziehungsweise Gottes Strafe darzustellen, wie sie prophetische Kritik am alttestamentlichen Herrscher in Bild und Text des 17. Jahrhunderts zum Ausdruck brachten, sowie ob und inwiefern David als bedrohter, ohnmächtiger Herrscher einer mächtigen und überlegenen Geistlichkeit gegenüber dargestellt wurde.

 Der Begriff „niederländisch“ bezieht sich auf die niederländische Republik, bestehend aus den nördlichen Provinzen, während mit „flämisch“ die südlichen Provinzen unter spanischer Besetzung gemeint sind. Beide Begriffe sind also in ihrem historischen und kulturellen Kontext zu verstehen und nicht mit den heutigen Gebietsbezeichnungen identisch. Insgesamt haben die Kunstwerke aus den Nord- und Süd-Provinzen in der Zeit zwischen 1585 – 1700 viele Gemeinsamkeiten. Vgl. ausführlich dazu Vlieghe, H. (1998, 1).  Gemeint ist damit die Auslegung der entsprechenden Texte zu dieser Zeit in „exegetischen“ Werken sowie in der weiteren theoretischen Literatur.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn und seiner Schule Insgesamt über dreissig Bilder – Gemälde, Fresken, Skizzen und Grafiken – von verschiedenen Künstlern der frühen Neuzeit zu Natan und David sind bekannt. Sie unterscheiden sich alle mehr oder weniger stark voneinander. Gemeinsam ist ihnen lediglich, dass Natan und David immer als zentrale Figuren vorkommen. Meist sind nur diese beiden ganzfigurig (Abb. 4.10.),³ hin und wieder auch halbfigurig (Abb. 4.11.),⁴ dargestellt. Grundsätzlich können dabei zwei Bildtypen unterschieden werden. Der eine Bildtyp zeigt David auf seinem Thron sitzend, entweder mit den Händen gestikulierend oder aufmerksam zuhörend. Natan wird häufig etwas unterhalb von David dargestellt, und seine Hände unterstreichen den Redegestus. Vermutlich wird jeweils die Szene abgebildet, in der Natan die Geschichte vom armen und reichen Mann erzählt (2Sam 12,1– 4). Hin und wieder wird durch die Darstellung eines Schafes direkt darauf angespielt.⁵ Der andere Bildtypus zeigt David, der in tiefer Reue über seine Tat vor Natan kniet, die Hände entweder über der Brust zusammengeschlagen, sein Gewand zerreissend oder zum Gebet gefaltet.⁶ Diese Darstellungen beziehen sich somit auf das Geschehen nach der Gerichtsankündigung Natans an David (2Sam 12,13). Beide Bildtypen

 Vgl. beispielsweise Jacopo Palma, il Giovane, Natan und David, erste Hälfe 17. Jahrhundert, Kunsthistorisches Museum Wien, Inv.-Nr. GG 3816.  Vgl. beispielsweise Jacob Adriaenszoon Backer, Natan ermahnt David, Leinwand, 102 x 146 cm, sign. Jacob. D. b. fecit, 1626, Privatbesitz. Vgl. Sumowski, W. (1983 f, 3755). Aert de Gelder, Natan ermahnt David, 104 x 128 cm, 1683, Tel Aviv Museum of Art, Tel Aviv; Aert de Gelder, Leinwand, 99,1 x 125,7 cm, signiert und 1683 datiert, unbekannter Besitz. Dazu Sumowski, W. (1983b, 1196 und 3689) und von Moltke, J.W. (1994, fig. 22).Vgl. ähnlich auch Aert de Gelder, Haman rät Ahasver, die Juden umbringen zu lassen, Birmingham Barber Institute of Fine Arts. Diesem Gemälde kompositionell sehr ähnlich ist auch Ferdinand Bol, David und Natan, Rijksmuseum, Het Catharijneconvent, Utrecht. Angaben bei Blankert, A. (1982, 163). Angeblich kompositionell an Benesch, O. (1957a, Nr. 918), hier Abb. 4.3. erinnernd.Vgl. möglicherweise auch Ferdinand Bol, Natan ermahnt David [nicht eindeutig], 1663, Öl auf Leinwand, 36,5 x 47,5 in. Central Picture Galleries, New York.  So etwa im Fresko des Kapitelsaals der Benediktinerabtei Ettal, das umgeben ist von vier Allegorien zum Thema Schuld und Busse. Dazu Bauer, H. / Rupprecht, B. (1981, 323 – 325).Vgl. zudem den Kupferstich von Johann Christoph Weigel in der Biblia Ectypa sowie in einem Kupferstich von Cornelis Galle nach Hendrik Aertsen und Jan van den Horick, in: Michaël de Dôle, Den Spighel van den Berowhebbenden Sondaer oft wtbeeldinge van den Miserere 50 Psal. van Dauid met schoone copere figuren dinende tot vergelyckenissen met de passie ons Heeren ende deuote meditatien op elc belt, 1645, p. 164, Plantin Moretus Museum, PK.OPB.0039.158 | R.51.  So etwa in der sechzehnteiligen Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos. Vgl. Abb. 2.36.c. und Abb. 2.36.d.

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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halten also nicht den dramatischen Höhepunkt der Erzählung, nämlich wie Natan David deutlich macht, dass David selbst der Mann ist (2Sam 12,7), den er gerade verurteilt hat, bildlich fest.Vielmehr wird entweder der Moment unmittelbar davor beziehungsweise unmittelbar danach dargestellt. Lediglich vereinzelte Kupferstiche zeigen Natan genau in dem Moment, in dem er mit ausgestrecktem Arm direkt auf David deutet und ihm deutlich macht, dass er selbst der Schuldige ist: „Du bist der Mann“ (2Sam 12,7). Die Skizzen von Rembrandt van Rijn bilden eine Ausnahme, weil sie sich weder dem einen noch dem anderen Bildtypus eindeutig zuordnen lassen. Sie zeigen David auf einem Thron sitzend und Natan vor ihm stehend. David wirkt erschrocken, hat die Strafe vermutlich bereits vernommen, ist aber noch nicht dazu übergegangen, Busse zu tun. Die Skizzen von Rembrandt van Rijn verdienen daher im Folgenden besondere Beachtung.

4.1.1. Die Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn Schätzungsweise 700 Handzeichnungen zu biblischen Szenen sind von Rembrandt Harmenszoon van Rijn und seinem Umfeld bekannt. Nur wenige dieser Zeichnungen, die als flüchtige, unausgeführte Skizzen damals keinen eigenen Verkaufswert hatten, sind als Studien für ein bestimmtes Gemälde identifizierbar.⁷ Rembrandt entwickelte kaum neuen Motive, sondern liess sich überwiegend von der Druckgrafik des 16. und frühen 17. Jahrhunderts anregen.⁸ Er stand „in a

 Vgl. Rotermund, H.-M. (1963, 5).  Vgl. Tümpel, C. (1970, Einleitung): „Die zahlreichen Motive, die vor Rembrandt nie ein Künstler dargestellt haben soll, sind also durch Druckgraphik aus dem 15., 16. und 17. Jahrhundert angeregt. In Rembrandts Besitz lassen sich Darstellungen fast aller Themen, die er behandelte, nachweisen.“ Unter den vielen grafischen Blättern, die im Konkursinventar von 1656 erwähnt sind, finden sich über dreitausend Darstellungen biblischer Themen, darunter das vollständige Werk von Maerten van Heemskerck und das fast vollständige Werk von Lucas van Leyden und Antonio Tempesta, ferner eine deutschsprachige Josephusausgabe mit Illustrationen von Tobias Stimmer und fünfzehn Bücher unterschiedlichen Formats. Alles in allem besass Rembrandt nur gerade siebzehn gedruckte Bücher, daneben jedoch zahlreiche Kupferstichsammlungen. Vgl. zudem Tümpel, C. (1969, 109): „In seinem Besitz lassen sich Darstellungen fast aller Themen, die er behandelte, nachweisen. Er besaß sogar zu den meisten Themen mehrere Darstellungen, die stilistisch und ikonographisch verschiedenen Stilstufen angehörten und verschiedene Momente der Erzählung wiedergaben.“ Vgl. hierzu das Dokument 1656/12: 25. Juli 1656, Gemeentearchief, Amsterdam, in: Dudok van Heel, S. A. C. (1988, 83 – 85). Vgl. zudem Tümpel, C. (1995, 191): „Le peintre lui-même ne possédait guère de livres imprimés: dix-sept seulement. Nous n’en connaissons que six: la Bible, les œuvres complètes de Flavius Josèphe en allemand, un Tite-Livre, un Ovide; un ouvrage sur la guerre de Fronsberger, et un volume de son ami Jan Six. En revanche, il possédait de nombreux livres d’une espèce bien différente: des recueils de gravures.“

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

‚dialogue‘ with his major precursors and making a thorough study of their work that he achieved his own unique masterpieces“.⁹ Insbesondere von Lucas van Leyden (1494?-1533) liess er sich anregen. Einflussreich waren zu seiner Zeit aber auch Maarten van Heemskerck (1498 – 1574), der zusammen mit Dirck Volkertszoon Cornhert zahlreiche Kupferstichserien zum Alten Testament anfertigte.¹⁰ Angesichts der grossen Bekanntheit der sechzehnteiligen Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos erstaunt es nicht, dass Rembrandt im Hinblick auf die David-Erzählungen ähnliche Themen aufgenommen hat. Dazu zählen etwa folgende Skizzen: – Saul bedroht David mit dem Speer (1Sam 18,10 f. / 1Sam 19,9 f.),¹¹ – David spielt vor Saul Harfe,¹² – Davids Abschied von Jonatan (1Sam 20),¹³ – David verschont Saul in der Höhle von En-Gedi (1Sam 24)¹⁴ – David werden die Insignien Sauls überbracht (2Sam 1)¹⁵

 Van der Coelen, P. (1996a, 27).  Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 12 f.). Vgl. zudem van der Coelen, P. (1996a, 15): „His works, in which many episodes from the Old Testament were eloquently illustrated for the first time, exercized a fundamental influence on the iconography of Baroque painting and printmaking.“ Vgl. auch van der Coelen, P. (2002, 133 – 152); Pächt, O. (22005, 166 f.) und Tümpel, C. (1968, 95 – 126).  Vgl. Rembrandt van Rijn, Saul bedroht David mit dem Speer, Feder und Tinte, 20,7 x 30,6 cm, London Monel Collection.  Vgl. David spielt auf der Harfe vor Saul, um 1655, Federzeichnung 21,2 x 17,0 cm, Musée du Louvre, Paris, Benesch, O. (1957b, Nr. C 76).Vgl. den Überblick über das Thema von Saul und David bei Rembrandt in de Vries, A. B. / Tóth-Ubbens, M. / Froentijes,W. (1978, 148 – 159) und Epstein, M. M. (2006, 340 – 343).  Vgl. Rembrandt van Rijn, David und Jonatan, 1641– 1644, Feder, braun laviert, 18,1 x 23,5 cm, spätere Anmerkung: Rimbrant 1634, Paris, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Inv.-Nr. RF 4666, Benesch, O. (1955a, Nr. 552); Rembrandt van Rijn, David und Jonatan, 1632– 1633, Feder und Pinsel, 20,6 x 26,8 cm, The Barber Institute of Fine Arts, Birmingham, Benesch, O. (1954a, Nr. 74a).Vgl. zudem Benesch, O. (1955a, Nr. 502a); Benesch, O. (1957a, Nr. 862; 1025).Vgl. zu diesem Bildthema, jedoch ohne auf diese Zeichnungen hinzuweisen auch Tümpel, C. (1969, 140 – 146).  David verschont Saul, um 1657– 1660, lavierte Federzeichnung, 19,3 x 19,5 cm, Graphische Sammlung Albertina, Wien; Rembrandt van Rijn, David mit einem Zipfel von Sauls Gewand, Zeichnung 13,0 x 9,4 cm, Leiden sowie David hält ein Stück von Sauls Mantel, Fragment, ca. 1651, rote Feder und Bister, 13,0 x 9,4 cm, Leiden, Prentenkabinet of the University, Inv.-Nr. 1851, Benesch, O. (1957a, Nr. 874). Evtl. auch Benesch, O. (1955b, Nr. C 38). Vgl. zudem David und Abischai stehlen nachts Saul Speer und Wasserbecher (2Sam 26), ca. 1649 – 1650, Feder und Bister, 15,0 x 23,3 cm, Groningisch Museum, Groningen, Benesch, O. (1955a, Nr. 651).  David wird die Krone Sauls überbracht, um 1648, lavierte Pinsel- und Federzeichnung, 16,9 x 19,4 cm, Rijksmuseum, Rijksprentenkabinet, Amsterdam, Benesch, O. (1955a, Nr. 506). Evtl. auch Benesch, O. (1957a, Nr. 990).

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

– – –

493

Natan vor David (2Sam 12)¹⁶ evtl. David befiehlt auf der Flucht vor Absalom Zadok und seinen Söhnen, nach Jerusalem zurückzukehren (2Sam 15,24– 29) und David bestimmt auf dem Sterbelager Salomo zu seinem Nachfolger (1Kön 1).¹⁷

Während sich Rembrandt hin und wieder bei Zeichnungen und Gemälden von Maarten de Vos anregen liess,¹⁸ deutet nichts darauf hin, dass er bei der Erstellung der Skizzen von Natan vor David die sechzehnteilige Kupferstichserie von Aegidius Sadeler nach Maarten de Vos vor sich gehabt hat.¹⁹ Obwohl zweifellos Ähnlichkeiten mit der Bildtradition festgestellt werden können,²⁰ findet sich unter den Darstellungen Rembrandts keine, die den Grafiken Sadelers auch nur annähernd entsprechen würde.²¹ Rembrandt wollte seine Vorgänger nicht imitieren, sondern passte die Kompositionen seinem eigenen Stil an und übertraf damit seine Vorgänger in Form und Inhalt.²² Dabei stellte er zum Teil seine textgetreuere Dar-

 Vgl. dazu dieses Kapitel C. 4.1.  David auf dem Sterbelager erhört Batseba, breite Federzeichnung 14,8 x 15,5 cm, um 1633, Kupferstichkabinett München, sowie David auf dem Sterbebett, Salomo zu seinem Nachfolger ernennend, lavierte Federzeichnung, 21,8 x 20,5 cm, um 1656, Chatsworth, Herzog von Devonshire. Vgl. Benesch, O. (1954a, Nr. 146) und Benesch, O. (1957b, Nr. A 81).  Vgl. beispielsweise Schwartz, G. (21991, 102), der vermutet, dass das Gemälde, „An old woman reading: Rembrandts‘ mother as the prophetess Hannah“, signiert RHL 1631, Leinwand 59,8 x 47,7 cm, Bredius 69, Amsterdam, Rijksmuseum, auf einen Kupferstich von Maarten de Vos zurückgehen könnte. Zudem Tümpel, C. (1969, 118 – 123), der nachgewiesen hat, dass das Bild „Die Abreise der Sunamiterin“, bezeichnet und 1640 datiert, Holz, 35 x 53 cm, London, Victoria and Albert Museum, auf den Kupferstich von Hans Collaert nach Maerten de Vos, Die Abreise der Sunamitin zum Propheten Elisäus, 21,2 x 29 cm, The New Hollstein, Gerard van Groeningen, Bd. IV, Nr. 5 – 8(4) zurückgeht.  Eine gewisse Ähnlichkeit haben allerdings die Zeichnungen Rembrandts zu 2Sam 12 mit dem Kupferstich zu David und Natan in der Serie „Examples of Repentant Sinners from the Old and New Testament“, von Philipp Galle nach Maarten de Vos.Vgl. Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLVI, Nr. 1139.  Vgl. Tümpel, C. (1969, 127): „Da die einzelnen ikonographischen Typen der Historien vor Rembrandt fest geprägt sind, kann man seine Werke auch deuten, wenn man das genaue Vorbild nicht findet, sondern sie nur mit der ikonographischen Tradition vergleicht.“  Vgl. zu den Gründen für kleinere Abweichungen von der Bildtradition Tümpel, C. (1969, 118): „Manchmal will Rembrandt den Text genauer oder deutlicher als sein Vorbild wiedergeben. Manchmal stellt Rembrandt einen anderen Augenblick (der gleichen Szene) dar. Manchmal gestaltet er ikonographische Lösungen um, weil der Erzählerstil früherer Darstellungen altmodisch ist […].“  Vgl. Tümpel, C. (1996, 31) in Hinblick auf die Kupferstiche: „Instead of trying to imitate his predecessors, however, he tried to vary their composition to suit his own style, thereby surpassing them in form and content.“

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

stellung der zum Teil Jahrhunderte alten Bildtradition gegenüber.²³ Dies trifft insbesondere auch für die Skizzen zu 2Sam 12 zu. Insgesamt vier Zeichnungen zur Erzählung von David und Natan in 2Sam 12 stammen mit grösster Wahrscheinlichkeit von Rembrandt van Rijn selbst, zwei weitere sind in seinem Umfeld entstanden. Die beiden ältesten Zeichnungen (Abb. 4.1. und Abb. 4.2.), die mit grosser Sicherheit Rembrandt zugeschrieben werden können, zeigen jeweils zwei Figuren im Gespräch. Die eine wird in die Jahre 1654– 1655 datiert und befindet sich im Kupferstichkabinett in Berlin, die andere wird nur wenig jünger datiert (1655 – 1656) und ist im Metropolitan Museum of Art, New York, aufbewahrt.²⁴ Die als Prophet Natan erkennbare Figur wird in beiden Zeichnungen, abgesehen von den Handbewegungen, sehr ähnlich dargestellt. Sie hat nichts Bedrohliches an sich.Vielmehr strahlt ihr Gesichtsausdruck Güte und Milde aus.²⁵ David dagegen wirkt in der Zeichnung aus dem Kupferstichkabinett Berlin nachdenklich und angespannt. Er ist sich vermutlich soeben seiner Schuld bewusst geworden. Erschrocken hält er das Zepter an die Brust, während er in der Zeichnung aus dem Metropolitan Museum of Art den Kopf auf seiner Hand aufgestützt hält und der Erzählung Natans lauscht.²⁶ Die Zeichnungen stellen – wie es für Rembrandt typisch ist – eine Szene dar, die sich in einem permanenten Übergangsstadium befindet.²⁷ Rembrandt gelingt es mit einer gezielt eingesetzten Körpersprache, Natan als den Sprechenden und David als den Zuhörenden klar hervorzuheben.²⁸ Auch in der jüngeren Skizze hält David ein Zepter

 Vgl. Tümpel, C. (2006a, 105). Hin und wieder wurde auch festgehalten, dass Rembrandt „den Vorteil der Eindeutigkeit und gegenständlichen Klarheit zugunsten eines, man kann wohl sagen barocken Gesamteffektes der Szene geopfert“ habe – so Pächt, O. (22005, 33). In der Forschung herrscht seit den sechziger Jahren Uneinigkeit darüber, ob Rembrandt sich eigenmächtig mit der Bildtradition auseinandergesetzt hat und wichtige ikonografische Motive, die in der Bildtradition für einzelne Themen konstitutiv sind, willkürlich ausgelassen hat. Dazu Tümpel, C. (1968, 95 – 102). Entsprechend umstritten ist auch, ob Rembrandts Darstellungen wirklich „textgetreuer“ sind. Vgl. beispielsweise Białostocki, J. (1984, 12), der zum Schluss kommt, dass „Rembrandt’s attitude towards literary tradition varied and it is difficult to express it univocally.“  Vgl. Slive, S. (1965, fig. 149 und 211).  Vgl. Kreutzer, M. (2003, 66).  Vgl. Perlove, S. / Silver, L. (2009, 123): „Dressed in a magnificent high-crowned turban, the king sits in a melancholic pose, had on hand, as he utterly departs from upright majesty to lean toward his accuser and listen to his words.“  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 44).  Vgl. dazu Tümpel, C. (2007, 41). Eine ähnliche Situation des Zuhörens und Sprechens findet sich in zahlreichen Zeichnungen Rembrandts wieder, beispielsweise auch in der Zeichnung wie ein Bote Eli die Nachricht vom Verlust der Bundeslade überbringt, um 1656, Victoria and Albert Museum oder in Zwei Männer im Gespräch, Zeichnung, Teylers Museum Haarlem.

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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in der Hand, „suggesting perhaps that he misused his royal prerogatives and powers“.²⁹ Bereits mehrfach wurde in der Forschung auf die Ähnlichkeiten zwischen der Studie von David in diesen beiden Zeichnungen und der Darstellung Sauls auf dem Gemälde David spielt die Harfe vor Saul, Öl auf Leinwand, 1657, 131 x 164 cm, Mauritshuis, Den Haag, hingewiesen.³⁰ Der introvertierte Gesichtsausdruck, die Kleidung, der dicke königliche Mantel mit Hermelin um die Schulter und der auffällige Turban mit Krone³¹ kennzeichnen in beiden Fällen den alttestamentlichen König. Lediglich der dargestellte König wurde ausgetauscht; einmal ist es Saul, einmal David.³² Sehr viel mit den David-Skizzen gemeinsam hat auch das Gemälde, das einen alten Mann auf einem Stuhl zeigt, signiert Rembrandt f. 1652, Leinwand 111 x 88 cm, Bredius 267, National Gallery, London. Es könnte auch gut den nachdenklich sinnierenden David darstellen, der sich mit der einen Hand an den Kopf greift, Natans Worten lauscht und sich mit der anderen Hand an den Stuhl klammert.³³ Eine Skizze von einem Schüler Rembrandts zeigt einen nachdenklichen, sinnierenden, in sich versunkenen König David – ohne Harfe und ohne Natan als Gegenüber, lediglich mit einem Zepter in der Hand.³⁴ Hier ist der Dialog abgebrochen und David ganz auf sich konzentriert. Doch auch dieses „regungslose“ Bild scheint nicht einfach ein einzelnes Moment wiederzugeben, sondern das Kreisen der Gedanken, die Schuldeinsicht und die Reue. Deutlich wird bei diesem Vergleich die starke Introvertiertheit, das Nachdenkliche und Sinnierende Davids, das schon in den Skizzen Ausdruck und in den Gemälden Rembrandts in der Gestalt Sauls oder eines alten Mannes seine Vollendung findet.

 Perlove, S. / Silver, L. (2009, 123).  Vgl. beispielsweise de Vries, A. B. / Tóth-Ubbens, M. / Froentjes,W. (1978, 160 f.): „We do not, in any case, know of any painting illustrating this subject [David Admonished by Nathan]. It should, however, be granted that this drawing and the Saul and David show a certain relationship in the grandeur of composition and mood.“  Vgl. dazu de Winkel, M. (2006, 258): „Rembrandt’s winding of the king’s high turban with a west-European, medieval type crown perched on top, are far more intricate and look less authentic in comparison.“  Vgl. zur Bedeutung orientalisierender Motive bei Rembrandt Bahre, K. (2006, 129 – 163). Zur Herkunft und dem Ideenreichtum der antikisierenden Kostüme bei Rembrandt de Winkel, M. (2006, 191– 270, bes. 255 – 261).  Vgl. etwa auch die Skizze von Gerbrand van den Eeckhout, Schwarze und weisse Kreiden auf hellem graubraunem Papier 38,9 x 28,2 cm, Hamburger Kunsthalle Inv. 21944, die eine Detailstudie zu dessen Gemälde David verspricht Batseba, Salomon zum Nachfolger zu erheben, Öl auf Leinwand, 143 x 163 cm, 1646, Nationalgalerie Prag, ist. Vgl. dazu Röver-Kann, A. / Buschhoff, A. (2000, 50).  Nach Rembrandt van Rijn, David auf seinem Thron, das Zepter in der Hand, RF 4675 recto, Musée du Louvre, Département des Arts graphiques, Paris.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Möglicherweise gehen diesen zwei Skizzen von Rembrandt, die Natan und David zeigen, noch zwei weitere zu diesem Thema voraus (Abb. 4.3. und Abb. 4.4.). Bereits 1552– 1553 dürfte sich Rembrandt mit der Erzählung von Natan und David auseinandergesetzt haben. In einer Zeichnung (Abb. 4.3.), die sich heute im Sterling and Francine Clark Art Institute,Williamstown, befindet, hat er die beiden Figuren noch deutlicher erkennbar gemacht, indem er auch die Harfe und einen Tisch abbildete.³⁵ In dieser Darstellung trägt Natan keine Kopfbedeckung. Er scheint David auch nicht mit freundlich besorgter Miene zu begegnen; vielmehr verkündet er mit erhobener Hand die Unheilsbotschaft. David hat seinen rechten Arm auf dem Tisch abgestützt, die leicht erhobene Hand zeigt, dass er zur Verteidigung ansetzt. Auch hier sind Rede und Widerrede, Beschuldigung und Schuldeinsicht, ja der gesamte Dialog insgesamt visualisiert, ohne dass sich die Darstellung auf einen einzelnen Punkt der Erzählung begrenzen liesse. Hinzu kommt eine Federzeichnung, die Rembrandt um 1648 angefertigt haben muss und die sich vermutlich in der Privatsammlung des Maximilian Freiherr Speck von Sternburg befindet (Abb. 4.4.).³⁶ Zwar ist hier die sitzende Figur nicht frontal, sondern von der Seite wiedergeben, auch nähert sich die als Prophet zu bestimmende Figur wie in den jüngeren Kupferstichen von rechts und nicht von links, doch ist die Gesprächssituation insgesamt sehr ähnlich: Der Prophet hat eine Hand erhoben, der König sitzt zurückgelehnt in seinem Sessel, hörend, sich verteidigend und einsichtig in einem. Das Thema wurde zuvor als „Eli wird Gottes Gericht angesagt“ bestimmt, doch nichts deutet darauf hin, dass es sich hier um Samuel und Eli handelt, zumal die Figur, die das Gericht ansagt, merkwürdig alt aussieht und auf keinen Fall dem jugendlichen Samuel entsprechen kann (vgl. die Zeichnung Samuel bei Eli in der Nacht, lavierte Federzeichnung 22,7 x 18,7 cm, Val. 809, um 1633, Kupferstichkabinett, Berlin).³⁷ Zudem kann man auf dem Tisch vor David seine Harfe erkennen. Nicht nur die beiden Figuren Natan und David ähneln sich in diesen beiden letztgenannten Skizzen (Abb. 4.3. und Abb. 4.4.), sondern auch die ikonografischen Attribute, nämlich Harfe und Tisch, bleiben gleich. Dabei ist die Zeichnung aus dem Privatbesitz (Abb. 4.4.) eindeutig ins Innere verlegt: Ein Torbogen begrenzt den Raum auf der linken Seite, ein weiter Vorhang und Säulen sind auf der rechten Seite zu sehen. Gegenüber den beiden Zeichnungen aus der Mitte der

 Rembrandt van Rijn, Natan ermahnt David, Zeichnung, Feder und braune Tinte auf Papier, 1652– 1653, 12,5 x 14,9 cm, Sterling and Francine Clark Art Institute, Williamstown, Benesch, O. (1957a, Nr. 918).  Rembrandt van Rijn, Eli wird Gottes Gericht angesagt,Val 164, bzw. Nathan ermahnt David, um 1648, ehemals Lützschena, Privatbesitz, lavierte Federzeichnung, 18,5 x 25,0 cm.  Vgl. so auch schon Tümpel, C. (1969, 139 Anm. 66).

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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fünfziger Jahre hat Rembrandt zum einen die ikonografischen Attribute – Harfe und Tisch – eliminiert und durch ein neues, nämlich das Zepter, ersetzt.³⁸ Zum anderen hat Rembrandt den Raum stärker vereinfacht: Ein Vorhang ist zwar auch in Abb. 4.2. dargestellt, aber lediglich mit wenigen Strichen angedeutet. Durch die sogenannte „Herauslösung“³⁹ und Konzentration auf die einzelnen Figuren „betont Rembrandt stärker das allgemein Menschliche der Historie“.⁴⁰ Abgesehen von diesen vier Skizzen, die David und Natan zeigen, widmete sich Rembrandt⁴¹ vermutlich noch ein weiteres Mal der Erzählung in 2Sam 12: Eine Federzeichnung ist bekannt unter dem Titel „David überträgt Natan die Erziehung seines Sohnes“ und befindet sich im Pushkin State Museum of Fine Arts, Moscow (Abb. 4.7.). Diese Skizze wurde immer wieder der Szene in 2Sam 12,25 zugeschrieben.⁴² Eine Skizze zu einem einzigen und relativ belanglosen Vers (2Sam 12,25 „Und er sandte durch den Propheten Natan hin; und der gab ihm den Namen Jedidja um Jhwhs willen.“), in dem nicht einmal von der Beauftragung Natans die Rede ist, wäre jedoch sehr aussergewöhnlich. Viel wahrscheinlicher ist es daher, hier David zu erkennen (2Sam 12,5 f.), der vor Wut aufspringt, nachdem ihm Natan das Gleichnis erzählt hat. Möglicherweise ist sogar die Armlehne eines Stuhls hinter David erkennbar. Immerhin trifft die traditionelle Bildzuschreibung insofern das Richtige, als es sich bei den beiden Figuren vermutlich tatsächlich um Natan und David handelt. Möglicherweise zeigt auch eine Zeichnung, die bis anhin der Erzählung in 2Sam 24 zugeordnet wurde, Natan vor David.⁴³ Eine andere Skizze von Rembrandt van Rijn dürfte nicht 2Sam 11 f. zuzuordnen sein: „David erhält Nachricht vom Tod Urias“, Federzeichnung 16,9 x 29,0 cm, Val. 163, um 1655 – 1660, Albertina, Wien.⁴⁴ Gemäss traditioneller Sicht soll auf

 Tümpel, C. (1969, 187): „Aus dem Bemühen um natürliche und historische Wahrscheinlichkeit führt die Umwandlung des Darstellungstypus ‚historische Personen‘ in den Typus ‚Historienszene‘ zur Eliminierung der ikonographischen Attribute […].“  Tümpel, C. (1969, 160 f.) spricht bei Rembrandts Werken auch von einer „Fragmentierung“ oder „Herauslösung“ und meint damit die Beschränkung auf die Hauptfiguren oder die Herauslösung aus dem szenischen Zusammenhang. Vgl. auch Tümpel, C. (2006a, 120 – 125).  Tümpel, C. (1969, 196).  Die Zuschreibung an Rembrandt ist unsicher. Sumowski, W. (21980, 1192 f.) schreibt die Zeichnung Willem Drost zu.  Vgl. Rotermund, H.-M. (1963, 100) und Sumowski, W. (21980, 1192 f.).  Vgl. Benesch, O. (1957, Nr. 1379a), wo die Zeichnung als „David bidden by the Prophet Gad to choose his punishment for having numbered the people“ angegeben wird, um 1655, Feder und Bister, laviert, 18,5 x 26,5 cm, Aerdenhout, Haarlem. Es fehlt die Darstellung eines Engels und nichts deutet somit auf 2Sam 24 hin.  Vgl. Benesch, O. (1957a, Nr. 890). Nach Benesch, O. (21973, 259) gehört dies eindeutig in den narrativen Kontext von 2Sam 12.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

diesem Bild ein Bote im Auftrag Joabs David über den Schlachthergang berichten, während Natan im Hintergrund bereits die Szene betritt.⁴⁵ Jedoch fallen gewichtige Unterschiede zu den anderen Skizzen auf, die zweifelsfrei mit 2Sam 12 verbunden werden können: Beispielsweise wird David sonst nie mit Mütze, sondern mit Turban oder ohne Kopfbedeckung dargestellt, während Rembrandt den Priester Eli mit einer hohen schmalen Mütze zeichnet (vgl. „Eli erhält Nachricht vom Verlust der Bundeslade“, lavierte Federzeichnung 18,4 x 24,8 cm,Val. 392, um 1656, London, Victoria and Albert Museum).⁴⁶ Unter der Annahme, die Skizze bezöge sich nicht auf David, der vom Tod Urias erfährt, sondern auf Eli, der vom Tod seiner Söhne und dem Raub der Lade (1Sam 4) hört, liesse sich die Figur hinter dem Boten mit dem jungen Samuel identifizieren. Auch wenn keine zweifelsfreie Zuordnung vorgenommen werden kann, zeigen diese Überlegungen doch, dass auf jeden Fall Vorsicht geboten ist, diese Skizze in Zusammenhang mit 2Sam 11 f. zu sehen. Die Radierung „David im Gebet“ von Rembrandt (Abb. 4.9.)⁴⁷ bezieht sich vermutlich ebenfalls nicht auf 2Sam 12, sondern eher auf 2Sam 24.⁴⁸ Die Ähnlichkeit mit dem Kupferstich „David im Gebet“ von Lucas van Leyden,⁴⁹ der 2Sam 24 wiedergibt, legt dies nahe. Gottvater schaut auf diesem Kupferstich mit einem Pfeil, einem Symbol für die Pest, vom Himmel herab auf den zu ihm betenden David.⁵⁰ Diese Szene verlegt Rembrandt ins Innere eines Raumes: David kniet vor seinem Bett, die Harfe liegt neben ihm. Gott wird hingegen nicht durch einen Lichtstrahl oder eine sonstige Erscheinung angedeutet, sondern bleibt merkwürdig abwesend.⁵¹

 Vgl. Rotermund, H.-M. (1963, 100): „Hinter dem Boten tritt der Prophet Nathan ein. Während der Kriegsknecht sich vor dem König unterwürfig verneigt, steht Nathan aufrecht und ungebeugt. Er ist gesandt, dem König das Gericht Gottes anzusagen.“  Vgl. ausführlich dazu auch Tümpel, C. (1994c, 197). Pächt, O. (22005, 169 f.) hat dafür argumentiert, dass es sich hierbei wiederum um die Darstellung der Heimkehr des verlorenen Sohnes handelt.  Rembrandt van Rijn, 1652, Radierung und Kaltnadel (I/III), 14,3 x 9,4 cm, unten links signiert und datiert „Rembrandt f. 1652“.  Vgl. dazu Rotermund, H.-M. (1963, 100); Jeronese, P. / Tümpel, A. (1996, 114) und SigalKlagsbald, L. (2007, 290). Scholl,V. (2006, 36 f.) geht davon aus, dass sich die Radierung auf 2Sam 12 bezieht.  Lucas van Leyden, David im Gebet, ca. 1507, Kupferstich, 15,8 x 11 cm, Rijksprentenkabinet, Amsterdam. Vgl. Jeronese, P. / Tümpel, A. (1996, 114): „With this subject, too, Rembrandt was inspired by one of the great master engravers, in this instance Lucas van Leyden, who, in two of his prints, depicted a penitent David […].“  Vgl. Jeronese, P. / Tümpel, A. (1996, 114): „As a symbol of punishment, the angel of pestilence or the figure of God bearing arrows appears.“  Vgl. zudem Benesch, O. (1954b, Nr. 547).

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Die vier (Abb. 4.1.; Abb. 4.2.; Abb. 4.3. und Abb. 4.4.) beziehungsweise fünf (einschliesslich Abb. 4.7.) Zeichnungen, die mit grosser Sicherheit das Thema „Natan vor David“ zeigen, sollen im Folgenden unter zwei Aspekten beleuchtet werden. Zum einen ist, insofern die Skizzen auf den Ehebruch Davids mit Batseba anspielen, die Frage nach dem sozialen und religiösen Kontext, aber auch nach der biografischen Situation Rembrandts wichtig. Zum anderen ist für die Interpretation der Skizzen auch der religions-politische Kontext entscheidend, da mit den beiden Figuren Natan und David das Verhältnis von geistlicher und weltlicher Gewalt visualisiert wird.

4.1.2. Die Skizzen im religions-politischen Kontext Es wurde jüngst versucht, in diese Zeichnungen Rembrandts eine religions-politische Dimension hineinzulesen: Natan und David müssten im Kontext der Debatte um die Machtverteilung zwischen Kirche und Staat verstanden werden. Dabei wurde die These vertreten, dass die Zurechtweisung des majestätischen Herrschers David durch den Propheten Natan auf dem zeitgenössischen Hintergrund gesehen werden muss: Orthodoxe Calvinisten in den Niederlanden setzten sich dafür ein, dass die Kirche grössere Macht als der Staat erhielte.⁵² Die politische und religiöse Situation zur Zeit Rembrandts ist insgesamt hoch komplex: Von Frederik Hendrik (1584– 1647), Prins van Oranje, Graaf van Nassau, ist belegt, dass er sich mit David identifiziert hat.⁵³ Sein Vater Willem van Oranje (1533 – 1584) war einer der reichsten Männer in Europa und Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien. Er wurde katholisch erzogen und von Philipp II. als „Stadhouder“ eingesetzt. Nach verschiedenen Aufständen und dem Beeldenstorm 1566, die in den Achtzigjährigen Krieg (1568 – 1648) mündeten, ging Philipp II. sehr hart gegen die Niederlande vor und versuchte, den Widerstand gegen die spanische Herrschaft zu unterdrücken.⁵⁴ So setzte er im Kontext der Unabhängigkeitserklärung der sieben Provinzen von Spanien 1581 ein

 Perlove, S. / Silver, L. (2009, 123): „The image of David in Rembrandt’s New York drawing, David Admonished by Nathan, would have had special appeal to conservative Calvinists, because the majestic ruler is shown deferring to the prophet. This politically charged sketch was neither etched nor painted.“  Vgl. Kapitel C. 1.2.1. Zudem Perlove, S. / Silver, L. (2009, 115): „[…] the stadhouders Maurits and Frederik Hendrik were both linked to a triumphant David in ceremonial celebrations.“ Vgl. auch Lademacher, H. (2007, 123): „Philipp II. wurde mit Nero oder Judas verglichen, Moritz von Oranien mit Cäsar, Augustus und dem jüdischen König David oder dem Feldherrn Gideon.“  Vgl. ausführlich dazu Kapitel C. 2.1.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Kopfgeld auf Willem van Oranje aus, der zwischenzeitlich zum Calvinismus konvertiert war und den Aufstand anführte. Nachdem bereits 1582 ein erfolgloser Anschlag auf Willem van Oranje verübt worden war, wurde er 1584 von Balthasar Gérard, einem Katholiken aus der Freigrafschaft Burgund, erschossen. In der Folge sollte von dem bereits zu Lebzeiten als „Vader des Vaderlands“ bezeichneten Willem van Oranje vor allem die „herrscherliche (Für‐)Sorge für sein Land“ im kollektiven Gedächtnis bleiben.⁵⁵ Sein Erbe trat der zweitälteste Sohn Maurits van Oranje (1567– 1625), der Halbbruder von Frederik Hendrik, an, während sein älterer Bruder Philipp Wilhelm (1554 – 1618) in Spanien gefangengehalten wurde.⁵⁶ Maurits gewann die niederländische Revolution dank der Unterstützung des rechten Flügels der niederländischen reformierten Kirche. Damit wurde der Kampf zwischen denjenigen, die den Einfluss des Statthalters möglichst auf die Staatsgeschäfte begrenzen wollten, und Anhängern des Hauses Oranien vorübergehend beigelegt.⁵⁷ Nach seinem Tod übernahm Frederik Hendrik das Amt des Statthalters. Dieser verheiratete 1641 seinen einzigen Sohn Willem II. van Oranje (1626 – 1650) mit Mary Stuart (1631– 1660), der ältesten Tochter von King Charles I. von England. 1648 kam es in Münster und Osnabrück nach dem Achtzigjährigen Krieg zum Westfälischen Frieden zwischen der niederländischen Republik und Spanien. Die niederländische Republik entwickelte sich in der Folgezeit zu einer europäischen Macht von grossem Gewicht. Die politische Macht des Hauses von Oranien in der niederländischen Republik basierte vorwiegend auf dynastischem Prestige und materiellem Reichtum.⁵⁸ Sie bestand in der Statthalterschaft verschiedener Provinzen, dem Amt als General über die Armee und als Admiral über die Flotte. Beim Machtantritt musste der Stadhouder den Regenten, denen er verantwortlich war, Loyalität schwören. Das Haus von Oranien hatte gerade in der Mitte des Jahrhunderts eine starke Doppelrolle inne, als Hochadelsfamilie einerseits und als Familie ständischer Amtsträger andererseits.⁵⁹ Diese Doppelrolle zeigte sich besonders in den Schlossbauten, wobei deutlich zwischen Schlössern im Privatbesitz der Oranier und den Amtswohnungen des Statthalters im Eigentum der Stände unterschieden

 Dies hat insbesondere Mörke, O. (2007, 255 – 265) nachgewiesen. Vgl. auch Lademacher, H. (2007, 129 – 138); Noak, B. (2002, 26 – 35).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 69).  Vgl. Frijhoff, W. (1997, 14) und Noak, B. (2002, 20).  Vgl. Frijhoff, W. (1997, 13).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 14): „The stadholders of the House of Orange may not have had very farreaching political rights at this stage, but to many Dutchmen, as the States General and the regents of Amsterdam knew, they were the most charismatic men in the country, and practically kings.“

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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werden kann. Entsprechend lassen sich auch Unterschiede im ikonografischen Programm zwischen dem Oranjezaal Huis ten Bosch, der 1652 fertiggestellt wurde, und dem Amsterdamer Rathaus festhalten.⁶⁰ Im Oranjezaal finden sich vorwiegend allegorische Darstellungen der staatsmännischen Fähigkeiten Frederik Hendriks; das Bildprogramm geht auf Constantijn Huygens und Jacob van Campen zurück.⁶¹ Die Dekoration im Amsterdamer Rathaus, das zwischen 1648 und 1655 ebenfalls von Jacob van Campen nach italienischem Vorbild gebaut wurde, bestand dagegen vorwiegend aus historischen, mythologischen und biblischen Szenen (beispielsweise „David und Goliat“ von Jacob Jordaens), ferner auch aus Marmorfiguren nach der Iconologia von Cesare Ripa (1593).⁶² Govert Flinck (1615 – 1660) wurde 1656 beauftragt, für die Gallerie, die Besuchern offen stand, insgesamt zwölf Gemälde zu malen. Im Zentrum sollten Szenen vom Batavarenaufstand, von dem Tacitus in Historien (IV,13 – 27, 54– 79: V,14– 26) berichtet, stehen.⁶³ Diese Erzählung wurde – zusammen mit alttestamentlichen Geschichten –⁶⁴ „als typologische Parallele und symbolisches Vorbild für den siegreichen Befreiungskrieg der Vereinigten Provinzen gegen Spanien ausgelegt“.⁶⁵ Nachdem Govert Flinck 1660 unerwartet starb, wurden Rembrandt, Jan Lievens und Jacob Jordaens mit der Arbeit betraut. Von Rembrandt stammt die Eröffnungsszene „Verschwö Vgl. Mörke, O. (1997a, 216 – 241).  Vgl. ausführlich dazu Peter-Raupp, H. (1980, 12– 14) sowie Mörke, O. (1997b, 63.70 f.).  Vgl. Fremantle, K. (1959, 44); Huiskamp, M. (1994, 136.146); Huisken, J. E. (21996, 20). Vgl. Fremantle, K. (1959, 69): „There are paintings over the fireplaces appropriate to the use of the rooms, their subjects taken from the Bible or from the history of mythology of the ancient world, and some of them explained by verses.“ Vgl. Schwartz, G. (21991, 318): „The subjects were taken from the Old Testament and Roman history, and had a heavy bearing on municipal finances, politics, and administration of justice.“  Arnold Houbraken (1660 – 1719) The Great Theatre II,25 hat festgehalten: „In the eight large ones were to be depicted the wars that the ancient Batavians had waged against the Romans under Claudius Civilis. And in the four other works, the four Heroes who carried out praiseworthy deeds to the advantage of their Fatherland; as amongst the Hebrews[,] David and Samson, and amongst the Romans, M. Curtius and Horatius Cocles.“ Zitiert nach Horn, H. J. (2000, 538).  Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 8): „The young Dutch Republic saw its own history to an important extent as resembling that of Israel as described in the Bible.“ Vgl. auch van der Coelen, P. (2002, 131). Vgl. Lademacher, H. (2007, 118): „Die Thematik umfaßt Antike, Bibel und Bataver gleichermaßen, und eben diese Anordnung zeigt auch, daß humanistisches Erbe den nunmehr höchst willkommenen Vergleich mit den Tugenden vor allem der römischen Republik gefördert hat und daß ein weiteres Element des Selbstbildes im calvinistischen Bekenntnis und dem damit verbundenen Rückgriff auf das Alte Testament lag.“  Röver-Kann, A. / Buschhoff, A. (2000, 64).Vgl. Huisken, J. E. (21996, 29): „This lengthy struggle was compared to the battle of freedom against the Spaniards.William of Orange was to be seen in the person of the Batavian leader Claudius Civilis.“ Ausführlich dazu zudem Fremantle, K. (1959, 49 – 54) und Lademacher, H. (2007, 115 – 120).

