Deklarative prosodische Morphologie: Constraint-basierte Analysen und Computermodelle zum Finnischen und Tigrinya [Reprint 2017 ed.] 9783110911374, 9783484303997

This volume covers the declarative analysis of prosodic morphology using inviolable constraints. In this context, syllab

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German Pages 302 [308] Year 1999

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Deklarative prosodische Morphologie: Constraint-basierte Analysen und Computermodelle zum Finnischen und Tigrinya [Reprint 2017 ed.]
 9783110911374, 9783484303997

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Danksagung
Kapitel 1. Einleitung
Kapitel 2. Theoretische und formale Grundlagen
Kapitel 3. Geminaten und Ambisilbizität
Kapitel 4. Constraintbasierte prosodische Morphologie
Kapitel 5. Prosodische Morphologie der Verben in Tigrinya
Kapitel 6. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
Anhang

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Linguistische Arbeiten

399

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Hans Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Markus

Walther

Deklarative prosodische Morphologie Constraint-basierte Analysen und Computermodelle zum Finnischen und Tigrinya

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999

D 61

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Walther, Markus: Deklarative prosodische Morphologie : constraint-basierte Analysen und Computermodelle zum Finnischen und Tigrinya / Markus Walther. - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Linguistische Arbeiten ; 399) ISBN 3-484-30399-9

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Buchbinder: Nädele Verlags- und Industriebuchbinderei, Nehren

Inhaltsverzeichnis Danksagung

ix

1

Einleitung

1

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Theoretische und formale Grundlagen

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2.1

2.2

2.3 3

Deklarative Phonologie 2.1.1 Einführung 2.1.2 Grundprinzipien 2.1.3 Praktische Folgerungen Die Constraintlogikprogrammiersprache CUF 2.2.1 Merkmalsbeschreibungen 2.2.2 Typen 2.2.3 Sorten Bemerkungen zur graphischen Darstellung von Constraints

Geminaten und Ambisilbizität 3.1 Einführung 3.2 Deskriptiver Uberblick zu Geminaten 3.2.1 Die Distribution von Geminaten 3.2.2 (Nicht-)Alternationen mit Geminaten im Fokus 3.2.3 Der kontextuelle Einfluß von Geminaten 3.2.4 Phonetische Aspekte der Gemination 3.3 Bisherige Vorschläge zur Repräsentation von Geminaten 3.3.1 Lineare versus graphenbasierte Ansätze 3.3.2 Sound Pattern of English 3.3.3 Autosegmentale und CV-Phonologie 3.3.4 Morenbasierte Ansätze 3.3.5 Die Two-Root-Theorie prosodischer Länge 3.4 Eine adäquate formale Repräsentation von Geminaten 3.4.1 Schritte zu einem geeigneten Inventar subsilbischer Rollen 3.4.2 Anforderungen an die Innenstruktur der Silbe 3.4.3 Eine Merkmalszerlegung von subsilbischen Rollen 3.4.4 Vorteile der Merkmalszerlegung 3.5 Zur Interaktion von Silbifizierung und Gemination 3.5.1 Die Bedeutung der Silbifizierung für geminierte Strukturen 3.5.2 Deklarative sonoritätsbasierte Silbifizierung 3.5.3 Sprachspezifische Parametrisierung 3.5.4 Formale Phonotaktik

7 7 8 14 20 20 22 24 26 29 29 31 31 37 38 39 42 42 43 44 48 50 54 54 54 59 63 64 64 65 73 75

vi

3.6

3.7

4

5

Phonologische Analyse mithilfe der neuen Geminatenrepräsentation 3.6.1 Eine asymmetrische Klassifikation prosodischer Länge 3.6.2 Formale Distribution von Geminaten und Grenzfälle 3.6.3 Stabilitätseigenschaften von Geminaten Gemination im Kontext: eine computerimplementierte Fallstudie 3.7.1 Stufenwechsel im Finnischen 3.7.2 Daten und Generalisierungen 3.7.3 Ausgewählte neuere Analysen 3.7.4 Die deklarative Alternative

Constraintbasierte prosodische Morphologie 4.1 Einführung 4.2 'Positionsvariable' Morphologie - Phänomene und Lösungsansätze 4.2.1 Beispiele für positionelle Variation 4.2.2 Relevante morphologische Domänen 4.2.3 Natur der variablen Elemente 4.2.4 Bausteine der Variation 4.2.5 Beschränkung der Variation 4.3 Formale Modellierung und Implementierung 4.3.1 Segmentale Positionen 4.3.2 Konkatenation 4.3.3 Positionelle Alternation 4.3.4 Konkatenative Spezifikation 'nicht-konkatenativer' Morphologie 4.3.5 Prosodische Constraints 4.3.6 Inkrementelle Optimierung 4.4 Vorschlag für eine Analysestrategie 4.5 Einordnung und Vergleich 4.5.1 Natürliche Generative Phonologie 4.5.2 Zweistufenmorphologie 4.5.3 Monostratale constraintbasierte Phonologie 4.6 Abschließende Diskussion 4.6.1 Die Kritik an segmentalistischen Theorien 4.6.2 Diskussion der Kritik 4.6.3 Zur Restriktivität des vorgestellten Modells Prosodische Morphologie der Verben in Tigrinya 5.1 Tigrinya - die Sprache 5.1.1 Allgemeiner Uberblick 5.1.2 Phonologie

78 78 87 89 93 93 93 102 106 119 119 121 121 122 124 126 126 127 127 129 131 . . 133 139 142 154 156 157 159 160 161 161 162 167 171 171 171 174

vii

5.2 5.3

5.4

5.5

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5.7

5.8

5.9 6

5.1.3 Literaturüberblick und Stand der Forschung Überblick über das Verbalsystem Die Struktur des Stamms 5.3.1 Stammvokale 5.3.2 Formale Stammspezifikation Die Struktur der Affixe 5.4.1 Präfixe 5.4.2 Suffixe Morphologische und phonologische Gemination 5.5.1 Uberblick über die Distribution von Geminaten 5.5.2 Typ B-Verben 5.5.3 Kausativformen 5.5.4 Gemination bei adjazentem /*/ Reduplikation als Infigierung 5.6.1 Motivation des Infixes 5.6.2 Genauere Betrachtung der einzelnen Infix-Instanzen 5.6.3 Formale Spezifikation des Infixes Vokalkoaleszenz in den Verbformen 5.7.1 Koaleszenz und Infigierung 5.7.2 Unabhängige Evidenz für Vokalkoaleszenz 5.7.3 Die Analyse von Buckley (1994) 5.7.4 Formale Analyse anhand einer Fallstudie zum Verb mote Spirantisierung 5.8.1 Daten 5.8.2 Frühere Analysen 5.8.3 Eine eigene formale Analyse Bemerkungen zur Computerimplementierung

177 178 184 184 189 192 192 198 199 199 200 201 202 205 206 207 208 212 213 214 216 219 236 236 239 240 244

Zusammenfassung und Ausblick 6.1 Ergebnisse und ihre Bedeutung

249 249

6.2

256

Ausblick und weiterer Forschungsbedarf

Literatur

261

Anhang

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Danksagung Kaum eine wissenschaftliche Arbeit entsteht im Alleingang. So wäre auch dieses Buch unvorstellbar ohne die vielfaltige Unterstützung, die ich durch verschiedene Personen erfahren habe. Zuerst gilt mein ganz besonderer Dank Richard Wiese, der es geschafft hat, mich damals in meinen Stuttgarter Jahren durch hervorragende Lehrveranstaltungen erstmals für Phonologie und Morphologie zu begeistern und der dann die ersten, tastenden eigenen Schritte in die Phonologie im Rahmen meiner Informatik-Diplomarbeit zur deklarativen Silbifizierung aus der Ferne begleitet hat. Seine kenntnisreiche Betreuung nun auch dieser, in Düsseldorf entstandenen Arbeit hat letztendlich entscheidend zu ihrem Gelingen beigetragen. Bemerkenswert fand ich einerseits seine Fähigkeit, immer wieder neue Präsentationen von sicherlich oft unausgegorenen Ideen anzuhören und sie dann sachkundig zu kommentieren, andererseits seine - trotz dezidierter eigener Standpunkte - beständige Aufgeschlossenheit für alternative Ansätze wie dem hier verfolgten computerlinguistischen Zugang im Rahmen der Deklarativen Phonologie. Dessen Wurzeln reichen im übrigen zurück bis ins Jahr 1991, wo ein einmonatiger Forschungsaufenthalt am exzellenten Centre for Cognitive Science in Edinburgh eine bis heute prägende Zusammenarbeit mit Steven Bird und Mark Ellison in Gang setzte. Insbesondere Mark Ellison hat seitdem immer wieder mit großem Engagement Details mit mir diskutiert und vertiefte Einsichten vermittelt, sowohl per email als auch bei einem fruchtbaren Aufenthalt in Düsseldorf. Zurück nach Düsseldorf: dort haben zunächst wechselnde Konstellationen von PhonologieEnthusiasten, u.a. Roland Noske, Chris Golston, Karijn Helsloot, Wolfgang Kehrein und Dafna Graf zu einer fruchtbaren und diskussionsfreudigen Arbeitsatmosphäre beigetragen. Roland Noskes skeptische Herausforderung war es, die mich ursprünglich stimulierte, abweichend von seiner Analyse der Tonkawa-Verben schließlich die hier präsentierte Alternativkonzeption zu entwickeln. Dafna Graf danke ich ganz besonders für die viele Zeit, die sie verbracht hat, um mit mir die prosodisch-morphologischen Verzwicktheiten ihrer Muttersprache Neuhebräisch zu erforschen und meine ungewohnten Ideen über diesen Gegenstandsbereich zu verdauen. Außerhalb der Universität danke ich Abraham Afeworki für seine Hilfe zum Tigrinya. Einen sehr großen Einfluß hatte aber auch die Computerlinguistik-Arbeitsgruppe mit Jim Kilbury, Christof Rumpf, Suzanne Wolting und Petra Barg. Petra Barg hat die verschiedensten Versionen aller Teile dieser Arbeit sorgfaltig gelesen, wertvolle Kritik zu ihrer Verbesserung offeriert und mir in besonders herzlicher Art und Weise ihre kollegiale Freundschaft angedeihen lassen, allesamt handfeste Gründe zur Dankbarkeit. Der Botanische Garten der Heinrich-HeineUniversität hat dabei eine sicherlich nicht zu unterschätzende Nebenrolle gespielt. Neben Petra Barg haben aber vor allem auch meine Eltern Jürgen und Esther Walther immer die nötige moralische Unterstützung aufgebracht und an die Fertigstellung des nun vorliegenden Werkes geglaubt - vielen Dank! Die evangelisch-freikirchliche Gemeinde DüsseldorfChristophstraße, und dort ganz besonders Marguerite und Raymond Mathis, Wendelin Dutenhöfer sowie die Mitglieder meines Bibelgesprächskreises haben schließlich viel dazu beigetragen, die Balance im Leben während der Anfertigung dieser Arbeit zu bewahren. Der Hauptperson dankt man zuletzt: es ist Jesus, dessen persönliche Freundschaft nicht nur die Welt, in der ich lebe - auch die der vorläufigen Theorien über das Wunder "Sprache" in Gottes genialer Schöpfung - mit Sinn erfüllt, sondern sie ganz sicher überdauern wird. Marburg, im September 1998

Kapitel 1 Einleitung Ausgangssituation. In den letzten Jahren hat sich in der theoretischen Phonologie ein beinahe dramatisch zu nennender Wandel vollzogen. Das Herzstück dieses Wandels ist die Abkehr von einer auf dem Konzept der Regelsysteme basierenden Modellierung und Erklärung phonologischer Phänomene. Diese alte Sicht, deren vielfältige Ausprägungen letztlich alle auf die einflußreiche Pionierarbeit von Chomsky & Halle (1968) zurückverfolgt werden können, prägte bis dahin die allgemeine Vorstellung davon, was es praktisch hieß, dem Forschungsprogramm der Generativen Grammatik verpflichtet zu sein. Zwanzig Jahre nach Beginn der so verstandenen Generativen Phonologie war aber bereits eine starke Akzentverschiebung gegenüber der reinen Lehre von '68 zu beobachten. Das System transformationeller Regeln, die über kargen zugrundeliegenden Merkmalsrepräsentationen operierten, um linguistische Oberflächenobjekte abzuleiten, wurde zum einen in vielen Arbeiten dahingehend erweitert, daß immer elaboriertere reichhaltige Repräsentationen die Bedeutung der Regelkomponente stetig zu reduzieren schienen. Diese Repräsentationen enthielten in vielen Fällen bereits alle wesentlichen Eigenschaften der Zielstruktur; die Regeln - etwa vom Typus autosegmentaler Linking- und Delinking-Varianten - konnten sich so auf sinnvolle Neukombination bzw. die Realisierung passender Teilstrukturen im gegebenen Kontext beschränken. Zum anderen wurde ein wesentlicher Defekt von Regelsystemen immer deutlicher sichtbar, nämlich das Problem der sogenannten rule conspiracies. Der Begriff benennt die indirekt operierende dynamische Bewahrung von Oberflächeninvarianzen - wie etwa einer bestimmten restriktiven Silbenstruktur - durch mühsam aufeinander abgestimmte Regeln anstelle einer direkten, redundanzfreien und statischen Wiedergabe dieser Invarianzen durch Wohlgeformtheitsbedingungen. Die als Reaktion auf dieses Problem vorgeschlagenen Zusatzmechanismen wie persistente Regeln, Output-Filter und derivationelle Constraints sowie global wirksame Prinzipien vom Typ des Obligatory Contour Principle oder der autosegmentalen Wellformedness Condition führten zu einem heterogenen Mischformalismus. Zwar gaben die Anomalien und Ungereimtheiten, die bei der Interaktion der Regeln mit den Zusatzmechanismen auftraten, Anlaß zu vielen Folgearbeiten; sie führten jedoch nicht zu einem grundsätzlichen Ausweg aus der sich abzeichnenden Krise. Ende der 80er Jahre und in der ersten Hälfte der 90er Jahre wurden dann mit der DEKLARATIVEN PHONOLOGIE (DP, Bird 1990) und der Optimalitätstheorie (OT, Prince

& Smolensky 1993) zwei radikale Alternativkonzeptionen zu formalen Grundlegung der Phonologie vorgeschlagen. Zentrales Element beider Theorien ist der Begriff des CONSTRAINTS, der die alten Regeln und Zusatzmechanismen vollständig ersetzt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden neuartigen formalen Rahmen besteht allerdings

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darin, daß für die DP die Konsistenz von Constraints wesentlich ist, während OT durch beliebig verletzbare Constraints auch unbeschränkte Grade von Inkonsistenz zwischen diesen zuläßt, die es durch eine globale Optimierungskomponente aufzulösen gilt. Nur die DP kennt daher die empirische Falsifizierbarkeit von Constraints durch Oberflächendaten, teilt aber umgekehrt nicht die Annahme einer durchgängigen Universalität der Constraints, wie sie die OT vertritt. Ungeachtet dieser Unterschiede ist es vermutlich fair, zu behaupten, daß die Mehrheit der theoretisch interessierten Phonologen heute große Sympathien für den constraintbasierten Ansatz hegt, was die Flut neuerer Arbeiten belegt, die unter diese Rubrik fallen. Ein Phänomenbereich, von dessen Erforschung diese Entwicklung sehr maßgeblich mit beeinflußt wurde, ist die PROSODISCHE MORPHOLOGIE (PM). Sie beschäftigt sich mit dem Einfluß von prosodischen Faktoren wie der Silbenstruktur auf die Oberflächengestalt von Wörtern. Dieser prosodische Einfluß scheint in einer großen Zahl von einzelsprachlichen Phänomenen regelmäßig andere, insbesondere genuin morphologische Faktoren an Dominanz zu übertreffen. Kernbereich dieser Arbeiten waren immer wieder einschlägige grammatische Erscheinungsbilder innerhalb der semitischen Sprachfamilie (McCarthy & Prince 1990), deren Formeninventar in besonders hohem Maß durch PM-basierte Erklärungen motiviert werden kann. Position dieser Arbeit. Diese Arbeit ist klar der constraintbasierten Herangehensweise verpflichtet. Gemäß dem Slogan 'Constraints ja, Verletzbarkeit nein' werden phonologische Analysen hier spezifisch von der Warte der Deklarativen Phonologie aus in Angriff genommen. Die methodologische Vorgehensweise ist zudem geprägt davon, daß sprachspezifische Detailmodellierung Vorrang genießen soll vor Fragen der Universalität. Obwohl nicht geleugnet wird, daß universale Gesichtspunkte sinnvoll und wichtig sind, scheint es dennoch besser, diese Fragen erst anhand eines aussagekräftigen Fundus von nichttrivialen Einzelanalysen anzugehen. Zu einem solchen Fundus möchte die vorliegende Arbeit beitragen. Von den Phänomenen her interessiert sie sich klar für den Gegenstandsbereich der prosodischen Morphologie. Bezüglich der methodischen Herangehensweise vertritt sie einen explizit computerlinguistischen Standpunkt. Dies bedeutet insbesondere, daß die wesentlichen Analysen in ein präzises Format gebracht und durch eine begleitende Computerimplementierung auf Korrektheit und generative Kapazität überprüft werden. Ziele. Das übergeordnete Hauptziel dieser Arbeit ist es, einen o signifikanten Beitrag zu einer deklarativen Theorie der prosodischen Morphologie zu leisten. Dieses Ziel ist zum einen deswegen von einiger Wichtigkeit, weil im vorhandenen Spektrum von Anwendungen der DP auf empirische Problemfelder hier bislang eine bedeutende Lücke klaffte. Mit einem entsprechenden Entwurf wird aber nicht nur versucht, von dieser Seite aus einen Beitrag zur konzeptuellen Weiterentwicklung in der theoretischen Phonologie und Morphologie zu leisten. Vielmehr hat ein solches Unterfangen auch Bedeutung für Kerngebiete der Computerlinguistik angesichts der Tatsache, daß eine entsprechende systematische Herangehensweise an Phänomene der prosodischen Morphologie im Rahmen constraint-

3 basierter computerlinguistischer Theorien der Gesamtgrammatik wie etwa HPSG (Pollard & Sag 1987) bislang unbekannt ist. Weil der Bereich der potentiell infragekommenden Phänomene prosodischer Morphologie allerdings sehr groß ist, wird im Rahmen einer solchen Arbeit naturgemäß eine Einschränkung des theoretisch aufzuarbeitenden Gegenstandsbereichs notwendig. Diese ist in den Kapiteln 4 bzw. 5 genauer dargestellt. Die folgenden Unterziele sind sowohl spezifisch theoretischer als auch allgemeiner und mehr praktischer Natur. Ein Ziel ist es, o mathematisch präzise und rigoros testbare phonologische Grammatiken zu erstellen, die einen hinreichend realistischen, aussagekräftigen Ausschnitt der zu modellierenden sprachlichen Phänomene abdecken. Dieser ist insbesondere so groß zu wählen, daß der Einfluß signifikanter außerphonologischer Faktoren wie etwa einer vorhandenen morphologischen Struktur- bzw. Kategorieabhängigkeit überhaupt sichtbar werden kann. Scheinbare und tatsächliche Ausnahmen dürfen nicht einfach wegdiskutiert oder ausgeklammert werden, sondern sind - wo immer dies möglich ist - ebenfalls in die Grammatik zu integrieren, um die Gesamtkosten der Analyse besser bewerten zu können. Die nicht zu unterschätzende Gefahr eines unter universalistischer Perspektive betriebenen Analysestils, wie er in der generativen Literatur häufig zu finden ist, sind in der Tat allzufrühe Generalisierungen über wenigen, aus dem Kontext losgelösten, Daten! Die auf diese Weise erzielbare Eleganz in der Regel- bzw. Constraintformulierung ist leider meist nicht von Dauer: sie verschwindet, wenn man den Kontext in Form syntaktischer, morphologischer und/oder lexikalischer Domäneneinschränkungen berücksichtigt. Ist man dagegen dem vorstehend formulierten Ziel verpflichtet, sollte diese Gefahr zumindest sehr viel stärker kontrolliert werden können. o Minimale und doch gleichzeitig adäquate Repräsentationen und Konstruktionsmechanismen für die Bauelemente der prosodischen Morphologie zu finden, ist ein weiteres Ziel dieser Arbeit. Dies betrifft mit der Frage der adäquaten Repräsentation von Geminaten sowohl die 'atomare' prosodische Ebene, in der einzelne Segmente im Vordergrund stehen, gilt genauso aber auf der 'molekularen' Ebene der sogenannten nichtkonkatenativen Morphologie, die die Gestalt ganzer Wortformen betrifft. Hier ist etwa zu fragen, welche Silbenrepräsentation benötigt wird, ob darüberhinaus höhere prosodische Konstituenten wie etwa der Fuß eine Rolle spielen, ob morphologische Konstituentenstruktur implizit oder explizit vorhanden sein muß, ob abstrakte Templates und nichtkonkatenative Einheiten formal überhaupt benötigt werden etc. Auf der Ebene der Konstruktionsmechanismen folgt aus der obigen Zielformulierung die Forderung nach einem möglichst einfachen und restriktiven theoretischen Apparat. Gerade in der prosodischen Morphologie ist demgegenüber eine verwirrende Vielfalt von Mechanismen, von plane conflation über template satisfaction bis zu prosodie circumscription, alignment uvm. vorgeschlagen worden, die zudem der nichtkonkatenativen Morphologie einen eigenständigen ontologischen Status zuzuweisen scheint. Das Ziel der Vereinfachung, Vereinheitlichung und Reduktion soll hier insbesondere auf dem Weg über eine einfache allgemeine Constraintsprache angegangen werden und auf einfachen fundamentalen Beziehungen aufbauen, so etwa der lokalen

4 Adjazenz von Segmentpositionen oder der Null- versus Vollrealisierung eines Segments. Ein weiteres Ziel ist es, anhand der behandelten Phänomene zu untersuchen, o wie tragfähig ein konsequent verfolgter DP-Ansatz in der Praxis ist und wo DP gegebenenfalls modifiziert oder ergänzt werden muß, um nicht wertvolle Generalisierungen zu verlieren. Der Hintergrund ist hier der, daß es bislang nur wenige umfangreichere DP-Analysen gibt, die in der Lage wären, die Grenzen des Ansatzes zu testen (vgl. aber z.B. Coleman 1993 für eine solche größere Analyse, in der substantielle Anteile der lexikalischen Phonologie des Englischen modelliert worden sind). Außerdem sind die spezifischen Anforderungen, die sich aus einer linguistisch adäquaten Behandlung der prosodischen Morphologie in DP ergeben, bisher unzureichend erforscht. Ein Anliegen besteht darin, durch o verarbeitungsfreundliche Konstrukte eine ausgewogene Balance zwischen einer reinen Kompetenzgrammatik und den Anforderungen der Verarbeitung zu finden, und sei es nur in Bezug auf die simulierte Performanz in einem Computermodell. Dieses Ziel legt etwa nahe, in einer gegebenen Auswahl analytischer Möglichkeiten jeweils diejenige Alternative zu bevorzugen, die möglichst lokal evaluierbare und vorzugsweise nichtrekursive Constraintformulierungen zur Folge hat. Ein wichtiges allgemeines Ziel ist es schließlich, o zur weiteren Erforschung von Phonologie und prosodischer Morphologie des bisher von theoretischer Seite wenig beachteten Tigrinya beizutragen. Dabei sollen diejenigen Elemente dieser interessanten äthiosemitische Sprache, die nichtsdestotrotz bereits als Stütze einschlägiger theoretischer Resultate in die Literatur Eingang gefunden haben, durchaus im Lichte des aktuellen Forschungsstands sowie der bereits genannten restlichen Ziele überprüft und gegebenenfalls revidiert werden. Dies betrifft etwa die besondere Interaktion von echter Geminierung und spirantisierbaren Obstruenten im Tigrinya, die zentral zur Motivation mehrfach assoziierter autosegmentaler Strukturen herangezogen wurde (Stichwort: Inalterabilität). Gliederung. In Kapitel 2 werden die theoretischen und formalen Grundlagen entwickelt, die zum Verständnis dieser Arbeit wesentlich sind. Einer motivierenden Exposition der zentralen Prinzipien, von denen die Deklarative Phonologie ausgeht, folgt eine kurze Darstellung der Constraintlogikprogrammiersprache CUF. CUF wird für die Formalisierung und Implementierung aller Einzelanalysen verwendet. Das nachfolgende Kapitel 3 beschäftigt sich mit einer vieldiskutierten Fragestellung der 'atomaren' Prosodie, nämlich der adäquaten Repräsentation von Geminaten. Nach einem ausführlichen deskriptiven Uberblick über den Phänomenbereich werden die bisherigen Vorschläge zur Repräsentation von Geminaten dargestellt. Anschließend wird die aus früheren eigenen Arbeiten zur deklarativen Silbifizierung hervorgegangene vierte Silbenrolle codaonset, die sich natürlich aus einer Merkmalszerlegung subsilbischer Rollen ergibt und in einem spezifischen Sinne intrinsisch ambisilbisch ist, ausführlich als geeignete monopositionale Repräsentation für Geminaten motiviert. Das Kapitel untersucht anhand der für jede Geminatenrepräsentation einschlägigen Schlüsseleigenschaften und kritischen Daten, inwieweit diese ohne Mehrfachassoziation (multiple linking) auskommende Neukonzeption angemessen ist und ob sie die Defekte und

5 umständlichen Zusatzannahmen ihrer Vorgänger vermeiden kann. Eine implementierte Fallstudie zu Gemination im Kontext eines umfangreicheren Gesamtphänomens, nämlich der Stufenwechsel-Konsonantenalternationen im Finnischen soll abschließend nachweisen, daß die behaupteten Vorteile der neuen Repräsentation auch in der praktischen Analyse erhalten bleiben. In Kapitel 4 werden die Grundlagen für eine neue constraintbasierte Herangehensweise anhand einer wichtigen Untergruppe von Phänomenen der prosodischen Morphologie entwickelt, somit auf die 'molekulare' Ebene prosodischer Erscheinungen abzielend. Die hier entfalteten Prinzipien für den Umgang mit 'positionsvariabler', d.h. vor allem durch stamminterne Vokal/0-Alternationen geprägter Morphologie (cf. ka.tab ~ kat.b-a), führen zur formal konkatenativen und a-templatischen Spezifikation solcher und ähnlicher Instanzen von 'nichtkonkatenativer' Morphologie. Wesentlich ist dafür die direkte lexikalische Kodierbarkeit der Alternationen, wie sie aus DP-Annahmen folgt. Die genannte Spezifikation wird mithilfe von Silbenstrukturconstraints, einer im Vergleich zu O T restringierten inkrementellen Optimierungsvariante und weiteren Maßnahmen dann auf die jeweilige Oberflächenform eingeschränkt. Nach einem Vergleich mit Vorläufern und konkurrierenden Ansätzen wird der eigene Vorschlag auf mögliche Kritikpunkte hin untersucht. Insbesondere wird hier überprüft, ob die in der Literatur behauptete Inadäquatheit segmentalistischer Theorien für die prosodische Morphologie stichhaltig und auf das eigene Modell anwendbar ist. Vom Allgemeinen zum Speziellen fortschreitend, betrifft das zentrale Kapitel 5 nun die Anwendung des entwickelten Modells auf die prosodische Morphologie der Verben im Tigrinya. Nach einem allgemeinen Uberblick über Sprache, Literatur und Stand der Forschung wird die zu modellierende Datenbasis vorgestellt, um daraus erste deskriptive Generalisierungen abzuleiten, die insbesondere die Struktur des Stamms und der darin enthaltenen Vokale sowie des Affixsystems betreffen. Nachdem anschließend diese Elemente und ihre Interaktion formal gefaßt worden sind, wendet sich die Diskussion den Einzelthemen der Gemination im Verbalparadigma, der stamminternen Reduplikation und der Vokalkoaleszenzphänomene zu. Auch die Spirantisierung wird hier noch einmal genauer untersucht. Hierzu werden durchgängig formale Analysen entwickelt und mit anderen Arbeiten verglichen. Den Abschluß bildet hier eine Evaluierung der Resultate des Computermodells, welches die genannten Teilbereiche integriert. Kapitel 6 faßt die Ergebnisse der Arbeit noch einmal zusammen und skizziert den weiteren Forschungsbedarf.

Kapitel 2 Theoretische und formale Grundlagen Keine wissenschaftliche Arbeit entsteht in einem theoretischen Vakuum, und die vorliegende ist keine Ausnahme zu dieser Regel. Daher wird im folgenden auf die für das Verständnis der Arbeit essentiellen theoretischen Grundlagen der Deklarativen Phonologie eingegangen. Dieses Paradigma bildet den Hintergrund aller konkreten Einzelanalysen in dieser Arbeit. Weil für zentrale Analysen zudem jeweils ein explizites Computermodell vorgestellt werden wird, schließt sich eine Kurzeinführung in den Constraintformalismus CUF an, mit welchem die entsprechenden phonologischen Grammatiken ausgedrückt wurden. Eine Darstellung der in dieser Arbeit gelegentlich verwendeten einfachen graphischen Notation von phonologischen Constraints rundet dieses Kapitel ab.

2.1 2.1.1

Deklarative Phonologie Einführung

Die Deklarative Phonologie (DP) ist ein relativ neues Paradigma innerhalb der theoretischen Phonologie. Es entstand Ende der 80er Jahre, als Forscher hauptsächlich an der Universität von Edinburgh (Steven Bird und James Scobbie) sowie in York (John Coleman) begannen, zentrale Grundannahmen von nichtderivationellen unifikations- bzw. constraintbasierten Grammatiktheorien wie etwa der HPSG (Pollard & Sag 1987), die zunächst nur für den Bereich der Syntax und Semantik konzipiert waren, auf die Domäne der Phonologie zu übertragen. Neben diesem dezidiert computerlinguistischen Beitrag gab es weitere intellektuelle Wurzeln. Aus dem Bereich der Informatik erwähnenswert sind die Konzepte von deklarativen Programmiersprachen, insbesondere PROLOG (PROgramming in LOGic, Colmerauer et al. 1973). Innerhalb der theoretischen Phonologie ist die Natürliche Generative Phonologie (Vennemann 1971, Hooper 1976) mit ihren Postulaten der True Generalization Condition und No-Ordering Condition, die die damals vorherrschenden Regelsysteme beschränken sollten, ein wichtiger Vorläufer. Ebenfalls einschlägig war die wachsende Bedeutung von elaborierten statischen Repräsentationen auf Kosten der dynamischen, regelbasierten Anteile in der Autosegmentalen (Goldsmith 1976) und Metrischen Phonologie (Liberman k Prince 1977, Hayes 1980) ab Mitte der 70er Jahre. DP teilt mit den meisten anderen aktuellen Ansätzen in der Phonologie die Annahme der Symbolverarbeitungs-Metapher als grundlegend, im Kontrast vor allem zu konnektionistischen Arbeiten. Es sei die Bemerkung erlaubt, daß DP als theoretischer Rahmen - wie etwa auch OT - nicht den substantiellen Kerngehalt von Analysen mitbestimmt; Fragen etwa nach einer angemessenen Merkmalsrepräsentation von Segmenten, geeigne-

8 ten Modellen von prosodischer Konstituenz oder dem Inventar möglicher phonologischer Constraints sind demnach aus anderen Quellen zu beantworten. DP ist inzwischen mit einer Reihe von Dissertationen (u.a. Bird 1990, Scobbie 1991b, Coleman 1991, Russell 1993), einem Buch (Bird 1995) und zahlreichen weiteren Veröffentlichungen in der akademischen Landschaft präsent. Diese nehmen Stellung unter anderem zu theoretischen Einzelfragen wie der Silbifizierung (Carpenter & Mastroianni 1994,Walther 1992), behandeln konkrete Analysen, etwa zu Akzentuierung und Deakzentuierung im Holländischen (Dirksen 1992), Schwa/0 im Französischen (Bird & Klein 1994) oder Konsonantenalternationen im Deutschen (Walther & Wiese 1995) und untersuchen unter Einbeziehung von expliziten Computermodellen die Verbindung mit der Phonetik (Coleman 1992) sowie die Simulation von Aspekten des Phonologieerwerbs (Ellison 1992). Die beste Einführung zu DP ist Scobbie, Coleman & Bird (1996), während Scobbie (1991b) und Bird (1995, Kap.l und 3) ebenfalls lesenswert sind. 2.1.2

Grundprinzipien

Die nachfolgende Darstellung der wesentlichen Prinzipien von DP ist konsistent mit den vorgenannten wichtigsten Grundsatzveröffentlichungen zu diesem Thema, trifft aber teilweise eine eigenständige Auswahl und gewichtet anders. Wie in allen theoretischen Schulen stellen diese Prinzipien ein Ideal dar, das sich in tatsächlichen DP-Analysen nicht immer konsequent wiederfinden läßt. Besprochen werden hier die Prinzipien unter (1). (1)

GRUNDPRINZIPIEN DER DEKLARATIVEN P H O N O L O G I E

• Deklarativität • Intensionalität und Partialität • Monotonie • Monostratalität • Kompositionalität • Lexikalismus • formale Adäquatheit DEKLARATIVITÄT bezeichnet zum einen eine Eigenschaft von theoretischen Analysen, zum anderen eine spezifische Aussage über eine formale Beschreibungssprache. Eine Analyse ist deklarativ im ersteren Sinn, wenn keine ad hoc-Aussagen zu prozeduralen Aspekten verwendet werden. Die Einzelbestandteile der Analyse dienen also nicht der partiellen oder vollständigen Beantwortung der Frage 'Wie, auf welchem Wege komme ich zu einem Analyseergebnis, einer Lösung?'. Vielmehr sind sie als reine Definitionen zu lesen, die die Frage 'Welche Eigenschaften hat das gewünschte Analyseergebnis bzw. die Lösung?' beantworten. Jede solche Definition, die einen Teil des abstrakten Lösungsraums charakterisiert, wird auch als CONSTRAINT bezeichnet: deklarativ und constraintbasiert

9 sind synonyme Begriffe. Natürlich muß eine solche abstrakte Spezifikation der Lösung eines bestimmten Problems letztlich in einer geeigneten Beschreibungssprache erfolgen. In diesem Kontext bedeutet deklarativ, daß nur die Kenntnis der denotationellen Semantik der Beschreibungssprache für die Problemspezifikation relevant ist. Diese könnte beispielsweise aus einer Kollektion von Aussagen wie 'Wenn / und g syntaktisch wohlgeformte Beschreibungen sind, die die Lösungsmengen F bzw. G denotieren, so ist die Beschreibung / A g ebenfalls wohlgeformt und denotiert den mengentheoretischen Schnitt F H G' für alle Elemente der Beschreibungssprache bestehen. Während verschiedene denotationelle Semantiken zu einer gegebenen Beschreibungssprache vernünftigerweise zueinander isomorph sein müssen, kann es durchaus eine ganze Reihe von sehr verschiedenen operationalen Semantiken geben, die jeweils unterschiedlich das Wie einer Berechnung festlegen. Jede konkrete Implementierung einer Beschreibungssprache bzw. Programmiersprache beruht ja zumindest auf der manchmal impliziten, vorzugsweise aber expliziten Spezifikation des Berechnungsverhaltens, das die denotationelle Semantik auf eine konkrete Architektur oder ein Berechnungsmodell wie etwa die Turingmaschine, klassische von Neumann-Computer, neuronale Hardware, zelluläre Automaten etc. abbildet. Ein zentraler Vorteil von Deklarativität ist sicher die damit einhergehende Architekturund Ordnungsunabhängigkeit. 1 Sie allein garantiert, daß eine deklarative Analyse kompatibel bleibt zu neuen Resultaten der neuro- und psycholinguistischen Forschung, die Aufschluß über die innere Struktur des "linguistischen Prozessors' und die Zeitstruktur der Sprachverarbeitung geben. Sie ist auch eine wichtige Vorbedingung dafür, daß phonologische Grammatiken neutral in Bezug auf die Verarbeitungsrichtung, sei es Produktion oder Perzeption, definiert werden können. Diese Reversibilitätseigenschaft wiederum ist eine Vorbedingung für inkrementelles Monitoring (Neumann 1994), d.h. die Kontrolle (und eventuelle Revision) einer Verarbeitungsrichtung durch die jeweils andere, für die es gute psycholinguistische Evidenz gibt (Levelt 1989). Das Denken in deklarativen Bahnen bzw. auf der Ebene der denotationellen Semantik ist nicht nur oftmals einfacher als die Konzentration auf prozedurale Details, es bewahrt auch vor manchen Mißverständnissen. Was passiert, wenn man diese Ebenen vermischt, mag neben Bromberger & Halle (1989) auch ein neueres Beispiel zur Rezeption der Optimalitätstheorie illustrieren. Hier stieß bei manchen die in OT vorgesehene Möglichkeit einer infiniten Menge von Kandidaten als Output von GEN auf Widerspruch. Statt das denotationell harmlose, weil mathematisch wohldefinierte Konzept von strukturierten infiniten Mengen zugrundezulegen - die ja durchaus mit finiten Mitteln beschreibbar sind (vgl. etwa Phrasenstrukturgrammatiken) - , wurde offenbar die in der originalen OTPräsentation verwendete serielle Aufzählung der Kandidatenmenge als naive operationale Semantik präsupponiert, unter der Generierung und Constraintevaluierung dann natürlich als intrinsisch 'aufwendig' bzw. nicht terminierend erscheinen mußten. 1

Genauer genommen braucht es die unter dem Unterpunkt M O N O T O N I E geforderte assoziative und kommutative Verknüpfung für die Kombination von Teilbeschreibungen, um Ordnungsunabhängigkeit sicherzustellen. Diese Zusatzannahme ist hier bereits vorweggenommen.

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INTENSIONALITÄT markiert die Unterscheidung zwischen der finiten Menge von Beschreibungen als einzigem Ausdrucksmittel einer Analyse und den solchermaßen beschriebenen Objekten als fundamental. Diese ersetzt die alte Trennung zwischen Regeln und Repräsentationen; beide sind unter der neuen Sicht einheitlich Beschreibungen, besitzen aber möglicherweise einen unterschiedlichen Grad an Spezifizität. Für manche sicherlich ungewohnt bedeutet dies etwa, daß ein Morphem nichts anderes als ein ziemlich spezielles Constraint bzw. eine partielle Beschreibung ist. Eine wichtige Folgerung dieser neuen Einheitlichkeit ist, daß das von Scobbie (1991a) identifizierte Interaktionsproblem zwischen heterogenen theoretischen Einheiten wie Constraints bzw. Output-Filtern und Regeln der Vergangenheit angehört. Die Beziehung zwischen den beiden nun streng unterschiedenen Ebenen der Objekte und ihrer Beschreibungen wird vermittelt über eine Denotationsfunktion, die von der denotationellen Semantik bereitzustellen ist. Während für viele Fragestellungen die naheliegende Anschlußfrage, was denn ihrerseits die Natur der Objekte ist, offenbleiben kann, ist eine für die DP nützliche Auffassung die, daß man sich darunter Klassen von artikulatorisch-motorischen Kommandos und/oder akustischen Schallereignissen bzw. den von letzteren hervorgerufenen perzeptuellen Sinneseindrücken vorstellen kann. Die genaue Festlegung auf eine dieser Klassen oder eine geeignete Kombination ist dabei naturgemäß abhängig von der präferierten Theorie der PhonologiePhonetik-Schnittstelle und für die gegenwärtigen Zwecke unwesentlich. In einem gewissen Sinne könnte man also zusammenfassend die Phonetik als die Semantik der Phonologie bezeichnen. Alle Beschreibungen sind im übrigen partiell in dem Sinne, daß sie nur einen bestimmten Ausschnitt der Objekte charakterisieren. Partielle Beschreibungen oder äquivalent: Constraints - sind also in DP das Ausdrucksmittel, um empirische Generalisierungen bezüglich einer Menge von phonologischen Objekten zu definieren. MONOTONIE fordert, daß das Hinzufügen von Information I zu einer Menge B von Beschreibungen mit Denotat Dß ein neues Gesamtdenotat DßUI C DB ergibt, das eine Teilmenge des vorherigen Denotats sein muß. In einem monotonen Beschreibungsformalismus sind daher alle vorher beweisbaren Schlußfolgerungen auch nach dem Hinzufügen neuer Information weiterhin gültig. Genauer gesagt bedeutet 'Hinzufügen von Information' hier eine zweistellige assoziative, symmetrische und kommutative Verknüpfung (gewöhnlich logische Konjunktion), die als formales Mittel zur Modellierung von Constraintinteraktion dient. Monotonie ist damit eine sehr restriktive Begrenzung möglicher Constraintinteraktion, und zwar derart, daß Constraints ^ anders als in OT - nicht verletzt werden können. Wenngleich die Pioniere der OT meinen, dies ohne weitere Diskussion als fatales Manko für jedweden Anspruch auf Universalität werten zu können, wenn sie schreiben "But of course Universality is hopeless without Violability and Ranking, in the face of the diversity of interlinguistic Variation seen in linguistic systems" (McCarthy & Prince 1994b)

so weist dagegen Ellison (erscheint) überzeugend nach, daß von sieben der gebräuchlichsten Argumente für die Annahme universaler Constraints 2 lediglich eines der genaueren 2

Die sechs von Ellison untersuchten Argumente für die Annahme von Universalität als objektives Fak-

11 Überprüfung standhält. Es ist dies das Argument der Nützlichkeit eines standardisierten Constraintinventars zu Zwecken der vereinfachten Kommunikation unter Phonologen. Teil seiner Argumentation ist der exemplarische Nachweis, daß konstruktive Methoden des unüberwachten Maschinellen Lernens sehr wohl in der Lage sind, substantielle phonologische Constraints aus Korpusmaterial zu inferieren. Sie dienen bei Ellison dem konkreten Zweck, die Silbenstruktur portugiesischer Wörter zu beschreiben. Die Unverletzbarkeit und explizit zugelassene Sprachspezifizität von Constraints in DP ist angesichts dieser und vergleichbarer Arbeiten (insbes. Ellison 1992) demnach vielmehr als Ansporn dafür zu werten, die inzwischen unübersehbaren Menge an Resultaten zu automatischen Lernverfahren verstärkt für die Linguistik im allgemeinen wie auch für die speziellen Belange der Phonologie nutzbar zu machen. Um das harte Problem der Universalität menschlicher Sprache überhaupt jemals zu lösen, bedarf es dringend des unvoreingenommenen Blicks über den engen Horizont der eigenen Disziplin. Wie so oft ist es auch zur Darstellung der Tatsache, daß Monotonie tatsächlich eine restriktive Forderung ist, nützlich, sich Gegenbeispiele anzuschauen. Ein solches erstes Beispiel für Nichtmonotonie in einem regelorientierten Paradigma zeigen die Regeln zur Auslautverhärtung und g-Spirantisierung im Deutschen, wie sie im prozeduralen Teil des Artikels von Walther & Wiese (1995, 176ff) formuliert sind. [+obstruent] [—stimmhaft]/ in der Silbenkoda entstimmlicht alle Obstruenten und verwandelt daher insbesondere g —> k. Die Regel [kontinuierlich] —> [+kontinuierlich]/ /g/ in der Silbenkoda spirantisiert dagegen nur stimmhaftes / g / , und kann deshalb in /tsoig/ A u fl^ t v - /tsoik/ nicht mehr angewandt werden. Grund dafür ist, daß der auf der zugrundeliegenden Ebene noch gültige Schluß 'es handelt sich um / g / ' nach dem Ableitungsschritt ungültig geworden ist bzw. die Menge der [k]-Ereignisse keine Teilmenge der [g]-Ereignisse ist. Im zweiten Teil des genannten Artikels wird allerdings gezeigt, daß eine deklarative Reanalyse möglich ist, die mit monotonen Mitteln auskommt. Ein zweites Beispiel bietet die Constraintinteraktion in OT, einem ebenfalls nichtmonotonen Formalismus, wie Ellison (1994a) gezeigt hat. Zur konkreten Illustration seien hier die beiden Constraints *STRUC 'vermeide jegliche Struktur' und ONS 'Silben haben Onsets' gegeben (Prince & Smolensky 1993, 16 und 25). Hier wird der bei einem zunächst höchstrangig priorisiertem Constraint *STRUC noch zulässige Schluß 'die undekorierte, unsilbifizierte Form ist die optimale' durch Hinzufügen eines dominierenden Constraints ONS *STRUC ungültig gemacht. (Natürlich muß in diesem artifiziellem Beispiel außerdem ein geeignet reichhaltiger GEN-Output vorhanden sein, da gemäß der OT-Evaluierungsstrategie insbesondere eine einelementige Outputmenge völlig unabhängig von der Constraintbewertung zur Optimalität des einzigen Kandidaten führt: tum statt als lediglich methodologisch nützliches Desiderat betreffen das Argument (1) der empirischen Evidenz sowie (2) der Restriktivität und (3) Einfachheit im Vergleich zur Annahme einer sprachspezifischen Constraintmenge. Die weiteren Argumente (4) der crosslinguistischen Markiertheitsverhältnisse und (5) der Reihenfolge im Spracherwerb hängen dagegen mit der angenommenen Abwesenheit alternativer nicht-universaler Erklärungen zusammen, das Argument (6) des Nativismus steht im Zusammenhang mit der angenommenen Unlernbarkeit von Constraints.

12 anders ausgedrückt sind Constraints in O T in Isolation nicht empirisch). MONOSTRATALITÄT soll hier verstanden werden als die Forderung, daß die Interpretation von Beschreibungen nur definiert ist bzgl. der Schnittmenge der Denotate aller repräsentationellen Ebenen. Wenn der Schnitt nichtleer ist, bedeutet dies, daß die Interpretationen aller N Einzelebenen zueinander konsistent sind. Weil nur die allen Ebenen gemeinsame Information im Schnitt enthalten und damit für Zwecke der letztendlich interessierenden Interpretation zugänglich ist, sind in einem solchen grammatischen System in Wirklichkeit N — 1 Ebenen redundant - daher der Name monostratal. Faßt man die (phonetische) Interpretation als einzige Brücke zur Empirie auf, so folgt aus einer monostratalen Grammatikkonzeption die True Generalization Conditionvon Hooper (1976,13): ein mit den Daten konsistentes Interpretationsergebnis bedingt automatisch, daß mindestens eine der ebenenspezifischen Generalisierungen bzw. Constraints oberflächentreu sein muß, um das Zustandekommen des Ergebnisses zu erklären. Gäbe es daneben außerdem nicht oberflächentreue Generalisierungen auf anderen Ebenen, hätte die Schnittbildung die leere Menge ergeben, im Widerspruch zur eingangs angenommenen Existenz eines interpretierbaren Ergebnisses. Es müssen also in Wirklichkeit alle Constraints oberflächentreu gewesen sein. Eine Bemerkung zum Schluß: die gegebene Definition von Monostratalität mußte deshalb auf mehrere Ebenen Bezug nehmen, weil gängige monotone Formalismen nicht schon intrinsisch monostratal sind. Dies mag das folgende kleine Beispiel illustrieren:

n

underlying 0 surface

[3

Die listenwertigen Merkmale surface und underlying der linken Merkmalsstruktur in (2) sollen a priori festgelegte, separate repräsentationelle Ebenen bezeichnen, wie sie etwa jüngst wieder in korrespondenztheoretischen Weiterentwicklungen der O T (McCarthy & Prince 1994b) postuliert werden. Wie leicht zu sehen ist, kann durch eine solche Kodierung im allgemeinen eine beliebige, konstante Anzahl N von Ebenen modelliert werden, deren Interpretationen wegen der Unabhängigkeit der N Merkmale nicht miteinander verträglich sein müssen. Die Monostratalitätsforderung entspricht nun der rechts in (2) gezeigten Koindizierung der Ebenen-Werte aller postulierten repräsentationellen Ebenen. Erst unter dieser zusätzlichen Identitätsforderung ist die linke Merkmalsstruktur dann wie gewünscht ausgeschlossen. KOMPOSITIONALITÄT bezeichnet die Zusammensetzbarkeit wohlgeformter komplexer Beschreibungen als Funktion einer Anzahl wohlgeformter Argument-Beschreibungen. Typische binäre Kompositionsoperatoren (in Klammern die zugehörigen mengentheoretischen Äquivalente für eine denotationelle Semantik) sind Konjunktion A (Schnitt fl), Disjunktion V (Vereinigung U), daneben als wichtiger unärer Operator die Negation -> (Komplement \ ) . Eine unmittelbare Folgerung aus der genannten Eigenschaft ist, daß ein kompositionaler Formalismus keine Reparaturmechanismen für nichtwohlgeformte Strukturen beinhalten kann (vgl. Paradis 1988 für eine solche constraints-and-repairs-Theorie). Bird & Klein (1994) haben darüberhinaus als Spezialisierung die Forderung nach phono-

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logischer Kompositionalität vorgeschlagen. Sie besagt, daß phonologische Beschreibungen nur durch Unifikation (entspricht Konjunktion) oder Konkatenation anderer Beschreibungen zusammengesetzt werden dürfen. Die Nützlichkeit dieser Forderung ist nicht ganz klar, da ja Disjunktion und Negation ebenfalls von vitaler Bedeutung in der Kombination von phonologischen Teilbeschreibungen sind. LEXIKALISMUS beschreibt die Annahme, nach der das Lexikon der angemessene Ort für die Repräsentation der meisten, wenn nicht aller linguistischen Generalisierungen sei (Bird 1995, 36). Diese Sicht hat spezifische Vorteile angesichts der Tatsache, daß es wohl in jeder Sprache zahlreiche Subregularitäten (bzw. 'minor rules' in alter Terminologie) gibt, die selektiv auf Untermengen der Lexikons zu beschränken sind. In einem hierarchisch strukturierten Lexikon können die zugehörigen Generalisierungen alias Constraints dann den strukturbildenden Klassen zugeordnet werden, während die einzelnen Lexeme als Instanzen einer oder mehrerer Klassen definiert werden und damit alle übergeordneten Constraints erben. Die konsequente Umsetzung dieser vererbungsbasierten lexikalistischen Sicht beschränkt die für den individuellen Lexikoneintrag noch notwendige Spezifikation auf ein Minimum an irreduzibel idiosynkratischer Information. König (1994) gibt als zusätzliche Vorteile lexikalistischer Grammatikmodellierung an, daß sie (i) von konzeptueller Einfachheit sei, da keine Aufspaltung auf verschiedene Komponenten notwendig werde und Lexeme als Ausgangspunkt eine uniforme Basis für Generalisierung und Schemabildung böten. Lexikalismus begünstige (ii) prozedurale Effizienz, da in der Verarbeitung nur Constraints zu berücksichtigen seien, auf die über die Inputelemente lexikalisch zugegriffen werden könne. Wenn die Gesamtanzahl aller von einem finiten Input aktivierten Strukturen ebenfalls endlich sei, könne zudem die Termination des Verarbeitungsprozesses garantiert werden. In Walther (1995a) wird eine strikt lexikalisierte Inkarnation von DP in einem getypten Merkmalsformalismus vorgestellt, die insbesondere die letzte Forderung erfüllt. FORMALE ADÄQUATHEIT (Bird 1991) verlangt schließlich, daß eine formale, d.h. mathematisch präzise Semantik für jeden in einer DP-Analyse verwendeten Beschreibungsformalismus existieren muß. Zusammen mit der Kompositionalitätsforderung folgt daraus auch, daß es eine zugehörige formale Syntax geben muß, die genauso präzise das Format wohlgeformter Beschreibungen festlegt. Die Forderung nach präzisen und formal adäquaten Beschreibungsmitteln stand bereits zu Beginn der Generativen Grammatik im Mittelpunkt: "If the grammar is, furthermore, perfectly explicit - in other words, if it does not rely on the intelligence of the understanding reader, but rather provides sin explicit analysis of his contribution - we may (somewhat redundantly) call it a generative grammar." (Chomsky 1965, 4)

Eine generative Grammatik, deren Interpretation nicht vom intelligenten Verständnis des Lesers abhängt, kann alternativ nur einer unintelligenten, mechanischen Interpretationsprozedur unterworfen sein. Es ist klar, daß der Input zu jeder denkbaren Variante einer solchen Prozedur ein präzises formales Format und eine präzise Bedeutung haben muß. Bedauerlicherweise war die weitere Entwicklung in der theoretischen Linguistik aber

14 von einer weitgehenden Mißachtung dieser essentiellen Forderung gekennzeichnet, zumindest was den gesamten generativen 'mainstream' selbst, und zwar einschließlich der späteren Arbeiten seines Gründers, angeht (Pullum 1989).3 Das Risiko einer nicht formal adäquaten Beschreibung ist ganz offensichtlich, daß entweder zirkulär Sprache mit natürlichsprachigen Mitteln erfaßt wird oder aber die schlecht kontrollierbare Ambiguität graphischer Darstellungsmittel ('ein Bild sagt mehr als tausend Worte . . . ') eine unzweideutige Interpretation blockiert. So illustrieren Bird & Ladd (1991) im Detail die letztere Quelle von Ambiguität anhand der autosegmentalen Diagramme und Regeln von Goldsmith (1990)). Coleman & Local (1991) beweisen formal, daß ein weithin als essentiell angenommenes 'No Crossing Constraint', welches überkreuzende Assoziationslinien in der Autosegmentalen Phonologie verbietet, auf der graphischen Ebene keine beschränkende Kraft hat. Natürlich haben informelle Definitionen und konzise graphische Notationen großen heuristischen Wert für die Entwicklung und Präsentation theoretischer Analysen. Jedoch schärft erst die Anerkennung der Forderung nach formaler Adäquatheit das Problembewußtsein für den Unterschied zwischen bloßer Notation und echter Formalisierung: letztere bedingt erstere, aber nicht notwendigerweise umgekehrt. Schließlich ist ein wichtiger Vorteil der obigen Forderung auch, daß mithilfe der formalen Semantik eine Analyse zumindest im Prinzip unabhängig von jeglicher Implementierung auf ihre Korrektheit hin überprüft werden kann. 2.1.3

Praktische Folgerungen

Aus der programmatischen Darstellung des vorhergehenden Abschnitts folgt eine Reihe von praktischen Konsequenzen für die Phonologie, die nachfolgend kurz dargestellt werden. COMPUTERPHONOLOGIE v s . DEKLARATIVE PHONOLOGIE. Ein zentrales Anliegen

der Computerphonologie (kurz: CP) ist es, implementierte phonologische Analysen zu produzieren. Hier soll zunächst erläutert werden, warum dieses Anliegen sinnvoll sein könnte, bevor der Bezug von CP zur DP geklärt wird. Eine vernünftige Minimalforderung für linguistische Theorien scheint erstens zu sein, daß sie tatsächlich demonstrierbar die Daten erfassen, deren intrinsische Zusammenhänge sie tiefer erklären wollen. Während die 'exotischen' Ecken des phonologischen Systems einer Sprache oft die interessantesten Daten zum Zwecke der Weiterentwicklung und des Vergleichs von Theorien abgeben, darf darüber aber zweitens nicht vergessen werden, für 3

Zur allgemeinen Bewertung der Situation in der Phonologie findet sich neben Pullum (1989, 138) etwa das folgende neuere Zitat: "The formalization of transformational phonology by Chomsky and Halle (1968) provides a Standard of mathematical clarity which has been achieved only sporadically in subsequent work." (Pierrehumbert, Beckman & Ladd 1996, 550). Bezogen auf den derzeitigen Stand von OT lautet ein Urteil an anderer Stelle: "Any attempt to argue for a particular method of combining constraints without simultaneously formalizing the constraints is technically incoherent." (Pierrehumbert & Nair 1996, 537)

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alle gewöhnlichen Instanzen ebenfalls zu zeigen, daß sie tatsächlich weiterhin durch die Analyse abgedeckt werden. Drittens setzt die vorstehende Diskussion implizit voraus, daß das Spektrum der relevanten Daten dem Linguisten im Prinzip bekannt ist. Mit dem Aufkommen sehr großer, on-line verfügbarer Korpora muß diese Annahme aber in der Praxis revidiert werden: diese können sowohl Fälle enthalten, auf die man als Linguist nie gekommen wäre, weisen andererseits aber unter Umständen 'exotische' Daten nicht auf, die a priori als relevant klassifiziert wurden. Zusammengenommen ergibt sich aus allen drei Punkten, daß für jeden nichttrivialen Phänomenbereich die Komplexität einer von Hand zu überprüfenden Theorie-Daten-Kombination derart schnell ansteigt, daß menschliche Fehler und Ungenauigkeiten nicht mehr vernachlässigt werden können. Anders als etwa in der Mathematik mit ihren idealisierten, abstrakten Strukturen ist nicht zu sehen, wie angesichts des Datenreichtums der Linguistik als empirischer Disziplin und im Zusammenspiel mit Faktoren wie Ermüdung und finiten Ressourcen des menschlichen Theoretikers die gestellte Aufgabe bei hinreichend aussagekräftigen Korpora jemals beendet werden kann. Die Computerisierung dieser Überprüfung ist angesichts dieser kaum bestreitbaren Tatsache eine prinzipielle Lösung dieses Problems, vielleicht sogar die einzige. Weil nun die dazu notwendige Implementierung der Theorie ein wohldefiniertes formales Format verlangt, sind DP-Analysen, für die ein solches im Gegensatz zu den meisten anderen Paradigmen im Sinne der obigen Definition essentiell ist, ein besonders geeigneter Input für die Überprüfungsprozedur. In diesem Sinne besteht eine natürliche Affinität zwischen DP und CP.4 TILGUNG UND EPENTHESE. Wie Scobbie, Coleman & Bird (1996, 692f.) sehr richtig feststellen, besteht die Gefahr, daß theoretische Postulate wie die Existenz von Tilgungsund Epentheseregeln verwechselt werden mit den dadurch beschriebenen empirischen Phänomenen selbst, sodaß alternative Postulate - hier die der DP - unnötigerweise als sehr ungewöhnlich eingestuft werden. Wenn man sich allerdings dieses Unterschieds bewußt ist, wird die Nachricht, daß Tilgungs- und Epenthese-Constraints in der DP nicht modelliert werden können, für wenig Aufsehen sorgen. Der Grund ist klar: die Tilgung eines Segments x macht den vorher gültigen Schluß '3a:' ungültig und verletzt damit ebenso das Monotoniegebot der DP wie der konverse Prozeß der Epenthese, wo ' n i c h t aufrechterhalten wird. Deskriptiv handelt es sich in beiden Fällen einfach um Alternation eines Segments x mit 0 , d.h. die Anwesenheit von x wird entweder gefordert oder ausgeschlossen. Dies entspricht in der DP der systematischen Disjunktion der beiden Alternativen. Generell gilt, daß eine oberflächentreue Modellierung einer Alternation X ~ Y mit inkompatiblen Alternanten 4

Es soll nicht verschwiegen werden, daß mittlerweile auch Arbeiten zum Thema 'Formalisierung und Implementierung von (klassischer) OT' existieren. Siehe in diesem Zusammenhang etwa Waither (1996) für einen eigenen Vorschlag und weitere Literaturhinweise. Diese und andere erste Arbeiten zu OT als formalem Rahmen lassen jedoch die hier relevante Tatsache unberührt, daß die überwältigende Zahl der OT-basierten konkreten Analysen nicht implementiert sind und einen sehr geringen Formalisierungsgrad aufweisen.

16 X und Y eine entsprechende Disjunktion I W verwenden muß, um Inkonsistenz zu vermeiden. 5 An- und Abwesenheit von x sind in diesem Sinne inkompatibel, woraus sich die folgende Modellierung ergibt: (3)

Daten

Notation

Formalisierung

{axb,ab}

a(x)b

3a36((3i a (C

f.

A -H- C

-iC A ->(C

b.

A) A)

DP

- i A c A ß

A und C überlappt A ist C

Priorisierung

— i. > ii. (Elsewhere) partieller K. i. » ii. (Ranking) totaler K. i. » ii. (Ranking)

Die erste Spalte der Tabelle (5) klassifiziert verschiedene Antezedent-AntezedentBeziehungen hinsichtlich des Bereichs, in welchem es zu einem Konflikt kommt. Im Fall (5).c ist nichts weiter zu tun, da die beiden implikationellen Constraints disjunkte Anwendungsbedingungen haben. Im nächsten Fall (5).d kann anhand des Spezifitätsunterschieds von A und C bereits intrinsisch entschieden werden, welche Implikation im Konfliktfall Vorrang haben soll. Dies regelt eine logische Variante des elsewhere-Prinzips: sie verlangt, daß die Implikation ii. in (5).a durch den Ausdruck in (5).b ersetzt werden muß. Die Fälle (5).e,f bieten dagegen keinen intrinsischen Anhaltspunkt dafür, welche Vorrangbeziehung gelten soll, weil A und C hier nicht durch die Ordnungsrelation der Spezifität verglichen werden können. Deswegen ist in der Spalte rechtsaußen eine entsprechende extrinsische Ordnung vorgegeben. Mithilfe dieser Angabe gelingt es dann allerdings, den Konflikt durch (5).b auf dieselbe Weise wie im vorhergehenden Fall aufzulösen. Man vergewissere sich, daß mit der allgemeinen Ersetzung (5).b im übrigen auch die Fälle des totalen und fehlenden Konflikts (5) .c,f korrekt ableitbar sind. Im mehr der Vollständigkeit halber angeführten totalen Konfliktfall ergibt (5).b dabei für das niederrangigere Constraint ii'. eine Tautologie, wodurch dieses effektiv wirkungslos wird.

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Ohne Beschränkung der Allgemeinheit wurde in (5).d nur der Fall angegeben, daß A spezieller als C ist, genauso wie in (5).e,f nur eine der beiden möglichen Rangordnungen stipuliert wurde. Durch Vertauschen der Rollen von A und C ergibt sich der jeweils andere Fall problemlos. Abschließend ein kleines Beispiel zu (5).d: aus back A low -iround und der dazugehörigen unspezifischeren (Default) Regel back —t round ergibt sich durch Ü' die Vorschrift (5).b die modifizierte Regel back A -¡low —^ round. Es muß allerdings betont werden, daß das vorstehende Schema zur Reduktion notationeller Konflikte nicht so interpretiert werden darf, als wären etwa sämtliche OT-Analysen in äquivalente Analysen mit unverletzbaren Constraints zu verwandeln. Ellison (1994a) hat nachgewiesen, daß es sich bei OT um einen echten Defaultformalismus handelt. Weil bekannt ist, daß die formale Ausdrucksmächtigkeit dieser Klasse von Formalismen verschieden von der defaultfreier Formalismen ist, muß es OT-Analysen geben, die nicht transparent übertragen werden können. Dies ist in der Tat der Fall: aufgrund der prinzipiellen Unbeschränktheit der Anzahl von Constraintverletzungen wäre eine zwar systematisch ableitbare, aber doch abzählbar unendliche Menge von Implikationen pro Constraint notwendig, um die OT-Interpretation von Constraints exakt abzubilden. Dies kollidiert mit der in der DP geforderten Endlichkeit der Beschreibungsmenge. Umgekehrt folgt daraus natürlich auch, daß mithilfe einer beliebig großen, aber fest vorgegebenen oberen Schranke für den Maximalgrad der Verletzung die obige Reduktion mit endlichen Mitteln gelingt. Für praktische Anwendungen dürfte dies oftmals ausreichend sein. Aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet, gilt die folgende Aussage: OT erfordert eine Interaktion bzw. globale Betrachtung von allen disjunktiven Zweigen einer Lösung - eben dem mehrelementigen GEN-Output - um den besten Zweig ausfindig zu machen. Bei herkömmlichen unverletzbaren Constraintsystemen interagieren Disjunkte dagegen per Definition nicht miteinander. Diesen Unterschied reflektiert in der Tat die Implementierung von OT-Constraintinteraktion in Ellison (1994b). Zur Berechnung der Interaktion von durch endliche Automaten repräsentierten Constraints kann dort nicht wie im Fall unverletzbarer Constraints ein gewöhnlicher symmetrischer Produktoperator zum Einsatz kommen, der mit mengentheoretischer Schnittbildung korrespondiert. Vielmehr muß ein modifiziertes asymmetrisches Produkt zusätzlich lokale Constraintverletzungen prioritätsrichtig berücksichtigen, um dann in einem zweiten globalen Optimierungsschritt im Produkt-Ergebnis die Pfade mit der geringsten Anzahl von Constraintverletzungen ausfindig zu machen. Genau dieser Schritt enthält durch den notwendigen Vergleich innerhalb einer disjunktiv aufzählbaren Pfad menge die genannte Interaktion zwischen Disjunkten. Dies beschließt die Diskussion der Möglichkeiten und Grenzen einer Reduktion von Constraintkonflikten unter Berücksichtung extrinsischer und intrinsischer Ordnung. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit der konkreten formalen Beschreibungssprache, die zur Implementierung der phonologischen Grammatiken in dieser Arbeit verwendet wurde.

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2.2

Die Constraintlogikprogrammiersprache CUF

CUF (Comprehensive Unification Formalism, Dörre & Eisele 1991, Dörre & Dorna 1993) ist eine Implementierung von Hornklausel-Logik 1. Ordnung, also eine Art PROLOG, allerdings mit getypten Merkmalstermen anstelle der in PROLOG üblichen Termstrukturen fixer Stelligkeit. 7 Getypte Merkmalsterme sind mittlerweile eine weitverbreitete lingua franca für neuere Arbeiten in der Computerlinguistik. Die Programmiersprache wurde am Institut für maschinelle Sprachverarbeitung (IMS) der Universität Stuttgart entwickelt und ist mit Bezug auf linguistische Anwendungen wie z.B. die Kodierung von HPSGGrammatiken konzipiert worden. Allerdings handelt es sich bei CUF selbst um einen theorieneutralen Grammatikformalismus, der aber gleichwohl sämtliche charakteristischen Forderungen von DP unterstützt. So besitzt CUF etwa eine wohldefinierte formale Syntax und Semantik (Dörre & Dorna 1993) und es werden Verletzungen des Monotoniegebots konstruktiv verhindert. Die Implementierung des CUF-Interpreters, eines resolutionsbasierten Theorembeweisers verhilft CUF zu einer im Vergleich mit konventionellen Logikprogrammiersprachen wie PROLOG flexibleren Beweisstrategie. Insbesondere werden deterministische Unterbeweisziele vor nichtdeterministischen ausgeführt und es können Beweisziele verzögert werden, bis ausreichende Information für ihre Abarbeitung vorliegt. Dieser Aspekt der operationalen Semantik macht das Konzept der nebenläufigen Prozesse (concurrency) praktisch verfügbar, welches für die effiziente Berechnung der komplexen Abhängigkeiten zwischen den sich gegenseitig restringierenden phonologischen, syntaktischen, semantischen etc. Ebenen von zeichenbasierten Grammatiktheorien von großer Bedeutung ist. Schließlich existiert eine wohldefinierte Schnittstelle zum zugrundeliegenden PROLOG-System, durch das bestimmte, besser außerhalb von CUF realisierbare Aufgaben wie etwa die in Kapitel 4 definierte inkrementelle Optimierung leicht angekoppelt werden können. Als erste Einführung in die Ausdrucksmöglichkeiten von CUF sowie den praktischen Umgang mit dem Formalismus sind König (1994, Kap.2) und König (1995) geeignet. Im folgenden soll daher nur eine knappe Darstellung der für die Zwecke dieser Arbeit notwendigen Elemente gegeben werden, die sich stark an König (1994) anlehnt. 2.2.1

Merkmalsbeschreibungen

Eine einfache Merkmalsstruktur und ihre Beschreibung in CUF zeigt (6)a,b. Im gewählten phonologischen Beispiel, der merkmalsbasierten Repräsentation einer Affrikate / p f / , soll es nur um die Kodierungsaspekte gehen. Die Struktur in (6).a enthält sowohl Merkmale mit atomaren Werten, etwa die Teilstruktur [son : —] für Obstruenten, wie auch komplexwertigen Merkmale, hier [root] und [right]. Wir sehen in (6).b, daß Konjunktionen von Beschreibungen bzw. Constraints in CUF explizit durch &-Symbole notiert werden. Merkmale und ihre Werte werden durch Doppelpunkt getrennt. Variablen wie Shared, 7

Software und Dokumentation sind unter h t t p : / / w w w . i m s . u n i - s t u t t g a r t . d e / c u f / im Internet zugänglich.

21 (6)

M E R K M A L S S T R U K T U R F Ü R /pf/ IN

CUF

son : root : cont : c-place : El labial

a.

son : right : root : cont : + c-place : III r o o t : ( s o n : ' & c o n t : ' - ' & c_place:(Shared & l a b i a l ) ) & r i g h t : r o o t : ( s o n : & c o n t : ' + ' & c.place:Shared)

b.

mit denen Unterstrukturen benannt und koindiziert (0) werden können, müssen im Unterschied zu allen anderen syntaktischen Konstrukten der Sprache mit Großbuchstaben beginnen. Um eine Struktur zu benennen, schreibt man die Variable als eines der Konjunkte. Die anonyme Variable, durch den Unterstrich _ notiert, bezeichnet dagegen eine vollkommen unterspezifizierte unabhängige Merkmalsstruktur. CUF gestattet die Beschreibung komplexerer Strukturen, d.h. allgemeiner Merkmalsterme: • Typen dürfen als Konjunkte in Merkmalsbeschreibungen auftauchen (siehe unten), • Sorten gestatten die Definition von u.U. rekursiven Relationen über Merkmalstermen (siehe unten), • Negation " einer Merkmalsbeschreibung ist zulässig, solange diese keine Sorten enthält, • Disjunktion ; verbindet beliebige Merkmalsbeschreibungen. Angenommen, wir wollen eine auf Plosive restringierte Ortsassimilation des Nasals in Präfigierungen von in- modellieren, wie sie in i[m]possible, i[g]capable, i[n]feasible, *i[m]feasible auftritt. Diese Generalisierung läßt sich etwa durch die informell notierte logische Implikation (7)

Nasal Obstruent 1

2

—> [c.place a][c-place a, cont—] 1 2

erfassen, bei der Positionsindizes die Elemente der linken und rechten Seite zuordnen helfen. Da für Ausdrücke der Form A B in CUF nicht direkt ein entsprechender logischer Implikationsoperator zur Verfügung steht, müssen stattdessen die umgeformten Darstellungen -r/W ( A A B ) bzw. - I ( A A - I B ) verwendet werden. Auf unser phonologisches Beispielproblem angewandt ergibt dies die beiden Beschreibungen in (8). (8)

K O M P L E X E R E C O N S T R A I N T B E S C H R E I B U N G E N IN

CUF

/* A -> B = "(A k -B) */ " (root:nasal & right : r o o t : s o n : &

y.0 '/.l

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"(root :c_place:Same k r i g h t : r o o t : (c_place:Same & c o n t : ' - ' ) ) ) /* A -> B = "A ; A k B */ "(root:nasal k right : r o o t : s o n : ' - ' ) root:nasal & r i g h t : r o o t : s o n : ' - ' k root: c_place: Same k r i g h t : root: (c_place: Same k c o n t : ' - ' )

7.2 7.3 7.4 7,5 7.6

Die negationsbasierte Umformung steht in Zeile 1-2, ihre disjunktive Variante in 4-6. Die Antezedenten sind in Zeile 1 bzw. 4 kodiert. Der Typ nasal markiert die Substruktur unter dem nicht eingebetteten root-Merkmal. Die Sequenz /* . . . */ und der Rest der Zeile nach einem Prozentzeichen 7. markieren Kommentare, die vom CUF-Compiler überlesen werden. 2.2.2

Typen

Typen dienen dazu, die statische Grobstruktur des einer Grammatik zugrundeliegenden linguistischen 'Universums' zu beschreiben. Sie entsprechen den Datentypen in anderen Programmiersprachen. Typdefinitionen bestehen in CUF aus Typaxiomen sowie Angemessenheitsdeklarationen für Merkmale. Was sind Typaxiome? Typaxiome beschreiben, welchen Bedingungen das 'Universum' zu jedem Zeitpunkt genügen muß. CUF erlaubt für Typaxiome beliebige Formeln der Aussagenlogik, die benannte propositionale Variablen - für die einfachen oder atomaren Typen - enthalten und mittels Konjunktion &, Disjunktion ; und Negation ~ zu neuen Typformeln zusammengesetzt werden dürfen. Für bestimmte, immer wiederkehrende kompliziertere Formeln gibt es eine abkürzende Schreibweise. So bezeichnet der Gleichheitsoperator = die Typäquivalenz, daneben gibt es den Subtypoperator < und das Typ-Disjunktheitssymbol I. (9)

BEISPIEL-TYPAXIOME

phon_sequence < top. ~phon_sequence ; top. phon_sequence = empty I nonempty. "(empty & nonempty). binary_feature_value = { - , + } . empty = {end}.

'/. 1 7. 2

'/. 3 7. 4 7. 5 '//. fio 7. 7 7. 8

Zeile 1 deklariert den Typ phon_sequence zu einem Untertyp, d.h. einer Spezialisierung des vordefinierten Typs top, der seinerseits maximal unspezifisch ist und das ganze Universum der Merkmalsterme denotiert. In 2 ist die abkürzende Notation < expandiert worden. Zeile 4 besagt, daß phonologische Sequenzen in Form von zwei disjunkten Untertypen existieren sollen: sie können entweder leer oder nichtleer sein. Zu diesem Zweck wird die propositionale Variable phon_sequence als äquivalent zu der Formel auf der rechten Seite

23 deklariert. In 5 ist entsprechend die Disjunktheitsforderung der rechten Seite von 4 in unabgekürzter Form illustriert. Schließlich wird in 7 ein Typ binary_f eature_value als äquivalent zum Aufzählungstyp { - , + } definiert, während 8 besagt, daß das Teiluniversum der leeren Sequenz empty allein das Atom end enthält bzw. durch dieses vollständig aufgezählt wird. Die in geschweiften Klammern eingeschlossenen einzelnen Elemente eines Aufzählungstyps werden automatisch als paarweise disjunkt klassifiziert; sie sind darüberhinaus immer Subtypen des vordefinierten Typs af s der atomaren Merkmalsstrukturen. Disjunkt zu af s ist der vordefinierte Typ cf s, der allen komplexen Merkmalsstrukturen zukommt. Mit einer Angemessenheitsdeklarationfür Merkmale können einzelne Merkmale M i , . . . Mn einem Untertyp r von cf s zugeordnet werden: T lizensiert M\,... Mn. Hier ein Beispiel, das Syntax und Einsatzmöglichkeiten dieses Konstrukts illustriert. (10)

A N G E M E S S E N H E I T VON M E R K M A L E N IN

nonempty ::

CUF

root: segmental_features, r i g h t : phon.sequence.

segmental.features :: son: binary_feature_value, cont: binary_feature_value, c.place: a r t i c u l a t o r . phon_sequence I segmental_features. nasal < segmental_features. a r t i c u l a t o r = { l a b i a l , alveolar, dorsal}.

'/, '/. '/. '/. '/. '/. '/.

1 2 3 4 5 6 7

7. 8

'/. 9 •/. 10

In den Zeilen 1-2 werden root für eine einzelne segmentale Position und r i g h t für die rechtsadjazent beginnende phonologische Restsequenz als Merkmale für den Typ nonempty lizensiert; ihre Wertetypen werden dort ebenfalls als angemessen deklariert. Gleiches gilt für segmental_features in 4-6. Weil CUF eine sogenannte open worldSemantik hat, bedeuten diese Zeilen noch nicht, daß diese beiden merkmalstragenden Typen inkompatibel sind, obwohl ihre verschiedenen Namen dies intuitiv nahelegen. Die open world-Aim&hme hat vielmehr zur Folge, daß alle Typ-Typ- bzw. Typ-MerkmalKombinationen, die nicht explizit ausgeschlossen wurden, vom CUF-Interpreter akzeptiert werden. Die beabsichtigte Inkompatibilität gilt daher erst, nachdem eine entsprechende Disjunktheitsforderung wie in 8 der Menge der Typaxiome hinzugefügt wurde. (9 und 10 definieren der Vollständigkeit halber Typen, die bereits in (6) und (8) auftauchten). Mit der Zusatzspezifikation in 8 kann nun ein wichtiger Aspekt getypter Formalismen illustriert werden: Typen erlauben es, automatisch bestimmte semantische Fehler in einer Grammatik aufzudecken, die sich durch Typkonflikte äußern. Ein solcher Fehler wäre etwa die Koindizierung einer Einzelposition mit der rechts von ihr beginnenden Sequenz-, die eindeutige Antwort des CUF-Interpreters auf eine entsprechende Konsistenzanfrage ? - cuf (Anfragebeschreibung) zeigt (11). Zum Aspekt der Strukturierung des linguisti-

24 (11)

I ? - cuf(root:X & r i g h t : X ) . ### CUF ERROR: not well-typed . . . check declaration(s) phon_sequence &

segmental_features failed. sehen Universums kommt also der Aspekt der praktischen Hilfestellung hinzu, den Typen dem Entwickler von komplexen Grammatiken bei der Aufdeckung von Fehlern bzw. impliziten Annahmen bieten. Allerdings ist die Expressivität von Typen eingeschränkt, u.a. weil Angemessenheitsbeschränkungen in CUF weder Tokenidentität noch nichtlokale Beziehungen zwischen Merkmalswerten ausdrücken können - etwa von der Art, daß zwei Merkmale immer koindiziert sind oder eine Teildomäne des Universums rekursiv strukturiert ist. Für diese und andere Zwecke der dynamischen Feinstrukturierung bietet CUF Sorten an. 2.2.3

Sorten

Prädikate werden in CUF-Terminologie als Sorten bezeichnet. Diese Umbenennung ist gerechtfertigt, weil in funktionaler Notation geschriebene n-stellige Sorten (n + l)-stelligen Prädikaten entsprechen, wobei das (n + l)-te Argument als Resultatargument aufgefaßt wird. Mit Sortendefinitionen drückt man in CUF Relationen zwischen Merkmalstermen aus. Jede einzelne Definition kann aus einer oder mehreren Klauseln bestehen, die disjunktiv zu lesen sind. Sortendefinitionen können auch nullstellig sein und stehen dann für 1-stellige Relationen; darüberhinaus sind sie entweder einfach, bieten also die Expressivität von PROLOG-Fakten oder zusammengesetzt, wodurch wie in PROLOG-Regeln komplexere Bedingungen ausgedrückt werden können. Das folgende Beispiel definiert die erste, nicht-rekursive und einfache Klausel einer zweistelligen Konkatenations-Sorte concat/2, mit der phonologische Sequenzen verbunden werden sollen. (12)

concat(empty, Sequenz) := Sequenz.

Sie besagt, daß die Konkatenation einer leeren Sequenz der Länge 0 mit einer beliebigen Sequenz im zweitem Argument als Resultat die unveränderte Sequenz ergibt. Das Resultatargument ist immer die Beschreibung nach dem Symbol :=. Wie alle Definitionen werden auch die Definitionen von Sortenklauseln in CUF mit einem Punkt abgeschlossen. Obwohl Sorten, wie erwähnt, logisch gesehen Relationen darstellen, schadet es im allgemeinen nicht, von der Vorstellung einer funktionalen Evaluierung auszugehen: die rechte Seite einer Sortendefinition ersetzt textuell einen in einer Beweisanfrage auftauchenden

25 Sortenkopf, der auf die linke Seite paßt. Sortenköpfe sind im übrigen - außer wie gesagt im Skopus einer Negation - legitime Bestandteile jeder Merkmalsbeschreibung. Die Definition von concat/2 kann nun durch die zweite Klausel in (13) vervollständigt werden. (13)

concat(root:ErstePositionA & right:RestsequenzA, SequenzB) := root:ErstePositionA & right:concat(RestsequenzA, SequenzB).

Die beiden Klauseln in (12) und (13) haben disjunkte Anwendungsbedingungen, weil die Merkmale root,right des ersten Arguments in (13) nur für den Typ nonempty definiert wurden (10). Eine legitime Konkatenation einer nichtleeren Sequenz mit einer nachfolgenden SequenzB spezifiziert, daß im Resultat die ErstePosition weiterhin am Anfang steht (root), während der a priori beliebig lange Rest (Wert von right) durch erneute Konkatenation der RestsequenzA mit SequenzB rekursiv bestimmbar ist. Diese Klausel ist also sowohl zusammengesetzt als auch rekursiv: auf der rechten Seite von := taucht nicht nur ein weiterer Sortenkopf auf, sondern mit concat (RestsequenzA, SequenzB) ein spezifisch auf die linke Seite passender. Eine Anfrage an den CUF-Interpreter, beispielsweise die Struktur zu ermitteln, welche die Konkatenation zweier Sequenzen der Länge 1 mit je einem unspezifizierten Nasal bzw. Sonoranten darstellt, liefert das erwartete Ergebnis der Länge 2: (14)

I ?- cuf(concat(root:nasal & right:empty, r o o t : s o n : ' + ' & right:empty)). '/,'/,'/, used time (msec) : 10 '/,'/:/. r e s u l t : +— nonempty Iroot: nasal I r i g h t : +— nonempty I Iroot: +— segmental_features I I Ison: + I I +— I Iright: empty I +-+—

Weil wie gesagt Sorten trotz ihrer funktionalen Schreibweise allgemeine Relationen kodieren und CUF ein deklarativer Formalismus ist, kann der CUF-Interpreter dieselbe Definition etwa auch umgekehrt zur Zerlegung einer gegebenen Resultatsequenz in die Menge aller Konkatenandenpaare benutzen. Zusammenfassend gilt, daß Sorten das Ausdrucksmittel in CUF sind, um Merkmalsterme zu benennen und wiederzuverwenden. Mit Sorten kann man das Lexikon und - dank der möglichen Rekursivität - beispielsweise auch Phrasenstrukturregeln oder syntaktische

26 Prinzipien modellieren. Weil Sorten Argumente haben können, kann man durch sie parametrisierte Prinzipien bzw. Constraints definieren. Weil Sorten andere Sorten aufrufen können - was als ein Mechanismus für multiple monotone Vererbung interpretiert werden kann sind sie darüberhinaus ein geeignetes Mittel, um ein hierarchisch strukturiertes Lexikon zu spezifizieren.

2.3

Bemerkungen zur graphischen Darstellung von Constraints

In dieser Arbeit wird an manchen Stellen eine an autosegmentale Diagramme erinnernde einfache graphische Notation für Constraints verwendet. Die wesentlichen Elemente dieser halbformalen Darstellung sollen hier kurz erläutert werden. Die Notation ist so gewählt, daß eine Übersetzung in CUF leicht möglich ist. Die Details sollen aber an dieser Stelle unterdrückt werden, da sie von der erst in Kapitel 4 eingeführten konkreten Formalisierung von Positionen und deren Innenstruktur abhängen. Ein Darstellungselement wie in (15).a beschreibt eine obligatorische phonologische Position, die in der durch X symbolisierten logischen Formel über dem vertikalen Strich Restriktionen bzgl. möglicher Silbenrollen und (nicht-)peripherer Lage im Wort enthält, während Y entsprechende segmentale Beschränkungen widergibt. Neben der Benennung von Teilformeln durch Variablen mit großem Anfangsbuchstaben wie in CUF dürfen für denselben Zweck generell auch Koindizierungsmarkierungen @ verwendet werden. Das Beispiel in (15).b besagt, daß ein nicht-velarer silbenfinaler Obstruent gefordert wird. (15)

Schema

Instanz

coda a.

I

Y

b. obstruent A ->velar

Demgegenüber zeigt die folgende Abbildung die graphische Beschreibung einer fakultativen Position (16).a, die ansonsten wie in (15) zu lesen ist. Das Beispiel (16).b beschreibt eine weglaßbare Position, die einen unsilbischen hohen Vokal darstellt. (16)

a.

b.

Eine Alternation zwischen zwei gleichberechtigten Elementen soll wie in (17).a notiert werden. Das Beispiel (17).b zeigt hier ein / k / , welches mit einer - abgesehen von der Glottisaktivität - segmental unterspezifizierten Kodaposition alterniert. (17)

a.

b.

27

Schließlich kann es nützlich sein, Implikationsbeziehungen zwischen prosodischer und segmentaler Ebene für eine phonologische Position zu vermerken. Dies zeigt (18).a für eine der beiden möglichen Implikationsrichtungen. Eine Kombination mit Fakultativität ist natürlich ebenfalls möglich. Das Beispiel (18).b besagt, daß eine Position nur dann stimmhaft sein muß, wenn sie ungeminiert (-•codaonset) ist. (18)

a.

b.

X 4Y

-icodaonset i -i(constricted-glottis

V spread.glottis)

Horizontal unmittelbar benachbarte notationeile Elemente gemäß (15)—(18), die nicht durch logische Verknüpfungssymbole V, A, —> getrennt sind, werden als Beschreibung konsekutiver phonologischer Positionen interpretiert. In diesem Sinne nicht trennend sind auch nichtlogische Hilfssymbole, die hier vorläufig formal uninterpretiert bleiben sollen. Ein solches Hilfssymbol ist das Minuszeichen, das zur Anzeige einer Morphemgrenze dient. Notationelle Elemente, die mit einer der genannten logischen Verknüpfungen verbunden sind, werden dagegen durch die entsprechende Verknüpfung ihrer elementweisen logischen Interpretation definiert. Um unnötige weitere Klammersymbole zu vermeiden, vereinbaren wir, daß die Trennsymbole A, V dabei stärker binden als horizontale Konkatenation, die wiederum stärker bindet als ein Trennsymbol —K Ein komplexeres Beispiel, welches die zuletzt erwähnten Möglichkeiten kombiniert, zeigt (19). (19)

X I h

Y

/A\

I I A a A El VE/

cod

A

-

| U

A

Hier wird ausgedrückt, daß die ersten zwei aufeinanderfolgenden Positionen auf den segmentalen Gehalt ha festgelegt sind. Der restliche Teil der Graphik beschreibt eine dritte Position. Diese trägt zum einen obligatorisch die partielle Silbenrolle cod. Wegen der per Konjunktion A überlagerten Beschreibung einer fakultativen Position gilt aber gleichzeitig, daß sie bei Wahl der Realisierungsoption dieselbe (ED) Vokalqualität wie die zweite Position aufweisen muß (= haa). Wie das Morphemgrenzensymbol anzeigt, handelt es sich insgesamt um ein Präfix ha(a)-, welches für den Rechtskontext variabel phonologisch subkategorisiert ist: wird das zweite / a / weggelassen, so erhält die erste Stammposition die cod-Silbenrolle, ansonsten beschränkt diese Rolle mit dem zweiten / a / die letzte eigene Position.

