Der Aufbau der Sprachkompetenz: Untersuchungen zur Grammatik des sprachlichen Handelns
 3484103604, 9783484103603

Table of contents :
Vorwort
1 AUSGANGSPUNKT UND METHODISCHE VORABKIÄRUNG
1.1 Der problematische Erklärungsanspruch der Kompetenztheorie Chomskys
1.2 Wörtgebräuche und Sprechakte
2 SPRACHKOMPETENZ ALS KENNTNIS VON REGEIN SYMBOLISCHEN HANDELNS
2.1 Handlungstheorie
2.2 Sprachliches und nichtsprachliches Handeln
2.3 Die Fähigkeit, Sprechakte zu machen
2.4 Regulative Regeln für Sprechakte und ihre indikatorische Funktion
2.5 Vorläufige Bemerkungen zu den Regeln auf der Ebene des Prädizierens, Referierens und Äußerns
3 EIN AUSSCHNITT DER SPRACHKOMPETENZ: BEWERTENDE REDE
3.0 Einleitung
3.1 Bewertende Rede
3.2 Die Prädikationsregel für "gut"
3.3 "Sollen"
3.4 Bewertende Sprechakte
4 RESÜMEE
LITERATUR

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Linguistische Arbeiten

79

Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner

Josef Häfele

Der Aufbau der Sprachkompetenz Untersuchungen zur Grammatik des sprachlichen Handelns

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1979

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Häfele, Josef: Der Aufbau der Sprachkompetenz: Unters, zur Grammatik d. sprach!. Handelns / Josef Häfele. — Tübingen : Niemeycr, 1979. (Linguistische Arbeiten ; 79) ISBN 3-484-10360-4

ISBN 3-484-10360-4

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1979 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Druck: fotokop wilhelm weihert KG, Darmstadt.

Meinen Eltern Ludwig und Walburga Häfele gewidmet

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort 1

AUSGANGSPUNKT UND METHODISCHE VORABKLSRUNG

1.1

Der problerratische Erklärungsanspruch der Kompetenztheorie Chonskys Wortgebräuche und Sprechakte

.2

1 12

2

SPRACHKOMPETENZ ALS KENNTNIS VON REGELN SYMBOLISCHEN HANDELNS

2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.3 2.4

Handlungstheorie Handlung und Handlungsmuster Indem-Zusanmenhänge Sprachliches und nichtsprachliches Handeln Die Fähigkeit, Sprechakte zu machen Regulative Regeln für Sprechakte und ihre indikatorische Funktion Vorläufige Bemerkungen zu den Regeln auf der Ebene des Prädizierens, Referierens und Äußerns

2.5 3

EIN AUSSCHNITT DER SPRACHKOMPETENZ: BEWERTENDE REDE

3.0 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5

Einleitung Bewertende Rede Die Prädikationsregel für "gut" "Sollen" Bewertende Sprechakte Loben, Anerkennen und Bestätigen Tadeln, Vorwerfen, Beschuldigen Exkurs zum historischen Zusammenhang von Beschuldigen Raten, Empfehlen, Warnen, Drohen, Versprechen Die Rolle bewertender Rede in der Sprachkompetenz

4

RESÜMEE

LITERATUR

27 27 37 41 54 71 83

95 97 99 110 118 118 124 132 137 14O 143 147

VORWORT

Obwohl seit Chomsky die Rekonstruktion der Sprachkompetenz das eigentliche Thema der Linguistik ist,

steht eine befriedigende Beschreibung der Gesamt-

heit der Regeln, welche der Sprachteilhaber beherrscht, nach wie vor aus. Die innerhalb verschiedener Syntax- und Sprechhandlungstheorien gegebenen Antworten auf die Frage, worin die Sprachkompetenz bestehe, erfassen jeweils nur bestimmte Aspekte der Sprachkompetenz. Weil sie - abgesehen von ihren jeweiligen internen Schwierigkeiten - miteinander unvereinbar sind, können sie einander auch nicht zur wechselseitigen Ergänzung dienen, obwohl gerade dies häufig versucht wird. In der vorliegenden Arbeit lege ich den Entwurf einer integrierten Theorie des sprachlichen Handelns vor, innerhalb deren auch Syntaxtiieorien in die Sprache der Handlungstheorie übersetzbar werden können. Der Entwurf erfolgt schrittweise aus einer Kritik der Transformationsgranmatik Chomskys, des Konzeptes der kommunikativen Kompetenz, der Gebrauchstheorie Wittgensteins und insbesondere der Sprechakttheorien Austins und Searles. In einem anschließenden Anwendungsteil beschreibe ich einen Ausschnitt der Sprachkompetenz, nämlich die Fähigkeit, bewertende Sprechakte auszuführen. Neben dem vorrangigen Ziel sprachdidaktischer und curricularer Anwendung ging es mir auch um den Nachweis der Fruchtbarkeit sprachanalytischer Methoden für bestiumte Probleme der Philosophie. Die vorliegende Fassung des Buches ist weitestgehend identisch mit meiner im Saimer 1977 abgeschlossenen Dissertation, die Anfang 1978 vom Fachbereich Neuphilologie der Universität Tübingen angenommen wurde. (Gutachter: Prof. H.J. Heringer; Prof. E. Straßner.)

September 1978

Josef Häfele

AUSGANGSPUNKT UND METHODISCHE VORABKLÄRUNG

1.1

Der problematische Erklärungsanspruch der Konpetenztheorie Chctnskys

Wenn wir sprechen, äußern wir auch Laute bzw. Ketten von Lauten. Lange Zeit hat man in der Beschreibung der Regelmäßigkeit von Lautsystemen die eigentliche Aufgabe der Linguistik gesehen und sich mit der Anwendung von Segmentierungs- und Klassifizierungstechniken zum Zwecke der empirischen Beschreibung phonologischer, und syntaktischer Systems beschäftigt. Die Abkehr von dieser - trotz ihrer für die Sprachwissenschaft bahnbrechenden Standards an wissenschaftlicher Exaktheit - außerordentlich anspruchslosen Art von Linguistik erfolgte bekanntlich in den Arbeiten N. Chomskys aufgrund des in ihnen erhobenen Anspruchs, hinter den oberflächlichen Phänomenen, wie sie sich für strukturalistische Methoden als zugänglich darbieten, die Prinzipien aufzudecken, welche die Kreativität des Sprachgebrauchs ausmachen. Die damit verbundene Festlegung der Sprachkompetenz als eigentliches Thema der Linguistik beruht auf der Einsicht in den prinzipiellen Unterschied zwischen einer empiristischen, corpusorientierten und einer rekonstruktiven und generativen Theorie, die alle Beobachtungsdaten prinzipiell überschreitet und nurmehr indirekt überprüft werden kann. Da jeder Sprachteilhaber nie zuvor gehörte Sätze bilden und verstehen kann sowie prinzipiell immer mehr Sätze verstehen und bilden kann als er faktisch hört und bildet, muß linguistische Theorie Chomsky zufolge letztlich Kompetenztheorie und diese eine generative Theorie sein, insofern sie das, was die potentielle Unendlichkeit des Sprachgebrauchs ermöglicht, beschreiben und erklären muß.

Vgl. Apel 1974, 95 f f . , u . a . : "Dementsprechend scheint mir auch der Übergang von einer corpusabhängigen zu einer theoriegeleiteten Linguistik, die ihre weit über jedes finite Corpus von Daten hinausreichenden Hypothesen durch die Methode der Beispiele und Gegenbeispiele überprüft, ziemlich genau den Übergang vom Induktivismus zum Falsifikationismus im Sinne Poppers zu illustrieren." (101 f . ) ; Chomsky 1969 (1965), Kap. l, bes. 13-43; Chomsky 197O (1968), 15: "Wir müssen das System der Sprachkorapetenz isolieren und untersuchen, das dem Verhalten zugrundeliegt, jedoch in keinerlei direkter oder einfacher Weise im Verhalten realisiert wird."

2

Chctnskys Theorie will in doppelter Hinsicht explanativ sein! "Sie gibt eine Erklärung für den Umstand, daß ... ein Sprecher einer Sprache eine Äußerung auf eine bestürmte Art und nicht auf eine andere empfangen, interpretieren, bilden 2 oder gebrauchen wird." Neben der Aufgabe, die Kompetenz des Sprachteilhabers in diesem Sinne durch Aufdecken der Regeln zu erklären, nach denen er Laut und Bedeutung in seiner Sprache in Beziehung setzt, soll die Theorie auch erklären, wie ein Kind auf der Basis der ihm erreichbaren, beschränkten und verzerrten Daten für sich die Grammatik einer Einzelsprache konstruieren kann. Neben der Beschreibung einer einzelsprachlichen Kompetenz soll die Theorie somit auch auf einer tieferliegenden Ebene Sprachfähigkeit erklären, indem sie die Prinzipien beschreibt, welche den Sprachaneignungsprozeß determinieren bzw. in dieser Weise ermöglichen. Das geschieht durch die Formulierung von notwendigen und hinreichenden Bedingungen, "denen ein System genügen muß, um sich als eine mögliche menschliche Sprache auszuweisen, Bedingungen, die nicht zufällig auf die menschlichen Sprachen zutreffen, sondern begründet sind in der menschlichen 'Sprachfähigkeit1 und so die natürliche Organisation konstituieren,

die determiniert, was als sprachliche

Erfahrung gilt und welche Sprachkenntnis auf der Basis dieser Erfahrung möglich ist." Merkmale, welche allen Sprachen gemeinsam sind, gelten dabei als notwendige, weil angenommen wird, daß die genetische Ausstattung des Menschen nur den Erwerb von Sprachen, die diesen Bedingungen genügen, zulasse. So sollen durch induktive Extrapolation der allen Grammatiken bekannter menschlicher Sprachen gemeinsamen Prinzipien Auskünfte über generelle Eigenschaften der menschlichen In4 telligenz gewonnen werden. Obwohl Chomsky die Linguistik demzufolge als Teilgebiet der Psychologie auffaßt, erhebt er - im Gegensatz zu anderen - nicht den Anspruch, daß seine mathematisch-formalisierten Modelle in bestimmten Relationen zu tatsächlichen physiologischen Prozessen ständen oder zum faktischen Vorgehen eines Kommunizierenden. 2 3 4 5

Chomsky 197O (1968), 49. Chomsky 197O ( 1 9 6 8 ) , 5O. Katz 1971 (1966), 16 ff. Chomsky 1969 (1965), 2O; Chomsky 197O (1968), 3O. Hier räumt er ein: "Wir können vielmehr nur für die Zukunft die Frage offen lassen, wie diese abstrakten Prozesse und Strukturen zu erkennen oder in konkreten Begriffen zu erklären sind, wobei es denkbar ist, daß diese Begriffe nicht dem Bereich physikalischer Prozesse, wie man ihn heute versteht, angehören." - Verfehlt erscheint es, von einem sozialwissenschaftlichen Konzept der Linguistik bei Chomsky zu sprechen, wie etwa Andresen 1974, 12. Für Chomskys Theorie charakteristisch ist gerade die Naturalisierung der Sprache zu einem Gegenstand der Psychologie, wobei Regeln als soziale nur insoweit ins Spiel kommen, als jede Einzelsprache eine Auswahl aus dem genetisch möglichen Regelinventar darstellt.

3

Bekanntlich nimmt Chomsky an, daß die Befunde auf der Ebene der Universalgrammatik auf angeborene Eigenschaften des menschlichen Geistes als einer mentalen Realität verweisen und daß ohne diese angeborenen, aller Erfahrung vorgängigen Informationen der Erwerb der Sprache nicht möglich sei. Diese sogenannte rationalistische Hypothese ist jedoch nicht nur nicht direkt überprüfbar, sondern sie erklärt auch nichts, was sich nicht auch anders erklären ließe.

