Debt-Equity-Swaps im Spiegel bilanzieller Sanierungsinstrumente: Das Dogma der Forderungsbewertung als Sanierungshemmnis? [1 ed.] 9783428544462, 9783428144464

Der Debt-Equity-Swap gilt als ein besonders Erfolg versprechendes bilanzielles Sanierungsinstrument. Bei der praktischen

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Debt-Equity-Swaps im Spiegel bilanzieller Sanierungsinstrumente: Das Dogma der Forderungsbewertung als Sanierungshemmnis? [1 ed.]
 9783428544462, 9783428144464

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 84

Debt-Equity-Swaps im Spiegel bilanzieller Sanierungsinstrumente Das Dogma der Forderungsbewertung als Sanierungshemmnis?

Von

Daniel Schillerwein

Duncker & Humblot · Berlin

DANIEL SCHILLERWEIN

Debt-Equity-Swaps im Spiegel bilanzieller Sanierungsinstrumente

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 84

Debt-Equity-Swaps im Spiegel bilanzieller Sanierungsinstrumente Das Dogma der Forderungsbewertung als Sanierungshemmnis?

Von

Daniel Schillerwein

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14446-4 (Print) ISBN 978-3-428-54446-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84446-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2013/2014 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. als Dissertation angenommen. Die Literatur wurde für die Drucklegung auf den Stand April 2014 gebracht. Mein herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., der meine Themenwahl und den Entstehungsprozess der Arbeit engagiert gefördert hat. Gleichfalls danken möchte ich Herrn Professor Dr. MarcPhilippe Weller für die sehr zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens. Ferner gilt mein Dank meinem Doktorvater sowie den Mitherausgebern, Herrn Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., und Herrn Professor Dr. Gerald Spindler, für die freundliche Aufnahme der Arbeit in die vorliegende Schriftenreihe. Zudem gilt mein Dank dem Land Baden-Württemberg, welches mein Promotionsvorhaben durch ein Stipendium der Landesgraduiertenförderung gefördert hat. Die Stiftung Landesbank Baden-Württemberg (Ausbildung, Fort- und Weiterbildung) hat die Veröffentlichung dieser Arbeit mit einem Druckkostenzuschuss unterstützt. Mein besonderer Dank gilt allen, die mich bei meinem Dissertationsvorhaben persönlich unterstützt haben. An erster Stelle meinen Eltern, die mich bei meinem Studium und weiteren Weg stets vorbehaltlos und großzügig gefördert haben. In tiefer Verbundenheit bin ich zudem Frau Rechtsanwältin Dr. Dorothea Schillerwein (geb. König) und Herrn Staatsanwalt Dr. Timo Wunderle, LL.M., für ihren Beistand und den gewinnbringenden Gedankenaustausch zur vorliegenden Arbeit von ganzem Herzen dankbar. Stuttgart, im September 2014

Daniel Schillerwein

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Kapitel Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens I. II. III.

26

Begriff der „Unternehmenskrise“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Abgrenzung zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Kapitel Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap – Definition und Abgrenzung zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten

I. II. III. IV. V.

Untersuchungsgegenstand Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument . . . . Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 70 76 83 88 141

3. Kapitel Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps – Gradmesser der Praxistauglichkeit als Sanierungsinstrument I. II. III. IV.

Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht . . . . . . . . . . Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . Bewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen beim Debt-Equity-Swap? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps und Vergleich mit den Steuerfolgen anderer bilanzieller Sanierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile, des Verlusts nicht werthaltiger Forderungsanteile und des Differenzhaftungsrisikos . . . . . . . . . .

143 143 165 173 232 298 315 326 339

Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

8

Inhaltsübersicht

Verzeichnis der angegebenen Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Kapitel Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens I.

26

Begriff der „Unternehmenskrise“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Vor dem MoMiG im Eigenkapitalersatzrecht verankerter Begriff der „Krise der Gesellschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Gesellschaftsrechtliche Überwachungspflichten der Leitungsorgane zur Krisenerkennung und -abwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

II.

Abgrenzung zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Leitlinien und Charakteristika des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a) Wirkung der Verfahrenseröffnung/Stellung des Insolvenzverwalters . . . . . . . 33 b) Publizität der Verfahrenseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 c) Gläubiger entscheiden über Unternehmensfortführung und Insolvenzplan . . . 35 d) Entscheidung über die Verwertung der Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 e) Unterscheidung zwischen übertragender und erhaltender Sanierung . . . . . . . . 37 f) Befriedigung der Insolvenzgläubiger und Einstellung des Insolvenzverfahrens 40 g) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Allgemeine Entwicklung des Insolvenzrechts seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3. Sanierungsrelevante und gesellschaftsrechtliche Eckpunkte der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten im Insolvenzplanverfahren durch Einbeziehung der Anteilsrechte der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Weitere Änderungen im Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 c) Stärkung der Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 d) Erweiterte insolvenzliche Sanierungsmöglichkeiten durch das „Schutzschirmverfahren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4. Verhandlungs- und Vertragsautonomie im Rahmen vorinsolvenzlicher Sanierung 52

10

Inhaltsverzeichnis 5. Vor- und Nachteile der vorinsolvenzlichen Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Zeit- und Handlungsdruck bei vorinsolvenzlichen Sanierungen . . . . . . . . . . . 55 b) Anfälligkeit vorinsolvenzlicher Sanierungen für „Trittbrettfahrer“ und „Akkordstörer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 c) Kein Vollstreckungsschutz und kein Schutz vor Zugriff auf Sicherungsgüter . 58 d) Möglichkeit der zwangsweisen Einbeziehung der Rechte der Anteilseigner im Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 e) Grundsätzlich keine Publizität vorinsolvenzlicher Sanierungen . . . . . . . . . . . 60 f) Haftungsrisiko der Gläubiger bei unredlichen vorinsolvenzlichen Sanierungsbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 g) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 6. Grundlagen der Besteuerung inner- und außerhalb der Insolvenz . . . . . . . . . . . . 64 a) Anfall von Sanierungsbuchgewinnen durch ertragswirksame Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Verhältnis zwischen Steuer- und Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

III.

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Kapitel Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap – Definition und Abgrenzung zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten

I.

70

Untersuchungsgegenstand Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Sanierungsinstrument für Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Untersuchung anhand der GmbH, AG sowie SE mit Sitz in Deutschland . . . . 70 b) Europarechtliche Vorgaben für die AG und Auswirkungen auf das GmbHRecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Ausklammerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Abgrenzung zum Debt-Equity-Swap als Instrument zum Abbau von Staatsverschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

II.

Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument . . . . 76 1. Begriff des Debt-Equity-Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Verwendung des Begriffs im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Verrechtlichung des Begriffs durch gesetzliche Normierung? . . . . . . . . . . . . . 77 2. Klassische Strukturierung eines Debt-Equity-Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3. Vor- wie innerinsolvenzlicher Anwendungsbereich des Debt-Equity-Swaps . . . . 80 4. Alternative Strukturierungen zum Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

III.

Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. Unterscheidung zwischen finanz- und leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Inhaltsverzeichnis

11

2. Liquiditätsbezogene Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Bilanzbezogene Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 IV.

Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Rangrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Auswirkungen und Risiken des Rangrücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Steuerliche Auswirkungen des Rangrücktritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Konkurrenzproblem beim Rangrücktritt außenstehender Gläubiger im Verhältnis zu nachrangigen Gesellschafterforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 94 cc) Eintritt der Tilgungsvoraussetzungen als Konfliktfeld . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Forderungsverzicht mit und ohne Besserungsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Auswirkungen und Risiken des Forderungsverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Aufgedrängter Forderungsverzicht durch „Erlassfalle“ . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Auswirkungen des Forderungsverzichts auf Kreditsicherheiten . . . . . . . . 101 cc) Körperschaftssteuerliche Auswirkungen eines Forderungsverzichts . . . . . 102 (1) Erfolgswirksamkeit des Forderungsverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 (2) Steuerpflicht von Sanierungsgewinnen und beschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (3) Frühere Rechtslage: Sanierungsgewinne steuerfrei nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (4) Heutige Rechtslage: Steuerbarkeit von Sanierungsgewinnen und konkretisierte Billigkeitsmaßnahmen durch den „Sanierungserlass“ . 108 (5) Rechtsunsicherheit über die Anwendung des Sanierungserlasses aufgrund divergierender finanzgerichtlicher Rechtsprechung . . . . . . . . . 109 dd) Gewerbesteuerliche Auswirkungen des Forderungsverzichts . . . . . . . . . . 113 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Debt-Mezzanine-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Qualifikation von Genussrechten als handelsbilanzielles Eigenkapital? . . 118 bb) Erfolgsneutraler Vorgang oder erfolgswirksame steuerbilanzielle Umqualifizierung in Eigenkapital? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (1) Verständnis des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nach der überwiegenden Literaturmeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (2) OFD Rheinland: § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist lediglich Gewinnermittlungs- und nicht Bilanzierungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (3) Position in der Literatur gegen die Auffassung der OFD Rheinland . . 125 (4) Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

12

Inhaltsverzeichnis b) Auswirkungen und Risiken des Debt-Mezzanine-Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 aa) Zustimmung und Bezugsrecht der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Risiko des Rangverlusts von fortbestehenden Forderungen? . . . . . . . . . . 131 cc) Marginalisierte Position von Genussrechtskapitalgläubigern im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 dd) Sachkapitalaufbringungsvorschriften und Differenzhaftungsrisiko bei durch Debt-Mezzanine-Swap geschaffenen Wandelgenussrechten . . . . . . 133 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Debt-Asset-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 5. Aufkauf von Verbindlichkeiten (Debt-Buy-Back) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

V.

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Kapitel Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps – Gradmesser der Praxistauglichkeit als Sanierungsinstrument

I.

143

Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Kapitalerhöhungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Inhalt des Bezugsrechts und Zweck eines Bezugsrechtsausschlusses . . . . . . . 149 b) Materielle Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Anfechtungsmöglichkeiten nach §§ 255, 243 ff. AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 d) Mögliche Gestaltungen zur Vermeidung eines Bezugsrechtsausschlusses . . . . 155 aa) Gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 bb) Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Sachkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5. Zeichnung neuer Aktien/Übernahme neuer Geschäftsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . 162 6. Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

II.

Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht . . . . . . . . . . 165 1. Grundlagen der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 2. Konzept des gesetzlichen Mindestkapitals – Grundsatz und Durchbrechung . . . 166 3. Überlegenheit anderer Gläubigerschutzsysteme gegenüber dem Konzept des Mindestkapitals? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4. Besondere Sicherungsmechanismen der Kapitalaufbringung bei Sacheinlagen und Sachübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 5. Absicherung der Kapitalaufbringung durch das Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . 170 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

Inhaltsverzeichnis III.

13

Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . 173 1. Zuordnung von Forderungen als Einlagegegenstand in die Kategorien der Barund Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Gesetzlich statuierter Vorrang der Bareinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Bareinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 bb) Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Für das Aktienrecht europarechtlich vorgegebene Qualifikation von Forderungen gegen die Gesellschaft als Bareinlage durch die Zweite Kapitalrichtlinie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Allgemeine Anforderungen an die Sacheinlagefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) „Funktionale Äquivalenz“ der Sach- zur Bareinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Bilanzierbarkeit des Einlagegegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 c) Endgültig freie Verfügung/Weiterübertragbarkeit/Verwertbarkeit . . . . . . . . . . 187 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Einlagefähigkeit von Forderungen in den unterschiedlichen Gläubiger-Schuldner-Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Einlagefähigkeit von Forderungen des Einlegers gegen Dritte . . . . . . . . . . . . 191 aa) Gesicherter Forderungsbestand oder zukünftige Forderungsentstehung . . 192 bb) Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Einlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten oder einen Mitgesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 c) Einlagefähigkeit von Forderungen des Einlegers gegen die Gesellschaft . . . . 198 aa) Mindermeinung: keine Einlagefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 bb) Herrschende Meinung: Sacheinlagefähigkeit gegeben . . . . . . . . . . . . . . . 200 (1) Ansicht des Reichsgerichts: Aufrechnung als Sacheinlage . . . . . . . . . 201 (2) Rechtsprechung und Literatur heute: Die Forderung ist Gegenstand der Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 cc) Differenzierende Ansicht: Befreiung von der betreffenden Verbindlichkeit ist Einlagegegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 dd) Verpflichtung zur Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage? Umgehungsschutz durch das Institut der verdeckten Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 (1) Verrechnung einer Geldeinlageverpflichtung mit Forderungen des Inferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 (2) Leistung einer Geldeinlage mit vereinbarter vorangestellter oder nachfolgender Tilgung von Forderungen des Inferenten . . . . . . . . . . . 215 ee) Sonderfall: Ausübung von Bezugsrechten bei Wandelanleihen und -genussrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 (1) Begründung und Reichweite des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG . . . . . . . . 218 (2) Optionsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

14

Inhaltsverzeichnis (3) Wandelgenussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (4) Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf den Debt-EquitySwap? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (5) Änderung der Beurteilung bei einer zukünftigen Normierung der „umgekehrten Wandelanleihe“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 d) Einlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . 227 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

IV.

Bewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen beim Debt-EquitySwap? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Erfordernis der Werthaltigkeit und Bewertung der Forderung oder generell Einbringung zum Nennwert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Ausgangspunkt der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Ausgangspunkt der Mindermeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Wertbestimmung des Einlagegegenstands aus der Perspektive der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Anknüpfung an die Einlage von Forderungen gegen Dritte . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Unveränderte Belastung auch bei wertgeminderten Gläubigerforderungen . . . 237 c) Wert der Forderung aus Gläubigersicht ist entscheidend . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 d) Freisetzung von Aktiva durch die Forderungsumwandlung . . . . . . . . . . . . . . . 243 e) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Wertbestimmung des Einlagegegenstands aus Perspektive der Mindermeinung . 247 a) Wirkungen des Wegfalls von Verbindlichkeiten der Gesellschaft beim DebtEquity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 aa) Vermögensmehrung der Gesellschaft durch Schuldbefreiung . . . . . . . . . . 248 bb) Wirkung der Einbringung von gegen Dritte gerichteten Forderungen . . . 249 cc) Wirkung der Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft . . . . . 250 b) Beschränkung des Anwendungsbereichs der Mindermeinung auf aus Darlehensgewährungen resultierende Forderungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 4. Diskussion und Stellungnahme zu den divergierenden Ansichten . . . . . . . . . . . . 258 a) Risikobeitrag des Inferenten beim Debt-Equity-Swap zum Nennwert . . . . . . 258 b) Erfordernis „materieller“ Sanierung aufgrund des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 aa) Ableitbarkeit aus den Sachkapitalerhöhungsvorschriften? . . . . . . . . . . . . 260 bb) Informationsgehalt des im Handelsregister ausgewiesenen Kapitals . . . . 261 cc) Ausweis der Kapitalerhöhung im Handelsregister als Garant eines erhöhten Schuldendeckungspotenzials? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 c) Rechtsfolgenbetrachtung bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 aa) Gefährdung der vorhandenen Gesellschaftsgläubiger? . . . . . . . . . . . . . . . 268 bb) Gefährdung zukünftiger Gesellschaftsgläubiger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

Inhaltsverzeichnis

15

cc) Gefährdung der Bestandsgesellschafter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 d) Bilanzielle Konsequenzen bei Versagung der Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 e) Parallele zur Einlage der Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 f) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 5. Bestätigung des Vollwertigkeitserfordernisses durch den Gesetzgeber? . . . . . . . 285 a) Regelungen zum Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG . . . . . . . . . . 286 aa) Reorganisationsverfahren nach KredReorgG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 bb) Insolvenzplanverfahren nach ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Aussagen des Gesetzgebers zur Bewertungsfrage für das Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 aa) Gesetzesbegründung zum KredReorgG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 bb) Gesetzesbegründung zum ESUG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 c) Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen auf die Bewertungsfrage beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 V.

Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . 298 1. Maßgaben der außerinsolvenzlichen Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 a) Verkehrswert- oder vermögensbezogene Bewertung der Forderung? . . . . . . . 299 b) Kriterien der vermögensbezogenen Forderungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 303 aa) Ansatz sämtlicher Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 bb) Ansatz der Vermögensgegenstände/Berücksichtigung stiller Reserven . . . 305 c) Maßgeblicher Bezugspunkt für die Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 2. Maßgaben der Forderungsbewertung im Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . 309 a) Bewertung des Schuldnervermögens zu Liquidations- oder Fortführungswerten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Berücksichtigung der umzuwandelnden Forderungen und sonstiger Sanierungsbeiträge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . 315 1. Risiko der Nachrangigkeit von bestehen bleibenden oder neu gewährten Darlehen des Inferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 a) Qualifikation als nachrangiges Gesellschafterdarlehen in einer Folgeinsolvenz 316 b) Anwendungsbereich des Sanierungsprivilegs des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO . . . 317 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 2. Differenzhaftungsrisiko der Inferenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 a) Außerinsolvenzlicher Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

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Inhaltsverzeichnis b) Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps und Vergleich mit den Steuerfolgen anderer bilanzieller Sanierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 1. Erfolgswirksamkeit des Debt-Equity-Swaps in Sanierungssituationen . . . . . . . . 327 2. Steuerpflicht von Sanierungsgewinnen und beschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 3. Wegfall von Verlustvortragsmöglichkeiten durch „schädlichen Beteiligungserwerb“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 a) Untergang von Verlustvorträgen nach § 8c Abs. 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 b) Unanwendbarkeit der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG . . . . . . . . . . 331 4. Begünstigung von Sanierungsgewinnen durch den „Sanierungserlass“ . . . . . . . . 333 a) Anwendbarkeit des Sanierungserlasses auf Sanierungsgewinne aus DebtEquity-Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 b) Verlustverrechnung nach dem Sanierungserlass auch bei „schädlichem Beteiligungserwerb“ nach § 8c Abs. 1 KStG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 a) Steuerliche Auswirkungen des Debt-Equity-Swaps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 b) Vergleich mit den Steuerfolgen der anderen bilanziellen Sanierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile, des Verlusts nicht werthaltiger Forderungsanteile und des Differenzhaftungsrisikos . . . . . . . . . . 339 1. Vorangestellter Debt-Push-Up im Konzern zur Vermeidung des Anfalls eines steuerbaren Sanierungsgewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 2. Werterhöhung der Einlageforderungen beim Debt-Equity-Swap durch Forderungsaufspaltung oder vorangestellten Forderungsverzicht? . . . . . . . . . . . . . . . . 342 3. Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 4. Reverse-Debt-Equity-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348 Verzeichnis der angegebenen Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369

Abkürzungsverzeichnis Abl. AEAO AEUV AG AktG AnfG AO BaFin BAG BBankG BBl. BFH BGH BImSchG BIP BKR BMF BMJ BSG BStBl. CFL DCGK DM DNotZ EBLR EGInsO EWiR EuG EuGH EuInsVO EuZW FamFG FAZ FB

Amtsblatt der Europäischen Union Anwendungserlass zur Abgabenordnung Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union Aktiengesellschaft Aktiengesetz Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) Abgabenordnung Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Gesetz über die Deutsche Bundesbank Bundesblatt (Schweiz) Bundesfinanzhof Bundesgerichtshof Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Bruttoinlandsprodukt Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium der Justiz Bundessozialgericht Bundessteuerblatt Corporate Finance Law (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift European Business Law Review (Zeitschrift) Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Gericht der Europäischen Union Gerichtshof der Europäischen Union Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren, ABl. Nr. L 160 vom 30. 6. 2000 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanz-Betrieb – Zeitschrift für Unternehmensfinanzierung und Finanzmanagement (bis 2009)

18 FG FGO FMStG FN-IDW FR GenG GesO GewO GewStG GmbH GmbHG GmbHR GüKG GuV GWR HFR HRV IAS-VO

Abkürzungsverzeichnis

Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fachnachrichten IDW Finanz-Rundschau Ertragssteuerrecht (Zeitschrift) Genossenschaftsgesetz Gesamtvollstreckungsordnung Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Die GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Güterkraftverkehrsgesetz Gewinn- und Verlustrechnung Zeitschrift für Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsregisterverordnung Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 07. 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. Nr. L 243/1 vom 11. 09. 2002 IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. IFRIC International Financial Reporting Interpretations Committee IFRS International Financial Reporting Standard(s) INF Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Zeitschrift) IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) JbFStR Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Kap-RiLi Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung des Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977 KG Kammergericht Berlin KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien KGJ Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (Schriftenreihe) KO Konkursordnung KonTraG Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich KredReorgG Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten KSI Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (Zeitschrift) KSzW Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) KWG Kreditwesengesetz LMA Loan Market Association MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. 10. 2008 (BGBl. I S. 2026) NWB Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht OGH Oberster Gerichtshof (Österreich)

Abkürzungsverzeichnis OLGR RabelsZ RFH RFHE RNotZ Rs. RStBl. SchVG SE SE-AG SE-VO Slg. SPE SZW Ubg UG UMAG UrhG VAG VglO VorstKoG WM WpAIV WPg WpHG ZGR ZHR

19

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiet des Zivilrechts (1900 – 1928) (Entscheidungssammlung) Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Rheinische Notar-Zeitschrift Rechtssache Reichssteuerblatt Schuldverschreibungsgesetz Societas Europaea Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 215772011 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-Ausführungsgesetz) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz Societas Privata Europaea, Europäische Privatgesellschaft Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift) Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach § 5a GmbHG Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 09. 2005 (BGBl. I S. 2802) Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) Versicherungsaufsichtsgesetz Vergleichsordnung Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Nicht angeführte Abkürzungen richten sich nach Kirchner, Hildebert (Begr.); Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 7. Auflage, Berlin 2013.

Einleitung „Die besten Unternehmenssanierungen geschehen früh, still und schnell.“1

Die von Karsten Schmidt im angeführten Zitat ausgegebenen Leitlinien einer erfolgreichen Unternehmenssanierung können in jeder Krisensituation eines Unternehmens als Handreichung dienen. Abgesehen von diesen Maximen bestehen in der Sanierungspraxis aber eine Vielzahl von tatsächlichen wie rechtlichen Problemfeldern, die im konkreten Anwendungsfall situationsgerechte Lösungen erfordern. Spätestens seit der durch die Finanzkrise ausgelösten allgemeinen Wirtschaftskrise der Jahre 2008 – 20092 ist die Unternehmenssanierung in den Fokus des rechtwissenschaftlichen Diskurses und auf die Agenda der Gesetzgebung gerückt. In dieser Zeit sind aufgrund der negativen gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen3 eine Vielzahl von Unternehmen – darunter nicht nur solche mit besonders hohem Fremdkapitalanteil finanzierte – in akute wirtschaftliche und insbesondere finanzielle Bedrängnis geraten. In den betroffenen Unternehmen rief dies einen immensen Beratungsbedarf unter der Zielsetzung der Vermeidung eines Insolvenzverfahrens sowie der Durchführung einer Unternehmenssanierung hervor. Angesichts der gravierenden Auswirkungen der Verwerfungen auf den Finanzmärkten und der Bankenkrise hat der Gesetzgeber nach der Ergreifung von Notmaßnahmen durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz4 zunächst einen besonderen Rechtsrahmen für die Restrukturierung von Kreditinstituten geschaffen5, um sich in der Folgezeit der umfassendsten Reform der Insolvenzordnung seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 1999 zu widmen. Die Hauptstoßrichtung der im Jahr 2012 in Kraft getretenen Reform der

1

K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604. Im Jahr 2009 war das BIP um 4,7 % geschrumpft. Dies war die größte Rezession seit den frühen dreißiger Jahren. Im Jahr 2010 wurden durch ein Wachstum von 3,6 % circa drei Viertel des Einbruchs von 2009 kompensiert, vgl. FAZ vom 13. 01. 2011, Wirtschaft, S. 11: Deutsche Wirtschaft eilt aus der Krise. 3 Die Unternehmensumsätze sind im Jahr 2009 durchschnittlich um 12,6 % zurückgegangen. Es sind jedoch starke branchenspezifische Abweichungen vom Durchschnittswert zu beachten, vgl. FAZ vom 13. 01. 2011, Wirtschaft, S. 11: Deutsche Wirtschaft eilt aus der Krise. 4 Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vom 17. Oktober 2008, BGBl. I S. 1982. 5 Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1900. 2

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Einleitung

Insolvenzordnung durch das ESUG6 liegt dabei in der Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Restrukturierungs- und Sanierungsmöglichkeiten von Unternehmen. Nunmehr steht sanierungsbedürftigen Unternehmen ein größeres Spektrum an Sanierungsmöglichkeiten als je zuvor zur Verfügung. Unverändert gilt es bei vor- wie innerinsolvenzlichen Sanierungen gleichermaßen, die für den konkreten Anwendungsfall in Betracht kommenden Möglichkeiten zu analysieren sowie die am besten geeignet erscheinenden Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Ein integraler Bestandteil eines umfassenden Sanierungskonzepts ist grundsätzlich die signifikante Reduzierung der Schuldenlast der betroffenen unternehmenstragenden Gesellschaft, durch die der Eintritt von Insolvenzgründen verhindert oder bereits vorliegende Insolvenzgründe beseitigt sowie der Zugang zu Fremdkapital durch eine Verbesserung der Eigenkapitalquote gesichert oder wiederhergestellt werden sollen. Einen besonders wirkungsvollen Weg der bilanziellen Sanierung von Kapitalgesellschaften stellt dabei der sogenannte Debt-Equity-Swap dar, der den Hauptuntersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit bildet. Seit Langem ist der DebtEquity-Swap eine im angloamerikanischen Rechtskreis gebräuchliche Sanierungsmaßnahme7 und er ist in den letzten Jahren auch in Deutschland verstärkt als Restrukturierungsinstrument in den Blickpunkt gerückt8. Ziel eines Debt-Equity-Swaps ist die Entlastung der Schuldnergesellschaft von Verbindlichkeiten – bei gleichzeitiger Stärkung der Eigenkapitalbasis. Bei einem Debt-Equity-Swap werden Gläubigerforderungen im Rahmen von Kapitalmaßnahmen der Schuldnergesellschaft in statutarisches Eigenkapital umgewandelt. Das gezeichnete Kapital der Gesellschaft erhöht sich durch die Einlage der Gläubigerforderungen, während sich der Schuldenstand der Gesellschaft durch den Wegfall der entsprechenden Verbindlichkeiten verringert. Der Debt-Equity-Swap gilt als besonders Erfolg versprechendes Sanierungsinstrument, da er eine Möglichkeit zur Einbindung bisheriger Fremdkapitalgeber in die Gesellschaft bereithält, indem diese für die Einlage ihrer Forderungen eine Beteiligung an der Gesellschaft erhalten. Der neuralgische Punkt bei der Anwendung eines Debt-Equity-Swaps in einer Sanierungssituation ist die Frage nach der Bewertung der Einlageforderungen, da deren Werthaltigkeit in einer Krisensituation der Schuldnergesellschaft regelmäßig 6 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2582. 7 Vgl. Bauer/Dimmling, NZI 2011, 517, 518; Piekenbrock, NZI 2012, 905, 907; Huisman, in: MüKo-InsO, Bd. 3, Anhang Länderberichte, USA Rdn. 38 ff.; Schlegel, in: MüKo-InsO, Bd. 3, Anhang Länderberichte England und Wales 28 ff.; Gebler, NZI 2010, 665, 666 f.; Chapter 11 U.S.C. § 1123(a)(5)(J). 8 Im Zeitraum von 2003 bis 2007 wurden mindestens 21 Debt-Equity-Swap-Transaktionen deutscher Unternehmen bekannt. Diese überwiegend dem Mittelstand zuzuordnenden Unternehmen erzielten im Geschäftsjahr vor Durchführung eines Debt-Equity-Swaps einen Umsatz von durchschnittlich 300 Mio. EUR, neun der 21 unternehmenstragenden Gesellschaften waren börsennotiert, vgl. Daimer, Distressed Debt Investments: Debt-Equity-Swaps am deutschen Markt, S. 48 ff.

Einleitung

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vermindert oder zumindest zweifelhaft ist und es in der Rechtswissenschaft immer umstritten geblieben ist, ob, und gegebenenfalls wie, gegen die Schuldnergesellschaft gerichtete Forderungen bei der Kapitalaufbringung zu bewerten sind. Die Frage der Forderungsbewertung steht daher im Fokus der Untersuchung. Ihr kommt zudem weitreichende Bedeutung im Hinblick auf die Haftungsrisiken der beteiligten Forderungsgläubiger, die Sanierungswirkung bei der Gesellschaft sowie die steuerlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swap zu. Dieser Themenkreis ist daher der zentrale Prüfstein der Praxistauglichkeit der Forderungsumwandlung in Sanierungssituationen. Entscheidende Impulse für die jüngste intensive Beschäftigung mit dem Debt-Equity-Swap in der rechtswissenschaftlichen Literatur gingen von einem Beitrag von Cahn/Simon/Theiselmann9 sowie der Tätigkeit des Gesetzgebers aus, der den Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument im Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz sowie durch das ESUG für das allgemeine Insolvenzplanverfahren normiert hat10. Vor dem Hintergrund der auf die Bewertungsfrage ausgerichteten jüngsten Diskussion über die Tauglichkeit des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument möchte die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur wissenschaftlichen Fundierung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument leisten. Mit der nachfolgenden Untersuchung ist weiter das Anliegen verbunden, zur weiteren rechtstatsächlichen Verbreitung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument beizutragen. Daher werden auch die Erfordernisse der Sanierungspraxis in den Blick genommen sowie die Arbeitsergebnisse unter dem Gesichtspunkt der Praxistauglichkeit der Forderungsumwandlung gewürdigt. Abgerundet wird die Untersuchung durch entsprechende Hinweise für die Sanierungspraxis. Ziel der Arbeit ist es, die Grundlagen des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument unter Schwerpunktsetzung auf die Bewertungsfrage aufzuarbeiten. Hierzu sind die Funktionsweise und Auswirkungen als auch die mit einer Forderungsumwandlung verbundenen Risiken herauszuarbeiten. Zur Verdeutlichung der Charakteristika der Forderungsumwandlung wird der Debt-Equity-Swap in den Kontext der konkurrierenden bilanziellen Sanierungsinstrumente des Rangrücktritts, des Forderungsverzichts sowie des sogenannten DebtMezzanine-Swaps gestellt und von diesen abgegrenzt. Aufgrund der praxisorientierten Ausrichtung der Arbeit sind – über die gesellschaftsrechtliche Ebene hinaus – insbesondere die steuerlichen Auswirkungen von Sanierungsmaßnahmen zu berücksichtigen, da negative Steuerfolgen bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen den damit erstrebten Wirkungen zuwiderlaufen und eine erfolgreiche Sanierung erschweren oder gar vereiteln können. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf die außerinsolvenzliche Anwendung der Forderungsumwandlung als Grundform des Debt-Equity-Swaps. Darauf aufbauend werden auch die zum Debt-Equity-Swap geschaffenen gesetzlichen Regelungen im Kreditinsti9 10

Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238. Vgl. §§ 9, 21 Abs. 2 KredReorgG, §§ 217 Satz 2, 225a, 254 Abs. 4 InsO.

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tute-Reorganisationsgesetz und in der Insolvenzordnung in die Untersuchung einbezogen. Aufgrund dieser spezialgesetzlichen Normierungen zur Forderungsumwandlung im Reorganisations- und Insolvenzverfahren ist es nun möglich, den Standpunkt des Gesetzgebers zur Bewertungsfrage bei der Forderungsumwandlung zu würdigen und der Frage einer Ausstrahlungswirkung des in den getroffenen Regelungen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willens auf die Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap nachzugehen. Das Problemfeld der Bewertung beim außer- wie innerinsolvenzlichen Debt-EquitySwap wird daher grundlegend aufbereitet und die bestehenden konträren Ansichten zur Bewertungsfrage eingehend erörtert. Ziel der Arbeit ist dabei, – anhand der durch den Gang der Untersuchung geschaffenen Grundlage – eine kritische Würdigung und Stellungnahme zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap vorzunehmen und die inhaltlich vorzugswürdige Position herauszuarbeiten. Sollte die inhaltlich überzeugende Lösung in der Praxis de lege lata keine Anwendung finden können, so werden die nach geltender Rechtslage für die Sanierungspraxis maßgeblichen Vorgaben gleichfalls dargelegt und dem Gesetzgeber Impulse für eine angezeigte Gesetzesreform gegeben. Im Einzelnen gliedert sich die nachfolgende Untersuchung in drei Kapitel. Im 1. Kapitel werden zunächst die Grundlagen der Unternehmenssanierung aufbereitet und hierzu insbesondere die Möglichkeiten vorinsolvenzlicher Sanierung sowie einer Sanierung im Insolvenzverfahren erarbeitet und diese gegeneinander abgegrenzt. Darauf aufbauend wird im 2. Kapitel der Untersuchungsgegenstand des Debt-Equity-Swaps eingegrenzt, die Forderungsumwandlung als Sanierungsinstrument eingeordnet sowie eine grundlegende Kategorisierung von unterschiedlichen Sanierungsmethoden vorgenommen. Im Anschluss daran wird der DebtEquity-Swap von anderen bilanziellen Sanierungsmöglichkeiten abgegrenzt und hierzu der Rangrücktritt, Forderungsverzicht sowie Debt-Mezzanine-Swap erörtert, wobei besonderes Augenmerk auf der Untersuchung steuerrechtlicher Auswirkungen liegen wird. Im zentralen 3. Kapitel der Arbeit erfolgt die Untersuchung der rechtlichen Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps als Gradmesser seiner Praxistauglichkeit als Sanierungsinstrument. Zunächst werden hierfür allgemein die zur Umsetzung erforderlichen Kapitalmaßnahmen dargelegt. Dies führt zu einer allgemeinen Auseinandersetzung mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht, bevor Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung allgemein und gegen die Schuldnergesellschaft gerichtete Forderungen beim Debt-Equity-Swap im Besonderen untersucht werden. Im sich anschließenden Kernbereich der vorliegenden Untersuchung richtet sich der Fokus auf die Frage nach der Bewertung der Gläubigerforderungen beim außer- wie innerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap. Dies umfasst sowohl die Frage, ob eine Bewertung überhaupt erforderlich ist, als auch, bejahendenfalls, die bei einer Bewertung konkret anzulegenden Bewertungsmaßstäbe. Die Behandlung der entgegenstehenden Positionen in der Bewertungsfrage zur außerinsolvenzlichen Forde-

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rungsumwandlung als auch eine Analyse der durch den Gesetzgeber geschaffenen Regelungen zum Debt-Equity-Swap im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren werden dabei die Grundlage für eine anschließende Stellungnahme zur inhaltlich als vorzugswürdig anzusehenden Konzeption in der Bewertungsfrage bereiten. Daraufhin werden weitere für die Anwendbarkeit des Debt-Equity-Swap in der Sanierungspraxis gleichfalls entscheidende Themenbereiche behandelt und hierbei die mit einer Forderungsumwandlung verbunden Risiken für die Beteiligten sowie die steuerrechtlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps erörtert. Abschließend werden Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung mit einem DebtEquity-Swap einhergehender Risiken und Nachteile aufgezeigt.

1. Kapitel

Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens Im Eingangskapitel dieser Arbeit werden die Grundlagen sowie der Kontext der Unternehmenssanierung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens dargelegt. Einführend erfolgen hierzu Überlegungen zum Begriff und zur Situation der Unternehmenskrise. Die Diagnose einer „Krise“ ist Voraussetzung dafür, dass die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen überhaupt erkannt werden kann. Anschließend wird eine grundlegende Unterscheidung zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens vorgenommen, um den allgemeinen Rechts- und Handlungsrahmen für Sanierungen zu umreißen. Dabei werden insbesondere die durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)1 geänderten sowie neu geschaffenen Sanierungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung (InsO)2 in den Blick genommen.

I. Begriff der „Unternehmenskrise“ Mit dem Begriff der „Krise“ wird eine unerwartet eintretende Störung eines bislang funktionierenden Systems bezeichnet. Bezogen auf Unternehmen kann die Ursache einer solchen Störung sowohl in unternehmensinternen als auch in unternehmensexternen Bereichen liegen. Interne Ursachen für eine Krise können beispielsweise strategische Fehlentscheidungen, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit oder der Verlust von Fach- oder Führungspersonal sein. Durch externe Ursachen bedingte Unternehmenskrisen können sich beispielsweise aus veränderten regulatorischen oder fiskalischen Rahmenbedingungen oder einer ungünstigen sektorenspezifischen oder gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ergeben. Für eine Qualifikation als Krise muss das Ausmaß der Störung dabei so weitreichend sein, dass Veränderungen und Korrekturmaßnahmen erforderlich werden, bei deren Ausbleiben oder Misslingen

1 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2582. Das ESUG ist nach Art. 10 ESUG in seinen wesentlichen Teilen am 01. 03. 2012 in Kraft getreten. 2 Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl. I S. 2866; in Kraft seit dem 01. 01. 1999, § 359 InsO, Art. 110 Abs. 1 EGInsO.

I. Begriff der „Unternehmenskrise“

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der Fortbestand des Unternehmens bedroht ist3. Die Begriffe „Krise“, „Unternehmenskrise“ oder „Krise der Gesellschaft“ finden sich weder im Insolvenz-, Aktienoder GmbH-Recht noch im Insolvenzstrafrecht. Das Insolvenzrecht knüpft nach §§ 16 ff. InsO als Voraussetzung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an die Begriffe der Zahlungsunfähigkeit, drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung an. Auch die Insolvenzstraftaten nach §§ 283 ff. StGB setzen das Vorliegen einer Überschuldung bzw. einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit voraus, wobei die Definition der Begriffe nicht streng insolvenzrechtsakzessorisch an den Legaldefinitionen der §§ 16 ff. InsO ausgerichtet ist, sondern nach überwiegender Ansicht im Wege funktional-strafrechtsspezifischer Auslegung erfolgt4. 1. Vor dem MoMiG im Eigenkapitalersatzrecht verankerter Begriff der „Krise der Gesellschaft“ Dagegen hat der Begriff der „Krise der Gesellschaft“ bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)5 im Jahr 2008 eine zentrale Rolle im Eigenkapitalersatzrecht der GmbH eingenommen. Der Begriff der „Krise der Gesellschaft“ war einerseits gesetzlich in den Vorschriften zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen in §§ 32a, 32b GmbHG a. F. normiert, andererseits Anknüpfungspunkt der über die gesetzliche Regelung hinausgehenden sogenannten Rechtsprechungsregeln des BGHs6. Durch diese wurden vor Aufhebung der §§ 32a, 32b GmbHG a. F. und Inkrafttreten des § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG durch das MoMiG in einer Krise der Gesellschaft gewährte Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzend qualifiziert, was zur analogen Anwendung der Kapitalerhaltungsbestimmungen der §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 31, 43 Abs. 3 GmbHG führte7. Diese von der Rechtsprechung zum GmbH-Recht entwickelten Grundsätze über die Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen waren im Falle einer unternehmerischen Beteiligung des Darlehensgebers auf die Aktiengesellschaft (AG) entsprechend anzuwenden8. Als „Krise der Gesellschaft“ definierte § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. einen Zustand der unternehmenstragenden Gesellschaft, in dem „die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital

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Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 2 Rdn. 1. Vgl. hierzu Fischer-StGB, vor § 283 Rdn. 6 ff. 5 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 6 BGH, Urteil vom 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 265 ff. = NJW 1960, 285, 286 ff.; BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 = NJW 1984, 1891, 1893. 7 Näher zur Entstehungsgeschichte und zum Inhalt des Kapitalersatzrechts bei der GmbH, Stodolkowitz/Bergmann, in: MüKo-InsO, 2. A., § 135 Rdn. 8 ff., 104 ff. 8 BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381 = NJW 1984, 1893. Von einer unternehmerischen Beteiligung ist jedenfalls ab einem Aktienbesitz von 25 % des Grundkapitals einer Gesellschaft auszugehen. 4

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

zugeführt hätten“, ein Gesellschafter stattdessen aber ein Darlehen gewährt hat9. Diese Tatbestandsbeschreibung hatte der Gesetzgeber 1998 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)10 geschaffen. Die gesetzliche Umschreibung der Krise erwies sich jedoch als nicht praxistauglich, da der subjektive Maßstab des Verhaltens eines ordentlichen Kaufmanns insofern verfehlt war, als der darlehensgebende Gesellschafter selbst weder Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB zu sein braucht noch mit dem Begriff „ordentlich“ ein Verschuldensmaßstab aufgestellt werden sollte11. Aus diesem Grund hat der BGH in seiner Rechtsprechung aus der gesetzlichen Tatbestandsbeschreibung die von ihm verwendete Definition der „Kreditunwürdigkeit“ der Gesellschaft entnommen. Kreditunwürdig ist eine Gesellschaft, wenn ein außenstehender Dritter ihr das konkrete Darlehen überhaupt nicht oder nicht zu marktüblichen Bedingungen gewährt hätte. Nach der Rechtsprechung des BGHs ist dabei für die Qualifikation eines Gesellschafterdarlehens als kapitalersetzend entscheidend, ob ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Gläubiger, der weder Gesellschafter ist noch sich an der Gesellschaft beteiligen will, unter denselben Verhältnissen und zu denselben Bedingungen keinen solchen Kredit gegeben hätte12. Durch das MoMiG ist die Differenzierung zwischen eigenkapitalersetzenden Darlehen, die an das Merkmal der Krise der Gesellschaft anknüpfte, und sonstigen von Gesellschaftern gewährten Darlehen entfallen. Alle Gesellschafterdarlehen sowie andere Rechtshandlungen eines Gesellschafters, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen, werden im Fall der Insolvenzeröffnung gleich behandelt. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind alle Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens nachrangige Insolvenzforderungen13. Ist eine Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Antragsstellung erfolgt, so ist diese Rechtshandlung durch den Insolvenzverwalter nach § 135 Abs. 1 InsO anfechtbar14, sodass der von der Gesellschaft zurückgezahlte Darlehensbetrag vom Gläubiger nach § 143 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückzugewähren ist. Dem Gläubiger verbleibt im Gegenzug lediglich eine nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Insolvenzforderung, die regelmäßig im Insolvenzverfahren gänzlich unberücksichtigt bleibt, §§ 174 Abs. 3, 225 Abs. 1 InsO. 9 Gleiches galt nach § 32a Abs. 2, Abs. 3 GmbHG a. F. bei einem von einem Gesellschafter besicherten Darlehen eines Dritten sowie bei wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen. 10 Art. 9a Nr. 1 des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998, BGBl. I S. 786, in Kraft getreten am 01. 05. 1998. 11 Stodolkowitz/Bergmann, in: MüKo-InsO, 2. A., § 135 Rdn. 41. 12 BGH, Urteil vom 29. 11. 1971 – II ZR 121/69, WM 1972, 74; BGH, Urteil vom 13. 07. 1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252 = NJW 1981, 2570; BGH, Urteil vom 27. 11. 1989 – II ZR 43/89, ZIP 1990, 98. 13 Von der Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausgenommen sind die durch das Sanierungs- und Kleinbeteiligungsprivileg begünstigten Gläubiger nach § 39 Abs. 4 InsO. 14 Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs bestimmt sich nach der regelmäßigen Verjährungsfrist, § 146 Abs. 1 InsO, §§ 195, 199 BGB.

I. Begriff der „Unternehmenskrise“

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2. Gesellschaftsrechtliche Überwachungspflichten der Leitungsorgane zur Krisenerkennung und -abwehr Obwohl der Begriff der „Krise der Gesellschaft“ durch das MoMiG seine gesetzliche Verankerung in den im GmbHG enthaltenen Regelungen der §§ 32a, 32b GmbHG a. F. eingebüßt hat, wird er für die Beantwortung der Fragestellung, ob ein Unternehmen oder die unternehmenstragende Gesellschaft Sanierungsmaßnahmen bedarf, weiter relevant bleiben15. Dies liegt zunächst einmal daran, dass der Eintritt einer „Unternehmenskrise“ oder „Krise der Gesellschaft“ losgelöst von einer vom Gesetzgeber oder der Rechtsprechung festgelegten Definition einen Zustand beschreibt, der zeitlich weit vor den gesetzlichen Insolvenztatbeständen16 und ebenfalls vor dem Eintritt der Kreditunwürdigkeit eingreift. Auch eine Beschränkung des Blickfeldes auf die Eigenkapitalsituation der Gesellschaft als Gradmesser für die Beurteilung, ob eine Krise vorliegt, ist unzureichend, da für eine rechtzeitige Krisenerkennung und wirksame Krisenreaktion stets die Betrachtung sämtlicher für das Unternehmen relevanter interner und externer Faktoren erforderlich ist. Anknüpfend an diesen Befund besteht für die Vorstände bzw. Geschäftsführer einer Gesellschaft die zentrale Verpflichtung, die Vermögenslage und Geschäftsentwicklung der Gesellschaft durch geeignete betriebswirtschaftliche Mittel laufend zu überwachen und den Stand des Vermögens gegebenenfalls durch Erstellung einer außerordentlichen Zwischenbilanz zu überprüfen17. Die Wahrnehmung dieser Überwachungsaufgabe ist Voraussetzung dafür, dass die Leitungsorgane ihrer nach § 92 Abs. 1 AktG, § 49 Abs. 3 GmbHG18 bestehenden Verpflichtung nachkommen können, die Haupt- oder Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen und die Gesellschafter zu informieren, wenn ein Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals eingetreten ist19. Diese zentrale ¢ nach § 401 AktG und § 84 GmbHG sogar strafbewehrte ¢ Pflicht der Leitungsorgane soll insbesondere dafür Sorge tragen, die Gesellschafter über eine Unternehmenskrise rechtzeitig zu unterrichten und sie in die Lage zu versetzen, über Maßnahmen der Krisenabwehr und insbesondere zur Verbesserung der Kapitalsituation beraten und beschließen zu können20. 15

Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 2 Rdn. 4. Uhlenbruck, in: Elschen, Unternehmenssicherung und -entwicklung, S. 209, 215. 17 BGH, Urteil vom 20. 02. 1995 – II ZR 9/94 = ZIP 1995, 560; Fleischer, in: Spindler/StilzAktG, § 92 Rdn. 1, spricht von der „Kardinalspflicht“ des Vorstands. 18 Im Fall einer Unternehmergesellschaft nach § 5a GmbHG ist die Gesellschafterversammlung abweichend von § 49 Abs. 3 GmbHG bei drohender Zahlungsunfähigkeit einzuberufen, da eine Anknüpfung der Einberufungspflicht an den Verlust der Hälfte des Stammkapitals für die Unternehmergesellschaft mit ihrem beliebig bestimmbaren Stammkapital ¢ jedenfalls unter einer gewissen Schwelle ¢ nicht sinnvoll wäre. 19 Nach vorzugswürdiger herrschender Ansicht ist für einen Verlust im Sinne der § 92 Abs. 1 AktG, § 49 Abs. 3 GmbHG erforderlich, dass Verluste eingetreten sind, als deren Folge das Nettovermögen der Gesellschaft nur noch die Hälfte des Stammkapitals beträgt. Vgl. zu den Einzelheiten Müller-Michaelis, in: Hölters-AktG, § 92 Rdn. 4; Mausch, in: Bork/SchäfterGmbHG, § 49 Rdn. 10 ff. 20 Fleischer, in: Spindler/Stilz-AktG, § 92 Rdn. 4. 16

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Im Aktienrecht wird die Leitungsverantwortung des Vorstands zudem durch § 91 Abs. 2 AktG konkretisiert21, nachdem ein geeignetes präventives Überwachungssystem einzurichten ist, mit dem den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden können22. Im Rahmen des Überwachungssystems sind dabei nach vorzugswürdiger Auffassung solche Entwicklungen zu erfassen, die ein Insolvenzrisiko begründen oder wesentlich steigern können23 und nicht bereits jede drohende nachteilige Veränderung der Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage der Gesellschaft24. Für börsennotierte Gesellschaften gilt zusätzlich Ziffer 4.1.4 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK), wonach der Vorstand für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling im Unternehmen zu sorgen hat25. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften findet nach § 317 Abs. 4 HGB zudem eine externe Beurteilung der Tauglichkeit des nach § 91 Abs. 2 AktG einzurichtenden Überwachungssystems und der dem Vorstand obliegenden Bestandssicherungsmaßnahmen durch den Abschlussprüfer im Rahmen der Prüfung nach § 316 HGB statt. Zu einer den Insolvenzantragspflichten vorgelagerten Pflicht der Vorstände und Geschäftsführer gehört weiter die Überwachung der Liquiditätslage der Gesellschaft. Nur auf diese Weise kann die in § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG, § 64 Satz 3 GmbHG normierte Insolvenzauslösungshaftung bei Zahlungen an Gesellschafter vermieden werden. Im Gegensatz zu sonstigen Zahlungen sind Zahlungen an Gesellschafter nicht erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung einer Überschuldung untersagt, sondern bereits dann, wenn eine Zahlung an Gesellschafter zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen musste. Bei einem Verstoß gegen das Zahlungsverbot sind die Vorstandsmitglieder nach § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 AktG und GmbH-Geschäftsführer nach § 64 GmbHG gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet. Das Leitungsorgan einer Gesellschaft ist durch die Haftungsandrohung gehalten, Prognosen über die künftige Liquiditätslage der Gesellschaft zu erstellen, um verhindern zu können, dass Zahlungen an Gesellschafter erfolgen, die die Liquidität der Gesellschaft gefährden26. Die Regelung erfüllt daher im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Funktion eines Liquiditätsschutzes und weist damit Parallelen zum sogenannten Solvenztest („solvency test“) angelsäch21

Allgemeine Meinung, vgl. Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rdn. 1, 3. In der Literatur wird die analoge Anwendbarkeit auf die GmbH mit Verweis auf die Gesetzesbegründung zu § 91 Abs. 2 AktG (Entwurf eines Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 28. Januar 1998, BT-Drucksache 13/9712, S. 15) diskutiert. Zum Meinungsstand vgl. Müller-Michaelis, in: Hölters-AktG, § 91 Rdn. 13. 23 Spindler, in: MüKo-AktG, § 91 Rdn. 21; Fleischer, in: Spindler/Stilz-AktG, § 91 Rdn. 32; Müller-Michaelis, in: Hölters-AktG, § 91 Rdn. 6. 24 So aber Hüffer-AktG, § 91 Rdn. 6. 25 Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Fassung vom 13. Mai 2013; abrufbar unter: http://www.corporate-governance-code.de/ger/kodex/index.html [Stand: 05. 03. 2014]. 26 Bork, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 64 Rdn. 48. 22

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 31

sischer Prägung auf27. Die Insolvenzauslösungshaftung sichert somit in einer Unternehmenskrise die Liquidität der Gesellschaft gegen Auszahlungen an Gesellschafter und verhindert hierdurch auch Vermögensverschiebungen zugunsten der Gesellschafter in einer für das Unternehmen kritischen Situation. Da durch die Auszahlungssperre fällige Ansprüche von Gesellschaftern nicht bedient werden müssen, wenn diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen würden, verbleibt der Gesellschaft insoweit mehr Zeit und Handlungsspielraum für vorinsolvenzliche Sanierungsmaßnahmen, sodass die Regelung als sanierungsförderlich zu bewerten ist. Dagegen fällt nach meiner Einschätzung die damit verbundene Beschränkung des Handlungsspielraums gegenüber den Gesellschaftern für die Realisierung von Sanierungsmaßnahmen nicht entscheidungserheblich ins Gewicht, sondern dürfte den von der Zahlungssperre betroffenen Gesellschaftern die besonders kritische Lage der Gesellschaft und ¢ im Fall einer von den Gesellschaftern beabsichtigten Fortführung der Gesellschaft ¢ die Notwendigkeit von Sanierungsbeiträgen noch verdeutlichen28.

II. Abgrenzung zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren Der Begriff der „vorinsolvenzlichen Sanierung“ wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur synonym zu den Begriffen der „freien Sanierung“29 und der „außergerichtlichen Sanierung“30 verwendet. Unterschiedlich akzentuiert veranschaulichen die Begriffe die Abgrenzung zu einer Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Dieses ist als gerichtlich geleitetes Gesamtvollstreckungsverfahren31 materiell- wie verfahrensrechtlich durch die Insolvenzordnung (InsO)32 vorgegeben. Das Insolvenzverfahren verfolgt nach § 1 InsO das Verfahrensziel der Haftungsverwirklichung entweder durch Verwertung des Schuldnervermögens oder durch Erhalt des Schuldnerunternehmens durch Sanierung mittels eines Insolvenzplans33. Die Anwendungsbereiche der vorinsolvenzlichen Sanierung und einer Sa27

Vgl. Begr. RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 52 zu § 64 Satz 3 GmbHG. Wie dieses Element des Cashflow-orientierten Ansatzes des Solvenztests mit der ansonsten vom Gesetzgebers verfolgten Rückkehr zu einer rein bilanziellen Betrachtung im Bereich des in § 30 Abs. 1 GmbHG enthaltenen Kapitalerhaltungsgebots zusammenpasst, braucht hier nicht vertieft werden. Zur systematischen Unstimmigkeit zwischen den Regelungen des § 30 Abs. 1 und § 64 Satz 3 GmbHG, vgl. Niggemann, S. 209, 210. 28 Anders Poertzgen, NZI 2007, 15, 16, der die Regelung für sanierungsfeindlich hält. Die von Poertzgen befürchtete „Lähmung“ der Geschäftsführung durch die Regelung des § 64 Satz 3 GmbHG ist jedoch so nicht erkennbar. 29 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 143, Rdn. 2.1. 30 So auch Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541. 31 Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung Rdn. 1. 32 Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl. I S. 2866; in Kraft seit dem 01. 01. 1999, § 359 InsO, Art. 110 Abs. 1 EGInsO. 33 Seagon, in: Buth/Hermanns, § 17 Rdn. 88.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

nierung im Rahmen des Insolvenzverfahrens lassen sich unter Zugrundelegung eines schematischen Verlaufs einer Unternehmenskrise34 auch durch Zuordnung zu unterschiedlichen Zeitabschnitten gegeneinander abgrenzen: • Sobald eine Unternehmenskrise eingetreten und erkannt worden ist, besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, im Rahmen einer vorinsolvenzlichen Sanierung Maßnahmen zur Krisenbewältigung zu vereinbaren und umzusetzen. Soweit die Krise bis zum Zeitpunkt der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen kein solches Ausmaß erreicht hat, dass ein gesetzlich normierter Grund nach §§ 16 – 19 InsO zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingreift, besteht für die Beteiligten allein die Möglichkeit zur Vornahme vorinsolvenzlicher Sanierungsmaßnahmen. • Nimmt eine Unternehmenskrise durch weiteren Zeitablauf oder hinzutretende negative Faktoren gravierendere Ausmaße an und droht der Schuldner nach § 18 InsO zahlungsunfähig zu werden, so besteht weiterhin die Möglichkeit vorinsolvenzlicher Sanierungsbemühungen. Alternativ dazu kann der Schuldner jedoch auch einen Insolvenzantrag nach § 18 Abs. 1 InsO stellen. Nach § 18 Abs. 2 InsO droht ein Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen35. Ab dem Eintritt einer drohenden Zahlungsunfähigkeit besteht für den Schuldner somit alternativ die Möglichkeit, zwischen vorinsolvenzlichen Sanierungsmaßnahmen und einer Sanierung des Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu wählen. • Bei einer Verschärfung der Unternehmenskrise des Schuldners über die Grenze der Überschuldung nach § 19 InsO oder der Zahlungsunfähigkeit36 nach § 17 InsO hinaus verengt sich der Handlungsspielraum für eine vorinsolvenzliche Sanierung drastisch und ein Insolvenzverfahren ist unter diesen Umständen in der Regel kaum noch abzuwenden. Zum einen sind in diesem Fall unter den Voraussetzungen des § 14 InsO zusätzlich die Gläubiger zur Stellung eines Insolvenzantrags berechtigt. Zum anderen sind bei zahlungsunfähigen oder überschuldeten juristischen Personen nach § 15a InsO sämtliche Mitglieder des Vertretungsorgans ¢ unter zivilrechtlicher Drohung der Insolvenzverschleppungshaftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO und der Strafandrohung des § 15a Abs. 4 InsO ¢ verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, spätestens jedoch drei Wochen nach dem Eintritt der Zah-

34 Zu den verschiedenen Krisenzuständen und zur Krisenerkennung vgl. Drukarczyk/ Schöntag, in: Gottwald, § 2 Rdn. 5 ff. 35 Näher zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, vgl. Bußhardt, in: Braun-InsO, § 18 Rdn. 1 ff. 36 Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 InsO vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Dabei ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 33

lungsunfähigkeit oder Überschuldung. Nach der Rechtsprechung37 und der überwiegenden Meinung in der Literatur38 beginnt die Insolvenzantragspflicht und damit der Lauf der Frist von maximal drei Wochen mit dem objektiven Eintritt und der Erkennbarkeit des Insolvenzgrundes für den Vorstand oder die Geschäftsführer. Die Antragspflicht wird nicht dadurch erfüllt oder gehemmt, dass sich die Geschäftsleiter um eine Sanierung bemühen39. Nur wenn und solange innerhalb der Frist von drei Wochen erfolgsversprechende Sanierungsmöglichkeiten objektiv realisierbar erscheinen, kann während des Andauerns von Sanierungsbemühungen die Stellung eines Insolvenzantrags zurückgestellt werden, ohne das hierin ein schuldhaftes Zögern im Sinne des § 15a Abs. 1 InsO zu sehen wäre40. Bis zur Grenze der Höchstfrist von drei Wochen ist ein Zuwarten mit der Stellung des Insolvenzantrags somit nur dann ohne den Vorwurf schuldhaften Zögerns möglich, wenn berechtigte Aussichten auf eine Sanierung und Fortführung des Unternehmens bestehen41. Scheitern Sanierungsbemühungen im Lauf der Drei-Wochenfrist, muss umgehend Insolvenzantrag gestellt werden42. Auf den Antrag hin entscheidet das Insolvenzgericht nach § 27 InsO über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie zuvor über gegebenenfalls zu treffende vorläufige Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO. Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, wird die Schuldnergesellschaft hierdurch nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst. 1. Leitlinien und Charakteristika des Insolvenzverfahrens a) Wirkung der Verfahrenseröffnung/Stellung des Insolvenzverwalters Das Insolvenzverfahren dient der Verwirklichung des in § 1 InsO bestimmten Ziels der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger43. Dies erfolgt durch die Verwertung des Schuldnervermögens und eine anschließende Erlösverteilung an die Insolvenzgläubiger oder durch eine in einem Insolvenzplan enthaltene abweichende Regelung, welche insbesondere zum Erhalt des Schuldnerunternehmens getroffen werden kann.