Kapitel 3 Geminateli und Ambisilbizität 3.1

Einführung

Geminaten, die häufig auch als Doppelkonsonanten oder lange Konsonanten bezeichnet werden, 1 kommen in vielen Sprachen als distinktive phonologische Einheiten vor. So finden sich etwa im Italienischen Minimalpaare wie /ato 'Schicksal' versus fatto 'Tatsache; (er) hat gemacht', sete 'Durst' versus sette 'sieben', im Finnischen steht tuli 'Feuer' neben tulli 'Zoll', kansa 'Volk' kontrastiert mit kanssa 'mit' und Tigrinya weist unter anderem die Paare ?abo '(Name eines Baums)' und ?abbo 'Vater', imkere 'beraten' und mekkere 'versuchen' auf. Terminologisch wird zwischen echten und unechten Geminaten unterschieden: bei letzteren handelt es sich im Gegensatz zu ersteren um phonologisch unabhängige Instanzen zweier benachbarter gleicher Phoneme, die durch.eine morphologische Grenze getrennt sind. Während ein häufiges phonetisches Kennzeichen von Geminaten eine deutlich längere artikulatorische Verschluß- oder Engebildung mit entsprechend stationärer akustischer Phase (Stille für Plosive oder aperiodisches bzw. periodisches Signal für Frikative bzw. Nasale und Approximanten) ist, weisen sie auch phonologisch einige Besonderheiten auf. Dazu zählt die Tatsache, daß sich Geminaten oft analog zu Sequenzen zweier unabhängiger Konsonanten (CC) verhalten, wenn Restriktionen über Länge und Distribution solcher Sequenzen in einer Sprache existieren. Fast immer wird eine von einer Geminate geschlossene Silbe als schwer gewertet. Die Nachfolgesilbe erhält zudem automatisch einen Silbenonset, genauso wie das bei einer erlaubten CC-Sequenz der Fall ist. Andererseits zeigen sich aber auch bedeutende Asymmetrien, in denen sich Geminaten als stabile, gegen Veränderungen resistente Segmente erweisen. Zum einen betreffen Alternationen wie etwa die Spirantisierung von Plosiven oft nur Einzelkonsonanten: Geminaten gleicher segmentaler Qualität alternieren dann nicht (Inalterabilität). Eine in der Literatur ebenfalls genannte Asymmetrie betrifft Phänomene, bei denen intervenierende Vokale überlange Konsonantencluster 'aufbrechen', um die Wohlgeformtheit der Silben zu gewährleisten. Hier werden Geminaten durchgängig nicht in kurze Einzelsegmente aufgespalten (Integrität). Beispiele folgen in Abschnitt 3.2. Interessanterweise gibt es Sprachen, in denen Segmente zwar nicht die typische phoTeilweise wurde früher aber auch terminologisch zwischen der Länge von Konsonanten und der Eigenschaft, sich ambisilbisch zwischen zwei Silben zu befinden, unterschieden - Lautrealisationen, die zusätzlich die letztgenannte Eigenschaft erfüllten, hießen Geminaten. Siehe Hegedüs (1959) für einen Uberblick. Die aktuelle Terminologie scheint die verschiedenen Bezeichnungen gleichwertig zur Benennung der distinktiven Länge zu verwenden. In dieser Arbeit wird im allgemeinen von Geminaten gesprochen.

30 netische Realisierung von Geminaten aufweisen, aber dennoch in bestimmter Silbenposition, nämlich ambisilbisch zwischen zwei Silben, praktisch identische phonologische Eigenschaften zeigen. Für einige indogermanische Sprachen wie Dänisch, Deutsch, Englisch, Holländisch, aber auch Sanskrit und Efik wurde auf eine solche Korrelation von Ambisilbizität und Geminaten-Eigenschaften hingewiesen.2 Borowsky, Itö & Mester (1984) haben nun aus der erwähnten Korrelation den Schluß gezogen, daß Geminaten und ambisilbische Segmente für Zwecke der theoretischen Phonologie formal gleich repräsentiert werden sollten. Sie sagen damit voraus, daß Sprachen nicht gleichzeitig Ambisilbizität und echte Geminaten aufweisen sollten bzw. bei Auftreten in ein- und derselben Sprache nicht kontrastieren (der letztere Fall liegt nach Kessler 1995 im Sanskrit vor). Die Unterschiede im Timing delegieren sie an eine sprachspezifische phonetische Interpretation der gleichen formalen Strukturen. Offenkundig wird damit die geeignete formale Repräsentation zum Dreh- und Angelpunkt einer erklärungskräftigen Theorie des phonologischen Verhaltens sowohl von Geminaten wie auch von Ambisilbizität. Insgesamt macht es also Sinn, mit dem Wort Geminaten hinfort echte Geminaten und ambisilbische Segmente zusammenzufassen, wenn nichts anderes angegeben ist. Die zentrale Idee dieses Kapitels besteht in einer neuen formalen Repräsentation für Geminaten und ambisilbische Segmente, die durch die Attribute mono segmental, monopositional und inhärent ambisilbisch gekennzeichnet ist. Sie folgt damit den Einsichten von Borowsky, Itö & Mester (1984), beruht jedoch im Unterschied zu allen neueren Vorschlägen einer autosegmentalen, mora-basierten oder Two-Root-Repräsentation (siehe Abschnitt 3.3) nicht auf multipler Assoziation (von Teilen) eines Segments mit zwei strukturellen Positionen (multiple linking,\/). Daraus folgt unmittelbar, daß ein in der generativen Literatur häufig angenommenes Constraint (Linking Constraint, Hayes 1986, Uniform Applicability Constraint, Schein &: Steriade 1986, Conjunctivity Condition, Goldsmith 1990), welches wegen der erwähnten Stabilität von Geminaten die Anwendbarkeit von phonologischen Regeln auf solche mehrfach assoziierten Strukturen beschränken soll, keinerlei Erklärungskraft mehr besitzt. Die Stabilitätseigenschaften ergeben sich vielmehr bereits aus der neuen Repräsentation allein im Zusammenhang mit einer präziseren Spezifikation der Regelkontexte sowie dem grammatikweiten Verbot informationszerstörender Operationen. Es soll ausführlich gezeigt werden, daß entgegen dem vorherrschenden Konsens über die Notwendigkeit einer solchen bipositionalen Repräsentation die vorgeschlagene monopositional-prosodische Alternative tatsächlich die adäquatere Lösung darstellt. Der Rest des Kapitels gibt in Abschnitt 3.2 zunächst einen Überblick über die relevanten Daten zum crosslinguistischen Verhalten von Gemination und Ambisilbizität unter phonologischen sowie phonetischen Gesichtspunkten. Danach werden in 3.3 die Haupttypen bisheriger Vorschläge zur Repräsentation von Geminaten erläutert und kritisch begutachtet. In Abschnitt 3.4 wird dann eine neue formale Repräsentation für Gemina2

Die deskriptive Parallelität von Ambisilbizität und Geminaten-Eigenschaften wird nach Kenntnis des Autors nirgendwo ernsthaft bestritten. Allerdings haben verschiedene Autoren die theoretische Signifikanz des Konzepts 'Ambisilbizität' bestritten. Relevante Einwände werden später diskutiert.

31 ten und ambisilbische Positionen entwickelt und ausführlich begründet. Während hier der statische Aspekt der Geminaten-Repräsentation im Vordergrund steht, wird in den folgenden Abschnitten 3.5 und 3.6 darauf eingegangen, wie eher 'dynamische' Aspekte der Geminatenproblematik behandelt werden können: dort steht die Darstellung der Interaktion mit der Silbifizierung, der Modellierung von prosodischer Länge allgemein sowie von Geminaten-(Nicht-)Alternationen nebst einer formalen Erfassung der charakteristischen Stabilitätsphänome im Vordergrund. Der Abschnitt 3.7, eine computerimplementierte Fallstudie zu Gemination und Stufenwechsel im Finnischen rundet dieses Kapitel ab.

3.2 3.2.1

Deskriptiver Überblick zu Geminaten Die Distribution von Geminaten

Crosslinguistisch gesehen können die meisten Konsonantentypen geminiert werden, insbesondere auch komplexe Segmente, Laryngale und Approximanten. Sprachspezifisch ergeben sich allerdings häufig Einschränkungen, von denen noch die Rede sein wird. Zunächst sollen aber die zulässigen phonologischen Kontexte im Vordergrund stehen. Die folgenden Tabellen (20)-(22) zeigen diejenigen Kontexte, zu denen Belege ermittelt werden konnten. Nicht immer war es dabei möglich, Minimalpaare anzugeben; daraus sollten ebensowenig voreilige Schlüsse gezogen werden wie aus dem Fehlen bestimmter Konsonanten in den geminierten Beispielen. Zu beachten ist, daß die hier verwendeten deskriptiven Symbole V und C als silbisches bzw. unsilbisches Segment zu lesen sind, wodurch silbische Konsonanten und unsilbische Diphthongbestandteile eindeutig zugeordnet werden können. Wo sich aus der Orthographie transparent genug die Aussprache erschließen läßt (Graphemverdopplung), wurde auf eine phonetische Transkription verzichtet. (20) V

MEDIALER KONTEXT CIV

Italienisch (Laver 1994, 437), (Ray Fabri, pers. Mitt.) Isländisch (Hermans 1985, 243) Tigrinya (Berhane 1991, 201,252,265,274)

fato 'Schicksal' ~ fatto 'Tatsache' sete 'Durst' ~ sette 'sieben (num.)' papa 'Papst' ~ pappa 'Papa' [fykil] 'Vogel' [eikin] 'Eigentum' [rykil] 'Unsinn' [jihihie] 'sieben' (3sg.mask.pass.imperf.) [lewiet'e] 'ändern' (3sg.mask.perf.) [jib^iare] 'graben' (3sg.mask.pass.imperf.) [lajiene] 'verderben' (3sg.mask.perf.) [jiwets'ii?] 'rausgehen' (3sg.mask.imperf.)

32 M E D I A L E R K O N T E X T (FORTGESETZT)

V C! CiV Finnisch (Kehrein 1992, 33,35)

helppo 'leicht' kirkko 'Kirche' kauppa 'Geschäft'

V CiCi V Isländisch (Hermans 1985, 238)

[rak:na] 'fluchen,schwören' [patina] 'Kind' (gen.pl.) [t h ep:la] 'Schach spielen'

Beduinen-Arabisch

[13:'mlel] 'die Kamele' ['ls:tAr] 'die Jacken' ['ilifaef] 'die Bündel, die (Bienen-)schwärme'

(Mitchell 1957, 182) V Ci CiCi V



Bemerkenswert sind die Beispiele aus dem Isländischen, wo Gemination vor silbischen Konsonanten auftritt. Im Tigrinya können neben Gleitlauten und komplexen Segmenten (hier ein labialisierter labialer Plosiv u^d eine ejektive alveolare Affrikate) auch Gutturale geminiert werden, allerdings nur in sehr speziellem morphologischen Kontext. Initiale Geminaten scheinen in Sprachen der Welt seltener vorzukommen. Dennoch sind klare Belege vorhanden, cf. (21). Für das Pattani-Malaiische existiert sogar eine phonetisch-perzeptuelle Studie (Abramson 1986, siehe Abschnitt 3.2.4). (21)

INITIALER K O N T E X T

# C:V Pattani-Malaiisch Abramson (1986, 9) Berber (Zuara-Dialekt) (Mitchell 1957, 194) #

[labo] 'Gewinn erzielen' [make] 'essen, fressen' [siku] 'Ellbogen'

~ ~ ~

[liabo] 'Spinne' [miake] 'gefressen werden' [s:iku] 'Handwerkzeug'

[ttafay] 'ich finde' (prog.)

C2CV

Berber (Zuara-Dialekt) (Mitchell 1957, 194)

[ttxammam] 'sie denkt/sorgt sich'

Nach Laver (1994, 437) existieren initiale Geminaten auch in Pame, einer Sprache in Zentral-Mexiko. Blevins (1995, fn.16) erwähnt außerdem die Sprachen Trukesisch, Ulithisch, Gilbertesisch. Finale Geminaten sind etwas häufiger zu finden als die initialen Fälle. Allerdings müssen Sprachen mit medialen Geminaten nicht automatisch auch Gemination in finaler Position zulassen. Finnisch etwa hat keine finale Geminaten (Kehrein 1992, 25).

33 (22)

FINALER KONTEXT

VCI# Ungarisch (Laver 1994, 437) Maltesisch (Ray Fabri, pers. Mitt.) Isländisch (Hermans 1985, 244) V CCi#

[hal] 'Fisch' ~ [hal:] 'hört' (3sg.pres.) [lap] 'Papierblatt' ~ [lapi] 'Lappländer' [cfeair] 'Nachbar' (sg.mask) ~ [c^ar:] 'er trug' [flak:] 'Flagge' [vis:] 'gewiß' (adj.) [pal:] 'Tanz' —

Fälle wie die finalen geminierten Trills des Maltesischen ([r:]) erlauben dabei eine beinahe kategoriale phonetische Distinktion prosodischer Länge, da hier perzeptuell deutlich wahrnehmbar die Zahl der Zungenschläge höher ist als bei den kurzen Trills. Blevins (1995, fn.16) erwähnt Berber, Estnisch, Ponapeanisch, Saipan-Carolinisch als weitere Sprachen mit finalen Geminaten. Ambisilbische Segmente. Ambisilbische Segmente finden sich nur in medialer Position. Sie unterscheiden sich von den echten Geminaten zum einen dadurch, daß ihre phonetische Realisierung in der Regel keinen auffälligen systematischen Längenunterschied zeigt. Zum anderen ist Ambisilbizität ableitbar und nicht lexikalisch distinktiv. Aus diesen Unterschieden folgt, daß die Hinweise auf Ambisilbizität stärker indirekt-phonologischer Natur sind - z.B. als Inalterabilitätseffekt - und die jeweilige Argumentation für das Vorliegen ambisilbischer Segmente weit mehr von theoretischen Vorannahmen abhängt als bei den echten Geminaten. Neben einigen indogermanischen Sprachen wie Dänisch, Deutsch, Englisch, Holländisch wurden auch für das Sanskrit und Efik ambisilbische Segmente angenommen. Für die germanischen Sprachen wird eine diachrone Entwicklung von Geminaten zu ambisilbischen Elementen angenommen, die nach (Kurylowicz 1948, 208) plausibel durch die weitgehende Redundanz der betreffenden Geminaten erklärt werden kann, aufgrund derer sie anfällig für phonetische Reduktionsprozesse wurden. Ambisilbizität wäre insofern der strukturelle Überrest dieser Entwicklung. (Kessler 1995) nimmt im übrigen eine umgekehrte Entwicklungsrichtung für das Sanskrit an. Wertvolle Ubersichtsartikel zur theoretischen Diskussion um das Konzept und die verfügbare Evidenz pro bzw. kontra Ambisilbizität stellen Kessler (1995), Ramers (1992) und Borowsky, Itö & Mester (1984) dar. Für die Distribution ambisilbischer Konsonanten im Deutschen scheint derzeit nur die Kontextangabe 'intervokalisch nach ungespannten Kurzvokalen' zuverlässig zu sein. (Ramers 1992, 247). Darüber hinausgehende Kontexte sind diagnostisch unsicher.

34 (23)

B E I S P I E L E FÜR AMBISILBIZITÄT IM DEUTSCHEN

V C V a. b. c. d. e. f. gh. i.

Matte, Motto, Papa, Teppich, Gecko, Gockel Spatzen, Fetzen, Köpfen, Zipfel Muffe, (Gurt-)Straffer, Bussard, massiv Minna, Sommer, Angel, Kelle, Karre, Kajak Ebbe, *E[p]e vs. Treppe Kladde, *Kla[t]e vs. Latte flügge, *flü[k]e vs. pflücke! Dogge, *Do[k]e, *D[o]gge vs. docke (an)! Egge, *E[k]e, *[e]gge vs. Ecke

Während die Beispiele unter (23).a-c ambisilbische Plosive, Affrikaten und Frikative zeigen und (23).d eine Auswahl von Sonoranten darstellt, illustrieren (23).e-g Instanzen von Inalterabilität. Durch den Ausfall der ansonsten ausnahmsfreien silbenfinalen Auslautverhärtung (*[p,t,k]) erweist sich das dort gefundene ambisilbische /b,d,g/ in diesem Sinne als unveränderlich; die einzelnen Instanzen kontrastieren daher (fast) minimal mit den jeweils rechts angegebenen Lexemen. Man beachte zudem die indirekten phonologischen Hinweise auf die 'Realität' von Ambisilbizität vor kurzem bzw. < e > in den Formen von (23): weil das ambisilbische Segment die Silbe schließt, ergibt sich die beobachtbare Vokalqualität [o] statt [o] bzw. [e] statt [e] zwanglos aus dem konsonantischen Abschluß der Silbe, ganz analog zu den Verhältnissen im nicht-ambisilbischen Fall (vgl. Bock, Mett usw.). Das letzte Argument kann mit einem weiteren Argument gekoppelt werden, welches Evidenz für die zusätzliche Onset-Position dieser Segmente ergibt. Es gilt nämlich, daß Silben mit Schwa bzw. silbischem Sonoranten als Silbenkern im Deutschen einen obligatorischen Onset benötigen. Somit sind Beispiele wie (23).h-i zumindest in einem nicht-derivationellen Theorieansatz klare Belege für die behauptete Koda-OnsetGleichzeitigkeit. Vennemann (1982, 280f.) bringt statt des letzten Arguments für denselben Typus von Daten eine negative Charakterisierung von Auslautverhärtung ins Spiel: das /g/ etwa in Roggen muß im Onset sein, weil Obstruenten stimmlos sind, wenn sie nicht im Onset stehen (vgl. (63)). Zuweilen wird die Auffassung vertreten, nach der das Konzept der Ambisilbizität in einem derivationellem Rahmen gänzlich eliminiert werden kann und nach 'Ockhams Rasiermesser' daher auch eliminiert werden sollte. Die Idee ist hier, daß ein Segment zunächst in der Koda steht, um im späteren Verlauf der Ableitung resilbifiziert im Onset zu landen (Selkirk 1982). Phonologische Regeln müßten nach dieser Behauptung immer so formuliert und geordnet werden könnten, daß sie auf lediglich eine der beiden Ausprägungen der Silbenrolle Bezug nehmen müssen. Weil diese Auffassung aber unvereinbar mit modernen nicht-derivationellen Theorieansätzen wie der Optimalitätstheorie oder der Deklarativen Phonologie ist - wo sie den vorgenannten empirischen Belegen widerspricht - , soll ihr im folgenden keine weitere Beachtung geschenkt werden. Im übrigen hat Gussenhoven (1986) gezeigt, daß Selkirks Analyse auch empirisch inadäquat ist.

35 E i n e distributionelle Generalisierung.

Aus der bislang ermittelten Verteilung von

Geminaten heraus läßt sich nun unter Berücksichtigung der Silbenstruktur der Beispielsprachen die folgende Hypothese ableiten: (24)

D I S T R I B U T I O N S - H Y P O T H E S E F Ü R GEMINATEN

Echte Geminaten C: kommen nur adjazent zu einer Silbengrenze vor. Diese Hypothese kann dadurch falsifiziert werden, daß die Konfigurationen in (25) - jeweils mit frei erfundenen Formen gepaart - in natürlicher Sprache gefunden werden. Man beachte, daß die Abwesenheit eines Punktes in der gewählten C/V-Notation hier distinktiv ist: eine Silbengrenze darf an der entsprechenden Stelle explizit nicht vorliegen. (25)

F A L S I F I Z I E R E N D E K O N T E X T E ZUR H Y P O T H E S E

Schema

Instanz

. C:C:V, VC:C:

s:t:u, im:s:

C0 . CiCiCoV

am.tfili

VCoCiCi .

uht.mo, ermis.ga

(24)

Dem Autor sind bislang keine echten Gegenbeispiele dieser Art bekannt. Für putative Gegenbeispiele wäre nicht nur entsprechende Evidenz bezüglich der Silbifizierung erforderlich, die insbesondere längere Realisierungen silbischer Konsonanten von echter Geminaten abgrenzen könnte. Es wäre auch notwendig, phonetische Aspekte zu klären: zum einen muß eine rein phonetische Längung, insbesondere in der für derartige Effekte 'anfälligen' phrasenfinalen Position, ausgeschlossen werden, zum anderen sind Effekte zu berücksichtigen, die sich aus dem jeweils angenommenen Modell der Phonologie-Phonetik-Interaktion ergeben. So listet Coleman (1996, 26f.) zwar für Tashlhiyt Berber die für obige Hypothese problematischen Fälle ttgga,ttggwa auf, gibt aber gleichzeitig an, daß wortinitiale 'Geminaten' silbisch seien. Zudem entwickelt Coleman ein Koproduktionsmodell für die phonetische Realisierung phonologischer Struktur, das mit einer gegenüber früheren Vorschlägen weitgehend vereinfachten Silbenstruktur (C)V(C(C)) auskommt, dafür aber die zeitliche Kompression bzw. konsonantische Überlappung der Vokale höher ansetzt als in anderen Sprachen. Daraus folgt für die hier betrachteten Fälle insbesondere, daß ein von der Silbengrammatik geforderter Schwavokal nach der initialen Geminate stark gekürzt realisiert werden könnte. Coleman gibt an, daß die Sprachaufnahmen dieser Wörter tatsächlich in 9 von 10 Instanzen einen hörbaren kurzen Zentralvokal in dieser Position zeigen. Wortinitiale silbische Langkonsonanten müßten in Coleman's Silbenmodell für Berber die Strukur vCC bzw. CvC aufweisen, mit reduziertem Vokal v. Dell & Elmedlaoui (1996) bestreiten zwar die Generalität dieser Art von Modellierung, sind sich aber mit Coleman einig darin, daß noch zu findende Minimalpaare mit unterschiedlicher vokalischer Färbung in solchen putativen Reduktionsvokalkontexten die ausschlaggebende Evidenz für das Koproduktionsmodell liefern würden. Bei komplexen Interdependenzen dieser Art ist offensichtlich, daß eine impressionistische Datenerhebung unbedingt von instrumenteilen Daten und modellbasierter Simulation (bei Coleman das akustische Synthesesystem IPOX, Dirksen & Coleman 1994) begleitet werden muß, um Aussagen von theorieentscheidendem Rang treffen zu können.

36 Ternäre Längenkontraste. Für einige Sprachen wurde ein ternärer Längenkontrast behauptet, so für das Estnische, Lappische, Hopi und Mixe (Lehiste 1970,44ff.). Ein relativ bekanntes Paradebeispiel ist das Estnische, wo minimale Tripel wie /kapi/ 'Huf', /kapii/ 'Küchenschrank' (gen.sg.) und /kap::i/ 'Küchenschrank' (part.sg.) existieren (Prince 1980). Allerdings zeigt Prince in seiner gründlichen Studie, daß die angebliche segmentale Uberlänge wegen der engen Verbindung mit dem Akzentsystem in der Sprache einer Reanalyse zugänglich gemacht werden kann: Uberlänge in Formen wie /kat:te/ ist nach seiner Auffassung - völlig parallel zu /kante/ mit zufällig nichtidentischem Clusterzweitglied durch phonetische Ausbuchstabierung der prosodischen Einheit zweimoriger, monosilbischer Fuß als akzentrelevante Einheit der Erstsilbe verursacht. Auch Lehiste (1970, 46) sieht Uberlänge als ein phonetisches Merkmal der Silbe an. Eine solche oder ähnliche prosodische Reduktion angeblich ternärer Längenkontraste erscheint ganz allgemein plausibel, sodaß für den Rest des Kapitels nur binäre Kontraste betrachtet werden. Partielle Geminaten. Unter dem Begriff partielle Geminaten definieren manche Autoren adjazente Segmente mit gleichen Ortsmerkmalen, aber unterschiedlichen Zuständen von Glottis und Velum. Darunter fallen etwa Beispiele wie /mb, mp, gk, td, pp'/. Entgegen dieser Namensgebung gibt es aber keine klare empirische Evidenz, daß es sich um eine Variante echter Geminaten handelt. Die entsprechenden Argumente basieren zum einen auf deren Integrität gegenüber Epenthese- und Assimilationsrege/n, einer klar derivationellen Vorannahme. In einer regelfreien Phonologie, die die lexikalische Natur von 'Epenthese', modelliert als X/0-Alternation, betont (Scobbie, Coleman k. Bird 1996), sind diese Beispiele keineswegs als Integritäts'daten' zu werten, da von vornherein kein unrestringierter globaler EpentheseprozejS angenommen wird. Zum anderen ist die viel wichtigere Eigenschaft der Inalterabilität gegenüber segmentalen Qualitätsveränderungen nirgends zweifelsfrei attestiert. Kenstowicz (1994, 424) gibt zu diesem Punkt, ebenfalls unter derivationellen Annahmen, ein Beispiel aus dem Havanna-Spanischen an, wo seiner Interpretation nach eine zu erwartende durchgängige Spirantisierung von Plosiven nach sonorantischen Segmenten (el po[/3]re) bei den durch Liquidassimilation kreierten partiellen Geminaten ausfällt (el pobre > e[bp]o[/?]re). Diese Daten sind aber der (vermutlich schnellen) Umgangssprache entnommen („ . . . less monitored speech . . . ", Kenstowicz 1994, 424), wodurch eine von der Sprachgeschwindigkeit abhängige Überlappung der beteiligten artikulatorischen Gesten als ernsthaft zu untersuchende Alternative plausibel wird. Nach vergleichbaren Befunden ist es keineswegs unwahrscheinlich, daß im Beispiel etwa die Zunge noch lateral gekrümmt ist, aber die Lippen zur Einleitung des artikulatorischen Manövers für /p/ bereits vorzeitig geschlossen werden, wodurch der akustische Effekt des Laterals ausbliebe (acoustic hiding, Browman & Goldstein 1989). Siehe dazu auch die Diskussion in Abschnitt 3.3.5. Als vorläufiges Fazit kann gelten, daß derzeit keine robuste Evidenz für partielle Geminaten vorliegt. Sie wäre im Prinzip denkbar, müßte aber in Form von ausreichend theorieneutral interpretierbaren Daten vorliegen, wobei die phonetischen Aspekte sorgfältig abzuklären sind. Partielle Geminaten bleiben daher im folgenden ausgeklammert.

37

3.2.2

(Nicht-) Alternationen mit Geminaten im Fokus

Zunächst stellt die Tabelle (26) beispielhaft häufige Typen von Inalterabilitätsphänomenen bei echten Geminaten und ambisilbischen Konsonanten vor. Inalterabel sind hier sowohl die segmentale Qualität als auch die prosodische Länge. Die zur Beschreibung der jeweiligen Alternation angegebenen Regeln sind hier vortheoretisch und rein deskriptiv gemeint. (26)

BEISPIELE FÜR INALTERABILITÄT

Alternation

Beispiele

Spirantisierung ([-cont] -*• [+cont] / V _ )

Bibl. Hebräisch

( S a m p s o n 1973)

[ka:9'va] (0 / / _ [-cons,+high,+front]) / a j i - i t a / 'übte Druck aus' /a/i-azu/ 'ohne Druck auszuüben' /das-anai/ 'ausgehen (neg.pres.)' /daj-imasu/ 'ausgehen (formal.pres.)' Entstimmlichung

Nubisch (Laver 1994, 438)

/ f a b / ~ /fabion/ 'Vater-conj.' /seged/ ~ /segetion/ 'Skorpion-conj.' /kat3/ ~ /katfion/ '(Esel-conj.' / m u g / ~ /mukion/ 'Hund-conj.' t-Flapping

Englisch (AE) (Kessler 1995, 3)

city [siri], better [bere], let Ann [leraen] /1/-Velarisierung

Englisch (AE) (Selkirk 1982, 372)

doll [dot] college ['k^otiefe] collégial [kS'lic&t] Palatalisierungsprozesse, so die vorstehende Instanz im Japanischen, betreffen häufig auch Geminaten. 3 Im Nubischen (Nobiin-Dialekt) werden stimmhafte Geminaten mit postlabialem Artikulationsort zusammen mit der Längenalternation gleichzeitig stimmlos, wie die angegebene Stamm+'und'-Konstruktion zeigt. Im amerikanischen Englisch wiederum werden alveolare Plosive genau in ambisilbischer Position (hier: nach Kurzvokal, vor unbetonter Silbe) als kurze Flaps realisiert. (Siehe auch Gussenhoven 1986 für eine ausführliche Widerlegung der vereinzelt geäußerten Kritik an der Ambisilbizitätsannahme für diese Fälle sowie die Auflistung zahlreicher weiterer ambisilbisch konditionierter Allophonien). Die Velarisierung des Laterals in Reimposition erfaßt ebenfalls ambisilbische Instanzen. Trotz der Kürze der Darstellung dürfte klargeworden sein, daß Geminatenalterabilität ein empirisches Faktum darstellt, das für die Analyse berücksichtigt werden muß. 3.2.3

Der kontextuelle Einfluß von Geminaten

Geminaten und ambisilbische Segmente können aufgrund ihrer prosodischen Eigenschaften auf zweierlei Art und Weise den Kontext für phonologische Phänomene herstellen: zum

3

In Malayalam scheint die gleiche Regel ebenfalls auf Geminaten und Kurzsegmente gleichermaßen zu applizieren, allerdings hier nur in der Silbenkoda (Schein & Steriade 1986, 719). Eine ähnliche Regel betrifft das Westgrönländische: / t / und /t:/ werden vor /i,i:/ gleichermaßen als palatalisierte Affrikaten / t f / bzw. / t / : / realisiert (Scobbie 1991b, 130).

39 einen, in dem sie eine vorhandene linksadjazente Silbe geschlossen machen, zum anderen durch ihre Onseifunktion für eine Nachfolgersilbe. Ein gutes Indiz für Geschlossenheit bietet häufig das Akzentverhalten einer Sprache. So zeigt Kenstowicz (1994, 570) für das Kairo-Arabische, daß die vorletzte Silbe betont wird, wenn sie schwer ist (und die letzte nicht extraschwer ist, d.h. die Gestalt CVXC hat). Signifikant ist hierbei, daß neben /mus'taj.faa, mu'qaa.til, Jaa'baa.tun/ auch der Abschluß durch eine Geminate /mu'iaLlim/ die Pänultima schwer macht. Ein anderes Kennzeichen in manchen Sprachen ist die Veränderung der Nukleusqualität. So ist das nur in geschlossenen Silben zu findende [o] des Deutschen wie bereits erwähnt auch vor ambisilbischen Konsonanten charakteristisch (Ramers 1992, 247): Robbe ~ Robe, Rotte ~ rote, offen ~ Ofen, Komma ~ Koma, (Frau) Holle ~ hohle. Schließlich zeigen Kodaconstraints wie etwa die Forderung nach ausschließlich sonorantischen Segmenten in der Silbenkoda des Japanischen und Hausa, daß Geminaten gleichwohl einen besonderen Typ von Silbenabschluß bieten: mediale Obstruentengeminaten können dennoch in dieser Position vorkommen (jap. hon 'Buch', kitte 'Briefmarke', *kit, *hotne, cf. Perlmutter 1995, 313f.). Das zuletzt aufgeführte Phänomen kann auch auf die Eigenschaft der entsprechenden Obstruenten zurückgeführt werden, sich durch Bereitstellung der Onsetfunktion für die Folgesilbe quasi selbst zu lizensieren. Andere Evidenz für diese Funktion von Geminaten findet sich in Sprachen mit obligatorischem Onset. So sind im Tigrinya normalerweise nur die Silbentypen CV und CVC erlaubt.Damit müssen Geminaten wie etwa in /ham.muf.te/ 'fünf' auf jedenfall auch als Onset fungieren. Sie können aber nicht ausschließlich im Onset stehen, weil ansonsten - die Unabhängigkeit von Onset und Koda vorausgesetzt - ein zusätzlicher Kodakonsonant vor eine mediale Geminate treten könnte, was im Widerspruch zu den Fakten steht. Neben diesen phonologisch orientierten Uberblick über die für Geminaten charakteristischen Phänomene soll nun ein kurzer Abriß der wesentlichen phonetischen Fakten treten. 3.2.4

Phonetische Aspekte der Gemination

Eine weitverbreitete Realisierungsmöglichkeit von Geminaten in Sprachen der Welt ist die Längung des Verschlußanteils von Plosiven und Affrikaten4 beziehungsweise der Friktionsperiode von Frikativen. So gibt Fashai (1986) für das ägyptische Umgangsarabisch die folgenden Durchschnittsdauern in intervokalischem Kontext an:

4

Laver ( 1 9 9 4 , 4 3 9 ) führt als einzige Ausnahme die kaukasische Sprache Akhwakh an, in der ein alveolarer Plosiv mit lateraler Verschlußlösung eine Längung des Frikativanteils aufweist.

40 (28)

Segment w j

VCV [ms] 80 80

VC:V [ms] 150 140

m n

73 70

180

b t d k g

70 80 70 90 73

200 220 200

Segment ? ff s z

VCV [ms] 70 100 100

200

90

170

J

100

180

h h

100

200

100

180

VCiV [ms] 210 200

180 210

150

Neben prototypischen 1:2-Längenbeziehungen insbesondere bei den Frikativen finden sich in (28), nach Angabe von Fashai vor allem in nicht-intervokalischen Kontexten, auch Abweichungen von diesem phonetischen Ideal. Mitchell (1957) vertritt in diesem Zusammenhang generell die Auffassung, daß phonologische Quantität als Prosodie (im Sinne der Londoner Schule) zu betrachten sei. Er illustriert dies durch Beispiele aus dem BeduinenArabischen und Berber und führt Palato- und Kymogramme als experimentelle Belege für seine These an. Aus diesen Daten könne, so der Autor, gefolgert werden, daß phonetische Dauer nur ein Exponent von Quantität sei, neben den Unterschiede der glottalen Aktivität, größere Muskelspannung der Artikulatoren, stärkere Exhalationsstärke usw. treten könnten. Katamba (1985, 269) bestätigt diese Einschätzung anhand von Geminaten im Luganda: "Phonetically strong consonants tend to be approximately one and a half times longer than their weak counterparts. In addition they are generally more fortis articulations (Katamba 1974). Strongs seems to me a more suitable label for these segments than long." Ein besonders sorgfältig untersuchter Fall von nichtkanonischer phonetischer Realisierung bei Geminaten, der aus der neueren Literatur entnommen wurde, soll wegen der Bedeutung alternativer phonetischer Exponenz für die phonologische Theoriebildung im nachfolgenden genauer dargestellt werden. Wortinitiale Geminaten im Pattani-Malaiischen. Abramson (1986) stellt eine erste systematische Studie zu den perzeptuell-phonetischen Eigenschaften von wortinitialen Geminaten in Pattani Malay vor. In Pattani Malay, einem Dialekt des Malaiischen im südöstlichen Thailand, der von 600.000 Menschen gesprochen wird, gibt es einen Längenkontrast in Initialposition für alle Konsonanten der Sprache. Für die Sprache existierte zum Zeitpunkt der Studie keine Orthographie. In (29) sind eine Reihe von Minimalpaaren aus dieser Studie aufgeführt.

41

(29)

/ / / / /

labo/ make/ siku / buk/ kato?/

'Geld verdienen' 'essen,fressen' 'Ellbogen' 'Mond' 'schlagen,hauen'

/ / / / /

l:abo/ m:ake/ s:iku / bxuk/ kiato?/

'Spinne' 'gefressen werden' 'Handwerkzeug' 'viele Monate' 'Frosch'

Abramson weist darauf hin, daß nur in den ersten vier Fällen während der gelängten Verschluß- oder Engebildung entsprechende akustische 'cues' zur Verfügung stehen (robuste periodische Signale bei Lateral und Nasal wie auch schwache glottale Pulse beim labialen Plosiv, aperiodisches Rauschen beim alveolaren Frikativ). Bei stimmlosen Plosiven gibt es im diesem Fall dagegen äußerungsinitial keine perzeptuellen Anhaltspunkte zur Differenzierung aus der Länge der Verschlußphase selbst. Messungen der mehr oder weniger langen stillen Phasen sind selbstverständlich nur äußerungsmedial möglich. Da stimmlose Plosive und Affrikaten in der Sprache unaspiriert sind, scheiden auch Qualitätsunterschiede des Bursts, der aus der Verschlußlösung resultiert, als akustische Hinweise aus. Daher stellt sich die Frage nach der einheitlichen perzeptuellen Differenzierung der Geminaten in Pattani Malay. Im forced choice - Experiment gelang es einer Gruppe von 21 Muttersprachlern, natürlich gesprochene Minimalpaare (16 Paare, zwei Sprecherinnen) mit äußerungsinitialen Nasalen, Lateralen, Frikativen und stimmhaften Affrikaten mit jeweils > 90 Prozent Treffsicherheit zu diskriminieren.5 Interessant ist nun, daß ebenfalls isoliert geäußerte Wortpaare mit initialen Plosiven beider Stimmhaftigkeitswerte mit > 80 Prozent diskriminiert werden. Zumindest für das gute Abschneiden der stimmlosen Plosive müssen also andere akustische Hinweise als die Länge der Verschlußphase verantwortlich gemacht werden. Durch Vertauschung der beiden konsonantischen Intervalle (C:-Phase ersetzt Anfangsintervall in C-initialem Gegenstück und umgekehrt) mit anschließendem Perzeptionstest konnte Abramson auch zeigen, daß offenbar keine Kovariation einer anderen Variable wie etwa der vokalischen Qualität im Restteil des Wortes für die gute Diskriminierung der Länge verantwortlich sein kann.6 Unter Verweis auf Abramson (1987) gibt der Autor an, daß zweisilbige C:-initiale Wörter - und nur diese - im Vergleich zur zweiten Silbe eine signifikant größere Amplitude in der Erstsilbe aufweisen. Offenbar steuert das sprachkommunikative System adaptiv die Produktion der fraglichen Laute so, daß immer eine ausreichende perzeptuelle Differenzierung möglich ist. Die Signifikanz dieses Ergebnisses liegt darin, daß ganz offensichtlich eine naive, ausschließlich an der Längenverdopplung einer einzelnen Verschluß- bzw. Friktionsgeste orientierte Perspektive auf die Geminatenrealisierung den Fakten nicht gerecht wird. Übrigens bestehen in Pattani Malay andere Längenrelationen als 1:2 zwischen C/C:: Abramson gibt ein Verhältnis von im Mittel 1:3 an und nennt als konkrete Werte in wortmedialer Position 1/1: mit 72 ms/183 ms und p/p: mit 47 ms/182 ms. 5

6

Die stimmlosen Affrikaten wurden dagegen nicht signifikant besser als eine zufällige Auswahl bestimmt. Abramson gibt keine Vermutungen über diese Abweichung an, nimmt aber generell Affrikaten von den weiteren Experimenten aus. Allerdings gibt er nur den Fall mit initialem /I/ an, wo nach Abramson praktisch 100 Prozent als identisch mit den Original Wörtern erkannt wurden.

42

3.3 3.3.1

Bisherige Vorschläge zur Repräsentation von Geminaten Lineare versus graphenbasierte Ansätze

Die in der theoretischen Phonologie bislang gemachten Vorschläge für eine Repräsentation von Geminaten lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Lineare Repräsentationen betonen die Rolle des Segments als Träger sowohl von qualitativ-artikulatorischer wie auch quantitativ-prosodischer Information, indem sie (1) segment-lokale Information über Länge postulieren oder (2) identische, unmittelbar benachbarte Segmentkopien annehmen. Bei Vorschlag (2) kann implizit die quantitative Kürze als wesentliche Information dem Einzelsegment zugeordnet werden. Als Vertreter dieser Gruppe werden im Folgenden die auf Sound Pattern of English (SPE, Chomsky & Halle 1968 aufbauende Konzeptionen vorgestellt. Graphenbasierte Repräsentationen betonen die Unabhängigkeit von qualitativer und quantitativer phonologischer Information. Den verschiedenen Vorschlägen gemeinsam ist die Darstellung einer quantitativen Bipositionalität auf einer anderen Ebene (graph-)strukturierter phonologischer Information als die uniforme Qualität. Alle Vorschläge enthalten den Subgraphen in (30), wobei A und B vorrangig, aber nicht unbedingt ausschließlich, Quantitätsinformation kodieren, C vorrangig segmentalartikulatorische Qualität: (30)

B

A

C Repräsentationen der zweiten Gruppe haben in den letzten 20 Jahren in der Literatur dominiert, weil es sich herausstellte, daß einerseits viele Phänomene (Silbenschwere, kompensatorische Längung etc.) durch unabhängige Generalisierungen allein auf der Ebene prosodischer Quantität beschrieben werden konnten. Andererseits war wiederum segmentalen Phänomenen (Vokalveränderungen etc.) am besten mit Generalisierungen beizukommen, die Quantität unberücksichtigt ließen. Unter dieser dualen Perspektive erschien eine graphenbasierte Kopplung der beiden Ebenen als idealer Ausdruck der letztendlich dennoch auszudrückenden Einheit von Geminaten, CC-Konsonantenverbindungen und langen Vokalen VV. Als repräsentative Vertreter dieser Gruppe werden im weiteren die in der autosegmentalen und CV-Phonologie, in morenbasierten Ansätzen sowie in der sogenannten Two-RootTheorie prosodischer Länge entwickelten Varianten vorgestellt. Als durchgängig zu repräsentierende Test-Beispiele werden Finnisch /tu:l:a/ 'blasen, wehen', Pattani-Malaiisch /b:ule/ 'viele Monate' und Maltesisch /st?ar:/ 'gab zu' (3sg.mask.) verwendet, die sowohl die Koexistenz langer Vokale mit ebenfalls langen Konsonanten wie auch die Wohlgeformtheit peripherer Geminaten im Wort illustrieren.

43 3.3.2

S o u n d P a t t e r n of English

Chomsky & Halle (1968) selbst enthält keine Diskussion von Geminaten oder formale Vorschläge zur Repräsentation von Länge. Allerdings macht Sampson (1973) mit dem Merkmal [+ long] einen entsprechenden Vorschlag für Geminaten im Biblischen Hebräisch. Barkai (1974) argumentiert dagegen anhand anderer Phänomene derselben Sprache für eine Repräsentation von Länge durch Segmentverdopplung. Die beiden Möglichkeiten führen zu den Beispielrepräsentationen in (31). (31)

M E R K M A L [ + LONG] VS. ZWEI IDENTISCHE NACHBARSEGMENTE

a.

t

u [+ long]

b.

b [+ long]

c.

s t ? a

u

1 [+ long] 1

C

vs.

r [+ long]

a

vs.

t

u

u

b

b

u

1

E

vs.

s

t

?

a

1 1 a

r

r

Positiv fällt auf, daß periphere Geminaten in beiden Repräsentationsformen problemlos darstellbar sind. Allerdings stellt sich unmittelbar die Frage, welche von beiden favorisiert werden soll. Ein rein formaler Nachteil ist, daß bei die Verdopplung eines Segments aus der Repräsentation selbst nicht ersichtlich wird, daß die beiden Kopien systematisch identische segmentale Qualität aufweisen. Sampson (1973) verweist als weiteres Argument für ein Merkmal [± long] auf eine Spirantisierungsregel, die Plosive nach Vokal erfaßt, aber Geminaten ausspart. Mit Beispielen wie /katab/ —>• [kaöav], /ji-ktoib/ —> [jixtoiv], aber /gib:o:r/ —> [gib:o:r], *[givbo:r], *\giv:o:r\ kann im SPE-Rahmen eine Ersetzungsregel formuliert werden, die Plosive mit dem Merkmal [- long] vor Vokalen in Frikative verwandelt. Die segmentlokale Information [+ long] blockiert dagegen die Regelanwendung auf Geminaten. Eine Lösung mit Geminaten als CC-Clustern müßte den komplizierteren disjunktiven Kontext V _ { V, # } verwenden, um sowohl den Ausfall der Regel bei Geminaten als auch die reguläre Applikation am Wortende zu berücksichtigen, ohne daß eine systematische Beziehung zwischen den beiden Disjunkten hergestellt würde. Barka'f (1974) führt dagegen andere Phänomene in derselben Sprache als Beleg dafür an, daß Geminaten in diesen Kontexten durch Segmentverdopplung vorteilhafter charakterisiert werden. So gibt es wortperipher keine Konsonantencluster oder lange Konsonanten, medial sind nur Cluster der Länge zwei oder ein einzelner langer Konsonant zulässig. Eine Analyse mit [+ longj-markierten Einzelsegmenten verpaßt laut Barkai hier eine Generalisierung, die durch eine einheitliche CC-Kontextangabe im SPE-Rahmen durchaus ausgedrückt werden könnte. Praktisch dasselbe Problem stellt sich bei der Zuordnung von Verbwurzeln zu Verbklassen (binyanim): die pi??e/-Klasse nimmt nicht nur Verben mit geminiertem Mittelradikal wie giddel 'er erzog' auf, sondern ist auch beinahe ausnahmsfrei für Quadriliterale wie kirbel 'er kleidete' mit zwei unterschiedlichen Mittelradikalen zuständig. Innerhalb des SPE-Rahmens bieten Geminaten damit ein repräsentationelles Paradox, welches mit den Mitteln des damaligen Theoriestands nicht befriedigend aufzulösen ist.

44 3.3.3

Autosegmentale und CV-Phonologie

Innerhalb der Autosegmentalen Phonologie (AP, Goldsmith 1976, 1990) wurde, ursprünglich motiviert von tonsprachlichen Phänomenen, die deskriptiv oft festzustellende Unabhängigkeit von Teilbereichen phonologischer Information wie segmentaler Gehalt versus Tonmerkmale versus Quantität usw. durch das Konzept der autonomen segmentalen Schichten (tiers) in die formale Repräsentation aufgenommen. Die strikte zeitliche Ordnung ist in dieser Konzeption auf die Merkmalsbündel der Einzelschicht beschränkt, während für die temporale Synchronisation zwischen den Schichten sogenannte Assoziationslinien verwendet werden.7 Da in AP die (phonetisch unplausible) Hypothese einer exhaustiven Segmentierbarkeit des Sprachstroms (absolute slicing hypothesis) verworfen wird, dürfen die Schichten unterschiedlich viele Merkmalsbündel aufweisen, zwischen den Schichten sind demnach auch eins-zu-viele-Assoziationsbeziehungen erlaubt. Die CVPhonologie (Clements & Keyser 1983) als Ableger von AP entwickelt auf dieser Grundlage ein Modell der Silbe wie auch phonologischer Quantität. In diesem Modell wären die Beispielformen wie folgt repräsentierbar: (32)

a.

b.

c. C s 7

C

'

C

V

c

t

?

a

r

^c

Die temporal gedachte Semantik von Assoziationlinien, etwa als Überlappung von Zeitintervallen aufgefaßt, dominiert in der Literatur (siehe etwa Sagey 1988, Bird & Klein 1990, obwohl daneben auch eine abstraktere, dominanzbasierte Interpretation (Scobbie 1991b) vertreten wurde. Erstere hat den Vorteil, daß das zunächst unabhängig gedachte Verbot kreuzender Assoziationslinien (No Crossing Constraint) sich aus der allgemeinen Forderung nach Widerspruchsfreiheit für alle Zeitbeziehungen ableiten läßt. Letztere muß schlußendlich ebenfalls eine Ableitung der Zeitbeziehungen erlauben, um die phonetische Linearisierung phonologischer Strukturen widerzugeben. Da beide Sichtweisen die für die Geminatenrepräsentation entscheidende Autonomie der einzelner Schichten aufweisen, können die Unterschiede hier vernachlässigt werden.

45 Wesentlich in (32) ist die Einführung der sogenannten GV-Schicht, die autonom die phonologische Quantität kodiert. 8 Wie ersichtlich können echte Geminaten aus der Sicht der CV-Schicht als Konsonantencluster CC betrachtet werden, auf der segmentalen Schicht ist die Qualität aber durch nur ein einziges Merkmalsbündel kodiert. Die Zweifachassoziation gibt wieder, daß es sich hierbei um eine nicht-arbiträre formale Einheit handelt. Positiv zu vermerken ist an dieser Konzeption, daß sich Paradoxien wie bei SPE nun dadurch vermeiden lassen, daß Regeln nun wahlweise den relevanten Gehalt der prosodischen oder aber der Melodieschicht (auch beide zusammen) in ihren Kontextspezifikationen kodieren können. Die Repräsentation hat allerdings auch die Eigenschaft, eine ambisilbische Realisierung der Geminaten allenfalls indirekt zu kodieren, da die lexikalische Assoziation nur zwei C-Elemente betrifft, deren Silbenassoziation erst im Laufe der Derivation entschieden wird.Ein schwerwiegender Nachteil ist außerdem, daß die Blockierung wichtiger phonologischer Prozesse wie der erwähnten Spirantisierung durch Geminaten nicht mehr durch eine segment-lokale Eigenschaft der Repräsentation selbst möglich scheint, wie das bei SPE [- long] noch der Fall war. Der definierende Bestandteil von Geminaten ist ja gerade die Mehrfachassoziation, wohingegen ein auf Kurzsegmente beschränkter Regelkontext eine in der generativen Literatur typischerweise vermiedene negative strukturelle Kontextbeschreibung 'keine weiteren Assoziationen zu anderen Positionen der prosodischen Schicht' erfordern würde. 9 Eine Reihe von Autoren hat daher versucht, diesen Defekt durch einen generell wirksamen Zusatzmechanismus zu beheben, der die Anwendbarkeit eines Regelkontexts auf die vorliegende Repräsentation beschränkt (Linking Constraint, Hayes 1986, Uniform Applicability Constraint, Schein & Steriade 1986, Conjunctivity Condition, Goldsmith 1990). Abgesehen von Details fordern die meisten dieser postulierten Mechanismen übereinstimmend, daß eine Regel nur dann anwendbar ist, wenn alle in der Repräsentation vorhandenen Assoziationslinien auch im Regelkontext erwähnt werden. Dieser derivationelle Zusatzmechanismus, der spezifisch für die Blockierung von Merkmalsänderungen bei Geminaten (Inalterabilität) verantwortlich zeichnet, ist ausführlich von Scobbie (1991b), Scobbie (1993a) und Inkelas & Cho (1993) kritisiert worden, so daß hier auf eine ausführliche Wiederholung der Argumente verzichtet werden soll. Es soll hier lediglich zum einen der Hinweis auf die mangelnde Formalisierung sämtlicher solcher Zusatzmechanismen genügen, welche eine präzise Falsifizierung unmöglich macht. Zum anderen sind sehr wohl Fälle von Geminatenalterabilität bekannt: so werden etwa im Westgrönländischen / t / und / t : / vor /i,i:/ gleichermaßen als (palatalisierte) Affrikaten / t j / 8

9

Wesentlich für die Frage der Geminatenrepräsentation ist die Platzhalterfunktion von Elementen der CV-Schicht. Welche zusätzliche Merkmalsspezifikation mit einem Element verbunden ist - ob etwa als C = [+ cons], V = [- cons], verbunden mit der Generalisierung zu X = [± cons] oder nur als merkmalslose X-Position nebst X-Bar-Schema für N(ukleus)-Projektionen (Levin 1985) - ist dagegen hier nicht weiter von Bedeutung. Eine solche Notation wurde tatsächlich von Leben (1980) zur Beschreibung der Spirantisierungsregel im Biblischen Hebräisch verwendet, der die graphische Darstellung als durchgestrichene Assoziationslinie auf Kahn (1976) zurückführt. Der Schritt von der bloßen Notation zur formalen Semantik fehlt bei Leben, ist aber entscheidend. Je nach Semantik solcher autosegmental-metrischer Diagramme mag die Abwesenheit weiterer Assoziationslinien u.U. gar nicht ausdrückbar sein (siehe weiter unten).

46

bzw. / t / : / realisiert (Scobbie 1991b, 130). Die einfachste regelbasierte Wiedergabe dieser und ähnlicher distributionellen Fakten mittels einfach-assoziiertem / t / im Regelkontext würde aber inkorrekterweise / t j : i ( : ) / blockieren; unter Beibehaltung einer Version des universell gedachten Linking-Constraints wäre andererseits eine unplausible disjunktive Verdopplung des Kontexts - sowohl einfache als auch doppelte Assoziation - notwendig, die den homogenen Charakter der Alternation verdeckt.10 Um an dieser Stelle bereits ein erstes Fazit zu wagen: es ist offensichtlich nicht der richtige Weg, Inalterabilität durch einen von der konkreten Phänomeninstanz völlig losgelösten Mechanismus wiederzugeben. Die bisherige Diskussion hat unhinterfragt angenommen, daß die graphische Notation mittels Assoziationslinien konsistent in eine formale Semantik solcher autosegmentalen Diagramme überführt werden kann, sodaß multiple Assoziation von Einfachassoziation unterscheidbar ist und echte Geminaten verschieden von ihren unechten Gegenstücken, den zufällig benachbarten Instanzen einzeln assoziierter Segmente sind. Es zeigt sich aber, daß diese Annahme durchaus nicht für alle vorgeschlagenen Formalisierungen solcher Diagramme gilt. Dazu betrachte man die Diagramme in (33). Die wohlbekannten autosegmentalen Strukturen der linken Seite, die Assoziationen abstrakter phonologischer Eigenschaften X, Y, Z darstellen, sind rechts mit einer temporalen Semantik gepaart: Assoziation bedeutet hier zeitliche Überlappung von Intervallen, wobei die Intervalle selbst Repräsentanten der Autosegmente darstellen und darum eine sie charakterisierende, schichtenspezifische Eigenschaft tragen. Da Überlappung ("o") durch mindestens einen gemeinsamen Zeitpunkt charakterisierbar ist, wurden solche Zeitpunkte x, y, zl, z2 mit eingezeichnet. (33)

x

Y

X

x

y

|

zl

Z

Z

i-l zl

Y

z2

1 i

1—i z2

Eine solche Semantik wurde zuerst von Bird & Klein (1990) vorgestellt. Sie liegt auch der auf endlichen Automaten basierenden One Level Phonology von Bird & Ellison (1994) zugrunde. Bird & Klein entscheiden sich aus verschiedenen, hier nicht weiter relevanten Gründen für Intervalle als nicht weiter zerlegbare Atome der Theorie, verwerfen also eine punktbasierte Charakterisierung von Zeit, in der Intervalle mittels zweier ausgezeichneter Endpunkte dargestellt würden. Weil damit aber die Länge von Intervallen nicht meßbar ist, sind die beiden Diagramme unter dieser Semantik indistinkt: alle (nach der formalen 10 Der Einsatz eines diakritischen Merkmals wie [- Linking Constraint] würde die Analyse selbstverständlich auch nicht natürlicher machen.

47 Definition von Assoziation entscheidenden) Überlappensbeziehungen sind ja gleich (im Bild x o z\,y o z2). Anders ausgedrückt könnte ohne Verlust der Überlappensbeziehungen das zl enthaltende Intervall an dasjenige von z2 anstoßen. Diese ebenfalls zulässige Ausbuchstabierung würde dann das obere Zeitdiagramm ergeben, da überlappende Intervallnachbarn mit gleicher Eigenschaft Z nicht von einem einzigen Gesamtintervall zu unterscheiden sind. Daß es sich, wie die Diagramm links zu suggerieren scheinen, bei zl und z2 einmal um denselben, dann wieder um einen zwingend verschiedenen Zeitpunkt handeln könnte, ist eben ohne die Verfügbarkeit von Punkten in der gewählten formalen Semantik nicht ohne weiteres ausdrückbar. Andere Vorschläge gehen von einer Semantik aus, die Einzelzeitpunkte entweder nur abstrakt benennbar macht (sog. Nominale im Rahmen einer temporalen Modallogik, Bird & Blackburn 1991 oder unterspezifizierte Charakterisierungen von Endzeitpunkten zuläßt, die gleichwohl auch mit konkreten Millisekundenwerten für Zwecke der phonetischen Konkretisierung gefüllt werden können (Coleman 1992, 33, Walther 1992, 94). Man beachte, daß hier immer noch Assoziation als Intervalleberlappung verstanden wird - die zuweilen angenommene Interpretation als Gleichzeitigkeit autosegmentaler Punkte (Goldsmith 1976, 41f., Clements 1985, 228) führt zu Widersprüchen, wie bereits Sagey (1988) gezeigt hat. Aber auch hier ergeben sich kontraintuitive Verhältnisse: Bei gleichbleibenden Überlappensbeziehungen und einer Existenzforderung zl = z2 für echte Geminaten müssen auch die Intervalle X und Y mindestens einen Punkt gemeinsam haben, im umgekehrten Fall jedoch - zl ^ z2 für beliebige Punktpaare aus den beiden Z-Intervallen - muß es mindestens einen Punkt (mit unbekannter Eigenschaft) als 'Lücke' zwischen den beiden Z-Intervallen geben. Phonetisch sind aber unechte wie echte Geminaten gleich (Goldsmith 1990), sollten im betrachteten Beispiel also durch eine über einen gewissen Zeitraum ununterbrochen anhaltende Eigenschaft Z - z.B. einer dorsalen Verschlußbildung - , ausgezeichnet werden. Scobbie (1991b) wehrt sich gegen eine temporale Interpretation autosegmentaler Diagramme und schlägt stattdessen vor, die als gerichtet interpretierte Assoziation durch eine asymmetrische und transitive Dominanz-Relation zu modellieren: X ist assoziiert mit Y gdw. X von Y dominiert wird. Ihn stört an den vorstehenden Vorschlägen, daß mit (temporaler) Überlappung eine intransitive Relation gewählt wurde, mit der ohne Hilfsrelationen keine Assoziationsverbindungen über mehrere Schichten bzw. längere Pfade hierarchischer Struktur hinweg definierbar sind, ohne alle Elemente auf dem Weg jeweils neu aufzuzählen. In seiner Neukonzeption von AP als constraintbasierte Attribute- Value Phonology (AVP) ist allerdings mit der allein geordneten Wurzelschicht ('skeletal root tier') ebenfalls ein temporaler Restbestandteil identifizierbar. Echte Geminaten erhalten bei ihm die Repräsentation in (34.a), wobei der hier nicht weiter spezifizierte segmentale Gehalt • gemäß der Koindizierung zweimal von melody dominiert, also laut Scobbie doppelt assoziiert ist. Unechte Geminaten in (34.b) sind durch das Fehlen dieser Koindizierung - dem Markenzeichen multipler Assoziation - ausgezeichnet.

48

a.

/ \rooti

b.

/ \rooti

melody Hl

melody Hl

syllable [U

rooti+i

melody El syllable T

syllable -.

0

melody U )

rooij+i

syllable T

In einem monotonen formalen Rahmen, wie ihn Scobbie annimmt, handelt sich also genauer um bezüglich (Un-)echtheit unterspezifizierte Geminatenstrukturen, weil eine hinzugefügte Koindizierungsgleichung ja widerspruchsfrei bloß typidentische Melodiewerte auch tokenidentisch machen kann. 11 Zunächst einmal gibt diese Modellierung unter Monotonieannahme korrekt die empirisch zu findenden Ubergangsbeziehungen unecht —> echt, *echt —> unecht wieder. Allerdings ist auch bei Scobbie wegen der nur durch transitive Präzedenz 12 geordneten zentralen Wurzelschicht ein dem No Crossing Constraint vergleichbares zusätzliches Sharing Constraint nötig. Dieses ist dafür verantwortlich, Instanzen multipler Assoziation lokal benachbart zu halten, um insbesondere die Integrität von echten Geminaten gegenüber Epenthese zu gewährleisten. Wichtige Aspekte von AVP wie die genaue Semantik transitiv geordneter Sequenzen von Merkmalsmatrizen sowie der gelegentlich verwendeten Defaults bleiben bei Scobbie allerdings unformalisiert. Im übrigen ist unter der modallogischen Perspektive von Blackburn (1991), Bird & Blackburn (1991) mittlerweile klar, daß Koindizierungen bzw. die erwähnten Nominale äquivalente formale Mittel darstellen, wodurch temporale und atemporale Semantiken autosegmentaler Assoziationsstrukturen enger miteinander verwandt sind als bei Scobbie dargestellt. Wie die vorstehende Diskussion gezeigt hat, ist die formale Unterscheidbarkeit von echten und unechten Geminaten in AP keineswegs selbstverständlich. Daß sie in einer der wenigen ernstzunehmenden formalen Semantiken für AP nicht gegeben ist, kann als weiterer Beleg für die Gefahr gewertet werden, die sich aus der alleinigen Verwendung einer informell-graphischen Notation für zentrale theoretische Konzepte ergibt. 3.3.4

Morenbasierte Ansätze

In den letzten Jahren haben viele Autoren eine von der CV-Phonologie abweichende asymmetrische Silbenrepräsentation angenommen, die auf den Konzept der More aufbaut. Moren stellen abstrakte Gewichtseinheiten für die Silbe dar; Silben mit mehr als einer More gelten als schwer. In manchen Sprachen kann man Moren eine gewisse psychologische Realität zuschreiben: bittet man etwa Sprecher des Japanischen, im Rhythmus eines Wortes zu klopfen, so werden sie dies für hon 'Buch' zweimal und für kitte 'Briefmarke' dreimal tun. Die wesentliche Neuerung einer morenbasierten Silbenrepräsentation ist nun, 11

Invariante unechte Geminaten müßten dagegen, von Scobbie nicht erwähnte zusätzliche Koindizielungsungleichung für die beiden melody-Werte aufweisen, wie sie bereits zur Kodierung der Heterosilbizität in (34.a) eingesetzt wurde. Solche Ungleichungen bzw. äquivalent negierte Variablen -> E sind in modernen Merkmalsformalismen wie ALE (Carpenter & Penn 1994) oder CUF standardmäßig verfügbar. 12 Auf diese Weise soll etwa freie Epenthese ermöglicht werden.

49 daß die Gewichtseinheit More zusammen mit den dazugehörigen Dominanzbeziehungen gleichzeitig die Innenstruktur der Silbe organisiert. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die einflußreiche Morentheorie von Hayes (1989). Diese sieht vor, daß einerseits Onsetkonsonanten direkt von einem Silbenknoten dominiert werden, andererseits bei Segmenten im Reim aber typischerweise jeweils eine More interveniert, die sowohl als positionaler Platzhalter wie auch als besagte Gewichtseinheit fungiert. 13 Hayes postuliert eine obere Grenze von zwei Moren pro Silbe. Geminaten sind, da sie schwere Silben bilden, bereits lexikalisch von einer Mora dominiert, lange Vokale von zwei Moren. Unter den skizzierten Annahmen stellen sich die bekannten Test-Beispiele nun wie folgt dar: (35)

a.

(j

t

b.

u

??

l

a

er

a

ß j \ b

c.

td (mit einer Silbengrenze zwischen den Clusterelementen) dabei keineswegs die eigentlichen Studienobjekte der Phonologie darstellen: sie entstehen erst unter Annahme von oberflächentreu nicht zu beobachtenden zugrundeliegenden Formen nebst einer bestimmten Konzeption einer Neutralisationsregel sowie der Vernachlässigung phonetischer Details. Wie Barker (1964), zitiert nach Lombardi (1991), deutlich macht, sind in Klamath neben Obstruenten auch Sonoranten von allen laryngalen Kontrasten der Sprache (nicht-aspiriert, aspiriert, glottalisiert) betroffen, es gibt phonetisch Präaspiration usw. Dieser phonetische Detailreichtum steht im Gegensatz zu Selkirks Darstellung. Ohne Details der phonetischen Realisierung zu kennen, wie sie etwa durch elektrolaryngographischen Messungen zu erheben wären, erscheint es deshalb unmöglich, weitgehende theoretische Folgerungen aus einzelnen Beispielclustern wie / p p ' / und / t d / zu ziehen.16 Hall (1991, 3) gibt einige analoge Beispiele für partiell glottalisierte lange Konsonanten im Koreanischen an, z.B. [akk'i] 'Musikinstrument', [kukk'i] 'flag', [kapp'u] 'Millionär', [happ'yag] 'Union'. Glottalisierung eines Obstruenten wird nach seinen Vorstellungen per derivationeller Regel im Kontext nach einem ersten Obstruenten zugewiesen, obstruentische Geminaten würden also die Regel nur erfüllen, wenn die angenommenen [- son]Merkmale separat auf zwei Wurzelpositionen vorliegen. Dieses von Hall ebenfalls als Argument für eine two rooi-Konzeption präsentierte Phänomen kann aber durch die alternative prosodische Kontextangabe 'im Onset' reanalysiert werden: sowohl in Sequenzen verschiedener Obstruenten ([kak.t'o] 'Winkelgrad') wie auch bei Zweitglied von Geminaten ist dieser Kontext gegeben, eine Merkmalskoindizierung von [- son] würde die Regelanwendung somit nicht beeinträchtigen. 17 In Hall (1991, fn.2) wird im übrigen zugestanden, daß zusätzliche Regeln anzunehmen wären, um die silbenfinal nur unaspiriert bzw. unglottalisiert vorkommenden Obstruenten zu berücksichtigen. Hall nimmt aber fälschlicherweise 16

17

Interessanterweise zeigen in Komposita des Deutschen wie Grabbeigabe, Raddampfer die wortmedialen (unechte) Plosivgeminaten trotz silbenfinaler Auslautverhärtung normalerweise kein aspiriertes Erstglied. Ein solches tritt höchstens in hyperkorrekter Aussprache auf. In diesem vergleichbaren Fall zeigt also die phonetische Detailrealisierung ebenfalls ein wesentlich komplexeres Bild. Hall nimmt offenbar an, daß [± son] auf einer eigenen autosegmentalen Schicht notiert wird und dem OCP unterliegt, sodaß bezüglich Adjazenz dieser Schicht keine zweite Instanz vorhanden wäre. Es sind aber andere Interpretationen denkbar, mit denen durchaus zweimal auf dasselbe Merkmal referiert werden könnte.

53 an, daß diese Beobachtung irrelevant für seine Analyse sei: die alternative Onset-Referenz würde diese Fälle jedoch natürlicherweise miterfassen! Es stellt sich darüberhinaus zum einen die von Hall nicht untersuchte Frage, ob artikulatorisch von zwei separaten Glottiseinstellungen in den als [kk',pp'] transkribierten Fällen ausgegangen werden darf, was auch hier nur instrumentell zu klären ist - allerdings mit offensichtlichen Rückwirkungen auf die Frage nach der Plausibilität einer phonologischen Doppelspezifikation. Zum anderen ist zu klären, ob nicht überhaupt ein gradueller, phonetischer Prozeß vorliegt: seine Bemerkung " . . . can undergo a degemination rule in fast speech . . . " Hall (1991, fn.4) kann jedenfalls in diese Richtung gedeutet werden (siehe auch die Diskussion unten zu graduellen Realisierungen glottaler Konfigurationen). Ahnliches gilt für die bei Selkirk angeführte Präaspiration im Isländischen. Wie Hermans (1985) in einer exhaustiven Auflistung klarstellt, gibt es phonetisch gesehen genau zwei disjunkte Gruppen: Gruppe I enthält die Paare p ~ p:, t ~ t:, k ~ kl, Gruppe II besteht aus ph ~ hp, th ~ ht, kh ~ hk. Ausgangspunkt von Selkirks theoretischer Diskussion mit dem Ziel, Fälle von partieller Alternation bei Geminaten zu begründen, ist aber die Annahme von zugrundeliegendem /pp h / —> hp (Selkirk 1990, 132), mithin eine gruppenübergreifende Abbildung Gruppel —> Gruppell. Angesichts der phonetischen Fakten handelt es sich hier damit klar um einen diakritischen Einsatz von willkürlich stipulierter zugrundeliegender Form, die so niemals an der Oberfläche erscheint. Aus einer auf diese Weise jeglicher Falsifizierung entzogenen Form kann natürlich Beliebiges gefolgert werden. Eine einfache oberflächentreue Generalisierung konstatiert dagegen, daß pro Gruppe die rechte Alternante, also Geminate oder präaspirierter Plosiv, nur im Kontext 'nach Kurzvokat auftritt (auch als Zweitglied von Diphthongen), die linke Alternante jeweils sonst (cf. auch Kingston 1990, 411). Wie Kingston (1990) angibt, wird die Präaspiration von Plosiven phonetisch am Ende des Vorgängervokals realisiert, und zwar in zwei Phasen: einer weitgehend invarianten Phase mit Hauchstimme folgt eine in Abhängigkeit von der Sprechgeschwindigkeit kompressible Phase, in der Aspirationsrauschen auftritt. Präaspirierte Plosive besitzen aber im Gegensatz zu den unaspirierten geminierten Plosiven phonetisch keine längere oraler Verschlußphase. Daher bietet sich eine gestural-nichtsegmentale Analyse der Aspirationsalternation an, die die phonetischen Fakten direkter widerspiegelt als dies der abstrakte, segmentale Vorschlag von Selkirk vermag. Kernidee dieser Analyse ist, daß eine inirasegmental invariant vorhandene Glottisöffnungsgeste gemäß dem oben erwähntem Kontext lediglich in ihrer genauen zeitlichen Lage variiert (Prä- und Postaspiration stehen ja in komplementärer Distribution!). Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die von Selkirk und Hall angeführten Beispiele keine plausible Evidenz für partielle Alterabilität von Geminaten abgeben; die in diesem Bereich behaupteten Vorteile der Two-Root-Repräsentation müssen daher weiterhin als unbewiesen gelten. Die sonstigen Vor- und Nachteile dieser Theorie prosodischer Länge gleichen im übrigen denen der CV-Konzeption.

54

3.4 3.4.1

Eine adäquate formale Repräsentation von Geminaten Schritte zu einem geeigneten Inventar subsilbischer Rollen

Die bislang angeführten phonologischen Eigenschaften, die Geminaten wie auch ambisilbische Elemente aufweisen, weisen auf eine 'Janusköpfigkeit' dieser Elemente hin. Einerseits läßt sich die Eigenschaft der Integrität durch eine monosegmentale Repräsentation zwanglos erfassen: ein als phonologisches 'Atom' fungierendes Element verhält sich, anders als in der Physik, natürlicherweise als unteilbare Einheit, wenn epenthetische Segmente eingefügt werden sollen. Phonologischen Alternationen unterliegen sie als Ganzes; es sind keine unzweideutigen Fälle bekannt, wo etwa nur die linke Hälfte einer echten Geminate spirantisiert wird, die rechte jedoch weiterhin einen Plosiv bildet. Andererseits bewirken Geminaten in den meisten Sprachen, daß eine ihnen vorangehende Silbe schwer wird, wobei gleichzeitig eine mediale Geminate als Onset der zweiten Silbe fungiert. Gemäß Hypothese (24) nehmen sie somit eine ambisilbische Position ein. Nach den bisherigen Ausführungen dürfte also klar sein, daß die aufgezählten Charakteristika von Geminaten fundamentale Anforderungen darstellen, die jede Repräsentation berücksichtigen muß. Damit kann folgende Anforderung aufgestellt werden: (36)

Als Minimalforderung für eine adäquate Repräsentation von Geminaten gilt, daß sie möglichst direkt die Eigenschaft monosegmental und ambisilbisch kodieren sollte. Idealerweise folgen sämtliche phonologische Eigenschaften von Geminaten aus einer solchen Repräsentation selbst, ohne daß externe Zusatzmechanismen erforderlich werden.

Im folgenden soll schrittweise dargestellt werden, wie sich eine formale Repräsententation ableiten läßt, die (36) genügt. Die Forderung nach Monosegmentalität ist trivial dadurch erfüllbar, daß nur eine segmentale Position bereitgestellt wird. Wird eine solche Position innerhalb eines monotonen Beschreibungsformalismus spezifiziert, so kann eine Veränderung der Positionenzahl schon im Ansatz ausgeschlossen werden. Wenn Geminaten als zweite Eigenschaft formal ambisilbisch sein sollen, dann wird deren Repräsentation automatisch verknüpft mit der Frage, wie wiederum Silben am besten zu repräsentieren sind. Dies ist Gegenstand des nächsten Abschnitts. 3.4.2

Anforderungen an die Innenstruktur der Silbe

Der übergreifende Leitgedanke bei der folgenden systematischen Entwicklung einer geeigneten Silbenstrukturrepräsentation ist der, möglichst minimale Strukturen zu postulieren, die (i) mit den phonologischen Anforderungen kompatibel sind, ohne (ii) die Verwendung der einzelnen Strukturkomponenten unnötig zu behindern. Dazu zunächst zwei allgemeine Anforderungen. (37)

Die meisten silbenbasierten phonologischen Phänomene referieren auf ausgezeichnete Unterdomänen der Silbe, d.h. die Silbe muß Innenstruktur besitzen.

55 Die Forderung nach Innenstruktur ergibt sich aus Teil (ii) des obigen Leitgedankens: eine Repräsentation, die nur die gesamte Silbe als Domäne markiert, bedingt, daß einzelne Unterdomänen wie etwa der Silbenonset durch umständliche Kontextangaben wie 'alle tautosilbischen Segmente vor dem ersten VokaV ersetzt werden müssen. Diese wären für jede Verwendung zu wiederholen, die relevanten Generalisierungen werden gerade nicht global ausgedrückt. 18 Schwerwiegender ist, daß eine solche rein phonotaktische Behandlung von Silbeninnenstruktur auf prinzipielle Probleme stößt in Sprachen, in denen silbische Konsonanten den obligatorischen Kern einer Silbe bilden können. In solchen Fällen entfällt die Invariante 'erster VokaF, von der ausgehend solche relativen Kontextbestimmungen erst möglich wurden. Es erscheint daher vorteilhaft, Unterdomänen der Silbe formal explizit zu markieren. Welche Innenstruktur ist nun angesichts von Punkt (i) mindestens anzunehmen? Blevins (1995) gibt einen Überblick über die Fülle an Vorschlägen zu diesem Thema. Läßt man die bereits diskreditierten rein morenbasierte Vorschläge außer acht, so zeigt sich ein Konsens hinsichtlich der präterminalen Konstituenten Onset, Nukleus und Koda. Meist werden Nukleus und Coda noch zum Reim zusammengefaßt (Pike & Pike 1947, Selkirk 1982 und Blevins), während die Gruppierung von Onset und Nukleus zum Body seltener vertreten wird (Vennemann 1988). Allerdings nehmen auch McCarthy & Prince (1990) mit der 'core syllable' (CV) eine Kategorie in das von ihnen postulierte Inventar prosodischer Kategorien auf, die in ihrer Ausdehnung genau dem Body entspricht. Die im Folgenden aufgeführten Phänomene des Standarddeutschen illustrieren in aller Kürze, daß sich die schließlich auch von Blevins selbst angenommenen Unterdomänen Onset, Nukleus, Koda bzw. Reim als phonologisch relevante Kontextangaben in ein- und derselben Einzelsprache finden lassen. Die Auslautverhärtung im Deutschen ist am einfachsten durch Angabe der Domäne Silbenkoda beschreibbar, die auch Fälle multipler Auslautverhärtung wie Jagd, Magd erfaßt. K-Vokalisierung ist auf den Silbenreim beschränkt. Ein /tr/ im Silbennukleus wird dabei allerdings stärker vokalisiert (Vater [faite]) als ein unsilbisches Koda-K(ueer, Erde). Nur in Nukleusposition besitzen die konsonantischen Sonoranten eine alternative Realisierung mit vorausgehendem Schwa, wie sie in sorgfältig kontrollierter Rede auftreten kann (Seg[l] ~ Segfal] vs. Seg[l]er, *Seg[al]er). Die Distribution der glottalen Konsonanten /h,?/ schließlich ist auf den Silbenonset beschränkt (Ast, Hilfe [?ast h , hilfa]). Die hier benutzten Silbenrollen sind natürlich vorerst als lediglich deskriptive Termini zu verstehen, die auf die eigentliche formale Repräsentation vorbereiten. Wir fassen die vorstehende Diskussion in einer zweiten Anforderung zusammen: (38)

Die formale Repräsentation der Innenstruktur der Silbe muß mindestens die Unterscheidung der drei disjunkten Silbenrollen Onset, Nukleus und Koda erlauben.

Der Reim entfällt in der Aufzählung von (38), weil er nicht-disjunkt zu Nukleus bzw. Koda ist. Seine Integration wird später behandelt. 18

Allerdings ließe sich unter ausgiebiger Verwendung benannter Abkürzungen (templates, Shieber 1986) das Problem in der Praxis etwas entschärfen.

56 Die Nicht-Notwendigkeit einer phrasenstrukturellen Darstellung. Während es also robuste Evidenz für die anzunehmenden Unterdomänen der Silbe gibt, ist deren Organisation mittels Konstituentenstruktur eine theorieinterne Entscheidung. Es verwundert ein wenig, daß diese Entscheidung, die mindestens bis Pike & Pike (1947) zurückdatiert werden kann, in der generativen Literatur nicht kritisch diskutiert wird. Im folgenden soll es daher darum gehen, herauszufinden, ob die Ausdrucksmöglichkeiten von Konstituentenstruktur für die Silbe wirklich benötigt werden. Man betrachte dazu das Diagramm in (39). (39)

KONSTITUENSTRUKTUR EINER SILBENREPRÄSENTATION VON

a

träumte

a

Ausgehend von einer sprachspezifisch eindeutigen maximalen Silbenstruktur kann jede (konkrete Silbenstrukturinstanz durch Streichen von Ästen erzeugt werden, wenn man von den Terminalsymbolen, d.h. den Segmenten absieht; so ist etwa die rechte Silbenstruktur von (39) ein Teilbaum der linken. Aufgrund dieser Eindeutigkeit kann auch die Knotenabfolge entlang der Projektionslinie zur Wurzel vorausgesagt werden, wenn man das Präterminalsymbol, d.h. 0,N,C, kennt. Weil das Streichen von Ästen nicht die transitiven Präzedenzbeziehungen zwischen den Nichtterminalsymbolen ändert, ist darüberhinaus eine Wiederholung der Präzedenzinformation pro Silbeninstanz redundant, wenn man davon ausgeht, daß die Segmente selbst bereits total geordnet sind. Eine entsprechend eindeutiger maximaler Phrasenstrukturbaum existiert dagegen etwa in Syntax oder (Derivations-)Morphologie nicht, dank der Möglichkeit der Rekursion ist die Menge der verschiedenen Bäume hier noch nicht einmal endlich. Im Gegensatz zur Silbenstruktur sind Dominanz- und Präzedenzinformation in diesen Bereichen also tatsächlich distinktiv und daher notwendig. Diese Vorüberlegungen deuten darauf hin, daß für die Silbe ein restriktiverer Ansatz ohne die Verwendung echter Konstituentenstruktur möglich sein sollte, der dennoch die gewünschte Strukturierung bietet. Eine entsprechende Möglichkeit bietet das Konzept der multiplen Vererbung, welches mittlerweile breiten Eingang in die neuere Computerlinguistik gefunden hat. Jede unmittelbare Dominanzbeziehung X dominiert Y würde in einem solchen Ansatz reinterpretiert werden als Y erbt die Eigenschaften von X, wobei die Eigenschaften und ihre Vererbungsbeziehungen in einer einzigen Vererbungshierarchie festgehalten sind. Bevor dieser Ansatz weiterverfolgt wird, sollte allerdings geklärt werden, ob er für den gegebenen Anwendungszweck nicht zu restriktiv ist.

57 Bouma & Nerbonne (1994, 44f.) identifizieren in diesem Zusammenhang drei entscheidende Eigenschaften, die eine Vererbungsrelation, wie sie gewöhnlich aufgefaßt wird, restriktiver machen als allgemeine Konstituentenstruktur mit ihren Dominanz- und Präzedenzrelationen. (Zwei konkrete Vererbungsrelationen mit diesen Eigenschaften wären etwa Teilmengenbeziehung und Unifikation). Erstens ist Vererbung idempotent, d.h. X erbt von X ist ununterscheidbar zu X. Damit können keine Strukturen auseinandergehalten werden, die sich lediglich durch Rekursion eines beliebigen Symbols X unterscheiden, wie sie z.B. für Ur-Opa vs. Ur-ur-Opa etc. angenommen werden müßten. Zweitens ist Vererbung assoziativ, d.h. wenn XY von X und Y erbt und XYZ von XY und Z erbt, mit abstrakten Zwischenknoten XY und Resultat XYZ, so ergibt die alternative Vererbungsreihenfolge YZ erbt von Y und Z und XYZ erbt von X und YZ mit abstraktem Zwischenknoten YZ dasselbe Resultat XYZ. Diese Eigenschaft schließt die Modellierung struktureller Ambiguität aus, wie sie etwa [[Antiterrorjkommando] vs. [Anti[terrorkommando]] zeigt. Drittens ist Vererbung kompositional, d.h. wenn XY von X und Y erbt, so ist die Interpretation von XY eine Funktion der Interpretation der Teile X und Y, anders als dies etwa bzgl. der Semantik von [[wunder]-bar] der Fall ist. Diese Eigenschaften erscheinen nun ohne weiteres verträglich mit den Anforderungen einer adäquaten Silbenstrukturrepräsentation. Weil die maximale Größe einer Silbe in jeder bekannten Sprache durch eine Konstante beschränkt ist, ist keine Rekursion erforderlich. Weil sich bei Kenntnis der jeweiligen Silbifizierungsstrategie und Phonotaktik einer Sprache für jede überhaupt silbifizierbare segmentale Kette eine eindeutige Silbenstruktur ergibt, gibt es auf dieser Ebene keine strukturellen Ambiguitäten. 19 Da die Konstituentenstrukurdarstellung der Silbe immer kompositional interpretiert wurde - ein Silbenreim denotiert etwa die Vereinigung der segmentalen Teilketten, in denen die Eigenschaften von Nukleus und Koda gelten, usw. - , ergibt sich auch hier kein Widerspruch. Eine vererbungsorientierte Darstellung von (39) zeigt die folgende Abbildung: (40)

a.

tcOCff

1 b.

H

COC cod. Propositionale Variablen sind nun nichts anderes als die sogenannten privativen Merkmale in der phonologischen Literatur. Sie sind insoweit restriktiver als allgemeine Merkmale 1. Ordnung, als sie keine unabhängige Koindizierung der Merkmalswerte erlauben: eine Tokenidentität wie [a ons, a cod] ist in propositionaler Logik nicht ausdrückbar. Allein dies und keinesfalls etwa der in der generativen Literatur

61 behauptete unärwertige Charakter privativer Merkmale ist der entscheidende Unterschied zu den herkömmlichen binärwertigen Merkmalen. Ellison (1994b) schreibt dazu treffend: "In a direct application of information theory, contrasting a [+F] feature value [= Anwesenheit eines privativen Merkmals, M. VF.] with whitespace carries eis much information as contrasting it with [—F]." Die vierte Rolle: eine neue Repräsentation von Geminaten. Die entscheidende Neuerung in (41) besteht darin, zusätzlich zu den bisher motivierten Rollen Onset, Nukleus und Koda eine neue vierte Silbenrolle codaonset, die direkt und lokal die ambisilbische Position repräsentiert, zuzulassen. Daraus resultieren unmittelbar eine Reihe von vorteilhaften Eigenschaften. Zum ersten werden die beiden wesentlichen Eigenschaften von Geminaten, nämlich Geschlossenheit der Vorgängersilbe und Onsethaltigkeit der Nachfolgersilbe, kompositional von den definierenden Bestandteilen cod und ons reflektiert. Sie sind lokal an der einen Geminatenposition selbst ablesbar. Dies gilt nicht in allen konstituentenbasierten Vorschlägen: auf Moren aufbauende Repräsentationen erlauben in der Regel nur eine indirekte Widergabe der definitorischen Eigenschaften ('G ist Geminate gdw. die zweite More M einer Silbe a~i dominiert G und M ist unmittelbar linksadjazent zu einem Silbenknoten 02 und G wird von o-i unmittelbar dominiert'). Zum zweiten ist der Vorwurf des 'improper bracketing' ( CTl [... [ff2 G ]CT1 . . . ]ff2) (Selkirk 1982, 355) damit endgültig vom Tisch: Geminaten als isolierte Instanzen graphstrukturierter Repräsentationen in einem ansonsten weitgehend baumstrukturiert darstellbaren Repertoire phonologisch-prosodischer Information sind kein Thema mehr. Drittens ist mit der merkmalsbasierten Darstellung der vierten Silbenrolle der Beweis erbracht, daß - entgegen häufig zu lesenden Behauptungen (vgl. etwa Selkirk 1984, fn.29) - Ambisilbizität sehr wohl innerhalb eines linearen Rahmens darstellbar ist. Die Folgerung liegt auf der Hand: der repräsentationeile Teil von SPE könnte unter Verwendung der Merkmalszerlegung von (41) um Silbenstruktur erweitert werden, ohne die formale Mächtigkeit dieses Rahmens anzutasten. Alle gegenteiligen Argumente beruhen im Rückblick gesehen darauf, daß die formalen Möglichkeiten von SPE nicht genügend ausgeschöpft wurden. 20 Viertens trägt eine monopositionale Darstellung mittels separat identifizierbarer Silbenrolle nicht die einseitig temporale Konnotation von bipositionalen Analysen, die eine obligate Realisierung als doppelte phonetische Länge suggeriert. Damit wird nicht nur der komplexen Realisierungsvielfalt von Geminaten Rechnung getragen, die offensichtlich Länge nur als eine, wenn auch oft dominante Variante vorsieht (siehe Abschnitt 3.2.4), 20

Die resultierende Vermischung artikulatorischer Merkmale mit strukturellen, silbenstruktur-relevanten wäre dabei von geringer theoretischer Bedeutung: die unterschiedlichen phonetischen Auswirkungen der Einzelbestandteile komplexer phonologischer Repräsentationen sind auch in neueren Theorien klar stipuliert. Unerwünschte Koindizierungen von artikulatorischen mit silbenstrukturellen Merkmalen wie [a cont a ons] könnten dagegen durch die Vergabe disjunkter Typen für die jeweils zulässigen Merkmaiswertbereiche verhindert werden (siehe Bird 1990).