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

rung des Claudius Civilis“,⁶⁶ für die er jedoch nie bezahlt wurde; das Gemälde wurde bereits nach kurzer Zeit wieder entfernt, da es vermutlich nicht den Vorstellungen der Ratsherren entsprach.⁶⁷ Als 1650 Willem II., der erst drei Jahre lang Stadhouder war, eine Woche vor der Geburt seines Sohn Willem III. an Pocken starb, machten die Provinzen deutlich, dass die Macht bei ihnen lag; sie beschlossen, vorläufig keinen Stadhouder einzusetzen. Willem III. (1650 – 1702) wurde erst zweiundzwanzig Jahre später, nämlich 1672, zum Stadhouder ernannt. Die Skizzen von Rembrandt entstanden mehrheitlich während der „Stadhouder-losen“ Periode (1650 – 1672), in der das Statthalteramt häufig auch grundsätzlich in Frage gestellt wurde.⁶⁸ In dieser Zeit wurde nach dem Tod Willems II. der Konflikt zwischen Anti-Orangisten („Staatsgezinden“) und Pro-Orangisten („Prinsgezinden“) erneut akut. Es kursierte der Vorwurf, die oranischen Statthalter würden an der Stelle Albas oder Philipps II. den Platz der Tyrannen einnehmen. Die Kirche zeigte sich in diesem Konflikt gespalten. Zwar gehörte das Bewahren der religiösen Einheit unter anderem zu den traditionell monarchischen Aufgaben.⁶⁹ Andererseits forderte die Kirche aber auch eine Trennung von Kirche und Staat. Nicht nur die politische Situation, auch die Rolle der Kirche, insbesondere der Hofprediger, dürfte für die Deutung der biblischen Erzählung von Natan und David mitbestimmend gewesen sein.⁷⁰ Calvin schuf in seinen Predigten 1561 eine enge Verknüpfung zu Psalm 51, in dem David seine Sünden bekennt, und insistierte auf der „Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit des Schuldbekenntnisses“.⁷¹ Gleichzeitig betonte Calvin immer wieder die Auserwählung Davids und Gottes gerechtes Handeln. In diesem Sinn

 Rembrandt van Rijn, Verschwörung des Claudius Civilis, ca. 1661– 1662, verkleinert von ursprünglich ca. 600 x 550 cm auf 196 x 309 cm, Bredius 482, Stockholm, Nationalmuseum. Vgl. Schwartz, G. (21991, 319): „The scene that Rembrandt was asked to paint was described in 1662, in the Beschrijvinge der wijdt vermaarde koop-stadt Amstelredam […] by Melchior Fokkens, as the first scene in the cycle.“  Vgl. Schwartz, G. (21991, 320): „[…] Rembrandt never received anything at all for the Claudius Civilis, except the canvas it was painted on. Sometime before the end of the year [1662] it was taken off the wall and returned to him.“ Weder im Palast Huis ten Bosch noch im Amsterdamer Rathaus findet sich damit ein Gemälde von Rembrandt. Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 48).  Vgl. Noak, B. (2002, 283).  Vgl. Noak, B. (2003, 51– 53).  Vgl. Scholl, V. (2006, 37– 41).  Scholl, V. (2006, 40). Vgl. auch Perlove, S. / Silver, L. (2009, 124). Vgl. in der Ausgabe von Rückert, H. (1936, 302– 338) die Predigten 35 bis 38.

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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wurde die Erzählung aus 2Sam 12,1– 15 immer wieder in Predigten aufgenommen.⁷² Leider ist kaum etwas bekannt über Rembrandts politische Haltung. Rembrandt dürfte jedoch mit der Erzählung aus 2Sam 12,1– 15 vertraut gewesen sein und auch ihre politische Auslegung in dieser Zeit gekannt haben. Eine Reihe von zeitgenössischen Büchern in den Niederlanden widmete sich der Geschichte Davids. De Historie van den Koninklyken Propheet David, Zo van zyn Leven als wonderlyke Werken, en hoe Victorieuzelyk hy tegen zyne Vianden gestreden heeft erschien um 1600 zum ersten Mal und war sowohl im Norden als auch im Süden der Niederlande ein sehr beliebtes Werk im Unterricht. Es enthält Ausschnitte oder den gesamten Text aus 1Sam 16 – 2Sam 24 nach der States Bible und wurde meist in gotischer Schrift gedruckt; teilweise waren die Drucke auch mit Holzschnitten versehen.⁷³ Rembrandt kannte vermutlich auch die Statenbijbel (1637).⁷⁴ In einem Kommentar der Statenbijbel wird betont, dass David ein grosser Herrscher war, aber auch Fehler beging und sündigte. Schliesslich ist auch der Einfluss des Theaters auf Rembrandt nicht zu unterschätzen. Mehrere Werke von Rembrandt können „als Illustrationen von zeit-

 Es geht in diesen Predigten jedoch nicht nur um einen Machtkonflikt zwischen Geistlichkeit und Obrigkeit, vielmehr wird auch der moralische Aspekt deutlich. So wird der Ehebruch Davids mit Batseba auch zur Illustration des neunten Gebotes des Dekalogs verwendet. Vgl. Kapitel C. 2.2.1. Vgl. auch Velman, I. M. (1995, 234 f.). Der Darstellung der Sünde steht die Darstellung der vorbildlichen Busse Davids gegenüber. Das Thema des büssenden David kommt ferner in einer Serie „Büssende Sünder aus dem Alten und Neuen Testament“ von Philips Galle nach Maarten de Vos vor.Vgl. Philips Galle nach Maarten de Vos, Natan vor David, Kupferstich, 1580 – 1590, signiert „Mar. de Vos inven. / Phls Gall. excud“ sowie lateinische Inschrift „Et dixit … moriens“ und „2. Reg. 12.“, 20,0 x 23,0 cm, British Museum, London 1937,0915.93, sowie Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLVI, Nr. 1139.  Vgl. van der Coelen, P. (1996e, 176 f.).  Vgl. Tümpel, C. (1996, 32): „Since the pictorial tradition often offered him a choice of various iconographic solutions, Rembrandt was obliged to study the biblical text again, in order to find the precise passage that corresponded best to his vision of the scene.“ Diese Statenbijbel – eigentlich Biblia, Dat Is De gantsche H. Schrifture, vervattende alle de Canonijcke Boecken des Ouden en des Nieuwen Testaments –, deren Übersetzung an der Synode der Reformierten Kirche in Dort (Dodrecht) 1618 – 1619 beschlossen wurde, basiert auf dem Text der Septuaginta. Vgl. van der Coelen, P. in Tümpel, C. / Boonen, J. / de Beer, Q. u. a. (1994, 328). Vgl. zur Verwendung der Statenbijbel Tümpel, C. (2004, 227– 229) und Perlove, S. / Silver, L. (2009, 364). Da sie nicht illustriert war, hatte sie zunächst geringen Einfluss auf die Ikonografie des Alten Testaments. Erst später, „when the translation had become an integral part of Protestant culture, did paintings and prints appear with motifs delivered from the States Bible text, for example in Rembrandt’s later works and in paintings by his pupil Arent de Gelder“ – so van der Coelen, P. (1996d, 166).

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

genössischer Dichtung – vor allem von Schauspielen“ –,⁷⁵ verstanden werden. Rembrandts Bild von Josef und Potifars Frau (signiert Rembran[dt] f. 1655, Leinwand , 110 x 87 cm, Bredius 524, Berlin-Dahlem, Gemäldegalerie) geht zwar auf die biblische Erzählung zurück, Rembrandt gibt darin aber eindeutig eine Szene aus Joost van den Vondels (1587– 1679) Theaterstück Joseph in Egypten wieder.⁷⁶ Es wäre zu überprüfen, ob nicht auch die Skizzen von Natan vor David einen Bezug zum zeitgenössischen Theater haben könnten. Gleich mehrere Theaterstücke zu David aus dieser Zeit sind bekannt. So hat zum Beispiel Joost van den Vondel die zwei Tragödien David in Ballingschap (David im Exil) und Koning David herstelt (König David wieder im Amt) verfasst.⁷⁷ Justus de Hardulijn vertonte sieben Psalmen unter dem Motto vom Aufstieg und Fall Davids (Den val ende op-stand van den coninck ende prophete David, 1620).⁷⁸ Gerade weil sich das biblische Drama „über der aktuellen Polemik und Diskussion befand und stattdessen einer heiligen Handlung gegenüberstand, die in einem zeitlosen kosmischen Drama dargestellt wurde, konnte man dichterisch dem Wesen der Zeit, ihren Seinsproblemen und ihrem Elend tiefen Ausdruck verleihen“.⁷⁹ Ähnliches dürfte auch für die bildende Kunst gegolten haben.

4.1.3. Der biografische Hintergrund der Skizzen von Rembrandt Harmenszoon van Rijn Ebenso berechtigt wie die Frage nach der religiös-politischen Bedeutung der Zeichnungen von Natan vor David ist auch die Frage nach dem biografischen

 Tümpel, C. (1969, 111); Tümpel, C. (1980, 150 – 152); Tümpel, C. (2006a, 107 f.). Vgl. zudem den Forschungsüberblick bei Tümpel, C. (1969, 111 Anm. 21).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 274): „The play was written in 1640, and dedicated to Johann Victorinus. The production of 1655 was a particular success, with a woman in the role of Iempsar, Adriana van den Bergh.“ Vgl. zudem Schwartz, G. (21991, 272). Rembrandt hatte zudem vielfältigen Bezug zum Theater: So porträtierte er den Dramatiker Jan Harmensz Krul (1602– 1646), er stach einen Kupferstich für die Publikation von Jan Sixʼ Medea (1618 – 1700). Vgl. Tümpel, C. (2006a, 108 f.). Ferner stand er mit zahlreichen Mitgliedern des Theaters in Kontakt. Vgl. Schwartz, G. (21991, 256 – 266). Vgl. zudem Schartz, G. (1998, 176 – 203).  Vgl. Johannessen, K. L. (1963, 209). Zudem Kapitel C. 5.3.  Vgl. Perlove, S. / Silver, L. (2009, 124).  Johannessen, K. L. (1963, 46). Vgl. auch de Winkel, M. (2006, 229): „In 1660 he [Vondel] chose the story of David in exile for a tragedy because it provided ‚rich subject matter and lively colours for a speaking stage painting‘.“

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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Kontext im Leben Rembrandts.⁸⁰ Es wurde vermutet, Rembrandt habe sich „sensibilisiert durch den sich bis zum Gerichtsfall ausweitenden Streit mit seiner ehemaligen Haushälterin und Geliebten Geertghe Dircx“⁸¹ dem Thema des Ehebruchs gewidmet. Zudem wurde die These vertreten, dass Rembrandt bei der Auseinandersetzung mit dem Thema des Ehebruchs Schuldgefühle nach Hendrickjes Tod bewegten.⁸² Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass einige der Zeichnungen Rembrandts mit Begebenheiten aus seinem Leben korrespondieren.⁸³ Da sich diese Frage besonders auch im Hinblick auf die Zeichnungen von Natan vor David stellt, soll auch hier kurz der biografische Kontext skizziert werden.⁸⁴ Rembrandt Harmenszoon van Rijn wurde 1606 in Leiden als vorletztes von vermutlich zehn Kindern geboren.⁸⁵ Seine Mutter, Neeltje Willemsdochter van Zuytbrouck (1568 – 1640), war mit zwei wichtigen, katholisch gebliebenen Leidener Familien, den van Tethrodes und den van Banchems, verbunden. Sein Vater, Harmen Gerritszoon van Rijn,war als einziger seiner Geschwister zum Calvinismus übergetreten. Rembrandt wuchs also gewissermassen zwischen den Konfessionen⁸⁶ auf und war vermutlich als jemand bekannt, „whose most important relatives were Catholics and, therefore, politically untrustworthy“.⁸⁷ Es war in dieser  Vgl. zur Problematik des Dominierens des biografischen Aspektes in der Rembrandtforschung Pächt, O. (22005, 11 f.).  Scholl, V. (2006, 31).  Vgl. den knappen Forschungsüberblick bei Rotermund, H.-M. (1963, 99).  Vgl. Rotermund, H.-M. (1963, 6): „Immer wieder stößt man darauf, wie Rembrandt bestimmte biblische Ereignisse gerade dann zum Vorwurf nimmt, wenn sich in seiner eigenen Lebensgeschichte Vergleichbares abspielt.“  Die Biografie Rembrandts kann aufgrund der Quellenlage sowieso nur bruchstückhaft erstellt werden. Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 23 f.) sowie Strauss, W. L. / van der Meulen, M. (1979).  Aufschluss über seine Jugend gibt lediglich eine kurze Biografie von Jan Janszoon Orlers in seinen Beschrijvinge der Stadt Leyden, Leiden 1641.  Der Einfluss des jüdischen Umfelds auf Rembrandt van Rijn ist höchst umstritten. Vgl. etwa Alexander-Knotter, M. / Hillegers, J. / van Voolen, E. (2006); Nadler, S. (2003) und van Voolen, E. (1994, 207– 218). Vgl. Tümpel, C. (1996, 32): „It not only included Jewish legends, but also frequently embellished biblical stories with moving details of psychological impact which Rembrandt gladly made use of […].“ Nachweislich bildeten auch die Jüdischen Altertümer von Flavius Josephus eine reiche Quelle der Inspiration für Rembrandt. Mehrere niederländische Ausgaben mit Illustrationen (Flavii Iosephi Hooghberoemde Joodsche historien ende boecken) erschienen zwischen 1594 und 1659 in Amsterdam.Vgl. Tümpel, C. (1994c, 194– 206); Tümpel, C. (2006a, 112). Rembrandt besass jedoch nicht eine niederländische, sondern eine deutsche Ausgabe, die von Tobias Stimmer illustriert worden und 1630 in Strasbourg erschienen war (Flauij Josephi, deß Hochberühmbten Jüdischen Geschichtsschreibers Historien vnd Bücher).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 14). „Es ist noch immer nicht bekannt, ob Rembrandt einer Kirche angehörte, und wenn ja,welcher.“ – so van de Wetering, E. (2006a, 31). Ob Mennonit, Katholik oder

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Zeit in den Niederlanden verboten, in der Öffentlichkeit den römisch-katholischen Glauben zu praktizieren. In Leiden wütete ein heftiger Konflikt zwischen Remonstranten und Kontraremonstranten.⁸⁸ Von 1615 – 1619 besuchte Rembrandt die calvinistische Lateinschule,⁸⁹ begann jedoch vermutlich noch vor seinem Abschluss⁹⁰ mit einer Lehre bei dem Katholiken Jacob Isaaczoon van Swanenburg (1571– 1638).⁹¹ 1620 wurde Rembrandt in den Matrikeln der Universität Leiden geführt.⁹² 1622 wechselte er für sechs Monate ins Atelier von Pieter Lastman in Amsterdam. Im Laufe des Jahres 1625 eröffnete er, wieder zurück in Leiden, entweder eine eigene Werkstatt, oder aber er teilte sich eine Werkstatt mit Jan Lievens.⁹³ Von diesem Zeitpunkt an arbeitete Rembrandt van Rijn auch für den Hof, unter anderem für Frederik Hendrik, für dessen Frau Amalia van Solms sowie Constantijn Huygens (1596 – 1587)⁹⁴ und Jacques de Gheyn III. (ca. 1596 – ca. 1641). Dabei bleibt unklar, wer oder was Rembrandt zu diesem Durchbruch verholfen hat.⁹⁵ Rembrandts Lehrer, Jacob Isaaczoon van Swanenburg, hatte jedenfalls Kontakte zu Constantijn Huygens. Vermutlich hatte Rembrandt seinen Erfolg am Hof ihm oder Johannes Wtenbogaert, der in Leiden wohnte und sowohl mit

Calvinist, die erhaltenen Dokumente und Bilder von Rembrandt lassen keinen definitiven Schluss zu. Ausführlich dazu Manuth, V. (2006, 51– 63).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 32).  Vgl. van de Wetering, E. (2006b, 75): „Auf solchen Schulen galt dem Studium der Bibel ebenso viel Aufmerksamkeit wie beispielsweise der klassischen Rhetorik und natürlich dem Lateinunterricht. Rembrandt muß also früh mit diesem Aspekt der Kultur seiner Zeit konfrontiert worden sein.“ Vgl. Tümpel, C. (2006b, 12 f.).  Gründe für den frühzeitigen Schulabbruch sind wohl in den konfessionellen Auseinandersetzungen zu suchen. So verlor beispielsweise der Remonstrant und Vizerektor der Lateinschule, Hendrik Zwaerdecroon, 1619 seinen Posten. Schwartz, G. (21991, 22) folgert daraus: „If the boy [Rembrandt] was known in school as a child of untrustworthy elements, his departure may have been forced the same way as Zwaedecroon’s.“  Tümpel, C. (1998, 201) hielt zusammenfassend fest, dass Rembrandt seine intellektuelle Ausbildung offensichtlich durch Protestanten, seine künstlerische jedoch durch Katholiken erhielt. Vgl. zudem Tümpel, C. (2006b, 15).  Vgl. dazu Schwartz, G. (21991, 21) und Tümpel, C. (2006b, 14).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 26). Vorsichtiger formuliert Tümpel, C. (2006b, 21): „Wahrscheinlich Ende 1624 kehrt der achtzehnjährige Rembrandt nach Leiden zurück, macht sich selbständig und steht mit Jan Lievens in einem regen Gedankenaustausch.“  Constantijn Huygens war Diplomat und Sekretär von drei Statthaltern, Frederik Hendrik und später Willem II. und Willem III., daneben aber auch Musiker und Dichter. Er war ein grosser Bewunderer Rembrandts und Lievens, wie seinen autobiografischen Memoiren zu entnehmen ist. Vgl. Schwartz, G. (21991, 72– 77); Mörke, O. (1997b, 63) und Tümpel, C. (2006b, 34– 37).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 67): „There is no direct evidence telling us how Rembrandt broke through to the court at such a young age as one of the very few Dutch artists not from Utrecht or The Hague.“

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Rembrandt als auch mit Jacques de Gheyn III. verwandt war, zu verdanken.⁹⁶ Dieser Kontakt brachte Rembrandt nicht nur Ansehen, sondern auch ein wesentlich höheres Einkommen als auf dem freien Markt der Stadt. Zwischen 1628 und 1632 malte Rembrandt van Rijn zahlreiche biblische, aber auch mythologische Themen sowie Porträts. Ungefähr fünfundzwanzig Gemälde gingen allein an Jacques de Gheyn, Frederik Hendrik und vermutlich Jacques Specx.⁹⁷ Der Kontakt Rembrandts mit dem Hof des Statthalters blieb allerdings sporadisch.⁹⁸ Irgendwann zwischen 1631 und 1634 zog Rembrandt van Rijn nach Amsterdam.⁹⁹ Zuerst wohnte er bei Hendrick Uylenburgh (1587– 1661) und unterrichtete in dessen „Akademie“ Kinder wohlhabender Familien im Malen. Später kaufte er sich ein grosses Haus an der Breestraat, für das er sich stark verschuldete, was ihn in grosse Schwierigkeiten bringen sollte.¹⁰⁰ Hendrick Uylenburgh war ein einflussreicher Kunsthändler.¹⁰¹ 1634 heiratete Rembrandt dessen Grosskusine Saskia Uylenburgh. Kurz hintereinander wurde Saskia viermal schwanger und gebar 1636 Rumbertus, 1638 Cornelia, 1640 nochmals eine Cornelia, und schliesslich 1641 Titus. Die ersten drei Kinder starben alle sehr früh. Nach der Geburt von Titus erholte sich Saskia nicht vom Kindbett und starb 1642. Sie hinterliess Rembrandt den neun Monate alten Titus und ein Testament, in dem sie ihren Sohn zum Universalerben einsetzte. Rembrandt verpflichtete sie, für eine standesgemässe Erziehung des Kindes zu sorgen, und sie bestimmte ihn zum Vormund von Titus, womit die Waisenkammer von der Verwaltung des Nachlasses ausgeschlossen wurde.¹⁰² Der Tod Saskias scheint Rembrandt sehr mitgenommen zu haben. Seine künstlerische Aktivität liess stark nach.¹⁰³ Die geringe Gemäldeproduktion zwi Vgl. ausführlich dazu Schwartz, G. (21991, 23 f.) und Tümpel, C. (2006b, 34 f.). Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 34): „Bei nur einem einzigen großen Historiengemälde von Rembrandt gibt es Anhaltspunkte dafür, daß es zu einem bestimmten Zweck gemalt worden sei. Es ist dokumentiert, daß er Constantijn Huygens, dem Sekretär und Statthaltes Prinz Frederiks Hendriks, ein großes Historienbild geschenkt hat, als Dank für dessen Vermittlung beim Hofe des Statthalters.“  Vgl. Schwartz, G. (21991, 98.132).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 34) und Schwartz, G. (21991, 106 – 118). 1633 malte er zwei, 1636 und 1639 drei Passionsbilder für Frederik Hendrik, die eine Serie von Peter Paul Rubens aus den Jahren 1632– 1633 ergänzen sollte.Von der Korrespondenz mit Constantijn Huygens diesbezüglich sind auch Briefe erhalten, außer einem weiteren Brief von 1662 die einzigen handschriftlichen Zeugnisse von Rembrandt van Rijn. Vgl. Strauss, W. L. / van der Meulen, M. (1979, 128 – 133.160 – 173).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 30) sowie Tümpel, C. (2006b, 47 f.).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 37).  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 29): „1631 ging Rembrandt eine Geschäftsbeziehung mit Hendrick Uylenburgh (1584/89-um 1660) ein, einem Amsterdamer Kunsthändler.“  Vgl. Tümpel, C. (2006b, 98 f.).  Vgl. dazu Tümpel, C. (2006b, 100).

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schen 1643 und 1652 stellt immer noch ein Rätsel in der Rembrandt-Forschung dar. Einiges weist auf ausbleibende Aufträge hin, anderes auf eine Krise in seinem Privatleben.¹⁰⁴ Kurz nach Saskias Tod kam Geertje Dircx, eine junge Witwe aus Friesland, als Kinderpflegerin zu Rembrandt ins Haus. Rembrandt zeichnete sie, scheint ihr zahlreiche Versprechungen gemacht zu haben und schenkte ihr Schmuck von Saskia. Letzteres war rechtmässig, solange Rembrandt in der Lage war, die Hälfte des Wertes mit Bargeld oder Besitz zu decken, doch wurde es von Saskias Verwandten höchst ungern gesehen.¹⁰⁵ Vom 24. Januar 1648 ist ein Dokument erhalten, in dem Geertje Dircx all ihren Besitz und speziell den Schmuck Rembrandts Sohn vermachte. Einerseits wollte sie damit die Forderungen und Spannungen von Seiten von Saskias Familie hinsichtlich der Geschenke, die ihr Rembrandt machte, aus dem Weg räumen. Andererseits schien sie davon auszugehen, dass Rembrandt sie heiraten werde. Wenig später kam es jedoch zu Streitigkeiten mit Rembrandt. Ob die wesentlich jüngere Hendrickje Stoffelsdochter Jaeger, die kurz zuvor in Rembrandts Haus aufgenommen wurde, Ursache des Streits war, ist ungewiss. Rembrandt verhandelte mit Geertje Dircx über getrennte Wohnungen und bot ihr 150 Gulden sofort und dann jährlich 160 Gulden als Rente an.¹⁰⁶ Da sich Geertje Dircx nicht mit Rembrandts Angebot zufrieden gab und seine Geschenke versetzen musste, um davon leben zu können, zog sie im September des gleichen Jahres vor ein Gericht für Ehestreitigkeiten und Beleidigungen und klagte ihn wegen eines nicht eingehaltenen Eheversprechens an.¹⁰⁷ Rembrandt erschien jedoch nicht selbst vor Gericht, sondern liess lediglich Hendrickje Stoffelsdochter Jaeger schriftlich bestätigen, dass Geertje Dircx in sein Angebot eingewilligt habe. Zudem knüpfte er seine jährlichen Zahlungen an die Bedingung, dass das Testament bestehen bleibe und sie nichts von ihrem Besitz verpfände. Dadurch fühlte sich Geertje Dircx offenbar in die Enge getrieben. Sie weigerte sich zu unterzeichnen. Bei einer dritten Vorladung des Gerichts blieb es Rembrandt nicht erspart, dieser am 23. Oktober 1649 persönlich Folge zu leisten. Die Richter stimmten Rembrandts Vertragsentwurf zu und erhöhten die jährliche Zahlung auf 200 Gulden. Nachdem Geertje Dircx jedoch gegen den Vertrag verstiess und einen kostbaren Ring, der Saskia gehört hatte, verpfändete, versuchte Rembrandt Beweismittel gegen sie zu sammeln. Er fand Nachbarn, die bezeugten, Geertje Dircx hätte sich schlecht aufgeführt. Sie wurde deshalb zu

 Dazu van de Wetering, E. (2006a, 40 – 44) und van de Wetering, E. (2006b, 92 f.).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 242).  Vgl. Tümpel, C. (2006b, 110).  Vgl. hierzu das Dokument 1649/9: 23. Oktober 1646, Gemeentearchief, Amsterdam, in: Dudok van Heel, S. A. C. (1988, 36 f.).

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einem Aufenthalt im Zuchthaus von Gouda verurteilt. Rembrandt wirkte auf einen zwölfjährigen Aufenthalt hin, aber sie wurde nach fünf Jahren, im Mai 1655, freigelassen. Als ihr Rembrandt 1655 das Geld nicht bezahlen konnte, begann 1656 ein weiteres Gerichtsverfahren zwischen ihr und Rembrandt, das nie abgeschlossen wurde, sondern vermutlich mit ihrem Tod im Jahr 1656 endete.¹⁰⁸ Nachdem sich Rembrandt von Geertje Dircx getrennt hat, wurde Hendrickje Stoffelsdochter Jaeger seine Haushälterin und Geliebte. Von Nachbarn wurde sie später als Rembrandts Ehefrau bezeichnet. Ihr Verhältnis konnte jedoch „nicht legalisiert werden, weil Saskias Testament vorsah, dass Rembrandt bei einer Wiederverheiratung die Hälfte ihres Vermögens an ihre Verwandten hätte auszahlen müssen“.¹⁰⁹ Dazu war Rembrandt nicht in der Lage.Wie einst Saskia wurde auch Hendrickje immer wieder von Rembrandt dargestellt. Er malte sie als Batseba, Flora, Juno und Lucretia.¹¹⁰ Dass sie nackt posierte, mochte Mitte des 17. Jahrhunderts moralisch zwielichtig erschienen sein.¹¹¹ Als Hendrickje 1654 ein Kind erwartete, wurde sie vor den Kirchenrat geladen. Sie erschien erst nach der vierten Einladung und gestand, „dass sie mit Rembrandt, dem Maler, Hurerei getrieben“ habe.¹¹² Sie wurde deshalb „gestraft, zur Busse ermahnt und vom Tisch des Herrn ausgeschlossen“.¹¹³ Dennoch wurde die Tochter, Cornelia, wenige Monate später in der Oude Kerk getauft und Rembrandt als Vater des Kindes im Kirchenbuch eingetragen.¹¹⁴

 Vgl. Tümpel, C. (2006b, 111 f.). Vgl. dazu auch Scholl, V. (2006, 147).  Tümpel, C. (2006b, 112).  Vgl. Tümpel, C. (2006b, 112). Das Gemälde Batseba mit dem Brief des Königs, signiert Rembrandt ft. 1654, Leinwand, 142 x 142 cm, Bredius 521, Paris Musée de Louve und ein Vergleich mit einem Porträt von Hendrickje als Flora aus der gleichen Zeit legen eine Identifikation mit Hendrickje Stoffelsdochter Jaeger nahe (vgl. Hendrickje als Flora, ca. 1654, Leinwand, 100 x 91,8 cm, Bredius 114, New York, Metropolitan Museum of Art).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 293): „Govert Flinck had three models, the van Wullen sisters, who ran ‘notorious house’ in his street, the Lautiergracht. One of them, Margarita, after bearing two children to Nicolaes Heinius, sued him for matrimony in 1656 when he became town secretary. Among the evidence he gathered in 1657 to blacken her character was the fact that she and her sisters had posed some eight years earlier for Flinck […].“ Vgl. auch Perlove, S. / Silver, L. (2009, 123).  Hierzu das Dokument 1649/11: 25. Juni 1654, Gemeentearchief, Amsterdam, in: Dudok van Heel, S. A. C. (1988, 37). Vgl. Tümpel, C. (2006b, 113).  Hierzu das Dokument 1654/15: 23. Juli 1654, Gemeentearchief, Amsterdam, in: Dudok van Heel, S. A. C. (1988, 38). Vgl. auch Tümpel, C. (2006b, 113).  Vgl. Dudok van Heel, S. A. C. (1988, 38): „In the register of baptisms of the Oude Kerk Rembrandt is given as the child’s father and there is nothing to show that Cornelia was illegitimate. That was a matter of no consequence to the man in the street.“

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Genau zu diesem Zeitpunkt – zu Beginn der fünfziger Jahre des 17. Jahrhunderts – setzte Rembrandt die Erzählung von Natan und David zeichnerisch um. Ob er sich dabei mit Ehebruch, Lüge und Mord, aber umgekehrt auch mit Reue, Vergebung und Neubeginn auseinandergesetzt hat, ist schwer zu sagen. Die Annahme, er habe „in seinen Zeichnungen jeden Schritt der Auseinandersetzung zwischen Prophet und König“ festgehalten und damit gezeigt, „wie tief sie ihn berührt“,¹¹⁵ bleibt eine These, die sich nicht erhärten lässt, denn Nachsicht und Verständnis gegenüber Geertje Dircx schien er auf jeden Fall zu keinem Zeitpunkt gezeigt zu haben. Zudem hatte Rembrandt aus damaliger Sicht auch weder Ehebruch noch Mord begangen.¹¹⁶ In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre geriet Rembrandt in immer grösser werdende finanzielle Schwierigkeiten, hauptsächlich durch seine eigene Misswirtschaft.¹¹⁷ 1653 nahm er bei mehreren Leuten Kredite auf, ohne diese in den nächsten Jahren zurückzuzahlen. Drei Jahre später, 1656, musste er Konkurs anmelden.¹¹⁸ Nachdem er 1658 das Haus verkauft hatte, mietete er sich eine Wohnung an der Rozengracht. Ab 1660 war Rembrandt finanziell komplett abhängig von seinem achtzehnjährigen Sohn Titus und von Hendrickje Stoffelsdochter.¹¹⁹ Hendrickje starb 1663, Titus nur wenige Jahre später, nachdem er eine Verwandte seiner Mutter Saskia geheiratet hatte; damit hatte er ihr Vermögen in ihre Familie zurückgebracht.¹²⁰ Rembrandt war damit aber nur teilweise an den Rand der Gesellschaft gedrängt.¹²¹ Er malte weiter und bekam gelegentlich auch Aufträge für Porträts. 1669 starb er und wurde in der Westerkerk in Amsterdam beigesetzt.

 Scholl, V. (2006, 34).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 292): „Rembrandt’s milieu in Amsterdam was not prudish, and his affair with the new girl in his house, after the disastrous end of the one with her predecessor, should not have caused more trouble than a bit of gossip.“  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 45).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 315): „From July 1656 through December 1660,while he was under the jurisdiction of the Insolvency Court, he did little except on commission, but in 1661, as soon as the ‘firm’ was established, his production rose dramatically, to the highest level since 1634.“  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 46): „1660 wurde zwischen Rembrandt, seinem Sohn Titus und Hendrickje Stoffels ein Abkommen geschlossen, das Rembrandt vor seinen Gläubigern schützen und ihm ermöglichen sollte auch weiterhin zu arbeiten.“  Vgl. Schwartz, G. (21991, 300): „This marriage, by returning Saskia’s legacy to her family, as it were, removed the last cause that they might yet have to sue Rembrandt.“  Vgl. van de Wetering, E. (2006a, 48).

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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4.1.4. Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Skizzen zu 2Sam 12 Wie sind die Skizzen von Natan vor David vor diesem politisch-religiösen beziehungsweise biografischen Kontext zu verstehen, wie legte Rembrandt die alttestamentliche Geschichte aus und inwiefern hat Rembrandt die Szene gegenüber der älteren Bildtradition verändert? Die Argumente für eine persönliche Auseinandersetzung Rembrandts mit dem Thema des Ehebruchs – etwa in dem Sinne, dass Rembrandt Hendrickje Stoffelsdochter Jaeger als Batseba gemalt hat, weil er sich persönlich schuldig gefühlt hat – sind schwach.¹²² Ohnehin hatte Rembrandt bereits lange vorher das Thema des Ehebruchs in der Darstellung der Ehebrecherin, die vor Jesus gebracht wird (Joh 8), künstlerisch umgesetzt (signiert Rembrandt f. 1644, Gemälde, 83,8 x 65,4 cm, Bredius 566, London, National Gallery).¹²³ Zudem war das Thema aus 2Sam 12,1– 15 auch bei anderen Künstlern im Umkreis Rembrandts beliebt. Aert de Gelder (1645 – 1727) nahm das Thema in einer Federzeichnung auf (Abb. 4.5.).¹²⁴ Die Darstellung de Gelders unterscheidet sich deutlich von jener Rembrandts.¹²⁵ In seiner Darstellung kniet der Prophet vor dem thronenden König. Dieser hat abwehrend seine rechte Hand erhoben, das Zepter liegt neben ihm auf einem Tisch. Natan dringt beschwichtigend auf David ein; keineswegs soll er diesem zur „Gefahr“ werden. Aert de Gelder hat die Begegnung, „in which a prophet or king encounters a biblical hero in a moment of crucial importance“,¹²⁶ häufig zum Thema gemacht. Ganz anders gestaltet sich die Begegnung in der Zeichnung (Abb. 4.6.) von Nicolaes Maes (1634– 1693).¹²⁷ Hier steht

 Vgl. generell dazu Wheelock, A. K. (2005a, 22 f.): „Interpreting the character of Rembrandt’s belief and his personal identification of his work, including his treatment of light and the handling of paint, is also a complex matter.“  Vgl. Schwartz, G. (21991, 228); Podro, M. (1987, 245 – 252).  Aert de Gelder, Natan ermahnt David, Feder und Pinsel in Braun, laviert, 17,2 x 24,1 cm, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt a.M. Vgl. zudem Aert de Gelder, Natan ermahnt David, 104 x 128 cm, 1683, Tokyo Fuji Art Museum, Tokyo (Abb. 4.11.); Aert de Gelder, Natan ermahnt David, Leinwand, 99,1 x 125,7 cm, signiert und 1683 datiert, unbekannter Besitz sowie Aert de Gelder, König David (ohne Natan), ca. 1683, Öl auf Leinwand, 109,5 x 114,5 cm, Rijksmuseum Amsterdam.  Hat Aert de Gelder die Zeichnungen Rembrandts nicht gekannt? Genau das nimmt Tümpel, C. (2004, 221) an: „In the case of Christ and the Adulteress and David and Nathan, subjects also treated by Rembrandt, it would appear that the older artist’s works were not known or not available to De Gelder so that he had to rely on drawn or painted variations by pupils.“ Vgl. zudem die Zeichnung von Gebrand van den Eeckhout, Natan ermahnt David, Feder, braune Tinte, hellbraun laviert, 19,0 x 22,9 cm, Musée du Louvre, Paris, Inv.-Nr. 2.968. Dazu Sumoski, W. (21980, 1658 f.).  Tümpel, C. (2004, 216).  Nicolaes Maes, Natan ermahnt David, Feder und braune Tinte, laviert auf geripptem Papier, ca. 1650 – 1660, Spaightwood Galleries.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

ein zornerfüllter, mächtiger Prophet mit erhobenem Zeigefinger vor einem eingeschüchterten, schmächtigen König, der sich hinter sein Lesepult duckt und mit gefalteten Händen die Gerichtsankündigung vernimmt. Hinter einem Vorhang verfolgt eine Figur, vermutlich Batseba, die Szene. Die beiden Skizzen aus dem Umfeld Rembrandts könnten nicht unterschiedlicher sein, und beide haben wenig mit der Darstellungsweise Rembrandts gemeinsam. Von einer Nachahmung kann auf keinen Fall die Rede sein.¹²⁸ Während die Skizze von Aert de Gelder Davids Würde kaum antastet – er sitzt auf seinem Thron während Natan vor ihm kniet –, steht in jenem von Nicolaes Maes in erster Linie das Gericht im Vordergrund. Bei Rembrandt überwiegen jedoch die Zwischentöne: der sanft und doch bestimmt auf David einredende Natan und der erschrocken in sich gehende David. Die Hauptschlagworte und Themen der Zeichnungen von Rembrandt sind demnach nicht die göttliche Bestrafung für Ehebruch und Mord, sondern Schuld, Einsicht, Reue und Busse. Ganz anders stellt Rembrandt das Machtverhältnis der Figuren etwa in einer Skizze zu einem unbekannten biblischen Thema dar (Abb. 4.8.). Während der König betend auf dem Boden kniet, tritt von hinten ein junger Mann an ihn heran, der sich in Kleidung und Aussehen deutlich von den Darstellungen Natans in Rembrandts Skizzen unterscheidet.¹²⁹ Rembrandt hatte bereits 1635 in zwei Gemälden das Thema des hochmütigen Königs und dessen Bestrafung aufgenommen.¹³⁰ In einem stellte er Belsazars Fest

 Vgl. generell zum Einfluss Rembrandts van der Coelen, P. (1996a, 27): „Although Rembrandt’s graphic oeuvre was held in high esteem and enjoyed an international market, his Old Testament prints – unlike his history paintings – had few imitators.“  Vgl. Benesch, O. (1957a, Nr. 868).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 176): „Both stories show the downfall of a biblical king who desecrated the sanctity of the Temple in Jerusalem.“ Vgl. auch Perlove, S. / Silver, L. (2009, 132 f.) In einer Predigt des Grazer Predigers Johann Andreas Graff, Geistlicher Schatz-Katsten / in welchem allerhand sehr kostbare Tugend-Schätz […] (Augsburg, 1700, Verlag Georg Schlüters), werden ähnliche negative Beispiele aufgezählt: „Hat der Mensch, zum Exempel, mit dem gottlosen Sohn Absolon, seine Eltern beleidiget, solchen nach Leib und Leben gezihlet, und darmit den Aichbaum ewiger Vermaledeyung, wie auch mit drey Lantzen der drey Höllen-Peinen, deß Schadens: Der Empfindlichkeit der fünff Sinnen: Und der unendlichen Ewigkeit durchstochen zu werden, verdienet. Hat der Mensch mit dem König Nabuchodonosor einen Hahn im Korb gespilet, aus Hochmuth dahin getrachtet, daß ihm alles solt unterliegen, seinen Nächsten beynebens nur über die Achsel angesehen, und dadurch meritirt, auf ewig in das Graß zu beissen. […] Hat der Mensch wie ein König Ochozias wegen eines ihme zustehenden Unglück, oder Kranckheit das Vertrauen auf Gott sincken lassen, ja sich dem höllischen Geist mit Leib und Seel verschrieben, und aufgeopffert, daß er hiemit auf dem Beth deß ewigen Elends solt erligen.“ Zitiert nach Zitzenbacher, W. (1973, 69 – 71).