37 BGH, Urteil vom 29. 11. 1999 – II ZR 273/98, BHGZ 143, 184 = NJW 2000, 668; BGH, Urteil vom 09. 07. 1979 – II ZR 118/77 = NJW 1979, 1823. 38 Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 15a Rdn. 14; Kirchhof, in: HdKo-InsO, § 15a Rdn. 6. Einen Überblick zu den unterschiedlichen Ansätzen in der Literatur bieten Uhlenbruck/ Gundlach, in: Gottwald, § 7 Rdn. 9. 39 BGH, Urteil vom 12. 02. 2007 – II ZR 308/05, DStR 2007, 816 (zur Genossenschaft). 40 BGH, Urteil vom 09. 07. 1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 = NJW 1979, 1823. 41 Uhlenbruck/Gundlach, in: Gottwald, § 7 Rdn. 8. 42 BGH, Urteil vom 09. 07. 1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 = NJW 1979, 1823. 43 Das Insolvenzverfahren ist ein gerichtlich geleitetes Gesamtvollstreckungsverfahren, vgl. Stürner, in: MüKo-InsO, Einleitung Rdn. 1.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Der Schuldner verliert durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens44 nach § 80 Abs. 1 InsO grundsätzlich das Verwaltungs- und Verfügungsrecht an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen an den Insolvenzverwalter45. Dieser ist ein vom Gericht im Eröffnungsbeschluss nach § 27 Abs. 1 InsO ernannter und nach § 56 Abs. 1 InsO von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängiger Sachwalter46, der gemäß § 58 Abs. 1 InsO unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts steht. Durch die Verfahrenseröffnung werden die Gläubiger nach § 89 Abs. 1 InsO an der Einzelvollstreckung in die Insolvenzmasse gehindert. Nach Verfahrenseröffnung sind Gläubiger daran gehindert, ihre persönlichen Vermögensansprüche im regulären Klageweg durchzusetzen, § 87 InsO. Sämtliche Insolvenzgläubiger können ihre Ansprüche ausschließlich nach § 174 InsO durch Anmeldung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle weiterverfolgen und sind dabei dem in §§ 174 ff. InsO geregelten Anmelde-, Prüfungs- und Feststellungsverfahren unterworfen. b) Publizität der Verfahrenseröffnung Der Geschäftsverkehr wird über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 30 InsO durch die öffentliche Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses unterrichtet. Die öffentliche Bekanntmachung erfüllt insbesondere eine materiellrechtliche Warnfunktion47, da der Schuldner mit Verfahrenseröffnung ¢ außer im Fall der Eigenverwaltung ¢ die Befugnis verliert, über sein Vermögen zu verfügen (§§ 80, 81 InsO), und Schuldner eines Insolvenzschuldners nach der Verfahrenseröffnung gemäß § 82 InsO grundsätzlich nur noch an den Insolvenzverwalter schuldbefreiend leisten können48. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach § 9 InsO im Internet unter der Domain www.insolvenzbekanntmachungen.de. Zudem wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Handels-

44 Dem Schuldner können bereits zwischen Stellung des Insolvenzantrags und Verfahrenseröffnung Sicherungsmaßnahmen, insbesondere ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 Abs. 2 Satz. 1 Nr. 2 InsO, auferlegt werden. 45 Nur im Fall der Eigenverwaltung verbleibt der Schuldner berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, §§ 270 ff. InsO. Näher zur Eigenverwaltung unten, 1. Kapitel, II. 3. c). 46 Zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters, insbesondere zur in der Praxis angewandten Amtstheorie, nach der der Verwalter als Amtstreuhänder in eigenem Namen mit Wirkung für und gegen die Masse handelt, Graeber, in: MüKo-InsO, § 56 Rdn. 142 – 148. 47 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 30 Rdn. 2. 48 Die öffentliche Bekanntmachung trägt dazu bei, wirksame Erfüllungshandlungen an den Schuldner nach § 407 BGB zu verhindern, § 82 Satz 2 InsO. Die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eines Grundstücks oder Rechts an einem Grundstück nach § 892 BGB, §§ 81 Abs. 1 Satz 2, 91 Abs. 2 InsO wird nach § 32 InsO durch die Eintragung eines Insolvenzvermerks im Grundbuch verhindert. Durch Eintragung des Insolvenzvermerks im Grundbuch tritt für Verfügungen des Insolvenzschuldners eine Grundbuchsperre ein, vgl. Uhlenbruck, in: UhlenbruckInsO, § 32 Rdn. 17.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 35

gesellschaft nach § 32 HGB, § 31 InsO in das Handelsregister49 und hinsichtlich Grundstücken der Schuldnergesellschaft nach § 32 InsO in das Grundbuch eingetragen, sodass im Hinblick auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weitreichende Publizität hergestellt wird. Werden im Eröffnungsverfahren durch das Gericht Verfügungsbeschränkungen des Schuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO und die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters angeordnet, so ist dies ebenfalls nach den §§ 23 Abs. 1, 9 InsO öffentlich bekanntzumachen und nach § 23 Abs. 2 InsO, § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB in das Handelsregister einzutragen. Wird ein allgemeines Verfügungsverbot ohne vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungs- oder Zustimmungsbefugnisse bestellt, so steht die öffentliche Bekanntmachung im pflichtgemäßen Ermessen des Insolvenzgerichts50. Gleiches dürfte bei einer nach § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO beantragten Eigenverwaltung für die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters gelten, da dem Schuldner bei Bestellung eines vorläufigen Sachwalters nach § 270a Abs. 1 InsO im Eröffnungsverfahren kein allgemeines Verfügungsverbot oder Zustimmungsvorbehalt auferlegt wird51. c) Gläubiger entscheiden über Unternehmensfortführung und Insolvenzplan Nach Inbesitznahme und Aufnahme der Verwaltung der Insolvenzmasse nach §§ 80, 148 InsO hat der Verwalter insbesondere eine Übersicht des Vermögens des Schuldners zu erstellen (§ 153 InsO) und im Berichtstermin als erster Gläubigerversammlung über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und die Ursachen der Insolvenz zu informieren. Weiter hat der Insolvenzverwalter im Berichtstermin darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Schuldnerunternehmen ganz oder teilweise zu erhalten, und welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan existieren, § 156 Abs. 1 InsO. Zu Vorschlägen für einen Unternehmenserhalt und zu einem Insolvenzplan hat der Verwalter auch deren voraussichtliche Auswirkungen auf die 49 Die Eintragung nach § 32 Abs. 1 HGB in das Handelsregister wird nach § 32 Abs. 2 Satz 1 HGB dagegen nicht gesondert nach § 10 HGB bekannt gemacht. 50 Kirchhof, in: HdKo-InsO, § 23 Rdn. 3; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 23 Rdn. 2. Teilweise wird auch eine Veröffentlichungspflicht bzw. ein auf null reduziertes Ermessen angenommen, so Haarmeyer, in: MüKo-InsO, § 23 Rdn. 10; Böhm, in: Braun-InsO, § 23 Rdn. 12; dagegen Schmerbach, in: FK-InsO, § 23 Rdn. 4, der § 23 für nicht anwendbar hält, wenn ein allgemeines Verfügungsverbot ohne vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wurde. 51 Zur Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften für das Eröffnungsverfahren, vgl. Riggert, in: Nerlich/Römermann-InsO, § 270a Rdn. 16; Riggert, in: Braun-InsO, § 270a Rdn. 1 sowie Böhm, in: Braun-InsO, § 23 Rdn. 12, der darauf verweist, dass die Anordnung der Eigenverwaltung mit Bestellung eines vorläufigen Sachwalters weniger in die Rechte des Schuldners eingreift und daher nicht zu einer mit der vorläufigen Insolvenzverwaltung vergleichbaren, negativ behafteten Außenwirkung führt.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Gläubigerbefriedigung darzulegen. Schließlich trifft die Gläubigerversammlung im Berichtstermin die Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens und beschließt nach § 157 Satz 1 InsO über die Stilllegung oder vorläufige Fortführung des Schuldnerunternehmens. Dabei kann der Verwalter mit der Erstellung eines Insolvenzplans nach §§ 217 ff. InsO beauftragt werden, wobei die konkreten Planziele von der Gläubigerversammlung vorgegeben werden können, § 157 Satz 2 InsO. In diesen Befugnissen der Gläubigerversammlung, über das weitere Schicksal des schuldnerischen Unternehmens zu entscheiden, kommt die zentrale Stellung der Gläubigerversammlung und somit der durch die Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 199952 deutlich gestärkte Grundsatz der Gläubigerautonomie53 zum Ausdruck54, welcher es den Gläubigern ermöglichen soll, das Verfahrensziel zu bestimmen55. Die Gläubiger entscheiden somit folgerichtig über die Eingehung der zur Zielerreichung erforderlichen Risiken, deren Folgen sie bei Scheitern eines Sanierungsversuchs auch wirtschaftlich zu tragen haben56. d) Entscheidung über die Verwertung der Insolvenzmasse Unabhängig von der Entscheidung der Gläubigerversammlung, das Schuldnerunternehmen stillzulegen oder vorläufig fortzuführen, hat der Insolvenzverwalter nach dem Berichtstermin unverzüglich das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwerten, soweit nicht von der Gläubigerversammlung anderweitige Beschlüsse getroffen wurden, § 159 InsO. Die Realisierung der Massewerte erfolgt durch „endgültige Umwandlung realen Schuldnervermögens in Geld unmittelbar zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung“57. Als mögliche Verwertungsart kommt dabei nicht nur die Liquidation der Insolvenzmasse im Wege der Einzelveräußerung des beweglichen und unbeweglichen Vermögens58 des Schuldners in Betracht, sondern insbesondere auch die Veräuße52 Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl. I S. 2866; nach Art. 110 Abs. 1 EGInsO in Kraft getreten am 01. 01. 1999. 53 Vgl. Regierungsbegründung zur InsO, BT-Drucksache 12/2442, S. 173. 54 Esser, in: Braun-InsO, § 156 Rdn. 1, § 157 Rdn. 1. 55 Zum Schutz der Gläubiger vor einer erheblichen Verminderung des Schuldnervermögens durch eine Unternehmensfortführung kann das Schuldnerunternehmen ¢ in Durchbrechung des Grundsatzes der Gläubigerautonomie ¢ mit Zustimmung des Insolvenzgerichts nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO ohne Beteiligung der Gläubiger bereits im Eröffnungsverfahren oder nach § 158 InsO vor dem Berichtstermin unter Beteiligung des Gläubigerausschusses oder des Schuldners stillgelegt werden. 56 Zum Umfang des dem Insolvenzverwalter erlaubten Risikos bei der übertragenden Sanierung und Defiziten in der Gläubigerautonomie bei der Entscheidungsfindung, Zipperer, NZI 2008, 206. 57 BGH, Urteil vom 20. 02. 2003 – IX ZR 81/02, BGHZ 154, 72 = NJW 2003, 2240. 58 Zu den zulässigen Verwertungsarten bei Mobilien und Immobilien, vgl. Wegener, in: FKInsO, § 159 Rdn. 6 ff.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 37

rung des Schuldnerunternehmens als Gesamtheit, da die Gläubiger im Gegensatz zur Zerschlagung des Unternehmens in seine Einzelteile bei Fortbestand eines lebenden Unternehmens regelmäßig Aussicht auf eine weiter gehende Befriedigung haben59. Die Veräußerung des Schuldnerunternehmens kann dabei sowohl im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens erfolgen als auch Gegenstand eines Insolvenzplans sein. Im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens obliegt die Entscheidung über die Art der Verwertung grundsätzlich dem Insolvenzverwalter, der sich bei seiner Entscheidung über die Verwertungsart am Maßstab optimaler Verwertung zu orientieren hat60. Der Verwalter hat somit diejenige Verwertungsart zu wählen, die im Einzelfall unter Ausnutzung der zeitlichen und örtlichen Marktlage in vertretbarer Zeit den besten Erlös verspricht61. Da die Verwertung des Schuldnervermögens primär eine unternehmerisch geprägte Aufgabe ist, stellt das Insolvenzrecht den hierzu erforderlichen rechtlichen Rahmen zur Verfügung, ohne Detailregelungen zu treffen. So sieht die Insolvenzordnung für das Regelverfahren lediglich für die Vornahme besonders bedeutsamer Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters Zustimmungserfordernisse62 der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses vor, welche insbesondere die Veräußerung des Schuldnerunternehmens im Ganzen betreffen, §§ 160 – 163 InsO. Die Verwertung des Schuldnerunternehmens im Ganzen erfolgt im Regelverfahren dabei überwiegend durch sogenannte übertragende Sanierung63 und erfordert grundsätzlich die Zustimmung des Gläubigergremiums nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InsO. e) Unterscheidung zwischen übertragender und erhaltender Sanierung Unter dem Begriff der übertragenden Sanierung wird die Übertragung des Schuldnerunternehmens oder eines selbstständigen Teils davon auf einen anderen Rechtsträger verstanden64. Hierzu werden sämtliche Aktiva, welche das Unternehmen ausmachen, im Wege der Einzelrechtsübertragung („asset deal“) aus der Insolvenzmasse an eine Zielgesellschaft veräußert. Die Veräußerung des Unternehmens kann dabei entweder an einen bereits bestehenden oder einen neu zu gründenden Rechtsträger, eine sogenannte Auffanggesellschaft, erfolgen65. Obwohl 59

BGH, Urteil vom 14. 11. 1996 – IX ZR 339/95, NJW 1997, 524, 525. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. 11. 1972 – 4U 79/72, KTS 1973, 270, 271. 61 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 159 Rdn. 3. 62 Die Zustimmungserfordernisse der §§ 160 – 163 InsO binden den Insolvenzverwalter nach § 164 InsO lediglich im Innenverhältnis. Im Außenverhältnis sind die Handlungen des Verwalters auch bei Missachtung von Zustimmungserfordernissen aus Gründen des Verkehrsschutzes wirksam. Bei Missachtung der Zustimmungserfordernisse setzt sich der Insolvenzverwalter allerdings Aufsichtsmaßnahmen des Insolvenzgerichts nach § 58 InsO und gegebenenfalls Haftungsansprüchen nach § 60 InsO aus. 63 Der Begriff stammt von K. Schmidt, ZIP 1980, 337. 64 Esser, in: Braun-InsO, § 159 Rdn. 6. 65 K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 400, Rdn. 4.20. 60

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

übertragende Sanierungen rechtstatsächlich überwiegend im Regelinsolvenzverfahren durchgeführt werden, kann eine solche auch Gegenstand eines Insolvenzplans sein. In beiden Fällen verbleiben bei der übertragenden Sanierung die Verbindlichkeiten bei der bislang unternehmenstragenden Schuldnergesellschaft66, welche im Rahmen des Insolvenzverfahrens liquidiert wird67. Der erzielte Kaufpreis wird als Verwertungserlös zur Befriedigung an die Gläubiger des bisherigen Unternehmensträger verteilt68. Im Rahmens eines Insolvenzplans nach §§ 217 ff. InsO besteht neben der übertragenden Sanierung die Möglichkeit einer sogenannten erhaltenden, fortführenden Sanierung oder Reorganisation69 des Unternehmensträgers, also der Schuldnergesellschaft selbst. Da hierbei keine Veräußerung des Schuldnerunternehmens erfolgt, soll die Befriedigung der Gläubiger bei einer fortführenden Sanierung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens aus von der Gesellschaft neu erwirtschafteten Überschüssen erfolgen70. Zur Umsetzung einer erhaltenden Sanierung muss die durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöste Gesellschaft nach Abschluss des Insolvenzverfahrens fortgesetzt werden. Hierzu war bis zum Inkrafttreten des ESUG ein Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter nach § 274 Abs. 2 Nr. 1 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG erforderlich, der nach neuer Rechtslage auch als gesellschaftsrechtliche Regelung nach § 225a Abs. 3 InsO in den Insolvenzplan aufgenommen werden kann. Da das Unternehmen bei einer fortführenden Sanierung in der Schuldnergesellschaft verbleibt, kommt es auf diesem Weg nicht zu einer Aufspaltung der Aktiva (Unternehmen) und Passiva der Schuldnergesellschaft. Für die Forderungen der Insolvenzgläubiger können im Insolvenzplan aber nach § 224 InsO Sanierungsbeiträge wie Forderungskürzung oder Stundung vorgesehen werden71, 66

Selbst wenn ein Schuldnerunternehmen unter Einschluss der Passiva durch den Insolvenzverwalter veräußert würde, greift die Haftung des Erwerbers für die Verbindlichkeiten nach § 25 HGB und § 419 BGB a. F. nicht ein; BGH, Urteil vom 11. 04. 1988 – II ZR 313/87, BGHZ 104, 151, 153 = NJW 1988, 1912.; BAG, Urteil vom 20. 09. 2006 – 6 AZR 215/06, NJW 2007, 942. 67 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 159 Rdn. 47. 68 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 159 Rdn. 47. 69 Der Begriff der Reorganisation ist dem US-amerikanischen insolvenzlichen Reorganisationsmodell des USC Title 11, Chapter 11 Bankrupcy Code (BC) entlehnt. Im Gegensatz zu dem bis zum Inkrafttreten des ESUG im deutschen Insolvenzrecht geltenden Grundsatz der gesellschaftsrechtlichen Neutralität enthält das US-amerikanische Insolvenzrecht seit jeher weitgehende Eingriffsmöglichkeiten in die Rechtsposition der Gesellschafter, USC Title 11, Chapter 11, Subchapter II, § 1123 BC. Gesellschafterbeschlüsse werden durch den vom Gericht bestätigten Reorganisationsplan ersetzt. Zwar nehmen die Gesellschafter als „interest holder“ an der Abstimmung über den Reorganisationsplan teil, ihre Zustimmung kann aber nach den Grundsätzen des „cram down“ ersetzt werden, USC Title 11, Chapter 11, Subchapter II, § 1129 (b) BC. 70 Maus, in: Kölner Schrift zur InsO, S. 931, 934; Riggert, in: Braun-InsO, § 284 Rdn. 5. 71 Die Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger werden nach § 225 InsO mit der Bestätigung des Insolvenzplans erlassen, soweit im Insolvenzplan hinsichtlich nachrangiger Forderungen keine abweichende Regelung getroffen wurde.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 39

deren Rechtswirkungen mit der Bestätigung des Plans durch das Insolvenzgericht wirksam werden, § 254 Abs. 1 InsO. Soweit der Insolvenzplan keine abweichende Regelung vorsieht, wird der Schuldner durch Erfüllung der im Insolvenzplan vorgesehenen Befriedigung der Gläubiger nach § 227 Abs. 1 InsO von den verbleibenden Verbindlichkeiten befreit, sodass ¢ unter der Prämisse der Zustimmung der Gläubiger ¢ auch bei einer fortführenden Sanierung eine Bereinigung der Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft erreicht werden kann. Eine Zustimmung der Insolvenzgläubiger zu Sanierungsbeiträgen ist in der Regel allerdings nur zu erwarten, wenn sie trotz ihrer nominellen Forderungsverzichte mit einer insgesamt höheren Befriedigungsquote rechnen können als bei einer Verwertungsart, die ihre Zustimmung nicht erfordert. Gerade unter dem Gesichtspunkt der optimalen Gläubigerbefriedigung kann eine erhaltende Sanierung Vorteile gegenüber einer übertragenden Sanierung für sich geltend machen und sich im konkreten Anwendungsfall als die vorzugswürdige Sanierungs- und Verwertungsalternative erweisen72. Für eine erhaltende Sanierung kann dabei insbesondere die Bewahrung von an den Rechtsträger gebundenen Rechtsbeziehungen und Berechtigungen sprechen73, da betriebsnotwendige Rechtsverhältnisse wie Miet-, Pacht- und Leasingverträge, Vertriebsrechte und Lizenzen an die unternehmenstragende Gesellschaft gebunden sind und grundsätzlich nicht ohne Zustimmung der Vertragspartner auf den Erwerber des Unternehmens übergehen. Gleiches gilt teilweise für öffentlich-rechtliche Gestattungen und Genehmigungen74. Weiter ist auch die zukünftige Nutzung von bei der Schuldnergesellschaft bestehenden steuerlichen Verlustvorträgen in den Grenzen der § 8c KStG, § 10d EStG nur möglich, wenn das Unternehmen in der Ausgangsgesellschaft als gemäß § 33 Abs. 1 AO, § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG steuerpflichtige Körperschaft weitergeführt wird75. Auch die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps fällt in die Kategorie der erhaltenden Sanierung, da hierdurch die zur Fortführung des Unternehmens erforderlichen Veränderungen der Kapital-, Finanz- und Bilanzstruktur der unternehmenstragenden Gesellschaft vorgenommen werden können. Eine wesentliche Ursache dafür, dass als Verwertungsmodus bislang die übertragende Sanierung im regulären Insolvenzverfahren rechtstatsächlich die größte 72

Eidenmüller Unternehmenssanierung, S. 43 f.; Eidenmüller, ZGR 2001, 680, 699. Hierzu ausführlich unter Nennung zahlreicher praxisrelevanter Fälle, Bitter, ZGR 2010, 147, 157 ff.; Bitter/Laspeyres, ZIP 2010, 1157 ff. 74 Sach- und anlagenbezogene Genehmigungen, wie z. B. § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), haben unabhängig von dem Wechsel des Rechtsträgers des Unternehmens Bestand. Dagegen sind personenbezogene Genehmigungen nicht übertragbar und müssen bei einem Unternehmenserwerb neu eingeholt werden, bspw. die Konzession nach § 30 Gewerbeordnung (GewO) zum Betrieb einer Privatklinik oder die Erlaubnis zum Betrieb gewerblichen Güterkraftverkehrs nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG). 75 Bitter, ZGR 2010, 147, 161. Im Einzelnen zur Nutzung von Verlustvorträgen unten, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (2). Zur Nichtanwendbarkeit der Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG bei schädlichem Beteiligungserwerb vgl. unten, 3. Kapitel, VII. 3. 73

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Verbreitung gefunden hat und nicht die erhaltende Sanierung des Rechtsträgers, liegt in der ursprünglichen Konzeption der Insolvenzordnung begründet, nach der die Gesellschaftsanteile an der Schuldnergesellschaft nicht zur Insolvenzmasse gehörten76 und der Insolvenzverwalter daher im Rahmen seines Verwaltungs- und Verfügungsrechts nach § 80 InsO eine Verwertung des Unternehmens durch Veräußerung der Gesellschaftsanteile im Wege eines „share deal“ nicht vornehmen konnte. Dies war nur unter Mitwirkung der Gesellschafter möglich, deren Verbandsautonomie ¢ abgesehen von der Auflösung der Gesellschaft durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens ¢ durch das Insolvenzverfahren nicht berührt wurde. Soweit eine fortführende Sanierung in Betracht kam, fiel den Gesellschaftern eine Schlüsselstellung zu, die unter Einnahme einer Blockadeposition dazu ausgenutzt werden konnte, sich ihre Zustimmung durch Gewährung von Sondervorteilen „abkaufen“ zu lassen77. Ein solches Vorgehen widerspricht jedoch regelmäßig der den Gesellschaftern zugewiesenen Stellung im Insolvenzverfahren als Eigenkapitalgeber, die gemäß den gesetzlichen Wertungen als letztrangige Residualgläubiger nach § 199 InsO nur in dem (praktisch äußerst seltenen) Fall an der Insolvenzmasse beteiligt werden, wenn zuvor die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden können. Die Möglichkeiten einer fortführenden Sanierung wurden im Jahr 2012 durch die Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG deutlich erweitert. Die Blockademöglichkeiten der Gesellschafter der Schuldnergesellschaft wurden durch die Aufgabe der sogenannten gesellschaftsrechtlichen Neutralität des deutschen Insolvenzrechts78 minimiert. Nunmehr besteht die Möglichkeit, gesellschaftsrechtliche Regelungen nach § 225a InsO in einen Insolvenzplan aufzunehmen. Durch die Reform wurden somit die Voraussetzungen für eine erhaltende oder fortführende Sanierung unter Zugriff auf die Rechte der Anteilsinhaber geschaffen, was ohne Übertreibung als Paradigmenwechsel im deutschen Insolvenzrecht bezeichnet werden kann. f) Befriedigung der Insolvenzgläubiger und Einstellung des Insolvenzverfahrens Unabhängig davon, ob eine Sanierung und Veräußerung des Schuldnerunternehmens im Ganzen, im regulären Insolvenzverfahren, im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens oder ob eine Verwertung im Wege der Unternehmenszerschlagung erfolgt, ist zur späteren quotalen Befriedigung der Insolvenzgläubiger das hierfür vorgesehene Feststellungsverfahren nach §§ 174 – 186 InsO durchzuführen. Bei der Verteilung der Insolvenzmasse finden nur Insolvenzgläubiger Berücksichtigung, die ihre Forderungen nach §§ 174, 175 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet haben und deren Forderungen im Rahmen einer Gläubigerversammlung, dem so76

Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 159 Rdn. 22. Bitter, ZGR 2010, 147, 161 f. 78 Die Schöpfung des Begriffs der „gesellschaftsrechtlichen Neutralität des deutschen Insolvenzrechts“ erfolgte in der Stellungnahme des Gravenbrucher Kreises zum Diskussionsentwurf eines Insolvenzreformgesetzes in ZIP 1989, 468, 471. 77

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 41

genannten Prüfungstermin, zur Tabelle festgestellt wurden, §§ 176, 178 InsO. Wird eine angemeldete Forderung im Prüfungstermin vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Insolvenzgläubiger bestritten, kann die Berechtigung der angemeldeten Forderung allein im Wege des Feststellungsprozesses nach §§ 180 ff. InsO geklärt werden. Sobald durch Verwertung des Schuldnervermögens nach dem Prüfungstermin hinreichende Barmittel in der Insolvenzmasse vorhanden sind, können Abschlagsverteilungen erfolgen, § 187 InsO. Nach vollständiger Verwertung der Insolvenzmasse findet die Schlussverteilung an die Insolvenzgläubiger statt, § 196 InsO. Bei der Verteilung werden alle Insolvenzgläubiger gleich behandelt79 und nach dem Verhältnis der Forderungsbeträge berücksichtigt80. Das bedeutet, dass ein Gläubiger denjenigen Prozentsatz der an die Insolvenzgläubiger insgesamt zu verteilenden Insolvenzmasse erhält, den seine Forderungen im Verhältnis zu allen zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen ausmachen (Verteilungsschlüssel). Dagegen bezeichnet die sogenannte Insolvenzquote den Umfang der durch das Insolvenzverfahren erfolgten Befriedigung im Verhältnis zum Nominalbetrag der Forderungen der Insolvenzgläubiger (Befriedigungsquote). Das Insolvenzverfahren wird nach erfolgter Schlussverteilung durch einen vom Insolvenzgericht erlassenen Aufhebungsbeschlusses beendet, § 200 Abs. 1 InsO. Nach Verfahrensaufhebung besteht für die Insolvenzgläubiger nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich ein freies Nachforderungsrecht. Sie können ihre Forderungen, soweit sie nicht durch die Erlösverteilung erfüllt worden sind, weiter gegen den Schuldner geltend machen und aus der Eintragung in der Insolvenztabelle wie aus einem Urteil vollstrecken, § 201 InsO. Soweit ein Insolvenzplanverfahren durchgeführt wurde, wird das Nachforderungsrecht allerdings regelmäßig dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner von den restlichen Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern nach § 227 InsO befreit wird81. Aber auch im Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft ist das Nachforderungsrecht in der Praxis ein stumpfes Schwert, da der durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelösten Schuldnergesellschaft nach Abschluss des Insolvenzverfahrens keine Vermögensgegenstände mehr verbleiben82. Aus diesem Grund schließt sich an den Abschluss des Insolvenzverfahrens auch kein gesellschaftsrechtliches Liquidationsverfahren an83. Ist mit Beendigung 79

Eine Rangfolge besteht lediglich zwischen regulären Insolvenzgläubigern nach § 38 InsO und nachrangigen Insolvenzgläubigern nach § 39 InsO. Nachrangige Insolvenzgläubiger werden nur berücksichtigt, wenn sämtliche vorrangige Forderungen vollständig befriedigt werden können. 80 Bork, Einführung Insolvenzrecht, S. 190, Rdn. 301. 81 Die Restforderung wird erlassen, bleibt jedoch als unvollkommene Verbindlichkeit bzw. Naturalobligation bestehen; sie ist nicht durchsetzbar, aber erfüllbar, vgl. Lüer, in: UhlenbruckInsO, § 227 Rdn. 4. 82 Sollten sich nach der Schlussverteilung Vermögensgegenstände des Schuldners herausstellen, so ordnet das Insolvenzgericht unter den Voraussetzungen des § 203 InsO eine Nachtragsverteilung an. 83 Haas/Hossfeld, in: Gottwald, § 92 Rdn. 546.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

des Insolvenzverfahrens kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden, so tritt die Vollbeendigung der Gesellschaft spätestens mit der Löschung der Gesellschaft im Handelsregister ein84, wobei die Löschung der vermögenslosen Gesellschaft nach § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG von Amts wegen erfolgt85. Durch die Vollbeendigung verliert die Gesellschaft ihre Rechts- und Parteifähigkeit, sodass Ansprüche von Gläubigern mangels Existenz des Schuldners auch formal nicht mehr durchsetzbar sind. g) Fazit Im vorliegenden Abschnitt wurden die grundlegenden Merkmale des Insolvenzverfahrens erörtert sowie dessen Ablauf von der Verfahrenseröffnung bis zur Einstellung des Verfahrens nachgezeichnet. Neben der Stellung des Insolvenzverwalters als unabhängiger Sachwalter wurde die zentrale Position der Gläubiger im Verfahren herausgestellt, deren gemeinschaftliche Befriedigung das primäre Verfahrensziel der Insolvenzordnung ist. Hinsichtlich der Frage einer Sanierung des Schuldnerunternehmens im Insolvenzverfahren besonders relevant ist dabei die Entscheidungsbefugnis der Gläubiger, im Berichtstermin über die Stilllegung oder vorläufige Fortführung des Unternehmens sowie über die Beauftragung des Insolvenzverwalters mit der Erstellung eines Insolvenzplans zu entscheiden. In diesem Kontext wurde die Unterscheidung zwischen übertragender und erhaltender Sanierung erläutert und verdeutlicht, dass eine erhaltende Sanierung – und somit auch ein insolvenzlicher Debt-Equity-Swap – im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens erfolgen muss. Ein Insolvenzplan ist schließlich von den Gläubigern und den weiteren Beteiligten im Abstimmungstermin anzunehmen und vom Insolvenzgericht zu bestätigen. In Bezug auf die Sanierungsmöglichkeiten wurde bereits erwähnt, dass sich die Möglichkeiten einer fortführenden Sanierung durch die Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG deutlich erweitert haben. Die Darlegung der sanierungsrelevanten Eckpunkte der Insolvenzrechtsreform und die Auswirkungen für die Durchführung eines insolvenzlichen Debt-Equity-Swaps erfolgen im Einzelnen nach einem Blick auf die Entwicklung des Insolvenzrechts seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung. 84 Es ist umstritten, ob die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person bereits durch den Eintritt von Vermögenslosigkeit erlischt, so BGH, Beschluss vom 23. 02. 1970 – II ZB 5/69, BGHZ 53, 264, 266 = NJW 1970, 1044; BGH, Urteil vom 20. 03. 1985 – VIII ZR 342/83, BGHZ 94, 105 = NJW 1985, 1836. Dagegen geht die vorzugswürdige obergerichtliche Rechtsprechung und Literatur nach der sogenannten Lehre vom Doppeltatbestand davon aus, dass zum Verlust der Rechtsfähigkeit neben Vermögenslosigkeit die Löschung im Handelsregister erforderlich ist. Vgl. hierzu mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturnachweisen Solveen, in: Hölters-AktG, § 1 Rdn. 6. 85 Nach § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist die Gesellschaft im Handelsregister zu löschen, wenn das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen durchgeführt worden ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesellschaft noch Vermögen besitzt. Von der Aufhebung des Verfahrens erfährt das Registergericht nach §§ 200 Abs. 2, 31 InsO durch Mitteilung des Insolvenzgerichts.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 43

2. Allgemeine Entwicklung des Insolvenzrechts seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung Die am 01. 01. 1999 in Kraft getretene86 Insolvenzordnung (InsO) hat das bis dahin geltende Insolvenzrecht ¢ zusammengesetzt aus der Konkursordnung von 1877 (KO), der Vergleichsordnung von 1935 (VglO) und der Gesamtvollstreckungsordnung in der Fassung von 1991 (GesO) ¢ abgelöst87. Durch die InsO sollte die Idee der marktkonformen Insolvenzabwicklung in einem einheitlichen Verfahren für alle in Frage kommenden Schuldner verwirklicht werden88. Funktional wurde mit dem Inkrafttreten der InsO die Rechtseinheit in Ost- und Westdeutschland wiederhergestellt und das Nebeneinander zwischen Konkurs- und Vergleichsrecht einerseits sowie Gesamtvollstreckungsrecht andererseits bereinigt89. Inhaltlich wurde durch die InsO erstmals die Gleichwertigkeit der Verfahrensziele Liquidation und Sanierung zur Realisierung der Haftungsverwirklichung festgelegt, § 1 InsO. Weiter wurde die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO bei einem Antrag des Schuldners als neuer Insolvenzeröffnungsgrund eingeführt. Damit sollte Schuldnern die Möglichkeit gegeben werden, durch einen möglichst frühzeitig gestellten Insolvenzantrag die Sanierungsmöglichkeiten innerhalb des Insolvenzverfahrens zu verbessern. Zentral war auch die Einführung des Instituts des Insolvenzplanverfahrens in §§ 217 ff. InsO, durch das die Beteiligten von sämtlichen Liquidationsbestimmungen des Regelverfahrens abweichen können und ¢ dem Prinzip der Gläubigerautonomie folgend ¢ nach dem Mehrheitsprinzip die aus ihrer Sicht günstigste Form der Insolvenzabwicklung festlegen können90. Die Insolvenzordnung enthielt zwar eine Neukodifikation des gesamten Insolvenzrechts und wurde daher auch als „Jahrhundertgesetz“91 gepriesen. Der große Wurf ist dem Gesetzgeber allerdings nicht gelungen, da sich von Anfang an immer wieder überarbeitungsbedürftige Themenfelder gezeigt haben, sodass das Insolvenzrecht seit Inkrafttreten der InsO eher einer gesetzgeberischen „Dauerbaustelle“92 gleicht. So wurde in den ersten zehn Jahren nach Inkrafttreten der InsO nicht nur das internationale Insolvenzrecht neu geordnet93, sondern das Insolvenzverfahren auch inhaltlich durch verschiedene insolvenzspezifische Gesetzgebungspakete mehrfach verändert94. 86

§ 359 InsO, Art. 110 Abs. 1 EGInsO. Eingehend zur Entstehung und Entwicklung der InsO, G. Pape, ZInsO 2009, 1 ff. 88 Kießner, in: Braun-InsO, Einf. Rdn. 11. 89 Kießner, in: Braun-InsO, Einf. Rdn. 14. 90 Auch wenn einzelne Gruppen von Beteiligten die Zustimmung zum Insolvenzplan verweigern, kann durch das in § 245 InsO enthaltene Obstruktionsverbot dennoch eine Umsetzung des Insolvenzplans erreicht werden. 91 Uhlenbruck, NJW 2000, 1386. 92 Kirchhof, ZInsO 2008, 395; Pape, ZInsO 2009, 1 ff. 93 Ein europäisches internationales Insolvenzrecht wurde durch EG-Verordnung Nr. 1346/ 2000 vom 29. 05. 2000, in Kraft getreten am 31. 05. 2002, geschaffen. Aus diesem Anlass wurde das autonome deutsche internationale Insolvenzrecht geschaffen, welches weitgehend parallele Regelungen zum europäischen Recht enthält. Durch das Gesetz zur Neuregelung des Inter87

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Die Erfahrungen mit dem neuen Insolvenzrecht und die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 führten zu dem Schluss, dass das damals geltende Recht keine zufriedenstellenden Sanierungsmöglichkeiten im Allgemeinen und im Besonderen nicht für Kreditinstitute bereithielt. Der politischen Agenda entsprechend, wurde daraufhin zunächst im Jahr 2010 für Kreditinstitute ein gesondertes Restrukturierungsrecht geschaffen95. Im darin enthaltenen Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG)96 werden in einem vorinsolvenzlichen Reorganisationsverfahren Eingriffe in die Kapitalstruktur der Gesellschaft und in die Rechtsstellung der Bestandsgesellschafter ermöglicht und insbesondere das Instrument des Debt-EquitySwaps normiert97. Hinsichtlich des allgemeinen Insolvenzverfahrens hatten nach der Bestandsaufnahme der Bundesregierung verschiedene Defizite der InsO verhindert, dass Schuldner in der Praxis frühzeitig Eigenanträge mit dem Ziel der Unternehmenssanierung stellen und Insolvenzanträge in der Regel so lang hinausgeschoben werden, bis das Schuldnervermögen weitgehend aufgezehrt ist und kaum noch Chancen für eine Sanierung bestehen98. Zudem hat sich als externe Triebfeder der Reformbestrebungen der Umstand erwiesen, dass Schuldner in Einzelfällen im Wege des „Forum Shopping“ die Zuständigkeit deutscher Insolvenzgerichte und die Anwendung deutschen Insolvenzrechts dadurch vermieden haben, dass sie den nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO99 innerhalb der EU für die internationale Zuständigkeit zur Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens maßgeblichen „Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen“ (Center of Main Interest; COMI)100 nach England verlegt haben, sodass nach Art. 4 Abs. 1 EuInsVO englisches Insolvenzrecht als „lex fori concursus“ zur Anwendung gelangte. Auf diesem Weg ist es beispielsweise nationalen Insolvenzrechts vom 14. März 2003, BGBl. I S. 345, wurden die §§ 335 – 358 InsO eingeführt und Art. 102 EGInsO neu gefasst. 94 Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001, BGBl. I S. 2710; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 06. 06. 2002 über Finanzsicherheiten vom 5. April 2004, BGBl. I S. 502; Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007, BGBl. I S. 509 sowie Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026. 95 Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1900. 96 Art. 1 des Restrukturierungsgesetzes vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1900: Gesetz zur Restrukturierung von Kreditinstituten (KredReorgG). 97 Vgl. §§ 1 Abs. 1, 9 Abs. 1, 21 Abs. 2 KredReorgG sowie unten 3. Kapitel, IV. 5. a) aa). 98 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 1. 99 Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. 05. 2000 über das Insolvenzverfahren (ABl. Nr. L 160 S. 1). Durchführungsvorschriften für das deutsche Insolvenzrecht in Art. 102 EGInsO. 100 Im Einzelnen zum Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, vgl. Lüer, in: Uhlenbruck-InsO, Art. 3 EuInsVO Rdn. 9 ff.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 45

möglich, dass eine deutsche Kapitalgesellschaft unter Anwendung des englischen „Company Voluntary Arrangement“ (CVA) saniert werden kann101. In der Literatur hatte dies Besorgnis um den „Insolvenzstandort Deutschland“102 hervorgerufen, welcher sich auch die Bundesregierung angeschlossen hatte103. Aus diesen Gründen wurde daraufhin ¢ als sogenannte erste Reformstufe ¢ das reguläre Insolvenzplanverfahren überarbeitet und weitere sanierungsrelevante Regelungen durch das am 01. 03. 2012 in Kraft getretene Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)104 geschaffen oder geändert. Der nach Inkrafttreten des ESUG verbleibende Überarbeitungsbedarf im Insolvenzrecht soll nach den Planungen des Bundesministeriums der Justiz in den kommenden Jahren in zwei weiteren Reformstufen umgesetzt werden: • In einer „zweiten Stufe“ erfolgt eine Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte105 hat der Bundestag am 16. 05. 2013 verabschiedet und am 07. 06. 2013 den Bundesrat passiert106. Die wesentlichen Regelungen des Gesetzes treten zum 01. 07. 2014 in Kraft107. • In einer „dritten Stufe“ sollen insbesondere gesetzliche Regelungen für Konzerninsolvenzen geschaffen werden108. Der Bundestag hat hierzu am 14. 02. 2014 den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen in erster Lesung beraten109.

101 Das Company Voluntary Arrangement (CVA) nach englischem Recht ist in Section 1, Insolvency Act 1986 geregelt. Das CVA ist als Insolvenzverfahren i. S. d. Art. 2 a) EuInsVO in den Anwendungsbereich der Verordnung einbezogen, vgl. Anhang A zur EuInsVO. Näher zum CVA, Heidrich, in: Aktuelle Aspekte des M&A-Geschäfts 2010, S. 15, 30 ff. 102 Schwemmer, NZI 2009, 355; Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 206; Weller, IPRax 2004, 412. 103 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 1. 104 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2582. 105 Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 31. 10. 2012, BT-Drucksache 17/11268. 106 BR-Drucksache 380/13. 107 Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15. 07. 2013, BGBl. I S. 2379. 108 Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 07. 04. 2011; abrufbar unter: http://www.bmj.de/SharedDocs/Archiv/DE/Pressemitteilungen/2011/20110407_Zweite_Chan ce_auch_bei_der_Verbraucherinsolvenz.html?nn=4795776 %22 [Stand: 05. 03. 2014]. 109 Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen vom 30. 01. 2014, BT-Drucksache 18/407; abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/ 18/004/1800407.pdf [Stand: 05. 03. 2014].

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

3. Sanierungsrelevante und gesellschaftsrechtliche Eckpunkte der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG Durch das ESUG sollen die im Insolvenzverfahren zur Verfügung stehenden Sanierungsinstrumente verbessert und Schuldnern Anreize geboten werden, frühzeitig Insolvenzantrag zu stellen oder Sanierungsmaßnahmen nach der InsO zu ergreifen, solange noch ausreichende Sanierungschancen verbleiben110. Um diese Ziele zu erreichen, wurde durch das Gesetz insbesondere das Insolvenzplanverfahren überarbeitet und dessen Gestaltungsmöglichkeiten unter Einbeziehung der Gesellschaftsanteile und der Gesellschafter ausgeweitet, der Zugang zur Eigenverwaltung ausgebaut sowie die Möglichkeit eines der Eröffnung des Insolvenzverfahren vorgeschalteten „Schutzschirmverfahrens“ eingeführt. a) Erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten im Insolvenzplanverfahren durch Einbeziehung der Anteilsrechte der Gesellschafter Das Insolvenzplanverfahren hat durch das ESUG eine grundlegende Strukturänderung erfahren. Durch Einführung von §§ 217 Satz 2, 225a InsO können die Rechte der Anteilsinhaber der Schuldnergesellschaft in den Insolvenzplan einbezogen und im Plan jede gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung getroffen werden. Besonders hervorgehoben wird in § 225a Abs. 2 InsO die Möglichkeit des DebtEquity-Swaps. Für Gläubiger wird zudem dadurch ein Anreiz geschaffen, sich an einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren zu beteiligen, dass gesellschaftsrechtliche Differenzhaftungsrisiken minimiert werden. Nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans nach § 248 InsO sind Differenzhaftungsansprüche wegen einer Überbewertung der eingebrachten Forderungen, gerichtet auf Ausgleich der Wertdifferenz durch Geldleistung, durch § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen. Kommt es statt der erstrebten Gesundung der Schuldnergesellschaft zu einer Folgeinsolvenz, so kann der Insolvenzverwalter ¢ im Gegensatz zu einem außerinsolvenzlich durchgeführten Debt-Equity-Swap ¢ keine Differenzhaftungsansprüche mehr gegen die am Debt-Equity-Swap beteiligten Gläubiger geltend machen111. Durch die Einbeziehung der Rechte der Anteilsinhaber der Schuldnergesellschaft in das Verfahren wurde die bislang geltende gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts aufgegeben112 und das bis dahin bestehende unverbun110 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 2. 111 Beim Differenzhaftungsanspruch handelt es sich um einen unverzichtbaren Anspruch auf Ausgleich der Wertdifferenz durch Geldleistung gegen den Inferenten, sodass dieser unabhängig von einer Folgeinsolvenz von der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Allerdings werden in der Praxis solche Ansprüche regelmäßig erst im Rahmen eines Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter erhoben. 112 Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 203; Wallner, ZInsO 2010, 1419.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 47

dene Nebeneinander von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht miteinander verzahnt. Soweit im Insolvenzplan Regelungen vorgesehen sind, die Rechte der Anteilsinhaber betreffen, werden die Gesellschafter als Beteiligungsgruppe nach § 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO in das Verfahren über die Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans einbezogen. Die Gesellschafter bilden in diesem Fall im Erörterungs- und Abstimmungstermin über die Annahme des Insolvenzplans eine eigene Abstimmungsgruppe, § 238a InsO. Entsprechend ihrer materiellen Stellung im Regelinsolvenzverfahren als letztrangige Residualgläubiger nach § 199 InsO haben Anteilseigner als Abstimmungsgruppe nur ein sehr eingeschränktes Entscheidungsgewicht, mithin eine eher formale Beteiligungsposition, die generell keine Möglichkeit bietet, die Annahme des Insolvenzplans zu blockieren. Beteiligen sich die Gesellschafter nicht an der Abstimmung über den Insolvenzplan, so gilt ihre Zustimmung nach § 246a InsO als erteilt. Weiter unterliegen die Gesellschafter dem Obstruktionsverbot des § 245 InsO. Danach gilt die Zustimmung der Gruppe der Anteilseigner ¢ unter den nachfolgenden Voraussetzungen ¢ auch dann als erteilt, wenn bei der Abstimmung innerhalb der Gruppe der Gesellschafter die zur Annahme des Plans nötige Mehrheit nicht erreicht wird: • Die Mehrheit der Abstimmungsgruppen stimmt dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zu, § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO; • die Gruppe der Anteilsinhaber wird durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne Plan stünde, § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO, und • die Gruppe der Anteilsinhaber wird angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt, der den Beteiligten nach dem Plan zufließen soll, § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Dabei liegt eine angemessene Beteiligung für die Anteilsinhaber vor, solange kein Gläubiger eine Überkompensation seines Anspruchs erhält (§ 245 Abs. 3 Nr. 1 InsO) und kein Anteilsinhaber, der ohne einen Plan den Anteilsinhabern der Gruppe gleichgestellt wäre, besser gestellt wird als diese, § 245 Abs. 3 Nr. 2InsO113. b) Weitere Änderungen im Insolvenzplanverfahren Daneben wurden durch das ESUG weitere Regelungen zur Verbesserung des Insolvenzplanverfahrens eingeführt, wie etwa eine vergrößerte Reichweite der Planwirkungen durch eine verkürzte Verjährungsfrist für Forderungen, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden sind, § 259b InsO114. Schließlich 113

Da innerhalb jeder Gruppe nach § 226 Abs. 1 InsO alle Beteiligten strikt gleich zu behandeln sind, kommt die Besserstellung eines Teils der Anteilseigner gegenüber anderen Anteilseignern nach § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO nur in Betracht, wenn nach § 222 Abs. 3 InsO eine besondere Gruppe für geringfügig beteiligte Anteilsinhaber gebildet wurde. 114 Nach § 259b InsO verjährt die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin zur Insolvenztabelle angemeldet worden ist, in einem Jahr. Die Verjäh-

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

können Akkordstörer nach § 251 Abs. 3 InsO nicht mehr die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Gericht verhindern, wenn im gestaltenden Teil des Insolvenzplans ausreichend Mittel für den Fall bereitgestellt werden, dass ein Beteiligter seine Schlechterstellung nachweist. Zur Absicherung der Plandurchführung wurden zudem die Möglichkeiten für eine sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung des Plans in § 253 Abs. 2 InsO eingeschränkt sowie die verfahrensrechtliche Möglichkeit geschaffen, die Beschwerde nach § 253 Abs. 4 InsO unverzüglich zurückzuweisen, wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Insolvenzplans vorrangig erscheint, was in aller Regel der Fall sein wird, wenn ein fortzuführender Geschäftsbetrieb mit einer gewissen Anzahl von Arbeitsplätzen betroffen ist115. c) Stärkung der Eigenverwaltung Während die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners im Regelinsolvenzverfahren auf den Insolvenzverwalter übergeht, verbleibt die Verwaltungsund Verfügungsbefugnis bei der Eigenverwaltung mit der Zielsetzung beim Schuldner, die erhaltende Sanierung der unternehmenstragenden Gesellschaft zu unterstützen116. Das Institut der Eigenverwaltung hatte nach bisheriger Rechtslage in der Praxis aber keine nennenswerte Bedeutung erlangen können und somit die Erwartungen des Gesetzgebers nicht erfüllt117. Einerseits war eine Eigenverwaltung bereits nur unter restriktiv gefassten Voraussetzungen des § 270 Abs. 2 InsO a. F. zulässig118, andererseits war die Eigenverwaltung nur für den Zeitraum ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich, nicht aber in dem in der Regel über den weiteren Verfahrensfortgang vorentscheidenden Eröffnungsverfahren. Diese Regelungslücke für das Eröffnungsverfahren führte dazu, dass im Eröffnungsverfahren ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, der seine Gestaltungsmacht in der Regel nicht zur Vorbereitung einer erhaltenden Sanierung des Rechtsträgers durch einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung, sondern zur Vorbereitung einer übertragenden

rungsfrist beginnt, wenn die Forderung fällig und der den Insolvenzplan bestätigende Beschluss rechtskräftig ist. 115 Braun/Frank, in: Braun-InsO, § 253 Rdn. 16. 116 Riggert, in: Braun-InsO, vor §§ 270 – 285, Rdn. 1. 117 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 1. 118 Nach § 270 Abs. 2 InsO a. F. war die Eigenverwaltung insbesondere nur dann zulässig, wenn nach den Umständen zu erwarten war, dass die Anordnung nicht zu einer Verfahrensverzögerung oder zu sonstigen Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Durch das ESUG wurde eine mögliche längere Verfahrensdauer als Ausschlusskriterium gestrichen. Weiter kann ein Antrag auf Eigenverwaltung nur dann abgelehnt werden, wenn konkrete Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung der Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. So formuliert es ausdrücklich der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BTDrucksache 17/5712, S. 58.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 49

Sanierung nutzte119. Durch das ESUG wurde nunmehr in § 270a InsO die Möglichkeit der Eigenverwaltung auf das Eröffnungsverfahren erstreckt, sodass dem Schuldner im Eröffnungsverfahren die Verfügungsbefugnis erhalten bleiben kann. Ein allgemeines Verfügungsverbot oder einen allgemeinen Zustimmungsvorbehalt eines vorläufigen Insolvenzverwalters darf das Gericht nicht anordnen, soweit der Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist, § 270a Abs. 1 InsO120. Anstelle eines vorläufigen Insolvenzverwalters bestellt das Gericht einen vorläufigen Sachwalter, dem die gleiche Rechtsstellung zukommt wie einem Sachwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, §§ 270a Abs. 1 Satz 2, 274, 275 InsO. In Verbindung mit einem Antrag auf Durchführung eines „Schutzschirmverfahrens“ nach § 270b InsO kann der Schuldner zudem regelmäßig die Person des vorläufigen Sachwalters bestimmen, da das Gericht von dem Vorschlag des Schuldners nach § 270b Abs. 2 Satz 2 InsO nur abweichen darf, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes ungeeignet ist. Nach meiner Einschätzung ist dem Gesetzgeber durch das ESUG nun eine konsistente und praxistaugliche Regelung der Eigenverwaltung als besondere Verfahrensart gelungen, mit der die Verfügungsbefugnis auch im Eröffnungsverfahren beim Schuldner belassen werden kann. Hierdurch wird sichergestellt, dass den Möglichkeiten einer Eigenverwaltung nach Verfahrenseröffnung mit dem Ziel einer die Schuldnergesellschaft erhaltenden Sanierung nicht durch die aufgezeigten faktischen Vorwirkungen der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren der Boden entzogen werden. d) Erweiterte insolvenzliche Sanierungsmöglichkeiten durch das „Schutzschirmverfahren“ Mit dem durch das ESUG in § 270b InsO neu geschaffenen sogenannten Schutzschirmverfahren soll dem Schuldner zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung ein eigenständiges Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung zur Verfügung gestellt werden121. Das Schutzschirmverfahren ermöglicht es dem Schuldner ¢ unter den weiteren gesetzlich bestimmten Voraussetzungen ¢ innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist von bis zu drei Monaten, die angestrebte Sanierung durch die Vorlage eines auf Erhalt des Rechtsträgers gerichteten Insolvenzplans (erhaltende bzw. fortführende Sanierung) selbst vorzubereiten, § 270b 119

Riggert, in: Braun-InsO, vor §§ 270 – 285, Rdn. 2, § 270a Rdn. 1. Hat der Schuldner den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ¢ und nicht etwa wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ¢ gestellt, sieht das Gericht aber die Voraussetzungen der Eigenverwaltung als nicht gegeben an, so ist der Schuldner nach § 270a Abs. 3 InsO nach Mitteilung durch das Gericht berechtigt, den Eröffnungsantrag zurückzunehmen. Dem Schuldner verbleibt in diesem Fall die Möglichkeit, weiter eine Sanierung in Eigenregie außerhalb des Insolvenzverfahrens zu verfolgen. 121 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 120

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Abs. 1 InsO. Die Vorbereitung der Sanierung und die Fortführung des Unternehmens überwacht ein vorläufiger Sachwalter, den der Schuldner nach § 270b Abs. 2 InsO in der Regel selbst bestimmen kann. Voraussetzung für ein Verfahren nach § 270b InsO ist neben einem Antrag des Schuldners auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung122 ein weiterer Antrag zur Vorbereitung einer Sanierung. Dem Antrag kann nur stattgegeben werden, wenn der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt, der Schuldner im Antragszeitpunkt aber nicht zahlungsunfähig123 und die angestrebte Sanierung nicht offenkundig aussichtslos ist. Der Schuldner hat die beiden vorgenannten Voraussetzungen für die Anordnung des Schutzschirmverfahrens bei der Antragstellung durch Vorlage einer von einer in Insolvenzsachen qualifizierten Person124 erstellten Bescheinigung nachzuweisen, § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO125. Zur Sicherung der Sanierungsmöglichkeiten während der zur Planerstellung gewährten Frist kann das Gericht Sicherungsmaßnahmen nach §§ 270b Abs. 2 Satz 3, 21 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 – 5 InsO anordnen, um einen Gläubigerzugriff auf zur Betriebsfortführung notwendige Liquidität oder Betriebsmittel zu verhindern. Reicht der Schuldner innerhalb der bestimmten Frist einen tauglichen Insolvenzplan bei Gericht ein, so beschließt dieses nach § 270b Abs. 4 Satz 3 InsO über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen, wird das Insolvenzgericht für das eröffnete Verfahren Eigenverwaltung nach § 270 InsO anordnen und den vorläufigen Sachwalter nach § 270c InsO zum Sachwalter für das eröffnete Verfahren bestellen. Zur Zeitersparnis können die Beteiligten bei entsprechender Anordnung des Gerichts in einem zusammengefassten Berichts-, Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin (§§ 29 Abs. 2, 236 InsO) über die Annahme des vom Schuldner vorbereiteten Insolvenzplans beschließen. Dies beleuchtet gleichzeitig die praktischen Voraussetzungen für die Verwirklichung eines vom Schuldner im Schutzschirmverfahren erarbeiteten Plans, 122 Die Voraussetzungen des § 270a InsO für die Eigenverwaltung im Insolvenzeröffnungsverfahren müssen gegeben sein, vgl. Riggert, in: Braun-InsO, § 270b Rdn. 2. 123 Tritt Zahlungsunfähigkeit dagegen nach der Anordnung des Schutzschirmverfahrens durch das Gericht ein, so ist dies zwar nach § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO dem Gericht anzuzeigen, führt aber nicht zur Aufhebung des Verfahrens, vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucksache 17/7511, S. 50. Das Schutzschirmverfahren soll somit auch bspw. bei Fälligstellung von Darlehen durch Ausübung von vertraglichen Sonderkündigungsrechten („financial covenants“) fortgeführt werden. Der isolierte Eintritt nachträglicher Zahlungsunfähigkeit macht daher die angestrebte Sanierung auch nicht aussichtslos, sodass das Schutzschirmverfahren nicht allein aus diesem Grund nach § 270b Abs. 4 Nr. 1 InsO aufgehoben wird. 124 Die Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO ist von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation zu erstellen. Zu den in Frage kommenden Personen mit vergleichbarer Qualifikation vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 125 Nach § 270b Abs. 2 Satz 1 InsO muss der vorläufige Sachwalter personenverschieden von dem Aussteller der Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO sein.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 51

welcher gleichfalls von der Zustimmung der Gläubiger abhängig ist. Planinhalte, die den Interessen der wesentlichen Gläubiger widersprechen, haben daher keine Aussicht auf Annahme im Abstimmungstermin. Diese Gläubiger werden stattdessen den Sachwalter nach §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 157 Satz 2 InsO mit der Ausarbeitung eines anderen Plans beauftragen und hierfür Ziele bestimmen, die ihren Interessen besser gerecht werden. Nach der Regierungsbegründung zum ESUG soll das Schutzschirmverfahren sogar nur für solche Fälle geeignet sein, in denen der Schuldner bereits vor der Antragstellung mit den maßgeblichen Gläubigern einen Konsens erzielt und sich ihrer Unterstützung versichert hat126. Die zentralen Gläubiger dürften aber vor allem in jenen Fällen Interesse an einer frühzeitigen Einflussnahme auf die Planziele und den konkreten Planinhalt haben, in denen zwischen verschiedenen Gläubigern oder Gläubigergruppen divergierende Interessen bestehen127. Eine solche Einflussnahme einzelner Gläubiger auf die Planerstellung erscheint allerdings im Hinblick auf die außenstehenden Gläubiger nicht unproblematisch. Einerseits können die maßgeblichen Gläubiger bereits an dieser Stelle den Vorschlag des Schuldners für die Person des vorläufigen Sachwalters beeinflussen, andererseits könnten die Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten der nicht beteiligten Gläubiger im Berichts- und Erörterungstermin auf rein formale Positionen verkürzt werden, wenn vom vorgelegten Plan abweichende – möglicherweise vorzugswürdige ¢ Vorschläge ohne inhaltliche Berücksichtigung bereits mit Verweis darauf abgelehnt werden, dass die die Abstimmungsmehrheit bildenden Gläubiger nur dem vom Schuldner vorgelegten Plan ohne Änderungen zustimmen werden. Aus den Darlegungen des Regierungsentwurfs, der ausdrücklich einen Konsens mit den zentralen Gläubigern gleichsam als Prämisse für die Annahme eines vom Schuldner im Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO vorgelegten Insolvenzplans nennt128, erklärt sich somit, dass in das Gesetz keinerlei Hinweise auf eine Abstimmung des Schuldners mit den maßgeblichen Gläubigern Eingang gefunden haben. e) Fazit Bei der Analyse der sanierungsrelevanten und gesellschaftsrechtlich bedeutsamen Eckpunkte der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG erweist sich die Durchbrechung der Blockademöglichkeit der Altgesellschafter durch die geschaffene Möglichkeit der Einbeziehung ihrer Anteilsrechte in den Insolvenzplan als Schlüsselelement der Reform. Hierdurch wurde die gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts aufgegeben und ein neues Kapitel der Verzahnung von Gesellschafts- und Insolvenzrecht aufgeschlagen. Ein insolvenzlicher Debt-Equity-Swap ist nun de lege lata auch gegen den Willen der Altgesellschafter 126

Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 40. 127 Braun/Frank, in: Braun-InsO, § 218 Rdn. 17. 128 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (RegE-ESUG) vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 40.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

durchführbar. Die Sanierung im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens wird weiter durch die Stärkung der Eigenverwaltung erleichtert. Die bislang restriktiven Voraussetzungen für eine Eigenverwaltung wurden gelockert und insbesondere die Möglichkeit der Eigenverwaltung im Eröffnungsverfahren geschaffen. Dies ist zu begrüßen, da entscheidende Weichenstellungen für den weiteren Verfahrensfortgang regelmäßig bereits im Eröffnungsverfahren erfolgen. Abgerundet wird die Stärkung des Insolvenzplanverfahrens durch die Regelungen des neugeschaffenen Schutzschirmverfahrens, welches die Ausarbeitung eines Insolvenzplans unter Gläubigerschutz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglicht. In der Gesamtschau sind die Reformen positiv zu werten und es steht zu erwarten, dass die Neuregelungen zu einer vermehrten Anwendung des Insolvenzplanverfahrens führen werden. Nachdem in diesem Abschnitt die Leitlinien und Charakteristika des Insolvenzverfahrens, die Entwicklung des Insolvenzrechts sowie die jüngsten sanierungsrelevanten Änderungen durch das ESUG herausgearbeitet wurden, wird nun der Blick auf die vorinsolvenzliche Sanierung gerichtet, um deren Merkmale sowie Chancen und Risiken den Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren gegenüberzustellen. 4. Verhandlungs- und Vertragsautonomie im Rahmen vorinsolvenzlicher Sanierung Die Anwendungsmöglichkeiten einer vorinsolvenzlichen bzw. außergerichtlichen Sanierung lassen sich ¢ je nach Krisenstadium ¢ zunächst wie folgt unterscheiden: • Solange eine Unternehmenskrise festzustellen ist, aber noch kein Eröffnungsgrund nach §§ 16 – 19 InsO vorliegt, ist der Anwendungsbereich der Insolvenzordnung nicht eröffnet, sodass ausschließlich vorinsolvenzliche Sanierungsmaßnahmen in Betracht kommen. • Sobald die Schuldnergesellschaft droht, i. S. d. § 18 InsO zahlungsunfähig zu werden, besteht für den Schuldner die Möglichkeit, eine Sanierung nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens zu versuchen. Im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit kann von einer Alternativität zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und einer Sanierung im Insolvenzverfahren gesprochen werden, da in diesem Stadium noch keine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO beseht. Andererseits ist bei drohender Zahlungsunfähigkeit noch kein Eröffnungsantrag von Gläubigern nach § 14 InsO möglich, sondern nur ein Eigenantrag des Schuldners, sodass diesem bis zur Grenze der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach §§ 17, 19 InsO die Entscheidungshoheit über die Beantragung eines Insolvenzverfahrens verbleibt. • Der Anwendungsbereich der vorinsolvenzlichen Sanierung erschöpft sich, sobald durch den Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO ausgelöst wird. Ab diesem Zeitpunkt haben