62 sondern auch eine grobe Inkongruenz mit der teilweise erheblich kürzeren Realisierung ambisilbischer Segmente (etwa für ambisilbische F/ap-Plosivrealisierungen im Englischen) vermieden. Vielmehr erzwingt die monopositionale Repräsentation korrekt, daß die phonetische Detailrealisierung der ohnehin sprachspezifisch anzunehmenden phonetischen Interpretation phonologischer Struktur überlassen werden muß. In diesem Sinne paßt die holistische Repräsentation mittels codaonset exzellent zu Überlegungen, die Smith (1995) bei Untersuchungen zum Ausbau der Artikulatorischen Phonologie (ArtP, Browman & Goldstein 1989) angestellt hat. Die Verbindung zu diesem theoretischen Rahmen ist hier von Bedeutung, da erste Ergebnisse die Verknüpfbarkeit des sehr konkreten ArtP-Modell zur phonetischen Interpretation von phonologischer Struktur mit der hier weiterentwickelten Theorie der Silbenstruktur gezeigt haben (Walther & Kröger 1994). Smiths mittels Röntgenmikrostrahl-Methoden durchgeführte Untersuchungen von labialen Geminaten im Italienischen zeigen, daß nur ein einzelner Gipfel im Ort-Zeit-Diagramm der Unterlippe vorliegt, also zumindest artikulatorisch tatsächlich keinerlei 'Zweiheit' nachzuweisen ist. Ihre anschließenden Überlegungen, wie denn nun im gesturalen Modell die natürlichen Artikulationsvorgänge bei der Formung von Geminaten nachzuahmen wären, führen zunächst zu einem negativen Resultat: die einfachste Hypothese, nämlich eine Realisierung mit zwei identischen Gesten, deren artikulatorische Parameter denen von Kurzsegmenten entsprechen, vermag nicht die charakteristischen Eigenschaften von Geminatenartikulationen zu modellieren. Hierzu müssen nach Smith sowohl die Zeitdauer der traktformenden Geste (etwa zur Bildung eines Lippenverschlusses) im Vergleich zum Kurzsegment heraufgesetzt als auch gleichzeitig die Artikulatorsteifheit (stiffness bei Browman & Goldstein 1989) erniedrigt werden. Letztere Parameteränderung ergibt sich für Smith im Einklang mit dem ArtP-Modell daraus, daß mindestens für das Italienische die jeweiligen artikulatorischen Ziele bei Geminaten langsamer angesteuert werden. Die Zwei-Gestenrepräsentation - gegebenenfalls mit geeigneter Überlappung der identischen Einzelgesten zu spezifizieren - könnte aber allenfalls die Längung modellieren, nicht jedoch die Veränderung des dynamischen Parameters 'Artikulatorsteifheit' gegenüber den Kurzsegmentwerten. Die Befunde von Smith lassen sich so deuten, daß es unter dem Aspekt der phonetischen Detailmodellierung phonologischer Struktur keinen Nutzen bringt, formal bipositionale Geminaten anzunehmen, da sich aus den beiden Positionen offenbar keine kompositionale phonetische Interpretation ableiten läßt, die den empirischen Daten gerecht wird. Es bliebe nichts anderes übrig, als die verschiedenenen mehrfachassoziierten Konfigurationen holistisch zu interpretieren, um Geminaten die geänderten gesturalen Parameter zuzuordnen. Weil für lange Vokale aber andere Parameter gelten, kann dabei nicht einmal die gemeinsame strukturelle Konfiguration einer einheitlichen Interpretation unterworfen werden. Im Gegensatz zu diesem negativen Resultat erscheint es im vorliegenden Alternativvorschlag völlig natürlich, an die eine Geminatenposition ebenfalls genau eine traktformende Geste zu binden, wobei die abweichenden gesturalen Parameter dann von der codaonset-Kennzeichnung lizensiert werden. Da - wie gezeigt - einerseits die Repräsentation von ambisilbischer Silbenzuordnung

63 keine zwei Positionen erfordert, andererseits Aspekte der nicht auf schlichte TimingUnterschiede beschränkten phonetischen Realisierung ebenfalls nicht uniform mit der Anzahl der segmentalen Positionen korreliert werden können, sind nach den obigen Ausführungen insgesamt keine Gründe mehr erkennbar, noch an Mehrfachassoziation als geeignetem Mittel zur Geminatenrepräsentation festzuhalten. 3.4.4

Vorteile der Merkmalszerlegung

Welche weiteren Vorteile bietet die Zerlegung von Silbenrollen mittels binärwertiger Merkmale in (41)? Zunächst ergeben sich daraus direkt die natürlichen Klassen in (42). (42)

ons = { onset, codaonset } "ons = { nucleus, coda } cod = { coda, codaonset } "cod = { onset, nucleus } Die durch die partielle Silbenrolle ons beschriebene Klasse erfaßt geminierte und ungeminierte Onsets. Daß diese Klasse natürlich ist, zeigt sich etwa anhand der Tatsache, daß beide Onsetvarianten standardmäßig eine strikte Onsetforderung erfüllen, wie sie in vielen Sprachen vorkommt. Parallel zu ons faßt cod geminierte und einfache Kodapositionen zusammen, was wiederum z.B. anhand der gleichen Auswirkungen auf Silbenschwere und -geschlossenheit als natürlich angesehen werden kann. Die beiden negativ (") definierten partiellen Rollen können zum einen ganz allgemein dazu dienen, den elsewhere-Fall ihrer positiven Gegenstücke formal auszudrücken. Spezifisch gilt aber, daß "ons nichts anderes als die Charakterisierung einer Reimposition ist, allerdings unter Ausschluß einer silbenfinalen ambisilbischen oder geminierten Position. Damit drückt diese Merkmalsspezifikation die natürliche Klasse der inalterablen Segmente in Reimposition aus - eine bekannte Instanz dieser Klasse wäre etwa die Auslautverhärtung im Deutschen. Die Nukleusposition ist für die betroffenen Obstruenten hier bereits aus unabhängigen Gründen ausgeschlossen, sodaß deren Inklusion in der natürlichen Klasse ohne Nachteil ist. Die vierte natürliche Klasse erfaßt durch "cod den Silben-Body,21 ebenfalls unter Ausschluß einer silbenfinalen ambisilbischen oder geminierten Position. Eine solche prosodische Restriktion selegiert etwa korrekt die ungeminierte Alternante im quantitativen Stufenwechsel des Finnischen, wie in Abschnitt 3.7 genauer ausgeführt wird. Im Klamath existiert nach Clements & Keyser (1983, 21) ein Silbenstrukturconstraint, daß die Sequenz /ji/ ausschließt und somit ebenfalls über der Domäne des Silben-Body definiert werden kann. Der übliche, finale Geminaten einschließende Reimbegriff muß angesichts von (42) als "onset formalisiert werden, was mithilfe des Negationsoperators für Typen in CUF aber problemlos gelingt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Markiertheit ist die Merkmalsklassifikation in (41) interessant. Wertet man die Anzahl der Plus-Merkmale bzw. der positiven Instanzen pri21

Für die Annahme einer Silbenkonstituente Body haben sowohl McCarthy (1979) wie auch Vennemann (1988) argumentiert.

64 vativer Merkmale in einer Merkmalsstruktur als einfachen formalen Indikator der Markiertheit, so ergibt sich die partielle Ordnung in (43): (43)

nukleus

{ o n s e t , coda } -C codaonset

Der Nukleus bildet hier die unmarkierteste Konstituente der Silbe. Dies korreliert mit seiner universellen Verfügbarkeit als Kern jeder Silbe. Er wird gefolgt von den gleich markierten Konstituenten Onset und Koda, die crosslinguistisch häufiger optionale Konstituenten der Silbe darstellen. Eine eventuell wegen der universalen Verfügbarkeit von CV-Silben gewünschte Unmarkiertheit des Onsets gegenüber der Koda kann hingegen nicht aus dem erwähnten einfachen Markiertheitskriterium gewonnen werden, müßte also aus anderen Gründen folgen. Die ambisilbische bzw. Geminatenposition wiederum als die markierteste zu bezeichnen ist sicher sinnvoll, bedenkt man deren nicht universelle Verfügbarkeit und die Häufigkeit von distributionellen Beschränkungen bezüglicher dieser Position. Bislang wurden nur statische Aspekte der Silbenstruktur geklärt und ein merkmalsbasiertes Inventar festgelegt. Die Evidenz für die gewählte Merkmalsverteilung ließe sich festigen, wenn die dynamische Verwendung der Merkmale besondere Vorteile zur Vorhersage von Silbenstruktur aus prosodisch unspezifizierten Segmenten mit sich brächte. Da diese Silbifizierung der eigentliche Anlaß für die Entwicklung von verschiedenen Vorläufern der hier vorgeschlagenen Merkmalszerlegung war (siehe Walther 1992, 1993,1995a, Walther & Wiese 1995) und sie für die weitere formale Behandlung von Geminaten von einiger Bedeutung ist, folgt eine Darstellung der wesentlichen Grundlagen.

3.5 3.5.1

Zur Interaktion von Silbifizierung und Gemination Die Bedeutung der Silbifizierung für geminierte Strukturen

Silbifizierung ist definiert als ein Mechanismus, durch den prädiktable Silbenstruktur aus einer Kette von Segmenten abgeleitet werden kann. In einer deklarativen Konzeption ist damit keine Vorzugsrichtung definiert: eine deklarative Silbifizierung vermag ohne Modifikation gleichermaßen vollständig spezifizierte Segment-Silbenrollen-Paare zu lizensieren oder aus einer Kette von subsilbischen Rollen die Menge der dazu kompatiblen Segmentbelegungen abzuleiten. Wichtig für Distribution und Alternationsverhalten von Geminaten ist lediglich, daß vollspezifizierte Silbenstruktur zur Verfügung gestellt wird. Im hier betrachteten Kontext hat diese die drei folgenden Hauptaufgaben: • Silbenstruktur bildet das Fundament für die distributionalen Restriktionen, denen Geminaten unterliegen. Wenn die Distributions-Hypothese in (24) richtig ist, so kann ihre Einhaltung formal durch die allgemeine Forderung nach Widerspruchsfreiheit einer constraintbasierten Grammatik garantiert werden, die sowohl Constraints zur Silbifizierung als auch die als spezifische Silbenrolle definierte Geminatenrepräsentation enthält. Konkret gilt: Geminaten können nicht an Positionen auftauchen, die

65 inkonsistent zu ons & cod spezifiziert sind; die jeweilige Spezifikation bewirkt dabei die Silbifizierung. • Silbenstruktur bewirkt die Auswahl der kontextuell passenden Alternante bei Archigeminaten, also bezüglich prosodischer Länge bzw. Ambisilbizität unterspezifizierten Segmenten. Falls etwa Silben in einer Sprache obligatorisch einen Onset besitzen, und der einzige Onsetkandidat anderweitig als cod vorspezifiziert wurde, muß er vermittels der Silbifizierung insgesamt als codaonset realisiert werden. Dies steht im Kontrast zu einer zweiten Klasse von Situationen, in der etwa das Vorhandensein eines phonotaktisch unzulässigen Nachfolgekonsonanten (cf. etwa /\.l, *.\1/ im Deutschen) eine Realisierung als Koda erzwingen würde. • Schließlich bewirkt erst die Silbifizierung, daß silbenfinale nichtgeminierte Konsonantencluster [... VC\]a und lange Vokale [... ViVi\a parallel zum Fall der postnuklearen Geminaten [... VCi] aj [Ci...} rJl ± l formal als schwere Silben identifiziert werden können. Dies geschieht durch uniforme Zuweisung von cod an die erste Position nach dem Nukleus in diesen Fällen. Nach dieser motivierenden Einführung soll im folgenden die tatsächlich zum Einsatz kommende formale Silbifizierung besprochen werden. 3.5.2

Deklarative sonoritätsbasierte Silbifizierung

Der in Walther (1992) erstmalig beschriebene Ansatz zur constraintbasierten Silbifizierung basiert auf der Zerlegung des silbeninternen Sonoritätsverlaufs (Sonority Sequencing Generalization, SSG, Selkirk 1984) in eine Abfolge von elementaren Sonoritätsunterschieden zwischen benachbarten Einzelsegmenten. Bevor die deklarative Umsetzung dieser Idee mithilfe der Merkmalszerlegung von (41) erläutert werden kann, ist es deshalb sinnvoll, auf die SSG und das Sonoritätskonzept selbst einzugehen. Die sonority sequencing generalization. sung der SSG: (44)

Blevins (1995, 210) hat die folgende Fas-

"Between any member of a syllable and the syllable peak, a sonority rise or plateau must occur."

Bemerkenswert ist die Abschwächung (' . . . or plateau . . . ') der Dreieckskontur des Sonoritätsverlaufs gegenüber Selkirk (1984), die nur den prototypischen Fall berücksichtigt hatte. Trägt man die Sonoritätswerte einer angenommenen Sonoritätsskala über der Zeitbzw. Segmentpositionsachse auf, so ergibt sich nämlich nur in einem Teil der Fälle ein stückweise streng monotonem Sonoritätsverlauf zwischen unmittelbar benachbarten Segmentpositionen. Einen solchen Fall illustriert das Beispiel Traum in (45).

66 (45)

Sonorität

Zeit

/1 K

au

m /

Blevins Fassung trägt aber auch den vielfach attestieren Fällen Rechnung, in denen sich nur ein monotoner Verlauf des Sonoritätsgraphen über der Zeit ergibt. Siehe dazu das Beispiel Sphäre in (46). (46)

Sonorität

Zeit

/ s f

e

:

K

a

/

In (46) gibt es gleich zwei Sonoritätsplateaus: zum einen sind die benachbarten Frikative / s f / auf demselben Sonoritätsniveau, gleiches gilt - bei Annahme einer bipositionalen Darstellung langer Vokale - für das /e:/. S o n o r i t ä t . Das im vorherigen Abschnitt bereits informell verwendete Konzept der Sonorität, also die partielle Ordnung von Lautklassen bezüglich eines abstrakten Maßes von inhärenter Schallfülle, ist ein notorisch umstrittenenes theoretisches Postulat. Dies liegt zu einem Gutteil an der inadäquaten phonetischen Basis: bislang konnten keine universalen phonetischen Korrelate für die jeweils angenommenen Sonoritätsskalen gefunden werden (Keating 1988, 294). Keating vermutet daher, daß der in Wirklichkeit illusionäre Eindruck einer einheitlichen Skala durch die weitgehende Übereinstimmung einer Reihe von phonetischen Einzelskalen wie etwa Kieferöffnungsgrad, Glottisgesten, Fi-Formantfrequenz oder akustischer Energie zustandekommt. Sie weist gleichzeitig auf die Grenzen dieser Übereinstimmung hin, da beispielsweise / s / wegen seiner hohen Kieferposition einen niedrigen Sonoritätswert erhalten sollte, unter dem Gesichtspunkt der akustischen Energie jedoch sonorer als viele anderen Frikative einzustufen ist. Keating bietet allerdings keine konkreten Ausweg unter Beibehaltung der phonetischen Basis an. Dieser müßte neben einer detaillierten Festlegung der phonetischen Einzelparameter zur Sonoritätsberechnung zusätzliche Verrechnungs- bzw. Vorrangbeziehungen zwischen den beteiligten Parametern

67 umfassen, um auch in problematischen Fällen wie / s / einen Sonoritätswert zuweisen zu können. Von dieser Ausgangslage her wurde daher vor allem von phonetischer Seite das praktische Verfahren zur Sonoritätsbestimmung, mit dem sich Phonologen ersatzweise zu behelfen versuchen, als zirkulär kritisiert (so etwa bei Heike 1992, 9). Der Vorwurf der Zirkularität bezieht sich konkret auf die herkömmliche Vorgehensweise, Sonoritätsverhältnisse mithilfe der SSG einerseits aus der Distribution von Lauten innerhalb der Silbe abzuleiten, andererseits aber die so gewonnene Sonoritätsskala wiederum zur Berechnung von Silbenanzahl, Silbengrenzen und Silbeninnenstruktur aus einer symbolisch repräsentierten Lautkette heranzuziehen. Gegen diesen Vorwurf ist mindestens zweierlei einzuwenden. Zum ersten existieren für einsilbige Worte unabhängige Festlegungen beider Silbengrenzen, nämlich die Wortgrenzen, die in Ein-Wort-Äußerungen zudem robuste phonetische cues aufweisen. Damit ist es vorstellbar, daß in einer Art bootstrapping-Verfahren die zu bestimmende unbekannte Sonoritätsskala bereits entscheidend eingeschränkt werden kann, wenn man die SSG möglicherweise noch unter Bevorzugung von phonetisch unzweideutig silbenkernbildenden Vokalen wie z.B. [a] - zunächst auf solche eingeschränkten Wort vorkommen mit einem einzigen Vokal anwendet. Mit der (später verfeinerbaren) Annahme, daß die so gewonnene Skala auch für wortmediale Silben gilt, kann die Sonoritätsinduktion dann auf den übrigen Daten fortgesetzt werden. Bei Mehrsilblern können immerhin noch die wortperipheren Laute bis zum nächstliegenden unzweideutigen Kernvokal Hinweise zur Sonoritätsbestimmung liefern. Dieser Vorschlag ähnelt bis auf die hier wichtige zusätzliche Abstraktion des Parameters Sonorität. aus Sequenzen von Einzellauten dem effektiven Algorithmus zum Lernen von phonotaktischen Restriktionen bei Brent, Gafos & Cartwright (1994), der brauchbare Resultate geliefert hat. Zum zweiten hat Ellison (1992) gezeigt, wie mit Hilfe eines Verfahrens zum unüberwachten maschinellen Lernen nach dem minimum message length-Prinzip (MML) diese 'Henne-Ei'-Problematik grundsätzlich gelöst werden kann. Sein Verfahren wählt eine beliebige, zufällig bestimmte Sonoritätsskala als Ausgangspunkt und silbifiziert damit per SSG einen Korpus von transkribierten Wörtern. Ergeben sich dabei durchschnittlich zu viele Silben pro Wort oder entsteht eine große Anzahl idiosynkratischer Silbentypen, so ist die Generalisierungskraft der Sonoritätsskala schwach. Dies äußert sich formal in einem hohen Kodierungsaufwand, gemessen in Bit, sowohl für die Skala als auch die silbenbasierte Rekodierung der Wörter. Eine geschickte Aufteilung von Lauten auf Klassen der angenommen Skala dagegen gestattet die häufige Wiederverwendung von wenigen Silbentypen. Dadurch sinkt im Mittel die Anzahl der postulierten Silben pro Wort, woraus sich wiederum ein geringerer Kodierungsaufwand ergibt. Ellison's Algorithmus navigiert nun per Variation der Sonoritätsskala und Recodierung des Korpus in einem abstrakten 'Aufwandsraum' auf denjenigen Punkt hin, der die optimale silbenbasierte Darstellung des Korpus darstellt und damit minimalen Kodierungsaufwand benötigt. Eine Kommunikation dieser Kodierung an einen Empfänger stellt eine Botschaft minimaler Länge dar, daher der Name minimum message length-Prinzip. Die Sonoritätsskala, die der optimalen

68 Kodierung zugrundeliegt, ist das eigentliche Lernergebnis. Ellison demonstriert die Leistungsfähigkeit seines Verfahrens anhand einer Stcihprobe von 30 Sprachen aus einem typologisch ausbalancierten Spektrum und zeigt, daß es weitestgehend linguistisch plausible Ergebnisse liefert. Allerdings ist etwa Deutsch als clusterreiche Sprache nicht im getesteten Sample enthalten. Hier sind vermutlich noch zusätzliche Probleme zu lösen, die durch überlange Cluster an Worträndern und Kompositionsfugen auftreten könnten: bei Texten mit Wörtern wie Herbststroh sind sehr viele falsche Sonoritätshypothesen vorstellbar. Das Problem liegt darin, daß Ellisons Algorithmus derzeit keine rein korpusbasierte Morphemoder Wortsegmentierung beinhaltet, mit deren Hilfe die zu betrachteten Cluster domänenrichtig aufgeteilt werden könnten. Erste Arbeiten zu diesem Problem der morphologischen Induktion, die ebenfalls innerhalb des MML-Lernparadigmas angesiedelt sind, liegen aber bereits von anderer Seite vor (Cartwright & Brent 1994, de Marcken 1996), so daß eine algorithmische Verzahnung beider Teilaufgaben versucht werden könnte. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß der Status des Sonoritätskonzepts als multiskalar phonetisch fundierte, phonologisch nützliche und einzelsprachlich lernbare Abstraktion über Sprachlauten insgesamt gefestigt erscheint, auch wenn noch Einzelprobleme zu lösen sind. Damit bewegt sich die im weiteren dargestellte sonoritätsbasierte Silbifizierung auf weit weniger schwankendem Boden als von manchen angenommen. Blevins (1995, 211) gibt konkret die von ihr als universal angenommene Sonoritätsskala in (47) an, die fein zwischen 9 Lautklassen differenziert. Insbesondere wird bei den geschlossenen Vokalen ([-low]) noch zwischen nicht-hohen und (nachrangig) hohen Vokalen unterschieden, bei den Obstruenten sind Frikative sonorer als Plosive, wobei in beiden Klassen stimmhafte Segmente höherrangig gewertet werden. (47)

stimmlose Plosive stimmhafte Plosive -C stimmlose Frikative s o n über einer partiellen (Sonoritäts-)ordnung von Segmenten wie in (48). Eine phonologische Verwendung absoluter Differenzen, wie sie etwa die Aussage 'benachbarte Onsetpositionen müssen mindestens 1.5 Sonoritätswerte Unterschied aufweisen1 impliziert (so bei Steriade (1982) für das Altgriechische), ist dagegen nicht vorgesehen. Für solche Verwendungszwecke erscheint eine mittels artikulatorischer Eigenschaften ausgedrückte phonotaktische Restriktion weit weniger abstrakt, wodurch sich dann auch das ansonsten zu lösende Problem erübrigt, wie denn solche o priori arbiträren numerischen Absolutwerte zu ermitteln wären. Deklarative Lizensierung von Silbenrollen. Die zentrale Idee der deklarativen sonoritätsbasierten Silbifizierung (kurz: SBS) besteht darin, die Sonoritätskontur aus Einzelstücken zwischen Nachbarsegmenten zusammenzusetzen, welche wiederum zu Einschränkungen der jeweils noch möglichen Silbenrollen für diese Segmente führen. Steigt die Sonorität zum rechten bzw. zeitlich späteren Nachbarn an, so ist intuitiv klar, daß nur noch ein Teil der vier Silbenrollen für beide Positionen infrage kommt: links ist zumindest ein Nukleus ausgeschlossen, rechts kann es sich nicht mehr um eine Kodaposition handeln. Im umgekehrten Fall eines Sonoritätsabfalls nach rechts kann links sicherlich keine Onsetposition vorliegen, rechts wiederum kein Nukleus. Weil 'Nachbar von' eine symmetrische Relation ist, wird eine segmentale Position von zwei derartigen Teilmengen des Rolleninventars eingeschränkt: nur noch die im Schnitt beider Mengen liegenden subsilbischen Rollen kommen für diese Position infrage. Die erwähnten Mengen können sämtlich durch propositionalen Formeln über den bereits eingeführten Variablen bzw. Merkmalen ons, cod gemäß (41) repräsentiert werden, der Schnittbildung entspricht dabei die Konjunktion von Teilformeln. Der mittlere Ausschnitt von (49) illustriert die beiden Sonoritätskonfigurationen über benachbarten Segmentpositionen und die mit ihnen assoziierten lokalen Mengenrestriktionen, ausgedrückt in logischen Formeln. Um für einen beliebigen Segmentstring eine deterministische Festlegung der Silbenrollen zu erreichen, müssen darüberhinaus noch drei weitere Maßnahmen ergriifen werden: • Den peripheren Positionen Seg. 1 und Seg. N einer sprachabhängig gegebenen Silbifizierungsdomäne - wie etwa dem phonologischen Wort im Deutschen - , denen ein entsprechender natürlicher Nachbar fehlt, wird zusätzlich und sonoritätsunabhängig eine geeignete Spezifikation aufgeprägt: in der in (49) gezeigten Festlegung werden initial alle kodahaltigen Silbenrollen ausgeschlossen, final ist keine onsethaltige Rolle zugelassen. Damit werden periphere Geminaten als gänzlich ungrammatisch klassifiziert, was etwa für das Deutsche korrekt ist. Eine hier nicht gezeigte weniger strikte Festlegung würde im Unterschied zu Walther (1995a) die peripheren Geminaten berücksichtigen, indem mit den Spezifikationen "coda bzw. "onset nur die strikte

70 (49) A Sonorität

prom:up

• cod

o

- cod ^ Seg. 1

d

/

/



/

/

/

/

/

, jO

~ ons

os

\

\

\

\

\

\

\

~ nucleus

^ Seg. i

\

\

h

o

- nucleus _. 0mns„ ~

prom:down ' Seg. i+1

^ Seg. i

^ Seg. i+1

Segment-

I position Seg. N

Koda- bzw. Onset-Silbenrolle aus den entsprechenden Positionen verbannt wird. • Für Sonoritätsplateaus, die wie in (46) etwa für Obstruenten und lange Vokale vorkommen, ist die lokale Silbifizierung bislang Undefiniert. Man kann solche Plateaus nun als Abweichungen der realen Sonoritätskontur von einem idealisierten virtuellen Verlauf interpretieren, der keine Plateaus mehr enthält und die gewünschte Silbenabgrenzung unzweideutig widerspiegelt. (Siehe Goldsmith & Larson 1990 für eine unabhängig entwickelte Unterscheidung zwischen inhärenter und abgeleiteter numerisch definierter Sonorität im Rahmen der Harmonischen Phonologie.) Die Formulierung in Walther (1992) nimmt zwei lokale Disambiguierungsstrategien für diese Abbildung reale Sonoritätsdifferenz — i > virtuelle Sonoritätsdifferenz an: (a) Fortsetzung des am der linken Nachbarposition festgestellten Sonoritätstrends, wenn der Plateau-Sonoritätswert unterhalb eines Minimalwerts M liegt und (b) Umkehrung der am linken Nachbarn festgestellten Sonoritätsrichtung ab diesem Minimalwert M. Die Fortsetzungsstrategie (a) ist insbesondere motiviert durch die Annahme, daß sich etwa wortperiphere Obstruentencluster als Ganzes im Onset bzw. der Koda befinden. Dagegen sind Silben, die lange Vokale V^iV^ enthalten, in der Regel schwer und müssen unter der Annahme eines monopositionalen Nukleus demnach eine Kodarolle für das Vokalzweitglied erhalten. Dies kann erreicht werden durch Umkehr (b) des durch die Sonoritätsdifferenz von den Onsetkonsonanten zum Nukleus definierten vorherigen Anstiegs und ergibt somit einem virtuellen Sonoritätsabfall vom Nukleus-Erstvokal Viti zum Zweitvokal der mittels der schon vorhandenen Festlegungen in (49) zur gewünschten Koda führt.

71 In Walther (1995a) wird angenommen, daß der Minimalwert ebenfalls ein sprachspezifischer Parameter ist; aus einer Studie der prosodisch gesteuerten Distribution von Schwa in Infinitiven des Deutschen wird dort gefolgert, daß M in dieser Sprache den Wert lateral erhalten muß. Zur segmentlokalen Speicherung der jeweiligen Prominenzrichtung soll hier ein bereits in (49) eingezeichnetes binärwertiges Merkmal prom verwendet werden. Fortsetzung (a) entspricht dann formal der Koindizierung benachbarter prom-Werte, Richtungsumkehr (b) korrespondiert mit Negation der Richtungswerts am Nachbarn. Natürlich muß die lokale Silbifizierung in (49) fortan durchgängig auf den virtuellen prom-Werten statt auf der realen Sonoritätsdifferenz operieren. • Sonoritätsminima, itial { n u c l e u s ,

die medial bisher noch { o n s e t ,

onset,

coda, codaonset} zuließen, in-

codaonset} und final {nucleus,

coda, codaonset} er-

laubten, müssen auf genau eine Silbenrolle eingeschränkt werden. Dies geschieht mithilfe phonotaktischer Constraints, der - oft kontextuell zu konditionierenden - lexikalischen Vorspezifikation der Geminationsmöglichkeiten für die MinimumPosition und nicht zuletzt mit Constraints, die komplexe Onsets und Kodas erlauben oder verbieten und auch festlegen, ob ein Onset obligatorisch vorhanden sein muß. Solche Constraints werden später detailliert präsentiert werden. Da im DPRahmen alles ein Constraint ist und Constraintinteraktion ausschließlich konjunktiv geschieht, muß nur auf die substantielle Richtigkeit der Einzelconstraints geachtet werden, damit sich aus deren Zusammenwirken in allen Kontexten eine korrekte und eindeutige Silbenrolle ergibt. Die Abbildung (50) illustriert das Zusammenspiel aller eingeführten Konzepte anhand der Silbifizierung von Sphäre. Mithilfe von (49) und (51) können die sich ergebenden subsilbischen Rollen leicht aus der vertikalen, konjunktiv zu lesenden Überlagerung der Teilrestriktionen abgelesen werden. Man beachte die beiden Instanzen disambiguierter Plateaus. Für die korrekte Festlegung des im medialen Sonoritätsminimum befindliche < r > kann man zwei unabhängig für das Deutsche motivierte Constraints annehmen, wie sie (51) zeigt. Sie sollen lediglich als Beispiel für die angesprochenen Constraints zur weiteren Disambiguierung von Minima dienen; auf eine ausführliche Motivierung muß an dieser Stelle verzichtet werden. SBS als deklarativer Ansatz zur Silbifizierung bietet eine Reihe von Vorteilen. Unter den vom allgemeinen DP-Rahmen ererbten Eigenschaften ragt hier besonders die Ordnungsfreiheit heraus: weil jede beliebige Ordnung zum gleichen Ergebnis führt, ist insbesondere eine psycholinguistisch plausible inkrementelle Abarbeitung von SBS zugelassen. Vorteilhaft ist auch, daß die verwendeten Einzelconstraints sehr lokaler Natur sind. Diese Lokalitätseigenschaft ist der wesentliche Grund, warum es in Walther (1995a) gelang, eine strikt lexikalisierte SBS-Ausprägung mit 'selbstsilbifizierenden' Segmentrepräsentationen zu definieren, ohne formal rekursive Konstrukte zu benutzen. Diese bieten wiederum eine geeignete Grundlage für die Ermittlung prosodischer 'Inseln', also derjenigen Teilketten innerhalb von lexikalischen Einheiten, deren Silbenstruktur aufgrund des ausreichend in-

72 (50)

ANWENDUNG VON S B S AUF

onset

onset

/ s

(51)

a.

nucleus

f

£

coda

:

onset

nucleus

r

e /

SCHWA-SlLBEN HABEN EINEN OBLIGATORISCHEN ONSET

nucleus I a Ali] b.

Sphäre

—> ons I X

Y I E

KEINE AMBISILBIZITÄT NACH KODA

coda Z X

Y

—> -cod

X = _

Für Sprachen, die lange Vokale verbieten, kann also durch lexikalische Präspezifikation der Vokale im segmentalen Inventar die Kodaposition zur 'verbotenen Zone' erklärt werden. Für viele Sprachen ist es wichtig, neben dem oft zwingend erforderlichen Onset die Komplexitätsbeschränkungen für Onset und Koda zu beachten. In der folgenden Tabelle (54) sind die zu formalisierenden Beschränkungen aus Blevins (1995, 219) aufgelistet. 23 Gibt es eine der Beschränkungen in einer Sprache nicht, so wird das entsprechende beschränkende Constraints - anders als in OT! - einfach weggelassen. (Siehe die Originalarbeit für eine ausführliche Liste der Sprachen, die alle verschiedenen Wertekombinationen instantiieren.) (54)

B E S C H R Ä N K U N G E N DER S I L B E N S T R U K T U R

a. Obligatorischer Onset b. *Komplexer Onset c. *Koda d. *Komplexe Koda

nucleus

1 m

ons Y

"> 1 1 x

Y

ons

- XiA^initial

in (54).b

f. Randeffekt final

X\ => XiA-^initial

in (54).d

Wie oben zu sehen ist, handelt es sich bei den meisten Beschränkungen um einfache implikationelle Beziehungen zwischen segmentalen Nachbarpositionen, die von den subsil22

23

Blevins (1995, 217) erfaßt darüberhinaus den ternären Längenkontrast im Estnischen und El Paraiso Mixe sowie Diphthong- und THphthongsequenzen, die hier vernachlässigt werden sollen. Auf die Wiedergabe des Parameters *Komplexer Nukleus wurde hier verzichtet, weil SBS bereits intrinsisch keinen komplexen Silbenkern erlaubt.

75 bischen Merkmalen Gebrauch machen. Das in (54).b definierte generelle Verbot von Rodas (nur CoV-Silben) entspricht einer entsprechenden prosodischen Vorspezifikation aller Elemente des Segmentinventars. Unter Randeffekten schließlich versteht Blevins (1995, 218) die häufiger attestierte Situation, daß komplexe Onsets bzw. Kodas zwar in peripherer Position zulässig sind, aber nicht medial. Die in (54).e-f definierte Modifikation (=>) der vorher definierten Anti-Komplexitätsconstraints beschränkt sich dabei auf eine Verschärfung des Antezedenten der jeweiligen Implikation um die Angabe ->initial. Diese kurze Ubersicht über parametrische Variation in SBS beschließt die Diskussion universeller Aspekte der Silbifizierung. Der nachfolgende letzte Teil der Diskussion berührt hingegen mit der Phonotaktik ein Paradebeispiel von weitgehend sprachspezifischen Beschränkungen. 3.5.4

Formale Phonotaktik

Zu Beginn eine kleine Definition: der Begriff der Phonotaktik soll hier als Bezeichnung für diejenige Menge von sprachspezifischen Beschränkungen der segmentalen Kombinatorik in der Silbe gebraucht werden, die nicht bereits aus Sonorität bzw. generischen Komplexitätsbeschränkungen ableitbar ist. Phonotaktisches Wissen ist für die Komplettierung einer Theorie der Silbifizierung wesentlich. So zeigen die nachfolgenden Beispiele anhand von Daten im Deutschen, daß es nur bei Kenntnis der Menge phonotaktisch wohlgeformter Onsets bzw. Kodas dieser Sprache gelingt, die mediale Silbengrenze korrekt zu plazieren. (55)

a.

Wid.mung, Hand.lung, Off.nung, Schrap.nell

b.

Ex.po, Trans.formator, Ans.gar

c.

Klad.de, Eb.be, Eg.ge

In allen Fällen in (55) stellt ein Obstruent das mediale Sonoritätsminimum dar. In (55.a) wird dieser von Sprechern des Deutschen normalerweise der ersten Silbe zugeordnet (*tm, tl, fn, pn]o„Set), in den Beispielen in (55.b) dagegen als Onset der zweiten Silbe aufgefaßt (*ksp, nsf, nsk]C0(ja). Schließlich zeigt (55.c) die gleichzeitige Zuordnung zu beiden Silben, was man am Ausfall der Auslautverhärtung zusammen mit dem vor Schwa obligatorisch geforderten Silbenonset erkennen kann. Zunächst soll hier eine Strategie vorgestellt werden, um kategoriell aufgefaßte absolute phonotaktische Beschränkungen in das SBS-Modell zu integrieren. Es geht dabei primär um den formalen Aspekt, nicht um eine tiefergehende Erklärung der häufig artikulatorisch motivierbaren phonotaktischen Lücken. Ein phonotaktischer Filter */X Y/ in traditioneller Schreibweise, der die Sequenz XY als nicht wohlgeformt erklärt, kann zunächst als logische Implikation X -Y formalisiert werden.24 Weil die phonotaktische Kombinatorik von Auslaut- bzw. Anlautclustern bekanntermaßen nicht gleich ist, müssen die sie kodierenden Constraints abweichend von 24

*/X Y / wird interpretiert als -i(X AY)

=

V -Y.

76

einer rein sequentiellen Darstellung aber auf Silbenrollen referieren. Man beachte, daß diese Referenz auf möglicherweise lexikalisch noch gar nicht vorhandene Silbenrollen wegen der ordnungsfreien konjunktiven Verknüpfung mit allen übrigen Constraints einschließlich der Silbifizierung unproblematisch ist. Es kommt nur auf die Widerspruchsfreiheit des Gesamt-Constraintpools an. Einige Beispiele folgen (adaptiert aus Walther 1992, 55). (56)

F O R M A L E P H O N O T A K T I K DES D E U T S C H E N

Constraint a. b.

Beschreibung

X

ons

1

XA-ions

1

son errant (consonantAsonorantA->labial) X

ons

XA-ions

-icontAalveolar

-icont

Y

i

(FRAGMENT)

i

i

1Y

Vor /n,l,tf/ im Onset nur Obstruent

Nach / t , d / im Onset nur Segmente ohne oralen Verschluß

C.

X

1

-isonorantAlabial

ons

1

nasal

->

XA -ions

1

Y

Nach /p,b,f,v/ im Onset keine Nasale

Obwohl alle Constraints nur eine Teilwahrheit über phonotaktische Wohlgeformtheit aussagen, ist ihre konjunktive Interaktion verantwortlich für die Ungrammatikalität von *tm, dm, tl, dl, fn, pn . . . }onset- Wortinital gilt, daß beide Elemente in diesen Sequenzen per SBS-Basissilbifizierung in den Onset gelangen. Sie erfüllen aber vermöge ihrer segmentalen Eigenschaften gleichzeitig den Antezedenten einer der Implikationen, wodurch sich die Ungrammatikalität als Konflikt des Konsequenten ->ons mit der von SBS zugewiesenen Silbenrolle des linken Elements manifestiert. In medialer Lage dagegen bewirken dieselben Constraints eine Disambiguierung der Silbenrolle des Erstglieds einer solchen Zweierverbindung: es kann aufgrund des Konsequenten -ions nur noch in der Koda stehen, da die SBS-Einschränkung für Sonoritätsminima als ->nucleus definiert war (vgl. (55.a)). Diese Beispielconstraints sollen stellvertretend für eine umfangreichere Menge formal analoger phonotaktischer Beschränkungen stehen, wie sie für eine gegebene Sprache auszuarbeiten wären. Interessanterweise stellt sich unter der obigen Formalisierung heraus, daß derartige implikative phonotaktische Constraints nichts anderes als ausdifferenzierte Versionen der Anti-Komplexitätsconstraints sind; man vergleiche konkret (56) mit (54).b. Dies bedeutet nichts anderes, daß zwar clusterreiche, aber phonotaktisch nicht unbeschränkte Sprachen wie Deutsch ebenfalls Constraints gegen komplexe Onsets haben, obwohl angesichts der Blevins'schen Parametrisierung das zugehörige Constraint (54).b. fehlen sollte. Angesichts dieser Sachlage liegt der Schluß nahe, daß es besser ist, allgemein eine solche graduellere Konzeption von grammatischen Einflußkräften anzunehmen - hier modelliert durch mehr und mehr ausdifferenzierte Versionen von Basisconstraints - statt von binärwertigen Parametern auszugehen. Diese Zusammenhänge verdienen eine weitere Untersuchung, die hier allerdings nicht zu leisten ist. Da die phonotaktischen Constraints allesamt oberflächentreu sind, liegen schließlich auch die Voraussetzungen für eine automatische Akquisition vor, wie sie Ellison (1992) für ähnliche phonologische Dimensionen erfolgreich erprobt hat. Auch das praktische Lernen

77 verallgemeinerter phonotaktischer Constraints aus einem Korpus kommt daher als weiter zu untersuchendes Gebiet infrage. Siehe Cartwright & Brent (1994) für erste Resultate im gleichen MML-Lernparadigma wie bei Ellison. Allerdings stellt sich die Frage, auf welche Weise in clusterreichen Sprachen wie etwa Englisch, Deutsch 25 oder Polnisch am besten Teilketten der Länge > 2 durch phonotaktische Constraints lizensiert werden sollen. Allgemein gilt nämlich, daß ohne Zusatzmaßnahmen die überlappende Konkatenation phonotaktisch wohlgeformter Zweiersequenzen sowohl tautosilbisch als auch heterosilbisch übergeneriert. Aus den wohlgeformten Sequenzen XY und YZ folgt tautosilbisch eben nicht automatisch die Wohlgeformtheit von XYZ: im Deutschen sind etwa /itn/ und / n f / im Auslaut zulässig, */trnf/ aber nicht. Bekannte Lösungsversuche an dieser Stelle sind die feinere Ausdifferenzierung von Silbenstruktur, so etwa als zusätzliche Appendixposition, oder nichtlokale Bedingungen über dem Gesamtcluster. 26 Für den heterosilbischen Fall bietet das Deutsche ebenfalls einschlägige Belege der obigen Problematik: obwohl etwa / m / eine gute Koda ist und /kK,gK,tH/ gute Onsets darstellen, sind alle Konkatenationen nicht als wortmediale Cluster im Wortschatz des Deutschen vorstellbar. Ahnliches gilt für alle CiC2Ci-Cluster. Insgesamt ist zu fragen, ob nicht mithilfe einer veränderten Charakterisierung von phonotaktischer Wohlgeformtheit eine befriedigerende Erfassung von Clustern mit > 2 Elementen möglich ist. Dabei wäre ein strikt lokales und kompositionales Vorgehen anzustreben, durch das möglichst die Annahme der Unabhängigkeit von Onset und Koda aufrechterhalten werden kann. Pierrehumbert (1992) weist nun in einer korpusbasierten Studie zu morphemmedialen dreielementigen Konsonantenclustern im Englischen nach, daß eine einzige Zusatzannahme, nämlich die der stochastischen Interpretation der Silbengrammatik, extrem erfolgreich für die adäquate Charakterisierung solcher Cluster ist: sinkt die Produktwahrscheinlichkeit der in dieser Studie aus Auszählungen wortperipherer Onset- bzw. Koda-Zweiersequenzen approximierten Einzelwahrscheinlichkeiten unter eine gewisse Schranke, so ist die entsprechende Dreierverbindung als mediales Cluster ungeeignet. Pierrehumberts Arbeit bietet also eine geeignete Leitidee für den weiteren Ausbau einer erklärungskräftigen formalen Phonotaktik. Die stochastische Interpretation phonotaktischer Constraints sollte dabei helfen, zum einen die oben erwähnte Ubergenerierung zu vermeiden und zum anderen die Annahme eines maximalen Silbentemplates überflüssig zu machen. Entsprechende Arbeiten für das Deutsche werden als Gegenstand zukünftiger Forschung angestrebt.

25

26

Deutsch hat initial maximal 3, medial 4 und final max. 5 Konsonanten pro phonologischem Wort, cf. Strumpf, e[kstr]em, (des) Herbsts. Kompositabestandteile bilden eigenständige phonologische Wörter. Walther (1992, 13) gibt die folgenden deskriptiven Zusatzbedingungen für wortfinale CiC2C3(C,|)Cluster des Deutschen an: (i) C3 ist aus / s , t / , im Ausnahmefall / t s / . (ii) Falls C4 existiert, so muß C3C4 insgesamt / s t / sein, (iii) Höchstens zwei benachbarte koronale Segmente sind zugelassen, (iv) Keine benachbarten 'identischen' Elemente sind zugelassen ( / / / und / s / sind identisch in diesem Sinne).

78

3.6

Phonologische Analyse mithilfe der neuen Geminatenrepräsentation

In den folgenden Abschnitten soll die vorgeschlagene neue Repräsentation daraufhin untersucht werden, ob und wie mit ihrer Hilfe die einschlägigen phonologischen Phänomene und Fakten zu Geminaten und ambisilbischen Elementen neu analysiert werden können. Es wird sich herausstellen, daß eine im Vergleich zu früheren Analysen stärker prosodische Konditionierung der Phänomene zutage tritt - sicherlich ein willkommenes Resultat im Lichte neuerer Arbeiten zur prosodischen Morphologie. 3.6.1

Eine asymmetrische Klassifikation prosodischer Länge

Das Inventar subsilbischer Rollen in (41) bewirkt im Zusammenspiel mit der deklarativen Silbifizierung SBS, daß eine l:l-Beziehung zwischen subsilbischen Rollen und segmentalen Positionen hergestellt wird. Abweichend von verschiedenen Auffassungen im Rahmen von multiple Zm/cmg-Repräsentationen sind nicht nur Nukleus, Coda und Onset monosegmental (wobei genau für die letzten beiden eine Wiederholung zur Darstellung komplexer Silbenränder zugelassen ist). Vielmehr vertritt auch die neue Silbenrolle codaonset bzw. ons & cod als monopositionale Kennzeichnung die Stelle von zwei segmentalen Positionen in früheren Arbeiten. Dieser Sachverhalt begründet eine asymetrische Klassifikation prosodischer Länge, wie sie in (57.a) vs. (57.b) sichtbar wird. Echte Geminaten C: codaonset

Archigeminaten C V Ci

-i codaonset

X

c

c

i

i

c

b.

Kurzsegmente C

1

Unechte Geminaten

lange Vokale

bisegmentale Diphthonge

CjCj

v,v t

v.v, X Y 1 1

X

1 Ci

Y

1 c,

X Y

11 Vi Vi

V, V,

Während in (57.a) invariante echte Geminaten durch die neue Silbenrolle charakterisiert werden, sind invariant kurze Konsonanten dadurch gekennzeichnet, daß codaonset gerade ausgeschlossen wird.27 In einem monotonen Ansatz, wie er hier angenommen wird, kann eine bezüglich Gemination alternationsfähige Konsonantenposition nur durch Unterspezifikation dargestellt werden. Die Repräsentation solcher Archigeminaten enthält also 27

In vielen Sprachen wird die Silbifizierung so parametrisiert sein, daß auch die Nukleusposition nicht für Konsonanten zulässig ist, also per Konjunktion von ~nucleus nur die Menge {onset, coda} für invariante Kurzkonsonanten übrigbleibt. Im Deutschen dagegen ist es sinnvoll, silbische Konsonanten zuzulassen, um der erwähnten dominanten Realisierungsvariante von Schwa/0-Alternationen phonologisch gerecht zu werden.

79 keine prosodische Vorspezifikation (Variable X in (57.a)), sodaß zumindest die Silbenrollen {codaonset, onset, coda} zugewiesen werden können. 28 Zusätzliche einzelsprachliche morphologische oder phonologische Constraints werden in der Regel dafür sorgen, daß ein Morphem mit Archigeminaten in der Gesamt-Wortform nicht eine freie Alternation bezüglich Gemination aufweist. Damit zeigt sich hier erneut die Restriktivität eines monotonen Rahmens: in Ansätzen, die informationszerstörende Operationen zulassen, gibt es darüberhinaus prinzipiell immer auch die Möglichkeit, eine vorhandene Gemination rückgängig zu machen. Zusammen mit der gewöhnlich ebenfalls zugelassenen Option der Unterspezifikation entsteht so aber eine empirisch unmotivierte analytische Freiheit, die ein klares Artefakt solcher Ansätze darstellt. In (57.b) sehen wir dagegen diejenigen Repräsentationen, die wegen der Beschränkungen des subsilbischen Inventars zwei prosodische Positionen verlangen. Bekanntermaßen können in unechten Geminaten beide segmentalen Bestandteile unabhängig Alternationen unterworfen sein: so wird etwa in Tigrinya, das eine Spirantisierung nicht-gutturaler stimmloser Plosive nach Silbennukleus zuläßt, aus / b a r e k ~ \ / + / k a / [bare^ka] 'segnen' (lsg.perf.). Damit muß wegen Monotonizität von zwei Positionen ausgegangen werden. Lange Vokale und bisegmentale Diphthonge machen crosslinguistisch häufig die sie enthaltende Silbe schwer. In SBS wird dies als Reflex einer prosodischen Rollenteilung gedeutet: der erste Bestandteil stellt den obligatorisch monopositionalen Silbennukleus dar, der zweite ist Erstglied der Silbencoda. Silbenschwere entspricht also in SBS dem Vorhandensein einer Coda. Weil das Inventar keine weiteren komplexen Rollen wie nucleuscoda o.ä. vorsieht - nach (41) gilt ja *(nucleus & coda), die Einführung solcher Rollen mithilfe zusätzlicher Merkmale würde Symmetrie und Minimalität der Merkmalszerlegung zerstören - ergibt sich auch hier folgerichtig eine bipositionale Analyse. Lange Vokale unterscheiden sich dabei von bisegmentalen Diphthongen lediglich dadurch, daß die Merkmalsidentität des segmentalen Gehalts beider Positionen auch formal durch Koindizierung ausgedrückt wird (cf. 2 x Vi). Gibt es Diphthongisierungsprozesse in einer Sprache, so muß die Koindizierung allerdings fakultativ sein, wobei die für die Alternation verantwortlichen Constraints dann dafür zu sorgen haben, welche Alternante in welchem Kontext lizensiert ist. Längenalternationen bei Vokalen müssen ganz analog auf Fakultativität einer der beiden Vokalpositionen abgebildet werden, wobei bei Nicht-Diphthongen in der Regel die Wahl von Erst- oder Zweitglied freigestellt ist, während der empirische Befund bei Diphthongen normalerweise vorgibt, welcher Vokalbestandteil mit Null alterniert. 29 Diese crosslinguistisch nicht ganz seltene Alterabilität von langen Vokalen ist auch für Selkirk (1991) der Grund, eine strikte formale Äquivalenz zwischen langen Vokalen und 28 29

Die Bemerkungen der vorherigen Fußnote gelten sinngemäß. Müssen dagegen prosodische Invarianten berücksichtigt werden, die allen Alternanten gemeinsam sind, kann die analytische Wahl nicht-arbiträr werden. Dies ist dann der Fall, weiln die die Invarianz abbildenden Constraints wie z.B. 'mein rechter Nachbar muß die Codarolle tragen' strikt-lexikalistisch am elegantesten an einer ausgezeichneten Vokalposition plaziert werden können, für das genannte Beispiel-Constraint also etwa an der ersten Vokalposition. Als mögliche Instanz könnte ein von Prince (1984) identifizierter Kontext im Finnischen dienen, in welchem Kurzvokale getilgt und Langvokale gekürzt werden.

80 Geminaten abzulehnen: sie verhalten sich empirisch zu unterschiedlich. Allerdings hält auch Selkirk bekanntlich an der Zwei-Positionen-Analyse von Geminaten fest. Kenstowicz (1994) gibt nun ein klares Beispiel aus dem Tiberischen Hebräisch, einem ausgestorbenen Dialekt des Biblischen Hebräisch, dafür an, warum die hier abweichend vorgenommene asymmetrische Klassifikation von echten Geminaten gegenüber langen Vokalen zumindest weiterer Motivation bedarf: es gibt Austauschrelationen (compensatory lengthening) zwischen benachbarten Vokalen und Konsonanten, die scheinbar nur dazu da sind, die Invarianz prosodische Länge zu garantieren. Die adäquate Behandlung solcher Austauschrelationen darf mit Fug und Recht als Eckstein jeder formalen Theorie prosodischer Länge betrachtet werden. Es ist also zu fragen, ob die monopositionale Konzeption von Geminaten hier eine natürliche Analyse liefert. Zur Illustration betrachte man die Daten in (58) (nach Kenstowicz 1994, 44f., außer (58.e) von Berhane 1991): a.

seefer 'Buch', melex 'König', ?iij 'Mann', laam 'Volk', hodej" 'Monat'

b.

ha(a)- (definiter Artikel)

c.

hasseefer, hammelex

d.

haa?iij', haalaam

e.

hahodc]', *haahode/

Während ein präfigierter definiter Artikels bei Stämmen, die nicht mit einem Guttural anfangen, den ersten Stammkonsonanten geminiert (58.c), bewirken gutturalinitiale Stämme eine Längung des Präfixvokals. Dies hängt mit einem Geminationsverbot für Gutturale zusammen, das generell in der Sprache wirksam ist und auch in einigen anderen semitischen Sprachen angetroffen werden kann. Man beachte allerdings, daß die Vokallängung vor Gutturalen nicht ausnahmefrei ist (58.e). Kenstowicz (1994, 44f.) skizziert eine Analyse der Daten in (58) im Rahmen der CVPhonologie (Clements & Keyser 1983), die hier in etwas ausführlicherer Form vorgestellt werden soll. Die Kernidee in (59) ist - gemäß des restringierten morphologischen Kontexts - die Repräsentation des Präfixes mit einer leeren prosodischen Position (haX), die durch Assoziationsausbreitung (spreading, graphisch x Y ) n a c ^ rechts die geminierten Formen bewirkt (59.a). Blockiert dabei allerdings der Anti-Geminationsfilter für Gutturale (59.c), so wird durch Assoziationsausbreitung nach links die gewünschte Vokallängung erzeugt (59.b). Auf den ersten Blick macht diese Analyse somit die Uniformität prosodischer Länge über Vokale und Konsonanten hinweg sehr plausibel: dieselbe X-Position, bezüglich [±cons] unterspezifiziert, wird einmal von der linken Hälfte der entstehenden Geminate gefüllt, bei Gutturalen aber von der rechten Hälfte des Präfixvokals. Auf den zweiten Blick ergeben sich allerdings eine Fülle von Fragen: Warum gerade Assoziationsausbreitung? Warum nicht etwa Einsetzung eines Defaultkonsonanten für X in (59.b), durchgängiger Ausfall der Gemination ohne Vokallängung in (59.b) (wie in (58.e)!) oder schlichte Ungrammatikalität von (59.b) mit Ausgleich durch eine suppletive Variante des definiten Artikels? Wenn schon Assoziationsausbreitung, woraus folgt

*X

X guttural

dann genau die Defaultrichtung nach rechts sowie die Möglichkeit einer Richtungsumkehr bei Filterblockierung (und führt diese Festlegung nachweisbar nicht zu Konflikten in anderen phonologischen Phänomenen der Sprache)? Warum nicht etwa Überschreiben des gutturalen Stammkonsonanten mit einem (Default-)Nichtguttural in (59.b), uniforme Vokallängung auch in (59.a) im Sinne eines paradigmatischen Ausgleichs oder uniforme Gemination trotz Gutturalfilter in diesem spezifischen Kontext? (Letztere Möglichkeit wird in Tigrinya instantiiert: die generell verbotene Gemination von Gutturalen findet in Imperfekt-Passiv-Verbformen statt, wenn eine y / C r a i , 1 .C suttur ai,i -62 -Wurzel den Stamm bildet; cf. Berhane 1991, 66.) Die genannten Optionen zur Konfliktlösung sind alle in Sprachen der Welt attestiert und auch allesamt in einem derivationellem Paradigma modellierbar. Das Problem ist, daß keine Theorien bekannt sind, die systematisch die Auswahl einer Option für ein gegebenes Phänomen voraussagen können. Beim derzeitigen Kenntnisstand erscheint es daher vor allem aus wissenschaftsmethodologischen Gründen (Prinzip des Epikur, Asmis 1984) sinnvoll, von globalen Mechanismen wie Assoziationsausbreitung abzusehen, solange nicht eine Theorie über ihre Beschränkbarkeit vorliegt. Mit anderen Worten: es empfiehlt sich hier eine präzisere repräsentationeile Lösung, die auf oberflächentreue Weise direkt die beobachteten Alternationen und ihre Konditionierung im lexikalischen Eintrag von ha- festlegt. Dazu trägt entscheidend eine weitere Beobachtung bei, die in der CV-Analyse in (59) ebenfalls nicht ausgedrückt ist: in allen ha+Stamm-Formen ist die erste Silbe schwer. g u t t u

Damit sind die nötigen Zutaten für die Alternativanalyse in (60) ermittelt. In (60.a) wird / h a / von einer optionalen zweiten Vofca/position gefolgt, deren segmentaler Gehalt mit dem invarianten ersten Vokal identisch ist (symbolisiert durch Koindizierung El). Weiterer Bestandteil der Repräsentation ist die lexikalische Vorspezifikation mögli-

82 (60)

a.

x

A A)

A h

b

{cod

Y

aAE

U

-icodaonset ?VlVh

eher Silbenrollen der dritten segmentalen Position von links auf cod, welche nur {coda, codaonset} lizensiert und damit direkt die Beobachtung zur Silbenschwere kodiert. Der Anti-Geminationsfilter findet sich, auf die monopositionale Geminatendarstellung angepaßt, in (60.b); auf eine adäquate Merkmalszerlegung von Gutturalen wird hier verzichtet. Während die meisten Segmente bezüglich ihrer prosodischen Rolle maximal unterspezifiziert sind, sind Gutturale also bereits per lexikalische Festlegung eingeschränkt. Mithilfe der sprachweiten Hintergrund-Constraints zu obligatorischen Onsets, nichtkomplexen Onsets und Kodas zusammen mit SBS und der inkrementellen Optimierung von Kapitel 4 ergibt sich dann das korrekte Alternationsverhalten wie im folgenden dargestellt. Bei Konkatenation der /ha/-Beschreibung mit einem Stamm vom Typ /seefer/ wird der Initialkonsonant der letzteren aufgrund der Präfixspezifikation auf cod eingeschränkt, wegen der Forderung nach obligatorischem Onset kommt ons hinzu, sodaß sich die Silbenrolle ons t cod und damit eine echte Geminate ergibt. Die Alternative, nämlich mit haadie Option einer realisierten vokalischen Zweitposition zu wählen, wird durch die inkrementelle Optimierung fakultativer Strukturen als weniger optimal bewertet. Sie könnte hier aber auch ohne Optimierung durch eine Zusatzspezifikation der fakultativen Position ausgeschlossen werden, durch die bei Realisierung ein rechtsadjazenter Guttural gefordert wird. Bei Stämmen vom Typ /?ii.f/ hingegen muß die zweite Vokalposition realisiert werden, da die Konjunktion von ons & cod mit der Negation von codaonset als Bestandteil der Gutturalrepräsentation inkonsistent ist. Es dürfte aus (60) unmittelbar deutlich werden, daß die vorgeschlagene Alternativanalyse nicht komplexer als die CV-Lösung ist, insbesondere bei Berücksichtigung der in Kenstowicz (1994) offengelassenen Zusatzmechanismen zu Assoziationsausbreitung. Es ließ sich eine nicht-positionale Invariante finden, nämlich die uniforme Silbenschwere der ersten Silbe. Die hier vorgestellte Analyse postuliert eine V/0-Alternation im Präfix anstatt der V/C-Alternation der X-Position in der CV-Lösung. Dies erscheint plausibler, da die CV-Analyse ein uniformes phonetisches Timing der X-Position suggeriert. Es ist aber mit den phonetischen Befunden aus lebenden Sprachen höchst unwahrscheinlich, daß sich ein Langvokal von einem Kurzvokal um genau die gleiche Anzahl von Millisekunden unterscheidet wie eine Geminate von einem Kurzkonsonanten. Insofern weist die Analyse in (60), die keine symmetrische Längung des Vokals suggeriert, den Vorteil eines geringeren Abstand zwischen phonologischer Repräsentation und phonetischer Realisierung auf. Nicht zuletzt sind mit der überschaubaren DP-Formalisierung von (60) alle beteiligten Mechanismen transparent gemacht und bezüglich ihrer Interaktion problemfrei; das von Scobbie (1991b) identifizierte notorische Interaktionsproblem bei der Kombination von he-

83 terogenen Objekten - hier Repräsentationen, (Ausbreitungs-)Regeln und Filtern - bedarf dagegen in der CV-Analyse noch einer situationsspezifischen Lösung. Der zusammenfassende Schluß lautet, daß Austauschrelationen zwischen Vokalen und Konsonanten keinen Beleg dafür darstellen, daß prosodische Länge uniform bipositional repräsentiert werden muß. Vielmehr hat das hier vorgeschlagene Modell einer asymmetrischen Klassifikation ausgehend von der monopositionalen Darstellung von Geminaten das Augenmerk auf bisher vernachlässigte alternative prosodische Charakterisierungen von phonologischer Länge gelenkt. Nicht existierende Typen von Geminaten. Bewußt ausgelassen wurden sowohl in der Übersicht in (57) als auch im deskriptiven Uberblick von Abschnitt 3.2 ein weiterer Typen von segmentalen Konfigurationen, die in der Literatur verschiedentlich unter die Rubrik 'Geminaten' eingeordnet wurden. Es sind dies die sogenannten Ferngeminaten (engl, long distance geminates), die insbesondere für die Analyse von biradikalen Wurzeln in semitischen Sprachen postuliert wurden (McCarthy 1979, Schein & Steriade 1986). Hier soll kurz auf dieses (Schein-)Phänomen eingegangen werden. Unter Ferngeminaten verstehen die Befürworter dieses Konzepts eine Gruppe von > 2 identischen Segmenten, die durch anderes segmentales Material voneinander getrennt sind, für die aber trotzdem eine gewisse nicht-arbiträre Zusammengehörigkeit postuliert wird. Ferngeminaten wurden unter Zuhilfenahme einer multiplanaren Dekomposition der Segmentschicht als Mehrfachassoziation über die intervenierende Segmentkette hinweg repräsentiert. (61) zeigt dazu Daten eines Sprachspiels, das im Hijaazi-Dialekt des Arabischen in Saudi-Arabien vorkommt (Daten von Kenstowicz 1994, 408ff, nach Al-Mozainy 1982): (61)

a.

madad-na '(sich)strecken' (lpl.past), damam-na, *mamad-na, *dadam-na, *damad-na, *madam-na

b.

maddad-na '(k.A.)', dammam-na

c

-

m C

d V

C

V

C

84 Während für die hier nicht gezeigten Stämme mit mehr als zwei Wurzelkonsonanten unter dem in (61) angewandten Sprachspiel 'Permutiere Wurzelkonsonanten' 30 alle N! Möglichkeiten grammatisch sind, zeigen die sogenannten Biliterale starke Einschränkungen: sowohl nichtgeminierte Formen (61.a) wie auch medial geminierte (61.b) zeigen nur 2! = 2 grammatische Permutationen statt der bei einer triliteralen Analyse zu erwartenden 3! = 6 Formen. Letztere Zahl gilt auch für medial geminierte Triliterale, die unter einer •V/C1.C2.C2.C3 -Analyse mit unabhängig permutierbaren identischen C2's ansonsten 4!/2 = 12 Formen erwarten ließen. Diese Daten werden von Kenstowicz als Beleg für die Mehrfachassoziation sowohl von einfachen wie auch von Ferngeminaten gewertet. Diese Wertung ist allerdings aus mehrfacher Sicht problematisch. Zum einen nimmt auch Kenstowicz (1994, 413) ein universelles Uniformity Constraint an, nach dem eine merkmalswertändernde Regel auf ein Merkmal F nur angewandt werden darf, wenn alle mit F assoziierten Positionen der skeletalen Schicht dem geforderten Regelkontext genügen. Es zeigt sich aber, daß in semitischen Sprachen häufige segmentale Änderungen so applizieren, als gäbe es keine Ferngeminaten. Ein solcher Fall ist die postgutturale Absenkung (guttural lowering, etwa Tigrinya /?eser/ 'in Ketten legen' —» [?aser], Schein & Steriade 1986, 737). Sie erfaßt nur den ersten von zwei vorgeblich fernassoziierten Vokalen, die laut Theorie eigentlich das gleiche segmentale Schicksal erleiden müssten. Zudem dürfte die Regelanwendung wegen des Uniformity Constraint normalerweise überhaupt nicht möglich sein, da der zweite Vokal nicht uniform postguttural ist. Interessanterweise hat laut Kenstowicz (1994, 409) der dem Sprachspiel zugrundeliegende arabische Dialekt ebenfalls eine Regel, nach welcher der Vokal in offenen Silben (im Stamm) zu / i / angehoben wird, falls kein Guttural die Silbe flankiert. Da eine Folge von offener und geschlossener Silbe regulär den Stamm von Triliteralen in den Beispielen des Sprachspiels bildet (difai-na ~ fidai-na usw.), tritt das erwähnte theorieinterne Problem ebenfalls auf. Zum anderen bewirkt postvokalische Spirantisierung 31 keinen Alternationsausfall bei einem homorganen Obstruenten, der von der entsprechenden nicht-spirantisierbaren Geminate durch einen Vokal getrennt ist (Biblisches Hebräisch /sib:e:b/ —> [sibieiß], Tigrinya /rak'ii/k'/ —> [rak':i\'], Schein k Steriade 1986, 737f.). Auch hier verhält sich also das fragliche Segment eher wie eine unabhängige Kopie. Da das Zweitsegment der mittleren Geminate ( / b b / bzw. /k'k'/) nicht postvokalisch ist, dürfte constraintgemäß wiederum überhaupt keine Spirantisierung zu beobachten sein: alle drei Positionen sollten ja zu einer Ferngeminate verknüpft sein. Dieses Dilemma zeigt offensichtlich eine Inkonsistenz in den theoretischen Annahmen auf. Schein & Steriade (1986, 738) versuchen, die Annahme von Ferngeminaten aufrechtzuerhalten, indem sie einen Derivationsschritt postulieren, in wel30

31

Kenstowicz (1994, 409) weist anhand eines Paradigmas mit binyan-spezifischem infigierten / t / überzeugend nach, daß das Sprachspiel tatsächlich nur die Wurzelkonsonanten betrifft: / t / tritt hier konstant als Onset der zweiten Silbe in allen Permutationen auf. Siehe auch das nicht permutierende Flexiv -na in (61). Hier wird der Einfachheit halber die in der bisherigen Literatur angegebene Kontextcharakterisierung verwendet. Sie wird später für das Tigrinya revidiert.

85 chem Ferngeminaten in Einzelkopien aufgelöst werden (tier conflation, McCarthy 1986). Diese inhärent prozedurale Lösung unter Verwendung destruktiver Assoziationsersetzung erscheint aber als wenig überzeugendes Wendemanöver in einer theoretischen Sackgasse, es stünde in einer constraintbasierten, nicht-derivationellen Konzeption erst gar nicht zur Verfügung. Scobbie 1991b, 143-149 liefert im übrigen einige weitere Argumente gegen Ferngeminaten inklusive einer umfangreichen Reanalyse des Chaha-Beispiels, das bei Schein & Steriade doch noch zur Ehrenrettung von Ferngeminaten dienen soll. Die angesichts dieser Schwierigkeiten naheliegendere Aufgabe des Uniformity Constraints bzw. seiner Varianten läßt andererseits die Frage nach der adäquaten Behandlung von Geminateninalterabilität neu aufbrechen und wird daher von Schein & Steriade bzw. Kenstowicz verständlicherweise nicht diskutiert. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der engen Verzahnung von Ferngeminaten mit einer theoretischen Erklärung der extremen Seltenheit von \/C\.C\.Ci -Wurzeln gegenüber ihren \JC\.Ci.Ci -Zwillingsschwestern, wie sie (McCarthy 1981) für das Arabische entwirft. Wurzelkonsonanten werden dazu auf einer separaten autosegmentalen Schicht angeordnet und von links nach rechts mit einer Sequenz skeletaler Positionen assoziert, welche den Silbenaufbau widerspiegelt. Dabei verbietet das sogenannte Prinzip der Obligatorischen Kontur (OCP) adjazente identische Wurzelkonsonanten, erzwingt somit für biliterale Wurzeln die entsprechenden Ferngeminaten via Assoziationsausbreitung. Es ist leicht ersichtlich, daß auf diese Weise aus dem Input / C i C 2 / und einer skeletalen Sequenz wie /CVCVC/ niemals \fC\.C\.Ci -Wurzelformen abgeleitet werden können. Es ist allerdings legitim, zu fragen, wie es um die empirische und explanatorische Adäquatheit dieses weithin akzeptierten Erklärungsversuchs zu einer bedeutenden Asymmetrie im Inventar semitischer Wurzeln bestellt ist. Falls sich die eben skizzierte Analyse bei genaueren Hinsehen nicht halten ließe, wäre ein zweites fundamentales Standbein von Ferngeminaten-Analysen infrage gestellt. Genau dies wird aber in einer bemerkenswerten Arbeit von Pierrehumbert (1993) nachgewiesen. Sie zeigt an einem umfangreichen Korpus triliteraler Wurzeln des Arabischen zunächst, daß es statistische Subregularitäten gibt, die weder dem Muster der einfachen distributionellen Asymmetrie von oben [*\/C\.C\.Ci , \\/C\.Ci.Ci ) noch den in der Literatur angegebenen Verfeinerungen etwa zum Verhalten der Koronale entsprechen. So ist die Seltenheit von Wurzeln mit 'Fernähnlichkeiten' wie \/C\ .C'2.Ci unter adjazenzbasierten OCP-Analysen vollkommen überraschend, zumal es Fälle gibt, in denen C2 nicht durch Unterspezifikation für Zwecke des OCPs transparent gemacht werden kann. Es gelingt Pierrehumbert dann, aus einem graduellen Ähnlichkeitsmaß über konsonantalen Merkmalsmatrizen ein Modell abzuleiten, welches der Struktur dieser Subregularitäten Rechnung trägt. Im Kontrast zu einer autosegmentalen Konzeption geht die Distanz zwischen den mehr oder weniger ähnlichen Konsonanteninstanzen direkt in die Bewertung ein. Die Bedingungen, unter denen (Nicht-)Ähnlichkeit über eine gewisse Distanz festgestellt werden kann, werden anhand von Studien zu allgemeinen Fähigkeiten des perzeptuellen Systems beim Menschen plausibel gemacht. Mit anderen Worten: Pierrehumbert hat ein graduelles OCP-Konzept entworfen, das systematisch in der Lage ist, die in obigem Modell unerklärlichen Subregularitäten zu begründen. Wegen

86 der Verbindung zur Perzeption ist die kausale Erklärungskraft ihres Ansatzes ungleich höher einzuschätzen. Die Stärke ihrer Analyse besteht angesichts der in distributionellen Aussagen stets enthaltenen impliziten statistischen Annahmen außerdem darin, diese explizit und für die analytische Modellierung praktisch nutzbar zu machen. Mit Buckley (1993) existiert im übrigen eine methodisch gleich gestaltete Studie für das Tigrinya, die die Resultate von Pierrehumbert systematisch repliziert. Sämtliche Erklärungsversuche müssen sich allerdings zusätzlich der Tatsache stellen, daß Ausnahmen zur festgestellten distributioneilen Tendenz in semitischen Sprachen durchaus existieren. So führt Berhane (1991, 166f.) eine Tabelle mit 47 (!) \ZC\.Ci-C\ -Verben des Tigrinya auf (z.B. /t'et'eme/ 'essen', /rereje] 'den Hof machen', /k^ek^ieie/ 'die Ohren säubern'), weitere Ausnahmen existieren etwa im Neuhebräischen (z.B. /mim e / / 'realisieren'). Diese gilt es selbstverständlich zu repräsentieren. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß die Annahme von Ferngeminaten mehr Probleme aufwirft als sie löst. Insbesondere ist eine besonders am Arabischen motivierte automatische und kategoriell-absolute Zusammenfassung von Konsonanteninstanzen zu Ferngeminaten via OCP nicht gerechtfertigt. In dieser Arbeit wird konsequenterweise davon ausgegangen, daß Ferngeminaten keine theoretischen Konstrukte der Phonologie sind. Eine wirkliche Parallelität zu den Eigenschaften echter Geminaten besteht nicht, sie sollte daher auch nicht formal reflektiert werden. Damit ist beim derzeitiger Kenntnisstand auch für die Darstellung von Biliteralen und ihren Permutationsmöglichkeiten im Sprachspiel eine konstruktions- bzw. klassenspezifische Lösung die plausiblere. Die hier alternativ vorgeschlagene Repräsentation von Biliteralen wie maddad/madad zeigt (62): (62)

X Ci

codaonset/onset C 2 A [D

Y E

Obwohl formal drei Konsonanten zur Repräsentation gehören,32 sind die vorletzte und letzte Konsonanteninstanz einer biliteralen Wurzelform koindiziert und damit bezüglich 32

Es lohnt sich, darauf hinzuweisen, daß Biliterale entgegen der Namensgebung völlig parallele Oberflächenformen zu Triliteralen zeigen, wie auch Kenstowicz (1994, 409) bemerkt. Die von ihm dennoch identifizierten minimalen Abweichungen bei manchen Formen mit vokalisch anlautenden Flektionssuffixen - Elision des letzten Stammvokals im Unterschied zu seiner Realisierung in triliteralen Formen, vgl. katab-a 'schreiben' (3sg.mask.perf.) versus mad0d-a 'strecken' (3sg.mask.perf.) können durch zusätzliche Constraints erfaßt werden, etwa dergestalt, daß C'2 bei Triliteralen im Onset sein muß, bei Biliteralen aber nicht (nebst einer Minimierung silbenstrukturell nicht geforderter Stammvokale, cf. Kapitel 4). Interessant ist, daß sich bei analogen Abweichungen im Tigrinya immer auch eine freie Alternation mit einer zu echten Triliteralen konformen Form findet: etwa te-naziz-a 'vergeben' (2sg.fem.pl.kaus.imperfekt) versus te-nazSSz-a oder ?a-sid

X I spread.glottis

Empirisch kann nicht zwischen der in (63) gezeigten Angabe "ons (= {nucleus,coda}) und der spezifischeren Alternative coda (= "ons & cod) unterschieden werden. Beide Angaben schließen korrekt die ambisilbische Position aus und modellieren damit wie gewünscht das inalterable Verhalten. Eine etwas andere Kontextangabe ist für die Spirantisierung im Semitischen notwendig. Da die betroffenen postvokalischen Segmente sowohl im Onset wie auch in der Koda stehen können (cf. Tigrinya bare.x-e vs. barex.-ka), muß hier die prosodische Einschränkung zu "codaonset (= "ons ; "cod) gewählt werden, damit Geminaten inalterabel sind. 34 Die Kodierung von Inalterabilität durch spezifischere Kontexte zeichnet 33

Es scheint, daß ein wichtiger Zusatzfaktor zur Perzeption der Zweisilbigkeit bei mahnen die starke FgSenkung im Bereich der (unbetonbaren!) 'Schwa'silbe ist, oft sogar mit zusätzlicher Laryngealisierung. Dieser Faktor ist im einsilbigen Gegenstück (Wolf) Mahn deutlich weniger ausgeprägt.

90 im übrigen auch den Vorschlag von Scobbie (1991a), Scobbie (1993b) aus, allerdings wie bereits erwähnt in Rahmen eines multiple linking-Ansatzes. In dem hier vorgeschlagenen Modell ist ein damit einhergehendes Sharing-Constraint ä la Scobbie dagegen überflüssig. Die o Integrität von Geminaten folgt hier bereits aus deren monosegmentaler Natur: da sich die Monotonieeigenschaft des formalen Rahmens auch auf die Information 'eine Position' erstreckt, kann es in einem solchen Rahmen keine destruktiven Prozesse geben, die echte Geminaten aufspalten könnten. Anders ausgedrückt ist die tiefere Ursache für Geminatenintegrität nach dem hier verteidigten Modell in der Informationsintegrität zu finden. Als letzte Bastion einer Zwei-Positionen-Analyse von Geminaten kann vielleicht der o Ubergang von unechten in echte Geminate gelten: zeigt sich nicht hierin besonders klar, daß die Invariante bei solchen Fällen in den anzunehmenden zwei prosodischen Positionen steckt? Als Illustration für einen solchen Fall betrachte man das Paradigma in (64), das Possessiv-Nominalformen im Tigrinya zeigt (Daten nach Kenstowicz 1982, 118).35

lsg. 2sg.m. 2sg.f. 3sg.m. 3sg.f. lpl. 2pl.m. 2pl.f. 3pl.m. 3pl.f.

'Esel (pl.)' ?a?dug-ej ?a?duk-ka ?a?duk-ki ?a?dug-u ?a?dug-a ?a?dug-na ?a?duk-kum ?a?duk-kin ?a?dug-om ?a?dug-en

'Kasten' sandukx'-ej sanduk-ka sanduk-ki sandukx'-u sandukx'-a sanduk\'-na sanduk-kum sanduk-kin sandukx'-om sanduk\'-en

'Kalb' mira\-ej mirax-ka mirax-ki mirax-u mirax-a mirax-na mirax-kum mirax-kin mirax-om mirax-en

Kenstowicz nimmt in seiner Analyse an, daß hier eine komplette (progressive) Assimilation der auf den Velaren /g,k'/ endenden Nominalstämme mit /k/-initialem Possessivsuffix vorliegt: seine Regel {g, k'} 0 / k tilgt allerdings den Velar auf der segmentalen Schicht. Dieser Schritt wird gefolgt von einer nicht näher spezifizierten Reassoziation der zurückbleibenden C-Position mit dem stimmlosen velaren Plosiv, der dadurch geminiert erscheint. Der Ausfall der Spirantisierung von nicht-stimmhaften velaren Plosiven in Geminatenposition, in (64) ebenfalls zu sehen, wird bei Kenstowicz auf ein parametrisiertes 34

35

Die relative Komplexität der diskutierten Typformeln ist ohne die Wahl einer geeigneten Normalform mit dazugehöriger numerischer Bewertung Undefiniert; jedes derartige System von Markiertheitskonventionen ist zu einem gewissen Grad willkürlich. Daher sollten hier keine weitreichenden Schlüsse aus der im Text gewählten Darstellung gezogen werden, insbesondere was das Auftauchen einer Disjunktion in der letzten Formel angeht. Die an die IPA-Konventionen angepaßte Darstellung ist wie folgt gegenüber Kenstowicz modifiziert: 'a' wird zu 'i', 'a' zu 'e', 'y' z u T> die spirantisierten ejektiven Velaren werden affrikatisiert und uvular dargestellt. Die bipositionale Notation von Geminaten wurde dagegen übernommen.

91 O C P zurückgeführt, darin Leben (1980) folgend. Dieser Ausfall begründet auch, warum man annehmen muß, daß tatsächlich echte Geminaten vorliegen. Zur Vorbereitung einer Alternativanalyse sind nun drei Beobachtungen wesentlich, die sich aus den Oberflächenformen in (64) herauslesen lassen: (i) die Silbe vor den /kV(C)/Suffixen ist im Assimilationsfall immer durch einen stimmlosen Konsonanten geschlossen, (ii) Geminiert und damit inalterabel werden nur velare Obstruenten, deren Glottisspezifikation von spread.glottis differiert, (iii) Bei monopositionaler Repräsentation von Geminaten spiegelt sich in den Daten eine Änderung der Zahl der Segmentpositionen wieder, d.h. einer der beteiligten Velare muß fakultativ sein. Die Beobachtungen (i) und (iii) fließen unmittelbar in die hier angenommene Repräsentation des Suffixes in (65.a) ein. Die dort sichtbare X/Y-Alternation kodiert dabei die Bedingung 'genau dann, wenn /k/ weggelassen wird, ist links von der Suffixvokalposition ein stimmloses Kodaelement'. Das Morphemgrenzensymbol bezeichnet dabei nur die Konkatenations'fuge', links davon notierte Restriktionen betreffen also bereits das letzte Stammsegment. Es erscheint im übrigen generell sinnvoll, die funktionale Last derjenigen Elemente zu maximieren, die einer geschlossenen Klasse angehören. Dieses Meta-Prinzip erleichtert hier die Festlegung, welcher der beiden beteiligten Velarpositionen als optional zu charakterisieren ist. (65)

ANALYSE VON (64) a.

Suffix:

b.

/g~ki/: -icodaonset i glottis

c.

: (-•spread.glottis

A

constricted-glottis)

/ k'~k:/:

/k~x/:

-icodaonset glottis d.

:

-icodaonset

I constricted-glottis

glottis

i spread-glottis

:

Assimilation:

X

Y

c-place : CO cjplace : 13

X

Y

glottis

: H] glottis



Zweiter wesentlicher Bestandteil der Analyse sind adäquate Glottisspezifikationen der beteiligten Velare (ii). Das stimmhafte /g/ (~ - stark keine Funktion wäre. Während Wörter mit konstanter schwacher Stufe zugrundeliegend durch die entsprechenden Segmente repräsentiert werden können, sollen Exemplare wie muki ~ mukin 'Becher' mit invariant starker Stufe als Ausnahmen von der Regel gekennzeichnet werden (vermutlich durch ein [-SW-Regel]-Merkmal auf Morphemebene). Kehrein teilt im Gegensatz zu Vainikka aus den erwähnten Produktivitätsgründen die SW-Regel in zwei Teilregeln auf, die (73.a) und (73.b) zeigen. Dies ist hier sicher der richtige Schritt, da die bei Vainikka intendierte Ausdehnung der Anwendbarkeit von (73.a) auch auf die Fälle von Geminatenreduktion (pp ~ p etc.) wegen der notwendigen Assoziation des ArtikulationsartMerkmalsbündels [—cont, — son] mit zwei C-Positionen (von denen nur die rechte im Regelkontext erwähnt wird) gegen das Linking Constraint (Hayes 1986) verstößt, wie die Autorin selbst bemerkt. Auch sonst kann die Regel nur unter spezifischen Zusatzannahmen zum Funktionieren gebracht werden (siehe Vainikka 1988 für Details).

44

der rein segmentalen Formulierung GRAD = (V:=) ( " + " i ( " ) " ) $ abweichend die silbenbezogenen Bedingungen berücksichtigt. Das Ergebnis GRAD = (V:=) ( " + " i ( " ) " ) [C C I C # I $] zeigt aber lediglich eine extensionale Aufzählung der zulässigen Silbentypen in ihrer segmentalen Realisierung; ohne Silbifizierung und echte Referenz auf Silbenbestandteile muß ein solcher Versuch unbefriedigend bleiben. Die Kurzanalyse von Selkirk (1990), Selkirk (1991) differiert in punkto Regel von Vainikka nur in der Charakterisierung des rechten Regelkontexts als bimoraische Silbe und der vom Linkskontext unabhängigen Zuweisung des Merkmals [+son] an den Regelfokus: [+son]i a [[-cont]2 [i -> [+son] 2 .

104 (73)

STUFENWECHSEL NACH K E H R E I N

a.

a cont -1- son

-cont -son

C b.

C

(1992)

C

V

Manner Tier

V

C

CV Tier

C] / ? / allein nicht zur erforderlichen Länge führen würde. Dieses zugrundeliegende Segment wäre in anderen Fällen aber wieder zu tilgen, was die ganze Situation erneut verkompliziert. Im Vergleich beider Analysen ist Koskenniemi (1983), der 13 einzelne 2L-Regeln angibt, bei allen unphonologischen Kompromissen doch um eine wesentlich vollständigere Erfassung des SW-Phänomens bemüht. Diese computerlinguistische Analyse wurde im übrigen auch implementiert, wobei die 2L-Regeln in endliche Automaten mit klarer formaler Semantik übersetzt wurden.45 Dies kann man von der zweiten Analyse nicht behaupten, wie etwa die nur vom menschlichen Theoretiker erkennbare unterschiedliche Semantik der durchgestrichenen Assoziationslinie in den beiden Teilregeln zeigt. Obwohl beide Linien ein zur Melodie gehörendes Merkmalsbündel völlig gleichartig mit der CV-Schicht verbinden, ist im einen Fall die Tilgung des Melodieanteils, im anderen Fall aber der Wegfall der C-Position gemeint! (siehe Bird & Ladd 1991 für eine fundamentale Kritik solcher Informalität in autosegmentalen Darstellungen). Im Gegensatz zur nachfolgend erarbeiteten Analyse fehlt trotz der Abhängigkeit der SW-Regeln von prosodischer Struktur schließlich auch ein Silbifizierungsalgorithmus, der, wie sich zeigen wird,durchaus einige für das Finnische spezifische Details korrekt realisieren muß. 45

Mittlerweile existieren Regelcompiler, die die 2L-Notation automatisch in finite state transducer übersetzen (Karttunen & Beesley 1992). Daneben hat Ritchie (1992) eine eigenständige formale Semantik des 2L-Regel-Formalismus vorgestellt, die von der automatentheoretischen Korrespondenz unabhängig ist.

106

3.7.4

Die deklarative Alternative

Die hier vorgestellte Analyse baut direkt auf den oberflächentreuen Generalisierungen von Abschnitt 3.7.2 auf. Alternationspaare. Zunächst gilt es, die Alternationspaare selbst zu formalisieren. Statt eines neuen Symbols pro Paar wie bei Koskenniemi (1983) wird hier von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Alternationen durch systematische Disjunktion direkt zu definieren. Die entsprechenden Definitionen sind anschließend in Lexikoneinträgen verwendbar. Während die nicht-alternierenden Instanzen direkt spezifiziert sind und keinen formalen Bezug zu SW haben, wird die Strategie bei SW-Paaren die sein, den auslösenden Kontext in der Definition gleich mit zu lexikalisieren. Dies hat zum einen den Vorteil, daß im Gegensatz zu einer hybriden Kombination von Eepräsentationen-als-Objekten und externen Regeln kein zusätzliches Diakritikum notwendig ist, um die Uberanwendung der StufenwechsePregel' auf nicht-alternierende Instanzen zu verhindern.46 Zum anderen ist im Zusammenspiel mit einem hierarchischen Lexikon, das eine entsprechende redundanzfreie Klassenbildung gestattet, prinzipiell die Modellierung aller Kontext-Subregularitäten auf einheitliche Weise möglich. Solche Klassen wären etwa durch die Kreuzklassifikation von Eigenschaften wie regulärem qualitativen bzw. quantitativen SW, SW mit vs. SW ohne Diphthong-Blockierung, Sekundärbetonungseinfluß ja/nein, Sandhi-Gemination ja/nein definierbar, denen jeweils Constraints zugeordnet sind. Die einzelnen Lexeme erben als Instanzen solcher Klassen deren definitorische Constraints. Die Umsetzung des vorgeschlagenen Vorgehens zeigt (74). 46

Inkelas & Orgun (1994) und andere haben dagegen eine generelle Strategie der Präspezifikation zur Erfassung von solchen Drei-Wege-Kontrasten vorgeschlagen. Danach sollen nur die beiden invarianten Fälle vollspezifiziert werden, während alternierende Instanzen unterspezifiziert sind (in unserem Fall etwa bzgl. [voice]). Diese Strategie ist allerdings irreduzibel nichtmonoton bzw. multistratal, wie sich leicht zeigen läßt: beschreibt die abstrakte propositionallogische Formel SomeContext —> HasProperty eine beliebige kontextuelle Restriktion, so kann diese Implikation nur für den Fall SomeContext A ->HasProperty falsch sein. Mit HasProperty = [+voice] und SomeContext = 'Stufenwechsel — Rechtskontext' ist aber ein Fall wie auton 'Auto, gen.' kontradiktorisch zur Implikation, wenn die Präspezifikation hier [—voice] = ->HasProperty lautet. Die minimale Auflösung dieses Konflikts im Rahmen monotoner Logik verlangt ein zusätzliches Diakritikum wie Prespecified. Der Präspezifikationsfall würde dann zu -•HasProperty A Prespecified umformuliert, während die implikationeile Restriktion entsprechend SomeContext -> (->Prespecified HasProperty) lauten müßte. Der unterspezifizierte Fall muß schließlich mindestens die Formel ->Prespecified enthalten, um eine sinnlose freie Alternation Prespecified V HasProperty zu verhindern, falls SomeContext erfüllt ist. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß erst die hier skizzierte Modellierung im Rahmen monotoner Logik die wahren Spezifikationskosten des Vorschlags von Inkelas & Orgun (1994) bzw. dessen intrinsische Abhängigkeit von einer nichtmonotonen oder multistratalen Interpretation aufdeckt. Da letztere Eigenschaften aber unerwünscht sind und mit der Lexikalisierung von Alternation und Kontextrestriktion bereits eine diakritika-freie Alternative existiert, soll der Vorschlag der genannten Autoren nicht weiter verfolgt werden.