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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(Daniel 5) dar,¹³¹ auf welchem dem babylonischen König eine Hand erscheint, die unverständliche Zeichen an die Wand schreibt (signiert Rembrandt f. 163[?], ca. 1635, Leinwand, 167,6 x 209,2 cm, Bredius 497, London, National Gallery). Daniel kann dem König die Schrift zwar deuten, doch Belsazar bereut sein Handeln nicht und wird nach der biblischen Überlieferung in der gleichen Nacht getötet. Beim anderen handelt es sich um ein Gemälde, das König Usija zeigt, der Aussatz bekam, nachdem er unrechtmässig im Tempel Räucheropfer darbringen wollte (1Chr 26,16 – 21; vgl. 2Kön 15,5) (signiert Rembrandt f. 1635, Leinwand 101 x 79 cm, Bredius 179, Derbyshire, Devonshire Collection, Chatsworth). Die eherne Schlange im Hintergrund des Bildes unterstreicht die Lokalisation im Tempel.¹³² In diesen Erzählungen werden die Bedeutung der Schuldeinsicht und Reue ebenso deutlich wie die verhängnisvolle Strafe Gottes bei entsprechendem Fehlverhalten. Sogenannte „negative Helden“ sind häufig Gegenstand in Rembrandts Kunst.¹³³ Diese Gemälde könnten auch gut auf die aktuelle politische Situation verweisen und vor dem Hintergrund einer generellen Monarchiekritik beziehungsweise Kritik am Haus Oranien verstanden werden. Trotzdem bleibt es grundsätzlich schwierig, den Skizzen von David und Natan eine politische Dimension abzuringen. Weder wissen wir Genaueres über Rembrandts konfessionelle Zugehörigkeit noch über seine politischen Einstellungen. Damit fehlt ein wesentlicher Kontext, der umso auffälliger ist, als Rembrandt grosses Gewicht legt auf die Innerlichkeit der beiden Figuren Natan und David. Die Zeichnungen Rembrandts müssen aus dieser Spannung heraus verstanden werden. Rembrandt politisiert und psychologisiert. Die Art und Weise, „he quoted, transformed, reinforced, omitted, or condensed motifs, however, shows that what concerned him was to reveal the inner meaning.“¹³⁴ Rembrandt geht dabei sowohl von der Bildtradition als auch von der biblischen Erzählung aus.¹³⁵ Er hätte auch das Thema Urija vor David von seinem Lehrer Pieter Lastman übernehmen können.¹³⁶ Stattdessen wählte er die Szene von David und Natan, und auch diese war in der Tradition – wenigstens in der Druckgrafik – weit verbreitet.  Johannessen, K. L. (1963, 64) erwähnt das Hasselter Drama über König Belsazer (ohne Autorangabe).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 176): „The use of the brass serpent in the background to identify the site as the Temple must have had powerful overtones in the plague year of 1635.“ Die Identifikation der hier dargestellten „alttestamentlichen Figur“ mit König Usija ist heute allerdings umstritten. Vgl. Bahre, K. (2006, 290 f.).  Vgl. Białostocki, J. (1973, 137– 154).  Tümpel, C. (1996, 32).  Vgl. Tümpel, C. (1969, 196).  Vgl. Pieter Lastman, Urija vor David, Bez. und dat. 1611, Holz, ca. 51 x 61 cm, Groningen sowie Govaert Flinck, Urija vor David, Dresden, Gemäldegalerie. Vgl. Tümpel, C. (1980, 142 f.).

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Rembrandt hat diese Darstellungsweise, wie die zahlreichen Skizzen zu ein und demselben Thema zeigen, nicht einfach übernommen, sondern nach immer neuen und besseren Lösungen gesucht, die Erzählung darzustellen. Mit jeweils leicht veränderten Szenen zum selben biblischen Text versuchte er, die gesamte Erzählung in ein Bild zu fassen.¹³⁷ Beim Vergleich mit der ikonografischen Tradition wird deutlich, dass Rembrandt nicht nur auf die Erzählung, sondern auch auf die Gefühle der Figuren fokussiert. „Rembrandt konzentriert die Historie auf die Erfassung und Vertiefung der psychologischen Situation.“¹³⁸ Damit werden seine Skizzen „Existenzbilder“. Rembrandt hatte sich lange Zeit vorher durch ein Gemälde, das die Reue Judasʼ zeigt (Mt 27,3 – 9), einen Namen gemacht.¹³⁹ Judas wird, wie eine zeitgenössische Auseinandersetzung von Constantijn Huygens mit dem Bild deutlich macht,¹⁴⁰ als exemplarischer Büsser dargestellt. Aber es ging

 Vgl.van de Wetering, E. (2006b, 99) mit Blick auf die Skizzen, Junges Mädchen am Fenster, um 1655, Feder und Pinsel in Braun, 16,5 x 12,5 cm, Nationalmuseum, Stockholm und Junges Mädchen am Fenster, um 1655, Feder und Pinsel in Braun, 16,2 x 17,4 cm, Nationalmuseum Stockholm: „Es ist ein merkwürdiges Gefühl, zwei späte Zeichnungen zu sehen, die Rembrandt kurz nacheinander angefertigt hat und bei denen man erkennt, daß er in einer von ihnen eine bessere Lösung für die Dinge suchte, die in der anderen Zeichnung offensichtlich nicht wie gewünscht ausgefallen waren. Es ist, als ob man beim Vergleich dieser Zeichnungen Rembrandt laut über seine malerischen Absichten nachdenken hört.“  Tümpel, C. (1969, 196). Vgl. ähnlich Pächt, O. (22005, 32 f.): „Darum ist also Rembrandts Erzählstil von Grund auf dramatisch zu nennen, weil erstens die Personen der Handlung voll und ganz in ihr aufgehen, durchaus nicht passiv sind, sogar weit davon entfernt, dem eigenen Tun nur so zuzuschauen – wie man nach Riegls Definition des holländischen Kunstwollens eigentlich erwarten sollte –, und zweitens die figürliche Bewegung und räumliche Gliederung unseren Blick unweigerlich führt und uns so zwingt, in dieser und keiner anderen Weise die Handlung mitzuerleben.“  Der reuige Judas, Leinwand, 1629, Holz, 79 x 102,3 cm, Privatsammlung, Bredius-Gerson 539 A, England. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Rembrandt erst die Figur und dann das Thema ausgewählt hat und dass dies „practically as an exercise in the manipulation of texts and motifs“ gesehen werden kann, wie Schwartz, G. (21991, 45) annimmt. Vgl. auch die Studien dazu, um 1628/29, Feder und Pinsel, 22,6 x 17,6 cm, Rijksmuseum Amsterdam und um 1628/29, Feder und Pinsel, 11,5 x 14,5 cm, Privatbesitz.Vgl. van de Wetering, E. (2006b, 66 – 69). Das Bildthema ist sehr selten. Rembrandt hat es vermutlich aus der Serie zur Passion Jesu von Peeter van der Borcht übernommen. Vgl. Tümpel, C. (2006b, 118).  Constanijn Huygens schreibt darüber: „Die Geste des in Verzweiflung verfallenen Judas (ganz zu schweigen von all den anderen beeindruckenden Figuren in diesem Gemälde), des sich wie wahnsinnig gebärenden Judas, der es herausschreit, der um Vergebung fleht, der jedoch keine Hoffnung mehr hat und aus dessen Gesicht alle Spuren von Hoffnung gewichen sind; den Blick wild, die Haare ausgerissen, die Kleider zerrissen, die Arme verdreht, die Hände bis zum Bluten ineinandergekrallt; in heftiger Gemütswallung ist er auf die Knie gefallen, sein ganzer Körper gekrümmt in erbärmlicher Widerwärtigkeit.“ – zitiert in der Übersetzung von van de Wetering, E.

4.1. „Du bist der Mann…“ – 2Sam 12 bei Rembrandt Harmenszoon van Rijn

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Rembrandt nicht nur um den Sünder, sondern auch um die Darstellung seines Leidens. Rembrandts Bilder zeigen immer wieder ein „menschliches Verständnis für die Schwäche“.¹⁴¹ Judas war beides, der Büsser schlechthin, aber auch der individuelle reuige Mann, dargestellt durch gut beobachtete psychologische und physische Einzelheiten.¹⁴² Rembrandt war, wie bereits Arnold Houbraken (1670 – 1721) festhielt, ein Meister der menschlichen Gefühle, der Emotionen, der Leidenschaften.¹⁴³ Immer und immer wieder kam er auf das Thema der inneren Veränderung in einer Person zurück. Dieses Thema dominiert nicht nur die Skizzen von David und Natan, es passt auch gut zum Gesamtwerk Rembrandts: „Rembrandt felt most at home with the Bible stories that transform ordinary people through extraordinary visitations.“¹⁴⁴ Dabei stellt Rembrandt den Sünder nie als gleichgültig und unbeteiligt dar, sondern als zutiefst erschüttert. „Die Stimmung der Betroffenen ist an ihrer Haltung, ihren Gebärden, ihrer Physiognomie, der Reaktion der Figuranten abzulesen.“¹⁴⁵ Rembrandt ist aber auch ein Meister der Dialogszenen.¹⁴⁶ Nicht vergeblich hat ihn Joost van den Vondel in einem Gedicht aufgefordert „die Stimme zu malen“.¹⁴⁷ Er zeigt dabei oft nur einen kleinen Bildausschnitt und visualisiert das Gespräch

(2006b, 69). Abdruck des lateinischen Dokumentes bei Strauss, W. L. / van der Meulen, M. (1979, 68 f.).Vgl. Białostocki, J. (1973, 147 f.); Schwartz, G. (21991, 73 – 77) und Tümpel, C. (2006b, 38 – 40).  Białostocki, J. (1973, 150). Diese Thematik findet sich etwa auch in Darstellungen von der Heimkehr des verlorenen Sohnes, um 1666/1669, Öl auf Leinwand, 262 x 206 cm, Eremitage, St. Petersburg – dazu Pächt, O. (22005, 166 – 172) –, in der Darstellung Hamans, ca. 1665, Courtesy State Hermitage Museum, Leningrad – dazu Kahr, M. (1965, 258 – 273) – oder in der Darstellung von der Ehebrecherin vor Jesus, 1944, Öl auf Holz, 83,8 x 65,4 cm, National Gallery, London – dazu Podro, M. (1987, 245 – 258).  Vgl. Schwartz, G. (21991, 75).  Vgl. van de Wetering, E. (2006b, 72 f.).  Mayor, H. A. (1979, 6).  Tümpel, C. (2006a, 125). Vgl. zudem Pächt, O. (22005, 176): „Einen viel größeren Platz in Rembrandts Schaffen nimmt jedoch jene Themenreihe ein, in der Zuhören und die psychische Reaktion auf Gesprochenes schlechthin ein Hauptmoment der Darstellung bilden – hauptsächlich Szenen der biblischen Geschichte und der Evangelien, in denen die Handlung in nichts mehr als Erzählen oder Predigen besteht und gezeigt wird, wie sich das Gehörte in den Gesichtern und Mienen der Anwesenden, der Zuhörer ‚malt‘.“  Vgl. Tümpel, C. (2006a, 117 f.). Vgl. beispielsweise Simson bedroht seinen Schwiegervater, 1635, Leinwand, 158,5 x 130,5 cm, Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin oder der Mennonitenprediger Anslo und seine Frau, 1641, 176 x 210 cm, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Auch Rembrandts Lehrer, Pieter Lastman, bevorzugte Erkenntnis- und Gesprächsszenen. Vgl. ausführlich dazu Tümpel, C. (1980, 148).  Joost van den Vondel, schrieb 1641 ein kleines Gedicht, das das Predigertalent des Mennoniten Cornelis Anslo verherrlichen sollte: „Ay, Rembrand, mael Kornelis stem.“ Vgl. dazu ausführlich Pächt, O. (22005, 173.248).

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

zwischen Natan und David deutlicher, als die Tradition es tut.¹⁴⁸ Es fällt auf, dass keinerlei Aggression von Natan ausgeht. Da ist kein Prophet mit ausgestrecktem Zeigefinger, keine moralische Anschuldigung! Vielmehr zeigen Natans Gebärde und sein Gesichtsausdruck in Rembrandts Skizzen Nachsicht. Ruhig und bestimmt erklärt er David die Anschuldigung. So hart die Strafe Gottes, die Natan übermittelt, auch sein mag, der Prophet vermittelt sie in einer sehr demütigen und menschlichen Art und Weise. Eine solche Abbildung ist in einem Kontext, in dem die Kirche neben dem zivilen Gericht eine Instanz ist, die Menschen verurteilt und aufgrund ihres Lebenswandels aus der Kirche ausschliesst, sehr beachtenswert. Rembrandt zeigt nicht einen Angriff auf den König, sondern dessen menschliche Schwäche. Es geht ihm ferner nicht um die Darstellung des göttlichen Gerichts, sondern er will aufzeigen, wie Sünder zur Busse finden.¹⁴⁹ So stehen Natans Ermahnung auf der einen, Davids Einsicht seiner Schuld und seine Reue auf der anderen Seite. Beides wird gleichzeitig dargestellt, beide befinden sich in einem Dialog.¹⁵⁰ „Apart from climaxes, Rembrandt frequently showed scenes where the future event is first implied or where the memory of the decisive episode lingers on, for example, in scenes of conversation […]. In that way he achieved a maximum amount of inner tension with the least amount of action.“¹⁵¹ Rembrandt strebte stets die „größte und natürlichste Beweglichkeit [die meeste, ende die naetuereelste beweechgelickheijt]“¹⁵² an. Gemälde und selbst Skizzen befinden sich in statu nascendi; der Betrachter wird ermutigt, sie selbst zu vollenden.¹⁵³

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 bei Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst Die Erzählung in 2Sam 24 und 1Chr 21,1– 22,1 ist vermutlich diejenige biblische Pesterzählung, die am häufigsten in der bildenden Kunst des 17. Jahrhundert re-

 Vgl. Tümpel, C. (2006a, 117).  Vgl. Podro, M. (1987, 251) mit Blick auf Joh 8,11: „This would seem to mark the distinction between the role of the church to bring sinners to repentance as opposed to setting itself up as a court beside civil courts.“  Vgl. Tümpel, C. (1969, 139): „In den Zeichnungen Natan ermahnt David (Ben. 947/Abb.V, 1156 und Ben. 984/Abb. V, 1159) sind die Anklage Natans und die Erkenntnis der Reue Davids gleichzeitig zum Ausdruck gebracht.“  Tümpel, C. (1996, 33).  Van de Wetering, E. (2006b, 82).Was genau damit gemeint ist, ist in der Forschung allerdings umstritten.  Vgl. ausführlich dazu van de Wetering, E. (2006b, 96).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1

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zipiert wurde.¹⁵⁴ Die ikonografischen Traditionen gehen dabei aber weit auseinander:¹⁵⁵ Während David und ein Engel in fast jedem Bild zu dieser Erzählung vorkommen und diese beiden Figuren zur Bestimmung des Bildinhaltes notwendig zu sein scheinen, ist Gad eine flexibel einsetzbare Figur, die je nach Bildaussage auftaucht oder nicht. Mit der dargestellten narrativen Einheit variiert auch die Funktion der Figuren: Einmal wird der Engel als Zerstörer mit den drei Strafen Gottes dargestellt – symbolisiert durch das Flagellum für die Pest, den Totenkopf für die Hungersnot und das Schwert für den Krieg¹⁵⁶ –, ein anderes Mal ist er zu einer Art Heilsfigur geworden, wenn die Darstellung zeigt, wie er das Schwert zurück in die Scheide steckt und so die Pest beendet. Während der Engel mit den drei Strafen eine rein ikonografische Erfindung ist, die weder auf den biblischen Text (2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1) noch auf Josephus (Ant.VII, 318 – 334) zurückgeht und teilweise den Propheten Gad ersetzt, wird der Pestengel mit dem Schwert in den Texten mehrfach genannt.¹⁵⁷ Beide Engelsdarstellungen können nebeneinander existieren und auch in ein und demselben Bild vorkommen. Zudem ist es kaum möglich, eine ikonografische Entwicklung in diesem Motiv festzustellen.¹⁵⁸ Der Prophet Gad erinnert in der Mehrheit der Darstellungen an die Sünde Davids – mit erhobenem Zeigefinger droht er dem büssenden Herrscher –, teilweise verweist er den König in den bildlichen Darstellungen aber auch auf das  So vielleicht etwas überspitzt Boeckl, C. M. (2000, 38): „The only passages commonly illustrated were 2 Sam. 24:10 – 25 and 1 Chron. 21:1– 28, recounting King David’s story that relates how the ruler sinned against God’s commandment.“ Ähnlich ebenfalls Mormando, F. (2005, 19): „The most conspicuous and most frequently cited example of plague as divine castigation was an episode in the life of King David […].“ Vgl. zahlreiche Beispiele in Pigler, A. (21974, 158). Trotzdem wird das Thema nicht selten verkannt. Vgl. Saxton, J. (2005, 108): „As the difficulty in recognising the true subject suggests, this is a rare theme, with no obvious precedent from which Knupfer might have worked.“  Boeckl, C. M. (2000, 54) unterteilt in folgende drei, allerdings nicht sehr präzise Themenbereiche: „David before God, the king before the angel choosing one of the three punishments, David with the prophet Gad, and the king purchasing land to build his votive altar.“ Vgl. Bergdolt, K. (2006, 65 – 69).  Dies ist vermutlich die bekanntere ikonografische Tradition. Allerdings gibt es davon auch Abweichungen. Statt des Flagellums werden hin und wieder auch Ähren als Symbol für die Hungersnot dargestellt, entsprechend steht dann der Totenkopf für die Pest. Vgl. beispielsweise Pieter de Grebber, Öl auf Leinwand, 94 x 84 cm, 1635 – 1640, Rijksmuseum, Het Catherijneconvent, Utrecht. Vgl. Boeckl, C. M. (2000, 54): „Often an angel held three arrows representing the three biblical calamities; at other times they were represented as stalks of wheat (famine), a sword (war), and a skull (pestilence).“ In ganz seltenen Fällen sind es drei Engel mit je einer Strafe,vgl. dazu The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 974. In The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 1236 schwebt ein Engel aufrecht vor David.  Vgl. Kapitel B. 2.4.3.2.  Vgl. die Beispiele weiter unten.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Opfer, das dieser darbringen soll. David selbst wird nicht nur als Sünder, sondern auch als Heiler und Retter von der Pest dargestellt, da er nicht aus Jerusalem flieht, sondern bei den Kranken ausharrt, diese pflegt und Fürbitte leistet. Und auch im Hinblick auf die Pest gibt es unterschiedliche Darstellungsweisen: Teilweise liegen die Pestopfer direkt vor den Augen Davids; die Pest kann aber auch weit in den Hintergrund verlegt sein oder gar nicht gezeigt werden.¹⁵⁹ Lediglich in Buchillustrationen kann aufgrund der Bildunterschrift und des Kontextes zwischen dem Text in 2Sam 24 und jenem in 1Chr 21,1– 22,1 unterschieden werden. So wird etwa in der sogenannten Merian-Bibel, die ikonografisch im 17. Jahrhundert sehr bestimmend war, die Abbildung von David, der den Pestengel über der Scheune erblickt, dem Chroniktext zugeordnet, grundsätzliche ikonografische Unterschiede lassen sich jedoch nicht festhalten.¹⁶⁰ 2Sam 24 wird bei Cesare Ripa verwendet, um die Personifikation der Pest darzustellen,¹⁶¹ aber auch als Emblem für die Bedeutung der Musik herbeigezogen: Musica serva Dei, nobis haec otia fecit: Illa potest homines, illa mouere Deum steht unter dem Ikon vom psalmodierenden David im Nucleus emplematum selectissimorium, Köln 1611 von Gabriel Rollenhagen (1593 – 1619); im Hintergrund ist der opfernde David und über ihm der Pestengel dargestellt. Das Bildthema soll im Folgenden ausgehend von einem Kupferstich nach einer Zeichnung Peter Paul Rubensʼ sowie zwei (Altar‐)Gemälden von Jan Boeckhorst exemplarisch untersucht werden. Auch in diesem Kapitel geht es um die Einordnung in den sozialen, historischen und biografischen Kontext; ausserdem soll nach der religiösen Bedeutung und Funktion dieser sakralen Bilder gefragt werden.

 Vgl. ausführlich dazu Kipfer, S. (2012, 88 – 108).  Mehr zur Merian-Bibel in Kapitel C. 3.3. Vgl. Wüthrich, L. H. (1993, 37).  Vgl. die Darstellung der Personifikation der Pest von Cesare Ripa (1560 – 1623). Diese wurde nicht in seinem Emblembuch Iconologia abgedruckt, sondern zum ersten Mal in Giuseppe Ripamonte’s La peste di Milano del 1630 als Titelblatt verwendet. Dort wird im Vordergrund die Pest als altes Weib in dreckigen Lumpen mit Flagellum dargestellt. Im Hintergrund des Kupferstiches von Ripa erscheinen der Pestengel mit einem Schwert sowie David, der sich kniend über einen Altar beugt. Hinter ihm stehen zwei Personen, die sich gestikulierend unterhalten. Ob es sich dabei eventuell um Joab und Gad handelt, wird nicht ersichtlich. Die beiden Szenen – zur weiblichen Personifikation der Pest und zu König David – werden diagonal durch eine dunkle Rauchsäule voneinander getrennt. Dazwischen liegen am Boden oder auf einer Treppe Kranke und Tote. Eine mahnende Bildunterschrift („David Gottes Volk liess zählen, muss zur Straf die Pest erwählen“) erinnert daran, dass die Pest hier zur Strafe Davids dient.Vgl. Boeckl, C. M. (2000, 65). Mormando, F. (2005, 20) weist zudem auf das Titelblatt von Marchinis Belli divini hin, wo David ebenfalls im Kontext der Pest abgebildet ist.

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1

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4.2.1. David und der Pestengel beziehungsweise David und der Engel mit den drei Strafen im Missale Romanum und Breviarium Romanum Von Peter Paul Rubens (1577– 1640) sind wesentlich weniger bildliche Darstellungen zu den Samuelbüchern bekannt als von Rembrandt. Lediglich vier Gemälde und nicht wesentlich mehr Zeichnungen zu den David-Erzählungen können ihm zugeschrieben werden: David tötet einen Bären,¹⁶² David und Goliat,¹⁶³ Abigajil vor David,¹⁶⁴ und Batseba. ¹⁶⁵ Während sich Rubens ansonsten kreativ zeigte und das Alte Testament insgesamt „a major role in the development of reproductive printmaking after Rubens“¹⁶⁶ spielte, widmete er sich bei den Samuelbüchern lediglich einzelnen, weit verbreiteten Themen und Motiven.¹⁶⁷ Zeichnungen für Drucke wurden nicht selten bei Rubens in Auftrag gegeben.¹⁶⁸ Diese Darstellungen standen häufig im Dienst der Gegenreformation,¹⁶⁹ wie beispielsweise Triumph der Eucharistie (1626, Prado, Madrid) und zahlreiche Heiligenbilder zeigen.¹⁷⁰ Rubens fertigte auch viele Titelblätter und Buchillus-

 Peter Paul Rubens, David tötet einen Bären und einen Löwen, Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm, Spencer A. Samuels Gallery, New York. Vgl. D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 119 – 122).  Peter Paul Rubens, David tötet Goliat, Öl auf Leinwand, 122 x 99 cm, The Norton Simon Foundation, Pasadena, California. Vgl. zudem die zwei Skizzen Peter Paul Rubens, David tötet Goliat, Feder, braune Tinte und braune Tusche, verso, 21,9 x 15,9 cm, Musée Atger, Montpellier, Inv.-Nr. MA 245 und David tötet Goliat, Feder und braune Tinte, 21,9 x 16,4 cm, Boymans-van Beuningen Museum, Rotterdam, Inv.-Nr.V.41.Vgl. Logan, A.-M. / Plomp, M. C. (2005, 127– 129).Vgl. D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 122 – 128).  Peter Paul Rubens, Abigajil vor David, Öl auf Leinwand, 123 x 228 cm, J. Paul Getty Museum, Malibu California; Abigajil vor David, Öl auf Leinwand, 175,5 x 249 cm, The Detroit Institute of Art, Detroit, Inv.-Nr. 1889 – 63; Abigajil vor David, ca. 1630, Öl auf Leinwand, 44,7 x 89 cm, National Gallery of Art Washington, 1997.57.8. Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 206 – 209) und D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 132– 138).  Peter Paul Rubens, Batseba wird der Brief von David gebracht, Öl auf Leinwand, 175 x 126 cm Gemäldegalerie Dresden, Inv.-Nr. 965. Vgl. D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 138 – 142).  Van der Coelen, P. (1996a, 23)  Van der Coelen, P. (1996a, 23): „The Old Testament prints after Rubens were not published in series. Usually they are lage-format prints with one of the master’s paintings, meticulously reproduced. In seventeenth-century prints after Rubens a good twenty Old Testament themes are represented, some of which recur in more than one composition.“  Vgl. zur Bezahlung beispielsweise Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 447 f.454– 456) und van Hout, N. (2004c, 124). Generell zur Druckgrafik nach Zeichnungen von Rubens Hottle, A. D. (2006, 55 – 85); van Hout, N. / Huvenne, P. (2004); Vomm, W. (1977, 1– 23) und Voet, L. (1977).  Vgl. van der Coelen, P. (1996a, 23).  Vgl. van Hout, N. (2004a, 76): „Le programme élaboré par Rubens est un chef-d’oeuvre baroque de propagande, articulée autour des dogmes catholiques.“ Vgl. auch Heynen, J. (1977, 108 – 111).

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trationen an, etwa jene für das Buch Electorum Libri II. (1608), das sein Bruder Philipp Rubens (1574– 1611) herausgab, oder für die Vita Beati Ignatii Loyolae (1607).¹⁷¹ Die meisten seiner Zeichnungen wurden von Cornelis I. Galle (1576 – 1650) oder Theodoor Galle (1571– 1633) gestochen. Im Folgenden wird ein einzelner Kupferstich, der die Erzählung in 2Sam 24 aufnimmt und der David und den Pestengel zeigt, näher untersucht (Abb. 4.17.).¹⁷² Rubens zeichnete eine entsprechende Vorlage für das Breviarium Romanum, das 1614 bei Balthasar Moretus (Moerentorf, 1574– 1641) gedruckt wurde. Diese ist leider nicht mehr erhalten, sie wird lediglich in einer Liste von elf beziehungsweise zwölf Zeichnungen erwähnt, für die Rubens 132 Gulden bekam.¹⁷³ Erhalten hat sich stattdessen eine Zeichnung Rubensʼ vom psalmodierenden David, die ebenfalls gut als Eröffnung des Psalters in das Breviar gepasst hätte, jedoch nicht gedruckt wurde.¹⁷⁴ Weshalb wird in diesen Breviarien fast konsequent auf 2Sam 24 verwiesen und steht nicht generell der Harfe spielende David im Vordergrund? Woher stammt diese ikonographische Tradition und in welchem religiösen Kontext steht sie? Um diese Fragen wenigstens teilweise zu klären, sollen die liturgischen Bücher kurz vorgestellt werden, in denen immer wieder Kupferstiche zu 2Sam 24 vorkommen. Nach dem Konzil von Trient (1563) erschienen zu Beginn der 1570er Jahre eine Anzahl überarbeiteter, autoritativ beglaubigter Bücher. Neben der Vulgata, der einzigen tolerierten lateinischen Übersetzung, und einem Katechismus waren dies das Breviarium Romanum, ex decreto sacrosancti Tridentini restitum, Pii V Pont. Max. iussu editu, ein Stundenbuch für die geistliche Meditation der Kleriker, und das Missale Romanum, ex decreto sacrosanci Concilii Tridentini restitutum, Pii V Pont. Max. iussu editum, et Clementis VIII auctoriatate regognitum, das die un-

 Vgl. de Nave, F. (1996, 15). Vgl. ausführlich dazu auch Voet, L. (1977).  Die Kupferplatte befindet sich im Plantin-Moretus Museum, Antwerpen, Inv.-Nr. KP 55 D; 30,6 x 19,7 cm. Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 125 Anm. 5).  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 126). Vgl. auch Müller Hofstede, J. (1974, 133 – 137.191 f.). Dies ist umso bedauerlicher, als Zeichnungen häufig „provide additional thoughts and pointers to follow up, with words sometimes substituting for a change to the sketch itself, perhaps obviating the need for a revised drawing“ – so McGrath, E. (2005, 30).  Peter Paul Rubens, David spielt die Harfe, Zeichnung, Feder, braune Tinte und Tusche, 23,0 x 15,0 cm, Cabinet des Dessins du Musée du Louvre, Paris, Inv.-Nr. 20.221. In der Handschrift Rubensʼ befindet sich über David die Inschrift Soli deo gloria, und unterhalb der Zeichnung steht: Si ha da avertire che l’opra riuscirebbe molto diversa / da questi scizzi li quali sono fatti liggerissimamente da / primo colpo per demonstrar solo il pensiero mà poi si farebbono / li dissegni come anco la pittura con ogni studio diligenza. Zitiert nach D’Hulst, R.-A. / Vandenven, M. (1989, 1128).

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terschiedlichen Teile jeder Messe enthielt.¹⁷⁵ Die Erstausgabe des Breviarium Romanum erfolgte 1568 in Rom unter Papst Pius V., Neubearbeitungen besorgten 1602 Papst Clemens VIII. und 1632 Papst Urban VIII. Von 1571 bis 1576 verkaufte Christopher Plantin (ca. 1520 – 1589) über 50.000 „modified versions of the missal and breviary for use in Spanish domains“.¹⁷⁶ Dies brachte ihm nicht nur einen grossen finanziellen Gewinn, sondern ermöglichte es ihm auch, vermehrt Illustrationen einzubeziehen.¹⁷⁷ 1575 begann Christopher Plantin, mit Kupferstichen illustrierte Breviarien zu publizieren. Bereits 1571 hatte er in Antwerpen das Missale Romanum, das nicht nur für den spanischen, sondern auch für den lokalen Markt bestimmt war, mit Kupferstichen veröffentlicht. Die in Rom und Venedig gedruckten autorisierten Vorlagen waren dagegen nur mit einer sehr beschränkten Anzahl an Holzschnitten illustriert.¹⁷⁸ Es ist nicht auszuschliessen, dass Benito Arias Montano Christopher Plantin dazu angeregt hat, weitere Illustrationen anzubringen – zumindest agierte er als Vermittler zwischen Philipp II. und Plantin.¹⁷⁹ Der Text war zwar autoritativ vorgegeben und wurde stark kontrolliert. Im Hinblick auf die Kupferstiche aber bestand eine gewisse Freiheit, und entsprechend fanden auch unterschiedliche

 Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 86): „The Missale contains the service for the mass for the entire year. It instructs the priests as to how to celebrate the Mass and which texts should be read. The latter include the Ordinarium, which forms part of every Mass, and the Proprium, which changes according to the liturgical year (Proprium de tempore) or the special feasts of the Saints (Proprium de sanctis). In folio-editions of the Missale were used on the altar. The Breviarium, on the other hand, was usually printed in smaller size and includes all the prayers of the Holy Office for each day which must be recited at specific hours by clerics and members of the various monastic orders.“ Vgl. zudem Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 122 f.).  Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 125). Vgl. zu Christopher Plantin auch Kapitel C. 2.1.  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 125).Vgl. Sellink, M. (1996, 30): „For the Plantin Press, the liturgical works – texts such as breviaries and missals that were intended for the daily practice of the faith […] – were unquestionably the most important, certainly as one progresses into the 17th century.“ Jan I. Moretus druckte aber vorerst weiterhin auch Ausgaben mit Holzschnitten, „a practice begun by Plantin in which one portion of the copies of a given edition were illustrated with woodcuts and the remaining copies with engravings.“  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 171): „Why none of these other printers – particularly the Giunti in Italy, where engravings had long been popular – attempted to illustrate their liturgical editions like Plantin remains a mystery.“ In den späten 1580er Jahren begannen zwei weitere Drucker nach dem Vorbild Plantins, in die liturgischen Werke Kupferstiche einzufügen, nämlich Jean Mettayer und Guillermo Foquel, so Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 171– 174). Lediglich ein Kupferstich zu 2Sam 24 aus Italien ist bekannt, nämlich jener von Antonio Tempesta (1555 – 1630). Hier ist der Engel sehr klein abgebildet. Er blickt aus einer Wolke und hält lediglich ein Schwert in der Hand. Vgl. The Illustrated Bartsch 271.313.  Vgl. Bowen, K. L. (1997, 155 – 158); Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 126 – 13).Vgl. Kapitel C. 2.1.

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ikonografische Traditionen Eingang in die Bücher.¹⁸⁰ Obwohl also die Drucke am Hof von Philipp II. zunächst von Francisco de Villalba, Gabriel de Zayas und Hernando de Birbiesca auf „the layout of the text and its visual appearance, from the use of red and black ink to the type of letters and decorative initials used and the selection of the illustrations“¹⁸¹ geprüft wurden, sind im Hinblick auf die Illustrationen Abweichungen von der spanischen Verordnung feststellbar.¹⁸² Christopher Plantin hat zum einen Kupferstiche aus anderen Büchern wiederverwendet, so etwa aus Benito Arias Montanos Humanae salutis monumenta,¹⁸³ zum anderen aber auch mehrere Kupferstiche nach ein und derselben Vorlage anfertigen lassen.¹⁸⁴ In dieser Anfangsphase kann deshalb nicht von einer „Serie“ von Illustrationen für ein bestimmtes Buch gesprochen werden.Vielmehr hatte der Verleger eine Anzahl von Kupferplatten vor sich, die er entsprechend zusammenstellte und verwendete.¹⁸⁵ Erst nach und nach etablierte sich unter Jan I. Moretus ein fest vorgegebenes Bildprogramm. Für das Missale Romanum ergaben sich entsprechend im Laufe der Jahre acht ganzseitige Abbildungen und acht Randbemalungen, die im Zusammenhang mit den entsprechenden kirchlichen Festen standen:¹⁸⁶ Der büssende David – Proprium missarum de tempore¹⁸⁷ Die Geburt Christi – Dritte Messe an Weihnachten Christus am Kreuz – Canon Missarum

 Anders urteilt Evers, H. G. (1944, 196 f.): „Etwas von dem unabänderlichen Charakter des Textes ging auch auf lang eingeführte Abbildungen über.“  Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 130). Mehr zu den Vorgaben im Hinblick auf die Auswahl und Grösse der Illustrationen Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 131– 133).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 133): „For example, Plantin’s missals from 1573 onwards do not have nearly as many full-page (or relatively large) images with borders as was advocated in the Spanish instructions. In addition, other feasts and even, occasionally, entire sections of the missal (for example, the Commune sanctorum) that were not mentioned in the Spanish directives, are illustrated in Plantin’s missals from 1573 onwards.“  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 138.145).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 139 – 143) und Bowen, K. L. (1996, 41).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 142 f.). Vgl. zudem Bowen, K. L. (1996, 43): „Even the Moretuses’ 1614 folio breviary […], which is often praised and singled out as the introduction of a complete new series of illustrations designed by the preeminent Peter Paul Rubens, actually contains two ‘recycled’ engravings (designed by Rubens, nonetheless) that had been used for the first time the year before in their 1613 folio missals […].“  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 87).Vgl. die Tabelle bei Bowen, K. L. (1996, 178 – 181).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2001, 266): „Specifically, in Plantin’s missals, the first full-page illustration was usually a representation of either the Annunciation or of King David and was always printed immediately after the preliminary texts in order to mark the start of the ‘Proprium missarum de tempore’.“

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Die Auferstehung – Ostern Die Ausgiessung des Heiligen Geistes – Pfingsten Abendmahl – Fronleichnam Apotheose Marias – Maria Himmelfahrt Gemeinschaft der Heiligen mit dem Auferstandenen – Allerheiligen

Es handelt sich dabei nicht um Darstellungen, die Sachinformationen vermitteln sollten, wie dies etwa Landkarten oder Rekonstruktionen des Jerusalemer Tempels tun, oder die ein theologisches Thema repräsentieren, sondern „the primary function of these images was often just that of marking and decoration the start of important sections of the text or regionally favored feast days.“¹⁸⁸ Insgesamt blieben die Themen der Kupferstiche aber variabel. So wurde die Ausgabe des Missale Romanum von 1613, das Kupferstiche von Theodoor Galle nach Maarten de Vos enthielt, um zwei Illustrationen von Rubens, nämlich die Anbetung der drei Könige und die Himmelfahrt Christi, ergänzt.¹⁸⁹ Es ist möglich, dass der Verleger hinsichtlich der Bildthemen das Breviarium Romanum als Vorlage verwendete: „In the 1603 and 1606 breviaries in quatro, there is a series of ten full-page engravings with precisely the same subjects as in the 1613 Missale. However, there is one difference: the earlier Breviarium has an illustration of David Poenitens and not Christ on the Cross while in the 1613 Missale it is the other way around.“¹⁹⁰ Hernando de Birbiesca, dem zusammen mit zwei anderen die Kontrolle dieser liturgischen Bücher oblag, schlug bereits 1572 vor, an Stelle der Darstellung Davids eine der Jungfrau Maria einzufügen.¹⁹¹ Geradezu hartnäckig hielt sich jedoch die Darstellung vom büssenden David und dem Engel mit den Strafen Gottes. Im Breviarium Romanum eröffnete die Darstellung zu 2Sam 24 mit dem Titel PSALTERIVM DISPOSITVM PER HEBDOMADAM, der ersten Seite gegenüberliegend, den Psalter.¹⁹² Während sich in der Regel die Bilder auf den Text beziehen, ist in diesem Fall der Zusammenhang des Textes zur dargestellten Erzählung aus

 Bowen, K. L. (1996, 37). Vgl. Bowen, K. L. (1996, 37): „In each of these texts the bulk of the illustrations simply offers a visual representation of the theme of the text to follow, which is itself stated literally in the accompanying heading of the text.“  Vgl. Bowen, K. L. (1996, 45) sowie Bowen, K. L. (1996, 123 f.).  Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 87).  Vgl. ausführlich dazu Bowen, K. L. (1997, 164 f.): „The suggested use here of an image of the Virgin instead of one of King David, which was more often included before the start of the psalter because of the traditional assumption that David had written the psalms, further accentuates (at least in the case of de Virbiesca) the favoritism of the Virgin.“  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 124).

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2Sam 24 eher locker.¹⁹³ Es wird nicht visuell dargestellt, wovon im Text die Rede ist. Vielmehr bildet die Darstellung von David eine Art Verbindung zum Psalter und damit zu Texten, die David zugeschrieben wurden. Der Darstellung des büssenden David steht häufig ein Psalmwort gegenüber, das David in dieser Situation in den Mund gelegt wird. Damit wird ein bestimmtes Moment der Historie in seiner wörtlichen und moralischen Bedeutung erfasst. So steht beispielsweise der Holzschnitt von Antoon van Leest nach Peeter van der Borcht im Officium B. Mariae Virginis (1573) dem Anfang von Psalm 6 gegenüber: „Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn, und züchtige mich nicht in deinem Grimm! Sei mir gnädig, Herr, denn ich bin welk; heile mich, Herr, denn meine Gebeine sind bestürzt. Meine Seele ist tief bestürzt […]“ (Ps 6,1– 4a).¹⁹⁴ In diesem Sinn kann doch eine gewisse Übereinstimmung von Text und Bild festgehalten werden. Auch die Umrahmungen, die meist aus floralen Elementen bestehen und zum Teil auch kleine Bilder einschliessen, waren auf die Hauptthematik abgestimmt. In einem Officium B. Mariae Virginis von 1575 ist die Darstellung der Krönung Marias von einer Illustration zu David umgeben.¹⁹⁵ Nicht immer passen alle Elemente zusammen, doch gibt es „enough instances of a deliberately contrived, meaningful combination of accompanying text, border, and image to support claims that the setting of this text was specially considered with the apparent goal of creating (when convenient) independent, visually striking representations of common themes for prayer.“¹⁹⁶ Die Kupferstiche, die in diesen liturgischen und meditativen Büchern die Erzählung aus 2Sam 24 aufnehmen, sind vielfältig. Einer der ersten Kupferstiche aus dem Jahr 1575 (Abb. 4.12.), vermutlich von Crispijn van den Broeck (1524– 1589/ 91) nach Pierre Dufour (ca. 1545-ca. 1610),¹⁹⁷ ähnelt vom Bildaufbau demjenigen im  Vgl. Bowen, K. L. (1996, 37 f.): „Consequently, the section of text entitled ‘In nativitate Domini…’ that is common to all three of these books is routinely introduced by an image of the Nativity in each. […] At one extreme are series of images that do not strictly relate to either the content or the heading of the particular portions of text that they introduce – e. g., the independent cycle of images form the life of the Virgin that accompanies the Hours of the Virgin. The other extreme is represented by individual images that not only visually repeat the subject cited in the accompanying heading, but also referred to specifically in the text that follows, as with, for example, the illustration of the Crucifixion that marks the stars of the Office of the Cross.“  Vgl. Bowen, K. L. (1997, fig. 83). Antoon van Leest nach Peeter van der Borcht, Officium B. Maria Virgninis, 8°, Antwerpen, Christopher Plantin, 1575, p. 278, Plantin-Moretus Museum, Antwerpen PP 1770C, A 1613.  Vgl. Bowen, K. L. (1997, 176 f.).  Bowen, K. L. (1997, 177).  Pierre Dufour nach Crispijn van den Broeck, Breviarium Romanum, Antwerpen, Christopher Plantin, 1575, fol. ****4v, Kupferstich, 287 x 183 cm, Bibliotheca Nacional de España, Madrid, Ri/3 und Royal Library of Belgium.Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 144.327).Vgl. The New Hollstein, Crispijn van den Broeck, Bd. XXII, Nr. 256.