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 53

die Mitglieder des Vertretungsorgans des Schuldners ohne schuldhaftes Zögern Insolvenzantrag zu stellen, spätestens jedoch nach drei Wochen. Im Rahmen dieser drei Wochen darf ein Insolvenzantrag aber nur während der Zeit zurückgestellt werden, in der realistische Aussichten auf die Umsetzung tauglicher Sanierungsmaßnahmen bestehen, die die Insolvenzgründe beseitigen können129. Im Einzelfall wird es somit zwar möglich sein, bereits früher konzipierte vorinsolvenzliche Sanierungsmaßnahmen in den maximal verbleibenden drei Wochen umzusetzen; dagegen werden erst nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht begonnene Sanierungsbemühungen im verbleibenden Zeitfenster in der Regel nicht ausreichend plan- und umsetzbar sein130. In ihrem zuvor skizzierten Anwendungsbereich folgt die vorinsolvenzliche Sanierung ¢ im Gegensatz zum gesetzlich vorgegebenen Insolvenzverfahren ¢ weder einem vorgegebenen Verfahrensablauf noch festgelegten Verfahrensinhalten. In Abgrenzung zum Insolvenzverfahren ist für die vorinsolvenzliche Sanierung zudem charakteristisch, dass die Rechtspositionen der Beteiligten ¢ insbesondere Gläubiger, Schuldner und Anteilsinhaber der Schuldnergesellschaft ¢ keinen gesetzlich vorgegebenen Beschränkungen unterliegen131. Bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung treten zudem keine hoheitlich bestimmte verfahrensleitende (Insolvenzgericht) und verfügungsbefugte (Insolvenzverwalter) Dritte als für den Ablauf und Inhalt des Verfahrens wesentliche Akteure hinzu. Eine vorinsolvenzliche Sanierung erfordert vielmehr eine Verhandlungslösung und somit die Einigung aller Beteiligten. Sie ist daher privatautonome Sanierung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage132 und wird vom Prinzip der Vertragsfreiheit beherrscht133. Plakativ gewendet, umfasst das privatautonome Gepräge dabei das „Ob“, „Wer“ und „Wie“ einer vorinsolvenzlichen Sanierung: • Die in Frage kommenden Beteiligten bestimmen im Ausgangspunkt zunächst eigenständig darüber, ob sie zu einer Beteiligung an einer von der Schuldnergesellschaft angestoßenen vorinsolvenzlichen Sanierung bereit sind. Fehlt es beispielsweise bereits an einer Beteiligungsbereitschaft maßgeblicher Gläubiger oder Gesellschafter, wird ein von der Schuldnergesellschaft vorgelegtes Sanie129

Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 15a Rdn. 16. Näher zum Zeit- und Handlungsdruck bei vorinsolvenzlichen Sanierungen unten, 1. Kapitel, II. 5. a). 131 Die Rechtspositionen der Beteiligten sind in der Krise der Gesellschaft allerdings wirtschaftlich gefährdet oder teilweise entwertet. Dies gilt jedoch erst recht im Insolvenzverfahren und ist daher kein Charakteristikum der vorinsolvenzlichen Sanierung. 132 Beschränkungen der Privatautonomie durch Mehrheitsentscheidungen bei Änderungen von Anleihebedingungen im Rahmen einer Restrukturierung von Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen nach § 5 Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) können zwar bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung zum Tragen kommen. Diese sind aber schon in den Anleihebedingungen der Schulverschreibungen angelegt, sodass die in der Restrukturierung greifenden Beschränkungen gerade auf einer privatautonomen Grundentscheidung beruhen. 133 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 144, Rdn. 2.2. 130

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

rungskonzept regelmäßig keine Aussicht auf Umsetzung haben und bei weiter krisenhaftem Verlauf nur das Insolvenzverfahren als Sanierungsmöglichkeit verbleiben. Umgekehrt kann die Initiative zu einer vorinsolvenzlichen Sanierung auch von Gläubigerseite kommen, wenn beispielsweise die finanzierenden Banken aufgrund sich verschlechternder Finanzkennzahlen oder einer sich erkennbar verknappenden Liquidität der Schuldnergesellschaft in Gespräche mit dieser treten, um die Tragfähigkeit der bestehenden und gegebenenfalls weiteren Finanzierung auszuloten. • Ebenfalls privatautonom erfolgt die Entscheidungsfindung, wer als Beteiligter in vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen eingebunden wird. So liegt es in der Hand der Schuldnergesellschaft, welche Fremdkapitalgläubiger, Schlüssellieferanten oder etwa in Betracht kommende neue Kapitalgeber in die Sanierungsverhandlungen mit einbezogen werden sollen. Da im Gegensatz zum Insolvenzverfahren die Verfahrensbeteiligten nicht anhand formaler Kriterien bestimmt werden (Gläubiger, Anteilseigner etc.), sind in der Regel nur die für eine Sanierung relevanten Gläubiger an Verhandlungen über eine Sanierung der Schuldnergesellschaft beteiligt. • Schließlich erfolgt auch das Wie der Sanierung, d. h. die Festlegung der Sanierungsmaßnahmen und deren Umsetzung im Wege rechtsgeschäftlicher und somit vertraglicher Vereinbarung oder Beschlussfassung der Gesellschafter, soweit gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ¢ wie beispielsweise bei einem Debt-EquitySwap ¢ Teile des Sanierungskonzepts darstellen. An den vereinbarten Inhalt des Sanierungskonzepts sind nur die Vertragsparteien gebundenen. Eine Erstreckung der im Plan vorgesehenen Wirkungen auf sämtliche Gläubiger, entsprechend einem vom Gericht bestätigten Insolvenzplan nach §§ 254, 254b InsO, findet nicht statt. Eine negative Veränderung der Rechtsposition unbeteiligter Gläubiger ist als Vertrag zulasten Dritter nicht möglich. Schließlich bestehen gegen vorinsolvenzliche Sanierungsvereinbarungen auch keine insolvenzlichen Anfechtungsmöglichkeiten134, sondern die allgemeinen zivilrechtlichen Beseitigungs-, Abänderungs- und Durchsetzungsmöglichkeiten135. An diese Überlegungen zum Anwendungsbereich und privatautonomen Charakter der vorinsolvenzlichen Sanierung im Gegensatz zur Sanierung im Insolvenzverfahren schließt sich eine Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der vorinsolvenzlichen Sanierung und der Sanierung im Insolvenzverfahren an, um die 134 Im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens sind insbesondere der Antrag auf Versagung der gerichtlichen Bestätigung des Plans (§ 251 InsO) und die sofortige Beschwerde gegen die Bestätigung des Plans nach § 253 InsO relevant. 135 Hierbei kommen im Rahmen rechtsgeschäftlicher Gestaltungserklärungen insbesondere die Anfechtungstatbestände nach §§ 119, 120, 123 BGB, der Rücktritt vom Vertrag nach § 346 BGB sowie die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht. Prozessuale Durchsetzungsmöglichkeiten bestehen in der Leistungs- und Feststellungsklage nach §§ 253, 256 ZPO.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 55

jeweiligen Chancen und Risiken der unterschiedlichen Sanierungsmöglichkeiten hervorzuheben. 5. Vor- und Nachteile der vorinsolvenzlichen Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren Einem Vergleich von Vor- und Nachteilen der vorinsolvenzlichen Sanierung mit jenen einer Sanierung im Insolvenzverfahren kann nur unter Zugrundelegung identischer Verfahrensziele Aussagekraft zukommen. Rechtstatsächlich erfolgten Sanierungen im Insolvenzverfahren bislang ganz überwiegend im Wege der übertragenden Sanierung im Regelinsolvenzverfahren136. Die übertragende Sanierung im Insolvenzverfahren erscheint als Vergleichsmaßstab für die vorinsolvenzliche Sanierung dagegen ungeeignet, da die vorinsolvenzliche Sanierung in den allermeisten Fällen auf den Erhalt der unternehmenstragenden Gesellschaft abzielt137. Aus diesem Grund kommt für einen Vergleich mit einer Sanierung im Insolvenzverfahren nur die fortführende Sanierung als Verfahrensziel in Betracht. Da Voraussetzung für eine Fortführung der Schuldnergesellschaft regelmäßig die Mitwirkung der Gesellschafter sowie eine Einbeziehung ihrer Rechte als Anteilsinhaber sind, beschränkt sich die Betrachtung für das Insolvenzverfahren daher auf das Insolvenzplanverfahren, welches seit Inkrafttreten des ESUG nach §§ 225a, 254a InsO die Einbeziehung der Rechte der Anteilsinhaber in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans ermöglicht. Danach können die Vor- und Nachteile einer fortführenden Sanierung außerhalb und innerhalb des Insolvenzverfahrens wie folgt umrissen werden. a) Zeit- und Handlungsdruck bei vorinsolvenzlichen Sanierungen In sich fortlaufend weiterentwickelnden Unternehmenskrisen kann ein strukturelles Defizit vorinsolvenzlicher Sanierungen darin gesehen werden, dass die Sanierungsbemühungen unter sich verschärfendem Zeit- und Handlungsdruck stehen oder geraten können. Diese Faktoren können einerseits dazu führen, dass eine nur ungenügende Analyse der Ursachen der Krise erfolgt und andererseits ein unausgereiftes Sanierungskonzept ins Werk gesetzt wird, welches nicht oder nicht zu einer dauerhaften Sanierung der Schuldnergesellschaft führt. Mit Eintritt der Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO ist der für eine vorinsolvenzliche Sanierung verbleibende Zeitraum auf maximal drei Wochen begrenzt und die Handlungsfähigkeit 136

Köchling, CFL 2011, 13, 19. Als Verfahrensziel einer vorinsolvenzlichen Sanierung kommt neben der fortführenden Sanierung auch ein sogenannter Treuhandliquidationsvergleich in Betracht, bei dem die Schuldnergesellschaft ihr gesamtes Vermögen auf einen Treuhänder überträgt und von diesem zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger verwertet wird, vgl. Brinkmann, in: UhlenbruckInsO, § 47 Rdn. 39. In Betracht kommt auch eine vorinsolvenzliche übertragende Sanierung, vgl. Uhlenbruck, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer, S. 92 f., § 5 Rdn. 35. Zuletzt zu Risiken vorinsolvenzlicher übertragender Sanierung und Anschlussinsolvenzverfahren, Uhlenbruck, in: Festschrift Haarmeyer, 2013, S. 301 ff. 137

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

der Schuldnergesellschaft durch die ab Eintritt der Insolvenzreife138 (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach §§ 17, 19 InsO) eingreifenden Zahlungsverbote der § 64 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG stark vermindert139. Zwar fällt der Abschluss von vorinsolvenzlichen Sanierungsvereinbarungen nicht unter die genannten Zahlungsverbote, soweit die Schuldnergesellschaft hierbei lediglich neue Verpflichtungen begründet140 und Zahlungen an die Gläubiger erst nach Beseitigung der Insolvenzreife141 durch die zunächst zu erbringenden Sanierungsbeiträge der Gläubiger erfolgen. Solange trotz eingetretener Insolvenzreife ernsthafte Sanierungsbemühungen erfolgen, steht den Geschäftsleitern zudem die ¢ eine die persönliche Haftung der Geschäftsleiter ausschließende ¢ Verbotsausnahme der § 64 Satz 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 2 AktG für Zahlungen zur Seite, ohne die Sanierungsbemühungen bis zum Ablauf der Frist des § 15a Abs. 1 InsO von vornherein zum Scheitern verurteilt wären142. Eine effektive Krisenabwehr wird den Geschäftsleitern unter den bestehenden Restriktionen und den bestehenden Haftungsrisiken nach Eintritt der Insolvenzreife aber kaum mehr möglich sein143. Schließlich kann Zeitund Handlungsdruck auch durch Beteiligte aufgebaut werden, so wenn Gläubiger beispielsweise mit dem Abbruch vorinsolvenzlicher Verhandlungen und der Stellung eines Insolvenzantrags drohen. Ein vergleichbarer Zeit- und Handlungsdruck kann dagegen im Insolvenzverfahren nicht entstehen, da hier die Zeitvorgaben für den Ablauf des Verfahrens, etwa für Terminbestimmungen nach § 29 InsO oder die

138 Nach BGH, Urteil vom 16. 03. 2009 – II ZR 280/07, NJW 2009, 2454 gelten die Zahlungsverbote der § 92 Abs. 2 AktG, § 64 Satz 1 GmbHG bereits ab Eintritt der Insolvenzreife und nicht erst ab dem Ende der Insolvenzantragsfrist nach § 15a Abs. 1 InsO. 139 Zahlungen an Gesellschafter sind nach § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG bereits dann untersagt, wenn diese zur Zahlungsunfähigkeit führen würden. Zur sogenannten Insolvenzauslösungshaftung der Leitungsorgane bei unzulässigen Zahlungen an Gesellschafter vgl. oben, 1. Kapitel, I. 2. 140 Die Begründung neuer Verpflichtungen wird nach überwiegender Auffassung nicht von den Zahlungsverboten der § 92 Abs. 2 AktG, § 64 Satz 1 GmbHG erfasst, da es allein durch Eingehung einer Verbindlichkeit noch nicht zum Abfluss von Vermögensmasse kommt, vgl. BGH, Urteil vom 30. 03. 1998 – II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 = NJW 1998, 2667 (zur GmbH); Müller-Michaels, in: Hölters-AktG, § 92 Rdn. 22; Hüffer-AktG, § 92 Rdn. 14a. Die Begründung von Verbindlichkeiten kann allerdings einen Insolvenzverschleppungsschaden darstellen, für den die Geschäftsleiter nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO haften, vgl. K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, § 64 Rdn. 24. 141 Das Erlöschen der Zahlungsverbote durch Beseitigung der Insolvenzgründe wird in der Literatur nicht näher erörtert, folgt aber aus der Haftungsvoraussetzung der materiellen Insolvenz im Zeitpunkt der zurechenbaren Handlung, vgl. K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, § 64 Rdn. 34. 142 OLG Celle, Urteil vom 23. 12. 2003 – 9 U 176/03, ZIP 2004, 1210. 143 So Mertens/Chan, in: KölKo-AktG, § 92 Rdn. 27, Anh. § 92 Rdn. 21, die aus diesem Grund (entgegen BGH, Urteil vom 16. 03. 2009 – II ZR 280/07, BGH NJW 2009, 2454) für einen Beginn des Zahlungsverbots erst ab dem Ende der Insolvenzantragsfrist eintreten.

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Vorlage des Insolvenzplans nach § 218 Abs. 2 InsO144, einen jeweils ausreichenden Zeitraum zur Vorbereitung gewährleisten können. b) Anfälligkeit vorinsolvenzlicher Sanierungen für „Trittbrettfahrer“ und „Akkordstörer“ Obwohl vorinsolvenzliche Sanierungen mehr Flexibilität und gegebenenfalls auch mehr Effizienz für sich reklamieren können als das förmliche Verfahren der Insolvenzordnung mit festgelegten Beteiligtenrollen und Befugnissen, so darf dies nicht den Blick darauf verstellen, dass vorinsolvenzliche Sanierungen stets Konsenslösungen darstellen, die ein entsprechendes Maß an Kooperation zwischen den Beteiligten verlangen145. Gleichsam als Kehrseite des privatautonomen Charakters einer freien Sanierung stehen ¢ außer im Bereich der Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen146 – keine Instrumente zur Verfügung, mit denen durch eine Mehrheitsentscheidung eine Bindung ablehnender Gläubiger oder nicht beteiligungswilliger Gesellschafter erreicht werden kann. Auch wenn einzelne Gläubiger als sogenannte Akkordstörer eine Beteiligung an einem vorinsolvenzlichen Sanierungsvergleich ablehnen, sind diese grundsätzlich auch dann nicht gehindert, ihre Ansprüche gegen den Schuldner uneingeschränkt durchzusetzen, wenn eine ganz überwiegende Mehrheit der Gläubiger einen derartigen Vergleich befürwortet147. Im Insolvenzplanverfahren stehen dagegen für die Einbindung von opponierenden Beteiligten vielfältige Instrumente zur Verfügung, wie die in der Regel marginalisierten Verfahrensrechte nachrangiger Insolvenzgläubiger (§§ 222 Abs. 1 Nr. 3, 225, 174 Abs. 3, 77 Abs. 1 Satz 2 InsO), die Bildung von Abstimmungsgruppen (§ 222 InsO), die Regelungen für die zur Planannahme erforderlichen Mehrheiten (§§ 243, 244 InsO), das Obstruktionsverbot (§§ 245 – 247 InsO), die Erstreckung der Planwirkungen auf sämtliche Beteiligten (§ 254 InsO)148 und beschränkte Anfechtungsmöglichkeiten gegen die Bestätigung eines Insolvenzplans in § 253 InsO.

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Ist der Insolvenzverwalter von der Gläubigerversammlung mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beauftragt worden, so hat dieser nach § 218 Abs. 2 InsO den Plan „binnen angemessener Frist dem Gericht vorzulegen“. 145 Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 3. 146 Bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen können nach § 5 SchVG Mehrheitsentscheidungen in den Anleihebedingungen vorgesehen werden. 147 BGH, Urteil vom 12. 12. 1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319 = NJW 1992, 967. In der Entscheidung lehnt der BGH zudem die Annahme einer Gefahrengemeinschaft aller Gläubiger eines in eine Krise geratenen Unternehmens ab, da dies die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten und gegen die verfassungsrechtliche Bindung des Richters an Gesetz und Recht verstoßen würde. Aus diesem Grund entfalten Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger zum Zweck der außergerichtlichen Sanierung für nicht zustimmende Gläubiger keinerlei Bindungswirkung. 148 Die Wirkungen des Insolvenzplans erstrecken sich nach § 254b InsO auch auf Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Vorinsolvenzliche Sanierungen sind daher anfällig für „Trittbrettfahrer“, die eigene Sanierungsbeiträge mit dem Kalkül zurückstellen oder verweigern, dass die Sanierungsbeiträge der anderen Gläubiger bereits für das Überleben der Schuldnergesellschaft ausreichen werden149. Ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger darf die Schuldnergesellschaft opponierenden Gläubigern ihre Blockadehaltung auch nicht durch die Gewährung von Vorzugsabkommen und Sondervorteilen „abkaufen“. Einerseits werden solche Vorzugsvereinbarungen von der Rechtsprechung nach § 138 BGB als nichtig angesehen150. Andererseits gefährden solche Vereinbarungen den Bestand einer mit der überwiegenden Mehrheit der Gläubiger getroffenen Vergleichsvereinbarung, soweit die Schuldnergesellschaft die gleichmäßige Behandlung aller Gläubiger zum Gegenstand ihres Vergleichsvorschlags gemacht hat. Die Rechtsprechung nimmt ein stillschweigend vereinbartes Rücktrittsrecht für den Fall an, dass durch Sondervereinbarungen des Schuldners mit einzelnen Gläubigern sich die an die Zustimmung zu dem Gesamtvergleich geknüpfte Erwartung nicht erfüllt151. c) Kein Vollstreckungsschutz und kein Schutz vor Zugriff auf Sicherungsgüter Für die Dauer vorinsolvenzlicher Sanierungsbemühungen besteht keine Vollstreckungssperre, sodass nicht vergleichsbereite Gläubiger ¢ bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs und des Schikaneverbots ¢ ungehindert in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken können152, was den Sanierungsbemühungen und Bestrebungen einer Fortführung des Unternehmens zuwiderlaufen kann. Dagegen greifen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Vollstreckungsverbote der §§ 88 ff. InsO, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO, § 30d ZVG auch bereits einstweilig vom Insolvenzgericht für das Eröffnungsverfahren angeordnet werden können. Befürchten Mobiliarsicherungsgläubiger durch die Fortführung des Schuldnerunternehmens eine Entwertung des Sicherungsgutes oder sind zu einer Beteiligung an einer vorinsolvenzlichen Sanierung nicht bereit, kann die Schuldnergesellschaft nur im Verhandlungswege argumentativ versuchen, diese von einer Verwertung betriebsnotwendigen Anlage- und Umlaufvermögens abzuhalten153. Dagegen kann das Gericht bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO anordnen, dass Mobilien, an denen ein Absonderungsrecht besteht, oder Gegenstände, deren Aussonderung im Insolvenzverfahren verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht verwertet oder eingezogen werden dürfen und die Sachen zur Fortsetzung des Schuldnerunternehmens eingesetzt werden können. Nach Verfahrenseröffnung ermöglicht § 166 Abs. 1 InsO dem Insolvenzverwalter, bewegliche Sachen, an denen 149

Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 3. OLG Celle, Urteil vom 29. 10. 1964 – 1 U 147/64, NJW 1965, 399; KG, Urteil vom 28. 04. 1980 – 20 U 310/80, ZIP 1980, 963. 151 OLG München, Urteil vom 24. 05. 1956 – 8 U 2159/55, NJW 1956, 1801. 152 BGH, Urteil vom 12. 12. 1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319 = NJW 1992, 967. 153 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 145, Rdn. 2.2. 150

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ein Absonderungsrecht besteht, freihändig zu verwerten, wenn sich die Sachen in seinem Besitz befinden. Somit kann Gläubigern ab Stellung eines Insolvenzantrags die Möglichkeit genommen werden, ihre Sicherheiten herauszuverlangen und zu verwerten154. Hierdurch können das zur Fortführung des Unternehmens erforderliche betriebliche Vermögen als Funktionseinheit zusammengehalten155 und die Möglichkeit für eine fortführende Sanierung offengehalten werden. Vorinsolvenzlich besteht für die Schuldnergesellschaft zur Absicherung von Sanierungsbemühungen dagegen lediglich bei einer drohenden Zwangsversteigerung von Grundstücken nach §§ 30a–30c ZVG die Möglichkeit, eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung für maximal sechs Monate zu beantragen156. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung kann nach § 30a Abs. 1 ZVG aber nur angeordnet werden, wenn die Aussicht besteht, dass durch die Einstellung die Versteigerung vermieden wird und die Einstellung nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldnerunternehmens sowie nach der Art der Schuld der Billigkeit entspricht. Dabei besteht Aussicht darauf, dass die Versteigerung vermieden wird, nur bei Sanierungsfähigkeit der Schuldnergesellschaft157. d) Möglichkeit der zwangsweisen Einbeziehung der Rechte der Anteilseigner im Insolvenzplanverfahren Bislang ist es schwer möglich, allgemein abzuschätzen, welche Auswirkungen die durch das ESUG möglich gewordene Einbeziehung der Anteilseigner einer Schuldnergesellschaft in das Insolvenzplanverfahren auf die vorinsolvenzliche Sanierung haben wird. Aufgrund der nun gegebenen Möglichkeit einer zwangsweisen Einbeziehung der Rechte der Anteilseigner in den Insolvenzplan könnten grundsätzlich sanierungsbereite Gläubiger verstärkt für eine Sanierung im Insolvenzverfahren votieren. Im Gegensatz zur vorinsolvenzlichen Sanierung sind die Anteilseigner im Insolvenzplanverfahren nicht mehr Verhandlungspartner, denen eine Schlüsselstellung zukommt, wenn es um die Umsetzung eines Sanierungskonzepts geht, welches vorinsolvenzlich auf die Beteiligung der Gesellschafter angewiesen wäre. Dagegen sind nun im Insolvenzplanverfahren nach §§ 225a, 254 InsO sämtliche gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen der Schuldnergesellschaft und Eingriffe in die Position der Anteilseigner praktisch ohne deren Zustimmung möglich. Erfor154

Dithmar, in: Braun-InsO, § 166 Rdn. 1. Böhm, in: Braun-InsO, § 21 Rdn. 54. 156 Nach § 30c ZVG ist eine einmalige erneute Einstellung des Verfahrens nach § 30a ZVG möglich, sodass gegebenenfalls eine Verfahrenseinstellung für maximal zwölf Monate erreicht werden kann. 157 Mark/Noethen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Zwangsversteigerung, § 30a Rdn. 6 ff. Dabei bezieht sich die Prognose der Sanierungsfähigkeit auf das in Frage stehende Einzelverfahren und nicht darauf, ob dem Schuldner eine Sanierung insgesamt, d. h. eine Befriedigung sämtlicher Gläubiger, gelingen kann. 155

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

derlich sind hierfür die Aufnahme der entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans sowie die Annahme des Plans durch die Beteiligten mit den nach §§ 244 ff. InsO erforderlichen Mehrheiten, wobei die Zustimmung der Anteilsinhaber nach §§ 245, 246a InsO dabei regelmäßig entbehrlich ist158. Als zusätzlichen Vorteil bietet das Insolvenzplanverfahren nach Inkrafttreten des ESUG an einem Debt-Equity-Swap beteiligten Gläubigern die Haftungsprivilegierung des § 254 Abs. 4 InsO, durch den Differenzhaftungsansprüche wegen einer Überbewertung eingebrachter Forderungen nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans ausgeschlossen werden. Aus Sicht der Gläubiger können daher im Gegensatz zu einer vorinsolvenzlichen Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren Differenzhaftungsrisiken vermieden sowie allgemein bei einer Sanierung im Insolvenzplanverfahren durch die Einbeziehung der Rechte der Anteilsinhaber wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Sondervorteile für die Gesellschafter ausgeschlossen werden, die sie aufgrund ihrer Schlüsselstellung in einer vorinsolvenzlichen Sanierung möglicherweise durchsetzen könnten. Aus diesen Gründen könnte sich der Fokus der Gläubiger verstärkt auf die Durchführung einer Sanierung im Insolvenzplanverfahren richten und entsprechende Vorwirkungen auf vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen haben. Die Verhandlungsposition der Gesellschafter könnte hierdurch bereits vorinsolvenzlich geschwächt werden, sodass Gläubiger für die Beteiligung an einer vorinsolvenzlichen Sanierung wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Sondervorteile für die Gesellschafter leichter ablehnen und von diesen weiter reichende eigene Sanierungsbeiträge als bislang einfordern könnten. e) Grundsätzlich keine Publizität vorinsolvenzlicher Sanierungen Als grundsätzlicher Vorteil vorinsolvenzlicher Sanierungen gilt insbesondere, dass eine Unternehmenskrise hierbei nicht in dem Maße in der Öffentlichkeit bekannt wird wie bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens159. Während mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die oben erörterte Publizität durch öffentliche Bekanntmachung im Internet, Handelsregister und Grundbuch (§§ 30, 31, 32, 9 InsO, 32 HGB) einhergeht, kennt die vorinsolvenzliche Sanierung grundsätzlich keine formalisierte, gesetzlich angeordnete Publizität. Im Rahmen einer vorinsolvenzlichen Sanierung ergeben sich somit in der Regel in geringerem Umfang nachteilige Publizitätswirkungen als bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Als Konsequenz fallen bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung auch in geringerem Umfang sogenannte indirekte Kosten als bei einer Sanierung im Insolvenzverfahren an; wobei unter die indirekten Kosten eines Insolvenzverfahrens die finanziellen Einbußen gefasst werden, die aufgrund der Insolvenz durch die negativen Reaktionen der 158 Zur Position der Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren und dem für diese maßgeblichen Obstruktionsverbot vgl. oben, 1. Kapitel, II. 3. a). 159 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 143, Rdn. 21.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 61

Marktteilnehmer eintreten160. Allerdings wird sich auch bei einer vorinsolvenzlichen Sanierung ein weiteres Bekanntwerden der Unternehmenskrise nur dann verhindern lassen, wenn sich beispielsweise mit einer geringen Anzahl an maßgeblichen Gläubigern geräuschlos eine Sanierungsvereinbarung erzielen lässt. Sind dagegen eine Vielzahl von Gläubigern, Lieferanten und weiteren Beteiligten in vorinsolvenzliche Sanierungsverhandlungen mit einzubeziehen, ist das Bekanntwerden der Unternehmenskrise in den relevanten Geschäftskreisen, insbesondere bei Lieferanten und Kunden, kaum vermeidbar. Anderes gilt für kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften im Rahmen der Adhoc-Publizität nach § 15 WpHG. Diese müssen Insiderinformationen unverzüglich veröffentlichen. Insiderinformationen sind nach § 13 Abs. 1 WpHG alle nicht öffentlich bekannten Umstände, die sich auf den Emittenten selbst beziehen und geeignet sind, im Falle ihres Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Dabei ist auch ausreichend, dass die fraglichen Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft eintreten werden, § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG. In einer Krisensituation tritt der Normzweck des § 15 Abs. 1 WpHG ¢ Schutz des Kapitalmarkts vor Funktionsstörungen einerseits und dem individuellen Anlegerschutz andererseits161 ¢ dabei erkennbar in Konflikt mit der zur Krisenbewältigung erforderlichen Wahrung von Vertraulichkeit. Insbesondere kann eine verfrühte Ad-hoc-Mitteilung die Bemühungen des Vorstands zur Sanierung des Unternehmens oder der Wiederherstellung einer ausreichenden Liquiditätsversorgung gefährden162. Während insolvenzbezogene Umstände, die nach den Vorschriften der InsO öffentlich bekanntgemacht worden sind163, nach vorzugswürdiger Auffassung schon nicht mehr als Insiderinformation i. S. d. § 13Abs. 1 WpHG anzusehen sind164, bereitet die Qualifikation von nicht nach der InsO zu veröffentlichenden Umständen sowie dem Anwendungsbereich der InsO vorgelagerten Umständen als ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformationen Probleme. Im Ausgangspunkt besteht Übereinkunft darüber, dass jedenfalls die Feststellung von Insolvenzgründen165 sowie die Stellung eines Insolvenzantrags regelmäßig als 160 161 162 163

InsO. 164

Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 1. Versteegen, in: KölKo-WpHG, § 15 Rdn. 7. Pfüller, in: Fuchs-WpHG, § 15 Rdn. 209. Z. B. der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach §§ 30 Abs. 1, 9

Emittentenleitfaden der BaFin in der Fassung vom 28. 04. 2009, Kapitel III. 2.1.2, S. 32; abrufbar unter: http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Leitfaden/WA/dl_emittenten leitfaden_2009.pdf?__blob=publicationFile&v=17 [Stand: 05. 03. 2014]. Siehe hierzu auch Assmann, in: Assmann/Schneider-WpHG, § 13 Rdn. 31. 165 In der Literatur herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine Insiderinformation jedenfalls bei Feststellung von Überschuldung nach § 19 InsO und Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO vorliegt. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit ist dies dagegen umstritten, wobei aufgrund von § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG die besseren Gründe dafür sprechen, auch hier eine Insiderinformation anzunehmen, und sich vielmehr die Frage nach der Möglichkeit einer

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformationen anzusehen sind166. Ansonsten lässt sich dagegen grundsätzlich nur im Einzelfall bestimmen, ob in einer Unternehmenskrise ¢ die sich durch einen dynamischen und über einen Zeitraum gestreckten Geschehensablauf auszeichnet ¢ bereits einzelne, der materiellen Insolvenz vorgelagerte Umstände veröffentlichungspflichtig sind oder der spätere Eintritt der Insolvenz schon mit hinreichender Wahrscheinlichkeit i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 3 WpHG anzunehmen ist. In einer Unternehmenskrise wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)167 dabei zumindest folgenden Krisengradmessern ein erhebliches Preisbeeinflussungspotenzial im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG zugeschrieben, sodass jedenfalls in diesen Fällen die Frage der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Meldung genau geprüft werden muss:168 • Kapitalmaßnahmen, insbesondere eine „Kapitalberichtigung“, d. h. vereinfachte Kapitalherabsetzung zur Verlustdeckung nach §§ 229 ff. AktG; • Restrukturierungsmaßnahmen mit erheblichen (negativen) Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit; • Eintritt eines Verlustes in Höhe der Hälfte des Grundkapitals nach § 92 Abs. 1 AktG; • Wegfall wesentlicher Kreditlinien durch Kündigung sowie • bevorstehende Zahlungseinstellung oder Überschuldung im Sinne der §§ 17, 19 InsO. Im Einzelfall kann der Emittent jedoch auch bei Vorliegen einer ad-hoc-pflichtigen Insiderinformation nach § 15 Abs. 3 WpHG vorübergehend von der Pflicht zur Veröffentlichung solange befreit sein, wie es der Schutz seiner berechtigten Interessen erfordert, keine Irreführung der Öffentlichkeit zu befürchten ist und der Emittent die Vertraulichkeit der Insiderinformation gewährleisten kann. Ein solches berechtigtes Interesse kann nach § 15 Abs. 7 Nr. 3 WpHG i. V. m. § 6 WpAIV und Art. 3 Abs. 1 lit. a) Satz 1 der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG in einer Unternehmenskrise insbesondere im Fall von Sanierungsverhandlungen gegeben sein: „(…) wenn das Ergebnis oder der normale Ablauf dieser Verhandlungen von der Veröffentlichung wahrscheinlich beeinträchtigt werden würden. Insbesondere wenn die finanzielle Überlebensfähigkeit des Emittenten stark und unmittelbar gefährdet ist ¢ auch wenn er noch nicht unter das geltende Insolvenzrecht fällt ¢, kann die Bekanntgabe von Informationen für einen befristeten Zeitraum verzögert werden, sollte eine derartige BekanntSelbstbefreiung von der Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 3 WpHG stellt, vgl. Kocher/ Widder, NZI 2010, 925 ff. 166 Pfüller, in: Fuchs-WpHG, § 15 Rdn. 209. 167 Die BaFin ist nach § 4 WpHG Aufsichtsbehörde nach dem WpHG. 168 Emittentenleitfaden der BaFin in der Fassung vom 28. 04. 2009, Kapitel IV. 2.2.4, S. 56 f., Katalog veröffentlichungspflichtiger Insiderinformationen.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 63 gabe die Interessen der vorhandenen und potenziellen Aktionäre ernsthaft gefährden, indem der Abschluss spezifischer Verhandlungen vereitelt werden würde, die eigentlich zur Gewährleistung einer langfristigen finanziellen Erholung des Emittenten gedacht sind.“169

Danach kann auch bei börsennotierten Aktiengesellschaften eine Veröffentlichung nach § 15 Abs. 3 WpHG unter den genannten Voraussetzungen aufgeschoben werden, soweit in der Krise noch die Möglichkeit eines erfolgsversprechenden, nachhaltigen Sanierungskonzepts besteht, damit nicht Veröffentlichungspflichten noch vorhandene Sanierungsmöglichkeiten konterkarieren. f) Haftungsrisiko der Gläubiger bei unredlichen vorinsolvenzlichen Sanierungsbeiträgen Als streitanfällig haben sich nach misslungenen vorinsolvenzlichen Sanierungsbemühungen Sanierungsbeiträge von Beteiligten, insbesondere von finanzierenden Banken, erwiesen. Im Fokus stehen dabei die Gewährung von Sanierungskrediten170 und Stillhalteabkommen (pactum de non petendo)171 mit der Schuldnergesellschaft. Da es trotz der gewährten Sanierungsbeiträge zu einem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnergesellschaft gekommen ist, können sich beteiligte Banken dem Vorwurf ausgesetzt sehen, Sanierungsbeiträge in Kenntnis unzureichender Sanierungsaussichten oder unzureichende Sanierungsbeiträge bei bestehenden Sanierungsaussichten allein mit dem Ziel gewährt zu haben, den Eintritt der Insolvenz auf einen für sie günstigeren Zeitpunkt hinauszuzögern172. Versucht ein Gläubiger, durch ein solches eigensüchtiges Vorgehen seine eigene Position zum Schaden der anderen Gläubiger zu verbessern, macht er sich wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegenüber Alt- und Neugläubigern nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig173. Altgläubiger können durch den hinausgezögerten Insolvenzeintritt einen Schaden in Höhe der Differenz zwischen der realen und der fiktiven Befriedigungsquote erleiden174. Dabei wird überprüft, ob sich die tatsächliche 169

Assmann, in: Assmann/Schneider-WpHG, § 15 Rdn. 139. Sanierungskredite sind Darlehen, die einer Schuldnergesellschaft in der Krise zur Abwendung eines drohenden oder bereits eingetretenen Insolvenztatbestandes von Alt-, Neugläubigern oder Gesellschaftern gewährt werden, vgl. Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 38. 171 Stillhalteabkommen ist eine Parteivereinbarung, die den Schuldner berechtigt, die Leistung vorübergehend zu verweigern, und den Gläubiger daran hindert, den Anspruch einstweilen gerichtlich geltend zu machen (pactum de non petendo) mit der Folge der Verjährungshemmung nach § 205 BGB, vgl. Grothe, in: MüKo-BGB, § 205 Rdn. 5. 172 Bspw. durch nachträgliche Besicherung von Altverbindlichkeiten oder Verstärkung von bestehenden Kreditsicherheiten durch die Schuldnergesellschaft, bestehende Sicherheiten werden durch weiteren Zeitablauf anfechtungsfest, Sicherheitsgüter gelangen von Lieferanten zum Schuldner und somit in den Zugriffsbereich der Bank. 173 Eingehende Darstellung zur Thematik mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen bei Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 38 – 53. 174 BGH, Urteil vom 30. 03. 1998 – II ZR 146/96, BGHZ 138, 211 = NJW 1998, 2667. 170

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Befriedigungsquote durch die hinausgeschobene Insolvenzeröffnung im Vergleich zu einer ohne die fraglichen Sanierungsbeiträge früher erfolgten Insolvenzeröffnung vermindert hat (Quotenschaden). Neugläubiger haben dagegen einen Anspruch auf Ausgleich des vollen Schadens, der ihnen dadurch entstanden ist, dass sie zu einem Zeitpunkt in Rechtsbeziehungen zu der Schuldnergesellschaft getreten sind, in dem ohne die fraglichen Sanierungsbeiträge bereits das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnergesellschaft eröffnet gewesen wäre175. Dieses Haftungsrisiko kann aber meiner Beurteilung nach nicht als durchgreifendes Argument gegen vorinsolvenzliche Sanierungsbemühungen ins Feld geführt werden, da redliche Gläubiger diesem Haftungsrisiko gegenüber nicht wesentlich exponiert sind. Die hohen Haftungsvoraussetzungen des § 826 BGB gewährleisten insbesondere dann einen genügenden Schutz vor unberechtigter Inanspruchnahme, wenn die Sanierungsbeiträge auf der Grundlage einer eingehenden Überprüfung der Sanierungsfähigkeit der Schuldnergesellschaft176 und sorgfältigen Dokumentation der eigenen lauteren Beweggründe für die Erbringung von Sanierungsbeiträgen geleistet werden. g) Fazit Die Beleuchtung der unterschiedlichen Vor- und Nachteile vor- und innerinsolvenzlicher Sanierungsmöglichkeiten kann nicht zu einem Ergebnis im Sinne einer generellen Vorzugswürdigkeit eines bestimmten Sanierungsmodus führen. Vielmehr können die Stärken der jeweiligen Verfahrensmöglichkeiten nur situativ zur Geltung kommen, sodass es stets der Analyse im Einzelfall bedarf, ob eine Sanierung vorinsolvenzlich realisierbar erscheint, da Gesellschafter und Gläubiger unisono zu Sanierungsbeiträgen bereit sind, oder ob aufgrund stark divergierender Interessen der Beteiligten nicht vielmehr der klare Verfahrensrahmen und das Instrumentarium des Insolvenzverfahrens bessere Sanierungsaussichten vermitteln können. 6. Grundlagen der Besteuerung inner- und außerhalb der Insolvenz Abschließend werden zur Unterscheidung zwischen vorinsolvenzlicher Sanierung und einer Sanierung im Insolvenzverfahren die Grundlagen der Besteuerung von Sanierungsmaßnahmen sowie die wechselseitigen Verschränkungen von Steuerund Insolvenzrecht herausgestellt, da steuerliche Folgen von Sanierungsmaßnahmen regelmäßig ein wesentlicher Faktor für die Auswahl und Anwendung von in Frage kommenden Sanierungsinstrumenten sind, damit Sanierungsbemühungen nicht durch negative Steuerfolgen konterkariert werden. 175

BGH, Urteil vom 06. 06. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181 = NJW 1994, 2220. Zur Beurteilung der Sanierungsfähigkeit werden zumindest in komplexen Fällen Gutachten von Sanierungs- oder Unternehmensberatern erforderlich sein. Zu den Anforderungen des BGHs an die Prüfung der Sanierungsaussichten, vgl. Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 51 f. 176

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 65

a) Anfall von Sanierungsbuchgewinnen durch ertragswirksame Sanierungsmaßnahmen Bei vorinsolvenzlichen Sanierungen kann sich insbesondere der Anfall eines steuerbaren Sanierungsbuchgewinns als Sanierungshemmnis erweisen, welcher durch Sanierungsbeiträge von Gläubigern oder Gesellschaftern ausgelöst wird. So können Forderungsverzichte (mit und ohne Besserungsschein), Umwandlungen von Fremdkapitalverbindlichkeiten in Genussrechte (sogenannter Debt-MezzanineSwap) sowie die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital durch Debt-EquitySwaps auf Ebene der Schuldnergesellschaft zu einem Ertrag führen, der grundsätzlich steuerpflichtig ist. Entstehen der Schuldnergesellschaft durch Sanierungsmaßnahmen neue Verbindlichkeiten in Form von Ertragssteuern auf Buchgewinne, so dürften insbesondere Fremdkapitalgeber von der Schuldnergesellschaft geforderten Sanierungsbeiträgen sehr zurückhaltend gegenüberstehen177. Bis zum Jahr 1997 waren Sanierungsgewinne nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. steuerfrei. Seit Abschaffung der Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne kommen für eine Verringerung der Steuerlast lediglich die ¢ inzwischen stark eingeschränkten ¢ Möglichkeiten der Nutzung von Verlustvorträgen in Betracht. Im Anwendungsbereich des sogenannten Sanierungserlasses178 sind zudem eine von den üblichen gesetzlichen Vorgaben abweichende Steuerfestsetzung und ein späterer Steuererlass aus Billigkeitsgründen nach §§ 163, 227 AO möglich. Im Einzelnen werden der Anfall von Sanierungsgewinn, die Möglichkeiten der Nutzung von Verlustvorträgen sowie der Anwendungsbereich des Sanierungserlasses im Sachzusammenhang bei der Darstellung der unterschiedlichen bilanziellen Sanierungsinstrumente im 2. Kapitel erörtert. b) Verhältnis zwischen Steuer- und Insolvenzrecht Das Verhältnis des Steuerrechts zum Insolvenzrecht ist gesetzlich nur unvollkommen geregelt179. Insolvenz- und Steuerrecht bilden zwei sich ergänzende Reglungsmaterien, welche zur Beurteilung von steuerlichen Folgen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens gemeinsam zu betrachten sind. Dabei bestimmt sich auch im Insolvenzverfahren nach Steuerrecht, aufgrund welchen Sachverhalts und in welcher Höhe ein Steueranspruch entsteht. Das Insolvenzrecht wirkt also nicht auf die Entstehung und Höhe des Steueranspruchs ein180. Dagegen bestimmt das Insolvenzrecht über die Einordnung und Durchsetzbarkeit von Steuerforderungen im Insolvenzverfahren181. Dieses Verhältnis der beiden Rechtsmaterien zueinander findet insbesondere Ausdruck in § 251 Abs. 2 AO, der die grundsätzliche Aussage enthält, dass sich die Durchsetzbarkeit von durch Verwaltungsakt festgestellten 177 178 179 180 181

Mihm, CFL 2010, 435. BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240. Frotscher, in: Gottwald, § 120 Rdn. 1. Frotscher, in: Gottwald, § 120 Rdn. 7. Depré/Dobler, in: Beck/Depré-Insolvenzpraxis, S. 1151, § 35 Rdn. 1.

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Steuerforderungen im Insolvenzverfahren nach den Vorschriften der Insolvenzordnung bemisst, das Steuerrecht somit die Regelungen des Insolvenzrechts unberührt lässt. Dadurch werden Steuergläubiger durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ¢ ebenso wie sonstige persönliche Gläubiger ¢ daran gehindert, Einzelvollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen. Während unter Geltung der ehemaligen Konkursordnung nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO ein Vorrecht für fiskalische Konkursforderungen der öffentlichen Hand bestand, stehen Steuerforderungen nach geltendem Recht den Forderungen sonstiger Insolvenzgläubiger grundsätzlich gleich182. Entscheidend für die Durchsetzbarkeit von Steuerforderungen in der Insolvenz ist daher die Frage, welche Steuerforderungen als Insolvenz- und welche als Masseforderung zu qualifizieren sind. Die Unterscheidung erfolgt dabei am Merkmal der Begründetheit der Forderung zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Sinne des § 38 InsO. Hierbei gelten jedoch steuerrechtliche Besonderheiten, wonach eine Steuerforderung bereits insolvenzrechtlich begründet sein kann, bevor sie im steuerrechtlichen Sinne nach § 38 AO entstanden ist. Eine Steuerforderung ist immer dann Insolvenzforderung ¢ und nicht Masseverbindlichkeit ¢ im Sinne des § 38 InsO, wenn der Lebenssachverhalt, der zur Entstehung der Steuerforderung führt, vom Schuldner bereits vor Verfahrenseröffnung verwirklicht worden ist183 oder die nach dem Gesetz maßgeblichen Besteuerungsmerkmale vor Verfahrenseröffnung erfüllt sind184. Würde man dagegen auf die steuerrechtliche Entstehung der Forderung nach § 38 AO abstellen, käme es insbesondere bei den als Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 EStG, § 7 Abs. 3 KStG) zu entrichtenden Einkommens- und Körperschaftssteuern, die als Abschnittssteuern mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstehen (§§ 36 Abs. 1, 15 Abs. 1 EStG; §§ 30 Nr. 3, 31 Abs. 1 KStG), zu sachlich nicht gerechtfertigten Masseverbindlichkeiten zugunsten des Fiskus185. Die Differenzierung zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten anhand des Zeitpunkts der Verfahrenseröffnung wird lediglich durch § 55 Abs. 2 InsO durchbrochen186. Danach werden von einem starken vorläufigen Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren begründete Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten behandelt, worunter auch die durch die Verfügungen des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgelösten Steuerverbindlich182 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Steuerforderungen hinzukommende laufende Zinsen nach §§ 233 ff. AO, Zwangsgelder nach § 329 AO und Kosten der Finanzbehörden zur Teilnahme am Insolvenzverfahren können nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 3 InsO nur als nachrangige Insolvenzforderungen geltend gemacht werden. Dagegen sind vor Verfahrenseröffnung verwirkte Säumniszuschläge reguläre Insolvenzforderungen, vgl. BFH, Urteil vom 19. 01. 2005 – VII B 286/04, ZIP 2005, 1035. 183 BFH, Urteil vom 01. 04. 2008 – X B 201/07, ZIP 2008, 1780. 184 BFH, Urteil vom 29. 03. 1984 – IV R 271/83, BFHE 141, 2 = BStBl. II 1984, 602 = NJW 1985, 511. 185 Vgl. zu den Einzelheiten der Einkommens- und Körperschaftssteuer sowie insbesondere zur streitigen Frage der Behandlung von Veräußerungsgewinnen, die aus Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters entstehen, Sinz, in: Uhlenbruck-InsO, § 38 Rdn. 72 ff. 186 Depré/Dobler, in: Beck/Depré-Insolvenzpraxis, S. 1155, § 35 Rdn. 9.

II. Abgrenzung vorinsolvenzlicher Sanierung und Sanierung im Insolvenzverfahren 67

keiten fallen187. Steuerverfahrensrechtlich wirkt sich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach §§ 87, 4 InsO i. V. m. § 240 ZPO analog dahingehend aus, dass laufende Steuerfestsetzungs-, Feststellungs-, Erhebungs-, Rechtsbehelfs-, Rechtsmittel- sowie Steuervollstreckungsverfahren unterbrochen werden188. Die Finanzbehörden können Steuerbescheide nicht mehr erlassen189. Steuerforderungen, die Insolvenzforderungen nach § 38 InsO sind, werden stattdessen in Form einer Steuerberechnung nach § 174 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet190, sodass der Fiskus durch die Feststellung der Forderung zur Tabelle nach Aufhebung eines Regelinsolvenzverfahrens aus dieser wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung betreiben kann, § 201 Abs. 2 InsO. Besondere Beachtung erfordert aus steuerrechtlicher Sicht im Insolvenzplanverfahren der Umstand, dass bei einer auf Fortführung der unternehmenstragenden Gesellschaft gerichteten Sanierung ebenfalls ein erheblicher Sanierungsgewinn anfallen kann. Zwar kommt es im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens normalerweise nicht zu einem zivilrechtlich vereinbarten Forderungsverzicht der Gläubiger, die haftungsbefreiende Wirkung eines Insolvenzplans führt in der Regel aber ebenfalls zu einem grundsätzlich steuerpflichtigen Ertrag. Abgesehen von der im Insolvenzplan vorgesehenen Befriedigung der Gläubiger wird der Schuldner nach § 227 Abs. 1 InsO von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit, was bei der Schuldnergesellschaft zu einem Buchgewinn führt191. Entgegen dem Wortlaut des § 227 Abs. 1 InsO bleiben die Restforderungen als unvollkommene Verbindlichkeiten bzw. Naturalobligationen bestehen192, sind somit nicht mehr durchsetzbar, jedoch weiterhin erfüllbar. Trotzdem sind die betreffenden Forderungen in der Handelsbilanz nicht weiter zu passivieren, da ein Schuldner hinsichtlich nicht durchsetzbarer Forderungen generell als nicht zahlungswillig anzusehen sein wird193. Das Ausbuchen der Forderungen aus der Handelsbilanz ist erfolgswirksam, da in der Gewinn- und Verlustrechnung hierbei ein außerordentlicher Ertrag entsteht. Ebenso führt ein im gestaltenden Teil eines Insolvenzplans enthaltener Debt-Equity-Swap zu einem Wegfall der als Sacheinlage einzubringenden Forderungen, sodass hierdurch nach herrschender Meinung ¢ jedenfalls in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung ¢ ebenfalls ein steuerpflichtiger außerordentlicher Ertrag entsteht194. Ein etwaiger Sanierungsgewinn entsteht mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans nach § 254 187

Sinz, in: Uhlenbruck-InsO, § 55 Rdn. 94. Kroth, in: Braun-InsO, § 87 Rdn. 10, Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 87 Rdn. 16. 189 Trotzdem ergehende Steuerbescheide sind nichtig, BFH, Urteil vom 13. 05. 2009 – XI R 63/07, BFHE 225, 278 = BStBl. II 2010, 11 = DStR 2009, 1644. 190 Depré/Dobler, in: Beck/Depré-Insolvenzpraxis, S. 1156, § 35 Rdn. 12. 191 Maus, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 875, Rdn. 8.17. 192 Breuer, in: MüKo-InsO, 2. A., § 227 Rdn. 8; Lüer, in: Uhlenbruck-InsO, § 227 Rdn. 4. 193 Zur Steuerbilanz vgl. Krumm, in: Blümich-EStG, § 5 Rdn. 758, 958. 194 Im Einzelnen zu den steuerlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps unten, 3. Kapitel, VII. 188

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1. Kap.: Grundlagen und Kontext der Unternehmenssanierung

Abs. 1 InsO195 und begründet eine nicht den Wirkungen des Insolvenzplans unterworfene Masseforderung des Fiskus nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. InsO196. Die entstehende Masseforderung erfordert die Bildung einer Rückstellung im Insolvenzplan und müsste nach § 258 Abs. 2 InsO vor Aufhebung des Verfahrens berichtigt werden. Da die Höhe der Steuerforderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, wäre in der voraussichtlichen Höhe hierfür Sicherheit zu leisten197. Sachlich ist ein solcher durch die Wirkungen eines Insolvenzplans ausgelöster Sanierungsgewinn vom Anwendungsbereich des Sanierungserlasses erfasst198, sodass Sanierungsgewinne durch eine von den üblichen gesetzlichen Vorgaben abweichende Steuerfestsetzung, Steuerstundung und einen späteren Steuererlass aus Billigkeitsgründen nach §§ 163, 227 AO im Ergebnis steuerfrei gestellt werden können199. Um größtmögliche Planungssicherheit zu erlangen, besteht für den Insolvenzverwalter ¢ sobald das Sanierungskonzept eine hinreichende Konkretisierung erfahren hat ¢ die Möglichkeit, zur Frage der Begünstigung nach dem Sanierungserlass bei den zuständigen Finanzbehörden eine verbindliche Auskunft nach § 89 AO einholen.

III. Zusammenfassung Im ersten Kapitel wurden die Grundlagen der Unternehmenssanierung inner- und außerhalb eines Insolvenzverfahrens in dem Blick genommen. Eine Unternehmenssanierung kann dabei nur unter der Prämisse Aussicht auf Erfolg haben, dass die zugrunde liegende Unternehmenskrise rechtzeitig und zutreffend diagnostiziert wird, sodass die Überwachungspflichten der Leitungsorgane zur Krisenerkennung und -abwehr als ein wesentlicher Impulsgeber für die Einleitung außerinsolvenzlicher Sanierungsmaßnehmen anzusehen sind. Zur Abgrenzung der vorinsolvenzlichen Sanierung von der Sanierung im Insolvenzverfahren wurden zunächst die allgemeinen Leit- und Entwicklungslinien des Insolvenzverfahrens aufgezeigt, bevor die sanierungsrelevanten gesellschaftsrechtlichen Eckpunkte der Insolvenzrechtsreform (ESUG) erörtert wurden. Durch die Reform wurde die sogenannte gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts aufgegeben, welche die Einbeziehung der Anteilsrechte der Ge195 Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 2. A., § 217 Rdn. 83. Nach anderer Ansicht fällt ein Sanierungsgewinn bereits mit der Bestätigung des Insolvenzplans nach § 248 InsO an, so Maus, ZIP 2002, 589. 196 Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 2. A., § 217 Rdn. 83; Andres, in: Andres-InsO, vor §§ 217 – 269 Rdn. 14; Maus, ZIP 2002, 589. 197 Andres, in: Andres/Leithaus-InsO, vor §§ 217 – 269 Rdn. 14; Eidenmüller, in: MüKoInsO, 2. A., § 217 Rdn. 83. 198 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 1. 199 Im Einzelnen zur Anwendbarkeit des Sanierungserlasses unten, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (4).

III. Zusammenfassung

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sellschafter in den Insolvenzplan und insbesondere der Debt-Equity-Swap im Insolvenzverfahren ohne die Zustimmung der Altgesellschafter ermöglicht. Die dadurch erfolgte Verknüpfung von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht ist zu begrüßen, da sie die wirtschaftliche Entwertung der Rechtsposition der Gesellschafter in der Insolvenz klar zum Ausdruck bringt und die nach alter Rechtslage bestehende Blockademöglichkeit der Gesellschafter beseitigt hat. Anstatt der bislang überwiegend praktizierten übertragenden Sanierung kann nun ein Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren durchgeführt werden, bei dem im Gegensatz zur übertragenden Sanierung die rechtsträgerspezifischen Berechtigungen in der insolventen Gesellschaft erhalten bleiben können. Der Sanierung im Insolvenzverfahren wurde die außerinsolvenzliche Sanierung gegenübergestellt, die gegenüber dem festen Verfahrensrahmen des Insolvenzverfahrens zwar wesentlich flexibler gestaltet werden kann, aber aufgrund des fehlenden Verfahrensrahmens auf einen Konsens zwischen den Beteiligten angewiesen ist, um auf rechtsgeschäftlicher Ebene zu Sanierungsvereinbarungen zu gelangen. Daher sind außerinsolvenzliche Sanierungen anfällig gegenüber Beteiligten, die als sogenannte Trittbrettfahrer einen wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Sondervorteil für ihre Teilnahme an einer Sanierungsvereinbarung verlangen. Zudem sind außerinsolvenzliche Sanierungen oftmals Zeit- und Handlungsdruck ausgesetzt, wenn sich die Lage der Gesellschaft fortlaufend verschlechtert und diese im Fall einer Überschuldung in die Nähe einer negativen Fortführungsprognose oder an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gerät, sodass die Insolvenzantragspflicht der Leitungsorgane im Raum steht. Schließlich wurden die Grundlagen der Besteuerung inner- und außerhalb des Insolvenzverfahrens sowie das Verhältnis zwischen Steuer- und Insolvenzrecht erörtert. Dabei wurde insbesondere das für die Sanierungspraxis relevante Problem des Anfalls von Sanierungsbuchgewinnen bei der Anwendung ertragswirksamer Sanierungsinstrumente aufgezeigt, welches im zweiten und dritten Kapitel bei der Untersuchung der verschiedenen Sanierungsinstrumente im Einzelnen dargelegt wird.

2. Kapitel

Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap – Definition und Abgrenzung zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten Im zweiten Kapitel wird zunächst der Untersuchungsgegenstand des DebtEquity-Swaps bestimmt sowie anschließend der Begriff, die klassische Strukturierung und der Anwendungsbereich des Debt-Equity-Swaps dargelegt. Sodann erfolgt eine Einordnung des Debt-Equity-Swaps und anderer Sanierungsmöglichkeiten anhand betriebswirtschaftlicher Kategorien, bevor der Debt-Equity-Swap in Beziehung zu anderen relevanten bilanziellen Sanierungsinstrumenten gesetzt wird. Hierfür werden der Rangrücktritt, der Forderungsverzicht sowie der sogenannte Debt-Mezzanine-Swap im Einzelnen untersucht und zum Debt-Equity-Swap abgegrenzt.

I. Untersuchungsgegenstand Debt-Equity-Swap 1. Sanierungsinstrument für Kapitalgesellschaften a) Untersuchung anhand der GmbH, AG sowie SE mit Sitz in Deutschland Der Debt-Equity-Swap ist ein Sanierungsinstrument für Gesellschaften mit gesetzlich vorgeschriebenem Grund- oder Stammkapital, bei welchen durch Kapitalmaßnahmen eine Umwandlung von Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft in Grund- oder Stammkapital möglich ist und hieraus bilanziell ein Passivtausch von Verbindlichkeiten in gezeichnetes Kapital resultiert. Die Untersuchung erfolgt daher anhand der deutschen Kapitalgesellschaften, der Aktiengesellschaft (AG) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)1. Die folgenden aktienrechtlichen Ausführungen gelten – ohne dass hierauf jeweils ausdrücklich verwiesen wird – 1

Die Ausführungen erstrecken sich nicht auf die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach dem Genossenschaftsgesetz (GenG), da diese keine Kapitalgesellschaften sind. Bei der Genossenschaft ist nach geltendem Recht kein gesetzliches Mindestkapital vorgeschrieben. Zwar eröffnet § 8a GenG die fakultative Möglichkeit, in der Satzung ein Mindestkapital festzusetzen. Soweit durch Satzungsbestimmung aber ein Mindestkapital festgesetzt wird, folgt daraus keine Verpflichtung zur Einzahlung des festgesetzten Kapitals, sondern lediglich ein Auszahlungsverbot bei Unterschreitung, vgl. Schulte, in: Lang/Weidmüller-GenG, § 8a Rdn. 2. Aus diesem Grund kommt dem Mindestkapital von Genossenschaften keine Kapitalaufbringungsfunktion im Sinne des Stamm- oder Grundkapitals der Kapitalgesellschaften zu.