107 (74)

1

D E F I N I T I O N DER ALTERNATIONSPAARE IN C U F

'/,

support definitions

2

3 homorganic_cg(Place) := 4 is(Place) ft 5 is( ( labial ft ('-cont' ft voiceless ; '+cont') 6 ; "labial & '-cont' ) 7 8 ). 9 10 no_xO_alternation := is(consonant). 11

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

place(labial) := labial. place(alveolar) := alveolar. place(velar) := velar. '/,

common subcases for defining alternant pairs

cga_base(Seg, More) := resequence_xO(Seg ft no.gemination, More ft left:qual_cg). cga.homorganic(Place, More) := no_xO_alternation ft cga_base(homorganic.cg(Place ft is.seg), More). cga_homorganic_sequence(ClassAndPlace, More) := obl(is(ClassAndPlace ft is.seg) ft coda_archigeminate, cga.base(is(place(ClassAndPlace) ft '-cont'ftis.seg), More)). cga_quantitative(Seg, More) := obl(is(Seg) ft onset.archigeminate, More ft left:quant_cg). '/,

consonant gradation alternant pairs

cga(k0, cga(kv, cga(kj, cga(pv, cga(td, cga(mp, cga(nt, cga(nk, cga(lt, cga(rt,

More) More) More) More) More) More) More) More) More) More)

:= := := := := := := := := :=

cga_base(is(k), More). cga_base(is(k);is(v), More) ft no_x0_alternation. cga_base(is(k);is(j), More) ft no_xO_alternation. cga_homorganic(labial, More). cga_homorganic(alveolar, More). cga_homorganic_sequence(nasal ft labial, More). cga.homorganic.sequence(nasal ft alveolar, More). cga_homorganic_sequence(nasal ft velar, More). cga_homorganic_sequence(lateral ft alveolar, More). cga_homorganic_sequence(trill ft alveolar, More).

108 44

cga(pp, More) := cga_quantitative(p, More).

45

cga(tt, More) := cga_quantitative(t, More).

46

cga(kk, More) := cga_quantitative(k, More).

47 48

'/,

Classification of (non-)gemination

potential

49 50

no_gemination := seif:("ons;"cod)

51 52

V, invariantly short segment: '/. the (lexical) default

coda_archigeminate

:= seif:cod.

'/, 1st member of a pair of

53

'/, homorganic consonants with falling

54

'/, sonority slope, always in cod(a) :

55

'/, can be assigned by lexical rule

56 57

onset_archigeminate

: = seif:ons.

'/, alternating length, but always in

58

'/, ons(et): needs to be prespecified

59

'/, for distinctive geminates

Nach der Definition einiger unterstützender Prädikate werden in (74) vier Unterfälle für die SW-Alternation identifiziert. cga_base kodiert mittels des erst in (78) definierten resequence_xO-Prädikats ein X/0-Segment (prototypisch: k ~ 0 ) , welches dem qualitativem Stufenwechsel qual_cg unterliegt. Weil Finnisch distinktive Geminaten besitzt, muß die Nicht-Geminierbarkeit explizit vermerkt werden (no_gemination). Die Vollspezifikation der auf diese Weise auf {coda, onset} eingeschränkten Silbenrolle erfolgt dann über die deklarative Silbifizierung SBS. Natürlich könnte man die explizite Spezifikation von Nicht-Geminierbarkeit als vermutlich häufigstem Fall vermeiden, indem mittels eines compi/e-iime-Defaultmechanismus bei Abwesenheit konfligierender Spezifikationen solche Definitionen automatisch angereichert werden. Das zweite Hilfsprädikat cga.homorganic benutzt cga_base, schaltet aber die 0 Alternative mittels der konjugierten Spezifikation no_xO_alternation aus, die in Zeile 10 definiert ist. (Hier geht die Annahme ein, daß auf den Fokus des Constraints immer ein Vokal folgt, was angesichts des Stufenwechselkontexts gerechtfertigt ist). Die solchermaßen invariant realisierte Position wird durch die homorganic_cg-Definition auf Fälle von homorganem SW eingeschränkt, wobei die beiden Alternanten sich hauptsächlich bzgl. des Werts von [cont] unterscheiden. Die dritte Definition cga_homorganic_sequence betrifft homorgane Sonorant+Plosiv-Sequenzen. Der invariant vorhandene Sonorant (obl, ebenfalls später definiert) kann hier bzgl. seiner Silbenrolle nur zwischen Koda und Kodaonset alternieren. Die entsprechende Spezifikation coda_archigeminate ist hier tatsächlich erforderlich: ohne sie würde die schwache Stufe entgegen dem empirischen Befund eine freie Alternation der Silbenrolle zeigen. Die genannte Festlegung ist jedoch ableitbar: per lexikalischer Regel kann sie immer dann dem Erstglied einer homorganen Konsonantensequenz zugewiesen werden, wenn ein Sonoritätsabfall hin zum zweiten Element vorliegt. Der fakultative Plosiv (cga_base . . . & ' - c o n t ' ) als Zweitglied der Sequenz teilt mit seinem Vorgänger nur die Ortsmerkmale: p l a c e ( C l a s s P l a c e ) 'extrahiert' diese aus der nicht-

109

hierarchisch kodierten segmentalen Typinformation, die an die Variable ClassAndPlace gebunden ist. Eine direkte Koindizierung wäre dagegen möglich, falls eine alternative Segmentrepräsentation echte Merkmale wie p l a c e : place_type etc. verwendet würde. Details der segmentalen Struktur sind aber für die aktuellen Zwecke sekundär, sodaß der gewählte Kompromiß gerechtfertigt erscheint. Schließlich ist c g a _ q u a n t i t a t i v e dafür zuständig, Fälle von quantitativem SW (vgl. die angehängte Restriktion quant_cg) zu erfassen. Gemäß der monopositionalen Charakterisierung echter Geminaten gelingt dies ohne Veränderungen der Positionszahl (1 x obl). Weil die entsprechenden Instanzen nur zwischen den Silbenrollen Onset und Kodaonset alternieren, muß entsprechend der gemeinsame Nenner dieser beiden Rollen (cf. die Definition von onset_archigeminate) lexikalischer Bestandteil der Definition werden. (Die Vollspezifikation der Rollen ist im Zusammenspiel mit dem eigentlichen SW-Constraint quant_cg gegeben, siehe weiter unten). Die Benutzung dieser vier Prädikate zur Definition aller SW-Paare zeigen die anschließend definierten Klauseln von cga, die praktisch nur noch in Instantiierungen des ersten Parameters bestehen. Lediglich für /c ~ w, fc ~ j muß der Wegfall der Position, der eigentlich für cga_base erlaubt ist, durch Konjunktion des bekannten no_xO_alternation verhindert werden - cga_homorganic ist ja wegen mangelnder Homorganizität hier nicht anwendbar. Besonderheiten der Silbifizierung. Wie bereits früher geschildert, kann das flexible SBS-Grundschema an einigen Stellen an sprachspezifische Besonderheiten angepaßt werden. Die notwendigen Anpassungen für das Finnische sollen der Vollständigkeit halber hier kurz skizziert werden, ohne die Kodierung in CUF selbst vorzuführen. In der Implementierung sind die beschriebenen Maßnahmen selbstverständlich integriert. Auf eine Detailmodellierung der Phonotaktik legaler Konsonantencluster wird ebenfalls verzichtet; siehe (Sulkala & Karjalainen 1992, 370-372) für eine diesbezügliche Aufstellung. Als Sonoritätsskala kann für die vorliegenden Zwecke die Hierarchie (75)

Obstruenten

Sonoranten

< t € u < C nichthohe

Vokale

angenommen werden. Man beachte, daß die in (75) abgebildete Differenzierung der beiden hohen Vokale in der Skala von Blevins (47) nicht vorgesehen war. Sie ist hier aber notwendig, damit Sequenzen wie / . . . tui . . . / einen fallenden Diphthong mit Kodazweitglied ergeben und nicht etwa zwei Nukleuspositionen. Die Disambiguierung der sich aus dieser Festlegung ergebenden Sonoritätsplateaus, die für konsonantische Plateaus die wohlbekannte Strategie der Fortsetzung des linken Prominenztrends an der rechten Position des Plateaus fortschreibt (prom:up —>• prom:up usw.), muß allerdings für vokalische Plateaus weiter differenziert werden. Der Grund sind gleich sonore Vokalsequenzen wie in jo. en 'Fluß, gen.', zwischen denen im Finnischen aber eine Silbengrenze liegt, im Unterschied zu bipositional repräsentierten Langvokalen, z.B. .jaan.. Nur für letztere findet deshalb die bekannte Umkehr des am linken Element festgestellten Prominenztrends (prom:up —> prom:down usw.) statt. Nichtidentische benachbarte Vokale führen stattdessen zu ei-

110 nem invarianten Prominenzanstieg am rechten Vokal (prom: Any —t prom: up) - eine neue Variation über dem SBS-Schema. Dies nutzt nun eine analoge Differenzierung bei der Abbildung von Prominenztrends auf unterspezifizierte Silbenrollen aus. Für den Fall des Prominenzanstiegs prom:up am rechten Element einer Zweiersequenz wird die Entscheidung für das linke Element von dessen segmentaler Hauptklasse abhängig gemacht: handelt es sich um einen Konsonanten (also erster Anstieg aus einem Sonoritätsminimum oder fortzusetzender komplexer Onset), so wird links ons und rechts "cod aufgeprägt. Sonoritätsminima sind demzufolge im Finnischen immer zumindest auch im Onset; aus vuPeuP sdownjuP 'Wasser' wird bei Annahme einer no_gemination-Spezifikation für das / s / nur ve.si und nicht *ves.i (vgl. die andersartige, aber dazu kompatible Beschreibung bei Kehrein (1992, 26), der direktionale Silbifizierung von rechts zur Erfüllung des maximal onset principle verlangt). Ist das linke Element dagegen ein Vokal - wie in juP0uPeuPndown _ w j r ( j für diese Position dagegen die Onsethaltigkeit ausgeschlossen ("ons), rechts aber wie gehabt "cod aufgeprägt. Dies führt in unserem Beispiel zur Spezifikation beider Vokale als Nuklei, was empirisch korrekt ist. Die umgekehrte Situation des Prominenzabfalls - allerdings nun am linken Element abgelesen - wird wieder klassisch gehandhabt; mit den Spezifikationen "ons für die linke und cod;ons für die rechte Position gibt es hier wenig Uberrraschendes. Schließlich muß die Grammatik noch eine formale Aussage der Form Nukleus —> Vokal enthalten, die silbische Konsonanten für das Finnische verbietet. Stufenwechsel-Constraint. Die wesentlichen Fragen, die vor einer Präsentation des formalen Stufenwechselconstraints sinnvollerweise noch zu klären sind, betreffen (a) die Repräsentation des Drei-Wege-Kontrasts bzgl. der Anwendbarkeit des phonologischen Kontexts und (b) die Interaktion zwischen dem eigentlichen Stufenwechselconstraint und der höherrangigen Stimmhaftigkeitsübereinstimmung in Obstruentclustern. Zunächst zu (a): hier wird ein einziges diakritisches Merkmal sw mit der intendierten Semantik 'Stufenwechsel auslösenP verwendet. Dieses ist notwendig, weil alternationsfähige Segmente etwa in einem Inhaltswort nicht 'voraussehen' können, ob noch SW invariant (nicht-)auslösende Suffixe angefügt werden. Das diakritische Merkmal gilt es nun zunächst geeignet auf Segmentpositionen innerhalb der Morpheme zu verteilen. Der Defaultfall ist hier die phonologische Kontextualisierung sw gdw. konsonantisches Segment in cod-Position, d.h. Koda oder Geminate. Diese Restriktion beschreibt also nur die Anforderungen der letzten Position der für SW erforderlichen Silbe. Die beiden invarianten Fälle sind dagegen durch die alleinige Spezifikation sw bzw. "sw für obligatorisch ausgelösten versus niemals auftretenden SW zu beschreiben. Anders als bei Koskenniemi wird das Diakritikum hier aber als CUF-Typ formalisiert, der Positionen subklassifiziert - eine Vermischung mit der eigentlichen segmentalen Information findet also nicht statt. Mit dieser Zuordnung ist im übrigen auch klar der lokale Anwendungsbereich dieser formalen Markierung wiedergegeben. Die markierte Position ist jeweils das erste Segment der entsprechenden Morpheme.

111 Zur Frage (b), der Interaktion von SW und einheitlicher Stimmhaftigkeitsspezifikation in Obstruentclustern (kurz: SO). Man betrachte dazu die schematische Darstellung in (76). (76.a) zeigt zunächst die gewählte Formulierung von SO, die den relevanten Fall der einheitlichen Stimmlosigkeit von benachbarten supralaryngalen ([aplace]) Obstruenten herausgreift. (76)

KONFLIKTAUFLÖSUNG ZWISCHEN S W UND S O

a.

SO: \—son,aplace]i[—son,aplace]2

b.

SW I: Kontext

c.

SW II: -iKontext -> 'starke

d.

SO » SW: Kontext A -.SO ->• 'schwache Stufe' A -•(Kontext A ->SO) ->• 'starke Stufe'

—»• 'schwache

—> [—voice]i[—voice}?. Stufe1

Stufe'

Nur im Fall (76.b) ist ein potentieller Konflikt zwischen SW und SO zu erwarten, da SWschwach,quai. [+voice] bedeutet, SO mit linksbenachbartem stimmlosen Obstruenten wie in matkan aber [-voice] für dasselbe Segment fordert. Der für diesen Fall geforderte Vorrang von SO kann formal durch Stärkung des Antezedenten von (76.b) erreicht werden, indem die Bedingung ' außer wenn SO appliziert' diesem durch eine entsprechende Negation konjunktiv hinzugefügt wird (76.d). Im Konfliktfall gewinnt somit [-voice]. Dies ist aber auch das Ergebnis der Anwendung des elsewhere-Falls (76.c), der starken Stufe. Weil diese bereits Stimmlosigkeit anspricht, ergibt sich hier als Resultat, daß in der Interaktion mit SW die eigenständige [et woicej-Spezifikation von SO überflüssig ist, da SW bereits beide Polaritäten des [voice]-Merkmals festlegt. Weil die Identität des supralaryngalen Obstruenten in SW-Position lexikalisch ebenfalls bekannt ist, bleibt lediglich die Spezifikation seines Vorgängers [—son, aplace]i im Antezendens der SO-Regel als nicht weiter reduzierbare Information für (76.d) zu berücksichtigen. Hier steht sie allerdings im Skopus einer Negation. Dreht man also dementsprechend das Vorzeichen des [son]-Merkmalswertes um, ergibt sich wieder der vertraute [+son]-Linkskontext der früheren Regelformulierungen mit dem signifikanten Unterschied allerdings, daß diese Spezifikation erstmals aus einem größeren Zusammenhang abgeleitet werden konnte. Zusammenfassend handelt es sich also um den exemplarischen Fall der Reduktion eines rein notationellen Konflikts, wie er bereits in Kapitel 2 besprochen wurde. Nachdem nun die nötigen Grundlagen geschaffen wurden, kann das SW-Constraint selbst präsentiert werden. Die beiden symmetrischen Parametrisierungen dieses cg genannten Constraints in (77) sind durch qual_cg für den qualitativen und quant_cg für den quantitativen SW ausgedrückt (Zeilen 35 und 39).

112 (77)

1

STUFENWECHSEL-CONSTRAINT IN C U F

*/.

cConsonant) g(radation), parameters 'Strong' and 'Weak'

2 3

cg(Strong, Weak) :=

4

(self: ("initial) &

5

'/,

right: (self: seg: vowel

6

ft

Viu stands for a subcontext of all

right:( self:(cod ft "ons ft seg:high) ft

7

right:self:sw

8

; self:sw

9

)

10

)

'/,

nonidentical VV sequences: full

'/,

ft

11

specification possible, but not

'/,

central to point discussed here.

'/,

This is the remnant of obstruent

'I,

12

voicing assimilation:

left:self:( cod ft seg:("supralaryngeal_obstruent)

13

;"cod

14

) ft self:Weak

15 16

)

17

;

18

(

19

gradation applies: context antec.

'/,

" (self: ("initial)

20

ft

right: (self: seg: vowel

21

ft

'/,

weak grade consequent

'/,

OR gradation does not apply:

'/,

elsewhere context antecedent

'/,

via simple negation ...

right:( self:(cod ft "ons ft seg:high) ft

22

right:self:sw

23

; self:sw

24

)

25

) ft

26 27

left:self:( cod ft seg:("supralaryngeal_obstruent)

28

;"cod

29

)

30

) ft

31 32

self ¡Strong

'/,

strong grade consequent

).

33 34

'I,

35

'/,

qual(itative)_c(onsonant)g(radation): parametrization cg(Strong

, Weak

no. 1

)

36 37

qual_cg

:=

cg(seg:voiceless, seg:("voiceless)).

38 39

'/,

40

'/,

quant(itative)_c(onsonant)g(radation) : parametrization no. 2 cg(Strong,

Weak)

quant_cg :=

cg(cod,

"cod).

41 42

113 Einige Bemerkungen zur Umsetzung des SW-Constraints in CUF. Zunächst ist es für das Verständnis wichtig, daß das Constraint an der entsprechenden SW-Position lexikalisiert ist, der Constraintfokus (Zeile 4) also genau auf diesem Segment liegt. Optionale Hochvokale als Diphthong-Zweitglieder (coda) wurden in der gewählten Realisierung berücksichtigt (6-7). Diejenigen Stämme, bei denen solche Hochvokale SW blockieren, hätten stattdessen eine modifiziertes Constraint, bei denen diese Zeilen fehlen. Genaugenommen schließt die Sequenz < vowel high > (vgl. 5-6) leider lange Hochvokale ii,uu, yy nicht wie gewünscht aus. Dies hat einen rein technischen Grund: zum Ausschluß wäre eine zusätzliche Kontraindizierung < Vi > notwendig, die in CUF zu einem Problem im Zusammenhang mit dem elsewhere-Fall führt, der formal durch Negation des positiven Kontexts dargestellt ist (~ in 18). Intuitiv sollte eine negierte Kontraindizierungsbeziehung zu einer entsprechende Koindizierung führen; dies folgt aber nicht aus der formalen Semantik von CUF, sodaß Kontext und elsewhere-Pendant nicht auf linguistisch sinnvolle Weise komplementär zueinander sind. 47 Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird der Defekt einfach hingenommen, mit dem Wissen, daß eine disjunktive Fall-für-Fall-Spezifikation ja immer noch möglich wäre. Die Randposition des Rechtskontexts fordert jeweils Konsistenz mit dem SW-Trigger sw (7 bzw. 8). In (12-14) findet sich der besprochene Überrest des SO-Constraints wieder, allerdings mit einer geringfügigen Modifikation. Zusätzlich wird hier gefordert, daß das Erstglied eines SO unterliegenden Obstruentenpaars in der Koda stehen muß. Dies hat keine empirischen Konsequenzen für die Anwendung von SO in Isolation, da obstruentische Onsetcluster im nativen Wortschatz ohnehin nicht vorkommen. Allerdings wird dieses Detail relevant im Zusammenspiel mit SW, und zwar für die Alternation /k ~ 0 / : in zweisilbigen Wörter vom Typ pa.ko ~ pa.on 'Flucht', koko ~ koon 'Haufen' fallt der Constraintfokus bei SW-Anwendung auf die Wortzweitposition, sodaß ein wortinitialer supralaryngaler Obstruent hier nicht als blockierender Linkskontext eingreifen darf. Genau dies gelingt aber durch die besprochene Modifikation von SO, da die Worterstposition ja gleichzeitig im Onset ist. Die folgenden Definitionen in (78) dienen der Erfassung des Drei-Wege-Kontrasts im SW-Kontext (3-9,11,15), um anschließend geeignet mit den Prädikaten zur Spezifikation von segmentalen Positionen verbunden zu werden (30-33,39-41).

47

Um dies zu sehen, betrachte man zwei Merkmale / , g mit zugehörigen Definitionsbereichstypen Dj,Dg nebst einer zur Kontraindizierung der Merkmalswerte verwendeten Variable A. Die sich unter Berücksichtigung der CUF-Semantik und in Anwendung bekannter logischer Gesetze ergebenden Äquivalen-

zumformungen von -i(f : A/\g : -iA) = -./ : AV^{g : ->A) - -,D,V{DfAf

: -^A) V

V (Dg A g : A)

führen zum Verlust des Zusammenhangs zwischen dem Wert von / und dem von g, da die entsprechenden Disjunkte ja unabhängig voneinander sind. Notwendig wären hier zusätzliche formale Mittel, um die Existenz von Variablen fordern zu können.

114 (78)

S T U F E N W E C H S E L - T R I G G E R UND SEGMENTPOSITIONEN IN C U F

l '/. prespecification of alternation potential w.r.t. C ons. G radation 2 3 contextual_cg := '/. default: CG iff 4 self : ( seg:consonant ft cod ft sw '/, «consonantal* cod (a) 5 ; ("sw) ft '/, This is important 6 ( seg:('consonant) '/, for cases like 7 ; "cod '/, tar.peen., »tar.veen. 8 ) 9 10 11 never_cg := self :("sw). '/, specific morphemes which »can* 12 '/, be part of a closed syll.,but 13 I nevertheless don't undergo CG 14 always_cg 15 := self:su. '/, specific morphemes which would 16 '/, be part of an open syllable only, ' /, but nevertheless trigger CG 17 18 19 '/. prespecification of alternation potential w.r.t. nucleushood: 20 '/, nucleus -> vowel 21 22 no_syllabic_consonants := self : ( nucleus ft seg:vowel ; not_nucleus 23 24 25 26 I l l CONCATENATION OF SEGMENTS AND LOCAL CONSTRAINT APPLICATION 27 '/, define positions 28 29 is(Seg) := self :seg:Seg. 30 31 obl_(Self, Next) := Self ft sbs ft no_syllabic_consonants ft 32 right:(Next ft (left:Self ; end)). 33 34 resequence_xO(X, Next) :- obl(X, Next) ; Next. 35 36 37 '/. positions with CG trigger specification attached 38 obi(Self, Rest) = obl_(Self ft contextual_cg, Rest). 39 obl_nocg(Self, Rest) = obl_(Self ft never.cg , Rest). 40 obl_cg(Self, Rest) , Rest). = obl_(Self ft always_cg 41

115

Damit sind nun alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt, um Morpheme mit SWKonsonanten definieren zu können und deren korrekte Interaktion im Wort zu überprüfen. Stellvertretend für die Fülle an möglichen Demonstrationsbeispielen soll ein von Koskenniemi (1983, 81f.) angeführter, besonders spektakulärer Fall gezeigt werden, bei dem dreifacher Stufenwechsel in ein- und derselben Wortform auftritt! In /hakka-ttu-imp-issa/ 'in denen, die am meisten geschlagen wurden (lit. schlagen-Partizip II-KomparativPlural-Inessiv)' 48 sind die unterstrichenen Segmente SW-fähig (2 x quant. SW, 1 x qual. SW). Aus den verschiedenen Definitionen für Stämme und Affixe, die (79) zeigt, können schließlich Wörter zusammengesetzt werden. Während t e s t ( c g ) in Zeile 39 die entsprechenden Fälle von unaffigierten oder einfach suffigierten Stämmen zusammenfasst, dient t e s t (hakkattuimpissa) (41-42) spezifisch der Uberprüfung des genannten Beispiels. (79)

S T Ä M M E , S U F F I X E UND IHRE INTERAKTION IN C U F

1 '/, 2 '/,

a l t e r n a t i n g stems q u a l i t a t i v e CG

3

4 5 6 7 8 9 10

stem(kipu, More) := o b l ( i s ( k ) , o b l ( i s ( i ) , c g a ( p v , o b l ( i s ( u ) , M o r e ) ) ) ) . stem(katu, More) := o b l ( i s ( k ) , o b l ( i s ( a ) , c g a ( t d , o b l ( i s ( u ) , M o r e ) ) ) ) . stem(joke, More) := o b l ( i s ( j ) , o b l ( i s ( o ) , c g a ( k O , o b l ( i s ( e ) , M o r e ) ) ) ) . '/,

q u a n t i t a t i v e CG

stem(hakka,More) := o b l ( i s ( h ) , o b l ( i s ( a ) , c g a ( k k , o b l ( i s ( a ) , M o r e ) ) ) ) .

11

12 '/, non-alternating stems 13 14 '/, weak v 15 stem(huvi,More) := o b l ( i s ( h ) , o b l ( i s ( u ) , o b l ( i s ( v ) , o b l ( i s ( i ) , M o r e ) ) ) ) . 16

17 '/, strong t 18 stem(auto,More) := o b l ( i s ( a ) , o b l ( i s ( u ) , o b l ( i s ( t ) , o b l ( i s ( o ) , M o r e ) ) ) ) . 19 20 '/, contextually triggering a f f i x e s 21

22 äffix(n,More) 23 äffix(i,More) 24 affix(ssa,More) 48

:= o b l ( i s ( n ) , More). : = o b l ( i s ( i ) , More). := o b l ( i s ( s ) & coda_archigeminate,

Die beteiligten Morpheme werden von Koskenniemi (1983, 81f.) leicht abweichend angegeben: "The lexical level consists of five parts: the stem hakKa 'beat', an entry from an alternation pattern $ t , the second participle *ZTU ending, comparative ending $+imPA. and the inessive plural ending $+issA." Die ersten beiden Suffixe wurden hier aus Gründen der Vereinfachung verschmolzen, Plural und Inessiv hingegen dekomponiert. Vokalharmonie (A,U) wird nicht modelliert, $ entspricht dagegen dem Diakritikum su. Andere Prozesse (Z), weitere Diakritika (*) und Morphemgrenzen (+) entfallen schließlich ohne Nachteil.

116 25 26

obi(is(a), More)). affix(imp, More)

:= obl(is(i), cga(mp, More)).

27 28

*/,

never triggering suffixes

29 30

affix(s, More)

:= obl_nocg(is(s), More).

31 32

7,

always triggering affixes

33 34

affix(ttu, More)

:= obl_cg(is(t) & onset_archigeminate & quant_cg,

35

obi(is(u), More)).

36 37

'/,

interaction in w o r d forms

38 39

test(cg)

:= word & stem(_Any, affix(_Any0ther, end)

40

test(sandhi)

:= w o r d & stem(_Any, stem(_AnyOther, end)).

41

test(hakkattuimpissa)

:= w o r d k stem(hakka,

42

; end).

affix(ttu,affix(imp,

affix(i, affix(ssa, end))))).

Das Suffix -ttu wurde in (79), Zeile 34 als phonologieunabhängig SW auslösend spezifiziert. Dies ist oberflächentreu schon deshalb erforderlich, weil die Anfangsgeminate selbst durch SW-Anwendung reduziert wird und daher nicht die gesuchte Koda für den Stamm bilden kann. SW kann dagegen aus rein phonologischen Gründen bei mp > m: des Affixes -imp (Zeile 26) applizieren, weil die zwei Positionen darauf folgende Geminate s: des Affixes -ssa (Zeile 24) die Silbe schließt und dabei selbst stabil bleibt. Daraus ergibt sich wiederum eine durch den geminierten Nasal geschlossene Silbe /.tuim:./, was den oben angesprochenen quantitativen SW des / t / in -ttu begründet. Hier folgt nun das Ergebnis der Constraintinteraktion, automatisch berechnet vom CUF-Theorembeweiser (aus Darstellungsgründen horizontal gestaucht): (80)

VALIDIERUNG DES BEISPIELS:

[hakatuim:is:a]!

I?- run(hakkattuimpissa). '/.'/.'/, used time (msec):3270 '/.'a result: + — nonempty_phonlist |self:+— (initial ft ons & "cod It "final & "sw) I Iseg:h I I prom:up

l+I r i g h t : + — nonempty_phonlist I |self:+— (position ft "cod & "final & "initial & "ons & "sw) I I Iseg:a I I I prom:up

I I+--

117 right:+— nonempty.phonlist |self:+— (ons & "cod & "final & "initial k "sw) IIseg:k I |prom:down |+— Iright:+— nonempty.phonlist I |self:+— (position k "cod & "final k "initial & "ons k "sw) I I|seg:a I |lprom:up I 1+— I |right:+— nonempty_phonlist I I |self:+— (ons & sw & "cod & "final & "initial) I | IIseg:t I | ||prom:down I I I I I

I I | I I

1+— Iright:+— nonempty.phonlist | |self:+— (position k "cod 6 "final & "initial & "ons k "sw) I llsegtu I I|prom:up

I I I I I I I I I I

I I I I I I I I I I

I I I I I I I I I I

I I I I I I I I I I I I I M I I I

I I I I I I I I I I I I I

I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I

1+— Iright:+— nonempty.phonlist I |self:+— (cod k "final k "initial te "ons k "sw) I Ilseg:i I I|prom:down I I+— I Iright:+— nonempty_phonlist I I |self:+— (cod k ons k sw k "final k "initial) I I |lseg:m I I I|prom:down I I I I I I I I I I I I I I I I I

I I I I I I I I I I I I I I I I I

1+— |right:+— nonempty.phonlist I lself:+— (position k "cod k "final k "initial k "ons k "sw) I IIseg: i I Ilprom:up I 1+— I Iright:+— nonempty_phonlist I I |self:+— (cod k ons t sw t "final k "initial) I I Ilseg:s I I Ilprom:down I I l+I I Iright:+— nonempty.phonlist I I I |self:+— (final k "cod k "initial k "ons k "sw) I I I IIseg:a I I I Ilprom:up I I I l+I I I Iright: end

I I I I II I I + — | | | | | | | +— I I I I I I +— +—

118 Wie der Leser leicht selbst verifizieren kann, findet sich korrekt der dreifache Stufenwechsel wieder (vgl. Silbenrolle an s e i f jeweils unmittelbar oberhalb von s e g : k , s e g : t , s e g : m ) . Stichproben bei einer Reihe von weiteren Beispielen bestätigen dieses positive Resultat. Wir fassen zusammen: die oberflächentreue Computermodellierung des finnischen Stufenwechsels basierte auf der direkten Spezifikation der zu Klassen zusammengefaßten Stufenwechsel-Alternationspaare, was durch deren Heterogenität gerechtfertigt ist. Die Wahl der kontextuell passenden Alternante erfolgt einheitlich über die Kriterien Stimmlosigkeit bzw. Kodahaltigkeit für den qualitativen bzw. quantitativen SW, die ein gemeinsames Stufenwechsel-Constraint parametrisieren. Das erste Kriterium konnte auch zur Erklärung der unter bisherigen Analysen mysteriösen zusätzlichen Linkskontexteinschränkung des SW herangezogen werden. Das zweite Kriterium stützt die in (42) entwickelte Merkmalszerlegung subsilbischer Rollen, indem es auf einfache Weise die Auswahl der monopositional repräsentierten echten Geminate versus ihres im Onset stehenden Kurzsegment-Pendants in der schwachen Stufe steuert. Weil der phonologisch definierte SW-Kontext nicht ausnahmsfrei ist, sondern vielmehr einen Drei-Wege-Kontrast zeigt, ist als analyseweit einziges Diakritikum (~)sw erforderlich, um die Information 'Stufenwechsel (nicht) auslösen!' zu speichern bzw. an den Kontext zu binden. Weil im gewählten strikt lexikalistischen Vorgehen Alternationspaar und Kontextforderung zusammen repräsentiert sind, können dagegen nicht alternierende Segmente, die 'zufällig' einer der SW-Alternanten entsprechen, direkt repräsentiert werden, ohne ein zusätzliches Diakritikum gegen SW-Überanwendung oder nichtmonotone formale Mittel einzusetzen. Zusammen mit der Erfassung des Verhaltens von Diphthongen im SW-Kontext ergibt sich eine insgesamt vollständigere Erfassung des betrachteten Phänomenbereichs als in früheren generativen Analysen, die zudem allesamt relativ informal sind (vgl. etwa Kehrein). Im Vergleich zu der nach Kenntnis des Autors bislang einzigen anderen computerlinguistischen Arbeit (Koskenniemi 1983) berücksichtigt die hier vorgestellte Analyse dagegen auf adäquatere Weise prosodische Gesichtspunkte, erfaßt erstmals die wesentliche Stimmhaftigkeitsopposition und benötigt weniger Diakritika. Insgesamt hat sich also die formale Repräsentation von Geminaten im Kontext eines realistischen Datenausschnitts zum finnischen Stufenwechsel bewährt.

Kapitel 4 Constraintbasierte prosodische Morphologie 4.1

Einführung

In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten ist der Einfluß prosodischer Faktoren auf die Oberflächengestalt von Wörtern immer mehr ins Blickfeld der theoretischen Phonologie und Morphologie gerückt. Bereits Kisseberth (1970) bemerkte, daß regelbasierte Analysen zur Ableitung der Verbformen im Tonkawa, einer nordamerikanischen Indianersprache, die Eigenschaft aufwiesen, systematisch CCC-Konsonantencluster zu vermeiden. Dies deutete auf eine durchgängige Bewahrung von wohlgeformter CV(C)-Silbenstruktur hin, war allerdings an den beteiligten Regeln überhaupt nicht abzulesen (sog. rule conspiracies). Diese und ähnliche Entdeckungen bewogen viele Autoren, in zunehmendem Maße direkten Gebrauch von Wohlgeformtheitsbedingungen zu machen, um die prosodische Systematik einer Sprache zu erfassen. Eine relativ willkürliche Auswahl einflußreicher Arbeiten, die diesem Trend folgten, ist McCarthy & Prince (1986, 1990, 1993), Steriade (1988), Itö (1989), Wiese (1995, Kap.4). In diesen und vielen anderen Arbeiten wurde einer Fülle von Phänomenen an der Schnittstelle zwischen Morphologie und Phonologie Rechnung getragen, um etwa die Besonderheiten der sogenannten 'nicht-konkatenativen' Morphologie nicht nur innerhalb der semitischen Sprachen, die Eigenschaften von Infigierungsund Reduplikationsprozessen in ihren verschiedensten Varianten sowie die Natur prosodischer Beschränkungen für Affigierung theoretisch zu untersuchen. In der analytischen Aufarbeitung wurden solche Phänomene erklärungskräftig verknüpft mit prosodischen Forderungen etwa nach wohlgeformter Silbenstruktur oder per Silben und Füßen auszudrückenden Minimalitätsbedingungen, denen die resultierenden Wortformen oder ihre Bestandteile unterliegen sollten. Dabei stellte sich mehr und mehr heraus, daß solche Forderungen möglichst exklusiv als Beschränkungen bezüglich der Oberflächengestalt von Wortformen aufgefaßt werden sollten {lOutput-Orientierung1), im Gegensatz zu früheren Arbeiten, die diese indirekt auf irgendeiner Zwischenebene eines mehrstufigen, durch Regeln beschriebenen Erzeugungsprozesses ausgedrückt haben wollten. In jüngster Zeit haben darüberhinaus auch die zusätzlichen theoretischen Herausforderungen im Phänomenbereich der Metathese sowie der Subtraktion von Wortbestandteilen zu neuen Analysen unter prosodischer Perspektive geführt (McCarthy 1996, Golston & Wiese 1996). Was soll im Sinne dieser Arbeit nun unter dem Stichwort constraintbasierte prosodische Morphologie verstanden werden? Um die Darstellung in Kapitel 2 der Vollständigkeit halber in aller Kürze zu wiederholen: ein constraintbasiertesWorgehen zeichnet sich dadurch aus, daß die u.U. infinite Menge sprachlicher Formen deklarativ über eine endliche Menge von Wohlgeformtheitsbedingungen bzw. Constraints definiert wird, denen sie genügen muß. In einer solchen Charakte-

120

risierung wird also von der Festlegung konkreter Schritte, die konstruktiv zu einer oder mehreren dieser sprachlichen Formen führt, abgesehen (keine ad Zioc-Prozeduralität). Es wird außerdem davon ausgegangen, daß Constraintinteraktion exklusiv durch den mengentheoretischen Schnitt aller durch die Constraints beschriebenen Teilmengen linguistischer Objekte geschieht. Unter dieser Vorgabe bedingt der Constraintbegriff automatisch die Unverletzbarkeit von Constraints. Als prosodisch können diejenigen abstrakten Aspekte der linguistisch bedeutsamen Lautorganisation bezeichnet werden, für deren redundanzarme Beschreibung man syntagmatisch invariante phonologische Kategorien identifizieren muß, welche ihre Bedeutung nur in einem Kontext erhalten, der über die Domäne des Einzelsegments hinausgeht. Als zweites Kriterium gilt, daß für prosodische Einheiten im Gegensatz etwa zu Segmenten nicht verlangt wird, daß sie eine konkret faßbare phonetische Ausbuchstabierung aufweisen sollten. Beispiele für in der Literatur postulierte prosodische Einheiten sind unter anderem Silbenbestandteile wie etwa die More oder auch Onset, Nukleus und Koda, daraus zusammengesetzt die Einheit der Silbe, desweiteren der Füß als wiederum aus Silben aufgebaute Konstituente mit einem prominenten Kopfelement oder schließlich auch das phonologische Wort, dessen Domänenränder wiederum mit den Rändern der wortperipheren Silben zusammenfallen müssen. Die theoretische Morphologie schließlich beschäftigt sich mit der Charakterisierung derjenigen Invarianzen, die sowohl die abstrakte Innenstruktur von Wörtern als auch sonstige Organisationsprinzipien der Wortbildung im allgemeinsten Sinne betreffen. Constraintbasierte prosodische Morphologie, als Schnittmenge dieser drei vorgenannten Schwerpunktbildungen aufgefaßt, betont nun die vorrangige Bedeutung genuin phonologischer Einflußfaktoren zur Erklärung des Formenreichtums der oben genannten Wortbildungsmuster, indem davon ausgegangen wird, daß sich dort morphologische Forderungen, etwa nach maximaler phonetischer Realisierung des segmentalen Materials der beteiligten Morpheme, den Anforderungen prosodischer Constraints unterordnen müssen. Besonders in diesem Gegenstandsbereich läßt sich Morphologie eben nicht auf bloße Wort-Syntax reduzieren; es kommt vielmehr entscheidend auf den Bezug zur prosodischen Phonologie an. Die deskriptive Darstellung in Form einer Unterordnungsbeziehung sollte im übrigen nicht als formales Postulat mißverstanden werden: in der Tat wird hier davon ausgegangen, daß prosodische Constraints P absolut gelten, und genügend flexibel ausgedrückten, aber ebenfalls absoluten morphologischen Strukturspezifikationen M gegenüberstehen. Einer Unterordnung P » M entspricht vielmehr der Beschränkung des Spielraums, den die M entsprechende Menge bietet, durch Schnitt mit den restriktiveren Anforderungen von P. Als Reflex von P » M ergibt sich daher im Allgemeinen, wenn auch nicht notwendig für jeden Einzelfall, somit eine echte Teilmengenbeziehung zwischen M fl P und M. Der formale Sachverhalt reflektiert in dieser Weise die Tatsache, daß nur mithilfe der Prosodie erklärungskräftig nichtwohlgeformte Strukturen aus dem von der Morphologie angebotenen Formenreichtum M ausgefiltert werden können. Im Rest des Kapitels wird zunächst mit der Domäne der 'positionsvariablen' Morphologie in 4.2 ein zentraler Phänomenbereich vorgestellt, der diesen prosodisch-phonologischen

121 Einfluß deutlich zeigt und für den Rest der Arbeit einen wichtigen empirischen Schwerpunkt bildet. Danach werden die zur Modellierung benötigten formalen Bausteine identifiziert und Fragen der Implementierung von Analysen 'positionsvariabler' Morphologie diskutiert. Besonders untersucht wird dabei eine spezielle restriktive Optimierungsstrategie. Nachdem anschließend ein generelles Vorgehen zur Entwicklung von Analysen im vorgestellten theoretischen Rahmen motiviert wird, geht es in einem vorletzten Abschnitt um Einordnung und Vergleich der eigenen Vorschläge in Bezug auf die theoretische Landschaft. Der letzte Abschnitt diskutiert die Stichhaltigkeit und Relevanz der in der Literatur bekanntgewordenen grundsätzlichen Kritik an sogenannten 'segmentalistischen' Theorien der prosodischen Morphologie und bespricht weitere Fragen zur Restriktivität des in diesem Kapitel entwickelten theoretischen Apparats.

4.2

'Positionsvariable' Morphologie - Phänomene und Lösungsansätze

Eine aktuelles Forschungsproblem in der theoretischen Morphologie und Phonologie läßt sich unter der folgenden Fragestellung zusammenfassen: (81)

4.2.1

Wie sind systematische Wortbildungsmuster zu analysieren, bei denen die Anzahl segmentaler Positionen innerhalb einer morphologisch abgrenzbaren Domäne des Wortes wie etwa des Stamms variabel ist, legt man die Gesamtmenge der Wortformen im Paradigma als Referenz zugrunde? Beispiele für positioneile Variation

Die folgende Tabelle zeigt ein solches Wortbildungsmuster anhand von ausgewählten Verbformen des Neuhebräischen, und zwar im Kontrast mit bedeutungsgleichen Formen im Deutschen (hebräische Daten aus Walther & Graf (in Vorb.)). Man beachte, daß 'Imperfekt' als bloße Tempusbezeichnung zu lesen ist. Imperfekt ich beend-et-e du(m.) beend-et-est du(f.) beend-et-est beend-et-e er sie beend-et-e beend-et-en wir beend-et-et ihr beend-et-en sie

Imperfekt gamar-ti gamar-ta gamar-t gamar gamr-a gamar-nu gamar-tem gamr-u

Futur ?e-gmor ti-gmor ti-gmer-i ji-gmor ti-gmor ni-gmor ti-gmer-u ji-gmer-u

Die Formen von beenden zeichnen sich dadurch aus, daß neben der invarianten segmentalen Identität insbesondere die Anzahl der segmentalen Positionen des Stamms (|ba?end| = 6) konstant bleibt. Eine wichtige deskriptive Generalisierung bezüglich der neuhebräischen

122

Formen ist dagegen, daß hier beide Stammvokale unter bestimmten Umständen mit Null alternieren können. Im Imperfekt betrifft dies in (82) den zweiten Stammvokal, im Futur ist der erste Stammvokal betroffen. Als Ergebnis schwankt die Anzahl der segmentalen Positionen des Stamms im Beispiel zwischen 4 und 5. Eine zu a ~ 0 in gamar vergleichbare systematische Alternation von Vollvokalen mit Null taucht dagegen im Verbalbereich des Deutschen nicht auf. 1 4.2.2

Relevante morphologische Domänen

Welche Domäne ist nun von solchen Positionsveränderungen betroffen? Die neuhebräischen Daten in (82) bieten keinen Anlaß zur Annahme, daß die wortperipheren Affixe positionell nicht konstant seien. Alle diesbezüglichen Veränderungen betrafen nur den Stamm. Wie Walther & Graf (in Vorb.) zeigen, gilt diese Generalisierung im wesentlichen auch bei Ausweitung der Datenbasis auf das volle Verbalparadigma. 2 Was aber ist eigentlich der Stamm? Und was ist ein Affix? Vor allem auch wegen der Fülle verschiedener Stammbegriffe lohnt es sich, diese Domänen für Zwecke dieser Arbeit genauer zu definieren: (83)

IDENTIFIKATION DER D O M Ä N E N ' A F F I X ' UND ' S T A M M '

Die Domäne AFFIX bezeichnet diejenige echte und maximale Teilkette von Segmenten einer Wortform, welche von phonologischen Exponenten begrenzt wird, deren zugehöriges gemeinsames Morphemtoken einer geschlossenen Klasse angehört. Die Domäne STAMM ist koextensiv mit derjenigen maximalen Teilkette, die von phonologischen Exponenten eines dazu gehörenden gemeinsamen Morphemtokens begrenzt wird, welches einer offenen Klasse angehört. Die begrenzenden Exponenten selbst sind per Definition Bestandteil der jeweiligen maximalen Teilkette; sie dürfen somit auch zusammenfallen. Die Bedingung, das die Affixdomäne eine echte Teilkette der Gesamtwortform sein muß, verhindert eine fälschliche Klassifikation freier Morpheme einer geschlossenen Klasse wie z.B. Präpositionen. Man beachte darüberhinaus, daß nur die Domänenränder definitorisch wesentlich sind, so daß sich die Zeitintervalle verschiedener Domänen durchaus überlappen dürfen. Dies bedeutet für den Fall der vollständiger Inklusion einer Domäne durch 1

Zwar werden bei der unproduktiven Klasse der starken Verben im Deutschen prinzipiell durchaus ähnliche Änderungen der segmentalen Qualität von Stammvokalen beobachtet wie in den Futurformen des hebräischen Beispiels, cf. ich helfe, du hilfst, wir helfen, ich hülfe, geholfen), doch bleibt im Allgemeinen die Anzahl der Positionen selbst konstant. Ebenso gibt es Ähnlichkeiten mit dem häufig untersuchten Problem der Schwa/0-Alternation (vgl. Seg[a]l, Seg[0]l-er). Hier ist aber zum einen kein Vollvokal beteiligt, zum anderen läßt sich in vielen Fällen für einen silbischen Konsonanten als phonologisches Trägerelement des perzeptuellen Schwa-Eindrucks argumentieren.

2

Die Ausnahme sind Fälle von Schwa/0-Alternation bei Verbpräfixen im Kontext einer ganzen Phrase, e.g. ma-kabel 'empfangen,bekommen' ~ hu m-kabel, wo etwa das vorangestellte vokal finale Personalpronomen / h u / (3sg.mask.) den Wegfall des Schwa bewirkt. Diese geringfügigen Alternationen führen aber nicht zu Veränderungen der Stammform.

123 eine andere zum Beispiel, daß Stamminfixe zur Domäne des Stamms zählen. Die Definition berücksichtigt auch Fälle, bei denen sich aifixales und Stamm-Material nur teilweise überlappen, etwa wenn ein finales Präfixsegment und ein initiales Stammelement metathetisch die Plätze tauschen (vgl. dazu die Sibilantenmetathese im hitpa?el Binyan des Neuhebräischen, etwa hit-sader > [histamm[st]prdfiXa>der] '(sich) zurechtmachen', Glinert 1989, 477f.). Bei einsegmentigen Affixen handelt es sich bei den begrenzenden Exponenten um ein- und dasselbe Token; die beiden Stammvokale der neuhebräischen Verben wären nach dieser Definition also eigenständige Affixe, weil sie Exponenten einer geschlossenen Klasse sind. Es gibt mindestens drei Klassen von Phänomenen, die scheinbare oder tatsächliche Probleme für die angegebene Definition darstellen. Die erste Klasse zeichnet sich phänomenologisch durch eine scheinbar größere Domäne aus, als es die begrenzenden Exponenten signalisieren. Ein Beispiel dafür sind die Wurzeln mit einem finalen 'Nullkonsonanten' im Neubräischen (Glinert 1989, 478), die auch in unsuffigierten Flektionsformen auf einem Vokal enden, so etwa in kana 'er kaufte'. Die obige Definition würde die Domänenstruktur [fc \a\infix,vI n]stamm [a]suffix,V2 vorhersagen, müßte den zweiten Vokal also als stammextern klassifizieren. Verben dieses Typs erweisen sich zumindest in Bezug auf die Realisierung des zweiten Stammvokals Vi aber als parallel zu regulären triliteralen Verben, bei denen der Stamm nach dem zweiten Stammvokal auf einem overten Konsonanten endete. Die Tatsache, daß ein solcher Konsonant stammfinal folgt, kann als für die Realisierung von Vi ursächlich angesehen werden: ansonsten würde sich ein hier nicht zulässiges CC-Cluster bilden. Unabhängig von der Frage, ob solche 'Geister'segmente durch den diachronen Wegfall tatsächlicher Segmente entstanden sind, ist natürlich eine synchrone Behandlung solcher Fälle anzustreben. Entweder wird hier ein Analogieprozess zu den regulären Formen für die Induktion einer abweichenden Stammdomäne herangezogen, wodurch die Definition (83) dann aber für diese Fälle als nicht anwendbar erklärt wird. Oder man postuliert, die Ergebnisse zur Domänenstruktur aus der obigen Definition akzeptierend, schlicht ein abweichendes Affixsystem für diese Klasse von Verben. Kein Problem im Sinne der Definition (83) sind Fälle, wo der Exponent eines Morphemtokens durch einen systematischen sprachlichen Mechanismus kopiert wird. Prototypische Fälle dafür wären alle möglichen Arten von Reduplikationen. Wesentlich ist hier die bekannte Idee, nach der Reduplikation als Affigierung eines abstrakten, segmental unbzw. unterspezifizierten Morphems RED an eine Basis B aufzufassen sei. Ein Beispiel im Chamorro mit B = Adjektiv, REDsemantik ~ Intensifikation wären beispielsweise Paare wie 'dankolo ~ 'dankolo-lo 'groß ~ sehr groß', 'metgot ~ 'metgo-go-t 'stark ~ sehr stark', (McCarthy & Prince 1993,132, (241))). Unter obiger Idee sind Morphem-Exponenz-Paare wie { < GROSS0ffen, dankolo >, < INTENSIVgeschiossen, lo > } eindeutig festgelegt. Was hier möglicherweise auf den ersten Blick verwirren könnte, ist aber die Frage nach der Identifikation des Ä£D-Morphems aus seinem. Exponenten, der ja eine Funktion der Basis B und damit variabel ist. Damit scheint ein naiver Lexikonzugriff - d.h. exakter Musterabgleich zwischen einer Teilkette der vorliegenden Wortform und der Segmentkette des Lexems - nicht möglich zu sein. Dies gilt ebenso für die Identifikation der Basis aus ei-

124

nem diskontinuierlichen Exponenten, wie im Fall metgogot. Wenn die Relation zwischen abstraktem Morphem und Exponenten aber constraintbasiert erfolgt, sind komplexere und phonologisch unterspezifizierte Lexikoneinträge vorstellbar: ein schematische Eintrag X\X 2 — [XIX2]RED stellt zwar nicht den Beginn einer ausgewachsenen Theorie zur Reduplikation dar, illustriert aber dennoch die generelle Idee. Die segmentale Substanz von RED wird hier per Koindizierung aus dem segmentalen Gehalt bestimmter adjazenter Positionen ermittelt. Die Basiseinträge müssen ebenfalls entsprechend umgestaltet werden, um infigierte Elemente zu tolerieren. Die dritte Klasse von diskussionswürdigen Fällen betrifft diejenigen Kontexte, wo offensichtlich Morpheme überlagert werden, eine naive konkatenative Verknüpfung also nicht ausreicht. Neben tonalen Morphemen gibt es auch auf der Ebene der segmentalen Qualitätsveränderung derartige Erscheinungen, die oft unter dem Schlagwort 'autosegmentale Phänomene' behandelt werden. Wenn etwa in Terena, einer Arawakan-Sprache aus Brasilien die Kategorie '1. Person' durch Nasalierung aller Segmente vom linken Wortrand bis zum ersten supralaryngalen Obstruenten ausgedrückt wird (Bendor-Samuel 1960), so kann auf der Basis der Randsegmente, die von dem entsprechenden Morphem einer offenen Klasse definiert werden, kein einheitliches Affix bestimmt werden. Natürlich liefert die obige Identifikationsvorschrift für jede Wortform wiederum eine Affixdomäne. Das Problem liegt aber in der massiven Disjunktivität des durch eine direkte Anwendung von (83) ermittelten Affix-Lexikoneintrags, der zudem für jedes Disjunkt den zugehörigen Stamm angeben müßte. Nichts verbietet aber die Annahme einer phonologisch informierten Generalisierungskomponente, die solche Redundanzen zu vereinfachen trachtet: falls die die Disjunkte verbindende Generalisierung entdeckt und mithilfe natürlicher Klassen konjunktiv ausgedrückt werden kann, ergibt sich daraus eine nichtredundante Reformulierung des Eintrags. Festzuhalten bleibt, daß die gegebene Identifikationsvorschrift auf jeden Fall für die im weiteren Verlauf dieser Arbeit besprochenen Phänomene ausreicht. (83) stellt damit ein analytisch verwendbares Diagnostikum für die Domänenabgrenzung innerhalb von Wortformen bereit. 4.2.3

Natur der variablen Elemente

Eine weitere Beobachtung zur Natur der Positionsvariationsphänomene ist, daß für die positioneilen Alternationen in den Stämmen bislang nur die Vokale verantwortlich zeichnen. Dieser Befund gilt nicht nur - neben dem konkreten Beispiel neuhebräischer Verbformen in (82) - offenbar für semitische Sprachen im allgemeinen. Vielmehr finden sich auch in unverwandten Sprachfamilien einschlägige Belege. (84) zeigt ein entsprechendes Beispiel aus der nordamerikanischen Indianersprache Tonkawa (Hoijer 1946). Die in (84).a-c dargestellten Verbformen zeigen, daß in Abhängigkeit vom Affigierungsmuster prinzipiell alle Stammvokale mit Null alternieren können. Man beachte, daß die Qualität der Vokale unprädiktabel ist, eine Beschreibung mittels Epenthese also nicht infrage kommt. Aus der Summe aller Formen können - zunächst rein deskriptiv - somit vollständige Stammspe-

125 'schneiden' a. b. c. d.

picn-o? we-pcen-o? picna-n-o? p(i)c(e)n(a)

Hecken1

'Heu machen'

netl-o? we-ntal-o? netle-n-o? n(e)t(a)l(e)

notx-o? we-ntox-o? notxo-n-o? n(o)t(o)x(o)

(,S.sg.obj. -3.sg.subj.) (,3.pl.obj.- -3.sg.subj.) (S.sg.obj. -progressiv-

-3.sg.subj.)

zifikationen wie in (84).d abgeleitet werden. Eine erste, phonologisch-informationstheoretische Erklärung für die Behauptung, daß Vokale offenbar eine ausgezeichnete Rolle im Bezug auf positionelle Alternationen spielen, involviert zum einen ihre prototypischen Eignung als Silbenkerne, zum anderen allgemeine Ökonomieprinzipien für die Informationsübertragung in sprachlicher Kommunikation. Die Argumentation dazu verläuft wie folgt. Wortformen werden in Silben zergliedert, die in erster Näherung die eigenständig aussprechbaren Einheiten darstellen. Eine Tendenz zur Minimierung der Anzahl beteiligter Silben bei gegebener kommunikativer Aufgabe kann somit am ehesten erfüllt werden, wenn Vokale weggelassen werden. Damit muß aber die inhärente Redundanz bzw. Prädiktabilität der weglaßbaren vokalischen Anteile größer sein als die der Konsonanten, da ansonsten Informationsverlust droht. Um letzterem vorzubeugen, ergibt sich umgekehrt die weitgehende Invarianz der Konsonanten. Ein solches Szenario harmoniert gut mit einer deskriptiven Charakterisierung etwa der semitischen Morphologie, die dem WurzelVokalmuster-Typus (root-and-pattern) zugerechnet wird: die unprädiktable Wurzel besteht in der Regel nur aus Konsonanten. Approximanten wie /j,w/, die ebenfalls mögliche Wurzelelemente sind, zählen für deskriptive Zwecke hier zu den Konsonanten. Ein zweiter, vorläufig ebenfalls spekulativer Erklärungsversuch könnte stärker auf die phonetische Realisierung phonologischer Repräsentationen abheben. Wie seit den Arbeiten von Öhman (1966), Perkell (1969), Mermelstein (1973) weithin angenommen wird, können Silben artikulatorisch als aus einer temporal ausgedehnten vokalischen Basis mit konsonantischen Obstruktionen an den Intervallrändern zusammengesetzt aufgefaßt werden. Oft genügen bereits kleine Verschiebungen der zeitlichen Lage solcher Konsonantenrealisierungen zusammen mit Vokalreduktion (articulatory undershoot), um den perzeptuellen Eindruck eines fehlenden Vokals hervorzurufen (vgl. dazu Coleman 1994 zu Fällen wie engl, suppose, prepose mit einer Demonstration von Realisierungen, in denen der Erstvokal weitestgehend reduziert bzw. konsonantisch überlappt ist). Solche temporale Variabilität innerhalb der artikulatorischen Realisierung von Wörtern wird begünstigt durch grammatikalische Faktoren wie Unbetontheit, aber auch durch den Einfluß von Sprechtempo und Hörer-Sprecher-Mißverständnissen. Auf diesem Hintergrund erscheint es daher plausibel, daß im Laufe der Zeit eine Grammatikalisierung bzw. phonologische Reinterpretation der neuen Realisierungsmöglichkeiten stattfinden kann. Beide Erklärungsversuche sind miteinander verträglich; eine Tendenz zur Grammatikalisierung wird sicherlich um so mehr existieren, je mehr sich daraus ökonomischere Kommunikationsbedingungen ergeben. Man beachte allerdings, daß solche übersprachlichen Ökonomieprinzipien immer auch durch sprachliche Bedingungen restringiert werden; einem rein reduktionistischen Vorgehen soll also hier nicht das Wort geredet werden.

126 4.2.4

Bausteine der Variation

Geht man von der maximalen Realisierung eines Morphemgefüges als total geordnete Segmentkette aus, die über die Konkatenation aller beteiligten Laute definiert werden kann, so ergeben sich nun a priori die folgenden zwei Möglichkeiten, um die Anzahl der zu realisierenden segmentalen Positionen zu verringern: (85)

• Weglassen von Positionen • Uberlagerung von Positionen

Während die Möglichkeit, Positionen wegzulassen, bereits in den obigen Beispielen deutlich wurde, können Phänomene wie das der Verschmelzung benachbarter Vokale - die sogenannte Vokalkoaleszenz - oder konsonantische Assimilationen als Überlagerung benachbarter Positionen gedeutet werden. Vokalkoaleszenz am Beispiel von Phänomenen aus dem Tigrinya wird in Kapitel 5 eine wichtige Rolle spielen, sodaß in dieser Arbeit beide Typen positionaler Alternation berücksichtigt werden. 4.2.5

Beschränkung der Variation

Die einfachste Annahme zum Alternationsverhalten von positionsvariablen Morphemen ist die, daß alle Varianten der Wortform prinzipiell möglich sind. Dies widerspricht aber auf den ersten Blick der Tatsache, daß wir praktisch nie eine solche völlig freie Alternation vorfinden. Vielmehr ergibt sich normalerweise pro Paradigmenzelle immer eine einzige, eindeutig festgelegte Form. Was ist nun die Natur dieser Festlegung? Grundsätzlich ist einer denkbaren lexikalisch-einzelfallbasierten Lösung natürlich die Anwendung genereller Prinzipien vorzuziehen. Die entscheidende Beobachtung auf dem Weg zu einer solchen prinzipiellen Erklärung ist nun die folgende: scheinbar besitzen 'nicht-konkatenative' Sprachen zumindest wortmedial sehr häufig ein restriktives Inventar möglicher Silbentypen. So ist etwa sowohl im Neuhebräischen, Tigrinya und Tonkawa die diesbezügliche native Silbenstruktur auf CV(C) fixiert. Die Behauptung ist nun, daß ein fundamentaler Zusammenhang zwischen dieser Restriktivität und der Möglichkeit von Positionsalternationen besteht, wie sie in 'nicht-konkatenativen' Sprachen produktiv vorkommt. Unter dieser Sicht ist es kein Zufall, daß es in vielen Fällen gelingt, die nicht attestierten Formen einer hypothetisch angenommenen freien Variation allein durch das generelle Prinzip auszufiltern, demzufolge die gesamte Wortform aus möglichen Silben der Sprache zusammengesetzt sein muß. Konkret widersprechen etwa die hypothetischen neuhebräischen Formen *.gmr. *.gmVr., *.gVmr. von gamar in (82) aufgrund der resultierenden Muster *CCC, +CCVC und +CVCC alle der angegebenen Silbenstrukturbedingung. Ist die Menge zulässiger Silbentypen klein, ergibt sich umgekehrt automatisch eine große beschränkende Kraft auf die Menge zulässiger Wortformen. Nichtsdestotrotz kann die Menge hypothetischer Wortformkandidaten unter positionaler Alternationsmöglichkeit etwa aller Stammvokale immer noch Minimalpaare bzw. -tupel enthalten, die silbenstrukturell gleich wohlgeformt sind. So stellt sich etwa die Frage, welches Kriterium

127 *CV-.gVm.r-V als mögliche Formen der rechten Spalte von (82) ausschließt: attestiert sind ja nur Formen gemäß dem Schema CV-g.mV.r-V (etwa ti-gmer-u, *ti-.gam.ru). Ein sehr einfaches Kriterium besteht darin, diejenigen Formen zu bevorzugen, die in zweierlei Hinsicht am ökonomischsten bzw. optimalsten sind: sie enthalten (i) ein Minimum an (Laut-)Positionen, und (ii) bei ihnen wird die Entscheidung, Positionen wegzulassen bzw. zu überlagern so früh wie möglich - im Sinne der Sprachproduktions-Zeitachse gefällt. Ein Prinzip, welches diese Ökonomiekriterien erfüllt, soll im folgenden als inkrementelles Optimierungsprinzip bezeichnet werden. Die Forderung (i) ist vor allem unter dem Aspekt der zeiteffizienten Dekodierung durch den Hörer und der Maximierung des Informationsdurchsatzes motivierbar. Die Komponente (ii) ist dagegen eher ökonomisch im Sinne der inkrementellen Sprachproduktion in Echtzeit, da sie zum einen die geringste Ressöurcenbelastung für einen Zwischenspeicher bedeutet, der die Realisierungsmöglichkeiten noch nicht entschiedener alternationsfähiger Positionen aufbewahren muß. Zum anderen benötigt ein Zurücksetzen zu alternativen Realisierungsformen desto mehr Zeit, je später es erfolgt, da bereits ein Großteil der Segmentkette des aktuell verfolgten Kandidaten vorgeplant wurde, jedoch nun verworfen werden muß.3 Siehe dazu auch Abschnitt 4.3.6. Dies beschließt die informelle Vorschau über Problematik und Lösungsansätze zur positionsvariablen Morphologie. Im folgenden soll ein eigener formaler Ansatz zur Analyse solcher Phänomene vorgestellt werden.

4.3

Formale Modellierung und Implementierung

In diesem Abschnitt werden zunächst segmentale Positionen selbst und anschließend die Konkatenation solcher Positionen zu einer Kette formalisiert. Auf diese Grundbausteine zur Beschreibung konkatenativer Strukturen folgt die Charakterisierung möglicher Positionsalternationen im Rahmen einer Familie von Resequenzierungsconstraints. Die formale Fassung von Silbenstrukturconstraints im Zusammenspiel mit der Silbifizierung wird kurz gestreift, um dann das erwähnte inkrementelle Optimierungsprinzip zu präzisieren. Schließlich wird eine generelle Analysestrategie für 'nicht-konkatenative' Phänome im Rahmen der so entwickelten Theorie vorgeschlagen. Hier wird auch auf wichtige zusätzliche Maßnahmen eingegangen, die bei typischen analytischen Problemen über die bereits genannte theoretische Basis hinaus erforderlich werden. 4.3.1

Segmentale Positionen

Segmentale Positionen müssen mindestens die folgenden Anforderungen erfüllen: 3

Sicherlich sind diese Überlegungen aufgrund des unbekannten Grades an mentaler Parallelverarbeitung und der noch weitgehend unverstandenen Gehirnarchitektur sehr spekulativ. Sie erscheinen jedoch etwa wegen der bekannten Ressourcenbeschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses und der inhärenten Notwendigkeit, die Teilergebnisse einer parallelen Implementierung globaler Optimierung zwischen den unabhängigen Berechnungszweigen auszutauschen, nicht ganz unplausibel.

128

(86)

• Rechte und linke Nachbarposition sind einfach und lokal erreichbar • Silbenrolle und segmentaler Gehalt sind formal voneinander unabhängig • Ihre Lage in einer gegebenen Domäne - medial bzw. peripher - und die Art der Randlage - initial bzw. final - ist einfach und lokal bestimmbar

Während der erste Punkt durch die beiden bekannten Typen von Kontextreferenz in phonologischen Analysen, "_ Kontext" und "Kontext _", wohlmotiviert ist, ergibt sich die Forderung nach unabhängiger Koindizierbarkeit von Silbenrolle und zugehörigem Segment etwa bei Reduplikationsphänomenen. So können etwa bei der Pluralreduplikation im Ilokano die Silbenrollen von Basissegmenten und reduplizierten Kopien durchaus differieren, wie etwa die Formen pu.sa 'Katze' vs. puSj.pu.Sia 'Katzen' (Koda- bzw. Onset-Rolle für /si/) zeigen. Die per Koindizierung sicherzustellende Identität der segmentalen Qualität bleibt aber gewahrt. Schließlich ist die Notwendigkeit, einerseits die beiden Domänenrandpositionen untereinander, andererseits die periphere von einer medialen Lage abzugrenzen, u.a. mit den in vielen Sprachen weitergehenden phonotaktischen Möglichkeiten an den Rändern von Wörtern begründbar (cf. etwa das Deutsche, Englische, die slawischen Sprachen). Die entsprechenden phonotaktischen Constraints müssen also in der Lage sein, diese Randlage festzustellen. Eine wichtige Funktion der peripheren Randmarkierung ist auch, zu signalisieren, daß hier auf einer Seite keine natürliche Nachbarposition mehr existiert. Dies ist formal notwendig, um die Anwendung von Constraints blockieren zu können, die auf eine solche Bezug nehmen. (87) zeigt die gewählte Formalisierung segmentaler Positionen in CUF, welche allen obigen Anforderungen Rechnung trägt. (87)

1 pos_list :: 2 3 4 5 6 p o s i t i o n ::

l e f t :pos_list, seif:position, right :pos_list, c a t : category.

'/, '/, '/, '/,

seg: segment,

'/. melodic Information

7

prom: prominence.

'/. Virtual sonority difference

8 9 10 (ons;cod) < p o s i t i o n . 11 ( i n i t i a l ; f i n a l ) < p o s i t i o n .

l e f t neighbour own p o s i t i o n r i g h t neighbour non-phonological information

'/, w . r . t . l e f t neighbour '/. s y l l a b l e r o l e s '/, domain p e r i p h e r a l i t y

l e f t und r i g h t verweisen intuitiv zwar auf den linken und rechten Nachbarn, als Wertetyp für diese Attribute ist jedoch eine Positionsfoie posJist angegeben. Die tatsächlichen Werte verweisen also auf die links bzw. rechts beginnende Teil-Liste segmentaler Positionen, deren erstes Element jeweils der gewünschte Nachbar ist (s.u.). Der Wert von s e i f , der die aktuell betrachtete Position in einer Positionsliste denotiert, muß vom Typ position sein. Dieser Typ wiederum lizensiert als wichtigstes Merkmal neben dem bereits für Zwecke der SBS-Silbifizierung eingeführten prom das Attribut seg, dessen Wert in den lexikalischen Spezifikationen dann mit konkretem segmentalem Gehalt gefüllt werden wird. Zu sehen

129 ist in (87) auch, wie die Angaben zu kompositional zusammengesetzter Silbenrolle (Zeile 10) und Domänenrandlage (Zeile 11) beide Unterklassifikationen des Typs position bilden. Ein unter diesem Typ eingebettetes seg-Merkmal hat als Wertebereich den Typ segment, durch diese Verwendung eines separaten Merkmals ist die oben geforderte Unabhängigkeit sichergestellt. Eine Unabhängigkeit von Silbenrolle und der Markierung der Domänenlage ist dagegen in keiner der in dieser Arbeit vorgestellten formalen Analysen erforderlich, sodaß vorläufig kein Grund besteht, diese 'flache', gemeinsame Annotation von Positionen mit traditionell eher separierten Kategorien zugunsten einer Aufteilung auf zwei getrennte echte Merkmale aufzugeben. Werden also ganze seif-Positionen koindiziert, so sind unter dieser Formalisierung auch deren Silbenrollen und Domänenangaben tokenidentisch. 4.3.2

Konkatenation

Die Konkatenation von Einzelsegmenten zu einer Positionsliste bzw. -kette geschieht nun durch eine benannte Abstraktion, das dreistellige Prädikat bzw. die zweistellige Sorte concatO in (88). Als Argumente erhält es eine Referenz auf die aktuelle Position Seif und die Restliste PostSelf Anchor der Positionen nach der aktuellen Position, das Ergebnisargument als der gesamte Ausdruck nach dem : = (2-3) denotiert dann die konkatenative Zusammensetzung der vorstehenden Argumente. (88)

1 concatO(Seif, PostSelfAnchor) := 2 Self ft right:PostSelfAnchor ft 3 b i d i r e c t i o n a l _ l i s t _ c h a i n i n g ft mark_nonperipherality. 4 5 b i d i r e c t i o n a l _ l i s t _ c h a i n i n g := SameSubList ft right:left:SameSubList. 6 mark_nonperipherality := r i g h t : s e l f : ( " i n i t i a l ) ft l e f t : s e l f : ( " f i n a l ) . 7 8 medial_position := s e l f : ( " i n i t i a l ft " f i n a l ) . 9 10 is(Segment) := self:seg:Segment. 11

12 13 14 15 16 17 18 19 20

example(Post_t_Anchor) := At_k_Anchor ft concatO(is(k), concatO(is(ae), concatO(is(t),

Post_t_Anchor))).

word := s e l f ¡ i n i t i a l . end := l e f t : s e l f : f i n a l . domain(PostCatSegments) := word ft example(end ft PostCatSegments).

Obwohl der rekursive Aufbau der Positionsliste prinzipiell dem klassischen 'first-rest'Schema bekannter LISP- bzw. Prolog-Techniken folgt ('first' entspricht dabei s e i f , 'resi' r i g h t ) , führt die Generalisierung dieses Schemas mithilfe des nach links verweisenden

130 Pendants zu 'rest' insgesamt zu bidirektionalen Listen. Wichtig ist deshalb die richtige Koindizierung der Nachbarpositionen, die mittels b i d i r e c t i o n a l . l i s t . c h a i n i n g Stück für Stück zusammengesetzt wird. Die dazugehörige CUF-Definition besagt, daß ein Vorrücken von der aktuellen Position aus um eins nach rechts und dann wieder zurück die aktuelle Position ergeben muß. Diese Spezifikation, per Konjunktion an concatO gebunden, ist dafür verantwortlich, daß Positionslisten zyklische Merkmalstrukturen darstellen. Derartige Merkmalsstrukturen können inzwischen von modernen constraintbasierten Grammatikformalismen ohne Probleme verarbeitet werden; dies gilt insbesondere für das hier verwendete CUF. Bemerkenswert in (88) ist auch die partielle Spezifikation der Domänenlage mittels mark_nonperipherality: hier wird ausgedrückt, daß aus der Existenz einer Position zunächst nur geschlossen werden kann, daß der rechte Nachbar nicht mehr initial sein kann und der linke nicht mehr final. Erst wenn durch die Komposition von mehreren concatO-Prädikaten mindestens drei adjazente Positionen spezifiziert wurden, ergibt sich durch die konjunktive Uberlagerung dieser unterspezifizierten Angaben dann die vollspezifizierte Klassifikation von medialen Positionen zu " i n i t i a l & " f i n a l . Einen solchen iterative Aufbau von Positionslisten durch concatO vermittels mehrfacher Funktionalkomposition zeigt example (12-14) am Beispiel von engl, cot /kaet/. Das Zugriffsprädikat i s kürzt dabei die Spezifikation der segmentalen Qualität ab. Die formale Spezifikation von cat läßt zunächst offen, ob und wenn j a welches weitere Material vor /k/ und nach /t/ zulässig ist. Solche an beiden Enden offenen Listen sind damit ein geeignetes Mittel, die geforderte Eigenschaft der Oberflächentreue zu erhalten, sei es nur für die Domäne des aus individuellen Morphemen zusammengesetzten Worts oder auch in den von größeren Kontexten hervorgerufenen Nachbarschaftsbeziehungen zu weiterem segmentalen Material, wie sie etwa in der phonologischen Phrase und darüberhinaus gegeben sind. Der Einwand von Ellison (1995), der Konkatenation als eine nicht-deklarative und nicht-oberflächentreue formale Operation analysiert, gilt dagegen nur für beidseitig abgeschlossene Konkatenanden, die in der Tat zu starke Aussagen über das Nichtvorhandensein von weiterem Material machen. Unabhängig von der beidseitigen Erweiterbarkeit solcher konkatenativer Strukturen möchte man aber dennoch die bislang unterspezifizierten Randpositionen als domäneninitial bzw. -final festlegen können. Dies gelingt mit den Prädikaten word bzw. end, die die von mark_non_peripherality ausgesprochenen Teilspezifikationen wie in (88) angegeben vervollständigen. Die Definition von domain (19-20) zeigt eine entsprechende Beispielanwendung, die cat als Wortdomäne vollständig spezifiziert. Die von ihr denotierte Attribut-Werte-Struktur, die deutlich den zyklischen Charakter erkennen läßt, findet sich in (89) wieder.

131 (89)

pos-list left:

self:

posJist self: position A-> final initial A-i final seg: k

posJist left:

0

self:

S

position A-i final A-> initial seg: at posJist

right: H]

left:

right: EI

self:

right:

m

final A-i initial seg: t posJist left:[3] self:

4.3.3

position A- initial

Positionelle Alternation

Nachdem bislang die Möglichkeit geschaffen wurde, sowohl die Existenz von Positionen als auch ihre unmittelbaren Nachbarschaftsbeziehungen zu spezifizieren, soll im folgenden die Formalisierung von Positionsalternationen im Vordergrund stehen. Dies ist der entscheidende Schritt, der es erlaubt, flexiblere konkatenative Strukturen zu definieren, ohne Konkatenation als fundamentale, typologisch unmarkierte Verknüpfung innerhalb der Morphemkomposition aufzugeben. Dazu zunächst zwei Begriffsdefinitionen. Unter einem Ankerpunkt soll eine ausgezeichnete Position in einer Positionskette verstanden werden, auf die sich die weitere Konkatenation bezieht. Das im folgenden eingekastelt dargestellte Beispiel soll dies verdeutlichen. In der Konkatenation AXB der 4-14-2 Positionsliste X nach A und vor B zeigen die Pfeilsymbole zunächst auf die zwei AXB 4-14-2 für X relevanten Ankerpunkte, nämlich das erste Element von X selbst und das AB erste Folgeelement nach der Liste X. Resequenzierung bezeichnet dann die VerSchiebung eines Ankerpunkts, bezogen auf den Positionsindex. Bezogen auf AXB hat also in der darunter abgebildeten Konfiguration eine Resequenzierung stattgefunden, weil der zweite Ankerpunkt um die Länge von X nach vorne verschoben wurde - er fällt hier mit dem ersten Ankerpunkt zusammen. Es stellt sich nun heraus, daß viele Fälle von Positionsalternationen durch eine ggf. iteriert zu spezifizierende lokale Resequenzierung um eine Position nach vorne beschrieben werden können. Im bisher definierten Prädikat concatO waren der Ankerpunkt der aktuellen Position Seif und der für weitere Konkatenation verfügbare nächste Ankerpunkt PostSelf Anchor genau eine Position auseinander. Im neu eingeführten resequencePrädikat von (90) ist nun disjunktiv eine zweite Sequenzierungsoption vorgesehen, bei der wie im vorgenannten Beispiel die beiden Ankerpunkte zusammenfallen, so daß keine dazwischenliegende Position mehr existiert. Formal wird das Zusammenfallen durch Konjunktion der zugehörigen Anker-Variablen ausgedrückt (Zeile 2). Da resequence als gene-

132 risches Prädikat konzipiert ist, werden die linken Ankerpunkte ResequencedSelf Anchor, RealizedSelf Anchor der beiden genannten Alternativen in der Implementierung in (90) getrennt als Parameter verfügbar gemacht (Zeile 1). (90) 1 resequence(ResequencedSelfAnchor,RealizedSelfAnchor.NextAnchor) := & NextAnchor 2 ( ResequencedSelfAnchor 3 ; concatO(RealizedSelfAnchor, NextAnchor) 4 ). 5 6 resequence_xO(X, NextAnchor) := 7 resequence( _ , X, NextAnchor). 8 9 resequence_left(X, NextAnchor) := 10 resequence( left:X, X, NextAnchor). 11 12 resequence_right(X, NextAnchor) := 13 resequence(rightrX, X, NextAnchor). Die drei in (90) folgenden Parametrisierungen des generischen Prädikats resequence unterscheiden sich nur in der Frage, ob beim Zusammenfallen der beiden Ankerpunkte weitere Restriktionen wirksam werden und wenn ja, welche. Gemeinsam ist ihnen dabei eine Verkürzung der Positionskette um eine Position, falls das erste Disjunkt von resequence ausgewählt wird. Im Falle von resequence_xO (6-7) gibt es darüberhinaus keine weiteren Restriktionen, was durch die völlig unterspezifizierte Merkmalsstruktur, notiert als anonyme Variable "_" im ersten Parameter ausgedrückt ist (Zeile 7). Dieser Fall entspricht der bekannten X/0-Alternation (in Zeichen "(X)"), bei der unter der Prämisse von Oberflächentreue die Spezifikation von X keinerlei Einfluß mehr ausüben darf, wenn die 0-Alternante gewählt wird. Bei den beiden übrigen Parametrisierungen dagegen haben die an X gebundenen Restriktionen einen Einfluß auf beide Realisierungsalternativen, es variiert lediglich der Ort, an der sie wirksam werden. Die Definition von resequence_left (in Zeichen "^C") drückt aus, daß die an X gebundenen Restriktionen bei Wahl der Resequenzierungsalternative ab der Position links vom Ankerpunkt (left:X) wirksam werden, was einer Uberlagerung der X-Restriktionen auf den linken Nachbarn gleichkommt (9-10). Wie noch gezeigt werden wird, hat diese Parametrisierung insbesondere Bedeutung für Koaleszenzphänomene. Dort können zwei benachbarte Aktanden positioneil zusammenfallen und gemeinsam zu einer neuen segmentalen Qualität beitragen, ohne daß jedoch der Verlust an prosodischer Länge zwingend kompensiert würde. Schließlich modelliert resequence_right (in Zeichen den umgekehrten Fall (Zeile 12-13), in welchem der invariant wirksame Einfluß der Restriktionen, die an die Variable X gebunden sind, beim Zusammenfallen der Ankerpunkte nun ab der ersten Position rechts von diesen wirksam wird (right:X). Existieren dort unabhängige weitere Restriktionen, kommt es natürlich ebenfalls zu einer nichttrivialen Uberlagerung, die formal gesehen

133

nichts anderes als die normale konjunktive Constraintinteraktion ist. Dieser letzte Fall von Eesequenzierung korrespondiert linguistisch mit Metathese, da die darauffolgende Konkatenation sich - wegen der Monotonieeigenschaft des Formalismus - natürlich weiterhin auf den von r e s e q u e n c e . r i g h t zur Verfügung gestellten Ankerpunkt bezieht und damit im Resequenzierungsfall eine Position vorgezogen wird.4 Die durch die drei Parametrisierungen von resequence induzierten Zeichenketten-Relationen sind in (91) veranschaulicht. Mit ai, bj werden entsprechende Positionen des Links- bzw. Rechtskontexts bezeichnet, X ist als einzufügendes Element das erste Argument der drei Resequenzierungsprädikate 5 und die Pfeilsymbole deuten die Lage der Ankerpunkte an. Vertikale Stapelung von Symbolen soll die erwähnte konjunktive Uberlagerung darstellen. Realisierung

4.3.4

Resequenzierung Uh anXb\b2. • bm uu anXbib2. •bm

resequence.xO

a\a2.

resequence_left

Ü\Ü2 • .

resequence.right

uu a\a2 • . anXb\b2

.

• • bm

~

aia2 . •

~

Û1Û2.

~

aia

Ii 4-2

anbib2.. •bm uu ,anbib2.. • bm X

2. •

4.14-2

a„bib2.. • bm X

Konkatenative Spezifikation 'nicht-konkatenativer' Morphologie

Als einführendes Beispiel in die Einsatzmöglichkeiten von Resequenzierungsstrukturen für die konkatenative Analyse 'nicht-konkatenativer' Morphologie soll im folgenden das aus (82) bekannte Teilparadigma (92) der Verben des Neuhebräischen wiederholt werden. (92)

4

5

TEILPARADIGMA FÜR gamar

'BEENDEN' (BINYAN 1 )

l.sg. 2.sg.masc. 2.sg.fem. 3.sg.masc. 3.sg.fem.

Imperfekt gamar-ti gamar-ta gamar-t gamar gamr-a

Futur ?e-gmor ti-gmor ti-gmer-i ji-gmor ti-gmor

l.pl. 2.pl. 3.pl.

gamar-nu gamar-tem gamr-u

ni-gmor ti-gmer-u ji-gmer-u

Damit echte Metathese AB ~ BA zustande kommen kann, muß die 'ursprüngliche' Nachfolgerposition der vorgezogenen Konkatenandenposition B natürlich abgestimmt auf die Anforderungen des dort landenden 'zugrundeliegenden' Erstgliedes A sein; ggf. ist lexikalisch eine 'Lücke', d.h. eine segmental unterspezifizierte Position vorzusehen. Siehe auch Walther & Graf (in Vorb.) für eine etwas andere Formalisierung am Beispiel der Sibilantenmetathese im Neuhebräischen, die aber die gleiche Grundstruktur der Abstimmung beider Elemente A,B auf Metathese aufweist. Man beachte, daß das X-Argument formal ebenfalls eine, u.U. nur partiell spezifizierte Positions/iste denotiert, deren Elemente daher ebenfalls Restriktionen nach rechts und links aussprechen können. Im allgemeinen kann sich daraus ein komplexeres Uberlagerungsmuster ergeben, als die für Zwecke der Anschaulichkeit vereinfachte Abbildung zeigt. Für formale Belange gilt deshalb nach wie vor (90).

134 Die in (92) sichtbare V/0-Alternationsmöglichkeit beider Stammvokale eines regulären Verbstamms wie gamar mit drei Wurzelkonsonanten yjg.m.r führt in deskriptiver Notation zu einer Stammspezifikation g(a)m(a)r, in welcher sich obligatorische und fakultative Positionen abwechseln. Mithilfe der bislang eingeführten CUF-Definitionen kann diese wie folgt formal erfaßt werden: (93) 1 triliteral_stem(V2, VI, C3, C2, Cl, 2 3

PostStemAnchor) :=

'/. C1(V1)C2(V2)C3

concatO(Cl, resequence_xO(Vl, concatO(C2, resequence_xO(V2, concatO(C3, PostStemAnchor))))).

4 5 finish(Post_r_Anchor) := 6

triliteral_stem(is(e), is(a), is(r), is(m), is(g), Post_r_Anchor) k

7

cat:(future_tense k 'to finish').

8 9 prefix(Post_i_Anchor) := 10

concatO(is(t), concatO(is(i), Post_i_Anchor)) & cat:(second & pl).

11 suffix(Post_u_Anchor) := 12

concatO(is(u), Post_u_Anchor) k cat:(second k pl).

13 14 example := word & prefix(finish(suffix(end))). 15 16 share_word_level_features := cat:SameFeats k right:cat:SameFeats.

Die Parameterübergabe zur substantiellen Füllung der abstrakten Stammdefinition unseres gewählten Beispiels erfolgt hier über die ersten fünf Argumente von t r i l i t e r a l . s t e m (Zeile 1). Die Reihenfolge dieser Argumente oder die textuelle Trennung nach (WurzelKonsonanten und Vokalen spielt dabei keine Rolle, wie an der bewußt umgekehrt zur Oberflächenreihenfolge spezifizierten Konsonanten- bzw. Vokalabfolge deutlich wird. 6 Schließlich zeigt (93) mit der Definition von f i n i s h (5-7) auch, wie durch Instantiierung der entsprechenden abstrakten Parameter die Einzelheiten der segmentalen Identität von gamar festgelegt werden können. Die Konkatenation mit den nichtalternierenden, exklusiv mithilfe von concatO spezifizierten Affixen (9-12) ergibt schließlich eine Gesamtbeschreibung example (Zeile 14), deren Denotat die Form für 2. Person Plural Futur beinhaltet. Man beachte das Merkmal cat, welches als Schwester-Merkmal zu s e i f morphologische Information auf Wortebene für jede Position lokal zugreifbar macht. Dies geschieht formal durch Koindizierung der cat-Werte, wozu eine einfache Definition (Zeile 16) ausreicht, um deren Aufruf die concatO-Definition erweitert werden muß. Dieses Vorgehen kann als formale Ausbuchstabierung einer Variante des Vorschlags von McCarthy (1982, 123f.) verstanden werden, der alle N segmentalen Positionen eines Morphems per autosegmentaler Assoziation mit einem ausgezeichneten Morphemknoten ß verbunden sehen 6

Sie entspricht im übrigen der Oberflächenreihenfolge der Orthographie des Hebräischen.