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Werk David von Benito Arias Montano (Abb. 2.48.a.). Im Vordergrund werden David und Gad gezeigt. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Figur Gad während der nächsten Jahrzehnte aus den Darstellungen zu 2Sam 24 in den Breviarien verschwindet und erst mit dem Kupferstich von Jan Boeckhorst (1604 – 1668) wieder Eingang in die Darstellungen finden wird.¹⁹⁸ Im Hintergrund ist zu erkennen, wie der Pestengel wütet und Mensch und Tier den Tod bringt. Einmalig ist die Art und Weise der Darstellung der drei Strafen. Statt des Engels mit den drei Strafen ist hier in der linken oberen Ecke des Kupferstichs ein Skelett dargestellt, das vermutlich für die Hungersnot steht. Eine Hand aus den Wolken hält ein Schwert, das den Krieg beziehungsweise die Flucht vor den Feinden, die Gad David ankündet, symbolisiert. Eine zweite Hand aus den Wolken hält eine Birkenrute als Züchtigungsinstrument. Sie taucht zusammen mit dem Flagellum, das auf die mittelalterliche Geisselbewegung bei Ausbruch einer Pestepidemie zurückgeht, häufig im Kontext von Pestdarstellungen auf. Bei dieser Art der Darstellung der drei Gefahren handelt es sich nicht um eine ikonografische Vorstufe zum Engel mit den drei Strafen, denn dieser findet sich bereits in einem Holzschnitt von 1575 von Peeter van der Borcht (ca. 1535 – 1608) in einer Ausgabe des Missale Romanum (Abb. 4.20.).¹⁹⁹ Vielmehr scheint sich Crispijn van den Broeck um eine möglichst exakte Wiedergabe des biblischen Textes bemüht zu haben und damit zu betonen, dass Gad und nicht ein Engel David die drei Strafen Gottes zur Auswahl überbracht hat. Seine Darstellungsweise konnte sich jedoch nicht durchzusetzen. Stattdessen wurde das Motiv von Peeter van der Borcht „bis 1627 und noch länger beibehalten, und dabei fortwährend ein wenig verändert und in frischen Schnitten erneuert“.²⁰⁰ Es folgte ein weiterer Kupferstich von Peeter van der Borcht in einem Officium B. Mariae Vriginis (1575)²⁰¹ sowie von einem an-

 Die Figur Gad alleine in Theatrum Biblicum, Amsterdam 1643, The Illustrated Bartsch 7001.068 sowie in Sacrarum Antiquitatem, Antwerpen 1577, The Illustrated Bartsch 7001.091.  Vgl. The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, 614.Vgl. sehr ähnlich in dem Officium B. Maria Virginis, 1575 p. 278. Angaben dazu Anm. 201.  Vgl. Evers, H. G. (1944, 196).  Vgl. Bowen, K. L. (1997, fig. 113). Peeter van der Borcht, Officium B. Maria Virgninis, 8°, Antwerpen, Christopher Plantin, 1575, p. 268, Plantin-Moretus Museum, Antwerpen PP 1775C, R 54.24. Von Peeter van der Borcht scheint es eine ganze Serie von Zeichnungen zu dem Thema gegeben zu haben. Vgl. The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 595 von Johannes Wierix gestochen; The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 614,von Antoon van Leest gestochen, sowie The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 625, Nr. 730; 733 ebenfalls von Antoon van Leest gestochen und The New Hollstein, Peeter van der Borcht, Bd. XIII, Nr. 757 von Pieter Huys gestochen, sowie Nr. 736 und Nr. 692 von unbekannten Stechern.

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onymen Künstler, in dem nicht mehr der Engel mit den drei Strafen, sondern der Pestengel mit dem Schwert in der Hand David gegenübertritt.²⁰² Da die Situation in Antwerpen in den 1580er Jahren wegen des Einmarsches französischer Truppen unter François I. Herzog von Anjou politisch schwierig war und Christopher Plantin vorübergehend von 1582 bis 1585 in Leiden arbeitete, wurden vorläufig keine neuen Kupferstiche in Umlauf gebracht.²⁰³ Im PlantinMoretus-Museum in Antwerpen ist aus dieser Zeit zu 2Sam 24 lediglich eine Kupferstichplatte von Crispijn van der Passe (1564 – 1637) erhalten, die auf Maarten de Vos (1532– 1603) zurückgeht und für ein Brevier verwendet werden sollte.²⁰⁴ Diese zeigt David, der mit ausgebreiteten Händen vor einer Hütte kniet (vgl. Abb. 4.14.).²⁰⁵ Obwohl Christopher Plantin nach seiner Rückkehr nach Antwerpen seine Arbeit an den Andachtsbüchern wieder aufnahm, kamen erst nach seinem Tod 1589 – der Verlag ging vorerst an seine Witwe Jeanne Rivière de Cean und an seinen Schwiegersohn Jan I. Moretus (1543 – 1610) – neue Illustrationen zu den liturgischen und meditativen Werken heraus. Es folgten mehrere Publikationen des Missale Romanum mit Kupferstichen von Jan II. Collaert ebenfalls nach Zeichnungen von Maarten de Vos. Ein Kupferstich zu 2Sam 24 fällt besonders auf, da zwei Engel dargestellt werden. Er zeigt David im Freien vor seiner Harfe kniend, über ihm den Engel mit den drei Symbolen für die drei Strafen in der Hand, die übliche Palastarchitektur und den Vernichtungsengel, der mit dem Schwert in der Hand über Jerusalem schwebt, im Hintergrund (Abb. 4.16.). Dieser Kupferstich wurde 1619 in einem Breviarium Romanum abgedruckt.Von besonderer Bedeutung sind jedoch die Kupferstiche von Theodoor Galle nach Zeichnungen von Peter Paul Rubens ersetzt.²⁰⁶ Die Brüder Jan II. (1576 – 1618) und Balthasar Moretus (1574–  Anonymer Künstler, Breviarium Romanum, Antwerpen, Christopher Plantin, 1575, fol. ****6v, Kupferstich, 171 x 116 cm, Plantin-Moretus Museum A579, Antwerpen.Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 145). Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 161): „The link between the illustration in the quarto breviary and Plantin’s large books of hours is logical, simply a result of the comparable formats of the books concerned. It is also underscored by the one engraving present in the only known copy of this breviary, namely, an image of King David […] that was also used to illustrate copies of Plantin’s 1575 edition of his large octavo books of hours.“  Ausführlich dazu Bowen, K. L. (1997, 66 – 73).  Plantin-Moretus Museum, Antwerpen Inv.-Nr. 273, KP 166 B, 92 x 69 mm. Vgl. ausführlich zu Maarten de Vos und seinen Buchillustrationen für Jan Moretus Bowen, K. L. / Imhof, D. (2001, 159 – 187).  Neben diesem Kupferstich existiert von Maarten de Vos noch eine weitere Abbildung: Das Gebet Davids, Feder mit Bister laviert, Bleistiftspuren, Paris, École des Beaux Arts. Inv.-Nr. 629.Vgl. Reinsch, A. (1967, 55). Vgl. zudem Hollstein, Maarten de Vos, Bd. XLV, Nr. 250, die der Darstellung von Aegidius Sadeler nach Marten de Vos (Abb. 2.49.c.) sehr ähnelt, allerdings fehlen ein Altar und Gad (vgl. Abb. 4.15.).  Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 237); Evers, H. G. (1944, 196).

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1641) haben Rubens nach dem Tod ihres Vaters Jan I. Moretus mit der Arbeit am Titelblatt des Breviarium Romanum sowie an Illustrationen für das Missale Romanum betraut.²⁰⁷ Peter Paul Rubens und Balthasar Moretus besuchten gemeinsam die Lateinschule in der Antwerpener Kathedrale, und so ist es nicht erstaunlich, dass der Verleger bei der Herausgabe dieses geistlichen Buches ausgerechnet auf Rubens zurückgriff.²⁰⁸ Die Zeichnungen wurden, wie aus einem Brief hervorgeht, von Rubens im März 1614 fertiggestellt.²⁰⁹ Der Kupferstich, der auf die Zeichnung von Rubens zu 2Sam 24 zurückgeht, zeichnet sich durch eine grosse Nähe zum biblischen Text aus (Abb. 4.17.). Nicht der Engel mit den drei Strafen Gottes tritt David gegenüber, vielmehr ist es der Engel mit dem Schwert über der Stadt Jerusalem, den David sieht (2Sam 24,17). Dieses Motiv findet sich bereits in einem Kupferstich von einem anonymen Künstler in einem Brevier von 1575.²¹⁰ David sieht den Engel jedoch nicht – wie im Text – in einer gewissen Entfernung über der Stadt Jerusalem (2Sam 24,16 f.), sondern unmittelbar vor sich. „David ist als Profil in Licht und Schatten gegen den Grund abgesetzt […].“²¹¹ Krone und Zepter liegen vor ihm auf dem Boden, die Harfe fehlt im Unterschied zu den Missale-Illustrationen von Peeter van der Borcht und Maarten de Vos.²¹² Die Szene, die Rubens gemalt hat, konzentriert sich auf den Moment, in dem der Engel über der Tenne des Arauna steht und David ihn sieht. Dabei fokussiert Rubensʼ Darstellung auf die „Begegnung“ zwischen David und dem Pestengel, die vom Bildaufbau an zahlreiche Darstellungen der Heimsuchung Marias erinnert. Im Hintergrund sind sowohl die Stadt Jerusalem als auch die Tenne des Arauna sorgfältig ausgeführt.²¹³ Da die Pest hier bereits ausgebrochen ist, ist es nicht erstaunlich, dass Rubens auch die Opfer der Epidemie und vor dem Pestengel fliehende Menschen darstellt – ein Element, das bisher in Darstellungen fehlte. Rubens, der mit dem Neostoizisten Justus Lipsius gut vertraut war – sein Bruder Philipp Rubens war Schüler des Gelehrten und dessen Nachfolger auf dem

 Vgl. Evers, H. G. (1944, 196).  Vgl. de Nave, F. (1996, 22); Brejon de Lavergnée, A. (2004, 25); McGrath, E. (2005, 29).  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 119).  Anonymer Künstler, Breviarium Romanum, Antwerpen, Christopher Plantin, 1575, fol. ****6v, Kupferstich, 171 x 116 cm, Plantin-Moretus Museum A579, Antwerpen.Vgl. Bowen, K. L. / Imhof, D. (2008, 145).  Evers, H. G. (1944, 204). Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 125): „David’s kneeling position, his upturned gaze at an apparition and the dramatic light effects might well reflect Ruben’s interest in late sixteenth-century Italian art.“  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 125).  Vgl. Evers, H. G. (1944, 205): „Nur Rubens gibt diesen Ort an. Und er wird bei ihm zu einer flandrischen Bauernhütte.“

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Löwener Katheder,²¹⁴ – kontrastiert damit deutlich die Ängstlichkeit des Volkes und das tapfere Ertragen des Leidens von David. Der Kupferstich von Theodoor Galle nach Peter Paul Rubens sollte die weiteren Ausgaben des Missale Romanum vorübergehend prägen. Er wurde immer wieder verwendet. Christoffel Jegher (1616 – 1667) fertigte zwischen 1625 und 1642 Holzschnitte für das Breviarium und das Missale Romanum nach den Vorlagen von Rubens an. „Ces illustrations sont de qualité médiocre, et rien n’indique qu’elles aient été exécutées sous le contrôle du maître.“²¹⁵ 1631 stach zudem Cornelis I. Galle (1575 – 1650) elf Darstellungen von Rubens im Auftrag der Verleger Moretus neu, da die ursprünglichen von Theodoor Galle hergestellten Kupferplatten inzwischen abgenutzt waren.²¹⁶ Aber obwohl bereits neue Stiche existierten, wurden die Kupferstiche von Rubens aus der Ausgabe von 1613 weiterhin gedruckt, so etwa 1677 und 1688.²¹⁷ Die politische und konjunkturelle Lage Antwerpens war in dieser Zeit sehr instabil. Zwar herrschte von 1609 bis 1621 vorübergehend Frieden, doch verschlechterte sich danach die Lage wieder.²¹⁸ So liessen die Verleger Moretus erst zu Beginn der fünfziger Jahre eine neue Reihe von Illustrationen anfertigen. Sie wird sowohl Abraham van Diepenbeeck (1590 – 1675)²¹⁹ als auch Jan Boeckhorst (1604 – 1668)²²⁰ zugeschrieben; gestochen wurden die Zeichnungen von Cornelis II. Galle (1615 – 1678).²²¹ Sowohl Abraham van Diepenbeeck als auch Jan Boeckhorst erhielten zwischen 1648 und 1650 den Auftrag, neue Entwürfe für die Illustrationen des Missale Romanum und des Breviarium Romanum zu zeichnen:²²² Am 28. Mai 1648 wurde an „A. van Diepenbeke“ eine erste Zahlung für eine neue Serie von Illustrationen für das Missale Romanum geleistet. Es dauerte jedoch fast zwei  Vgl. Sauerländer, W. (2011, 18).  Van Hout, N. (2004b, 93). Mehr zu Christoffel Jegher bei van Hout, N. (2004b, 92 f.).  Vgl. Evers, H. G. (1944, 197).  Vgl. Evers, H. G. (1944, 198).  Vgl. Vomm, W. (1977, 1).  Vgl. Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 46). Zudem Bowen, K. L. (1996, 126): „It was only with the introduction of a new series of designs by Abraham van Diepenbeeck (1590 – 1675) for the illustration of the Moretuses’ 1650 folio missal […] that Ruben’s earlier compositions were generally replaced albeit with designs that were themselves clearly indebted to Rubens’s portrayal of figures and general compositional style.“  Vgl. Lahrkamp, H. (1982b, 151 f.): „Früher Abraham van Diepenbeeck zugeschrieben, gelangte die Zeichnung, die als Vorlage zu dem Stich im ‚Breviarium Romanum‘ des Verlages PlantinMoretus von 1655 (Frontispiz des Psalters) von Cornelis Galle d.J. diente, als Geschenk […] ins Museum.“  Bei zwei der Kupferstiche handelt es sich nur um geringe Modifikationen der Darstellung von Rubens, die restlichen sind neue Kompositionen. Vgl. Bowen, K. L. (1996, 154).  Vgl. Langmeyer, G. (1982, 188).

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Jahre, bis die Serie geliefert und gänzlich bezahlt wurde.²²³ Von Jan Boeckhorst stammt neben den neuen Rahmungen in der Breviarium Romanum-Ausgabe von 1653 auch die Zeichnung von König David und Gad (Abb. 4.19.):²²⁴ „The Plantin Press relied upon Jan Boeckhorst more than once for the delivery of compositional drawings for book illustrations, but these sheets for the 1653 Missale Romanum and a drawing of the Repentance of King David in the Saint Louis Museum of Art are the only evidence of Boeckhorst’s work as a book illustrator.“²²⁵ Abraham van Diepenbeeck und Jan Boeckhorst hatten die Aufgabe, die Konzeption Rubens „korrigierend fortzuentwickeln und auf einen neuen Stand zu bringen“.²²⁶ Bemerkenswert ist, dass sich die Darstellung von 2Sam 24 bei Jan Boeckhorst nicht nur formal, sondern auch inhaltlich von jener von Rubens unterscheidet (Abb. 4.18. und 4.19.): Nicht der Pestengel, der David mit flammendem Schwert gegenübertritt, ist dargestellt, sondern der Engel mit den drei Strafen – Schwert, Totenkopf und Birkenrute, vielleicht auch Ähren –, der über einem Altar schwebt. Zudem steht der Prophet Gad mit bedrohlicher Gestik und weitem Mantel hinter und über David. Damit sind eindeutig zwei Szenen in einem Bild zusammengefasst, nämlich 2Sam 24,11– 14 und 2Sam 24,18 – 25: zum einen die Bestrafung Davids, symbolisiert durch den Engel und gleichzeitig durch den Propheten Gad, zum anderen Davids Busse, angedeutet durch das Opfer, das er bei der Tenne des Arauna darbringt. Gad stellt bei seinem ersten Auftreten David vor die Wahl zwischen den drei Strafen Gottes. Bei seinem zweiten Erscheinen beauftragt er ihn, ein Opfer darzubringen. In der Darstellung von Jan Boeckhorst fungiert er als Verbindungsfigur zwischen diesen beiden Szenen, zwischen Strafe und Busse. Als mächtige, bedrohliche Hauptfigur steht er hinter dem Herrscher und erteilt ihm Anweisung. David kann nicht anders, als dem göttlichen Wort zu gehorchen. Dies war vermutlich das letzte Mal, dass die Szene 2Sam 24 neu dargestellt und in diesen liturgischen Werken abgedruckt wurde. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts änderte sich das Bildthema in den Breviarien vollständig. Dem Opfer des büssenden Königs kam nun ein viel stärkeres Gewicht zu. Die Zeichnungen von Jan Claudius de Cock (1667– 1734/35), die vermutlich von Jan Antoon de Poorter (1600-?) gestochen  Vgl. Bowen, K. L. (1996, 154).  Vgl. Evers, H. G. (1944, 198): „Die zugehörigen Umleistungen […] zeichnete ein anderer Rubensschüler, Jan Boeckhorst, und von ihm wurden auch (aus unbekanntem Grund) der König David und die Auferstehung Christi […] neu gefasst. Die langgezogenen, fast krankhaften Formen der Menschen bei Boeckhorst unterscheiden sich stark von dem Stil Diepenbeecks.“ Vgl. ausserdem Lahrkamp, H. (1990, 16). Zudem Depauw, C. (1996, 157): „Jan Boeckhorst, an avowed Rubens follower, produced nine new compositional drawings for the border decorated of the 1653 Missale Romanum.“  Depauw, C. (1996, 157). Vgl. auch Hairs, M.-L. (1977, 68).  Langmeyer, G. (1982, 188).

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wurden, zeigen beispielsweise als Einleitung in den Psalter im Breviarium Romanum von 1707 einen König, der Harfe, Krone und Zepter beiseitegelegt hat und vor der Bundeslade ein Opfer darbringt.²²⁷ Die Darstellung des opfernden Königs, die Harfe und der Kontext des Psalters machen eine Identifikation mit David wahrscheinlich. Die Darstellung der beiden Säulen des Tempels Salomos sowie die Inschrift „Gratias agit Deo, Templum dedicans“ in einem sehr ähnlichen Kupferstich von Maarten van Heemskerck lassen aber auch eine Identifikation mit Salomo als möglich erscheinen.²²⁸ Nicht nur in diesen liturgischen Werken kommt David vor. Der alttestamentliche König ist von Anfang an auch ein beliebtes Motiv in Stundenbüchern.²²⁹ Bereits 1557 findet sich in einem Stundenbuch (Heures de Nostre Dame) von Christopher Plantin eine Darstellung König Davids im Kontext von sieben Busspsalmen. Der Holzschnitt von Arnold Nicolai zeigt David kniend, die Krone beiseitegelegt, und einen Engel, der mit Pfeil und Totenkopf in den Händen die Pest verbreitet.²³⁰ Wie fliessend der Übergang von Officien, Stundenbüchern, Breviarien und Missalen ist und wie oft die Kupferstiche untereinander ausgetauscht wurden beziehungsweise sehr ähnlich weiterverwendet wurden, lässt sich im Hinblick auf David beispielsweise an Kupferstichen von Jan Wierix (1549 – 1618/ 1620) zeigen (vgl. Abb. 4.13.). Sie alle zeigen David und den Engel mit den drei Gefahren Schwert, Totenkopf und Birkenrute. Der erste wurde 1575 bei Christopher Plantin in einem Officium gedruckt.²³¹ 1585 erschien ein weiterer in einem Missale

 Vgl. Bowen, K. L. (1996, 158): „The illustration of a king, making a sacrifice featured here (marking the start of the psalter in the ‘pars hiemalis,’ the first of the four volumes of the breviary) represents one of the extra subjects added to supplement the series of images conventionally used to illustrate a single volume breviary.“  Bowen, K. L. (1996, 159): „The confusion of subjects and conventional attributes reflects some of the difficulties inherent in trying to expand upon a long-standing, rigid illustrative tradition with related, but distinctive images.“  Vgl. Bowen, K. L. (1997, 17 f.).  Vgl. Bowen, K. L. (1997, 95 fig. 22). Arnold Nicolai, Heures de Nostre Dame, a l’usage de Romme en François…, 12°, Antwerpen, Christopher Plantin, 1557, fol. 96r°, Plantin-Moretus Museum, Antwerpen PP1374, R 51– 26. Sehr ähnlich auch der Holzschnitt in Horas de Nossa Senhora Romaans en lingoaiem Portugues…, 12°?, Paris, Hierosme de Marnef, 1563, fol. 81r°, Bibliothèque d’Arsenal, Paris, 8°T 2588. Abgedruckt bei Bowen, K. L. (1997, fig. 29). Vgl. zudem Arnold Nicolai nach Geoffroy Ballain, Heures de Nostre Dame, a l’usage de Rome, en Latin et en François, 16°, Antwerpen, Christopher, Plantin, 1570, p. 181, Plantin-Moretus Museum, Antwerpen, PP 1373, A 225. Abgedruckt bei Bowen, K. L. (1997, fig. 54).  Vgl. Bowen, K. L. (1997, fig. 103) bzw. Hollstein, The Wierix Family, Bd. LXXI, Nr. 398. (Kupferplatte: Jan Wierix, König David, M-H 2151, Antwerpen, Stedelijk Prentenkabinet, I/W 680). Vgl. zudem Hollstein, The Wierix Family, Bd. LXX, Nr. 47.1 mit einer sehr ähnlichen Darstellung von

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Romanum. ²³² Vier Jahre später findet sich das gleiche Motiv mit sehr ähnlichem Bildaufbau und Inhalt in einem Breviarium Romanum. ²³³ So klein die ikonografischen Unterschiede teilweise auch sein mögen, so ergeben sich doch grosse inhaltliche Differenzen. Wird lediglich David mit dem Engel mit den drei Strafen dargestellt, steht die göttliche Abrechnung mit David im Vordergrund.Wird der Pestengel mit dem Schwert abgebildet, liegt der Fokus mehr auf der aktuellen Katastrophe, aber auch auf Davids Busse. Steckt schliesslich der Pestengel zum Zeichen des Endes der Pest sein Schwert in die Scheide, ist Gottes Gnade und Erbarmen Inhalt des Bildes. Davids Opfer bei der Tenne des Arauna kommt im Laufe der Zeit eine zunehmend wichtigere Rolle zu, wobei auch dann meist mehrere Szenen der biblischen Erzählung in einem Bild zusammengefasst werden. Da das Thema immer wieder neu und leicht variiert aufgenommen wurde, wird die Spannung zwischen Tradition und Innovation, Rezeption und Produktion besonders deutlich. Auch der Kupferstich nach der Vorlage von Rubens geht, wie oben gezeigt wurde, nicht auf ihn allein zurück, sondern steht deutlich in einer ikonografischen Tradition. Dennoch gibt es Elemente, die er neu eingeführt hat: beispielsweise die katastrophalen Folgen der Epidemie durch die Darstellung der fliehenden Menschen. Ob nicht nur die ikonografische Tradition, sondern auch die theologische Literatur, der Auftraggeber – in diesem Fall die Gebrüder Moretus²³⁴ – und die lokalen Theologen²³⁵ die Darstellungsweise beeinflusst haben, soll weiter unten untersucht werden.²³⁶

4.2.2. Gad als bedrohliches Gegenüber zu David – zwei (Altar-)Gemälde von Jan Boeckhorst (1604 – 1668) Jan Boeckhorst malte, ausgehend von seinen Zeichnungen für die Kupferstiche im Breviarium Romanum (Abb. 4.18.), zwei (Altar‐)Gemälde zu 2Sam 24. Das eine

Jan Wierix, die für ein Officium gedacht waren, jedoch nie publiziert wurden, signiert IOH-A.W | . In., Antwerpen (Kupferplatte Moretus-Plantin Museum, Antwerpen KP 175 B).  Vgl. Hollstein, The Wierix Family, Bd. LXXI, Nr. 403, Kupferstich von Johannes Wierix nach Peeter van der Borcht. Vgl. Bowen, K. L. (1994, 275).  Vgl. auch Hollstein, The Wierix Family, Bd. LXX, Nr. 46.1.  Judson, J. R. / van de Velde, C. (1978, 32): „In fact, there was usually a close cooperation between the publisher, the author or patron and the artist.“  Vgl. dazu Bowen, K. L. (1997, 153 – 155).Vgl. Sellink, M. S. (1997, 107): „Although some CounterReformation theologians considered the penitent David as one of the Old Testament prefigurations of the Sacrament of Confession, there are no actual identifications for such an overt catholic interpretation of this particular print.“  Vgl. Kapitel C. 4.2.4.

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Gemälde befindet sich in der Kerkfabriek Sint Michiels in Gent (Abb. 4.21.), das andere im Museum der Bob Jones University in Greenville (Abb. 4.22.).²³⁷ Das Bild in Gent soll angeblich 1654 vom damaligen Pfarrer Gregorius Breydel in Auftrag gegeben worden sein.²³⁸ Es fällt zum einen der sakrale Kontext der Bilder auf, die für Kirchen bestimmt waren und vermutlich als Altarbilder verwendet wurden,²³⁹ zum anderen aber auch die sehr eigenwillige Darstellung der Szene. Das Bild in Gent ist ein hochformatiges Gemälde, das Bild in Greenville hingegen eine horizontale Darstellung, die um den Königsthron auf der rechten Seite sowie das Feld mit den Pestopfern und dem Opferaltar auf der linken Seite erweitert wurde.²⁴⁰ In beiden Darstellungen steht der Prophet mit ausgestreckten Händen und weitem Mantel als dunkle, bedrohliche Gestalt hinter und über König David.²⁴¹ Darin ähnelt die Darstellung auch sehr dem Kupferstich von Cornelis II. Galle (Abb. 4.19.), der auf eine Zeichnung von Jan Boeckhorst zurückgeht (Abb. 4.18.). Links über Gad und David wird jedoch nicht ein Engel mit den drei Strafen Gottes dargestellt, sondern Gott-Vater blickt selbst, umgeben von einigen Putten und einem Engel, der möglicherweise sein Schwert zurück in die Scheide steckt, aus dem Himmel auf die Szenerie.²⁴² In dieser Darstellung Gottes wird vermutlich auf 2Sam 24,15 Bezug genommen, wo erzählt wird, dass Jhwh Mitleid wegen des Unheils hatte und dem Engel befahl: „Genug! Ziehe jetzt deine Hand ab!“ Diese Darstellungsweise Gottes ist der italienischen und flämischen Kunst eigen. In den Niederlanden, wo die reformierte Kirche das zweite Gebot hochhielt, war sie verpönt: Himmlische Erscheinungen wurden häufig durch einen Lichtstrahl ersetzt.²⁴³ Dieser Ansatz wirkte sich auch auf katholische Künstler aus, die durch die Darstellung des

 Vgl. Lahrkamp, H. (1982b, 29 f.).  Vgl. Lahrkamp, H. (1982b, 29); Luckhardt, J. (1990, 142).  Ihr ursprünglicher Ort im liturgischen und zeremoniellen Kontext ist ungewiss. Das Gemälde in Gent befindet sich jedoch noch heute in einer Seitenkapelle der Sint Michiels Kirche. Das Thema wurde bereits 1536 von Giorgio Vasari II. auf einem Altar von San Rocco, Predella, Öl auf Leinwand, 35 x 75 cm, 1536, Museo Diocesano, Arezzo, dargestellt.  Vgl. Lahrkamp, H. (1982b, 29): „Eine zweite Version des bußfertigen Königs David, die Bockhorst aus der vertikalen Form (Gent, St. Michael) in eine horizontale Fassung gebracht hat, erweitert um den Königsthron rechts (in Gestaltung der Draperie Anklänge an die Bilder ‚Esther vor Ahasverus‘ und ‚Königin von Saba vor Salomon‘) und links durch den Ausblick auf das Feld mit Pestopfern und den Opferaltar.“ Zudem Langmeyer, G. (1982, 189).  Vgl. Evers, H. G. (1944, 197).  Vgl. so in der Bildbeschreibung von Luckhardt, J. (1990, 142): „Jahwe, den Engel mit flammendem Schwert abwehrend, neigt sich gnädig zu ihm herab.“  Vgl. Tümpel, C. (1980, 152– 155). Allerdings haben sowohl Rembrandt als auch Arent de Gelder Gott-Vater durchaus auch gemalt. Vgl. dazu Veldman, I. M. (1999, 417). Vgl. zudem Antoine Coypel, König David im Gebet, Fonds des dessins et miniatures, Département des Arts graphiques, Musée du Louvre, Paris, Inv. Nr. 25839 recto sowie zahlreiche weitere Zeichnungen von ihm.

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Lichtes den transzendentalen Charakter der Gotteserscheinung betonen wollten.²⁴⁴ Wenn Jan Boeckhorst hier also Gott-Vater umgeben von Putten malt, verdeutlicht er die unmittelbare Begegnung zwischen ihm und David. Entsprechend wird David sowohl als reuiger Büsser als auch als erlöster Sünder dargestellt.²⁴⁵ Die bedrohliche Gestalt Gads in dunkler Mönchskleidung – vermutlich ein Franziskaner-Habit mit Kapuze – passt nicht so recht in den Kontext dieser Szene. Gad nimmt hier eindeutig die Rolle des Vermittlers zwischen Jhwh und David ein, was an 2Sam 24,11– 13 und 2Sam 24,18 erinnert.Visuell dargestellt wird dies, indem Gad seine Hand zum Himmel richtet und Gott-Vater mit seiner Hand auf die Erde verweist, wobei sich die Hand Gads ziemlich genau im Bildmittelpunkt befindet. Insbesondere die Demut des mächtigen Königs vor dem höchsten Richter wird in den Vordergrund gerückt: Mit seiner rechten Hand fasst sich David an die Brust, während er die linke, die in der Verbindungslinie der Hände Gottes und Gads steht, geöffnet, sozusagen Segen empfangend, über seinem Knie hält. In dem Gemälde aus der Kerkfabriek Sint Michiels ist – wie es der biblischen Erzählung entspricht – der Altar, auf dem David seine Opfer darbringt, nicht zu sehen, im Gemälde der Bob Jones University in Greenville, ist er lediglich am Rande angedeutet. Die äusseren Zeichen der königlichen Macht – Zepter, Krone und Harfe – liegen in beiden Gemälden unbeachtet vor David.²⁴⁶ „Diese Verbindung dramatischer und repräsentativer Elemente soll dem Betrachter die Notwendigkeit einer aktiven Bußpraxis verdeutlichen. Im Miterleben des dramatischen Vorganges wird Davids Vorbild als Richtschnur des eigenen Handelns nahegelegt.“²⁴⁷

4.2.3. Der biografische und religiöse Hintergrund der Darstellungen zu 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 – Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst Der biografische Kontext von Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst, insbesondere ihre Frömmigkeit, ihre Beziehung zur katholischen Kirche und zu den geistlichen Auftraggebern, werden im Folgenden lediglich überblicksartig dargestellt. Peter Paul Rubens wurde 1577 in Siegen geboren. Dorthin war sein Vater Jan Rubens (1530 – 1587), ein protestantischer Rechtsgelehrter und Statthalter, der aus Antwerpen stammte, verbannt worden, weil er eine Affäre mit Anna von Sachsen, der Gemahlin des Prinzen Willem von Oranien, eingegangen war.²⁴⁸ Seine Mutter

    

Vgl. Tümpel, C. (1980, 154). Vgl. Luckhardt, J. (1990, 142). Vgl. Luckhardt, J. (1990, 142). Luckhardt, J. (1990, 142). Mehr zu Willem von Oranien in Kapitel C. 1.2.4.

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Maria Pypelinckx kehrte nach dem Tod ihres Mannes 1587 mit Peter Paul und dessen Bruder Philip nach Antwerpen zurück.²⁴⁹ Rubens konvertierte zum Katholizismus und besuchte die Lateinschule. 1598 wurde der Künstler in die Lukasgilde zu Antwerpen aufgenommen. Die Jahre 1600 – 1608 verbrachte er in Italien und Spanien. Kaum in Italien angekommen, wurde er in den Dienst von Vincenzo Gonzaga, Herzog von Mantua, aufgenommen. Dieser beauftragte ihn 1603, einen Konvoi mit wertvollen Geschenken, unter anderem auch Gemälden, für Philipp II., zu begleiten. Während dieses Aufenthalts entstanden mehrere Werke. Seinen wichtigsten Auftrag erhielt er von den Oratoriern, die ihn 1606 baten, den Hochaltar für die Kirche Santa Maria in Vallicella anzufertigen.²⁵⁰ 1608 kehrte er nach Antwerpen zurück und eröffnete dort ein grosses Atelier, das es ihm ermöglichen sollte, die zahlreichen Aufträge auszuführen.²⁵¹ Das künstlerische Klima war äussert günstig, denn nach dem Fall von Antwerpen 1585 und der damit einsetzenden katholischen Restauration wurden zahlreiche Kirchen, Klöster und Abteien errichtet und mit neuen Bildern versehen.²⁵² Rubens malte zwischen 1620 und 1621 ausser dem Hochaltar, der Ignatius von Loyola und Francis Xavier zeigt, insgesamt 39 Deckengemälde in der Jesuitenkirche in Antwerpen.²⁵³ Für die altund neutestamentlichen Szenen verwendete er die dramatische di sotto in sù Perspektive. Typologisch stellte er beispielsweise die Darstellung davon, wie David Goliat den Kopf abschlägt, der Versuchung Christi gegenüber. Zahlreiche bedeutende Altäre und Gemälde in der Sammlung der vermögenden Antwerpener Bürgerschaft stammen von Rubens.²⁵⁴ Zudem war er als Maler am Hof von Erzherzog Albrecht VII. und Erzherzogin Isabella, die ab 1598 als Statthalter über die spanischen Niederlande herrschten, tätig. Nach dem Tod von Herzog Albert 1621  Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 144); Vlieghe, H. (1998, 22).  Vgl. Brejon de Lavergnée, A. (2004, 27).  Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 144).  Vgl. Brejon de Lavergnée, A. (2004, 65). Vgl. Tieze, A. (2009, 322): „Der zwölfjährige Waffenstillstand zwischen Spanien und den nördlichen Niederlanden sowie der Bedarf nach Ersatz für die im Bildersturm zerstörten Altarbilder begünstigten den Aufbau eines florierenden Ateliers auf dem Wapper.“ Vgl. auch Sauerländer,W. (2011, 13): „Wie sonst nur der Römer Bernini hat er der nachtridentinischen Kirche in dem Augenblick, als diese sich aus der sinnenfeindlichen Askese und Strenge der Gegenreformation löste, eine neue, lebendige Bildsprache geschaffen und damit die Wunden des Ikonoklasmus geheilt. Die katholischen Gotteshäuser Flanderns – ja zuweilen weit über Flandern hinaus – füllten sich mit Altarbildern von seiner Hand, aus seinem Atelier, von seinen Schülern.“  Vgl. ausführlich zum Programm Knaap, A. C. (2004, 155 – 195). Leider wurden die Gemälde 1718 in einem Feuer zerstört und sind nicht mehr original erhalten.  Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 144): „During the 1610 s he also received commissions for altarpieces from well-known connoisseurs in Antwerp, among them Cornelis van der Geest and Nicolaas Rockox.“ Vgl. zudem Brejon de Lavergnée, A. (2004, 66 f.).

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wurde er politischer Berater von Isabella und 1624 auf sein Gesuch hin durch den spanischen König Philipp IV. in den Adelsstand erhoben.²⁵⁵ Von 1629 bis 1630 hielt er sich in politischer Mission am Hof von Charles I. auf und fertigte anschliessend – zurück in Antwerpen – die Deckengemälde für das Banqueting House in London an. In dieser Zeit stand er auch im Dienst Kardinal Ferdinands, des Bruders des spanischen Königs Philipp IV. und Isabellas Nachfolger als Statthalter der spanischen Niederlande. Peter Paul Rubens arbeitete nicht nur für den englischen und spanischen,²⁵⁶ sondern auch für den französischen Königshof (Maria de’Medici und Henri IV.). Er war sehr polyglott und seine Gelehrtheit steht ausser Zweifel.²⁵⁷ Er konnte sicherlich mühelos die Vulgata lesen. Dennoch ist nicht auszuschliessen, dass er sich in biblischen Gemälden auch auf die niederländische Übersetzung bezog (Biblia sacra Dat is de geheele Heylighe Schrifture Bedeylt in’t Oudt en Nieu Testament), die 1599 bei Jan I. Moretus erschien und lange Zeit die offizielle katholische Bibel blieb.²⁵⁸ Jan Boeckhorst (Bronckhorst, Bockhorst, Boichorst), auch als Lange Jan bekannt, ist 27 Jahre jünger als Rubens. Er wurde um 1604 in Münster oder in Rees am Niederrhein geboren, besuchte das Jesuitengymnasium Paulinum in Münster und liess sich zunächst zum Juristen ausbilden. 1621 wurde er Kanoniker in der Stiftskirche St. Clemens zu Wissel am Niederrhein.²⁵⁹ Durch diesen formellen Akt wurde er Kleriker und behielt die Präbende (Pfründe) lebenslänglich bei, ohne jedoch die Priesterweihe zu empfangen. Vermutlich erhielt er auch nicht die niederen Weihen, obwohl er stets eine geistliche Kleidung getragen haben soll und auch nie geheiratet hat.²⁶⁰ Von der Residenzpflicht befreit, besuchte er vorerst die Universität und erlangte den Titel des magister artium. ²⁶¹ Erst mit zweiundzwanzig Jahren begann er zu malen.²⁶² Da es in Münster an guten Malern fehlte, zog er in den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts nach Antwerpen und genoss vermutlich bei Peter Paul Rubens,²⁶³ vielleicht auch bei Jakob Jordaens (1593 – 1678) oder

 Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 145) und Tieze, A. (2009, 322).  Vgl. Vergara, A. (1999).  Vgl. Vlieghe, H. (1998, 22): „Rubens was the complete master of the classical literature, and his unequalled ability to portray impressively its sometimes complex subject matter demonstrates the extent to which his work complied with the humanist ideal of ut pictura poesis.“  Vgl. van der Coelen, P. in Tümpel, C. / Boonen, J. / de Beer, G. u. a. (1994, 328).  Vgl. Lahrkamp, H. (1982a, 6 f.); Lahrkamp, H. (1990, 12 f.);Wheelock, A. K. (2005b, 5); Tieze, A. (2009, 323). Vgl. auch Hairs, M.-L. (1977, 63).  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 25 Anm. 4).  Vgl. Lahrkamp, H. (1982a, 3).  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 13).  Vgl. Wheelock, A. K. (2005b, 5) und Lahrkamp, H. (1982a, 7 f.). Vgl. zudem Lahrkamp, H. (1990, 13): Jan Boeckhorst „kam indessen zu einem ungünstigen Zeitpunkt nach Antwerpen.

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Anton van Dycks (1599 – 1641), seine Ausbildung.²⁶⁴ Vermutlich hat Jan Boeckhorst insbesondere mit letzterem zusammengearbeitet und nach dessen Wegzug nach England zu Charles I. 1632 in Brüssel bei Gasper de Crayer (1584– 1669) gearbeitet.²⁶⁵ Möglicherweise hat sich Boeckhorst zeitweise auch in Gent niedergelassen.²⁶⁶ 1633/34 wurde er in die Lukasgilde zu Antwerpen aufgenommen. Voraussetzung dafür waren der Besitz des Bürgerrechts, der Nachweis der geleisteten Lehrzeit und die Vorlage eines Probestücks.²⁶⁷ Vermutlich bekam er in den Jahren danach erste grössere Aufträge, etwa die Ausstattung der St. Josephs-Kapelle, deren Bilder leider verschollen sind. Dem Beispiel Rubens’ und van Dycks folgend unternahm Boeckhorst eine Reise nach Italien, unter anderem nach Genua und Venedig. Nach seiner Rückkehr 1637 assistierte er zusammen mit anderen Malern Antwerpens Rubens bei der Ausschmückung des Jagdschlosses Torre de la Parada bei Madrid, für das König Philipp IV. von Spanien bei Rubens mehr als hundert Bilder in Auftrag gab.²⁶⁸ Ob und wie lange Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst in einem LehrerSchüler-Verhältnis standen, ist unklar. Fest steht, dass Jan Boeckhorst das Davidbild zur neuen Breviar-Ausgabe gezeichnet hat, das damit mehrheitlich die ältere Vorlage Rubens ersetzte. Zudem erwarb er auch ein Bildnis eines männlichen Studienkopfes im Profil, eine sogenannte Tronie, von Rubens und ergänzte dieses Gemälde zum Harfe spielenden David vor dunkelgrünem Hintergrund.²⁶⁹ Im Inventar Jaspar Thielens, Boeckhorsts Testamentsvollstrecker, findet sich der Eintrag: „Een stuck Coninck David van Lange Jan met vergulde lijste“, der die

Rubens ging nach dem Tod seiner Gattin Isabella Brant auf Reisen und betätigte sich in den nächsten Jahren vorwiegend im Dienst der Infantin Isabella Clara Eugenia, der Regentin der unter spanischer Oberherrschaft stehenden katholischen südlichen Niederlande. Rubens genoß als ihr Hofmaler das Privileg, ohne Verpflichtungen gegen die örtliche St. Lukasgilde Lehrlinge annehmen zu dürfen, weshalb uns deren Register für die Angehörigen seines engsten Kreises keine Aufschlüsse liefern.“  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 13);Vlieghe, H. (1998, 76).Vgl. Tieze, A. (2009, 323): „De Bie und Van den Branden berichten, dass er zunächst Schüler oder Assistent in der Werkstatt von Jacob Jordaens war, während Rubens’ Neffe Philipp ihn als Schüler seines Onkels bezeichnete.“  Lahrkamp, H. (1990, 14).  Vgl. Lahrkamp, H. (1982a, 8).  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 14).  Vgl. Lahrkamp, H. (1982a, 8 f.); Lahrkamp, H. (1990, 15) und Wheelock, A. K. (2005b, 5).  Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst, König David spielt Harfe, Holz, Kerntafel, 61,5 x 48,2 cm, Gesamttafel 84 x 68 cm (ca. 1616, Ende der 1640er Jahre erweitert), Städel Museum, Frankfurt am Main, Inv.-Nr. 1043. Vgl. ausführlich dazu Tieze, A. (2007, 1– 15) und Tieze, A. (2009, 324– 339). Vgl. auch das Gemälde von Gerrit van Honthorst, König David spielt die Harfe, 82 x 65 cm, Centraal Museum, Utrecht, und König David spielt die Harfe, 18,1 x 15,0 cm, Feder, braune Tinte und Tusch, Département des Arts Graphiques du Musée du Louvre, Paris.