I. Untersuchungsgegenstand Debt-Equity-Swap

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dabei auch für die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Societas Europaea (SE) mit Sitz in Deutschland. Für die KGaA gelten hinsichtlich des Grundkapitals nach § 278 Abs. 3 AktG die aktienrechtlichen Vorschriften des Ersten Buches des AktG, sodass sich für den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit keine Unterschiede zur Aktiengesellschaft ergeben. Insbesondere für die hier im Fokus stehenden Kapitalmaßnahmen bei einem Debt-Equity-Swap gelten bei der KGaA die §§ 182 ff. AktG2. Die SE als Kapitalgesellschaft der Europäischen Union3 mit deutscher Prägung4 ist ¢ außer zum Mindestkapital5 ¢ nicht mit eigenständigen und unabhängig vom Sitzstaat geltenden gemeinschaftsrechtlichen Kapitalvorschriften ausgestattet. Vielmehr verweist Art. 5 SE-VO auf die aktienrechtlichen Kapitalvorschriften des Sitzstaates der SE, sodass auf die SE mit Sitz in Deutschland die kapitalrechtlichen Bestimmungen der AG anwendbar sind6. Der Verzicht auf eigene kapitalrechtliche Bestimmungen für die SE und der Verweis auf die nationalen Regelungen der Aktiengesellschaft sind allerdings nur durch die vor der Schaffung der SE erfolgte grundlegende Angleichung der einzelstaatlichen aktienrechtlichen Kapitalvorschriften durch die Zweite Kapitalrichtlinie7 möglich gewesen8. Die für die SE gewählte Regelungstechnik der teilweisen Rechtsvereinheitlichung durch die unmittelbar geltende SE-VO einerseits und der Verweis auf die – durch den Mindeststandard9 der Zweiten Kapitalrichtlinie – angeglichenen nationalen Regelungen andererseits ermöglichen allerdings nach wie vor erhebliche Unterschiede in den kapitalrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen. Hierin zeigt sich auch der Kompromisscharakter der Gesamtregelung der SE, welche selbst für den zentralen Bereich der Kapitalvorschriften kein feststehendes autonomes System geschaffen hat, sondern auf die fortbestehenden nationalen Eigenheiten in Systematik und Terminologie der einzelstaatlichen ge2

Müller-Michaelis, in: Hölters-AktG, § 278 Rdn. 20. Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-VO). 4 Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft vom 22. Dezember 2004, BGBl. I S. 3675 (SE-Ausführungsgesetz) und das Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft vom 22. Dezember 2004, BGBl. I S. 3675 (SE-Beteiligungsgesetz). 5 Das gezeichnete Kapital beträgt mindestens 120.000 Euro, Art. 4 SE-VO. 6 Fleischer, in: Lutter/Hommelhoff-SE, Art. 5 SE-VO Rdn. 2, Mayer, in: Manz/Mayer/ Schröder-SE, Art. 5 SE-VO Rdn. 2. 7 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung des Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977. 8 Vgl. Erwägungsgrund 9 der SE-VO, wonach „bei der Angleichung des nationalen Gesellschaftsrechts beachtliche Fortschritte erzielt worden sind, so dass in Bereichen, in denen es für das Funktionieren der SE keiner einheitlichen Gemeinschaftsregelung bedarf, auf das Aktienrecht des Sitzmitgliedstaats verwiesen werden kann“. 9 Bayer, in: MüKo-AktG, § 57 Rdn. 245. 3

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

setzlichen Regelungen Rücksicht nimmt10. Der entscheidende Vorteil der getroffenen Regelung dürfte jedoch in der Rechtsanwendung liegen, da die Rechtspraxis so bei der Verwendung der SE auf das ihr bekannte und durch die Rechtsprechung ausdifferenzierte Kapitalsystem der jeweiligen nationalen Aktiengesellschaft zurückgreifen konnte. Andernfalls wäre die Skepsis gegenüber der SE wohl noch wesentlich ausgeprägter gewesen und die rechtstatsächliche Verbreitung der SE noch schleppender und vereinzelter vonstattengegangen11. Wie im Folgenden noch herausgearbeitet werden wird, führt die bei der SE verwendete Regelungstechnik im Vergleich des deutschen zum englischen Recht zu einer fortbestehenden unterschiedlichen Handhabe und Beurteilung der hier im Fokus stehenden Frage der Beurteilung von Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft als Einlagegegenstand bei einem Debt-Equity-Swap und deren Bewertung12. Dies wirft auch die dort zu behandelnde Frage auf, ob eine derart divergierende nationale Handhabe mit der Zweiten Kapitalrichtlinie vereinbar ist und dem Zweck der SE als europäische Kapitalgesellschaft ausreichend Rechnung tragen kann. b) Europarechtliche Vorgaben für die AG und Auswirkungen auf das GmbH-Recht Während die Ausgestaltung der AG durch die europarechtlichen Mindeststandards der Zweiten Kapitalrichtlinie vorgegeben ist, besteht eine solche Bindung an europarechtliche Vorgaben für das GmbH-Recht nicht. Dessen ungeachtet ist im Bereich der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften weitgehend ein struktureller Gleichlauf der Regelungen des deutschen GmbH- und Aktienrechts festzustellen. Zudem werden Regelungen des Aktienrechts teilweise durch die Rechtsprechung und Rechtswissenschaft auf die GmbH ¢ und ebenso umgekehrt ¢ übertragen, soweit zur jeweiligen Rechtsform keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen getroffen wurden13. So wurde die im Rahmen dieser Arbeit im Blickpunkt stehende Differenzhaftung des Inferenten nach § 9 Abs. 1 GmbHG mangels gesetzlicher Regelung im Aktiengesetz durch die Rechtsprechung des BGHs auf die AG übertragen14. Auch hat der deutsche Gesetzgeber in der jüngeren Gesetzgebung 10

So Habersack, in: MüKo-AktG, Einleitung Rdn. 107. Zur bislang geringen rechtstatsächlichen Verbreitung der SE in Deutschland und Europa: Casper, in: Spindler/Stilz-AktG, vor Art. 1 SE-VO Rdn. 23. 12 Vgl. unten, 3. Kapitel, III. 1. c). 13 So sind bspw. nach BGH, Urteil vom 16. 02. 2009 – II ZR 137/08 Qivive, BGHZ 180, 38 = NJW 2009, 2375 Verpflichtungen zu Dienstleistungen auch im GmbH-Recht, entsprechend § 27 Abs. 2 AktG, nicht sacheinlagefähig. Auch das in § 186 AktG geregelte Bezugsrecht sowie die Voraussetzungen an einen Bezugsrechtsausschluss gelten nach ganz überwiegender Auffassung auch für die GmbH, vgl. M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 55 Rdn. 21; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 41, 46. Der BGH hat die Frage in BGH, Urteil vom 18. 04. 2005 – II ZR 151/03, DStR 2005, 975 offengelassen. 14 BGH, Urteil vom 27. 02. 1975 – II ZR 111/72, BGHZ 64, 52 = NJW 1975, 974; BGH, Urteil vom 14. 03. 1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191 = NJW 1977, 1196. 11

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die Kapitalsysteme der AG und GmbH weiter aneinander angeglichen. So wurde durch das MoMiG15 mit § 55a GmbHG auch für das GmbH-Recht die Möglichkeit des genehmigten Kapitals geschaffen16. Soweit nicht typenbildende Strukturmerkmale der spezifischen Rechtsform betroffen sind, sprechen in Bezug auf solche Übertragungen auch Praktikabilitätsgründe gegen unterschiedliche kapitalrechtliche Regelungen für AG und GmbH. Nach der herrschenden Meinung besteht ein typenbildendes Strukturmerkmal der AG in ihrer interessenpluralistischen Verfassung17. Dagegen ist das Unternehmensinteresse der ¢ im Regelfall personalistisch geprägten ¢ GmbH stärker am Interesse der Gesellschafter („Shareholder“) orientiert. Während der AG-Vorstand nach herrschender Ansicht neben den Aktionärsinteressen auch zur Berücksichtigung der Belange der übrigen „Stakeholder“18 verpflichtet ist, besteht für den GmbH-Geschäftsführer nach vorzugswürdiger Auffassung keine Verpflichtung, sondern lediglich die Berechtigung zu einer angemessenen Berücksichtigung von Stakeholder-Belangen19. Aus dem hieraus folgenden unterschiedlichen Inhalt des Unternehmensinteresses im GmbH- und Aktienrecht ergibt sich für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Kapitalmaßnahmen jedoch keine Notwendigkeit zu einer Unterscheidung zwischen AG und GmbH. Außerinsolvenzlich obliegt die Entscheidung über Kapitalmaßnahmen stets den Gesellschaftern. Positive oder negative Konsequenzen, die sich aus zur Sanierung unternommenen oder unterlassenen Kapitalmaßnahmen für andere Stakeholder ergeben, stellen sich gerade als Folge der Finanzierungsverantwortung und der hierzu getroffenen Entscheidungen der Gesellschafter dar. Es ist zudem nicht erkennbar, dass eine Orientierung an den Interessen der betroffenen Stakeholder bei der AG so weitgehend vertreten würde, dass die Aktionäre zugunsten anderer Stakeholder zu einer Sanierung der Gesellschaft und zur Durchführung der hierfür erforderlichen Kapitalmaßnahmen rechtlich verpflichtet wären. Aus den genannten Gründen werden im Rahmen dieser Arbeit kapitalrechtliche Regelungen für die AG und GmbH einheitlich gehandhabt. Dem folgend werden europarechtlich determinierte Ergebnisse für die AG grundsätzlich auf die GmbH übertragen, soweit nicht im Einzelfall Anlass zu einer Differenzierung besteht. 15 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026), in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 16 Nach der Gesetzesbegründung sollte hierdurch auch für das GmbH-Recht die Möglichkeit geschaffen werden, eine Kapitalerhöhung ohne weiteren Beschluss der Gesellschafter schnell und flexibel durchführen zu können; BT-Drucksache 16/0737, S. 56. Durch die erfolgte gesetzliche Regelung des genehmigten Kapitals wurden aber insbesondere auch die Finanzierungsmöglichkeiten der GmbH durch Begebung von Wandelschuldverschreibungen erweitert, hierzu Helmreich, GWR 2011, 561 ff. 17 Ausführlich zu diesem Themenkomplex Fleischer, in: Handbuch Corporate Governance, S. 185 ff. 18 Der Begriff Stakeholder umfasst die Interessen der Gesellschafter (Kapital), der Arbeitnehmer (Arbeit), der Gesellschaftsgläubiger sowie der Öffentlichkeit (Gemeinwohl). 19 Zum Inhalt des Unternehmensinteresses im GmbH-Recht vgl. Fleischer, GmbHR 2010, 1307 ff.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

c) Ausklammerungen Von der Untersuchung kapitalmarkt-20 und kartellrechtlicher21 Aspekte eines Debt-Equity-Swaps wird aufgrund der Schwerpunktsetzung der Arbeit auf die Frage nach dem Einlagegegenstand und dessen Bewertung abgesehen. 2. Abgrenzung zum Debt-Equity-Swap als Instrument zum Abbau von Staatsverschuldung Gegenstand vorliegender Arbeit ist der Debt-Equity-Swap als gesellschaftsrechtliches Sanierungsinstrument von Kapitalgesellschaften. Der Begriff des DebtEquity-Swaps findet jedoch auch in Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft im Zusammenhang mit der Restrukturierung von Staatsverschuldung Verwendung. In den 1980er-Jahren wurden Auslandsschulden in Fremdwährung, insbesondere in den Schwellenländern Argentinien, Brasilien, Chile, Ecuador, Mexiko, Venezuela und den Philippinen, durch sogenannte Staaten-Debt-Equity-Swaps abgelöst22. In der Ausgangssituation galt es für die Regierungen der genannten Länder, jeweils Alternativen zur Rückzahlung von in US-Dollar oder sonstiger Fremdwährung bestehenden Darlehensverbindlichkeiten und Anleihen23 zu finden. Alle betroffenen Länder wiesen einen hohen Auslandsschuldenstand in Fremdwährung auf und versuchten einen Zahlungsausfall („Default“) zu verhindern. Ziel eines „StaatenDebt-Equity-Swaps“ ist es, die bestehenden Verbindlichkeiten durch eine Beteiligung der Gläubiger an bisher in Staatseigentum stehenden Unternehmen abzulösen und somit Auslandverbindlichkeiten in Investitionen der bisherigen Gläubiger umzuwandeln24. In einem ersten Schritt wurden dazu die Darlehens- und Anleiheverbindlichkeiten von der Zentralbank des Schuldnerstaates mit Abschlag in lokaler Währung abgelöst. Die teilnehmenden Gläubiger verpflichten sich, die in der Landeswährung des Schuldnerstaates erhaltene (Teil-)Rückzahlung auf ihre Forderungen zum Erwerb von Anteilen an einem bestimmten Unternehmen zu verwenden. Im Ergebnis er20 Die bei einem Debt-Equity-Swap zu beachtenden kapitalmarktrechtlichen Aspekte behandeln Redeker, BB 2007, 673, 678 und Schleusener, S. 84 ff. 21 Zu den kartellrechtlichen Aspekten eines Debt-Equity-Swaps, vgl. Schleusener, S. 102 ff. 22 Müller-Eicker, S. 277. 23 Bis zum Jahr 1989 handelte es sich bei den Auslandsverbindlichkeiten der genannten Staaten um Bankdarlehen oder Schuldscheine. Nachdem in den 1980er-Jahren viele lateinamerikanische Schwellenländer ihre Auslandsschulden nicht mehr bedienen konnten, wurde im Jahr 1989 das Instrument der Brady Bonds geschaffen, um diese Darlehensschulden in handelbare Schuldverschreibungen zu konvertieren. Diese wurden in der Regel durch US-Treasury-Null-Kupon-Anleihen besichert. Der Erwerb dieser Null-Kupon-Anleihen durch die jeweiligen Schuldnerländer erfolgte unter Verwendung von Mitteln des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank oder aus eigenen Devisenreserven. 24 Wulfken, S. 1.

I. Untersuchungsgegenstand Debt-Equity-Swap

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halten die Gläubiger anstatt der ursprünglich geschuldeten Rückzahlung der Forderungen in US-Dollar eine Beteiligung an einem bisherigen Staatsunternehmen des Schuldnerlandes. Der Schuldnerstaat konnte seine Fremdwährungsverbindlichkeiten zunächst durch Zahlung in eigener Währung und mit Abschlag ablösen. Im zweiten Schritt erhält der Schuldnerstaat die gezahlte Summe durch die „Versilberung“ von bisherigem Staatseigentum zurück25. Ein solcher „Staaten-Debt-EquitySwap“ unterscheidet sich strukturell grundlegend von einem gesellschaftsrechtlichen Debt-Equity-Swap: • Im Wege einer Vertragsänderung wird die Rückzahlungsverpflichtung im Ausgangsschuldverhältnis durch eine mehrstufige Vereinbarung zur Befriedigung der Gläubiger an Erfüllungs statt modifiziert (zunächst Teilrückzahlung in Landeswährung und anschließend Investition in Unternehmen im Schuldnerstaat). • Beim gesellschaftsrechtlichen Debt-Equity-Swap findet dagegen keine Änderung des Ausgangsschuldverhältnisses statt. Dort beruht die Einbringung der Forderung im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf dem Zeichnungs- oder Übernahmevertrag, einem neuen, gegenüber dem Ausgangsschuldverhältnis unabhängigen Schuldverhältnis. Es erfolgt daher beim gesellschaftsrechtlichen Debt-EquitySwap keine Erfüllung der Ausgangsverbindlichkeit im Sinne der §§ 362 ff. BGB. Die Forderung des Gläubigers wird für den Erwerb von bei der Schuldnergesellschaft durch Kapitalmaßnahmen neu geschaffenen jungen Aktien oder Geschäftsanteilen eingesetzt. Die Ausgangsforderung erlischt durch Erlassvertrag nach § 397 BGB oder bei Abtretung an die Gesellschaft ex lege durch Konfusion. • Bei einem „Staaten-Debt-Equity-Swap“ kann ¢ im Gegensatz zum gesellschaftsrechtlichen Debt-Equity-Swap ¢ keine direkte Beteiligung des bisherigen Gläubigers am Schuldner als Gesellschafter erfolgen, sondern es können Anteile an einem bisherigen Staatsunternehmen erworben werden. Dagegen findet die Beteiligung eines Gläubigers bei einem gesellschaftsrechtlichen Debt-EquitySwap grundsätzlich direkt an der Schuldnergesellschaft statt, da in der Regel genau bei dieser ein Bedürfnis zur Verringerung der Verbindlichkeiten besteht und ein bilanziell wirksamer Passivtausch von Fremd- in Eigenkapital daher gerade bei der Schuldnergesellschaft vorgenommen wird. Da Staaten zudem grundsätzlich nicht bilanzrechtlichen und insolvenzrechtlichen Regelungen unterliegen26, 25

Zur Strukturierung eines „Staaten-Debt-Equity-Swaps“ und der damit verbundenen Risiken für die Beteiligten, vgl. Müller-Eicker, S. 268 ff. 26 Staaten sind generell nicht insolvenzfähig. In Deutschland ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Bundes oder eines Landes nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen. Durch § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO in Verbindung mit entsprechenden landesrechtlichen Regelungen, z. B. § 45 AGGVG-BW in Baden-Württemberg, sind auch die Gemeinden und Landkreise nicht insolvenzfähig. In der Schweiz wird der Gemeindekonkurs durch Art. 2 Abs. 1 SchGG (Bundesgesetz über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts) ausgeschlossen. Dagegen sind in den USA Verwaltungseinheiten unterhalb der Ebene der Bundesstaaten, die „municipalities“, insolvenzfähig, d. h. insbesondere Städte, Gemeinden und Landkreise, vgl. USC, Title 11, Chapter 9, §§ 901 – 946

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

werden bei einem „Staaten-Debt-Equity-Swap“ auch keine bilanziellen Ziele verfolgt oder die Vermeidung eines Insolvenzverfahrens angestrebt. Ebenso wenig relevant ist in der Staatenfinanzierung die Unterscheidung von Fremd- und Eigenkapital. Soweit bei einem gesellschaftsrechtlichen Debt-Equity-Swap die Schuldnergesellschaft Bestandteil eines Konzerns ist, ist dagegen auch die Beteiligung des Gläubigers an einer anderen Konzerngesellschaft, insbesondere einer Tochtergesellschaft, denkbar. Auch bei einer einem Debt-Equity-Swap vorangestellten Verlagerung der Verbindlichkeit durch Schuldübernahme auf eine andere Konzerngesellschaft kommt es bei einem Debt-Equity-Swap zu einer Beteiligung des Gläubigers direkt an der die Schuld übernehmenden Gesellschaft. Verbleibt die Verbindlichkeit dagegen bei der Ausgangsgesellschaft, so entfällt diese nicht bei Einbringung im Zuge einer Kapitalerhöhung bei einer anderen Konzerngesellschaft, sondern die Schuldnergesellschaft sieht sich lediglich einem neuen, jetzt konzerninternen, Gläubiger gegenüber. Bei der Gesellschaft, bei der Forderungen gegen eine andere Konzerngesellschaft als Einlage eingebracht werden, kommt es in diesem Fall auch nicht zu einem Passivtausch von Verbindlichkeiten in Eigenkapital, sondern zu einer Bilanzverlängerung (Einbuchung der Forderung gegen die Schuldnergesellschaft auf der Aktivseite und der Erhöhung des statutarischen Eigenkapitals auf der Passivseite), was aber weder dem Begriff noch der Funktion nach einen gesellschaftsrechtlichen Debt-Equity-Swap darstellt27.

II. Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument Nachdem vorstehend der Untersuchungsgegenstand des Debt-Equity-Swaps eingegrenzt wurde, wird nun der Begriff des Debt-Equity-Swaps näher betrachtet, dessen klassische Strukturierung sowie Anwendungsbereich beschrieben, um in den nachfolgenden Abschnitten eine Zuordnung des Debt-Equity-Swaps in unterschiedliche Kategorien von Sanierungsmaßnahmen sowie die Abgrenzung zu anderen Sanierungsinstrumenten zu ermöglichen.

(Adjustment of debt of a municipality). Seit der Einführung von Chapter 9 im Jahr 1937 hat es bereits zahlreiche Insolvenzen von Municipalitys in den USA gegeben. Zu den bekanntesten zählen Orange County (CA) 1994; Harrisburg (PA) 2011; Jefferson County (AL) 2011 und Stockton (CA) 2012). Zuletzt hat Detroit (MI) im Juli 2013 Gläubigerschutz beantragt, vgl. Handelsblatt vom 18. 07. 2013, Bankrott erklärt: Detroit liegt am Boden, abrufbar unter: http:// www.handelsblatt.com/politik/international/bankrott-erklaert-detroit-liegt-am-boden/8518182. html [Stand: 05. 03. 2014]. 27 Durch solche Gestaltungen wie z. B. die Ausgabe von Wandelgenussrechten oder die Übertragung von Beteiligungen an Tochtergesellschaften der Schuldnergesellschaft gegen Forderungsverzicht werden wirtschaftlich teilweise vergleichbare Zielsetzungen wie bei einem Debt-Equity-Swap verfolgt, die sich jedoch jeweils in mindestens einer Komponente von der hier untersuchten Debt-Equity-Swap-Struktur unterscheiden.

II. Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument

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1. Begriff des Debt-Equity-Swaps a) Verwendung des Begriffs im deutschen Recht Die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital war im deutschen Recht bis vor Kurzem – weder außerhalb des Insolvenzrechts noch im Insolvenzverfahren – gesetzlich normiert und daher ein Sanierungsinstrument auf rechtsgeschäftlicher Grundlage zwischen den Beteiligten. Folglich existierte auch keine gesetzliche Definition des Debt-Equity-Swaps, sodass der Begriff durch die Verwendung in der Rechtswissenschaft und Sanierungspraxis geprägt wurde. In weiter zurückliegenden deutschsprachigen Veröffentlichungen findet der Begriff des Debt-Equity-Swaps keine Verwendung; vielmehr wird der Umwandlungsvorgang als „Einbringung von Gläubigerforderungen als Sacheinlage“28 oder „Umwandlung von Krediten in haftendes Kapital“29 umschrieben. In neueren Veröffentlichungen wird dagegen durchgängig der aus dem angloamerikanischen Rechtskreis entlehnte Begriff DebtEquity-Swap verwendet, dem im Rahmen dieser Arbeit der für das deutsche Recht nachfolgend beschriebene Bedeutungsgehalt der klassischen Debt-Equity-SwapStruktur zugeschrieben wird. Für andere Sanierungsinstrumente, die wirtschaftlich zum Debt-Equity-Swap vergleichbare Zielsetzungen verfolgen, haben sich abgrenzende deskriptive Begriffe herausgebildet, die Unterschiede zur klassischen Debt-Equity-Swap-Struktur verdeutlichen sollen, wie beispielsweise „unechter Debt-Equity-Swap“30 oder „Reverse Debt-Equity-Swap“31. b) Verrechtlichung des Begriffs durch gesetzliche Normierung? In den zwischenzeitlich durch den Gesetzgeber zum Debt-Equity-Swap getroffenen insolvenzrechtlichen Regelungen in § 9 Abs. 1 Satz 1 KredReorgG und § 225a Abs. 2 Satz 1 InsO wird der Begriff des Debt-Equity-Swaps nicht verwendet, sondern als möglicher Inhalt des gestaltenden Teils eines Reorganisations- oder Insolvenzplans dahingehend umschrieben, „dass Forderungen von Gläubigern in Anteile am Kreditinstitut bzw. in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden“ können. Darüber hinaus ist in § 9 Abs. 1 Satz 3 KredReorgG und § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO niedergelegt, dass der Plan „insbesondere eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen oder den Ausschluss von Bezugsrechten“ vorsehen kann. Zudem enthalten § 10 KredReorgG und § 225a Abs. 3 InsO die Bestimmung, dass im Plan „jede Regelung getroffen werden kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist“. Gesetzessystematisch enthalten § 10 KredReorgG und § 225a Abs. 3 InsO somit die allgemeine Bestimmung (jede gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung), während die speziellere Regelung vorange28 29 30 31

Meilicke, DB 1989, 1067. Geßler, in: Festschrift Möhring, 1975, S. 173. Greven, in: Aktuelle Aspekte des M&A Geschäfts 2008, S. 144. Drouven, ZIP 2009, 1052. Zum „Reverse Debt-Equity-Swap“ unten, 3. Kapitel, VIII. 4.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

stellt in § 9 Abs. 1 KredReorgG und § 225a Abs. 2 InsO (Umwandlung von Forderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte) erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt der methodischen Grundregel – vom Allgemeinen zum Speziellen – wäre daher die umgekehrte Anordnung der Bestimmungen angezeigt gewesen. In der erfolgten Anordnung der Reglungen findet das gesetzgeberische Anliegen Ausdruck, die dem Debt-Equity-Swap zugeschriebene Bedeutung hervorzuheben. Die Normierung des Debt-Equity-Swaps im Insolvenzverfahren wurde im Regierungsentwurf zum ESUG „allgemein als zentrales Mittel für ein attraktives Sanierungsverfahren“32 eingestuft. Dies dürfte im Wesentlichen der in der Literatur vorangegangenen Reformdiskussion geschuldet sein, in welcher die Regelung des Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren eine zentrale Forderung an den Gesetzgeber war33. Im Gegensatz zum Gesetzestext hat der Begriff des Debt-Equity-Swaps in die Gesetzesbegründungen zum KredReorgG und ESUG Eingang gefunden und wird im Regierungsentwurf zum ESUG als „Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital“34 definiert. Die Gesetzesbegründungen enthalten keine Festlegung auf einen bestimmten Modus der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, was angesichts der in § 10 KredReorgG und § 225a Abs. 3 InsO vom Gesetzgeber getroffenen allgemeinen Regelung auch nicht erforderlich war. Beide Gesetzesbegründungen enthalten allerdings eine ¢ inhaltlich nahezu identische ¢ Skizzierung der rechtstechnischen Umsetzung der nachfolgend dargestellten klassischen Debt-Equity-Swap-Struktur35. Aus der Begriffsverwendung des Gesetzgebers lässt sich entnehmen, dass dieser den von Rechtswissenschaft und Sanierungspraxis zuvor geprägten Begriff des Debt-EquitySwaps als Beschreibung der klassischen Debt-Equity-Swap-Struktur aufgegriffen und sich zu eigen gemacht hat. Im Ergebnis hat durch die erfolgte gesetzliche Normierung des Debt-EquitySwaps für das Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren keine Änderung der Begrifflichkeiten stattgefunden, sondern eine Festschreibung des bisherigen Begriffsverständnisses durch die Rezeption des dem Begriff zugeschriebenen Inhalts durch den Gesetzgeber. Durch die in § 10 KredReorgG und § 225a Abs. 3 InsO getroffenen gesellschaftsrechtsakzessorischen Regelungen ermöglicht der Gesetzgeber zudem jede gesellschafts-, zivil- und handelsrechtlich mögliche Sanierungskonstruktion. Es ist zu begrüßen, dass der Sanierungspraxis durch das ESUG das volle ¢ auch außerhalb einer Insolvenz bestehende ¢ Gestaltungsinstrumentarium für das Insolvenzplanverfahren zur Verfügung gestellt wurde und somit der Viel32

Regierungsentwurf zum ESUG vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 31. Uhlenbruck, NZI 2008, 205; Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541; Carli/Rieder/Mückl, ZIP 2010, 1739; Willemsen/Rechel, BB 2010, 2067; Hölzle, NZI 2010, 213. 34 Regierungsentwurf zum ESUG vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 31. 35 Regierungsentwurf zum Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährung der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 27. September 2010, BT-Drucksache 17/3024, S. 50 f.; Regierungsentwurf zum ESUG vom 4. Mai 2011, BT-Drucksache 17/5712, S. 31. 33

II. Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument

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gestaltigkeit der Erscheinungsformen im Spektrum der Kapitalgesellschaften auch für das Insolvenzverfahren Rechnung getragen wurde. 2. Klassische Strukturierung eines Debt-Equity-Swaps Bestimmendes Wesensmerkmal eines Debt-Equity-Swaps ist ¢ unabhängig von der konkreten rechtstechnischen Umsetzung ¢ die Umwandlung mindestens einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung in Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft36. Sich an einem Debt-Equity-Swap beteiligende Forderungsgläubiger können dabei entweder Bestandsgesellschafter sein, denen aus der Gewährung von Gesellschafterdarlehen oder Austauschgeschäften Forderungen gegen die Gesellschaft zustehen, oder bislang außenstehende Gläubiger, die durch die Teilnahme an einem Debt-Equity-Swap in die Position eines Gesellschafters rücken. Einlagegegenstand ist nach herrschender Ansicht die Forderung, welche als Sacheinlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung in die Gesellschaft eingebracht wird37. Hierzu ist insbesondere der Beschluss einer Kapitalerhöhung erforderlich, der in einer Sanierungssituation in der Regel eine nominelle Kapitalherabsetzung nach §§ 58a ff. GmbHG, §§ 229 ff. AktG vorangestellt wird, um zunächst die Höhe des Stammkapitals an das tatsächlich noch vorhandene Aktivvermögen anzupassen und insoweit eine Unterbilanz zu beseitigen38. Die Einbringung der Forderung erfolgt rechtstechnisch entweder durch Abtretung an die Schuldnergesellschaft nach § 398 BGB, wodurch die Forderung durch Vereinigung der Schuldner- und Gläubigerposition durch Konfusion erlischt39, oder durch Abschluss eines Erlassvertrages nach § 397 BGB. In der Sache handelt es sich aufgrund der rechtlichen Unmöglichkeit der Übertragung einer solchen Forderung auf die Schuldnergesellschaft bei einer Abtretung der Forderung gleichfalls um einen Verzicht des Gläubigers auf die Forderung. Zudem kommt es in beiden Fällen zu keiner Befriedigung des Gläubigers durch Erfüllung nach §§ 362 ff. BGB, da die Forderungen jeweils als Einlagegegenstand zum Erwerb einer Beteiligung an der Schuldnergesellschaft verwendet werden. 36

A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 30; Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1387, 1389; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 544; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2267; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238; Priester, DB 2010, 1445; Burg/Marx, CFL 2010, 364; Redeker, BB 2007, 673, 674; Drygala, SZW 2006, 245; Buth/Hermanns, in: Buth/Hermanns, § 16 Rdn. 48; Karollus, ZIP 1994, 589. 37 RG, Urteil vom 04. 07. 1898 – VI ZR 104/98, RGZ 42, 1; BGH, Urteil vom 13. 10. 1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52 = NJW 1954, 1842; BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754; BGH, Urteil vom 18. 09. 2001 – II ZR 365/98, BGHZ 145, 150 = NJW 2001, 67; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 54; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 80; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 124; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 63; Zeidler, in: MichalskiGmbHG, § 5 Rdn. 89; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 17. 38 M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 58a Rdn. 2. 39 Näher zu Tatbestand und Rechtswirkung der Konfusion Olzen, in: Staudinger-BGB, Einl. zu §§ 362 ff. Rdn. 26 ff.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Bilanziell handelt es sich bei einem Debt-Equity-Swap um einen reinen Passivtausch. Bei einer nach HGB bilanzierenden Schuldnergesellschaft ist eine nach § 266 Abs. 3 Ziffer C. HGB ausgewiesene Verbindlichkeit auszubuchen und nach § 266 Abs. 3 Ziffer A. I., § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB, § 152 Abs. 1 Satz 1 AktG als gezeichnetes Kapital in das Eigenkapital einzubuchen40. Auf der Aktivseite der Bilanz fließt der Gesellschaft dagegen keine ¢ unter § 266 Abs. 2 Ziffer B. IV. HGB auszuweisende ¢ Liquidität zu. Ein Debt-Equity-Swap ist daher in Abgrenzung zu liquiditätsbezogenen Maßnahmen als bilanzbezogene Maßnahme zu charakterisieren, da hierbei im Gegensatz zu sonstigen Kapitalerhöhungen keine Bilanzverlängerung durch einen Zugang in gleicher Höhe auf Aktiv- und Passivseite der Bilanz stattfindet. Soweit eine Gesellschaft nach §§ 315a, 290 ff. HGB, Artikel 4 IAS-VO41, nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, den International Financial Reporting Standards (IFRS), bilanziert42, bestimmen sich die bilanziellen Auswirkungen eines klassischen Debt-Equity-Swaps nach den Interpretationen IFRIC 19, den „Extinguishing Financial Liabilities with Equity Instruments“ des International Financial Reporting Interpretations Committee43. 3. Vor- wie innerinsolvenzlicher Anwendungsbereich des Debt-Equity-Swaps Die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps in der dargestellten Strukturierung ist sowohl im Rahmen einer vorinsolvenzlichen Sanierung als auch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens möglich. Dies galt auch bereits vor Inkrafttreten des ESUG, soweit die für die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps erforderlichen Kapitalmaßnahmen und die Fortsetzung der Gesellschaft durch die Gesellschafter mit den erforderlichen Dreiviertelmehrheiten beschlossen wurden, §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, §§ 182 Abs. 1, 186 Abs. 3, 274 Abs. 2 AktG. Durch das ESUG wurde für das Insolvenzplanverfahren nun die weiter gehende Möglichkeit geschaffen, einen Debt-Equity-Swap auch gegen den Willen der Anteilseigner in den Insol40

Zu den Einzelheiten der bilanziellen und steuerlichen Auswirkungen eines Debt-EquitySwaps, insbesondere bei nur teilweise werthaltigen Forderungen, vgl. unten, 3. Kapitel, VII. 41 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. 07. 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, Abl. Nr. L 243/1 vom 11. 09. 2002. 42 Zu dem Kreis der zur Rechnungslegung nach IFRS verpflichteten Unternehmen und den optionalen Möglichkeiten zur Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsstandards, Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 315a Rdn. 3 f., 7 f. 43 Als Anhang abgedruckt in Endorsement VO Nr. 662/2010 der Kommission vom 23. 07. 2010, Abl. Nr. L 193/3 vom 24. 07. 2010. Die IFRIC-19-Interpretationen sind im Wege des Endorsement-Verfahrens (vgl. zum Endorsment-Verfahren Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 315a Rdn. 5) durch die EU förmlich übernommen und für nach dem 30. 06. 2010 beginnende Geschäftsjahre verbindlich geworden, Endorsement VO Nr. 662/2010 der Kommission vom 23. 07. 2010, Abl. Nr. L 193/1 vom 24. 07. 2010. Die näheren bilanziellen Auswirkungen des Debt-Equity-Swaps nach IFRS sind allerdings nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit und werden daher nicht weiter behandelt.

II. Definition und Einordnung des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument

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venzplan aufzunehmen. Dies resultiert aus der durch das ESUG aufgegebenen sogenannten gesellschaftsrechtlichen Neutralität des deutschen Insolvenzrechts44. Rechtstechnisch wurde das bislang unverknüpft neben dem Gesellschaftsrecht stehende Insolvenzrecht dadurch mit dem Gesellschaftsrecht verbunden, dass nun einerseits nach § 225a InsO jegliche gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung im Insolvenzplan getroffen werden kann und andererseits die Anteilseigner als eine dem Obstruktionsverbot unterliegende Beteiligungsgruppe in das Insolvenzplanverfahren mit einbezogen werden, §§ 238a, 244, 245, 246a InsO. Die den Anteilseignern nach bisherigem Recht auch im Insolvenzverfahren verbleibende Rechtsmacht über ihre Stellung als Gesellschafter der aufgelösten Schuldnergesellschaft45 – und der daraus resultierenden Möglichkeit, eine fortführende Sanierung der Schuldnergesellschaft im Insolvenzplanverfahren zu blockieren46 – wurde durch die Einbeziehung unter das Obstruktionsverbot gebrochen. Nach Inkrafttreten des ESUG fingiert das Gesetz die Zustimmung der Abstimmungsgruppe der Anteilseigner nach § 245 Abs. 1, Abs. 3 InsO, soweit die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zustimmen. Für die Auslösung der Zustimmungsfiktion ist weiter erforderlich, dass die Abstimmungsgruppe, deren Zustimmung fingiert wird, durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, als sie ohne einen Plan stünde, und eine angemessene Beteiligung an den nach dem Plan an die Berechtigten zu verteilenden wirtschaftlichen Werten der Schuldnergesellschaft gewährleistet ist. Ein selbstständiges Rechtsmittel gegen die gerichtliche Feststellung über das Eingreifen der Zustimmungsfiktion des § 245 InsO ist nicht gegeben47. Anfechtbar durch sofortige Beschwerde ist allein die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzgericht, §§ 248 Abs. 1, 253 InsO. Jedenfalls das Kriterium einer angemessenen wirtschaftlichen Beteiligung der Anteilseigner dürfte sich in der Praxis kaum als streitanfällig erweisen, da die Anteilseigner mit ihren Ansprüchen auf Einlagerückgewähr im Insolvenzverfahren lediglich „letztrangige“ Residualgläubiger sind, §§ 245 Abs. 3, 199 InsO, und daher in der Regel unberücksichtigt bleiben, da eine vollständige Befriedigung sämtlicher, auch der nach § 39 InsO nachrangigen, Gläubiger in der Praxis nur in Ausnahmefällen vorkommt48. Aus diesem Grund wird dem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren nun ein erhebliches Anwendungspotenzial zugeschrieben, welches auch der bislang gängigen Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens des 44

Zur gesellschaftsrechtlichen Neutralität des deutschen Insolvenzrechts vor Inkrafttreten des ESUG: Uhlenbruck, NZI 2008, 201; Uhlenbruck, in: Festschrift Lüer, 2008, S. 461 ff.; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543 ff. 45 Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die Gesellschaft nach § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG, § 60, Abs. 1 Nr. 4 GmbHG aufgelöst. 46 Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 203; Bitter, ZGR 2010, 150, 161. 47 Braun/Frank, in: Braun-InsO, § 245 Rdn. 26, § 248 Rdn. 2 f. 48 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 199 Rdn. 1. Eine vollständige Befriedigung der Gläubiger im Insolvenzplanverfahren nach §§ 245 Abs. 3 Nr. 1 InsO und ein Überschuss bei der Schlussverteilung nach § 199 InsO sind allenfalls denkbar, wenn die Schuldnergesellschaft über erhebliche stille Reserven verfügt, die erst im Insolvenzverfahren aufgelöst werden können (z. B. Immobilien oder selbst geschaffene Immaterialgüter).

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Schuldners im Wege der „übertragenden Sanierung“ durch die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen49 Konkurrenz machen dürfte. Als wesentlicher Vorteil der Durchführung eines Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren gegenüber der Durchführung im Rahmen einer vorinsolvenzlichen Sanierung könnte sich für die Gläubiger der Schuldnergesellschaft insbesondere der durch das ESUG in § 254 Abs. 4 InsO normierte Ausschluss des Differenzhaftungsrisikos nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans erweisen. Welche Auswirkungen die gesetzlichen Neuerungen durch das ESUG auf die vorinsolvenzliche Sanierungspraxis haben werden, ist bislang offen. Es steht allerdings zu vermuten, dass die Gesellschafter vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage im Rahmen von vorinsolvenzlichen Sanierungsbemühungen eher zu Zugeständnissen bereit sein werden, da für die Gläubiger im Insolvenzverfahren nun die Möglichkeit besteht, über einen insolvenzlichen Debt-Equity-Swap das Schuldnervermögen samt des Unternehmensträgers und der rechtsträgerspezifischen Berechtigungen zu erhalten, ohne dass es hierzu der Zustimmung der bisherigen Gesellschafter bedarf. 4. Alternative Strukturierungen zum Debt-Equity-Swap Ausgehend von der dargelegten klassischen Struktur eines Debt-Equity-Swaps werden in Sanierungspraxis und Rechtswissenschaft alternative Strukturierungen diskutiert, welche insbesondere das Ziel verfolgen, mit der klassischen Debt-EquitySwap-Struktur verbundene Risiken oder Rechtsnachteile für Beteiligte auszuschließen. Im Zentrum steht dabei das nach Rechtsprechung und herrschender Meinung bestehende Differenzhaftungsrisiko der Inferenten, welches insbesondere im Fall einer Folgeinsolvenz nach Durchführung eines Debt-Equity-Swaps virulent werden kann, wenn der Insolvenzverwalter zur Anreicherung der Insolvenzmasse möglicherweise bestehende Haftungsansprüche geltend macht. Daneben können aber auch Rechtsnachteile für die Schuldnergesellschaft relevant sein, soweit die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps negative Steuerfolgen auslösen würde50, was die Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit der Schuldnergesellschaft herabsetzen und somit auch die Bereitschaft der Gläubiger zur Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap vermindern würde. In der Literatur wurde vor allem das von Drouven vorgeschlagene alternative Sanierungsmodell zur dargelegten klassischen Debt-Equity-Swap-Struktur, der sogenannte Reverse-Debt-Equity-Swap51 diskutiert. Mit dem Reverse-Debt-Equity-Swap soll im Wege einer Ausgliederungslösung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) eine mit einem Debt-Equity-Swap vergleichbare bilanzielle Entschuldung der Schuldnergesellschaft erreicht werden. Weitere Ausführungen hierzu sind dem 3. Kapitel VIII. 4. vorbehalten, wo der Reverse-Debt-Equity-Swap im Kontext verschiedener Gestaltungsmöglichkeiten 49 50 51

Esser, in: Braun-InsO, § 159 Rdn. 6. Zu den steuerlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps unten, 3. Kapitel, VII. Drouven, ZIP 2009, 1052.

III. Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten

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näher erörtert wird, die bestimmte, mit einem Debt-Equity-Swap verbundene Risiken und Nachteile für die Beteiligten zu vermeiden suchen und daher im Zusammenhang mit der Darlegung der mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen Risiken und Nachteile im dritten Kapitel erfolgen.

III. Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten Zur Einordnung des Debt-Equity-Swaps sowie zur Abgrenzung von anderen Sanierungsinstrumenten erfolgt in diesem Abschnitt die allgemeine Einteilung von Sanierungsmöglichkeiten in unterschiedliche Kategorien von Sanierungsmöglichkeiten. Darauf aufbauend werden im folgenden Abschnitt die in dieselbe Kategorie wie der Debt-Equity-Swap fallenden relevanten Sanierungsinstrumente dargelegt und die Unterschiede zum Debt-Equity-Swap herausgearbeitet. 1. Unterscheidung zwischen finanz- und leistungswirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen In betriebswirtschaftlichen Kategorien werden unterschiedliche Sanierungsmöglichkeiten nach leistungs- und finanzwirtschaftlichen Maßnahmen unterschieden; innerhalb der finanzwirtschaftlichen Instrumente zwischen liquiditäts- und bilanzbezogenen Maßnahmen. Leistungswirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen betreffen die Steigerung der Produktivität eines Unternehmens, welche ¢ allgemein gefasst ¢ die Verbesserung des Mengenverhältnisses von Einsatz- zu Ausbringungsgütern zum Ziel haben. Der leistungswirtschaftliche Bereich umfasst somit alle Fragen, die in direktem Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf der unternehmerischen Leistung (Sachgüter oder Dienstleistungen) stehen52. Vorrangig geht es um die Identifikation von Verbesserungsmöglichkeiten und deren Umsetzung in sämtlichen Unternehmensbereichen und -abläufen, wie beispielsweise Personal, Produktion, Logistik, Einkauf, Forschung und Entwicklung, Vertrieb, EDV, Finanzen und Controlling53. Leistungswirtschaftliche Maßnahmen zielen daher auf eine Kostenreduktion auf der Ausgabenseite und/oder eine Erhöhung des Absatzes und damit der Einnahmenseite ab. Solche leistungswirtschaftlichen Instrumente sind nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Im Unterschied dazu verfolgen finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen primär die Sicherung der Zahlungsfähigkeit und die Verhinderung oder Beseitigung einer Überschuldung. Ziel finanzwirtschaftlicher Maßnahmen ist somit primär die Vermeidung der Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO. Solche Maßnahmen haben insbesondere die Liquidität der Gesellschaft und die Kapitalstruktur in ihrer Zusammensetzung aus Eigen- und Fremdkapital im Blick, 52 53

Hierzu Baltz/Hien, in: Buth/Hermanns, § 8 Rdn. 2 ff. Baltz/Hien, in: Buth/Hermanns, § 8 Rdn. 2.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

welche durch verschiedene Instrumente reaktiv oder proaktiv gesteuert beziehungsweise umgestaltet werden können54. Auch der Debt-Equity-Swap ist der Kategorie der finanzwirtschaftlichen Sanierungsinstrumente zuzuordnen, da es durch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital zu einer Verringerung der Verbindlichkeiten sowie zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote kommt. Weiter kommt es durch den Wegfall von Zins- und Tilgungsleistungen zu mittelbaren Liquiditätsverbesserungen. Innerhalb der finanzwirtschaftlichen Sanierungsinstrumente wird weiter differenzierend zwischen liquiditäts- und bilanzbezogenen Maßnahmen unterschieden. 2. Liquiditätsbezogene Sanierungsmaßnahmen Liquiditätsbezogene Instrumente sind all jene Maßnahmen, die einen direkten Zufluss von frei verwendbaren Mitteln an die Gesellschaft bewirken. Innerhalb der liquiditätsbezogenen Maßnahmen kann zwischen dem Zufluss von neuem Eigenkapital („fresh money“) und Fremdkapital (Darlehen, Schuldverschreibungen oder Anleihen) unterschieden werden. Eigenkapitalinvestitionen können dabei entweder im Wege einer Erhöhung des statutarischen Grund- oder Stammkapitals erfolgen oder durch sonstige Zuzahlungen in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB umgesetzt werden. Sonstige Zuzahlungen in die Kapitalrücklage bieten in einer Sanierungssituation mit einem regelmäßig knapp bemessenen Zeitfenster insbesondere den Vorteil, dass hierbei im Gegensatz zu einer Kapitalerhöhung weder Anmeldung noch Eintragung in das Handelsregister für die Wirksamkeit der Maßnahme erforderlich sind. Weiter kann für die Durchführung einer Kapitalerhöhung nach den Kreditbedingungen („financial covenants“) bereits bestehender Fremdkapitalüberlassungsverhältnisse die Zustimmung der Gläubiger erforderlich sein. Dagegen werden bei Zuzahlungen in das Eigenkapital keine in Kreditverträgen enthaltene Zustimmungspflichten ausgelöst, da diese in der Regel nur bei Veränderungen des statutarischen Eigenkapitals greifen, welche zu einer Veränderung in der Gesellschafterstruktur führen können und zudem sogenannte Change of ControlKlauseln auslösen können55, etwa beim Hinzutreten neuer Gesellschafter oder einer wesentlichen Veränderung der Gesellschafterstruktur durch eine disquotale Beteiligung der Gesellschafter an einer Kapitalerhöhung56. 54

Vgl. hierzu Volkart, S. 772 ff., Kap. 8.3.8. „Change of Control“-Klauseln in Kreditverträgen enthalten in der Regel ein Sonderkündigungsrecht des Kreditgebers bei genauer bestimmten Änderungen der Gesellschafterstruktur des Kreditnehmers. In der Praxis wird daher vor Durchführung einer Maßnahme, welche ein Sonderkündigungsrecht des Kreditgebers auslösen würde, die Zustimmung des Gläubigers eingeholt; vgl. K. P. Berger, in: MüKo-BGB, § 490 Rdn. 57; Cramer, WM 2011, 825. 56 Dazu K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 153, Rdn. 2.21. Die sanierende Kapitalerhöhung wird in der Regel mit einer vereinfachten Kapitalherabsetzung verbunden (sogenannter Kapitalschnitt). Die Kombination beider Maßnahmen verhindert bei disquotaler Beteiligung der Gesellschafter an der Kapitalerhöhung eine Quersubventionierung des durch Verluste entwerteten Eigenkapitals durch das Neukapital. 55

III. Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten

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Eine Zwitterstellung zwischen Fremd- und Eigenkapital nimmt das sogenannte Mezzanine-Kapital ein. Dieses kann durch vertragliche Ausgestaltung funktional dem Eigenkapital angenähert werden, sodass es nachrangig gegenüber sonstigen Fremdkapitalüberlassungen, jedoch gegenüber statutarischem Eigenkapital vorrangig ist57. Die Spannbreite der möglichen Ausgestaltungen von Mezzanine-Kapital reicht dabei von Fremdkapital nahestehenden („Debt-Mezzanine“) bis hin zu im handelsrechtlichen Eigenkapital ausgewiesenen58 Finanzinstrumenten („EquityMezzanine“), darunter insbesondere Genussrechte59. Von bereits ursprünglich als Mezzanine-Kapital ausgestalteten Kapitalüberlassungen ist die Umwandlung von bereits an die Schuldnergesellschaft ausgereichtem Fremdkapital in ein MezzanineInstrument, dem sogenannten Debt-Mezzanine-Swap, zu unterscheiden. Ein solcher bewirkt keinen Zufluss an Liquidität, sondern soll durch eine schuldrechtliche Modifikation einer bestehenden Verbindlichkeit die Passivseite der Handelsbilanz der Schuldnergesellschaft entlasten. Der Debt-Mezzanine-Swap gehört somit zu den bilanzbezogenen Sanierungsmaßnahmen und wird daher nachfolgend bei der Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten näher erörtert. In Deutschland kommt bis Ende des Jahres 2014 vor allem die Ablösung bestehender Standard-Mezzanine-Finanzierungen praktische Bedeutung zu, da diese von den Finanzinstituten seit dem Jahr 2007 nicht mehr neu begeben werden60. Zuvor waren zwischen den Jahren 2004 und 2007 Standard-MezzanineFinanzierungen im Volumen von fünf Milliarden Euro an circa 700 mittelständische Unternehmen ausgereicht worden, die bis Ende des Jahres 2014 zur Rückzahlung fällig werden61. Soweit für Schuldnergesellschaften eine reguläre Anschlussfinanzierung wegen mangelnder Bonität und unzureichenden Mittelzuflusses nicht realisierbar ist, wird sich für sanierungsfähige und -würdige Gesellschaften die Frage einer Sanierung unter Beteiligung ihrer Gläubiger stellen. Dabei werden neben liquiditätsbezogenen Maßnahmen insbesondere die nachfolgend behandelten bilanzbezogenen Sanierungsmaßnahmen sowie ein Debt-Equity-Swap als in Frage kommende Instrumente in Betracht zu ziehen sein.

57

M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 287. 58 Zur rechtlichen Ausgestaltung von Equity-Mezzanine, Budde, ZInsO 2010, 2251, 2259. Näher zur handelbilanziellen und steuerlichen Behandlung von als Equity-Mezzanine ausgestalteten Genussrechten unten, 2. Kapitel, IV. 3. a). 59 Equity-Mezzanine wird im Rahmen des Kreditratings dem Eigenkapital oder wirtschaftlichen Eigenkapital zugerechnet und wirkt sich daher positiv auf die für die Bonitätsbewertung relevante Eigenkapitalquote aus, vgl. Schmeisser/Clausen, DStR 2008, 688. 60 FAZ vom 27.10.10, Finanzmärkte und Geldanlage, S. 20: Die Zeit zur Ablösung von Standard Mezzanine wird knapp. 61 FAZ vom 27.10.10, Finanzmärkte und Geldanlage, S. 20: Die Zeit zur Ablösung von Standard Mezzanine wird knapp.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

3. Bilanzbezogene Sanierungsmaßnahmen Vorrangiges Ziel bilanzbezogener Sanierungsmaßnahmen ist die Vermeidung der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung der Gesellschaft nach §§ 19 Abs. 2, 15a Abs. 1 InsO. Die Mitglieder des Vertretungsorgans haben bei Eintritt von Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Überschuldung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Gleiches gilt für den Fall der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO. Zur Sicherung oder Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit sind dagegen grundsätzlich liquiditätsbezogene Sanierungsmaßnahmen erforderlich, da bilanzbezogene Sanierungsmaßnahmen lediglich zu mittelbaren positiven Liquiditätseffekten führen können62, dagegen aber kein Zufluss neuer verfügbarer Mittel erfolgt. Gemäß der aktuell gültigen Fassung des Überschuldungsbegriffs in § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO (Stand März 2014) findet die Überschuldungsprüfung nach dem sogenannten modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff statt63. Danach liegt die Überschuldung einer unternehmenstragenden juristischen Person zwar grundsätzlich vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Eine Überschuldung liegt dagegen trotz das Vermögen übersteigender Verbindlichkeiten nicht vor, soweit eine positive Prognose für die Fortführung des Unternehmens besteht, die Unternehmensfortführung nach den Umständen somit überwiegend wahrscheinlich ist64. Die Beurteilung der insolvenzrechtlichen Überschuldung bestimmt sich folglich primär über die Frage der Unternehmensfortführung, deren Beantwortung durch eine Prognose über eine auch in Zukunft ausreichende Finanzkraft zur Unternehmensfortführung erfolgt65. Eine positive Fortführungsprognose besteht demnach, wenn anhand der Finanzplanung des Unternehmens plausibel gemacht werden kann, dass das finanzielle Gleichgewicht im Prognose62 Mittelbare positive Liquiditätseffekte ergeben sich beispielsweise beim Forderungsverzicht durch den Wegfall von Zins- und Tilgungsleistungen. 63 Vor dem Hintergrund der Banken- und Finanzmarktkrise hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 den Überschuldungsbegriff durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) vom 17. Oktober 2008, BGBl. I S. 1982, zunächst bis zum Ende des Jahres 2010 gelockert. Im Jahr 2009 wurde diese Erleichterung durch das Finanzmarktstabilisierungsänderungsgesetz (FMStGÄndG) vom 24. September 2009, BGBl. I S. 3151, bis zum Ende des Jahres 2013 verlängert. Der Überschuldungsbegriff wurde dadurch auf den Stand der Rechtsprechung des BGHs vor Inkrafttreten der InsO geltenden Rechtslage zurückreguliert, nach der eine insolvenzrechtliche Überschuldung nicht besteht, solange eine positive Fortführungsprognose für das Unternehmen gestellt werden kann, vgl. BGH, Urteil vom 13. 07. 1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201 = NJW 1992, 2891. Zwischenzeitlich wurde die begrenzte Geltung des durch das FMStG gelockerten Überschuldungsbegriffs aber durch Art. 18 des Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 05. Dezember 2012, BGBl. I S. 2418, aufgehoben und dieser somit zu einer dauerhaften Regelung erhoben. Von einer begrenzten wirtschaftskrisenbedingten Maßnahme kann daher inzwischen nicht mehr die Rede sein. 64 Zur Bestimmung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit vgl. Drukarczyk/Schüler, in: MüKo-InsO, § 19 Rdn. 77 ff. 65 Bußhardt, in: Braun-InsO, § 19 Rdn. 8.