135 wollte. Dieser sollte in Form eines Merkmalsbündels alle nichtphonologische Information zentral enthalten und somit gewisse Arbitraritäten im Zusammenhang mit einem sequentiellen Morphem-Grenzsymbole "+" vermeiden helfen, wie sie noch im SPE-Rahmen auftraten. 7 Für die Belange dieser Arbeit ergab sich aber nicht die Notwendigkeit, separate Morphemtoken pro Wort zu repräsentieren, so daß ein gemeinsamer Pool nichtphonologischer Information für die gesamte Wortform genügt. Es ist offen, ob grundsätzlich Fälle existieren, die nur durch separate Morphemtoken adäquat repräsentiert werden können und dann, wie bei McCarthy, wohl auch eine Sequenzierung derselben erfordern. Ebenfalls verzichtet wird hier auf eine merkmalsbasierte Strukturierung der nichtphonologischen Informationen zugunsten der flachen propositionallogischen Darstellung, wie sie (93) zeigt (Zeilen 7,10,12); in einer realistischen Gesamtgrammatik müßten etwa Kongruenzmerkmale, semantischer Gehalt und syntaktische Merkmale unabhängig voneinander zugänglich sein. Einer solchen Strukturierung, die z.B. gemäß der in der HPSG vorgeschlagenen Merkmalsgeometrie erfolgen könnte (Pollard k. Sag 1994), steht jedoch prinzipiell nichts im Wege. Ein zweiter Aspekt des obigen Vorgehens ist, daß Morpheme hier keine Konstituenten im Sinne einer Wort-Syntax bilden (Selkirk 1982). Konstituenten fungieren bekanntlich als formale Domänenmarker, auf die Regeln oder Constraints Bezug nehmen können. Sie stellen jedoch gleichzeitig relativ abstrakte Kategorien dar, deren Benutzung unter dem Postulat größtmöglicher Oberflächentreue und empirischer Falsifizierbarkeit generell minimiert werden sollte. Wenn Morpheme aber selbst aus Constraints zusammengesetzt werden, ist der Domänenbezug bereits definitorisch gegeben, die zusätzliche formale Markierung der Domäne kann daher in der Regel entfallen. In den bisherigen Arbeiten zum Tonkawa, Neuhebräischen und Tigrinya war es insbesondere überflüssig, eine formale Unterscheidung von Stamm versus Affix auf der Objektebene vorzunehmen, die minimal ein Diakritikum [±siem] pro Position oder eine overte Merkmalsrepräsentation der diesbezüglichen Konstituenten erfordert hätte. Vielmehr ergab sich der Unterschied aus den unterschiedlichen Constraints - also auf der Ebene der strukturierten formalen Beschreibungen - , die differentiell unterschiedliche Bereiche partiell spezifizierter Wörter festlegen. Die lexikalische Konkatenation der Einzelmorpheme, die deren lineare Abfolge im Wort festlegt, referiert wiederum nur auf die Ankerpunkte der konkatenativen Einzelstrukturen und erfordert daher keine nichtphonologische Konstituenteninformation.

Der aufmerksame Leser mag sich fragen, ob nicht die Klassifizierung domänenperipherer Positionen mittels der Typen initial, final ganz ähnliche Probleme heraufbeschwören könnte. Jedoch ist zu bedenken, daß hier die klassifikatorische Information den segmentalen Positionen überlagert ist, anders als in SPE, wo Grenzsymbole eine eigene Position auf gleicher Ebene mit segmentalen Merkmalsbündeln einnahmen. Diese Vermischung disparater Typen von Information war seit langem einer der Hauptkritikpunkte Ein SPE, zumindest was die Konzeption der Morphologie-Phonologie-Schnittstelle betraf. Ein zweites Problem lag darin, daß linguistisch unsinnige Sequenzen von Morphemgrenzen wie ' + + + ' formal durchaus spezifiziert werden konnten (McCarthy 1982, 124). Im hier vorgestellten System käme es bei vergleichbaren Spezifikationen dagegen zum Constraintkonflikt, wenn ausschließlich die eingeführten Standardprädikate zur Konkatenation und Peripheralitätsmarkierung verwendet werden.

136

Ausdrücklich festzuhalten bleibt schließlich die rein konkatenative Zusammensetzung der gesamten Wortform, die bereits im Lexikon erfolgt. Nicht nur Präfix, Stamm und Suffix werden auf diese Weise zusammengefügt, sondern auch die Einzelpositionen innerhalb dieser Wortbestandteile sind direkt (per concatO) oder indirekt (concatO als Bestandteil der Realisierungsalternative in resequence) konkatenativ verknüpft und somit durch die Relation der unmittelbaren Adjazenz total geordnet. Zentral für das Gelingen eines solchen Vorgehens ist, daß das constraintbasierte Vorgehen eine kompakte Beschreibung der Menge möglicher Realisierungen von Segmentpositionen gestattet. Einer für Zwecke dieser Kompaktheit bewußt in Kauf genommene Ubergenerierung der Beschreibung wird im folgenden durch weitere Constraints und einen Optimierungsmechanismus begegnet werden. Vom Verständnis dieser Arbeit her ist also kein ausgezeichneter Mechanismus vonnöten, der derivationell gedacht erst bei der eigentlichen Morphemkomposition wirksam wird, und den formalen Reflex eines angenommenen besonderen, eben 'nicht-konkatenativen' Typus von Morphologie darstellen soll. Ein solcher Mechanismus war etwa bei der autosegmentalen Analyse dieses Typus morphologischer Phänomene gegeben. Hier wurden die drei separat gespeicherten Einheiten Vokalmuster, Sequenz der Wurzelkonsonanten und verknüpfendes (prosodisches) Template auf unabhängig voneinander total geordneten Schichten plaziert und dann mittels Assoziationsprinzipien in Verbindung gebracht, wobei das Template eine koordinierende Rolle spielte. Dieser Linearisierungsprozeß gelang aber in keiner dem Autor bekannten Analyse rein prinzipienbasiert, vielmehr waren jeweils zusätzlich lexikalisch präassoziierte Verbindungen etwa zwischen Template und Konsonantenschicht erforderlich, um den Fakten gerecht zu werden (darauf weisen etwa Bird & Ellison 1994 in ihrer Formalisierung autosegmentaler Repräsentationen hin). Man kann diese Tatsache bereits als versteckten Hinweis auf die Vorteile eines lexikalisierten Vorgehens werten. Natürlich ist die vorgestellte Beispielmodellierung eines Falles von positionsvariabler prosodischer Morphologie hier zu Einführungszwecken stark verkürzt behandelt worden und ohne prosodische Constraints und inkrementelle Optimierung ohnehin unvollständig. Waither & Graf (in Vorb.) präsentieren allerdings unter denselben theoretischen Annahmen eine unverkürzte Detaildarstellung einer computerimplementierten Analyse des neuhebräischen Verbalsystems, die neben zahlreichen weiteren phonologischen Aspekten insbesondere die hier vernachlässigte Systematik des Ablautmusters der Stammvokale als Exponenten von Tempus, Aspekt und Status sowie die Struktur des Affixsystems erklärungskräftig einbezieht. Eine vergleichbare Analyse für das Tigrinya folgt in Kapitel 5. Bemerkungen zum Status von Templates. Auf den ersten Blick handelte es sich bei der Definition von t r i l i t e r a l _ s t e m um eine Art generalisiertes Template, welches eine finite Menge von Einzeltemplates im Sinne von McCarthy (1979) durch eine einzige formale Beschreibung ausdrückt. Diese denotiert hier konkret die vierelementige Menge {CiC 2 C 3 , C i V ^ C s , C1C2V2C3, C1V1C2V2C3}. Wie leicht zu sehen ist, enthält sie alle tatsächlich realisierten Oberflächen-Stammformen von (92). Allerdings enden hier auch

137

schon die Gemeinsamkeiten mit den bei McCarthy und in vielen ähnlichen Arbeiten verwendeten Templates. Diese sind zum einen als zugrundeliegende linguistische Objekte aufgefaßt, können also an der Oberfläche verändert erscheinen.8 Zum anderen werden entweder direkt konkrete Abfolgen von Konsonant- und Vokalpositionen stipuliert oder es wird - so in vielen neueren Arbeiten - der substantielle Gehalt von Templates indirekt durch die Verwendung prosodischer Konstituenten, beispielsweise eines iambischen Fußes, fixiert. In beiden Fällen erhalten Templates distinktiven Charakter. Im Gegensatz dazu ist eine generalisierte 'Template'beschreibung nach obigem Muster nichtdistinktiv, da sie ja das Gesamtparadigma aller Oberflächenrealisierungen erfassen muß. Diese nichtdistinktiven Templates machen allerdings eine klare Voraussage: es sollte prinzipiell das gesamte Kontinuum der 2" Realisierungsmuster für n resequenzierbare Elemente vorkommen können. Bei triliteralen Verben sind dies die soeben aufgezählten 22 Möglichkeiten, von denen nur /C1C2C3/ aufgrund der CV(C)-Silbenstrukturconstraints des Neuhebräischen in keinem Kontext wohlgeformt ist. Auch die dafür geeignetste Affigierungsoption, die rechts und links von dieser konsonantischen Teilkette einen Vokal beisteuert / . . . VC1C2C3V . . . / , ändert nichts am hier entscheidenden Faktor, dem zu langen medialen Cluster. Bei Verben mit mehr als drei Wurzelelementen nimmt die Anzahl der auf diese Weise prosodisch nicht wohlgeformten Realisierungsmuster entsprechend sogar noch zu. Die Situation ändert sich allerdings bei Verben, die konstant oder in bestimmten Teilparadigmen nur zwei Wurzelelemente aufweisen. Die 21 Realisierungsmöglichkeiten {CiC 2) C1VC2} sollten bei beidseitiger Affigierung auch im kritischen Fall / . . . VC1C2V . . . / , d.h. ohne einen einzigen realisierten Stammvokal, zu einer prosodisch wohlgeformten Struktur führen können. Diese Voraussage läßt sich für das Neuhebräische bestätigen (die Stammdomäne ist jeweils unterstrichen): (94)

NEUHEBRÄISCHE VERBFORMEN OHNE STAMMVOKALE Imperfekt

Futur

a. c.

halax hal\-a

(3.mask.sg) (3.fem.sg)

b. d.

ta-lex ta-l\-i/u

(2.mask.sg,3.fem.sg) (2.fem.sg/2.,3.pl)

y/(h).l.\ 'gehen, laufen'

e. g-

kana kan-ta

(3.mask.sg) (3.fem.sg)

f. h.

ti-kne ti-kn-i/u

(2.mask.sg,3.fem.sg) (2.fem.sg/2.,3.pl)

sJk.n.Z 'kaufen'

i. k.

natan natn-a

(3.mask.sg) j(3.fem.sg) 1.

ti-ten ti-tn-i/u

(2.mask.sg,3.fem.sg) (2.fem.sg/2.,3.pl)

y/(n).t.n 'geben'

Der in (94).b gezeigte Wurzeltypus mit fakultativem initialem / h / ist zugegebenermaßen sehr selten, dies ändert aber nichts an der Tatsache, daß die vorausgesagte Möglichkeit in Hier ist eine genaue Unterscheidung zwischen phonetischer Erscheinungsform und sog. 'output'-Ebene notwendig. Wenn McCarthy & Prince (1993, 4) schreiben, „ . . . the rise of templatic morphology (McCarthy 1979a, McCarthy and Prince 1986), in which conditions on output shape rather than rules govern the form of morphemes . . . ", so sind diese 'output'-Bedingungen etwa in McCarthy (1979), wiederabgedruckt als McCarthy (1982), zwanglos ergänzt etwa um „The Flop and Erasure Rules (12) and (18)."(McCarthy 1982, 142). Solche destruktiven Regeln sind in McCarthys Analyse des Arabischen zugelassen, um derivationell zwischen 'output'- und phonetischer Ebene vermitteln.

138

(94).d attestiert ist. Die Formengruppe in (94).e-h zeigt das Verhalten von Wurzeln mit finalem 'Nullkonsonant' (in der Terminologie von Glinert 1989), d.h. Biliteralen mit synchron vokalfinalem Stamm im 3.mask.sg.Imperfekt, die in einer früheren Sprachstufe einen Guttural aufwiesen (f y/k.n.h ). Auch diese Verben zeigen vokalfreie Stammrealisierungen, cf. (94).h.9 Schließlich zeigt cf. (94).i-1 ein Beispiel aus einer ganzen Reihe von n-initialen Wurzeln (z.B. auch y/(n).f.l 'fallen' (Bl), y/(n).s .(b) 'fahren' (Bl)), wo sich wiederum bei Nichtrealisierung des initialen Wurzelelements und entsprechender beidseitiger Affigierung die gesuchte Zielkonfiguration (94).1 ergibt. Das gleiche Phänomen existiert auch im Tigrinya. Angesichts solcher Formen muß jeder Versuch einer prosodische Formulierung von Stammtemplates scheitern: welche prosodische Natürlichkeit könnte ein Template besitzen, das heterosilbische Konsonantencluster wie /1.x/ beschreibt? Diese Formen machen nur Sinn im Rahmen einer wortbasierten a-templatischen Analyse, wie sie hier entwickelt wird. Daß überhaupt noch ein Äquivalent zum Template-Begriff notwendig ist, ergibt sich als technische Konsequenz aus der strikt konkatenativen und lexikalistischen Perspektive des hier gewählten Ansatzes. Konkret fungiert es als gemeinsamer Verankerungsort für die folgenden zwei wesentlichen Aspekte des Stamms, welche in jeder Analyse auf irgendeine Weise stipuliert werden müssen: (i) die linearen Präzedenzbeziehungen zwischen den Stammkonsonanten bzw. Elementen einer offenen Klasse einerseits, sowie der Stammvokale bzw. Elemente einer geschlossenen Klasse andererseits, und (ii) die unterschiedliche positionale Alternationsfähigkeit der beiden Elementgruppen. Sind diese Aspekte vorgegeben, so kann die Struktur der hier propagierten Template-Beschreibung komplett abgeleitet werden. Im folgenden werden informell zwei Alternativen für eine solche Ableitung vorgestellt. Ein implementiertes experimentelles Vorgehen wird später im Abschnitt 4.6.3 beschrieben. Zum einen lassen sich C;(V)-Beschreibungen zu jedem Wurzelkonsonanten Q bilden, die unter Wahrung der transitiven linearen Präzedenzbeziehungen *

t * * *

CV-g(a)m(a)r •CVgmr. kK .CV.gamr. kK .CVg.amr. *oO,kK .CVg.mar. .CVgm.ar. kK,*oO .CV.ga.mar. .CV.gam.ar. *oO .CVg.a.mar. *oO .CVg.am.ar. *oO

Wie in (96).a ersichtlich wird, gelingt es den Constraints, die Menge der Kandidaten für den Fall der CV-Suffigierung korrekt auf die einzige attestierte Form zu beschränken. Übrigens ist es im vorliegenden Rahmen, anders als in der Optimalitätstheorie, unerheblich, ob ein- oder mehrfache Verletzungen desselben oder verschiedener Constraints vorliegen, wie sie etwa der Fall *.gam.arC.V. zeigt: eine einzige Inkonsistenz genügt für die Ungrammatikalität der gesamten Form. 11 Für (96).b-c gelingt immerhin noch eine Reduzierung auf jeweils zwei potentielle Kandidaten, von denen jedoch nur die mit > gekennzeichneten grammatisch sind. Die unmittelbare Frage muß also sein, wie sich die durch f markierten Fälle, die ebenfalls alle Constraints erfüllen, ausschließen lassen. Man könnte zunächst auf die Idee kommen, ein geeignetes neues Constraint zu erfinden, welches die prosodisch wohlgeformten Kandidaten dann doch noch verletzen. Jedoch kann für den betrachteten Verbalbereich gezeigt werden, daß es kein grammatikweites rein phonologisches Constraint gibt. Dies liegt daran, daß die auszuschließenden Formen in anderen morphologischen Kontexten grammatisch sind. Bei den V-suffigierten Formen zeigen Formen des Binyan 1 Präsens fem. sg. wie gomer-et 'sie beendet', daß das Muster /CVCVC-V . . . ¡ nicht generell verboten werden darf. Entsprechendes gilt für /CV-CVCVC/ - Formen mit diesem Muster existieren in Binyan 3 Präsens, z.B. magudal 'er wird aufgezogen'. Im nachfolgenden Abschnitt wird nun ein prinzipieller Ausweg aus dieser phonologischen 'Sackgasse' vorgeschlagen. 4.3.6

Inkrementelle Optimierung

Nachdem soeben gezeigt werden konnte, daß es keine Möglichkeit gibt, mit einem unverletzbaren Constraint die inkorrekte freie Variation in (96).b-c auszuschließen, liegt der Schluß nahe, daß ein Ausschlußkriterium, so es doch noch existieren sollte, einen verletzbaren bzw. nichtmonotonen 11

Formal ergibt sich dies aus dem sog. '[bottom] smashing' 'klassischer' Constraintlogiken (A'ft-Kaci 1984), bei der die Äquivalenz einer eingebetteten Teilformel mit ± (bottom), dem Symbol für Inkonsistenz bzw. Falschheit, automatisch zur Äquivalenz der Gesamtformel mit ± führt, Inkonsistenz also immer globale Auswirkungen hat. Eine parakonsistente Logik (Belnap 1977, Schöter 1994, 1995) dagegen erlaubt gewisse lokale Inkonsistenzen in Propositionen, ohne daß dadurch sofort alle Deduktion sinnlos wird. Inzwischen gibt es Vorschläge, solche lokalen Inkonsistenzen auch in Merkmalslogiken zuzulassen, u.a. für die Anwendung auf robustes Parsing (z.B. bei Vogel & Cooper 1995). Anwendungen dieser interessanten Vorschläge auf den Bereich der Phonologie stehen aber noch aus.

143 Charakter haben muß. Ein solches Prinzip ist in (97) dargestellt. (97)

INKREMENTELLE OPTIMIERUNG FÜR ( X ) ,

it

Bevorzuge Resequenzierung so früh wie möglich. Man erinnere sich, daß Resequenzierung als Verschiebung eines Ankerpunktes definiert wurde und alle solche Verschiebungen der Ankerpunkte auf bzw. nach einer konkatenierten Einzelposition in den Definitionen von (90) zum Zusammenfallen beider Ankerpunkte führten. Im bislang vorwiegend betrachteten Fall der V/0-Alternation bedeutet das insbesondere die bevorzugte direktionale Auswahl der Nullalternante 'von links nach rechts' bzw. - relativ zur Zeitachse der Sprachproduktion - so früh wie möglich. Dies gilt jedoch nur in Abwesenheit weiterer Restriktionen, d.h. wenn keines der unverletzbaren Constraints die so entstehende Kandidatenform blockiert. Genau diese forcierte Auswahlentscheidung in Abwesenheit entscheidungsrelevanter Information ist für den nichtmonotonen Defaultcharakter von (97) verantwortlich. Im direkten Vergleich der fraglichen Formen von (96) zeigt sich nun, daß den gemäß (97) vorzuziehenden Formen jeweils der unterstrichene Vokal fehlt: .gam.r-V. » .ga.ma.r-V und .CV-g.mar. 3> CV.ga.mar. Dieser ist aber genau der frühestmögliche Stammvokal, der ausgehend von der linken Ecke des Wortes unrealisiert bleiben kann, ohne irgendeines der Silbenstrukturconstraints zu verletzen. Das inkrementelle Optimierungsprinzip ist also in der Tat in der Lage, hier die empirisch korrekte Auswahl zu bewirken. Übrigens scheidet eine noch frühere Nichtrealisierung eines Vokals in den präfigierten Fällen aus, weil affixales Material, wie bereits erwähnt, hier positioneil nicht alterniert (siehe die Spezifikation in (93)). Eine zentrale Hypothese dieser Arbeit besteht nun darin, daß das sehr einfache Prinzip (97) erstens o der einzige Optimierungsmechanismus ist, der zusätzlich zu einer Menge universaler und sprachspezifischer unverletzbarer Constraints benötigt wird, um alle ähnlich gelagerten Fälle von positionsvariabler 'nicht-konkatenativer' prosodischer Morphologie zu erfassen, und daß zweitens dieses Prinzip o psycholinguistisch plausibel ist und daher unter der Perspektive inkrementeller Sprachverarbeitung eine entscheidende Restriktion der Optimierungskomponente darstellt, die in anderen Theorien, insbesondere der Optimalitätstheorie, als unbeschränkt und global wirksam aufgefaßt wird. Der Beweis der ersten Behauptung kann natürlich nur durch die erfolgreiche Modellierung eines repräsentativen Spektrums von 'nicht-konkatenativen' Phänomenen angetreten werden, die im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist. Allerdings bietet die umfangreiche implementierte Analyse der prosodischen Verbalmorphologie des Tigrinya in Kapitel 5 aus der Perspektive einer Einzelsprache einen guten ersten Anhaltspunkt für die Tragweite des vorgeschlagenen Optimierungsprinzips, neben gleichartigen Arbeiten zum Neuhebräischen (Walther & Graf in Vorb.) und Tonkawa (Walther 1995b), die dieses Prinzip ebenfalls in unmodifizierter Form verwenden. Die zweite Behauptung zur psycholinguistischen Plausibilität wird auf S.145ff. aufgegriffen. Konsequenzen der Inkrementellen Optimierung Wegen der anvisierten zentralen Bedeutung des inkrementellen Optimierungsprinzips für die Analyse von Phänomenen der prosodischen Morphologie lohnt es sich sicherlich, zunächst auf einige seiner Besonderheiten und Konsequenzen einzugehen. Anschließend soll dann die formale Umsetzung von (97) erläutert werden. Die Konsequenzen sind die folgenden:

144 • Inkrementelle Optimierung und monotone Constraintinteraktion sind orthogonal. Während unverletzbare Constraints weiterhin ausschließlich per logischer Konjunktion miteinander interagieren, bewertet die Optimierung nur die übrigbleibende Menge der (Lösungs-)Kandidaten, mit anderen Worten das Denotat der gesamten Constraintmenge. Diese Menge ist immer endlich 12 und im Mittel sehr klein. Vernachlässigt man andere Quellen von Disjunktion in Beschreibungen, ergeben sich in der Tat maximal 2\resequence—Positionen] Kandidaten für eine gegebene Wortform. Bei den Verbformen des Neuhebräischen mit seinem maximal zwei alternationsfähigen Stammvokalen sind dies beispielsweise lediglich 4 Kandidaten. Insgesamt ergibt sich aus der Unabhängigkeit von Optimierung und Constraintinteraktion die vorteilhafte Konsequenz, daß DP ein Theorierahmen bleibt, der Monotonie als restriktive Schlüsseleigenschaft aufweist. • Constraintspezialisierung ist immer möglich. Dieser Punkt folgt in gewissem Sinne aus dem vorherigen: um ansonsten optimale Kandidaten in bestimmten, grammatisch bestimmbaren Kontexten auszuschließen, ist als einzige wirksame Maßnahme die Spezialisierung von Constraints mithilfe zusätzlicher konjunktiver Information angezeigt. Ziel dieser Maßnahme ist es, die unerwünschten Kandidaten aus dem Denotat zu entfernen, über dem optimiert wird. Die Option der Constraintspezialisierung existiert als zweite Maßnahme neben der bekannten Änderung der Vorrangbeziehungen zwischen Constraints natürlich auch in OT. Zwar stipuliert OT die Universalität von Constraints, in der Praxis müssen diese aber häufig im Lichte neuer Analysen wie auch der Ausdehnung des betrachteten Phänomenbereichs revidiert werden. Vergleicht man diese Theorie mit der hier vorgeschlagenen Kombination von DP und inkrementeller Optimierung, so weist O T also mindestens einen Freiheitsgrad mehr an Anpassungsmöglichkeiten einer Analyse an vorgegebene empirische Daten auf. Uber diese praktische Seite der Theorieentwicklung hinaus hat Smolensky (1993, 1995) mit der lLocal [Constraint] Conjunction' einen OT-Mechanismus vorgeschlagen, um auf systematische Weise neue Constraints aus bestehenden abzuleiten. 13 Auf eine etwas prinzipiellere Basis gestellt, kann dieser Vorschlag als ein Schritt in die gleiche Richtung ge12

13

Die Finitheit ergibt sich aus der endlichen lexikalischen Beschreibung von Wortformen, die endlich viele Disjunkte enthält und ohne rekursive Prädikate auskommt. Smolensky (1995):„The Local Conjunction of Ci and C2 in Domain D, Ci &i C2, is violated when there is some domain of type D in which both Ci and C2 are violated. Universally, Ci &i C2 » Ci, C2." Als Anwendungsbeispiel denke man an Sprachen, die zwar sowohl labiale Konsonanten als auch Silbenkodas tolerieren, aber die Konjunktion beider Eigenschaften, nämlich Silbenkodas mit Labialen nicht zulassen. Smolensky selbst weist darauf hin, daß dieser Effekt in OT nicht mit Einzelconstraints gegen labialen Artikulationsort bzw. kodahaltige Silben allein zu rekonstruieren ist, wohl aber mit 'Locol Conjunction'. Dieser Mechanismus ist somit nichts anderes als eine Konstruktionsvorschrift für die Gewinnung neuer Constraints aus bestehenden. Ob eine lokale Konjunktion gebildet werden muß und welche Constraints ggf. in ihr partizipieren, ist selbstverständlich sprachspezifisch. Erweitert man das System auf naheliegende Weise um andere logische Konnektoren wie etwa die Implikation, so ergibt sich bald eine ähnlich ausdrucksstarke formale Basis, wie sie hier in dieser Arbeit verwendet wird. Als entscheidender Unterschied verbleibt allerdings die exzessive Nichtmonotonie von OT. Dies verkompliziert die wichtige Frage des Erwerbs solcher zusammengesetzter Constraintsysteme, die nicht auf die Anwendung der bekannten einfachen Algorithmen zur Akquisition einer Constraint-Rangordnung reduziert werden kann.

145 wertet werden, nämlich weg von einer rein optimierungsbasierten Constraintinteraktion, wie sie die klassische OT vorsieht, und hin zu einer modularen Theorie der ConstraintInnenstruktur. • Optimierung ist eine rein phonologische Restriktion von Positionsalternationen. Verzichtet man im gewählten DP-Rahmen auf die Inkrementelle Optimierung, so bleibt nur die Strategie, den morp/lophonologischen Kontext einer jeden X/0-Instanz einzeln zu bestimmen, um darauf die Auswahl der empirisch attestierten Alternante aufzubauen. Es ist unklar, ob dies immer möglich ist. Doch selbst im Erfolgsfall bliebe der klare Nachteil, daß die übergreifende Generalisierung, welche die Optimierung ausdrückt, nicht erfaßt würde. • Die indirekte Bevorzugung kürzerer Formen durch das Inkrementelle Optimierungsprinzip ist wesentlich.14 Eine direkte Forderung nach möglichst wenig morphologischer Struktur bzw. phonologischer Kürze (cf. das Simplicity-Prinzip von Wunderlich 1996, 99 bzw. Fabri, Urbas & Waither 1996, 268) erweist sich nämlich als zu schwach, um Kandidaten gleicher Länge und morphologischer Struktur zu disambiguieren. Wie wir gesehen haben, tritt diese Situation bei den CV-Stamm-V-Verbformen im Neuhebräischen auf: ji-gmer-u (3.pl.fut.) und *ji-gamr-u weisen beide jeweils 7 Segmentpositionen und die gleiche Anzahl von Morphemen auf, jedoch ist nur der erste Kandidat grammatisch (*ji-gamer-u wird mit 8 Positionen von beiden Ansätzen gleichermaßen als weniger optimal erklärt). Ein weiterer Nachteil des genannten Prinzips in einer seiner Ausprägungen ist, daß sich sowohl Wortlänge als auch Wortinnenstruktur erst am rechten Wortrand abschließend bestimmen lassen, was mit einer inkrementellen Verarbeitung nicht vereinbar ist. • Inkrementelle Optimierung ist die optimale Verarbeitungsstrategie für X/0. Um diesen Punkt deutlich zu machen, ist eine Reihe von vorbereitenden argumentativen Schritten notwendig. Zunächst soll angenommen werden, daß es tatsächlich plausibel ist, Beschreibungen mit X / 0 - und anderen resequenzierbaren Positionen als solche im Lexikon zu speichern. Daraus folgt, daß die Konkatenation von Lexemen Strukturbeschreibungen ergeben kann, die nicht unmittelbar von einer Optimierungskomponente bewertet werden können. Die für eine direkte Verwendung von Beschreibungen für Zwecke der Optimierung problematischen Fälle sind ambig, weil sie Disjunktionen enthalten. Sie beschreiben also eine Menge von auf systematische Weise zusammenhängenden Objekten und müssen daher zunächst disambiguiert werden, bevor eine Bewertung möglich ist. Jede mögliche vollständige Disambiguierung beschreibt dann einen Kandidaten. Natürlich wäre es wünschenswert, Disambiguierung und die Suche nach optimalen Kandidaten miteinander zu verzahnen anstatt einen zweistufigen Prozeß anzunehmen. Im folgenden wird ein solcher einfacher Disambiguierungsalgorithmus beschrieben, der für die konkrete prozedurale Realisierung der Disambiguierungsstrategie parametrisiert ist. Anhand von vier Alternativen wird sich dann herausstellen, daß die Inkrementelle Optimierung sich als verarbeitungseffizienteste unter den empirisch korrekten Strategien verstehen läßt. Da sich die Disambiguierungsmöglichkeiten als baumstrukturierter Lösungsraum darstellen lassen, können prozedurale Disambiguierungsstrategien als Suchstrategien in diesem Lösungsraum charakterisiert werden. Die folgende Abbildung zeigt diesen (Kandidaten-)Lösungsraum am 14

Dieser Punkt geht auf eine anregende Nachfrage von Dieter Wunderlich zurück.

146 Beispiel dreier Affigierungsmuster des Neuhebräischen, nämlich für gamar, gam-ra, (98)

ji-gmer-u:

K A N D I D A T E N F Ü R DIE O P T I M I E R U N G

linker Ast: Weglassen von (V), rechter Ast: Realisierung

CD g(a)m(a)r

CD ....•••• """

-

.. CD

gm(a)r

gam(a)r

CD....-'" """-... G) gmr

CD.,-'"

gmar

""•••.. CD

gamr

gamar

CD £(a)m(a)ra

CD ...... - - - '"

........ CD

gm(a)ra

CD.,-""

gam(a)ra

'",.CD

gmra

CD.,-'"

gmara

gamra

gamara

d

CD Jig(a)m(e)ru

CD ....-- """ jlgm(e)ru

CD.,-""" """•••, G> jigmru

jlgmeru

... CD jlgam(e)ru

CD..,-"'" jigamru

jlgameru

Das Wurzelelement jedes solchen Binärbaums gibt schematisch die zu disambiguierende Kandidatenbeschreibung wieder. Bereits disambiguierte Teile sind jeweils unterstrichen. Das Handsymbol zeigt den grammatisch wohlgeformten Kandidaten an. Ein solcher Kandidatenbaum dient im übrigen lediglich der Anschauung: in Wirklichkeit muß ausgehend von der Wurzel und in Verzahnung mit der Constraintüberprüfung im Mittel nur ein Bruchteil des Baumes mithilfe des Disambiguierungsalgorithmus konstruiert werden, wie im folgenden deutlich werden wird. (99) zeigt diesen Algorithmus, der - anschaulich gesprochen - in Kandidatenlösungsräumen 'navigiert', um auf die von der jeweiligen Suchstrategie vorgegebene Weise den ersten Kandidaten zu finden, der alle Constraints erfüllt. Bemerkenswert ist, daß der Algorithmus gax kein globales Optimierungsverfahren darstellt, obwohl er die als Optimierungsprinzip titulierte Vorschrift (97) implementiert. Eine Optimierung muß per Definition prinzipiell alle Kandidaten bezüglich eines Optimierungskriteriums miteinander vergleichen können, um das Prädikat global zu verdienen. Weil Constraints hier jedoch nicht verletzt werden können, ist aber zum einen unklar, was überhaupt ein brauchbares Optimierungskriterium sein könnte: anders als in OT, wo jedes Constraint mehrfach verletzbar ist und somit eine Metrik über der Anzahl der Verletzungsmarken pro Constraint aufgebaut werden kann, ist hier die constraintbasierte Grammatik

147 (99)

DISAMBIGUIERUNGSALGORITHMUS FÜR RESEQUENZIERBARE KONKATENATIVE

BESCHREIBUNGEN

INPUT: Kandidatenbeschreibung, Suchstrategie O U T P U T : Grammatikalität und Kandidat 1 Grammatisch := FALSE 2 WHILE alternative Disambiguierungsmöglichkeiten existieren DO mache nächsten Disambiguierungsschritt gemäß Suchstrategie 3 4 prüfe anwendbare Constraints über bereits disambiguierten Teil 5 IF Constraints OK AND 6 Kandidatenbeschreibung komplett disambiguiert 7 THEN Grammatisch := TRUE; RETURN Kandidat 8 ENDIF 9 ENDWHILE als Ganze verletzt bzw. nicht verletzt, wobei der Grad an Mehrfachverletzung zudem nicht distinktiv ist. Damit ergibt sich aber lediglich eine einzige binäre Skala unverletzt verletzt für die gesamte Grammatik, die als Optimierungsmetrik ungeeignet ist. Zum anderen stoppt das in (99) angegebene Verfahren bereits beim ersten gemäß der Suchstrategie gefundenen Kandidaten, der alle Constraints erfüllt - in der Suchreihenfolge später auftretende Kandidaten können daher keinen Einfluß auf das Ergebnis haben, was bei einem globalen Verfahren nicht zulässig wäre. Welche Such- bzw. Disambiguierungsstrategien bieten sich nun für einen aussagekräftigen Vergleich an? Weil ein geeignetes Optimierungskriterium fehlt, scheiden darauf aufbauende Algorithmen wie etwa die ' Best-First'-Suche von vornherein aus (cf. Rieh 1988 für einen diesbezüglichen Uberblick). Es bleiben daher im Grunde genommen nur einfache, rein baumstrukturell definierbare Verfahren übrig. Aus der Kombination der Wahl von Tiefen- oder Breitensuche mit der Entscheidung, an einem beliebigen Baumknoten jeweils konsistent den linken bzw. rechten Teilast zu wählen, ergeben sich somit insgesamt vier deterministische Suchstrategien, die (100) auflistet. (100)

V I E R DETERMINISTISCHE SUCHSTRATEGIEN IN ANWENDUNG AUF DEN KANDIDATENBAUM IN (98)

Suchstrategie Linkstiefe Rechtstiefe Linksbreite Rechtsbreite

Knotenreihenfolge 12 3 4 5 6 7 15 7 6 2 4 3 12 5 3 4 6 7 15 2 7 6 4 3

Kommentar Inkrementelle Optimierung bevorzuge längere Formen besuche mehr Knoten mehr Knoten, längere Formen

Die zweite Spalte in (100) gibt die durch die Suchstrategie vorgegebene Reihenfolge an, in der die Knoten besucht werden. Je lokaler Constraints formuliert werden können, desto eher läßt sich aber bereits beim Vorliegen eines entsprechenden Teilkontexts entscheiden, ob diese verletzt sind oder nicht. Der Teilbaum unter dem zugehörigen Knoten muß dann im Verletzungsfall nicht mehr abgesucht werden, sodaß die tatsächlich besuchte Knotenfolge bei einer geschickten Verzahnung mit der Constraintevaluierung im allgemeinen eine echte Teilfolge der durch die Suchstrategie

148 definierten kanonischen Knotenfolge darstellt. Die Silbifizierung SBS und die vorgestellten Silbenstrukturconstraints wurden nun so lokal formuliert, daß am Wortrand zwei, in der Wortmitte drei adjazente Positionen bereits einen ausreichenden Kontext für die Entscheidung über eine Constraintverletzung liefern. In den oberen zwei Beispielen von (98) ist daher bereits bei Knoten 2 ein nicht-wohlgeformter komplexer Onset festzustellen, im ersten Beispiel ergibt sich zusätzlich eine komplexe Koda bei Knoten 6. Im dritten Beispiel von oben sind lediglich bei Knoten 3 entsprechende Constraints verletzt. In allen Fällen stoppt die Linkstiefe-Suchstrategie genau bei der empirisch korrekten Form. In gamar werden dazu die Knoten 1 2 5 6 7 besucht, bei gamra 1 2 5 6 und bei jigmeru schließlich 1 2 3 4. Alle Strategien, die zunächst die Option der Realisierung einer (V)-Position auswählen (Rechtstiefe und -breite), bevorzugen zu lange Formen, scheiden also wegen mangelnder Abdeckung der Daten aus. (Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann von Fällen wie gamar abgesehen werden, wo bereits durch die Wirkung der Constraints nur eine einelementige Kandidatenmenge übrigbleibt, die naturgemäß unter allen Suchstrategien das gleiche Ergebnis liefert). Alle Suchstrategien, die die beiden Alternanten 0 und V gleichberechtigt behandeln - also Breitensuche betreiben (Links- und Rechtsbreite) - , anstatt systematisch eine bestimmte Realisierungsalternative zu bevorzugen, besuchen im Mittel zu viele Knoten, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Damit scheiden sie im Vergleich zur Inkrementellen Optimierung schlichtweg aus Gründen mangelnder Verarbeitungsökonomie aus. Unter den obigen Modellannahmen ergibt lediglich die Inkrementelle Optimierung die kürzestmöglichen, dabei empirisch korrekten Formen in der schnellstmöglichen Zeit. Sie ist damit sowohl kommunikativ als auch unter Verarbeitungsgesichtspunkten die ökonomischste der vier verglichenen Strategien. Auf der Grundlage der vorstehenden Resultate ist es eine wichtige Behauptung dieser Arbeit, daß eine solche Korrelation zwischen den beobachtbaren Daten und den Ergebnissen der inkrementellen Optimierung kein Zufall sein kann, zumal wenn sie wie gezeigt unter Performanzgesichtspunkten funktional motivierbar ist. Allerdings gilt auch, daß vorläufig nur Resultate aus der prosodischen Morphologie dreier Sprachen zur Stützung dieser weitreichenden Hypothese vorliegen. Es bietet sich naturgemäß an, die inkrementelle Optimierung mit einer OT-Analyse zu vergleichen, da in letzterem Rahmen ja bereits intrinsisch optimierungsbezogene Constraints zur Verfügung stehen. Das für eine Simulierung der IO-Aktion relevante Constraintschema ist ALIGN(X, L / R , Y, L / R ) 'für alle Instanzen der Domäne X gibt es eine Domäne Y, sodaß der Linke/Rechte Rand von Y mit dem Linken/Rechten Rand von X übereinstimmt' (McCarthy & Prince 1994a). Die Idee zur Simulation von 10 in OT ist, daß die Wurzelkonsonanten Croot möglichst zum linken Rand des phonologischen Worts u> 'driften' sollen. Wenn GEN die lexikalisch definierten Präzedenzbeziehungen zwischen den Wurzelementen intakt läßt und ein underparsing von Affixelementen durch hier nicht weiter gezeigte Constraints ausgeschlossen werden kann, so hängt die graduelle Erfüllbarkeit einer solchermaßen definierten AlignmentForderung entscheidend von der (Nicht)Realisierung der Stammvokale ab. (Durch ein ebenfalls aus Platzgründen weggelassenes undominiertes PARSE(Croot)-Constraint kann der allgemeine underparsmg-Mechanismus von GEN außerdem auf die Stammuofca/e beschränkt werden). Gemäß der hier einschlägig anwendbaren Hypothese P » M von McCarthy & Prince (1993) zur formalen Höherrangigkeit prosodischer über morphologische Constraints in Phänomenen der

149 prosodischen Morphologie muß dann das verwendete prosodische Constraint CV(C) - summarisch für eine Kollektion entsprechender Einzelconstraints zur Silbengestalt stehend - Vorrang vor der in (101) gezeigten ALIGN-Inkarnation haben. Für die nachfolgenden Tableaus wichtig ist, daß der Grad der Alignment-Verletzung durch die Apzahl der intervenierenden Segmente zwischen X und der entsprechenden Domänengrenze Y definiert wurde, wobei underparsed-Segmente nicht zählen. Um die jeweils ermittelte Anzahl der Verletzungen transparenter zu machen, wurden Wurzelkonsonanten und zugehörige Verletzungsmarken numerisch indiziert. Damit ergeben sich die folgenden OT-Tableaus für eine bereits bekannte Form aus dem Neuhebräischen: CV(C)

ALiGN(C roo( , L, w, L)

wL/iSi < o>m 2 er3u] w ul\jig\m2r3v\ul

*!

*1 *1 *2 *2 *2 *2 *3 *3 *3 *3 *3*3^*3 *1 *1 *2 *2 *2 *2 *3 *3 *3 *3 *1 *1 *2 *2 *2 *3 *3 *3 *3*3 *1 *1 *2 *2 *2 *3 *3 *3 *3

/ji-gamer-u/

CV(C)

Align(C r o o t , R, w, R)

/ji-gamer-u/ a.

u{jigiam 2 er3u] w

b.

iü\jigiam2r3u]ul

c- w d. (102) a. b. tr

w\jig\am2erzu\u lo\jigiam2r3u]u

cd.

u\jigim2er 3 u] u u\jigim2r3u]ut

*1 *1 *1 *1 *2 *2 *3 *1 *1 *1 *1 *2 *2 *3 *1 *1 *1 *1 *2 *2 *2!*3 *1 *1 *1 *2 *2*3

In (101).c ergibt sich die empirisch korrekte Form aus dem underparsing des ersten Stammvokals, wodurch die aufsummierten Distanzen der Wurzelkonsonanten zur linken Wortecke minimiert werden. (101).d, das in diesem Sinne noch besser wäre, verletzt die höherrangige CV(C)Bedingung und scheidet daher aus. Der entscheidende Punkt des Vergleichs mit 10 ist nun, daß eine symmetrische Reparametrisierung - Drift der Wurzelkonsonanten zum rechten Wortrand - , wie sie in (102) gezeigt wird, unter dem generischen Alignment-Schema formal vollkommen gleichwertig wäre. 15 Nichts weist im System der OT darauf hin, daß diese Parametrisierung unter Verarbeitungsgesichtspunkten unsinnig ist. Nur der IO-Vorschlag ist hier eindeutig festgelegt: eine solche Option ist intrinsisch nicht verfügbar. Eine denkbare Einschränkung der Parameterwahl in OT wiederum verspricht keine vorteilhafte Auswirkungen auf die Verarbeitungsfreundlichkeit, da OT für jegliche Constraintinteraktion zwingend eine global arbeitende Optimierungskomponente benötigt. Im Kontrast dazu bleibt festzuhalten, daß eine performanzadäquate, lokal arbeitende IO-Komponente nur möglich ist, weil DP-Constraints unabhängig von der Optimierung interagieren. Als weiterer kritischer Punkt gilt, daß die von IO bzw. ALiGN(Croot, L, u , L) vorgegebenen unmaxkierten Grundmuster kategorieabhängig durchbrochen werden können: das Ergebnis in (102).b tritt z.B. durchaus auf, bei jigamru 'beendet werden' (3.pl.fut.,Binyan 2) handelt es sich aber um eine andere Verbklasse als jigmeru 'beenden' (3.pl.fut.,Binyan 1). Im allgemeinen Fall sind zusätzlich zur Verbklasse - deren Beitrag zur Basisbedeutung im Neuhebräischen im Allgemeinen nicht mehr kompositional zu sein braucht - Informationen zu Tempus (nigmar (3sg.mask.imperf.) ~ 15

Ob die rechte oder linke Ecke der ein Segment umfassenden Domäne Croot als Parameter angegeben wird, ist dagegen unerheblich.

150 jigamer (3sg.mask.fut.)), Kongruenzmerkmalen bzw. Flexiv-Identität (gomer-et (sg.fem.pres.) ~ gomr-im (pl.fem.pres)) und Wurzeltyp (gamr-a 'sie beendete' ~ fa?al-a 'sie fragte', bayar-a 'sie wählte' ~ saxr-a 'sie erinnerte sich' (jeweils 3sg.fem.imperf., Binyan 1)) notwendig, um das Realisierungsmuster der Stammvokale eindeutig bestimmen zu können. Es ist aber nicht zu sehen, wie dies in OT ohne sprachspezifische Constraints bzw. entsprechend morphologisch konditionierter Veränderung der Constraintrangordnung abgebildet werden kann. Entsprechende Veränderungen würden natürlich zentralen Grundannahmen der OT widersprechen. Die Notwendigkeit für eine entsprechende morphologisch-lexikalische Konditionierung von Teilconstraints ergab sich dabei neben dem Neuhebräischen (vgl. ausführlicher Walther & Graf in Vorb.) genauso für das Tigrinya, siehe Kapitel 5. Die weitere Forschung wird daher ergeben müssen, ob 10 als gegenüber der Optimalitätstheorie drastisch restringierte Optimierungsvariante tatsächlich universal angenommen werden kann und ob es gelingt, direkte oder indirekte psycholinguistische Evidenz für ihre Existenz zu erbringen. Insbesondere erscheint es lohnend, zu klären, ob eine Verwandschaft zum verarbeitungsbezogenen 'Markedness Ordering Principle1 besteht, das Shillcock (1996) vorgeschlagen hat. 16 Es besagt, daß von zwei adjazenten Segmentpositionen, die von einer phonologischen Veränderung betroffen sind, tendentiell die frühere Position anschließend die markiertere ist. Shillcock weist dies insbesondere anhand von Assimilationsprozessen im Englischen wie z.B. can buy [kan bai] [kam bai] nach, wo im Beispiel das Assimilationsergebnis /m/ sowohl im englischen Lexikon als auch in gesprochener Sprache weniger frequent und damit markierter ist als / n / , zumindest was die verfügbare Evidenz aus Korpusstudien angeht. Hier ergibt sich nun eine frappierende Verwandschaft mit den von der Inkrementellen Optimierung bevorzugten Alternativen: im bereits bekannten Paar /jigmeru/ 2> */jigamru/ erscheint das (vermutlich) niederfrequentere, weil einer offenen Klasse angehörende Wurzelelement /m/ zeitlich früher, wenn das - generell im Hebräischen und hier spezifisch als Vertreter einer geschlossenen Klasse - hochfrequente /a/ weggelassen wird. Die funktionale Motivation wäre dieselbe, wie sie von den genannten Autoren für das Englische behauptet wird, nämlich eine Unterstützung der Worterkennung durch Beschneidung der Menge gleichzeitig aktiver lexikalischer Hypothesen zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Unter den Annahmen des Kohorten-Modells von Marslen-Wilson (1987) ergeben sich daraus bedeutende Verarbeitungsvorteile für den lexikalischen Zugriff. Diese werden zwar nicht für jeden Einzelfall wirksam (/jigamru/ z.B. existiert j a mit spezifischer Bedeutung), sollten jedoch im statistischen Mittel deutlich zum Vorschein kommen. Es wäre daher in der Tat sinnvoll, zu untersuchen, ob die quantitativen Resultate von Shillcock (1996) zur effektiven Reduktion der (simulierten) Kohortengröße im Englischen repliziert werden können. Als zukünftige Forschungsaufgabe sollen dazu maschinenlesbare Lexika bzw. Korpora des Neuhebräischen oder Tigrinya analog zu der Vorgehensweise bei Shillcock, aber unter zusätzlicher Einbeziehung der inkrementellen Optimierung ausgewertet werden. Wenn entsprechende Effekte gefunden werden, wäre damit insgesamt ein weiterer Fall belegt, bei dem Performanzvorteile wichtige Aspekte der Kompetenzgrammatik erkären können und somit die herkömmliche strikte Trennung der beiden Ebenen ad absurdum führen.

16

Der Hinweis auf diese Arbeiten stammt von Mark Ellison.

151

Implementierung der Inkrementellen Optimierung Wie gezeigt wurde, läßt sich die Inkrementelle Optimierung im Prinzip besonders verarbeitungseffizient operationalisieren. Voraussetzung dafür war aber die Möglichkeit, in einer bestimmten prozeduralen Abfolge die Disambiguierung von Teilen der Kandidatenbeschreibung eng verzahnt mit der Constraintauswertung durchführen zu können. Für Zwecke dieser Arbeit soll es aber genügen, daß die für den Performanzbezug wichtige Existenz einer ökonomischen prozeduralen Verarbeitungsstrategie grundsätzlich feststeht, da deren tatsächliche Umsetzung im deklarativen Grammatikformalismus C U F außer einer technisch aufwendiger Anreicherung um prozedurales Kontrollwissen keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn verspricht. Im folgenden wird daher ein einfacher zu implementierendes Vorgehen beschrieben, welches unverzahnt arbeitet. In einer ersten Stufe werden dabei zunächst alle Kandidaten generiert, die dann in einer zweiten Stufe bewertet werden, u m das O p t i m u m zu finden. Ein solches einfaches Implementierungsschema basiert auf zwei Schritten: (i) markiere die normale Realisierung einer Position als formal verschieden von der Resequenzierungsalternative. Eine bezüglich des Positionsindexes gewichtete Bewertung dieser (Un)Markiertheitsverhältnisse von segmentalen Ketten in Anlehnung an Prinzip (97) ergibt dann eine Kostenfunktion für ganze Kandidatenformen, (ii) Bestimme mithilfe der Kostenfunktion das globale O p t i m u m über der gesamten Kandidatenmenge. Die intendierten Markiertheitsverhältnisse dreier bekannter Beispiele aus dem Neuhebräischen zeigt die folgende Abbildung (u = unmarkiert, m = markiert): (103)

Beschreibung Realisierung Markierungen

g(a)m(a)r g a m a r u m u m u

jig(a)m(e)ru j i g m e r u u u u u m u u

jig(a)m(e)ru * j i g a m r u u u u m u u u

Wir sehen in (103), daß mit m markierte Segmentpositionen nur dort auftauchen, wo die Beschreibung eine resequenzierungsfähige X / 0 - P o s i t i o n spezifizierte, die auch tatsächlich realisiert wurde. Alle anderen Positionen tragen ein u und korrespondieren zu gewöhnlicher, invarianter Konkatenation in der Beschreibung, hier verwendet für alle Elemente der Wurzel y/g.m.r und der Flektionsaffixe ji-, -u. Die einfachste technische Umsetzung der skizzierten Markierungsstrategie heftet ein m entsprechendes Markierungssymbol an die Realisierungsalternative innerhalb des resequencePrädikats, während es die u-Markierung dem concat-Prädikat zuordnet. Man beachte, daß eine naheliegende Alternative zu dieser Zuordnung, nämlich beide Markierungen nur innerhalb des resequence-Prädikats anzubringen, zumindest bei einer technisch vorteilhaften Disjunktheit der beiden Markierungssymbole (m A u = _L) zu Problemen führt: bei aufeinanderfolgenden Resequenzierungspositionen wie etwa in A(X)(Y)B wird fälschlicherweise das Realisierungsmuster AYB ausgeschlossen, weil die Nichtrealisierung von X einer u-Markierung an der nächsten overten Position gleichkommt. Diese ist aber gerade Y, welches als realisierte Variante der entsprechenden Y / 0 - A l t e r n a t i o n die eigene Position demgegenüber mit m markiert, wodurch es dann zum Konflikt aufgrund der Disjunktheit kommt. Außerdem wäre für die durch concat in die Beschreibung eingebrachten Positionen ohnehin noch ein Markiertheitswert zu vergeben, wenn man eine partielle Unterspezifikation solcher Ketten von Markierungssymbolen vermeiden will, die das Ablesen der Markiertheitssymbole für Zwecke der Optimierung ansonsten unnötigerweise nichtmonoton gestalten würde. Im ersten Vorschlag ist dagegen die Eigenschaft der

152 Vollspezifikation bereits enthalten. Im folgenden wird die Umsetzung der Markierungsstrategie in CUF konkretisiert. Die entsprechenden Spezifikationen des abschließenden Konkatenationsprädikats concat sowie der beiden Disjunkte des modifizierten resequence (cf. (90)) zeigt der Ausschnitt in (104). Ein Markiert(104) 1 p o s i t i o n : : . . . , mark:number. 2 3 unmarked : - s e i f : m a r k : 0 . 4 marked := s e i f : m a r k : 1 . 5 6 concat(SeifAnchor, PostSelfAnchor) := 7 unmarked & concat1(SelfAnchor, PostSelfAnchor). 8 9 resequence(ResequencedSelfAnchor, RealizedSelfAnchor, NextAnchor) 10 ( ResequencedSelfAnchor & NextAnchor 11 ; marked & concatl(RealizedSelfAnchor, NextAnchor) 12 ).

:-

heitssymbol ist hier durch eines von zwei numerisch kodierten Werten eines Merkmals mark, das für Positionen lizensiert ist, repräsentiert. Die genaue Festlegung der beiden Zahlenwerte wird im Kontext des nachfolgend dargestellten Algorithmus verständlich, der die Gesamtkosten eines Kandidaten aus dem Vektor der Markierungen berechnet. Seine tatsächliche Umsetzung erfolgte aus Kompatibilitätsgründen in Prolog, der Implementierungssprache des CUF-Systems. (105) INPUT: Positionskette eines Kandidaten OUTPUT: numerische Kosten des Kandidaten 1 2 3 4 5 6 7 8

Kosten : = 0 augenblickliche Position : = linke Ecke der Positionskette WHILE NOT augenblickliche Position > rechte Ecke der Positionskette DO Markiertheit : = Wert von mark in augenblicklicher Position Kosten := Kosten * 2 + Markiertheit augenblickliche Position : = Nachfolger_von(augenblickliche Position) ENDWHILE RETURN Kosten

Die Idee, die zu dem Algorithmus in (105) führte, ist die folgende: Man bilde die Kette von marked/unmarked-Unterscheidungen in eine Kette von 1-Bit-Abschnitten ab, wobei marked mit 1 und unmarked mit 0 korrespondiert. Diese Kette kann dann als Binärzahl interpretiert werden, mit der gewünschten Eigenschaft, daß kleinere Zahlen unmarkierteren und damit optimaleren Realisierungsmustern im Sinne von Prinzip (97) entsprechen Dies gilt wegen der Ungleichung 02 < I2 und der Korrespondenz von Positionen mit kleinerem Positionsindex zu Stellen mit größerem Exponenten in der Binärzahl. Der Algorithmus berechnet diese Zahl - Kosten genannt (Zeile 1) - inkrementell ausgehend von der linken Ecke (Zeile 2). Um Platz für einen neuen 1-Bit-Abschnitt zu schaffen, werden die bisher akkumulierten Kosten um eine Bitposition nach links verschoben, was der Multiplikation mit der natürlichen Zahl 2 entspricht (Zeile 4).

153 Einfügen des aktuellen Abschnitts selbst ist dann einfache Addition (Zeile 4). (106) illustriert diese Kostenberechnung anhand der bereits aus (103) bekannten Beispiele. (106)

Beschreibung Realisierung Markierungen Binärzahl Kosten dezimal

g(a)m(a)r g a m a r umumu 0 1 0 1 0 10

jig(a)m(e)ru j i g m e r u uuuumuu 0000100 4

jig(a)m(e)ru »jigamru uuumuuu 0 0 0 1 0 0 0 8

Eine genauere Betrachtung des vorstehenden Implementierungsschemas für die Optimierung, welches für die praktischen Zwecke dieser Arbeit sehr brauchbare Ergebnisse liefert, zeigt allerdings zwei Besonderheiten, die hier nicht verschwiegen werden sollen. Erstens kann das Verfahren nicht zwischen wortinitialen Teilketten unterschiedlicher Länge differenzieren, die alle nur aus invariant zu konkatenatierenden Positionen zusammengesetzt sind. Das liegt daran, daß diese Positionen mit dem Unmarkiertheitssymbol 0 gekennzeichnet sind, und unterschiedlich lange Sequenzen führender Nullen natürlich keine unterschiedliche Kostenzahl ergeben. Dies ist normalerweise kein Problem, da invariant zu konkatenierende Positionen per Definition sowieso in jedem Realisierungsmuster einer Kandidatenbeschreibung auftauchen müssen, so daß sie einen konstanten Beitrag zu den Längenunterschieden zwischen den einzelnen Mustern liefern. Eine denkbare Situation wären allenfalls Allomorphien, wo phonologisch sehr verschiedene Allomorphe nicht mittels resequenzierbarer Positionen in einer kompakten Beschreibung zusammenfaßbar scheinen und daher disjunktiv aus Teilbeschreibungen pro Allomorph zusammengesetzt werden müssen, die jeweils nur von invarianter Konkatenation Gebrauch machen. Wenn in einer solchen Situation sich die Allomorphe zusätzlich bezüglich der Länge unterscheiden und phänomenologisch kürzere Formen bevorzugt werden, so führt die obige Markiertheitskodierung nicht zum gewünschten Ergebnis. Obwohl keine konkreten Beispiele an dieser Stelle vorliegen, erscheint ein entsprechendes Szenario im Bereich natürlicher Sprache durchaus als denkbar. Glücklicherweise existiert eine einfache Lösung zur formalen Behandlung solcher hypothetischen Fälle: beide Markiertheits-Zahlenwerte sind einfach von 0 verschieden zu wählen, wobei auf die Einhaltung der Ungleichung Unmarkiert < Markiert sowie die gleiche Anzahl notwendiger Stellen S zu ihrer Repräsentation zu achten ist. Der multiplikative Faktor für die Kosten in Zeile 5 von (105) muß dementsprechend auf den Wert 2 S angepaßt werden. Passende Beispielswerte wären etwa die Wahl von OI2 für unmarked und IO2 für marked. Zweitens ergeben sich aus den nach dem Algorithmus berechneten Kosten manchmal andere Präferenzen als durch die Inkrementelle Optimierung, und zwar für diejenige Klasse von Fällen, wo bei N > 1 aufeinanderfolgenden resequenzierbaxen Positionen (-YiX-X^)... (X^) in einer formalen Beschreibung k > 0 beliebige Positionen tatsächlich realisiert werden. Die deterministisch auf der Beschreibungsebene operierende Inkrementelle Optimierung sagt hier eine Präferenzhierarchie 0 2> X^ 3> -Xjv-1 • • - 2> Xj 2> •Xjv-i-X'jv • • • der optimalen Realisierungsmuster voraus, differenziert also zwischen den 'zugrundeliegenden' Positionen: auf der Beschreibungsebene frühere Positionen werden bevorzugt. Im fiktiven Beispiel der Beschreibung k(e)(a)t A CVC — Constraints führt dies zur Hierarchie ket » kat. Dagegen operiert der besprochene Algorithmus auf der Objektebene, was zur Folge hat, daß die Länge der weggelassenen Folgen von Positionen nicht mehr sichtbar ist. Der Grund hierfür ist, daß Markiertheitswerte nur an realisierten Positionen annotiert werden, Weglassung bzw. allgemeine Resequenzierung aus den oben diskutierten Gründen aber keine eigenständige formale Markierung zugesprochen

154 bekam. Damit werden aber etwa für den Fall k = 1 alle monopositionalen Realisierung als gleich präferiert behandelt ( 0 » XN, XN-\,- • • ,Xi » XN^\XN » • • • ) , im genannten Beispiel wären ket und kat also gleich optimal (cf. den Begriff der ties in der englischsprachigen OT-Literatur). Weil in tatsächlichen Analysen zum einen aber seltener die Notwendigkeit besteht, solche Abschnitte adjazenter resequenzierbarer Positionen zu postulieren, zum anderen in den wenigen auftretenden Fällen (etwa bei der Modellierung von Verben mit Gleitlauten als Wurzelelementen im Tigrinya, siehe Abschnitt 5.7) häufig genügend Constraints existieren, die unabhängig von der Inkrementellen Optimierung bereits die Kandidatenauswahl bestimmen, ist derzeit nicht ganz klar, welche der divergierenden Voraussagen die bessere ist. Die deterministische Natur der Inkrementellen Optimierung und seine ausgezeichnete, psycholinguistisch plausible prozedurale Umsetzung sprechen scheinbar eher gegen die hier verwendete Implementierungsvariante. Allerdings verbannt ein deterministisches Verfahren auch freie Alternation, die in der hier implementierten Variante möglich ist. Die Klärung dieser Fragen muß Aufgabe zukünftiger Forschung sein.

4.4

Vorschlag für eine Analysestrategie

In den vorherigen Abschnitten wurden die einzelnen Bausteine erläutert, die zu einer adäquaten Modellierung von positionsvariabler prosodischer Morphologie im allgemeinen nötig sind. Was bislang fehlt, ist aber eine systematische Herangehensweise für eine konkrete Analyse. Ein solcher Leitfaden soll im folgenden vorgeschlagen werden. Ausgangspunkt ist eine gegebene empirische Domäne, etwa in der Form eines Korpus von Oberflächenformen, sowie grundlegende Kenntnisse des phonologischen Inventars der Sprache wie auch der Morphemsegmentierung. Dann erweisen sich die folgenden Schritte als sinnvoll: • Klassifiziere Segmentpositionen der Morpheme als invariant oder positionell variabel. Für positioneil variable Segmente muß darüberhinaus geklärt werden, welchem Typ - (X), ^X oder - sie am besten zugeordnet werden sollten. • Stelle die konkatenative Abfolge aller Morpheme im Wort fest. Im vorliegenden lexikalistisch-konkatenativen Ansatz kann die lineare Abfolge auf der Beschreibungsebene nicht unterspezifiziert werden, obwohl durch die resequence-Constraintfamilie ein großer Spielraum für entsprechende Effekte auf der Ebene der Oberflächenobjekte gegeben ist. Darum muß geklärt werden, ob lediglich eine einfache lineare Konkatenation von Morphemen vorliegt, oder ob etwa für Infixe oder Reduplikanden eine invariante Bezugsposition innerhalb eines anderen Morphems bestimmt werden muß, relativ zu der diese - möglichst per allgemeiner lexikalische Regel - dann positioniert bzw. eingefügt werden können. • Identifiziere Parameter der Silbenstruktur. Die deklarative Basis-Silbifizierung SBS läßt einige Parameter offen, die für eine konkrete Sprache fixiert werden müssen. Die Zahl und Lage der Äquivalenzklassen der Sonoritätsskala, ob und wenn ja Elemente welcher Sonoritätsklassen Plateaus bilden dürfen und nach welcher Strategie diese Plateaus disambiguiert werden, ob grundsätzlich Geminaten bzw. ambisilbische Positionen zulässig sind oder nicht und wie die Positionen von Sonoritätsminima prosodisch unterspezifiziert werden sollen - dies sind Fragen, die jeweils zu klären sind.

155 Neben der eher bottom-up-orientierten SBS-Silbifizierung muß festgelegt werden, ob und wenn j a welche top-down-Bedingungen die mögliche Silbenstruktur eingrenzen. Sind silbische Konsonanten zulässig, oder gibt es nur vokalische Nuklei? Ist ein Onset obligatorisch, gibt es Komplexitätsbeschränkungen für Onset und Koda, unterliegen letztere Ausnahmen für bestimmte segmentale Konfigurationen, oder in manchen morphologisch bestimmbaren Kontexten? Sind die Silbenstrukturconstraints verschieden für domänenperiphere Silben und mediale Fälle? Hier sind ebenfalls Parametrisierungen der in (54) vorgestellten Constraints nötig. • Ermittle konstruktionssspezifische Constraints, die die Wirkung der inkrementellen Optimierung ergänzen. Der Einsatzes des inkrementellen Optimierungsprinzips (97) in einer seiner formalen Varianten reicht nicht in allen Fällen aus, um die korrekte Form zu ermitteln . Zum einen kann es durch lexikalisch festgelegte segmentale Alternationen außerhalb der resequence-definierten Positionen zu mehr als einer Lösung kommen. Wenn es sich empirisch nicht um freie Alternation handelt, so müssen Constraints formuliert werden, die kontextabhängig die Wahl der jeweiligen Alternante steuern. Zum anderen kann sich die Situation ergeben, daß die grammatisch korrekte Form nicht die optimale ist, weil das Optimierungsprinzip in Abwesenheit von genügend Information nur die falsche Auswahl treffen konnte. Dann sind ebenfalls zusätzliche Constraints nötig, die die Kandidatenmenge so einengen, daß innerhalb der neuen Menge der optimale Kandidat auch der empirisch richtige ist. Zwei besondere Situationen, wo die zuletzt genannten konstruktionssspezifischen Zusatzconstraints erforderlich werden, sind (i) die nicht prosodisch vorhersagbare Stabilität von ansonsten variablen Vokalpositionen unter dem Einfluß eines benachbarten Affixes, und (ii) resequenzierbare Positionen, die durch eine vom Realisierungsstatus unabhängige phonologische Eigenschaft V restringiert werden. Für den Fall (i) denke man etwa an Präsensformen in den Binyanim 3 und 4 des Neuhebräischen, wo ein prosodisch nicht erforderlicher erster Stammvokal dennoch realisiert wird: ma.-ka.bel 'empfangen,bekommen' (mask.sg.Präsens B3), *ma-k.bel, etc. Die folgende Strategie zur 'Rettung' solcher weglaßbarer Vokale unter adjazenter Präfigierung funktioniert immer dann, wenn die Sprache neben der Existenz einer vorgelagerten onsetfahigen Position einen strikten Silbenkanon aufweist: mit einer prosodischen Subkategorisierung wie in (107.a) wird die Position vor dem fraglichen Vokal invariant als Onset vorspezifiziert. 0718

(107) a.

b

Präfix



nucleus

Y

I X

I Z

| X

-

ei

Die Silbifizierung sorgt dann dafür, daß der nachfolgende Vokal realisiert werden muß, um die Entstehung einer kernlose Silbe oder eines Onsetclusters zu vermeiden. Diese Strategie arbeitet mit besonders lokalen Mitteln - der Vokal selbst wird ja gar nicht vorspezifiziert, sondern seine affixadjazente Vorgängerposition - , funktioniert aber naturgemäß am bestem bei Präfigierung.

156 Bei Suffixen ist dagegen der nächste Nukleus links vom Suffix lokaler erreichbar als die dazugehörige Onsetposition. So bleibt etwa im Zusammenhang mit dem analogen Fall der Invarianz des letzten Stammvokals beim Suffix -et im Neuhebräischen als einfachste Strategie die Möglichkeit übrig, zwei Positionen links vom Affix einen Nukleus vorzuspezifizieren: go.me.r-et 'beenden' (fem.sg.Präsens, Binyan 1), *gom.r-et bedingt demnach eine Spezifikation wie in (107.b). Der Fall (ii) betrifft Phänomene, bei denen eine Eigenschaft V der substantiellen Füllung einer weglaßbaren Position auch dann wirksam bleibt, wenn die Position selbst nicht realisiert wird. Diese Charakterisierung trifft beispielsweise auf solche (V)-Positionen zu, die weggelassen werden können, wenn ein adjazentes Segment ebenfalls die Eigenschaft V= vokalisch aufweist (Vokalhiatus), andererseits aber bei einem benachbartem Konsonanten nie wegfallen. Obwohl hier eine gewisse Verwandtschaft zum Konzept der 'schwebenden Merkmale' (floating features) der Autosegmentalen Phonologie erkennbar ist, für die normalerweise keinerlei lineare Präzedenzinformation angenommen wird, ist hiervon abweichend die relative Position, an der die Eigenschaft aufgeprägt werden muß, lexikalisch fixierbar: eine entsprechende Parametrisierung aus der resequenceFamilie muß einfach nach Art von resequence_xO(InitialAnchor, NextAnchor & l e f t \ V ) die gewünschte Eigenschaft V, etwa vowel, eine Position links vom jeweiligen nächsten Ankerpunkt NextAnchor vorspezifizieren. Während bei der Realisierungsalternative die Forderung V dann trivialerweise von der substantiellen Füllung der Position selbst erfüllt wird, landet sie beim Weglassen derselben auf der Position des linken Nachbarn, der dadurch in der Regel nichttrivial restringiert wird. In der Notation der Zeichenketten-Relation von (91) ergibt sich das Bild ii 4-2 4-14-2 AXB ~ AB v v

4.5

Einordnung und Vergleich

In den folgenden Abschnitten soll versucht werden, die vorgeschlagene Theoriekonzeption in Beziehung zu einer Reihe anderer Arbeiten zu setzen, die sich ebenfalls mit prosodischer Morphologie bzw. den dafür einschlägigen Phänomenen auseinandersetzen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit werden nur Arbeiten berücksichtigt, die (i) entweder ausschließlich mit oberflächentreuen Generalisierungsmechanismen arbeiten oder (ii) eine computerlinguistische Herangehensweise verfolgen. Obwohl diese Kriterien zunächst die Arbeiten zur sogenannten Prosodischen Morphologie (insbes. McCarthy 1986, McCarthy & Prince 1990, 1993) sowohl wegen der fehlender Oberflächentreue 17 als auch mangelnder Formalisierung und Implementierung ausschließt, wird 17

McCarthy und Prince zitieren ein Prinzip der älteren Fassung der Prosodischen Morphologie wie folgt: "Prosodic Morphology Hypothesis: Templates are defined in terms of the authentic units of prosody: mora (p), syllable (CT), foot (Ft), prosodic word (PrWd)." (McCarthy & Prince 1993, 1). Die Neufassung der Theorie dekomponiert dann Templates in optimalitätstheoretische Constraints, für die ganz allgemein das folgende Diktum gilt: „Optimality Theory rejects the notion that a constraint is a phonotactic truth at some level of description."(McCarthy & Prince 1993, 5). In der spezifischen Anwendung auf die Prosodische Morphologie stellen die Autoren daher dann auch folgerichtig fest: „Templatic and circumscriptional constraints, like all other constraints, axe violable if dominated." (McCarthy & Prince 1993, 145). Allerdings waren bereits in den älteren Theoriefassungen trotz einer Forderung nach obligatorischer Template-Erfüllung - regelbasierte 'Reparaturen' wie etwa die nachträgliche Anwendung von ?-Epenthese- und Metathese-Regeln in McCarthy & Prince (1990, 213,279) erlaubt, um Beobachtungsadäquatheit zu gewährleisten. Im resultierenden Gesamtsystem sind Templates dann natürlich nicht mehr oberflächentreu.

157 diese Theorie in anderer Form berücksichtigt. Konkret geschieht dies in Abschnitt 4.6 bei der Diskussion der Kritik von McCarthy & Prince (1995) an sogenannten 'segmentalistischen' Theorien, wo die Autoren ihre eigene Konzeption Prosodischer Morphologie häufig genug als explizite Gegenposition heranziehen, und in diesem speziellen Zusammenhang auch diskutiert werden können. 4.5.1

Natürliche Generative Phonologie

Der oben beschriebene Ansatz zur Analyse 'nicht-konkatenativer' Morphologie kann am ehesten als umfassende Weiterentwicklung des Modells von Hudson (1986) betrachtet werden. In seinem Aufsatz entwickelt Hudson im Rahmen der Natürlichen Generativen Phonologie (Hooper 1976) eine Analyse arabischer Verben, welche die folgenden markanten Eigenschaften aufweist: • Regeln und Repräsentationen unterliegen der True Generalization Condition. Insbesondere sind Tilgungsregeln, transformationelle Bewegung und Merkmalswertänderung verboten. • Extrinsische Regelordnung wird ausgeschloßen, aber intrinsische Ordnung von unterschiedlich spezifischen Regeln mittels der 'elsewhere'-Bedingung (Kiparsky 1973a) ist möglich. • Positionale (X) und substantielle { y } Alternationen sind mögliche Bestandteile von Lexikoneinträgen und Regeln. • Negative Bedingungen über Oberflächenkonfigurationen sind zulässig, etwa um bestimmte Alternanten zu blockieren. • Es darf über unmittelbare Adjazenz und lineare Präzedenz abstrahiert werden. In Folge dürfen Segmente auch durch lediglich transitive Präzedenz geordnet werden (was oberflächentreue Einfügung dazwischen zuläßt), oder als zueinander ungeordnet spezifiziert werden (was Metatheseeffekte erlaubt). • Die Nullrealisierung von (X), das Fehlen von unmittelbarer Adjazenzspeziflkation und die Abwesenheit von linearer Präzedenz werden jeweils als unmarkierte Zustände phonologischer Information angesehen. • Angesichts einer ganzen Anzahl neuer Notationskonventionen muß die Analyse als unzureichend formalisiert bezeichnet werden, insbesondere was Fragen nach der Natur der notationeilen Erweiterungen zu Adjazenz bzw. Präzedenz und ihrer Interaktion in der Regelanwendung angeht. Auch die Verbindung von Regeln und negativen Bedingungen/Constraints wird nicht präzisiert. • Die Analyse kommt zwar ohne den ganzen Apparat der Autosegmentalen Phonologie mit seiner Schichtenaufteilung, den Assoziationskonventionen u.v.m. aus, inkorporiert aber auch keine prosodischen Faktoren: Regeln stipulieren einfach direkt die gewünschte Oberflächengestalt, z.B. als Vb -> tVCVCaCaVC/V (Hudson 1986, 121).

158 D i s k u s s i o n . Im einzelnen unterscheidet sich die in der vorliegenden Arbeit vertretene Analysestrategie von Hudsons Konzeption in den folgenden Punkten. Eine einzige Ebene von unterschiedlich spezifischen Constraints ersetzt die auch bei Hudson noch angenommene Partitionierung in zwei Klassen 'Regeln' und 'Repräsentationen', denen ein unterschiedlicher ontologischer Status zugeschrieben wird. Daraus folgt, daß Interaktionsprobleme zwischen Regeln und Constraints (Scobbie 1991b; vgl. Hudsons negative Bedingungen) der Vergangenheit angehören. Mit einer formalen Constraintsprache wie CUF ist auch die formale Adäquatheit kein Thema mehr. Weil für die Constraintsprache zudem eine Implementierung existiert, kann darüberhinaus die formale und - beim Vorliegen eines Korpus - auch die substantielle Korrektheit einer Einzelanalyse mechanisch überprüft werden. 18 In dieser Arbeit wird im Gegensatz zu Hudsons Auffassung nicht von einer generellen Unmarkiertheit von transitiver gegenüber unmittelbarer Adjazenz, oder von ungeordneten gegenüber linear sequenzierten Positionen ausgegangen, scheinen doch die bei ihm unmarkierten Konstrukte formal und verarbeitungsbezogen eher aufwendiger zu sein. So wäre etwa ein einfacher Musterabgleich zwischen linearen Sequenzen beim Ubergang zum ungeordneten Fall durch den Vergleich zweier Mengen zu ersetzen, was in der Regel die kostspielige Allquantifizierung über den Elementen beider Mengen beinhaltet. Außerdem liefert die tatsächliche Sprachverarbeitung in Raum und Zeit insbesondere in der Perzeptionsrichtung ja bereits eine totale Ordnung der Segmente, zumindest wenn man die weitverbreitete idealisierende Annahme zugrundelegt, nach der kontinuierlicher akustischer Input in einen Strom von diskreten Segmentsymbolen abgebildet werden kann. Es erscheint daher einigermaßen kontraintuitiv, daß die Markiertheitsverhältnisse die Tatsache der freien Verfügbarkeit dieser Information überhaupt nicht widerspiegeln sollten. Aus diesen Gründen wird hier die Verknüpfung durch Konkatenation als sprachlich fundamental bzw. unmarkiert angesehen, wobei auch die erweiterten Möglichkeiten von Positionsalternationen den formalen Rahmen konkatenativer Strukturen nicht wirklich verlassen. Mit anderen Worten: Nicht-konkatenative Morphologie existiert formal nicht! Die Annahme, daß nichtrealisierte (X)-Positionen unmarkiert seien, wird dagegen geteilt. Allerdings bringt die über solchen Positionsalternationen operierende Inkrementelle Optimierung einen direktionalen Faktor ins Spiel, der bei Hudson fehlt. Schließlich ist gerade die explizite Modellierung prosodischer Faktoren ein wesentlicher Bestandteil des hier vertretenen Ansatzes. Er erreicht dadurch eine größere Erklärungstiefe als das Modell von Hudson, welches eine ganze Klasse formal möglicher Regeln bzw. von mit diesen korrespondierenden Stammstrukturen nicht prinzipiell ausschließen kann, deren gemeinsamer Faktor gerade die prosodische Nicht-Wohlgeformtheit ist.

18

Spätestens durch solche Mittel hätte etwa ein Fehler in Hudsons Analyse gefunden werden können, der durch eine ungewollt linksrekursive Regel Vb -> Vb, I — X, per feet/imperfect/participle, active/passive ausgelöst wird (Hudson 1986, 120). Nur die Überschrift 'Rule for constituents of Vb' zusammen mit weiteren nicht-rekursiven Vfr-Regeln ('Rules for stem-shapes') weist für den menschlichen Theoretiker auf die intendierte nicht-rekursive Anwendung hin. Ein Regelinterpreter hätte dagegen vermutlich eine Endlosanwendung der ersten Regel auf sich selbst versucht und so einen Hinweis auf den Fehler geliefert.

159

4.5.2

Zweistufenmorphologie

Gegenüber den vorgenannten Arbeiten sind die computerlinguistischen Arbeiten von Kiraz (1994, 1996a) sowohl formalisiert als auch implementiert. Sie sollen im folgenden stellvertretend für eine Reihe von ähnlichen Arbeiten im Rahmen der Zweistufenmorphologie (Koskenniemi 1983) stehen (cf. Kiraz 1996b für weitere Referenzen). Kiraz beschäftigt sich mit Erweiterungen der Zweistufenmorphologie, die dazu dienen sollen, die sogenannte 'nicht-lineare' semitische Morphologie in diesem Rahmen besser erfassen zu können. Hierzu führt der Autor insbesondere zusätzliche Schichten ein (vgl. Kay 1987), um etwa Wurzel-Vokalmuster-Morphologie (Kiraz 1994) und gebrochene Plurale des Arabischen (Kiraz 1996a) beschreiben zu können. Kiraz (1996c) dokumentiert ein detailliertes Grammatikfragment des Syrischen, das diese Erweiterungen benutzt. Wie bereits der Name Zweistufenmorphologie (two-level morphology) andeutete, handelt es sich allerdings nach wie vor um ein polystratales System, zugrundeliegende Formen müssen daher nicht oberflächentreu sein. Darüberhinaus bilden die entsprechenden Regeln, die zwischen zugrundeliegenden Schichten (lexical tapes) und Oberfläche (surface tape) vermitteln, auch im System von Kiraz letztlich zwischen einzelnen Segmenten bzw. kurzen segmentalen Ketten ab, wobei destruktive Operationen wie Tilgung und Einfügung von Symbolen zulässig sind. Ttotz eines einschlägigen Titels ('Computing Prosodic Morphology') enthält die Arbeit von Kiraz (1996b) daher keine eigenständige Ableitung von prosodischer Information aus segmentaler. Die erstere wird vielmehr vollständig vorgegeben und nur per Regel mit entsprechenden extensional ausbuchstabierten segmentalen Konfigurationen verknüpft, wie dies prinzipiell bereits im SPE-Rahmen möglich WEIT. So ist auch keine echte Silbifizierungskomponente in der genannten Arbeit erkennbar. Vielmehr bilden - etwa im Falle der von Kiraz beschriebenen Modellierung einer kleinen Anzahl von Passivformen arabischer Verben - Zweistufenregeln die auf einer lexikalischen Schicht spezifizierten atomaren Symbole o^, bJe

-il b(i)

0 bo

n r

T T

Präfix-

(Frequentativ V Reziprokativ V T y p C ) )

| X

Zusätzlich bietet sich das Präfix als Trägerelement für die ebenfalls lexikalistische Behandlung derjenigen Bedingungen an, unter denen der erste Stammkonsonant geminiert erscheint. Dies wird aber erst im Abschnitt 5.5 genauer thematisiert. Damit bleibt nur noch ein recht schwieriges Problem übrig, und zwar das Verhalten von gewissen Imperfektiv- und Jussiv/Imperativformen mit erstem Stammvokal (i). Betrachten wir zunächst die Formen im Passiv. Imperfektiv und Jussiv/Imperativ zeigen hier ein paralleles Verheilten, was die prosodische Struktur angeht, sodaß in (133) ohne Beschränkung der Allgemeinheit nur der Imperfektiv zur Illustration herangezogen wird: (133) PASSIV IMPERFEKTIV, VOKALMUSTER T Y P A / B -(»)-elsg-

Stamm

2sg-

Stamm

-fem

Wurzel

ji-

ginef

ti-

girief

-i

g.r.f

miste r

misker

wiahab

wiahab

m.s.k.r (w).h.b

biahal

b:ahal

b.(h).l

Jjjiet'

Jij:et'

/.ÜK

\ijied

nichiijied

k.(j).d

sitie

sitiej

s.t.(j)

(134) KAUSATIV IMPERFEKTIV, VOKALMUSTER T Y P A -(i)-(i)-, T Y P B -(e)-(i)lsg-

Stamm

2sg-

Stamm

-fem

Wurzel

je-

girjif

te-

grif

-i

g.r.f

meskir

meskir

whib

whib

(w).h.b

biil

b:il

b.(h).l

m.s.k.r

Jit'

;it-

/•ü)-t'

\id

\id

k.Ü).d

sitli

stij

s-t-Ü)

Hier erscheint immer ein Vokal nach dem ersten Wurzelkonsonanten, und zwax unabhängig davon, ob die Form auch ohne diesen prosodisch wohlgeformt wäre (vgl. etwa *ji-gref).

Die kanoni-

sche /»/-Qualität kann dabei durch Gutturalsenkung (cf. y/b.(h).l , y/(w).h.b ) zu /a/ verändert werden. W i e die aus Wurzeln mit optionalen Radikalen gebildeten Formen in (134) und (135) zeigen, können durch Nullalternation dieser Radikale prinzipiell durchaus einsilbige Stämme entstehen (cf. y/k.(j).d

,

(cf. y/b.(h).l , \J(w).h.b

), im Extremfall wird sogar kein Vokal im Stamm mehr realisiert in (135)). Im Passiv findet sich aber immer ein zweisilbiger Stamm. We-

gen der Möglichkeit einsilbiger Formen genügt es hier nicht, das erste Stammelement prosodisch

196 (135)

AKTIV IMPERFEKTIV, VOKALMUSTER T Y P A

lsg-

Stamm

2sg-

Stamm

-fem

Wurzel

ji-

geriif miskir

ti-

gerf

-i

miskir

g.r.f m.s.k.r

hib bil Jet'

hb bl

(w).h.b b.(h).l

Jet'

xed

xed

/•(j).t' k.(j).d

set:i

setj

s.t.(j)

-E-(i)-

TYP B

-(i)-(i)-

als Onset vorzuspezifizieren, wie dies für den vorhergehenden Fall in (132) vorgeschlagen wurde: die hypothetischen einsilbigen Formen würden einer solchen Bedingung ebenfalls genügen. In der Tat ist dalier die Versuchung groß, analytisch eine entsprechende Fußbedingung anzusetzen. Nachteilig an einer solchen Lösung wäre allerdings, daß damit erstmalig eine direkte formale Kennzeichnung der Stammdomäne erforderlich wäre. Sie ist notwendig, da ansonsten die durch den Fuß geforderte Zweisilbigkeit bereits dadurch erfüllt werden könnte, daß durch Suffigierung eine weitere Silbe angefügt wird. Die im Passiv nicht möglichen einsilbigen Stammrealisierungen würden so aber nicht ausgeschlossen. Um zum einen - wie wir gesehen haben, aus guten Gründen - den bislang nicht nötigen Stammbezug auch weiterhin zu vermeiden, und zum anderen der Tatsache Rechnung zu tragen, daß nur ganz bestimmte Typen 'hohler' Verben mit medialem Gleitlaut-Radikal besondere Probleme in der Analyse bereiten, wird hier eine lineare, lokale Formulierung präferiert. Sie baut auf der deskriptiven Generalisierung auf, daß der erste Stammvokal V im Passiv Imperfektiv bzw. Jussiv/Imperativ nur /i, e, a/ sein kann (/a/ bei Gutturalsenkung bzw. Typ C). Unter Vorwegnahme der Analyse von Vokalkoaleszenz in Abschnitt 5.7 ist diese oberflächentreue Bedingung vor allem auch dadurch motiviert, daß sie als Wurzelelemente auftretende Hochvokale bzw. ihre Koaleszenzprodukte nach Resequenzierung des ersten Stammvokals von dessen Position ausschließt.11 Die entsprechende Spezifikation am Präfix zeigt (136). (136)

VOKALISCHE PRÄSPEZIFIKATION VON VI IM IMPERFEKTIV BZW. JUSSIV/IMPERATIV PASSIV

Passiv A

(Imperfektiv V Jussiv/Imperativ)

—• Präfix -

U | W

V | vowel A ->front A ->round

Der Blick auf die aktivischen Formen in (135) zeigt im übrigen, daß der Passiv-Zusatz zur 11

Selbst durch diese Bedingung kann nicht verhindert werden, daß gleitlautmediale Verben wie \fm.(w).t vermittels Vokalkoaleszenz den Gleitlaut in der Koda realisieren, vgl. die (semantisch unzulässige, aber prosodisch durchaus denkbare) Form *te-mew.t-i 'Passiv Imperativ 2sg.fem\ Da aber in diesen hypothetischen Formen nur zwei vokalische Stammelemente auftreten, muß es zu einer Vokal Verschmelzung gekommen sein, und zwar des Gleitlauts mit dem zweiten Stammvokal /e/. Gegen ein solches Ergebnis spricht aber die Generalisierung, daß dieser spezifische Stammvokal wie auch seine Koaleszenzvarianten nie in der Koda auftreten. Eine entsprechende prosodische Vorspezifikation für diesen Stammvokal ist also sinnvoll. Mit einer solchen Zusatzmaßnahme funktioniert die Analyse dann wie angegeben.