"Daß sich

die Beherrschung unendlich vieler Sätze nicht aus der Kenntnis endlich vieler Daten gewinnen ließe, ist falsch, denn wir können eben endlich viele Regeln lernen. Auch der Schachspieler lernt mit den wenigen allgemeinen Spielregeln sich in unendlich vielen Spielsituationen richtig zu verhalten. Trotzdem nimmt man hier keine eingeborenen Schachkenntnisse an." Interessanter als die spekulativen Erörterungen zu Problemen der Universalgranmatik ist die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Chomskys TheoQ

rie

ihrem Erklärungsanspruch auf einzelsprachlicher Ebene gerecht wird. -

Wesentliche Hilfsmittel für seine generative Grammatik entnahm Chomsky der Theorie der rekursiven Funktionen und ihrer Formalisierung in Turing-Maschinen, Semi-Thue-Systemen usw. Die grundlegenden syntaktischen Regeln seiner Theorie sind Rekursivregeln. Mit einer endlichen Menge rekursiver Regeln ist es möglich, unendlich viele Ergebnisse zu erzielen, weil die Regeln selbst endlos wieQ der auf ihr eigenes Ergebnis angewandt werden können. Nach Chomsky genügt eine mit solchen Regeln aufgebaute Graitmatik nicht, weil mit ihr z.B. strukturelle Mehrdeutigkeiten nur äußerst umständlich, Bedeutungsverwandschaft von strukturell verschiedenen Sätzen überhaupt nicht beschreibbar seien; sie bedürfe deshalb der Ergänzung durch Transformationsregeln.

Aus der generativen Granmatik

wird so eine generative Transformationsgratitnatik (TG), die einen mit rekursiven Regeln aufgebauten Formationsteil enthält, darüber hinaus einen aus Transformationsregeln bestehenden Transformationsteil,

durch dessen Anwendung die mit

rekursiven Regeln des Formationsteils erzeugten Ketten in Oberflächensätze

6 7 8

9 10 11

Vgl. Kutschere, o.J., 111 f f . ; Goodman 1967; Putnam 1967. Kutschera, o.J., 115. Ich beziehe mich besonders auf Chomsky 1969 (1965). Die folgenden Einwände scheinen mir durch spätere Fortentwicklungen der Theorie nicht gegenstandslos zu werden. Ein solches Regelsystem erzeugt mehr grammatische Sätze als tatsächlich akzeptabel sind, vgl. Chomsky 1969 ( 1 9 6 5 ) , 21-28. Zur Berechtigung dieser Annahme vgl. Heringer 197O, 22 ff. In Chomsky 1957 waren auch die Transformationsregeln rekursiv, was später aufgrund des Postulats der Bedeutungsäquivalenz von Oberflächen- und Tiefenstrukturen aufgegeben wurde, weil rekursive Transformationsregeln bedeutungsverändernd sein könnten.

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umgebildet werden, also in Sätze der jeweiligen Einzelsprache. Parallel zur Trennung von Formations- und Transformationsteil verläuft die Unterscheidung von Tiefen- und Oberflächenstruktur. In Oberflächensätzen ist nach Chomsky die Bedeutung häufig verschleiert, die eindeutigen Bedeutungsverhältnisse seien dagegen auf der Ebene der Tiefenstrukturen repräsentiert und würden lediglich durch die Transformationsprozesse, welche aus Tiefenstäzen Oberflächensätze machen, wieder aufgehoben. Verstehen bzw. eine adäquate Beschreibung der Satzbedeutung ist deshalb nur auf der Basis der Tiefenstrukturen möglich. Der Sprecher einer Sprache muß diesem Modell zufolge sowohl über Regeln verfügen, die durch rekursive Formationsregeln beschreibbar sind wie auch über solche, die durch Transformationsregeln charakterisiert werden können. So "... beherrscht derjenige, der eine spezielle Sprache kennt, eine Grammatik, die die unendliche Menge von Tiefenstrukturen generiert ..., sie in assoziierten Oberflächenstrukturen abbildet und die semantische und phonetische Interpretation dieser abstrakten Objekte determiniert ... Eine Granmatik dieser Art wird also eine gewisse unendliche Korrelation von Laut und Bedeutung definieren." 12 Da in Tiefenstrukturen die Bedeutungen von Sätzen der Umgangssprache zum Ausdruck gebracht werden sollen, muß zwischen den Tiefenstrukturen und den umgangssprachlichen Oberflächensätzen Bedeutungsgleichheit angenommen werden. Daraus ergeben sich jedoch gerade dort eine Reihe von Schwierigkeiten in der transformationellen Analyse, wo die TG ihre entscheidenden Vorzüge gegenüber nichttransformationellen Theorien sieht, so bei der Darstellung von Koordinationen oder auch des Zusammenhangs zwischen Sätzen, wie Aktiv- und Passivsätzen. Darüber hinaus bestehen grundsätzliche Schwierigkeiten, Bedeutungsgleichheit zwischen Oberflächensätzen und Tiefenstrukturen nachzuweisen, weil in letzteren umgangssprachliche Ausdrücke mit verschiedenartigen theoretischen Symbolen vermischt sind, und Tiefenstrukturen deshalb als theoretische Konstrukte bezüglich Bedeutungsäquivalenz mit Oberflächensätzen unvergleichbar werden. 14 Neben diese Schwierigkeiten treten noch Unklarheiten im Zusammenhang mit der interpretativen semantischen Komponente, so bei der Formulierung einer angemessenen Fassung der Projektionsregeln, nach denen sich die Bedeutung der Tiefensätze aus den kleinsten Bedeutungseinheiten heraus auf-

12 Chomsky 197O (1968), 55. 13 Vgl. Heringer 197O, 21 ff. 14 ebd.

bauen läßt. 15 Die Unklarheiten setzen sich in der lexikalischen Komponente der Grammatik fort, wo die Bedeutung von tiefenstrukturellen Lexemen beschrieben werden soll durch Angabe von atomaren Begriffen, die universell sein sollen. Dieser Anspruch erscheint aber unhaltbar, solange überhaupt nicht bekannt ist, wie die Msnge der semantischen Kategorien begrenzbar ist. Darüber hinaus ist strittig, ob die angegebenen antomaren Begriffe Merkmale oder Eigenschaften der zu beschreibenden Begriffe sind, ob sie demnach als Begriffe erster oder zweiter Stufe anzusehen sind. Abgesehen davon genügt allein die mentalistische Bedeutungstheorie der Transformationalisten, ihren Erklärungsanspruch fraglich werden zu lassen. Die Bedeutungsbeschreibung von Lexemen geschieht durch Angabe von Bedeutungsteilen, deren Gesamtheit - meist in Form syntaktischer Fügungen - die Bedeutung des Lexems beschreiben soll. Normalerweise führt eine solche Bedeuttungsbeschreibung in den Regress, da die Teile wiederum der Beschreibung bedürfen usw. Dieser Regress wird jedoch ausgeschlossen durch die axiomatische Festlegung, daß die atomaren Lexeme als Beschreibungen atomarer mentaler Entitäten zu gelten hätten. Mit dem spekulativen Verweis auf angebliche mentale Entsprechungen der atomaren Lexeme wird aber nichts erklärt, solange über diese Ideen nichts gesagt werden kann, außer eben mit den Ausdrücken der Sprache, deren Beschreibung hier erst noch zu leisten ist. Indem aber einfach gesagt wird, daß wir das zu Erklärende in uns angeborenen Begriffen immer schon verständen, wird systematisch darauf verzichtet zu erklären, wie wir es verstehen, über die angeborenen Entsprechungen der atomaren Lexeme erfährt man nichts, außer daß es sie gebe. Angesichts der bekannten prinzipiellen Unbrauchbarkeit mentalistischer Theorien sowie den sonstigen Schwierigkeiten ihrer Theorie ist nicht ersichtlich, daß die Transformationalisten ihre Erklärungsansprüche einlösen könnten 15 16 17

Vgl. Kutschera o.J., lol-llo, wo Kritik geübt wird an Katz/Fodor 1963; Katz/Postal 1964; Katz 1971 (1966). Zu den Schwierigkeiten in der lexikalischen Komponente vgl. bes. Weinreich 1970 (1966), Katz 1967. Vgl. Aiston 1964; Heringer 1974, 13 f. - Weil Katz 1971 (1966) von der Existenz begrifflicher Entitäten in den Köpfen der Menschen überzeugt ist, da er sie gegenüber Aiston verteidigt (Katz 1971 (1966), 165 f . ) , muß festgestellt werden, daß auch die - wenngleich unwahrscheinliche Entdeckung eventueller neurophysiologischer Substrate unserer Bedeutungen niemandem zu einem besseren Verständnis der entsprechenden Ausdrücke verhelfen könnte. Denn auch in einer derartigen Kopftheorie der Bedeutung müßten die Bedeutungen als solche schon verausgesetzt werden, bevor sie physiologischen Korrelaten zugeordnet werden könnten.

6

Selbst eine immanente Korrektur der Theorie in der Form, daß die Bedeutungserklärung der Lexeme von nentalistischem Reduktionismus entlastet würde und man die atomaren Lexeme nicht mehr als Deskriptoren rätselhafter angeborener Begriffe auffasste, sondern die logischen Beziehungen zwischen den zu erklärenden Lexemen und den sie erklärenden Komponentenfügungen untersuchte, scheint erfolglos, weil sich lediglich herausstellen würde, daß die Komponenten bestenfalls die Relation extensionaler Äquivalenz zum Analysandum erreichen. Selbst das erscheint noch fraglich, da die Zahl der semantischen Kategorien unklar ist und deshalb nie sichergestellt wäre, daß mehr als nur notwendige Bedingungen genannt werden können. In dem Modell, das im Rahmen der TPG zur Darstellung von Kommunikation angeboten wird, dient Sprache lediglich als Mittel, bereits feststehende Gedanken zu übermitteln. Die Frage, ob nicht Kommunikation die Bedingung für sich selbst sowie die Möglichkeit des Denkens und von Symbolbedeutungen überhaupt erst schafft, wird in diesem Modell solipsistischer Verhaltensträger nicht stellbar, in dem mit dem Postulat einer angeborenen semantischen Struktur Kommunikation zu einem Prozeß der Informationsübertragung gleichprogrammierter Computer verkommt. Über das, was diesem Modell zufolge in Kodierungs- und Dekodierungsvorgängen mitgeteilt wird, kann nichts gesagt werden, sondern es wird darauf verwiesen, daß alle Computer gleich programmiert seien, wobei wiederum über das Programm nichts gesagt wird, außer daß es existiere. Die Bedeutungstheorie der Transformationalisten ist vergleichbar mit der Referenztheorie oder der behaviouristischen Bedeutungstheorie. Auch in diesen wird die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke durch Verweis auf Außersprachliches zu erklären versucht, in der Referenztheorie durch Verweis auf mit den Ausdrücken bezeichenbare Gegenstände, in der behaviouristischen Version durch Verweis auf Stimuli und Responses. In der mentalistischen Theorie der TG wird stattdessen auf genetische Programme verwiesen. Gemeinsam stehen diese Ansätze vor dem Dilemma, daß die zur Erklärung herangezogenen Dinge als solche ja selbst erst in einer Sprache gegeben sind und der Verweis auf sie somit die Sprache schon voraussetzt, die es zu erklären gilt. In manchen Ansätzen hat man die Bedeutungsbeschreibung deshalb innersprachlich zu unternehmen versucht. Solche, auf die Beschaffung angeblicher Synonyme hinauslaufenden Beschreibungen haben immerhin den Vorteil, daß damit wenigstens dann Bedeutung erklärt werden kann, wenn der erklärende Ausdruck schon verstanden wird, wenngleich dabei immer noch fraglich ist,