III. Kategorisierung von Sanierungsmöglichkeiten

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zeitraum gewahrt oder wiedererlangt wird66. Kann für das Unternehmen keine positive Fortführungsprognose gestellt werden, so ist die Überschuldung durch einen stichtagsbezogenen Überschuldungs- bzw. Vermögensstatus durch Gegenüberstellung des Aktivvermögens zu Liquidations- bzw. Zerschlagungswerten67 und den Verbindlichkeiten zu ermitteln68. Bilanzbezogene Sanierungsmaßnahmen wirken sich jedoch nicht nur auf einen zur Feststellung der Überschuldung nach § 19 InsO aufzustellenden Vermögensoder Überschuldungsstatus aus, sondern können auch auf Ebene der Handelsbilanz positive Effekte haben. Da die Ansatzvorschriften für den Überschuldungsstatus gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO von denen für die Handelsbilanz teilweise divergieren, sind die Auswirkungen von bilanzbezogenen Sanierungsmaßnahmen für die Handelsbilanz und den Überschuldungsstatus jeweils gesondert zu beurteilen. So durchbricht § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO den für die Handelsbilanz geltenden Vollständigkeitsgrundsatz des § 246 Abs. 1 HGB, nach dem im Jahresabschluss sämtliche Schulden aufgeführt werden müssen69, dahingehend, dass Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich vergleichbare Forderungen, für die nach § 39 Abs. 2 InsO der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO vereinbart worden ist, nicht im Überschuldungsstatus aufzuführen sind. Im Übrigen ist dagegen ein Gleichlauf beim Ansatz von Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus gegeben, da im Überschuldungsstatus ansonsten sämtliche gegenwärtig bestehenden Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, die im Fall der Verfahrenseröffnung Insolvenzforderungen nach § 38 InsO begründen würden70. Anzusetzen sind die Verbindlichkeiten jeweils zu ihrem Nennwert, somit entsprechend der handelsbilanziellen Regelung des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem Erfüllungsbetrag71. So gilt im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps, bei dem als Sacheinlagen eingebrachte Gläubigerforderungen gegen die Schuldnergesellschaft durch Konfusion untergehen oder durch Erlassvertrag entfallen, dass sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe der eingebrachten Forderungen nicht nur im insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 2 InsO, sondern auch in der Handelsbilanz entsprechend verringern, da die betroffenen Forderungen aus der Bilanz auszubuchen sind. Die Reduktion von Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz erhöht insbesondere die für die Bewertung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft maßgebliche Eigen66 Bußhardt, in: Braun-InsO, § 19 Rdn. 9. Das Unternehmen besteht auch im Fall einer geplanten Veräußerung von nicht betriebsnotwendigen Vermögensbestandteilen (Teilliquidation) fort, vgl. IDW, Stellungnahme FAR 1/1996, FN-IDW 1995, S. 523 ff. 67 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 82. Dabei sind die Liquidationskosten zu berücksichtigen und daher Nettoveräußerungswerte anzusetzen. 68 Bußhardt, in: Braun-InsO, § 19 Rdn. 12. 69 Zum Vollständigkeitsgrundsatz vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 246 Rdn. 1 f. 70 BGH, Urteil vom 27. 10. 1982 – VIII ZR 187/81, ZIP 1982, 1435; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 98. 71 Uhlenbruck, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 515, Rdn. 5.170.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

kapitalquote72. Hieran anknüpfend erfolgt im nächsten Abschnitt die Erörterung der gängigsten bilanzbezogenen Sanierungsmaßnahmen, die für die Abgrenzung zu einem Debt-Equity-Swap und zur Verdeutlichung seiner Eigenschaften besonders relevant sind. Diese sind dabei sowohl unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen auf einen Überschuldungsstatus als auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Handelsbilanz zu beleuchten.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten Der Debt-Equity-Swap steht als Sanierungsmaßnahme in Konkurrenz zu anderen in Betracht kommenden bilanziellen Sanierungsinstrumenten. Eine Abwägung der Möglichkeiten und Unwägbarkeiten von verschiedenen in Betracht kommenden Sanierungsmöglichkeiten für die Beteiligten kann aber immer nur anhand von tauglichen Referenzpunkten erfolgen. Strukturell ähnliche Sanierungsmaßnahmen können hierbei einerseits als Vergleichsmaßstab für die mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen Chancen und Risiken dienen, andererseits – in Abgrenzung der unterschiedlichen Sanierungsinstrumente voneinander – die Wesensmerkmale und Wirkungen des Debt-Equity-Swaps unterstreichen. Zu diesem Zweck werden nachfolgend der Rangrücktritt, der Forderungsverzicht sowie der sogenannte DebtMezzanine-Swap untersucht. 1. Rangrücktritt Durch den Rangrücktritt eines Gläubigers werden die Bemühungen der Schuldnergesellschaft in Bezug auf eine Insolvenzvermeidung unterstützt und dem Unternehmen Handlungsspielraum für eine Sanierung eingeräumt. Gläubiger können durch einen Rangrücktritt einen erheblichen Sanierungsbeitrag leisten, da die im Rang zurücktretenden Forderungen nach § 19 Abs. 2 InsO i. V. m. § 39 InsO im Überschuldungsstatus nicht berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu einem Forderungsverzicht führt ein Rangrücktritt nicht zum Verlust der Forderung, sondern der Gläubiger gewährt dem Schuldner im Umfang der getroffenen Vereinbarung des Rangrücktritts ein Leistungsverweigerungsrecht durch eine modifizierte Tilgungsreihenfolge im Verhältnis zu den sonstigen Verbindlichkeiten des Schuldners. Hierzu wird vielfach auch die vorinsolvenzliche Geltendmachung der Forderung eingeschränkt, um der Schuldnergesellschaft den für eine Sanierung erforderlichen Zeitrahmen zu gewähren. Diesbezüglich kann beispielsweise vereinbart werden, dass der Schuldner zur Verweigerung der Zins- und Tilgungsleistungen berechtigt ist, solange vorrangige Forderungen zu bedienen sind und nicht genügend freies Ver72 Neben der Verlustausgleichsfunktion des Eigenkapitals ist eine hinreichende Eigenkapitalausstattung auch notwendige Voraussetzung für eine weitere oder zusätzliche Finanzierung durch Fremdkapital in einer Krisensituation, vgl. Brunke/Waldow, in: Buth/Hermanns, § 18 Rdn. 13 f.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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mögen für die Befriedigung der nachrangigen Forderung vorhanden ist73. Scheitern die Sanierungsbemühungen, sind im Insolvenzfall Masseverbindlichkeiten nach §§ 53 ff. InsO, reguläre Insolvenzforderungen nach § 38 InsO und nachrangige Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO vor den im Rang zurückgetretenen Forderungen zu befriedigen. In der Praxis wird ein Rangrücktritt daher im Insolvenzfall regelmäßig zum Totalausfall der Forderung führen. Die grundsätzliche Entscheidung eines Gläubigers, einen Sanierungsbeitrag durch Eingehung eines weiteren wirtschaftlichen Risikos zu leisten, wird daher maßgeblich von dessen Einschätzung der Sanierungsfähigkeit und -würdigkeit der Schuldnergesellschaft abhängig sein. a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung Ein Rangrücktritt beinhaltet die Änderung der Stellung des Gläubigers im Verhältnis zu anderen Gläubigern der Schuldnergesellschaft dahingehend, dass die betroffenen Forderungen im Verhältnis zu den anderen Gläubigern nur nachrangig befriedigt werden. Hierzu wird die bestehen bleibende Ausgangsforderung durch einen verfügenden Schuldänderungsvertrag nach § 311 Abs. 1 BGB mit dem Ziel modifiziert74, die Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus der Schuldnergesellschaft zu beseitigen75. Zur früheren Rechtslage bestand bis zum Urteil des BGHs vom 08. 01. 200176 bereits Rechtsunsicherheit darüber, ob ein Rangrücktritt überhaupt zu einer Entlastung des Überschuldungsstatus geeignet ist oder ob hierzu ein Forderungsverzicht erforderlich ist. Eine Erleichterung in der Handhabe von Rangrücktritten hatte die Entscheidung des BGHs für die Sanierungspraxis jedoch nur eingeschränkt erbracht, da offengeblieben war, in welchen Rang bzw. in welcher Tiefe Forderungen zurückzutreten haben, um nicht im Überschuldungsstatus aufgeführt werden zu müssen. Erforderlich war nach der Rechtsprechung ein „qualifizierter Rangrücktritt“ nicht nur für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern für die Dauer der Unternehmenskrise insgesamt77. Inhaltlich hatte der BGH das Erfordernis aufgestellt, der Gläubiger müsse erklären, seine Forderung solle erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und nur zugleich mit den Einlagerück73

Kahlert/Gerke, DStR 2010, 227, 230. Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 270, Rdn. 2.262; Altmeppen, in: Roth/AltmeppenGmbHG, § 42 Rdn. 48, 49. Hinsichtlich der dogmatischen Einordnung des Rangrücktritts werden auch andere Auffassungen vertreten. So wird in der Rangrücktrittsvereinbarung teilweise ein „pactum de non petendo“ oder unterschiedliche Ausformungen eines Erlassvertrags gesehen. Beide Ansätze können jedoch nicht überzeugen: Ein „pactum de non petendo“ würde bereits nicht genügen, um den Nichtansatz der Forderung im Überschuldungsstatus zu gewährleisten. Andererseits will der Gläubiger im Gegensatz zum Forderungsverzicht gerade nicht (auflösend oder aufschiebend bedingt) auf seine Forderung verzichten, vgl. zum Meinungsstand Obermüller, S. 319, Rdn. 1.1337. 75 Budde, ZInsO 2010, 2251, 2261. 76 BGH, Urteil vom 08. 01. 2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 = NJW 2001, 1280. 77 Budde, ZInsO 2010, 2251, 2261. 74

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

gewähransprüchen der Gesellschafter befriedigt werden, als handele es sich bei der Forderung um statutarisches Eigenkapital78. Dabei war jedoch unklar geblieben, ob danach tatsächlich ein Rücktritt des Gläubigers bis in den letzten Rang des § 199 Satz 2 InsO erforderlich war79. Durch die Einführung von § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO durch das MoMiG80 im Jahr 2008 wurde die Rechtslage geändert und die zur alten Regelung verbliebenen Rechtsunsicherheiten weitgehend geklärt. Nunmehr sind Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und diesen gleichgestellte Forderungen nur dann nicht im Überschuldungsstatus zu berücksichtigen, wenn für sie der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist. Ein „qualifizierter Rangrücktritt“, der nicht nur im Insolvenzverfahren, sondern für die gesamte Zeitdauer der Unternehmenskrise gilt, ist danach nicht mehr erforderlich81. Nach dem Wortlaut der Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO können Gesellschafterdarlehen und Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen82, bei einem vereinbarten Nachrang gemäß § 39 Abs. 2 InsO im Überschuldungsstatus unberücksichtigt bleiben. Es stellt sich daher die Frage, ob die Regelung gleichfalls für Forderungen außenstehender Gläubiger, beispielsweise einer finanzierenden Bank, Anwendung findet. Es fehlt daher auch nach Inkrafttreten des MoMiG weiterhin eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen der Rangrücktritt eines außenstehenden Gläubigers die Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus aufhebt83. Bereits vor Inkrafttreten des MoMiG war allerdings anerkannt, dass auch hinsichtlich Forderungen von außenstehenden Gläubigern die Passivierungspflicht im Überschul78

BGH, Urteil vom 08. 01. 2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 = NJW 2001, 1280. Vgl. die Diskussion zur alten Rechtslage in der Darstellung von Wittig, in: K. Schmidt/ Uhlenbruck, S. 271 f., Rdn. 2.263 f. 80 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 81 Vereinzelt wurde auch nach Inkrafttreten des MoMiG vertreten, für einen den Überschuldungsstatus entlastenden Rangrücktritt sei weiterhin die Erklärung eines „qualifizierten Rangrücktritts“ erforderlich, also nicht nur für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern für die gesamte Zeitdauer der Unternehmenskrise, Haas, DStR 2009, 326; Funk, BB 2009, 869; Wolf, KSI 2010, 207. Diese Ansicht hat sich aber zu Recht nicht durchgesetzt, da Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO klar gegen eine solche Auslegung sprechen. Das bisherige Eigenkapitalersatzrecht wurde durch Abschaffung der §§ 32a, 32b GmbHG und der Rechtsprechungsregeln durch das MoMiG grundlegend geändert. Insbesondere kommt dem Begriff der „Krise der Gesellschaft“ keine rechtliche Bedeutung mehr zu. Gesellschafterdarlehen dürften nun vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich zurückgezahlt werden. 82 Zu den Rechtshandlungen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO, die Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen, vgl. Budde, ZInsO 2010, 2251, 2262. 83 Eine solche Regelung enthält auch § 39 Abs. 2 InsO nicht, der lediglich eine Vermutungsregelung für die Einordnung innerhalb der Rangfolge der nachrangigen Insolvenzgläubiger aufstellt. Dagegen trifft § 39 Abs. 2 InsO keine Aussage über die Behandlung der Forderung im Überschuldungsstatus. Dazu K. Schmidt, GmbHR 1999, 9. 79

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dungsstatus durch einen Rangrücktritt aufgehoben werden kann84. Diesbezüglich hat sich durch das Inkrafttreten des MoMiG keine Änderung ergeben85. Nicht vollständig geklärt ist allerdings, ob für Forderungen außenstehender Gläubiger weiterhin ein „qualifizierter Rangrücktritt“ erforderlich sein soll86 oder seit Inkrafttreten des MoMiG ¢ ohne Unterschied zu Gesellschafterdarlehen ¢ ein Rücktritt im Insolvenzverfahren hinter die Gläubiger nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO genügt, um die Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus zu beseitigen87. Aufgrund der gläubigerschützenden Konstruktion der insolvenzrechtlichen Überschuldung nach § 19 Abs. 2 InsO als „Frühauslöser“88 der Insolvenz ist im Ergebnis letztgenannter Ansicht zu folgen89. Danach kommt es richtigerweise nicht auf die Person des im Rang zurücktretenden Gläubigers an, sondern auf die Position des im Rang zurücktretenden Gläubigers im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern. Formal zeigt sich dies bereits daran, dass auch für Gesellschafterdarlehen eine Rücktritts84 Obermüller, S. 323 f., Rdn. 1.1345a; Buth/Hermanns, in: Buth/Hermanns, § 16 Rdn. 30. Siehe auch OLG Naumburg, Beschluss vom 01. 08. 2003 – 7 Wx 2/03, ZIP 2004, 566. Die Entscheidung betrifft die Aufhebung der Passivierungspflicht von Verbindlichkeiten in der Eröffnungsbilanz nach dem Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (DMBilG) bei Rangrücktritt. Jedoch differenziert bereits die relevante Regelung zum Rangrücktritt in § 16 Abs. 3 DMBilG nicht zwischen verschiedenen Gläubigergruppen (Gesellschafterdarlehen, Gesellschafterdarlehen entsprechende Rechtshandlungen, Forderung außenstehender Gläubiger). Die Regelung kann aus diesem Grund als Beleg dafür gewertet werden, dass es auch für den Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 2 InsO keiner Differenzierung zwischen unterschiedlichen Gläubigern bedarf. 85 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 119; Biebinger, GmbHR 2008, R 305, geht davon aus, dass der Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO irreführend ist, da dieser fälschlich den Eindruck erwecke, die Passivierungspflicht von Forderungen außenstehender Gläubiger könne nicht durch einen Rangrücktritt ausgeschlossen werden. Diese Einschätzung ist zutreffend, da nach der Regierungsbegründung zum MoMiG zu § 39 InsO der bisherige § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a. F. unter anderem in personeller Hinsicht, d. h. in Bezug auf Dritte, übernommen wird, vgl. RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 56. 86 Bußhardt, in: Braun-InsO, § 19 Rdn. 14. 87 Budde, ZInsO 2010, 2251, 2263. 88 Haas, DStR 2009, 326. Sinn und Zweck der Überschuldungsprüfung ist es, die von einer Unternehmensfortführung ausgehende Gläubigergefährdung abzubilden. 89 Ebenfalls nicht zu folgen ist der teilweise vertretenen Ansicht, für den Rangrücktritt außenstehender Gläubiger genüge ein Rücktritt in den Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, so Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 119 unter Verweis auf Kirchhof, in: HdKo-InsO, § 19 Rdn. 21. Kirchhof a. a. O. ordnet jedoch gerade nachrangige Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 InsO zutreffend als vollwertige Schulden ein, die im Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 2 InsO in Ansatz zu bringen sind. Nach Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 54, ist die von Uhlenbruck vertretene Differenzierung zwischen außenstehenden Gläubigern und Gesellschaftsgläubigern seit dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO durch das MoMiG nicht mehr haltbar. Zudem besteht auf Ebene des § 19 Abs. 2 InsO auch kein Anlass für Rangabstufungen zwischen zurücktretenden Gesellschafterdarlehen und zurücktretenden Forderungen außenstehender Dritter. Gegebenenfalls erforderliche Rangabstufungen zwischen unterschiedlichen Gläubigern sind dagegen ein rein privatrechtliches Problem und daher durch entsprechende vertragliche Gestaltung zu lösen.

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erklärung in den Rang hinter § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO erforderlich ist, um die Passivierungspflicht im Überschuldungsstatus aufzuheben. Inhaltlich entscheidend ist aber, dass der im Rang hinter die Forderungen des § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO zurücktretende Gläubiger die Interessen der sonstigen Insolvenzgläubiger nicht mehr beeinträchtigen kann, da er durch den Rangrücktritt aus der Konkurrenz der potenziellen Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO und der nachrangigen Insolvenzgläubiger nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO um das unzureichende Gesellschaftsvermögen für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausscheidet. b) Auswirkungen und Risiken des Rangrücktritts aa) Steuerliche Auswirkungen des Rangrücktritts Soweit eine Forderung nach den obenstehenden Ausführungen aufgrund einer Rangrücktrittsvereinbarung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO nicht im Überschuldungsstatus zu passivieren ist, wird weiter gehend die Frage nach den handelsbilanziellen und steuerlichen Auswirkungen eines Rangrücktritts relevant, da Gradmesser für die Praxistauglichkeit eines Sanierungsinstruments insbesondere eintretende steuerliche Auswirkungen sind. Sanierungsbeiträge durch Rangrücktritte sollen möglichst steuerneutral erfolgen, damit nicht die Sanierungsbemühungen durch den Anfall eines steuerbaren Sanierungsgewinns konterkariert werden. Nach § 247 Abs. 1 HGB sind Verbindlichkeiten handelsrechtlich und nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach § 5 Abs. 1 EStG auch steuerrechtlich zu passivieren. Müsste eine Forderung, für die ein Rangrücktritt vereinbart wurde, erfolgswirksam aus der Handelsbilanz ausgebucht werden, so würde dies eine den Sanierungsversuchen zuwiderlaufende Besteuerung auslösen, soweit im Veranlagungszeitraum, nach dem vorzunehmenden Verlustausgleich, ein positives und somit steuerbares Ergebnis nach § 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 3 EStG verbleibt90. Soweit hinsichtlich positiver Einkünfte bei der Gesellschaft Verlustabzugsmöglichkeiten nach § 10d EStG bestehen, würde eine Steuerbelastung zwar durch zu berücksichtigende Verlustrückträge oder -vorträge verhindert. Durch die hierdurch eintretende Verringerung der Verlustvortragsmöglichkeiten können Sanierungsbemühungen aber gleichfalls durch eine in den folgenden Veranlagungszeiträumen höher ausfallende Steuerbelastung erschwert oder gar verhindert werden. Da ein Rangrücktritt den Bestand der Forderung unberührt lässt und primär die Tilgungsreihenfolge im Insolvenzverfahren abändert, ist die Forderung in der Handelsbilanz der Schuldnerin weiterhin nach § 253 HGB zum Erfüllungsbetrag als Passivposten zu bilanzieren91. Nach dem in § 5 Abs. 1 EStG enthaltenen Grundsatz 90 Zum Vorrang des Verlustausgleichs nach § 3 Abs. 3 EStG vor einem Verlustabzug nach § 10d EStG Schlenker, in: Blümich-EStG, § 10d Rdn. 3 ff. Zum Unterschied zwischen horizontalem und vertikalem Verlustausgleich Ratschow, in: Blümich-EStG, § 2 Rdn. 140 f. 91 Obermüller, S. 320 f., Rdn. 1.1341; Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 275, Rdn. 2.268; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 42 Rdn. 49.

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der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung bliebe der Rangrücktritt danach ein grundsätzlich steuerneutrales Sanierungsinstrument. Das Maßgeblichkeitsprinzip wird jedoch von § 5 Abs. 2a EStG durchbrochen. Danach sind in der Steuerbilanz für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne erzielt werden, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die entsprechenden Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Vor Inkrafttreten des MoMiG war durch den Bundesfinanzhof (BFH) anerkannt, dass eine Verbindlichkeit bei einem qualifizierten Rangrücktritt nur dann nach § 5 Abs. 2a EStG erfolgswirksam aus der Steuerbilanz auszubuchen ist, wenn dabei zusätzlich auf die Tilgung aus einem Liquidationsüberschuss oder aus sonstigem freien Vermögen verzichtet wird92. Zudem war das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dieser Rechtsprechung gefolgt, indem es ebenfalls den qualifizierten Rangrücktritt als nicht von § 5 Abs. 2a EStG erfasst beurteilte93. Auch durch das MoMiG haben sich in der steuerlichen Behandlung von Rangrücktritten keine Änderungen ergeben. Bei einem nur im Insolvenzverfahren wirksamen Rangrücktritt gemäß §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO kommt es grundsätzlich ebenfalls nicht zu einem erfolgswirksamen Ausbuchen der Forderung aus der Steuerbilanz nach § 5 Abs. 2a EStG. Zunächst liegt in einem Rangrücktritt nach neuer Rechtslage ebenso wenig ein Forderungsverzicht wie bei einem qualifizierten Rangrücktritt vor Inkrafttreten des MoMiG94. Auch ist mit einem Rangrücktritt nach §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO grundsätzlich kein Tilgungsverzicht aus einem Liquiditätsüberschuss oder aus sonst freiem Vermögen verbunden95. Zudem bleibt ein Rangrücktritt nach §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO gegenüber einem qualifizierten Rangrücktritt in seinen Rechtswirkungen deutlich zurück: Vorinsolvenzlich besteht für entsprechende Forderungen weder eine Rückzahlungssperre noch eine Rangrückstufung im Verhältnis zu anderen Gläubigern96. Auch bei einer ¢ über die Anforderungen des § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO hinausgehenden ¢ Vereinbarung einer Beschränkung der Rückzahlung des Darlehens außerhalb eines Insolvenzverfahren folgt hieraus keine Änderung in der rechtlichen Beurteilung. In diesem Fall sollte allerdings ¢ zur Vermeidung von Unsicherheiten bei der Auslegung des Rangrücktritts ¢ in der Vereinbarung klargestellt werden, dass eine Tilgung aus einem Liquidationsüber-

92 BFH, Urteil vom 10. 11. 2005 – IV R 13/04, BFHE 211, 294 = BStBl. II 2006, 618 = DStR 2006, 75. 93 BMF-Schreiben vom 08. 09. 2006, IV B 2 – S 2133 – 10/06, BStBl. I 2006, 497, Tz. 7. Danach liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG beim qualifizierten Rangrücktritt nicht vor, weil eine Abhängigkeit zwischen Verbindlichkeiten und Einnahmen oder Gewinnen nicht bestehe, sondern die Begleichung der Verbindlichkeiten zeitlich aufschiebend bedingt – bis zur Abwendung der Krise – verweigert werden kann. 94 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 42, Rdn. 50. 95 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 42 Rdn. 50; Kalhert/Gehrke, DStR 2010, 227, 231; Funk, BB 2009, 867, 869. 96 Kalhert/Gehrke, DStR 2010, 227, 231.

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schuss oder sonst freiem Vermögen zu erfolgen hat97. Der BFH hat zur Passivierung von subordinierten Forderungen in der Steuerbilanz entschieden98, dass, soweit die Tilgung eines Darlehens ausschließlich aus zukünftigen Gewinnen und einem Liquidationsüberschuss zu erfolgen hat, die Gesellschaft wirtschaftlich nicht belastet ist, wenn kein Jahres- oder Liquidationsüberschuss erzielt wird. Die Verbindlichkeit ist in diesem Fall erfolgswirksam aus der Steuerbilanz auszubuchen, solange die Schuldnergesellschaft keinen Gewinn erzielt99. Dagegen bleibt es ¢ aufgrund einer fortbestehenden wirtschaftlichen Belastung ¢ bei einem Rangrücktritt mit der Vereinbarung einer Rückzahlungsverpflichtung auch aus sonstigem freien Vermögen dabei, dass die Verbindlichkeit nicht nach § 5 Abs. 2a EStG aus der Steuerbilanz auszubuchen ist und ein Rangrücktritt unter diesen Voraussetzungen steuerneutral möglich ist. bb) Konkurrenzproblem beim Rangrücktritt außenstehender Gläubiger im Verhältnis zu nachrangigen Gesellschafterforderungen In der Praxis stellt sich beim Rangrücktritt oftmals das Problem eines angemessenen Rangverhältnisses zwischen unterschiedlichen Gläubigern der Gesellschaft. Dabei besteht insbesondere die Frage nach dem Rangverhältnis zwischen den durch Gesellschafterdarlehen finanzierenden Gesellschaftern und außenstehenden Darlehensgläubigern. Bei einem isolierten Rangrücktritt außenstehender Gläubiger nach §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO stünden diese mit ihren Ansprüchen in der Befriedigungsreihenfolge hinter den darlehensgebenden Gesellschaftern nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auch soweit Gesellschaftergläubiger und außenstehende Gläubiger in den gleichen Rang zurücktreten würden, ergäbe sich die Konsequenz, dass beide Forderungsarten in der Insolvenz ¢ soweit nicht ohnehin ein kompletter Forderungsausfall eintreten würde100 ¢ entsprechend § 39 Abs. 1 InsO nach dem Verhältnis der Forderungsbeträge berichtigt würden101. Außenstehende Gläubiger werden daher stets darauf achten, dass ihre Forderungen im Rang vor jenen der darlehensgebenden Gesellschafter stehen und bedient werden102. Ansonsten würden die darlehensgebenden Gesellschafter gegenüber im Rang zurücktretenden außenstehenden Gläubigern ohne erkennbaren sachlichen Grund bevorzugt, ohne dass dies zum Schutz der übrigen nicht im Rang zurücktretenden außenstehenden Gläubigern 97

Kahlert/Gehrke, DStR 2010, 227, 232. BFH, Urteil vom 30. 01. 2011 – I R 100/10, BHFE 235, 476 = BStBl. II 2012, 332 = DStR 2012, 450. 99 Die betroffenen subordinierten Verbindlichkeiten sind in diesem Fall in der ersten noch berichtigungsfähigen Bilanz gewinnerhöhend auszubuchen. 100 Bereits die nachrangigen Gläubiger nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO können nur im Ausnahmefall mit einer Befriedigung rechnen, wenn sämtliche Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO vollständig befriedigt werden können und danach noch verteilungsfähige Insolvenzmasse verbleibt. 101 Innerhalb einer Rangklasse gibt es keine Rangunterschiede. Es gilt der Grundsatz „par condicio creditorum“, vgl. Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 1. 102 Obermüller, S.323, Rdn. 1.1345a. 98

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notwendig wäre. Aus diesem Grund ist es zur Sicherstellung eines angemessenen Rangverhältnisses beim Rangrücktritt außenstehender Gläubiger angezeigt, zunächst einen Rangrücktritt sämtlicher darlehensgebender Gesellschafter nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO zu fordern. Weiter sollte die Rangrücktrittserklärung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO eines außenstehenden Gläubigers um die Regelung ergänzt werden, dass der Rangrücktritt hinter die Forderungen sonstiger nicht im Rang zurückgetretener außenstehender Gläubiger erfolgt, die Forderung aber noch vor denen der im Rang zurückgetretenen darlehensgebenden Gesellschafter bedient wird. Im Ergebnis werden durch eine solche Gestaltung Zwischenränge oder Zwischenklassen von Forderungen innerhalb des Ranges hinter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gebildet, ohne dass dies die Anforderungen der §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO an einen Rangrücktritt tangiert und daher zulässig ist103. cc) Eintritt der Tilgungsvoraussetzungen als Konfliktfeld Neben den aufgezeigten Problemen und den formalen Anforderungen bei der Gewährung eines Rangrücktritts besteht die Möglichkeit, dass bei sich einstellendem Sanierungserfolg praktische Durchführungsprobleme auftreten. Als streitanfällig kann sich insbesondere die Feststellung der Voraussetzungen erweisen, unter denen ein Gläubiger befugt ist, Tilgung einer subordinierten Forderung zu verlangen, für die auch ein vorinsolvenzlich wirksamer Rangrücktritt vereinbart wurde. Im Ausgangspunkt kann es bereits aufgrund unzureichender oder unklar formulierter Tatbestandsvoraussetzungen zu Unsicherheiten kommen, wenn beispielsweise die anzuwendende Bemessungsgrundlage nicht hinreichend definiert ist oder der Einfluss steuerlicher Hinzu- und Abrechnungen auf das nach Steuern verbleibende Ergebnis keine Berücksichtigung findet104. Doch selbst wenn die Voraussetzungen für die Beendigung eines Rangrücktritts klar definiert sind, stehen der Schuldnergesellschaft in der Regel im Wege der Bilanzierung Möglichkeiten offen, den Wegfall der Voraussetzungen eines Rangrücktritts zu verhindern und somit die Befriedigung zeitlich hinauszuschieben105. Für außenstehende Gläubiger besteht gegen die Ausübung von für sie ungünstigen bilanziellen Wahlrechten oder gar Manipulationen auch keine interne Einflussmöglichkeit auf die Schuldnergesellschaft. Diesen verbleibt in einem solchen Fall nur die Möglichkeit, ihren Anspruch im Wege einer Zahlungsklage gerichtlich durchzusetzen. Im Gegensatz dazu stellt sich dieses Problem bei einem Debt-Equity-Swap für vormals außenstehende Gläubiger nicht, da diese durch die Umwandlung von Forderungen Gesellschafter der Schuldner103 Für Insolvenzforderungen nach § 38 InsO können beliebige „Zwischenrangklassen“ innerhalb des § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO und im Rang hinter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO geschaffen werden. Dagegen können nachrangige Forderungen nach § 39 Abs. 1 InsO nur in eine niedrige Rang- oder Zwischenrangklasse zurückgestuft werden, Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 52; Ehricke, in: MüKo-InsO, § 39 Rdn. 62. 104 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 275, Rdn. 2.269. 105 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 275, Rdn. 2.269.

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gesellschaft werden. Soweit ihnen neben den eingebrachten Forderungen weiterhin nachrangige Forderungen zustehen sollten, können diese nun zudem als Gesellschafter ihren Einfluss in Bilanzierungsfragen in der Gesellschaft geltend machen, um eine Rückzahlung stehengelassener Darlehen zu erreichen, beispielsweise durch die Verhinderung der Feststellung der Bilanz nach §§ 42a Abs. 1 Satz 2, 46 Nr. 1 GmbHG106. c) Fazit Rangrücktritte sind als Sanierungsinstrument dazu geeignet, den Schuldner in einer akuten Krisensituation vor der Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO zu bewahren. Für die Nichtberücksichtigung einer Forderung im Überschuldungsstatus ist die Vereinbarung eines Nachrangs hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO bezeichneten Forderungen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO ausreichend. Regelmäßig wird aber über diese Anforderungen hinausgehend eine außerinsolvenzliche Beschränkung der Darlehensrückzahlung vereinbart werden, um der Schuldnergesellschaft die benötigte Zeit für die Ausarbeitung eines umfassenden Sanierungskonzepts zu verschaffen. Der Rangrücktritt ist grundsätzlich ein steuerneutrales Sanierungsmittel, da die nachrangig gestellte Forderung nicht aus der für die Steuerbilanz maßgeblichen Handelsbilanz auszubuchen ist und somit kein Sanierungsgewinn anfällt. Grund hierfür ist die fortbestehende wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft durch die subordinierte Forderung. Bei zusätzlicher außerinsolvenzlicher Beschränkung der Darlehensrückzahlungsverpflichtung besteht eine wirtschaftliche Belastung der Schuldnerin nach der Rechtsprechung dann fort, wenn die Tilgung aus einem Liquidationserlös oder sonst freiem Vermögen zu erfolgen hat. Handelsbilanzielle Wirkungen kommen dem Rangrücktritt aufgrund der fortbestehenden Passivierungsverpflichtung dagegen nicht zu. 2. Forderungsverzicht mit und ohne Besserungsabrede Mit einem Forderungsverzicht wird zunächst die gleiche Zielsetzung verfolgt wie bei einem Rangrücktritt. Bislang bestehende Forderungen sollen zur Vermeidung einer Überschuldung im Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO unberücksichtigt bleiben. Dagegen unterscheiden sich die rechtliche Umsetzung und die rechtlichen Auswirkungen eines Forderungsverzichts im Verhältnis zum Rangrücktritt erheblich. Wie soeben aufgezeigt, genügt für die Ausklammerung einer 106

Bei der Aktiengesellschaft wird der Jahresabschluss dagegen grundsätzlich nach § 172 AktG von Vorstand und Aufsichtsrat festgestellt. Dies erfolgt durch Vorlage des Jahresabschlusses durch den Vorstand an den Aufsichtsrat sowie Prüfung und Billigung des Jahresabschlusses durch den Aufsichtsrat, §§ 170 Abs. 1, 171 AktG. Die Hauptversammlung entscheidet nur, falls der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht billigt oder Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, die Feststellung des Jahresabschlusses der Hauptversammlung zu überlassen, § 173 AktG. Aktionäre mit einer substanziellen Beteiligung können aber in der Regel Einfluss durch die Besetzung des Aufsichtsrates geltend machen.

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Forderung im Überschuldungsstatus der Rücktritt der Forderung im Insolvenzverfahren in den Rang hinter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, sodass die Forderung außerinsolvenzlich weiterhin durchsetzbar bleibt und handels- und steuerbilanziell weiter zu passivieren ist. Auch wenn beim Rangrücktritt in der Regel darüber hinausgehend die außerinsolvenzliche Geltendmachung für die Dauer einer Unternehmenskrise ausgeschlossen wird, so betrifft dies nicht den Bestand der Forderung, sondern lediglich deren Durchsetzbarkeit107. Dagegen wird bei einem Forderungsverzicht nicht ausschließlich die Durchsetzbarkeit einer Forderung eingeschränkt, sondern auf den Fortbestand der Forderung verzichtet. Stellt sich aufgrund einer Krisensituation der Schuldnergesellschaft die Frage eines Forderungsverzichts, so werden Gesellschafter-Gläubiger hierzu vor dem Hintergrund ihrer Beteiligung an der Schuldnergesellschaft bereit sein, soweit sie die Gesellschaft für sanierungsfähig und -würdig halten. Als Kompensation für einen Forderungsverzicht besteht im Falle einer erfolgreichen Sanierung die Aussicht auf eine Wertsteigerung ihrer Beteiligung und zukünftige Gewinnausschüttungen. Dagegen fehlt bei außenstehenden Gläubigern dieser Anreiz für einen Forderungsverzicht, da für diese keine direkte Möglichkeit besteht, von einem Sanierungsbeitrag im Falle der Überwindung der Unternehmenskrise zu profitieren. Durch einen solchen Sanierungsbeitrag würden in einer Krise des Schuldnerunternehmens zunächst solche Gläubiger der Gesellschaft begünstigt, die nicht auf ihre Forderungen verzichtet haben. Die Werthaltigkeit ihrer Forderungen würde sich durch einen gesunkenen Schuldenstand aufgrund des Forderungsverzichts anderer Gläubiger erhöhen. Wie aufgezeigt, profitieren im Falle einer erfolgreichen Sanierung zudem die Gesellschafter. Aus diesem Grund werden allenfalls GesellschafterGläubiger oder außenstehende Gläubiger ohne ausreichende Sicherheiten, die auf die Geschäftsverbindung zur Schuldnerin besonders angewiesen sind, zu einem unbedingten Forderungsverzicht bereit sein108. Alternativ besteht die Möglichkeit eines Forderungsverzichts mit Besserungsabrede. Auch hierzu werden außenstehende Gläubiger in der Regel nur bereit sein, wenn sie über keine ausreichenden Sicherheiten verfügen. Weiter werden außenstehende Gläubiger eine Beteiligung an einem Forderungsverzicht an die Bedingung knüpfen, dass auch die übrigen außenstehenden Gläubiger zumindest auf einen bestimmten Anteil ihrer Forderungen verzichten oder sich wenigstens ein bestimmter Anteil der außenstehenden Gläubiger an dem Forderungsverzicht beteiligt und diese in ihrer Gesamtheit mindestens auf ein bestimmtes Forderungsvolumen verzichten. Zudem werden die außenstehenden Gläubiger in der Regel, als vorgreifliche Bedingung für einen Forderungsverzicht, maßgebliche Sanierungsbeiträge der Gesellschafter einfordern. Vorrangig geht es hierbei um entsprechende Verzichte der Gesellschafter auf etwaige FremdkapitalForderungen sowie die Leistung liquiditätsbezogener Sanierungsbeiträge der Ge107

Der Schuldner kann bei Geltendmachung der Forderung die sich aus der Rangrücktrittsvereinbarung ergebende Einrede erheben. 108 M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 164.

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sellschafter. Dies kann entweder durch eine Kapitalerhöhung oder die Gewährung neuer Gesellschafterdarlehen an die Schuldnergesellschaft erfolgen109. Unter den angeführten Voraussetzungen werden ungesicherte Gläubiger, die keine Beteiligung an der Schuldnergesellschaft anstreben, eher bereit sein, zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens auf Forderungen gegen Besserungsabrede ganz oder teilweise zu verzichten. Die Bereitschaft hierzu gründet sich dabei primär auf der Hoffnung, dass die Unternehmenssanierung erfolgreich verläuft und die Forderungen nach Eintritt des Besserungsfalls doch noch bedient werden und zudem die Geschäftsbeziehung auch für die Zukunft erhalten bleiben kann110. Schließlich dürfte in vielen Fällen eine nüchterne wirtschaftliche Analyse der aktuell gegebenen Werthaltigkeit der Forderung die Gläubiger dazu bewegen, sich auf einen Forderungsverzicht einzulassen. Solche Gläubiger werden sich nicht an dem Nominalwert der Forderung orientieren, wenn das Schuldnervermögen zur Deckung sämtlicher bestehender Forderungen erkennbar nicht ausreicht und somit der sogenannte Value Break überschritten ist. Gläubiger werden deshalb versuchen abzuschätzen, in welcher Höhe mit einer Befriedigung vorinsolvenzlich sowie im Falle einer Insolvenz überhaupt noch zu rechnen ist. Ein Forderungsverzicht kann daher umso leichter akzeptabel sein, wenn eine Beurteilung dahingehend erfolgt ist, dass damit ohnehin nur das formale Anerkenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation verbunden ist und lediglich einer bereits eingetretenen Entwertung der Forderung Rechnung getragen wird111. a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung Die Umsetzung eines Forderungsverzichts erfolgt durch den Abschluss eines Erlassvertrags nach § 397 Abs. 1 BGB, eines negativen Schuldanerkenntnisses nach § 397 Abs. 2 BGB oder durch Abtretung der Forderung nach § 398 BGB an den Schuldner, sodass die betreffende Forderung aufgrund der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerposition durch Konfusion erlischt112. Soweit kein endgültiger Forderungsverzicht, sondern ein Forderungsverzicht mit Besserungsabrede113 erfolgen soll, wird der Erlass- oder Anerkenntnisvertrag nach § 158 Abs. 2 BGB unter der auflösenden Bedingung geschlossen, dass sich die Vermögensverhältnisse der Schuldnergesellschaft verbessern114. Die Bedingungen des Besserungsfalls, unter 109

Budde, ZinsO 2012, 2251, 2264. Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 85. 111 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 266, Rdn. 2.25169. 112 Zur Konfusion vgl. Olzen, in: Staudinger-BGB, Einl. zu §§ 362 ff. Rdn. 26, 28. 113 In der Rechtswissenschaft und Sanierungspraxis wird der Begriff Besserungsschein und Besserungsabrede synonym verwendet. Der Begriff Besserungsschein ist allerdings insoweit missverständlich, als es eine Verbriefung suggeriert, die rechtstatsächlich nur im Ausnahmefall erfolgt, vgl. Obermüller, S. 317, Rdn. 1.1332. 114 Alternativ kann eine Besserungsabrede auch so gestaltet werden, dass der Forderungsverzicht unbedingt vereinbart wird, daneben aber zugleich eine neue Verbindlichkeit 110

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denen die Wirkungen des Forderungsverzichts nach § 158 Abs. 2 BGB enden und der frühere Rechtszustand wieder eintritt, sind im Rahmen der Vertragsfreiheit Verhandlungssache zwischen den Parteien. Die Bedingungen des Besserungsfalls knüpfen häufig an eine Zahlung aus zukünftigen Bilanzgewinnen des Schuldners, einem Jahresüberschuss oder einem Liquidationserlös an115. Bei der Bestimmung der maßgeblichen Parameter für den Eintritt des Besserungsfalls ist insbesondere aus Schuldnersicht darauf zu achten, dass der Besserungsfall ¢ und dem damit verbundenen Wiederaufleben der Forderung ¢ auch bei Anfall eines Bilanzgewinns nicht eintritt, soweit dies zu einer erneuten oder erstmaligen Überschuldung des Schuldnerunternehmens nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO führen würde116. Hierzu kommen die Einbeziehung von Bilanzrelationen zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten in Betracht, da ein solcher Vermögensvergleich auch Bestandteil der Überschuldungsprüfung nach § 19 Abs. 2 InsO ist117. Zur Sicherstellung ausreichender Liquidität zur Bedienung der Forderung im Besserungsfall sollte zudem das Erreichen bestimmter liquiditätsbezogener Leistungskennzahlen (sogenannte Performancemaße) als weitere Voraussetzung für den Eintritt des Besserungsfalls vereinbart werden118. Hinsichtlich potenzieller Meinungsverschiedenheiten zwischen Gläubigern und Schuldner über den Eintritt des vertraglich bestimmten Besserungsfalls gelten die Ausführungen zum Rangrücktritt entsprechend119, sodass eine sorgfältige und manipulationssichere Festlegung der Bedingungen des Besserungsfalls angezeigt ist. b) Auswirkungen und Risiken des Forderungsverzichts Der Forderungsverzicht ist als Sanierungsinstrument auf mehreren Ebenen mit Risiken behaftet. Auf der Ebene des Vertragsschlusses besteht für Gläubiger die Gefahr eines aufgedrängten Forderungsverzichts durch eine sogenannte Erlassfalle. Bei Eingehung eines Forderungsverzichts sind für den Gläubiger zudem die eintretenden Auswirkungen auf gegebenenfalls bestehende Sicherheiten zu beachten. Im Fokus stehen die mit einem Forderungsverzicht verbundenen steuerlichen Auswirkungen und Risiken für die Gesellschaft. Dabei ist primär die Frage zu erörtern, ob ein Forderungsverzicht bei der Gesellschaft zum Anfall eines erfolgswirksamen und somit grundsätzlich steuerpflichtigen Ertrags führt. Soweit dies der Fall sein begründet wird, die nach § 158 Abs. 1 BGB unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts des Besserungsfalls steht, M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 166. 115 Breuer, in: MüKo-InsO, 2. A., § 224 Rdn. 12; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2264. 116 Budde, ZInsO 2010, 2251, 2264. 117 Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 93. 118 Hierzu geeignet sind Kennzahlen zur Abbildung des Innenfinanzierungsvolumens und der Finanzierungskraft, somit insbesondere die Relation von Cashflow zu Fremdkapital, vgl. Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 2 Rdn. 13, § 3 Rdn. 96. 119 Zu den Rückzahlungsvoraussetzungen beim Rangrücktritt oben, 2. Kapitel, IV. 1. b) cc).

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sollte, ist darzulegen, welche Abzugsmöglichkeiten dem Anfall eines Sanierungsgewinns entgegengesetzt werden können. Zudem stellt sich insbesondere die Frage, ob eine Begünstigung von Sanierungsgewinnen nach dem sogenannten Sanierungserlass weiterhin möglich ist, da dessen Anwendbarkeit durch die Rechtsprechung des FG München in Frage gestellt wurde. Die Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen des Forderungsverzichts wird Aufschluss darüber geben, ob dieser ein wirksames und somit praxistaugliches Sanierungsinstrument ist oder durch negative Steuerfolgen in seinen Wirkungen eingeschränkt wird. aa) Aufgedrängter Forderungsverzicht durch „Erlassfalle“ Verhandelt ein Schuldner mit Gläubigern über einen Forderungsverzicht als Sanierungsbeitrag, so haben Gläubiger darauf zu achten, nicht vor dem eigentlichen Abschluss eines Erlassvertrags durch einen rechtlich zweifelhaften Schachzug des Schuldners in die sogenannte Erlassfalle zu tappen. Da sich ein Erlassvertrag formfrei abschließen lässt, besteht die Gefahr, dass ein Erlassvertrag auch gegen den wirklichen Willen des Gläubigers als abgeschlossen gelten kann120. Nach der Rechtsprechung des BGHs kann eine stillschweigende Annahme eines Angebots zum Abschluss eines Erlassvertrags vorliegen, wenn in Verhandlungen über einen Forderungsverzicht Einigkeit über alle wesentlichen Punkte eines Teilerlasses zwischen dem Kreditnehmer und den Gläubigerbanken erzielt worden ist und die Bank den abredegemäß vom Schuldner mittels Überweisung zurückgezahlten verbleibenden Kreditbetrag ohne Erklärung eines Vorbehalts für sich verbucht121. Zwar hat der BGH ausgeführt, dass Stillschweigen auf ein Vertragsangebot auch im Handelsverkehr in der Regel nicht als Zustimmung zu werten ist. Das Stillschweigen des Gläubigers im entschiedenen Fall sah das Gericht dagegen als Zustimmung an, da nach Ansicht des Gerichts ein Widerspruch des Angebotsempfängers nach Treu und Glauben erforderlich gewesen wäre122. Diese Rechtsprechung versuchten sich einige Schuldner zunutze zu machen, um sich von lästig gewordenen Verbindlichkeiten zu befreien. Hierzu wurde den betroffenen Gläubigern eine sogenannte Erlassfalle gestellt. Dabei bot der Kreditnehmer dem Gläubiger ¢ teilweise sogar ohne vorangegangene Sanierungsverhandlungen ¢ in einem Scheiben eine Teilzahlung unter der Voraussetzung des Erlasses der Restforderung an und fügte über den angebotenen Teilbetrag einen Scheck unter dem Hinweis bei, dass nach § 151 Satz 1, 2. Alt. BGB auf den Zugang einer Annahmeerklärung verzichtet werde und die Einlösung des Schecks als Annahme des Angebots gelte. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung 120

Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 266, Rdn. 2.254. BGH, Urteil vom 14. 02. 1995 – XI ZR 65/94, NJW 1995, 695. 122 BGH, Urteil vom 14. 02. 1995 – XI ZR 65/94, NJW 1995, 695. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Bank in den Verhandlungen sogar ausdrücklich erklärt, ihre Zustimmung zum Forderungsverzicht durch Teilerlass hänge von einem Gremienvorbehalt ab, könne also nur erklärt werden, wenn die interne Genehmigung der zuständigen Gremien des Kreditinstituts dem Sanierungskonzept erteilt werde. 121

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hat zwischenzeitlich auf solche „Gestaltungsversuche“ von Schuldnern reagiert und verneint das Zustandekommen eines Erlassvertrags regelmäßig bei einem erkennbaren Missbrauchsversuch des Schuldners. Ein solcher Missbrauch wird insbesondere dann angenommen, wenn im Vergleich zum Gesamtbestand der Forderungen des Gläubigers eine nur unwesentliche Rückzahlungssumme für den Erlass sämtlicher bestehender Forderungen angeboten wird123. Da Sanierungsbeiträge von Gläubigern ohnehin fast ausnahmslos schriftlich niedergelegt werden124, empfiehlt es sich als Vorkehrung für die Gläubiger, bereits vor dem Eintritt in inhaltliche Verhandlungen über Sanierungsbeiträge schriftlich eine Vereinbarung mit dem Schuldner nach § 127 BGB über die Form zu treffen, an die ein wirksamer Forderungsverzicht oder ein sonstiger Sanierungsbeitrag des Gläubigers gebunden ist. Zudem kann klargestellt werden, dass Gegenstand der Vereinbarung ein konstitutives Formerfordernis ist. In diesem Fall kommt ein Forderungsverzicht nach § 154 Abs. 2 BGB auch bei vollständiger formloser Einigung solange nicht zustande, bis die verabredete Beurkundung erfolgt ist125. Soweit es danach überhaupt noch auf die Frage der Formwirksamkeit des Vertrags ankommen sollte, führt ein konstitutives Formerfordernis nach § 125 Satz 2 BGB bei Nichtbeachtung jedenfalls stets zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts126. Durch Vereinbarung der Schriftform nach § 126 BGB kann damit sowohl etwaigen vom Schuldner gestellten „Erlassfallen“ von vornherein der Boden entzogen als auch beiden Verhandlungsseiten Rechtssicherheit über das Zustandekommen eines Forderungsverzichts oder sonstiger Sanierungsbeiträge als klare Ausgangsposition für Sanierungsverhandlungen vermittelt werden. bb) Auswirkungen des Forderungsverzichts auf Kreditsicherheiten Kreditsicherheiten können aufgrund der schuldbeseitigenden Wirkung des Forderungsverzichts nicht mehr verwertet werden127. Aus diesem Grund werden sich gesicherte außenstehende Gläubiger kaum auf einen Forderungsverzicht einlassen128. Ihnen fehlt aufgrund ihrer gesicherten Position, von den oben genannten Ausnahmefällen eines vitalen Interesses an der Fortführung der Geschäftsverbindung abgesehen, ein wirtschaftliches Interesse zur Beteiligung an Maßnahmen zur Sanierung der Schuldnergesellschaft. Forderungsakzessorische Sicherheiten ent123

Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 267 f., Rdn. 2.255 mit Rechtsprechungsnachweisen, teils unter Hervorhebung augenscheinlich missbräuchlicher Sachverhaltskonstellationen. 124 Obermüller, S. 316, Rdn. 1.1329. 125 Der Begriff der Beurkundung in § 154 Abs. 2 BGB ist in denkbar weitem Sinne zu verstehen. Er erfasst damit nicht nur notarielle Beurkundungen, sondern auch Schriftformvereinbarungen, Vereinbarungen über die elektronische Form sowie Textform, vgl. m. w. N. Busche, in: MüKo-BGB, § 154 Rdn. 11. 126 Einsele, in: MüKo-BGB, § 125 Rdn. 69. 127 Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 266, Rdn. 2.253. 128 Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, S. 89, § 3 Rdn. 85.

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fallen bereits kraft Gesetzes bei Wegfall der Forderung. Bei nichtakzessorischen Sicherheiten besteht wegen Fortfall des Sicherungszwecks ein Anspruch auf Freigabe der Sicherheit aus der Sicherungsabrede129, soweit die Sicherheit nicht zugleich für weitere bestehen bleibende Forderungen bestellt wurde. Bei Eintritt des Besserungsfalls leben auch akzessorische Sicherheiten nicht rückwirkend und rangwahrend wieder auf, sondern müssten vom Schuldner neu bestellt werden, da der Eintritt des früheren Rechtszustandes nach § 158 Abs. 2 BGB nicht mit Wirkung ex tunc, sondern ex nunc erfolgt130. Aus diesem Grund sind für den Zeitraum zwischen Erlass und Eintritt des Besserungsfalls vom Schuldner auch keine Zinsen zu entrichten. Den Parteien steht es allerdings frei, eine schuldrechtliche Rückbeziehung der durch den Bedingungseintritt ausgelösten Rechtswirkungen nach § 159 BGB zu vereinbaren, um so zu erreichen, dass die Verbindlichkeit im Besserungsfall durchgehend verzinslich gestellt wird131. cc) Körperschaftssteuerliche Auswirkungen eines Forderungsverzichts Bei einem Forderungsverzicht sind – im Gegensatz zu einem Rangrücktritt – die erloschenen Verbindlichkeiten aus der Handelsbilanz des Schuldners auszubuchen. Nach dem Realisationsprinzip ist eine Verbindlichkeit stets, aber auch nur solange in der Handelsbilanz zu passivieren, soweit sie wirtschaftlich verursacht ist132. Dies gilt für den endgültigen Forderungsverzicht und den Forderungsverzicht mit Besserungsabrede ¢ bis zum Eintritt des Besserungsfalls ¢ gleichermaßen. Auch beim Forderungsverzicht mit Besserungsabrede besteht die Forderung nicht mehr und es ist zudem ungewiss, ob und wann es zum Bedingungseintritt kommt. Vor Eintritt des Besserungsfalls ist das Merkmal der wirtschaftlichen Verursachung der Verbindlichkeit daher nicht erfüllt133. Bei Eintritt des Besserungsfalls leben die Forderungen der Gläubiger dagegen nach § 158 Abs. 2 BGB wieder auf und sind nach § 246 Abs. 1 HGB erneut als Verbindlichkeit in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen. (1) Erfolgswirksamkeit des Forderungsverzichts Die weiteren bilanziellen und steuerlichen Folgen eines Forderungsverzichts bemessen sich daran, ob das Ausbuchen der Verbindlichkeit aus der Handelsbilanz erfolgsneutral isoliert in der Bilanz erfasst werden kann oder ob ein erfolgswirksamer Vorgang vorliegt, welcher nach §§ 242 Abs. 2, 275 Abs. 2 Nr. 15 oder Abs. 3 Nr. 14 129

K. Schmidt, GmbHR 1999, 9; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 42 Rdn. 49. Westermann, in: MüKo-BGB, § 158 Rdn. 38. 131 M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 167. 132 Eine Verbindlichkeit ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie besteht oder ihre Entstehung nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Merkmalen abhängig und im Wesentlichen bereits verwirklicht ist, Obermüller, S. 320, Rdn. 1.1339. 133 Niemann/Mertzbach, DStR 1992, 929. 130

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i. V. m. § 277 Abs. 4 Satz 1 HGB in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) als außerordentlicher Ertrag zu erfassen ist. Bei einem Forderungsverzicht außenstehender Gläubiger fällt ein erfolgswirksamer außerordentlicher Ertrag generell in Höhe des Gesamtbetrags der vom Verzicht umfassten Forderungen an134. Dagegen kann ein Forderungsverzicht eines Gesellschafters davon abweichende bilanzielle und steuerliche Auswirkungen haben. Zunächst ist danach zu differenzieren, ob der Forderungsverzicht als verdeckte Einlage oder als Sanierungsbeitrag geleistet wird. Ein Sanierungsbeitrag liegt vor, wenn der Gesellschafter dabei wie ein außenstehender Dritter gehandelt hat, er also auch ohne gesellschaftsrechtliche Verbindung zum Schuldner auf die Forderung verzichtet hätte, um einen sonst drohenden wirtschaftlichen Eigenschaden abzuwenden135. Leistet der Gesellschafter einen Sanierungsbeitrag, steht dieser in den bilanziellen und steuerlichen Wirkungen einem außenstehenden Gläubiger gleich, sodass durch den Forderungsverzicht gleichfalls in vollem Umfang ein erfolgswirksamer außerordentlicher Ertrag anfällt. Beruht der Forderungsverzicht dagegen auf dem Gesellschaftsverhältnis136, ist zwischen dem in der Regel durch die Unternehmenskrise entwerteten Forderungsanteil und dem weiterhin werthaltigen Teil der Forderung zu unterscheiden137. In diesem Fall bezweckt der Gesellschafter mit seiner Verzichtsleistung regelmäßig, dass diese in das Eigenkapital der Gesellschaft eingestellt wird. Daher liegt in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung eine erfolgsneutrale verdeckte Einlage in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB vor138,139, welche gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG im steuerlichen Einlagenkonto auszuweisen 134 Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 277 Rdn. 4; Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 277 Rdn. 39. 135 Fröschle/Taetzner, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 272 Rdn. 418. 136 Die Rechtsprechung sieht es als Indiz für ein auf der Gesellschafterstellung beruhendes und nicht betrieblich motiviertes Handeln an, wenn nur die Gesellschafter und nicht auch außenstehende Kapitalgeber wesentliche Sanierungsbeiträge leisten, BFH, Urteil vom 30. 04. 1968 – I 161/65, BFHE 93, 44 = BStBl. II 1968, 720 = DStR 1968, 643. 137 Rengers, in: Blümich-KStG, § 8 Rdn. 181, 900. 138 Döllerer, BB 1986, 1857, 1859; Küting/Kessler, BB 1989, 25, 35; Reiner, in: MüKoHGB, § 272 Rdn. 102 mit Verweis auf FG Hamburg, Beschluss vom 30. 08. 2001 – VII 105/01, DStRE 2002, 193; Schubert, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 247 Rdn. 237; M. Arnold/ Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 172. 139 Bei Eintritt des Besserungsfalls ist dagegen in der Literatur streitig, ob die wiederauflebende Verbindlichkeit hinsichtlich des im Zeitpunkt des Forderungsverzichts werthaltigen Forderungsteils erfolgsneutral über einen bilanziellen Passivtausch durch direkte Umbuchung von der Kapitalrücklage in Verbindlichkeiten möglich ist, so Küting/Kessler, in: Handbuch Rechnungslegung, § 272 Rdn. 225. Da die Forderung mit Eintritt des Besserungsfalls zivilrechtlich mit Wirkung ex nunc wieder auflebt, spricht dies allerdings dafür, die Verbindlichkeit als außerordentliche Aufwendung in die Gewinn- und Verlustrechnung aufzunehmen und die Verbindlichkeit somit erfolgswirksam in die Bilanz einzubuchen. Bei Bedarf kann zum teilweisen Ausgleich der Verbindlichkeit zeitgleich eine im Zeitpunkt des Forderungsverzichts gebildete Kapitalrücklage aufgelöst werden, vgl. Förschle/Hoffmann, in: Beck’scher BilanzKommentar, § 272 Rdn. 197.

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ist140. Im Übrigen erhöhen verdeckte Einlagen nach § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG nicht das Einkommen der Schuldnergesellschaft, soweit die verdeckte Einlage nicht auf Ebene des Gesellschafters einkommensmindernd wirkt. In Höhe des nicht werthaltigen Forderungsanteils entsteht dagegen, ebenso wie bei einem außenstehenden Gläubiger, ein erfolgswirksamer außerordentlicher Ertrag. Der werthaltige Forderungsanteil ist nur dann nicht als verdeckte Einlage in die Kapitalrücklage zu buchen, wenn der Gesellschafter mit seiner Verzichtsleistung gerade den Ausgleich von Verlusten oder einen Ertragszuschuss beabsichtigt. In diesem Fall wird der Forderungsverzicht ¢ wie bei einem außenstehenden Gläubiger ¢ in Höhe des vollen Betrags in der Gewinn- und Verlustrechnung als außerordentlicher Ertrag erfasst141, was aber aufgrund der nachfolgend aufgezeigten negativen steuerlichen Konsequenzen eines solchen Sanierungsgewinns in der Praxis die Ausnahme sein wird. (2) Steuerpflicht von Sanierungsgewinnen und beschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten Soweit nach dem Vorstehenden ein Forderungsverzicht eines außenstehenden Gläubigers oder eines Gesellschafters zum Anfall eines außerordentlichen Ertrags in der Gewinn- und Verlustrechnung der Schuldnergesellschaft führt, wirkt sich dies steuerlich grundsätzlich als sogenannter Sanierungsgewinn aus, da der Anfall eines außerordentlichen Ertrags generell verlustmindernd oder gewinnerhöhend ist. Fällt durch den außerordentlichen Ertrag im relevanten Veranlagungszeitraum ein geringerer Verlust an, so resultieren hieraus für folgende Veranlagungszeiträume entsprechend geringere Verlustverrechnungsmöglichkeiten nach § 10d EStG. Verbleibt im relevanten Veranlagungszeitraum dagegen nach dem gemäß § 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 3 EStG im Entstehungsjahr vorzunehmenden Verlustausgleich ein positives Einkommen, so löst dies generell eine Steuerverbindlichkeit zulasten der Schuldnergesellschaft aus. Soweit Verlustabzugsmöglichkeiten nach § 10d EStG bestehen, wird eine Zahlungspflichten auslösende Steuerbelastung zwar innerhalb der Grenzen des Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 EStG und des Verlustvortrags nach § 10d Abs. 2 EStG verringert oder verhindert. Durch die Ausschöpfung von Verlustabzugsmöglichkeiten reduziert sich jedoch zumindest der für nachfolgende Veranlagungszeiträume verbleibende Verlustvortrag, sodass dadurch im Ergebnis früher ein nicht durch Verlustvorträge gemindertes steuerbares Einkommen anfällt. Als besonders problematisch erweist sich für die Sanierungspraxis jedoch die in § 10d Abs. 2 EStG geregelte Mindestbesteuerung. Danach sind nicht ausgeglichene negative Einkünfte aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen lediglich bis zur Höhe von einer Million Euro unbeschränkt von Einkünften eines nachfolgenden Veranlagungszeitraums abzugsfähig. Darüber hinaus sind nicht ausgeglichene negative Einkünfte 140 141

Förschle/Taetzner, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 272 Rdn 418. Fröschle/Hoffmann, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 272 Rdn. 195.

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aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nur bis zur Höhe von 60 % der Einkünfte eines nachfolgenden Veranlagungszeitraums abzugsfähig. Anders herum gewendet, unterliegt somit ein Sanierungsgewinn hinsichtlich des eine Million Euro übersteigenden Betrags in Höhe von 40 % der Besteuerung. Praktisch kann die in § 10d Abs. 2 EStG enthaltene Verlustverrechnungsbeschränkung zu einer für die Schuldnergesellschaft besonders misslichen Besteuerung von Sanierungsgewinnen führen, der im Besteuerungszeitpunkt keine entsprechende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens gegenübersteht142. Neben der Einführung der Mindestbesteuerung haben weitere Gesetzesänderungen in der jüngeren Vergangenheit dazu geführt, dass die steuerliche Nutzbarkeit von Verlusten stark eingeschränkt wurde. Dabei sind insbesondere nachfolgende Regelungen relevant: • Nach § 3c Abs. 2 EStG, § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG können Verluste aus der Teilwertabschreibung und Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr abgezogen werden. • Verluste aus Gesellschaftsdarlehen und der Kreditbesicherung durch Gesellschafter sind nach § 8b Abs. 3 Satz 4 ff. KStG körperschaftssteuerlich nicht mehr abziehbar. • Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 ff. EStG sind Verluste aus Derivatgeschäften (z. B. Aktienoptionsgeschäften) nur mit Gewinnen aus solchen Geschäften verrechenbar. • Bei einem sogenannten schädlichen Beteiligungserwerb durch Anteilseignerwechsel entfallen Verlustvortragsmöglichkeiten nach § 8c KStG anteilig oder vollständig143. Die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG und die vorgenannten Regelungen führen kumuliert dazu, dass es nach geltender Rechtslage nur noch unzureichend möglich ist, Sanierungsgewinne effektiv mit Verlustvorträgen zu verrechnen144. Da Forderungsverzichte von Gläubigern praktisch nur in einer Unternehmenskrise vorkommen, werden bei der Schuldnergesellschaft in der Regel nicht ausgeglichene negative Einkünfte in erheblichem Umfang vorhanden sein, sodass die entstehenden Buchgewinne ohne die Beschränkungen des § 10d Abs. 2 EStG weitgehend verrechnet werden könnten und so im Ergebnis eine Besteuerung eines reinen Buchgewinns in einer überaus kritischen Phase der Unternehmensexistenz in den meisten Fällen ganz vermieden oder zumindest erheblich verringert werden würde. Es ist augenscheinlich, dass die Aufbringung der erforderlichen liquiden Mittel zur Begleichung einer durch einen reinen Buchgewinn ausgelösten Steuer142

Ein eindrückliches Beispiel hierzu liefert Mihm, CFL 2010, 435, 436. Zum schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c KStG und der Nichtanwendbarkeit der sogenannten Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG aufgrund der Einstufung als unzulässige staatliche Beihilfe durch die Europäische Kommission siehe unten, 3. Kapitel, VII. 3. b). 144 Mihm, CFL 2010, 435, 436. 143

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verbindlichkeit die Schuldnergesellschaft gerade in einer tatsächlich vorliegenden Verlustsituation vor besondere Probleme stellt. Zudem wird es bei grundsätzlich zum Forderungsverzicht bereiten Gläubigern auf Unverständnis stoßen, dass der Fiskus als „Unbeteiligter“ von ihren Sanierungsbeiträgen profitieren soll145. Aus ihrer Sicht fällt ¢ vergleichbar mit einem reinen Marktlagengewinn eines Unternehmens („windfall profit“) ¢ dem Fiskus die durch den Sanierungsbuchgewinn entstehende Steuerforderung geradezu in den Schoß. Für die zu erwartenden Steuerverbindlichkeiten sind nach § 266 Abs. 3 B. Nr. 2 HGB in der Handelsbilanz Steuerrückstellungen146 zu bilden. Rückstellungen, die handelsbilanziell ausgewiesen werden müssen, sind auch im Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 1 InsO zu passivieren, wenn ernsthaft mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist147. Der zur Deckung der erwarteten Steuerverbindlichkeit zusätzliche Liquiditätsbedarf sowie der durch die Rückstellung erhöhte Verschuldungsgrad können die Sanierungsbemühungen der Schuldnergesellschaft wesentlich erschweren oder gar verhindern. Da durch diese Regelung betriebs- und volkswirtschaftlich sinnvolle Sanierungen vereitelt werden können, muss die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 10d Abs. 2 EStG in Sanierungssituationen als steuerrechtliche Fehlsteuerung, insbesondere zulasten der vorinsolvenzlichen Sanierung, eingestuft werden. Erweist sich eine außerinsolvenzliche Sanierung aufgrund der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 10d Abs. 2 EStG als mit zu vielen Nachteilen verbunden, werden die Beteiligten hiervon Abstand nehmen, sodass ein Insolvenzverfahren dann regelmäßig nicht mehr abwendbar sein wird. Die Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 10d Abs. 2 EStG würden sich in der Praxis aber erst dann als Sanierungshemmnis auswirken, soweit Sanierungsgewinne nicht ¢ wie nachfolgend erörtert ¢ aus anderen Gründen von der Besteuerung ausgenommen sind oder ausgenommen werden können. (3) Frühere Rechtslage: Sanierungsgewinne steuerfrei nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. Nach dem bis zum Ende des Jahres 1997 geltenden § 3 Nr. 66 EStG waren „Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch entstehen, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden“, steuerfrei148. Die Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen diente nach der Gesetzesbegründung insbesondere der Beseitigung einer ungerechtfertigten Doppelbegünsti145

Maus, in: Uhlenbruck-InsO, § 80 Rdn. 39. Rückstellungen sind für Aufwendungen zu bilden, deren Existenz oder Höhe zum Bilanzstichtag noch nicht sicher ist. Durch das Bilden einer Rückstellung werden sich später realisierende Aufwendungen erfolgswirksam der Periode ihrer wirtschaftlichen Verursachung zugeordnet. Wird die geschätzte Steuerschuld festgesetzt, so wird die Rückstellung zur Verbindlichkeit und ist entsprechend umzugliedern, vgl. Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 Rdn. 105. 147 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn 89. 148 § 3 Nr. 66 EStG a. F. wurde aufgehoben durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997; BGBl. I S. 2590. 146

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gung von Sanierungsgewinnen149. Aufgrund der Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns blieben vorhandene Verluste auch bei Anfall eines Sanierungsgewinns ungeschmälert bestehen und waren für eine spätere Verrechnung mit einem nach erfolgreicher Sanierung erwirtschafteten positiven Einkommen nutzbar. Der Gesetzgeber hat sich durch die Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a. F. von einer lange währenden Bestandsgröße des deutschen Sanierungssteuerrechts abgewandt und Sanierungsgewinne zu steuerbarem Einkommen erklärt. Allein die Regelung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. hatte seit ihrer Einführung im Jahr 1976 für 30 Jahre Bestand150. Aber auch die Kodifizierung im EStG 1976 zeichnete lediglich die bereits bestehende Rechtslage nach. Der für die Einkommenssteuer zuständige 6. Senat des Reichsfinanzhofs (RFH) hatte bereits im Jahr 1927 entschieden, dass ein Sanierungsgewinn für die Einkommenssteuer steuerfrei ist151, und bekräftigte dieses Ergebnis in seinen nachfolgenden Entscheidungen152. Dagegen hielt der für Körperschaftssteuer zuständige 1. Senat des RFHs Sanierungsgewinne bei Körperschaften generell für steuerpflichtig153. Unbilligen Härten im Einzelfall sei dagegen mit den allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung (AO) zur/zum abweichenden Steuerfestsetzung, -stundung und -erlass zu begegnen. Diese Rechtsansicht hatte jedoch keinen Bestand. Die divergierende Behandlung von Sanierungsgewinnen bei Körperschafts- und Einkommenssteuer beseitigte in der Folgezeit zunächst die Finanzverwaltung im Jahr 1930 durch Runderlass154, wonach die Gleichstellung von Einkommens- und Körperschaftssteuer praktisch dadurch erreicht wurde, dass Körperschaftssteuer auf Verluste übersteigende Sanierungsgewinne generell erlassen wurde. Dem folgend regelte der Gesetzgeber daraufhin im Jahr 1934 in § 11 Nr. 4 KStG die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen für die Körperschaftssteuer, während für die Einkommenssteuer die Rechtsprechung des 6. Senats des RFHs bis zur einheitlichen Normierung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen in § 3 Nr. 66 EStG a. F. für die Einkommens- und Körperschaftssteuer im Jahr 1976 fortgalt155. Da der Gesetzgeber durch die Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. eine zur bisherigen Rechtslage grundsätzlich entgegengesetzte Regelung geschaffen hat, stand zu erwarten, dass dies zu erheblichen Problemen in der Praxis führen würde. Zusätzlich zur Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. wurden in der Folgezeit die 149 Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1999 vom 22. April 1997, BT-Drucksache 13/ 7480, S. 192. 150 § 3 Nr. 66 EStG a. F. wurde durch Art. 2 Nr. 1 b) des Körperschaftssteuerreformgesetz (KStRefG) vom 31. August 1976, BGBl. I S. 2597 mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1977 eingeführt. 151 RFH, Urteil vom 30. 06. 1927 – VI A 297/27, RFHE 21, 263 = RStBl. 1927, 197. 152 RFH Urteil vom 12. 12. 1928 – VI A 1499/28, RStBl. 1929, 86 und RFH, Urteil vom 01. 05. 1929 – VI A 497/29, RStBl. 1929, 393. 153 RFH, Urteil vom 05. 02. 1929 – I A 394/27, RStBl.1929, 228. 154 Runderlass des Reichsfinanzministeriums vom 30. 01. 1930, RStBl. 1930, 78. 155 Für eine umfassende Chronologie der Rechtsentwicklung der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vgl. Pohl, Die steuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen, S. 20 ff.