197 Imperfektiv-Kategorieangabe in (136) wohlmotiviert ist: in diesen Formen findet sich im Gegensatz zum Passiv ein weites Spektrum von 0-2 Stammsilben je nach Suffigierungsoption, Anzahl der Stammkonsonanten und Optionalitätsverteilung - genauso, wie es unter der ungestörten Herrschaft der Silbenstrukturconstraints und des Inkrementellen Optimierungsprinzips auch zu erwarten wäre. Die Schwierigkeit bei der Analyse der Kausativ-Imperfektiv-Formen, von denen (134) ebenfalls einen repräsentativen Querschnitt zeigt, liegt nun darin, daß offensichtlich keine einfache vom Präfix aus bestimmbare Invarianz vorliegt, die alle Formen beschreiben kann. Vielmehr kann ein (i)-Erstvokal offenbar vor allem im Zusammenhang mit der Anwesenheit von vokalinitialen Suffixen wegfallen, wobei allerdings die Wurzel \f (w).h.b mit Anfangs-Gleitlaut eine Ausnahme bildet, weil Vi,stem immer fehlt. Der beobachtete Suffixeinfluß bildet folgerichtig auch den Schlüssel zur etwas ungewöhnlichen deskriptiven Generalisierung in (137), die am Wort ende ansetzt: (137)

IMPLIKATIVE BESCHREIBUNG DER KAUSATIV-IMPERFEKTIVKONFIGURATION FÜR T Y P A

X A final

V

W

X

I vowel

I vowel

I consonant

I Z

X

Y A final

V

W

X

I A

I consonant

I vowel

I consonant

I Z

A

Abhängig von der Qualität des letzten Segments der Wortform ergibt sich oberflächentreu ein VCV-Kontext am Wortende (• • • A final) - falls dieses einen Vokal aufweist ansonsten also bei wortfinalem Konsonanten - kann derselbe Kontext eine Position nach links verschoben angetroffen werden. Der erste Vokal des VCV-Musters landet bei einsilbigen Stämmen mit obligatorischem ersten Radikal dabei auf dem immer vorhandenen Präfixvokal, ansonsten wird korrekt die Position des ersten Stammvokals angesprochen. Der scheinbare Widerspruch zum Fall der unsuffigierten Formen bei \J(w).h.b , wo der Gleitlaut [w] im Fokus von VCV ist, verwandelt sich in eine exzellente Bestätigung dieser Kontextcharakterisierung, sobald man die unabhängig motivierte phonologische Repräsentation des Gleitlauts als vokalisches / u / heranzieht, welches in unsilbischer Position phonetisch uminterpretiert wird: gerade weil das VCV-basierte Constraint durch den konkreten Kontext / u h i / offensichtlich erfüllt wird, kann im Gegensatz zum ansonsten parallelen Fall des konsonantinitialen Triliterals \/g.r.f der erste Stammvokal entfallen. Die Typ B-Formen der Quadriliterale sind dagegen nicht mit dieser Generalisierung vereinbar (Kontextauschnitt /ski/), was in der sowieso notwendigen morphologischen Einschränkung eines (137) umsetzenden Constraints entsprechend berücksichtigt werden muß. Diese Konditionierung kann sich weder auf die Angabe von Kausativ allein stützen (cf. ?a-gref-ku (lsg Kaus.Perf.)), noch allgemein auf den Imperfektiv ausgeweitet werden (cf. ti-gerf-i (lsg Imperf.)). Natürlich erscheint das solchermaßen gefaßte Kausativ-Imperfektiv-Constraint vor dem Hintergrund traditioneller Vorstellungen von 'normalen' Regel- bzw. Constraintkontexten nicht allzu vertraut. Allerdings ist die Notwendigkeit solcher 'minor rules' für praktisch jede anspruchsvolle Analyse seit langem bekannt, und im konkret vorliegenden Fall in seiner linearen segmentalen

198 Ausformulierung auch den denkbaren prosodischen Alternativen klar überlegen, die angesichts der Silbenzahlvariation in den Daten einfach keine oberflächentreuen Invarianzen zulassen. Die Forderung nach Oberflächentreue erweist sich somit hier einmal mehr in der Lage, eine eindeutige analytische Entscheidung herbeizuführen, die in einem Rahmen, der Verletzungen dieser Eigenschaft zuläßt, niemals gegeben wäre. Im übrigen zeigt ein genaueres Hinsehen, daß der aufzuprägende Kontext von VCV auf VXX abgeschwächt werden kann, weil es ja nur auf die dem Wortende fernstehende Vokalposition ankommt und die übrige Information des VCV-Kontexts im vorliegenden monotonen Rahmen bereits aus den einschlägigen Hintergrundaxiomen zur Silbenstruktur folgt. Dies führt zur endgültigen Formalisierung in (138). Man beachte, daß genaugenommen erst die Verwendung des Constraints als Bestandteil der erweiterten WortendeSpezifikation end aus Kapitel 4, (88) sicherstellt, daß die korrekten Positionen adressiert werden (Zeile 9). (138)

K A U S A T I V - I M P E R F E K T - C O N S T R A I N T IN C U F

1 imperfective_constraint2 := 2 ( cat:('CAUSATIVE' & 'IMPERFECTIVE' ft ''TYPE B') & 3 l e f t : ( is(consonant) k l e f t : l e f t : l e f t : i s ( v o w e l ) 4 ; is(vowel) & left:left:is(vowel) 5 ) ; cat:("('CAUSATIVE' & 'IMPERFECTIVE' & "'TYPE B ' ) ) 6 7 8 9 end := l e f t : s e i f : f i n a l & imperfective_constraint2. 5.4.2

Suffixe

Die Verbsufflxe im Tigrinya sind - für den gemäß obiger Einschränkungen interessierenden Bereich der Subjektkongruenz - alle von der Form -V, -CV, -CVC. Man beachte, daß sich Gerund und Infinitiv nur in der ersten Person Singular unterscheiden: (139) lsg 2sg.mask 2sg.fem 3sg.mask 3sg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem 3pl.mask 3pl.fem

Perfektiv -ku -ka -ki -e -et -na -kum -kin -u -a

Gerund,Infinitiv -e/-ej -ka -ki -u -a -na -kum -kin -am -en

Jussiv/Imperativ,Imperfektiv

-u -a -u -a

Im Gegensatz zu den Präfixen soll auf eine defaultbasierte Analyse der Suffixstruktur verzichtet werden. Trotz klar erkennbarer Subregularitäten wie etwa der durchgängigen Nasalität im Plural

199 der Gerund/Infinitiv-Suffixe oder dem initialen velaren Plosiv in allen Formen der zweiten Person erweist sich nämlich eine kompakte Klassifikation hier als deutlich schwieriger, insbesondere weil die entsprechenden phonologischen Merkmale nicht immer an einer invarianten Position realisiert sind. Die Suffixe sind im wesentlichen segmental stabil. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen von dieser Regel. Zum einen werden /i,e/ in wortfinaler Position frontiert realisiert (Buckley 1994,(Pam 1973)). Zum anderen gilt, daß die /k/-initialen Suffixe vor Stammformen, die auf silbischem Vokal enden, spirantisiert werden ([\]). Dies ist im Kontext der allgemeinen Spirantisierungsregel verständlich, vgl. Abschnitt 5.8.

5.5

Morphologische und phonologische Gemination

Gemination ist ein charakteristischer Bestandteil des Verbsystems im Tigrinya. In diesem Abschnitt wird zunächst die Distribution von Geminaten im Verbalparadigma beschrieben. Anschließend werden die Generalisierungen von Berhane (1991) zu diesem Fragenkomplex kritisch diskutiert und einer eigenen Analyse gegenübergestellt, die im Detail morphologische und phonologische Bedingungen für (Nicht-)Gemination formuliert und implementiert. Selbstverständlich wird auch hier die in Kapitel 3 vorgeschlagene monopositionale prosodische Repräsentation von Geminaten die Grundlage bilden, sodaß ein Gelingen der Analyse zur weiteren Stützung dieses repräsentationeilen Vorschlags beitragen kann. Vor alledem erscheint ein Blick auf die wenigen bekannten Daten zur Phonetik der Geminaten im Tigrinya hilfreich, die alle der Arbeit von Fre Woldu (1985, 140f.) entstammen. Obwohl dieser Geminaten nicht eigens untersucht - weil deren Notation im von den Informanten benutzten Tigrinya-Syllabar nicht vorgesehen ist -, gibt er aber doch für den Spezialfall der geminierten labiale Plosive eine mittlere Dauer von 140 ms an. Diese Fälle zeigen nach Fre Woldu ansonsten keine signifikanten Unterschiede zu kurzen Exemplaren bezüglich der gemessenen Spitzenwerte des intraoralen Luftdrucks, noch sind Anzeichen für eine Reartikulation festzustellen. Für ungeminierte Plosive gilt, daß 85 % von 600 gemessenen Tokens eine Verschlußdauer zwischen 70 und 85 ms aufwiesen. Dies deutet auf eine phonetische Implementierung von Geminaten durch simple Verdopplung der Verschlußdauer hin. 5.5.1

Uberblick über die Distribution von G e m i n a t e n

Einige segmentalen Elemente der Verbformen werden nie geminiert. Formal kann diese Eigenschaft durch die CUF-Spezifikation no.gem := s e i f : ("cod; "ons). ausgedrückt werden. Dieser Sachverhalt trifft zum einen auf wortinitiale und -finale Positionen zu, die in Isolation, d.h. in Ein-Wort-Äußerungen, ungeminiert erscheinen. Aber auch das letzte Stammelement, in der Regel identisch mit dem C„-Radikal, ist immer kurz, wenn man von den Auswirkungen der hier nicht betrachteten Objektkongruenzsuffixe absieht. Genauso verhält sich der erste Konsonant von C-initialen Affixen. Eine mögliche Ausnahme zu den letzten beiden Generalisierungen stellt allerdings ein von Bagemihl (1988, 254) als laryngale Assimilation eingestuftes Phänomen dar. Vergleichbare Daten wurden bereits in Kapitel 3, dort (64), präsentiert. Die in (140) dargestellten Beispiele lassen die Generalisierung zu, daß unter Homorganizität, cf. (140.g), eine regressive Assimilation der

200 laryngalen Merkmale vorliegt. Als Produkt der Assimilation wird offenbar eine echte Geminate erzeugt, deren Natur aus dem Ausfall der Spirantisierung trotz einschlägig vorhandenem Kontext "nach VokaT diagnostiziert werden kann (cf. (140.a) und (140.b)). (140)

L A R Y N G A L E A S S I M I L A T I O N NACH B A G E M I H L ( 1 9 8 8 ,

254)

a.

/sanduk'-ka/ [sandukka] 'dein (sg.mask.) Behälter', *[sanduxka]

b.

/Saddig-ka/ [iaddikka] 'du (sg.mask.) kauftest' (gerund. Typ B [M.W.]), *[?addixka]

c.

/sälit'-do/ [säliddo] 'ist es (schwarzer) Sesam?'

d.

/filit'-ti/ [filitti] 'bekannt' (fem.)

e.

/kulit-do/ [kuliddo] 'ist es (eine) Niere?'

f.

/käbbäd-ti/ [käbbätti] 'schwere' (pl.)

g.

/kisad-ka/ [kisadka] 'dein (sg.mask.) Nacken', *[kisatka]

Allerdings ist unklar, ob die artikulatorischen Gesten zum Glottisverschluß (bei Ejektiven) bzw. GlottisöfFnung (bei stimmlosen Plosiven) nur reduziert sind oder tatsächlich komplett fehlen. Diese Frage wäre nur durch artikulatorische (z.B. EMA) und elektromyographische Messungen zu klären. Außerdem muß geklärt werden, ob es sich um ein dialektspezifisches Phänomen handelt (Bagemihls Informant stammt aus Asmara, Eritrea). Schließlich betreffen alle Beispiele nur Effekte an der Grenze zwischen Stamm und Suffix, sodaß sich die Frage nach lexikalischen Einschränkungen des von Bagemihl als rein phonologisch dargestellten Phänomens stellt. Weil alle diese Fragen derzeit offen sind, sollen laryngale Assimilationseffekte zunächst nicht weiter berücksichtigt werden. Wenn sich allerdings die phonologische Natur des Phänomens bestätigt, könnte zum einen die in Kapitel 3 unter (65) vorgestellte Analyse hier Anwendung finden. Zum anderen wird das Thema bei der Behandlung der Spirantisierung in Abschnitt 5.8 noch einmal aufgegriffen und dort einer alternativen formalen Modellierung zugänglich gemacht. Schließlich wird nach den Daten von Berhane (1991) auch der zweite Radikal C2 von Wurzeln mit vier und mehr Elementen nie geminiert. Die Angabe einer Mindestanzahl für die Radikale ist dabei sinnvoll, weil in Triliteralen Ci ja mit C„_ 1 zusammenfallt. Tatsächlich verbleiben C\ und C n _ 1 als diejenigen Radikale, die in bestimmten Kontexten geminiert werden. Es gibt drei Typen von Kontexten, in denen dies der Fall ist: mit Typ B zum einen eine bestimmte Verbklasse, daneben mit Kausativ-Frequentativ oder -Reziprokativ einen rein grammatisch definierten Kontext, und schließlich eine morphophonologische Umgebung, in der insbesondere die Anwesenheit eines benachbarten /»/ eine Rolle spielt. Allerdings unterscheidet sich der vorletzte Stammkonsonant C„_ 1 von C1 noch dadurch, daß alle diese Kontexte bei C n _ 1 nur Gemination bewirken können, wenn weder Frequentativ noch Reziprokativ vorliegen. Die letztgenannten Kategorien zeichnen sich durch ein Infix vor C„_ 1 aus, das in Zusammenhang mit dem Geminationsausfall gebracht werden kann, cf. Abschnitt 5.6. 5.5.2

Typ B-Verben

Verben vom Typ B liefern - abgesehen von der hier nicht berücksichtigten ObjektkongruenzGemination - die wesentliche Evidenz dafür, daß Gemination im Verbalbereich distinktiv ist.

201 In Denais (1990, 262) finden sich u.a. die Minimalpaare mekere 'beraten' (Typ A) vs. mek:ere 'versuchen' (Typ B) - Wurzel Vm.k.r i/f.n.w 'schlecht werden' vs. 'schicken', VbltJ 'überlegen sein' vs. 'aussuchen', VsX? 'weinen' vs. 'verteilen', usw. (siehe auch da Bassano 1918). Die Generalisierung ist nun die folgende: Triliterale Typ-B-Formen geminieren C n _i in allen Kategoriekombinationen, die weder Prequentativ noch Reziprokativ beinhalten. 12 Quadriliterale, die sich anhand des Vokalmusters ebenfalls eindeutig dem Typ B zuordnen lassen (z.B. ji-miskir 'bezeugen' (3sg.mask Imperfektiv), vgl. ji-bid:il 'verletzen, schmerzen' (Typ B), aber jigeriif 'peitschen' (Typ A)), weisen im gleichen Kategorienspielraum immer ein heterosilbisches Cluster C 2 .C„_i auf. Die Parallelität zwischen Triliteralen und Quadriliteralen wird dabei wie bereits erwähnt durch Überlappung der entsprechenden C2/C n _ 1 -Constraints für den Fall der Triliterale berücksichtigt. (141) zeigt einen relevanten Ausschnitt aus der CUF-Implementierung: (141) 1 type_b_gem : = ( cat:('TYPE B' k '('FREQUENTATIVE';'RECIPROCAL')) k s e l f : c o d k 2 ( r i g h t : (is(vowel) k s e l f : Cons)) '/,'/, f o r i - f i n a l verbs! 3 4 ; right:is("vowel) 5 ) ; cat:("('TYPE B' k "('FREQUENTATIVE';'RECIPROCAL'))) 6 7 ). '/. elsewhere case 8 cn_l_gem := 9 ( cat:'TYPE A' k phon.gem 10 ; cat:'TYPE B' k s e l f : o n s 11 ; cat:'TYPE C' k s e l f : ( ' c o d ) 12 ). Die in Zeile 2 kategoriell eingeschränkte Zuweisung der partiellen Silbenrolle cod für Typ B wird - hier nicht gezeigt - bei der Spezifikation von C2 verwendet . Die Geminationsspezifikation von C„-i (8-12) hingegen besagt für denselben Verb-Typ, daß eine prosodische Restriktion ons wirksam ist. Bei Überlappung der beiden Positionen ergibt sich die bekannte codaonset-Rolle, im quadriliteralen Fall sorgen die Anti-Komplexitätsconstraints dagegen für die Vollspezifikation der dort sequentiell realisierten Positionen zu coda.onset. 5.5.3

Kausativformen

Die invariante Gemination des ersten Stammelements C\ im Kausativ-Prequentativ bzw. Reziprokativ13 ist immer von anderen Exponenten dieser grammatischen Kategorie begleitet, nämlich entweder von einer gegenüber den nicht-kausativischen Gegenstücken veränderten Vokalqualität im Präfix oder von einem anderen zweiten Stammvokal (vgl. (129) bzw. (121)). Damit können hier keine direkten Minimalpaare angegeben werden. Kann C\ nicht geminiert werden, weil es sich um einen Guttural handelt, so wird ersatzweise ein vor dieser Position eingeschobenes 12

13

Berhane (1991, 62) gibt dagegen inkorrekterweise an, daß Typ B in allen Konjugationen Gemination des mittleren Radikals aufweise, was von seinen eigenen Verbtabellen widerlegt wird. Berhane (1991, 64) gibt die grammatische Kategorie mit "passive causative-reciprocal" (im Text) bzw. "Passive causative-frequentative" (im nachfolgenden Beispiel (7)) für den genannten Geminationstypus nicht korrekt wider, vergleicht man diese mit den Bezeichnungen der Verbtabellen im Anhang seiner eigenen Arbeit.

202 -t:a- geminiert. Die in (142) gezeigte CUF-Implementierung - an den Präfixdefinitionen spezifiziert und dadurch für C\ wirksam - bewirkt in Zeile 4 bei zutreffender Kategoriekombination die Gemination, ansonsten wird es der nachfolgend beschriebenen phonologischen Gemination überlassen, ob geminiert werden muß oder nicht (Zeile 5). (142) 1

gem

2 3

causativ.gem := ( cat:('CAUSATIVE' & ('FREQUENTATIVE';'RECIPROCAL')) & gem ; cat:("('CAUSATIVE' & ('FREQUENTATIVE';'RECIPROCAL'))) & phon.gem ) / '< elsewhere case

4 5 6

5.5.4

: = s e l f : (cod & ons) .

Gemination bei adjazentem / i /

Der interessanteste Fall ist die morpho-phonologische Gemination von C\ und, C n _ i bei benachbartem / i / . Die Tabelle in (143) faßt die Bedingungen zusammen, unter denen diese Stammpositionen in den zu den vorgenannten Fällen komplementären Kontexten - d.h. speziell für Ci nur bei Nicht-Typ-B-Verben und weder im Frequentativ noch Reziprokativ - geminiert werden. Sie stellt ein Destillat aus den verschiedenen Verbparadigmen von Berhane (1991) dax. (143)

O B E R F L Ä C H E N K O N T E X T E DER MORPHO-PHONOLOGISCH DEFINIERBAREN INTERVOKALISCHEN GEMINATION

a. b.

i i

c.

Ci/C n -i2

i

Ci/C„_U Ci/C B _u

Vgfj) V

Aktiv Nicht-Reziprokativ Passiv Nicht-Infinitiv sonst

Wie zu sehen ist, gibt es sowohl Kontexte, bei denen das einzige /»/ rechtsbenachbart sein muß (143).a, wie auch den umgekehrten Fall eines exklusiv linksbenachbarten /*/ (143).b. Der dritte Fall (143).c fordert im Unterschied zu seinem Vorgänger nicht, das der rechte Vokal kein /*/ sein darf. Die Korrektheit der Generalisierungen in (143) kann dadurch plausibel gemacht werden, daß man sowohl geminierte Beispiele angibt, bei denen einer der genannten Kontexte gegeben ist, als auch Beispiele, die umgekehrt den Ausfall der Gemination in den Komplementkontexten demonstrieren. Genau solche passenden Beispiele zeigt die folgende Tabelle (144). Nicht belegte Kontexte sind durch einen Strich gekennzeichnet; das vom Kontext erfaßte Material ist jeweils unterstrichen. Komplementkontexte, die aufgrund der formalen Negation der ursprünglichen Vokalspezifikationen (->(3X A vowel(X)) = - i 3 X V 3X A ->vcnvel(X)) nur Konsonanten oder gar keine Segmentposition aufweisen, sind in der Regel unberücksichtigt geblieben; in allen solchen Fällen findet keine Gemination statt. (144)

K O N T E X T B E L E G E INTERVOKALISCHER GEMINATION

Kontext

Komplementkontext

(143). a Aktiv -

ji-ggnif

Nicht-Reziprokativ i_ i

»

Imperfektiv lsg

mi-giriraf-ej

Frequentativ Imperfektiv lsg

203 KONTEXTBELEGE INTERVOKALISCHER GEMINATION (FORTGESETZT)

Kontext

Komplementkontext a . i jt-barh Imperfektiv lsg Typ C ta-hahii-i Imperfektiv 2sg.fem guttural! V

-

geref-e (143).b Passiv i- % i } jj-girref

m

Perfektiv 3sg.mask

Nicht-Infinitiv v

m Passiv Imperfektiv lsg Typ A ii-b:areY Passiv Imperfektiv lsg Typ C ji-gieraref Passiv Frequentativ Jus- jt-gjrief siv 3sg.mask ji-biediel Passiv Jussiv 3sg.mask TypB ti-hihiej-i Passiv Imperfektiv 2sg. fem guttural! (143).c sonst (Passiv Infinitiv) V L V m-V

i

[EU

Passiv Frequentativ Infini- — tiv lsg (143). c sonst (Reziprokativ Imperfektiv) ji-giaref lsg Typ A ji-g:aref (143).c sonst (Kausativ Imperfektiv) ie-bedlil je-giriif lsg Typ A

Passiv Imperfektiv lsg

mi-g:iriraf-ej

je-grif-u

lsg Typ A lsg Typ B 3pl.mask

Zunächst ein Wort zu den Komplementkontexten. Hier verdient der Kontext |a _ i| besondere Aufmerksamkeit, weil er sowohl bei Typ C wie auch bei Verben mit Gutturalen, die benachbarte Gutturale absenken, zu finden ist. Die auf die phonologische Oberflächenqualität abzielende Kontextformulierung vermag die Nicht-Gemination in diesen Fällen elegant zu beschreiben, ohne klassenspezifische Information zu verwenden. Insbesondere interessant ist in diesem Zusammenhang der Fall der Gutturale. Verschiedene Autoren haben behauptet, daß Gutturale im Tigrinya kategorisch ungeminierbar seien (Leslau, Ullendorf!, Palmer, Pam, Schein, Kenstowicz). Berhane (1991, 66-68) zeigt allerdings, daß diese Ansicht inkorrekt ist: im ImperfektivPassiv (bzw., von Berhane offenbar nicht bemerkt, auch im Passiv-Jussiv 1. Singular) von ,.guttural-Ci,guttural-Gz -Verben ist sehr wohl Gemination möglich, und zwar genau in dem in (143).b angebenem Kontext: ii/ki-hih:e'sieben' (Passiv Imperfektiv/Jussiv lsg). Berhane belegt im übrigen, daß Gutturalgemination mit einschlägigen Instanzen bei den Distributivformen von

204 Nomina auch außerhalb des Verbalbereichs zu finden ist. Wenn der häufige Ausfall von zu erwartender Gutturalgemination aber wegen der angeführten Gegenbeispiele nicht auf ein streng phonetisches Constraint zurückgeführt werden kann, gewinnt der indirekte Mechanismus per Kontextveränderung durch Gutturalsenkung beträchtlich an Plausibilität. Läßt sich eine solche Erklärung anhand von weiteren Geminationskontexten und Verbtypen erhärten? Zunächst gilt, daß Typ-B-Verben mit medialem Guttural nicht existieren. Für gutturalinitiale Verben wie V?.s.r 'festnehmen' (Typ A) sind die Verhältnisse dagegen so, daß Gemination in der Tat im Geltungsbereich von Kontext (143).a ausfallt. In den anderen Kontexten und bei der Kausativ-Geminierung wird -t:a-, vor C\ eingeschoben, ersatzweise geminiert, vgl. ji-t:a-?aser (Passiv Jussiv 3sg.mask). Dieses Verhalten kann so gedeutet werden, daß - in Übereinstimmung mit dem in diesen Fällen fehlenden | L a |-Komplementkontext die C\Gemination blockiert ist, weil im Unterschied zu C n - i ein initialer Guttural Ci offenbar ein vom intervokalischen Kontext unabhängiges Geminationsverbot aufweist. So findet sich statt dessen die beobachtbare Ersatzgemination, die wohl schlichtweg dazu dient, eine drohende absolute Ungrammatikalität der Formen zu vermeiden. Bereits erwähnt wurde, daß sich ein stammfinaler Guttural Cn durch vokalinitiale Objektsuffixe ebenfalls nicht geminieren läßt und stattdessen ein -aj:- dazwischen tritt. Zusammenfassend gilt, daß die Erklärung der Geminationsbedingungen über spezifische intervokalische Kontexte aufrechterhalten werden kann, wenn zwischen den Kontexten bzw. ihren Komplementen wie auch dem betroffenen Radikal - C\,Cn versus C n _i - fein differenziert wird. Offenbar spielt ein positionell eingeschränktes absolutes Geminationsverbot für Gutturale aber immer noch eine gewisse Rolle, sodaß die vollständige Reduktion auf geeignete intervokalische Kontexte leider nicht gelingen kann. Es stellt sich natürlich die Frage, ob es eine tiefere Erklärung für die oben angeführten intervokalischen Kontexte gibt, insbesondere was die erforderliche Anwesenheit des Zentralvokals /»/ angeht. Eine mögliche Begründung verläuft wie folgt: /*/ alterniert nicht nur mit 0 , sondern ist vermutlich auch am stärksten von Reduktionen bei schnellem Sprechtempo oder in nicht sorgfaltiger Rede betroffen. Diese Annahme wird dadurch gestützt, daß, wie bereits erwähnt, /»/ ohnehin der Vokal mit der im Mittel kürzesten Realisierungsdauer ist. 'Kompensatorische' Gemination eines adjazenten Konsonanten oder Gleitlauts würde unter dieser Perspektive einem zusätzlichen phonetischen 'cue' entsprechen, der die sichere perzeptuelle Identifikation des Vokals auch unter den Gegebenheiten der Reduktion unterstützt, und so funktional motiviert ist. Die in (145) gezeigte Umsetzung der morpho-phonologischen Geminationsbedingungen von (143) bedarf wohl keiner besonderen Erläuterungen mehr. Es sei lediglich darauf verwiesen, daß die genannten vorrangigen Geminationsfälle phon.gem als elsewhere-Default einbinden, wenn ihre eigenen Kontextbedingungen nicht zutreffen (siehe Zeile 9 von (141) zu Typ B sowie Zeile 5 von (142) für Kausativ). (145) 1 phon.gem : = ( cat:('ACTIVE' k ''RECIPROCAL') k 2 3 ( l e f t : i s ( v o w e l & " ' I ' ) k gern & right:is('I') 4 ; l e f t : i s ( v o v e l & " ' I ' ) k no.gem & right:is("'I') 5 ; l e f t : i s ( " v o w e l ; ' I ' ) k no.gem 6 ) 7 ; cat:('('ACTIVE' k "'RECIPROCAL')) k 8 ( cat:('PASSIVE' k "'INFINITIVE') k

205 9 10 11

l e f t : i s ( ' I ' ) ft ( gem ft r i g h t : i s ( " ' I ' ) ; no.gem ft r i g h t : i s ( ' I ' ) )

12

13 14 15 16 17 18 19

; cat:('('PASSIVE' ft "'INFINITIVE')) ft l e f t : i s ( ' I ' ) ft ( gem ft r i g h t : i s ( v o w e l ) ; no_gem ft r i g h t : is("vowel) ) ; l e f t : i s ( " ' I ' ) ft no_gem ) ).

Abschließend ist es aufschlußreich, die hier identifizierten morpho-phonologischen Bedingungen zur Gemination kurz mit den Bedingungen zu vergleichen, die Berhane (1991, 61ff.) aufstellt. Letztere sind in (146) zusammengefaßt. Berhanes Formulierungen nehmen - bis auf die

( 1 4 6 ) V E R G L E I C H B A R E GENERALISIERUNGEN ZUR VERBALGEMINATION IN B E R H A N E

(1991)

a.

Cn-1 Typ A wird im Imperfektiv geminiert, außer wenn suffigiert (S.61)

b.

C\ wird im Jussiv Passiv geminiert (S.62)

c.

Cn-1 Typ A / B wird im Imperfektiv Passiv geminiert, außer wenn C n - i guttural ist: dann wird C\ geminiert (S.63) bzw. außer wenn die Wurzel y/C\guttural• Ci^gutturai-Ci vorliegt: dann wird doch C„_i geminiert (S.66)

d.

C j Typ C wird im Imperfektiv Passiv geminiert (S.63)

Erwähnung der Gutturale - nur Bezug auf grammatische Kategorien bzw. morphologische Struktur ('wenn unsuffigiert'). Auffällig ist zudem die fehlende Erfassung der zahlreichen elsewhereBeziehungen ('außer . . . '). Die teilweise inkorrekten Domänenangaben wurden bereits erwähnt. Es erscheint damit klar, daß (146) im Vergleich zur vorgelegten Analyse wichtige Generalisierungen verpaßt.

5.6

Reduplikation als Infigierung

Wie bereits kurz erwähnt wurde, werden die Formen im Reziprokativ und Frequentativ so gedeutet, daß eine Infigierung stattgefunden hat. Diese Annahme motivierte bereits das Fehlen entsprechender Vokalexponenten für die andersartigen bzw. zusätzlichen Oberflächenvokale solcher Formen in der obigen Stammvokaltabelle (121). Im weiteren Verlauf soll nun die Motivation für diese Annahme dargelegt werden. Sie wird gefolgt von einer genaueren Betrachtung der einzelnen Infixinstanzen. Der Abschnitt endet mit einer formalen und im einzelnen begründeten Spezifikation des Infixes selbst.

206

5.6.1

Motivation des Infixes

Die folgende Tabelle (147) zeigt eine Reihe von Formen des Frequentativs bzw. Reziprokativs sowohl für alle drei Typen regulärer Triliterale als auch für Quadriliterale. (147)

D A T E N ZUR INFIGIERUNG

Triliterale

Quadriliterale

Typ A a. geraref-e e. mi-giriraf-u i. te-geraref-e m. ?a-g:eraref-e

TypB b. bedadel-e f. mi-bididal-u j. te-bedadel-e n. ?a-b:edadel-e

Typ C c. bararex-e g. mi-birirax-u k. te-bararex-e o. ?a-b:ararex-e

(3sg.mask) d. mesaxer-e Freq. Per}. h. mi-misixixar-u Freq. Inf. 1. te-mEsexaxer-e Pass.Preq.Perf. p.?a-m:esexaxer-e Kaus.Freq.Perf.

q. te-garef-e u. mi-g:iraf-u

r. te-badel-e v. mi-b:idal-u

s. te-barex-e w. mi-b:irax-u

t. te-mesaxer-e x. mi-m:isixar-u

Rez.Perf. Rez. Inf.

Ein kurzer Blick auf die Vergleichsformen in (148) illustriert bereits die Tatsache, daß nur im Frequentativ und Reziprokativ zusätzliches Material (147).a-p bzw. eine abweichende Vokalqualität (147).q-s im Stammbereich auftaucht. Ein invarianter Anteil des zusätzlichen Materials ist ein konstanter Vokal / a / , bzw. /*/ im Infinitiv. Eine zweite Eigenschaft betrifft den Ort, an dem dieser Vokal erscheint: es ist immer die Position vor dem vorletzten Radikal C n _ i (also vor /r,d,x, k ~ \ / in den Beispielwurzeln \Jg.r.f ,Vb.d.l ,Vb.r.k ,Vm.s.k.r ). Schließlich sind die dargestellten Formen bis auf bestimmte triliterale Reziprokative (147).q-s,u-w durchgehend länger als ihre Vergleichsformen in (148). Weil die Reziprokativformen ansonsten die aufgezählten Eigenschaften mit den Frequentativen teilen, erscheint es gerechtfertigt, sie unter ein gemeinsames Infigierungsphänomen zu subsummieren. Dafür spricht auch, daß die quadriliteralen Reziprokative ja durchaus eine infigierungstypische Längenänderung zeigen, vgl. (147).t,x. (148)

UNINFIGIERTE

VERGLEICHSFORMEN

Triliterale

Typ A a. geref-e e. mi-giraf-u i. te-geref-e m. ?a-gref-e

Typ B b. bediel-e f. mi-bid:al-u j. te-bed:el-e n. ?a-bed:el-e

Quadriliterale

Typ C c. barex-e g. mi-birax-u k. te-barex-e o. ?a-barex-e

d. mesker-e h. mi-miskar-u 1. te-mesker-e p. ?a-mesker-e

(3sg.mask) Perf. Inf. Pass.Perf. Kaus. Perf.

Eine wichtige Eigenschaft des hier betrachteten Infigierungsphänomens wurde bislang noch nicht eigens erwähnt: unter bestimmten Bedingungen ist mit seinem Erscheinen auch ein redupliziertes Wurzelelement verbunden. Die Formen in (147).a-c,e-p reduplizieren alle das vorletzten Wurzelelement C„_i, welches vor dem Infixvokal erscheint. Auch hier gilt allerdings, wie neben den triliteralen Reziprokativen insbesondere auch ein Teil der Quadriliteralformen zeigt (147).d,t,x, daß Reduplikation nicht obligatorisch ist, sondern offenbar durch zusätzliche Bedingungen gesteuert ist. Die reduplizierenden Formen der Quadriliterale (147).h,l,p zeigen darüberhinaus einen bereits aus 5.3.2 bekannten zusätzlichen vierten Vokal im Stammbereich, der nicht durch die bereits

207 bekannten zwei Stammvokale und den Infixvokal abgedeckt ist. Die Realisierungsbedingungen dieses Hilfsvokal müssen im weiteren Verlauf der Analyse noch näher charakterisiert werden. Unmittelbar festgehalten werden kann allerdings bereits an dieser Stelle, daß alle Typen von Wurzelelementen redupliziert werden können: neben gewöhnlichen Konsonanten insbesondere auch Gutturale (149.a) und beide Gleitlaute (149.b), (149.c) (alle Formen 3sg.mask.Preq.Perf.). (149)

5.6.2

REDUPLIKATION VON GUTTURALEN UND GLEITLAUTEN

a.

sahahab-e 'ziehen', hahahaj-e 'sieben', wahahab-e 'geben'

b.

lewawES-e 'mischen' (Typ A), lewawet'-e '(sich) ändern' (Typ B), ts'ewawed-e '(in einer Falle) fangen' (Typ C)

c.

Jejajet-e 'verkaufen' (Typ A), t'ejajek\'-e 'fragen, besuchen' (Typ B)

Genauere Betrachtung der einzelnen Infix-Instanzen

Wenden wir uns nun zunächst dem Infixverhalten im Frequentativ zu. Hier sind zwei wesentliche Fragen zu klären: 1. Unter welchen Bedingungen redupliziert das Infix den darauffolgenden Radikal? 2. Unter welchen Bedingungen erscheint der zusätzliche Hilfsvokal? Zur ersten Frage. Eine offensichtliche Regularität in den Daten ist, daß bei weniger als 4 Wurzelelementen immer redupliziert wird, und erst ab den Quadriliteralen die Kopie von C„_i ausfallen kann. 14 Die durchgängige Reduplikation bei Triliteralen kann relativ einfach abgeleitet werden, wenn man hypothetische Formen konstruiert, denen der Reduplikand C re d U p,n-i fehlt: *gearef-e, *beadel-£, *baarex-e (Freq.Perf.3sg.mask) sind prosodisch nicht wohlgeformt, da der entstehende Vokalhiatus bzw. die aus nichthohen Vokalen zusammengesetzten Sonoritätsplateaus im Tigrinya nicht vorkommen. Voraussetzung dieser Überlegung ist natürlich, daß im Frequentativ die Option der Verschmelzung benachbarter Vokale zu einer gemeinsamen Position nicht offensteht. Dies ist in der Tat ein wesentlicher Unterschied zum Reziprokativ; diesbezügliche Feinheiten können aber erst im Abschnitt 5.7 genauer diskutiert werden. Bei den Quadriliteralen fehlt der Reduplikand in manchen Fällen, wie (147).d,h zeigen. Daraus folgt zunächst unmittelbar, daß der Reduplikand durch eine mit 0 alternierende Position beschrieben werden muß. Unter einer constraintbasierten prosodischen Perspektive macht dann das Fehlen zusätzlicher Reduplikation Sinn: der im Vergleich zu den Triliteralen überzählige Radikal C2 spielt bezüglich der Verhinderung prosodischer Nichtwohlgeformtheit ja genau dieselbe Rolle wie der Reduplikand. Da C2 lexikalisch als obligatorisch festgelegt ist, muß der Radikal aber auf jeden Fall erscheinen. Ein darüberhinaus erscheinender Reduplikand wäre unter dieser Perspektive dagegen redundant - die Form ist ja bereits prosodisch wohlgeformt sein Fehlen kann daher als Optimierungseffekt interpretiert werden. Offenbar gibt es aber auch bei den Quadriliteralen frequentativische Kategoriekombinationen, bei denen ein prosodisch eigentlich nicht notwendiger Reduplikand dennoch erscheint, vgl. 14

Berhane (1991, 362) gibt für die drei von ihm aufgelisteten Quintiliterale an, daß die Reziprokativbzw. Frequentativformen nicht anwendbar seien ("not applicable"). Daher liegen hier leider keine einschlägigen Daten zu Formen mit mehr als 4 Radikalen vor.

208 (147).h,l,p. Im Frequentativ Infinitiv wären *mi-msixar-u, *mi-misi\ar-u prosodisch wohlgeformt, genauso wie die hypothetische Passiv-Perfektiv-Form *te-mesaxer-e oder die KausativPerfektiv-Variante *?a-m:esaxer-e. Daraus kann man den Schluß ziehen, daß mindestens in diesen Kategoriekombinationen eine morphologische Konditionierung der Reduplikation unumgänglich ist. Eine auf diese Weise erzwungene Realisierung der Reduplikante ist im übrigen eine oberflächentreue Generalisierung, die generell auf alle Verben im Frequentativ-Passiv, -Kausativ und -Infinitiv zutrifft. Zur zweiten Frage nach den Realisierungsbedingungen des Hilfsvokals: hier ergibt sich die einfache Generalisierung, daß der nur für Quadriliterale attestierte Vokal immer dann erscheint, wenn auch die Reduplikante erscheint. Seine Qualität ist mit /e/ in Nicht-Infinitivkontexten und / i / sonst ebenfalls prädiktabel, vgl. (147).h,l,p und formal (128). Nicht empirisch entscheiden läßt sich allerdings, ob dieser Vokal (a) nur bei Quadriliteralen oder auch (b) bei Triliteralen zu spezifizieren ist (und bei letzteren unter Optimierung immer weggelassen würde) und ob er (c) zum eigentlichen Infix gehört oder eher (d) zum Stammaterial. Hier hat die formale Analyse in (127) bzw. (128) die Möglichkeiten (a) und (d) gewählt. Die Reziprokativformen teilen, wie bereits besprochen, die meisten Infixeigenschaften mit den Frequentativen. Dies sieht man besonders deutlich an den Quadriliteralen in (147).t,x, wo im Gegensatz zu den Triliteralen beide Stammvokale und das Infix klar voneinander abgegrenzt erscheinen. Allerdings gibt es doch zwei entscheidende Unterschiede. Zum einen redupliziert die Reziprokativvariante des Infixes nie. Zum anderen - und das ist der wichtigste Unterschied deuten die Oberflächendaten entweder auf eine Uberlagerung der ersten Stammvokalposition Vi mit dem Infixvokal oder aber auf ein auf den Reziprokativ beschränktes Weglassen von Vi hin. So jedenfalls ist am ehesten zu erklären, warum die triliteralen Formen in (147).q-s,u-w trotz Infigierung nicht länger als ihre nicht-reziprokativischen Gegenstücke (148).a-c,e-g sind. Bereits vor einer tiefergehenden Analyse ist ein leichter Vorteil für die Uberlagerungslösung auszumachen, da ein Weglassen von V\ auf Triliterale beschränkt werden müßte: *te-msaxer-£, *mi-msixar-u sind ja nicht attestiert, obwohl prosodisch wohlgeformt. Hingegen wäre es bei Vokalkoaleszenz nicht weiter verwunderlich, daß Vi in Quadriliteralen erhalten bleibt, weil der zusätzliche Wurzelkonsonant C2 nicht vom adjazenten Infixtlokal überlagert werden könnte, ohne zu formaler Inkonsistenz zu führen. Im übrigen zeigt das abweichende Verhalten der Quadriliterale - die ja Typ B-Stammvokale tragen - im Vergleich zur kohärent kürzeren Gruppe der Triliterale einschließlich Typ B auch, daß der beobachtete Unterschied nicht mit der Zugehörigkeit zum Typ B-Muster korreliert. 5.6.3

Formale Spezifikation des Infixes

Die bisherige Diskussion hat die wesentlichen Bestandteile des Infixes etabliert, nur für die Quadriliterale benötigte Zusätze identifiziert und die gegenseitige Positionierung aller dieser Bestandteile innerhalb des Stamms gesichert. Dies ist noch einmal graphisch im Schaubild (150) zusammengefaßt. Man beachte die markierte Ausdehnung des eigentlichen Infixmaterials: der Hilfsvokal wurde - da nur für Quadriliterale relevant - wie bereits geschildert der Stammdefinition dieser Verbklasse zugeschlagen. Die jeweils angezeigten Resequenzierungsoptionen stellen bereits die endgültige Fassung dar. Während jedoch die Weglassbarkeit von V^uf, CVedup,n-i bereits erwähnt und zudem auf die Möglichkeit der (Links-)Uberlagerung des Infixvokals hingewiesen wurde, wird die Rechts-Resequenzierbarkeit von Vi erst im Abschnitt 5.7 behandelt; für

209 ( 1 5 0 ) SCHEMATISCHE D A R S T E L L U N G DES INFIXES

reduplicated_c_constraints

... V !

C2

(V

h i l f

Quadriliterale

)

post_redup_c_constraints

( Credup n . i )

*

C ^

Infix

infix_vowel_constraints • c n 1 constraints die gegenwärtigen Zwecke kann diese Position ohne Beschränkung der Allgemeinheit als konstant angesehen werden. Eine wesentliche Aufgabe der im Schaubild ebenfalls eingezeichneten, innerhalb der Infixdefinition lexikalisierten Constraints ist es nun, das je nach Kontext angemessene Realisierungsmuster der resequenzierbaren Anteile zu kontrollieren. Dazu wirken sie relativ zu einem jeweils spezifischen Constraintfokus bzw. Ankerpunkt, der durch die punktierten Pfeile symbolisiert wird. Diese Constraints werden im folgenden jeweils einzeln auf der Basis ihrer formalen Definition in CUF erläutert, bevor deren Zusammensetzung zu einer Gesamt-Infixdefinition nachgereicht wird. Die textuelle Reihenfolge kann dabei aufgrund der fortlaufenden Zeilennumerierung vom Leser einfach rekonstruiert werden. Zu beachten ist, daß diejenigen Constraint-Anteile, die sich mit der Steuerung von Vokal-Koaleszenz bzw. -Nichtkoaleszenz befassen, hier der Vollständigkeit halber bereits mitbesprochen werden, ohne jedoch auf die technische Umsetzung der Vokalüberlagerung selbst einzugehen. Der Leser möge ggf. nach der Lektüre des dafür einschlägigen Abschnitts 5.7 kurz auf die gegenwärtige Sektion zurückkommen. Zunächst soll der Gehalt von infix_vowel_constraints besprochen werden: (151) 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

infix_vowel_constraints := l e f t : l e f t : c a n n o t _ c o a l e s c e ft ( cat:'FREQUENTATIVE' ft left:no_gem ft ( cat:(''RECIPROCAL') ft ( cat:('INFINITIVE';'PASSIVE';'CAUSATIVE') ft r i g h t : s e l f : R e d u p l i c a t e d C ft left:self:ReduplicatedC ; cat:("('INFINITIVE';'PASSIVE';'CAUSATIVE')) ) ; cat:'RECIPROCAL' ) ; cat:("'FREQUENTATIVE') ) ft

Das einfachste Teilconstraint (Zeile 31) besagt lediglich, daß die Vokalqualität im Infinitiv / i /

210 beträgt, sonst / a / . Ein zweiter Teil fordert, daß im reinen, nicht-reziprokativischen Frequentativ bei Vorliegen der Kategorien Infinitiv, Passiv oder Kausativ Vorgänger- und Nachfolgerposition des Infixvokals miteinander koindiziert sein müssen (20-24). Da C n _i diese Nachfolgerposition besetzt, wird auf diese Weise dessen Reduplikation in den angegebenen morphologischen Kontexten erzwungen. Man beachte, daß beide Positionen lokale Nachbarn des im Fokus stehenden Infixvokals sind. Ein übergreifendes 1sharing [meta-Joonstraint ä la Scobbie (1991a), welches die mögliche Spezifikation unsinniger Koindizierungsalternativen grundsätzlich verhindern würde, wird in dieser Arbeit allerdings nicht postuliert, obwohl eine - vermutlich auf phonologischer Lokalität basierende - Restriktion dieses mächtigen formalen Mittels durchaus wünschenswert ist. Die Begründung liegt einfach darin, daß ohne eine gründlichere crosslinguistische Aufarbeitung von Reduplikationsphänomenen im DP-Rahmen jedwedes Postulat in diese Richtung als verfrüht erscheinen muß. Schließlich ist der Ort des Infixvokals auch der geeignete Ankerpunkt für zwei Teilspezifikationen, die sich direkt oder indirekt mit Vokalkoaleszenz befassen. In Zeile 19 ist kodiert, daß die zweite Position zur Linken nicht koaleszenzfahig ist, und damit die 'zugrundeliegende' segmentale Spezifikation zeigen muß. Damit wird eine formal mögliche freie segmentale Alternation mangels fehlendem Koaleszenzpartner verhindert. Diese Spezifikation erreicht je nach Realisierungsmuster der beiden weglassbaren Positionen entweder Vhuf oder Vi. Falls nur die erstere auf diese Weise segmental 'eingefroren' wird, besorgt im übrigen die hier nicht weiter zu besprechende (^-Definition dieselbe Aufgabe für den weiter links stehenden Vj. Die zweite Teilspezifikation besagt, daß der linke Nachbar des Infixvokals im Frequentativ niemals geminiert ist (Zeile 20). Zielpunkt dieser Maßnahme ist eine Situation, in der in den Triliteralen alles zwischen Vi und Vin/«x auftauchende Material weggelassen wird, und die beiden solchermaßen benachbarten Vokale dann miteinander verschmelzen können. Eine solche Situation wäre genau in den Kausativ-Frequentativ-Reziprokativ-Formen formal bislang immer noch zugelassen. Hier weisen nun aber die Daten entgegen der hypothetischen Verschmelzungsmöglichkeit einen die Vokale trennenden Reduplikanden auf, z.B. ?a-g:araref-e (Perf.3sg.mask). Dieser darf keinesfalls einfach per Ausweitung der obigen Koindizierungsspezifikation erzwungen werden, wie die parallelen Quadriliteralformen ohne Reduplikation zeigen, vgl. etwa ?a-m:esaxer-e. Die für die korrekte Teilspezifikation wesentliche Beobachtung ist vielmehr die, daß ein mit V\ verschmolzener Infixvokal rechts neben dem im Kausativ aus morphologischen Gründen immer geminierten ersten Wurzelelement zu liegen käme. Es genügt also, mit der Gemination den essentiellen phonologischen Faktor dieses Kontexts zu blockieren, um die Realisierung des trennenden Reduplikanden Credup,n-i als einzigen Ausweg aus der ansonsten drohenden Ungrammatikalität zu erzwingen. Bei den Quadriliteralen trifft das Geminationsverbot hingegen auf den intervenierenden positionsstabilen C2, in völliger Übereinstimmung mit den Oberflächenfakten. Daher muß hier auch keine Reduplikation stattfinden. Das nächste Constraint r e d u p l i c a t e d _ c _ c o n s t r a i n t s ist an die Realisierungsposition des Reduplikanden Credup,n-1 gebunden. (152) 10 11 12

r e d u p l i c a t e d _ c _ c o n s t r a i n t s := left:seif:(~cod) & left:cannot_coalesce.

In seiner Definition werden zwei Teilaufgaben erfüllt. Zum einen wird die Silbenrolle des linken Nachbarn partiell vorspezifiziert, und zwar zu "cod (Zeile 11). Diese Angabe denotiert die Menge

211 { o n s e t , nucleus} wobei wegen der Hintergrundaxiome zur Silbenstruktur hier nur das zweite Element von Bedeutung ist. Der relevante linke Nachbar, auf den das Constraint abgestimmt ist, ist der Hilfsvokal V^u/, dessen oben besprochene Realisierung bei Quadriliteralen auf diese Weise erzwungen werden kann. Bei Triliteralen trifft die prosodische Vorspezifikation hingegen auf den eigentlichen Stammvokal Vi, wo sie automatisch erfüllt ist, ohne jedoch empirische Auswirkungen zu zeigen. Die zweite Teilaufgabe besteht darin, die Koaleszenzfahigkeit der linken Nachbarposition auszuschalten (Zeile 11). Da wir j a qua Definition wissen, daß C re( j U p,n-i realisiert ist, betrifft diese Spezifikation entweder V^uf - die beabsichtigte Position - oder Vi (bei den Triliteralen), die auf diese Weise segmental stabilisiert werden. Der Fokus von post_redup_c_constraints ist die Nachfolgerposition der CTedup,n-iSpezifikation, und zwar unabhängig von Realisierung oder Nichtrealisierung des Reduplikanden. (153) 13

post_redup_c_constraint :=

14

( cat:('FREqUENTATIVE' & "'RECIPROCAL') k left:is("nonhigh)

15

; cat: ('('FREQUENTATIVE' & "'RECIPROCAL')) '/. elsewhere case

16

).

17

Der Sinn des Constraints besteht darin, Fälle von unerwünschter Koaleszenz zwischen Vi und Vinfix unter Auslassung von Credup,n—i zu verhindern, die ansonsten in manchen rein frequentativischen Kontexten auftreten könnten: im Frequentativ-Imperfektiv 1. Person Singular etwa heißt es ji-gerarif für triliterales \/g.r.f , *ji-garif, aber ji-mesaxir ohne Reduplikation für quadriliterales Vm.s.k.r . Hier stellt sich also erneut die Frage, wie ein spezifischer Aspekt des Unterschieds zwischen Triliteralen und Quadriliteralen charakterisiert werden kann, ohne daß auf die Klassenzugehörigkeit selber referiert werden muß. Betrachten wir die Situation im Detail: was passiert genau, wenn in Triliteralen der Reduplikand weggelassen wird? Von der Inkrementellen Optimierung präferiert und wegen Hiatusverbot unabhängig erzwungen bewegt sich der Infixvokal auf den ersten Stammvokal zu, er wird mit anderen Worten nach links resequenziert. Damit ist aber erstens die Post-Credup,n-i-Position, an der das Constraint angeheftet ist, nun rechts von der Infixvokalposition (man vergleiche dazu mit Schaubild (150)). Zweitens kann unter Vorwegnahme der konkreten Spezifikation der Koaleszenzmöglichkeiten hier bereits gesagt werden, daß alle solche Überlagerungen V\ © Vinjix nichthohe Vokale ergeben, im vorstehenden Beispiel etwa /effia/ = / a / . Die genannten ungrammatischen Fälle wie *ji-garif zeichnen sich somit einfach dadurch aus, daß an der Infixvokalposition, also links vom neuen Constraintfokus nach erfolgter V*n^x-Linksresequenzierung, ein nichthoher Vokal zu finden ist. Diese Situation muß also blockiert werden, und zwar - wie anschließend weiter erläutert wird - durch ein negativ ausgedrücktes Verbot "nonhigh (Zeile 14). Ein Vergleich mit den Quadriliteralen ergibt ein zu dieser Maßnahme passendes komplementäres Bild: zwar kann auch hier CredUp,n-i weggelassen werden, der dazwischentretende invariante C2 blockiert jedoch die Linksresequenzierung des Infixvokals. Dieser behält also den Constraintfokus, der dann links davon liegende C2 ist aber als Konsonant kein nichthoher Vokal, sodaß das Constraint automatisch erfüllt ist. Natürlich gilt eine vollkommen analoge Erklärung dann auch für die Grammatikalität der Triliteralformen mit realisiertem CVedup,n-ii der sozusagen die Rolle von C2 übernimmt. Im übrigen könnte das Element links vom Constraintfokus natürlich auch ein Gleitlaut sein, der in dieser Arbeit j a phonologisch als Hochvokal repräsentiert wird;

212 die Rücksichtnahme auf solche Radikale, die sich hier völlig parallel zu den Wurzelkonsonanten verhalten, motiviert daher die angeführte Einschränkung auf nichthohe Vokale. Schließlich ist das Infix auch der geeignete Ort, um eine freie Alternation C n _ i ~ C„_i: des vorletzten Radikals zu verhindern. Bei Infigierung ist diese Position nie geminiert. Dementsprechend prägt das Constraint c _ n _ l _ c o n s t r a i n t in (154) (Zeile 8), dessen Fokus die Nachfolgeposition der Infixvokalspezifikation ist, hier die partielle Silbenrolle "cod auf. Im Zusammenwirken mit SBS ergibt sich dadurch - empirisch korrekt - immer die Silbenrolle onset für C„_i. Den entsprechenden Ausschnitt der CUF-Implementierung des Infixes, der die bislang besprochenen Einzelconstraints integriert, zeigt (154). (154)

SPEZIFIKATION DES INFIXES IN C U F

c a t : ( " ('FREQUENTATIVE';'RECIPROCAL')) & cn_l_gem 1 i n f i x ( P o s t I n f i x A n c h o r ) := 2 & PostlnfixAnchor. 3 i n f i x ( P o s t l n f i x A n c h o r ) := cat:('FREqUENTATIVE';'RECIPROCAL') & resequence_xO(reduplicated_c_constraints & seif:Cn_l_Pos, 4 5 post_redup_c_constraint & 6 resequence_left(is(vowel) & infix_vouel_constraints, seif:Cn_l_Pos & c _ n _ l _ c o n s t r a i n t & P o s t I n f i x A n c h o r ) ) . 7 8 c _ n _ l _ c o n s t r a i n t := s e i f : ( " c o d ) . Zeile 1-2 modelliert das Weglassen des Infixes, wenn keine der Kategorien Frequentativ oder Reziprokativ gegeben ist. In dieser Situation ist das Geminationsverhalten der mit dem PostlnfixAnchor zusammenfallenden Position von C„_i nicht vom eigentlichen Infix beeinflußt, sondern wird vielmehr durch das hier angeheftete Einzelconstraint cn_l_gem von (141) gesteuert. Ansonsten (3-6) werden die besprochenen Teilconstraints gemäß dem Schaubild (150) zusammengesetzt, wobei lediglich noch der Transfer des C n _i-Gehalts mittels der Koindizierungsvariablen Cn_l_Pos erwähnenswert ist (4 bzw. 6).

5.7

Vokalkoaleszenz in den Verbformen

Vokalkoaleszenz bezeichnet die Verschmelzung zweier Vokale zu einem neuen Vokal. Eine charakteristische Eigenschaft von Vokalkoaleszenz ist dabei, daß Merkmale mindestens eines der beiden Aktanden im Result bewahrt werden. Die hier gewählte Notation für ein allgemeines Koaleszenzschema zeigt (155.a), mit Beispielen in (155.b) (aus Casali 1996). (155)

VOKALKOALESZENZ - EINFÜHRENDE BEISPIELE a.

/Vi

e

V2/

=

/Vkoaleszenzi')/

b.

ko-ma-ek-a > .ko.mEe.ka. 'bezahle sie (pl.)' (Kamba), dlga icfeo > digedjo 'Yams(wurzeln) des jungen Mannes' (Gichode)

Bei der Verschmelzung zweier Vokale kann die Quantität der Ausgangsvokale bewahrt werden, häufig geschieht dies aber auch nicht. Aus theoretischer Perspektive läßt sich Koaleszenz als eine spezifische Strategie zur Hiatusauflösung verstehen, neben anderen bekannten Mechanismen

213 wie Elision oder konsonantischer Epenthese. Welche Strategie in welcher Situation angewandt wird, ist allerdings sprachspezifisch. Die Abgrenzung zwischen Elision und Koaleszenz ist nicht eindeutig, da eine Alternation jV\ + V2/ = V\ bzw. V2 formal auch als ein bestimmter Typ von Koaleszenz interpretiert werden kann, bei der eben nur die Merkmale eines der beiden Aktanden im Resultat realisiert sind. Dies motiviert die Definitionen in (156). (156)

VOKALKOALESZENZ -

DEFINITIONEN

a.

Echte Koaleszenz liegt dann vor, wenn die in ihrer Qualität unabhängig bestimmbaren Ausgangsvokale /Vi/ bzw. /V2/ und der aus ihnen resultierende Koaleszenzvokal /Vi © V2/ paarweise verschieden sind. Beispiel: /e © u / = /o/

b.

Unechte Koaleszenz liegt dagegen dann vor, wenn unter denselben Ausgangsvoraussetzungen der resultierende Koaleszenzvokal ¡Vi © V2/ identische Qualität zu /Vi/ bzw. /V2/ zeigt. Beispiel: /a © a/ = /a/, /e © i/ = /e/

Wie leicht zu sehen ist, ist nur die unechte Koaleszenz (156.b) ambig zur Elision. Der Rest des Abschnitts 5.7 greift zunächst den bereits in 5.6 gestreiften Fall der Koaleszenz im Reziprokativ noch einmal auf, bevor davon unabhängige Evidenz für Koaleszenzphänomene im Verbalsystem des Tigrinya präsentiert werden. Hier geht es vor allem um Phänomene, die sich durch Resequenzierung eines mittleren Wurzelelements ergeben, mit dem Effekt, daß Stammvokale sowohl miteinander als auch mit dem Wurzelelement selbst verschmelzen können. Anschließend wird die Analyse von Buckley (1994) zum Tigrinya kritisch diskutiert, insbesondere weil dessen Merkmalsrepräsentation als Ausgangspunkt für eine eigene deklarative Analyse dient. Letztere wird anhand einer Fallstudie zum Verb \Jm.(w).t 'sterben' illustriert, da hier besonders reichhaltige Koaleszenzerscheinungen sichtbar werden. Koaleszenz wirft in einem auf unverletzbaren Constraints aufbauenden Ansatz besondere formale Probleme auf, deren Lösung folgerichtig im Rahmen der vorgestellten Analyse entsprechenden Raum einnimmt. Ein kurzer Ausflug in den typologisch ausgerichteten OT-Ansatz von Casali (1996) im Zusammenhang mit der Frage nach der lexikalischen Bedingtheit von Koaleszenz rundet diesen Abschnitt ab. 5.7.1

Koaleszenz und Infigierung

Eine wesentliche Regulaxisierung in der Stammvokaltabelle (121) betraf die Spezifikation des ersten Stammvokals im Reziprokativ. Hier wurde durchgängig ein / e / angenommen, obwohl für gewöhnliche Triliterale an der Oberfläche ein / a / erscheint. Für diese Klasse von Verben würde es in der Tat deskriptiv zunächst keinen Unterschied machen, das an der Oberfläche auftauchende / a / in Formen wie unter (157) als Stammvokal zu deuten, und somit / a / sowohl als möglichen Typ C-Kennzeichner wie auch als Exponenten der Kategorie Reziprokativ anzusehen. Die Betrachtung der entsprechenden Quadriliteralformen zeigt allerdings, daß dort der erste Stammvokal / e / ist, im Einklang mit allen anderen aspektuellen Kategorien, insbesondere dem parallelen Fall des Frequentativs. Die Stammvokaldeutung hat sich also nicht bewahrheitet. Vielmehr stellt sich die Situation plausibel so dar, daß - durch den zusätzlichen Konsonanten vor Verschmelzung mit dem Infixvokal / a / geschützt - in Quadriliteralen der eigentlich zu spezifizierende Stammvokal-1-Exponent des Reziprokativs deutlich wird, während das Fehlen eines

214 (157) KOALESZENZ UNTER INFIGIERUNG IM REZIPROKATIV: / e © a / = Triliterale

Typ A te-garef-e

TypB te-badel-e

/a/

Quadriliterale

Typ C te-barex-e

te-mesaxer-e

(3.sg.mask.perf.)

entsprechenden Konsonanten in den Triliteralen umgekehrt zur Koaleszenz der beiden Vokale führte. Konkret verschmelzen der Exponent / e / des einen Teils der Reziprokativrealisierung und der Vokal / a / des anderen, nämlich Infixteils, zu / a / an lediglich einer segmentalen Position, in Zeichen /e®a/ = / a / . Man beachte, daß die Realisierung in situ nicht möglich ist: Hiatus ist in Tigrinya grammatikweit verboten, was theoretisch auf die strikte Onsetforderung zurückgeführt werden kann. Diese Annahme bringt Triliterale und Quadriliterale auf einen gemeinsamen Nenner und führt außerdem zu der in (121) zu sehenden größeren Symmetrie und Einfachheit des Systems der Exponenten morphologischer Kategorien. Allerdings handelt es sich hier um unechte Koaleszenz, die - wie wir gesehen haben - prinzipiell auch durch Nullalternation des Reziprokativ-Stammvokals wiedergegeben werden könnte. Bevor daher die zur Koaleszenzbehandlung in einem monotonen Formalismus notwendigen formalen Erweiterungen untersucht werden, erscheint es angebracht, zunächst nach echter Koaleszenz Ausschau zu halten.

5.7.2

Unabhängige Evidenz für Vokalkoaleszenz

Eine wichtige Gruppe von geeigneten Beispielen betrifft Verben, bei denen aus unterschiedlichen Gründen ein mediales Wurzelelement wegfallt, sodaß neue Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den vorher getrennten Stammvokalen entstehen. Diese Vokale sind dann wegen des Hiatusverbots bereits a priori geeignete Kandidaten für eine Verschmelzung. Man kann nun von vorneherein einschränken, welche Interaktion von Stammvokalen überhaupt zu aussagekräftigen phonologischen Reflexen von Koaleszenz führen könnten. Zum einen gilt, daß alle Kombinationen mit / i / ausscheiden, da der Effekt der Nichtrealisierung eines nullalternierenden (/i/) nicht unabhängig kontrolliert werden kann: weggelassenes /*/ und /i©V/-Koaleszenz könnten theoretisch immer zu denselben Oberflächenrealisierungen führen. Buckley (1994, 12) bemerkt ebenfalls, daß / i / nie als Oberflächenalternante in 'Koaleszenz'beziehungen mit anderen Vokalen auftaucht, führt dies theoretisch abstrakter aber auf fehlende Ortsmerkmale statt auf beobachtbare Weglaßbarkeit zurück (siehe (160)). Wie bereits ausgeführt wurde, scheiden in punkto unzweideutige Evidenz alle unechte Koaleszenzfälle ebenfalls aus - neben dem bereits bekannten /e©a/ = / a / also auch alle identischen Kombination /V©V/ = / V / auch wenn der Verzicht auf unechte Koaleszenz zu einem Verlust an Eleganz in der bisherigen Analyse führen würde. Man beachte in dieser Hinsicht insbesondere die substantielle Einschränkung der V/0-Alternation auf / i / , die dann wesentlich zu erweitern wäre. Genau die Kombination /e©i/ aus der Menge der kanonischen Stammvokale in (123) aber erfüllt alle Bedingungen für echte Koaleszenz. Das / i / kann dabei in Wurzeln ohne Gleitlaut vorteilhaft eindeutig nur als Exponent des Gerunds gewertet werden. Zusätzlich ist bemerkenswert, daß das prognostizierte Verschmelzungsergebnis / e / als Fusion der charakteristischen Vokalhöhe von / e / mit dem vorderen Artikulationsort des / i / nicht in den Stammvokalmustern vorkommt. Eine Gruppe weniger Verben des Tigrinya - Berhane (1991, 390) führt lediglich die Beispiele \/s.(b).r. 'brechen', /uei/ > /ue/. Die genauere Betrachtung ergibt, daß diese Maßnahme wiederum nur für / e i / relevant ist, da der ansonsten in dieser Position vorkommende (ii) bereits resequenzierbar ist, und ein Typ-C-Vokal / a i / gemäß den Oberflächendaten positionsstabil bleibt. Hier wie beim oben angesprochenen Infinitiv-/a/ gilt allerdings, daß eine redundante Resequenzierbarkeit im Prinzip nichts schaden würde, da eine Koaleszenz / a © i,u/ ja gemäß (162) ohnehin blockiert ist. Das Weglassen solcher redundanten Beschreibungsanteile kann daher im Sinne einer Lexikonoptimierung verstanden werden (vgl. Prince & Smolensky 1993, Kap. 9). Die bisherigen Analyseschritte betrafen den Verkürzungsanteil der Vokalkoaleszenz. Selbstverständlich ergeben sich durch die lexikalische Spezifikation der Resequenzierbarkeit keine der oben angesprochenen Komplikationen, denen Buckleys Regel unterlag. Was aber bislang noch aussteht, ist die genaue Charakterisierung der Koaleszenz als Merkmalsfusion. Die entscheidende Randbedingung ist hier, daß die oben erläuterten Schwierigkeiten mit einer persistenten Unterspezifikation vermieden werden sollen, ohne zugleich auf einen Defaultformalismus überzugehen. Eine naheliegende erste Idee hierzu besteht darin, auf Unterspezifikation ganz zu verzichten. Dadurch sind natürlich alle Probleme im Zusammenhang mit fehlender Detektion von Inkonsistenz erst einmal behoben. Allerdings koaleszieren die dann paarweise distinkten, d.h. formal zueinander inkonsistenten Vokale dann auch nicht mehr miteinander. Die entscheidende zweite Erkenntnis ist nun, daß zu echter Koaleszenz fähige Vokale offenbar in genau zwei Varianten auftreten, und zwar einmal vollspezifiziert und einmal unterspezifiziert. Beide Varianten stehen in einer Subsumptionsbeziehung. Die zu den Varianten zugehörigen formalen Beschreibungen denotieren also einmal eine einelementige Menge (den traditionell als 'zugrundeliegend' bezeichneten Vokal), im anderen Fall enthält das Denotat mehrere Vokale (alle möglichen Koaleszenzqualitäten). Um die beiden 'Gesichter' koaleszenzfähiger Vokale in ein- und derselben Repräsentation zu vereinen, muß man daher anerkennen, daß für die Unterscheidung zweier Varianten informationstheoretisch grundsätzlich 1 Bit an zusätzlicher, d.h. diakritischer Information benötigt wird. Man wähle also eine benannte propositionale Variable, etwa c (für 'coalesceable'), als Repräsentanten dieses Bits und markiere die beiden Alternativen komplementär durch ->c —y 'vollspezifizierte Variante' A c —• 'unterspezifizierte Variante'. Dadurch wird erreicht, daß wunschgemäß nur zwei vollspezifizierte Vokale oder zwei unterspezifizierte Vokale konsistent miteinander kombinierbar sind, nicht jedoch Mischungen unterspezifizierter mit vollspezifizierten Vertretern (wegen c A -. c = _L).21 Während zwei vollspezifizierte, nicht koaleszenzfähige 20

Funktional macht die Einschränkung der linksäußersten Stammvokalposition auf RechtsResequenzierung und symmetrisch der rechsäußersten Position auf Links-Resequenzierung natürlich auch den Sinn, daß dadurch unnötiger Berechnungsaufwand vermieden wird, da dieflankierendenWurzelelemente in der Regel Konsonanten sind, die die jeweils konverse Sequenzierungsrichtung ohnehin blockieren würden.

223 Vokaldarstellungen nur unter Identität miteinander verträglich sind, kommt es bei der konjunktiven Verknüpfung zweier unterspezifizierter, koaleszenzfähiger Vokalbeschreibungen entscheidend auf die Definition der substantiellen Denotate beider Partner an: ist deren Schnitt nichtleer und im Idealfall einelementig, so muß er das Koaleszenzresult widerspiegeln. Die Spezifikationen für die jeweils unterspezifizierte Variante der prinzipiell koaleszenzfähigen Vokale sind unter dieser Vorgabe nun relativ einfach zu bestimmen: im wesentlichen, d.h. für die Vokale /i,u,a/ ist sie identisch mit der unterspezifizierten Repräsentationen [front], [round] bzw. [low], die Buckley für diese Segmente angibt. Die große Überraschung ist jedoch das Verhalten von / e / . Die Tabelle (162) zeigt zunächst, daß alle nichthohen ([-high]) Vokale Koaleszenzresulte der Verbindung mit / e / sein können. Eine solche Festlegung ist in der Tat zunächst konsistent mit den meisten Formen aus (163). Ein [-high front] koaleszierender Vokal kann nur / e / sein, für [-high round] kommt nur /o/ in Frage, [-high low] denotiert eindeutig / a / . Die entscheidenden Ausnahme zeigt sich aber in den Jussiv/Imperativ-Daten (außer lsg) von (163), wo der Vokal / u / erscheint: mut-i (2sg.fem), *mot-i. Die dazugehörige unerwartete Reduktion > / u / weist von der Positionenanzahl zunächst klar auf dieselbe Koaleszenzsituation wie in den anderen Fällen hin, wenn auch das Ergebnis als vom unechten Typus zu klassifizieren ist. Da die 1. Person Singular des Jussivs ki-mot mit der umgekehrten Reihenfolge der Stammvokal-Qualitäten einerseits für Zwecke der Koaleszenz ein Minimalpaar darstellt, die Reduktion ¡ e l \ > /o/ andererseits das bereits für den vorherigen Fall erwartetete Koaleszenzergebnis zeigt, ergibt sich bei Festhalten an der durchgängigen Regelhaftigkeit der Stammvokalspezifikation hier nun aber die unausweichliche Konsequenz, daß Tigrinya Instanzen von ASYMMETRISCHER KOALESZENZ aufweist! Nimmt man an, daß der Zentralvokal (i) jeweils weggelassen wird, so besteht der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Elementen des Minimalpaars in der Position des / e / , bezogen auf die Beschreibungsebene: /e©u/ = /o/, /u©e/ = / u / . Im zweiten Fall ist die obige Charakterisierung der Koaleszenzmenge von /e^/ durch [-high] offensichtlich revisionsbedürftig, da das Ergebnis / u / [+high] ist. Die Definition von / u / kann dagegen beibehalten werden, weil / o / natürlich weiterhin [round] ist. Für Verben mit frontiertem Hochvokal wie \/k.(j).d 'gehen', VTO')-* 'verkaufen' - die sich insgesamt noch komplexer verhalten - ist im gleichen morphologischen Kontext entsprechend entweder ein / i / oder ein /»/ attestiert, z.B. kid 'geh!' (mask.), fit' 'verkaufe!' (mask.) (Berhane 1991, 364,285). Auch aus dieser Richtung ergibt sich also ein Änderungsbedarf für /e2/. Der Vorschlag der vorliegenden lexikalistischen Analyse ist daher, die Definition der Koaleszenzmenge von /z^l im Unterschied zu / e i / auf alle nicht-tiefen 21

Dies ist nichts anderes als die Modellierung sog. distribuierter oder benannter Disjunktionen mit den Mitteln konventioneller Logik. Distribuierte Disjunktionen wurden von Dörre & Eisele (1989) als effizientes Darstellungsmittel für gekoppelte Auswahlentscheidungen im Rahmen von Merkmalstermformalismen vorgeschlagen. Wird in der arbiträr mit $1 benannten Disjunktion { $1 A V B } das erste Disjunkt A gewählt, so ist in einer an anderer Stelle in der Beschreibung spezifizierten zweiten Disjunktion gleichen Namens { $1 C V D } ebenfalls das erste Disjunkt C zu wählen, und sinngemäß für das zweite Disjunkt. Für unsere Zwecke spielt c die Rolle des Kopplungsmechanismus, die beiden Disjunktionen entsprechen den beiden miteinander koaleszierenden Vokaldefinitionen und die Disjunkte selbst enthalten die unter- bzw. vollspezifizierten Vokalqualitätsangaben. Allerdings kann die koppelnde propositionale Variable über die Möglichkeiten reiner benannter Disjunktionen hinausgehend auch positiv oder negiert mit der Gesamtformel verknüpft werden, um etwa in einem spezifischen Kontext von vornherein die Auswahl eines Disjunkts festzulegen. Diese Möglichkeit wird insbesondere dazu verwendet, Koaleszenz selektiv zu verbieten.

224 Vokale (->[low]) festzulegen. Diese Definition kann dadurch begründet werden, daß neben den hohen Vokalen und dem Zentralvokal die mittleren Koaleszenzvokale /o,e,e/ miteinbezogen werden müssen, da ja im Perfektiv eine Koaleszenz aller drei medialen Stammelemente stattfindet (vgl. mot-e,iem-e,ked-e). Der Vokal /a/ muß dagegen ausgeschlossen werden. Der festgestellten Asymmetrie in den Koaleszenzformen entspricht also eine asymmetrische Definition der zwei /e/-Varianten, die mit der Position im Stamm korreliert. Die Koaleszenz /u©C2/ = /[round] © ->[low]/ ergibt nun aber die mehrelementige Menge {o,u}; zum Erreichen des empirisch eindeutigen Resultats / u / ist also noch eine zusätzliche Restriktion nötig. Da, wie wir gesehen haben, /o/ in einsilbigen Koaleszenzstämmen durchaus vorkommt, kann dieser Vokal nicht kontextunabhängig ausgeschlossen werden. Vielmehr kommt hier der zweite distinktive Unterschied zwischen den Minimalpaarelementen ins Spiel: nur im [u]-Fall war ein weggelassener erster Stammvokal (ii) beteiligt ( / ( ¿ i £ 2 / ) - Genau an dessen Definition ist nun das Verbot von /o/ (und, hier nicht benötigt, von /e/) anzuheften: die entsprechend restringierte Nachfolgeposition von (ii) beschränkt ja bei Wahl der Nullrealisierung genau die richtige Stammposition. Es ist an der Zeit, hier die einzelnen Maßnahmen zusammenzufassen und das Zusammenspiel aller Constraints an einigen Beispielen zu demonstrieren, bevor weitere Konsequenzen, auch im Vergleich mit Analysealternativen diskutiert und bewertet werden können. Dazu zeigt (165) zunächst die zugehörigen CUF-Definitionen, die jetzt keine Überraschungen mehr bieten sollten. (165)

C U F - D E F I N I T I O N E N ZUR K O A L E S Z E N Z IM T I G R I N Y A - V E R B A L S Y S T E M

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

•/,'/, '/,'/.

Type d e f i n i t i o n coalescence State bit: only relevant

for

vouels

c < vowel. '/,'/, — u s e f u l abbreviations — cannot_coalesce := i s ( " c ) . '/.'/. vowel d e f i n i t i o n s '/.'/. Implications: c -> underspecified vowel coalescence set &

12

'/,'/,

13 14 15 16 17 18 19 20

'/,"/, Uses logical equivalence A -> B = "A ; B is.El is_E2 is_u is_i is_a is_I

"c -> fully specified vowel, singleton set

= = = = = =

i s ( (~c;nonhigh) i s ( (~c;nonlow) i s ( ("c¡round) i s ( ("c¡front) is(a). is( I ' ) .

& & & k

(c (c (c (c

'E 'E u) i)

) ) ) )

) )

21

22 '/,'/, — vowels as used in p a r t i c u l a r positions — 23

225 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

stem.vowel('El' , More) stem_vowel(ul, More)

:= r e s e q u e n c e _ l e f t ( i s _ u l , More).

stem.vowel('E2' , More) stem_vowel(il2, More)

:= r e s e q u e n c e _ l e f t ( i s _ i , More).

stem_vowel('Il' , More) stem.vowel('12' , More) stem_vowel(al2, More)

o b l ( i s _ a , More).

Korrektheit der Analyse. Der nächste Schritt besteht darin, zu demonstrieren, daß die vorgeschlagene Analyse tatsächlich alle Koaleszenzfalle in (163) abdeckt. Die Diagramme (166) und folgende, die diesem Zweck dienen, zeigen die lineare Abfolge der Positionsbeschreibungen in der Vertikale, wobei die Realisierungsalternativen jeder einzelnen Positionsbeschreibung aufgelistet und für eine einfache Bezugnahme durchnumeriert werden. Bei den Positionen, die mehr als eine Alternative zulassen, ist die Resequenzierungsalternative als zweites aufgeführt und am Zusammenfall der Ankerpunkte 4-i2kenntlich gemacht. Gesucht ist jeweils ein konsistenter Weg, der für alle Positionsbeschreibungen jeweils den zweiten Ankerpunkt 4-2 einer Alternative mit dem ersten Ankerpunkt 4-i einer Nachfolger-Alternative verbindet, wobei sich überlappende Kontextrestriktionen widerspruchsfrei sein müssen. Graphisch läßt sich dies einfach ermitteln, indem man nicht zum betrachteten Weg gehörende Zeilen ausblendet und überprüft, ob für alle Positionen die übriggebliebenen, vertikal übereinander stehenden Kontextrestriktionen miteinander verträglich sind. Durch Schrägstrich getrennte Kontextspezifikationen bezeichnen den unterspezifizierten und koaleszenzfahigen bzw. den vollspezifizierten und nicht koaleszenzfahigen Anteil, wobei die Anteile wie geschildert disjunktiv verknüpft sind. Positionen ohne weitere Restriktionen sind durch einen Unterstrich markiert. Ein optimaler konsistenter Weg zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, daß er von der Inkrementellen Optimierung am besten bewertet wird, weil er die Wahl von resequenzierten Alternativen so früh wie möglich maximiert. Die Nummern der an diesem Optimum beteiligten Alternativen sind fett gedruckt und das horizontal abgebildete phonetische Denotat, welches sich aus dem positionsweisen Schnitt aller überlappenden Kontextrestriktionen ergibt, ist spaltenrichtig am Fuß des jeweiligen Diagramms angefügt. Stellvertretend für die nachfolgenden Diagramme soll (166) hier ausführlicher besprochen werden. Wir beginnen dabei mit der Besprechung des optimalen konsistenten Wegs. Zunächst bietet hier das initiale obligatorische Wurzelelement / m / keine alternativen Realisierungen an (1); der Ankerpunkt für die nächste Konkatenation ist daher invariant die unmittelbar nächste Position nach dem / m / . Dort beginnen beide Realisierungsmöglichkeiten des / e t / . Die erste Möglichkeit ist eine Realisierung in situ - es wird also nicht resequenziert (2). Angenommen, dies war die richtige Wahl, so kann nach der auf diese Weise durch [nonhigh/e] partiell spezifizierten zweiten Position erneut konkateniert werden. Auf diese dritte Position beziehen sich die Alternativen des Mittelradikals / % / . Die Alternative der Linksresequenzierung (5) verharrt in dieser Position, engt dabei aber den Linkskontext - also die zweite Position - weiter ein, und

226

m

1

et

2

^ m

nonhigh/e

nonhigh/e

4

round/u round/u

nonlow/e

6

^

^12

U

7 t

1 **

3

5

tj

4-2

I

nonlow/e 1

8 [m

0

-1-2

t]

zwar zu [round/u]. Das Denotat der zweiten Position ist an dieser Stelle bereits einelementig, da die vollspezifizierten Exemplare / e / und / u / zueinander inkonsistent sind, und der Schnitt der allein übrigbleibenden Anteile [nonhigh] und [round] {o} ist. Nichtsdestotrotz kann diese Menge erneut mit [nonlow] geschnitten werden, ohne daß sich nun die leere Menge ergeben würde, da /o/ selbstverständlich ein nicht-tiefer Vokal ist. Dies korrespondiert mit der Wahl der Linksresequenzierungsalternative für die zweite Stammvokalposition jz^j (7), wodurch der Ankerpunkt für die nächste Konkatenation immer noch auf der dritten Position vom Wortanfang verharrt. Hier landet demzufolge das obligatorische / t / als nicht-vokalisches finales Wurzelelement. Dessen Nachfolgerposition steht schließlich restriktionsfrei für die Konkatenation der Subjektkongruenzsuffixe zur Verfügung, die das Koaleszenzergebnis aber nicht mehr zu beeinflussen vermögen und daher hier nicht gezeigt werden. Es ist instruktiv, sich zu überlegen, warum die gemäß Inkrementeller Optimierung doch eigentlich vorteilhaftere frühe Rechts-Resequenzierung (3) für / e ? / nicht zum optimalen Ergebnis führt. Eine solche Wahl bedingt zunächst automatisch, daß / % / metathetisch an die zweite Wortposition gelangt, wo es wegen ansonsten unmittelbar drohender Inkonsistenz zum konsonantischen / m / nicht mehr links-resequenziert werden kann: es muß also Alternative (4) folgen. Gemäß den in der Beschreibung fixierten Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den Positionen könnte das auf /%"/ unverändert folgende / £ $ / nun zwar links-resequenziert werden (7), weil das Denotat der zweiten Position mit {o,u} auch dann noch nichtleer wäre. Allerdings führt diese Wahl nun bei Anfügen des Konsonanten / t / (8) sofort zur Inkonsistenz, da die dafür bereitgestellte dritte Wortposition aus Schritt (3) bereits mit der vokalischen Spezifikation [nonhigh/e] behaftet wax. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, / £ $ / i n situ zu realisieren (6), was wegen der Kompatibilität mit [nonhigh/e] auch gelingt; das Anfügen des finalen / t / (8) ist unter dieser Alternative natürlich problemlos. Allerdings sind nun die adjazenten Wortpositionen 2 und 3 beide vokalisch spezifiziert und es fragt sich, ob dies zu neuen Widersprüchen führt. In der Tat führt die eine mögliche Auswahl der Spezifikations-Anteile /o [nonhigh A nonlow/e]/ für diese Positionen zu einer Hiatussituation. Formal liegt ein Sonoritätsplateau vor, das im Tigrinya für nichthohe Vokale verboten ist. So verbleibt als einzige andere Auswahl die legale Konfiguration / u [nonhigh A nonlow/e]/, wobei / u / als Bestandteil des Onsets silbifiziert werden muß. Der auf diese Weise postulierte Stamm /mu{e,o,e,i}t/ ist mit vier Positionen und dem Markiertheits-

227 vektor 0110 aber weniger optimal als der im vorherigen Abschnitt verfolgte Weg, der zu /mot/ mit 010 führte. 22 Fehlende Optimalität zeichnet auch den dritten und letzten konsistenten Weg aus, der alle Positionen in situ realisiert und Stammformen wie /meuet/ mit dem zugehörigen Markiertheitsvektor 01110 entspricht. (167)

KOALESZENZ IM IMPERFEKTIV BZW. JUSSIV ISG

m

et

1

k

^ 1. nonhigh /e

2 3

%

•I"12

(fe)

nonhigh/e 4.. round/u

4 5

round/u

6

J^i t1

,

4*

4*12

7 t

, ""

8 [m

t]

0

In (167) ergibt sich das gleiche phonetische Denotat wie beim Perfektiv, weil die AuswahlTeilfolge 1 2 5 j a bereits die Qualität des Koaleszenzprodukts /o/ eindeutig bestimmt. Der prosodisch hier nicht notwendige zweite Stammvokal (¿2) kann vollständig weggelassen werden und beeinflußt dementsprechend nicht das Endergebnis. Interessanter ist die Ableitung des Koaleszenzresultats im nachfolgenden Fall von asymmetrischer Koaleszenz: (168)

KOALESZENZ IM JUSSIV/IMPERATIV NICHT-1SG

m

1

(ii)

2

^ m

i 4l2 -lO 4: round/u

3 %

4 5

¿2

,

4. nonlow/e

6

. ^

nonlow/e

8 [m

22

42 -10

round/u

7 t

-1-2

u

t]

Es wäre auch möglich, diesen Weg durch eine geeignete Inkonsistenz zu blockieren, indem etwa dem zweiten Stammvokal eine Kontextrestriktion beigegeben wird, derzufolge der linke Nachbau: bei in situ-Realisierung kein hoher Vokal sein darf und im übrigen eine mediale Position belegen muß. Damit erscheint auch bei Annahme der ursprünglichen Definition der Inkrementellen Optimierung, die ja wie in Kapitel 4 besprochen leicht von der konkret implementierten Fassung abweicht, ein korrektes Ergebnis.

228 Hier wird erwartungsgemäß der erste Stammvokal ( i i ) weggelassen. In diesem Fall hinterläßt die Nullalternation jedoch Spuren in der Form einer negativen Restriktion der zweiten Wortposition, die /o/ ausschließt. Diese schränkt den in situ zu realisierenden Mittelradikal per Schnitt mit dessen [round]/u-Angabe auf { u } ein. An diesem Resultat ändert sich durch die Überlappung mit einem links-resequenzierten

/ nichts mehr, da die Restriktion [nonlow] kompatibel dazu

ist. Der wesentliche Unterschied zu den vorherigen Fällen ist also das Fehlen des Hochvokale verbietenden /et/, an dessen Stelle die schwächere Restriktion des weggelassenen ( i i ) tritt. Für das Koaleszenzszenario im Gerund muß zwischen vokalinitialen Suffixen und solchen, die mit einem Konsonanten beginnen, unterschieden werden. Das Diagramm in (169) zeigt den ersten Fall. (169)

K O A L E S Z E N Z IM G E R U N D ,

m et

1T

1

i. nonhigh/e

nonhigh/e

4

h round/u

1

round/u 1

6

front/i

7 t

,

3

5

V

^

k

2

V(C)-SUFFIX

front/i

J^i

8 [m

o

j

t]

Wiederum ergibt sich die Auswahl der Alternativen 1 2 5 gemäß der obigen Schilderung zu (166). Der frontierte zweite Stammvokal kann anschließend nun nicht mehr links-resequenziert werden, weil vordere gerundete Vokale gemäß den FCRs nicht wohlgeformt wären. Die alternative Realisierung in situ (6) verletzt dagegen keine Constraints, ergibt aber vorläufig eine unterspezifizierte dritte Wortposition (Denotat { e , i } ) . Allerdings ist nur der hohe Vordervokal mit den Silbenstrukturconstraints bzw. den von SBS geforderten Sonoritätskonturen verträglich, und bekommt in dieser postvokalischen Position dementsprechend die Kodarolle zugewiesen, was mit seiner phonetischen Realisierung als Gleitlaut korrespondiert. Man beachte in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß ja ein V-initiales Suffix folgt, welches den letzten Wurzelkonsonanten /t/ schon für sich als Onset reklamiert. Im Falle der konsonantinitialen Suffixe (170) wird die Situation noch interessanter, da hier erstmals eine echte Koaleszenz ohne Beteiligung des gerundeten Mittelradikals erscheint. Die zum korrekten empirischen Ergebnis führende Auswahlfolge beginnt nach der obligatorischen Eingliederung des /m/ (1) hier mit einer Rechts-Resequenzierung des ersten Stammvokals (3), wodurch dieser und der Mittelradikal /^u/ wieder metathetisch die Plätze tauschen und der Mittelradikal nur noch in situ realisiert werden kann (4). Analog zu den vorherigen Ausführungen ist dadurch dem nachfolgenden

/ die Links-Resequenzierung verwehrt, es muß also an der dritten Wort-

position realisiert werden (6). Dadurch überlappen sich aber dessen [front]/i-Restriktion und die metathetisch ebenfalls dorthin versetzte [nonhigh]/e-Spezifikation, was zwangsläufig zum Koaleszenzresultat { e } führt. Das finale /t/ wird wieder regulär angefügt (8) und erhält wegen der darauffolgenden konsonantinitialen Suffixe die Kodarolle zugewiesen.