ob

beide Ausdrücke auch wirklich synonym sind. Abgesehen davon führen alle

derartigen Beschreibungen in den Regress. 18 Eine axicmatische Annahme der Theorie Chomskys ist, daß die Sprachkompetenz in der Fähigkeit bestehe, nach einem erlernbaren Regelsystem einzelsprachliche Lautketten bzw. Sätze mit Bedeutungen in Beziehung zu setzen, und daß dieses Regelsystem mit einer syntaktisch fundierten Grammatik charakterisiert werden könne. Die Sprachkcmpetenz ist demnach als die Fähigkeit anzusehen, Sätze zu bilden und zu verstehen, wobei die jeweilige Einzelsprache als eine Mange von Sätzen angesehen wird. Dagegen hat sich seit längerem, angeregt durch die an der Spätphilosophie Wittgensteins orientierte Sprechig akttheorie Austins und Searles, die Ansicht verbreitet, daß eine Sprache als eine Menge von Handlungen bzw. Handlungstypen zu betrachten ist, die mit der Äußerung von Sätzen lediglich realisiert werden, und daß ein angemessenes Verständnis von Sätzen nur eines von mit ihrer Äußerung gemachten Handlungen sein kann. Die Sprachkcmpetenz ist demnach die Fähigkeit, mit der Äußerung von Sätzen Handlungen zu vollziehen. Zwar hat auch Chomsky nicht geleugnet, daß die Kenntnis von durch die TG beschreibbaren Regeln noch nicht zum Verständnis einer Satzäußerung ausreiche. Wenn es aber weitere situative Faktoren gibt, welche die Bedeutung bzw. das Verstehen von Sätzen bestimmen, müssen auch Regeln rekonstruierbar sein, über deren Kenntnis ein Sprecher/Hörer zu einem angemessenen Verständnis gelangt. Ansatzweise hat man dieses Problem schon sehr früh im Rahmen der TFG zu lösen versucht. Katz/Postal führten bereits 1964 die geläufige Unterscheidung von Modus und Diktum mittels sogenannter Satztypenmarker in die Phrasenstrukturgrammatik der syntaktischen Basis ein, und in der transformationellen Theorie, besonders in der generativen Semantik, sind eine größere Anzahl von weiterführenden Arbeiten zu diesem Problem entstanden. 21 Allerdings trägt die Formulierung von Tiefenstrukturen als explizit performativen Sätzen nichts zur Beseitigung der für Transformationsgrammatiken anstehenden Probleme bei. Zum einen bleiben so noch alle Sprechakte unerfaßt, die nicht mittels Äußerung von performativen Sätzen

18

19 20 21

Dagegen hört in der nachfolgend dargestellten Gebrauchstheorie der Regress, so die Gefahr dazu überhaupt besteht, an der Stelle auf, wo ein Wortgebrauch eingeübt wird. Worauf dort verwiesen wird, is£ eine regelgeleitete Praxis, die prinzipiell jeder lernen und lehren kann. Zumindest Searle 1969 scheint die Theorie der Sprechakte jedoch nicht als Alternative zur Transformationsgrammatik zu sehen, sondern als unter Umständen in diese integrierbar; vgl. Searle 1969, 3O, 64, 95. Z.B. Chomsky 197O, 49. Vgl. Grewendorf 1975.

vollziehbar sind. 22 Andererseits können mit einer Satzäußerung auch mehrere Sprechakte auf einmal vollzogen werden, die nicht alle gleichzeitig durch Performtiwerben in der Tiefenstruktur repräsentierbar sind. 23 Zum dritten kann die Äußerung eines Perforraativsatzes auch einen gar nicht wirklich gemachten Sprechakt indizieren, ohne daß Entsprechendes in der Tiefenstruktur 24 repräsentierbar ist. Nach transformationeller Version soll die illokutive Kraft eines Satzes in der Tiefenstruktur durch die Anwesenheit eines performativen Verbs abgebildet werden, das in der Oberflächenstruktur vorkommen kann oder nicht. Dementsprechend wird ein tiefenstruktureller Performativsatz mit der Struktur von (1)

Ich behaupte, daß diese Aktien wertlos sind.

durch eine performative Deletion, bei der der explizit performative Teil der Tiefenstruktur getilgt wird, in einen Oberflächensatz wie (2)

Diese Aktien sind wertlos.

übergeführt werden können. Tatsächlich werden in der tkngangssprache ja die wenigsten sprachlichen Handlungen explizit performativ vollzogen. Die entscheidende Frage, wie ein Hörer die Äußerung von (2) verstehen soll und kann, bleibt dabei aber ungelöst. Denn für die Entscheidung, welches Performativverb in die zugehörige Tiefenstruktur (oder die Tiefenstrukturen) gehört, lassen sich keine syntaktischen Kriterien finden. Auch die Oberflächenstruktur bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte, außer man begeht den Fehler, Satzarten mit den Arten ihrer Verwendung in Sprechakten gleichzusetzen. Die Einsicht, daß Verstehen von Satzäußerungen immer das Verstehen von Handlungen ist, hat auch in anderen Fällen nicht zu einer radikal handlungstheoretischen Neubegründung von Sprach- und Kompetenztheorie geführt. Während die Transformationalisten die bedeutungstheoretischen Aspekte der Sprechakttheorie in ihr Konzept zu integrieren suchten, hat die Rezeption der Sprech-

22 23 24

Darunter fallen wohl nicht nur perlokutionäre Muster, sondern auch illokutionäre Muster, die durch Realisierung anderer illokutionärer Muster realisiert werden. Es kann beispielsweise einer behaupten, daß ein Waschmittel sehr weiß und schonend wasche und dadurch dieses Mittel empfehlen. In der Tiefenstruktur kann jedoch nur ein Sprechakt repräsentiert werden. Mit der Äußerung "Ich verspreche dir, daß du das nächste Mal nicht mehr ungeschoren davonkommst" wird ein Versprechen indiziert, obwohl damit tatsächlich eine Drohung ausgesprochen wird.

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akttheorie anderswo zu einer Desintegration der Kompetenztheorie geführt. Hier wurden die sprechakttheoretischen Einsichten so interpretiert, daß Verstehen von Sätzen iitmer auch noch ein Verstehen von Handlungen sei, daß es eben auch zur Sprachkonpetenz gehöre, Sätze nicht nur zu bilden, sondern darüber hinaus noch in Sprechakten zu verwenden. Dementsprechend benötige ein Sprachteilhaber sowohl eine linguistische Kompetenz zum Bilden und Verstehen von Sätzen wie auch eine zusätzliche Performanzkompetenz bzw. katmunikative Kompetenz, mit deren Hilfe es ihm gelingt, mittels Satzverwendungen zu handeln. Das Ergebnis sind sogenannte Mehrkompetenzennodelle, 25 wo in gezwungenem Nebeneinander mehrere heterogene Teilkompetenzen ihre jeweiligen Defizite durch eine Art Addition verlieren sollen, ohne daß jedoch klar wird, wie die verschiedenen Teile zusammenzudenken sind. Grundsätzlich stellt die Annahme mehrerer Kompetenzen einen speziellen 26

Fall der in der Philosophie seit längerem bekannten Kategorienfehler

dar,

der hier in der Fehlannahme besteht, daß die Fähigkeit zu komnunizieren bzw. sprachliche Handlungen zu vollziehen eine zusätzliche Fähigkeit zu der sei, Sätze zu bilden, was in etwa vergleichbar ist mit der Fehlansicht, daß der Anzug etwas Zusätzliches zur Hose sei. Da wir aber beim sprachlichen Handeln nicht zweimal handeln, einerseits Sätze bilden und andererseits Sprechakte machen, sondern nur ein einziges Mal handeln, indem wir Sätze äußern, muß eine Kompetenztheorie die sprachliche Handlungskompetenz beschreiben, in welcher die Fähigkeit, Sätze zu bilden, immer schon enthalten ist. Die Begründungen für die Annahme mehrerer Kompetenzen sind auch wenig überzeugend. Für Habermas, den wohl prominentesten Vertreter einer solchen Annahme, scheint sich das Verhältnis zwischen Sprechakttheorie und Transformationsgrammatik zuerst einmal als eine unproblematische Arbeitsteilung darzustellen! "Ziel der rekonstruktiven Sprachanalyse ist die explizite Beschreibung der Regeln, die ein kompetenter Sprecher beherrschen muß, um grammatische Sätze zu bilden und akzeptabel zu äußern. Die Sprechakttheorie teilt sich diese Aufgabe mit der Linguistik. Während diese davon ausgeht, daß jeder erwachsene Sprecher über ein rekonstruktionsfähiges implizites Wissen verfügt, in dem sich seine linguistische Regelkompetenz (Sätze zu erzeugen) ausdrückt, postuliert die Sprechakttheorie ein entsprechende kommunikative

25 26

Eine allgemeine Kritik von verschiedenen Mehrkompetenzenmodellen bietet Wimmer 1974. Zu weiteren Beispielen für solche Kategorienverwechslungen und ihrem Ursprung, vgl. Ryle 1969 (1949), 14 ff.

10

Regelkompetenz - nämlich Sätze in Sprechhandlungen zu verwenden." Damit erhebt Habermas im Anschluß an die Sprechakttheorie den Anspruch, daß auch die angenonmenen Regeln sprachlichen Handelns einer rekonstruktiven Analyse offenstehen und nicht, wie Vertreter der TG annehmen, einer empiristisch verfahrenden Performanztheorie im Sinne von Sozio- oder Psycholinguistik überlassen werden können. thi sein Programm der kcmnunikativen Kompetenz bzw. Universalpragmatik als eigenständige Theorie zu legitimieren, setzt Habermas eine Differenz voraus zwischen der Fähigkeit, Sätze zu bilden und der, sie in Kommunikation zu verwenden. Zwar muß auch er sich die Frage stellen, ob nicht die kommunikative Kompetenz die von ihm so genannte linguistische Kompetenz schon enthalte oder umgekehrt. Insbesondere erhebt sich für ihn das Problem, "ob nicht die semantischen Eigenschaften von Sätzen (bzw. Worten) im Sinne der Gebrauchstheorie der Bedeutung ohnehin nur mit Bezugnahme auf Situationen möglicher typischer 2R Verwendungen expliziert werden können". Das heißt wohl, ob nicht die Semantiktheorie und damit auch die Kompetenztheorie im Sinne der Gebrauchstheorie Wittgensteins radikal handlungstheoretisch angelegt werden muß. Eine bejahende Antwort auf diese Frage hätte entscheidende Konsequenzen: "Sobald aber die Unterscheidung einer linguistischen Analyse von Sätzen und der pragmatischen Analyse von Äußerungen unscharf wird, droht auch der Gegenstandsbereich einer Universalpragmatik zu verschwimmen." 29 Für Habermas ist dieser Fall jedoch nicht gegeben. Aus der Heterogenität, Unvollständigkeit und Unvereinbarkeit der verschiedenen ihm bekannten semantischen Theorien (logische Semantik, Inhaltssemantik, Referenzsemantik, pragmatische Semantiktheorien u.a.) zieht er nämlich die Vermutung, "daß die Semantiktheorie nicht aussichtsreich als eine einheitliche Theorie entwickelt werden kann. Wenn sie aber heterogen zusammengesetzt ist, läßt sich aus Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Semantik und Pragmatik (die übrigens ebenso zwischen Semantik und Syntax bestehen) kein Einwand gegen die für die Universalpragmatik wichtige methodische Trennung zwischen einer Analyse von Satzstrukturen und der von Äußerungsstrukturen ableiten."30

27 28 29 30

Habermas 1976, 2O5. Habermas 1976, 2O6. ebd. Habermas 1976, 211.