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1

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Annahme, dass Jan Boeckhorst das Bild von Rubens ergänzte, bestätigt.²⁷⁰ Ob Zufall oder nicht, die Darstellung Davids in dieser Tronie mit nach oben gerichtetem Blick hat sowohl Ähnlichkeiten mit dem David im Kupferstich von Theodoor Galle nach Peter Paul Rubens (Abb. 4.17.) als auch mit dem David in den beiden Gemälden von Jan Boeckhorst (Abb. 4.21. und Abb. 4.22.) – allerdings nicht mit dem David in der Zeichnung von Jan Boeckhorst (Abb. 4.18.), auf dem David stärker frontal dargestellt ist.²⁷¹ 1639 reiste Jan Boeckhorst ein zweites Mal nach Italien, dieses Mal nach Rom. Zu Beginn der vierziger Jahre – vermutlich also erst nach dem Tod Peter Paul Rubensʼ und Anton van Dycks – kehrte er nach Antwerpen zurück und malte eine grosse Anzahl von Altargemälden, beispielsweise Christus am Kreuz in der Klosterkirche der Augustinerchorherren in Lo. In den 1650er Jahren war Jan Boeckhorst „bereits ein vielbeschäftigter Maler, den die Geistlichkeit der spanischen Niederlande mit Aufträgen für religiöse Bilder im Geist der Gegenreformation versah“.²⁷² So entstanden seine Vision des Heiligen Dominikus von Soriano für das Dominikanerkloster in Brügge, eine Heilige Helena für den Kreuzaltar der Antwerpener Begardenkirche und andere mehr. Drei grössere Gemälde malte er für die Kerkfabriek Sint Michiels in Gent: Reue des Königs David, Triumph der Eucharistie und Bekehrung des Heiligen Hubertus; „zwei weitere, eine Mariendarstellung mit der Trinität und zwei betenden Paaren und ein Bild des Hl. Ivo, des Patrons der Juristen, scheinen verloren“.²⁷³ Zudem malte er für den Hochaltar der Pfarrkirche St. Jakob in Gent das Martyrium des Heiligen Jakobus, daneben zahlreiche weitere Heiligenbilder, etwa ein Bild, das den katholischen Reformer Karl Borromäus verherrlicht oder den Heiligen Martin. In den letzten Jahren seiner Schaffensphase entstanden eine grosse Anzahl an allegorischen und mythologischen Gemälden sowie die Vorlagen für die Kupferstiche in den religiösen Werken des Verlages Plantin-Moretus.²⁷⁴ 1668 starb er in Antwerpen. Jan Boeckhorsts Malerei ist ein-

 Vgl. Tieze, A. (2009, 335 f.). Mehr zur Entstehungsgeschichte des Gemäldes bei Tieze, A. (2007, 1– 7).  Peter Paul Rubens fertigte vermutlich die Zeichnung für das Breviarium Romanum, bzw. Missale Romanum an, bevor er die Tronie malte, die generell auf das Jahr 1616 datiert wird. Dennoch ist die Ähnlichkeit auch in Hinblick auf die Kleidung – Mantel und Hermelin – auffällig. Es liesse sich nachträglich etwa daraus folgern, Boeckhorst hätte sich bei seinen Ergänzungen der Tronie ganz nach den Vorstellungen Rubensʼ von David gerichtet.  Lahrkamp, H. (1990, 16).  Lahrkamp, H. (1990, 17).  Wheelock, A. K. (2005b, 5). Vgl. Lahrkamp, H. (1982a, 12): „In zahlreichen Kloster- und Pfarrkirchen Flanderns hingen seine großen Altarbilder, so in Antwerpen, Brügge, Gent, Lille, Lo und Ypern, doch war der ‚Lange Jan‘ auch durch Historiengemälde und Allegorien bekannt ge-

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deutig religiös geprägt. Wie religiös er selber war, bleibt unklar.²⁷⁵ Sicherlich verstand er mehrere Sprachen und war sehr gebildet. Er kannte sich im Alten und Neuen Testament und den Heiligenlegenden aus, war in der antiken Mythologie bewandert und damit intellektuell in der Lage, die Tradition Rubensʼ, Jordaensʼ und von Dycks fortzusetzen.²⁷⁶ Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst setzten sich bei ihren Darstellungen also durchaus auch intellektuell mit dem biblischen Thema auseinander. Dabei kommen sie zu ganz unterschiedlichen Schlüssen: Rubens stellt die Frömmigkeit Davids, seine Busse und seine Standhaftigkeit im Anblick des Pestengels im Gegenüber zur ängstlichen Flucht des Volkes in den Mittelpunkt. David wird für ihn so zum Exempel und vorbildlichen Frommen. Dies passt ganz in die Herrscherideologie Rubensʼ, der als Diplomat und Künstler am Hof Jamesʼ I. und später für dessen Sohn Charles I. arbeitete und in einer Apotheose im Banqueting House die Herrschaft Jamesʼ I. verherrlichte, der dem Land Frieden und Wohlstand gebracht haben soll.²⁷⁷ Rubens verstand es außerdem, im Medici-Zyklus, einer Folge von einundzwanzig grossformatigen Gemälden, „die Geschichte Maria Medicis, der Gattin des französischen Königs Heinrich IV., mit all ihren politisch heiklen Situationen allegorisch zu überhöhen“.²⁷⁸ Allerdings war es auch Rubens, der für den festlichen Einzug des neuen niederländischen Statthalters Ferdinand in Antwerpen 1635 ein Bildprogramm entwickelte, in dem er die schwierige historische Situation realistisch darstellte und dem Statthalter auch andeutete, wie die Lage zu bessern sei.²⁷⁹ In den Altargemälden von Jan Boeckhorst hingegen wird die kritische Funktion des Geistlichen unterstrichen: Hier kommt dem Propheten eine entscheidende, vermittelnde Rolle zu; er tritt als mächtiges Gegenüber zum König auf. Auch dies dürfte nicht zufällig sein. So ist durchaus denkbar, dass sich Jan Boeckhorst, der möglicherweise selber als Geistlicher auftrat, sich in einer Vermittlerfunktion gegenüber dem Regenten beziehungsweise Auftraggeber sah.

worden; daneben genoß er den Ruf als Porträtmaler, so schwierig es heute ist, authentische Bildnisse seiner Hand festzustellen.“  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 25): „Er war in katholischer Gläubigkeit verwurzelt und malte, woran er glaubte.“  Vgl. Lahrkamp, H. (1990, 25).  Vgl. Martin, G. (2011) und Gritsaï, N. (2004, 201– 203).  Heynen, J. (1977, 112). Vgl. Gaehtgens, B. (2004, 182 f.).  Vgl. Heynen, J. (1977, 89 – 108). Und Heynen, J. (1977, 108) führt aus: „Die wirtschaftlichpolitischen Interessen des handelnden Bürgertums ließen sich nicht in Einklang mit den Anforderungen der spanischen absolutistischen Herrschaft bringen. So zieht durch das ganze Unternehmen der Widerspruch von Herrscherlob und bürgerlichem Eigeninteresse, den Rubens in einer Vereinigung von Realismus und Allegorie zu bannen versuchte.“

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1

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4.2.4. Versuch einer Deutung und Kontextualisierung der Kupferstiche und (Altar‐) Gemälde zu 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1 von Peter Paul Rubens und Jan Boeckhorst Es wurde zu Recht behauptet, die Darstellung Boeckhorsts versinnbildliche „in exemplarischer Weise die gegenreformatorische Deutung dieser alttestamentarischen Szene“.²⁸⁰ Auffällig ist im ikonografischen Vergleich mit dem Gemälde von Boeckhorst vor allem die Gestalt des Propheten Gad. Dieser steht als Ordensmann übermächtig in dunklem, weitem Gewand hinter dem knienden David. Ähnlich dominant wird Gad lediglich noch bei Luca Giordano (1631– 1705)²⁸¹ und Nicolaus Knüpfer (1609 – 1655)²⁸² dargestellt. David zerreisst im Gemälde von Giordano vor Entsetzen sein Kleid und hat den Mund vor Bestürzung leicht geöffnet, Gad weist mit beiden Händen auf den Engel. Zwei tuschelnde Figuren im Hintergrund und eine bedrohlich nahe Engelserscheinung in weichen Tüchern lassen das Gemälde äusserst bewegt erscheinen. Vermutlich stellt Giordano die Szene in 2Sam 24,10 – 13 dar, bevor die Pest ausgebrochen ist und Gad David im Auftrag Jhwhs befiehlt, eine der drei Strafen auszuwählen. Bei Nicolaes Knüpfer wirft David voller Verzweiflung den Kopf zurück und faltet die Hände (Abb. 4.23.). Als Kontrast dazu kann man beispielsweise ein Ölgemälde und einen Kupferstich (Abb. 4.24.) des Calvinisten Sébastien Bourdon aus den Jahren 1668 beziehungsweise 1671 nennen. Diese visuelle Interpretation umfasst den Wendepunkt der Gebetserhörung Davids, und es ist anzunehmen, dass dabei der mahnende Prophet bewusst ausgeklammert wird: Dass David nämlich der Auslöser der Pest war, indem er den Zensus durchführen liess, geht in dieser Darstellung verloren.²⁸³ Vielmehr stehen Ölgemälde und Kupferstich von Sébastian Bourdon in einer siebenteiligen Serie zu den Barmherzigkeitswerken und zeigen die „Sorge um die Kranken“. David wird damit in die Reihe der Heiligen gestellt, die sich selbstlos um die Pestkranken

 Luckhardt, J. (1990, 142).  Luca Giordano, Gad vor David, Öl auf Leinwand, Private Sammlung, reproduziert in: Mormando, F. (2005, 21).  Nicolaus Knüpfer, David und der Prophet Gad, 54,8 x 40 cm, Öl auf Leinwand, stark beschädigt, Aufbewahrungsort unbekannt, und Nicolaus Knüpfer, David und der Prophet Gad, Feder und schwarze / braune Tinte, braun laviert, 54,5 x 41,7 cm, Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Vgl. Saxton, J. (2005, 108).  Praktisch identisch wurde der Kupferstich 1702 in Nürnberg in einer Lutherbibel von Melchior Küsel reproduziert. Grosse Ähnlichkeit hat etwa auch das Gemälde von Johann Reismiller in der Marktkirche Indersdorf, Filiale der Pfarrei Kloster Indersdorf (Erzdiözese München und Freising); entstanden zwischen 1711 und 1716. Vgl. Bauer, H. / Rupprecht, B. (1996, 168 – 177). Mit ähnlichen Motiven, jedoch anderem Bildaufbau, ist ein Kupferstich von Matthäus Merian in der Icones Biblicae (1625 – 1630) bekannt.

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kümmern beziehungsweise für diese Fürbitte halten.²⁸⁴ Wenn Sébastien Bourdon als überzeugter Calvinist hier David in der Rolle des Fürbitters darstellt, dann mag das auch mit einer gewissen Kritik an Heiligenverehrung, Fürbitten und wohltätigen Stiftungen zur Rettung des Seelenheils geschehen sein.²⁸⁵ Davids vorbildhaftes Handeln wird zudem vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund deutlich: Während Adelige vor der Pest aus der Stadt auf das Land flüchteten, aber auch Geistliche, Ärzte und Behördenangehörige flohen, zeugte das Ausharren bei den Pestkranken von grossem Mut und Opferbereitschaft, denn gerade die Pflege der Infizierten bedeutete ein erhebliches Risiko.²⁸⁶ David, der dem biblischen Text zufolge Jerusalem nicht verlassen, sondern in der Stadt ausharrte und für sein Volk betete, wird damit zum tugendhaften Vorbild.²⁸⁷ Die Darstellung von Sébastien Bourdon enthält neben der Intercessio-Szene verschiedene für Pestdarstellungen sehr charakteristische Motive: den städtischen Kontext, das Nebeneinander von Lebenden, Kranken und Toten, und schliesslich ein Kind, das an der Brust seiner bereits toten Mutter saugt, als Darstellung des Höchstmasses von Leiden.²⁸⁸ Über dieser unmittelbaren und direkten Bedrohung durch die Pest, von der David umgeben ist, steht ein Engel, der versöhnlich sein Schwert zurück in die Scheide steckt und damit das Leiden beendet.²⁸⁹ Die Gemälde von Jan Boeckhorst unterscheiden sich deutlich von dieser Art der Darstellung: David erscheint bei Boeckhorst nicht als Fürbitter,²⁹⁰ auch die Opfer fehlen in seinen Gemälden. Im Zentrum von Boeckhorst steht ein anders

 Boeckl, C. M. (2000, 53 f.) zählt König David – neben St. Sebastian, Gregor der Grosse, St. Rochus und Karl Borromäus – zu den Pestheiligen [pague saints]. Allerdings wurde lediglich das Verhalten Davids in die Nähe der Pestheiligen gerückt. Er selbst aber wurde nie als „Pestheiliger“ verehrt.  Vgl. Thuillier, J. (2000, 411) und Bornscheuer, M. (2005, 300 – 311). Die Serie der Sieben Werke der Barmherzigkeit malt Bourdon in bewusster Anlehnung an eine siebenteilige Serie der Sakramente von Nicolas Poussin (1594-1665), die sich thematisch in die gegenreformatorische Ikonografie der römisch-katholischen Kirche eingliedert.  Vgl. Bergdolt, K. (2006, 28.70 – 73).  In diese Tradition wird etwa auch St. Charles (Carlo Borromeo, 1538 – 1584) gestellt, von dem es zahlreiche Pestdarstellungen gibt und der – so Boeckl, C. M. (2000, 118) – „considered himself to bear upon his shoulders the burden of the sins of the people in imitation of King David“.  Vgl. zu den Motiven Boeckl, C. M. (2000, 48 – 51).  Vgl. Boeckl, C. M. (2000, 52): „Thus angels who administer the wrath of God – by wielding a weapon – should be distinguished from those with the more amiable gesture of sheathing the sword.“  Die Darstellung von Pest und Fürbittern findet sich häufig bei Rubens und seiner Schule – so etwa Peter Paul Rubens, Der Heilige Rochus als Nothelfer der Pestkranken, St. Martin, Alost. Vgl. ausführlich dazu Sauerländer,W. (2011, 141– 145).Vgl. zur Darstellung der Plage bei Rubens Boeckl, C. M. (1996, 979 – 995).

4.2. „Mir ist sehr Angst!“ – 2Sam 24,1 – 25 par. 1Chr 21,1 – 22,1

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Thema, das zusammenfassend als Visualisierung davon, „wie ein Repräsentant der weltlichen Herrschaft seiner Macht entsagt und zum spirituellen Leben emporsteigt“, beschrieben werden kann. Genau dies drückt etwa auch Peter Paul Rubens in den Gemälden „Der Übertritt des Grafen Allowinus in das geistliche Leben“, Mittelbild des Entwurfs für das Triptychon des Bavo-Altars, National Gallery, London, und „Der Übertritt des Heiligen Bavo in das geistliche Leben“, Kathedrale St. Bavo, Gent, aus.²⁹¹ Bestärkt wird diese These durch die Tatsache, dass beide Gemälde – Rubensʼ Heiliger Bavo und Boeckhorsts David – für eine Genter Kirche bestimmt waren und zu einer Zeit entstanden, als Antoon Triest (1577– 1657) Bischof war.²⁹² Der heilige Bavo und David – Vertreter der weltlichen Macht – gehen beide in die Knie vor der Geistlichkeit beziehungsweise vor Gott selbst. Der Vertreter der geistlichen Macht nimmt dabei nur bei Boeckhorst und nicht bei Rubens eine gewichtige Rolle ein und steht stellvertretend für die gesamte Kirche. In der Darstellung Boeckhorsts demütigt sich der alttestamentliche König und tut Busse für seine Hybris der Volkszählung beziehungsweise des militärischen Zensus. Nicht nur im katholischen, sondern auch im protestantischen Raum wurde 2Sam 24 in Fürstenspiegeln als Beleg dafür herangezogen, dass ein sich irrender Regent dem ganzen Land schadet.²⁹³ 2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1 diente in Predigten und Pestschriften häufig dazu, Kritik an aktuellen Missständen zu üben.²⁹⁴ Daneben wurde 2Sam 24 par. 1Chr 21,1– 22,1 auch zur Beschreibung des Verhältnisses von Herrscher und Hofprediger, Staat und Kirche verwendet:²⁹⁵ Wie Gad

 Vgl. Sauerländer, W. (2011, 146 – 163).  Vgl. mehr zu Antoon Triest bei Göttler, C. (2007, 569 – 585).  Vgl. beispielsweise „SCHEDA REGIA. Regenten Büchlein / des hochlöb= lichen Röm. Käysers IUSTINIANI PRIMI. In 72 Aphorismos oder Regeln gefasset […] vnd mit vielen schönen Sprüchen vnd Exempeln / beyde aus heyliger Göttlicher Schrifft / vnd andern bewerten Bücher nützlich erkläret / vnd allen Gottesfürchtigen Regenten zu einem täglichen Handt Büch= lein fleissig zu gerichtet / Durch MARTINVM MOLLERVM, Ministrum Primarium zu Görlitz, 1594. Abgedruckt in Mühleisen, H.-O. / Stammen, T. / Philipp, M. (1997, 280 f.). Vgl. auch „Der grausame von Gott verhengte und im Finstern schleichende, doch zimlich entdeckte Meuchel-Mörder, das ist: Gründtlicher Bericht von der Pest […] Peter Rommel, Franckfurt, 1680“; benutztes Exemplar Universitätsbibliothek Basel, Sign. Lm VIII 17:4.  Vgl. etwa die Predigt anlässlich einer Volkszählung in Grossbritannien 1753 „Royal folly: or, David’s sin in numbering the people: a sermon preached at St. Mary’s in Oxford, on Sunday, April 1. Occasioned by a design on foot of registering the people of Great Britain. By a fellow of St. J—n’s.“ Eighteenth Century Collections Online Print Editions nach dem Original in der British Library, London Sign. RB.23.a.9437.  Vgl. Boeckl, C. M. (2000, 40): „Although recorded plague sermons are relatively rare, they constitute an invaluable resource for the religious interpretation of specific time periods.“ Allerdings ist hier anzumerken, dass Pestpredigten keineswegs selten gewesen sein dürften!

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sollten auch die Kirchendiener die Regierenden für ihre Fehler kritisieren. Lucas Gernler (1625 – 1675) geht beispielsweise in seiner zehnten Predigt zu 2Sam 24 sehr ausführlich auf die Rolle der Propheten ein und sieht diese als „Exempel“ eines Gesandten Gottes, deren Beispiel alle Kirchendiener furchtlos folgen sollen. ²⁹⁶ Sie sollen „sich nicht entziehen / sondern kom̄en / predigen und ruffen. Werden sie daruͤber gehaßt / so haben sie ein ruͤhiges Gewissen / und ein gnaͤdigen Gott / der es im Himmel belohnen wird“ [215]. In diesem Sinn übt auch der radikal-pietistische Hofmedicus Johann Samuel Carl (1676 – 1757) in der Pestschrift „Vom Pest=Engel Oder Medicinisches Votum Zu denen heutigen PestConciliis, Wohlmeynend beygetragen. Pfal. 2, 12. Buͤdingen / Drucks und verlegts Joh. Friedrich Regelein, 1721“²⁹⁷ Kritik an der Obrigkeit. Den Grund für die Pest sieht er im Verhalten der Regenten. Die Herrschenden zogen durch heidnische Taten wie Hochmut, Bedrängnis der Untertanen,Verfolgung der Gläubigen, Bedrängung der Witwen, Krieg, Fressen, Saufen und Huren den Zorn Gottes auf sich.²⁹⁸ Wenn die Obrigkeit dem Beispiel Davids folgen, ihre Fehler bekennen, sich dem Zorn Gottes unterwerfen, sich der Untertanen erbarmen und dem Rat des Propheten folgen würden, könnte die Pest abgewendet werden.²⁹⁹ Diese Kritik passt zum Programm

 Vgl. „Dreissig Buss- und Wahrnungs-Predigten über das vier und zwanzigste Capitul des anderen Buchs Samuelis. Sampt zweyen Danck-Predigten, in den Münster der Statt Basel, anno 1667 und 1668: sampt zweyen Danck-Predigten durch Lucam Gernlern, Jac. Bertsche 1674“, Universitätsbibliothek Basel, Sign. Aleph E V 10:1. Lucas Gernler war Hofprediger beim Generalleutnant Johann Ludwig von Erlach in Breisach, später Professor für Altes Testament in Basel. Aus dieser Zeit stammen wohl auch die Predigten zu 2Sam 24, die er im Basler Münster gehalten hat. Zudem: „D. G. Lehmanns Superint. und P.P. Buß= und Pest=Predigt / welche dem 27. Aug. dieses lauffenden 1680. Jahres in der Kirchen zu St. Nicolai in Leipzig über das XXIV. Cap. des II. B. Sam.V. 11.12.13.14.15. gehalten / Und mit Einwilligung des Autoris […] auff Begehren zum Druck befördert worden / von Christof Wilhelm Streng / S.S. Theol. Stud.“; benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel, Sign. Xb 7276 (1).  Benutztes Exemplar Zentralbibliothek Zürich, Sign. IH 251,3.  „Dann wo ist woh jetzo ein David / dem das Herz und Gewissen uͤber seine Greuel sollte geruͤret wer=den? Darum wer Ohren hat der hoͤre / wer noch eine Empfindung in sich hat / der beuge sich wie David vor dem HErrn / und erkenne / daß man mit denen Herrschenden uͤber=heydnischen Thaten des Hochmuths / Wollust /Bedraͤngnuß der Unterthanen / Bedraͤngnuß der Wittwen und Waysen / Verfolgung der Glaubigen / kriegerischen Blut=vegiessen / Herschsuͤchtigen Practiquen / [56] Fressen / Sauffen / Huren / u. solches Feuer des Zorns Gotts / so stark als der Poͤbel entzuͤndet.“  „Dieses ist eine buͤrgerliche Pest=Ordnung; Wollen die Grosse in der Welt vor sich und ihre Hoͤfe auch eine Ordnung haben: So werden sie in dem Exempel Davids ein richtiges Muster zur Nachfolge finden / als welches gleich den erwuͤnsch=ten Effect nach sich gezogen / 2.Sam. 24. / Nemlich 1.) David hat das Hertz geschlagen / daß er das Volck gezehlet / und gefleht vor dem HErrn: Ich habe schwerlich gesuͤndigt / daß ich das gethan habe. Und nun HErr / nimm weg [55] die Missethat deines Knechtes / dann ich ha=be sehr thoͤricht gethan. 2.) David hat sich willig der

4.3. Fazit

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Johann Samuel Carls, der stark gegen die Amtskirche und den Staat wetterte und schon früh in Konflikt mit der Obrigkeit geriet und schliesslich Anfang 1742 aufgrund eines Streites mit dem lutherischen Hofprediger Johannes Bartholomäus Bluhme aus dem königlich-dänischen Dienst entlassen und sogar des Landes verwiesen wurde.³⁰⁰ Entsprechend wird die Schuldeinsicht des Herrschers in Predigten immer wieder als vorbildhaft hingestellt, etwa in dem gedruckten Werk David’s Repentance (vgl. das Titelblatt Abb. 4.25.).

4.3. Fazit Dieser vielfältigen Rezeption von 2Sam 12 und 24, den beiden Erzählungen von Natan und Gad, entspricht ein breites Funktionspotential der Texte. In den Gemälden und Kupferstichen steht zum Teil eher die bildliche Darstellung der biblischen Erzählung, manchmal zum Teil eher eine theologische Interpretation im Vordergrund. Dabei wird die Spanne von möglichst genauer Wiedergabe der Texte einerseits und Interpretation des Künstlers andererseits voll ausgeschöpft. Auch die ikonografische Tradition war, wie sich gezeigt hat, von zentraler Bedeutung. Die bekannten, allgemein geläufigen grafischen Quellen – beispielsweise Zeichnungen und Grafiken von Philips Galle, Maarten de Vos und Christoph Weigel, um nur einige wenige zu nennen – wurden unverkennbar als Ausgangspunkt verwendet, aber auch verfremdet. Somit wurde die Bildtradition nicht nur reproduziert, sondern auch variiert. Gleichsam fanden theologische Elemente und die Darstellung innerer Vorgänge³⁰¹ Eingang und ermöglichten eine neue Kontextualisierung und Auslegung der biblischen Texte. Letzteres gilt besonders für Rembrandt. Dieser setzt nicht einen einzelnen Moment in Szene, sondern den Dialog zwischen König und Prophet. Er deckt damit den Zusammenhang auf und durchleuchtet „den schicksalhaften und

Zorn=Ruthe GOttes unterworffen / und die Pest erwehlet: Es ist mir fast angst: Aber laß uns in die Hand des HErrn fallen / dann seine Barmherzigkeit ist groß. Ich will nicht in der Menschen Haͤnde falleen. 3.) David hat sich erbarmt uͤber seine Unterthanen / und vor sie die Pestauszustehen sich dem Pest=Engel dargegeben: Siehe / ich habe gesuͤndiget / ich habe die Missethat gethan / was haben diese Schaafe gethan: Laß deine and wider mich und meines Vaters Hause seyn. 4.) David hat dem Rath des Propheten Gad ge=folgt / und ist mit seinen Knechten hingegangen und hat um sein eigen Geld Holz zum Altar gekaufft / dem HErrn geopfert / Brand= und Danck=Opffer. Also ist das Land dem HErrn versoͤhnet worden / und die Pest hat aufgehoͤret. [56].“  Vgl. Lückel, U. (2001, 144– 155).  Vgl. Tümpel, C. (1971, 26): „Nicht mehr ikonographische Motive und deutende Nebenmotive, sondern die Schilderung der Physiognomie, die Charakterisierung des Ausdrucks und der Bewegung verdeutlichen den Inhalt und machen die Handlung eindeutig erkennbar.“

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4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

menschlichen Hintergrund“.³⁰² Ähnliches darf wohl für den Kupferstich von Theodoor Galle nach Peter Paul Rubens nicht beansprucht werden. Die Szene der Begegnung zwischen Pestengel und David wirkt im Vordergrund wie erstarrt, während im Hintergrund die fliehenden Menschen sehr bewegt erscheinen und die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen. Rubens konzentriert sich nicht auf das Gespräch, sondern auf einen einzelnen, schicksalshaften Moment. Sowohl Rembrandt als auch Rubens gehen in den untersuchten Darstellungen historisierend vor. Durch den Einsatz orientalischer oder fremdländisch anmutender Kleidung und Architektur bemühen sie sich um ein exotisches Ambiente. Im Gegensatz dazu verzichtet Jan Boeckhorst ganz auf diese Ausschmückung und rückt damit die biblische Erzählung in die Lebenswelt des Betrachters. Neben der sehr genauen Visualisierung der biblischen Erzählung werden auch theologische und philosophische Aussagen zum Ausdruck gebracht. In den Missalen, Breviarien und Stundenbücher diente David dem lesenden Individuum als Vorbild. Die Bedrohung der Menschen des 17. Jahrhunderts durch Krieg, Seuchen und Hungersnot führte nicht zuletzt zum religiösen „Wunsch nach Errettung der Seele und nach Erlösung aus der als Jammertal empfundenen Welt“.³⁰³ Die Kupferstiche von David und der Pest stehen im Kontext von äusserer Not und intensiver Religiosität. Gleichzeitig sind Natan und Gad Vorbilder für eine königskritische Haltung. Zwar ist eine explizite Identifikation der Hofprediger oder Künstler mit den alttestamentlichen Propheten selten und die Kritik bleibt entsprechend unkonkret, doch ist der vielfach geäusserte Auftrag, ja geradezu die Berufung der Hofgeistlichen, die Herrscher im Auftrag Gottes und nach dem Vorbild alttestamentlicher Propheten zurechtzuweisen und keine Kritik zu scheuen, gut belegt. Dieser Identifikation der Hofgeistlichen mit den alttestamentlichen Propheten entgegengesetzt ist die vorbildliche Haltung des Herrschers: David wird in den Bildern fast durchgehend als reumütiger und büssender König dargestellt und dient in diesem Sinn als „Exempel“. Er ist negatives und positives Beispiel in einem, da er eine Sünde begeht, diese aber anschliessend auch wieder aufs Innigste bereut. Schliesslich hat sich herausgestellt, dass die konfessionellen Unterschiede äusserst marginal sind: Sie zeigen sich möglicherweise in der Darstellung GottVaters. Bereits innerkonfessionell gibt es jedoch vielfältige Unterschiede und Abstufungen: Gad tritt nur bei Jan Boeckhorst, jedoch nicht bei Peter Paul Rubens und zahlreichen weiteren Illustrationen konfrontativ und als mächtiges Gegenüber zum büssenden David auf. Wenn es eine Haupterrungenschaft der refor-

 Tümpel, C. (2006a, 125).  Lehmann, H. (1995, 16).

4.3. Fazit

545

matorischen Kunst gewesen sein sollte, „to bring the Bible to life for the viewer, tying past to present and turning the viewer into a participant“,³⁰⁴ was jedoch umstritten ist, so müssten Rembrandts Skizzen von Natan und David sicherlich dazu gezählt werden. Insgesamt sind die untersuchten Bilder nicht nur eindrückliches Zeugnis der Frömmigkeit,³⁰⁵ sondern visualisieren auch göttliche Macht und menschliche Ohnmacht. Dies wird dem Herrscher und dem Betrachter immer wieder eindrücklich vor Augen gehalten.

 Tanis, J. R. (1999, 394).  Die Frömmigkeit („religious belief“) war in der neueren Forschung sowohl mit Blick auf Rembrandt wie auch auf Rubens immer wieder Thema. Vgl. Wheelock, A. K. (2005a, 22– 25); Perlove, S. / Silver, L. (2009) und wesentlich differenzierter auch Sauerländer, W. (2011). Hier ist jedoch nicht die persönliche Frömmigkeit der Künstler gemeint, die nachzuzeichnen wohl ein Ding der Unmöglichkeit ist; stattdessen wird ein Stück Frömmigkeitsgeschichte in den Blick genommen.

5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts Die vorliegende Untersuchung hat deutlich gemacht, dass das Thema des bedrohten David sowohl im katholischen als auch im protestantischen Raum aufgegriffen wurde. Es kommt im profanen und sakralen Kontext vor, in Palästen ebenso wie in Kirchen. Die Rezeption der biblischen Figur ist vielfältig. Gelehrte, Herrscher, Prediger und Künstler setzten sich mit dem Motiv der Bedrohung auseinander. David galt als Muster im Positiven wie im Negativen. Im Folgenden werden überblickartig weitere Quellen aus bildender Kunst, Literatur und Musik aus den Jahren 1570 – 1720 festgehalten, die das Thema des bedrohten David aufnehmen. Auch diese müssten erneut in ihrem biografischen, historischen, religiösen, sozialen Kontext untersucht werden, um herauszufinden, wie der Autor (Komponist, Künstler, Skulpteur, Poet usw.) einerseits beziehungsweise der Rezipient (Auftraggeber, Leser, Betrachter usw.) andererseits das Motiv des bedrohten David interpretierten.

5.1. Das Motiv des bedrohten David in der bildenden Kunst Innerhalb der Gesamtdarstellung Davids in der bildenden Kunst überwiegt das Motiv des bedrohten Herrschers nicht.¹ Die am häufigsten bildlich dargestellte Szene der Samuelbücher ist zweifellos, wie David dem Riesen Goliat gegenübersteht beziehungsweise, wie David Goliat den Kopf abschlägt oder er dessen Haupt siegesbewusst präsentiert.² Dicht gefolgt an Häufigkeit ist die Darstellung der badenden Batseba.³ Bei diesem Bildthema ergeben sich Schwierigkeiten in der Deutung: Ist es moralisch aufgeladen und wird damit auf Davids Sündhaftigkeit angespielt, oder eröffnet das Thema gerade umgekehrt Möglichkeiten der voyeuristischen Darstellung? Diese Fragen können nur im jeweiligen Bildkontext

 Vgl. einen knappen Überblick über die Ikonografie zu David geben etwa Poeschel, S. (22007, 76 – 83); Krauss, H. / Uthemann, E. (52003, 224– 233); van Gent, J. (1994, 90 – 95). Vgl. O’Kane, M. (1998, 325 – 334). Vgl. zur Übersicht der Werke etwa Pigler, A. (21974, 135 – 161); Réau, L. (1956, 254– 286); Ehrenstein, T. (1923, 638). Eine Übersicht der niederländischen Drucke bietet Rosier, B. A. (1997, 64– 66).  Vgl. dazu Kipfer, S. (im Druck a). Vgl. zudem van der Coelen, P. (2002, 226 – 234).  Vgl. die zahlreiche Forschungsliteratur zu Batseba-Darstellungen, beispielsweise Kunoth-Leifels, E. (1962); de Vries, A. B. / Tóth-Ubbens, M. / Froentjes, W. (1978, 120 – 131); Welzel, P. (1994); Exum, J. C. (1996, 47– 73); Jensen Adams, A. (1998); Engammare, M. (1999, 447– 476) u. a.

5.1. Das Motiv des bedrohten David in der bildenden Kunst

547

beantwortet werden. Neben den beiden Hauptthemen „Goliat“ und „Batseba“ werden zahlreiche weitere Erzählungen, zum Teil häufig – etwa Abigajil vor David⁴ –, zum Teil eher selten aufgegriffen.⁵ Unter den Gemälden zur Bedrohung Davids überwiegt die Darstellung, wie David vor Saul die Harfe spielt beziehungsweise wie er beim Harfenspiel von Saul mit dem Speer bedroht wird. In einigen Fällen wird Saul, dem Harfenspiel Davids lauschend, mit dem Speer in der Hand abgebildet, in anderen Fällen wird er zur lebensgefährlichen Bedrohung Davids stilisiert. Als Beispiele seien hier Rembrandt Harmenszoon van Rijn⁶ und Nikolaus Knüpfer⁷ genannt. Ersterer distanzierte sich im Anschluss an Lucas van Leyden⁸ von direkten Gewalt-Darstellungen. Auf den Gemälden von 1630 – 1631 beziehungsweise 1665 zeigte er daher nicht die physische Gewalt, wie Saul David direkt mit dem Speer angreift, sondern seine innere Stimmung, sein Misstrauen, seinen Hass. In dem Gemälde von Nikolaus Knüpfer, signiert 1650 – 1655, kommt hingegen die volle physische Gewalttätigkeit Sauls zum Ausdruck. In der italienischen Kunst dominiert eindeutig dieses dramatische Moment. Giovanni Francesco Barbieri (bekannt als „Il Guercino“) zeigt beispielsweise, wie Saul David mit dem Speer gefährlich nahe kommt.⁹

 Vgl. Zahlten, J. (1995, 422).  Die Salbung Davids, David und Goliat, David und Batseba, Absaloms Tod kommen in allen Lutherdrucken vor.Vgl. ausführlich zur Illustration der Lutherbibel und den einzelnen Bildthemen Schmidt, P. (1962, 489.490).  Rembrandt van Rijn, David spielt die Harfe vor Saul, Öl auf Holz, 62 x 50 cm, um 1630 – 1631, Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt a.M.; Rembrandt van Rijn, David vor Saul, Öl auf Leinwand, 103 x 164 cm, um 1665, Museum Bredius, Den Haag; Rembrandt van Rijn, David spielt die Harfe vor Saul, Zeichnung, Musée du Louvre, Paris.Vgl. ausführlich dazu de Vries, A. B. / Tóth-Ubbens, M. / Froentjes, W. (1978, 148 – 165). Vgl. sehr ähnlich auch Salomon Koninck, David spielt die Harfe vor Saul, Öl auf Leinwand, 1655, Ort unbekannt, und Arent de Gelder, David spielt die Harfe vor Saul, Öl auf Leinwand, 66,1 x 58,8 cm, 1682, Kunsthalle Bremen. Vgl. zudem Frans Floris van Vriendt, ausgeführt von Joos Gietleughen, 1555, Clair-Obscure-Holzschnitt, 30,0 x 48,6 cm, Rijsmuseum, Rijksprentenkabinet, Amsterdam.  Nikolaus Knüpfer, Saul bedroht David mit dem Speer, signiert, 1650 – 1655, Holz, 26,4 x 34,1 cm, Centraal Museum, Utrecht. Vgl. Saxton, J. (2005, 106): „In choosing to represent this aspect of the story Knupfer consciously avoided the contemplative form of the subject, in which David’s music induces a melancholy reflection in Saul, made fashionable by Rembrandt and his circle.“ Vgl. Zenger, E. (1998, 294– 297). Zudem Battista Zelotti, Saul in seinem Wahn, Museo Civico, Padua, abgedruckt bei Cartledge, T. W. (2001, 238).  Vgl. Lucas van Leyden, David spielt Harfe vor Saul, ca. 1508, Kupferstich, 25,7 x 18,5 cm, Rijksprentenkabinet, Amsterdam. Vgl. beispielsweise van der Coelen, P. (1996a, 11 f.).  Giovan Francesco Barbieri (il Guercino), Saul greift David an, 1646, Öl auf Leinwand, 147 x 220 cm, National Gallery of Ancient Art, Palazzo Barberini, Inv.-Nr. 1549; David Colijns, Saul greift David an, ca. 1635/40, Rijksmuseum, Het Catharijneconvent, Utrecht. Pigler, A. (21974, 144) erwähnt zudem auch Gemälde von Luca Giordano, Camillo Procaccini und Leonardo da Ponte.

548

5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

Das Thema der Flucht Davids vor Saul wird ikonografisch in verschiedenen Szenen aufgegriffen: zum einen durch die Darstellung, wie Michal David zur Flucht verhilft,¹⁰ zum anderen Davids Abschied von Jonatan, einem häufig wiederkehrenden Motiv in der niederländischen Malerei.¹¹ Seltener finden sich Bilder davon, wie Ahimelech David Brote und das Schwert Goliats¹² überreicht, oder wie David in der Höhle Saul begegnet und ihm einen Zipfel seines Rocks abschneidet¹³ beziehungsweise, wie er Speer und Wasserkrug stiehlt.¹⁴ Die Zerstörung von Davids Stadt Ziklag zählt zu den sehr seltenen Motiven.¹⁵ Auch das Thema der Aufstände in Davids Königreich wird in der bildenden Kunst mehrfach thematisiert: Prominente Motive sind insbesondere die dramatischen Szenen vom Mord Absaloms an Amnon¹⁶ sowie der Tod Absaloms beziehungsweise Davids Trauer um seinen Sohn.¹⁷ Auch die Darstellung von David auf dem Totenbett und der Thronfolgeregelung kommt mehrfach vor.¹⁸ Schliesslich ist auch die Darstellung der Bedrohung durch die göttliche Strafe sowohl in sakralem – etwa den Altargemälden von Jan Boeckhorst – wie auch in profanem Kontext – etwa Schloss Eggenberg – vertreten.

 Jan Adriansz. Van Staveren zugeschrieben, Muzeum Narodowe, Warschau.  Rembrandt van Rijn, Der Abschied von David und Jonatan, 1642, Öl auf Holz, 74 x 61,5 cm, Ermitage, St. Petersburg; Pieter Lastman, Der Abschied von David und Jonatan, monogrammiert und datiert 1620, Holz, 40 x 59 cm, Moskau, Puschkin Museum; Ferdinand Bol, Der Abschied von David und Jonatan, H. Shickman Gallery, New York.  Vgl. Aert de Gelder, Ahimelech gibt David das Schwert Goliats, späte 1680er Jahre, Öl auf Leinwand, 90 x 132 cm, signiert A De Gelder fe, The J. Paul Getty Museum 78.PA.219 sowie Aert de Gelder, Ahimelech gibt David das Schwert Goliats, 17,6 x 29,7 cm, Albertina, Wien.  Vgl. Pieter Potter, David schneidet einen Zipfel von Sauls Mantel ab, Gemälde 28,1 x 35,4 cm, Museum of the Rumenian People’s Republic, Bukarest.  Vgl. hierzu die Angaben bei Pigler, A. (21974, 148).  Vgl. das Gemälde von Gillis Mostaert (1528 – 1598) aus dem 16. Jh., David befreit Ahinom und Abigajil, Öl auf Leinwand, 137 x 204,5 cm, Christie’s New York, Auktion 2. September 1992,Warburg Photographic Collection.  Pigler, A. (21974, 158) nennt etwa Gemälde von Giovanni Franseco Barbieri (il Guercino), Mattia Preti und Bernardo Cavallino.  Vgl. Willem van Herp (1614– 1677), David trauert um Absalom, Sotheby’s London, Auktion 10. April 2003, Warburg Photographic Collection. Pigler, A. (21974, 159) nennt zudem Gemälde von Domenico Gargiulo (Micco Spadaro), Luca Giordano, Domenico Maria Fratta u. a., die den Tod Absaloms darstellen.  Van Gent, J. (1994, 94 f.) nennt Gemälde von Gerbrand van den Eeckhout, Ferdinand Bol und Arent de Gelder. Beispielsweise van den Eeckhout, David verspricht Batseba Salomo zum Nachfolger zu machen, Leinwand, 143 x 163 cm, Národní Galerie, Prag. Dazu Sumowski,W. (1983b, 728). Vgl. zudem Govaert Flinck, Batseba bittet David, Salomo zum Nachfolger zu ernennen, 1651, Dublin, National Gallery of Ireland. Dazu Sumowski, W. (1983b, 1065).

5.2. Das Motiv des bedrohten David in der Musik

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Das Motiv der Bedrohung findet sich in der Druckgrafik, aber auch auf Textilien, in Zeichnungen und Kirchenfenster, in Andachtsbüchern und auf Castelli Geschirr. Es ist jedoch nicht nur in einer Vielfalt von Materialen, sondern auch in einer Fülle von Motiven präsent. Die bildende Kunst diente dabei der Herrschaftsideologie, vermochte aber auch Zwischentöne aufzugreifen. Die Darstellung des gefährdeten, trauernden und büssenden alttestamentlichen Herrschers war insgesamt weitverbreitet und kann – so die hier vertretene These – durchaus als kritische Auseinandersetzung mit Macht verstanden werden.