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oben aufgezeigten Verlustabzugsbeschränkungen eingeführt oder ausgeweitet sowie die Mindestbesteuerung nach § 10d EStG eingeführt. Im Gegensatz zur heute geltenden Regelung waren nach § 10d EStG in der Fassung des Standortsicherungsgesetzes156 bis zum Veranlagungszeitraum 1998 Verlustrückträge in zwei vorangegangene Veranlagungszeiträume bis zur Höhe von zehn Millionen DM und Verlustvorträge unbeschränkt ohne Mindestbesteuerung möglich157. Es stellt sich somit die nachfolgend zu behandelnde Frage, ob sich die Vorstellung des Gesetzgebers als zutreffend erwiesen hat, auch nach Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. könne eine sach- und einzelfallgerechte Behandlung von Sanierungsgewinnen durch die Anwendung der allgemeinen Instrumente der Abgabenordnung zur Vermeidung von Unbilligkeiten und Härtefällen durch die Finanzverwaltung gewährleistet werden158. (4) Heutige Rechtslage: Steuerbarkeit von Sanierungsgewinnen und konkretisierte Billigkeitsmaßnahmen durch den „Sanierungserlass“ Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den Regelungsgehalt des entfallenen § 3 Nr. 66 EStG a. F. im sogenannten Sanierungserlass durch BMFSchreiben vom 27. 03. 2003159 aufgegriffen und gestaltet die Handhabe eines Sanierungsgewinns durch die Finanzbehörden aus sachlichen Billigkeitsgründen durch die Instrumente der abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 AO, der Steuerstundung sowie des Steuererlasses nach §§ 222, 227 AO näher aus. Voraussetzungen für eine begünstigte Behandlung eines Sanierungsgewinns nach dem Sanierungserlass sind zunächst, dass eine unternehmensbezogene Sanierung vorliegt, die den finanziellen Zusammenbruch des Unternehmensträgers verhindern soll. Ein nach dem BMF-Schreiben begünstigungsfähiger Sanierungsgewinn setzt weiter voraus, dass das Unternehmen sanierungsbedürftig und sanierungsfähig ist, der Forderungsverzicht eine geeignete Sanierungsmaßnahme ist und der Schuldenerlass der Gläubiger in Sanierungsabsicht erfolgt. Nach dem Sanierungserlass kann davon ausgegangen werden, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, wenn ein Sanierungsplan vorliegt160. Der Sanierungserlass schweigt sich allerdings dazu aus, welchen formalen und inhaltlichen Anforderungen ein solcher Sanierungsplan genügen muss. Es kann dahinstehen, ob als Sanierungsplan bereits jeder von den Gläubigern akzeptierte Plan genügen kann, der beschreibt, wie durch den vereinbarten Forderungsverzicht die Ertragsfähigkeit des Unternehmens wieder hergestellt 156 Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im europäischen Binnenmarkt (Standortsicherungsgesetz) vom 13. September 1993, BGBl. I S. 1596. 157 Schlenker, in: Blümich-EStG, § 10d Rdn. 301 ff. 158 Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1999 vom 22. April 1997, BT-Drucksache 13/ 7480, S. 192. 159 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240. 160 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 4.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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werden kann161, oder ob hierfür ein Sanierungskonzept erforderlich ist, welches den Anforderungen des vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW)162 herausgegebenen Standards IDW S 6163 entspricht164. Ein Sanierungskonzept nach dem IDW S 6-Standard wird in der Praxis ohnehin in der Regel eingeholt werden, wenn in einer Sanierungssituation ¢ was regelmäßig der Fall sein wird ¢ bilanz- und liquiditätsbezogene Restrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen165. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können auf Antrag des Steuerschuldners nach § 163 AO die Besteuerungsgrundlagen abweichend von den generell geltenden einkommenssteuerrechtlichen Maßgaben festgesetzt werden, da die Erhebung der Steuer ¢ auf einen nach Ausschöpfen der ertragssteuerlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinn ¢ für den Steuerpflichtigen aus sachlichen Billigkeitsgründen eine erhebliche Härte darstellt166. Danach ist die Besteuerungsgrundlage so zu ermitteln, dass in vergangenen Veranlagungszeiträumen eingetretene Verluste unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen bis zur Höhe des Sanierungsgewinns mit dem Sanierungsgewinn zu verrechnen sind. Übersteigt der Sanierungsgewinn die vorhandenen Verluste, so ist die darauf entfallende Steuer ab Fälligkeit zunächst nach § 222 AO zu stunden, mit dem Ziel eines späteren endgültigen Erlasses nach § 227 AO. Eine nach Anwendung des Sanierungserlasses verbleibende und gestundete Steuerverbindlichkeit ist allerdings bei der Schuldnergesellschaft bis zum endgültigen Erlass in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus zu passivieren167, was sich im Einzelfall ebenfalls als Sanierungshindernis erweisen kann. (5) Rechtsunsicherheit über die Anwendung des Sanierungserlasses aufgrund divergierender finanzgerichtlicher Rechtsprechung Die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses wurde Ende des Jahres 2007 durch eine Entscheidung des FG München168 grundlegend in Frage gestellt. In der Folgezeit 161

Janssen, DStR 2003, 1055, 1057. Das IDW ist eine Interessenvertretung des Berufsstands der Wirtschaftsprüfung, welche fachliche Regeln für die Berufsausübung aufstellt, um einen einheitlichen Standard der Wirtschaftsprüfung zu gewährleisten. Die Regeln werden in verschiedenen Kategorien von Verlautbarungen veröffentlicht. Die in den Verlautbarungen enthaltene Berufsauffassung ist für die Mitglieder nach § 4 Abs. 9 der Satzung des IDW unbeschadet ihrer Eigenverantwortlichkeit verbindlich. Eine Abweichung von den Standards ist schriftlich hervorzuheben und ausführlich zu begründen. 163 IDW-FN Nr. 11/2009, S. 578 ff. 164 So Blöse GmbHR 2003, 579, 580 zur dem IDW S 6-Standard vorausgegangenen Verlautbarung des Fachausschusses Recht des IDW, IDW-Stellungnahme FAR 1/1991. 165 Budde, ZInsO 2010, 2252, 2266; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 32. 166 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 8. 167 Budde, ZInsO 2010, 2253, 2265. 168 FG München, Urteil vom 12. 12. 2007 – 1 K 4487/06, EFG 2008, 615 = DStR 2008, 1687. 162

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waren Sanierungsvorhaben, die mit einer Begünstigung anfallender Sanierungsgewinne durch den Sanierungserlass rechneten, in erheblichem Maße Anwendungsunsicherheiten ausgesetzt. Eine höchstrichterliche Klärung des Ausgangsfalls des FG München durch eine Sachentscheidung des Bundesfinanzhofs ist nicht erfolgt, sodass die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses durch die Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt wurde. Während das FG Köln169 in einer Entscheidung im Jahr 2008 keine Bedenken gegen den Sanierungserlass erhoben hat, sah das FG München in der angeführten Entscheidung aus dem Jahr 2007 durch den Sanierungserlass einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung begründet, da die Rechtsfolge des § 3 Nr. 66 EStG a. F. im Billigkeitswege faktisch wieder in Kraft gesetzt werde. Der X. Senat des BFHs hat in seinem Revisionsurteil zur Entscheidung des FG Köln obiter dictum angemerkt, das der Auffassung des FG München in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen sei170. Im Revisionsverfahren des VIII. Senats des BFHs über das Urteil des FG München kam es dagegen nicht zu einer Sachentscheidung, da die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben171. Auch aus der ergangenen Kostenentscheidung lässt sich keine klare Entscheidungstendenz des VIII. Senats des BFHs172 ablesen. Die Verfahrenskosten wurden nach § 138 FGO hälftig geteilt, da die Erfolgsaussichten der Revision offen gewesen seien: Die Auffassung des FG München, ein genereller Wille des Gesetzgebers zur Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen könne angesichts der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. nicht angenommen werden, sei jedenfalls nicht von vornherein abzulehnen. In der Sache scheint der VIII. Senat des BFHs nach meiner Einschätzung jedoch tendenziell der Auffassung der Vorinstanz zuzuneigen, wonach es die Gesetzesbegründung173 ausschließe, die Besteuerung eines Sanierungsgewinns im Sinne der aufgehobenen Vorschrift weiterhin ¢ allein aufgrund der §§ 163, 227 AO ¢ generell als sachlich unbillig anzusehen und von der Besteuerung auszunehmen. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn außer der Tatsache eines sanierungsbedingten Verzichts eines Gläubigers keine weiteren besonderen sachlichen oder persönlichen Billigkeitsgründe vorliegen174. Zwar hat sich der X. Senat des 169

FG Köln, Urteil vom 24. 04. 2008 – 6 K 2489/06, EFG 2009, 1555 = DStRE 2008, 1445. BFH, Urteil vom 14. 07. 2010 – X R 34/08, BFHE 229, 502 = BStBl. II 2010, 916 = DStRE 2010, 1268. 171 Die Hauptsache wurde von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt, da dem Kläger im Rahmen eines Insolvenzverfahrens Restschuldbefreiung gewährt worden war. 172 BFH, Beschluss vom 28. 02. 2012 – VIII R 2/08 = DStR 2012, 943. 173 Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1999 vom 22. April 1997, BT-Drucksache 13/ 7480, S. 192. 174 Erhard, in: Blümich-EStG, § 3 Nr. 66 a. F. Rdn. 2 sieht angesichts der wechselnden Entscheidungen des Gesetzgebers zur Behandlung von Sanierungsgewinnen keinen Raum für eine hiervon abweichende Rechtsfortbildung. Dies vermag allerdings noch nicht die Frage zu beantworten, ob im Sanierungserlass eine dem Willen des EStG- und AO-Gesetzgebers entgegenstehende Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe „unbillig“ in §§ 163, 227 AO und der „erheblichen Härte“ in § 222 AO vorgenommen wurde. 170

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BFHs deutlich zugunsten der Anwendbarkeit des Sanierungserlasses positioniert, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit mangels Entscheidungserheblichkeit aber ausdrücklich dahinstehen lassen. Da eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Streitfrage weiter aussteht, ist die Fragestellung nachfolgend weiter gehend inhaltlich zu erörtern und hierzu Stellung zu nehmen: Soweit das FG München die Ansicht vertritt, durch den Sanierungserlass sei faktisch die alte Rechtslage des § 3 Nr. 66 EStG a. F. wiederhergestellt worden, so kann dies inhaltlich nicht überzeugen. Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass nach dem Sanierungserlass zunächst sämtliche bestehende Verlustverrechnungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, bevor die Steuerverbindlichkeit auf einen danach gegebenenfalls verbleibenden Sanierungsgewinn gestundet und erlassen werden kann. Obwohl das FG München diesen wesentlichen inhaltlichen Unterschied erkannt hat, bleibt er in der Wertung unberücksichtigt. Wenig Überzeugungskraft kommt auch der geäußerten Ansicht des Gerichts zu, der Sanierungserlass widerspreche dem durch die Streichung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen. Der Gesetzgeber verweist in seiner Begründung gerade auf weiterhin möglich bleibende Billigkeitsmaßnahmen175. Das Leitmotiv des Gesetzgebers bei der Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. war vielmehr die Beseitigung der oben beschriebenen Doppelbegünstigung. Somit ergibt sich hieraus nicht, dass der Gesetzgeber auch eine Begünstigung von Sanierungsgewinnen, die nach vollständiger Verlustverrechnung verbleiben, im Stundungs- und Erlasswege verhindern wollte. Weiter hat der Gesetzgeber seit Bestehen des Sanierungserlasses in verschiedenen Gesetzesbegründungen in dem Vorverständnis seiner Geltung auf diesen Bezug genommen176, sodass der Sanierungserlass hierdurch wiederholt in den gesetzgeberischen Willen aufgenommen wurde177. Schließlich hat der Gesetzgeber erst recht keine Aussage dahingehend getroffen, dass eine solche Besteuerung von Sanierungsgewinnen für den Steuerpflichtigen nur in Ausnahmefällen eine erhebliche Härte darstellen oder unbillig im Sinne der §§ 163, 222, 227 AO sein könne. Sind in Restrukturierungsfällen Gläubiger zu einem Forderungsverzicht bereit, so liegt regelmäßig eine existenzbedrohende Unternehmenskrise vor. Charakteristikum einer solchen Krisensituation ist dabei regelmäßig die äußerst angespannte Liquiditäts- und Verschuldungssituation der Gesellschaft. In einer solchen Situation entspricht es nach meiner Einschätzung der Regel, dass eine durch einen Sanierungsgewinn ausgelöste Steuer die Voraussetzungen der §§ 163, 222, 227 AO erfüllt und somit nach diesen Vorschriften der Begünstigung fähig ist, da eine Besteuerung von Sanierungsgewinnen in einer solchen Situation dem Grundsatz 175 Entwurf eines Steuerreformgesetzes 1999 vom 22. April 1997, BT-Drucksache 13/ 7480, S. 192. 176 Begründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007, BGBl. I S. 1912; BT-Drucksache 16/4841, S. 76 und Stellungnahme zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung vom 1. April 2009, BR-Drucksache 168/09, S. 30. 177 Hierauf weist der X. Senat des BFHs in seinem Urteil vom 14. 07. 2010 – X R 34/08, BFHE 229, 502 f. = BStBl. II 2010, 916 f. = DStRE 2010, 1268 f. hin.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit widersprechen würde. Der Sanierungserlass verstößt aus diesen Gründen nicht gegen die Normgrenzen der §§ 163, 227 AO, die zur Vermeidung von unbilligen Härten in sachlich oder persönlich begründeten Ausnahmefällen der Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit dienen178. Selbst wenn unter den Voraussetzungen des Sanierungserlasses Sanierungsgewinne regelmäßig nach §§ 163, 222, 227 AO begünstigungsfähig gestellt werden, handelt es innerhalb der Bandbreite der abstrakt-generellen Regelung der Steuerbarkeit von Betriebsvermögensmehrungen nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG um eine Ausnahmesituation. Hierbei ist unschädlich, dass es sich bei der Ausnahmesituation nicht um Einzelfälle, sondern um eine Vielzahl von Fällen handelt179. Schließlich spricht eine praktische Erwägung gegen die Ansicht des FG München: Würde man die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses verneinen, wäre der Forderungsverzicht ein nur noch sehr eingeschränkt wirksames Sanierungsmittel, da der Entlastungswirkung durch einen Verzicht die Belastung durch die Sanierungsbesteuerung gegenübertreten würde. Aufgrund einer durch Forderungsverzicht ausgelösten Sanierungsbesteuerung wäre es in bestimmten Konstellationen nicht mehr möglich, durch Forderungsverzicht der Gläubiger die Insolvenzantragspflicht der Gesellschaft abzuwenden oder auszuräumen180. Vor diesem Hintergrund wäre für Forderungsgläubiger kein Grund ersichtlich, an einem Forderungsverzicht teilzunehmen. Die Besteuerung von Sanierungsgewinnen wäre zwar nicht direkter Insolvenzauslöser, jedoch ein wesentliches Sanierungshemmnis, welches dazu führen könnte, dass ansonsten betriebswirtschaftlich sinnvolle Sanierungsmaßnahmen unterbleiben. Im Ergebnis ist im Sanierungserlass ¢ entgegen der Auffassung des FG München ¢ kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu erkennen. Auch im Übrigen sprechen die angeführten Gründe für die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses und verdeutlichen dessen sachliche Berechtigung und Notwendigkeit zur Konkretisierung der Billigkeitsregelungen der Abgabenordnung. Der mangels abschließender höchstrichterlicher Klärung für die Sanierungspraxis verbleibenden Rechtsunsicherheit kann allerdings nur durch vorherige Einholung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 AO begegnet werden181. Aufgrund des damit verbundenen erheblichen Zeit- und Kostenaufwandes kann sich in einer zeitkritischen Sanierungssituation jedoch auch die Einholung einer verbindlichen Auskunft als Sanierungshemmnis erweisen. In der Literatur wird die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses zwar teilweise unter Verweis darauf für gesichert gehalten, dass die Revisionsentscheidung des X. Senats des BFHs zum Urteil des FG Köln durch

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Cöster, in: Pahlke/Koenig-AO, § 163 Rdn. 2. Cöster, in: Pahlke/Koenig-AO, § 163 Rdn. 14; Rüsken, in: Klein-AO, § 163 Rdn. 33. 180 Der Fiskus wäre im Fall der Insolvenz Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO, Erhard, in: Blümich-EStG, § 3 Nr. 66 a. F. Rdn. 2. 181 Die Reichweite der Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO wird durch § 89 Abs. 2 Satz 4 AO i. V. m. § 2 Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) und den Anwendungserlass zur AO 1977 (AEAO) zu § 89, Nr. 3.6.6. konkretisiert. 179

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das Bundesfinanzministerium im Bundessteuerblatt II veröffentlicht182 wurde und damit für die Finanzverwaltung grundsätzlich verbindlich geworden sei183. Diese Ansicht ist aber Zweifeln ausgesetzt, da die Ausführungen des X. Senats des BFHs zum Sanierungserlass ausdrücklich nicht entscheidungserheblich waren. Wie zudem der Beschluss des VIII. Senats des BFHs verdeutlicht, kann die Rechtsfrage innerhalb des Gerichts nicht als geklärt gelten. Aus diesen Gründen ist es nicht möglich, die Anwendung des Sanierungserlasses durch die Finanzverwaltung allgemein und insbesondere im Gerichtsbezirk des FG München184 als ausreichend sicher zu erachten, sodass für die Sanierungspraxis bis zu einer abschließenden Klärung der Frage an der Einholung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 AO kein Weg vorbeiführen wird. dd) Gewerbesteuerliche Auswirkungen des Forderungsverzichts Durch die Aufhebung von § 3 Nr. 66 EStG a. F. erhöhen Sanierungsgewinne den nach §§ 6, 7 GewStG für die Bemessung der Gewerbesteuer relevanten Gewerbeertrag. Die Möglichkeiten zur Verrechnung von Verlusten mit dem Gewerbeertrag sind in § 10a GewStG hinsichtlich Verrechnungsbeschränkungen und Mindestbesteuerung gleichlaufend zu § 10d EStG geregelt, sodass auf Ebene der Gewerbesteuer bei der Behandlung von Sanierungsgewinnen dieselben Probleme wie bei der Einkommens- und Körperschaftssteuer bestehen. Bei Anfall eines Sanierungsgewinns ist die Gewerbesteuer allerdings gesondert zu behandeln, da sie anderen Zuständigkeiten folgt. Für eine abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 163 AO, Stundung sowie Erlass nach §§ 222, 227 AO ist die jeweils nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG hebeberechtigte Gemeinde zuständig185. Besitzt ein Unternehmen mehrere Betriebsstätten in unterschiedlichen Gemeinden, so sind nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GewStG bei den zuständigen Gemeinden jeweils gesonderte Anträge auf Stundung und Erlass der Gewerbesteuer unter entsprechender Anwendung des Sanierungserlasses zu stellen, was Mehraufwand generiert und zu divergierenden Entscheidungen verschiedener Gemeinden führen kann. Gleiches gilt für die Einholung von verbindlichen Auskünften nach § 89 AO im Vorfeld eines geplanten Forderungsverzichts.

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BStBl. II 2010, 916. Kahlert, DStR 2012, 944. 184 Das FG München ist nach § 1 Abs. 2 AGFGO-BY für die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben zuständig. 185 BFH, Urteil vom 25. 04. 2012 – I R 24/11, BFHE 237, 403 = DStR 2012, 1544. Eine Zuständigkeit des Betriebsstättenfinanzamts wird auch nicht durch § 184 Abs. 2 Satz 1 AO i. V. m. dem Sanierungserlass begründet, da dieser keine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung ist. 183

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

c) Fazit Forderungsverzichte – mit und ohne Besserungsschein – sind aufgrund des Entfallens der betreffenden Verbindlichkeiten ein wirksames bilanzielles Sanierungsmittel zur Vermeidung oder Beseitigung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO. Weiter wird durch die Verminderung des Verschuldungsstands eine Erhöhung der Eigenkapitalquote erreicht, dagegen grundsätzlich nicht eine Erhöhung der Eigenkapitalziffer. Dies ist nur im Fall eines durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Forderungsverzichts in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung möglich, welcher in die Kapitalrücklage eingestellt werden kann. Problematisch sind dagegen die steuerlichen Auswirkungen des Forderungsverzichts, da der Wegfall der Forderungen ein erfolgswirksamer Vorgang ist, der zu einer Verlustminderung oder – bei entsprechendem Umfang – zum Anfall eines grundsätzlich steuerpflichtigen Sanierungsgewinns führt. Aus diesem Grund lag der Schwerpunkt der Untersuchungen auf bestehenden Verlustabzugs- und Privilegierungsmöglichkeiten zur Vermeidung einer Besteuerung von Sanierungsbuchgewinnen. Die Analyse der Rechtsentwicklung der Behandlung von Sanierungsgewinnen hat dabei gezeigt, dass der Gesetzgeber mit Abschaffung der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durch Streichung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. sowie der zusätzlichen Einführung und zunehmenden Ausweitung von Verlustabzugsbeschränkungen weit über sein ursprünglich formuliertes Ziel hinausgegangen ist, lediglich eine „doppelte Begünstigung“ durch Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen einerseits und verbleibende Nutzungsmöglichkeiten von Verlusten andererseits zu verhindern. Auf die Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. hat das BMF im Jahr 2003 mit dem Sanierungserlass reagiert. Durch diesen konnte in der Praxis bislang jedoch keine vollständig tragfähige Lösung geschaffen werden. Einerseits kann erst durch Einholung einer verbindlichen Auskunft die zur Durchführung einer Sanierung erforderliche Planungssicherheit gewährleistet werden, da der Sanierungserlass die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nicht im Einzelnen definiert. Weiter ist von der Entscheidung der Finanzverwaltung nicht die Gewerbesteuer umfasst. Die gesonderte Entscheidungshoheit hierüber liegt bei den Betriebsstättengemeinden. Schließlich bestehen divergierende Ansichten in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Anwendbarkeit des Sanierungserlasses. Der vom FG München geltend gemachte Verstoß gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist aber sachlich unbegründet, sodass der Sanierungserlass nach vorzugswürdiger Ansicht anwendbar ist. Mangels einer höchstrichterlichen Entscheidung der Streitfrage durch den BFH besteht aber weiterhin keine hinreichende sichere Grundlage für die Sanierungspraxis. Vorzugswürdig erscheint aus diesem Grund die erneute Schaffung einer Regelung der Begünstigung von Sanierungsgewinnen durch den Gesetzgeber. Diesem kommt primär die Aufgabe zu, den im Bereich der Sanierungsgewinne bestehenden Zielkonflikt zum Ausgleich zu bringen, einerseits betriebs- und volkswirtschaftlich

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sinnvolle Sanierungen außer- und innerinsolvenzlich zu ermöglichen und andererseits Sanierungsgewinne steuerlich sachgerecht zu behandeln. Der Gesetzgeber ist daher aufgerufen, eine verlässliche gesetzliche Regelung zur Behandlung von Sanierungsgewinnen zu schaffen, die den Weg zu sinnvollen Sanierungsbeiträgen nicht verstellt. Die Leitlinien hierfür sind bereits im Sanierungserlass des BMF enthalten: Zutreffend erscheint, aus Forderungsverzichten resultierende Sanierungsgewinne in einem ersten Schritt unbeschränkt mit bestehenden Verlustrücktrags- und -vortragsmöglichkeiten zu verrechnen und diese keiner Mindestbesteuerung zu unterwerfen. In einem zweiten Schritt sollte ein die Verlustverrechnungsmöglichkeiten übersteigender Sanierungsgewinn als steuerbefreites Einkommen behandelt werden186. 3. Debt-Mezzanine-Swap Bei einem sogenannten Debt-Mezzanine-Swap (auch „Debt-Hybrid-Swap“ genannt) geht es um die Umwandlung von bestehenden Fremdkapitalverbindlichkeiten in eigenkapitalnahe, hybride Finanzierungsinstrumente. Die Bezeichnung „Mezzanine“ entstammt der Beratungspraxis der Wirtschaftsprüfer187 und meint zwischen Fremd- und Eigenkapital changierende Finanzierungsmittel188. Im Gegensatz zum ¢ im 3. Kapitel im Einzelnen erörterten ¢ Debt-Equity-Swap geht es bei einem DebtMezzanine-Swap nicht um die Umwandlung in statutarisches Eigenkapital im gesellschaftsrechtlichen und gezeichnetes Kapital im handelsbilanziellen Sinne, sondern um eine Umgestaltung des bisherigen Schuldverhältnisses. Inhaltlich wird damit das Ziel verfolgt, den handelsrechtlichen Ausweis als Verbindlichkeit auszuräumen und bilanzielles Eigenkapital zu schaffen. In steuerlicher Hinsicht soll dagegen eine Verbindlichkeit als Fremdkapital beibehalten werden189. Damit sollen einerseits die ¢ beim Forderungsverzicht dargestellten ¢ nachteiligen steuerlichen Folgen vermieden werden, die durch Anfall eines Sanierungsgewinns ausgelöst werden. Andererseits soll gewährleistet werden, dass die dem Mezzanine-Kapitalgeber zu zahlende Vergütung im Rahmen der Zinsschranke als betrieblicher Aufwand abzugsfähig bleibt190. Zudem soll die Eigenkapitalquote durch Schaffung handelsbilanziellen Eigenkapitals verbessert werden. Die Eigenkapitalquote bestimmt sich nach der steuerlichen Regelung in § 4 h Abs. 2 Satz 3 EStG grund186 Durch eine solche Regelung wäre bei einem Forderungsverzicht mit Besserungsabrede auch sichergestellt, dass die bei Eintritt des Besserungsfalls erforderlichen Aufwendungen zur Bedienung der Forderung nach § 3c Abs. 1 EStG nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. 187 Ekkenga, Ubg 2009, 761, 770. 188 Zum Inhalt des Begriffs „Mezzanine“ hat sich bislang keine klare und einheitliche Definition herausgebildet. Eine Zusammenfassung der Deutungsansätze findet sich bei Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 27 ff. 189 M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 284. 190 Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121.

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sätzlich durch das Verhältnis des Eigenkapitals zur Bilanzsumme191. Die Eigenkapitalquote ist in einer Krisensituation regelmäßig stark vermindert, da das Eigenkapital der Gesellschaft durch eingetretene Verluste teilweise aufgezehrt ist, während sich die Bilanzsumme nicht vermindert oder sich durch einen gestiegenen Schuldenstand noch erhöht hat. Die Erhöhung der Eigenkapitalquote ist ein nicht zu unterschätzendes Motiv für die Durchführung eines Debt-Mezzanine-Swaps, da diese ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens durch Kreditinstitute und institutionelle Finanzinvestoren ist192. Nur wenn ausreichende Eigenkapitalkennziffern193 vorliegen, wird die Erlangung einer Anschlussfinanzierung möglich sein und die Fortführung der laufenden Finanzierung dadurch sichergestellt, dass es nicht durch Unterschreiten einer in den Vertragsbedingungen der Darlehensverträge („financial covenants“) festgelegten Mindesteigenkapitalquote („net worth requirement“) zur Auslösung von Sonderkündigungsrechten der Darlehensgeber kommt194. Die Ausübung eines solchen Sonderkündigungsrechts durch den Darlehensgeber hätte die umgehende Gesamtfälligstellung des kreditierten Betrags und somit bei fehlender Anschlussfinanzierung regelmäßig die insolvenzauslösende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnergesellschaft nach §§ 17, 15a InsO zur Folge195. Von der handels- und steuerbilanziellen Behandlung eines hybriden Finanzierungsinstruments ist die Frage zu unterscheiden, ob die Verbindlichkeiten nach der Umwandlung in ein hybrides Finanzinstrument weiterhin im Überschuldungsstatus zu passivieren sind. Dies bestimmt sich ¢ ebenso wie beim Rangrücktritt ¢ ge-

191 Zur Eigenkapitalquote vgl. Lachmann, in: Münchener Anwaltshandbuch Sanierung und Insolvenz, § 8 Rdn. 10 ff. 192 Kreditinstitute und institutionelle Investoren versuchen, zur Begrenzung ihres Kreditausfallrisikos die Mindestanforderungen an die wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers für die Darlehensvergabe und Darlehensbelassung durch vertragliche Bestimmungen („financial covenants“) festzulegen, Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 19 ff. 193 In der Literatur wird eine Mindesteigenkapitalquote von 33 bis 50 % empfohlen, vgl. Lachmann, in: Münchener Anwaltshandbuch Sanierung und Insolvenz, § 8 Rdn. 10. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Deutschland lag 2009 nach Angaben der Creditreform Bilanzdatenbank bei durchschnittlich ca. 30 %. Allerdings wiesen ca. 10 % der Unternehmen eine Eigenkapitalquote von unter 20 % und ein Viertel der Unternehmen sogar eine Quote von unter 10 % auf. Creditreform – Beiträge zur Wirtschaftsforschung, Kriseneffekte beim Eigenkapital. Die Folgen der Rezession für die Kapitalausstattung des Mittelstandes, 4. Jahrgang, Nr. 11, März 2011, abrufbar unter: http:// www.nuernberg.creditreform.de/files/wiforschung_032011.pdf [Stand: 05. 03. 2014]. 194 Neben Klauseln zur Eigenkapitalausstattung sind auch „Verschuldungsgradklauseln“ („gearing ratio“) in Kreditbedingungen gebräuchlich, die Grenzen für den relativen Verschuldungsgrad des Kreditnehmers bestimmen, wonach die Summe der Verbindlichkeiten im Verhältnis zum Eigenkapital eine festgelegte Obergrenze nicht übersteigen darf, Wittig, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 67, Rdn. 1.146 f. 195 Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1189.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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sondert nach den insolvenzrechtlichen Vorgaben der §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO196, da die handelsbilanzielle Beurteilung als Eigenkapital für die insolvenzliche Überschuldungsprüfung nicht maßgeblich ist. Da ein Nachrang in der Insolvenz gegenüber anderen Fremdkapitalgläubigern aber zu den Voraussetzungen einer handelsbilanziellen Behandlung eines hybriden Finanzierungsinstruments als Eigenkapital zählt (dazu sogleich), sind die Gläubiger hybrider Finanzierungsinstrumente regelmäßig auch nachrangige Insolvenzgläubiger hinter den Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO, sodass Forderungen der Gläubiger von MezzanineKapital im Überschuldungsstatus nicht aufzuführen sind197. a) Rechtliche Anforderungen und Umsetzung Im Rahmen der Zielsetzung, unter Beibehaltung steuerrechtlichen Fremdkapitals handelsbilanzielles Eigenkapital zu schaffen, unterliegt die rechtliche Ausgestaltung eines hybriden Finanzierungsinstruments der freien vertraglichen Ausgestaltung der Parteien. Als Zielform kommen dabei insbesondere Genussrechte198, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen199 in Betracht. Seit dem Jahr 2008 besteht auch im GmbH-Recht die Möglichkeit, Wandelschuldverschreibungen zu begeben. Voraussetzung hierfür war die durch das MoMiG200 mit Einführung des § 55a GmbHG geschaffene Möglichkeit des genehmigten Kapitals für die GmbH, welches für die Absicherung des Bezugsrechts der Anleihegläubiger erforderlich ist201. Die Umwandlung von bestehenden Fremdkapitalverbindlichkeiten in ein hybrides Finanzierungsinstrument erfolgt zivilrechtlich durch Parteivereinbarung im Wege der Vertragsänderung oder Novation (Schuldumschaffung). Bei der Novation wird im Unterschied zur Vertragsänderung ein neues Schuldverhältnis begründet, das an die Stelle des bestehenden Schuldverhältnisses tritt, welches gleichzeitig aufgehoben wird202. Daher entfallen bei einer Novation forderungsakzessorische Sicherheiten und müssten gegebenenfalls neu bestellt werden203. Soll die in ein hy196 Schreiber, in: Buth/Hermanns, § 24 Rdn. 24, verlangt über die Anforderungen des § 39 Abs. 2 InsO hinausgehend den Rücktritt der Forderung in den Rang des § 199 Satz 2 InsO. Nach dem MoMiG genügt aber nach zutreffender überwiegender Auffassung zur Vermeidung der Passivierungspflicht einer Verbindlichkeit im Überschuldungsstatus ein Rücktritt in den Rang hinter die nachrangigen Gläubiger des § 39 Abs. 1 InsO, vgl. hierzu oben, 2. Kapitel, IV. 1. a). 197 Breuniger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 495; Ekkenga, Ubg 2009, 761, 770. 198 Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299, 301. 199 M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 285. 200 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 201 Zur Möglichkeit von Wandelschuldverschreibungen bei der GmbH, Helmreich, GWR 2011, 561. 202 Olzen, in: Staudinger-BGB, Einleitung zu §§ 362 ff. Rdn. 35. 203 Emmerich, in: MüKo-BGB, § 311 Rdn. 15.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

brides Finanzierungsinstrument umgewandelte Forderung weiter besichert werden, so wird in der Regel auch die Sicherungsabrede an den Rang der Forderung angepasst werden, sodass eine Befriedigung aus der Sicherheit erst nach der Befriedigung vorrangig besicherter Gläubiger („Senior Creditors“) möglich ist204. aa) Qualifikation von Genussrechten als handelsbilanzielles Eigenkapital? Für die handelsbilanzielle Qualifizierung eines hybriden Finanzierungsinstruments als Eigenkapital ist dagegen nicht die zivilrechtliche Ausgestaltung maßgeblich, sondern nach überwiegender Ansicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, nach der die Beurteilung danach vorzunehmen sei, ob die Kapitalüberlassung in gleichem Maße wie statutarisches Eigenkapital gefährdet ist. Dies sei der Fall, wenn Genussrechtskapital nicht mit den Ansprüchen anderer Gläubiger konkurriere205 und somit neben dem statutarischen Eigenkapital als primärer Risikoträger zur Verfügung stehe206. Der Hauptfachausschuss des IDW hat dazu im Jahr 1994 in einer Stellungnahme207 folgende kumulativ zu erfüllende Kriterien aufgestellt, bei deren Beachtung Genussrechtskapital für die Bilanzierungs- und Prüfungspraxis handelsrechtlich als Eigenkapital zu behandeln sei: • Nachrangigkeit bei Insolvenz oder Liquidation nach allen Gläubigern, deren Kapitalüberlassung nicht den Kriterien des Eigenkapitalausweises entspricht; • erfolgsabhängige Vergütung, die nur aus den an die Gesellschafter ausschüttungsfähigen Gewinnen oder aus ausschüttungsfähigen Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden darf; • Teilnahme des Genussrechtskapitals am Verlust in voller Höhe, d. h., die Verrechnung von Verlusten mit geschützten Eigenkapitalbestandteilen darf erst nach vollständigem Verzehr des Genussrechtskapitals erfolgen, sowie • langfristige Kapitalüberlassung. Ganz überwiegend folgen die Sanierungspraxis und auch die Literatur den vom IDW vorgegebenen Kriterien zur Abgrenzung von bilanziellem Eigen- und Fremdkapital. Die Verlautbarung hat aber auch Kritik erfahren, da die Stellungnahme beispielsweise keine näheren Angaben zu den Anforderungen an eine langfristige Kapitalüberlassung enthält. In der Stellungnahme wird lediglich darauf 204

Schrell/Kirchner, BKR 2003, 13, 14. K. Schmidt, in: Festschrift Goerdeler, 1987, S. 487 ff. 206 Oelke/Wöhlert/Degen, BB 2010, 299, 301. 207 Stellungnahme zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss, IDW HFA 1/ 1994, WPg 1994, 419. Die Ergänzung der Stellungnahme aus dem Jahr 1998 betrifft ausschließlich die Bilanzierung beim Gläubiger, WPg 1998, 891. Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121, 1122. 205

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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hingewiesen, dass die in § 10 Abs. 5 Kreditwesengesetz (KWG) enthaltene Regelung hinsichtlich der zur Qualifizierung als Ergänzungskapital erforderlichen Dauer der Kapitalüberlassung nicht direkt angewendet werden kann. In der Literatur und Sanierungspraxis wird jedoch zumeist in Anlehnung an § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 KWG für die Kapitalüberlassung von einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren und einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren ausgegangen208. Ein weiterer Kritikpunkt besagt, dass die vom IDW aufgestellten Kriterien zur Abgrenzung von handelsbilanziellem Eigenkapital und Fremdkapital nicht hinreichend trennscharf seien. Schwerer wiegt dagegen die grundsätzliche Kritik von Groh, der eine Zuordnung von Genussrechtskapital als Eigenkapital in der Handelsbilanz als materielles Eigenkapital als generell verfehlt ablehnt209. Genussrechtskapital könne bereits aufgrund der vom Gesetz in §§ 272, 266 Abs. 3 HGB vorgenommenen Bestimmung des handelsbilanziellen Eigenkapitals nicht durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise als materielles Eigenkapital qualifiziert werden. Die von der Bilanzierungspraxis und überwiegenden Ansicht in der Literatur unter Berufung auf § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB vorgenommene Hinzufügung von Genussrechtskapital als neuer Posten innerhalb des Eigenkapitals210 sei unzulässig. Ein neuer Posten innerhalb des Eigenkapitals müsse die gleiche Struktur wie die vom Gesetz vorgesehenen Eigenkapitalpositionen aufweisen, was bei Genussrechtskapital aber gerade nicht der Fall sei211. Strukturmerkmal sämtlicher Positionen des Eigenkapitals in § 266 Abs. 3 A. HGB sei deren eindeutiger Bezug zu den Gesellschaftern. Die dort ausgewiesenen Positionen beruhen entweder auf einer Leistung der Gesellschafter (bspw. gezeichnetes Kapital oder Zuzahlungen in das Eigenkapital) oder gebühren diesen (bspw. Gewinnrücklagen oder Gewinnvortrag). Dagegen handele es sich bei Genussrechtskapital regelmäßig um Kapitalüberlassungen Dritter212. Aus diesem Grund greife auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zu kurz, ob eine Kapitalüberlassung nicht mit den Ansprüchen anderer Gläubiger konkurriere und insoweit formell mit Eigenkapital vergleichbar sei. Dies zeige insbesondere der Vergleich mit nachrangigen Verbindlichkeiten und kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, welche ebenfalls nicht mit den Forderungen anderer Gläubiger konkurrieren, nach der Rechtsprechung des BFHs aber weiterhin als Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz zu passivieren sind213. Auch aus der Verlustbeteiligung bis zur vollen Höhe des Genussrechtskapitals ergebe sich nicht die Qualität als handelsbilanzielles Ei208

Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121, 1122. Groh, BB 1995, 559 f. 210 Zur weiteren Untergliederung und Bildung neuer Posten vgl. Merkt, in: Baumbach/ Hopt-HGB, § 265 Rdn. 5. 211 Groh, BB 1995, 559. 212 Groh, BB 1995, 559, 560. 213 BFH Urteil vom 05. 02. 1992 – I R 127/90, BFHE 166, 356 = BStBl. II 1992, 532 = ZIP 1992, 620 (kapitalersetzendes Darlehen), BFH Urteil vom 30. 03. 1993 – IV R 57/91, BFHE 170, 449 = BStBl. II 1993, 502 = DStR 1993, 871 (Rangrücktritt). 209

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

genkapital. Zwar werde bei Verlusten die Werthaltigkeit der Anteile der Gesellschafter am formellen Eigenkapital durch die Verlustteilnahme von Kapitalüberlassungen Dritter zunächst geschont. Im Ergebnis könne aber auch gegenüber den Gesellschaftern nicht von Eigenkapital ausgegangen werden, da das Genussrechtskapital bei einer Liquidation oder Insolvenz der Gesellschaft den Genussrechtsinhabern einen gegenüber den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter vorrangig zu berichtigenden Anspruch verleiht, wie sich aus § 199 InsO ergibt. Nach der Ansicht von Groh sind hybride Finanzinstrumente somit rechtlich nicht möglich, da das verfolgte Ziel der handelsbilanziellen Zuordnung zum Eigenkapital ¢ entgegen dem hierfür vom IDW vorgegebenen Standard ¢ nicht erreichbar sei. Meiner Einschätzung nach sprechen gewichtige Gründe für die von Groh vertretene Ansicht. Im Ausgangspunkt ist jedenfalls unstreitig, dass Genussrechtskapital auch im Falle eines Ausweises im Eigenkapital als gesonderter Posten in der Handelsbilanz auszuweisen ist. Danach ist allerdings zunächst der von der überwiegenden Literaturmeinung vorgenommenen wirtschaftlichen Betrachtung von hybriden Finanzierungsinstrumenten insoweit beizupflichten, als sich durch die Überlassung von Genussrechtskapital die Verlusttragungsfähigkeit der Gesellschaft erhöht und dieses nicht mit den Forderungen nicht nachrangiger Gläubiger konkurriert. Nicht überzeugend erscheint jedoch, daraus eine Zuordnung zum handelsbilanziellen Eigenkapital abzuleiten. Einerseits kann die Nachrangigkeit der Genussrechtsforderung kein durchgreifendes Argument sein, da Einigkeit darüber besteht, dass sonstige nachrangig gestellte Forderungen gegen die Gesellschaft weiterhin als Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz auszuweisen sind. Andererseits signalisiert der gesonderte Ausweis von Genussrechtskapital künftigen Gläubigern und sonstigen Marktteilnehmern unabhängig von der Qualifizierung als Fremd- oder Eigenkapital, dass dieser Teil seiner Verpflichtungen für die Schuldnergesellschaft eine geringere wirtschaftliche Belastung darstellt, als wenn dieser Posten eine reguläre Verbindlichkeit der Gesellschaft wäre214. Diese Erkenntnis spiegelt sich auch in § 10 Abs. 4 Kreditwesengesetz (KWG) wider, nach dem Genussrechtskapital unter den dort bestimmten Voraussetzungen als Kernkapital und somit Teil des haftenden Eigenkapitals von Kreditinstituten gewertet wird. Gleichfalls wird Genussrechtskapital bei Versicherungsunternehmen nach § 53c Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) zu den Eigenmitteln gerechnet. In beiden Fällen folgt daraus jedoch keine handelsbilanzielle Zuordnung von Genussrechten zum Eigenkapital. Vielmehr weisen die Bilanzregelungen für Kreditinstitute215 und Versiche-

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Groh, BB 1995, 559, 560. Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV) i. d. F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998, BGBl. I S. 3658. § 2 RechKredV i. V. m. Formblatt 1 ordnet für die Gliederung der Bilanz den Ausweis von Genussrechtskapital auf der Passivseite unter Nr. 10 nach den nachrangigen Verbindlichkeiten und vor dem Eigenkapital an. Ermächtigungsgrundlage für die RechKredV ist § 330 HGB. 215

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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rungsunternehmen216 Genussrechtskapital ausdrücklich dem Fremdkapital zu, ohne dass hierbei erkennbar wäre, dass dies Ausdruck von branchenspezifischen Besonderheiten der Geschäftszweige des Banken- und Versicherungswesens ist. Vielmehr erscheint danach auch für die allgemeinen Wirtschaftsbereiche der Produktions- und Handelsunternehmen eine Bilanzierung außerhalb des Eigenkapitals zutreffend. Nicht zuletzt spricht auch die in den Anforderungen des IDW unzureichend festgelegte Mindestdauer der Überlassung von Genussrechtskapital gegen eine Qualifizierung von Genussrechten als handelsbilanzielles Eigenkapital. Während der Hauptfachausschuss des IDW in seinem ersten Verlautbarungsentwurf zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss Genussrechtskapital ausschließlich unter der Voraussetzung als Eigenkapital anerkennen wollte, dass eine Kapitalrückzahlung nur im Fall der Liquidation oder Insolvenz der Gesellschaft verlangt werden kann217, hat sich der IDW in seiner endgültigen Verlautbarung nicht einmal zur Festlegung einer konkreten zeitlichen Untergrenze durchringen können, sondern verlangt lediglich eine „längerfristige Kapitalüberlassung“, woraus die Bilanzierungspraxis im Ergebnis eine Mindestdauer von fünf Jahren für sich abgeleitet hat. Angesichts der Tatsache, dass der weit überwiegende Teil des formellen Eigenkapitals eine unbefristete Kapitalüberlassung für die gesamte Dauer der Gesellschaft beinhaltet, wurde dem Kriterium der dauerhaften oder wirklich langfristigen Kapitalüberlassung (mindestens zehn bis 15 Jahre) in den Anforderungen des IDW nach meiner Einschätzung eine unzureichende Bedeutung beigemessen, sodass sich die verlautbarte Ansicht des IDW nicht ohne Weiteres dem Eindruck einer gewissen Beliebigkeit und Vorfestlegung der Kriterien am gewünschten Ergebnis erwehren kann, Genussrechtskapital expansiv Eigenkapitalqualität zuzuschreiben und als solches bilanzierbar zu machen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass nach der an den Standards des IDW orientierten Bilanzierungspraxis und der überwiegenden Auffassung in der Literatur die Bilanzierung von Genussrechtskapital als handelsbilanzielles Eigenkapital nach den angeführten Kriterien zulässig ist, während die von Groh vertretene Gegenansicht eine Bilanzierung als Eigenkapital ¢ mit der angeführten vorzugswürdigen Begründung ¢ ablehnt. Aus der den Kriterien der IDW-Stellungnahme folgenden Bilanzierungspraxis erwächst jedoch die an die Bilanzierung von Genussrechten als handelsbilanzielles Eigenkapital anknüpfende Fragestellung nach den steuerbilanziellen und somit den steuerlichen Auswirkungen einer Umwandlung von Fremdkapitalverbindlichkeiten in Genussrechte. Aus diesem Grund ist die von der überwiegenden Ansicht in der Literatur und Bilanzierungspraxis vertretene Bilanzierung von Genussrechten als handelsrechtliches Eigenkapital insoweit weiterzuverfolgen. 216

Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (RechVersV) vom 8. November 1994, BGBl. I S. 3378. § 2 RechVersV i. V. m. Formblatt 1 ordnet für die Gliederung der Bilanz den Ausweis von Genussrechtskapital auf der Passivseite unter Ziff. B. nach dem Eigenkapital und vor den nachrangigen Verbindlichkeiten an. Ermächtigungsgrundlage für die RechVersV ist § 330 HGB. 217 WPg 1993, 446, 447.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

In diesem Zusammenhang wird auch auf die hier vertretene ¢ vorzugswürdige ¢ Gegenansicht zurückzukommen sein, um das hier gefundene Ergebnis auf anderer Argumentationsebene weiter zu untermauern und darzulegen, dass nur auf Grundlage dieser Gegenansicht eine konsistente und rechtssichere steuerrechtliche Behandlung von Genussrechten gewährleistet werden kann. bb) Erfolgsneutraler Vorgang oder erfolgswirksame steuerbilanzielle Umqualifizierung in Eigenkapital? Neben der Schaffung handelsbilanziellen Eigenkapitals ist die maßgeblich verfolgte Zielsetzung bei einem Debt-Mezzanine-Swap dessen steuerneutrale Ausgestaltung, was zugleich Prüfstein für die Praxistauglichkeit eines Debt-MezzanineSwaps als Sanierungsinstrument ist. Der in der Ausgangsposition bestehende Rückzahlungsanspruch eines Gläubigers gegenüber der Schuldnergesellschaft ist bei dieser handelsbilanziell und ¢ aufgrund des in § 5 Abs. 1 EStG niedergelegten Maßgeblichkeitsprinzip der Handelsbilanz ¢ auch steuerbilanziell als Verbindlichkeit auszuweisen. Bei der Umwandlung von Verbindlichkeiten in ein hybrides Finanzierungsinstrument, welches nach der oben dargelegten überwiegenden Auffassung als handelsbilanzielles Eigenkapital auszuweisen ist, käme es zum Anfall eines Sanierungsgewinns, wenn das hybride Finanzierungsinstrument steuerbilanziell nicht weiter als Verbindlichkeit zu behandeln wäre. Bei entsprechender vertraglicher Ausgestaltung wird nach bislang überwiegender Meinung eine unterschiedliche handels- und steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten durch die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 2. 2. Halbs. KStG gewährleistet, welche nach dieser Auffassung eine Spezialregelung zur steuerrechtlichen Behandlung von Genussrechten enthält. Nach deren Wortlaut mindert sich das Einkommen der Körperschaft nicht durch „Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist“. Danach würde bei entsprechender Ausgestaltung des Genussrechtskapitals die grundsätzlich geltende Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nicht zum Tragen kommen, sondern ein steuerneutraler Passivtausch vorliegen, bei dem kein außerordentlicher Ertrag und somit auch kein Sanierungsgewinn anfallen würde. Diese vermeintlich feststehende Anschauung, an der sich die Sanierungspraxis bislang orientiert hat, ist aber seit November 2011 durch eine Kurzinformation der Oberfinanzdirektion (OFD) Rheinland218 in die Defensive geraten. Die Finanzverwaltung vertritt darin die Auffassung, dass eine handelsbilanzielle Umqualifizierung einer Verbindlichkeit in Eigenkapital

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Die OFD Rheinland ist dem Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen nachgeordnete Mittelbehörde für die Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf. Die OFD Rheinland und die OFD Münster wurde im Jahr 2013 zur OFD NRW zusammengelegt, vgl. Pressemitteilung des Finanzministeriums NRW vom 06. 09. 2012; abrufbar unter: http://www.fm.nrw.de/presse/ pressearchiv/archiv_2012/2012_09_06_Neuordnung_OFD.php [Stand: 05. 03. 2014].