11

Bemerkenswert erscheint, daß Habermas, obwohl er dessen Schwächen erkennt, am Bedeutungskonzept der TG festhält und lediglich dessen Ergänzung um eine pragmatische Komponente fordert, ohne zugleich aus der Unvereinbarkeit dieser psychologisch spekulativen Bedeutungstheorie mit dem sozialwissenschaftlichen Ansatz der Sprechakttheorie Konsequenz zu ziehen. Somit steht das Programm der kommunikativen Kompetenz allein auf dem Fundament des resignativen Fazits, daß eine einheitliche Theorie der Bedeutung bisher sich nicht hat entwickeln lassen, sowie der skeptischen Folgerung auf die auch zukünftige Unmöglichkeit einer in sich geschlossenen Kompetenztheorie . Aus der Inadäquatheit von Transformationsgramnnatiken zur Einlösung ihres Erklärungsanspruchs sowie dem Mißlingen der Versuche, der Handlungsdimension der Sprache auf der Basis dieser Grammatiken durch Integrations- oder Ergänzungsversuche gerecht zu werden, ergibt sich für alternative Kompetenztheorien nun aber nicht einfach die Forderung, den bisher uneingelösten Erklärungsansprüchen besser zu entsprechen. Vielmehr lassen die Gründe ihres Scheiterns eine Verbesserung dieser Theorien im Sinne Popperschen Wissenschaftsfortschrittes als unmöglich erscheinen, weil schon in genau ihren Aufgaben und Fragestellungen die für ihre Inadäquatheit verantwortlichen Vorannahmen enthalten sind. Nach wie vor muß jede Kompetenztheorie aber der Kreativität des Sprachvermögens Rechnung tragen. Sie muß erklären, wie wir sprachliche Äußerungen gebrauchen und verstehen. Und nach wie vor erscheinen auch Fragen nach möglichen Gemeinsamkeiten aller menschlichen Sprachen legitim. Versuche zur Beantwortung der damit verbundenen Fragen dürfen indes nicht mehr einfach davon ausgehen, daß das von jedem Sprachteilhaber beherrschbare Regelsystem, dessen Rekonstruktion die Aufgabe von linguistischen Theorien ist, dazu dient, Laute und Bedeutung in Beziehung zu setzen, solange nicht geklärt ist, was unter "Bedeutung" verstanden werden muß. Der Erfolg jeder Kompetenztheorie hängt somit primär von der Grundlegung einer adäquaten Bedeutungstheorie ab, oder - wenn der Terminus "Bedeutung" sich überhaupt als unbrauchbar oder irreführend erweist - von der eines erklärungsgerechten Ersatzes.

3l

Vgl. die Kritik, die Habermas 197Oc an der Annahme apriorischer semantischer Universalien geübt hatte.

12

1.2

Wortgebräuche und Sprechakte

Die Alternative zur mentalistischen Bedeutungs- und Kottpetenztheorie der TG und den an sie anschließenden Mehrkompetenzenmodellen besteht in einer integrativen sozialwissenschaftlichen Theorie des sprachlichen Handelns, derzufolge die Sprachkompetenz - allgemein gesagt - in der Beherrschung gesellschaftlicher Regeln besteht. Eine solche Bedeutungs- und Kompetenztheorie kann sich an dem Grundsatz des späten Wittgensteins orientieren, wonach die Bedeutung eines Wortes im allgemeinen als die Regel seines Gebrauchs in der Sprache aufgefaßt werden kann. Zum Aufbau einer Kompetenztheorie reicht dieser vor allem in Absetzung zu anderen Bedeutungstheorien gewonnene Grundsatz im einzelnen natürlich noch nicht aus. Zwar hat Wittgenstein an bestimmten philosophisch interessanten Ausdrücken wie "denken", "meinen" oder "verstehen" eine exemplarische Durchführung seines Programms unternommen. Aber eine explizite Darstellung der auf diesem Grundsatz basierenden Methode hat er nicht gegeben. Insbesondere die sich aus der Mehrdeutigkeit des Wortes "Gebrauch" ergebenden Schwierigkeiten lassen genauere Unterscheidung wünschenswert erscheinen. Ein Zusammenhang zwischen Bedeutung und Gebrauch ist bei Wittgenstein bereits im "Tractatus" hergestellt, wenngleich der Gebrauch der Sprache dort noch einseitig in ihrer Bezeichnung- und Abbildungsfunktion gesehen wird. 2 Weil die Sprache den Gedanken verdecke, bedürfe es nach dem Wittgenstein des "Tractate" zur Feststellung des tatsächlichen Gebrauchs der vorgängigen Beseitigung der durch die Ungangssprache entstehenden Irreführungen: "In der Ungangssprache kommt es ungemein häufig vor, daß dasselbe Wort auf verschiedene Art und Weise bezeichnet - also verschiedenen Symbolen angehört -, oder, daß zwei Wörter, die auf verschiedene Art und Weise bezeichnen, äußerlich in der gleichen Weise im Satz angewandt werden... So entstehen leicht die fundamentalsten Verwechslungen (deren die ganze Philosophie voll ist). Um diesen Irrtümern zu entgehen, müssen wir eine Zeichensprache verwenden, welche sie ausschließt, indem sie nicht das gleiche Zeichen in verschiedenen Symbolen, und Zeichen, welche auf verschiedene Art bezeichnen, nicht äußerlich auf die gleiche Art verwendet. Eine Zeichensprache also, die der l o g i s c h e n Grammatik - der logischen Syntax - gehorcht... 1 2

Wittgenstein 1953, 43. Vgl. Wittgenstein 1922, 4.O02.

13 Um das Symbol am Zeichen zu erkennen, muß man auf den sinnvollen Gebrauch achten...

Wird ein Zeichen nicht gebraucht, so ist es bedeutungslos." Ein Satz kann nur sinnvoll sein, wenn Anstände bestimmbar sind, unter denen er wahr sein kann: "Um aber sagen zu können, ein Punkt sei schwarz oder weiß, muß ich vorerst wissen, wann man einen Punkt schwarz und wann man ihn weiß nennt; um sagen zu können: "p" ist wahr (oder falsch), muß ich bestimmt haben, unter welchen Umständen ich "p" wahr nenne, und damit be4 stimme ich den Sinn des Satzes." Aus diesem Sinnkriterium - "Einen Satz verstehen, heißt, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist" - folgt aber nicht, daß zum Verstehen die faktische Möglichkeit der Überprüfung der Wahrheit des Satzes Voraussetzung wäre: "Man kann ihn also verstehen, ohne zu wissen, ob er wahr ist. Man versteht ihn, wenn man seine Bestandteile versteht."6 Auch in den "Philosophischen Untersuchungen" ist die These vom irreführenden Charakter der Umgangssprache Ausgangspunkt der Überlegungen. Nur soll jetzt der tatsächliche Gebrauch der Wörter, ihre Tiefengrammatik, die sich aus ihrer Verwendungsweise im Satzbau, der Oberflächengrainmatik nicht unmittelhar entnehmen lasse, ohne die Mittel theoretischer Konstruktion dargestellt werden. Die Rückführung der Ausdrücke auf ihren tatsächlichen g Gebrauch, die Bestimmung ihrer umgangssprachlichen Heimat, wird unternonmen durch den Entwurf sogenannter Sprachspiele, in denen situativ bestiimtte Verwendungen der Ausdrücke vorgeführt werden. Sprachspiele stehen da "als V e r g l e i c h s o b j e k t e , die durch Ähnlichkeit und Unähnlichkeit ein Licht in die Verhältnisse unserer Sprache werfen sollen". Wesentlich ist dabei die Einbeziehung der Sprache in den Kontext des gesamten menschlichen Handelns. "Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das "Sprachspiel" nennen." Indem Wittgenstein Q

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Wittgenstein 1922, 3.323-3.328. Wittgenstein 1922, 4.O63. Wittgenstein 1922, 4.O24. ebd. "Es ist eine Hauptquelle unseres Unverständnisses, daß wir den Gebrauch unserer Wörter nicht ü b e r s e h e n . - Unserer Grammatik fehlt es an Übersichtlichkeit" (Wittgenstein 1953, 1 2 2 ) . Vgl. Wittgenstein 1953, 664. Vgl. Wittgenstein 1953, 116. Wittgenstein 1953, 13O. Wittgenstein 1953, 7.

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die Wörter unserer Sprache vergleicht mit Werkzeugen zu verschiedenen Zwekken, 12 richtet er sich gegen die Tendenz, die Verwendung der Sprache einseitig dem Bezeichnen vorzubehalten. Dem entgegen betont er die Vielfalt der Sprachverwendungen. "Wieviele Arten der Sätze gibt es aber? Etwa Behauptung, Frage und Befehl? - Es gibt u n z ä h l i g e verschiedener Arten der Verwendungen alles dessen, was wir "Zeichen", "Worte", "Sätze" nennen... Das Wort "Sprach s p i e l " soll hier hervorheben, daß das Sprechen einer Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform." Als Beispiele für die Mannigfaltigkeit der Sprachspiele werden u.a. genannt: Befehlen und nach Befehlen handeln, Beschreiben eines Gegenstandes, Berichten, Vermutungen anstellen, Theater spielen, einen Witz machen, Bitten, Danken, Fluchen, Grüßen, Beten. Es ist kennzeichnend für sein Widerstreben, theoretische Unterscheidungen vorzunehmen, die über den unmittelbaren Zweck der Beseitigung bildungssprachlichen "Leerlaufens" und "Feierns" der Sprache hinausgehen, daß Wittgenstein sich angesichts der Vielfalt der Verwendungsweisen der Wörter und Sätze unter Verzicht auf weitergehende Unterscheidungen mit dem vagen Ausdruck "Gebrauch" begnügt. Zwar ist die von ihm angestrebte Klarheit nach eigenen Worten eine vollkcmene. "Aber das heißt nur, daß die philosophischen Probleme v o l l k o m m e n verschwinden sollen." 14 Für eine Theorie der Sprachkompetenz, der es - um in Wittgensteins Bild zu bleiben - um eine Beschreibung der Regeln geht, welche ein Sprachteilhaber kennen muß, um die verschiedenen sprachlichen Werkzeuge entsprechend ihren unterschiedlichen Funktionen verwenden zu können, erscheint ein gewisses Maß theoretischer Unterscheidungen dagegen unverzichtbar. So richtig es grundsätzlich ist, die Bedeutung sprachlicher Ausdrücke in Ihrer Funktion im Sprachspiel zu sehen, so wichtig ist es dabei, daß sich nur für eine relativ kleine Zahl von Ausdrücken ein regelhafter Gebrauch im Sinne einer regelmäßigen Verwendung unmittelbar in oder zu bestimmten Sprechakten feststellen läßt, z.B. für Ausdrücke wie "Hallo", "Schach!", "Aus!" u. dergl. Bei der Mehrzahl der Wörter und Sätze ist hingegen keine derartige Gebrauchsregel zu finden. Ein Wort wie "rot" kann sowohl beim Befehlen, Bit-

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Vgl. Wittgenstein 1953, 11. Wittgenstein 1953, 23. Wittgenstein 1953, 133. - Die Vagheit von "Gebrauch" ist in der Literatur oft genug kritisiert worden, so etwa von Strawson 1954, Ryle I960, Shwayder I960, Austin 1972 (1962), 116, Aiston 1963, Searle 1975 (1967).