5.2. Das Motiv des bedrohten David in der Musik Abgesehen davon, dass David als Harfe spielender König und Psalmist als vorbildlicher Komponist und Musiktherapeut galt,¹⁹ hat auch das Motiv der Bedrohung in die Musik Einzug gefunden.²⁰ Am Anfang der musikalischen Tradition standen zweifellos die Klagepsalmen im Mittelpunkt. Aber auch Erzählungen aus den Samuelbüchern, die David trauernd, büssend²¹ und in Gefahr darstellen, wurden oft vertont. Zu benennen wäre etwa Heinrich Schützʼ (1584– 1672) Vertonung der 26 Psalmen Davids (Psalmen David’s sampt etlichen Motetten und Konzerten, Op. 2, 1619).²² Den Höhepunkt erreichte das Motiv des bedrohten David bei Carlo Agostino Badia (1672– 1738), Komponist am Wiener Hof, der drei Stücke – La clemenza di Davidde (1703), Il pentimento di Davidde (1708) und Il trionfo di Davidde (1713) – schrieb, die das tugendhafte Verhalten Davids eindrücklich vor Augen führen.²³ Auch hier spielt die clementia, die David so oft zugeschrieben

 Vgl. dazu Salmen, W. (1995, 14 f.); Hoffmann-Axthelm, D. (1996, 139 – 161); Zenger, E. (1998, 263 – 298). Vgl. Salmen, W. (1995, 8): „[…] David ist in die Musikgeschichte nicht nur in bleibende Erinnerung eingegangen als der große Organisator der sakralen Tempelmusik in Jerusalem, sondern darüber hinaus als seherischer Sänger und damit als Prophet, als ethisch vorbildliche Herrscherfigur, welche fortan den Herrschenden die Musikübung zwingend aufgibt, als ein Inbegriff von geistlicher Musik und Kirchenmusik im besonderen (neben Papst Gregor I.), sowie als Repräsentant der den gesamten Kosmos durchwaltenden Harmonie […].“  Der siegreiche, heldenhafte David wird in der Musik selten thematisiert. Ausnahmen sind etwa Reinhard Keisers Oratorium, Der siegende David (1728) oder Luffmann Atterburys, Goliath (1773).  Im Hinblick auf den büssenden David hat Salmen, W. (1995, 18) festgehalten: „Die Harfe des Sünders ist nicht mehr in Ordnung, sie ist mißgestimmt. Die Musiker haben dem Ausdruck verliehen in Lamentomotetten und anderen Ausformungen der Demutsthematik über Claudio Cochi und Caldara bis hin zu Mozarts Kantate KV 469 ‚Davidde penitente‘ von 1785.“  Salmen, W. (1995, 11 f.).  Mehr als ein halbes Jahrhundert später entstand die Kantate Il Davidde penitente (K 469), 1785 in Wien uraufgeführt, von Wolfgang Amadeus Mozart. Der Text stammt vermutlich von Saverio

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

wurde, eine wichtige Rolle. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde David als Präfiguration Christi gesehen, wie das Oratorium von Georg Philipp Telemann (1681– 1767) Der königliche Prophete David als ein Fürbild unseres Heilandes Jesu (1718) zeigt, von dem leider nur noch die Texthefte überliefert sind.²⁴ Die Untersuchung des Motivs der Bedrohung Davids in der Musik richtet sich nach den drei im exegetischen Teil herausgearbeiteten Themenfeldern: – die Bedrohung der Person Davids durch Saul, wie dieser den Speer nach David wirft beziehungsweise ihn verfolgt,²⁵ – die Gefährdung der Herrschaft Davids durch den Aufstand Absaloms – sowie Davids Sünde und die Kritik durch Natan und Gad. Dem Thema des Harfe spielenden David (1Sam 16,14– 23) widmete sich Johann Kuhnau (1660 – 1722) in seiner biblischen Sonate Nr. 2 Der von David vermittelst der Music curirte Saul (1700).²⁶ Die Szene, in der Saul den Speer nach David schleudern will, vertonte er jedoch nicht. Vielmehr beschrieb er die Szene lediglich in seinem Vorwort als eine furchtbare, wiederkehrende Nebenerscheinung von Sauls Gemütskrankheit: „Die Augen verkehren sich / und springet / so zu reden / ein Feuer Funcke nach dem andern heraus: Das Gesichte siehet zerzerret / daß man die wenigen Reliquien menschlicher Gestalt fast nicht mehr erkennet: Das Hertz wirfft als ein ungestuemes und wuetendes Meer den Schaum durch den Mund aus. Misstrauen / Eiffer / Neid / Haß und Furcht stuermen hefftig auff ihn zu: Vornehmlich weiset der aus seiner Hand immer fliegende Spieß / dass sein Hertz in voller Glut des Zornes stehen muesse.“²⁷ Marc-Antoine Charpentier (1634– 1704) widmete sogar zwei Werke der sogenannten Aufstiegsgeschichte: das lateinische Stück Mors Saulis et Jonathae (H. 403, Paris, 1688) und die Oper David et Jonathas (H. 490) in fünf Akten und einem Prolog, ebenfalls 1688 in Paris uraufgeführt. Das Libretto der Oper, das die Handlung des biblischen Textes in 1Sam 28 – 31 nur annähernd wiedergibt, stammt von François de Paule Bretonneau und beginnt mit Sauls Aufsuchen der Totenbeschwörerin. Im ersten Akt zieht David ins Lager der Philister ein und Achisch erklärt sich bereit, mit Saul über Krieg und Frieden zu verhandeln. David

Mattei. Wolfgang Amadeus Mozart selbst bezeichnete die Kantate allerdings nie so, vielmehr war „il Davide“ ein damals weitverbreiteter Stoff.  Vgl. zudem das Oratorium von Johann Ulrich König (1688 – 1744) Der königl. Prophete David (1718).  Vgl. zu David und Saul in der Musik Leneman, H. (2010).  Vgl. Hoffmann-Erbrecht, L. (1967).Vgl. Hoffmann-Axthelm, D. (1996, 156 – 158) sowie Dietrich, W. (1997, 283 f.).  Zitiert nach Hoffmann-Erbrecht, L. (1967).

5.2. Das Motiv des bedrohten David in der Musik

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und Jonatan treffen sich im zweiten Akt und geniessen Ruhe und Frieden. Doch aufgrund von Anschuldigungen verdächtigt Saul David einer Verschwörung und beginnt, ihn zu verfolgen (dritter Akt). Schliesslich kommt es zu einem erneuten Krieg zwischen Philistern und Israel, Achisch und Saul. David und Jonatan bedauern, dass sie gegeneinander kämpfen müssen (vierter Akt). In der Schlacht im letzten Akt sterben Saul und Jonatan, und David erfährt von Achisch, dass er der neue König Israels ist. Ganz anders setzt Georg Friedrich Händel (1685 – 1759) den Konflikt zwischen David und Saul in seinem Oratorium Saul von 1738 in drei Akten in Szene (HWV 53).²⁸ Das Libretto stammt von Charles Jennens (1700 – 1773) und hatte nicht nur den biblischen Text in 1Sam 18 – 20; 28 und 31, sondern auch Abraham Cowleys Davideis (1652) zur Vorlage.²⁹ Im Vordergrund steht das Eifersuchtsdrama zwischen Saul und David nach der biblischen Erzählung in 1Sam 18 – 20. Zwar greift Gott nicht direkt als erwählender und verwerfender, barmherziger und strafender Gott in die Handlung ein, doch ist er als letzte Instanz auch verantwortlich für die Hassgefühle Sauls.³⁰ Diese bekommt David mehrmals direkt zu spüren. Während er Harfe spielt, schreit ihn Saul an: „now learn what danger it is to rouse a monarch’s anger!“, worauf Saul den Speer nach ihm wirft (Casts his javelin at David Nr. 35). Im zweiten Akt, 1. Szene, spricht Saul von David als seinem „mortal enemy“ (Nr. 43) und fragt Jonatan, ob er seinem Befehl gehorcht und David umgebracht habe. Dann lässt sich Saul jedoch von Jonatan umstimmen und gibt David seine Tochter Michal zur Frau. Es folgt in der Szene 2 ein Liebesduett von David und Michal, in dem dieser seiner Geliebten auch erzählt, welche Gefahr er überstanden hat: „His [Sauls] eyes with fury flam’d, his arm he raised, | With rage grown stronger; by my guiltless head | The javelin whizzing flew and in the wall | Mock’d once again his importance of malice“ (Nr. 59). Doch David wägt sich nun „In God’s protection safe | And blest in Michal’s love“ (Nr. 60), während ihn Michal, die das Schlimmste ahnt, zur Flucht drängt. Kaum ist David weg, erscheint Doeg bei Michal, um ihn zu suchen und Saul auszuliefern, doch findet er nur

 Vgl. Smither, H. E. (1977, 214– 226); Smith, R. (1995); Hoffmann-Axthelm, D. (1996, 159 f.); Perlitt, L. (2002, 287– 297); Bartelmus, R. (2006, 284– 307) und Rooke, D. (2012, 79 – 97).  Dies hält Charles Jennens im Vorwort des ersten gedruckten Librettos fest – so Smither, H. E. (1977, 217) und Smith, R. (1995, 114). Daneben gibt es weitere Vertonungen: etwa Joseph Trapp, The Tragedy of King Saul (1703), und von Aaron Hill eine unvollendete Tragödie: Saul: a Tragedy.Vgl. zu den Vorlagen Young, P. M. (1968,V); Smith, R. (2007, 179 – 181).Vgl. auch John Lockmanns Libretto David’s Lamentation over Saul and Jonathan, das sowohl von William Boyce (1736) als auch von John Christopher Smith (1738) vertont wurde.  Vgl. Bartelmus, R. (2006, 292): „Saul is not hounded into insanity and death by human envy, but rather by a God-given reality – this is a true ‚tragedy‘.“ Anders Perlitt, L. (2002, 290): „Saul begegnet David ohne die Last des Gottesurteils von 1.Sam.15 und ist damit frei für die poetische Psychologisierung des Stoffes.“

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

Davids Bild in dessen Bett. Als David in der vierten Szene nicht zum Fest erscheint, befiehlt Saul Jonatan ein zweites Mal, David zu töten: „Send, fetch him hither, for the wretch must die“ (Nr. 68). Da dieser sich erneut widersetzt, wirft Saul den Speer gegen Jonatan (Throws his javelin).³¹ Der dritte Akt beginnt mit Sauls Aufenthalt bei der Hexe in En-Dor (1Sam 28). Danach erfährt David in der dritten Szene durch den Amalekiter von Sauls und Jonatans Tod (2Sam 1). Eine lange Elegie auf den Tod von Saul und Jonatan bildet den Schlusspunkt. Sieg, Flucht und erneuter Triumph liegen nahe beieinander. In einem Singspiel von Johann Wolfgang Franck (1644 – 1710) Die Wol und beständig-liebende Michal oder Der Siegende und fliehende David in einem SingSpiel (Hamburg 1679) wird ebenfalls Davids Flucht vor Saul thematisiert.³² Neben den biblischen Figuren tauchen unter anderem auch die Laster Missgunst, Zorn, Eigennutz und Misstrauen auf. Auch die lateinische Oper David fugiens a facie Saul (zwischen 1650 und 1670) widmet sich der Flucht Davids.³³ Mehrheitlich auf den Sieg ausgerichtet ist das geistliche Singgedicht von Reinhard Keiser (1674– 1739) Die durch Großmuth und Glauben triumphierende Unschuld oder Der siegende David (1721). Francesco Bartolomeo Conti (1681– 1732) komponierte das Stück Il Davidde persequitato da Saul (1723) sowie ein Jahr später das Oratorium David (1724) nach einem Libretto von Apostolo Zeno. Dieser wiederum verfasste das Stück David umiliato, das 1731 von Antonio Caldara vertont wurde.³⁴ Auch die Herrschaft Davids über Israel und Juda wird in der Musik nicht als ruhmreich und friedvoll dargestellt.Vielmehr rückt der Aufstand Absaloms in den Mittelpunkt des Interesses: „The narrative of Absalom’s revolt against David gave rise to a number of oratorio works in the 17th and 18th centuries […].“³⁵ Zu nennen wäre etwa Assalone punito (Wien, 1667) von Pietro Andrea Ziani, auf einem Libretto des Jesuiten Padre Lepori basierend, oder L’Assalonne (1684) von Giovanni Paolo Colonna. Ferner sind zwei Oratorien von Antonio Caldara (1670 – 1736), La ribellione d’Assalone (Rom, 1715) mit einem unbekannten Librettisten und Assalone (Wien, 1720) mit einem Libretto von Giacomo Antonio Bergamori zu nennen.³⁶ Einen wichtigen Platz nimmt die vertonte Klage Davids über Absalom ein. Dazu  Perlitt, L. (2002, 291): „Die meisterhafte Schilderung der Verzweiflung und Agressivität Sauls konnten Jennens wie Händel, beide mit der Bibel gut vertraut, also durchaus der Quelle entnehmen.“ Vgl. ähnlich auch Smith, R. (2007, 186).  Das Libretto stammt von Heinrich Elmenhorst (1632– 1704).Vgl. dazu Eggebrecht, H. H. (2008, 260 f.).  Vgl. Massenkeil, G. (1998, 300).  Vgl. Bartelmus, R. (2006, 287).  Petersen, N. H. (2009, 240).  Vgl. Petersen, N. H. (2009, 240). Vom gleichen Komponist stammt auch das Oratorium David umiliato, 1731.

5.3. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur

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zählt etwa aus der Symphoniae Sacrae I von Heinrich Schütz die Kantate Fili mi, Absalom SWV 269 (1629).³⁷ Insbesondere bei Anthems, Chorkompositionen zu Traueranlässen in der anglikanischen Liturgie, steht die Trauer Davids um Jonatan beziehungsweise Absalom im Vordergrund. „A number of English anthems setting David’s lament over Absalom were written after Prince Henry’s death in 1612. Among these are the sacred madrigals When David heard composed by Michael East, Thomas Tomkins, and Thomas Weelkes.“³⁸ Schliesslich scheint sich auch das Thema von Davids Ehebruch mit Batseba in der italienischen Oper einer gewissen Beliebtheit erfreut zu haben: Antonio Foggia (1679), Giulio D’Alessandri (1689), Vincenzo Orlandi (1689), Giovanni Lornezo Lulier (1692), Domenico Laurelli (1702), Guiseppe Faccioli (1708) und Giacomo Bonaventura Fei (1710) haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt, später etwa auch Nicola Porpora, Davide e Bersabea (1734). 1775 komponierte Ferdinando Bertoni (1725 – 1813) das Oratorium David poenitens, das sich vermutlich zum ersten Mal 2Sam 24 widmet, wobei David für die Volkszählung bestraft wird.³⁹ „As the title of the oratorio indicates, the work focuses on David’s penitence […].“⁴⁰ Im zweiten Teil kommentiert David das Leiden und Sterben der Menschen („Ecce! Audio gentes semi animes morienes … crudelis, inhumane, barbare rex insane!“)⁴¹ und bittet Gott, ihn anstelle des Volkes zu bestrafen. Auch in der Musik war das sogenannte Motiv der Bedrohung durchaus präsent. Den Machtmissbrauch Davids und seine Bestrafung thematisiert etwa auch Carlo Caproli, David prevaricante e poi pentito, 1683.⁴²

5.3. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur Schliesslich ist das Motiv des bedrohten David auch in der Literatur weitverbreitet, gleichermassen in religiöser Lyrik, Epen, Romanen und Dramen. Am Ausgangs-

 Vgl. Heinemann, M. (1994, 70): „Vielleicht das berühmteste Stück dieser Sammlung […] dürfte das dreizehnte Konzert sein, Davids Klage über den Tod seines gefallenen Sohnes. Schütz vertont jedoch nur den Monolog des Königs – ‚Mein Sohn Absalom! Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben!‘ –, der gesamte Kontext fehlt. Losgelöst von der historischen Situation, an die nur noch der Eigennamen erinnert, wird die Passage zum Klagegesang, zur Darstellung von fassungsloser Trauer schlechthin.“  Petersen, N. H. (2009, 241). Vgl. ausführlich dazu Godt, I. (1981, 318 – 330) sowie Davies, A. (2011, 132– 144).  Vgl. ausführlich dazu Smither, H. E. (1987, 138 – 160).  Smither, H. E. (1987, 140).  Zitiert nach Smither, H. E. (1987, 158 f.).  Vgl. Massenkeil, G. (1998, 290).

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

punkt der literarischen Auseinanderstzung mit dem bedrohten David steht das exegetische Werk Il Davide perseguitato (1634)⁴³ von Virgilio Malvezzi, das in unterschiedliche Sprachen übersetzt, oft publiziert und zuletzt auch als Oper vertont wurde (Venedig, 1666). Virgilio Malvezzi (1595 – 1653) war ein italienischer Diplomat, der als Historiker am Hof Philipps IV. von Spanien tätig war. Die englische Übersetzung stammt von Robert Ashley (1565 – 1641) und erschien 1637 in London.⁴⁴ Die deutsche Erstausgabe wurde von Wilhelm von Kalcheim, genannt Lohausen, übersetzt und 1638 in Rostock publiziert, später von Fürst Ludwig und Diederich von dem Weder überarbeitet und 1643 erneut veröffentlicht.⁴⁵ Damit verbreitete sich das Werk auch im protestantischen Raum. 1660 erschien es unter dem Titel Historia Politica bei Lugundi Batavorum auf Latein.⁴⁶ Virgilio Malvezzi fokussiert, anders als der Titel erwarten lässt, nicht so sehr auf David als auf die Erzählungen in 1Sam 15 – 31. So beginnt Il Davide perseguitato beispielsweise mit der Verwerfung Sauls. Auf eine Zusammenfassung der biblischen Erzählung folgt jeweils eine knappe Auslegung. Sein Hauptanliegen ist es, positive und negative Beispiele aufzuzeigen. In seiner Einleitung betont Virgilio Malvezzi, dass viele daran zweifelten, dass Gott immer noch zu den Menschen spreche beziehungsweise die Menschen ihn verstehen. An den Fürst und die Untertanen gerichtet gibt er den Ratschlag (Ausgabe von 1643): „Willst du / o lieber Fuͤrst / wollet ihr seine Unterhanen wis=sen / was Gott zu euͤch saget / wan er euͤch Pest / Hunger und Krieg zuschicket / wan er die Fuͤrstentume und Koͤnigreiche lesset zu scheitern gehen / oder in solche angst stellte / daß sie leichtlich koͤnnen verderben / und zum untergange geraten / so suchet nur diese Namen in dem Wortverzeichnuͤs des Aller=hoͤchsten / ihr werdet sie drinnen finden.“ (p. 11). Die Strafen und Züchtigungen der Israeliten sollen „uns zum vorbilde geschehen“ (p. 12). Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622– 1676) hat das Werk von Virgilio Malvezzi

 Davide perseguito, Geneva 1647; benutztes Exemplar Bibliothek Český Krumlov, Sign. 30B 6393 př 2.  Benutztes Exemplar Il Davide perseguitato = David persecuted. Written in Italian by the Marques Virgilio Malvezzi: and done into English by Robert Ashley gentleman, […] London, 1637, Early English Books Online Editions, nach dem Original in der Bodleian Library Sign. 8° T 79(2) Th.  Benutztes Exemplar Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. A: 23.3 Eth. (2). Vgl. ein Vergleich der beiden Ausgaben sowie eine Wiedergabe der Vorworte bei Conermann, K. (Hrsg.) (2006, 671– 721), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 381028. Vgl. zudem Conermann, K. (Hrsg.) (2010, 317– 319), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 391113. Auch Martin Opitz erwähnt in einem Brief an Fürst Ludwig dieses Werk und betont, dass der Übersetzer sich in der neuen Fassung stark verbessert habe – so Conermann, K. (Hrsg.) (2010, 201– 204), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 390807.  Vgl. Virgilii Malvezzi, Historia Politica. De Persecutione Davidis: Variis Considerationibus prudenter concinnata, Lugundi Batavorum, Leffen 1660.

5.3. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur

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gekannt und nachgeahmt.⁴⁷ Im Simplicanischer Zweykoͤpffiger Ratio Status, lustig entworfen Unter der Histori des waidlichen Koͤ=nigs Saul / des sanffmuͤetigen Koͤnigs Davids / des getreuen Printzen Jonathæ / und deß tapf=eren Generalissimi Joabi ⁴⁸ werden aus der Perspektive der vier Hauptpersonen die David-Erzählungen nacherzählt. Ebenso nutzte Georg Christian Lehms (1684– 1717) Il Davide perseguitato als Vorlage für seine zwei Romane Die unglückselige Princeßin Michal und der verfolgte David (1707) und Des Israelitischen Printzens Absalons und Seiner Princessin Schwester Thamar Staats-, Lebens- und Helden-Geschichte (1710).⁴⁹ Nicht nur die Verfolgung, auch das Leiden Davids generell wird in der Literatur thematisiert.⁵⁰ Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616 – 1679) beschreibt in seinen vier Tränen-Gedichten (1646/47) sehr eindrücklich die christliche Idealisierung des Leidens. Der Archetypus des Leidenden ist David selbst, gefolgt von Hiob und Jeremia:⁵¹ „Die Männer so uns Gott zur Richtschnur vorgestellet Hat das Betrübnüß oft / so kräftig hingefället/ Daß ihre Wehmuth sich gesehnet nach der Gruft.“⁵²

In späteren Schriften ging es dem Lutheraner Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau nicht nur um eine stoische Grundhaltung oder christologische Leidensverherrlichung, sondern auch um die reale Machtpraxis im Zuge der Rekatholisierung durch Leopold I. und die bittere Erkenntnis seiner Ohnmacht dieser Machtausübung gegenüber.⁵³ Besonders häufig in der Dichtung des 17. Jahrhunderts ist auch der Gedanke der vanitas, der Vergänglichkeit, und die Einsicht, dass Reichtum und Macht nicht vor dem Vergehen schützen. Nicht selten wird daher in

 Vgl. Deuschle, M. J. (1927, 76): „Aber auch Grimmelshausen hat den Verfolgten David gekannt, mehr noch, er hat ihn in seinem Ratio Status nachgeahmt.“  Simplicanischer Zweykoͤpffiger Ratio Status, lustig entworfen Unter der Histori des waidlichen Koͤ=nigs Saul / des sanffmuͤetigen Koͤnigs Davids / des getreuen Printzen Jonathæ / und deß tapf=eren Generalissimi Joabi. Gedruckt […] bey Wolf Eberhard, Felßeckern, 1670.Vgl. Ausgabe von Tarot, R. (1968).  Vgl. Deuschle, M. J. (1927, 91): „Obgleich er [Georg Christian Lehms] aber selbst im Vorwort zu Michal auf dieses Werk hinweist und sein Titel die Bekanntschaft mit Malvezzi verrät, ist sein eigenes Werk in der Anlage ganz anders.“  Vgl. aus dem 16. Jahrhundert stammt etwa die Tragödie von Pier Giovanni Brunetto David Sconsolato (1556).  Mourey, M.-T. (1998, 281): „L’archétype en serait David et ses Psaumes, mais on peut ajouter les plaintes de Job, les lamentations de Jérémie, ou les lamers de remords de Pierre.“  Zitiert nach Mourey, M.-T. (1998, Anm. 156).  Vgl. Mourey, M.-T. (2004, 143 – 167) am Beispiel von Hoffmannswaldaus „Cato“ und den „Heldenbriefen“.

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

der Dichtung auch das menschliche Elend thematisiert. Die oben genannten Werke, die die Verfolgung Davids zum Gegenstand haben, dürften zumindest teilweise in diesem Kontext verstanden werden. Auch im Theater spielte David und nicht zuletzt auch die Darstellung seines Leidens und seiner Gefährdung eine zentrale Rolle. Zu nennen ist etwa das Schultheater von Christian Weise (1642– 1708), Neue Jugend-Lust/ Das ist/ Drey Schauspiele: I. Vom verfolgten David, II. Von der Sicil. Argenis, III. Von der verkehrten Welt, Christian Weidmann, Frankfurt; Johann Köler Leipzig, 1684, aufgeführt 1683 von den gesamten Studirenden im Zittauischen Gymnasio. ⁵⁴ Das Stück beschreibt, wie David nach seinem Sieg über Goliat von Saul verfolgt wurde und schliesslich bei den Philistern Zuflucht findet. In der Zusammenfassung heisst es: „Damit ward ei= Verfolgung nach der anderen an=gesponnen / es erschiene auch alle=zeit ein helles Werck=Zeichen der Goͤttl.Vorsorge / bis Koͤnig Saul resolvierte / den un=schuldigen David nicht ferner zu verfolgē.“ Anders als etwa im Jesuitentheater vermeidet Christian Weise die Statistenrolle und lässt möglichst viele Schüler zu Wort kommen. Entsprechend ist das Stück Vom verfolgten David für 77 Personen geschrieben. Dabei zieht er nicht nur Figuren aus dem zweiten Samuelbuch heran wie etwa Schimi, sondern auch zusätzliche, frei erfundene und namentlich genannte Personen: Soldaten, Bauern, Freunde Davids, Nabals Knechte, Priester von Nob und ihre Frauen, deren Söhne und eine Kinderfrau. Bereits die Auflistung der Personen macht deutlich, dass sich das Spiel nur sehr lose an dem biblischen Text orientiert. Vielmehr verfolgt es einen pädagogischen Zweck, indem es eine Vielzahl von Schülern agieren lässt.⁵⁵ Vom deutsch- und lateinischsprachigen Schultheater zu unterscheiden sind Stücke, die für das Theater am Hof geschrieben wurden.⁵⁶ Im niederländischen Schuldrama spielte David ebenfalls eine wichtige Rolle. Guilliam van Nieuwelandt (gest. 1635) schrieb 1616 sein erstes Drama Saul, das 1617 in Antwerpen herausgegeben wurde und „aus einer Reihe mehr oder weniger voneinander unahängiger Szenen aus dem Leben Sauls, die sein Spannungsverhältnis zu David zeigen“,⁵⁷ besteht. Insgesamt dominierte aber vor allem das Thema vom Aufstand Absaloms. Zu nennen sind Gebrand Smit, Absaloms Treurspel, Christiaen Henricx, David ende Absalon und Joris Berckmans, Den koning David en zijnen trotschen zoone Absalom (König David und sein trotziger Sohn Absalom). Von Joost van den Vondel (1587– 1679) sind drei sogenannte

   

Benutztes Exemplar: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Sign. M: Lo 7868.1. Vgl. ausführlich dazu Zeller, K. (1980, 107– 250). Dazu einige Beispiele in Kapitel C. 3.4.1. Johannessen, K. L. (1963, 61).

5.3. Das Motiv des bedrohten David in der Literatur

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„Empörungsdramen“⁵⁸ bekannt, zwei Tragödien zum Aufstand Absaloms (David in Ballingschap [David im Exil], 1660 und Koning David herstelt [König David wieder im Amt], 1660) und eine zum Aufstand Adonijas. Diese richten sich nur sehr lose nach der biblischen Erzählung.⁵⁹ Davids Sünde, Strafe und Busse waren in England in Romanen und Theaterstücken verbreitet.⁶⁰ Zu nennen wären beispielsweise Francis Sabies David and Beersheba (1596), Thomas Fullers David’s Heinous Sin, Hearty Repentance, and Heavy Punishment (1631), aber auch das anonyme Stück The Story of David and Berseba (1635) oder Francis Quarles Divine Fancies (1633).⁶¹ In Spanien sind für die Zeit vor 1600 allein 60 Dramen zu David bekannt, zahlreiche weitere kamen im 17. Jahrhundert dazu.⁶² Nur exemplarisch können einige Werke der religiösen comedia genannt werden: Godínez (1585 – 1659), Las lágrimas de David (Davids Tränen), behandelt Davids Ehebruch mit Batseba und seine Reue über das Geschehen. Gleichzeitig wird „die Institution des Königtums als göttliche Einrichtung gefeiert“.⁶³ Tirso de Molina (1585 – 1659), La vengaza de Tamar (Tamars Rache), betont das Bild des verzeihenden David. Pedro Caléron de la Barca (1600 – 1681) unterstreicht in Los cabellos de Absalón (Die Locken Absaloms) die negativen Folgen der fehlenden Affektbeherrschung in der Öffentlichkeit, während auch hier David als vollkommener christlicher Herrscher erscheint.⁶⁴ Grundsätzlich stehen moralisch-religiöse Aspekte im Vordergrund, wobei David als Vorbild dient.⁶⁵

 So Johannessen, K. L. (1963, 209).  Vgl. die Inhaltsangabe bei Johannessen, K. L. (1963, 211– 214).  Vgl. Huttar, C. A. / Frontain, R.-J. (1992, 184): „David’s sin, punishment, and repentance form the center of dramatic interest for a host of early playwrights.“ Auf das Thema von David und Batseba (2Sam 11), das sich in der Literatur des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts generell häufig findet – beispielsweise bei Hans Sachs, Der David mit Batseba im Ehbruch, Comedia mit 10 Personen – soll hier nicht weiter eingegangen werden. Vgl. dazu die in Vorbereitung befindliche Dissertation „Literarische Rezeptionen der ‚David, Batseba und Urija‛-Erzählung“ von Andrea Fischer.  Vgl. die Angaben bei Metzger, H.-D. (1998, 414 f. Anm. 66).  Vgl. ausführlich dazu Tietz, M. (1989, 206).  Tietz, M. (1989, 215).  Vgl. Tietz, M. (1989, 219 f.). Tietz, M. (1989, 224) führt aus: „Bei Tirso, Godínez und Calderón ist die Gestalt Davids, wenn auch mit verschiedenen Akzentuierungen, die dem damaligen spanischen Theater angemessene Illustration dessen, was der theologische Diskurs der Zeit über dessen Rolle als ‚figura Christi‘ reflektierte.“  Vgl. Tietz, M. (1989, 207).

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

5.4. Fazit Wie lässt sich nun das Motiv des bedrohten David in die gesamte David-Rezeption einordnen? Was ist das Spezifische der untersuchten Epoche und was von allgemeiner Gültigkeit? Die Frage von Kontinuität und Wandel in der David-Darstellung, die in der Forschung mehrfach aufgeworfen wurde, kann hier nur sehr knapp behandelt werden.⁶⁶ Im Hinblick auf den David-Diskurs der frühen Neuzeit haben etwa Manfred Tietz⁶⁷ oder mit Blick auf visuelle Darstellungen auch Michael Zach⁶⁸ auf einen Paradigmenwechsel hingewiesen: David verliert seine Heldenhaftigkeit und gerät zunehmend in die Kritik, bis ihm schliesslich im Dictionnaire historique et critique von Pierre Bayle David die moralisch-religiöse Autorität und Vorbildfunktion abgesprochen und sein eigenes Verschulden an seiner Situation im Vordergrund steht.⁶⁹ Dabei wird jedoch übersehen, dass bereits im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert die David-Rezeption äusserst vielfältig war.⁷⁰ Wie gezeigt werden konnte, wird die biblische Figur in dieser Zeit sowohl idealisiert als auch kritisiert. Sie diente als positive und negative Folie, war Identifikationsfigur für Herrscher und ein rühmliches Beispiel im Umgang mit Tadel für Herrschaftskritiker. In zwei Richtungen können jedoch Entwicklungen festgestellt werden: Durch die zunehmende Auflösung der Verquickung zwischen religiösem und politischem Handeln wurde der David-Diskurs im 18. Jahrhundert erstens weniger

 Tietz, M. (1989, 225) hat auf das Forschungsdesiderat hingewiesen: „Diente diese [die Literatur] im Barock bei Tirso, Godínez und Calderón noch dazu, die sozusagen offiziellen ideologischen Positionen zu illustrieren und ihnen beim Publikum Plausibilität zu verleihen, so erhält sie in der Frühaufklärung eine kritische Funktion, die, wie es Bayle an der Gestalt Davids exemplifiziert hat, die tradierten Auffassungen entschieden in Frage stellt und seine eigene Deutung der Sinnhaftigkeit von Welt und Geschichte vornimmt.Welche Rückwirkung dieser Wandel auf das spanische und darüber hinaus auf das europäische David-Bild insgesamt gehabt hat, bedarf noch zahlreicher Detailuntersuchungen.“  Vgl. Tietz, M. (1989, 203 – 225).  Vgl. Zach, M. (2006, 13): „Vergleicht man dieses barocke David-Bild mit der heroenhaften David-Statue Michelangelos (1504) aus der Renaissance, so wird deutlich, dass sich das Bild Davids im Spiegel der Kunstgeschichte gewandelt hat.“ Vgl. sehr generell dazu auch Nitsche, S. A. (1994, 9): „Je größer der zeitliche Abstand zu seinem [Davids] Leben, desto mehr wurde er zur Idealgestalt des göttlich legitimierten Herrschers und zum Vorbild ganzer Generationen byzantinischer und deutscher Kaiser und Könige stilisiert. David wurde zur mythischen Figur.“  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 395): „So hebt bereits Pierre Bayles einschlägiger Artikel in seinem Dictionnaire historique et critique von 1697 besonders Davids Verbrechen hervor.“ Vgl. zudem Metzger, H.-D. (2003, 467 f.).  Vgl. Veldman, I. M. (1999, 413): „David is presented as both the model of a good ruler and an example of the weak man whose remorse earns him God’s forgiveness.“

5.4. Fazit

559

existentiell und auf konkrete Handlungsanweisungen hin verfolgt. Dies ermöglichte eine Verschärfung der Debatte um David. Unterschiedliche David-Bilder konnten nicht mehr nebeneinanderstehen, sondern wurden kontrovers diskutiert. So versucht etwa Patrick Delany (1686 – 1768) in seinem Traktat An Historical Account of the Life and Reign of King David, King of Israel (London 1740 – 1742), Pierre Bayle zu widerlegen und Davids moralisches Verhalten zu rechtfertigen.⁷¹ Der deutsche Übersetzer mit den Initialen M.C.E.K. – wer sich hinter dem Kryptonym verbirgt, ist ungewiss – spricht sogar davon, dass er „den Propheten David rettet“. In der Folgezeit entwickelte sich ein regelrechter Kampf um die Frage, wie die David-Erzählungen korrekt verstanden werden müssen. Dieser Streit um das „wahre“ Verständnis, der sich in Davidkritik und -apologetik zeigt, steht geistesgeschichtlich im Kontext der beginnenden historisch-kritischen Methode. Nicht nur die Frage, wie David nun wirklich war – ob tugendhaftes Vorbild oder ein fehlbarer Monarch⁷² –,wird kontrovers diskutiert, sondern viel grundsätzlicher, ob die biblischen Erzählungen überhaupt die historischen Gegebenheiten schildern. Richard Simon, Baruch Spinoza und Thomas Hobbes beispielsweise vertraten die Ansicht, dass die Samuelbücher mit einem gewissen zeitlichen Abstand zum historischen Ereignis niedergeschrieben wurden. Wenig später entzündete sich auch hier ein heftiger Streit zwischen jenen, die in den David-Erzählungen einen „Historical Account“ (so der Titel des Werkes von Patrick Delany) sahen, und jenen, die sie für blosse Fiktion hielten. Auch wenn sich die Fronten im Laufe der Zeit verhärteten und die David-Rezeption zunehmend kontrovers diskutiert wurde, konnten auch im 18. Jahrhundert verschiedene David-Bilder nebeneinander stehen. Selbst die typologische Auslegung von David als Präfiguration Christi existierte weiter, wie das von Georg Philipp Telemann komponierte Oratorium Der königliche Prophete David als ein Fürbild unseres Heilandes Jesu (1718) zeigt. Zusammenfassend lässt sich im Hinblick auf das sogenannte Motiv der Bedrohung Davids im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert zweierlei festhalten: Zum einen diente nicht nur der heldenhafte Sieger – neben Alexander dem Grossen, Hannibal, Caesar, Herkules, Mars und Apoll – als Identifikationsfigur für Herrscher, sondern auch der an Leib und Leben bedrohte und gefährdete König David. Lobend wurde dabei auf Davids constantia, das im neustoischen Sinn geduldige Ertragen von Schicksalsschlägen, verwiesen. Die Vorstellung der vanitas mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen wie Krankheit, Elend, Krieg und Tod spielte

 Der calvinistische Kirchenrat von Rotterdam veranlasste Bayle – wie die deutsche Übersetzung von 1740 anmerkt – seine Kritik an der Gestalt Davids zurückzunehmen. Vgl. Tietz, M. (1989, 225).  Pierre Bayle hat in seinem Dictionaire historique et critique, 1697 festgehalten: „Tous les Interpretes n’ont pas renoncé à l’apologie de David“ (p. 927).

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5. Das Motiv des bedrohten David im kulturellen Kontext des 17. Jahrhunderts

dabei im 17. Jahrhundert eine besondere Rolle.⁷³ Von einem Herrscher wurde insbesondere die Tugend erwartet, dies alles auszuhalten. Eine Identifikation mit dem bedrohten David diente daher durchaus der Herrscherlegitimation. Darüber hinaus wurde der Vergleich mit David aber nicht nur zu politischen Propagandazwecken verwendet. Das sogenannte Motiv der Bedrohung wurde auch von Hofpredigern, Künstlern und Gelehrten zur Herrschaftskritik herangezogen. Wie Gott David von seiner Schafherde erwählt und von Samuel zum König salben liess, ihn später aber grossen Gefahren aussetzte und hart für sein Verhalten bestrafte, so erwählt und verwirft Gott in der frühneuzeitlichen Vorstellung immer noch. Macht ist nicht absolut, sondern von Gott gegeben und kann von Gott auch zurückgenommen werden. Dieses Bewusstsein kommt beispielsweise bei Karl V. am Ende seines Lebens zum Ausdruck, wenn er in seiner Abdankung schreibt: „Ich habe gegen meine Feinde gethan, was ich vermochte, aber der Erfolg eines Krieges liegt in der Hand Gottes, der Siege gibt oder hinwegnimmt, wie es ihm beliebt.“⁷⁴ Dem Beispiel Davids folgend kann und soll ein Herrscher in bedrohlichen Situationen nicht auf militärische Stärke, sondern auf Gottes Hilfe vertrauen. Diese theologischen Interpretationen wurden nicht nur in Predigten, literarischen Abhandlungen und politisch-philosophischen Traktaten besprochen, sondern finden sich besonders auch in bildlichen Darstellungen. Bei all den unterschiedlichen Facetten der Rezeption des alttestamentlichen Königs fällt besonders auf, dass David alles in allem sehr menschlich dargestellt wird: Er kennt Erfolg und Misserfolg, Liebe und Hass, Tugend und Laster, Zuversicht und Angst. In der Rezeption Davids ist es bis ins 18. Jahrhundert hinein Konsens, dass sich David nicht immer moralisch einwandfrei verhielt. Die biblische Erzählung von seinem Ehebruch, seinem Mord und seiner Volkszählung, die als grosse Hybris gedeutet werden, werden nicht beschönigt, sondern klar und deutlich benannt und in Bilder gefasst.

 Vgl. beispielsweise Mauser, W. (1976, 23).  Aus: Ansprache Karls V. vor den Deputierten der niederländischen Generalstände; Rechtfertigender Rückzug Karls V. auf seine Regierungszeit und Übertragung der Herrschaft an Philipp, Brüssel 1555. Zitiert nach Kohler, A. (1990, 467).

D. Schluss Nach einer detaillierten Analyse sowohl der biblischen Texte wie auch von deren Rezeption sollen im Schlussteil die jeweiligen Ergebnisse direkt aufeinander bezogen werden.¹ Welche Ergebnisse finden sich im wirkungsgeschichtlichen Teil, die aufschlussreich waren für den exegetischen Teil, und welche Einsichten aus dem exegetischen Teil waren für den wirkungsgeschichtlichen Teil fruchtbar? Was bedeutet die Interpretation der biblischen Texte im Medium des Bildes einerseits und die Interpretation dieser Bilder der frühen Neuzeit vor dem Hintergrund der biblischen Texte andererseits? Aus dem wechselseitigen Bezug von Rezeptionsgeschichte und Exegese lassen sich folgende Ergebnisse festhalten: Der exegetische Teil zeigt, dass es sich bei dem sogenannten Motiv der Bedrohung nicht um eine Erfindung des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts handelt. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Bedrohung Davids den Texten inhärent ist und nicht durch eine ideologische, textvereinnahmende Interpretation in der frühen Neuzeit in diese hineingelesen wurde. Zwischen den beiden gegenwärtig vertretenen Thesen, David würde einerseits als blutrünstiger Gewalttäter² dargestellt beziehungsweise er sei andererseits Exempel des Gewaltverzichts,³ hat sich eine weitere Deutung der DavidErzählungen gezeigt: David wird immer wieder als der Verfolgte, der Gewalt erleidende, ohnmächtige Herrscher dargestellt. Er hat sich durch und durch als „notfest“⁴ erwiesen. Durch geschickte Taktik, geduldiges Ertragen und Abwarten sowie durch göttliche Hilfe hat David immer neue Gefahren überstanden. Andererseits ist David mehrmals tief gefallen und hat sich gegenüber Gott und den Menschen schuldig gemacht und deshalb die göttliche Strafe erfahren. Umgekehrt bestätigt der wirkungsgeschichtliche Teil dieser Untersuchung die Polyvalenz der biblischen Texte. Erst durch die wirkungsgeschichtliche Analyse wird die Vielfalt und Pluralität der Aussage der David-Erzählungen deutlich. Die Beschäftigung mit der Auslegungsgeschichte ermöglicht eine Interpretation der biblischen Texte, wie sie bis anhin in der exegetischen Forschung grösstenteils vernachlässigt wurde. Hinter einer Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten kommt die vom bedrohten und sich doch nicht widersetzenden David zum Vorschein.⁵ Die  Die Ergebnisse zu den jeweiligen Teilen sind in Kapitel B. 4. bzw. in Kapitel C. 5 ausführlich zusammengefasst.  Vgl. McKenzie, S. L. (22001); Halpern, B. (22004) u. a.  Vgl. Dietrich, W. (2004, 262) und anderswo.  Begriff aus einem Sonett in der von Fürst Ludwig herausgegebenen Fassung des Verfolgeten David. Vgl. Conermann, K. (Hrsg.) (2006, 677), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 381028.  Vgl. Metzger, H.-D. (2003, 468).