229 (170)

KOALESZENZ IM G E R U N D ,

m

1

et

2

CV(C)-SUFFIX

V2 U u

m

1

4-2

nonhigh/e

3

nonhigh/e 1

%

+ round/u

4 5

V

1

round/u

6

front/i

7 t

front/i

_±L_

J^i 4-2

8 [m

u

e

t

]

Der aufmerksame Leser wird sich an dieser Stelle sicherlich fragen, warum dieser angesichts der frühestmöglichen Resequenzierung eines Stammelements (3) offensichtlich optimale konsistente Weg nicht schon im Vorgängerszenario (169) beschritten werden konnte. In der Tat wurde diese Möglichkeit bislang durch nichts ausgeschlossen. Es ist daher notwendig, ein zusätzliches Constraint zu identifizieren, welches in geeigneter Weise auf den Unterschied zwischen vokalbzw. konsonantinitialer Suffigierung im Gerund eingeht. Die Frage nach einer entsprechenden Invariante in Formen wie mwet.-ka vs. moj.t-e scheint zunächst durch eine prosodische Minimalitätsbedingung für Stämme beantwortbar: sie müßten minimal bimoraisch sein. Allerdings erweist sich eine solche Formulierung als nicht oberflächentreu angesichts vokalinitial suffigierter Gerund-Formen der Wurzel \J{b).(h).l 'sagen', z.B. ?i.l-e. Natürlich ist diese Wurzel ebenfalls (deskriptiv) irregulär, wie etwa der Wegfall der ersten beiden Wurzelelemente im Beispiel zeigt (vgl. die Passiv-Perfektiv-Form te-bahal-e). Gelänge es jedoch, eine alternative oberflächentreue Regularität zu bestimmen, die auch solche Daten miteinbezieht, so wäre diese klar vorzuziehen. Genau dies ist nun aber möglich: (171)

ZUSATZCONSTRAINT FÜR DAS GERUND

a. b.

Gerund A 1 2 3 4 5 6 7

U |

onset |

V2,stem

w



U | i

g e r u n d _ p r o s o d i c _ c o n s t r a i n t := ( cat:'GERUND' & ( is(i) & right:self:ons ; r i g h t : s e l f : ("ons) '/, elsewhere case ) ; c a t : ("'GERUND') '/. elsewhere case ).

8 9 cn(consonant & Cn, More) := 10 o b l ( i s ( C n ) & l e f t : g e r u n d _ p r o s o d i c _ c o n s t r a i n t , More).

230 Ausgehend von der Position des zweiten Stammvokals selber besagt (171.a), daß - natürlich nur im Gerund - ein / i / erscheinen muß, wenn die rechte Nachbarposition im Onset steht. Diese einfache lokale Bedingung ist auch für die irregulären Formen vom Typ ?i.l-e erfüllt. Letztere ergeben auch die nötige Evidenz, eine alternativ denkbare prosodische Formulierung auszuschließen, da sich in ihnen das / i / anders als in moj.t-e nicht in der Koda befindet, und eine entsprechende Ausweitung der Bedingung auf alle Reimpositionen fälschlicherweise nicht mehr *mwet-e blockieren würde. (Allenfalls wäre eine Abschwächung der segmentalen Restriktion / i / auf [high] denkbar.) Da die Definition des Stammvokals /i/ noch anderweitig - nämlich für frontierte Gleitlaute in der Wurzel - Verwendung findet und daher nicht weiter belastet werden soll, bietet sich als Lexikalisierungsort für das Gerund-spezifische Constraint der letzte Wurzelkonsonant an. Dessen erweiterte Spezifikation sowie die eigentliche Constraintformalisierung in CUF zeigt (171.b). Der Vollständigkeit halber ist hier noch das Diagramm zum Infinitiv angefügt, obwohl sich dort deskriptiv keine Koaleszenzerscheinungen finden: (172)

KOALESZENZ IM INFINITIV

m

1

(il)

2

4-1 m

i,

3 4 5 a

6

t

7

la -lO

h) 4-12 -IO Il round/u

,

round/u t1

A 1

[m

u

a

i t]

A

Wenig überraschend wird nach dem / m / (1) der erste Stammvokal (ii) weggelassen (3), wodurch der nun zum / m / adjazente Mittelradikal nur in situ realisiert werden kann (4), und zwar wegen Hiatusverbots und ->o-Restriktion in der Hochvokalvariante {u}. Für die beiden folgenden Stammelemente / a / (6) und / t / (7) gibt es ohnehin keine Resequenzierungsmöglichkeit, sodaß das optimale Resultat an dieser Stelle bereits eindeutig feststeht. Dies beschließt die Diskussion der formalen Modellierung von Koaleszenz im Tigrinya anhand der Formen von mote. Nach einem Blick auf die Vorschläge von Pam (1973) und Casali (1996) zum selben Thema folgen einige abschließende Bemerkungen zur vorgestellten eigenen Lösung. Vokalkoaleszenz bei P a m (1973). Die erste generative Arbeit zum Tigrinya, Pam (1973), enthält die Regel in (173), um Vokalkoaleszenz-Effekte formal zu erfassen. (173)

MONOPHTHONGISIERUNGSREGEL NACH PAM ( 1 9 7 3 , 8 3 F . )

' a.

V —high —long

—cons —voc —low aback

V ' —high —low / +long aback around

C

b.

bajt Sawf -

be:t 'Haus' Soif 'Vogel'

231 Die Regel in (173).a konvertiert eine Vokal-Gleitlaut-Sequenz vor Konsonant in einen langen Vokal, dessen Merkmale teilweise vom Gleitlaut abhängen. (173).b zeigt zwei Anwendungsbeispiele, die Pam selbst angibt. Allerdings ist die dargestellte Regel aus mehreren Gründen sehr problematisch. Erstens kann sie wegen der [—low]-Angaben keine Koaleszenz mit /a/ herbeiführen, für die es nach dem bisher Gesagten gute Evidenz gibt. Die Asymmetrie der Regel erscheint unmotiviert, eine echte Fusion der Merkmale beider Koaleszenzpartner findet nicht statt. Zweitens mißbraucht sie die sogenannten 'greek letter variables' von SPE, um die Merkmalswerte unabhängiger Merkmale zu synchronisieren, die nicht einmal einen gemeinsamen Artikulator teilen (hier [back] vs. [round]). Diese willkürliche Koindexierungsmöglichkeit ist ein bekannter Kritikpunkt an SPE, der in der weiteren Theoriebildung zu Lokalitätsbeschränkungen Anlaß gegeben hat, wie sie etwa in der Autosegmentalen Phonologie realisiert wurden. Drittens präsupponiert die Regel eine für das Tigrinya relevante Unterscheidung in lange und kurze Vokale. Der zugrundeliegend erste Vokal muß kurz sein, daß Koaleszenzresultat ist dagegen lang. Diese Unterscheidung ist insbesondere von Buckley (1995) zu Recht bestritten worden, sodaß es nach dem gegenwärtigen Forschungsstand keine synchrone Basis für eine solche Behauptung gibt. Für Pam, der wie Buckley das Problem der Nicht-Koaleszenz des -ej-Suffixes erkennt, bietet die Regel spezifisch die Voraussetzung, um Vokallänge diakritisch einzusetzen. Er postuliert einfach die zugrundeliegende Form -a:j, um so die Anwendung der Regel zu verhindern, und korrigiert die Qualität des Vokals durch eine spätere Regel. Genau solche exzessive, nicht kontrollierbare Abstraktheit gilt es aber zu vermeiden - sie wird nur in einem oberflächentreuen Rahmen grundsätzlich unmöglich gemilcht.

Vokalkoaleszenz bei Casali ( 1 9 9 6 ) . Casali ( 1 9 9 6 ) ist eine kurze Studie zur Typologie von Vokalkoaleszenz im Rahmen der Optimalitätstheorie. Obwohl das Tigrinya nicht unmittelbar angesprochen wird, ist eine Analyse der Koaleszenzverhältnisse mit einer adaptierten Version der Theorie von Casali möglich, und daher zu Vergleichszwecken interessant. Nachfolgend werden daher die Grundelemente seiner Theorie skizziert, soweit sie für unsere Belange relevant sind. Casali geht von einer korrespondenztheoretischen Variante der OT (McCarthy & Prince 1995) aus. Die Korrespondenztheorie als Zwei-Ebenen-Ansatz unterscheidet sich von Standard-OT dadurch, daß Constraints gleichzeitig auf die zugrundeliegende Ebene (input) und die Oberflächenebene (output) refererieren dürfen, statt wie bisher nur auf den Output. Die wichtigste Constraintfamilie für Koaleszenz ist bei Casali PRESERVE(F) "A feature present in the input must also be present in the Output" (Casali 1996, 29). Er identifiziert konkret die einzelnen Ins t a n z e n P R E S E R V E ( L O W ) , PRESERVE(-HIGH), P R E S E R V E ( + H I G H ) , PRESERVE(ROUND),

PRE-

SERVE(FRONT), PRESERVE(ATR) dieses parametrisierten Constraints, von denen bis auf die letzte alle für das Tigrinya relevant sind. Zusätzlich zu diesen positions-unspezifischen Constraints, die die Korrespondenz einzelner Merkmale von Input und Output regeln und die bei echter Koaleszenz natürlich in unterschiedlichem Maße verletzt sind, gibt Casali positionsabhängige Constraints an, die Merkmalskorrespondenz an einer ausgezeichneten Stelle fordern. Die in seinem Papier eingesetzte Variante PRESERVE(F)-[U, "Preserve word-initial features" (Casali 1996, 30) muß für die wortinterne Koaleszenz im Tigrinya durch ein anderes Constraint ersetzt werden, da keine der angegebenen Alternativen für morphem-initiale bzw. lexikalische (d.h., Wurzelmorphem- und Inhaltswort-) Positionen hier passend ist. Casali leitet als Korollar ab, daß nur bei einer zumindest teilweisen

232 Dominanz von positionsunabhängigen Merkmalsconstraints Koaleszenz stattfinden kann, ansonsten ergebe sich reguläre Elision. Der Einfluß eines korrespondenztheoretischen UNIFORMITYConstraints mit dem intendierten Effekt "no Coalescence" (Casali 1996, 30) kann für unsere Zwecke vernachlässigt werden. Aus Gründen der Darstellung ebenfalls unterdrückt werden die bei Casali angenommenen höchstrangigen FCR-Constraints, die analog zu Buckley für ein gegegebes Inventar nicht attestierte Vokale wie /ae/ blockieren, ganz im Sinne der 'structure preservation'-Idee der regelbasierten Phonologie. Interessant für unsere Zwecke ist nun Casalis Analyse eines bestimmten Typus von asymmetrischer vokalhöhen-sensitiver Koaleszenz, der sich durch das Muster V\[—high] © Vil+high) = V3 [—high] auszeichnet: ein zugrundeliegend initialer nichthoher Vokal setzt sich auch bei nachfolgendem Hochvokal im Koaleszenzresultat durch, während die umgekehrte Sequenz zu Vokalelision von Vi oder Gleitlautbildung führt. Er erwähnt 14 Sprachen dieses Koaleszenztyps und gibt konkrete Beispiele dazu aus der Sprache Gichode an, die Evidenz für die Paare /affii/ = / e / , /offii/ = / e / , /effii/ = / e / , /i©a/ = / a / , /uffii/ = / w / , /e©o/ = / o / liefern. Casalis Analyse erfaßt diese fundamentale Asymmetrie nun durch Aufspaltung der PRESERVE(F)-Constraints: PRESERVE(-HIGH) »

PRESERVE(F)-[ W »

PRESERVE(F ^ -HIGH).

Inspiriert von der Beobachtung zum Vokalhöhen-Einfluß bei Casali, könnte man für das Tigrinya im Rahmen eines Zwei-Ebenen-Ansatzes die folgende Generalisierung postulieren: Der erste zugrundeliegende Vokal bestimmt die Vokalhöhe im Koaleszenzergebnis. Dieses Postulat ist in der Tat kompatibel mit den entsprechenden Paaren /e©u/ = / o / , /u©e/ = / u / , etc. Die spezifische Komplikation im Tigrinya ist allerdings, daß je nach Reihenfolge sowohl [-high] als auch [+high] dominieren können, im Unterschied zu den von Casali angesprochenen Fällen, wo reihenfolgeunabhängig ein einziger Merkmalswert dominiert. Daher ist es hier nicht möglich, wie in seiner Analyse ein einzelnes für [±high] sensitives Constraint zu priorisieren. Im Sinne der üblicherweise stark verallgemeinernden Generalisierungen von OT wird daher stattdessen vorgeschlagen, eine besondere korrespondenztheoretische Version eines ALIGNConstraints einzusetzen, das insgesamt früher bzw. links realisierte Vokalmerkmale bevorzugt: ALIGN(FJ N , LEFT, F„¡T, LEFT) "Zugrundeliegende Merkmale in linker Position entsprechen ihren Oberflächenrealisierungen in derselben Position" (kurz: ALIGN-L).23 Obwohl Casali dies nicht explizit macht, setzt sein Ansatz eine unterspezifizierte Merkmalsrepräsentation voraus; der Vorschlag von Buckley kann daher hier im wesentlichen direkt übernommen werden. Um maximal konform zum Constraintinventar von Casali zu sein, empfiehlt es sich lediglich, statt des Merkmals [mid] das Merkmal [+high] für die Hochvokale /i,u/ und [-high] für die Mittelvokale /e,e,o/ einzusetzen. Die Vokale / a / und /*/ sind für [± high] unspezifiziert. Die Constraints müssen nun in eine Rangordnung gebracht werden, die für das Tigrinya korrekte Ergebnisse liefert. Zunächst gilt, daß die Merkmalsspezifikation [low] sich positionsunabhängig immer durchsetzen muß, wie ein Blick auf die Tabelle möglicher Koaleszenzen in (162) lehrt. PRESERVE(LOW) ist daher höchstrangig anzusetzen und wird nur von den hier ausgeblendeten FCR-Constraints dominiert. Um die asymmetrischen Koaleszenzinstanzen einzubeziehen, 23

Eine semiformale Version in Prädikatenlogik wäre tentativ als V : leftmost(input, Fi„) A samefeature(Fin,Fout) -> 3F out A leftmost(output,Fout) zu notieren. Verletzt wird dieses Constraint, wenn für ein Element aus der nichtleeren Menge der ^„-Individuen der Antezedent der Implikation erfüllt ist, der Konsequent aber nicht. Die Anzahl der Verletzungen ergibt sich aus der Anzahl solcher Individuen.

233 muß ALIGN-L-Constraint wiederum die restlichen PRESERVE(F / LOW)-Merkmalsconstraints dominieren. Die Constraint-Tableaus in (174) zeigen nun, wie sich unter dieser Rangordnung die einzelnen Koaleszenzresultate ergeben. (174)

KOALESZENZRESULTATE IN EINER 'CASALI-STYLE' O T - A N A L Y S E

/uSe/

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

/E9U/

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

/effia/

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

/e©i/

PRES (LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

P R E S (FRONT)

PRES(-HIGH)



*

E

i %¥ e /i©e/ e er i e /o@e/

PRES (LOW)

PRES(LOW)

*

*

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

P R E S (FRONT)

*

*

*

*

*

ALIGN-L

*

PRES(-HIGH)

P R E S (ROUND)

*

PRES(+HIGH)

P R E S (FRONT)

PRES(-HIGH)

*

C

P R E S (ROUND)

P R E S (ROUND) *

BS» O

u a i e j

/e©o /

*

*

**

*

**

PRES (LOW)

**

*

*

*

*

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

P R E S (FRONT)

PRES(-HIGH)

I? o u /V©i/ w Vi{i} i /i ©V/ w ve{i) i /i®i/ a i veii>

PRES(ROUND) *

E

*

*

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

(*)

(*)

(*)

(*)

(*)

(*)

PRES(LOW)

ALIGN-L

PRES(+HIGH)

PRES(FRONT)

PRES(-HIGH)

PRES(ROUND)

Zu (174.h) und (174.i) ist zu bemerken, daß ein von /»/ verschiedener Inputvokal V gemeint ist. Im Fall (174.h) ergeben sich je nach Vokal dabei höchstens zwei ALIGN-L-Verletzungen für den

234 Output-Kandidaten / i / , was aber für dessen Nichtoptimalität genügt. Bei (174.i) dagegen zeigt derselbe Kandidat insgesamt mindestens zwei Verletzungen, ist also ebenfalls weniger optimal als sein zum Input identischer Konkurrent. Der letzte Fall (174.j), bei dem zunächst beide Kandidaten keine Constraintverletzungen produzieren, deutet auf ein zusätzlich nötiges FILLConstraint bzw. dessen korrespondenztheoretische Variante hin, um eine kostenfreie Einfügung von nicht lexikalisch vorhandenen Vokalen zu verhindern: die Koaleszenz zweier merkmalsloser Vokale /i©i/ soll ja wieder /»/ ergeben. (Der Fall ist allerdings eher hypothetisch, da empirische Evidenz für das stipulierte Ausgangsszenario wegen der Weglaßbarkeit des Vokals schwer zu beschaffen sein wird). Die Schlußfolgerung aus diesem Ausflug in eine OT-basierte Analyse der Koaleszenz im Tigrinya ist, daß eine isolierte Erfassung des Koaleszenzsystem selbst durchaus möglich ist und den Vorteil aufweist, sehr allgemeine Constraints einsetzen zu können, die auch für andere Sprachen motiviert werden können.

Vergleichende Diskussion der OT-Koaleszenzanalyse.

Das Schlüsselwort des vor-

angehenden Satzes ist 'isoliert'. Dieses Prädikat trifft in etwas abgeschwächter Form genauso auf die Analysen von Buckley und Pam zu. In Wirklichkeit ist Koaleszenz aber eingebettet in einen größeren Kontext, dessen Effekte nicht vernachlässigt werden können. Im folgenden werden drei solcher Effekte aufgezählt, die entscheidende Hinweise auf die Natur dieses Kontexts geben. Erstens gibt es o Verletzungen von Nicht-Iterativität des Koaleszenzmechanismus. Fälle wie /mot-e/ < /mewet-e/ weisen klar auf eine zweifache Koaleszenz hin. Dagegen stehen wiederum nicht-iterative Instanzen wie etwa /hin£-ej/ > /hinej/, */hine/ 'meine Rache'. Zweitens gibt es o Verletzungen der Symmetrie von Koaleszenz. Die asymmetrischen Fälle vom Typ ki-mot versus mut (/e©u/ versus /uffie/) standen ja bereits im Mittelpunkt der bisherigen Diskussion. Interessant ist nun, daß kontrastiv dazu symmetrische Fälle existieren: aus dim:u-ej wird dim:oj 'meine Katze' (Buckley 1994, 14). Asymmetrische Koaleszenz bei Beteiligung von Hochvokalen ist also keine für die gesamte Sprache zutreffende Eigenschaft! Drittens gibt es o Verletzungen der durchgängigen Anwendbarkeit von Koaleszenz, selbst wenn der geeignete (Hiatus-)Kontext vorliegt. In fahi-ej > fahijej, *fahej 'mein Tee' (Buckley 1994, 14) fallt die erwartete Koaleszenz aus, hamu-ej > hamujcj, \hamoj 'mein Schwiegervater' zeigt dagegen beide Formen in freier Variation (Buckley 1994, 15). Die vorstehenden Effekte deuten nach Ansicht des Autors klar darauf hin, daß der größere Kontext, in den Koaleszenz eingebettet werden muß, durch die Stichwörter 'Lexikon' und 'Morphologie' charakterisiert ist. Statt die konstruktions- und lexemabhängigen Effekte als 'Nischen' einer ansonsten verfochtenen rein phonologischen Koaleszenz wegzuerklären, wie es Buckley (1994, 22) versucht, sollen diese Abhängigkeiten hier als ganz normale Situation in natürlicher Sprache ernst genommen werden. Nach dieser Sichtweise kann man die verschiedenen Koaleszenzmuster als Subregularitäten auffassen, da die betroffenen Wörter bzw. Konstruktionen sich in zahlreichen anderen Dimensionen linguistischer Wohlgeformtheit wie Silbenstruktur, Wortaufbau etc. unauffällig verhalten und daher keineswegs als ganzheitliche Ausnahmen angesehen werden dürfen. In einem regelbasierten Rahmen wären bei voller Anerkennung dieser Sicht neben spezifischen morphologischen Zusatzbedingungen zu einer Koaleszenzregel wie in (161) wohl außerdem diakritische Merkmale zur Kodierung lexikalischer Einschränkungen notwendig. Im OTRahmen würde man entsprechend wohl nicht darum herum kommen, Morpheme als Constraints

235 aufzufassen (cf. Russell 1995, Hammond 1995). Nur so wäre es möglich, den subregulären Charakter unter Beibehaltung der dazu orthogonalen anderen Wohlgeformtheitsdimensionen, die ja ebenfalls constraintbasiert erfaßt werden, adäquat wiederzugeben: die weiterhin einzuhaltenden strikten Silbenstrukturbedingungen im Tigrinya entsprächen in OT dann hochrangig geordneten Constraints wie O N S , * C O M P L E X USW. In der Konsequenz dieser Morphemkonzeption wird die Menge der OT-Constraints dann aber ihrer durchgängigen Universalität beraubt, was dazu führt, daß Vorteile im Vergleich zum in dieser Arbeit vertretenen Ansatz kaum noch erkennbar sind. In der Tat erscheint die hier konsequent vertretene Strategie einer Lexikalisierung morphophonologischer Constraints aufgrund ihrer inhärenten Flexibilität am besten geeignet, sowohl das gesamte Spektrum der real auftretenden Koaleszenzformen wie auch die nicht koaleszierenden Instanzen wiederzugeben.

Zum S t a t u s des Koaleszenz-Diakritikums. Zum Abschluß soll erörtert werden, was der Status des zunächst rein technisch motivierten diakritischen Merkmalsbits c in der vorgestellten lexikalistischen Analyse sein könnte. Mark Ellison (pers. Mitteil.) hat dazu einen Vorschlag unterbreitet, um dieses Bit im Prinzip zu elimieren. Seine Idee hat zwei zentrale Elemente: (i) benutze V/0-Beschreibungen, bei denen beide disjunktiv verknüpfte Alternativen unabhängig mit weiteren Kontextrestriktionen verknüpft werden können. Die Alternativen kodieren jeweils wie gehabt Mengen zulässiger Vokale pro Position, das Koaleszenzergebnis kommt letztendlich also wieder durch Schnitt überlappender Restriktionen zustande, (ii) Speichere das zwischen den beiden Alternativen umschaltende Bit quasi im Kontext selber! Wenn etwa links von einer Position ein Konsonant steht, so denotiert diese Eigenschaft z.B. einen Wert "1" des nun 'virtuellen' Bits, ein benachbarter Vokal dagegen steht für den anderen Wert "0". Die tatsächliche Komplexität hier etwas vereinfachend könnte man mit einem solchen Kontext z.B. die Erst- und Zweitposition des Stammvokals /e/ identifizieren und entsprechend verschiedenen formalen Beschreibungen zuordnen. Statt Kontexte über die Zwischenebene diakritischer Bits mit Zustandsänderungen zu verknüpfen, wird die Beziehung also in diesem Vorschlag direkt hergestellt. Durch geeignet definierte Kontexte, verknüpft mit den richtigen Vokalmengen-Alternativen, gelingt es Ellison, das zentrale Asymmetrie-Beispielpaar mot- ~ mut- zu modellieren. Die Lösung ist allerdings bislang noch nicht auf das Gesamtspektrum der Formen ausgedehnt, für das gewisse, von Ellison zunächst angenommene Zusatzconstraints zur Eliminierung restlicher Vokalunterspezifikation nicht oberflächentreu sind. Doch ist diese Ausdehnung im Prinzip durchaus vorstellbar, wenn auch weit schwieriger zu realisieren als die auch und gerade aus praktischen Erwägungen heraus vorgenommene lokale Markierung des Koaleszenzpotentials durch ein steuerndes Diakritikum, welches zwischen Vollspezifikation und Unterspezifikation umschaltet. Eine solche Markierung hat den Vorteil, zum einen robust gegen Änderungen der Menge möglicher Umgebungskontexte zu sein, wie sie bei Erweiterung der Datenbasis und des Lexikons im Laufe der Analyse auftritt. Zum anderen läßt sich Nichtkoaleszenz dadurch qualitätsunabhängig festlegen ("c). Dagegen wäre in Ellisons Ansatz genau darauf zu achten, daß sich durch die Vokalspezifikationen in jeder denkbaren Situation eine Vollspezifikation bzw. ein einelementiges Denotat ergibt. Es ist allerdings denkbar, diese Reduktion des diakritischen Bits automatisch aus einer partiellen Evaluierung (PE) der Grammatik G abzuleiten (Lloyd & Sheperdson 1991). Die Idee ist hier, daß die ja indirekt ebenfalls mit bestimmten Umgebungskontexten verknüpften diakritahaltigen Constraints bzw. Beschreibungen offline, also quasi zum Lernzeitpunkt gelöst bzw. an-

236 gewendet werden. Wenn dies für alle Constraints gelingt, die Bezug auf das Diakritikum nehmen, ist dessen steuernde Punktion anschließend in vollem Umfang in der durch PE transformierten Grammatik G' berücksichtigt worden, und das Diakritikum erübrigt sich daher. Entsprechende konkrete Experimente stehen aber derzeit noch aus. Allgemein gilt aber, daß die Existenz von äquivalenzerhaltenden formalen Transformationen wie PE im Bereich der Logikprogrammierung oder die Komposition für finite state transducer ein starker Grund dafür ist, nicht zuviel Gewicht auf die Absicherung der 'Realität' postulierter Ebenen von intermediärer linguistischer Struktur zu legen, die möglicherweise ohnehin eine Transformation der Ursprungsgrammatik nicht überleben. Im Extremfall führt die Möglichkeit der gemeinsamen Transformation von Grammatik und Lexikon zu einer neuen 'black box' mit naturgemäß opaquer Struktur. Deren Input-Output-Verhalten wird nichtsdestotrotz ununterscheidbar sein zu einer transparent und linguistisch adäquat kodierten Grammatik kombiniert mit einem kompositional und modular spezifizierten Ausgangslexikon. Dies demonstrieren etwa die einschlägigen Experimente von Kaxttunen, Kaplan & Zaenen (1992) im finite siaie-Rahmen. Diese Ausführungen beschließen die Diskussion der Eigenschaften der vorgestellten Koaleszenzanalyse sowie ihrer Alternativen.

5.8

Spirantisierung

Im Tigrinya treten stimmlose velare Plosive postvokalisch als Frikative auf. Die Interaktion dieser Spirantisierung mit der Gemination im Tigrinya wurde in der Literatur als wichtige Evidenz für den zuerst innerhalb der Autosegmentalen Phonologie vorgeschlagenen repräsentationeilen Unterschied zwischen einfach und mehrfach assoziierten Strukturen gewertet. Die einschlägigen Studien zur behaupteten Relevanz dieses Unterschieds in seiner Anwendung auf das Tigrinya stammen von Schein (1981) und Kenstowicz (1982). In diesem Abschnitt sollen zunächst einmal die Daten zu diesem Phänomen aus verschiedenen Quellen zusammengefaßt werden. Danach wird angesichts der bei den anderen Arbeiten festzustellenden Schwächen eine eigene formale Analyse vorgestellt, die neues Licht sowohl auf den Spirantisierungskontext wie auch die Notwendigkeit von mehrfach assoziierten Strukturen wirft. Die im Kapitel 3 entwickelte neue Repräsentation von Gemination findet hier erneut ihre Bestätigung. 5.8.1

Daten

Die erste Frage gilt den beobachteten Alternationspaaren zwischen einem Plosiv und seinem spirantisiertem Äquivalent. Man betrachte dazu die Aufstellung in (175). Im Gegensatz zu den ersten vier Alternationspaaren ist die Spirantisierung von / b / (175.e) weniger konsistent und stärker von dialektaler Variation betroffen.24 Diese Instanz wird daher im folgenden nicht weiter berücksichtigt; der Leser sei stattdessen auf die ausführliche.Darstellung in Denais (1990, 318331) verwiesen. Fre Woldu (1985, 7f) weist darauf hin, daß die frikativischen Realisierungen uvular sind und betont, daß die für Nicht-Muttersprachler oftmals schwer identifizierbaren labiovelaren Plosive 24

FYe Woldu (1985, 7) schreibt dazu treffend: "Due to the fact that repetition of the same item containing intervocalic /b/ is randomly produced as a fricative and a stop by the same speaker, this aspect of Tigrinya phonology has been a favorite topic of dispute among Ethiopic Semiticists (See Ullendorff 1955, pp 88-100)." Siehe auch die Zitate in Denais 1990, 340.

237 ( 1 7 5 ) ALTERNATIONSPAARE UND B E L E G F O R M E N (3SG.MASK)

a.

k ~ x- mesker-e 'bezeugen' (perf.) vs. mesaxer-e (freq.perf.) (Berhane 1991, 339ff) kede 'gehen' (perf.) vs. ji-xed (imperf.) (Berhane 1991, 363ff)

b.

k w ~ \ w : k w em;er-e 'aufhäufen' (perf.) vs. ji-\ w im:ir (imperf.) (Denais 1990, 312) ~

c.

k ' ~ k x ' : k^efen-e 'klein sein' (perf.) vs. ji-kx'et':in (imperf.) (Bender 1976, 109)

d.

k w ' ~ k x w ' : nebekx w '-e 'reissen' (perf.) (Berhane 1991, 328)

e.

b ~ ß,w: habia 'gib es ihr' vs. haßa 'gib es mir' (Fre Woldu 1985, 7) keßero, koworo 'Trommel' (Denais 1990, 320f)

ebenfalls spirantisiert werden. Er merkt kritisch an, daß die generative Beschreibung von Pam (1973, 16) inkorrekterweise den stimmhaften velaren Plosiv /g/ miterfaßt; die Tatsache, daß / g / den oralen Vollverschluß in der entsprechenden Umgebung beibehalte, sei aber schon im ausgehenden 19. Jahrhundert beschrieben worden. Die Spirantisierung selbst ist morphologisch nicht restringiert. Neben Instanzen im Stamm und den Affixen, in Verben, Nomina und Eigennamen ist sogar eine phrasenmediale Spirantisierung bei vorliegendem Kontext beobachtbar: Bender (1976, 109) gibt ein Beispiel dafür an, daß ( 1 7 6 ) SPIRANTISIERUNG IN ALLEN MORPHOLOGISCHEN K O N T E X T E N

a.

Affixe:

fraha-\u/\a/\\/\um/'sieben'

(perf.) (Berhane 1991, 199)

b.

N o m e n : kelbi ~ ?axalib 'Hund' (sg. ~ pl.) (Kenstowicz 1982, 106) k'irnib ~ nikx'irnib 'Augenbraue ~ zu einer A.' (Bender 1976, 109)

c.

E i g e n n a m e n : kas:a ~ ni-xas:a 'Kassa' (subj. ~ indir.obj.) (Bender 1976,116)

d.

in der Phrase: ?iti_xelbi 'der Hund' (def.) (Kenstowicz 1982, 106) ts'ela?i ts'elolo kx'eba?i [Tigrinya-Sprichwort, in etwa:] 'Wenn Dich jemand haßt, wird selbst der Gefallen, den er Dir tut, nur Deine Herabsetzung zum Ziel haben' (Denais 1990, 312 & pers. Mitt. 1997)

phraseninitial nicht spirantisiert wird. Ob dies auf Dialekte beschränkt ist, die nie Spirantisierung am Wortanfang zeigen (siehe unten), ist unklar. Die wichtigste Frage, die sich nun stellt, ist, unter welchen besonderen Bedingungen und in welcher phonologischen Umgebung spirantisiert werden kann. Zunächst zeigt (177), daß echte Gemination die Spirantisierung verhindert (alle Formen 3sg. mask, wenn nichts anderes vermerkt). Dagegen fällt die Spirantisierung bei unechten Geminaten nicht aus. Die einzigen Beispiele dafür liefern /k/-initiale Suffixe vor /k/-finalem Stamm (178). Die totale Identität der beiden adjazenten Segmente ist dabei wesentlich: deskriptiv 'partielle' Geminaten wie / g + k / , / k ' + k / zeigen ein abweichendes Verhalten. Die in (140) bereits vorgestellten Beispiele, hier in angepaßter Notation wiederholt (179), zeigen eine Art laryngaler Assimilation, die zwar nicht

238 ( 1 7 7 ) E C H T E G E M I N A T E N W E R D E N NICHT S P I R A N T I S I E R T

a.phonologische Gemination: tE\ele ~ ji-tek:il 'pflanzen' (perf. ~ imperf.) (Denais 1990, 312) nexs-u ~ ji-nekiis 'beißen' (ger. ~ impf.) (Bender 1976, 108) b . T y p B: nek:ej-E ~ nexaxej-e 'abnehmen' (perf. ~ freq. perf.) (Berhane 1991, 295ff) c. m o r p h o l o g i s c h e G e m i n a t i o n : kefet-e (Denais 1990, 312) ~ ?a-k:efafet-e 'öffnen' (perf. ~ kaus.perf.) d.Objektsuffixe: j i - b t e \ - u ~ ji-btek:-o 'abtrennen' (3pl.mask juss. ~ 3sg.mask obj.) (Kenstowicz 1982, 114) (178) UNECHTE GEMINATEN

SPIRANTISIEREN

b a r e x - k u / k a / k i / k u m / k i n 'segnen' (perf.) (Berhane 1991, 176) nur auf die hier interessierenden Velare beschränkt ist (179.c), aber immer unter Homorganizität operiert (179.g). Genau diejenigen spirantisierungsfahigen Konfigurationen mit verschiedener laryngaler Ausgangsspezifikation 25 verschmelzen deskriptiv gesprochen nun zu einer Geminate, die die Glottiskonfiguration des Zweitglieds annimmt und - gemäß dem Ausfall der Spirantisierung - offenbar eine echte Geminate sein muß. (179)

LARYNGALE ASSIMILATION BLOCKIERT SPIRANTISIERUNG

a.

/sanduk'-ka/ [sandukia] 'dein (sg.mask.) Behälter', *[sandu\ka]

b.

/Sadiig-ka/ [Sadrikia] 'du (sg.mask.) kauftest' (gerund. Typ B), •[Sadiixka]

c.

/sälit'-do/ [sälidio] 'ist es (schwarzer) Sesam?'

d.

/filit'-ti/ [filitii] 'bekannt' (fem.)

e.

/kulit-do/ [kulidio] 'ist es (eine) Niere?'

f.

/käbbäd-ti/ [keb:et:i] 'schwere' (pl.)

g.

/kisad-ka/ [kisadka] 'dein (sg.mask.) Nacken', *[kisatka]

Kenstowicz (1994, 420) gibt schließlich an, daß in manchen Fällen ein Präfix-/k/ in Kombination mit wurzelinitialem / k / ebenfalls ein nicht spirantisierbares Ganzes bilde. Er führt aber keine Beispiele auf und verweist im übrigen auf Lowenstamm & Prunet (1986) für weitere Diskussion. Zu klären bleibt an diesem Punkt nur noch, welche phonologische Umgebung genau Spirantisierung auslöst. Diese Frage ist komplexer als die vorgehenden, weil nun dialektale Differenzen ins Spiel kommen. Berhane (1991, 391f) klassifiziert das Tigrinya in zwei wesentliche Dialektgruppen, das Nordtigrinya (NT) und das Südtigrinya (ST). Für die Beispiele wesentlich ist, 25

Problematisch ist unter dieser Generalisierung das isolierte Beispiel hajek-ku/ka/ki/kum/kin 'kauen' (perf.), wo (Berhane 1991, 274fF) die ansonsten etwa beim paridielen Verb barex-kV sorgfältig markierte Spirantisierung unechter Geminaten systematisch nicht einzeigt. Daß der Velar dabei durchaus alternieren kann, zeigen Formen wie ta-haj:i\ (2sg.mask.imperf.) ~ ta-hajk-i (2sg.fem.imperf.). Bevor hieraus weitreichende Schlüsse gezogen werden, wären allerdings Korrektheit und Singularität dieses Falls zu überprüfen.

239 daß er selbst dem Süddialekt Eingehört. Dieser Dialekt zeigt - wie der Aufstellung in (180) zu entnehmen ist - im Gegensatz zum NT eine Ausweitung der Spirantisierungskontexte. Es er( 1 8 0 ) PHONOLOGISCHER K O N T E X T DER SPIRANTISIERUNG

a.

NT: V

siehe (175), (176), (178)

b.

ST: { V , Guttural, #} mets'a?-xu/xa/xi/xum/xin 'kommen' (perf.) (Berhane 1991, 388) tetiei-xu/xa/xi/xum/xin 'verdrehen,verknoten' (perf.) (Berhane 1991, 199) kx'oha 'Tiefland' (NT: k'oka), xebdi 'Bauch' (NT: kebdi) (Berhane 1991ß92)

c.

Denais (1990, 313f): Gleitlaut bizaj-xa 'außer dir' seb?aj-xi 'dein Ehemann' haw-xa 'dein Bruder'

d.

Berhane (1991, 392): *Gleitlaut maj-ka 'mein Wasser' (Berhane 1991, 392) Pete-xa ~ mi-ftaj-ka 'mögen' (Berhane 1991, 263f)

(2sg.mask.perf.~sg.mask.inf.)

scheint sinnvoll, dazu einige Erläuterungen abzugeben. Berhane gibt an, daß Spirantisierung in wortinitialer Position eine generelle Tendenz sei, was auf die Möglichkeit von Abweichungen schließen läßt. Der wesentliche Streitpunkt entzündet sich aber am Verhalten nach vorausgehendem Gleitlaut. Während Berhane diese Möglichkeit verneint und mit entsprechenden Daten belegt, bejaht Denais dagegen die Spirantisierungsmöglichkeit in einem solchen Kontext, fügt aber bedauerlicherweise andere Belegformen an als Berhane. Möglicherweise handelt es sich erneut um dialektbedingte Unterschiede - mangels genauerer Informationen muß der Punkt hier leider ungeklärt bleiben. Dies beschließt die Diskussion der relevanten Daten zu Spirantisierung. 5.8.2

Frühere Analysen

Die drei wesentlichen generativen Analysen sind in Pam (1973), Schein (1981) und Kenstowicz (1982) enthalten. Pams Analyse wurde vor dem Hintergrund des damals aktuellen SPE-Modells entwickelt, die beiden anderen basieren auf den Vorstellungen der CV- bzw. Autosegmentalen Phonologie. Gemeinsam ist allen drei Analysen, daß lediglich der postvokalische Kontext in der jeweils postulierten Spirantisierungsregel erwähnt wird. Dessen Notation als V bzw. [+vocalic] (bei Kenstowicz) legt zunächst nahe, daß die Gleitlaute hiervon nicht miterfaßt werden. Pam (1973, 8) spezifiziert an anderer Stelle / w j / explizit als [-voc], was angesichts der Koaleszenzfahigkeit problematisch erscheint, aber in einem zu destruktiver Merkmalsüberschreibung fähigen mächtigen Gesamtrahmen wie SPE ohnehin beliebig zu 'reparieren' wäre. Zusätzlich zur bereits erwähnten inkorrekten Formulierung der Klasse der von Spirantisierung betroffenen Velare bei Pam ([-syll,-ant,-cor,-long]) vergißt auch Schein, den /g/-Laut auszunehmen ([+back,+cons]). Kenstowicz hingegen berücksichtigt in seiner aufzählenden Notation ([k,q]) die Labiovelare nicht. Alle Autoren stellen die eigentliche Spirantisierung durch destruktive Uberschreibung des Merkmals [+cont(inuant)] dar. Dies kann zum einen unter einer phone-

240 tiknahen Repräsentation der spirantisierten Ejektive als affrikativische Realisierungen Probleme bereiten. Zum anderen wird hier die leichte Verschiebung des Artikulationsorts hin zu einer uvularen Realisierung unterschlagen. Während Pam durch Verwendung des Merkmals [-long] die Applikation auf geminierte Plosive zu verhindern sucht, benutzen Schein und Kenstowicz die graphische Notation autosegmentaler (Nicht-)Assoziation im Regelkontext, um eine Anwendung auf multiple Assoziationsstrukturen zu verhindern. Nur Schein diskutiert dabei das Problem, wie ein falschliches Blockieren der Regel bei Instanzen von Ferngeminaten zu verhindern sei, wie sie der angenommene theoretische Hintergrund vor allem aufgrund des Obligatory Contour Principle und der C/V-Schichtenaufteilung fordert. Ferngeminaten können etwa durch die Frequentativ-Reduplikation (mcsexaXer~£) oder VC1.C2.C2 -Wurzeln mit zusätzlich geminiertem Mittelradikal entstehen (cf. rek'iiky' 'dünn'). Schein fordert dann zwar in der Spirantisierungsregel die zusätzliche Adjazenz der beiden mit einer Melodieposition assoziierten Skelettpositionen, von denen die zweite mittels Durchstreichung als deassoziiert markiert ist, bleibt aber die Antwort auf das sich sofort stellende neue Problem schuldig, wie denn im Unterschied dazu ein Regelkontext aussehen müßte, wenn eine legitime Referenz auf Nicht-Ferngeminaten gemeint wäre. Im Grunde ist die hier entstehende Unklarheit nichts anderes als ein weiteres Beispiel für die in der phonologischen Literatur häufig anzutreffende Verwechslung von Notation und Formalisierung. Weitere Probleme haben die Autoren schließlich offenbar mit der Erfassung der genannten Laryngalassimilation. Schein übernimmt die lineare Formulierung C —> [aglot]/ [aglot] von Pam, die keinerlei Spuren der angesichts von Daten wie in (179.g) notwendigen Homorganizitätsbedingung enthält. Kenstowicz zählt im Text hingegen nur die velaren Paare / k ' k / , / g k / > / k i / auf.

5.8.3

Eine eigene formale Analyse

Ziel der deklarativen und oberflächentreuen Reanalyse von Spirantisierung im Tigrinya in diesem Abschnitt ist es zum einen, die identifizierten Probleme seiner Vorgänger zu vermeiden. Zum anderen gilt es, die dialektale Kontextausweitung plausibel in den Griff zu bekommen. Zunächst müssen dazu die Alternationspaare selbst formalisiert werden. Hier könnte man sicherlich eine zu den vorherigen Analysen analoge Merkmalszerlegung vornehmen, die von der uvularen Qualität der Frikative und der Affrikatennatur der Ejektivspirantisierungen abstrahiert. Unter einer maximal phonetisch orientierten Sichtweise ist es aber alternativ möglich, die Paare direkt zu definieren: (181)

ALTERNATIONSPAARE IN C U F 1

back = velar I uvular.

2

velar

3

uvular = {x, qxw, qx_ qxw_}.

= {k, kw, k_, kw_}.

4

labio = {kw, kw_, qxw, qxw_}.

5

ejective = {k_, kw_, qx_, qxw_}.

6 7

continuancy = closure ; friction.

8 9

plosive

=

closure & "friction.

'/, X_ notates ejective X'

241 10

fricative = "closure ft friction.

11

affricate =

closure ft friction.

12 13

closure = {k, kw, k_, kw_, qxw, qx_ qxw_}.

14

f r i c t i o n = {x, qxw, qx_ qxw_}.

15 16

spir_alt(Seg ft back)

:= is( Seg ft (plosive ; friction)).

17 18

is_k

:= spir_alt("labio ft "ejective).

19

is_k_

:= spir_alt("labio ft ejective).

20

is_kw

:= spir_alt( labio ft "ejective).

21

is_kw_

:= spir_alt( labio ft ejective).

Hier wurden zum einen die einzelnen Segmente exemplarweise bzw. extensional definiert (1821), was der phonetischen Implementierung volle Freiheiten für entsprechende Detailunterschiede läßt, ohne eine Ausrichtung an den ebenfalls vorhandenen Klassenmerkmalen zu unterbinden. Zum anderen ist in Zeile 16 zu sehen, wie durch Vollspezifikation der Plosiveigenschaften (plosive) im Gegensatz zur unterspezifizierten Charakterisierung der spirantisierten Gegenstücke (nur f r i c t i o n statt f r i c a t i v e ) die Unterschiede in der Spezifikation des Konstriktionsgrads adäquat repräsentiert werden können. Als nächstes gilt es, die Alternation zu kontrollieren und insbesondere das Blockieren der Spirantisierung bei Geminaten zu erfassen (182). (182)

SPIRANTISIERUNG IN C U F 1

n o _ g e m : = self:("cod;"ons).

2

gem

: = self:(cod ft ons).

3 4 5

spir(SegSpec)

:=

SegSpec ft ( is (friction)

6 7

; is ("friction)

'/, spirantize,

ft

"/, context match!

"/, elsewhere cases

( Context ft g e m

8 9

10 11

ft

left ¡Context ft n o _ g e m

; "(left:Context)

) ).

Dies erfordert zum einen eine entsprechende prosodische Vorspezifikation durch Angabe der Negation der Geminaten repräsentierenden codaonset-Rolle (= "cod;"ons, Zeile 1). Diese ist Bestandteil der als X/Y-Alternation disjunktiv modellierten Definition s p i r (4-11), deren Parameter SegSpec bei der lexikalischen Verwendung dieser Definition natürlich noch durch eine konkrete segmentale Festlegung, etwa is_k_ aus (181), instantiiert werden muß. Uber die Füllung der Context-Spezifikation wird weiter unten berichtet. 26 Zum anderen muß man sich Gedanken 26

Das der Context nicht als Parameter erscheint, ist Absicht. Wegen der bereits in Kapitel 3, Fußnote 47 geschilderten Probleme mit Negation von Variablen in CUF ist die jeweilige Context-Füllung im Sinne einer Makroexpansion textuell zu ersetzen. Dann funktioniert spir wie angegeben.

242 um die lexikalistische Darstellung der Laryngalassimilation bzw. ihrer Effekte machen, die ja ebenfalls zu einer die Spirantisierung blockierenden Gemination führt. Einen entsprechenden Vorschlag zeigt (183). (183) 1

LARYNGALASSIMILATION IN C U F laryng_assim(SegSpec, NextAnchor)

:=

2

is(HomorganicPlace ft obstruent) ft '/,'/, invariances f. b o t h alt's

3

resequence (self : ("final) ft gem,

4

SegSpec

ft

'/,'/, 0 realization alt. '/,'/, X r e a l i z a t i o n alt.

5

right:("(self :seg:HomorganicPlace)),

6

NextAnchor) .

'/,'/, next concatenation point

7 8

example(1)

9

laryng_assim(spir(is_k_),

obl(spir(is_k), obl(is(i), end)))).

10 example(2) 11

:= w o r d ft obl(is(a) ft self:nucleus,

laryng_assim(spir(is_k_)

& self:coda,obl(is(n), obl(is(i), end)))).

12 example(3) 13

:= w o r d & obl(is(a) ft self:nucleus,

:= w o r d ft obl(is(a) ft self:nucleus, obl(spir(is_k) ft self:coda, obl(spir(is_k) ft is.seg ft self:onset, obl(is(i), end)))).

Die (183) zugrundeliegende deklarative Betrachtungsweise konstatiert hier eine C/0-Alternation des Erstkonsonanten in Fällen wie sandukx'-ni 'mein Behälter' ~ sanduk-ka 'dein (sg.mask.) Behälter'. Während Artikulationsort HomorganicPlace27 und Sonoritätswert obstruent dabei invariant bleiben (Zeile 2), ist das Weglassen der Position mittels resequence mit echter Gemination verbunden (Zeile 3). Die Gemination betrifft korrekt das auf der Beschreibungsebene folgende Segment (z.B. wie in /k'-ka/ > /0-k:a/). Wird andererseits die als Parameter SegSpec identifizierte Position realisiert (Zeile 4), darf die nachfolgende Position nicht länger homorgan sein, falls sie überhaupt existiert (Zeile 5). Der Fall der Nichtexistenz ist durch den weiten Skopus der Negation in Zeile 5 berücksichtigt. Zeile 4-5 modelliert also Szenarien wie /k'#/ > /k'#/, /k'-a/ > /k'-a/ bzw. /d-ka/ > /d-ka/, wo keine Assimilation stattfindet. Der Leser mag sich an dieser Stelle fragen, wo (a) eigentlich die Assimilation der Glottisspezifikation selbst ausgedrückt wird und wie (b) die unechte Natur homorganer identischer Konsonanten bewahrt wird (/Vkk/ > / V \ k / , */Vk:/). Die Antwort zu (a) ist, daß das Assimilationsresultat ja immer die Glottispaxameter des rechten Elements zeigt, welches in allen Fällen Bestandteil eines Suffixes war. Nichts spricht von den Daten daher dagegen, diese Segmente in ihrer laryngalen Aktivität voll zu spezifizieren und positionell obligatorisch zu realisieren (9,11). Es gibt demnach in dieser Analyse also gar keine Fusion der Glottismerkmale zweier Segmente, sondern es setzt sich schlicht die Spezifikation des rechten Vertreters durch, wie dies durch die C/0-Alternation auch ausgedrückt wird. In Beantwortung der Frage (b) gilt dagegen genauso datengetreu, daß es keine unabhängige positive Evidenz dafür gibt, daß / k / als das einzige Segment, welches sowohl spirantisierungsfähig ist als auch suffixinitial vorkommt, überhaupt am 'Laryngalassimilations'-Phänomen partizipiert. Wenn dieses Segment lexikalisch nicht mittels 27

Die Bemerkungen von Fußnote 26 gelten analog für HomorganicPlace und seine konkrete Füllung. Für die Beispiele ist back als sinnvolle Füllung anzunehmen.

243 l a r y n g _ a s s i m in (183) als C/0-alternationsfahig definiert wird, sondern ganz regulär vollspezifiziert wird - abgesehen lediglich von der die auch für alle anderen Velare vorhandene Spirantisierungsspezifikation - so folgt die unechte Natur der Geminaten im Kontext / k k / automatisch (12-13). Daß für andere Segmentsequenzen wie / t t / in Anwendung von l a r y n g . a s s i m dagegen eine Geminate resultiert, stößt dabei mangels Interaktion mit anderen phonologisch relevanten Effekten empirisch nicht auf Widerspruch. Diese Analyse kann im übrigen falsifiziert werden, wenn sich Suffixe oder andere Morpheme mit von / k / verschiedenen initialen velaren Obstruenten finden, die Sequenzen wie / k - k ' / in / k ' : / überführen, im Widerspruch zu der behaupteten Invarianz der Glottisspezifikation von / k / ; derlei Daten sind dem Autor aber nicht bekannt. Gleiches gilt für möglicherweise existierende andere Prozesse vom Typ der Spirantisierung, die um die hier notwendige diagnostische Evidenz zu liefern - auf assimilierte Nicht-Velarpaare mit echten bzw. unechten Geminaten differenziert reagieren müßten (etwa bezüglich / d d / vs. / d : / , / b b / vs. / b : / ) . Um die Analyse zu vervollständigen, fehlt nun lediglich noch die Modellierung der die Spirantisierung auslösenden Kontexte. Sehr einfach zu erfassen ist der postvokalische Kontext ohne Gleitlaute (180.a). Hier bietet sich eine von den bisherigen Arbeiten nicht bedachte 2 8 prosodische Charakterisierung an: der linke Nachbar einer Spirans muß einen Silbennukleus bilden. Dies schließt die Gleitlautrealisierungen von / i , u / aus. Man beachte, daß eine simple segmentale Einschränkung auf nichthohe Vokale dagegen inkorrekt wäre, da silbische Hochvokale durchaus als Spirantisierungskontext fungieren (vgl. t'ejlikx'-u 'fragen,besuchen' (3sg.mask.gerund)). Eine entsprechende Kontextdefinition zur Parameterfüllung von C o n t e x t in (182) kann mit s e i f : (~cod) abgeschwächt formuliert werden, weil in der präobstruentischen Position ein Onset ohnehin nicht lizensiert ist. Die Strategie der prosodischen Kontextangabe läßt sich aber nicht offensichtlich auf diejenigen Fälle ausdehnen, in denen auch nach G u t t u r a l oder Wortgrenze bzw. sogar nach Gleitlaut spirantisiert werden kann. Deshalb soll hier eine zweite Möglichkeit ausgelotet werden, nach der alle diese Kontexte einheitlich, und zwar unter Bezug auf eine Skala des oralen Konstriktionsgrades formuliert werden können. Die vorgeschlagene Skala basiert auf Waither (1992, 28). Die den einzelnen Öffnungsgraden hier tentativ zugeordneten Lautklassen des Tigrinya zeigt (184). (184)

Plosive,Affrikaten

closed

Frikative

critical

Gleitlaute

narrowcrit

Hochvokale

narrow

nichthoheVokale

narrowmid

openmid

open

Abweichend von der bisher vertretenen Auffassung würde die geringe Änderung des Öffnungsgrads von Gleitlauten gegenüber ihren Hochvokal-Zwillingspartnern damit phonologischen Status zugesprochen bekommen. Wenn man das Attribut critical phonetisch als aerodynamische Turbulenz bzw. akustisches Rausches deutet, wäre ein solcher Anteil in den Gleitlauten aus phonetischer Perspektive allerdings durchaus gerechtfertigt. Gutturale besitzen keine orale bzw. supralaryngale Konstriktion und werden daher nicht auf der Skala angeordnet. Die Kontextcharakterisierungen mittels dieser Skala weisen nun alle Existenzforderungen für das Segment selbst, eine zugeschriebene orale Konstriktionseigenschaft und eine Mindestforde28

Lediglich Lowenstamm & Prunet (1985) sprechen von 'postnuklearer' Spirantisierung und versuchen, eine von ihnen konstatierte Optionalität der Spirantisierung nach Gutturalen und Gleitlauten durch optionale Inkorporierung der beiden letzteren in einen komplexen Nukleus darzustellen. Sie geben in ihrer informalen Analyse aber weder Regeln noch Prinzipien zur Erfassung von Kontext und Optionalität an.

244 rung für den Öffnungsgrad auf, die konjunktiv erfüllt werden müssen. (185) a. b.

V : 3Seg A orale JConstriktion(Seg,

CD) A (CD > narrowcrit)

{V, Guttural, #} : -i(3Seg A orale Jionstriktion(Seg,

CD) A CD > narrowcrit)

c.

{V, Guttural, Gleitlaut, #} -•(3Seg A orale-Konstriktion(Seg,

: CD) A CD > critical)

d.

*# : 3Seg A (orale Jionstriktion(Seg,

CD) A CD >

narrowcrit/critical)

Was variiert ist hauptsächlich der Skopus einer Negation, die diese Formel modifiziert: bei ganz engem Fokus werden Existenz und orale Konstriktion gefordert und nur echte Vokale zugelassen (185.a). Bei ganz weitem Fokus kann sowohl die Existenz der Position überhaupt verneint sein (#), oder eine orale Konstriktion ist nicht gegeben (Gutturale) oder der Konstriktionsgrad liegt unterhalb einer bestimmten Schranke, die durch Wahl der ausgezeichneten Skalenposition als zweitem Parameter zwischen nur vokalischem (185.b) und vokalischem und Gleitlaut-Kontext (185.c) diskriminiert. (Diese Optionen ergeben sich durch die Anwendung der DeMorgan'schen Gesetze). Zur Natürlichkeit trägt hier bei, das beide derartigen Skalenpositionen unmittelbar benachbart sind. Liegt etwas engerer Fokus vor, so sind dagegen wortinitiale Spirantisierungen unzulässig (185.d). Unter dieser crossdialektalen Perspektive unterscheiden sich die einzelnen Varianten des Südund Nordtigrinya minimal (i) im Skopus der Negation, die Bestandteil der Kontextcharakterisierung ist, und (ii) in der angesprochenen Skalenposition für den oralen Öffnungsgrad. Die prosodische Charakterisierung für den restriktivsten Kontext V könnte dabei als einfacher zu charakterisierende Reanalyse der Option mit engem Negationsskopus (185.a) verstanden werden. Dies beschließt die Diskussion der Spirantisierung im Tigrinya.

5.9

Bemerkungen zur Computerimplementierung

In diesem abschließenden Teil soll kurz auf diejenigen wesentlichen Implementierungsaspekte der vorgestellten Gesamtanalyse eingegangen werden, die bislang zu kurz gekommen sind. Zunächst wurde die Spirantisierung getrennt von der Verbbehandlung implementiert. Die eine Überlegung war hier, daß die zu modellierenden segmentalen Veränderungen orthogonal zum Rest der Grammatik sind. Insbesondere bleibt der für prosodische Zwecke wesentliche Sonoritätswert unter Spirantisierung konstant. Zum anderen wurde ein Effizienzverlust bei der Verarbeitung befürchtet, wenn die disjunktiven Spirantisierungsconstraints integriert würden. Allerdings wurden die meisten Definitionen des Verbfragments in der separaten Spirantisierungsgrainmatik unverändert übernommen, um auf diese Weise die prinzipielle Integrierbarkeit sicherzustellen. Aufgrund der Erfahrungen, die bei der Computermodellierung des Neuhebräischen gemacht wurden (Walther & Graf in Vorb.), fiel desweiteren die Entscheidung, bestimmte Teile der formalen Verbbeschreibung außerhalb von CUF in PROLOG zu realisieren. Betroffen von dieser Maßnahme sind die Auswahl der Stammvokale sowie der Flexionsaifixe zu einer gegebenen mor-

245 phologischen Kategorie. Der praktische Grund hierfür ist, daß eine direkte Integration dieser Aspekte in C U F massiv zusätzliche Disjunktionen als formalen Reflex der kategorieabhängigen Auswahlentscheidungen eingebracht hätte, mit entsprechenden Nachteilen für die Verarbeitung zur Laufzeit. Wie bereits auf S. 188 erläutert, wäre es aber durchaus möglich, die genannten Aspekte vollständig in C U F zu integrieren, sodaß aus der getroffenen Entscheidung nicht auf einen prinzipiell notwendigen zweigeteilten Aufbau geschlossen werden sollte. Die dort ebenfalls erwähnte PROLOG-Implementierung der Default-Hieraichien ermittelt nun ausgehend von einer gegebenen vollspezifizierten Kategorie die dazu passenden Affixe und Stammvokale unter Berücksichtigung des Verbtyps. Als Ergebnis dieses Schritts wird eine Beweisanfrage für den CUF-Interpreter zusammengestellt, die die folgende Form aufweist: (186)

BEWEISANFRAGE ZU TIGRINYA-FORMEN

1 I ? - c u f : o p t i m a l ( c a t : ( ' A C T I V E ' « f c "'RECIPROCAL'i; "'FREQUENTATIVE'&'PERFECTIVE'& 2

'TYPE A'&'ONE'ft *'TW0'& " ' P L ' ) &

3 p r e f i x ( [] , 4 stem(grf,'El','E2', 5 suffix([k,u])))). 6 7 y.7.7. PROVING c a t : ('ACTIVE'& ~'RECIPROCAL'fe "'FREQUENTATIVE'&'PERFECTIVE'Sc 8 'TYPE A'&'ONE'fc ''TWO'ft ' ' P L ' ) J f c p r e f i x ( [ ] , s t e m ( g r f , ' E l ' , ' E 2 ' , s u f f i x ( [ k , u ] ) ) ) 9 ... 10 '/.'/'/. [ g , E , r , E , f , k , u ] I S PROVED OPTIMAL IN 1 . 1 8 0 SEC AMONG 1 CANDIDATE(S) 11 12 y e s 13 I ? Das Prolog-Prädikat o p t i m a l (Zeile 1) übergibt die CUF-Beschreibung seines einzigen Arguments intern an den CUF-Interpreter und wertet anschließend alle von diesem zurückgelieferten Constraintlösungen aus, u m gemäß den Vorgaben der inkrementellen Optimierung die beste herauszufinden. Eine dafür sinnvolle Beweisanfrage (1-5) enthält neben einer vollspezifizierten morphologischen Kategorie (im Beispiel l.sg.perf.Aktiv Nicht-Reziprokativ Nicht-Passiv) und Angabe des Verbtyps (hier Typ A) die dazu passenden Präfix- (Zeile 2), Stamm- (Zeile 4) und Suffix-Anteile (Zeile 5). Das Fehlen eines Präfixes wird zwar, wie in Zeile 3 der Beweisanfrage, formal durch eine leere Liste ( [ ] ) signalisiert, die Evaluierung der zugehörigen CUF-Definition ergibt aber lediglich den Zusammenfall des Präfix-Ankerpunkts mit dem Ankerpunkt des folgenden Materials, enthält also keineswegs ein distinktives 0-Symbol oder andere Markierungen, die die Oberflächentreue verletzen würden. Um den Stamm bilden zu können, müssen wie Zeile 4 dargestellt die Wurzel, hier \/g.r.J und die beiden Stammvokale, hier /ei,£2/ spezifiziert werden. Die Angaben zum Suffix (Zeile 5) illustrieren das gewählte Format, um overtes phonologisches (Affix-)Material wie -ku zu spezifizieren. Nach einer für die automatische Evaluierung von ganzen Paradigmen nützlichen Ausgabe des Wortlauts der Beweisanfrage (7-8) folgt in Zeile 10 das eigentliche Anfrageergebnis. Dargestellt wird zunächst die Segmentkette, wobei für die nicht ASCII-darstellbaren IPA-Zeichen ein geeignetes Ersatzsymbol festgelegt wurden (etwa E für / e / usw.). Außerdem werden für segmental unterspezifizierte Positionen alle mit den

246 vorhandenen Restriktionen kompatiblen Segmente in Mengennotation ausgegeben, was sich für Zwecke der Grammatikentwicklung, und dort besonders bei der Behandlung der Koaleszenz, als sehr hilfreich erweist. In korrekten Formen wie der in Zeile 10 gezeigten sollte dieser Fall aber nicht auftreten. Anschließend an die Segmentkette wird die benötigte Rechenzeit und die Anzahl der a m optimalen Ergebnis beteiligten distinkten Kandidaten angezeigt. Die Kandidaten selbst lassen sich aber ebenfalls anzeigen, soweit keine neue Anfrage das alte Ergebnis bereits überschrieben hat: (187)

A L L E KANDIDATEN ZU EINER A N F R A G E

1 2 3 4 5

I ?-

listing(cuf:Solution).

solution(8, [m,o,t,k,u]). solution(56, [ m , ' E ' , u , ' E ' , t , k , u ] ) . s o l u t i o n ( 2 4 , [m.u.-f'E' ,o, ' I ' J . t . k . u ] ) .

6 7 yes 8 I ?In (187) sind die Kandidaten zur gleichen Kategorie wie in (186) dargestellt, wobei diesmal allerdings die bekannte Wurzel y/m.(w).t verwendet wurde (3 -5). Das erste Argument der mithilfe von l i s t i n g aufgezählten Solution-Fakten enthält dabei die Kosten des Kandidaten, das zweite die Segmentkette. In Zeile 5 ist auch ein Beispiel für die erwähnte Mengennotation von segmentaler Unterspezifikation zu sehen; dieser Kandidat ist allerdings nicht optimal (24 > 8). Schließlich existiert ein weiteres Prädikat, welches über alle - per FCR-Anwendung überprüften - legalen Kategoriekombinationen zu einer vorgegebenen Wurzel iteriert und für jede Kombination eine Einzelanfrage gemäß (186) erzeugt. Um den resultierenden Gesamt-Output aller 410 Formen eines Paradigmas in eine lesbarere Form zu bringen, existiert ein Satz von UNIX-Shellskripts, der vor allem unter Verwendung von sedrKommandos daraus ein in LM^X verarbeitbares Format erzeugt. Ein Beispiel für die auf diese Weise automatisch generierte Tabellendarstellung, die nun wieder IPA-konforme Notation aufweist, ist dem Leser bereits in (116) auf S. 182 begegnet. Der tatsächliche Umfang der durchgeführten Implementierung geht über die Erfassung der im Text beschriebenen regulären, also guttural- und gleitlautfreien triliterale Verben der Typen A (gerefe), B (bediele) und C (barexe) sowie der regulären Quadriliterale vom T y p meskere hinaus. Bei letzteren findet sich doch noch eine kleine Besonderheit im Vergleich zu anderen Quadriliteralen wie z.B. Vm.l.k.t '(aus)sehen': das in der Defaulthierarchie (124) für den ersten Stammvokal erwähnte Diakritikum normal ist hier negiert verwendet, u m im Kausativ-Reziprokativ ein D e f a u l t - / e / statt des zu erwartenden / a / zu erhalten. Weil die Wurzeln selbst im CUFTeil der Grammatik beschrieben sind, das abweichende Verhalten in der Defaulthierarchie aber im PROLOG-Teil abgehandelt wird, muß diese Information geeignet zwischen den Teilen kommuniziert werden: dies ist der Sinn der e x c e p t i o n a l _ c a u s a t i v e _ r e c i p r o c a l _ v l - A n g a b e für Vm.s.k.r in (128). Neben dem im Text ausführlich besprochenen, deskriptiv irregulären Verb mote mit vokalischem gerundetem Mittelradikal werden nun weitere Typen solcher 'hohlen' Verben erfaßt,

247 die ein mediales frontiertes Wurzelelement /(i)/ enthalten. Außerdem beschreibt das entwickelte Grammatikfragment triliterale Verben mit finalem Wurzel-/i/, die ebenfalls ein besonderes Verhalten zeigen. Das in der Defaulthierarchie (125) für den zweiten Stammvokal erwähnte Diakritikum normal findet hier seine Berechtigung: im Gerund muß nur für letztere Verben ein von / i / abweichender Vokal / i / angenommen werden, um empirisch korrekte Ergebnisse zu erzielen. Ein Großteil der Formen dieser im Text nicht weiter beschriebenen Verbtypen ist ebenfalls korrekt, wie der Vergleich mit Berhane (1991) ergibt. Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß noch eine Anzahl von Ungrammatikalitäten existieren, die auf Fehler in der CUF-Beschreibung zurückgehen. Aufgrund des notwendigerweise lokalen Charakters dieser Fehler kann aber ausgeschlossen werden, das deren zukünftige Korrektur signifikante Rückwirkungen auf die in dieser Arbeit dargestellte Analyse der korrekten Verbklassen hat. Die Vervollständigung der TigrinyaVerbgrammatik soll im übrigen Gegenstand zukünftiger Forschung sein, wobei ein angestrebtes Ziel die möglichst vollständige Erfassung der von Eugene Buckley (pers. Mitt.) aus da Bassano (1918) extrahierten Liste aller 2746 Verbwurzeln ist, welche in elektronischer Form vorliegt.

Kapitel 6 Zusammenfassung und Ausblick 6.1

Ergebnisse und ihre Bedeutung

Im folgenden werden die Resultate dieser Arbeit zusammengefaßt und in Beziehung zu den im Einleitungskapitel aufgestellten Zielen gesetzt. Zunächst zur Evaluierung des Hauptziels, einen o signifikanten Beitrag zu einer deklarativen Theorie der prosodischen Morphologie (PM) zu leisten. Hier hat sich die dazu in Kapitel 4 vorgeschlagene systematische constraintbasierte Herangehensweise im Sinne der Deklarativen Phonologie (DP) bestätigen lassen. Die dort vorgeschlagenen Bauelemente und Prinzipien finden sich sämtlich in der angegebenen nichttrivialen (morpho-)phonologischen Grammatik für die Verbformen des Tigrinya wieder, die hier als zentrales Anwendungsgebiet für die Theorie ausgewählt wurden. Die Analyse liegt in der Form eines implementierten Computermodells vor, das verifizierbar einen wichtigen Teil der Verbalparadigmen-Sammlung von Berhane (1991) abdeckt. Konkret werden reguläre, d.h. guttural- und gleitlautfreie triliterale Verben der Typen A (gerefe), B (bediele) und C (barexe) sowie reguläre Quadriliterale vom Typ meskere generiert. Daneben zeigt die Generierung des deskriptiv irregulären 'hohlen' Verbs motc mit vokalischem Mittelradikal die Leistung der Analyse im Bereich der Vokalkoaleszenzphänomene. Der Vergleich mit den bei Berhane abgebildeten Formen ergab in allen aufgezählten Fällen keine Abweichung. Dieses Modell ist generativ im Chomsky'schen Sinne: die Berechnung der erzeugten Oberflächenformen hängt an keiner Stelle von der Intelligenz des theoretisch bewanderten Linguisten ab (Formalitätsaspekt) und es können durch einfache Erweiterung des Wurzellexikons neue Formen generiert werden, die dem System und/oder dem Linguisten bislang nicht bekannt waren (Produktivitätsaspekt). Der globale Beitrag dieser Ergebnisse zum Forschungsprogramm der PROSODISCHEN MORPHOLOGIE liegt erstens darin, konstruktiv zu zeigen, daß eine Analyse mit ausschließlich unverletzbaren Constraints für relativ große Ausschnitte entsprechender Daten möglich ist. Zweitens wurde gefunden, daß nur ein sehr reduziertes Inventar an theoretischen Konstrukten nötig ist, um die betrachten Phänomene zu beschreiben: formal multiplanaxe Repräsentation, distinktive Templates und echte Nichtkonkatenativität werden hier ebensowenig benötigt wie prosodische Konstituenten, deren Ausdehnung über die lokale Domäne des Segments hinausgeht. Die ebenfalls gefundene weitestgehende Lokalität der Kontextformulierung für prosodisch-phonologische Constraints hängt dabei entscheidend von der angewandten Lexikalisierungstrategie für Constraints ab: sehr häufig ist es möglich, statisch die optimale lexikalische Plazierung festzulegen und die unabhängig bekannten Eigenschaften des Speicherungsorts im Constraint selber wegzulassen. Drittens konnte auch der Einfluß einer für PM notwendigen Optimierungskomponente signifikant beschränkt werden. Für die Belange der DEKLARATIVEN PHONOLOGIE ergab sich, daß deren Prinzipien wie auch die grundsätzlichen Ausdrucksmöglichkeiten constraintbasierter Beschreibungen im DP-Rahmen selbst unverändert einsetzbar waren. Allerdings mußte die DP-Architektur an einer einzigen Stelle ergänzt werden, und zwar durch die bereits erwähnte

250 restriktive Optimierungskomponente. Deren Wirkung konnte aber orthogonal zur unveränderten Constraintinteraktion von DP definiert werden. Nicht zuletzt ergab die vorliegende Arbeit auch eine konkrete Methode, um die wünschenswerte Integration von prosodischer Morphologie in constraintbasierte Grammatiktheorien der C O M P U T E R L I N G U I S T I K , z.B. HPSG, praktisch umzusetzen. Dies gelingt nicht nur aufgrund eines auch für Syntax und Semantik verwendbaren uniformen Basisformalismus (hier CUF), sondern auch wegen der gemeinsamen metatheoretischen Annahmen, insbesondere was die Möglichkeit einer monostratalen Analyse von PM-Phänomenen angeht. Weitere Details ergeben sich im übrigen aus den nachfolgend entfalteten einzelnen Resultaten, die dort den eingangs formulierten Unterzielen zugeordnet werden. Das erste Unterziel betraf die o formale Modellierung realistischer, aussagekräftiger Grammatikfragmente, bezogen auf den Gegenstandsbereich der prosodischen Morphologie. Hier wurden Analysen zum Stufenwechsel (SW) im Finnischen und zum Verbalsystem des Tigrinya präsentiert, die beide in der formal adäquaten Constraintprogrammiersprache CUF implementiert sind und so automatisch deren präzise definierte Syntax und Semantik erben. Beim Finnischen wurde darauf geachtet, die 3-Wege-Kontraste, die sich sowohl bezüglich der SW-Alternation selbst wie auch in Bezug auf den SW-auslösenden Kontext finden, mitzumodellieren. Dadurch konnten alle identifizierten Typen von Ausnahmen innerhalb des SW-Phänomens berücksichtigt werden, was zum geforderten Realismus des Fragments beiträgt. Konsequente Lexikalisierung sowohl der Alternationstypen selbst wie auch des SW-Kontexts war hier das formale Mittel der Wahl, um die Kontraste widerzugeben. Dadurch, daß so die Alternationspaare selbst unabhängig definiert werden konnten, wurde erst der Weg frei für eine homogene Auswahl der kontextuell angemessenen Alternante. Diese stellte für den qualitativen SW erstmalig die Stimmhaftigkeitsopposition als tiefergehende Explikation des SW-Phänomens heraus, während der die Geminaten erfassende quantitative SW völlig parallel durch eine Opposition bezüglich Koda-haftigkeit (cod vs. "cod) erfaßt werden konnte. Die parallele Parametrisierungsmöglichkeit war an dieser Stelle abhängig von der neuen monopositionalen Geminatenrepräsentation und lieferte daher eine zusätzliche Bestätigung für deren Adäquatheit. Für das Tigrinya ergab sich ein erheblich umfangreicheres Fragment. Zunächst einmal wurden die max. 410 Formen der regulären Triliterale und Quadriliterale nachweisbar formal erfaßt, wie der Vergleich mit den vollständigen Verbalparadigmen in Berhane (1991) ergab. Dazu mußten bereits constraintbasierte Beschreibungen gefunden werden, welche die morphologisch-kategoriellen Abhängigkeiten der einzelnen prosodischen und segmentalen Bedingungen korrekt berücksichtigten, die jeweils an die Stammelemente und Affixe zu knüpfen waren. Zusätzlich wurden deskriptiv irreguläre Verbtypen wie etwa verschiedene sogenannten 'hohlen' Verben berücksichtigt und weitestgehend zu regularisieren versucht, was Rückwirkungen auf die Gesamtstruktur der Grammatik hatte. Die im einzelnen bearbeiteten Unterpunkte und ihre Ergebnisse sind weiter unten aufgeführt. Das zweite Unterziel betraf o minimale, aber adäquate Repräsentationen und Konstruktionsmechanismen für die PM. Auf der 'atomaren' Ebene prosodischer Strukturierung wurde die Adäquatheit der neuen prosodischen Repräsentation codaonset für Geminaten und ambisilbische Segmentpositionen durch eine sorgfältige Reanalyse der in der Literatur genannten Testfalle gezeigt. Insbesondere gelten hierfür neben der mittlerweile eindeutigen prosodischen Natur die zentralen Eigenschaften der Integrität und Inalterabilität als Prüfstein. Folgt für den neuen Vorschlag die Integrität von Geminaten bereits aus der Unteilbarkeit der einzelnen Positio-

251 nen in einem monotonen Formalismus, so können Inalterabilitätseffekte durch die generell zur Verfügung stehende unterschiedliche Spezifität der auf subsilbische Rollen referierenden phonologischen Kontexte abgebildet werden (z.B. coda vs. cod), ohne daß dabei die fallweise durchaus auftretende Geminatenalterabilität zum Problem würde. Weil diese Repräsentation statt zwei Positionen nur eine Position erfordert und anders als mehrfach assoziierte Darstellungen keinerlei problematische Zusatzannahmen wie das Linking Constraint erfordert, ist sie gleichzeitig im obigen Sinne minimal. Auf der 'molekularen' Ebene prosodischer Effekte im Wort konnte konstruktiv gezeigt werden, daß lediglich Konkatenation von obligatorischen und fakultativen bzw. - in der Terminologie dieser Arbeit - resequenzierbaren Positionen erforderlich ist, um ein breites Spektrum von Erscheinungsbildern der 'positionsvariablen' Morphologie zu erfassen. Auf multiplanare Repräsentationen und derivationelle Mechanismen zu ihrer Linearisierung konnte ebenso verzichtet werden wie auf den Einsatz distinktiver Templates mit eigenständigem ontologischen Status. Neben der Entbehrlichkeit der prosodischen Kategorie 'Fuß' - zumindestens für das betrachtete Verbalparadigma des Tigrinya - war es nicht einmal notwendig, ganze Silben als theoretische Konstrukte zur Verfügung zu haben: eine segmentlokale Annotation der jeweiligen subsilbischen Rolle genügte für die Kodierung prosodischer Effekte. Vielmehr zeigte es sich, daß Basissilbifizierung, Silbenstrukturconstraints und fallweise prosodische Vorspezifikation im Zusammenwirken mit einer minimalen Optimierungsstrategie, der Inkrementellen Optimierung (10), generell für die Berechnung der Oberflächenformen ausreichten. Die letztere Strategie ist somit der einzige PM-spezifische 'Konstruktions'mechanismus, der nach den bisherigen Ergebnissen tatsächlich neu postuliert werden muß. Wegen der Behauptung dieser Arbeit, daß sich zum einen alle Fälle von positionsvariabler Morphologie IO-konformant darstellen lassen, die Berechnung nicht positionsvariabler Morphologie zum anderen aber nicht durch 10 beeinflußt wird, kann 10 ohne Probleme als universal angenommen werden. Ein bislang vielfach angenommener Sonderstatus für eine formal nichtkonkatenative Morphologie konnte so insgesamt reduziert werden auf einen Morphologietypus, der sich durch die Eigenschaften der systematische V/0-Alternation gekoppelt mit rigiden Silbenstrukturanforderungen nur graduell von strikt konkatenativen Mustern unterscheidet. Diese Sicht sagt korrekt die Existenz von Zwischenstufen in einem entsprechenden Kontinuum voraus: während im Neuhebräischen prinzipiell alle Vollvokale im Stamm prosodisch kontrolliert mit 0 alternieren können, sind die Möglichkeiten im Tigrinya bereits auf den Vokal / i / reduziert, wenn man von den gesonderten Effekten der Vokalkoaleszenz und Reduplikation absieht, die jeweils nur lexikalisch-grammatische Teilbereiche betreffen. Sie ist ebenfalls adäquat in Bezug auf die prinzipiell mögliche Weglassbarkeit aller Stammvokale in geeigneten prosodischen Kontexten, wie sie tatsächlich in Nischen des Verbsystems sowohl im Tigrinya als auch im Neuhebräischen gefunden werden konnte (cf. ji-hb-u). Die dafür anzunehmenden -CC--Stammtemplates könnten in keine prosodische Template-Theorie eingepaßt werden. Schließlich zeigte sich, daß die Constraintlexikalisierung selbst dazu beitrug, die notwendige strukturelle Information minimal zu halten. In Folge dieser Spezifikationsstrategie wurden keine overten formalen Markierungen für wortinterne morphologische Unterdomänen wie Stamm und Affix mehr benötigt. 1 Vielmehr ist die jeweilige Unterdomäne bereits durch das Ensemble der sie Man beachte hier, daß wie in anderen logischen Formalismen 1. Ordnung die frei wählbaren Namen der durchaus als Strukturierungshilfsmittel in der Grammatikmodellierung verwendeten CUF-Sorten wie stem, äff ix usw. strikt nur auf der Beschreibungsebene sichtbar sind, nicht aber auf der Ob-

252 konstituierenden Constraints definiert, wodurch in allen hier untersuchten Fällen bereits lexikalisch entscheidbar war, wann eine Kontextreferenz die eigene Domänengrenze überschreitet und auf welche andere Domäne sie dabei trifft. Morphologische Einheiten sind also unter dieser Sicht nichts anderes als partiell spezifizierte Wörter, deren lexikalisierte Constraints die gewünschte Kombinatorik und Oberflächengestalt regeln. Ob diese neuartige analytische Option auf alle morphologische Strukturierung ausgedehnt werden kann, ist derzeit aber offen. Die Zielvorgabe, zu klären, ob o die Deklarative Phonologie einen tragfähigen Rahmen für die Modellierung von PM-Phänomenen abgibt und welche Modifikationen gegebenenfalls notwendig werden, wurde vor allem durch die Entwicklung entsprechender DP-Grammatiken für Finnisch und Tigrinya bearbeitet. Hier ist - wie in praktisch jeder tatsächlich implementierten nichttrivialen Grammatik - sicher noch der eine oder andere unlinguistische Kompromiß eingeflossen, der in einer verfeinerten Version zu beseitigen wäre. Die entscheidende Frage ist aber, ob schwerwiegende Anzeichen dafür gefunden wurden, daß sich zentrale Prinzipien der DP wie Monotonie oder Monostratalität wiederholt als echte Hindernisse der transparenten Erfassung von Generalisierungen und linguistischen Intuitionen in den Weg gestellt haben. Ein kritischer Punkt war hier die Modellierung von Koaleszenz, die scheinbar intrinsisch einen Zustandsübergang zwischen einem vollspezifizierten und einem unterspezifizierten, koaleszenzfähigen Segmentzustand erfordert, der in einer monotonen DP-Analyse disjunktiv und unter Zuhilfenahme eines Diakritikums dargestellt werden mußte. Ein nichtmonotoner Formalismus kann hier einfach die alte Vokalqualität überschreiben. Allerdings sagt nur die monotone Fassung voraus, daß empirisch niemals Evidenz für weitere Koaleszenz-Zwischenzustände gefunden werden sollte. Ein analoges Problem ergab sich bei der Erfassung von 3-Wege-Kontrasten im Finnischen: die alternierende Variante mußte distinktiv zu ihren nichtalternierenden Geschwistern mitsamt dem sie kontrollierenden Kontext lexikalisiert werden, weil eine direkte monotone Wiedergabe des Unterschieds zwischen 'bereits vollspezifiziert' und 'noch unterspezifiziert, alternationsfahig' nicht möglich war. Hier ergibt sich allerdings wiederum die Vorhersage, daß nur in der monotonen Variante nichtalternierende Instanzen Verarbeitungsvorteile zeigen sollten, hingegen unter den Vorgaben der nichtmonotonen Analyse alle Instanzen gleichmäßig auf ihren Spezifikationsgrad abzutasten wären. Solchen auf den ersten Blick problematischen Fällen steht allerdings eine Mehrzahl von Situationen gegenüber, in denen die strikte Konsistenzforderung insbesondere bzgl. prosodischer Wohlgeformtheit für die transparente Analyse der jeweiligen Phänomene entscheidend war. Wie die Untersuchung einer wichtigen Klasse notationeller Konflikte in Kapitel 2 darüberhinaus gezeigt hat, kann der Einsatz einer logischen Variante des elsewhere-Prinzips die formale Konfliktfreiheit in vielen Fällen wiederherstellen. Solche e/setu/iere-Beziehungen spielten in vielen Constraintformulierungen dieser Arbeit eine Rolle. Insgesamt können daher die problematischen Aspekte, wie sie in jeder Theorie vorkommen, nicht den Erfolg der DP-Annahmen für die praktischen Analysen dieser Arbeit verdecken - auch und gerade angesichts der nur unter diesen Annahmen gegebenen direkten Falsifizierbarkeit von Constraints durch Oberflächendaten. Als wesentliche Erweiterung ist allerdings mit der Inkrementellen Optimierung ( « 'lasse X/0Positionen so früh wie möglich wegP) eine außerhalb des monotonen Basisformalismus stehende jektebene, auf der die formale Constraintinteraktion definiert ist. Beispielsweise kann kein Constraint wie s u f f i x := . . . darauf referieren, daß im denotierten linguistischen Gesamtobjekt links von der eigenen Position ein Teilstring zu liegen kommt, der nur von einem Constraint mit dem Sortennamen stem stammen darf.

253 präferentielle Bewertungskomponente für die Menge disjunktiv aufgezählter Analyseergebnisse bzw. Oberflächenform-Kandidaten hinzugekommen. Diese läßt aber zum einen sämtliche formalen Eigenschaften des Basisformalismus unberührt - weil sie nur als eine Art Filter für die Analyseergebnisse wirkt - , zum anderen läßt sie sich effizient inkrementell implementieren, wie ausführlich gezeigt wurde. Die letztere Eigenschaft macht die vorgeschlagene Zusatzkomponente nun nicht nur psycholinguistisch plausibel, sondern sie hat auch zur Konsequenz, daß die Beschreibungsebene zum Optimierungszeitpunkt verfügbar sein muß. Damit unterstützt sie das Intensionalitätspostulat der DP. Würde man umgekehrt auf die Inkrementelle Optimierung verzichten, so bliebe nur die template-artige disjunktive Einzelspezifikation aller Realisierungsmuster, die nicht durch die Silbenstruktur und andere Constraints allein festgelegt werden können: eine wertvolle Generalisierung ginge verloren. Zusammenfassend läßt sich daher sagen, daß sich für die P M eine Art Modifikation von DP als notwendig herausgestellt hat. Weil diese aber lediglich die Form eines Filtermechanismus annimmt, ergibt der entstehende hybride Aufbau D P + I O immer noch eine formal wesentlich restriktivere Theorie als dies in konkurrierenden Ansätzen, insbesondere der O T der Fall ist. Für die wichtige Frage nach o verarbeitungsfreundlichen

Konstrukten

hat die Arbeit ebenfalls

einschlägige Ergebnisse gebracht. Ein zentraler Befund ist hier, daß in der überwältigenden Mehrheit der Fälle eine lokale Formulierung der Constraintkontexte möglich war, sodaß die Referenz auf die eigene oder eine unmittelbar adjazente Position die Regel war und es sehr selten notwendig wurde, sich auf eine zwei oder drei Positionen entfernte Segmentposition zu beziehen. Dafür war natürlich Vorbedingung, daß Constraints jeweils an der unter Lokalitätsgesichtspunkten optimalen Stelle lexikalisiert werden durften. Inhärent nichtlokale Mechanismen zur Behandlung langer Abhängigkeiten auf beliebige Distanz waren auf phonologischer Seite überhaupt nicht erforderlich, wie sich auch keine Notwendigkeit für solche Elemente ergab, die bezüglich ihrer linearen Präzedenz unterspezifiziert sind (sog. floating segments,

affixes etc.). Auf morphologischer

Seite gab es einen einzigen Fall von Nichtlokalität, weil hier dieselbe kategorielle Information für jede Position lokal verfügbar gemacht werden mußte. Diese Maßnahme war notwendig, um die maximal lokale Fassung von morphophonologischen Constraints zu unterstützen, sie konnte aber wiederum durch Ketten von lokalen Koindizierungen realisiert werden (vgl. slash percolation der G P S G und andere Verwendungen von threading-Techniken

in

in der Logikprogrammierung).