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ten, Witze erzählen und anderen Sprechakten verwendet werden. Sein Gebrauch ist in gewisser Weise regelhaft konstant, unabhängig von den wechselnden Verwendungen der ganzen Sätze, in denen es vorkonmt, ist derselbe bei einer Behauptung wie mit (1)

Diese Blume ist rot.,

einem Befehl wie mit (2)

Bring diese rote Platte!

oder einer Frage wie (3)

Ist dieser Einband rot?

und bei allen anderen Sprechakten. Für das Erlernen der Gebrauchsregel von "rot" erscheint es gerade wesentlich, sie als unabhängig von den vielfältigen Sprechakten wie Fragen, Befehlen usw. zu erkennen, die mit dem Äußern von Sätzen, welche den Ausdruck "rot" enthalten, gemacht werden können. Ohne die Kenntnis dieser Gebrauchsregel könnten wir nicht verstehen, was mit (1) behauptet, worauf in (2) Bezug genommen oder was in (3) gefragt wird. Wir müssen dazu wissen, wann etwas "rot" genannt wird, d.h. wir müssen die Bedingungen kennen, unter denen in unserer Sprachgemeinschaft Gegenständen der Ausdruck "rot" zugesprochen wird. Und diese Bedingungen sind dieselben beim behauptenden Zusprechen wie mit (1), beim fragenden wie mit (2) und in allen anderen Sprechakten. Die Regeln für den Gebrauch von Wörtern wie "rot", "Blume", "Wasser", "lieben", "geben" oder "schnell" bezeichnen wir als "Prädikationsregeln". Bei ihrer Beschreibung geben wir die (hinreichenden) Bedingungen an, unter denen wir solche Wörter Gegenständen zusprechen. Ausdrücke, die wir entsprechend ihren Prädikationsregeln zu- oder absprechen, nennen wir "Prädikatoren". Sie sind zu unterscheiden vom syntaktischen Prädikat als Satzteil. Prädikatoren können sowohl im syntaktischen Prädikat vorkommen wie in Ergänzungen und Angaben. Was sie auszeichnet, ist, daß sie Gegenständen zu- oder abgesprochen werden können. Nicht alle Wörter sind Prädikatoren, beispielsweise nicht Ausdrücke wie "Hallo" oder "Ätsch", mit deren Äußern unmittelbar Sprechakte gemacht werden, ebensowenig Ausdrücke wie "indem" oder "trotzdem", bestimmte Präpositionen oder Endungsmorpheme von Substantiven, Verben usw. Die Kenntnis ihrer Ge-

15 Vgl. Lorenz 197O, 126 f.

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brauchsregeln sind auf andere Weise zu erklären. Prädikationsregeln sind Konventionen, denen vor mehr oder weniger unbewußt folgen. Wir kämen unsere Regelkenntnis aber bei Bedarf meist ohne größere Schwierigkeiten verdeutlichen und weitergeben. Mindestens drei - nicht völlig voneinander trennbare - Arten des Lehrens von Prädikationsregeln sind dabei zu unterscheiden: Die paradigmatische Einführung, die ostensive Definition und die Regelbeschreibung.17 Für den primären Spracherwerb ist das paradigmatische Lehren und Lernen grundlegend, weil dabei beim Lernenden weder - wie bei ostensiven Definitionen - eine bestimmte Einteilung der Welt noch - wie bei Regelbeschreibungen - die Kenntnis der Beschreibungssprache vorausgesetzt werden muß. "Wie erkläre ich jemandem die Bedeutung von "regelmäßig", "gleichförmig", "gleich"? Einem der, sagen wir, nur Französisch spricht, werde ich diese Wörter durch die entsprechenden französischen erklären. Wer aber diese B e g r i f f e noch nicht besitzt, den werde ich die Worte durch B e i s p i e l e und durch Ü b u n g gebrauchen lehren." 18 Paradigmatisches Lehren besteht in der Bereitstellung einer unbestinmten Anzahl von Beispielen für das Zu- und Absprechen eines Prädikators, aus denen der Lernende durch induktive Verallgemeinerung das allen seinen möglichen Anwendungen Gemeinsame erkennt. "Das Gemeinsame sehen. Niitm an, ich zeige jemand verschiedene bunte Bilder, und sage: "Die Farbe, die du in allen siehst, heißt 'Ocker1." - Das ist eine Erklärung, die verstanden wird, indem der Andere aufsucht und sieht, was jenen

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Vgl. die einschlägigen Passagen in 2.2 (Handlungswörter und prepositional nicht ausdifferenzierte Sprechakte), 2.4 (illokutive Indikatoren) sowie 2.5 (Indikatoren beim Prädizieren und Referieren). Wörter wie "zwei" oder "morgen" rechne ich - im Gegensatz zu Autoren wie Kamlah/Lorenzen 1967, 29 - nicht von vorneherein nicht zu den Prädikatoren. Die Verschiedenheit ihrer syntaktischen Kategorie im Vergleich zu derjenigen von Standardbeispielen für Prädikatoren wie "rot", "Rose" oder "blühen" scheint mir als Grund für eine derartige Ausklammerung jedenfalls nicht auszureichen. Nicht gesondert eingehen kann ich im folgenden auf gewisse Unterschiede beim Lehren und Lernen einstelliger und mehrstelliger Prädikatoren oder auf diejenigen individuativer und kontinuativer Prädikatoren. Zum letzteren vgl. etwa die Überlegungen bei Lorenz 197O, 2O4 f f . , · Quine 1975b; Quine 1976 (1974), 8O f f . , 123 ff. - Auch mit den Unterschieden im Lehren und Lernen von Eigennamen und Prädikatoren werde ich mich nicht beschäftigen, weil dies eine an dieser Stelle nicht mögliche Beschäftigung mit Eigennamen nötig machen würde. Meine grundsätzliche Auffassung, wonach Eigennamen sowohl prädizierbar sind wie auch Prädikationsregeln haben ( , die freilich von Sprecher zu Sprecher verschieden sind), hoffe ich demnächst an anderer Stelle deutlich machen zu können. Wittgenstein 1953, 2O8.

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Bildern gemeinsam ist. Er kann dann auf das Gemeinsame blicken, darauf zeigen. Vergleiche damit: Ich zeige ihm Figuren verschiedener Form, alle in der gleichen Farbe gemalt und sage: "Was diese miteinander gemein haben, heißt 'Ocker'". Uhd vergleiche damit: Ich zeige ihm Muster verschiedener Schattierungen von Blau und sage: "Die Farbe, die allen gemeinsam ist, nenne ich 'Blau'"." 19 Gewöhnlich erfolgt paradigmatisches Lehren von Prädikationsregeln weniger an extra bereitgestellten Beispielen als eher beiläufig durch die sich im Zusammenhang alltäglichen Handelns ergebenden (richtigen) Verwendungen der Prädikatoren. Die Vorführungen, aus denen das Kind durch Beobachtung sowie Hypothesenbildung und -erprobung die Regeln herausbekannt, bestehen bereits im normalen Sprechen und Handeln der Erwachsenen. Einen gewissen Vorrang dürfte dabei das Zusprechen mit Wahrheitsanspruch (d.h. mit dem Anspruch, daß die jeweiligen Prädikationsbedingungen erfüllt sind) in Sprechen akten wie Behaupten, Feststellen oder Beschreiben haben. Zumindest erscheinen Prädikationsregeln im Normalfall nicht allein aus Gegenbeispielen der Form "Das ist nicht x" lembar, ebensowenig bloß aus Fragen, Aufforderungen und anderen nicht unmittelbar wahrheitsfähigen Sprechakten. Wenn aus Fragen, dann nur unter Berücksichtigung der richtigen (wahren) Antworten, wenn aus Befehlen, dann nur unter Hinzunahme ihrer Befolgung. Aber die Voraussetzungen, unter denen hier ein Lernen erfolgt, sind vielleicht komplizierter. Beim Erwerb von Prädikationsregeln lernen wir nicht allein die Bedingungen für das Zusprechen von Prädikatoren, sondern auch die Bedingungen dafür, daß verschiedene Dinge gleich sind, von derselben Art oder von selben Typ. Das heißt, wir erwerben eine sprachlich-soziale Gliederung unserer nicht von vorneherein gleichsam objektiv und völlig sprachlos gegebenen Welt. 21 Gleich ist, was wir entsprechend unseren Regeln als gleich gelten lassen. Wie sehr

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Wittgenstein 1953, 72. - Zu den Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, daß mit einem endlichen Anfangsabschnitt von Beispielen beliebige Fortsetzungen (Regelextrapolationen) verträglich sind, vgl. Kutschera o.J., 239-253. Feststellungen über den dialektischen Zusammenhang zwischen dem richtigen Gebrauch von Prädikatoren und der Wahrheit von Sätzen, welche diese Prädikatoren enthalten, finden sich bei Wittgenstein in allen Entwicklungsstadien seiner Theorie. Vgl. Wittgenstein 1922, 4.O63; Wittgenstein 1953, 242 (: "Zur Verständigung durch die Sprache gehört nicht nur eine Übereinstimmung in den Definitionen, sondern (so seltsam dies klingen mag) eine Übereinstimmung in den Urteilen"); Wittgenstein 197O, 28 (: "Man prüft an der W a h r h e i t meiner Aussagen mein V e r s t ä n d n i s dieser Aussagen. D . h . : Wenn ich gewisse falsche Aussagen mache, wird es dadurch unsicher, ob ich sie verstehe"). Vgl. Mittelstraß 1974b und 1974c.

13 die prädikativ gegebenen Unterscheidungen konventionell sind, wird beispielhaft deutlich an der Verschiedenheit der Einteilungen der Farben in verschiedenen Gesellschaften. Eine irgendwie natürliche Unterteilung des Spektrums ist nicht festzustellen. 22 Im Gegensatz zum paradigmatischen Lehren sind bei den anderen Einführungsarten auf der Seite des Lernenden bestinmte Dinge vorauszusetzen. Bei ostensiven Definitionen wie mit dem mit einer entsprechenden Hinweisgeste verbundenen Äußern von (4)

Das ist ein Himantopus.

muß vom Lernenden bereits verstanden werden, welcher in einer bestimmten Einteilung gegebene Weltausschnitt so benannt wird. Das heißt, es muß von ihm nicht nur das Sprachspiel "Benennen" verstanden, sondern auch schon die prädikative Einteilung vorausgesetzt werden, in welcher das zu Benennende gegeben ist. Und dasselbe ist Voraussetzung beam Fragen nach einer Benennung: 23 "Man muß schon etwas wissen, um nach einer Benennung fragen zu können." Ist dies nicht der Fall, der zu benennende Gegenstand noch nicht als solcher unterschieden, eine bestimmte Einteilung noch nicht vorhanden, ist es - abgesehen von der Unmöglichkeit des Fragens nach der Benennung - beim Lehren mit einer einmaligen Benennung noch nicht getan. Diese kann dann erst der Anfang einer ganzen Reihe von Beispielen benennenden Zusprechens sein. Das Lehren von Prädikationsregeln durch Regelbeschreibung besteht in der Angabe der Bedingungen, unter denen wir den Ausdruck zusprechen. Für den primären Spracherwerb in seinen frühen Stadien ist ein solches Lehren ungeeignet, weil das lernende Kleinkind dazu schon die Erklärungen verstehen müßte. Zudem ist beim Lehrenden selbst eine explizite Regelkenntnis Voraussetzung, die normalerweise nicht angencmtien werden kann. Denn eine Regel kennen heißt nicht, sie beschreiben zu können. Wegen der Schwierigkeiten befriedigender Regelbeschreibungen behilft man sich soweit wie möglich mit der Angabe von Synonyma. Auf diese Weise wird die Regelbeschreibung umgangen. Vorausgesetzt wird aber, daß der Lernende die Prädikationsregeln der zur Erklärung angebotenen Synonyme kennt und daß diese denjenigen des zu erklärenden Ausdrucks mehr oder minder 22

Vgl. Lenneberg/Roberts 1956.

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Wittgenstein 1953, 3O. - Vgl. auch Wittgensteins Kritik an der realistischen Auffassung von Augustinus: "Und nun können wir, glaube ich, sagen: Augustinus beschreibe das Lernen der menschlichen Sprache so, als käme das Kind in ein fremdes Land und verstehe die Sprache des Landes nicht; das heißt: so als habe es bereits eine Sprache, nur nicht diese" (Wittgenstein 1953, 3 2 ) .