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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infolge des Maßgeblichkeitsprinzips auch eine steuerbilanzielle Umqualifizierung in Eigenkapital nach sich ziehe219. Die Konsequenz der Rechtsauffassung der OFD Rheinland wäre, dass der Anfall eines Sanierungsgewinns in voller Höhe der bisherigen Forderungen erfolgt. Bei einem Debt-Mezzanine-Swap von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen würde der Ertrag aber in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung als Einlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG außerbilanziell kompensiert220. Ein Debt-Mezzanine-Swap von Forderungen außenstehender Gläubiger würde dagegen einen außerordentlichen Ertrag in voller Höhe und somit die gleichen steuerlichen Folgen auslösen wie ein Forderungsverzicht außenstehender Gläubiger. Im Gegensatz zu einem Forderungsverzicht bestünde aber keine Möglichkeit einer steuerlichen Privilegierung nach dem Sanierungserlass des BMF221. Entsprechend deutlich sind die Reaktionen aus den Reihen der bislang überwiegenden Meinung gegen die Ansicht der OFD Rheinland ausgefallen. Für den Fall, dass sich diese Ansicht in der Finanzverwaltung durchsetzen sollte, wird nichts weniger befürchtet, als dass „der Debt-MezzanineSwap auf dieser Grundlage für die Sanierungspraxis tot“222 wäre. Im Folgenden werden daher die Voraussetzungen dargelegt, bei deren Vorliegen nach der bislang überwiegenden Meinung von steuerrechtlichem Fremdkapital auszugehen ist, und es wird überprüft, ob dieser Ansicht zu folgen ist oder die Ansicht der OFD Rheinland vorzugswürdig erscheint. (1) Verständnis des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nach der überwiegenden Literaturmeinung Nach der überwiegenden Meinung in der Literatur bestimmt sich die steuerrechtliche Behandlung von Genussrechten nach § 8 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. KStG. Die Regelung sagt ihrem Wortlaut nach zu Genussrechten aus, dass das Einkommen der Körperschaft sich nicht durch „Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit 219 OFD Rheinland, Kurzinformation Körperschaftssteuer Nr. 56/2011 vom 14. 12. 2011, DStR 2012, 189 = GmbHR 2012, 543. 220 Dagegen kommt es nach Ansicht von Beyer, DStR 2012, 2199, nur zu einem handelsbilanziellen Ertrag in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung. Dies ist aber als nicht zutreffend abzulehnen, da die Forderung bei einer Umwandlung in Genussrechtskapital, welches handelsbilanziell in den Posten Eigenkapital eingestellt wird, zur Verminderung der Verbindlichkeiten in voller Höhe des Erfüllungsbetrags der Forderung führt, sodass es unabhängig von der Werthaltigkeit der Forderung zu einem Sanierungsgewinn im Umfang des Erfüllungsbetrags der umgewandelten Forderungen kommt. Nur soweit eine Forderung eines Gesellschafters in Genussrechtskapital umgewandelt wird, kommt ¢ soweit nicht ein Ertragszuschuss gewollt ist ¢ im Umfang des werthaltigen Teils der Forderung eine verdeckte Einlage in Betracht, durch welche der Anfall eines Ertrags nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 8 EStG außerbilanziell kompensiert würde, vgl. OFD Rheinland, Kurzinformation Körperschaftssteuer Nr. 56/2011 vom 14. 12. 2011, DStR 2012, 189 = GmbHR 2012, 543. 221 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240 Tz. 3 – 5. 222 Breuniger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 498.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist“, mindert (sogenannte beteiligungsähnliche Genussrechte)223. Hieraus wird nach dieser Auffassung geschlossen, dass Genussrechte, die eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös vorsehen, steuerrechtlich Eigenkapital darstellen, dagegen Genussrechte, die beide Kriterien nicht kumulativ erfüllen, steuerrechtlich als Fremdkapital zu behandeln sind. Bei der Ausgestaltung eines Genussrechts im Rahmen eines Debt-MezzanineSwaps wird daher regelmäßig eine Gewinnbeteiligung vereinbart, die Beteiligung am Liquidationserlös dagegen ausgeschlossen. Während eine gewinnabhängige Vergütung nach den Kriterien des IDW zur Einstufung als handelsrechtliches Eigenkapital erforderlich ist224, soll durch den Ausschluss der Beteiligung am Liquidationserlös die steuerrechtliche Behandlung als Fremdkapital sichergestellt werden, um so den Anfall eines steuerbaren Ertrags bei der Umwandlung der Forderung auszuschließen. Nach dieser Ansicht kann mittels eines so strukturierten DebtMezzanine-Swaps eine bilanzielle Überschuldung ohne steuerliche Nachteile beseitigt werden225. Während innerhalb dieser Ansicht über das Ergebnis der Steuerneutralität eines so strukturierten Debt-Mezzanine-Swaps Einigkeit besteht, ist lediglich umstritten, ob die Steuerneutralität des Umwandlungsvorgangs daraus folgt, dass mangels Realisierungsvorgang die wirtschaftliche Identität der Verbindlichkeit erhalten bleibt (sogenanntes Kontinuitätsprinzip) oder es zu einem ergebnisneutralen Passivtausch kommt, da das Mezzanine-Kapital-Instrument eine neue Verbindlichkeit im gleichen Nennwert darstellt226. (2) OFD Rheinland: § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist lediglich Gewinnermittlungsund nicht Bilanzierungsvorschrift Entgegen der dargelegten Auffassung in der Literatur geht die OFD Rheinland in ihrer Kurzinformation vom 14. 12. 2011227 für einen Debt-Mezzanine-Swap davon aus, dass ein solcher nur ertragswirksam erfolgen kann. Dies gelte auch, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG deshalb nicht kumulativ erfüllt sind, weil nach den Genussrechtsbedingungen eine Beteiligung am Liquidationserlös ausgeschlossen ist. Hauptargument ist, dass sich der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf die Einkommensermittlung beschränke und die Vorschrift ¢ entgegen der überwiegenden Auffassung in der Literatur ¢ gerade keine Aussage zur 223

Die Nichtabzugsfähigkeit von Vergütungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte i. S. d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG schlägt über § 7 Satz 1 GewStG in voller Höhe auf die Gewerbesteuer durch. 224 Zu den Bilanzierungsanforderungen des IDW vgl. oben, 3. Kapitel, IV. 3. a) aa). 225 Günkel, JbFStR 2011/2012, 824, 827 f.; Häuselmann, BB 2010, 944, 947; Mückel, FR 2009, 497, 505; Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527, 531; Breuniger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 495. 226 Breuniger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 496 m. w. N. 227 OFD Rheinland, Kurzinformation Körperschaftssteuer Nr. 56/2011 vom 14. 12. 2011, DStR 2012, 189 = GmbHR 2012, 543.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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steuerbilanziellen Behandlung von Genussrechten treffe. Der Regelungsgehalt des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erschöpfe sich somit in einer außerbilanziellen Hinzurechnung von Vergütungen auf Genussrechte, die eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös vorsehen. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG enthalte keine Aussage über die steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten, sodass der in § 5 Abs. 1 EStG niedergelegte Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz zum Zuge komme. Dies führe im Ergebnis dazu, dass eine handelsbilanzielle Umqualifizierung der Verbindlichkeit in Eigenkapital auch zu steuerrechtlichem Eigenkapital führe. Hieraus resultiere ein steuerbarer Ertrag, der bei fehlender Werthaltigkeit der Forderung auch nicht außerbilanziell durch den Abzug einer verdeckten Einlage kompensiert werden könne228. (3) Position in der Literatur gegen die Auffassung der OFD Rheinland Nach der überwiegenden Literaturmeinung kann das Maßgeblichkeitsprinzip dagegen keine steuerliche Gewinnrealisierung rechtfertigen, da die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auch für die steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten selbst gelte. Es sei nicht ersichtlich, wieso einem zunächst in der Handelsbilanz als Verbindlichkeit erfassten Darlehen durch eine Inhaltsänderung der Vertragsbedingungen ertragssteuerliche Relevanz zukommen solle, da die wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft auch nach Änderung der Vertragsbedingungen fortbestehe und hieraus weder eine Vermögensmehrung noch eine gestiegene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft resultiere229. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG betreffe nur den Ansatz und die Bewertung von Vermögensgegenständen, Wirtschaftsgütern sowie Verbindlichkeiten, nicht jedoch das Eigenkapital als Saldoposten230. Aus diesem Grund sei eine handelsbilanzielle Qualifizierung eines hybriden Finanzierungsinstruments als Eigenkapital gerade nicht für die steuerliche Behandlung maßgebend, sondern allein für die Beurteilung, ob nach wirtschaftlicher Betrachtung weiterhin eine Verpflichtung der Gesellschaft bestehe, was bei Genussrechtskapital jedoch aufgrund der bestehenden Rückzahlungsverpflichtung anerkanntermaßen der Fall sei. Gegen die Behandlung des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG durch die OFD Rheinland als bloße Einkommensermittlungsvorschrift sprächen nach dieser Auffassung weiter der Normzusammenhang und die Entstehungsgeschichte231. Insbesondere werde mit Blick auf die bisherige Behandlung der Norm durch die Finanzverwaltung deutlich, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine generelle Regelung zur Beurteilung der Frage sei, 228 Soweit die Ausgangsforderung werthaltig ist, kommt eine verdeckte Einlage bei einem Gesellschafter als Gläubiger in Betracht, wenn dieser keinen Sanierungsbeitrag leistet, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis motiviert handelt. Bei einem außenstehenden Gläubiger ist dagegen generell keine verdeckte Einlage möglich, vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc). 229 Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 496. 230 Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115, 116; Häuselmann, BB 2000, 139, 142. 231 Zur Entstehungsgeschichte und zum Normzusammenhang, Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115, 117.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

„ob Genussrechte die Steuerkraft des Unternehmens in gleicher Weise belasten wie Stammkapital“232 (sogenannter Belastungsvergleich) und somit steuerrechtlich als Eigenkapital einzuordnen sind. Dies werde insbesondere aus den folgenden Verlautbarungen der Finanzverwaltung deutlich: • So gehe das Bundesfinanzministerium im BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Genussrechten233 zutreffend davon aus, dass Einzahlungen auf Genussrechte nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG steuerlich als Einlage anzusehen sind, wenn die Rückzahlung des Genussrechtskapitals nicht vor der Liquidation des Unternehmens verlangt werden kann234. Diese Rechtsfolge könne sich aber nur dann aus § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ergeben, wenn dieser Regelung auch steuerbilanzielle Wirkung zukomme235. • Weiter sehe das Bundesfinanzministerium im BMF-Schreiben zur Zinsschranke236 Genussrechtskapital, welches nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt, im Zusammenhang mit den Regelungen der Zinsschranke in § 4 h EStG, § 8a KStG ausdrücklich als Kapitalzuführung an, welche steuerlich als Verbindlichkeit passivierungsfähig ist und ¢ unabhängig von der Dauer der Kapitalüberlassung ¢ nicht zum Eigenkapital gehöre, sodass Vergütungen auf das überlassene Kapital im Rahmen der Zinsschranke als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Hieran zeige sich, dass Steuerrecht und Bilanzrecht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unterschiedliche Kriterien für die Qualifikation von Eigenkapital hätten. Während handelsbilanziell bereits bei entsprechender inhaltlicher Änderung einer Verbindlichkeit Eigenkapital anzunehmen sei, werde aufgrund der Wertungen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG steuerlich das Eigenkapital durch eine solche Inhaltsänderung gerade nicht erhöht237. Im Ergebnis seien durch einen Debt-Mezzanine-Swap als Genussrechte ausgestaltete hybride Finanzierungsinstrumente steuerlich als „haftendes Fremdkapital“ anzusehen238, was im Übrigen steuerrechtlich keinen Fremdkörper darstelle. Steuerlich vergleichbar zur Kapitalüberlassung durch Genussrechte sei die Situation bei Erwerb eines Wirtschaftsgutes durch die Gesellschaft, bei dem als Gegenleistung eine Vergütung nur aus künftigen Gewinnen zu erbringen ist. In einem solchen Fall 232

Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 497. BMF-Schreiben vom 08. 12. 1986, IV B 7 – S 2742 – 26/86 = BB 1987, 667. 234 Dies ist nicht gänzlich unumstritten; so geht Roser, in: Gosch KStG, § 8 Rdn. 131, Stichwort „Genussrechte“, ¢ wenn auch ohne Begründung ¢ davon aus, dass Einzahlungen des Genussrechtsinhabers nicht als Einlagen, sondern als Fremdkapital zu qualifizieren sind. 235 Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115, 116. 236 BMF-Schreiben vom 04. 07. 2008, IV B 7 – S 2742-a/07/1001, BStBl. I 2008, 718 = GmbHR 2008, 887. 237 Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 497. 238 Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 498. 233

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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steht einer steuerlichen Passivierung als Verbindlichkeit generell § 5 Abs. 2a EStG entgegen, sodass die Aktivierung des Wirtschaftsgutes in der Handelsbilanz ein ertragswirksamer und somit Steuerpflichten auslösender Vorgang wäre. Dagegen spreche jedoch, dass die Entgegennahme von Kapital keinen Ertrag begründen könne, sondern einen erfolgsneutralen Finanzierungsvorgang darstelle239. Aus diesem Grund nimmt die überwiegende Meinung in einem solchen Fall eine erfolgsneutrale Bilanzverlängerung an, bei der dem Zugang des Wirtschaftsgutes auf der Aktivseite der Posten „haftendes Kapital“ auf der Passivseite gegenüberzustellen sei240. Die Ansicht der OFD Rheinland würde somit im Ergebnis bei einem DebtMezzanine-Swap nicht nur zu einem sanierungshemmenden Anfall eines steuerpflichtigen Ertrages führen, sondern auch der bisherige Handhabe durch die Finanzverwaltung entgegenstehen, welcher zu entnehmen sei, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG neben der Abziehbarkeit von auf Genussrechte geleisteten Vergütungen auch die steuerliche Bilanzierung im Hinblick auf das überlassene Kapital regele241. (4) Stellungnahme und Ergebnis Die überwiegende Literaturansicht versucht, argumentativ primär die bislang erfolgten Stellungnahmen des Bundesfinanzministeriums gegen die Ansicht der OFD Rheinland in Position zu bringen. Die Schlussfolgerung, die Finanzverwaltung habe bislang § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auch generell als Bilanzierungsvorschrift im Hinblick auf überlassenes Kapital angesehen, dürfte jedoch zu pauschal gefasst sein. Zum einen befassen sich die BMF-Schreiben zur Zinsschranke242 und zur steuerlichen Behandlung von Genussrechten243 vorrangig mit der Frage der Abziehbarkeit der auf Genussrechtskapital geleisteten Vergütungen. Zum anderen betrifft der ins Feld geführte Vergleichsmaßstab, ob Genussrechte die Steuerkraft des Unternehmens in gleicher Weise belasten wie Stamm- oder Grundkapital (sogenannter Belastungsvergleich), lediglich die von der Rechtsprechung des RFHs244 und BFHs245 entwickelten Kriterien, in welchen Fällen eine Beteiligung am Liquidationserlös nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG anzunehmen ist246. Allerdings ist der überwiegenden

239

Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 104 f., § 4 V. 1. c). Weber-Grellet, in: Schmidt-EStG, § 5 Rdn. 315; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 113 f., § 4 V. 4. 241 Günkel, JbFStR 2011/2012, 824, 827 f.; Breuninger/Ernst, GmbHR 2012, 494, 497. 242 BMF Schreiben vom 04. 07. 2008, IV C 7 – S 2742-a/07/10001 = GmbHR 2008, 887. 243 BMF Schreiben vom 08. 12. 1986, IV B 7 – S 2742 – 26/86 = BB 1987, 667. 244 RFH, Urteil vom 17. 04. 1934 – I A 316/32, RFHE 36, 43 = RStBl. 1934, 773; RFH, Urteil vom 28. 04. 1936 – I A 19/36, RFHE 39, 219. 245 BFH, Urteil vom 28. 06. 1960 – I 85/60, HFR 1961, 13 = AG 1961, 54. 246 Eine Beteiligung am Liquidationserlös liegt nach den vorgenannten Entscheidungen des RFHs und BFHs auch ohne eine Beteiligung an den stillen Reserven dann vor, wenn eine Rückzahlung des Genussrechtskapitals nicht vor der Liquidation des Unternehmens verlangt werden kann. 240

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Literaturansicht unabhängig von der gewählten Argumentation in ihrem Ergebnis beizupflichten, dass der Ansicht der OFD Rheinland nicht gefolgt werden kann. Zunächst ist die Analyse der überwiegenden Literaturmeinung als zutreffend anzusehen, dass sich durch die Umwandlung einer regulären Verbindlichkeit in ein hybrides Finanzierungsinstrument, welches nicht unter § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG fällt, nicht die Steuerkraft des Unternehmens erhöht, da eine wirtschaftliche Belastung weiterhin besteht. Aus Sicht der betroffenen Gesellschaft ändert sich an der wirtschaftlichen Belastung auch nicht etwa deshalb etwas, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung von Genussrechtskapital im Verhältnis zu anderen Gläubigern nachrangig gestellt wird. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Leistungsfähigkeit der Schuldnergesellschaft bei der Umwandlung in ein hybrides Finanzierungsinstrument aufgrund der Verpflichtung zur Rückzahlung des Genussrechtskapitals nicht erhöht, wie beispielsweise bei einem Forderungsverzicht oder einem Debt-Equity-Swap, die beide den Wegfall von bislang bestehenden Verpflichtungen der Gesellschaft zur Folge haben. Zudem stehen der von der OFD Rheinland vertretenen Ansicht auch gewichtige systematische Erwägungen entgegen. Danach würde das durch einen Debt-Mezzanine-Swap geschaffene Genussrechtskapital einerseits ¢ verbunden mit den dargestellten negativen Steuerfolgen ¢ steuerbilanziell als Eigenkapital der Gesellschaft behandelt. Andererseits wären auf das Genussrechtskapital zu zahlende Vergütungen ¢ im Rahmen der Zinsschranke ¢ als Aufwand steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben der Kapitalgesellschaft im Sinne von § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 4 EStG. Dies wäre jedoch eine völlig ungewöhnliche und systemwidrige Behandlung von steuerbilanziellem Eigenkapital. Hierdurch würden im Ergebnis wesentliche steuerrechtliche Ordnungsmerkmale verwischt, was abzulehnen ist. Nur soweit man der vorangehend vertretenen Auffassung folgt, dass durch die Umwandlung einer regulären Verbindlichkeit in Genussrechtskapital kein handelsbilanzielles Eigenkapital geschaffen werden kann (siehe oben, Ziffer aa)), wäre die Heranziehung des Maßgeblichkeitsprinzips durch die OFD Rheinland schlüssig und ohne Widersprüchlichkeiten vertretbar247. Dagegen gründet die Ansicht der OFD Rheinland auf dem Ausgangspunkt der überwiegenden Literaturmeinung, dass es sich bei Genussrechtskapital, welches den Anforderungen der Verlautbarung des IDW entspricht, um handelsbilanzielles Eigenkapital handelt. Auch wenn die besseren Gründe gegen die Ansicht der OFD Rheinland sprechen, kann diese für die Sanierungspraxis nicht außer Acht gelassen werden. Unter Berücksichtigung der von der OFD Rheinland geäußerten Auffassung gibt es nach meiner Einschätzung zurzeit folgende gangbare Möglichkeiten für die handels- und steuerbilanzielle Behandlung von Genussrechten, mit denen sich das Risiko eines Anfalls von steuerpflichtigem Sanierungsgewinn bei der Umwandlung einer Verbindlichkeit in Genussrechtskapital vermeiden lässt: 247 Vom Ausgangspunkt der Qualifikation von Genussrechtskapital als handelsbilanzielles Fremdkapital geht ebenso Groh unter Heranziehung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes davon aus, dass es sich bei Genussrechtskapital auch steuerlich um Fremdkapital handelt, Groh, BB 1995, 559, 560.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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• Soweit zu schaffendes Genussrechtskapital ¢ den Kriterien des IDW und der gängigen Bilanzierungspraxis folgend ¢ handelsbilanziell als Eigenkapital ausgewiesen werden soll, ist es generell angezeigt, vorab eine verbindliche Auskunft nach § 89 AO über die steuerbilanzielle Behandlung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt einzuholen248. Hierdurch kann Rechtssicherheit erlangt werden, ob ein Debt-Mezzanine-Swap steuerneutral durchführbar ist. Soweit das Betriebsstättenfinanzamt der OFD Rheinland nachgeordnet ist, hat ein solches Vorgehen ¢ aufgrund der in der Kurzinformation verlautbarten Rechtsansicht ¢ allerdings keine Aussicht auf Erfolg. Zudem sind grundsätzlich bei der Einholung einer verbindlichen Auskunft die hierfür erforderliche Zeitdauer und die anfallenden Kosten zu beachten, die sich negativ auf die Erfolgsaussichten einer Sanierung auswirken können. • Soweit eine verbindliche Auskunft negativ ausfallen sollte oder die Einholung einer verbindlichen Auskunft in besonders zeitkritischen Sanierungssituationen nicht in Frage kommt sowie bei Zuständigkeit eines der OFD Rheinland nachgeordneten Betriebsstättenfinanzamts, sollte das Genussrechtskapital in der Handelsbilanz nicht als Eigenkapital, sondern nach § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB in einem neuen Posten unter den Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Auf diesem Weg werden auch für den Fall einer Anwendung des Maßgeblichkeitsprinzips der Handels- für die Steuerbilanz durch die Finanzverwaltung ¢ sowie in Übereinstimmung mit der vorliegend vertretenen Auffassung zur generellen Behandlung von Genussrechtskapital als Fremdkapital ¢ der Anfall eines Sanierungsgewinns und damit negative Steuerfolgen ausgeschlossen. Die Anerkennung als handelsbilanzielles Fremdkapital kann in den Genussrechtsbedingungen dadurch abgesichert werden, dass die Anforderungen an eine „langfristige Kapitalüberlassung“ nach Maßgabe der IDW-Verlautbarung und der dieser folgenden Bilanzierungspraxis unterschritten werden (bspw. durch die Vereinbarung einer Laufzeit von vier Jahren). Während sich aufgrund des Nachrangs von Genussrechtskapital eine insolvenzrechtliche Überschuldung i. S. d. § 19 Abs. 2 InsO unabhängig von einem Ausweis als Eigen- oder Fremdkapital in der Handelsbilanz ausräumen oder vermeiden lässt, erhöht sich bei einem Ausweis als Fremdkapital dagegen nicht die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft, sodass die Einhaltung von gegebenenfalls in Finanzierungsvereinbarungen enthaltenen Mindesteigenkapitalkennzahlen („financial covenants“) weiter gefährdet bleiben kann. Die wesentlichen Gläubiger werden aber ohnehin in die vorinsolvenzlichen Sanierungsverhandlungen mit einzubeziehen sein, sodass mit diesen über einen Verzicht auf die Ausübung ihres Kündigungsrechts bei Unterschreiten der bislang vereinbarten Mindesteigenkapi248 Die Reichweite der Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO wird durch § 89 Abs. 2 Satz 4 AO i. V. m. § 2 Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) und den Anwendungserlass zur Abgabenordnung 1977 (AEAO) zu § 89, Nr. 3.6.6., konkretisiert.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

talausstattung der Schuldnergesellschaft in der konkreten Krisensituation verhandelt werden kann249. b) Auswirkungen und Risiken des Debt-Mezzanine-Swaps aa) Zustimmung und Bezugsrecht der Gesellschafter Die Umwandlung von bestehenden Forderungen gegen eine Gesellschaft in ein hybrides Finanzierungsinstrument wie Genussrechtskapital erfordert den Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit den beteiligten Gläubigern. Zuständig für den Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen ist der Vorstand oder die Geschäftsführung der Gesellschaft. Bei der AG ist für die Gewährung von Genussrechten nach § 221 Abs. 3, Abs. 1 AktG ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals erforderlich. Ebenfalls möglich ist ein den Vorstand zur Ausgabe von Genussrechten ermächtigender Beschluss entsprechend § 221 Abs. 2 AktG für die Dauer von maximal fünf Jahren250. Weiter steht den Aktionären nach § 221 Abs. 4 AktG ein Bezugsrecht entsprechend § 186 AktG zu. Ein Bezugsrechtsausschluss ist dabei unter den gleichen formellen Voraussetzungen wie bei einer Kapitalerhöhung möglich251, während die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses bei Genussrechten gegenüber jenen bei einer Kapitalerhöhung herabgesetzt sind, soweit das Genussrechtskapital keine überzogene Verzinsung aufweist oder einen nur unwesentlichen Eingriff in die mitgliedschaftliche oder vermögensrechtliche Stellung der Aktionäre bedeutet252. Obwohl Genussrechte im GmbH-Recht keine Regelung erfahren haben, ist die Gewährung von Genussrechten auch der GmbH möglich253. Die bei der Begebung von Genussrechtskapital zu beachtenden Anforderungen sind mangels gesetzlicher Regelung weiter gehend als bei der AG umstritten. So besteht in der Literatur beispielsweise Uneinigkeit darüber, in welchen Fällen Genussrechtsvereinbarungen einer satzungsgemäßen Grundlage bedürfen und unter welchen Umständen und mit welcher Mehrheit es einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung 249

Sollen durch einen Debt-Mezzanine-Swap Genussrechte geschaffen werden, die nach dem Vorstehenden nicht als Eigenkapital bilanziert werden können oder sollen, so kann zur Abwendung von auf „financial covenants“ basierenden Kündigungsmöglichkeiten alternativ versucht werden, mit Kreditgebern über eine Hinzurechnung von als Fremdkapital ausgewiesenem Genussrechtskapital zum Eigenkapital i. S. d. bislang vereinbarten Mindesteigenkapitalausstattung zu verhandeln. 250 Nach BGH, Urteil vom 26. 09. 1994 – II ZR 236/93, NJW 1995, 260, findet § 221 Abs. 2 AktG trotz des fehlenden Verweises in § 221 Abs. 3 AktG auch auf Genussrechte Anwendung. 251 Zum Bezugsreschtsausschluss vgl. unten, 3. Kapitel, I. 3. 252 Nach BGH, Urteil vom 09. 11. 1992 – II ZR 230/91, BGHZ 120, 141 = NJW 1993, 400, richten sich die Anforderungen an die sachliche Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses nach der Ausgestaltung des Genussrechts im Einzelfall. Im Einzelnen hierzu Seiler, in: Spindler/Stilz-AktG, § 221 Rdn. 122 ff. 253 Weller, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 13 Rdn. 7; Altmeppen, in: Roth/AltmeppenGmbHG, § 14 Rdn. 11; Seibt, in: Scholz-GmbHG, § 14 Rdn. 67 ff.

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bedarf254. Umstritten ist auch, ob den GmbH-Gesellschaftern bei der Ausgabe von Genussrechten ein Bezugsrecht analog § 221 Abs. 4 AktG zusteht, wobei die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur ein Bezugsrecht zutreffend ablehnt255. bb) Risiko des Rangverlusts von fortbestehenden Forderungen? Gläubiger von Fremdkapitalverbindlichkeiten, welche in einer Krise der Schuldnergesellschaft einen Teil ihrer Forderungen im Rahmen eines Debt-Mezzanine-Swap in Genussrechte umtauschen, werden hinsichtlich der in Genussrechtskapital umgewandelten Forderungen nachrangige Insolvenzgläubiger, welche im Rang nach sämtlichen anderen Gläubigern der Gesellschaft stehen. In der Literatur wird hierzu erörtert, ob bei teilweise bestehen bleibenden Forderungen oder neu gewährten Darlehen eines Genussrechtinhabers solche Forderungen bei Scheitern der Sanierungsbemühungen in einer Folgeinsolvenz nur nachrangige Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind256. Soweit Genussrechtsgläubiger ¢ wie in der Regel ¢ keine Gesellschafter sind, scheidet eine Qualifikation fortbestehender oder neubegründeter Forderungen als Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5, 1. Alt. InsO aus. In Betracht käme dagegen eine Forderung aus einer Rechtshandlung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5, 2. Alt. InsO, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht. Genussrechtskapital entspräche unter dem Gesichtspunkt einer vereinbarten gewinnabhängigen Vergütung und Verlustteilnahme wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen. Da § 39 Abs. 1 Nr. 5, 2. Alt. InsO in seinem Anwendungsbereich nicht auf die Finanzierung durch Gesellschafter begrenzt ist257, spräche für eine wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen entsprechende Mittelüberlassung, dass der Genussrechtsinhaber ¢ gleich einem Gesellschafter ¢ lediglich eine gewinnabhängige Verzinsung des überlassenen Kapitals zu erwarten hat258 und insofern eine gleichgerichtete Interessenlage wie bei einem Gesellschafter vorliegt259. Hiergegen spricht jedoch bereits, dass von Gesellschaftern gewährte Fremdkapitaldarlehen gerade nicht typischerweise dadurch gekennzeichnet sind, dass für diese eine gewinnabhängige Verzinsung oder gar eine Verlustteilnahme vereinbart wird, sodass dies im Vergleich mit Genussrechten von Nichtgesellschaftern kein taugliches Qualifikationskriterium darzustellen vermag. Richtigerweise ist nach eigenständigen gesellschaftsrechtlichen Prinzipien zu entscheiden, unter welchen Umständen die Rechtshandlung eines Dritten einer Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entspricht260. Somit ist insbesondere danach zu differenzieren, ob der bisherige Gläubiger durch eine 254 255 256 257 258 259 260

Hierzu Seibt, in: Scholz-GmbHG, § 14 Rdn. 69 ff. Seibt, in: Scholz-GmbHG, § 14 Rdn. 72. Budde, ZInsO 2010, 2251, 2272 m. w. N. Bäuerle, in: Braun-InsO, § 39 Rdn. 15; Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 40. Weitnauer, BKR 2009, 18, 23. Mock, DStR 2008, 1645, 1647; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2148. Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 40.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Umwandlung seiner Forderung in Genussrechte gesellschafterähnliche Einwirkungsmöglichkeiten erlangt261. Dies kann der Fall sein, soweit dem Genussrechtsinhaber umfassende Informations-, Einsichts- und Kontrollbefugnisse eingeräumt werden, welche es ihm ermöglichen, die Geschicke der Gesellschaft, ähnlich einem Gesellschafter, mitzubestimmen262. Dies ist jedoch nicht bereits dann der Fall, wenn dem Genussrechtsinhaber Kontrollrechte eingeräumt werden, die jenen eines Kommanditisten oder typischen stillen Gesellschafters nach §§ 166, 233 HGB vergleichbar sind263. Diese Rechte sind zur effektiven Kontrolle der von der Gesellschaft ausgewiesenen Gewinne oder Verluste erforderlich, nach denen sich die Gewinn- oder Verlustbeteiligung des Genussrechtsinhabers bemisst, und nicht etwa für eine gesellschaftergleiche Einflussnahme auf die Gesellschaft. Ebenso wenig weiß die teilweise vertretene Auffassung zu überzeugen, die Inhaber von Wandelgenussrechten264 als (zukünftige) Gesellschafter behandelt und deren bestehen bleibende oder neu begründete Darlehensforderungen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterwerfen will265. Vor Ausübung eines dem Genussrechtsinhaber zustehenden Wandlungs- oder Optionsrechts ist es gerade unsicher und allein von dessen Willensausübung abhängig, ob er eine Stellung als Gesellschafter einnehmen wird oder nicht266. Erst mit Ausübung eines Wandlungs- oder Optionsrechts unterliegen ansonsten bestehen bleibende oder neu begebene Darlehen dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Soweit die Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 oder Abs. 5 InsO gegeben sind, greifen dann zugunsten des Neugesellschafters im Gegenzug aber auch das Kleinbeteiligungs- und das Sanierungsprivileg ein267. cc) Marginalisierte Position von Genussrechtskapitalgläubigern im Insolvenzverfahren Durch die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Genussrechtskapital begeben sich die Gläubiger im Fall einer Insolvenz mit ihren Ansprüchen in die Position eines nachrangigen Insolvenzgläubigers nach §§ 19 Abs. 2 Satz 2, 39 Abs. 2 InsO. Forderungen aus Genussrechtskapital stehen daher im Rang hinter sämtlichen Forderungen anderer Gläubiger und haben nur in dem unwahrscheinlichen Fall Aussicht 261

Neuhof, NJW 1998, 3225, 3233. Nach der Rechtsprechung des BGHs kann beispielsweise einem „atypischen“ Pfandgläubiger am Anteil eines Gesellschafters oder einem Treuhänder eine gesellschafterähnliche Stellung zukommen, BGH, Urteil vom 13. 07. 1992 – II ZR 251/91, BGHZ 119, 191 = NJW 1992, 3035; BGH, Urteil vom 19. 09. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 = NJW 1988, 3143. 263 So aber Krolop, GmbHR, 2009, 397, 404. 264 Zu Wandelgenussrechten sogleich, 2. Kapitel, IV. 3. b) dd) sowie 3. Kapitel, III. 3. c) ee). 265 So Neuhof, NJW 1998, 3225, 3233; Kiethe, DStR 2006, 1763, 1768; Krolop, GmbHR, 2009, 397, 403. 266 Wellensiek/Flitsch, in: Festschrift Lüer, 2008, 497, 508. 267 Hirte, in: Uhlenbruck-InsO, § 39 Rdn. 68. 262

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auf (teilweise) Rückzahlung des Genussrechtskapitals, wenn alle vorrangigen Gläubiger vollumfänglich befriedigt werden können. Mit dieser materiell-rechtlich schwachen Gläubigerposition geht eine entsprechend marginalisierte verfahrensrechtliche Stellung als nachrangige Gläubiger im Insolvenzverfahren einher, welche das Risiko eines Totalverlusts des überlassenen Genussrechtskapitals in der Insolvenz zusätzlich verdeutlicht: • Die Forderungen nachrangiger Gläubiger sind bereits nur dann beim Insolvenzverwalter anzumelden, soweit das Insolvenzgericht gesondert zur Anmeldung dieser Forderungen auffordert, § 174 Abs. 3 InsO. • Im regulären Insolvenzverfahren sind nachrangige Gläubiger nicht stimmberechtigt, § 77 Abs. 1 Satz 2 InsO. Auch im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens sind die nachrangigen Gläubiger regelmäßig nicht stimmberechtigt, da für nachrangige Gläubiger nach § 222 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsO bereits keine Beteiligtengruppe zu bilden ist, soweit (was die Regel ist) deren Forderungen nach § 225 InsO als erlassen gelten sollen. Nach §§ 243, 244 InsO nehmen an Abstimmungen aber nur die gebildeten Gruppen teil268, sodass den nachrangigen Genussrechtsgläubigern im Ergebnis kein Stimmrecht zukommt269. dd) Sachkapitalaufbringungsvorschriften und Differenzhaftungsrisiko bei durch Debt-Mezzanine-Swap geschaffenen Wandelgenussrechten Bei der Ausgabe von Genussrechten im Rahmen eines Debt-Mezzanine-Swaps besteht für die emittierende Gesellschaft die Möglichkeit, diese mit einem Wandlungs- oder Optionsrecht in Aktien oder Geschäftsanteilen zu verbinden, woraus sich die Bezeichnungen Wandel- und Optionsgenussrechte ergeben. Dabei gewähren Wandelgenussrechte dem Inhaber das Recht, zu einem späteren Zeitpunkt statt der Rückzahlung des Anleihebetrags die Zuteilung von jungen Aktien verlangen zu können270. Dagegen verleiht ein Optionsgenussrecht dem Inhaber grundsätzlich das Recht zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen gegen gesonderte Einlageleistung in bar und somit unabhängig von dem Anspruch des Inhabers auf Rückzahlung des 268

Lüer, in: Uhlenbruck-InsO, § 246 Rdn. 3. Voraussetzung für ein Stimmrecht nachrangiger Gläubiger im Insolvenzplanverfahren nach §§ 237 Abs. 1 Satz 1, 77 Abs. 1 Satz 1 InsO wäre zunächst die Aufforderung des Insolvenzgerichts zur Anmeldung nachrangiger Forderungen nach § 174 Abs. 3 InsO. Weiter müsste für eine Gruppenbildung nach § 222 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsO vorgesehen sein, dass die Forderungen der nachrangigen Gläubiger ¢ entgegen § 225 Abs. 3 InsO ¢ durch den Insolvenzplan zumindest teilweise berichtigt werden sollen. Selbst wenn im Ausnahmefall den nachrangigen Insolvenzgläubigern ein Stimmrecht zusteht, so unterliegen diese nicht nur dem allgemeinen Obstruktionsverbot des § 245 InsO, sondern auch den weiteren Zustimmungsfiktionen des § 246 InsO. 270 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 23; Habersack, in: MüKo-AktG, § 221 Rdn. 30. 269

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überlassenen Genussrechtskapitals271. Zur Erfüllung der schuldrechtlichen Verpflichtung der Gesellschaft, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien oder Geschäftsanteile an die Wandel- oder Optionsgenussrechtsinhaber auszugeben, ist die Schaffung von bedingtem oder genehmigtem Kapital erforderlich. Bei der AG stehen zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten für Wandelschuldverschreibungen nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG beide Möglichkeiten zur Verfügung. Bei der GmbH eröffnet der im Jahr 2008 durch das MoMiG272 geschaffene § 55a GmbHG die Möglichkeit, genehmigtes Kapital zum Zweck der Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten für Wandelschuldverschreibungen zu schaffen. Während Umtauschund Bezugsrechte von Wandel- und Optionsgenussrechtsinhabern im Aktienrecht bei Schaffung von bedingtem Kapital durch § 192 Abs. 4 AktG abgesichert werden, welcher einen Aufhebungsbeschluss verhindert, besteht im GmbH-Recht bei genehmigtem Kapital das Risiko eines Aufhebungsbeschlusses, mit welchem das Bezugsrecht der Wandel- oder Optionsgenussrechtsinhaber unterlaufen werden könnte273. Besonderes Augenmerk gilt jedoch der Frage, inwieweit bei Ausübung eines Wandlungsrechts die Sacheinlagevorschriften zur Anwendung gelangen und sich hieraus für den bisherigen Wandelgenussrechtsinhaber ein Differenzhaftungsrisiko ergeben kann274. Ausgangspunkt ist die aktienrechtliche Regelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG, welcher die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien für den Fall der Unterlegung mit bedingtem Kapital von den Sacheinlagevorschriften ausnimmt. Dementsprechend knüpft § 199 Abs. 2 AktG als Kriterium für die Kapitalaufbringung allein an die Höhe des Ausgabebetrags der gewandelten Anleihe an. Da somit der Wert der Anleiheforderung zum Zeitpunkt des Tausches in Anteile an der Gesellschaft nicht maßgeblich ist, bleiben gegebenenfalls eingetretene Wertminderungen der Anleiheforderung zwischen Emission der Anleihe und Ausübung des Wandlungsrechts unbeachtlich275. Durch diese Regelung wird die Funktionsfähigkeit des Instruments der Wandelanleihe dahingehend abgesichert, dass sich deren Inhaber auf das bei Ausgabe der Schuldverschreibung gegen Barzahlung vereinbarte Umtauschverhältnis ¢ ungeachtet etwaiger später eintretender Wertminderungen der Forderung ¢ verlassen kann. Bei der AG ist die Regelung der §§ 192 Abs. 1 Nr. 1, 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf die Emission von Wandelgenussrechten jedenfalls dann entsprechend anwendbar, 271

Stegemann, INF 2005, 145, 146. Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 273 Zum Risiko eines Aufhebungsbeschlusses und den (begrenzten) Möglichkeiten zur Sicherung des Bezugsrechts, Helmreich, GWR 2011, 561, 562. 274 Bei Optionsgenussrechten werden bei Ausübung des Bezugsrechts junge Aktien oder Geschäftsanteile in der Regel gegen Bareinlage erworben, sodass sich die Frage nach der Anwendbarkeit von Sacheinlagevorschriften und Differenzhaftung dann nicht stellt, vgl. v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 7. 275 Helmreich, GWR 2011, 561, 562. 272

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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soweit für das Genussrecht keine Verlustteilnahme vereinbart wurde und somit für den Inhaber ein verlustunabhängiger Anspruch auf Rückzahlung eines festen Geldbetrags besteht276. Nach vorzugswürdiger differenzierender Auffassung kommen auch bei Wandelgenussrechten mit vereinbarter Verlustteilnahme nicht die Sacheinlagevorschriften, sondern die §§ 192 Abs. 1 Nr. 1, 194 Abs. 1 Satz 2 AktG zur Anwendung, soweit zum Wandlungszeitpunkt der Rückzahlungsanspruch nicht teilweise durch tatsächlich eingetretene Verluste vermindert worden ist277. Teilweise wird eine Wandlung entsprechend § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG ohne Beachtung der Sacheinlagevorschriften für möglich gehalten, selbst wenn der Rückzahlungsanspruch des Wandlungsberechtigten durch eine Teilnahme an tatsächlich eingetretenen Verlusten vermindert ist278. Dagegen wird vorgebracht, dies komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das überlassene Genussrechtskapital als handelsbilanzielles Eigenkapital behandelt wurde. In diesem Fall sei die Verlusttragungsfähigkeit des so ausgewiesenen Eigenkapitals bereits durch die Teilnahme an den angelaufenen Verlusten ausgeschöpft und könne daher bei Umwandlung in Gesellschaftsanteile die Eigenkapitalfunktion als „Verlustpuffer“ nicht erneut erfüllen279. Entscheidend scheint mir jedoch gegen eine Umwandlung ungeachtet eingetretener Verluste zu sprechen, dass dem Genussrechtsgläubiger durch die Beteiligung an den Verlusten zumindest teilweise kein Anspruch mehr auf Rückzahlung der überlassenen Geldmittel zusteht. Es fehlt in Höhe der Verlustteilnahme an einer wandelbaren schuldrechtlichen Forderung. Dies stellt gerade den Unterschied zu einer Wandelanleihe ¢ und im Übrigen auch zum Debt-Equity-Swap ¢ dar, bei welcher ein Rückzahlungsanspruch vor Wandlung schuldrechtlich ungeschmälert besteht und allenfalls dessen Werthaltigkeit (Bonitätsrisiko), nicht aber dessen Bestand (Verität der Forderung) in Frage steht. Ungeachtet einer gegebenenfalls vereinbarten Verlustbeteiligung findet § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf einen mit Wandlungsrecht kombinierten Debt-MezzanineSwap aber keine Anwendung, da hierbei die nachträgliche Umwandlung einer regulären Forderung in ein Wandelgenussrecht erfolgt280. In diesem Fall sind bei Ausübung des Wandlungsrechts die Sacheinlagevorschriften zu beachten281, da die 276 Lutter, in: KölKo-AktG, § 194 Rdn. 6; Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 4; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 11. Näher zur Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Wandelgenussrechte mit vereinbarter Verlustbeteiligung unten, 3. Kapitel, III. 3. c) ee). 277 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 11 ff. 278 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 11. 279 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 13. 280 Stegemann, INF 2005, 145, 146; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 8. Ob es in konkreten Fällen in der Praxis unter Verstoß gegen die Sacheinlagevorschriften zur Umwandlung von regulären Verbindlichkeiten in Wandelgenussrechte und einer späteren Umwandlung in Grundkapital gekommen ist, wurde in der Literatur kontrovers diskutiert, vgl. Meilicke, DB 1995, 1061; Marsch-Barner, DB 1995, 1497. 281 Das Schrifttum fordert unter Verweis auf § 195 Abs. 2 Nr. 1 AktG eine Sacheinlagenprüfung bezogen auf die Eintragung der bedingten Kapitalerhöhung, vgl. Fuchs, in: MüKo-

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG nach allgemeiner Ansicht unter der ungeschriebenen Voraussetzung steht, dass die Emission der Wandelanleihe oder des Wandelgenussrechts gegen Geldzahlung (und nicht gegen Sachleistung) erfolgt, da ansonsten die Sacheinlagevorschriften durch die Zwischenschaltung einer kurzfristigen Wandelanleihe problemlos umgangen werden könnten282. Auch im GmbHRecht sind bei einem mit Wandlungsrecht kombinierten Debt-Mezzanine-Swap die Sacheinlagevorschriften zu beachten283. Somit handelt es sich bei einem mit Wandlungsrecht versehenen Debt-Mezzanine-Swap um eine sogenannte Sachwandelanleihe („debt convertible bond swap“), bei der die Sacheinlagevorschriften zu beachten sind und im Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungsrechts nach Ansicht der Rechtsprechung und herrschender Meinung junge Aktien oder Geschäftsanteile nur im Umfang des noch werthaltigen Anteils des dem Wandlungsberechtigten zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals ausgegeben werden dürfen und daher zur Bestimmung der Werthaltigkeit der Forderungen eine Bewertung zu erfolgen hat, die bei der AG nach §§ 194 Abs. 4, 33 Abs. 3 – 5 AktG durch sachverständige Prüfer zu erfolgen hat284. Aus diesem Grund besteht bei Ausübung eines durch einen Debt-Mezzanine-Swap geschaffenen Wandlungsrechts bei einer Überbewertung der Einlageforderung für die bisherigen Genussrechtsinhaber das Risiko der Differenzhaftung nach §§ 56 Abs. 2, 9 Abs. 1 GmbHG, § 27 AktG i. V. m.

AktG, § 194 Rdn. 25; Lutter, in: KölKo-AktG, § 194 Rdn. 4. Zu Recht weisen v. Dryander/ Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 15, darauf hin, dass dies die Besonderheiten der Sachwandelanleihe unberücksichtigt lässt. In der Praxis erfolgt regelmäßig die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erst geraume Zeit nach der Eintragung des bedingten Kapitals aufgrund einer Ermächtigung des Vorstands nach § 221 AktG, sodass eine Sacheinlagenprüfung bei Eintragung des bedingten Kapitals gar nicht möglich ist, weshalb v. Dryander/Niggemann für eine Werthaltigkeitsprüfung zum Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung votieren. Nach meiner Einschätzung wäre dagegen eine Werthaltigkeitsprüfung zum Ausübungszeitpunkt des Wandlungsrechts zutreffend, da die Ausgabe der Bezugsaktien und damit die Erhöhung des Grundkapitals nach § 200 AktG erst mit der Ausübung des Wandlungsrechts überhaupt feststeht. 282 Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 31 f.; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 4; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 8. 283 Bei der GmbH wird man selbst bei einer originären Ausgabe von Wandelgenussrechten gegen Barzahlung, welche mit genehmigten Kapital nach § 55a GmbH unterlegt sind, von der Anwendung der Sacheinlagevorschriften auszugehen haben. Eine analoge Anwendung der §§ 194 Abs. 1 Satz 2, 199 Abs. 2 AktG ist bereits beim genehmigten Kapital der AG umstritten, sodass eine doppelt analoge Anwendung auf das genehmigte Kapital der GmbH methodisch nicht begründbar erscheint. So auch Helmreich, GWR 2011, 561, 562, der eine Anerkennung einer solchen doppelt analogen Anwendung durch die Rechtsprechung für unwahrscheinlich hält. 284 Für die GmbH verlangt das Gesetz in § 56 GmbHG keinen Sachkapitalerhöhungsbericht, weshalb ein solcher nach zutreffender Ansicht auch entbehrlich ist. Das Registergericht kann bei entsprechenden Anhaltspunkten für eine nicht unwesentliche Überbewertung der Einlage Nachweise zur Werthaltigkeit verlangen und ggf. sachverständige Prüfer mit der Wertermittlung der Einlage beauftragen. Zum Meinungsstand M. Arnold/Born, in: Bork/ Schäfer-GmbHG, § 56 Rdn. 8.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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§ 9 Abs. 1 GmbHG analog285. Ob in diesen Fällen allerdings der bislang feststehenden, herrschenden Meinung in Bezug darauf zu folgen ist, dass eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung lediglich zur Deckung von Grund- oder Stammkapital geeignet ist, soweit sie werthaltig ist, ist zentraler Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, dem im Gesamtsachzusammenhang im 3. Kapitel IV. nachgegangen wird. c) Fazit Ein Debt-Mezzanine-Swap dient durch die Umwandlung von regulären Verbindlichkeiten in Genussrechte zunächst der Insolvenzvermeidung, da die Genussrechte grundsätzlich nachrangig im Sinne der §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO ausgestaltet sind und somit in einem Überschuldungsstatus nicht zu berücksichtigen sind. Obwohl es der überwiegenden Ansicht in der Literatur sowie der Bilanzierungsund Prüfungspraxis der Wirtschaftsprüfer entspricht, dass Genussrechte bei Erfüllung der vom IDW aufgestellten Kriterien als handelsbilanzielles Eigenkapital behandelbar sind, ist dies nach vorzugswürdiger Ansicht abzulehnen. Danach bleibt es bei einer Umwandlung von regulären Verbindlichkeiten in Genussrechte bei der handelsbilanziellen Behandlung als Verbindlichkeiten. Nach der hier vertretenen Auffassung erhöht sich durch einen Debt-Mezzanine-Swap daher nicht die Eigenkapitalquote der Gesellschaft. Anderseits wird durch eine Fortführung der Bilanzierung von Genussrechten als Verbindlichkeiten bei einem Debt-Mezzanine-Swap sichergestellt, dass der Vorgang nicht erfolgswirksam ist und somit keine Steuerfolgen auslöst. Auch nach der überwiegenden Auffassung und Bilanzierungspraxis kommt es bei einem Debt-Mezzanine-Swap in den IDW-Kriterien entsprechenden Genussrechten nicht zum Anfall eines Sanierungsgewinns, da das Genussrechtskapital steuerbilanziell weiter als Verbindlichkeit zu behandeln sei. Diese unterschiedliche handels- und steuerbilanzielle Behandlung von entsprechend ausgestalteten Genussrechten wird nach dieser Ansicht durch die Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. KStG gewährleistet. Diese Ansicht ist inzwischen durch eine Kurzmitteilung der OFD Rheinland in die Defensive geraten. Diese vertritt darin die Auffassung, dass eine handelsbilanzielle Umqualifizierung einer Verbindlichkeit in Eigenkapital aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auch zur steuerbilanziellen Umqualifizierung in Eigenkapital führe. Danach käme es zum Anfall eines Sanierungsgewinns in Höhe der bisherigen Verbindlichkeiten, auf den die Erleichterungen des Sanierungserlasses des BMF aber keine Anwendung finden können. Auch wenn die Ansicht der OFD Rheinland aufgrund der oben dargelegten Gründe nicht zu überzeugen vermag, verdeutlicht die Auseinandersetzung, zu welchen Unsicherheiten die nach der überwiegenden Meinung mögliche hybride Strukturierung von Genussrechten als handelsbilanziellem Eigen- und steuerbilanziellem Fremdkapital führt. Soweit in der Sanierungspraxis der überwiegenden Auffassung folgend durch 285 Die analoge Anwendung der Differenzhaftung im Aktienrecht ist seit Langem anerkannt, zuletzt BGH, Urteil vom 06. 12. 2011 – II ZR 149/10 Babcock Borsig, BGHZ 191, 364 = DStR 2012, 251.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Genussrechte handelsbilanzielles Eigenkapital geschaffen werden soll, kann das Risiko der Verursachung negativer Steuerfolgen nur durch die vorherige Einholung einer verbindlichen Auskunft des zuständigen Betriebsstättenfinanzamts vermieden werden. Die bestehende Rechtsunsicherheit über die steuerliche Behandlung eines Debt-Mezzanine-Swaps in Genussrechte behindert somit die Eignung als innerhalb eines kurzen Zeitraums durchführbares Sanierungsinstrument.

4. Debt-Asset-Swap In der Literatur wird für Inhaber von Forderungen gegen Krisengesellschaften ein sogenannter Debt-Asset-Swap vorgeschlagen286. Im Gegensatz zum Debt-EquitySwap sollen hierbei Forderungen nicht in eine Beteiligung an der Schuldnergesellschaft umgewandelt, sondern unmittelbar Vermögensgegenstände des Darlehensnehmers gegen einen Forderungsverzicht erworben werden287. Zwar lässt sich ein solcher Debt-Asset-Swap als bilanzielles Sanierungsinstrument entsprechend der oben verwendeten Definition einordnen, da es bei der Schuldnergesellschaft zu keinem Mittelzufluss kommt und die Bilanz von den betreffenden Verbindlichkeiten entlastet wird. In Bezug auf die veräußerten Vermögensgegenstände steht der Entlastung auf der Passivseite allerdings ein wertmäßig entsprechender Abfluss an Aktiva des Anlage- oder Umfaufvermögens gegenüber, so dass es insoweit zu einer die Bilanzverkürzung kommt, die die Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft verringert. Zu einer höheren Entlastung von Passiva im Verhältnis zum Abfluss von Aktiva kommt es nur, soweit es bei der Übertragung von Anlagevermögen zu einer Aufdeckung von stillen Reserven kommt. Nur in diesem Fall kommt durch die bilanzielle Entlastung zu einer Erhöhung der Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft. Vermögensbezogen erbringt der Gläubiger aber auch in diesem Fall keinen der Gesellschaft zugute kommenden Sanierungsbeitrag, soweit er seine Forderungen über einen solchen Debt-Asset-Swap voll realisieren kann. Entsprechend wird der Vorgang in der Literatur als Möglichkeit für den Forderungsinhaber beschrieben, isoliert nur die interessanten Teile des Schuldnerunternehmens zu erlangen288. Eine solches „Rosinenpicken“ dürfte in einer Krisensituation der 286 Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1188; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 35 ff. 287 So Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1188. Eine bloße Eigentumsübertragung gegen Forderungsverzicht nach § 397 BGB ist aber aufgrund der fehlenden Gewährleistung für den Vermögensgegenstand für den Gläubiger ungünstig. Hinsichtlich der Gewährleistungsfrage kommen zivilrechtlich Konstruktion daher folgende Wege gangbar. Zunächst kommt eine Erfüllungsmodifikation durch eine Annahme des Vermögensgegenstands an Erfüllungs Statt nach § 364 Abs. 1 BGB in Betracht, was zu einer zum Kaufvertrag identischen Gewährleistung des Schuldners nach § 365 BGB führt. Gleiches gilt bei Erwerb im Rahmen eines Kaufvertrags nach §§ 433 ff. BGB bei dem die Kaufpreisforderung mit der gegen die Gesellschaft bestehenden Forderung nach §§ 387 ff. BGB aufgerechnet wird. 288 Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1188.

IV. Abgrenzung des Debt-Equity-Swaps zu anderen Sanierungsinstrumenten

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Schuldnergesellschaft aber regelmäßig nicht in Frage kommen, da die wesentlichen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens bereits zugunsten anderer Gläubiger sicherungsübereignet sind oder sich aufgrund Eigentumsvorbehalten nicht im Eigentum der Schuldnergesellschaft befinden. Sollten die Sanierungsbemühungen scheitern, besteht für die Gläubiger nach dem Erwerb von Vermögensgegenständen in einer Folgeinsolvenz der Schuldnergesellschaft zudem das Risiko einer asymmetrischen Rückabwicklung des Debt-Asset-Swap infolge einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter289. Sollen die im Rahmen eines Debt-Asset-Swap übertragenen Vermögensgegenstände weiter von die Schuldnergesellschaft genutzt werden, so wird die Liquidität der Gesellschaft zusätzlich durch den für die Gebrauchsüberlassung zu entrichtenden Mietzins belastet, was für eine sich in einer wirtschaftlichen Krise befindlichen Gesellschaft, die einen rückläufigen Mittelzufluss ausgesetzt ist, besonders problematisch ist. Im Gegensatz zum Debt-Equity-Swap kommt es beim Debt-Asset-Swap zu keiner Veränderung des Eigenkapitals und insbesondere zu keinem Beteiligungserwerb von Gläubigern an der Schuldnergesellschaft. Aufgrund der eingeschränkten Sanierungswirkungen eines Debt-AssetSwaps und den einer Durchführung in der Praxis regelmäßig entgegenstehenden Problemen, wird dieses Sanierungsmaßnahme hier nicht weiter vertieft. 5. Aufkauf von Verbindlichkeiten (Debt-Buy-Back) Mit einem sogenannten Debt-Buy-Back verfolgt die Schuldnergesellschaft das Ziel, gegen sich gerichtete Forderungen im Sekundärmarkt unter dem Nominalwert zu erwerben. Voraussetzung für einen Debt Buyback ist die Zulässigkeit nach dem Darlehensvertrag. Sind keine Restriktionen vereinbart, ist der Ankauf eigener Verbindlichkeiten zulässig. Soweit den Darlehen die Musterverträge der Loan Market Association (LMA) zugrunde liegen, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an. In Kreditverträgen, die vor Mai 2008 geschlossen wurden, ist grundsätzlich keine solche Beschränkung enthalten. Seit Mai 2008 sieht das LMA Leveraged Finance Facility Agreement dagegen ein Verbot des Debt Buyback oder Einschränkungen hierfür vor290. Auf diese Weise aufgekaufte und an die Gesellschaft abgetretene Forderungen erlöschen bei der Gesellschaft im Wege der Konfusion und führen durch den Wegfall 289 Das Risiko einer asymmetrischen Rückabwicklung im Fall einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung besteht darin, dass die vom insolvent gewordenen Veräußerer übertragenen Vermögensgegenstände nach § 143 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse zurückfallen, während der Gegenanspruch auf Kaufpreisrückgewähr grundsätzlich nur den Rang einer regulären Insolvenzforderung nach § 38 InsO hat und somit weitgehend wertlos sein wird. Allerdings führt die Insolvenzanfechtung nach § 144 Abs. 1 InsO auch zum Wiederaufleben der ursprünglichen Gläubigerforderung, so dass der Gläubiger sich im Ergebnis in einer vergleichbaren Lage befindet, als wäre es ohne die Maßnahme zur Insolvenz der Schuldnergesellschaft gekommen, vgl. hierzu Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 41. 290 v. Ilberg/Tschesche, BB 2010, 259.

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

der Verbindlichkeit zu einer Entlastung der Passivseite der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus. In Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis der Forderung und dem passivierten Erfüllungsbetrag nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB entsteht ein steuerpflichtiger außerordentlicher Ertrag291. Im Einzelnen besteht hinsichtlich des Erwerbs von Forderungen eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten. Im Unterschied zu den vorstehend erörterten bilanziellen Sanierungsinstrumenten – und auch im Unterschied zu dem im dritten Kapitel untersuchten Debt-Equity-Swap – erfordert der Aufkauf von Verbindlichkeiten den Einsatz liquider finanzieller Mittel und unterscheidet sich somit wesentlich von den hier im Blickpunkt stehenden bilanziellen Sanierungsinstrumenten, weshalb von einer weiter gehenden Erörterung des Debt-Buy-Backs abgesehen wird292. 6. Fazit Durch die vorstehende Untersuchung der verschiedenen bilanzbezogenen Sanierungsinstrumente werden einerseits Unterschiede im Vergleich zum Debt-EquitySwap, andererseits auch Übereinstimmungen deutlich. Während durch einen Rangrücktritt lediglich die Beseitigung der Passivierung der Forderung im Überschuldungsstatus erreicht wird, entfällt die Forderung sowohl bei einem DebtEquity-Swap als auch bei einem Forderungsverzicht. Während die Forderung bei einem Debt-Equity-Swap endgültig entfällt, besteht bei einem Forderungsverzicht die Möglichkeit, dass die Forderung wiederauflebt, wenn dies für den Besserungsfall vereinbart wurde und dieser eintritt. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur und Handhabe in der Bilanzierungspraxis kann durch einen Debt-Mezzanine-Swap Genussrechtskapital geschaffen werden, welches handelsbilanzielles Eigenkapital darstellt. Dagegen kann nach der vorzugswürdigen Gegenauffassung die Bilanzierung von Genussrechtskapital nur als Fremdkapital erfolgen. Soweit man der Bilanzierungspraxis folgt, entsteht bei durch einen Debt-Mezzanine-Swap geschaffenem Eigenkapital ¢ im Gegensatz zum Debt-Equity-Swap ¢ jedenfalls kein gezeichnetes Kapital. Im Unterschied zum Debt-Equity-Swap besteht zudem grundsätzlich weiter eine schuldrechtliche Forderung des Genussrechtsinhabers auf Rückzahlung des an die Gesellschaft überlassenen Kapitals. Obwohl einem Genussrechtsinhaber in der Regel ein gewisses Maß an Informations- und Kontrollrechten eingeräumt wird, unterscheidet sich ein Debt-Equity-Swap von allen anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten dadurch, dass nur dieser dem bisherigen Fremdkapitalgläubiger eine vollwertige mitgliedschaftliche Beteiligung als Aktionär oder Gesellschafter verleiht. Die verschiedenen steuerrechtlichen Auswirkungen und Problemstellungen bei der Verwendung der unterschiedlichen Sanierungsinstrumente geben Auskunft darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen diese in der Sanierungspraxis rechtssicher anwendbar sind. Eine Vergleichsmöglichkeit mit 291

Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1190; v. Ilberg/Tschesche, BB 2010, 259, 261. Zum Debt Buyback, vgl. Budde, ZInsO 2010, 2251, 2273. Die steuerlichen Auswirkungen beleuchten v. Illberg/Tschesche, BB2010, 259 ff. 292

V. Zusammenfassung

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den steuerrechtlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps ergibt sich aber erst in der Zusammenschau mit der näheren Untersuchung des Debt-Equity-Swaps und seiner steuerrechtlichen Auswirkungen im 3. Kapitel VII.

V. Zusammenfassung Im zweiten Kapitel wurden einführend der Untersuchungsgegenstand des DebtEquity-Swaps als Sanierungsinstrument für Kapitalgesellschaften eingegrenzt sowie der Begriff und die klassische Strukturierung des Debt-Equity-Swaps erläutert. Anschließend wurden die unterschiedlichen Sanierungsmöglichkeiten übergeordneten Kategorien zugewiesen und der Debt-Equity-Swap als bilanzielles Sanierungsinstrument identifiziert. Darauf aufbauend erfolgte in Abgrenzung zum DebtEquity-Swap die Behandlung anderer bilanzieller Sanierungsinstrumente im Einzelnen. Die Untersuchungen von Rangrücktritt, Forderungsverzicht und DebtMezzanine-Swap haben Unterschiede zum und Übereinstimmungen mit dem Debt-Equity-Swap aufgezeigt. Im Zentrum stand dabei ein Vergleich der unterschiedlichen Wirkungen der verschiedenen Sanierungsinstrumente auf die Verschuldungssituation der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang wurden die unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen herausgestellt. In einer Krisensituation geht es folglich zunächst um die Frage der Tauglichkeit einer Sanierungsmaßnahme zur Insolvenzvermeidung. Diesbezüglich ist entscheidend, ob die betreffenden Verbindlichkeiten nach Durchführung einer Maßnahme nach §§ 19 Abs. 2, 39 Abs. 2 InsO in einem Überschuldungsstatus unberücksichtigt bleiben können und somit eine grundsätzlich Insolvenzantragspflichten auslösende Überschuldung vermieden oder ausgeräumt werden kann, was nach dem Arbeitsergebnis bei sämtlichen untersuchten Sanierungsinstrumenten der Fall ist. Neben der Insolvenzvermeidung ist insbesondere von Relevanz, inwieweit es durch die Durchführung einer bilanziellen Sanierungsmaßnahme zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote der Gesellschaft kommt, da diese ein maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens durch Kreditinstitute und institutionelle Finanzinvestoren ist. Dabei wurde die Unterscheidung zwischen einer mittelbaren Erhöhung der Eigenkapitalquote, die durch den Wegfall von Verbindlichkeiten bewirkt wird, und einer direkten Erhöhung der Eigenkapitalquote durch Erhöhung der Eigenkapitalziffer herausgearbeitet. Durch einen Rangrückritt wird danach keine Veränderung der Eigenkapitalquote erreicht, da die Verbindlichkeit handelsbilanziell weiter zu passivieren ist. Dagegen führt ein Debt-Equity-Swap sowohl zu einer mittelbaren Erhöhung der Eigenkapitalquote durch den Wegfall der betreffenden Verbindlichkeiten als auch zu einer Erhöhung der Eigenkapitalziffer durch die Kapitalerhöhung. Zu einer Erhöhung der Eigenkapitalquote über beide Komponenten führt nach herrschender Ansicht auch ein DebtMezzanine-Swap durch die Umwandlung von Forderungen in Genussrechte. Nach der hier vertretenen Gegenauffassung ist dagegen die Bilanzierung auch nach der

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2. Kap.: Sanierungsinstrument Debt-Equity-Swap

Umwandlung nur als Fremdkapital zulässig, sodass ein Debt-Mezzanine-Swap in Genussrechte auch keine mittelbare Erhöhung des handelsbilanziellen Eigenkapitals bewirkt, da das Genussrecht im Nominalbetrag unverändert weiter als Verbindlichkeit zu passivieren ist. In Abgrenzung dazu führt ein Forderungsverzicht durch den Wegfall von Verbindlichkeiten zu einer mittelbaren Erhöhung der Eigenkapitalquote. Nur soweit ein auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhender Forderungsverzicht eines Gesellschafters erfolgt, erhöht sich die Eigenkapitalziffer in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung durch Einstellung in die Kapitalrücklage. Besonderes Augenmerk galt der Darlegung und eingehenden Prüfung der steuerlichen Auswirkungen der in Abgrenzung zum Debt-Equity-Swap dargelegten bilanziellen Sanierungsinstrumente, da die praktische Anwendung von Sanierungsmaßnahmen im konkreten Anwendungsfall maßgeblich davon abhängt, ob diese zu einem steuerbaren Sanierungsgewinn führen, der die Sanierungsbemühungen im ungünstigsten Fall konterkarieren kann. Grundlegend ist dabei die Feststellung, ob die Durchführung einer Maßnahme erfolgswirksam ist, was einen Anfall eines Ertrags und – bei entsprechender Höhe – einen steuerbaren Buchgewinn zur Folge hat. Soweit ein grundsätzlich steuerbarer Vorgang festzustellen ist, ist für die Sanierungspraxis entscheidend, ob dies im Endergebnis zu einer Steuerverbindlichkeit führen wird und inwieweit Verlustverrechnungsmöglichkeiten und Privilegierungstatbestände eingreifen. Dabei wurde herausgearbeitet, dass die bestehende Gesetzeslage und der Sanierungserlass des BMF – aufgrund der nicht höchstrichterlich geklärten Anwendungsfrage – keine befriedigend rechtssichere Regelung der zentralen steuerlichen Problemstellung bei Sanierungen sind. Die steuerlichen Auswirkungen des Debt-Equity-Swaps können dagegen erst auf Grundlage des Ergebnisses zur Frage nach der Bewertung des Einlagegegenstandes im dritten Kapitel dargelegt werden, wo auch eine Gegenüberstellung mit den steuerlichen Folgen der in diesem Kapitel dargelegten bilanziellen Sanierungsinstrumente erfolgt.