Die lokalen Koindizierungsspezifikationen konnten dabei an die entsprechenden Definitionen für Positionen gebunden werden, sodaß es insgesamt für die PM-Modellierung nicht notwendig war, rekursive Constraints einzusetzen. Die diesbezügliche einschränkende Hypothese der Strikt Lexikalisierten Phonologie (Walther 1995a) konnte damit für die betrachteten Instanzen von PM bstätigt werden. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Fehlen von nichtlokalen Mechanismen bzw. Rekursion und der Verarbeitungsfreundlichkeit besteht darin, daß so die Überprüfung der globalen Konsistenz des Constraintpools prinzipiell modularisierbar wird. Die einzelnen Teilkonsistenzprüfungen können dann auch parallel erfolgen, die Kommunikation zwischen den Berechungszweigen wird minimiert. Allerdings liegen noch keine praktischen Resultate hierzu vor, da CUF Modularisierung und Parallelverarbeitung bislang nicht unterstützt. Wie bereits ausführlich gezeigt, ist mit der für PM notwendigen Inkrementellen Optimierung ein ebenfalls verarbeitungseffizienter Optimierungsmechanismus hinzugetreten. Im Unterschied besonders zu O T weist der IO-Mechanismus nicht die Mächtigkeit einer unrestringierten globalen

254

Optimierung auf. Weil die prozedurale Umsetzung von 10 für maximale Inkrementalität jedoch mit der Constraintauswertung verzahnt werden müßte, dies aber der Transparenz der phonologischen Grammatik für die unmittelbaren Zwecke der Arbeit nicht förderlich schien, müssen praktische Meßwerte auch hier erst noch erhoben werden. Schließlich ist die o weitere Erforschung des Tigrinya hinsichtlich der PM-Phänomene ein besonderes Anliegen gewesen. Hier hat im Detail eine Aufklärung der Struktur des Verbalparadigmas stattgefunden, die zahlreiche Einzelresultate ans Licht gebracht hat. Das zugehörige Computermodell, das diese Resultate integriert, dürfte bislang nach Art und Umfang das einzige für diese Sprache sein. Im folgenden einige Beispiele zur Erinnerung. Zwar haben auch andere Arbeiten die Sonderrolle von / i / im Tigrinya betont, die substantielle Beschränkung der V/0-Alternationsfahigkeit auf diesen Vokal im Stammbereich des regulären Verbalparadigmas war bislang jedoch nicht beschrieben worden. Tigrinya zeigt in gewissen Verbformen ein Reduplikationsinfix, dessen genaue Spezifikation geklärt werden konnte. Zunächst konnte gezeigt werden, daß dieses Infix als lexikalisch spezifizierter, fakultativer Bestandteil des Verbstamms aufgefaßt werden kann, der constraintgesteuert nur im Prequentativ bzw. Reziprokativ erscheint. Hier hat sich auch ein fakultativer Hilfsvokal, der lediglich in bestimmten reduplizierenden Formen der Quadriliterale erscheint und somit deren Stammdefinition zugeordnet werden kann, als formal notwendig erwiesen. Im Defaultfall wird er dank der IO-Einwirkung wegoptimiert. Die Erfassung der Reduplikation konnte im übrigen zeigen, daß Constraints hier tatsächlich ein überlegenes Beschreibungsmittel sind: der reduplizierte vorletzte Stammkonsonant mußte etwa bei Prequentativ-Perfektiv-Formen nur in Triliteralen, nicht jedoch in Quadriliteralen realisiert werden. Der Grund liegt nach der Erkenntnis dieser Arbeit in dem von den Silbenstrukturconstraints gefordertem obligatorischen Onset, der nur bei den Quadriliteralen durch den zusätzlichen Stammkonsonanten bereits intrinsisch zur Verfügung gestellt wird. Dagegen muß in den Triliteralen der lexikalisch fakultative Reduplikand diese Onset-Funktion qua Realisierung übernehmen, um eine Umgrammatikalität zu vermeiden: die Silbenstrukturconstraints sind ja hier nicht verletzbar. Erstmals gezeigt wurde auch, daß die Reziprokativformen durch dasselbe Infix wie im Prequentativ zu beschreiben sind. Der formale Unterschied zwischen den beiden derivationellen Kategorien reduziert sich zum einen auf Realisierungsconstraints für den reduplizierten Stammkonsonanten nur im Prequentativ, sodaß im Reziprokativ dieser Konsonant nie erscheint. Parallel dazu muß zum anderen spezifiziert werden, daß nur im Reziprokativ die Infix-Vokalposition mit einem Stammvokal verschmelzen kann. Eine zweite Quelle von positionalen Alternationen für Vokale ergab sich bei der genaueren Untersuchung solcher Verschmelzungen bzw. Vokalkoaleszenzen. Hier wurde wie bereits angedeutet mit den Reziprokativformen sowohl eine Instanz im produktiven Verbalbereich identifiziert, wie es auch gelang, verschiedene deskriptiv irreguläre Verbalmuster mit gleitlauthaltigen Wurzeln durch diese theoretische Annahme signifikant zu vereinheitlichen. Ein neues Resultat war hier die Entdeckung eines bestimmten Typs asymmetrischer Koaleszenz, bei welchem die beiden Stammvokalpositionen unterschiedliche Koaleszenzprodukte hervorriefen. Dies wurde als Hinweis auf die Notwendigkeit einer differentiellen Lexikalisierung des Koaleszenzpotentials gedeutet. Eine ausführliche Detailstudie zum Koaleszenzverhalten des Verbs mote, von Buckley (1994) noch als morphologisch separat zu behandelnde Ausnahme klassifiziert, ergab, daß sich dessen Ausnahmehaftigkeit auf den Mittelradikal /w~U/ beschränken ließ. Dieser ist zwingend vokalisch aufzufassen, um die konsistenzerhaltende Interaktion mit den Stammvokalen zu erklären. Die

255 in nichtnuklearer Position attestierte Realisierung als Gleitlaut bestätigt daher auch für das Tigrinya die vielfach geäußerte These, nach der Hochvokale und korrespondierende Gleitlaute segmentalphonologisch identisch sind. Im Zusammenhang mit Koaleszenz konnte außerdem die von Buckley (1995) behauptete Nichtexistenz distinktiver Vokallänge für das Tigrinya bestätigt werden: nur bei einheitlich kurzer (phonologischer) Vokallänge kann unter der deklarativen Silbifizierung von Kapitel 3 der Zwang zu Koaleszenz dadurch erklärt werden, daß ein Vokalhiatus - prosodisch gesehen eine Verletzung der strikten Onsetforderung - vermieden werden muß. Weil infolgedessen Positionen notwendigerweise miteinander verschmelzen müssen, wurde eine Familie von neuartigen lokalen Resequenzierungsspezifikationen als Generalisierung von X / 0 postuliert, mit denen die Überlagerung und Metathese von Vokalpositionen in allen Koaleszenzfallen beobachtungsadäquat beschrieben werden konnte. Diese Resequenzierungsspezifikationen ermöglichen eine Ausdehnung der a-templatischen Vorgehensweise zu PM dergestalt, daß die gerade im Tigrinya signifikante Verkürzung koaleszierter Formen ohne Templatemultiplikation oder derivationelle Reparaturmechanismen erfaßt werden können. Umgekehrt kann die Existenz derartiger Form- und Längenvarianz im Tigrinya als Bestätigung für eine solche flexible Spezifikationsstrategie gewertet werden. Eindeutig zeigte sich auch im Tigrinya-Verbalparadigma wieder die morphologische Konditionierung verschiedenster phonologisch-prosodischer Constraints, so unter anderem für bestimmte Oberflächeneigenschaften im Kausativ-Imperfektiv, im Passiv und Gerund sowie in den genannten Frequentativ bzw. Reziprokativfallen. Tigrinya stellt daher eine besondere Herausforderung für Proponenten eines strikt universalen Constraintinventars dar, die nicht leicht zu meistern sein dürfte. Ebenfalls neue Resultate ergaben sich bei der Untersuchung der Geminationsmuster. Neben der bereits bekannten Funktion als Verbklassenmarker für die Typ B-Verben mit geminiertem Mittelradikal und Instanzen von rein morphologischer Markierung z.B. in gewissen KausativKategoriekombinationen wurde erstmals ein phonologisch definierbarer intervokalischer Subkontext identifiziert. Auch hier spielte der Zentralvokal /»/ wieder eine Sonderrolle, seine Anwesenheit war in allen drei Kontext Varianten geminatenadjazent gefordert. Diese Oberflächenkontexte konnten mit einem Teil der Instanzen von Gutturalsenkung in Verbindung gebracht werden: Gutturale sind in diesen Fällen nicht intrinsisch ungeminierbar, wie überwiegend (kontrafaktisch) behauptet wurde, sondern sie ändern die Vokalqualität ihrer Nachbarn, sodaß der phonologische Geminationskontext nicht länger gegeben ist. Allerdings konnten nicht alle Fälle auf diese Weise erfaßt werden. Schließlich wurde das berühmte Phänomen der Spirantisierung im Tigrinya bzw. dessen Ausfall bei echten Geminaten erneut untersucht. Die im Detail vorgenommene Formalisierung beseitigte nicht nur manche Simplifikationen und Ungenauigkeiten der bisher publizierten Analysen. Sie konnte zudem mit der monopositionalen ambisilbischen Geminatenrepräsentation und einer ebenfalls silbenstrukturabhängigen Kontextcharakterisierung zeigen, daß das Phänomen stärker als bislang angenommen prosodisch bedingt ist. Wenn diese Analyse richtig ist, so hat sich Tigrinya damit von einem früher gern zitierten Eckstein für die Notwendigkeit mehrfach assoziierter Strukturen zu einen Beleg für deren Nicht-Notwendigkeit gewandelt. Erstmalig wurde darüberhinaus versucht, die existierende dialektale Variation im für die Gemination ausschlaggebenden Linkskontext als Parametervariation des Skopus einer zur Kontextbeschreibung benötigten Negation sowie des artikulatorischen Faktors oraler Konstriktionsgrad zu systematisieren.

256

6.2

Ausblick und weiterer Forschungsbedarf

Der Schlußteil dieses Kapitels soll der Frage gewidmet sein, welche weiteren Forschungsarbeiten notwendig bzw. wünschenswert sind, um die bislang erzielten empirischen und theoretischen Ergebnisse zu vertiefen und zu festigen. Hier ist besonders an die folgenden Punkte zu denken: (188)

1. weitere Typen von Phänomenen der prosodischen Morphologie 2. generelle Natur und psychologische Realität der (Inkrementellen) Optimierung 3. empirische Ausweitung des Phänomenbereichs im Tigrinya 4. artikulatorisch-phonetische Implementierung von PM 5. Verbesserung des formalen Rahmens der Deklarativen Phonologie 6. Verbesserung der praktischen Verarbeitungseffizienz von PM-Grammatiken 7. automatischer Erwerb von constraintbasierten PM-Beschreibungen

Zu Punkt 1. Hier ist etwa zu fragen, inwieweit die für den einzig behandelten Fall der stamminternen (C) V-Reduplikation im Tigrinya vorgeschlagene Vorgehensweise auf die zahlreichen anderen bekannten Typen von Reduplikation verallgemeinert werden kann. Ein denkbarer Ansatz wäre, sich der 'füll copy'-Theorie von Steriade (1988) zu bedienen, indem eine vollständige Kopie des Reduplikationsmaterials positionsrichtig lexikalisiert wird, allerdings mit der Modifikation, daß das kopierte Material nun sämtlich aus fakultativen X/0-Positionen besteht. Constraints und die 10 regeln dann die Realisierungsmuster, die für den jeweiligen Reduplikationstypus charakteristisch sind. Erste Untersuchungen zum notorisch schwierigen Problem der Reduplikation im Temiar (Gafos 1995) zeigen, daß dies ein vielversprechender Ansatz sein könnte. Schwierig dürfte auch die Behandlung sog. 'floatierender' Affixe sein, deren Position im Wort variabel ist und von prosodischer Wohlgeformtheit abhängt (vgl. etwa Noyer 1993). Die auf unmittelbarer Adjazenz aufbauende bisherige Modellierungsstrategie favorisiert dagegen eine möglichst weitgehende lexikalische Festlegung der Position, gerade auch unter Verarbeitungsgesichtspunkten. Hier sind genauere empirische Studien nötig, um zweifelsfreie Fälle solcher Affixe auf Art und Beschränkung möglicher Positionsverlagerung hin zu untersuchen. Bevor daran gedacht wird, die diesbezügliche Ausdruckskraft des Formalismus etwa durch LP-Constraints (Manandhar 1995) oder reguläre Ausdrücke über Merkmalspfaden (functional uncertaincy, Backofen 1996) zu erweiteren, ist zu überprüfen, ob nicht mit Ketten von Resequenzierungsbeschreibungen die in dieser Arbeit beschriebenen lokaleren Ausdrucksmittel ausreichen. Ebenfalls lohnenswert erscheint es, Metathese- und Subtraktionsphänomene genauer unter die Lupe zu nehmen. Zu ersteren ist zu fragen, inwieweit die Lokalität des hierzu postulierten formalen Mittels der Rechtsresequenzierung mit weiteren Daten in Einklang zu bringen ist. Für letztere sollte geprüft werden, ob die anvisierte Strategie der X/0-Spezifikation subtraktiver Anteile nebst Kontrolle durch lexikalisierte Constraints hier generell adäquate Analysen liefern kann. Für Punkt 2 ist bislang unklar, ob die postulierte Inkrementelle Optimierung experimentell bestätigt werden kann. Gibt es Hinweise auf ihr Wirken im Zeitverlauf der Produktion oder Perzeption? Könnte 10 selektiv gestört werden, gibt es Versprecher in "en dafür einschlägigen Sprachen, die auf die fallweise Produktion nicht optimaler Formen hindeuten? Kann die

257 behauptete Begünstigung des lexikalischen Zugriffs in der Perzeption durch 10 (cf. das 'markedness ordering principle' von Shillcox auf S. 150) anhand korpusbasierter Studien belegt werden? Hier ergibt sich gerade wegen der Konkretheit und Einfachheit von 10 ein reiches Feld empirisch testbarer psycholinguistischer Fragestellungen, denen unbedingt nachgegangen werden sollte. 3. sollten naheliegende Anschlußuntersuchungen zum Tigrinya vor allem den Bereich der gebrochenen Plurale, die Auswirkungen der Gutturalsenkung und die Frage der Produktivität und Mustervielfalt der Koaleszenz ins Auge fassen. Die gebrochenen Plurale von Nomen, z.B. kenfer ~ kenafir 'Lippe' (sg. ~ pl.), zeigen verblüffende Ähnlichkeiten mit Form und Verhalten des untersuchten Stamminfixes in den Verben. Hier findet sich, gerade auch im Vergleich mit der Detailstudie von Angoujard &; Denais (1989), daher sicherlich ein lohnendes Analysegebiet. Die Auswirkungen benachbarter Gutturale auf die Vokalqualität wurden in dieser Arbeit bislang ebenfalls nicht berücksichtigt, obwohl dieser Aspekt der Oberflächenformen gerade auch wegen der Häufigkeit von Gutturalen auf die Dauer nicht vernachlässigt werden kann. Neben einer direkten Erfassung der entsprechenden Alternationen ist zu prüfen, ob es sich gerade angesichts der teilweisen Überlappung der beteiligten Artikulatoren mit den bei der Vokalproduktion aktiven alternativ um eine weitere Instanz von Koaleszenz handeln könnte. Für die bereits behandelten zweifelsfreien Vokalkoaleszenztypen muß dagegen insbesondere noch untersucht werden, wie es um deren Produktivität im heutigen Tigrinya bestellt ist und ob sich weitere Fälle von asymmetrischer Koaleszenz finden lassen. Schließlich ist auch die Frage interessant, ob die hier vorläufig als invariant angesehenen stammexternen Instanzen von / i / im phrasalen Kontext ebenfalls systematisch alternieren können, und ob in diesem Zusammenhang daher die Domäne des IO-Einflusses über das Wort ausgedehnt werden sollte. Wenig ist bislang bekannt zur Frage 4. Handelt es sich etwa beim Vokalmuster von geref in Wirklichkeit um eine einzige artikulatorisch kontinuierliche Geste und ist im PM-Kontext generell artikulatorische Lokalität fundamental, wie von Gafos (1995) behauptet? Gibt es experimentelle Hinweise auf den in der vorliegenden Arbeit spekulativ behaupteten Zusammenhang zwischen Vokalreduktion und der Genese positionsvariabler prosodischer Morphologie? Kann ein funktionaler Zusammenhang zwischen stabiler Gestenorganisation und dem strikten Silbeninventar vieler Sprachen mit reichhaltigen PM-Erscheinungen gefunden werden? Hierzu bieten sich phonetische Experimente an, mit denen vor allem unter Zuhilfenahme von bewährten Methoden der elektromagnetischen Artikulographie und der künstlichen artikulatorischen Synthese versucht werden sollte, den genannten Fragenkomplex aufzuhellen. Für die Frage nach der Verbesserung des formalen Rahmens der Deklarativen Phonologie in Punkt 5 sollten nach den Erfahrungen dieser Arbeit insbesondere drei Schwerpunkte gewählt werden. Erstens müssen in Zukunft praktische Hilfsmittel zur Abkürzung der frequenten elsewhere-Beziehungen in Constraintteilen wie auch für die direkte Notation von Implikationszusammenhängen zur Verfügung stehen; es ist sehr hinderlich, wenn diese immer per Hand in logisch äquivalente Beschreibungen umgewandelt werden müssen. Zweitens ist zu untersuchen, ob für den Unterschied zwischen 'obligatorisch' und 'fakultativ' formal unterspezifizierte Repräsentationen gefunden werden können, um auf diese Weise zahlreiche Disjunktionen einzusparen. Letztere wurden zwar systematisch eingesetzt, sind aber dennoch generell als Quelle von VerarbeitungsinefBzienz anzusehen. Drittens und letztens sollte überlegt werden, ob Konzepte sog. ressourcenbewußter logischer Formalismen wie etwa der linearen Logik Bestandteil einer erweiterten formalen Grundlage

258 auch für die Phonologie werden sollten, analog zu entsprechenden computerlinguistischen Vorschlägen für Semantik (Dalrymple, Lamping, Pereira & Saraswat 1995) und Syntax (Dahl, Tarau & Li 1997). Der Hintergrund dieser Überlegungen ist, daß auf diese Weise bestimmte scheinbar nichtmonotone Aspekte der Phonologie, die mit der closed worM-Annahme in Verbindung stehen, besser abgebildet werden könnten. Ein solcher Fall wäxe die Vokalkoaleszenz. Jedes Merkmal einer unterspezifizierten Vokalrepräsentation entspräche hier direkt einem im Beweisverlauf eingebrachten hypothetisch angenommenen logischen Fakt, etwa e : - assumel(mid) . bzw. i : - a s s u m e l ( f r o n t ) . (in der Notation von BinProlog, Tarau 1996). Kontextuelle Restriktionen, die auf ein spezifisches segmentales Ergebnis angewiesen sind, 'konsumieren' nun im Beweisverlauf die für jedes Segment geforderten positiven Fakten-als-finite-Ressourcen und fordern gegebenfalls, daß der Segmentidentität entgegenstehende Merkmale nicht beweisbar (\+) sind (implizite negative Information aufgrund der closed worM-Interpretation). Während also die Koaleszenz von ? - i , e . die Anforderungen von i s ( e ) : - f r o n t ,mid. erfüllt, kann dagegen die Identität der Ausgangssegmente mittels i s ( i ) : - f r o n t , \ + mid. bzw. i s ( e ) : - m i d , \ + f r o n t , \ + r o u n d , \ + low. nicht länger bewiesen werden. Da es sich aber hier immer noch um eine Logik handelt, ist mit einem solchen Vorgehen nicht die Wiedereinführung einer unrestringierten Prozeduralität verbunden, der deklarative Charakter von DP bliebe angesichts solcher denkbarer Erweiterungen also erhalten. Die unter Punkt 6 angesprochene praktische Verarbeitungseffizienz ist bei den in CUF implementierten PM-Grammatiken bislang noch nicht befriedigend. Ein Grund liegt darin, daß der Overhead für Typverarbeitung und Unifikation in CUF zu groß ist und die Möglichkeiten der partiellen Evaluierung von Constraints zu begrenzt sind, die eigentlich durch weitgehende offlineBerechnung zahlreiche Disjunkte elimieren und damit den massiven Nichtdeterminismus in der Verarbeitung substantiell reduzieren könnten. Ein denkbarer Ausweg wäre daher, die Grammatiken (möglichst automatisch) in semantisch äquivalente PROLOG-Programme zu konvertieren, um so besser vom reichhaltigen Fundus bekannter effizienzsteigernder Kompilationstechniken in der Logikprogrammierung profitieren zu können (Stichworte: nur Termunifikation, partielle Evaluierung, (statistisches) Memoing, OR-Parallelität, etc.). Dieser Ansatz ist beim heutigen Stand der PROLOG-Technologie recht vielversprechend und läßt sich aufgrund des geringen Abstands zwischen Ursprungs- und Zielformalismus zudem vermutlich relativ leicht zu realisieren. Eine alternative, anspruchsvollere Methode bestünde darin, zu versuchen, die Grammatiken in ein finite-state-Format zu transformieren. Endliche Automaten als Modelle von finite-stateGrammatiken erlauben bekanntlich eine besonders effiziente Verarbeitung zur Laufzeit. Während der lokale Charakter der meisten Beschreibungen dieses Vorhaben prinzipiell unterstützen dürfte und die verwendeten Grundverknüpfungen und, oder, nicht allesamt Entsprechungen im finitesiaie-Kalkül besitzen, stellen allerdings die Tokenidentitätsforderungen der in einem Merkmalstermformalismus wie CUF verwendeten Koindizierungsvariablen besondere Anforderungen, da sie semantisch gesehen die Gleichheit von beliebigen Zuständen aus einer infiniten Menge möglicher Zustandswerte fordern. In der Praxis realer, nichtrekursiver PM-Grammatiken kommen aber nur endlich viele verschiedene davon vor, sodaß eine beliebige eindeutige Durchnumerierung der n vorkommenden Koindizierungen zweier Strukturen hier dazu verwendet werden kann, eine entsprechend annotierte Repräsentation von Werten aufzubauen, die zulässige Koindizierun-

259 gen wieder mit /miie-staie-Ausdrucksmitteln beschreibt. 2 Eine solche Methode, Tokenidentität in einem Formalismus zu simulieren, der eigentlich nur Typidentität kennt, sollte für unsere Zwecke ausreichen. Erste unveröffentlichte Experimente haben bereits ergeben, daß mit der deklarativen Silbifizierung und den Silbenstrukturconstraints zwei wichtige PM-Bausteine finites/aie-implementierbar sind. Zur pragmatischen Modellierung des Effekts der Inkrementellen Optimierung bietet sich die jüngst für Zwecke der natürlichsprachigen Verarbeitung vorgeschlagene Verallgemeinerung eines gewichteten finite-state-Formalismus an (Pereira & Riley 1996). Die in der praktischen Anwendung ebenfalls finite Menge optimierungsrelevanter X/0-Positionen kann innerhalb eines solchen Rahmens statisch vorausberechnet mit numerischen Kostenangaben versehen werden, und zwar so, daß die Realisierungszweige zeitlich früherer Positionen größere Werte erhalten. Die Menge der optimalen Pfade durch einen so beschriebenen gewichteten endlichen Automaten minimiert dann die Gesamtkosten; für ihre Berechnung können existierende effiziente Algorithmen eingesetzt werden. Schließlich bietet die Arbeit ein geeignetes Fundament für den abschließenden Punkt 7, da durch die manuell erstellten Grammatiken indirekt auch ein Inventar wichtiger Grundbausteine erarbeitet wurde, aus dem sich alle Constraints zusammensetzen lassen. Ausgehend von einer Systematisierung dieses Inventars ist es daher angesichts des heutigen Forschungssstands zum Maschinellen Lernen denkbar, mit Methoden etwa der Induktiven Logikprogrammierung (ILP) Constraints aus einem Korpus vorgegebener Oberflächenformen zu inferieren, die nur aus solchen Grundbausteinen bestehen und daher - etwa im Gegensatz zu konnektionistischen Lernverfahren - für den Menschen interpretierbar bleiben. Ein ILP-Ansatz paßt naturgemäß besonders gut zur bisherigen logikorientierten Formalisierung. Zentraler Forschungsgegenstand in diesem Unterfangen wird neben einer effizienten algorithmischen Beherrschung des möglicherweise riesigen Hypothesen-Suchraums, die vermutlich die effizienzsteigernden Maßnahmen von Punkt 6 voraussetzt, die Frage nach heuristischen Kriterien für eine 'gute' Constrainthypothese sein: im Rahmen der projektierten Anwendung des für Lernverfahren allgemein anwendbaren minimum message /engi/t-Kriteriums (Rissanen 1978) ist hier besonders an eine Kostenfunktion gedacht, die mindestens die Faktoren Lokalität ('je benachbarter und kürzer der Kontext, desto besser') und Modularität ('mehrere unabhängige generelle Constraints sind besser als ein kompliziertes'), möglicherweise aber auch Häufigkeitsinformation beinhalten sollte, um auf diese Weise die 'Natürlichkeit' der inferierten optimalen Constrainthypothese zu beeinflussen. Ob für die Belange der prosodischen Morphologie auch phonetische bzw. sonstige funktionale Faktoren zur operationalisierbaren Definition eines 'natürlichen' Constraints fruchtbar gemacht werden können, wie dies Hayes (1996) bzw. Boersma (1997) in anderen Kontexten vorschlagen, muß beim gegenwärtigen Kenntnisstand allerdings offenbleiben. Ein Merkmalswert ist fortan ein n + 1-Tupel aus n Koindizierungmarken und dem eigentlichen Wert < Kolndexi,..., KoIndexn, Wert > und zwei Werte sind i-koindiziert gdw. Kolndexi = 1 für beide gilt. Genauer betrachtet muß noch die Möglichkeit vorgesehen werden, daß nicht betroffene Koindizierungsmarken beliebige Werte tragen dürfen. Dies gelingt, wenn man insgesamt zwei Bits für die obere bzw. untere Schranke des aktuellen Intervalls zulässiger Koindizierungszustände vorsieht: (1,0) bedeutet 'koindiziert oder nicht', (1,1) bedeutet 'koindiziert' und (0,0) steht für 'nicht koindiziert'. Zwei solcher Bitpaare (oi,ui), (02,1*2) sind kompatibel, wenn (01 A 02,ui Vu 2 ) = (o,u) ± (0,1) gilt. Man beachte darüberhinaus, daß die Koindizierungsbits wieder entfernt werden können, sobald alle konjunktive Constraintinteraktion berechnet worden ist: der resultierende Gesamtautomat spiegelt die Koindizierungsbeziehungen dann direkt wieder.

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Anhang Computergenerierte Tigrinya-Verbparadigmen Dieser Teil enthält ausgewählte Verbalparadigmen derjenigen Wurzeltypen des Tigrinya, welche im Hauptteil der Arbeit ausführlicher besprochen wurden. Sie wurden automatisch aus der vollständigen CUF-Grammatik ermittelt, die in Walther (1997, 347-370) dokumentiert ist. Der CUF-Output wurde dazu mithilfe von Shellskripts und sed-Kommandos in JOTßX umgesetzt. Neben je einem regulären Triliteral vom Typ A, B und C werden ein reguläres quadriliterales Verb sowie das Verb mote mit medialem / w / aufgeführt, wobei der Output zu letzterem nachträglich auf den empirisch attestierten Ausschnitt der Aktiv Nicht-Reziprokativ Nicht-Frequentativ-Formen beschränkt wurde. Der für alle dargestellten Verben manuell durchgeführte Vergleich mit Berhane (1991) ergab keine abweichenden Formen. Im Gegensatz zu Berhane wurde durchgängig IPA-Notation verwendet. Dies entspricht bis auf zwei Ausnahmen dem phonetischen Ergebnis: der frontierte sowie der labiale Gleitlaut sind aus technischen Gründen phonologisch wiedergegeben, d.h. als / i , u / statt [w,j]. Normalerweise sollte aber der Kontext der gesamten Wortform genügen, um solche Vorkommen von ihren vokalischen Gegenstücken abzugrenzen. Der neben jeder Form vorhandene horizontale Balken gibt die jeweilige Rechenzeit graphisch wieder: bezogen auf DIN A4-Druckformat entspricht 1mm Balkenlänge 1 Sekunde Rechenzeit auf einer SPARCstation 10 mit 32 bzw. 96 MB Hauptspeicher. Benutzt wurde Version 2.31 von CUF unter SICStus Prolog 3.0 # 3 mit SPARC-fastcode-Compilation. Das numerische Subskript des Balkens stellt dabei die Anzahl der verschiedenen Kandidaten dar, die zur dargestellten optimalen Form beigetragen haben. Wie in Berhane (1991) wurde wortfinale Frontierung nicht berücksichtigt: (/ . . . £ # / — • [ . . . e]). Die für den velaren Plosiv von \/b.r.k , y/m.s.k.r relevante Spirantisierung fehlt hier allerdings, im Unterschied zu Berhane. Dies geschah lediglich aus Effizienzgründen. Das im Text gezeigte Fragment zur Spirantisierung kann problemlos in die Hauptgrammatik integriert werden.

274

\/g.r.f perfektiv i.g

'peitschen' Typ A

gerund

gerefku gerefka

— -i

imperfektiv gerife

—1

1.g

2sg.mask

gerifka

•1

2.g,ma.k

tlgSnif

2sg.fem

gerifki

tlgErfi

iigeriif

a.g.fem

gerefki

•1

S.g.fem

s.g.ma.k

gerefe

-i

Sag.mask

gerifu

.1

S.g.maak

»gEHlf

Ml

s.g.r.m

gerefet

-i

Ssg.fem

gerifa

•1

S.g.fem

tigErlif

Hl

iPi

gerefna

-i

ipi.mmk

ipi

gerifna

•1

ipi

nigeriif — 1

2pl.maak

gerifkum

•1

2pl.ma.k

tigErfu

2pl.fem

gerifkin

•1

api.fem

tigerfa

-i

3pl.mask

gerifom

spi.muk

iigerfu

3pl.fem

gerifen

spi.fem

iigerfa

gerefkum

Spi.fem gerefkin

_ 2

Spl.mnak

gCr&fU

•!

spi.fem

gerefa

«i

•1

infinitiv

jussiv/imperativ

— 2 ^ — ^

passiv perfektiv

i. g

kigeriif - i

i.g

migrafei

— 2

H m u k

giref

•!

Sig.maak

migrafka

-2

2>g.fem

girefi

«1

Sag. fem migrafki

iigref

-2

S.g.fem

tigref

IPI

nigref

-2

i.g

tegerefku

-

tegerefka

-

2sg.fem

tegerefki

Ssg.maak

migrafu

—2

Sig.maak

tegerefe

-i

3sg.fem

migrafa

-2

Ssg.fem

tegerefet

.]

Wfl

ipi

migrafna

-2

-2

2pl.mask

S.g.muk

2pl.ma.k

girCfll

spi.fem

girefa

«i

migrafkum -2 2p I.fem migrafkin -2 Spl.maek migrafom —2

3pi,m..k Spi.fem

iigrefu iigrefa

-2

Spi.fem

passiv gerund

migrafen

—2

passiv imperfektiv

ipi

tegerefna

2 p). m a s k

te g e r e f k u m

m]

2pl.fem

tegerefkin

-1

3pl.mask

tegerefu

Spi.fem



tegerefa

>1

passiv jussiv/imperativ

x.g

tegerife

—i

1.g

iigir:ef

.1

i. g

kigir:ef

-

Sig.muk

tegerifka

-i

2.g.ma.k

tiglHCf

-1

2eg.maak

tegeref

-i

tegerefi

-]

s>g.muk

iigieref



Sag.fem

tiglErSf

m

iPi

nigieref



a.g.r.m

tegerifki

-i

2>g.fem

tigiriefi

»1

tegerifu

—i

S.g.ma.k

iigirief

«1

Sig.fam

tegerifa

—i

S.g.fem

tigiriCf

iPi

tegerifna

-i

ipi

niginef

2pi.m«k

tegerifkum

-i

2 P i.m..k

tigiriefu

2pi.fem

tigir:efa

-i

spi.muk

iigiriefu

—;

spi.fem

iigiriefa

2pl.fem tegerifkin 3pl.mask spi.fem

tegerifom tegerifen

-1

2pl.mask tegerefu

-]

3pl.fem

tegerefa

-i

spi.muk

iigierefu

-

spi.fem

iig:erefa



B1

»1

kausativ perfektiv i. g Sig.maik 2ag.fem Sig.muk Sag. fem iPi 2pl.fem

?agrefku Pagrefka Pagrefki Pagrefe Pagrefet ?agrefna Pagrefkum ?agrefkin

kausativ gerund -2 •2 «2 •2 •2 -2 -2 -2

2ag.ma•k 2ag.fem Sag. mask Sag.fem ip> Spl.maak 2pl.fem

kausativ imperfektiv

?agrife —2 Pagrifka —2 ?agrifki •2 ?agrifu —2 ?agrifa ••2 ?agrifna -2 ?agrifkum •2 ?agrifkin >2

i-s 2ag.maak 2ag.fem Sag.mask Sag.fem ip> 2pl.maak

iegiriif —1 tegiriif tegrifi —> iegiriif «1 tegiriif - 1 negiriif - 1 tegrifu H2

kausativ jussiv/imperativ

2pl.fem tegrifa Spl.ma•k ?agrifom m*2 Spl.maak iegrifu Spl.fem ?agrifen • 2 Spl.fem iegrifa frequentativ frequentativ perfektiv

i. g 2ag.maak a.g.fem Sig.maek Sag.fem lpi 2pl.maak aPi.f«m Spl.mask spi.f«m

1*8 Sag.maak 2ag.fem Sag.maak Sag.fem iPi 2pl.mask apl.fem Spl.mask Spl.fem

Spl.ma.k ?agrefu Spl.fem Pagrefa

kegiriif - 1 Pagrif —2 ?agriil BI3 iegrif —2 tCgrff —2 negrif —2 Pagrifu —3 Pagrifa iCgrifll —3 iegrifa —3

frequentativ imperfektiv i.g 2ag.maak 2ag.fem Sag.ma •k Sag.fem iPi 2pl.maek 2pl.fem Spl.maak spi.fem

•2 •2

gerarefku gerarefka gerarefki gerarefe gerarefet gerarefna gerarefkum gerarefkin gerarefu gerarefa

i.g 2ag.maak 2ag.fem Sag.maak Sag.fem —! iPi 2pl.matk spi.fem ^^m ] Spl.maak ^B} Spl.fem

ml

frequentativ jussiv/imperativ

iigerarif 1 i.g tigerarif 2ag.maak tigerarifi 1 a.g.f.m iigerarif —1 s.g.muk tigerarif 1 s>g.fem nigerarif 1 iPi tigerarifu 1 3Pi.m*.k tigerarifa 1 2pl.fem iigerarifu sPi.ma.k iigerarifa w i Spl.fem

kigerarif gerarif gerarifi iigerarif tigerarif 1 nigerarif 1 gerarifu 1 gerarifa iigerarifu ^ iigerarifa

—j —2 —2 gerund

gerarife —> gerarifka — gerarifki _ gerarifu — gerarifa — gerarifna gerarifkum — gerarifkin _ gerarifom — gerarifen _

frequentativ infinitiv i. g 2ag.maak 2ag.fem Sag.maak Sag.fem iPi 2pl.maak 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

migirirafei migirirafka migirirafki migirirafu migirirafa migirirafna migirirafkum migirirafkin migirirafom migirirafen

276 passiv frequentativ

passiv frequentativ

passiv frequentativ

perfektiv

gerund

imperfektiv

l»g Ssg.mask 2ig,fam Sag. m a s k Ssg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

tegerarefku tegerarefka tegerarefki tegerarcfe



l —

2sg.mask

tegerarife tegerarifka

2ig.fem

tegerarifki

i«g

l

l

Ssg.mask

tegerarefet — l tegerarefna — l tegerarefkum — l tegerarefkin tegerarefu tegerarefa —n

Sig.fem lpl 2pl.mask Spl.fem Spl.mask Spl.fem

tegerarifu tegerarifa tegerarifna

l

g

2sg.tn ask

l

2sg.fem

— « 1 l —

i.

Sag.mask Ssg.fem

l

l

lpl

tegerarifkum tegerarifkin tegErarifom — l tegerarifen l

2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

iigieraref ] tigieraref tigierarefi l iigieraref — i tigieraref 1 nigieraref i tigierarefu tigierarefa iigierarefu — l iigierarefa — i

passiv frequentativ

passiv frequentativ

kausativ frequentativ

jussiv/imperativ

infinitiv

perfektiv

i-g 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kigieraref tegcraref tegerarefi — iigieraref — tigieraref nigieraref tegerarefu tegerarefa — iigierarefu iigierarefa

l

i«g Sag.mask Ssg.fem

l

Ssg.mask

l l

Ssg.fem

l

lpl 2pl.mask 2pl.fem

l

Spl.mask Spl.fem

— migiirirafei migiirirafka migiirirafki migiirirafu migiirirafa migiirirafna migiirirafkum —

i

i«g Ssg.mask Ssg.fem l

Ssg.mask

l

Ssg.fem lpl 2pl.mask

' l

migiirirafkin migiirirafom migiirirafen

2pl.fem l

Spl.mask

l

Spl.fem

?agierarefku ?agierarefka ?agierarefki ?agierarefe ?agierarefet ?agierarefna

— i

— 1

?agierarefkum ?agierarefkin — ! — 1

?agierarefu ?agierarefa

_ 1

—1

kausativ frequentativ

kausativ frequentativ

kausativ frequentativ

gerund

imperfektiv

jussiv/imperativ

lsg 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl Spl.mask Spl.fem 3 pi. mask Spl.fem

?agierarife ?agierarifka Pagierarifki



l

i«g

— l

Ssg.mask

— l

Ssg.fem

?agierarifu — l ?agierarifa ?agierarifna ?agierarifkum — l ?agierarifkin ?agierarifom — l Pagierarifen l

Sag.mask 9sg.fem ipi 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

iegierarif tegierarif tegierarifi iegierarif tegierarif negierarif — tegierarifu tegierarifa iegierarifu iegierarifa

l l

l l l l

lsg Ssg.mask Ssg.fem Ssg.mask Ssg.fem iPi 2p!.mask 2pl.fem

1 1

Spl.mask Spl.fem

kegierarif ?agierarif ?agierarifi iegierarif — 1 tegierarif — 1 negierarif ?agierarifu ?agierarifa iegierarifu iegierarifa

kausativ frequentativ infinitiv

reziprokal perfektiv

1.g

migiirirafei

-

2.g,m«.k

migiirirafka

z.g.f.m

migiirirafki

i.g

reziprokal gerund

tegarefku

i.g

tegarefka

2ag.ma•k

tegarifka

tegarefki

2sg.fem

tegarifki

tegarife

Sig.muk

migiirirafu

a.g.fem

migiirirafa

Sag.mask . Sag.fem ^M} Sag.mask Sag.fem

iPi

migiirirafna

-

iPi

tegarefna

iPi

2pi.maak

migiirirafkum



2pl.maak

tegarefkum

2pi.ma«k

2pi.fem

migiirirafkin



2 P i.fam

tegarefkin

3pi.ma>k

migiirirafom

-

spi.ma.k

tegarefu

spi.fam

mig:irirafen

^B} Spl.fem

-

reziprokal imperfektiv

reziprokal jussiv/imperativ

iigiaref

sig.muk

tigiaref

a.g.fem

tigiarefi

sig.mmk

iig:aref

i.g kigiaref Sag.maak t e g a r e f Sag.fem t e g a r e f i Sag.maak iigiaref

3.g.fem

tigiaref

s.g.fam

ipi

nigiaref tigiarefu

lpi

tegarifu tegarifa tegarifna

2pl.fem Spl.maak Spl.fem

tegarefa

i.g

2pi.ma*k

Sag.maak Sag.fem

tegarefe tegarefet

tegarifkum tegarifkin tegarifom tegarifen

reziprokal infinitiv

tigiaref

1.g

migiirafei

-

2.g.m..k

migiirafka

_

2.g.fem

migiirafki

>

ssg.mask

migiirafu

.

s.g.fem

migiirafa

_

nigiaref

iPi

migiirafna



tegarefu

2pi.ma«k

migiirafkum

-

2pi.fem

tig:arefa

Spl.maak Spl.fem

tegarefa

2pi.fem

migiirafkin

-

3pi.m»k

iigiarefu

3 P i.ma.k

iigiarefu

spi.ma.k

migiirafom

m

3 p i. f« m

iigiarefa

spi.fem

iigiarefa

spi.fem

migiirafen

-

kausativ reziprokal perfektiv i>K

?agiarefku

kausativ reziprokal imperfektiv

kausativ reziprokal gerund _ 2 i.g

— 2 1.g

iegiarif

?agiarefki

—2 a.g.fem

a.g.mo.k

?agiarefe

—2

Sag.mask

?aglarifll

Sag.fem

?agiarefet

—2

s.g.fem

Pagiarifa

—2

iPi

?ag:arifna

—2 ipi

iPi

?agiarefka

?agiarefna

—2

Sag.maak

?agiarife

2.g.mask t e g l a r i f _ 2 —2 2ag.fem t e g i a r i f i —2 _2 Sag.maak iCglarff —2 — 2 Sag.fem tCglarff _ 2

2ag.maak Sag.fem

Spl.maak ? a g : a r e f k u m « 2 2pl.ma.k Spl.fem ? a g i a r e f k i n —2 2pi.fem Spl.maak TaglarCfU B2 Spl.maak spi.fam

iagiarefa

_2

spi.fem

?ag:arifka Pagiarifki

? a g : a r i f k u m —2 ?agiarifkin

—> 2pi.fem

?agiarifom

—2

?agiarifen

negiarif

2pl.maek teglarffU mmQ tegiarifa

Spl.maak ieglarffu — I

^ spi.fem

iegiarifa

278 kausativ reziprokal frequentativ perfektiv

kausativ reziprokal jussi v/imperativ i. g

kegiarif

_ 2

I.g

?ag:ararefku

3sg.ma*k

Paglarff

_ 2

2*g.mask

?ag:ararefka

utg.fem

?ag:arifi

—j

2»g.fem

?agiararefki

a.g.ma.k

iegiarif

—-j

S.g.mask

s.g.fem

tegiarif

—v —•_>

kausativ reziprokal frequentativ gerund - 1

i.g

?ag:ararife

2.g.maik

?ag:ararifka

- 1

2tg.fem

?ag:ararifki

?agiararefe

.1

Ssg.mask

?ag:ararifu

Sag.fem

?agiararefet

.1

Sag.fem

?ag:ararifa

lpl

?agiararifna

-1

2pl.matk

?ag:ararifkum

iPi

neg:arif

lpl

Pagiararefna

2 P i.ma.k

?ag:arifu

— 2

Spl.muk

iagiararefkum

api.fem

?ag:arifa

— 2

2pl.fem

?agiararefkin

Spi.fem

?agiararifkin

spi.ma.k

iegiarifu

— 2

Spl.maak

?ag:ararefu

Spl.matk

?ag:ararifom

spi.fem

iegiarifa

— v

Spi.fem

?ag:ararefa

3pl.fem

?ag:ararifen

-1

kausativ reziprokal frequentativ jussiv/imperativ

kausativ reziprokal frequentativ imperfektiv i.g

iegiararif

>

i.g

kegiararif



2>g.ma«k

tegiararif

-

2 s g . m a •k

?ag:ararif

mm]

a.g,f.m

teg:ararifi

.

2ag.fem

?ag:ararifi

— ]

Sig.msik

lCgl ararif



Sig.maik

lSg lararif

—1

Sag. f e m

tegiararif

-

s.g.r.m

tegiararif



iPi

negiararif

-

iPi

negiararif

2pl.mask

teg:ararifu

-

2pl.ma*k

?agiararifu

—1

api.f.m

tegiararifa

-

2pi.fem

?ag:ararifa

_

spi.mask

iegiararifu

-

spi.muk

iegiararifu

_

spi.fem

iegiararifa

.

spi.fem

iegiararifa





Vb.d.l 'verletzen' Typ B perfektiv 2ig>ma*k 2ig.fam 3ig,maik Sag.fem ipi 2pl.maak 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

gerund

bedielku bedielka bedielki

l

bediele •1 bedielet •1 bedielna •1 bedielkum bedielkin •1 bedielu •1 bediela •1

jussiv/imperativ i.g 2sg.mask 2sg.fem Sag.mask Sag.fern lpl 2pl.mask Spl.fem Spl.mask Spl.fem

kibidiil bediil bediili iibediil tibediil nibediil bediilu

i-g

2sg.fem Sag. m a s k Ssg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

2ag.fem

-i -i -i -i —i

bediila iibediilu —i iibediila —i

tebediile te bediilka te bediilki te bediilu te bediila te bediilna •1 te bediilkum •1 te bediilkin -1 te bediilom tebediilen

2tg.maik 2sg.fem

mi bediilu bediila ml bediilna " 1 bediilkum bediilkin •1 bediilom ••1 bediilen ml

Ssg.mask Ssg.fem lpl 3pl.mask apl.fem 3 pi. m a s k Spl.fem

2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask apl.fem Spl.mask Spl.fem

mibidialei —! mibidialka mibidialki mibidialu mibidiala mibidialna •1 mibidialkum •1 mibidialkin •1 mibidialom mibidialen - 1

passiv imperfektiv 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem iPi 2 pi. m a s k apl.fem Spl.mask Spl.fem

iibidiel tibidiel -i tibidieli .i iibidiel -i tibidiel nibidiel tibidielu tibidiela iibidielu iibidiela

3ig.maik Sag.fern ipi 2pl.maik Spl.fem Spl.mask Spl.fem

iibidiil tibidiil tibidiili iibidiil tibidiil nibidiil tibidiilu tibidiila iibidiilu • 1 iibidiila —!

passiv perfektiv

infinitiv i«g

passiv gerund 2sg.mask

bediile bediilka bediilki

l»g 2sg.mask

•1

imperfektiv

-i -i -i -i •! -i

i«g 2ag.maak 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.maak apl.fem Spl.mask Spl.fem

tebedielku tebedielka tebedielki te bediele tebedielet te bedielna te bedielkum tebedielkin

.j

tebedielu te bediela

-1

passiv jussiv/imperativ i*g 2ag.mask 2sg.fem Ssg.mask Sag.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kibidiel >i tebediel - i tebedieli iibied:el tibied:el nibiedrel tebedielu tebediela iibied:elu iibiedxla

•x

«i -x -i -i .i «i -i •!

280 kausativ perfektiv i.g 2ig.fem

?abed:elku ?abed:elka ?abed:elki

Sig.maik

kausativ gerund

kausativ imperfektiv

- i i.K ?abed:ile iig.nuk ?abed:ilka • | 2>g.fem ?abed:ilki m \ Sig.maik ?abed:ilu

•i i.g • 1 Sig.maik 2ig.fem •1 Ssg.mask

?abed:elet •1 Sig.fem ?abed:ila •x S.g.fem iPi ?abed:elna -i ipi ?abed:ilna i •x ipi spi.muk ?abed:elkum •X 2pl.mask ?abed:ilkum •X 2pl.ma.k 2pl.fem 2pl.fem •2 2pl.fem ?abed:ilkin ?abed:elkin 3pl>muk ?abed:ilom , •x Spl.ma.k spi.muk ?abed:ela ?abed:elu Spl.fem ?abed:ilen 3pl.fem •x spi.fem Sag.fem

kausativ

frequentativ perfektiv

jussiv/imperativ i.g kebed:il • a.g.maik iabediil • ?abed:ili > Sag.mask

iebfidlil

i. g

bedadelku . bedadelka . a.g.fem bedadelki i S.g.mask bedadele . Sig.fem bedadelet . ipi bedadelna . 2pl.mask bedadelkum. 2 p l f .e m bedadelkin , spi.mask bedadelu i Spl.fem bedadela .



i i

P 2pl.ma*k

tebediil • nebediil •

?abediilu • apl.fem ?abediila • spi.muk iebediüu Spl.fem iebediila • • frequentativ

frequentativ

imperfektiv

jussiv/imperativ

1-8 Sig.maik 2ig.fem Sig.maik Sig.fem lpl 2pl.ma.k 2pl.fem Spi.mask Spl.fem

iibedadil tibedadil tibedadili iibedadil tibedadil nibedadil tibedadilu tibedadila iibedadilu iibedadila

i.g l

2lg.ma*k 2ig.fem Sig.maik

l

Sig.fem

l

lpl

l l l l

2pl.maik 2pl.fam Spl.maik Spl.fem

kibedadil bedadil bedadili iibedadil tibedadil nibedadil bedadilu bedadila iibedadilu iibedadila

iebedttl

i

tebediil , nebediil i tebediilu i tebedrila . icbcd'llU f

iebediila i

frequentativ gerund n i.g

2ig.maik

S.g.fem

iebed:il , tebediil . tebediili ,

3ig.maik 2ig.fem S.g.mask Sag.fem

ipi 2pl.ma.k 2pl.fem Spi.mask Spl.fem

bedadile bedadilka bedadilki bedadÜU

_ •>

bedadila _ bedadilna — bedadilkum bedadilkin bedadilom — bedadilen .

frequentativ infinitiv i.g 2.g.mask

l

2sg.fem l —

Ssg.mask Ssg.fem

l

lpl

l l

2pl.mask 2pl.fem

l l

Spi.mask Spl.fem

mibididalei mibididalka mibididalki mibididalu mibididala mibididalna mibididalkum mibididalkin mibididalom mibididalen

281 passiv frequentativ perfektiv l»g 2ag.maak Sag.f e m Sag. mask Sag.fem iPi 2pl.maak 2pl.fem Spl.muk 3pl.f«m

tebedadelku tebedadelka tebedadelki tebedadele tebedadelet tebedadelna tebedadelkum tebedadelkin tebedadelu tebedadela

passiv frequentativ gerund

2ig.muk

Sag. mask 1 Sag.fem

2ag.maak 3ig.fam Sag.mask Sag.fem lpl 2pl.maak 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

lpl

— 1

2pl.maak 2pl.fem

— 1

1 Spl.maak 1 Spl.fem

passiv frequentativ jussiv/imperativ i>g

S a g .f e m

— 1

lag

kibiedadel — l tebedadel — l tebedadeli iibiedadel l tibiedadel l nibiedadel —"i tebedadelu tebedadela iibiedadelu iibiedadela

2ag.fem Sag.maak Sag.fem lpl 2pl.maak 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

?abiedadile Pabiedadilka ?abiedadilki ?abiedadilu ?abiedadila ?abiedadilna Pabiedadilkum ?abiedadilkin ?abiedadilom ?abiedadilen

tebedadile tebedadilka tebedadilki tebedadilu tebedadila tebedadilna tebedadilkum tebedadilkin tebedadilom tebedadilen

l

lag 2ag.maak 2ag.fem Sag.maak Sag.fem lpl 2pl.maek 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

l Sag.maak l

Sag.fem lpl

l

2pl.maak 2pl.fem l Spl.maak l 3pl.fetn

lag

— l

2ag.fem

— l

Sag.maak

— » 1

Sag.fern

— l

lpl 2pl.maak 2pl.fem 1 Spl.maak Spl.fem

iebiedadil tebiedadil tebiedadili iebiedadil tebiedadil nebiedadil tebiedadilu tebiedadila iebiedadilu iebiedadila

iibiedadel tibiedadel tibiedadeli iibiedadel tibiedadel nibiedadel tibiedadelu tibiedadela iibiedadelu iibiedadela

l

— l — l l

— l

kausativ frequentativ perfektiv

mibiididalei lag —«1 mibiididalka l 2ag.maak mibiididalki — l 2 a g . f e m mibiididalu Sag.maak — l mibiididala Sag.fern — l mibiididalna M B ! l p l mibiididalkum 1 2pl.maak mibiididalkin — 1 2 p l . f e m mibiididalom — 1 S p l . m a a k mibiididalen 1 Spl.fem

2ag.maak

— 1

2ag.fem

l

kausativ frequentativ imperfektiv «1

i.g 3>g.muk

l

passiv frequentativ infinitiv

kausativ frequentativ gerund

2ag.maak

passiv frcquentativ imperfektiv

?abiedadelku ?abiedadelka ?abiedadelki ?abiedadele Pabiedadelet ?abiedadelna Pabiedadelkum ?abiedadelkin Pabiedadelu ?abiedadela

kausativ frequentativ jussiv/imperativ lag 2ag.maak

— l

2ag.fem Sag.maak

— l l

Sag.fern lpl

— l

2pl.maak

— l

2pl.fem

— l

Spl.maak

— i i

Spl.fem

kebiedadil Pabiedadil ?abiedadili iebiedadil tebiedadil _ nebiedadil _ ?abiedadilu ?abiedadila iebiedadilu _ iebiedadila

282 kausativ frequentativ infinitiv

2ag.inask 2ag.fem 9ig.mask Sag.fem ipi 2pl.maak 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

mibiididalei mibiididalka mibiididalki mibiididalu mibiididala 1 mibiididalna — 1 mibiididalkum mibiididalkin — 1 mibiididalom 1 mibiididalen

reziprokal imperfektiv i»g Sig.muk 2ag.fem Sig.maik S a g . fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

reziprokal perfektiv

iibiadel tibiadel tibiadeli iibiadel tibiadel nibiadel tibiadelu tibiadela iibiadelu iibiadela

i«g

S.g.fem Ssg.ma.k S.g.fem lpl 2pl.maak 2 p 1.fem Spl.maak Spl.fem

3.g.fem Sig.muk 3 • g . fe tn lpl Spl.maak 2pl.fem Spl.mosk Spl.fem

tebadelku tebadelka tebadelki tebadele tebadelet tebadelna tebadelkum tebadelkin tebadelu tebadela

reziprokal jussiv/imperativ _

2

i»g 2ag.maak

_ 2

2ag.fem Sag.maak Sag.fem

_ 2 _ 2 _ 2

lpl 2pl.maak 2pl.fem Spl.maak

—2

Spl.fem

kausativ reziprokal perfektiv

Sig.muk

l'g 3*g.mask

?ab:adelku ?abiadelka ?ab:adelki ?abiadele ?ab:adelet ?ab:adelna ?ab:adelkum ?ab:adelkin ?abiadelu ?ab:adela

kibiadel tebadcl tebadeli iibiadel tibiadel nibiadel tebadelu tebadela iibiadelu iibiadela

__2 —2 —2 —2 _ 2 _ 2

i.g 2ig.muk S.g.fem Sag.mask S.g.fem lpl Spl.mask 3pl.fem Spl.mask Spl.fem

i'g 3ig.muk Ssg.fem Sig.maak S.g.fem 1P1 2pl.maak

—2

2pl.fem Spl.maak

_ 2

Spl.fem

tebadile tebadilka tebadilki tebadilu tebadila tebadilna tebadilkum tebadilkin tebadilom tebadilen

reziprokal infinitiv i>g 2ag.maak

^-2

2ag.fem Sag.maak

_>

Sag.fem lpl

^-2

Spl.mask Spl.fem

1—2 —2

Spl.maak Spl.fem

kausativ reziprokal gerund —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2

reziprokal gerund

?ab:adile ?abiadilka ?ab:adilki ?ab:adilu ?ab:adila ?ab:adilna ?abiadilkum ?ab:adilkin Pabiadilom ?abiadilen

mibiidalei miblidalka mibiidalki mibiidalu mibiidala mibiidalna mibiidalkum miblidalkin mibiidalom mibiidalen

—2 _

—2 _ 2 —2 —2 —2

kausativ reziprokal imperfektiv —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2

i«g 2ag.maak 2ag.fem Sag.maak Sag.fem lpl 2pl.maak 2 p). f e m Spl.maak Spl.fem

iebiadil tebiadil tebiadili iebiadil tebiadil nebiadil tebiadilu tebiadila iebiadilu iebiadila

2

— 2

—2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2

kausativ reziprokal kausativ reziprokal

frequentativ

kausativ reziprokal

jussiv/imperativ

perfektiv

frequentativ gerund

2sg.ma*k 2»g.fem Sig.muk Stg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kebiadil —2 ?ab:adil .-2 ?ab:adili iebiadil —2 tebiadil nebiadil ^ ?ab:adilu » 2 ?ab:adila —2 iebiadilu —> iebiadila » 2

i'g

3sg.ma»k 3ig.fem Sag.mask Ssg.fem lpl Spl.mask 3pl.fem Spl.mask Spl.fem

?abiadadelku i»g ?ab:adadelka 3»g.ma>k Ssg.fem ?ab:adadelki Sag.mask ?abiadadele ?abiadadelet "•1 3 * g . f e m lpl ?abiadadelna Pabiadadelkum 3pl.mask ?ab:adadelkin Spl.fem - 1 Spl.maik ?abiadadelu ?abiadadela Spl.fem

kausativ reziprokal

kausativ reziprokal

frequcntativ

frequentativ

imperfektiv

jussiv/imperativ

i. g

ieb:adadil — i.g •k tebiadadil « S i g . m u k tebiadadili —i 2 a g . f e m Sig.muk ieb:adadil Ssg.mask Sag.fem tebiadadil « 3*g.fem ipi nebiadadil _ ipi 3 p l . m a > k tebiadadilu 2pi.m»k 2pl.fem tebiadadila _) 3 p l . f e m Spl.mask ieb:adadilu « S p l . m a s k Spl.fem iebiadadila —i S p l . f e m

kebiadadil — ?ab:adadil — ?abiadadili — iebiadadil — tebiadadil —nebiadadil _ ?ab:adadilu — ?ab:adadila « iebiadadilu —i iebiadadila —

?ab:adadile ?ab:adadilka ?ab:adadilki ?abiadadilu ?ab:adadila ?ab:adadilna ?ab:adadilkum ?ab:adadilkin ?abradadilom ?ab:adadilen

_ _ _ _ _ _ _ _ _ _

284

Vkr .k 'segnen' Typ C

perfektiv

2sg.ma*k 2sg.fem

barekku barekka barekki

Spi.mask

bareke bareket barekna barekkum barekkin bareku

Spl.fem

bareka

Sag. m a s k Ssg.fem ipi 2pl.mask Spl.fem

gerund •1 •1 •1 •1

1»» 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem ipi 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem

•1

Spl.fem

jussiv/imperativ

barike barikka barikki bariku barika barikna barikkum

i-g 2sg.mask

•1 •1 •1 •1 •1

imperfektiv

lpl 2pl.ma*k

•1 •1 n •1 •1

barikkin barikom bari ken

2pl.fem Spl.mask

i»g 2sg.ma.k 2sg.fem Ssg.maak S.g.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

a.g.fem S.g.mask S.g.fem

•1

lpl

•1

3pl.mask

•l

2pl.fem

•1

Spl.mask

•1

Spl.fem

infinitiv

kibarik .1 barik .1 bariki .1 iibarik .1 tibarik q nibarik q bariku q barika q iibariku q iibarika q

i.g 2*g.mask

iibarik tibarik tibariki iibarik tibarik nibarik tibariku tibarika iibariku iibarika

•1 •1 •1 •1 •1 •1 •1 •1 •1 •1

passiv perfektiv

mibirakei mibirakka mibirakki mibiraku mibiraka mibirakna mibirakkum mibirakkin mibirakom mibiraken

. 1 i. g

tebarekku tebarekka

2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem

tebarekki tebareke tebareket tebarekna

•1 ipi •1 3 p l . m a « k tebarekkum •1 2pl.fem tebarekkin •1 Spl.mask tebareku Spl.fem tebareka passiv

passiv imperfektiv

passiv gerund i»g 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask Spl.fem Spl.ma.k Spl.fem

tebarike tebarikka tebarikki tebariku tebarika tebarikna tebarikkum tebarikkin tebarikom tebariken

•1 •1 •1 •1 •1 •1 q «1 •1 •1

i.g Sag.maak 2ag.fem S.g.ma.k 3.g.fern lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

iibiarek .1 tibiarek .1 tib:areki iibiarek tibiarek nibiarek tibiareku tibiareka iibiareku iibiareka

q .1 .1 q q .1 q .1

jussiv/imperativ i.g

kibiarek .1 •k tebarek «i

tebareki .1 s.g.ma.k iibiarek .1 sig.fem tibiarek q ipi nibiarek q

Ssg.fem

2 pi. m a s k

tebareku .1 tebareka .1 spi.muk iibiareku .1 2pl.fem

Spl.fem

iibiareka .1

kausativ perfektiv



?abarekku ?abarekka 2sg.fem ?abarekki 3.g,ma.k ?abareke S.g.fem ?abareket iPi ?abarekna 2pl.maak ?abarekkum 2pl.fem ?abarekkin Spl.mask ?abareku spi.fam ?abareka

kausativ gerund

.i i.«

2sg.mask

Sig.muk 2sg.fem

>i II S s g . f e m .1 iPi ,i

•1

2pl.mask 2pl.fem Spl.muk Spl.fem

?abarike Pabarikka ?abarikki Pabariku ?abarika Pabarikna ?abarikkum ?abarikkin ?abarikom ?abariken

kausativ

frequentativ

jussiv/imperativ

perfektiv

1*8 2ig.maik 2sg.fem Sag. m a s k Sag.fem iPi 2 pi. m a s k 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kebarik ?abarik ?abariki iebarik tebarik nebarik ?abariku ?abarika iebariku iebarika

.1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1 .1

i.g 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

frequentativ

imperfektiv

jussiv/imperativ

2sg.ma»k 2sg.f«m Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

iibararik tibararik tibarariki iibararik tibararik nibararik tibarariku tibararika iibarariku iibararika

>1 -1 -1 >i •! «1 -1 -1 -1 -1

1»B 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem iPi 2pl.ma*k Spl.fem Spl.mask Spl.fem

kibararik bararik barariki iibararik tibararik nibararik barariku bararika iibarariku iibararika

.1 i. g •1 2 s g . m a s k •1 2 s g . f e m >i a.g.m—k Ssg.fem

.1 iPi «1' 2 p l . m a s k .1 2 p l . f « m •1 S p l . m a i k •1 S p l . f e m

iebarik .1 tebarik .1 tebariki .1 iebarik .1 tebarik « nebarik .1 tebariku « tebarika .1 iebariku .1 iebarika .1

frequentativ gerund

bararekku bararekka bararekki barareke barare ket bararekna bararekkum bararekkin barareku barare ka

frequentativ

lis

kausativ imperfektiv

•x

1*K

•x

2sg.mask 2sg.fem

• J

Ssg.mask Ssg.fem lpl 2pl.mask

•2

2pl.fem Spl.mask Spl.fem

bararike «i bararikka -1 bararikki barariku •! bararika bararikna .1 bararikkum >i bararikkin .1 bararikom -1 barariken -1

frequentativ infinitiv

• • • • •

2sg.ma»k 2sg.fem Ssg.mask Ssg.fem ipi 2pl.ma.k Spl.fem Spl.mask Spl.fem

mibirirakei mibirirakka mibirirakki mibiriraku mibiriraka mibirirakna mibirirakkum mibirirakkin mibirirakom mibiriraken

286 passiv frequentativ perfektiv i.g Sig.maik Sig.fam Sig.maik Sig.fem ipi 2pl.mask 2pl.fem Spl.muk 3p 1. fem

tebararekku «1 l.g tebararekka >1 2ig.maik •x 2ig.fe.-n tebararekki tebarareke •1 Sig.maik tebarareket Sig.fem tebararekna iPi tebararekkum.•1 Spl.mask 2 pi-ft. tn tebararekkin •X Spl.mask tebarareku tebarareka •1 Spl.fem

passiv frequentativ jussiv/imperativ l.g Sig.maik 2ig.fem Sig.maik Sig.fem lpl Spl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kibiararek tebararek tebarareki iibiararek tibiararek nibiararek tebarareku tebarareka iibiarareku iibiarareka

tebararike tebararikka tebararikki tebarariku tebararika tebararikna tebararikkum tebararikkin tebararikom tebarariken

passiv frequentativ imperfektiv 2sg.mask •X 2sg.fem . j Ssg.mask •x Ssg.fem •1 lpl •1 2pl.mask •1 2pl.fem •1 Spl.mask •x 3pl.fem

passiv frequentativ infinitiv

l.g 2sg.mask 2sg.fem Ssg.mask »1 Ssg.fem -1 lpl »1 2pl.maik •1 2pl.fem >X Spl.maik »1 Spl.fem »1 >x •x •x

kausativ frequentativ gerund i.g 3ag.m..>c a.g.f.m 3*g.ma*k ssg.fam iPi 2pl.ma•k 2Pi.fam spi.maak Spl.fem

passiv frequentativ gerund

iibiararek tibiararek tibiarareki iibiararek tibiararek nibiararek tibiarareku tibiarareka iibiarareku iibiarareka

kausativ frequentativ perfektiv

mibiirirakei — l i.g mibiirirakka l Sig.maik Sig.fem mibiirirakki mibiiriraku l Sig.maik mibiiriraka l Sig.fem mibiirirakna l ipi mibiirirakkum l 2pl.mask mibiirirakkin l 2pl.fem mibiirirakom l Spl.mask mibiiriraken Spl.fem

kausativ frequentat imperfektiv

Pabiararike i ii i.g ieb:ararik Pabiararikka i •X 2sg.mask tebiararik • Pabiararikki i IJ Sig.fem tebiarariki ?ab:arariku . IJ Sig.maik iebiararik ?ab:ararika i Ii Sig.fem tebiararik . ?ab:ararikna i ii iPi nebiararik ?ab:ararikkum i IX 2pl.mask tebiarariku ?ab:ararikkin i ii 2p).fem tebiararika ?ab:ararikom i ii spi>maak iebiarariku • ?ab:arariken i •X Spl.fem iebiararika

•x •x •X _X •X •X •X •x •x •x

?abiararekku Pabiararekka Pabiararekki ?abiarareke Pabiarareket Pabiararekna Pabiararekkum Pabiararekkin Pabiarareku Pabiarareka

kausativ frequentat jussiv/imperativ i.g 2ig.ma•k 2ig.fem 3sg.ma•k Sig.fem iPi 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask 3 pi. fern

kebiararik • ?ab:ararik • ?ab:arariki • iebiararik tebiararik nebiararik ?ab:arariku ?ab:ararika iebiarariku iebiararika

kausativ frequentativ infinitiv

reziprokal perfektiv

i.g

mibiirirakei

2ag.maak

mibiirirakka

a.gf.m

mibiirirakki

•i

i.g

tebarekku

reziprokal gerund _ 2 i.g

tebarekka Ml

tebarike

» 2ag.maak

tebarikka

2»g.fem

tebarekki

— > 2ag.fem

tebarikki

Sag. m a s k

tebareke

— 2 Sag.maak

tebariku

Sag.maak

mibiiriraku

Sag.fem

mibiiriraka

••1

Sag.fem

tebareket

— 2 Sag.fem

tebarika

ipi

mibiirirakna

-1

ipi

tebarekna

— 2 iPi

tebarikna

2pl.maek

m i b n r i r a k k u m

Spl.maak

t e b a r e k k u m

— 2 2pl.maak

t e b a r i k k u m

2pl.fem

mibiirirakkin

2 pi.fern

tebarekkin

— ? api.f.m

tebarikkin

S p l . m a ak

tebareku

« Spl.maak

tebarikom

3pi.fern

tebareka

» 3 pi. f e m

tebariken

S p l . m a ak

mibiirirakom

Spl.fem

mibiiriraken

Ml

reziprokal

reziprokal

imperfektiv

jussiv/imperativ

lag

iibiarek

— 2

Sag.maak

tibiarek

— 2

2ag.fem

tibiareki

—2

2ag.fem

tebareki

Sag.maak

iibiarek

— 2

3sg.muk

iibiarek

Sag.fem

tibiarek

— 2

3.g.r.m

ipi

nibiarek

•—2

ipi

2pl.ma.k

tibiareku

—2

2pl.maak

2pl.fem

tibiareka

—2

Spl.maak

iibiareku

—2

Spl.fem

iibiareka

—2

i.g

kibiarek

reziprokal infinitiv _ 2

tebarek

2 pi. f e m

» —2 _ 2

tib:arek nibiarek

— 2

i.g

mibiirakei

s.g.r.m

mib:irakki

3.g.ma.k

mibiiraka

ipi

mibiirakna

—?

2pl.fem

—2

Spl.maak Spl.fem

Spl.maak

iibiareku

—2

Spl.fem

iib:areka

—2

¿ _

2

m i b i i r a k k u m

2pl.maak

tebareka

— 2

mibiiraku

s.g.fem

tebareku

^—2

mibiirakka

2ag.maak

mibiirakkin

— >

m i b : i r a k o m mibiiraken

^ — 2

kausativ reziprokal

kausativ reziprokal

kausativ reziprokal

perfektiv

gerund

imperfektiv

i»g

?abiarekku

" 2

lag

?abiarike

—2

lag

iebiarik

—2

2.g.maak

?abiarekka

—2

2sg.maak

Pabiarikka

—2

2ag.maak

tebiarik

—2

2ag.fem

?abiarekki

—2

2.g.fern

?abiarikki

—2

2.g.fern

tebiariki

—2

Sag.maak

?abiareke

—2

S.g.maak

?abiariku

—2

S.g.maak

iebiarik

—2

Sag.fem

?abiareket

—2

Sag.fem

?abiarika

—2

Sag.fem

tebiarik

—2

lpl

? a b i a r e k n a

••2

lpl

?abiarikna

—2

lpl

nebiarik

—2

2pl.mask

P a b i a r e k k u m

" 2

2pl.ma.k

Pabiarikkum

—2

2pl.maak

tebiariku

—2

3pl.fem

?abiarekkin

—2

Spl.fem

?abiarikkin

••2

2pl.fem

tebiarika

—2

Spl.maak

?abiareku

—2

Spl.ma.k

?abiarikom

—2

Spl.maak

iebiariku

—2

Spl.fem

?abiareka

—2

Spl.fem

?abiariken

—2

Spl.fem

iebiarika

—2

288 kausativ reziprokal frequentativ perfektiv

kausativ reziprokal jussiv/imperativ i«g Sig.muk Ssg.fem Ssg.mask S a g .f e m ipi 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kebiarik ?ab:arik ?abiariki iebiarik tebiarik nebiarik ?abiariku ?abiarika iebiariku iebiarika

—2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2 —2

kausativ reziprokal frequentativ imperfektiv

2ig.muk 2sg.fem Sig.maik Ssg.fem ipi Spl.muk 2pl.fem 3pl.mask Spl.fam

iebiararik teb:ararik tebiarariki ieb:ararik teb:ararik neb:ararik tebiarariku teb:ararika iebiarariku ieb:ararika

kausativ reziprokal frequentativ gerund

i.g ?ab:ararekku Sig.muk ?ab:ararekka ?ab:ararekki Sig.muk ?ab:arareke Ssg.fem ?ab:ararek£t iPi ?ab:ararekna 2pl.mask

?ab:ararekkum ?ab:ararekkin Spl.mask ?ab:arareku 3 p). fem ?ab:arareka Spl.fem

kausativ reziprokal frequentativ jussiv/imperativ

—i _i —i —i —i _j —i —i

2«g.mask 3ag.fem Ssg.mask 3ig.f«m lpl 2pl.ma*k Spl.fem Spl.mask

—i

Spl.fem

kebiararik ?ab:ararik ?ab:arariki iebiararik teb:ararik nebiararik ?ab:arariku ?ab:ararika iebiarariku iebiararika

o

_i —i —i —i —i —i

i i.g i a.g.muk i a.g.f.m i Ssg.mask i a.g.f.m 1 ipi 2 Spl.maik i 3pi.fem i 3Pi.n>»k 1 Spl.fam

?ab:ararike ?ab:ararikka ?ab:ararikki ?ab:arariku ?ab:ararika ?ab:ararikna ?ab:ararikkum ?ab:ararikkin ?ab:ararikom ?ab:arariken

— — — — — — —> — — —

yjm.s.k.r perfektiv

gerund

i.g

I.g

2sg.fem Sag. m a s k Ssg.fem

iPi 2pl.fem Spl.mask 3pl.fem

meskerku . meskerka . meskerki meskere . meskeret . meskerna i meskerkum. meskerkin i meskeru i meskera .

Ssg.mask Ssg.fem Ssg.mask Ssg.fem Ipi Spl.mask Spl.fem Spl.mask Spl.fem

Spl.maak

meskiru • 2pl.fem meskira . spimuk iimeskiru Spl.fem iimeskira.•

—>1 i>c 2sg.mask

•1

2sg.fem Sig.maik Ssg.fem

ipi •x •X H]^

S p l . m as k 2pl.fem 3pi. m a s k Spl.fem

passiv gerund i.g

temeskire . temeskirka . a.g.r.m temeskirki i Ssg.mask temeskiru . Ssg.fem temeskira . ipi temeskirna i aPi.m».k temeskirkum i Spl.fem temeskirkin i Spl.mask temeskirom . Spl.fem temeskiren i Ssg.mask

imperfektiv meskire meskirka meskirki meskiru meskira meskirna meskirkum meskirkin meskirom meskiren

lsg 2sg.mask

l

2sg.fem

l l

Ssg.mask

l

Ssg.fem ipi

l

l l

Spl.mask Spl.fem

l

Spl.mask Spl.fem

mimiskarei , mimiskarka . mimiskarki . mimiskaru i mimiskara i mimiskarna i mimiskarkum < mimiskarkin i mimiskarom . mimiskaren i

passiv imperfektiv iimisker timisker • •X 2sg.fem timiskeri _ i s.g.muk iimisker Ssg.fem timisker •i iPi nimisker • •i Spi.mesk timiskeru spi.rem timiskera • Spl.mask iimiskeru Spl.fem iimiskera • •X

iimiskir timiskir timiskiri iimiskir timiskir nimiskir timiskiru timiskira iimiskiru iimiskira

passiv perfektiv

infinitiv

jussiv/imperativ i.g kimiskir • iq.nuik meskir • a.g.fem meskiri • iimeskir > Ssg.fem timeskir . ipi nimeskir .

'bezeugen'

-i

i.g

temeskerku temeskerka 2sg.fem te meskerki s.g.muk temeskere Ssg.fem te meskeret ipi temeskerna temeskerkum 2pl.fem temeskerkin Spl.mask temeskeru Spl.fem temeskera Sig.maik

^H}

H ]

••X

passiv jussiv/imperativ

i.g

i.g

2sg.mask

3ig.muk

kimisker . temesker . 2sg.fem temeskeri . s.g.ma.k iim:esker i ssg.fem tim:esker i iPi nim:esker i 2pl.mask temeskeru. 2pt.fem temeskera spi.ma.k iim:eskeru spi.fem iim:eskera

290 kausativ perfektiv

ug

Ssg.mask Ssg.fem

ipi

kausativ gerund

?ameskerku ?am£skerka ?ameskerki ?ameskere ?ameskeret ?ameskerna

Pameskire , ?ameskirka , iameskirki , ?ameskiru . ?ameskira . ?ameskirna i ?ameskirkum i ?ameskirkin i ?ameskirom i ?ameskiren i

2pl.mask

?ameskerkum ?ameskerkin 3api.fem pl.ma •t Pameskeru 3pi.fem ?ameskera kausativ

frequentativ perfektiv

i»g

Ssg.fem Ssg.mask Ssg.fem

lpl 2pl.mask 2pl.fem Spl.mask Spl.fem

kemeskir ?ameskir ?ameskiri iemeskir temeskir nemeskir ?ameskiru ?ameskira iemeskiru iemeskira

mesakerku mesakerka •1 S s g . f e m mesakerki Sag. mask mesakere ^ M } Ssg.fem mesakeret _ i ipi mesakerna •X 2 p l . m a s k mesakerkum Spl.fem mcsakcrkin Spl.mask mesakeru 3 p). fem mesakera

i.g

i.g

Ssg.fem

ipi Spl.mask Spl.fem Spl.mask Spl.fem

•l

2pl.fem Spl.mask Spl.fem

Ssg.fem Ssg.mask Ssg.fem

iPi

kimesakir mesakir mesakiri iimesakir timesakir nimesakir

Spl.mask

Spl.fem Spl.mask Spl.fem

mesakiru mesakira iimesakiru iimesakira

temeskiru temeskira iemeskiru iemeskira

— —

frequentativ gerund

i.g

frequentativ

Ssg.mask

ipi

iemeskir _ temeskir temeskiri — iemeskir — temeskir —— nemeskir

2pl.mask

Ssg.mask

jussiv/imperativ

s.g.fem

Ssg.fem

i.g

imperfektiv

iimesakir timesakir timesakiri iimesakir timesakir nimesakir timesakiru. timesakira i iimesakiru iimesakira

Ssg.fem

Iig.maik

frequentativ

Ssg.mask

—i i.g

^a}

jussiv/imperativ

Ssg.mask

kausativ imperfektiv

Ssg.fem Ssg.mask Ssg.fem

ipi 2pl.mask Spl.fem 3pl.mask 3pl.fem

mesakire • mesakirka • mesakirki mesakiru mesakira mesakirna mesakirkum mesakirkin mesakirom mesakiren

frequentativ infinitiv

i.g

mimisikikarei i mimisikikarka . Ssg.fem mimisikikarki . S s g . m a s k mimisikikaru . Ssg.fem mimisikikara . iPi mimisikikarna i mimisikikarkum. Spl.fem mimisikikarkin i spi.muk mimisikikarom i Ssg.mask

Spl.fem

mimisikikaren

.

passiv frequentativ perfektiv

passiv frequentativ gerund

i.g

temesekakerku

i

Ssg.mask

temesekakerka

.

—i

i.8

temesekakire

i

temesekakirka

.

temesekakirki

i

2>g.fem

temesekakerki

i

Sag.mask

temesekakere

.

Sag.fem

temesekakeret

,

>1

s.g.fem

temesekakira

,

iPi

temesekakerna

.

•ii

xPi

temesekakirna

.

2pl.mask 2pi.fem Spi.mask Spi.fem

—i

temesekakiru

temesekakerkum. temesekakerkin

Spl.mask temesekakirkum.

i

temesekakeru temesekakera

.

n}

3pl.fem

temesekakirkin.

.

•]

Spl.mask

temesekakirom

.

Spl.fem

temesekakiren



passiv frequentativ imperfektiv 1.g

a.g.f.m

iimiesekaker

passiv frequentativ jussiv/imperativ i

i.g

i

passiv frequentativ infinitiv

kimiesekaker

—i

i.g

mimiisikikarei mimiisikikarka

2.g,m..k

tim:esekaker

i

a.g.ma.k

temesekaker

—i

2sg.mask

a.g.fom

timiesekakeri

i

Ssg.fem

temesekakeri

-i

2sg.fem

mimiisikikarki

ssg.mask

iimiesekaker

. • i

s.g.mask

iimiesekaker

s.g.mask

mimiisikikaru

Sag.fem

timiesekaker

, Hl

Ssg.fem

timiesekaker

ssg.fem

mimiisikikara

iPi

nimiesekaker

i

iPi

nimiesekaker

iPi

mimiisikikarna

2pi.ma.k

tim:esekakeru i •1

2pl.mask

temesekakeru

>i

2pi.mask

mimiisikikarkum

2pi.f«m

timiesekakera i .1

2pi.fem

temesekakera

•i

2pi.fem

mimiisikikarkin

spi.mask

iimiesekakeru

. •i

spi.mask

iimiesekakeru

>i

spi.mask

mimiisikikarom

spi.fem

iimiesekakera

. >i

spi.fem

iimiesekakera

>i

spi.f.m

mim:isikikaren

kausativ frequentativ gerund

kausativ frequentativ perfektiv

Pamiesekakire

?am:esekakerku 2ag.mask

?am:esekakerka

3ag.fem

?am:esekakerki

Ssg.mask

?am:esekakere

Ssg.fem

?am:esekakeret

1P1

?am:esekakerna

2pl.mask

l 2sg.mask

?am:esekakirka

l 2sg.fem

Pamiesekakirki

l l l

Ssg.mask

?am:esekakiru

Ssg.fem

?am:esekakira

l

lpl

?am:esekakirna

l

?amiesekakerkum

l

2pl.mask

?am:esekakirkum

l

2pl.fem

?am:esekakerkin

l

2pl.fem

?am:esekakirkin

l

Spi.mask

?amiesekakeru

l

Spi.mask

?amiesekakirom

Spi.fem

?am:esekakera

l

Spi.fem

Pamiesekakiren

l —

l

— — l n

l «



l

292 kausativ frequentativ

kausativ frequentativ

imperfektiv

jussiv/imperativ

iemiesekakir

.

2sg.mask temiesekakir

i.g

-

a.g.r.m

—i i.g

temiesekakiri -

s.g.muk iemiesekakir

-

Sag.fem

temiesekakir

_

iPi

nemiesekakir _

•X 2ig.fem

.

?am:esekakir

.

?am:esekakiri •

3mg.mask iemiesekakir



••1 Sig.fem temiesekakir



iPi nemiesekakir • •X 2pl.ma.k ?am:esekakiru •

2pl.ma«k temiesekakiru 2pi.fem

kemiesekakir

temiesekakira _

spi.muk iemiesekakiru -

•i

2pi.f«m

Spl.fem

•i

3pi.ma.k iemiesekakiru •

iemiesekakira -

?am:esekakira •

3Pi.f„m

iemiesekakira •

kausativ frequentativ infinitiv 1.g

reziprokal perfektiv

mimzisikikarei

>

2sg.ma«k mimiisikikarka

.

2.g.fem



mimiisikikarki

3mg. mn•k mimasikikaru

temesakerku

.

2ig.maik temesakerka

i.g

.

^a} 2»g.fem .

Sig.fem

mimiisikikara

.

iPi

mimiisikikarna

.

3pi.m..k mimiisikikarkum. 2pi.r.m

•i

Ssg.fem _ i iPi

.

spi.fem

.

mimiisikikaren

.

temesakere

.

temesakeret

.

temesakerna

.

HJ 2pl.mask temesakerkum i

mimiisikikarkin .

spi-muk mimiisikikarom

temesakerki

•M^ 2pl.fem

temesakerkin ,

Spl.maak temesakeru

.

Spl.fem

i

temesakera

reziprokal

reziprokal

reziprokal gerund

imperfektiv

jussiv/imperativ

i.g

1.g

i.g

temesakire

iimiesaker

kimiesaker

Sig.muk temesakirka

2.g.ma*k timiesaker

Sig.mask temesaker

2sg.fem

2«g.fein

Ssg.fem

temesakirki

timiesakeri

temesakeri

Sag. mask temesakiru

3.g.m..k iimiesaker

s.g.mask iimiesaker

Sig.fem

temesakira

s.g.fem

timiesaker

s.g.fem

timiesaker

temesakirna

iPi

nimiesaker

iPi

nimiesaker

iPi

3pi.muk temesakirkum

jpi.m.mk timiesakeru.

2 pi. mask temesakeru

2pl.fem

2pl.fem

2pl.fem

temesakirkin

timiesakera i

temesakera

Spl.mask temesakirom

3pi.ma.k iimiesakera

spi.maak iimiesakera

Spl.fem

spi.fem

Spl.fem

temesakiren

iimiesakera

iimiesakera

kausativ reziprokal reziprokal infinitiv

perfektiv

1.e

mimiisikarei

.

i.g

?amiesakerku

2.g.m„.k

mimiisikarka

,

2ig.raaik

?am:esakerka

2sg.fem

mimiisikarki



Ssg.fem

?amiesakerki

s.g.ma.k

mimiisikaru



Sag.mask

?amiesakere

Sag.fem

mimiisikara

,

Ssg.fem

?amiesakeret

iPi

mimiisikarna



iPi

?amiesakerna

2pl.mask

? a m : e s a k e r k u m ?amiesakerkin

2pl.maak

m i m i i s i k a r k u m .

2pi.f.m

mimiisikarkin

.

2pl.fem

spi.ma.k

m i m i i s i k a r o m



Spl.mask

Pamiesakeru

Spl.fem

mimiisikaren

.

Spl.fem

?am:esakera

kausativ reziprokal

kausativ reziprokal

kausativ reziprokal

gerund

imperfektiv

jussiv/imperativ

i.g

?amiesakire

t i.g

iemiesakir

.

i.g

kemiesakir

Sig.maik

?am:esakirka

2sg.mask

2sg.fem

?am:esakirki

Ssg.fem

Sig.muk

Pamiesakiru

Sag. f e m

?amiesakira

ipi

?amiesakirna

iPi

2pl.ma.k

? a m i e s a k i r k u m

2 p l . m a sk

2pl.fem

?am:esakirkin

2 pi. f e m

temiesakira

Spl.mask

? a m i e s a k i r o m

i spi.ma.k

iemiesakiru

3pi.ma.k

iemiesakiru

Spl.fem

?amiesakiren

: 3pi.fem

iemiesakira

spi.fem

iemiesakira

temiesakir

: s.g.m..k

iemiesakir

iemiesakir

; Sag.fem

temiesakir

temiesakir

nemiesakir

nemiesakir

kausativ reziprokal

perfektiv

frequentativ gerund

?amiesakerku

1.g

?amiesakire

2.g.maak

?amiesakirka

?am:esakerki

2.g.fem

?amiesakirki

S i g . m a •k

?am:esakere

S a g . m a sk

?am:esakiru

Ssg.fem

?amiesakeret

Ssg.fem

?amiesakira

? a m : e s a k e r n a

iPi

?amiesakirna

? a m i e s a k e r k u m

2pl.mask

? a m : e s a k i r k u m .

Qpl.fem

?amiesakirkin

2sg.fem

iPi 2pi.mask 2pl.fem

?am:esakerkin Spl.mask

?amiesakeru

Spl.fem

?amiesak£ra

?amiesakiru

temiesakiru

frequentativ

?am:esakerka

?am:esakir ?amiesakiri

kausativ reziprokal

i.g

2sg.mask

temiesakiri

Spl.mask

?am:esakirom

Spl.fem

?amiesakiren

Tamiesakira

294 kausativ reziprokal frequentativ imperfektiv

kausativ reziprokal frequentativ jussiv/imperativ

i.g

iemiesakir temiesakir 3sg.fem temiesakiri s.g.ma.k iemiesakir Sag.fem

temiesakir iPi nemiesakir 2pi,m..k temiesakiru Spl.fem temiesakira 3pi.ma>k iemiesakiru spi.f.m iemiesakira

Spl.mask

kemiesakir ?am:esakir ?amiesakiri iemiesakir temiesakir nemiesakir ?amiesakiru ?amiesakira iemiesakiru iemiesakira

y/m.(w).t perfektiv 1«K 2sg.ma«k 2sg.fem Sig.maik 3*g 3 mut _5 muti _5 iimut — 5 timut M 5 nimut mutu muta iimutu iimuta

imperfektiv moite muetka muetki moitu

i»g 2ig.muk

jussiv/imperativ

2>g.maik

sterben' Typ A

2ag.fem Slg.muk

lpl

Spl.fem Spl.maek Spl.fem

—2 ••2 —2

i.g

2eg.fem Sag. m a s k Sag.fem lpl 2p!.maak 2pl.fem Spl.maak Spl.fem

2»g.fem

—2 —2 —2 —2 —2

Sag.maak

moita muetna muetkum muetkin moitom moiten

—2 —2

Spl.maek

infinitiv

2ag.maak

i«g 2ag.maak

mimuatei mimuatka mimuatki mimuatu mimuata mimuatna mimuatkum mimuatkin mimuatom mimuaten

—2 ••2 -2 —2 —2 m

2

-2 -2 —2 —2

Sag.fem lpl 2pl.maak 2pl.fem

Spl.fem

iimot timot timoti iimot

—3 —3 —4 —3 3 —3 •—4 —>4

timot nimot timotu timot a iimotu iimota —«4