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gleichen. Und entsprechend wird auch bei nicht prädizierbaren Ausdrücken eine weitgehend gleiche Funktion in der Sprache angencnmen, soweit solche Ausdrücke überhaupt mit Synonymen erklärbar sind. Die linguistische Rekonstruktion von PrMdikationsregeln (wie besonders in den Abschnitten 2.5 und 3. unternommen) besteht in einer durch die Methode der Beispiele und Gegenbeispiele illustrierten und gerechtfertigten Regelbeschreibung. Sie wird verstanden als die Beschreibung einer Praxis und ist verschieden von der Angabe von Bedeutungsmerkmalen oder -komponenten, wie sie in der Merkmalssemantik erfolgt, wo die Komponenten meist als Beschreibungen mentaler Entitäten, Begriffe usw. aufgefaßt werden. In der Gebrauchstheorie verschwindet dieses ganze Universum von Begriffen, Propositionen, Gedanken und Ideen, die nicht nur einen zweifelhaften ontologischen Status besitzen, sondern aus den genannten Gründen zur Bedeutungserklärung ungeeignet sind. Bei den Regelbeschreibungen dürfen wir kein absolutes Exaktheitsideal voraussetzen; nicht nur, weil keine Beschreibung aus praktischen Gründen absolut exakt sein kann, sondern auch, weil es die zu beschreibenden Regeln selbst nicht sind. Wittgenstein hat gezeigt, daß der Gebrauch von Wörtern mehr oder weniger unbestimmt ist; oft ist über die Anwendbarkeit eines Wortes keine sichere Entscheidung möglich, z.B. darüber, ob etwas noch "rot" oder schon "orange" zu nennen ist. Anderen Ausdrücken, wie dem Wort "Spiel", ist überhaupt kein gemeinsamer, für alle Anwendungsfälle durchgängiger Gebrauch eigen. Die verschiedenen Dinge, die wir "Spiele" nennen, ähneln einander lediglich wie die Mitglieder einer Familie, welche ebenfalls kein allen gemeinsames Merkmal aufweisen müssen. 24 Absolute Exaktheit unserer Prädikationsregeln würde prädikative Einteilungen der Welt in Gleichartiges unmöglich machen. Zwar ermöglichen uns Prädikationsregeln, soweit sie fest und bestimmt sind, die Gliederung der Welt in Dinge von gleicher Art. Wären sie aber völlig exakt, ins letzte detailliert und starr, gelänge uns genau dies nicht mehr. Welchen Gegenständen könnten wir dann z.B. einen nach solchen Regeln gebrauchten Ausdruck wie "Baum" zusprechen, wo doch keiner dem anderen völlig gleicht. Wir ständen einem Universum ungeordneter Einzeldinge gegenüber, für die wir eine Unzahl von Eigennamen kennen müßten, ohne daß wir jedoch die notwendige Gliederung erreichten. Die relative Offenheit unserer Prädikationsregeln gestattet uns dagegen eine

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Vgl. Wittgenstein 1953, 66-71.

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gleichzeitig stabile und flexible Orientierung in der Welt. Diese Hypothese der systematischen Unterscheidbarkeit eines regelhaften Gebrauchs der Prädikatoren der jeweiligen Verwendung der sie enthaltenden Sätze zu oder in Sprechakten hat Ihre Tragfähigkeit und Ihren Nutzen beim nachfolgenden Entwurf einer integrierten Kompetenztheorie erst noch im einzelnen zu erweisen. Für unser theoretisches Verständnis sprachlicher Handlungen, insbesondere gegenüber demjenigen, welches uns die Sprechakttheorien Austins und Searles vermitteln, hat sie jedoch bereits unmittelbare Auswirkungen. Wichtig ist dabei, daß zu den Prädikatoren auch Ausdrücke gehören, mit denen wir (sprachliche und nicht-sprachliche) Handlungen unterscheiden, also Wörter wie "laufen", "lesen", "essen", "fragen", "befehlen", "drohen" usw. Mittels dieser Prädikatoren haben wir unsere Unterscheidungen und Gliederungen von Handlungen gelernt. Die Kenntnis der Bedingungen, unter denen wir diese Prädikatoren zusprechen, ermöglicht uns prinzipiell die Entscheidung, welche Handlung in einem bestimmten Fall vorliegt, von welcher Art oder welchem Typ » sie ist. Eine Handlung verstehen heißt - grob gesagt - sie als von einem bestürmten Typ zu erkennen. Eine Handlung z.B. als Frage verstehen heißt dementsprechend, zu erkennen, daß die Bedingungen erfüllt sind, unter denen wir von ihr als einer Frage sprechen. Damit aber sind die Regeln, die wir kennen oder beherrschen müssen, um eigene und fremde sprachliche Äußerungen als sprachliche Handlungen wie Fragen, Befehle etc. zu verstehen, zuerst einmal Prädikationsregeln. In der Sprechakttheorie werden für das Verstehen sprachlicher Handlungen aber andere Regeln als notwendig postuliert, was wesentlich mit den anderen Auffassungen von "Gebrauch" zusammenhängt, welche die Sprechakttheoretiker als Vertreter der von Wittgenstein initiierten Gebrauchstheorie haben. Bereits von Austin sind generelle Schwierigkeiten der Ausfüllung des gebrauchstheoretischen Programms angesprochen worden: "'Gebrauch1 ist ganz hoffnungslos mehrdeutig oder allgemein, ganz wie auch das Wort 'Bedeutung1, über das man sich jetzt gern lustig macht. 'Gebrauch', der Nachfolger, ist da nicht viel besser dran." 25 Austin betrachtet seine Theorie der "illocutionary force" vorsichtig nur als einen zusätzlichen neuen Ansatz neben dpir alten Bedeutungstheorie: "Und eine Sache, die sich aus diesem Vorgehen ergibt, ist, daß es außer der in der Vergangenheit sehr viel untersuchten Frage der B e d e u t u n g bestimmter Äußerungen eine weitere, und davon verschiedene Fragestel-

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Austin 1972 (1962), 116.

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lung gibt, die sich auf das G e w i c h t [force] der Äußerung, wie man es wohl nennen könnte, bezieht. Die Bedeutung von "Schließ die Tür" kann uns ganz deutlich sein, ohne daß wir hinsichtlich der weiteren Frage Klarheit hätten, ob es sich bei der betreffenden Äußerung zu einem bestimmten Zeitpunkt im einen Befehl, eine Beschwörung oder was sonst noch handelt. Was wir neben der alten Bedeutungslehre brauchen, ist eine neue Lehre über alle mögliehen Gewichte von Äußerungen". 26 Austins Bedeutungstheorie bleibt damit in sich heterogen. Im Unterschied zu Austin unternimmt Searle den Entwurf einer in sich homogenen Bedeutungstheorie. In Searles integrativem Ansatz tritt an die Stelle des von ihm wegen seiner Vagheit als fast wertlos bezeichneten Ausdrucks "Gebrauch" "die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten von Sprechakten, die man mit der Äußerung von Ausdrucken vollzieht, wodurch hoffentlich die Unklarheit des Begriffs "Gebrauch" vermieden wird". 28 Dieser Konkretisierungsversuch des gebrauchstheoretischen Grundsatzes muß nach dem oben Gesagten vor der Schwierigkeit stehen, der sprechaktunabhängigen Konstanz der Prädikationsregeln der Wörter, die in den beim Vollzug der Sprechakte geäußerten Sätzen verwendet werden, gerecht zu werden. Denn den Prädikatoren läßt sich kein fester Gebrauch im Sinne ihrer Verwendung zum Vollzug von Sprechakten zuordnen. In Searles integrativem Ansatz scheint diese Schwierigkeit vermieden werden zu können. Eine Sprache sprechen bedeutet für Searle Sprechakte auszuführen.29 Dies wird als eine regelgeleitete Form intentionalen Verhaltens angesehen, insofern die Möglichkeit der Ausführung von Sprechakten auf Hegeln für den Gebrauch sprachlicher Ausdrücke beruhe und der Vollzug dieser Akte diesen Re-

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Austin 1975c (1961), 267 f. Das gilt auch für die spätere Arbeit "How to Do Things with Words", vgl. Austin 1972 (1962), 116: "Aber ich möchte gerade unterscheiden zwischen der R o l l e [force, J. H . ] der Äußerung und ihrer Bedeutung (im Sinne dessen, worüber sie spricht und was sie darüber sagt)." - Die Ansatzpunkte für die oben kritisierten Mehrkompetenzenmodelle dürften nicht zuletzt in dieser Austin'sehen Unterscheidung von "illocutionary force" und "meaning" liegen. Searle 1975 (1967), 3O5. Vgl. Searle 1969, 16. - Ich gebrauche hier und im folgenden "Sprechakt" im Sinne von "illokutionärer Akt". Obwohl sowohl perlokutionäre Akte wie auch Referieren und Prädizieren sprachliche Handlungen sind, behalte ich diesen Gebrauch bei. Denn nur für so verstandene Sprechakte t r i f f t die Searle'sehe Charakterisierung als kleinste (selbständige) Einheiten der Kommunikation (Searle 1969, 16) zu.

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geln folge: "... these acts are in general made possible by and are performed in accordance with certain rules for the use of linguistic elements." 3O Die Regeln für den Gebrauch sprachlicher Ausdrücke, die im Sinne seiner einheitlichen Bedeutungstheorie und entsprechend der obigen Hypothese gleichzeitig Regeln für den Vollzug von Sprechakten sind, nennt Searle "konstitutive Regeln". Konstitutiv sind sie, weil genau ihre Befolgung und nur diese den jeweiligen Sprechakt ausmacht. Sprechakte ausführen können, also eine Sprache beherrschen, heißt konstitutive Regeln kennen. Und die semantische Struktur einer Sprache läßt sich Searle zufolge als eine konventionale Realisierung zugrunde32 liegender konstitutiver Regeln auffassen. Daß die konstitutiven Regeln sowohl Regeln für den Vollzug von Sprechakten wie für den Gebrauch der dabei zu äußernden Ausdrücke seien, begründet Searle durch Rekurs auf eine für die Sprechakttheorien der Austin'sehen Linie zentrale Annahme, die ich die "Konventionalitätsthese" nenne. Dieser Annahme folgend, hebt Searle an den Sprechakten ihre Konventionalität hervor: "But that under such and such conditions one catches a fish is not a matter of speech acts performed within a language, on the other hand, it is a matter of convention - as opposed to strategy, technique, procedure, or natural fact that the utterance of such and such expressions under certain conditions counts as the making of a promise." Worauf es bei dieser Konventionalitätsthese ankamt, verdeutlicht Stegmüller: "Weit wichtiger ... ist jedoch die Tatsache, daß man illokutionäre Akte nur vollziehen kann, wenn geeignete Konventionen existieren. Man könnte jede derartige Konvention untergliedern in eine Ä u ß e r u n g s k o m p o n e n t e u n d i n eine A u f f a s s u n g s k o m p o n e n t e . Die erste legt fest, was in einer Situation von bestürmter Art für eine sprachliche Äußerung zu wählen ist; die zweite bestimmt, wie sie von den Hörern illokutiv zu deuten ist. Beides sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille ... Die sozialen Spielregeln , gemäß welchen mit bestimmten lokutionären Akten der Vollzug ganz bestimmter illokutionärer Akte verknüpft ist, müssen für beide 'Parteien1 [Sprecher und Hörer, J. H.] dieselben sein."34 30 31 32 33 34

Searle 1969, 16. Zur Unterscheidung konstitutiver und regulativer Regeln vgl. Searle 1969, 33-42. Searle 1969, 37. Searle 1969, 37. Stegmüller 1975, 71 f. - Ähnlich bereits Aiston 1974 (1964), 67: "Wir können uns die Regelmäßigkeit, mit der ein gegebener Satz für den Vollzug eines bestimmten sprachlichen Aktes gebraucht wird, selbst als Widerspiegelung einer Regel vorstellen, die jenen Satz jenem sprachlichen Akt zuordnet."