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D. Schluss

wirkungsgeschichtliche Analyse dient somit als Korrektiv für die Exegese. Die Rezeptionsgeschichte des Motivs des bedrohten Davids hat sich gewichtiger erwiesen, als dass sie einfach durch das „Schillern“⁶ der literarischen Figur Davids erklärt werden könnte. In der Analyse der Auslegungsgeschichte zeigt sich, dass die biblischen Texte als Ideen und Ideenkomplexe in gesellschaftlich-operative Paradigmen eingegriffen haben. Sie dienten dazu, die Autoritäts- und Wertstruktur sozialer Ordnungen zu beschreiben, sie in Frage zu stellen oder zu legitimieren.⁷ Zum inhaltlichen Argument, dass die untersuchten Texte mehrheitlich tendenzfrei – also weder apologetisch noch königskritisch – sind, kommt ein formales Element: Der Erzähler bleibt in den untersuchten Erzählungen weitestgehend immanent. Eine individuell-auktoriale Urteilsbildung ist nicht zu erkennen. Dieses Zurücktreten des Autors hinter seinen Text impliziert dessen Geltungsanspruch.⁸ „Auf Seiten der intendierten Rezeption entspricht dem eine ‚ganzheitliche‘ Hermeneutik, die elementar auf Identifikation, Einverständnis etc. ausgerichtet ist.“⁹ Darin zeigt sich etwas von der Bedeutung der Texte für die Identität von Gemeinschaften und Individuen. „Der Grund, warum David in der europäischen Geistesgeschichte zur Identifikationsfigur geworden ist, ist gerade seine menschliche Schwäche.“¹⁰ Die Offenheit der Texte ermöglichte aber erst die Identifikation. Das Motiv der Bedrohung Davids war in der frühen Neuzeit Teil eines philosophisch-politischen Diskurses über Macht und Ohnmacht. Die David-Erzählungen wurden zur Illustrierung von Theorieelementen herangezogen, auch wenn den biblischen Figuren dabei keine theoriekonstitutive Bedeutung zukam, sondern „eine exemplifizierende Funktion, durch die angezeigt werden soll, daß die  Vgl. Metzger, H.-D. (1998, 394): „Es ist das Schillern dieser Figur, das den Interpreten herausfordert und ihm große Spielräume bietet, denn neben dem konventionellen Lob auf den von Gott gewollten König, dessen religiöse Pflichten mit den politischen Erfordernissen harmonieren, erlaubt die Figur vielfältige Zwischentöne und implizit geführte Kritik.“ Vgl. Dietrich, W. (2003b, 833 f.).  Vgl. Schorn-Schütte, L. (2004, 206). Vgl. zur „politischen Theologie“ beziehungsweise einer „christlichen Politiklehre“ (politica christiana) in der frühen Neuzeit Schorn-Schütte, L. (2004, 197).  Vgl. Blum, E. (2005, 73): „Nun kann selbstverständlich auch in biblischen Erzählungen die Erzählstimme eines impliziten Autors präsent sein, etwa in kommentierenden, erläuternden Bemerkungen, die häufig die Welt der Fabel mit der der Adressaten in Beziehung setzen und dabei den Erzählstandort (wie auch den der Leser) deutlich von der Zeit der erzählten Handlung absetzen können. Gleichwohl bleibt der Erzähler seiner Darstellung insofern durchweg immanent, als die Möglichkeit einer anderen Darstellung oder auch die Vorinstanz einer individuell-auktorialen Urteilsbildung nicht in den Blick genommen werden.“  Blum, E. (2005, 73).  Golka, F. W. (2006, 10).

D. Schluss

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vorgetragenen Überlegungen zumindest in keinem Widerspruch zum Text der Bibel stehen“.¹¹ Diese politischen Anwendungen stellen dabei „weder eine Vergewaltigung noch eine Entweihung des Urtexts“¹² dar. Stattdessen kommt es zu Deutungen und Umdeutungen durch Schriftsteller, Theologen und Politiker, „die gleichzeitig auf dem imperativisch-sittlichen Anspruch des Exempels bestehen und doch die konstruktive Ambiguität der Texte in eigener Absicht nutzen.“¹³ Die David-Erzählungen insbesondere dienten „theils der Nachfolg- theils der Vermeydung“.¹⁴ Die besprochenen Beispiele trugen weder zur Apologetik absoluter Herrschaft noch zur Volksrebellion bei.¹⁵ Vielmehr bekräftigen sie geradezu die grundsätzliche Nichtvereinnahmung der biblischen Texte. In der Bibel teilen Monarchie-Anhänger und Monarchie-Gegner dieselbe Sprache.¹⁶ Die David-Erzählungen sind nicht Instrument zur Legitimation eines bestimmten Anspruchs, sondern bieten beiden Seiten Trost und Hoffnung. Herrscher identifizierten sich mit dem gefährdeten David, aber auch Hofprediger liessen sich ermutigen von den Texten und in ihrer Kritik bestärken. Das Motiv der Bedrohung wurde sehr persönlich und konkret aufgegriffen, als direkter Zuspruch für einzelne Herrscher beziehungsweise als Kritik an ihrem Verhalten. Gleichzeitig fand das Motiv der Bedrohung aber auch unpersönlich und losgelöst von einem spezifischen historischen, konfessionellen Kontext Verbreitung. Dies macht etwa das Werk David von Benito Arias Montano deutlich, das sowohl im katholischen wie auch im protestantischen Raum rezipiert wurde.¹⁷ Die Rezeptionsgeschichte des Motivs der Bedrohung war also gleichzeitig partikular und universell.¹⁸ Es war übertragbar

 Münkler, H. (1995, 117).  Metzger, H.-D. (2003, 468). Vgl. dazu auch Dietrich, W. (2003b, 837), der generell grössere Bedenken sieht: „Es gibt in der Wirkungsgeschichte mahnende Beispiele, die zeigen, was geschieht, wenn nicht gewisse Grundregeln der Interpretation eingehalten werden.“  Metzger, H.-D. (2003, 468).  So in der Einleitung von Wilhelm von Kalcheim in das übersetzte Werk Il Davide perseguitato von Virgio Malvezzi. Vgl. Conermann, K. (Hrsg.) (2006, 674), Fruchtbringende Gesellschaft Nr. 381028.  Reinhardt, N. (2007b, 293) hat mit Blick auf Juan de Marinana De Rege (1599) festgehalten: „Die Bibel hat hier wenig beizutragen, sie ist daher weder zur Apologetik absoluter Herrschaft noch zur Rechtfertigung der Volksrebellion geeignet.“  Vgl. Pečar, A. (2007a, 314).  Was für ein anderes Beispiel festgehalten wurde, gilt auch da: „[…] the Catholic and the Reformed Churches could make good use of the same type of imagery to clarify their principles of faith“ – so Sellink, M. S. (1997, 119).  Vgl. Lehmann, H. (1995, 21): „Architektur, Skulptur und Malerei konnten von Vertretern der konfessionellen Politik vorzüglich zur Schaffung und Verständigung der lokalen kulturell-religiösen Identifikation eingesetzt werden, wie andererseits Literatur und Musik zwar häufig auch

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D. Schluss

auf Hugenotten und katholische Fürsten, englische Könige und niederländische Maler. Visuelle Darstellungen davon finden sich in Herrschaftshäusern (Schloss Eggenberg, Graz; Palazzo Ricci-Sacchetti, Rom u. a.) und Kirchen (Kerkfabriek Sint Michiels, Gent; Basilika des Real Monasterio de San Lorenzo El Escorial, Madrid u. a.). Das Motiv wird in Kupferstichen und Gemälden von Spanien bis Österreich und von Italien über Deutschland bis zu den Niederlanden aufgegriffen und vielfältig variiert. Nicht nur die Vielfalt der Interpretationen eines einzelnen Textes ist überraschend. Auch wurden ausnahmslos alle im exegetischen Teil besprochenen Texte in der frühen Neuzeit in irgendeiner Form rezipiert wurden. Nicht ein einzelnes, verschwommenes Bild eines bedrohten Königs hat die Jahrhunderte überdauert, sondern minutiös tradierte Erzählungen von einem Herrscher, der immer wieder an Leib und Leben gefährdet war. Die biblischen Texte wurden in Kommentaren besprochen, fanden Eingang in Predigten, Epen und Dramen, wurden von Künstlern ins Bild gesetzt und von Musikern vertont. Das sogenannte Motiv der Bedrohung wird bruchstückhaft und vereinzelt rezipiert, gleichzeitig erscheint es aber auch programmatisch in ganzen Kupferstich- oder Gemäldezyklen und Büchern. Einzelne Texte werden selten, andere sehr häufig dargestellt und immer wieder neu variiert.¹⁹ Dabei macht der Gegensatz „Variation und Seltenes Thema“²⁰ auf zwei polare Elemente aufmerksam, die charakteristisch sind für die frühe Neuzeit. Auf der einen Seite wurden traditionelle Motive überliefert und alte Deutungen weiter verwendet.²¹ „Auf der anderen Seite wurde das Neue, Abweichende und Seltene entdeckt, erschlossen und mit frischen Augen unabhängig von einer langen Auslegungs- oder Bildtradition gesehen.“²²

distinkte lokale und regionale Bezüge hatten, zugleich aber auch überregional und überkonfessionell wirksam werden konnten.“  Vgl. Constantijn Huygens (1596 – 1687) hat festgehalten, dass Rembrandt „summed up individual elements in one human being and expressed what is universal“ („uno in homine collegit singular, et universa expressit“) – zitiert in der Übersetzung von Strauss,W. L. / van der Meulen, M. (1979, 68.71).  Vgl. die Erläuterungen von Tümpel, C. (1994b, 165) dazu: „Das Stichwort ‚Variation‘ macht deutlich, dass in der Barockzeit Künstler Themen variierten, die schon im Mittelalter und in der Renaissance dargestellt wurden. Dabei wurde bisweilen auch die alte typologische Deutung weiter tradiert. Das Stichwort ‚Seltenes Thema‘ macht uns dagegen bewusst, dass das 17. Jahrhundert auch an einer enzyklopädischen Erschliessung der Welt interessiert war, selbst die unbekanntesten Geschichten in Gemälden erfasst wurden.“  Vgl. Tümpel, C. (1994b, 157): „Nach der Kunsttheorie des 16. und 17. Jahrhunderts zeigt sich die Inventio (Erfindungsgabe) des genialen, gelehrten Künstlers darin, daß er traditionelle Themen auf eine ungewöhnliche Weise gestaltet.“ Vgl. zudem Bätschmann, O. (1997, 230 – 248).  Tümpel, C. (1994b, 164).

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Grundsätzlich ist bei der Rezeptionsgeschichte mit zweierlei Zugängen zu rechnen: einerseits mit einem direkten Rückgriff auf die biblischen Texte, andererseits mit einer Rezeption der Rezeption. In jedem Fall gibt es aber direkt oder indirekt eine Verbindung zum biblischen Text. Einige Bilder gehen narrativ vor und geben den biblischen Text so präzise wie möglich wieder, während andere komplexe theologische Aussagen visualisieren. Darstellungen der Bedrohung Davids dienten den Herrschern in erster Linie zur Identifikation. Grundsätzlich bot sich aber durch die Bilder nicht zuletzt angesichts des gespaltenen Verhältnisses von Kunst und Staatspropaganda auch die Möglichkeit der Herrscherkritik.²³ Insgesamt hat die wirkungsgeschichtliche Analyse zum besseren Verständnis der Funktion der David-Erzählungen vor dem Hintergrund frühneuzeitlicher Herrscherrepräsentation, -legitimation und -ideologie, aber auch von Monarchiekritik beigetragen. Das fürstliche Programm und die nachgewiese Identifikation der Fürsten mit dem bedrohten David bestärkt die neuere revisionistische Absolutismus-Forschung,²⁴ die auf die Eliminierung des (Epochen‐)Begriffs „Absolutismus“ aus der Fachsprache drängt.²⁵ Absolutistischen Herrscherkonzepten stellt sich nicht nur die politische Realität entgegen. Die vorliegende Untersuchung hat auch einen weiteren Aspekt frühneuzeitlicher Herrschaftsideologie fassbar gemacht: „Gottesgnadentum“ (dei gratia) meint nicht nur von Gott gegebene Macht, sondern auch Gottes Schutz in Gefahren.²⁶ Es schliesst die Möglichkeit des Machtverlustes und somit der Abwendung der Gnade Gottes mit ein.²⁷ Zu menschlicher Macht gehört immer auch das Ausgeliefertsein, die Angst vor Machtverlust und Ohnmacht. Dieser Zusammenhang wird in den David-Erzählungen und deren Rezeption in der frühen Neuzeit zum Ausdruck gebracht. David, der Gesalbte Gottes, flieht und weint, wird mit Steinen beworfen, verflucht und bedroht. Er ist eine Präfiguration Christi, der zum Sinnbild geworden ist für diese Ohnmacht durch sein Ausgeliefert-sein am Kreuz. Der Ursprung des Fürstenamtes wurde in der frühen Neuzeit in Gott gesehen, und dies bedingt die

 Vgl. zu den unterschiedlichen Medien und ihrer Verwendung für Propaganda und Kritik im 17. Jahrhundert Nürnberger, K. (2003, 97– 173). Vgl. zudem Baumgarten, J. (2004, 11 f.).  Vgl. zur Forschungsdebatte Winkelbauer, T. (1999, 15 Anm. 14) und Asch, R. G. / Duchhardt, H. (1996).  Dies bestätigt etwa auch Ziegler, H. (2010).  Maximilian I. von Bayern erinnert seinen Sohn daran, dass von Gott die Macht des Fürsten kommt und ohne ihn niemand sein Amt recht verrichten kann: „Nemo umquam sine ipso bene ullis praefuit“ – in Monita Paterna (1651), hier zitiert nach Kraus, A. (1991, 11). Und dazu Kraus, A. (1991, 11): „Gottes Gnade ist also notwendig zum Erwerb der Macht wie zu ihrer Erhaltung.“  Vgl. so schon Kraus, A. (1991, 12): „Der Begriff vom Gottesgnadentum, der sich hier zeigt, ist also durchaus ambivalent: Gottes Gnade kann auch wieder entzogen werden.“

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Notwendigkeit, stets im Einklang mit dem Willen Gottes zu regieren.²⁸ Erwählung und Verwerfung gehören aufs Engste zusammen. Diese theologische Einsicht illustrieren die David-Erzählungen. Macht und Gewalt beruhen nicht allein auf militärischer Stärke, sondern kommen von Gott. Niemand ist stark durch seine eigene Kraft (1Sam 2,9). Jhwh straft, aber er vermag auch aus Gefahren zu erretten. Er ist es, der zu Fall bringt und erhöht (1Sam 2,7; 2Sam 22,17.28.49), den Mächtigen stürzt und den Ohnmächtigen stärkt. Ein und derselbe Text konnte in der frühen Neuzeit sowohl zur Herrscherlegitimation als auch zur Herrscherkritik herangezogen. Die Zahl konträr ausgelegter Texte – als Beispiel sei hier lediglich an 2Sam 24 erinnert – ist zu hoch, als dass es in der exegetisch-wirkungsgeschichtlichen Forschung weiterhin darum gehen könnte, eine dominante Richtung der Bibelinterpretation herauszustellen, die den Mythos einer linearen Entwicklung europäischen politischen Denkens stützt. Der David der biblischen Texte bot mehr und anderes als „models of royal piety, messianic expectation, and national destiny“,²⁹ und die David-Erzählungen wurden auch in dieser ganzen Vielfalt, Pluralität und Widersprüchlichkeit rezipiert. Dieser Tatsache ist bei der Erforschung der Samuelbücher und deren Rezeptionsgeschichte Rechnung zu tragen.³⁰ Zwar macht die wirkungsgeschichtliche Hermeneutik die Suche nach der „Wahrheit“ eines Textes zur komplexen Frage, da sie „auf die Kontextualität jeder Interpretation der Bibel“³¹ aufmerksam macht. Doch dies bedeutet nicht einen theoretischen Verzicht auf die Frage nach dem Aussagegehalt biblischer Texte. Die Wahrheit dürfte „in der faktischen Standpunktevielfalt zu suchen sein: im Diskurs über die verschiedenen Interpretationszugänge und -vorschläge sowie deren erkenntnistheoretische Grundlagen“.³² In diesem Sinn sind die vorliegenden Ergebnisse zu verstehen. Schrift und Tradition sind unzertrennlich miteinander verknüpft. Die exegetisch-wirkungsgeschichtliche Analyse kann dazu beitragen, „daß unsere Wissenschaft ihre zeitweise fast vergessene Aufgabe wieder ergreift, indem sie aus den wesentlichen historischen Fragestellungen hinauswächst zur  Vgl. Kraus, A. (1991, 13): „In der Tat war die Bindung des Fürsten an seine Herrscherpflichten überaus eng, bedingt durch den Ursprung des Fürstenamtes in Gott, bedingt auch durch die Notwendigkeit, stets im Einklang mit dem Willen Gottes zu regieren, wenn der Regierungszweck erreicht werden sollte, das Wohl der Untertanen.“  Finkelstein, I. / Silberman, N. A. (22007, 5).  Vgl. ähnlich auch Bosworth, D. A. (2006, 210): „Although the Bible offers a nuanced portrait of David, interpreters have tended to concentrate on only one aspect of the multilayered text. The assumption that Scripture is a simple text (didactic or propagandistic) composed by simple ancients is in need of revision.“  Luz, U. (2005, 22).  Berger, M. (1994, 82).

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wirklichen Theologie: Vermittlerin zu sein des Sprechens Gottes über Räume und Zeiten hinweg, bis in unseren Raum und in unsere Zeit“.³³

 So die Forderung von Hertzberg, H. W. (1962, 80). Vgl. Luz, U. (52002, 109 f.): „Wenn ich recht sehe, liegt ein Hauptproblem historisch-kritischer Exegese heute darin, daß sie einen Text in seiner eigenen Zeit und in seiner eigenen Ursprungssituation isoliert und ihn so daran hindert, etwas zur Gegenwart zu sagen. Auswege, welche die geschichtliche Dimension überspringen, wie etwa der Rückzug aus der Geschichte in die erzählte oder strukturierte Welt des Textes oder eine fundamentalistische Eliminierung der Geschichte durch Hypostatisierung des Textes als übergeschichtliches Wort Gottes, scheinen mir nicht gangbar; sie sind eher Alarmsignale.“

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Zur einfachernen interdisziplinären Verständigung wird grundsätzlich auf Abkürzungen, etwa nach Schwertner, verzichtet.

Bildanhang

1. Forschungsüberblick und historischer Kontext des Motivs des bedrohten Herrschers in der Frühen Neuzeit

Abb. .. Jacob Gerristz. Cuyp, Le Stadhouder Frederik-Henrik en David triomphant, , Öl auf Leinwand,  x  cm, signiert und datiert, „J. G. Cuyp “, Noordbrabants Museum

Abb. .. Kaiser Ferdinand II. folgt dem Vorbild Davids nach einem Gemälde des Schlosses in Preßburg von Pul Juvenel, um 

Abb. .. Emblem Nr. , aus: Jacques de Zetter, , Philosophia practica. Varias inclinationes animorum affectus, atque adeo diuersissima humanarum actionum studia artificiosis figuris, et apposite´ dictis exprimens = Würckliche Philosophey. Darin vnderscheidene neigungen vnd affecten der gemühter, vnd zumahl der vielfeltige vnderscheidt der menschlichen fürnehmen durch kunstreiche figuren fürgebildt vnd aussgelegt = Philosophie Operatrice. ou´ se voyent les diuerses Inclinations et Affections des Esprits, et les tres-differens estudes et Occupations des actions humaines Expase´es et represente´es par figures artificielles,  Seiten,  x  cm. The Rare Book & Manuscript Library, Signatur: VD  (online), :C, McGeary & Nash. Emblem books at the University of Illinois, Z

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. .. Abb. .. Benedictus Arias Montanus, Philipp Galle,  Philips Galle, Hendrick Goltzius,  x  mm, Haarlem , Rijksmuseum, Amsterdam x  mm, Virorum Doctorum de Disciplinis benemerentium Effigies XLIIII, , Rijksmuseum, Amsterdam

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum – Ein Vergleich der Ausgaben von 1575 und 1597 David hoc est virtvtis exercitatissi-mæ pobatvm Deo specta-cvlvm, ex David pastoris militis regis exvlis ac prophetae exemplis : Bened. Aria meditante, Philippo Gallæo instruente, ad pietatis cultum propositis Antuerpie 1575, ex officina Christph. Platini

David, Virtus exercitatissimæ probatum Deo spectaculum, ex Dauidis, Pastoris, Militis, Ducis, Exsulis ac Prophetæ exemplis, Benedicto Aria Montano meditante ad pietatis cultum propositis. Æneis laminis ornatum a Ioanne Theodore, & Israele de Bry, fratribus ciuib. Francofurtensibus. Quid huic nous edidtioni a Conrado Ritterhvsio ex bliblioth. M. Bergiiprocurata accesserit, prefatio docebit. Ex Officina M. Zachariæ Palthenii. 

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

Leiden University Library, Sign. 20643 E 33

655

Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel Sign. A: . Eth. () Vgl. zudem British Library, London Sign. . d. sowie Universitätsbibliothek Basel Sign. Frey-Gryn G V b:

Abb. .. Titelblatt, Ausgabe 

Abb. .. Titelblatt, Ausgabe 

Abb. ..a. BONA INDOLES RECTE CVLTA Harfe spielender David

Abb. ..b. BONA INDOLES RECTE CVLTA Sam  David wird von der Weide geholt

656

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. FIDEI TIROCINIA David tötet Bär und Löwe

Abb. ..b. FIDEI TYROCINIA Sam  David tötet Bär und Löwe

Abb. ..a. Abb. ..b. MODESTIA PROBATA David wird von der Weide MODESTIA PROBATA Sam  David wird von geholt und von Samuel unter den Söhnen Isais Samuel zum König gesalbt auserwählt

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

657

Abb. ..a. VIRTVS VLTRO INCITATA David bei seinen Brüdern auf dem Schlachtfeld

Abb. ..b. VIRTVS VLTRO INCITATA Sam  David bei seinen Brüdern auf dem Schlachtfeld

Abb. ..a. EXPEDITIO MVNITISSIMA David zieht Sauls Rüstung an

Abb. ..b. EXPEDITIO MVNITISSIMA Sam  David zieht Sauls Rüstung an

658

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. FIDEI VICTORIA David besiegt Goliat

Abb. ..b. FIDEI VICTORIA Sam  David besiegt Goliat (ohne Abbildung) PIETATIS TRIVMPHVS David tritt siegreich vor Saul

Abb. ..a. PIETATIS TRIVMPHVS David tritt siegreich vor Saul

Abb. ..a. Abb. ..b. HUMANAR OPVM PRÆSTANTISSIMÆ David und HUMANARVM OPVM PRAESTANTISSIMÆ Sam Jonatan schliessen einen Bund  David und Jonatan schliessen einen Bund

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

659

Abb. ..a. Abb. ..b. CIRCVMSPECTA VIRTVS Saul will den Speer nach CIRCVMSPECTA VIRTVS Sam  Saul will den David werfen Speer nach David werfen

Abb. ..a. Abb. ..b. DELIBERATA SPES David sammelt die Vorhäute DELIBERATA SPES Sam  David überbringt der Philister Saul die Vorhäute der Philister

660

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. VIRTVTIS PRÆMIVM David überbringt Saul die Vorhäute der Philister

Abb. ..b. VIRTVTIS PRAEMIVM Sam  Saul gibt David Michal zur Frau

Abb. ..a. CONIVGUII. FIDES Michal lässt David an einem Seil zum Fenster hinaus; auf der anderen Seite die Wachen Sauls

Abb. ..b. INVIDENTIA Sam  Michal lässt David an einem Seil zum Fenster hinaus; davor die Wachen Sauls

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

Abb. ..a. AMICITIÆ VERÆ VSVS Jonatan beim Bogenschiessen; im Hintergrund Abschied von David und Jonatan

661

Abb. ..b. AMICITIÆ VERÆ VSVS Sam  Abschied von David und Jonatan; im Hintergrund Jonatan beim Bogenschiessen

Abb. ..a. Abb. ..b. PIETATIS PRIVILEGIVM Ahimelech überreicht PIETATIS PRIVILEGIVM Sam  Ahimelech David die Schaubrote und das Schwert Goliats überreicht David die Schaubrote und das Schwert Goliats

662

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. PRVDENTIÆ TVTELA David stellt sich wahnsinnig vor Achisch

Abb. ..b. PRVDENTIÆ TVTELA Sam  David stellt sich wahnsinnig vor Achisch

Abb. ..a. PRVDENTIA PIETATIS COMES Abjatar flieht zu David und berichtet von der Ermordung der Priester von Nob durch Saul

Abb. ..b. PRVDENTIA PIETATIS COMES Sam  Abjatar flieht zu David und berichtet von der Ermordung der Priester von Nob durch Saul

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

663

Vgl. Abb. ..b. VIRTVTIS VERAE LIBERALITAS Sam  David und Jonatan schliessen einen Bund

Abb. ..a. VIRTVTIS VERÆ LIBERALITAS David und Jonatan schliessen einen Bund

Abb. ..a. Abb. ..b. FORTITVDO INNOCENS Saul bei seinem Geschäft FORTITVDO INNOCENS Sam  Saul verlässt in der Höhle En-Gedi die Höhle En-Gedi

664

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. INGRATA AVARITIA Davids Knechte bei Nabal

Abb. ..b. INGRATA AVARITIA Sam  Nabals Schurfest; im Hintergrund Abigajil vor David

Abb. ..a. PRVDENTIA SALVTARIS Abigajil vor David

Abb. ..b. PRVDENTIA SALVTARIS Sam  Abigajil vor David

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

Abb. ..a. REVERENTIA SOSPITALIS David stiehlt Sauls Speer und Wasserkrug

665

Abb. ..b. REVERENTIA SOSPITALIS Sam  David stiehlt Sauls Speer und Wasserkrug

Abb. ..a. Abb. ..b. PIETAS ASSERTRIX David erobert von den Ama- PIETAS ASSERTRIX Sam  Ziklag wurde vor lekitern seine Frauen und Kinder zurück den Amalekitern erobert und David von Männern mit Steinen bedroht

666

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. TEMPERANTIA REGIA gerechte Verteilung der Beute

Abb. ..b. TEMPERANTIA REGIA Sam , –  Davids Helden bringen ihm Wasser aus Betlehem

Abb. ..a. INGENVVS CANDOR David werden Sauls Insignien überbracht

Abb. ..b. INGENVVS CANDOR Sam  David werden Sauls Insignien überbracht

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

667

Abb. ..a. Abb. ..b. PERSEVERENTIAE FRVCTVS David wird zum Kö- PERSEVERENTIAE FRVCTVS Sam  David wird nig von Juda gekrönt König von Juda (ohne Abbildung) INGENVA HVMANITAS Sam 

Abb. ..a. INGENVA HVMANITAS Davids Trauer um Abner

Abb. ..a. INTEGRITAS Ermordung Eschbaals

Abb. ..b. INTEGRITAS Sam  Ermordung Eschbaals

668

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

(ohne Abbildung) CONSTANTIAE EXITVS Sam 

Abb. ..a. CONSTANTIAE EXITVS David wird König über Israel und Juda

Abb. ..a. Abb. ..b. PIETATIS HILARITAS David bringt die Lade nach PIETATIS HILARITAS Sam  David bringt die Jerusalem Lade nach Jerusalem

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

669

Abb. ..a. IMMORALE FOEDVS Merib-Baal sitzt bei David zu Tisch

Abb. ..b. IMMORALE FOEDVS Sam  Merib-Baal vor David

Abb. ..a. OTIVM CALAMITOSVM David und Batseba

Abb. ..b. OTIVM CALAMITOSVM Sam  Badende Batseba

670

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. LIBERA MONITIO Natan vor David; im Hintergrund David trauernd

Abb. ..b. LIBERA MONITIO Sam  Natan vor David; im Hintergrund David trauernd Vgl. Abb. ..b. VERAE GLORIAE AMPLIFICATIO Sam  David wird König der Wasserstadt Rabba

Abb. ..a. VERAE GLORIAE AMPLIFICATIO David zum König der Wasserstadt Rabba gekrönt

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

671

Abb. ..a. Abb. ..b. INTEMPERANTIAE FRVCTVS Ermordung Amnons INTEMPERANTIAE FRVCTVS Sam  Ermordung Amnons (ohne Abbildung) NIMIA LENITAS Sam  und 

Abb. ..a. NIMIA LENITAS Versöhnung Davids mit Absalom

672

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

(ohne Abbildung) ERRATORVM EXPVRGATIO Sam  und 

Abb. ..a. ERRATORVM EXPVRGATIO David auf der Flucht und Barsillai mit Verpflegung; im Hintergrund Schimi

Abb. ..a. PATERNA CLEMENTIA David vor der Schlacht

Abb. ..b. PATERNA CLEMENTIA Sam  David wird die Nachricht von Absaloms Tod überbracht

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

673

Abb. ..a. IMPIETATIS EXITVS Absaloms Tod

Abb. ..b. IMPIETATIS EXITVS Sam  Absaloms Tod

Abb. ..a. IVS INVICTVM David wird zurückgeholt (Versöhnung mit Schimi?) ¹

Abb. ..b. IVS INVICTVM Sam  [eigentl. Sam ] Schimi verflucht David

 Melion, W. S. (2007, 198 Anm. 14) schreibt „IVS INVICTVM“ Merib-Baal / Mefi-Boschet zu.

674

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. TEMERITATIS CASVS Die weise Frau von AbelBet-Maacha wirft den Kopf Schebas über die Mauer

Abb. ..b. TEMERITATIS CASVS Sam  Aufstand des Scheba

Abb. ..a. INIVRIAE PARTVS Tötung der sieben Sauliden

Abb. ..b. INIVRIAE PARTVS Sam  Tötung der sieben Sauliden

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

675

Abb. ..a. Abb. ..b. DIGNITATIS OBSERVATIO Bestattung der sieben DIGNITATIS OBSERVATIO Sam  Bestattung Sauliden der sieben Sauliden

Abb. ..a. GLORIA INSIDIOSA Volkszählung

Abb. ..b. GLORIA INSIDIOSA Sam  Volkszählung Vgl. Abb. ..b. HVMANAE GLORIAE EXAMEN Sam  / Chr  Gad kommt zu David

Abb. ..a. HVMANAE GLORIAE EXAMEN Gad kommt zu David; der Pestengel wütet im Hintergrund

676

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. ..a. CLEMENTIA MEMOR Der Pestengel mit Schwert vor David; im Hintergrund wie David bei der Tenne des Arauna opfert

Abb. ..b. CLEMENTIA MEMOR Sam  / Chr  Gad und der Pestengel mit Schwert, Totenkopf und Geissel vor David, der bei der Tenne des Arauna opfert (ohne Abbildung) SAPIENS SENECTVS Sam  / Chr  und 

Abb. ..a. SAPIENS SENECTVS Batseba kniet vor David

2.1. David, Virtutis exercitatissimae probatum Deo Spectaculum

677

Abb. ..a. ADVLATIO FALLAX Adonija wird zum König gemacht

Abb. ..b. ADVLATIO FALLAX Kön  und  Adonija wird zum König gemacht

Abb. ..a. PIETATIS DEFVNCTIO David bestimmt Salomo zum Nachfolger

Abb. ..b. PIETATIS DEFVNCTIO Kön  / Chr  David bestimmt Salomo zum Nachfolger

678

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

2.2. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ von Aegidius II. Sadeler nach Maarten de Vos PALÆSTRA PATIENTIÆ DAVIDIS REGIS ET PROPHETÆ IN ISRAEL: FONS ET SCATVRIGO PSALTERII, in quo se ad preces DEO fundendas ad Spem corroborandum, Gresesq; pro beneficus agendas. Vates ille Regius et sancto plenus Spiritu magnamimiter exercuit.

Abb. ..c.

Sam  Rex hominum Diuumq; pater, gui sceptra tuetur, Transtulit imperium Saule superbe tuum Quiq; suos inter fratres sine honore putatur, Dauides Iudæ Sceptra regenda capit. […] Inueni Dauid seruum meum, oleo Sancto meo unci eum. Spl [?] Cātabo et psalmum dicam Domino. Ps  Sam  f. Isacides Genio Saulem exagitante maligno, Suaue canit plectro dulciosante melos Rex vero excandens, ferratæ cupidis ictu Aduerso intendit fata netemq; viro

Abb. ..c.

2.2. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ

679

Sam  Excubias Saulus Dauidis ad atria pouit, Is tamen euitat coniugis arte malum Nam simulacra thoro pro charo ficta marito, Imposuit morbi vim meditata Michal

Abb. ..c. Sam  Isacides Ionathæ faculis edoctus & arcu Declinat capiti stracta pericla suo Ter lachrimas supplex Dauides fūdit obortas Fertq; prexes Jonathas fert magis Isacides

Abb. ..c. Sam  Interea Isacides profugas petit Achidis aulam, Atq; ministrorum proditur indicio Ergo fidem ancipitem metuens, haud multa Fert præ se furias, hospitiumq; fugit.

Abb. ..c.

680

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Sam  Ter millena virum conscripserat agmina Saulus Ille tamen viso tutior hoste fuit. Cui prior Isacides: quid ego tam triste merebans? I me cur Regis tam fermit ira mei?

Abb. ..c.² Sam  Post Amalacitæ tirepta Siclage, vati Cum solole vxores abripuere duas Id dolut Isacides populo lugente grauesut Ira, Volant lapides, sefoute ille Deo

Abb. ..c.

 Der Titel bei de Ramaix, I. (1997, 11) „Saul Gathering an Army Against David“ ist eher verwirrlich. Die Szene zeigt, wie David Saul gegenübertritt, nachdem er diesen in der Höhle verschont hat (1Sam 24). Eine Handschrift verweist allerdings auf 1Sam 23.

2.2. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ

681

Sam  Corde gemens imo, ieiunia dura precesq; Instituit Saulis manibus Isacides Nuneius infausti poenam luit ominis, hinc Rex Et Nati, et Saulis fortia fata dolet

Abb. ..c. Sam  Infantis Nathan prædicit funera Dauid Exposcit precibus Numina supplicibus. Tum prostratus humi Cereris neq; dona, nec egre [?] Mentis openi admittit, quàm puer intereat.

Abb. ..d. (ohne Entsprechung in der Ausgabe von ) Sam  Dauidem sceleris securum ænigmate Nathan Implicat, et proprijs arguit indicijs. Contremuit simul Isacides, simul ore precatur, Solatur vates languida corda viri. Et dixit Dauid ad Nathan; Peccaui Domini [?] Dixitq; Nathan ad Dauid; Dominus quoq; transtulit peccatum tuum. . Reg. 

Abb. ..c.

682

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Sam  Absolon ut populum patrijs conuerit ab aulis, Et Pater, et populous corripuere fugam, Ergo Sacerdotes transuectant foederis arcam, Quam Rex confidens numine restituit.

Abb. ..c. Sam  Dauides Semeum conuitia dira vomentem, Cumq; minis lapides, sustinet, indomitos. At nunc et Nati talis petor, inquit, et stes, Quæ Deus in melius cum uolet, ipse feret.

Abb. ..c. Sam  Absolon ut liquit transficus ab arbore lucem, In lacrimas genitor treste solutus, ait, Oh mihi fi liceat tua nunera Nati pacisci Pro te Nati mori, quàm mihi dule foret

Abb. ..c.

2.2. Die sechzehnteilige Kupferstichserie Penitentiæ Davidis Regis et Prophetæ

683

Sam  Seba tubam increitat, plebs turbine concita tanto Deficut a Domino seditiosa suo. Hinc Dauid metuens peiora, opponere contra Signa jubet tandem hunc funere strauit Habel.

Abb. ..c. Sam  Dauidem monet ira Dei numerare popellum: Gad Regi imponit terna piacla reo. At Rex se Domino potius deuouerit vni, Quam sese humanis subderet arbitrijs.

Abb. ..c. Kön  Tandem ubi iam mala quæq; Deo tulit auspice Dauid, Suscepit Salomon regia sceptra patris. Tum Natum in solio cernens pater ipse sedentem. Firmam lætatur Numinis eße fidem Vota facitq; Deo, suprema ætate senectæ, Quod viuo obtigerit gratia tanta seni Abb. ..c.

Diligam te Domine fortitude mea. Propteerea confitebor tibi, magnificans Salutes Regis eius, et faciens misericordiam Christo suo Dauid; et semini eius usq; In saeculum. Psalm. 

684

2. Der bedrohte David bei Benito Arias Montano

Abb. .. Stickerei / Wirkerei, vermutlich aus dem . Jahrhundert, flämisch, Aufbewahrungsort unbekannt, Photographic Collection, The Warburg Institute, London

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz 3.1. David-Zimmer (Zimmer 13)

Abb. .. Samuel salbt David zum König (Sam , – )

Abb. .. Jonatan warnt David vor Saul und Davids Abschied von Jonatan (Sam )

Abb. .. David bestellt Salomon zu seinem Nachfolger (Kön , – )

Abb. .. Abb. .. Davids Flucht vor Absalom aus Jerusalem (Sam Überbringung der Nachricht vom Tod Absaloms , – ) (Sam , – )

686

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Abb. .. Gad kündet David die Strafe Gottes an und David opfert bei der Tenne des Jebusiters Arauna (Sam  / Chr , – )

Abb. .. Landschaft

Abb. .. A DEO

Abb. .. MAIORA MINORIBUS CONSONANT

3.2. Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14)

Abb. .. Saul will den Speer nach David werfen (Sam ,; ,)

3.2. Eggenberger Gedächtniszimmer (Zimmer 14)

687

Abb. .. Abb. .. David wählt Steine aus dem Bach (Sam ,) David klagt um die Stadt Ziklag und das Volk bedroht ihn mit Steinen (Sam )

Abb. .. Aufstand des Scheba ben Bichri (Sam )

Abb. .. Natan überführt David des Ehebruchs und des Mordes und kündet ihm die Strafe Gottes an (Sam , – )

Abb. .. David raubt Speer und Wasserkrug aus Sauls Lager (Sam )

Abb. .. David zeigt Abner Speer und Wasserkrug (Sam )

688

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Abb. .. LAEDOR UT SANEM

Abb. .. ET IUVISSE NOCET

3.3. Vorzimmer (Zimmer 17)

Abb. .. Abb. .. David stellt sich wahnsinnig vor Achisch (Sam hier: Putto mit Harfe , – ) Ferner: Putto mit Hirtenstab und Schleuder, Putto mit Schwert und Putto mit Krone und Szepter

Abb. .. Abb. .. Michal verhilft David zur Flucht (Sam , – Davids Trauer um Saul und Jonatan und die ) Hinrichtung des Amalekiters (Sam )

3.3. Vorzimmer (Zimmer 17)

Abb. .. Schimi verflucht David (Sam , – )

689

Abb. .. David verschont Saul in der Höhle En-Gedi (Sam )

Abb. .. Abb. .. David tritt Goliat gegenüber und wirft den Stein David schlägt Goliat den Kopf ab (Sam (Sam , – ) , f.)

Abb. .. Abb. .. David kämpft gegen einen Löwen (Sam , – David kämpft gegen einen Bären (Sam , – ) )

690

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Abb. .. ONUS MEUM LEVE

Abb. .. RECTO NIL TUTIUS

Abb. .. INCULPA INTEGRIATE

Abb. .. FIDELITER ET OPPORTUNE

3.4. Jagdzimmer (Zimmer 20)

Abb. .. Natans Strafrede und Davids Busse (Sam )

3.5. Weitere Abbildungen

Abb. .. Batseba im Bade (Sam , – )

Abb. .. Susanna im Bade (Dan )

3.5. Weitere Abbildungen

Abb. .. Das Urteil Salomos (Kön , – ), südlicher Ecksaal (Zimmer )

Abb. .. Saul stürzt sich in sein Schwert, Schlafzimmer (Sam ) (Zimmer )

691

692

3. Der bedrohte David in Schloss Eggenberg bei Graz

Abb. .. Schloss Eggenberg, Kupferstich vermutlich von Andreas Trost aus Johann Machers Graecium Inclyti Ducatus Styriae Metropolis Topographice Descriptum, Graz , Steiermärkisches Landesarchiv Graz

Abb. .. Pietro de Pomis, Repräsentationsportrait des Fürsten Hans Ulrich von Eggenberg, das ihn mit einer Darstellung der Madonna im Strahlenkranz auf dem Harnisch als Kämpfer für den rechten Glauben zeigt, nach , Museum Joanneum, Schloss Eggenberg

Abb. .. Steiermärkisches Landesmuseum Joanneum, Münzsammlung³

Abb. .. Kartusche im ersten Stock des Schlosses Eggenberg, an der Mittelachse, über der Einfahrt mit dem Motto des Bauherrn, HOMINES SUMUS

 Vgl. auch Sebastiand Dadler, Medaille des Fürsten Johann Ulrich Eggenbergs, Silber, geprägt, 4,6 cm, 44,24 g, 1631, Provenienz: aus der Sammlung von Wilhelm Kilian Prag, Národní muzeum, H5 – 151.010 Fučíková, E. / Čepička, L. (2007, 545).

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an – Zur Rezeption von 2Sam 12 und 2Sam 24 in der niederländischen und flämischen Kunst 4.1. Natan vor David (2Sam 12,1 – 15)

Abb. .. Rembrandt van Rijn, Natan ermahnt David, ca.  – , Rohrfederzeichnung mit Bister, laviert, , x , cm, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Inv. KdZ 

Abb. .. Rembrandt van Rijn, Natan ermahnt David,  – , Feder und braune Tinte (Pen and brown ink, heightened with white gouache), , x , cm, Metropolitan Museum of Art, New York, H. O. Havemeyer Collection, Bequest of Mrs. H. O. Havemeyer, , Inv.Nr. ..

Abb. .. Rembrandt van Rijn, Natan ermahnt David,  – , Feder und braune Tinte, , x , cm, Sterling and Francine Clark Art Institute, Williamstown, Massachusetts, Inv.Nr. ..

Abb. .. Rembrandt van Rijn, „Eli wird Gottes Gericht angesagt“ bzw. „Natan ermahnt David“, um , Feder und Pinsel in braun, , x  cm, ehemals Lützschena, Privatbesitz, Inv.-Nr. NI. , Val 

694

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Abb. .. Aert de Gelder, Natan ermahnt David, Feder und Pinsel in Braun, , x , cm, Städel Museum, Frankfurt a.M., Graphische Sammlung, Inv.Nr. 

Abb. .. Nicolaes Maes, Natan kündet David die Strafe Gottes an, ca.  – , Feder und braune Tinte, laviert auf geripptem Papier, Spaightwood Galleries

Abb. .. Rembrandt van Rijn, David überträgt Natan die Erziehung seines Sohnes, Federzeichnung, , x , cm, Pushkin State Museum of Fine Arts, Moscow

Abb. .. Unbekanntes biblisches Thema, um  – , Feder und Bister, , x , cm, Boston Massachusetts, Goodman Walker, Collection W. Rothenstein

4.1. Natan vor David (2Sam 12,1 – 15)

695

Abb. .. Matthias Scheits, David und Natan, , Öl auf Leinwand, , x , cm, Hamburger Kunsthalle, Hamburg, Inv.-Nr.  Abb. .. Rembrandt van Rijn, , Radierung und Kaltnadel (I/III), , x , cm, unten links signiert und datiert „Rembrandt f. “, Dallas Museum of Art, Texas, gift of Dr. and Mrs. William de G. Hayden

Abb. .. Aert de Gelder, David und Natan, , Öl auf Leinwand, , x , cm, Tokyo Fuji Art Museum, Tokyo

696

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

4.2. Gad vor David (2Sam 24)

Abb. .. Pierre Dufour nach Crispin van den Broeck, König David und Gad, Breviarium Romanum, Antwerpen, Christopher Plantin, , fol. ****v, Kupferstich, , x , cm, Royal Library of Belgium

Abb. .. Johannes Wierix, David und der Engel mit den drei Strafen,  – , signiert „Iohan. W.“, , x , cm, British Museum, London, Inv.-Nr. F,.