23 Searles Auslegung der Konventionalitätsthese ist extensiver als die Austins. Während letzterer damit nur einen Teil der Bedeutung einer Satzäußerung, nämlich die illokutive Kraft, erklären will, sind für Searle die als solche Konventionen verstandenen konstitutiven Pegeln sowohl Regeln für den Vollzug von Sprechakten wie auch für den Gebrauch der ganzen dabei zu äußernden Sätze. Die Annahme, daß aus diesem Grund die Untersuchung der Bedeutung von Sätzen nicht grundsätzlich verschieden sein könne von der Untersuchung von Sprechakten, formuliert Searle explizit als "principle of expressibility", wonach es zu jedem Sprechakt mindestens einen Satz gebe, dessen Bedeutung unter Voraussetzung des jeweiligen Kontextes festlege, welcher Sprechakt mit seiner Äußerung gemacht werde. Die Funktion des "Prinzips der Ausdrückbarkeit" charakterisiert Searle folgendermaßen: "But most important for present purposes it enables us to equate rules for performing speech acts with rules for uttering certain linguistic elements... To study the speech acts of promising or apologizing we need only study sentences whose literal and correct utterance would constitute making a promise or issuing an apology." Entsprechend der Searle'sehen Konventionalitätsthese besteht die Fähigkeit sprachlichen Handelns in der Kenntnis von konstitutiven Regeln. Es wird eine der Aufgaben des in den anschließenden Kapiteln entwickelten Alternativentwurfs einer integrierten Kcmpetenztheorie sein, zu zeigen, daß die Annahme konstitutiver Regeln im Sinne Searles zur Erklärung des Zustandekommens bzw. Verstehens von Sprechakten weder nötig ist noch die ihr zugedachte integrative Kraft besitzt. Darüber hinaus möchte ich darlegen, daß Searle selbst keine Beispiele für derartige konstitutive Regeln geben konnte. Searles Beschreibungen konstitütiver Regeln erfolgen in der für die Konventionalitätsthese typischen Zweigliedrigkeit, wonach Bedingungen formuliert werden, unter denen ein bestimmter Satz auf der einen Seite einem bestimmten Sprechakt auf der anderen Seite zugeordnet werden kann bzw. einen solchen Sprechakt 35

Vgl. Searle 1969, 2O f. - Searle vertritt die Annahme, daß jeder Sprechakt potentiell durch eine Äußerung vollzogen werden könne, in der genau ausgedrückt wird, was der Sprecher meint. So kann der Satz "I'll come" gegebenenfalls aufgefüllt werden zu dem explizit performativen Satz "I promise that I will come". (Zu den Schwierigkeiten dieser Annahme im Zusammenhang mit entsprechenden Formulierungen von Tiefenstrukturen vgl. die einschlägigen Passagen in 1.1.) - Daß die Bedeutung des geäußerten Satzes festlege, welcher Sprechakt unter bestimmten Bedingungen damit gemacht werde, ist eine konsequente Annahme, wenn man wie Searle voraussetzt, daß die Bedeutung im Sinne der Regel des Gebrauchs genau im Vollzug des Sprechaktes bestehe. 36 ebd.

24 ergibt: "Die (aufrichtige) Äußerung eines g e g e b e n e n S a t z e s S ist (unter normalen Kcntnunikationsbedingungen) ein S p r e c h a k t X, dann und nur dann, wenn ...". Die Beschreibung der notwendigen und hinreichenden Bedingungen erfolgt durch Angabe einer Gruppe von Sätzen, aus deren Konjunktion folgt, daß der Sprecher mit der Äußerung des als gegeben vorausgesetzten Satzes einen Sprechakt von Typ X vollzogen hat. Die von Searle formulierten Bedingungen sind nun sichtbar nichts anderes als Bedingungen für das Zusprechen von Sprechaktverben wie "fragen", "versprechen" oder komplexerer Zusammensetzungen wie "einen Rat geben" usw., also Bedingungen, unter denen wir von jemandem sagen, er habe diesen oder jenen Sprechakt ausgeführt. "I shall ask what conditions are necessary and sufficient for the act of promising to have been successfully and non-defectively performed in the utterance of a given sentence" 38 kündigt Searle an. Una er gibt die Antwort mit derjenigen auf die Frage "Wann nennen wir etwas ein Versprechen?". Ctowohl Searle selbst mehrfach deutlich macht, daß die Formulierung konstitutiver Regeln definitorischen oder tautologischen Charakter trage bzw. analytische Sätze ergebe, 39 bleiben zwei methodologisch überaus wichtige Schlußfolgerungen aus: Erstens, daß es sich bei der Explikation der die Sprechakte als bestimmten Typs definierenden konstitutiven Regeln um die Beschreibung der Prädikationsregeln von Ausdrücken wie "versprechen", "fragen", "raten" usw. handelt, mit denen wir sprachliche Handlungen unterscheiden. Und zweitens, daß eine derartige Beschreibung von Prädikationsregeln grundsätzlich auf alle Prädikatoren angewandt werden kann und muß. Searles Konkretisierung des gebrauchstheoretischen Grundsatzes ergibt somit eine Reduktion auf die Beschreibung des Gebrauchs von Prädikatoren, mit denen die Sprechakte unterschieden werden. Wenn die Kenntnis konstitutiver Regeln das Verstehen von Sprechakten begründet, diese konstitutiven Regeln jedoch Prädikationsregeln von Sprechaktverben sind, beruht auch das Verstehen von Sprechakten auf der Kenntnis von Prädikationsregeln - wie oben gesagt - und nicht auf derjenigen konventioneller Zuordnungen von Sätzen und Sprechakten. Searles konstitutive Regeln sind als Prädikationsregeln einzelner Ausdrücke keine Regeln für den Gebrauch ganzer Sätze und lösen auch ihren integrativen Anspruch nicht ein. Die Beschreibung konstitutiver Regeln, mit denen doch der Gebrauch von Sätzen erklärt werden soll, beschränkt sich auf die Angabe von 37 38 39

Vgl. z.B. Searle 1969, 57. Searle 1969, 54. Vgl. z.B. Searle 1974 (1965), 36 f.;

Searle 1969, 34.

25

Bedingungen, unter denen die Äußerung eines inner schon als gegeben vorausgesetzten Satzes einen Sprechakt

b e s t i m m t e n

Typs

(Frage, Be-

fehl etc.) ergebe. Unbeschreibbar bleibt so aber, was in den jeweils geäußerten Sätzen worüber prädiziert wird, die traditionelle Satzbedeutung also, oder - in Searles Terminologie - der jeweilige konkrete propositionale Gehalt Indem er seiner Konventionalitätsthese entsprechend bei der Erklärung der Satzbedeutung auf den mit der Satzäußerung konventionellerweise gemachten Sprechakt verweist, diesen jedoch gleichzeitig als Funktion der Satzbedeutung ansieht, bleibt Searle zwar konsequent in seiner dialektischen Konzeption der konstitutiven Regeln, ohne jedoch über die Angabe der allgemeinen Bedingungen hinauszukonmen, die die Äußerungen verschiedenster Sätze erfüllen müssen, damit sie einen Sprechakt bestimmten Typs ergeben. Durch die Formulierung konstitutiver Regeln wird zwar beschrieben, was an verschiedenen Satzäußerungen gleich sein muß, damit sie auch Sprechakte eines bestimmten Typs sind. Gleichzeitig bleiben ihre inhaltlichen unterschiede außer Betracht. Den Äußerungen zweier Sätze wie (5)

Kommst du?

(6)

Gehst du?

und

können zwar Bedingungen gemeinsam sein, unter denen sie den Vollzug desselben Sprechaktes Fragen ergeben. Offen bleibt bei der Angabe dieser Bedingungen aber immer noch, was damit jeweils genau gefragt wird. Ein wesentlicher Schritt zur Lösung dieses Problems wäre die Beschreibung der Prädikationsregeln von "können" und "gehen". Nicht nur die genauen Referenz- und Prädikationsakte, die beim Vollzug konkreter Sprechakte gemacht werden, bleiben unbeschrieben. Es fehlt auch jede Erklärung, welchen syntaktischen Restriktionen die zum Vollzug bestürmter Sprechakte zu äußernden Sätze unterliegen. Der einzige Versuch, Näheres über die ansonsten als irgendwie gegeben angenomenen Sätze zu sagen, besteht im Versuch der Formulierung sprechaktspezifischer Regeln ihres propositionalen Gehalts. Wie aber sollen z.B. die propositionalen Gehalte von Sätzen, mit deren Äußern wir z.B. etwas empfehlen, bestimmt werden? Empfehlen kann man nur, was man für gut hält, und demnach dürfen in Sätzen, die wir zum Empfehlen verwenden können, an den entsprechenden Stellen nur Ausdrücke für Dinge, Handlungen usw. vorkommen, die wir für gut halten. Was wir aber für gut halten, ist eine Tatsachenfrage und hat mit dem Gebrauch von "empfehlen" gar

26 nichts zu tun. Es liegt allein an uns, was wir empfehlen können und sprachliche Regeln lassen sich dafür gar nicht finden. Auch durch Angaben wie, daß man z.B. nur zukünftige Handlungen versprechen kann, gibt Searle keine Restriktionen für Propositionen an. Denn es liegt nicht an der Proposition, sondern an mir, daß die Handlung zukünftig ist. Der Anspruch Searles, durch Formulierung seiner konstitutiven Regeln die Bedeutung von Sätzen und den Vollzug von Sprechakten in einheitlicher Weise zu erklären, kann nicht als gelungen angesehen werden. Mit den konstitutiven Regeln werden lediglich die Prädikationsregeln von Sprechaktverben beschrieben, nicht aber die Regeln für den Gebrauch ganzer Sätze. Es konnte auch nicht deutlich gemacht werden, daß die Beschreibung des Gebrauchs der Sprache auf der Ebene von Sätzen einzulösen ist. Im folgenden möchte ich darlegen, daß eine integrierte Theorie des sprachlichen Handelns genau auf der methodischen Grundlage einer Beschreibung des Gebrauchs von Prädikatoren, wie sie von Searle entgegen seinem Selbstverständnis begonnen wurde, aufgebaut werden kann, und daß die angestrebte Einheit der Bedeutungs- und Kompetenztheorie genau über die Prädikationsregeln gegeben ist.

SPRACHKOMPETENZ ALS KENNTNIS VON REGELN SYMBOLISCHEN HANDELNS

2.1

Handlungstheorie

2.1.1

Handlung und Handlungsmuster

Das Hauptgewicht der Untersuchung der verschiedenen Verwendungen der Sprache im Rahmen der Sprechakttheorie bestand in der Beantwortung der Frage, w a n n ein bestimmter Sprechakt vorliegt oder gelingt. Searle hat die Antwort auf diese Frage durch Formulierung sogenannter konstitutiver Regeln gegeben, ein Verfahren, das in der Explikation der Prädikationsregeln der entsprechenden Sprechaktverben bestand. Stärker als mit der Frage, wann ein bestimmter Sprechakt glückt oder vorliegt, hat sich dagegen Austin mit den generellen Bedingungen für das Zustandekommen von sprachlichen Handlungen und der Art und Weise ihres Vollzugs beschäftigt. Allgemeine Bemerkungen darüber, w i e Sprechakte vollzogen werden, macht Austin in der 8. bis 1O. Vorlesung seiner William James Lectures von 1955. Nach Austin wird ein Sprechakt durch den Vollzug eines lokutionären Aktes ausgeführt; dieser besteht aus einem rhetischen Akt, welcher sich aus den beiden Teilakten der Bezugnahme und der Prädikation zusammensetzt. Beide wiederum werden durch Äußerung von Worten bzw. Sätzen, dem phatischen Akt, ausgeführt. Letzterer schließlich wird durch Äußern von Lauten, dem phonetischen Akt, vollzogen. Mit den auf diese Weise gemachten illokutionären Akten können zusätzliche Wirkungen hervorgerufen werden. Die illokutionären Akte sind selbst dagegen keine Folgen oder Konsequenzen der lokutionären Akte; Handlungen, die als Wirkungen von illokutionären Akten zustandekonmen, nennt Austin "perlokutionäre Akte". So ergibt sich nach Austin eine mehrfache indem-Verbindung: Man vollzieht einen perlokutionären Akt, indem man einen illokutionären Akt vollzieht, indem man einen lokutionären Akt vollzieht, indem man einen rhetischen Akt vollzieht, indem man referiert und prädiziert, indem man einen phatischen Akt ausführt, Austin 1972 (1962), 11O-149.

28

indem man einen phonetischen Akt vollzieht. Diese Kette kann Austin zufolge nach der Seite der perlokutionären Akte noch erweitert werden. Aus der Feststellung einer mehrfachen indem-Relation von den perlokutionären Akten bis hin zu dem, was Austin kleinste "körperliche Minimalhandlungen" nennt, ergibt sich, daß gleichzeitig verschiedene miteinander verträgliche Kennzeichnungen dessen, was einer tut, möglich sind. Solche Kennzeichnungsprobleme treten nicht nur beim sprachlichen Handeln, sondern beim Handeln überhaupt auf. Das Problem besteht darin, daß auf das, was einer tut, gleichzeitig mehrere Beschreibungen zutreffen können, ohne daß zwischen diesen logische Implikationsbeziehungen bestehen müßten. Zwar ist einsichtig, daß meine Katze eine Katze und zugleich ein Tier, darüber hinaus auch ein Lebewesen ist, ohne sich deshalb gleich verdreifachen zu müssen. Aber daß Otto eine Handbewegung macht, dadurch eine Schachfigur bewegt, auf diese Weise seinen Gegner schachmatt setzt, ihn dadurch besiegt, dadurch eine Wette gegen seinen Freund Fritz gewinnt, dadurch erreicht, daß dieser ihm hundert Mark zahlen muß, sich dadurch von seinen finanziellen Nöten befreit, das ist etwas anderes, denn zwischen den Beschreibungen dessen, was Otto macht, bestehen keine Implikationen. Nach Anscombe 3 und Davidson4 sind die verschiedenen Handlungen, die Otto offensichtlich zu machen scheint, miteinander identisch. Es handelt sich nicht um sieben Handlungen, sondern um eine einzige, die hier lediglich auf sieben verschiedene Weisen beschrieben wird. So etwas ist grundsätzlich möglich: Je nach Unständen kann jemands Tun verschieden beschrieben werden: Holz sägen kann unter Unständen auch heißen: Lärm machen oder einen Haufen Sägemehl machen usw. Nach dieser Auffassung würde zwischen Ottos Handbewegung, seinem Schachmattsetzen des Gegners, seinem Siegen usw. Identität bestehen. Daß das so nicht stimmen kann, zeigt Goldman: Ich kann zwar jemanden besiegen, indem ich ihn schachmatt setze, aber umgekehrt kann ich jemanden nicht schachmatt setzen, indem ich ihn besiege. Die Relation ist also entgegen der Identitätsthese asymmetrisch. Aus derartigen Schwierigkeiten hilft uns die Unterscheidung von Handlung und Handlungsmuster. Einerseits kann jemand wiederholt eine bestimmte Handlung 2 3 4 5 6

Austin 1972 (1962), 126. Anscombe 1957. Davidson 1963 und 1967. Goldman 197O, l ff. Ähnliche Unterscheidungen machen Goldman 197O und Heringer 1974. - Die hier getroffene Unterscheidung folgt im wesentlichen der Heringers. - Eine Diskussion darüber, was eine Handlung ist, etwa im Unterschied zu einem Ereignis, möchte ich hier und im folgenden nicht führen. Mir kommt es vor allem

29

machen, nach einem bestimmten Handlungsmuster handeln. Genauso können verschiedene Menschen zu verschiedenen Zeiten die gleiche Handlung machen oder nach demselben Muster handeln. Aufgrund unserer Gebrauchsregeln von Handlungsprädikatoren können wir die in Raum und Zeit je verschiedenen Handlungen als Wiederkehr des Gleichen erkennen. (Sine ein entsprechendes Prädikatorensystan gelänge uns weder die Differenzierung und Strukturierung noch das Verstehen menschlichen Tuns - auch unseres eigenen - nicht. Wenn Otto gestern nach dem Muster ein Vaterunser beten gehandelt hat und es heute wieder tut, haben wir es mit zwei in Raum und Zeit verschiedenen Handlungen von selben Typ oder Muster zu tun. Beide genügen in gleichem Maße den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit wir von einer Handlung sagen, sie sei von dieser Art. Ebenso liegen zwei verschiedene Handlungen vor, wenn Otto und Ottos Frau nach demselben Muster (unabhängig davon, ob gleichzeitig oder nicht) handeln: Niemand kann jemands anderen Handlungen machen. Genauso ist einleuchtend, daß ein Handeln nach verschiedenen Mustern auch verschiedene Handlungen impliziert: Wer ein Buch liest und sich die Hände wäscht, macht imner zwei Handlungen, auch wenn beide gleichzeitig erfolgen. Dementsprechend definiert Goldman: "... that two act-tokens are identical if and only if they involve the same agent, the same property, and the same time." Nach dieser Definition wäre in unserem Beispiel vom schachspielenden Otto gleich von sieben Handlungen zu reden: Zwar bleiben Agent und Zeit gleich, aber die Muster, nach denen er handelt, sind verschieden und so liegen auch verschiedene Handlungen vor. Zweifellos bestehen zwischen diesen Handlungen ganz bestirnte Beziehungen, die z.B. zwischen dem Händewaschen und dem Lesen eines Buches nicht bestehen, aber es sind dieser Definition entsprechend Beziehungen zwischen verschiedenen Handlungen. Obwohl Goldmans Kritik an der von ihm so bezeichneten "Identitätsthese" auf der Unterscheidung von Handlungen (act-tokens) und Handlungsmustern (act-types) beruht, übersieht er, daß die von ihm beschriebenen Asyntnetrien nicht zwischen Handlungen, sondern zwischen Handlungsmustern bestehen. Daß Otto mit einen bestimmten Zug gewinnt, ist keine Eigenheit von Ottos Handlung. Vielmehr ist dies eine durch die Regeln des Schachspiels definierte Eigenschaft des Handlungsmusters, nach dem auch von anderen gehandelt werden kann. Jeder von uns hätte diesen Typ von Zug tun und damit gewinnen können. Auf der anderen Seite macht der,

7

darauf an zu zeigen, daß und wie eine Handlungstheorie auf einer Beschreibung des Gebrauchs bzw. der Prädikationsregeln von Handlungsprädikatoren entwickelt werden kann. Goldman 197O, 1O.

30 welcher einen bestimmten Schachzug macht, dadurch seinen Gegner schachmatt setzt, dadurch gewinnt und dadurch zum Gewinn einer Wette kennt, nur e i n e raumzeitliche Handlung, die hier nach mehreren Mustern ist, die sich nicht ausschließen. Das, was hier getan wird, erfüllt sowohl die Prädikationsbedingungen von "einen Schachzug machen", wie unter den ünständen, unter denen es geschah, auch die Bedingungen von "Schachmatt setzen" und "eine Wette gewinnen". Eine Handbewegung kann nach dem einen oder anderen Muster sein, aber auch nach mehreren gleichzeitig, zwischen denen bestimmte Beziehungen gelten. Deshalb ist es falsch zu sagen, daß die Handlungen Ottos alle gleichzeitig seien. Denn Otto hat nur einmal gehandelt, und dabei nach mehreren Mustern. Alle diese Muster bzw. Beschreibungen treffen gleichzeitig auf die eine Handlung Ottos zu. Was als Realisierung eines Musters gilt, ist durch unsere prädikativen Einteilungen festgelegt: Eine Handlung ist nach einem bestimmten Muster, wenn der entsprechende 'Handlungsprädikator (oder die entsprechende Beschreibung) wahr davon behauptet werden kann. Nicht immer müssen mehrere Muster zugleich realisiert werden. Es kann auch nur nach einem Muster gehandelt werden; aber ein Handeln, das nach keinem Muster ist, gibt es nicht. Die Handbewegung Ottos ist nicht immer ein Schachzug, dieser führt nicht irtmer zum Gewinn des Spiels, und dieser nicht immer zu dem einer Wette. Solche Zusammenhänge gelten meist nur unter bestimmten Bedingungen. Sind diese erfüllt, hat Otto nicht nur nach dem Handlungsmuster HX gehandelt, sondern außerdem nach HY und HZ usw., ohne aber mehrmals gehandelt zu haben. Eine Handlung kann eine bestimmte Handbewegung (Muster!) sein, darüber hinaus unter gegebenen BedingunQ gen in einer bestimmten Situation auch ein bestimmter Schachzug, dazu auch noch nach dem Muster den Gegner schachmatt setzen, sowie noch eine Wette gewinnen. Den Zusammenhang der Musterrealisierungen und die Distribution der Bedingungen, unter denen dieser Zusammenhang gilt, können wir grafisch darstellen: eine Wette gewinnen



wenn

den Gegner schachmatt setzen einen Schachzug ^ machen eine bestimmte Handbewegung machen

wenn Be-Bf '

·-._ ^ wenn Bc-Bd

^"~—— ·, 3.

D

Daß diese Beschreibung etwas ungenau ist, braucht uns an dieser Stelle nicht weiter beschäftigen. Genaugenommen muß man natürlich zuerst die Schachfigur nehmen, dann sie in ein anderes Feld stellen und dergleichen, man muß also mehrere Handbewegungen (mit der Schachfigur) machen, die erst in bestimmter Reihenfolge und unter bestimmten Bedingungen einen Schachzug ausmachen.

31 Die konzentrisch nach außen sich erweiternden Kreislinien stellen die Grenzlinien dessen dar, was unter bestürmte Bedingungen erfüllenden Unständen mit einer Handlung gemacht wird. Ist keine der Bedingungen Bc-Bn erfüllt, hat der Agent P nur eine bestimmte Handbewegung gemacht, weiter nichts. Sind die Bedingungen ,- ^ erfüllt, so ist P 1 s Handbewegung auch ein Schachzug; sind zusätzlich Be~Bf erfüllt, hat P seinen Gegner schachmatt gesetzt. Und wenn auch Bg-Bft erfüllt sind, hat P auch eine Wette gewonnen. Zusammenhänge von Handlungsmustern wie den beschriebenen nennen wir "wenndann-Zusainnenhänge". Wir können sagen: W e n n etwas eine Handbewegung bestimmter Art ist (und das ist nur der Fall, wenn es bestimmte Kriterien oder Bedingungen dafür erfüllt), und wenn darüber hinaus bestimmte weitere Bedingungen erfüllt sind, d a n n können wir davon auch sagen: Das ist ein Schachzug. W e n n wiederum dieser Schachzug unter Bedingungen der und der Art erfolgt (bestimmte Spielkonstellation u. dergl.), d a n n sind auch die Bedingungen dafür erfüllt, daß wir sagen können, der Gegner sei schachmatt gesetzt. W e n n darüber hinaus noch weitere Bedingungen erfüllt sind (etwa, daß eine bestiimvte Abmachung gilt), d a n n gilt auch, daß damit eine Wette gewonnen wurde. In diesem wenn-dann-Zusammenhang ist eine Wette gewinnen gewissermaßen das speziellste Muster. Es ist hier mit dem Handeln nach den Mustern unterhalb realisiert und setzt deshalb neben der Erfülltheit der Bedingungen Bg-Bn schon die Erfülltheit von Ba-Bf voraus. Denn nur in diesem Fall sind auch die Muster unterhalb realisiert. Der ganze wenn-dann-Zusammenhang gilt erst, wenn alle Bedingungen - ^ erfüllt sind. Die Distribution der Bedingungen in wenn-dann-Zusaninenhängen von Handlungsmustern verläuft genau entgegengesetzt derjenigen bei logischen Implikationen, z.B. bei (1)

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