Abb. .. Marten de Vos, König David mit dem Engel und Verkündigung an Maria, Feder und aquarelliert, , Antwerpen, Museum Plantin-Moretus

Abb. .. Nach Raphael Sadeler I., Otium Spirituale mellifuarum, Kupferstich, München, Anna Bergia, , , x , cm „Miserere mei Deus … / … iniquitatem meam. […]“ und „Raph. Sadeler excudit.“, Rijksmuseum, Amsterdam, Inv. Nr. RP-P-OB- – 

4.2. Gad vor David (2Sam 24)

697

Abb. .. Breviarium Romanum, , in-°, Museum Plantin-Moretus, Antwerpen, A

Abb. .. Theodoor Galle, nach Peter Paul Rubens, , Breviarium Romanum bzw. Missale Romanum, in-°, Kupferstich, , x , cm, Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-OB-

Abb. .. Johann Boeckhorst, König David, der Prophet Gad und der Engel mit den drei Strafen, , Feder, Pinsel und Bister, , x , cm, Saint Louis Art Museum, Funds given by Mr. and Mrs. Lansing W. Thoms :

Abb. .. Cornelis Galle nach Jan Boeckhorst, Kupferstich, Antwerpen, Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-OB-

698

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Abb. .. Peeter van der Borcht und Antoon van Lees, Missale Romanum, , in-°, signiert unten links auf einem Stein: „P.B. A.VL.“, , x , cm, Museum Plantin-Moretus, Antwerpen  – , vgl. MPM, HP 

Abb. .. Jan Boeckhorst, Gad kündet David Gottes Strafe an, ,  x  cm, Kerkfabriek Sint Michiels, Gent

Abb. .. Jan Boeckhorst, Gad kündet David Gottes Strafe an,  x , cm, Bob Jones University Collection P..

4.2. Gad vor David (2Sam 24)

Abb. .. Nicolaus Knüpfer, David und der Prophet Gad, Feder und schwarze / braune Tinte, braun laviert, , x , cm, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Abb. .. Titelblatt zu „David’s Repentance“ mit vier Darstellungen zu Sam und Sam: „at the top, David, wearing a crown and holding a sword, looks out from a balcony at a naked woman washing herself ( Samuel .); to the left, David as a shepherd, holding a crook, accompanied by two dogs ( Samuel .); to the right, David as king, wearing a crown and ermine-lined robes and holding a sword ( Samuel ); at the bottom, David, as king, with Nathan, kneeling ( Samuel .).“ Gestochen von W. Bodley,  x , cm, British Museum, London, Inv.-Nr. ,.

699

Abb. .. Sébastien Bourdon, Aegros Curare, Soigner les Malades, /, eau-forte – burin,  x  cm, Bibliothèque nationale de France, DA  A FOL, Pl. 

700

4. Natan und Gad künden David Gottes Strafe an

Nicht in allen Fällen war es trotz erheblichen Aufwandes möglich, Rechteinhaber und Rechteinhaberinnen der Abbildungen ausfindig zu machen. Sie werden gebeten, sich mit der Verfasserin in Verbindung zu setzen. Abb. 1.1. Abb. 1.2. Abb. 1.3.

© Noordbrabants Museum, ’s-Hertogenbosch. aus: Polleross, F. (1994, 243). © The Rare Book & Manuscript Library, Signatur: VD 17 (online), 7:656716C, McGeary & Nash. Emblem books at the University of Illinois, Z4. Abb. 2.1. © Rijksmuseum, Amsterdam, Inv.-Nr. RP-P-OB-6907. Abb. 2.2. © Rijksmuseum, Amsterdam, Inv.-Nr. RP-P-OB-10.148. Abb. 2.3. © Leiden University Library, Sign. 20643 E 33. Abb. 2.4. © Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel Sign. A: 9.1 Eth. (2). Abb. 2.5.a. – 2.52a. © Leiden University Library, Sign. 20643 E 33. Abb. 2.5.b. – 2.52.b. © Herzog August Bibliothek,Wolfenbüttel Sign. A: 9.1 Eth. (2); mit Ausnahme von Abb. 2.23.b. © Universitätsbibliothek Basel Sign. Frey-Gryn G V 24b:2. Abb. 2.7.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1227; Abb. 2.13.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1230; Abb. 2.16.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-HH-1228; Abb. 2.17.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1231; Abb. 2.19.c. © The Trustees of the British Museum, London Reg. No. 1937,0915.64; Abb. 2.22.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1239; Abb. 2.26.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1240; Abb. 2.28.c. © The Trustees of the British Museum, London Reg. No. 1937,0915.63; Abb. 2.36.d. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1234; Abb. 2.36.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-HH-1241; Abb. 2.40.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1235; Abb. 2.43.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1236; Abb. 2.41.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1237; Abb. 2.44.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-HH-1232; Abb. 2.49.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1233; Abb. 2.52.c. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-H-H-1229. Abb. 2.53. Photographic Collection, The Warburg Institute, London. Abb. 3.1. – 3.40. entstammen sämtlich © Schloss & Park Eggenberg / Universalmuseum Joanneum GmbH. Ich bedanke mich an dieser Stelle herzlich für den Erlass der Abdruckgebühren. Abb. 3.40. stammt aus dem Münzkabinett / Universalmuseum Joanneum GmbH. Abb. 4.1. © Kupferstichkabinett. Staatliche Museen zu Berlin Abb. 4.2. Metropolitan Museum of Art, New York, H. O. Havemeyer Collection, Bequest of Mrs. H. O. Havemeyer, 1929, Inv.-Nr. 29.100.934. Abb. 4.3.; 4.9.; © Bridgeman Images. 4.10.; 4.11. Abb. 4.4. Privatbesitz, Abbildung aus: Rotermund, H.-M. (1963, Nr. 95). Abb. 4.5. © Foto: U. Edelmann – Städel Museum – ARTOTHEK Abb. 4.6. Spaightwood Galleries: http://www.spaightwoodgalleries.com/Pages/Nicolaes _Maes.html Abb. 4.7. Pushkin State Museum of Fine Arts, Moscow, Abbildung aus: Rotermund, H.M. (1963, Nr. 113). Abb. 4.8. Boston Massachusetts, Goodman Walker, Collection W. Rothenstein, Abbildung aus: Benesch, O. (1957, Fig. 1077). Abb. 4.12. © Royal Library of Belgium.

4.2. Gad vor David (2Sam 24)

Abb. 4.13. Abb. 4.14. Abb. 4.15. Abb. 4.16.

Abb. 4.17. Abb. 4.18.

Abb. 4.19. Abb. 4.20. Abb. 4.21. Abb. 4.22. Abb. 4.23. Abb. 2.24. Abb. 4.25.

701

© The Trustees of the British Museum, London Reg. No. F,1.240. © Bildarchiv Foto Marburg, Aufnahme-Nr. 194.692; Aufn.-Datum: 1917/1918. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-OB-7649 – 16. Breviarum Romanum, 1619, A 574, © Museum Plantin-Moretus, Antwerp – UNESCO, World Heritage; Fotografie: Peter Maes. Ich danke Karen Bowen, Dirk Imhof und Nico De Brabander für die Unterstützung beim Auffinden des Bildes! © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-OB-6850. Johann Boeckhorst, Flemish, 1605 – 1668, King David, the Prophet Gad and the Angel of Death, 1651, pen, brush, bistre ink, heightened with white and watercolor over black chalk, 34 x 21.1 cm, © Saint Louis Art Museum, Funds given by Mr. and Mrs. Lansing W. Thoms 206:1966. © Rijksmuseum, Amsterdam RP-P-OB-6978. Missale Romanum, 1575, 4– 207, © Museum Plantin-Moretus, Antwerp – UNESCO, World Heritage; Fotografie: Peter Maes. Kerkfabriek Sint Michiels, Gent, Fotografie: Sara Kipfer God Spares Jerusalem from Further Destruction by the Pestilence, Jan Boeckhorst, called Lange Jan © Bob Jones University Collection P.72.525. Nathan vor David © Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Fotografie: Dirk Gedlich. © Bibliothèque nationale de France, DA 32 A FOL, Pl. 72. © The Trustees of the British Museum, London Reg. No. 1896,1230.107.

Bibelstellenregister (Auswahl) Gen 12,7 f. 13,18 18,22 – 23 22,9 23 31,22 – 24 35,22 49,4

278 278 272 278 282 67 169 169

Ex 14,5 – 8 20,14 20,16 21,12 – 13 21,37 30,11 – 16 30,12 32,11 – 14 38,25 f.

67 285, 368 382 214 231 267 268 272 267

Lev 18,9

169

Num 1 21,14 15,31 22,32 25,4 26 34,7 – 9

267 131 236 273 258 267 266

Dtn 5,18 5,20 17,14 – 20 17,17 17,20 21,22 – 23 23,1 24,16 27,20

285, 368 382 96, 298 249 252 260 169 260 169

Jos 2,1 – 7 9,1 – 27 9,15 19,28 – 29

67 257 256 266

Ri 2,1 – 5 3,15 – 26 3,21 3,31 6,11 – 24 6,37

277 190 103 122, 124 277 277

1Sam 2,1 – 10 8 8,19 – 20 15,17 – 19 15,24 15,30 16,1 – 13 16,14 – 23 16,18 17 17,7 17,34 – 35 17,37 17,40 18 – 19 18 – 30 18,1 – 4 18,5 18,7 18,8 18,9 18,10 – 12 18,12 18,14 18,28 19 – 23 19 – 26/27

294 f. 339 96 249 288 288 226, 301, 421 f., 480 59, 550 51 122, 127, 330 f., 397 f., 428 f., 480 126 397 51, 429 424 52 – 63 52 398 54 55, 74 53, 56 56 7, 57 – 63, 398, 424, 480, 492 51, 54 51, 54 51 69 63 – 71, 79

Bibelstellenregister (Auswahl)

19,2 19,9 – 10 19,10 19,11 – 17 19,12 19,18 20 20,1 20,14 – 17 20,30 – 32 20,31 20,42 21 – 26 21,1 21,2 – 10 21,11 – 16 21,11 21,12 21,14 21,15 22 – 23 22,1 22,2 22,5 22,6 – 19 22,6 22,8 22,10 22,13 22,23 23,1 – 5 23,3 23,6 – 13 23,8 23,10 23,14 f. 23,15 – 18 23,19 – 28 23,25 24 24,3 24,15 25 25,1 25,13

68 7, 57 – 63, 398, 424, 480, 492 64, 68, 424 7, 381, 399, 428, 481 64 64 399, 421, 492 65 257 10 10, 56, 231, 251 257 52 65 f., 68 74, 399 73 – 80, 382, 399, 428 65 55, 74 76 78 f. 70 65, 73 8, 400 65, 67, 226, 269 67 67 51 127 51 68 f. 80 77 86 67 69 67, 69 400 67 67, 69 51, 70, 214, 340 f., 400, 428, 492 68 71 – 73 393 f., 400 68 51, 85

25,24 – 31 25,29 26

703

26,1 26,2 26,8 f. 26,16 26,20 26,21 27 – 30/31 27 27,1 – 12 27,1 27,4 27,5 – 7 27,6 27,9 27,11 28 28,15 29 29,1 – 11 29,5 30 30,1 – 8 30,6 30,22 31

170 69 51, 70, 214, 340 f., 400, 425 f., 481 68 68 127 231, 251 71 – 73 288 52, 69, 79 f. 70 79 68 f., 79 68 f. 74 81 70 70 480 270 7 79 55, 74 80 – 90, 381, 400 f., 425 82 – 87 7 87 433, 480

2Sam 1 1,19 – 27 1,26 2,12 – 3,1 2,12 – 32 2,17 2,18 – 23 3,1 – 5 3,1 3,6 – 21 3,8 3,9 – 10 3,22 – 27 3,22 – 39 3,28 – 39 4,5 – 12

428, 492 107 270 97 7, 190 – 193 146 102, 189 98 112 f. 98, 113 72 107 98 – 102 97 – 117, 132 f., 189 98, 102 – 110, 112, 178 f. 401 f.

704

4,8 5,1 – 5 5,6 – 8 5,17 – 25 5,17 5,22 6 6,6 – 11 6,6 6,12 – 23 6,23 7 7,8 – 16 7,8 7,9 8,1 – 18 8,3 – 12 8,6 8,13 8,14 8,16 – 18 9 9,8 10 – 12 10 11 – 12

11 11,1 11,14 – 17 11,25 11,27 12,1 – 4 12,1 – 15 12,5 12,6 12,7 – 12 12,7 12,11 f. 12,13 – 15 12,13 12,16 12,18 12,25

Bibelstellenregister (Auswahl)

69 402 7 7, 80, 92, 119 93 93 339, 402 7, 300 277 481 8 226, 287 97, 235 f. 301 97 92 266 51 97 51 186 8, 219 f., 402 72 41, 227 – 229 93, 227 f. 244 – 246, 251 f., 294, 294, 382 f., 402, 470, 478, 482, 553 431, 482 227 7, 481 239 228 f. 230 – 234 227 – 353, 286 – 291, 402, 425, 431, 490 – 516 10, 230 f., 241, 497 231 f. 234 – 240, 246 – 250, 289 f. 232 7, 285 240 f. 288, 490 69 285 497

12,26 – 31 13,1 – 22 13,23 – 29 13,34 – 38 14,1 – 11 14,2 – 22 14,2 14,13 14,20 14,25 14,33 15 – 19 15,1 – 12 15,1 15,1 – 6 15,12 15,13 – 37 15,13 15,14 – 16,14 15,14 15,24 – 29 15,32 – 37 15,31 15,32 15,37 16,1 – 4 16,5 – 14 16,9 16,15 – 17,14 16,15 16,16 – 20 16,17 16,18 f. 16,21 f. 16,22 17,1 – 4 17,3 17,4 17,5 17,7 – 13 17,14 17,15 – 24 17,23 17,27 – 29 18,1 – 18 18,1 – 5

93, 227, 402 7 403 144 8 170, 195 183 289 8 199 403 133 f., 137 – 148, 394, 552 f. 7, 141 199 7, 142, 403 143 f., 149 f. 422 144 144 144 198, 403, 493 164 f. 150, 164 144, 164 f. 152 219 f. 7, 202 – 223, 404, 428 127 148 – 171 152 154 f., 169 152 153 166, 169 155, 241 f., 285 156 – 158, 169 157 158 158 f. 159 – 163, 170 163 f., 168 145, 165 f. 150, 155 f., 165 f. 403 145 f. 403

Bibelstellenregister (Auswahl)

18,3 18,6 – 8 18,9 – 18 18,17 18,18 18,19 – 19,1 18,28 18,31 f. 19,5 – 8 19,9 – 16 19,9 19,13 f. 19,17 – 24 19,22 19,23 19,25 – 31 19,32 – 41 19,35 – 38 19,42 – 20,22 19,42 – 44 19,44 20 20,1 20,2 20,3 20,4 – 7 20,7 20,8 – 12 20,14 20,15 – 22 20,23 20,24 – 25 21 – 24 21,1 – 14 21,1 21,11 21,14 21,15 – 22 21,15 – 17 21,18 21,19 21,20 – 21 22 22,2 22,29

146 146 146, 187, 404 176 201 147, 391, 403, 422 147 147 147, 481 137, 173, 175 f., 188 176 189 202 f., 210 – 223, 385 f., 404, 481 127 214 219 f. 219 f. 170 172 f., 190 – 193 172 f., 193, 425 175 133 f., 137 – 140, 171 – 200, 404, 425 7, 171 – 177 176 177, 285 177 f. 180 7, 180 f. 181 f. 7, 182 – 185 186 196 254 – 256 256 – 261, 286, 404 69, 279 125 255, 279 118 – 124 118 – 133, 132 f. 120, 123 120, 123, 127 f. 120, 123, 126 294 f., 305 8 129

23,8 – 12 23,8 – 39 23,8 12,9 – 10 23,11 – 12 23,13 – 17 23,18 – 23 23,18 23,20 – 23 24

705

24,1 24,2 24,3 24,4 – 9 24,9 24,10 24,11 – 13 24,14 24,15 24,16 24,17 24,18 24,19 24,20 24,21 – 24 24,25

122 118, 120, 122, 299 123 123 123 401 122 127, 215 123 7, 261 – 285, 286 – 291, 321, 384 f., 404 f., 422, 470, 478, 498, 516 – 543 263 f., 275 f., 279 264 f. 265 265 f. 267 f. 268, 288 269 f. 270 f. 271 f. 272 f. 274 f., 288 276 f. 277 277 278 255, 278 – 279

1Kön 1–2 1 1,1 – 4 1,1 1,5 – 53 1,5 – 9 1,5 1,8 1,11 – 40 1,12 1,15 1,38 – 39 2,1 – 9 2,1 2,5 2,8 – 9 2,32

133 f., 137 196 – 200, 493 106 8 7 405 137, 199 203 422 196 196 423 218 196 115 202 f., 217 – 223 100, 189

706

2,36 – 46 3,16 – 28 4,2 – 4 4,5 5,17 – 18 8,37 – 40 11,1 – 13 11,11 – 13 11,14 – 22 11,31 – 39 11,36 11,40 12,1 – 20 12,16 13 14,1 – 18 14,7 – 16 15,4 15,5 15,20 15,25 – 30 16,1 – 14 16,2 – 9 16,8 – 10 16,15 – 20 20,35 – 43 21 21,20 – 24 2Kön 1,2 – 8 3,27 8,13 8,19 8,25 – 9,29 8,28 9 9,6 – 10 11 12,1 – 22 14,1 – 14 14,19 15,5 15,8 – 11 15,13 – 15 15,23 – 26 15,25

Bibelstellenregister (Auswahl)

202 f., 217 – 223 432 186 151 97 299 431 290 93 249, 290 128 67 170, 193, 195 176 f., 184 289 289 249 128 252 194 135 290 249 135 135 251 250 251, 290

289 185 73 128 136 135 135 249, 290 136 136 136 136 513 135 136 136 143

15,27 – 31 15,29 16,1 – 14 20,16 – 18 21,10 – 15 21,19 – 26 23,29 24,1 25,1 – 7 25,4 f. 1Chr 11,11 11,12 – 14 11,20 f. 11,22 – 24 12,20 – 23 13 13,9 – 14 14,8 – 17 17,1 – 25 18,1 – 13 18,12 20,1 – 4 20,4 – 8 21,1 – 22,1

136 194 290 290 137, 297 92 92 92 67

21,1 21,12 21,16 21,28 21,30 22,1 22,7 – 10 22,8 f. 26,16 – 21 27,33 28,3 29,10 – 13

123 123 123 123 300 285 300 119 285 92 124 120 120 – 123 261 – 285 (bes. 280, 285), 300, 404 f., 422, 478, 516 – 543 263 f. 270 273, 275 284 270 278 f., 284 285 97 513 149 97 300

2Chr 3,1 10,1 – 19 10,16 21,7 22,5

279, 284 170 176 f. 128 135

Bibelstellenregister (Auswahl)

25,27 33,21 – 25

136 137, 297

Ps 3,1 2 6,1 – 4 7,1 9,1 18 18,1 18,29 30,1 34,1 51,1 – 2 51,2 52,1 – 2 54,1 – 2 56,1 57,1 59,1 60,1 – 2 63,1 78,70 – 71 89,21 131 132,17 142,1 144,10

303 379 524 303 303 294 f. 303, 305 129 303 304 304 252 304 304 304 304 304 305 305 f. 301 301 379 128 305 302

Spr 13,13 20,27 30

237 129 386

Koh 9,18

170

Jes 3,1 – 9 3,12

298 298

7,1 9,15 11,6 f. 29,6 f. 30,1 – 7 30,15 31,1 – 3

297 298 396 290 298 298 298

Jer 16,7 26,13 26,19 31,29 – 30 41,5

107 273 273 276 284

Ez 9,9 14 18 47,15 – 23

236 282 276 266

Dan 5,18 – 21

300 f., 512 f.

Mi 2,10

207

Mt 11,30 27,3 – 9

429, 471 514 f.

Lk 2

386

Joh 8 10,1 – 18

511 396

Jak 1,11

455, 564 f.

707

Namen- und Sachregister Abel-Bet-Maacha 182, 187, 193 f. Abigajil 70, 85, 170, 393 f., 400, 437, 519, 547 Abischag 196, 316 Abischai 72, 102 f., 120 – 124, 127, 132 f., 177 – 180, 186, 205 f., 211 – 215, 219, 403 f., 428 Abjatar 67 f., 86, 145, 150, 152, 165, 198, 400 Abner 72, 98 – 117, 189 – 192, 400 – 402, 425 – 427 Absalom 137 – 171, 177, 179, 187, 199 – 202, 209, 119 f., 243 f., 296 – 298, 303, 305 f., 316 f., 341 – 347, 369, 382, 384, 394 f., 403 f., 408, 422 f., 437, 481, 484 f., 493, 547 f., 550, 552 f., 556 f. Achisch 64 f., 70, 73 – 80, 81, 382, 392, 399, 428 f., 550 f. Adiaphora 385 Adonija 137, 140, 196 – 200, 201 f., 223 f., 405, 408, 423, 474, 557 Ahimaaz (ben Zadok) 142, 145, 165, 184 Ahitofel 145 f., 148 – 171, 296 f., 342, 345 Alexander der Grosse 328 f., 433, 436, 479 Altar 261 f., 274 – 278, 282 f., 284, 289, 529, 532 f., 543 Ambiguität 45 – 49, 563 Ambivalenz 45 – 49, 317, 375 Amalekiter 81 f., 89 f., 400 f., 428 f., 437, 482, 552 Amasa 103, 114 f., 138, 141, 172, 177 – 181, 187 – 191, 193, 297 Angst 7 f., 76 – 78, 270, 422, 543, 554 Apologie 42 f., 48 f., 111 f., 117, 292, 559 Arauna 263, 276 f., 280, 283, 405, 408 f., 422, 478, 527, 529, 531 Armenini, Giovanni Battista 319, 467 Arndt, Johann 325, 326 f., 338 f. Asael 71, 102 f., 114 f., 190 – 192 Aufstand 7, 92 f., 133 – 140, 171 f., 196, 200 – 202, 317, 335 – 337, 342, 474, 548, 556 f. Aufstiegsgeschichte 12, 42, 50, 294 Auslegungsgeschichte 13 – 19, 25, 561 f.

Bahurim 144, 204, 220 f. Bandenführer 63, 70, 80, 85, 296 Bannkrieg 88 f. Barock 311, 313 Barsilai 219 Batseba 9, 12, 197 – 200, 227 f., 232, 234, 237, 239, 245 f., 304, 320, 370, 402 f., 405, 431 f., 437, 439, 469 f., 477 f., 481 – 483, 493, 495, 503, 509, 512, 519, 546 – 548, 553, 557 Bayle, Pierre 316 f., 558 f. Beamtenliste 151 f., 172, 186 Belagerung 7, 175, 182, 184 f., 194 Benaja 105, 123, 186, 198 Benjamin 174, 203 f., 215, 221, 224 Benjaminitische Episoden 204 f., 219 – 221, 296 Berater 142, 148 f., 151 Bergius, Matthias 313, 376 – 388, 406 f. Bilderzählung 33 Bildtheorie 29 f. Bildwissenschaft 20 f. Boeckhorst, Jan 315, 528 f., 531 – 533, 535 – 538 Bossuet, Jacques Bénigne 319 Botenformel 234 Breviarium Romanum 519 – 531, 544 de Bry, Johann Theodor 375, 386 f. de Bry, Johann Israel 375, 386 f. Busse 242, 252, 276, 185, 289, 311, 333 f., 382 – 384, 395, 402, 431, 474, 490 f., 503, 512, 514 f., 516, 522 – 524, 529, 538, 541, 544, 549, 557 Calvin, Jean 324, 502 f. Caussin, Nicolas 317 Comanini, Gregorio 321 Deutestelle, theologische 163 f., 229 Diachrone Analyse 11, 262, 293 f., 296 – 299 Druckgrafik 24, 33, 314, 491 Dürre 352, 258 f. Dynastie, davidische 128, 134, 204, 224, 240, 243, 247, 290, 297 f.

Namen- und Sachregister

Efraim 146, 151, 174, 184 von Eggenberg, Anna Maria 443, 457 f. von Eggenberg, Hans Ulrich 313 f., 444 – 456, 464 – 466 von Eggenberg, Johann Anton I. 442, 456 – 458, 466 von Eggenberg, Johann Christian 458 – 464, 465 von Eggenberg, Johann Seyfried 436, 441, 442 – 444, 458 – 464, 465 f. El Escorial 371 f., 415, 564 Emblem 33, 351, 366, 387, 416, 418 Engel 263, 271 – 275, 277, 279 f., 405, 517 – 520, 523, 525 – 531, 532, 538, 539 f., 542 Epidemie 226, 253, 262, 525, 527, 531 Erasmus von Rotterdam, Desiderius 320, 327, 352 Erbarmen (Gottes) 271, 274, 279, 284, 383, 531 Erwählung 42, 50, 168 f., 235, 297, 406, 481, 566 Eschbaal 8, 42, 69, 72, 113, 369, 401 Feind 8 – 10, 45, 53 f., 79 f., 88, 140, 147, 185, 235 f., 241, 294 f., 302 f., 305, 467 f. Ferdinand II. 333, 336, 339, 447 – 449, 452 Floh 71 Flucht, fliehen 40, 57, 63 – 71, 73, 79, 90, 141 f., 144 f., 150, 154, 176, 202 f., 296, 305, 337, 344, 377 f., 385, 392, 399, 408, 422, 428 f., 473 f., 484, 487, 493, 538, 548, 551 f., 554 f. Fluchterzählung 10, 64, 68, 79 Fluchtitinerar 64 Frederik Hendrik 331, 499 – 501, 506 f. Fürstenspiegel 315, 321, 323 – 328, 338, 407, 469, 471, 541 Gad 65, 226, 262 – 264, 268 – 270, 276 f., 284, 286 f., 338, 373, 384, 404 f., 408 f., 422 f., 427, 439, 472, 489, 517 f., 525, 529, 532 f., 539, 541 f., 543 f., 550 Galle, Philips 351, 357 f., 362 – 366, 373 f., 386, 390 Gat 75, 80, 92 f., 121, 182, 221 Gefahr 6 – 10, 39 – 41, 50 – 52, 56, 61, 65 f., 79 f., 82, 90, 115, 126, 128 f., 138, 141 f.,

709

145 – 148, 171 f., 179, 196, 206 – 210, 215, 217, 222 – 224, 244, 254, 262, 291, 292 – 295, 297, 299, 312, 316, 335, 347, 398, 409, 424, 427, 429, 471, 487 f., 547, 565 f. Geist Gottes 50, 57 f. Gibeon 102, 178, 190 f., 256 f. Gilio, Giovanni Andrea 320 Gilo 150, 169 Gob 121 Goliat 74, 120 – 123, 125, 127, 132, 205, 330 f., 334, 368, 370, 389, 396 – 399, 424 f., 428 – 430, 436 f., 439, 473, 477 f., 480 – 483, 501, 519, 534, 546 – 548, 556 Gottfried, Johann Ludwig 316, 436, 470 Gottvertrauen 86, 171, 267 f., 298, 306, 334, 382, 409, 429, 471, 560 Grotius, Hugo 319 Hand 8 f., 55, 57 – 60, 67, 77 f., 88 f., 97, 106, 112 f., 123 f., 130, 135, 143, 147, 154 f., 157 f., 172, 184, 190, 212, 225, 235, 271 f., 303, 305, 383 f. Ḫapirū 52, 63, 70, 296 Hebron 97 f., 106, 139 – 144, 178, 192 Heerbann 176, 178 f., 193 Helden Davids 71, 97, 118 – 131, 139, 178, 198, 211, 214 f., 222, 255, 401 Heldentradition 132 Herkules 329 f., 559 Hermeneutik 27 – 34, 562, 266 Herrscherkritik 31, 43 f., 337 – 350, 565 f. siehe auch Königskritik Hiob 264, 555 Hirt 4, 50 f., 275, 330 f., 370, 378, 396 – 398, 425 f., 472, 474, 485 Hobbes, Thomas 28, 317 – 319, 341 Höfischer Erzähler 12, 80, 169, 186, 222, 296 f. Hund 71 – 73 Hungersnot 253, 255, 256 – 261, 270 f., 285, 291, 299, 517 Huschai 141 f., 145, 149 – 171, 316 Huygens, Constantijn 501, 506 f., 514, 475 Identifikationsporträt Ikonografie 21

322, 328, 475

710

Namen- und Sachregister

Ikonologie 23, 35 Ikonologische Analyse 22 f. Interbildlichkeit 24, 27 Intermedialität 2, 20 – 27, 33 Intertextualität 24 Ittai 139, 141 f., 403 Jebusiter 276, 283 Jeremia 320, 404, 555 Jerobeam 67, 109, 176, 184, 289 Jerusalem 92, 95, 128, 137, 139, 142–145, 152, 154, 166f., 169, 172, 177f., 185, 192, 211, 262, 272–274, 277, 282–284, 290, 298 Jischbi 120 – 128 Joab 93 – 97, 98 – 105, 108, 110 f., 113 – 117, 132 f., 137 – 139, 142, 147 – 148, 157, 166, 172, 174 f., 177 – 196, 198, 201, 224, 245 f., 263 – 265, 267 f., 282, 284, 305, 394, 404, 481, 555 Jonatan 9 f., 53 – 55, 57, 60, 62, 65, 68, 106 f., 231, 239, 259 f., 398 – 400, 421 f., 473 f., 492, 548, 550 – 553 Juda 54, 65, 72, 82, 104, 118, 137 – 140, 148, 172 – 175, 177 – 179, 188 – 191, 193, 211, 235, 289 f., 197, 305 f., 369 f., 401 f., 404, 425 Karl V. 327, 330, 333, 363, 369 f., 560 Königsgesetz 96, 298 Königskritik, 20, 43, 208, 292 f. siehe auch Herrscherkritik Königsrecht 339 Kommentar 14, 25, 28, 359, 373, 564 Konfliktparteien 139 f., 156, 297 Kontextualität 17, 23 f., 35, 41, 296, 566 Kreter und Pleter 138, 178, 186, 198 Krieg 7, 54 f., 77, 88 f., 92 – 97, 114, 118 f., 122 – 124, 128, 141, 145 f., 175, 227 f., 267, 297, 305, 317, 368, 473, 517, 542, 550 f., 560 Kriegsvolk 82 f., 122, 138 f., 145 f., 181 f. Kultätiologie 261 Lamormaini, Wilhelm 334, 339, 450, 454 f., 471 à Lapide, Cornelius 321, 330 Leier 59 f., 332

Leibnitz, Gottfried Wilhelm 318 Leyser d.Ä., Polykarp 324, 338 Lipsius, Justus 327, 360, 471, 527 Luther, Martin 324 f., 329 f. Machiavelli, Niccolò 317 Machtmissbrauch 233, 285, 311, 553 Mahanajim 140, 144, 216, 221 Malvezzi, Virgilio 554 f., 563 Melanchthon, Philipp 315, 322, 324, 341, 378, 386 Merian, Matthäus d.Ä. 33, 316, 387, 398, 400, 404, 436 f., 470, 539 Michal 53 – 55, 57, 64, 389 f., 402, 408, 428, 473 f., 481, 484, 548, 551 f., 555 Missale Romanum 519 – 531, 544 Mitseins-Formel 51, 62, 292, 299 Merib-Baal 72, 142, 213, 219, 257, 316, 402 Molanus, Johannes 29, 320 Monarchomachen 340 Montano, Benito Arias 312, 325, 351 – 361, 364 – 367, 369, 371 – 375, 377, 387 – 389, 406 f., 437 f., 421 f. Mord 7, 41, 51, 55 – 57, 61 f., 100 – 105, 107, 110 f., 115 f., 135, 147, 172, 181 f. 185, 187 – 190, 202, 228, 232, 234, 237, 243 f., 247, 285, 298, 300, 325, 340 f., 401 – 403, 417, 424 f., 437, 473 f., 548 Moréri, Louis 316 Motiv 5 f. Nach dem Leben trachten 9, 67 – 69, 209, 212, 222, 294 Natan 97, 197 – 199, 226 – 253, 286 – 289, 297, 301 f., 304, 316, 320 f., 338 f., 249, 370 – 373, 383, 395, 402, 405, 423, 425, 427, 431, 439, 472, 474, 477 f., 488 – 516, 543 – 545, 550 Nebenfrauen 137, 147, 154 – 156, 158, 166 – 167, 169, 172, 177, 243, 285, 297 neuf preux 330, 433, 472 neuf preuses 431 Niederlage 55, 74, 97, 145, 146, 160, 162, 170, 176 Nob 65, 67, 125 Nordreich 114, 133 – 136, 140, 144, 176, 184, 193 – 195, 221 f.

Namen- und Sachregister

Opfer 84, 117, 179, 191, 223, 239, 258, 272, 471 f., 527, 540 Orpheus 332, 396 Palastrevolution 198 Palazzo Ricci-Sacchetti 319, 479 – 488, 564 Paleotti, Gabriele 29, 32, 320 Pest 253, 261 – 285, 287, 385, 405, 452 f., 478, 498, 516 – 545, 554 Philipp II. 336 f., 352 f., 355, 357 – 359, 361, 363 f., 367, 370 f., 406, 409, 499, 521 f., 534 Philister 8, 40, 55, 57, 60, 63 f., 66, 68 – 70, 74 – 80, 82, 86, 80, 92 – 95, 112, 118 – 133, 135, 214, 221, 296, 304, 320, 368 f., 401 f., 433 f., 550 f., 556 Philistererzählung 10, 64 Plantin, Christopher 351 f., 353, 358, 360 f., 365 – 367, 390, 521 f., 526, 530 Polyvalenz 6, 561 de Pomis, Giovanni Pietro 411 – 413, 415, 455, 466 Prophet 11, 65, 86, 198 f., 203, 208, 226 f., 234, 241 f., 245 – 247, 249 – 252, 262 f., 269 f., 276, 280 f., 286 – 290, 298, 304, 314, 318 – 320, 323, 332, 334, 338 f., 372, 385, 405, 408 f., 422 f., 474, 489, 494, 496 f., 499, 510 – 512, 516 f., 529, 532, 538 f., 542 – 544 Predigt 25 f., 30, 315, 334 f., 338 f., 346 – 348, 502 f., 541 – 543 Rafa, Söhne des 119, 122 f., 130 Ratgeberszene 148 – 150, 152, 166 f., 169 f. Realismus 40 Redaktion, deuteronomistische 12, 46, 96 f., 298 Redaktion, post-chronistische 299 Regen 258 f. Rehabeam 109, 176, 193 Rembrandt Harmensz. van Rijn 314, 490 – 516, 543 – 545, 547 f., 564 Reue 213, 263, 271 – 274, 284, 286, 288, 299, 490, 495, 510, 512 f., 514, 516, 337, 557 Rezeptionsgeschichte 13 – 19, 35, 561, 566 Ritterhusius, Konrad 376 f., 380 f.

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Rizpa 113, 255, 258 f., 297, 404 Rhegius, Urbanus 324, 326 Rubens, Peter Paul 314, 327, 336, 435, 440, 489, 507, 518 – 520, 523, 526 – 530, 533 – 538, 541, 544 Saavedra Fajardo, Diego 423 f., 426 f., 435 f. Sadeler, Aegidius I. 392 f. Sadeler, Aegidius II. 389 – 395, 436 – 439, 492 f. Sadeler, Johann I. 333, 365 f., 390, 392 – 394, 396, 426 Salomo 42, 45, 47, 151, 184, 196 – 199, 216 – 218, 223, 245 f., 269, 299, 304, 329, 346 f., 364, 370 – 371, 387, 405, 408 f., 422 f., 431 – 433, 440, 470, 474, 479 f., 493, 530, 532, 548 Samuel 65, 76, 226, 235, 249, 270, 339, 372, 386, 397, 423, 477, 480, 496, 498, 560 a Santa Clara, Abraham 462 Saul 8 – 10, 40, 42, 50 – 80, 86, 90, 92, 94 f., 106 f., 112 f., 118, 120, 157, 204, 213, 217, 221, 231, 235 f., 249, 256 f., 259 f., 270, 285, 288, 292, 302 – 305, 316 f., 326, 334 f., 337, 341, 343 f., 346 f., 369, 377 f., 381, 387, 389, 395 f., 398 – 401, 408, 424 – 429, 433, 436 f., 447, 470, 473 f., 480 – 482, 486 f., 492, 495, 547 f., 550 – 552, 554 – 556 Scheba ben Bichri 96, 137 f., 140 f., 148, 157, 171 – 196, 200 – 202, 224, 326, 369, 404, 425, 437 Schimi 72, 142, 166, 202 – 223, 224, 296 f., 303, 326, 334 f., 385, 404, 425, 428 f., 471, 556 Schloss Eggenberg 313, 411 – 478, 487 f., 548, 564 Schütz, Heinrich 332, 455 f., 549, 553 von Schwarzenberg, Maria Ernestina 461 Schwert 123, 144, 146, 191, 216, 237 – 239, 242 f., 273, 282, 285, 302, 332, 398 f., 401, 405, 428 – 430, 433, 436 f., 472, 482, 517 f., 525 – 527, 529 – 532, 540, 548 Sixto-Clementina 388, 394 „Sohn des Todes“ 10, 231, 251, 294

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Namen- und Sachregister

Speer 54 – 58, 60 f., 64, 103, 123 f., 127, 387, 389, 398 f., 408, 424 – 428, 439, 480 f., 492, 547 f., 550 – 552 Spinoza, Baruch 19, 28, 318, 559 Steinigen, mit Steinen werfen 81 f., 84 f., 205, 326, 381, 392, 401, 404, 425 f., 428 Steinhuhn 71 f. Strafe 46, 105, 112, 117, 205, 209, 227 – 229, 231, 234, 239 – 241, 243, 247, 252 f., 255, 257, 259, 261, 264, 268 – 272, 276, 284 – 287, 289 – 291, 293, 299, 300, 316, 372, 384, 392, 402, 405, 422 f., 439, 474, 498, 513, 516 f., 523 – 527, 259, 351 f., 539, 548, 551, 553 f., 557, 561 Südreich 114, 133 f., 136 f., 139, 140, 176, 193 – 195, 222 Sukzession 197, 200 siehe auch Thronfolge Synchrone Analyse 11, 293, 294 f. Tempelbau 97, 278 f., 284, 304 Timoléon de Choisy, François 374 f. Töten 55, 57, 68, 70, 84, 90, 95, 98, 102, 105, 114, 121, 127, 130, 135 – 137, 160, 162, 184, 187, 190 f., 202, 209, 212 – 217, 223, 234, 237, 239, 258, 260, 286, 300, 304 f., 318, 334, 397, 404, 424 – 426, 431, 473, 478, 513, 519, 552 Thronfolge 196 f., 200, 292, 421, 433, 548 siehe auch Sukzession Thronfolgegeschichte 12, 42, 47, 93, 127, 133, 169, 170, 220, 224, 229, 287, 291, 294, 296 f. Träne 9, 384, 555, 557 Trauer 9, 83 f., 98, 104, 106 – 108, 110, 117, 142, 144, 146 f., 178, 255, 258, 392, 401, 403, 408, 422, 473 f., 548, 553 Trauerriten 106 f. Tun und Ergehen 231, 240, 285, 291, 299, Treue 8, 152, 183 Tyrannenmord 340 f. Unheil 41, 144, 147, 163, 165, 225, 243, 272, 290 Urija 227 f., 232 – 234, 237 – 240, 246 – 247, 318, 402, 478, 481, 513 Usurpation 7, 41, 51, 134, 199 – 201, 222

van den Broeck, Crispijn 365, 393, 524 f. van der Borcht, Peeter 517, 524 f., 527 van Diepenbeeck, Abraham 528 f. van Groeningen, Gerard 365, 372, 393, 493 Vasari, Giorgio 320, 532 Verfluchen 72, 103 f., 206 f., 404, 428 f., 471, 474, 565 Verfolgen 7, 10, 63, 66 – 72, 86 f., 92, 103, 118, 137, 145, 157 – 160, 166 f., 172, 178 – 182, 185, 191 f., 218, 226, 249, 270 f., 302, 305, 316, 326, 334, 381, 392, 422, 464, 542, 550 f., 555 f. Vernichtung 146, 162, 185, 216, 235, 272, 282 Verwerfung 50, 481, 554, 566 Verschwörung 51, 135 f., 143, 150, 292, 297, 551 Vertue, Henry 321 de Vos, Maarten 313, 351, 365, 368, 389 – 395, 410, 437 – 439, 488, 492 f., 503, 523, 526 f. Visscher, Claes Jansz. 373 f., 394, 397 Visual criticism 21 Visual exegesis 21 f. Von Dan bis Beerscheba 139, 161, 266, 272 von Wallenstein, Albrecht 334, 336, 445, 450 – 454, 464, 476 Weinen 9, 83, 89, 103 f., 106, 144, 565 Weisheit, weisheitlich 7, 170 f., 183, 297 Widerstand 8, 40, 193, 202 f., 224, 312, 331, 339 – 341 Willem van Oranje 331, 336 – 337, 356, 357, 499 f., 533 Wirkungsgeschichte 13 – 19, 561 f., 565 – 567 Zadok 142, 145, 150, 152, 165, 198 f., 203, 319, 403, 405, 423, 477, 493 Zeruja, Söhne der 97, 102, 109 – 111, 113, 115, 116 f., 122 – 124, 127, 132, 198, 208, 212, 214, 219, 221, 224, 292, 298 Ziklag 9 f., 81 f., 85 f., 87, 94, 392, 401, 425, 471, 548 Zweikampf 118 f., 122, 130 – 132, 296, 300