3. Kapitel

Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps – Gradmesser der Praxistauglichkeit als Sanierungsinstrument Im dritten Kapitel wird der Debt-Equity-Swap als Sanierungsinstrument im Detail untersucht. Hierzu werden die zur Umsetzung erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen im Einzelnen dargestellt. Sodann fokussiert sich der Gang der Untersuchung auf den Kapitalerhöhungsvorgang beim Debt-Equity-Swap. Hierbei richtet sich der Blick zunächst auf den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht, um hierdurch die Grundlage für die Erörterung von Forderungen als zur Kapitalerhöhung tauglichen Einlagegegenstand zu schaffen. Damit wird der Boden bereitet für die Untersuchung der zentralen Fragestellung der vorliegenden Arbeit, ob für auf Geldzahlung gerichtete Forderungen gegen die Gesellschaft außer- und innerhalb eines Insolvenzverfahrens Aktien oder Geschäftsanteile stets in Höhe des Nennbetrags der Forderung ausgegeben werden können oder nur insoweit, wie die Forderung aus Sicht des Gläubigers werthaltig ist und somit zur Feststellung des Wertes eine Bewertung der Forderung erforderlich ist. Das gefundene Ergebnis wird anhand der Maßgaben und Möglichkeiten des internationalen Insolvenz- und Gesellschaftsrechts auf seine Konsistenz überprüft. An diesen inhaltlichen Schwerpunkt der Arbeit anschließend, werden die unter Zugrundelegung des Arbeitsergebnisses mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen rechtlichen Risiken für die Beteiligten dargelegt, wobei besonderes Augenmerk auf die steuerlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps gelegt wird, da diese für die Sanierungspraxis von besonderer Relevanz sind. Nachfolgend werden Gestaltungsmöglichkeiten für die Sanierungspraxis in den Blick genommen, die de lege lata geeignet sein könnten, negative Auswirkungen des gefundenen Arbeitsergebnisses abzumildern oder zu vermeiden Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick.

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen In diesem Abschnitt werden die außerinsolvenzlich zur Umwandlung von Fremdkapital in statutarisches Eigenkapital erforderlichen Kapitalmaßnahmen dargestellt. Grundlegende Voraussetzung hierfür ist die erforderliche Beschluss-

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

fassung einer entsprechenden Kapitalerhöhung durch die Gesellschafter, welcher in Sanierungssituationen regelmäßig eine vereinfachte Kapitalherabsetzung vorangestellt werden wird (Kapitalschnitt). Die Kapitalerhöhung erfolgt zudem in der Regel unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altgesellschafter. Ein Debt-Equity-Swap im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens unterscheidet sich dabei inhaltlich nicht von einem außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap, da ein solcher sowie jede andere gesellschaftsrechtlich zulässige Regelung nach § 225a Abs. 2, Abs. 3 InsO in den Insolvenzplan aufgenommen werden kann. Dagegen wird im Insolvenzplanverfahren die Beschlusskompetenz der Gesellschafter durch die Aufnahme der Beschlussinhalte in den gestaltenden Teil des Insolvenzplans nach § 254a Abs. 2 InsO ersetzt, dessen Wirkungen nach Annahme des Plans durch die Beteiligten gemäß §§ 243 – 246a InsO und Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans nach §§ 248 Abs. 1, 254 Abs. 1 InsO eintreten. 1. Vereinfachte Kapitalherabsetzung In einer im Rahmen dieser Arbeit besonders relevanten Sanierungssituation ist das Stammkapital der betreffenden Gesellschaft regelmäßig durch Verluste vermindert, weitgehend oder sogar vollständig aufgezehrt. In einer solchen Verlustsituation kann die Höhe des Stammkapitals durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 229 AktG, § 58a GmbHG an das tatsächlich noch vorhandene Aktivvermögen angepasst werden, um insoweit eine Unterbilanz zu beseitigen1. Eine Unterbilanz besteht, wenn das Aktivvermögen die Verbindlichkeiten (zzgl. Rückstellungen) und das Stammkapital nicht mehr deckt2. Durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung können daher maximal Verluste bis zur Höhe der Stammkapitalziffer beseitigt werden, nicht aber eine darüber hinausgehende bilanzielle Überschuldung. Eine buchmäßige Überschuldung besteht, wenn das Eigenkapital vollständig durch Verluste aufgebraucht ist und das Aktivvermögen die Verbindlichkeiten (zzgl. Rückstellungen) nicht mehr vollständig deckt3. Handelsbilanziell wird die Überschuldung nach § 268 Abs. 3 HGB am Schluss der Bilanz auf der Aktivseite gesondert unter der Rubrik „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ ausgewiesen. Durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung wird die Bilanz auf der Passivseite im Posten des gezeichneten Kapitals nach § 266 Abs. 3 A. I. HGB um den Herabsetzungsbetrag verkürzt. Im Gegensatz zu einer effektiven Kapitalherabsetzung werden hierdurch jedoch keine Aktiva zur Ausschüttung an die Gesellschafter freigegeben, sondern lediglich der nominelle Haftungsfonds der Gesellschaft vermindert, weshalb man

1 Haberstock/Greitemann, in: Hölters-AktG, § 229 Rdn. 2; M. Arnold/Born, in: Bork/ Schäfer-GmbHG, § 58a Rdn. 2; Vetter, in: MüKo-GmbHG, § 58a Rdn. 4. 2 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 30 Rdn. 9; Fastrich, in: Baumbach/HueckGmbHG, § 30 Rdn. 19. 3 Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 268 Rdn. 3; Altmeppen, in: Roth/AltmeppenGmbHG, § 30 Rdn. 9.

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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auch von einer nominellen Kapitalherabsetzung spricht4. Da den Gläubigern der Gesellschaft somit durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung kein in der Gesellschaft vorhandenes materielles Haftungsvermögen entzogen wird, finden auch die bei einer regulären Kapitalherabsetzung geltenden Gläubigerschutzvorschriften der § 225 AktG, § 58 GmbHG keine Anwendung. Eine nominelle Kapitalherabsetzung kann daher nur zur Deckung von Verlusten und zum Ausgleich von sonstigen Wertminderungen durchgeführt werden. Eine vereinfachte Kapitalherabsetzung ist daher nach § 229 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 58a Abs. 2 Satz 2 GmbHG ausgeschlossen, solange ein Gewinnvortrag vorhanden ist. Zudem sind Kapital- und Gewinnrücklagen vorher aufzulösen und können maximal bis zur Höhe von zehn Prozent des nach der Kapitalherabsetzung verbleibenden Grund- oder Stammkapitals beibehalten werden, § 229 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 58a Abs. 2 Satz 1 GmbHG5. Für den Kapitalherabsetzungsbeschluss ist bei der AG eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (§§ 229 Abs. 3, 222 Abs. 1 AktG) und bei der GmbH eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, §§ 53 Abs. 2, 47 Abs. 2 GmbHG. Weiter kann im Rahmen einer nominellen Kapitalherabsetzung das Stichtagsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB dadurch durchbrochen werden, dass im Jahresabschluss für das letzte vor der Kapitalherabsetzung abgelaufene Geschäftsjahr das gezeichnete Kapital sowie die Kapital- und Gewinnrücklagen in der Höhe ausgewiesen werden, in der sie nach der Kapitalherabsetzung bestehen sollen, § 234 AktG, § 58e GmbHG. Die Regelung soll der Gesellschaft eine Sanierung dadurch erleichtern, dass der Ausweis eines Verlusts vermieden werden kann und somit die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft vor Schaden bewahrt wird6. Die § 234 AktG und § 58e GmbHG beschränken sich allerdings auf diese eher „bilanzkosmetischen“ Wirkungen, da die Eigenkapitalziffer und die Vermögenslage der Gesellschaft gerade nicht berührt werden7. Auch ist der Verlust der Gesellschaft im betreffenden Geschäftsjahr weiterhin durch den Ausweis des Jahresfehlbetrags in der Gewinnund Verlustrechnung nach § 275 Abs. 2 Nr. 20 bzw. Abs. 3 Nr. 19 HGB ersichtlich, da diese von der bilanziellen Rückwirkung der § 234 AktG und § 58e GmbHG nicht erfasst wird8. Allerdings ist der durch die Kapitalherabsetzung gewonnene Buch-

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M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 58a Rdn. 3. Bei der AG sind vor einer vereinfachten Kapitalherabsetzung nach § 229 Abs. 2 AktG Gewinnrücklagen vollständig auszulösen und die gesetzliche Rücklage nach § 150 AktG sowie die Kapitalrücklage dürfen maximal zehn Prozent des nach der Kapitalherabsetzung verbleibenden Grundkapitals betragen. 6 Oechsler, in: MüKo-AktG, § 234 Rdn. 1; Hüffer-AktG, § 234 Rdn. 1; Haberstock/Greitemann, in: Hölters-AktG, § 234 Rdn. 2; Zöllner/Haas, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 58e Rdn. 1. 7 Vetter, in: MüKo-GmbHG, § 58e Rdn. 6. 8 Zöllner/Haas, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 58e Rdn. 1; M. Arnold/Born, in: Bork/ Schäfer-GmbHG, §§ 58e–58 f Rdn. 2. 5

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

ertrag nach § 240 AktG ebenfalls in dem Jahresabschluss auszuweisen, auf den die Kapitalherabsetzung zurückwirkt9. Aus Sicht der bisherigen Gesellschafter dient eine vereinfachte Kapitalherabsetzung vorrangig dazu, dass die Gesellschaft früher wieder ausschüttungsfähige Gewinne erwirtschaften kann, da künftige Gewinne ohne eine Kapitalherabsetzung solange im Unternehmen verbleiben müssten, bis das Gesellschaftsvermögen das Stammkapital der Gesellschaft wieder deckt10. Gewinnausschüttungen nach einer vereinfachten Kapitalherabsetzung unterliegen allerdings den in § 233 AktG, § 58d GmbHG normierten Beschränkungen. Daneben ist eine nominelle Kapitalherabsetzung aber insbesondere aus Sicht von potenziellen Investoren erforderlich, die im Rahmen einer sich an die Kapitalherabsetzung anschließenden Kapitalerhöhung in die Gesellschaft eintreten wollen. Ohne eine der Kapitalerhöhung vorgeschaltete Kapitalherabsetzung würde das entwertete Altkapital durch das neue Kapital subventioniert, was zu einer wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Besserstellung der Altgesellschafter bei der Verteilung der Stimmrechte, des Gewinns und gegebenenfalls eines Liquidationserlöses führen würde11. Wirksam wird eine vereinfachte Kapitalherabsetzung durch die Eintragung des Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals im Handelsregister, §§ 229 Abs. 3, 224 AktG, §§ 58a Abs. 5, 54 Abs. 3 GmbHG. Der Vorstand oder die Geschäftsführer haben in vertretungsberechtigter Zahl den Beschluss über die Herabsetzung und die Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals zum Handelsregister anzumelden, §§ 229 Abs. 3, 223 AktG, §§ 54 Abs. 1, 78, 1. Halbs. GmbHG12. 2. Kapitalerhöhungsbeschluss Anschließend an die Kapitalherabsetzung wird eine Kapitalerhöhung nach § 182 AktG, § 55 GmbHG beschlossen, wobei Einlagegegenstand die entsprechenden 9 Hüffer-AktG, § 240 Rdn. 2; Oechsler, in: MüKo-AktG, § 240 Rdn. 2. § 240 AktG findet nach h. M. auch im GmbH-Recht Anwendung, vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 58 Rdn. 11; Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 58 Rdn. 7. 10 Priester, in: Scholz-GmbHG, § 58a Rdn. 7. 11 Beispiel nach Budde, ZInsO 2010, 2251, 2254: A und B sind mit je 15 TEUR an einer GmbHG beteiligt. Das Stammkapital ist nach Verlusten nur noch in Höhe von 10 TEUR durch Aktiva gedeckt. C ist bereit, bei einer Kapitalerhöhung einen Geschäftsanteil i. H. v. 30 TEUR zu übernehmen. Erfolgt ein Eintritt des C ohne vorangestellte nominelle Kapitalherabsetzung, so wäre C in der Liquidation der Gesellschaft benachteiligt: Auch wenn bis zur Liquidation keine weiteren Verluste aufgetreten sind, würde C nur 20 TEUR erhalten, A und B je 10 TEUR. A und B hätten damit nur die Hälfte der bis zum Eintritt des C entstandenen Verluste zu tragen. Durch eine Kapitalherabsetzung auf 10 TEUR vor Eintritt des C wird dieses Ergebnis verhindert, sodass A und B bei einer Liquidation entsprechend dem Wert ihrer Geschäftsanteile bei Eintritt des C je 5 TEUR und C 30 TEUR erhalten würden. 12 Bei der AG ist nach §§ 229, 227 AktG neben der Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses die Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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Forderungen der Gläubiger gegen die Gesellschaft sind. Soweit Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft als einlagefähige Gegenstände und als Sacheinlage zu qualifizieren sein sollten, sind bei der Kapitalerhöhung die zusätzlichen Anforderungen in Bezug auf Sacheinlagen zu beachten. Bei Sacheinlagen sind bei der GmbH im Kapitalerhöhungsbeschluss nach § 56 GmbHG insbesondere der Einlagegegenstand und der Nennbetrag des Geschäftsanteils, auf den sich die Sacheinlage bezieht, festzusetzen. Bei der AG sind nach § 183 AktG bei Sacheinlagen im Beschluss zudem die Personen festzuhalten, die Sacheinlagen erbringen, sowie gemäß §§ 183 Abs. 3, 33 AktG eine externe Kapitalerhöhungsprüfung durch sachverständige Prüfer durchzuführen13. Die Prüfung hat sich nach §§ 183 Abs. 3, 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG dabei grundsätzlich darauf zu erstrecken, ob der Wert der Einlage den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien erreicht. Inwieweit diese Anforderungen und im Aktienrecht insbesondere eine externe Kapitalerhöhungsprüfung auch bei einem Debt-Equity-Swap Anwendung finden sollten, wird nachfolgend bei der Frage nach der Forderungsbewertung eingehend erörtert. Während die Gesellschafter bei der Sachgründung einer GmbH nach § 5 Abs. 4 GmbHG in einem Sachgründungsbericht die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen darzulegen haben, schreibt das Gesetz bei einer Sachkapitalerhöhung keinen solchen Bericht vor. Es ist allerdings umstritten, ob dessen ungeachtet bei einer Sachkapitalerhöhung ein dem Gründungsrecht entsprechender Bericht zu erstatten ist14. Die Frage wurde von der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt15. Die besseren Argumente kann jedoch die wohl herrschende Ansicht für sich reklamieren, die eine Verpflichtung zur Erstattung eines Sachkapitalerhöhungsberichts ablehnt16. So ist insbesondere keine ausfüllungsbedürftige gesetzliche Regelungslücke erkennbar, da auch im Aktienrecht § 183 Abs. 3 Satz 2 AktG für die Kapitalerhöhung gerade nicht auf § 32 AktG verweist, der für die Gründung einer AG einen Gründungsbericht vorschreibt17. Der Gesetzgeber wollte im Unterschied zum Gründungsrecht vielmehr davon absehen, dass Gesellschafter bei einer Sachkapitalerhöhung, die sie möglicherweise nicht gebilligt haben, verpflichtet sind, für die

13 Für das GmbH-Recht besteht Einigkeit darüber, dass keine externe Sachgründungsprüfung analog zu § 183 Abs. 3 AktG durchzuführen ist, vgl. M. Arnold/Born, in: Bork/ Schäfer-GmbHG, § 56 Rdn. 8. 14 So OLG Stuttgart, Beschluss vom 19. 01. 1982 – 8 W 295/81, BB 1982, 397; ThürOLG, Beschluss vom 02. 11. 1993 – 6 W 24/93, GmbHR 1994, 710; LG Memmingen, Beschluss vom 18. 10. 2004 – 2 HT 278/04, NZG 2005, 322; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 56 Rdn. 39. 15 Offengelassen in BGH, Urteil vom 14. 06. 2004 – II ZR 121/02, DStR 2004, 1662; BayObLG, Beschluss vom 02. 11. 1994 – 3 Z BR 276/94, NJW 1995, 1971. 16 OLG Köln, Urteil vom 13. 02. 1996 – 3 U 98/95, NJW-RR 1996, 1250; LG München, Urteil vom 09. 06. 2005 – 5 HKO 10 136/03, ZIP 2005, 1422; Zöllner/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck-GmbHG, § 56 Rdn. 17; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 7; Hermanns, in: Michalski-GmbHG, § 56 Rdn. 64; Ulmer, in: Großkomm-GmbHG, § 56 Rdn. 57; Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 56 Rdn. 8. 17 Hermanns, in: Michalski-GmbHG, § 56 Rdn. 64.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Richtigkeit des Sacheinlageberichts einzustehen18. Zudem wird durch die registerrechtlichen Kontrollbefugnisse nach §§ 57a, 9c Abs. 1 GmbHG eine hinreichende Prüfung der Sacheinlage durch das Registergericht sichergestellt19. Die im Rahmen der Kapitalerhöhung von den Inferenten zu erbringende Einlageleistung besteht darin, die Forderungen zum Erlöschen zu bringen20. Dazu werden die Forderungen an die Schuldnergesellschaft nach § 398 BGB abgetreten, die dadurch im Wege der Konfusion erlöschen. Alternativ können Gläubiger und Schuldnerin einen Erlassvertrag nach § 397 BGB abschließen21. Wird die vereinfachte Kapitalherabsetzung zugleich mit der Kapitalerhöhung beschlossen, so kann bei der Kapitalherabsetzung auch das Mindestkapital der Gesellschaft unterschritten und gegebenenfalls auf null herabgesetzt werden, wenn dieses durch die Kapitalerhöhung wieder erreicht wird, §§ 229 Abs. 3, 228 Abs. 1 AktG, § 58a Abs. 4 GmbHG. Allerdings sind bei der Kapitalerhöhung bis zum Mindestkapital nach § 7 AktG, § 5 Abs. 1 GmbHG keine Sacheinlagen zulässig, sodass insoweit eine Barerhöhung vorzunehmen ist. Für einen darüber hinausgehenden Betrag bleibt die Festsetzung von Sacheinlagen dagegen zulässig22. Auch für den Kapitalerhöhungsbeschluss ist bei der AG die Zustimmung der Altgesellschafter grundsätzlich mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals oder drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bei der GmbH erforderlich, § 182 Abs. 1 AktG, §§ 58a Abs. 5, 53 Abs. 2 GmbHG23. Bei der GmbH ist zudem ein Beschluss über die Zulassung Dritter zur Übernahme von Geschäftsanteilen nach § 55 Abs. 2 GmbHG erforderlich. Bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung und gleichzeitigem Beschluss einer Kapitalerhöhung kann diese nach § 235 Abs. 1 AktG, § 58 f. Abs. 1 GmbHG ebenso wie die vereinfachte Kapitalherabsetzung im Jahresabschluss für das letzte vor der Beschlussfassung liegende Geschäftsjahr berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für Barkapitalerhöhungen, so dass eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips hinsichtlich der Kapitalerhöhung beim Debt-Equity-Swap nicht in Betracht kommt, soweit die Einbringung von Forderungen nachfolgend als Sacheinlage zu qualifizieren sein sollte. 18

Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 7. Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 56 Rdn. 111. 20 Budde, ZInsO 2010, 2251, 2268; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 9. 21 Solveen, in: Hölters-AktG, § 27 Rdn. 8. 22 M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 58a Rdn. 29 f.; Becker, in: HdKo-AktG, § 228 Rdn. 4. 23 Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH kann nach § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG eine größere Mehrheit vorsehen. Bei der AG kann die Satzung neben einer größeren Mehrheit auch eine geringere vorsehen, § 182 Abs. 1 Satz 2 AktG. Der bei einer Sachkapitalerhöhung regelmäßig erforderliche Ausschluss des Bezugsrechts erfordert nach § 186 Abs. 3 Satz 2 AktG aber mindestens eine Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals. 19

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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3. Bezugsrechtsausschluss Aktionären und GmbH-Gesellschaftern steht bei einer Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht auf junge Aktien oder Geschäftsanteile zu. Während das Bezugsrecht der Bestandsaktionäre im Aktienrecht in § 186 AktG normiert ist, hat es im GmbH-Recht keine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren. § 55 Abs. 2 GmbHG setzt das allgemeine und konkrete Bezugsrecht der Bestandsgesellschafter allerdings bereits voraus, da Nichtgesellschafter zur Übernahme von Geschäftsanteilen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gesondert zugelassen werden müssen24. Obwohl dies umstritten ist, steht GmbH-Gesellschaftern bei Kapitalerhöhungen nach inzwischen wohl überwiegender Auffassung ein gesetzliches Bezugsrecht analog § 186 AktG zu25. Soweit die Verhältnisse von AG und GmbH vergleichbar sind, finden auf die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses im GmbH-Recht die aktienrechtlichen Bestimmungen und die hierzu entwickelten weiter gehenden Voraussetzungen der Rechtsprechung und des Schrifttums Anwendung26. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich daher auf das Aktienrecht. Vor einer Anwendung der gefundenen Ergebnisse auf das GmbH-Recht ist in der praktischen Anwendung allerdings zu berücksichtigen, dass bei personalistisch geprägten GmbHs ein Bezugsrechtsausschluss ¢ über die Anforderungen des Aktienrechts hinausgehend ¢ in der Literatur nur eingeschränkt für möglich gehalten wird27. a) Inhalt des Bezugsrechts und Zweck eines Bezugsrechtsausschlusses Inhalt des Bezugsrechts ist das Recht eines Gesellschafters zur Teilnahme an einer Kapitalerhöhung im Verhältnis seiner bisherigen Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft. Durch Ausübung ihres Bezugsrechts haben die Gesellschafter die Möglichkeit, ihre vor der Kapitalerhöhung bestehenden Beteiligungsverhältnisse an der Gesellschaft zu wahren, welche für das Stimmrecht und die vermögensrechtliche Beteiligung der Gesellschafter entscheidend sind28. Dagegen sinkt durch einen 24

Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 46. Statt vieler Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 41; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 55 Rdn. 17; Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55 Rdn. 70. Andere Ansicht: Ulmer, in: Großkomm-GmbHG, § 55 Rdn. 38, 44 f.; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 55 Rdn. 20. Der BGH hat die Frage in BGH, Urteil vom 18. 04. 2005 – II ZR 151/03, DStR 2005, 975 offengelassen. Für das österreichische Recht hat der Oberste Gerichtshof (OGH) das Bezugsrecht des GmbH-Gesellschafters ausdrücklich anerkannt, vgl. OGH, Urteil vom 16. 12. 1980 – 5 Ob 649/80, GmbHR 1984, 235. 26 Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55 Rdn. 80. 27 M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 55 Rdn. 28; Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55 Rdn. 80; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 54. 28 Das Stimmrecht und das Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter sind grundsätzlich nach dem Umfang der Beteiligung am Kapital der Gesellschaft bestimmt, §§ 134 Abs. 1, 60 Abs. 1 AktG, §§ 47 Abs. 2, 29 Abs. 3 GmbHG. 25

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Bezugsrechtsausschluss die prozentuale Beteiligungsquote der von der Kapitalerhöhung ausgeschlossenen Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen, sodass die Maßnahme in ihrer Wirkung einem teilweisen faktischen Ausschluss aus der Gesellschaft nahe kommt29. Dieser Effekt verstärkt sich im Fall einer der Kapitalerhöhung vorangestellten vereinfachten Kapitalherabsetzung durch die Verringerung des Nennbetrags oder rechnerischen Anteils am Kapital der Gesellschaft. Im Fall einer Kapitalherabsetzung bis auf null kommt es durch einen Bezugsrechtsausschluss der Bestandsgesellschafter sogar zu einem kompletten Verlust der Gesellschafterstellung30. An einer Kapitalerhöhung im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps beteiligen sich Forderungsgläubiger, wobei die Forderungsinhaber in der Regel nur einzelne Gesellschafter oder Nichtgesellschafter sind. Dabei geht die Beteiligung eines Nichtgesellschafters an einer Kapitalerhöhung zwingend mit einem teilweisen Bezugsrechtsausschluss zu Lasten der Bestandsgesellschafter einher31, da in Bezug auf die betreffenden Forderungen nur die Forderungsinhaber als taugliche Einleger in Betracht kommen. Andererseits sollen durch einen Bezugsrechtsausschluss Anreize für bislang außenstehende Gläubiger geschaffen werden, sich an einem Debt-EquitySwap zu beteiligen. Diese können bei einem Bezugsrechtsausschluss durch die Einlage ihrer Forderungen eine höhere Beteiligungsquote am Gesellschaftskapital erhalten, als wenn sich die Bestandsgesellschafter ebenfalls an einer Kapitalerhöhung beteiligen würden. Aus Sicht umwandlungswilliger Gläubiger als potenzielle Investoren bestehen regelmäßig klare Vorstellungen hinsichtlich des angestrebten Grades der Beteiligung an der Schuldnergesellschaft, sodass diese ihr Engagement in der Regel an das Erreichen bestimmter Beteiligungsschwellen knüpfen werden, um einen aus ihrer Sicht ausreichenden Einfluss auf die Entscheidungsfindung in der Gesellschaft ausüben zu können32. Sollen bei einem Debt-Equity-Swap dagegen ausschließlich Forderungen von Bestandsaktionären umgewandelt werden, so kann ein Bezugsrechtsausschluss ¢ und die damit verbundenen rechtlichen Risiken ¢ durch rechtliche Gestaltungen vermieden werden. b) Materielle Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss Ein Bezugsrechtsausschluss ist zulässig, wenn er unter gebührender Berücksichtigung der nachteiligen Folgen für die ausgeschlossenen Bestandsaktionäre durch sachliche Gründe im Interesse der Gesellschaft gerechtfertigt ist (sogenannte 29

Peifer, in: MüKo-AktG, § 186 Rdn. 55. Aktionären droht auch dann ein vollständiger Verlust ihrer Gesellschafterstellung, wenn ein Gläubiger durch seine Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap eine Mehrheit von mindestens 95 % des Grundkapitals erhält, welche einen – abfindungspflichtigen – Squeeze-out der Minderheitsaktionäre nach §§ 327a ff. AktG ermöglicht. 31 Burg/Marx, CFL 2010, 364, 371. 32 Peifer, in: MüKo-AktG, § 186 Rdn. 95; Hüffer-AktG, § 186 Rdn. 31. 30

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Kali & Salz-Grundsätze)33. Bei einer Barkapitalerhöhung ist außer im Fall der gesetzlichen Privilegierung einer auf zehn Prozent des Grundkapitals begrenzten Erhöhung nach § 183 Abs. 3 Satz 2 AktG ein Bezugsrechtsausschluss nur verhältnismäßig selten sachlich zu rechtfertigen34. Für einen Bezugsrechtsausschluss bei einer Sachkapitalerhöhung gelten dagegen auf den Einlagegegenstand bezogene Anforderungen. Hierbei ist allerdings umstritten, ob bereits das nachvollziehbare Interesse der Gesellschaft am Erwerb des Einlagegegenstands genügt35 oder für einen Bezugsrechtsausschluss darüber hinausgehend erforderlich ist, dass die zum Erwerb des Einlagegegenstands erforderlichen Mittel nicht im Wege einer Barkapitalerhöhung oder gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss beschafft werden können36. Soweit man sich an diesen weiter gehenden Anforderungen orientiert, wären bei Forderungen gegen die Gesellschaft als möglichem Einlagegegenstand nicht nur eine Mittelbeschaffung durch Barkapitalerhöhung zur Erfüllung der entsprechenden Forderungen in Erwägung zu ziehen, sondern auch gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten zum Erwerb der betreffenden Forderungen am Sekundärmarkt zu prüfen („Debt-Buy-Back“)37. Werden in einer in einer Krisensituation befindlichen Gesellschaft Überlegungen zur Durchführung eines DebtEquity-Swaps zu Sanierungszwecken angestellt, so erfolgt dies aber regelmäßig in einer Situation, in der eine Barkapitalerhöhung durch die Bestandsaktionäre in einem für den Unternehmensfortbestand erforderlichen Umfang gerade nicht realisierbar erscheint. In einer solchen Situation wird ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Sachkapitalerhöhung daher durchweg für zulässig erachtet38. Stehen keine gleichwertigen Sanierungsmöglichkeiten zur Verfügung, so wird eine isolierte Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsauschluss auch dann gerechtfertigt sein, wenn die

33 BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40, 47 = NJW 1978, 1316. Näher zu den Anforderungen an die Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses, v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 186 Rdn. 63 f. 34 BGH, Urteil vom 19. 04. 1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319 = NJW 1982, 2444; OLG Celle, Urteil vom 29. 06. 2001 – 9 U 89/01, AG 2002, 292. 35 So Kraft/Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 56 Rdn. 85. Im Ergebnis wohl auch BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40, 47 = NJW 1978, 1316. 36 Lutter, in: KölKo-AktG, § 186 Rdn. 80; Hüffer-AktG, § 186 Rdn. 35; Peifer, in: MüKoAktG, § 183 Rdn. 39. 37 Vgl. zum Debt-Buy-Back oben, 2. Kapitel, IV. 5. Voraussetzung für einen Debt-BuyBack ist die Zulässigkeit nach dem Darlehensvertrag. Sind keine Restriktionen vereinbart, ist der Ankauf eigener Verbindlichkeiten zulässig. Soweit den Darlehen die Musterverträge der Loan Market Association (LMA) zugrunde liegen, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses an: In Kreditverträgen, die vor Mai 2008 geschlossen wurden, ist üblicherweise keine solche Beschränkung enthalten. Seit Mai 2008 sieht das LMA Leveraged Finance Facility Agreement dagegen ein Verbot eines Debt-Buy-Backs bzw. Einschränkungen hierfür vor, hierzu Ilberg/Tschesche, BB 2010, 259. 38 Redeker, BB 2007, 673, 675; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 186 Rdn. 68; Kraft/Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 56 Rdn. 85; Peifer, in: MüKo-AktG, § 183 Rdn. 39; Hüffer-AktG, § 186 Rdn. 35; Hirte, in: Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S. 75.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

relevanten Gläubiger einen Bezugsrechtsausschluss zur Bedingung für ihre Beteiligung an der Gesellschaft über einen Debt-Equity-Swap machen39. Die materiellen Anforderungen an einen Bezugsrechtsauschluss sind deshalb besonders relevant, da der nach § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG den Bezugsrechtsausschluss enthaltende Kapitalerhöhungsbeschluss besonders anfällig für Beschlussanfechtungsklagen nach §§ 255, 243 ff. AktG ist40. Daher wird hier zunächst auf das Anfechtungspotenzial bei einem Bezugsrechtsausschluss eingegangen, bevor Gestaltungsmöglichkeiten zur Begrenzung und Vermeidung von bezugsrechtsbezogenen Anfechtungsrisiken erörtert werden. c) Anfechtungsmöglichkeiten nach §§ 255, 243 ff. AktG Hauptversammlungsbeschlüsse können wegen Verletzung des Gesetzes oder Satzungsverstoß nach § 243 Abs. 1 AktG angefochten werden. Ist eine Anfechtungsklage erfolgreich, so wird der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss durch Urteil für nichtig erklärt, §§ 241 Nr. 5, 248 AktG. Obwohl die Erhebung einer Anfechtungsklage keine förmliche Registersperre bewirkt41, wird die Eintragung des Beschlusses durch das Registergericht in der Regel nach § 21 FamFG ausgesetzt42, sodass die fraglichen Beschlüsse mangels Eintragung im Handelsregister (§§ 224, 189 AktG) bis zum Abschluss des Verfahrens nicht wirksam werden können. Im hier relevanten Bereich der Kapitalmaßnahmen hat die Einführung des Freigabeverfahrens in § 246a AktG durch das UMAG43 zu einem gewissen Abbau des Blockadepotenzials von Anfechtungsklagen geführt. Für Kapitalerhöhungsbeschlüsse gegen Einlagen sieht das Gesetz gegenüber den allgemeinen Anfechtungsgründen des § 243 AktG spezielle Anfechtungsmöglichkeiten durch den in § 255 Abs. 2 AktG normierten Verwässerungsschutz vor44. Dieser greift nach seinem Wortlaut, wenn das Bezugsrecht der Bestandsaktionäre im Kapitalerhöhungsbeschluss ganz oder zum Teil ausgeschlossen wird. Auch im GmbH-Recht ist ein Bezugsrechtsausschluss

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Hüffer-AktG, § 186 Rdn. 31; M. Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 55 Rdn. 28. Ausführlich zu den matieriellen Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss und die Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Sachkapitalerhöung beim Debt-Equity-Swap Löbbe, in: Liber Amicorum für Martin Winter, S. 423, 430 ff. 41 Eine förmliche Registersperre sieht das Gesetz bei Beschlussanfechtungsklagen gegen Eingliederung (§ 319 Abs. 5 AktG), Squeeze-out (§ 327e Abs. 2 AktG) und Umwandlung (§ 16 Abs. 2 UmwG) vor. 42 Zu den Hintergründen und dem persönlichen Haftungsrisiko des Registerrichters mangels Spruchrichterprivileg nach § 839 Abs. 2 BGB, vgl. Schockenhoff, ZIP 2008, 1945, 1949; Peifer, in: MüKo-AktG, § 184 Rdn. 34. 43 Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts vom 22. 09. 2005, BGBl. I S. 2802. 44 Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 1. 40

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wegen Gesetzesverstoßes nach § 243 Abs. 1 AktG analog anfechtbar45 sowie der in der Bewertungsrüge des § 255 Abs. 2 AktG enthaltene Verwässerungsschutz entsprechend anwendbar46. Die Bestandsaktionäre sollen bei einem Bezugsrechtsausschluss davor geschützt werden, dass durch einen zu niedrigen Ausgabekurs der neu auszugebenden Aktien eine Ungleichbehandlung zu ihren Lasten eintritt, da die Bestandsaktionäre im Gegensatz zum Bezugsberechtigten nicht von einem niedrigen Ausgabekurs profitieren können47. In diesem Fall würde es zu einer zusätzlichen Verwässerung der Mitgliedschaftsrechte der Bestandsaktionäre kommen, da die auf die neu geschaffenen Aktien festgesetzten Einlagen hinter dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der neu auszugebenden Aktien zurückbleiben würden48. Der Anwendungsbereich der Bewertungsrüge bei Bezugsrechtsausschluss nach § 255 Abs. 2 AktG umfasst Kapitalerhöhungsbeschlüsse, bei denen im Beschluss selbst ein Ausgabe- oder Mindestbetrag für die neuen Aktien festgelegt ist49. Nach dem Wortlaut wären danach nur Barkapitalerhöhungen erfasst, da der Kapitalerhöhungsbeschluss nur bei einem Barmittelzufluss sinnvoll mit der Angabe eines Mindestausgabebetrags verbunden werden kann50. Über den vom Gesetzeswortlaut gedeckten Anwendungsbereich hinausgehend, ist § 255 Abs. 2 AktG nach allgemeiner Ansicht aber auch auf Kapitalerhöhungsbeschlüsse gegen Sacheinlagen analog anwendbar51. Zwar wird die Sacheinlage nach § 27 Abs. 1 AktG durch den Gegenstand der Einlage und nicht durch einen Ausgabebetrag nach §§ 182 Abs. 3, 9 AktG bestimmt und enthält folglich auch keinen solchen52. Nichtsdestotrotz besteht bei einem unangemessen niedrigen Wert der Sacheinlage gegenüber dem Wert der hierfür ausgegebenen Aktien dieselbe Verwässerungsgefahr für die Bestandsgesellschafter wie bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen bei einem zu niedrigen Ausgabebetrag der neuen Aktien53.

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BGH, Urteil vom 18. 04. 2005 – II ZR 151/03, DStR 2005, 975; Lutter/Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff-GmbHG, § 55 Rdn. 25; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 66; Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55 Rdn. 101. 46 Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55 Rdn. 100; Arnold/Born, in: Bork/Schäfer-GmbHG, § 55 Rdn. 29; Zöllner, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, Anh. § 47 Rdn. 108. 47 Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 2. 48 Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 2. 49 Stilz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 255 Rdn. 6. 50 Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 13. Zum Umgehungsschutz, wenn bei einer Barkapitalerhöhung im Erhöhungsbeschluss kein Mindestausgabebetrag festgesetzt wird, vgl. Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 15. 51 BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40, 47 = NJW 1978, 1316; OLG Jena, Beschluss vom 12. 10. 2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1989; Stilz, in: Spindler/ Stilz-AktG, § 255 Rdn. 12; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, § 255 Rdn. 5; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 255 Rdn. 6 m. w. N. 52 Stilz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 255 Rdn. 12. 53 Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 12; Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 18.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Eine erfolgreiche Anfechtung über die Bewertungsrüge des § 255 Abs. 2 AktG setzt voraus, dass der Ausgabe- oder Mindestbetrag für die neuen Aktien unangemessen niedrig ist. Wann dies der Fall ist, ist bislang von der Rechtsprechung nicht im Einzelnen bestimmt worden54. Referenzpunkt ist der Wert der neu auszugebenden Aktien, welcher sich nach dem Wert des Unternehmens der Gesellschaft bestimmt55. Uneinigkeit besteht allerdings darüber, wie der Unternehmenswert im Einzelnen zu ermitteln ist56. Während eine Strömung den wahren Wert des Unternehmens unter Einschluss aller stillen Reserven und des inneren Geschäftswerts in Ansatz bringen will, wird insbesondere für börsennotierte Gesellschaften auch die Maßgeblichkeit des Börsenkurses vertreten57. Somit tritt neben die Frage nach der relevanten Bewertungsgrundlage die Komplexität der Unternehmensbewertung im Allgemeinen. Die Ermittlung des Unternehmenswerts erfordert im Streitfall eine zeitaufwändige Begutachtung, was das Risiko des Scheiterns oder zumindest einer erheblichen Verzögerung des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch Eintragung im Handelsregister verdeutlicht58. Aus diesem Grund kommt auch dem aktienrechtlichen Freigabeverfahren nach § 246a AktG59 im Bereich des § 255 Abs. 2 AktG nur eine begrenzte Bedeutung zu, da wegen der Komplexität der Bewertungsfragen gerade nicht innerhalb kurzer Zeit beurteilt werden kann, ob eine Anfechtungsklage nach § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG offensichtlich unbegründet ist oder die Interessenabwägung nach § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG zugunsten der Gesellschaft ausfällt60. Um den aufgezeigten Anfechtungsrisiken aus dem Weg zu gehen, vermeidet die Praxis insbesondere bei Sachkapitalerhöhungen soweit wie möglich die reguläre Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss über §§ 183, 186 AktG61. In diesem Zusammenhang sind vor allem die Möglichkeiten des genehmigten Kapitals nach §§ 202 ff. AktG relevant, da § 255 Abs. 2 AktG nach einhelliger Auffassung keine entsprechende Anwendung auf die Schaffung von genehmigtem Kapital nach § 202 AktG findet, wenn dabei die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts

54

Grundlegend BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40, 47 = NJW 1978, 1316. 55 Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 19; Hüffer, in: MüKo-AktG, § 155 Rdn. 15. 56 Zum Streitstand, vgl. Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 15 – 26. 57 Hüffer-AktG, § 155 Rdn. 5; Schwab, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 255 Rdn. 4. Auch das OLG Frankfurt hält tendenziell den Börsenkurs für die Bewertung des Unternehmenswerts für maßgebend, vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 01. 07. 1998 – 21 U 166/97, AG 1999, 231. 58 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 183 Rdn. 2. 59 Für das GmbH-Recht ist umstritten, ob das aktienrechtliche Freigabeverfahren nach § 246a AktG entsprechend zur Anwendung kommen kann. Von der Rechtsprechung wird dies bislang abgelehnt, vgl. zuletzt KG, Beschluss vom 23. 06. 2011 – 23 AktG 1/11, DStR 2011, 1630, hierzu kritische Anmerkung von Nicoleyczik, EWiR 2011, 711. Im Schrifttum sind die Auffassungen hierzu geteilt, vgl. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, Anhang zu § 47 Rdn. 88 m. w. N. 60 Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 25. 61 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 183 Rdn. 2.

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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nach § 203 AktG und die weiteren Ausgabemodalitäten der neuen Aktien nach §§ 204, 205 AktG dem Vorstand überlassen werden62. d) Mögliche Gestaltungen zur Vermeidung eines Bezugsrechtsausschlusses Soll zumindest ein bislang nicht an der Schuldnergesellschaft als Gesellschafter beteiligter Gläubiger im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps als neuer Gesellschafter eintreten, so ist hierfür zwingend ein teilweiser Bezugsrechtsausschluss zu Lasten der Altgesellschafter erforderlich63, um den geplanten Beitritt des Einbringers und den Erwerb der betreffenden Gegenstände durch die Gesellschaft sicherstellen zu können64. Beteiligen sich im Rahmen einer Kapitalerhöhung weitere Personen an der Gesellschaft, so führt dies notwendigerweise zu einer Verringerung der Beteiligungsquoten der Altgesellschafter am Kapital der Gesellschaft (sogenannter Verwässerungseffekt). Dagegen kann eine Verwässerung der Beteiligungen der Gesellschafter mit den nachfolgend umrissenen Gestaltungen vermieden werden, wenn an einem Debt-Equity-Swap ausschließlich Altgesellschafter beteiligt werden sollen, denen ¢ üblicherweise aus Gesellschafterdarlehen65 ¢ Forderungen gegen die Gesellschaft zustehen66. aa) Gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung Soweit in einer Krisensituation das Kapital einer Gesellschaft durch die Einbringung von Forderungen einzelner Bestandsgesellschafter gegen die Gesellschaft erhöht werden soll, können die übrigen Gesellschafter ihre bisherige Beteiligungsquote in dem Maße wahren, wie sich diese im Gegenzug durch Bareinlagen an einer sogenannten gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung beteiligen können. Hierbei werden zur Durchführung eines Debt-Equity-Swaps Forderungen von einzelnen Gesellschaftern als Sacheinlagegegenstände für diese Gesellschafter als Zeichner sowie die Erbringung von Bareinlagen für die übrigen Gesellschafter festgesetzt67. Die im Ausgangspunkt bestehenden Beteiligungsverhältnisse können dabei für sämtliche Gesellschafter gewahrt werden, wenn der Gesamtumfang der Kapitaler62 BGH, Urteil vom 23. 06. 1997 – II ZR 132/93 Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = NJW 1997, 2815. 63 Burg/Marx, CFL 2010, 364, 371. 64 Peifer, in: MüKo-AktG, § 183 Rdn. 38. 65 Zur Einlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen vgl. 3. Kapitel, III. 3. d). 66 Auch bei ausschließlicher Beteiligung von Altgesellschaftern an einem Debt-EquitySwap ist ein Verwässerungseffekt zulasten einzelner Gesellschafter nur dann ausgeschlossen, wenn allen Gesellschaftern Forderungen gegen die Gesellschaft zustehen, die einzelnen Forderungsbeträge im Verhältnis der Beiteiligungsquoten zueinander stehen und zudem die Forderungsbeträge in dieser Höhe und in diesem Verhältnis in Eigenkapital umgewandelt werden. 67 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 183 Rdn. 17.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

höhung an dem auf die Sacheinlagen entfallenden Erhöhungsbetrag ausgerichtet wird.68 Unter dem Gesichtspunkt des Bezugsrechtsausschlusses bestehen für die Umsetzung einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung zwei Möglichkeiten. Früher wurden hierfür überwiegend ein Bar- und ein Sachkapitalerhöhungsbeschluss gefasst, wobei im Rahmen der Barkapitalerhöhung das Bezugsrecht des Sacheinlegers und im Rahmen des Sachkapitalerhöhungsbeschlusses das Bezugsrecht der übrigen Gesellschafter ausgeschlossen wird (sogenannter gekreuzter Bezugsrechtsausschluss)69. Heute wird dagegen überwiegend ein einheitlicher Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst, bei dem ein Teil der Gesellschafter zum Bezug von neuen Aktien gegen Bareinlagen, ein anderer Teil zum Bezug von neuen Aktien gegen Sacheinlagen berechtigt wird70. Die Festsetzung unterschiedlicher Einlageverpflichtungen stellt dabei nach überwiegender Ansicht keinen Bezugsrechtsausschluss dar, sodass ein solcher auch nicht förmlich beschlossen werden muss71. Dies überzeugt, sofern die Bedingungen der Aktienausgabe ansonsten gleich sind, die Barzeichner somit einen wirtschaftlich gleichwertigen Anspruch auf die Zuteilung neuer Aktien haben. In diesem Fall liegt nicht nur rechtstechnisch, sondern auch unter wertender Betrachtung kein Bezugsrechtsausschluss vor72. Auch soweit man dieser Ansicht folgend einen Bezugsrechtsausschluss für die Durchführung einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung nicht für erforderlich hält, hat dies jedoch nicht zur Folge, dass hierdurch sämtliche bezugsrechtsbezogenen Anfechtungsrisiken ausgeräumt wären. Nach zutreffender Ansicht ist auch für den Fall einer einheitlichen Beschlussfassung die Bewertungsrüge des § 255 Abs. 2 AktG analog anwendbar, da bezüglich der Sacheinlage das Bewertungsproblem besteht, in welchem Umfang die Sacheinlage

68 Der durch Sacheinlagen zu erbringende Kapitalerhöhungsbetrag, geteilt durch den Anteil der Sacheinleger am bisherigen Kapital, ergibt den Gesamtbetrag der Kapitalerhöhung. Der zur Wahrung der bisherigen Beteiligungsverhältnisse erforderliche Erhöhungsbetrag für den jeweiligen Gesellschafter ergibt sich durch die Multiplikation des ermittelten Gesamtbetrags der Kapitalerhöhung mit dem bisherigen Anteil des betreffenden Gesellschafters am bisherigen Kapital der Gesellschaft. 69 Lutter, ZGR 1979, 401, 406 f.; Peifer, in: MüKo-AktG, § 183 Rdn. 38. Da die beiden rechtstechnisch gesonderten Beschlüsse in der Wertung aber als einheitlicher Kapitalerhöhungsvorgang zu betrachten sind, wird hierzu überwiegend angenommen, dass ein gekreuzter Bezugsrechtsausschluss gegenüber einem regulären Bezugsrechtsausschluss einer herabgesetzten sachlichen Rechtfertigung bedarf, da sich die Bezugsrechtsausschlüsse in diesem Fall nicht negativ auf die wirtschaftliche und mitgliedschaftliche Stellung der Gesellschafter auswirken, vgl. Hüffer-AktG, § 186, Rdn. 35; Lappe, BB 200, 313, 316. 70 Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 186 Rdn. 145; Groß, AG 1993, 449, 453; Hennerkes/Binge, AG 1996, 119, 121 f. 71 Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 186 Rdn. 183; Groß, AG 1993, 449, 453; Lappe, BB 2000, 313, 316. Anderer Ansicht: Peifer, in: MüKo-AktG, § 183 Rdn. 38; § 186 Rdn. 99. 72 So tendenziell auch OLG Jena, Beschluss vom 12. 10. 2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1989.

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zur Zuteilung neuer Aktien führt73. Zwar können Bareinleger durch Ausübung ihres Bezugsrechts die bisherige Beteiligungsquote wahren. Allerdings besteht bei einer Überbewertung oder einem zu geringen Wert der Sacheinlage im Verhältnis zum Wert der hierfür auszugebenden Aktien gleichfalls die Gefahr der Verwässerung der Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der übrigen Gesellschafter. In diesem Fall würde der Sacheinleger zu Lasten der anderen Gesellschafter eine unangemessen hohe Beteiligung erhalten. Somit kann eine gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung durch einheitliche Beschlussfassung nicht die Anfechtungsrisiken nach § 255 Abs. 2 AktG beseitigen, wohl aber zumindest den förmlichen Beschluss eines rechtfertigungsbedürftigen und daher anfechtungsträchtigen Bezugsrechtsausschluss vermeiden. Zudem lässt sich ein Bezugsrechtsausschluss bei einem DebtEquity-Swap nur vermeiden, wenn die Einlage von Forderungen ausschließlich von Bestandsgesellschaftern erbracht werden soll. In der Praxis wird aber in der Regel gerade die Einbeziehung von bisherigen Fremdkapitalgebern gewünscht und für eine ausreichende Reduzierung des Schuldenstands der Gesellschaft erforderlich sein. bb) Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis Für die rechtliche Gestaltungspraxis wird in Anlehnung an eine Entscheidung des KG74 aus dem Jahr 2010 eine Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis vorgeschlagen75. Hierbei soll bestimmten Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, die Bareinlage durch eine im Kapitalerhöhungsbeschluss in Gegenstand und Umfang festgelegte Sacheinlage zu ersetzen. Im Fall eines Debt-Equity-Swaps würden im Beschluss die einlegbaren Forderungen angeführt und der Nennbetrag der hierfür zu gewährenden Aktien nach § 183 Abs. 1 AktG festgesetzt. Diese Konstruktion reklamiert dabei folgende Vorteile für sich: • Diese Lösung sei flexibel, der Inferent könne sich noch nach Beschlussfassung und Abschluss des Zeichnungsvertrags entscheiden, auf welche Weise er seine Einlageleistung erbringen will76. • Es sei kein Bezugsrechtsausschluss erforderlich, sodass nicht die hierfür gesetzlich zwingende Dreiviertelmehrheit des § 186 Abs. 3 AktG erforderlich sei, wenn in der Satzung eine Kapitalerhöhung nach § 182 Abs. 1 Satz 2 AktG bereits mit einfacher Mehrheit zugelassen ist77.

73 OLG Jena, Beschluss vom 12. 10. 2006 – 6 W 452/06, ZIP 2006, 1989; Peifer, in: MüKoAktG, § 183 Rdn. 38; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, § 255 Rdn. 6 f., Stilz, in: Spindler/ Stilz-AktG, § 255 Rdn. 12; Hüffer-AktG, § 255 Rdn. 15. Andere Ansicht: Göz, in: HdKo-AktG, § 255 Rdn. 4. 74 KG, Beschluss vom 18. 05. 2010 – 14 AktG 1/10, AG 2010, 494. 75 Brug/Marx, CFL 2010, 364. 76 Brug/Marx, CFL 2010, 364, 366. 77 Brug/Marx, CFL 2010, 364, 365.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

• Die Anfechtungsrisiken seien bei dieser Konstruktion verringert, da die Bewertungsrüge nach § 255 Abs. 2 AktG ¢ im Gegensatz zur gemischten Bar- und Sacheinlage ¢ nicht analog zur Anwendung gelange78. Der angeführten Flexibilität einer Ersetzungsbefugnis für den zeichnenden Gesellschafter steht zunächst eine Planungsunsicherheit der Gesellschaft gegenüber, die bei einer solchen Konstruktion auch nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss und Abschluss des Zeichnungsvertrags keine verbindliche Zusage darüber hätte, ob ihr neue Barmittel zufließen oder sie von einer Verbindlichkeit befreit wird. Solche Unklarheiten sind insbesondere in Sanierungssituationen misslich und stehen dem Bedürfnis aller Beteiligten nach der Berechenbarkeit eines Sanierungskonzepts entgegen. Tatsächlich dürfte dagegen bereits bei der Wahl einer solchen Konstruktion in der Regel feststehen, dass der Inferent von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch machen wird, da die Bereitschaft zur Verfügungstellung neuer Barmittel in einer Krisensituation insbesondere dann gegenüber einer Bareinlage herabgesetzt ist, wenn die Möglichkeit besteht, durch den Verzicht auf eine Forderung an einer Kapitalerhöhung teilzunehmen, und zudem eine Liquiditätszufuhr durch Bareinlagen anderer Gesellschafter erfolgt. In materieller Hinsicht ist bei einer Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis für einzelne Gesellschafter kein Unterschied zu einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung ersichtlich, sodass ein Bezugsrechtsausschluss auch bei einer Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis vermieden werden kann. Allerdings kann die Verneinung der analogen Anwendbarkeit der Bewertungsrüge des § 255 Abs. 2 AktG nicht überzeugen. Zwar ist zuzugeben, dass § 255 Abs. 2 AktG die Festsetzung eines unangemessen niedrigen Ausgabepreises für die jungen Aktien sicherzustellen sucht und nicht bei der Festsetzung von Sacheinlagen vor einer Überbewertung des Einlagegegenstands schützen will79. Eine zutreffende Bewertung bei Sachkapitalerhöhungen versucht das Gesetz primär durch die Sachkapitalerhöhungsprüfung nach §§ 183 Abs. 3, 33 Abs. 3 – 5 AktG und die registerrechtlichen Prüfungsbefugnisse nach §§ 184 Abs. 3 AktG sicherzustellen. Weiter können ¢ im Unterschied zu einer Sacheinlage unter Bezugsrechtsausschluss der übrigen Gesellschafter ¢ die eine Bareinlage erbringenden Gläubiger gleichermaßen von einem zu niedrigen bestimmten Ausgabebetrag profitieren80. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Bareinleger zusätzlich dem Risiko einer Überbewertung des Sacheinlagegegenstands ausgesetzt sind, was gleichfalls zu einer Verwässerung ihrer Beteiligung führen kann. Da sich bei Sacheinlagen im Rahmen 78

Brug/Marx, CFL 2010, 364, 368. Burg/Marx, CFL 2010, 368. Zur Unterscheidung zwischen Bewertung der Sacheinlage und Festsetzung des korrekten Ausgabepreises vgl. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 247. 80 Burg/Marx, CFL 2010, 368; so auch Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 2, der sich allerdings auf eine einheitliche Barkapitalerhöhung und nicht auf den Sonderfall einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung oder auf eine Barkapitalerhöhung mit teilweiser Ersetzungsbefugnis bezieht. 79

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des § 255 Abs. 2 AktG nur an den Wert der Sache im Vergleich zum Wert der auszugebenden Aktien anknüpfen lässt81, ist eine denklogische Trennung zwischen einer Bewertung der Sacheinlage und der Bestimmung des zutreffenden Ausgabepreises nicht vollumfänglich möglich. Deshalb erscheint es nicht sachgerecht, die Ungleichbehandlung der Aktionäre durch eine Ersetzungsbefugnis zugunsten einzelner Zeichner lediglich am aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 53a AktG messen zu wollen82. Insbesondere ist das Gefährdungspotenzial für die Erbringer von Bareinlagen im Vergleich zu einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung identisch, da die Ausübung in die Entscheidungsmacht der Zeichner mit Ersetzungsbefugnis fällt. Für die anderen Gesellschafter macht es keinen Unterschied, ob eine Sacheinlage von vornherein festgesetzt wurde oder erst aufgrund der Ausübung einer Ersetzungsbefugnis erbracht wird, sodass mangels eines materiellen Unterschieds eine unterschiedliche sachliche Behandlung ¢ und somit verringerte Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber einer gemischten Bar- und Sachkapitalerhöhung ¢ abzulehnen ist. Eine analoge Anwendung des § 255 Abs. 2 AktG ist daher auch für den Fall einer Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis zu bejahen. 4. Sachkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital Als Alternative zu einer ordentlichen Kapitalerhöhung besteht zur Durchführung eines Debt-Equity-Swaps insbesondere die Möglichkeit einer Sachkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital nach §§ 202 – 206 AktG. Das Institut des genehmigten Kapitals steht seit Einführung des § 55a GmbHG im Jahr 2008 durch das MoMiG auch für die GmbH zur Verfügung83. Der Gesetzgeber hat sich bei der Schaffung des genehmigten Kapitals in § 55a GmbHG weitgehend an den aktienrechtlichen Vorschriften orientiert, die gesetzliche Regelung im Vergleich zu den aktienrechtlichen Bestimmungen aber mit einem geringeren Detaillierungsgrad ausgestattet. Soweit die Verhältnisse der GmbH keine Besonderheiten gegenüber der Aktiengesellschaft aufweisen, wird daher bei der Auslegung des § 55a GmbHG auf die Interpretation der §§ 202 ff. AktG zurückgegriffen84, sodass die nachfolgende Darstellung sich vorrangig an den aktienrechtlichen Regelungen orientiert. Die Kapitalerhöhung über genehmigtes Kapital ist insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften verbreitet und verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die ordentliche Kapitalerhöhung

81

BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40, 50 = NJW 1978, 1316; Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 23; Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 18; K. Schmidt, in: Großkomm-AktG, § 255 Rdn. 5; Schwab, in: K. Schmidt/LutterAktG, § 255 Rdn. 6. 82 So Burg/Marx, CF 2010, 368 f. 83 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 84 Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 55a Rdn. 4; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 55a Rdn. 4; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 55a Rdn. 2.

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überwiegend85, was im Wesentlichen den mit einer ordentlichen Kapitalerhöhung verbundenen Anfechtungsrisiken geschuldet ist86. Zur Durchführung eines DebtEquity-Swaps in einer Sanierungssituation aus genehmigtem Kapital ist aber insbesondere Voraussetzung, dass ein auf einen Debt-Equity-Swap zugeschnittenes genehmigtes Kapital vorausblickend in einer ordentlichen Hauptversammlung geschaffen wird, bevor eine Krisensituation mit akutem Handlungsbedarf eintritt. Das Institut des genehmigten Kapitals erleichtert die Kapitalbeschaffung dadurch, dass eine Entscheidung der Hauptversammlung im Zeitpunkt der Ausgabe neuer Aktien nicht mehr erforderlich ist. Durch Satzungsänderung beschließt die Hauptversammlung hierzu nach § 202 Abs. 2 AktG die Ermächtigung des Vorstands, innerhalb bestimmter Schranken und unter Beteiligung des Aufsichtsrats nach eigenem Ermessen darüber zu entscheiden, ob, wann, wie und in welchem Umfang das Grundkapital der Gesellschaft erhöht werden soll87. Die Hauptversammlung beschließt die Kapitalerhöhung somit nicht unmittelbar, sondern schafft lediglich das genehmigte Kapital, welches der Vorstand in einem zweiten Schritt durch die Ausgabe neuer Aktien ausnutzt88. Dem Vorstand kann die Ermächtigung zur Ausnutzung von genehmigtem Kapital für höchstens fünf Jahre erteilt werden und genehmigtes Kapital im Nennbetrag von maximal der Hälfte des Grundkapitals, welches zur Zeit der Ermächtigung vorhanden ist, geschaffen werden, § 202 Abs. 2, Abs. 3 AktG. Die Hauptversammlung kann dem Vorstand bei der Schaffung von genehmigtem Kapital entweder weitreichende Entscheidungsbefugnisse für die Aktienausgabe gewähren oder hierzu selbst Festlegungen, wie z. B. einen direkten Bezugsrechtsausschluss, treffen. Soweit dem Vorstand die Möglichkeit für eine Aktienausgabe unter Ausschluss des Bezugsrechts und gegen Sacheinlagen eingeräumt werden soll, ist hierfür die ausdrückliche Ermächtigung im Beschluss erforderlich, §§ 203 Abs. 2, 205 Abs. 1 AktG. Im Übrigen entscheidet der Vorstand nach § 204 Abs. 1 AktG mit Zustimmung des Aufsichtsrats über die sonstigen Bedingungen der Aktienausgabe, soweit im Ermächtigungsbeschluss keine näheren Bestimmungen getroffen wurden89. Im Unterschied zu ordentlichen Kapitalerhöhungen ist die Ausnutzung von genehmigtem Kapital durch die Ausgabe von Aktien gegen Sacheinlagen unter Bezugsrechtsausschluss wesentlich geringeren Anfechtungsrisiken ausgesetzt. Dies ist im Grundsatz zunächst der zweiaktigen Struktur des genehmigten Kapitals geschuldet, die sich aus der Schaffung des genehmigten Kapitals durch die Hauptversammlung und der nachfolgenden Ausnutzung des genehmigten Kapitals durch den Vorstand zusammensetzt. Ein von der Hauptversammlung getroffener Beschluss 85

Wamser, in: Spindler/Stilz-AktG, § 202 Rdn. 20 f. v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 202 Rdn. 26. 87 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 202 Rdn. 1. 88 Hüffer-AktG, § 202 Rdn. 2. 89 Vgl. v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 204 Rdn. 5 f. zum Inhalt der Aktienrechte und zu den Bedingungen der Aktienausgabe. 86

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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unterliegt dabei formal denselben Anfechtungsmöglichkeiten wie bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung. Allerdings sind hierbei die Anforderungen an die materielle Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses im Jahr 1997 durch den BGH in der Entscheidung Siemens/Nold gegenüber einer ordentlichen Kapitalerhöhung deutlich abgesenkt worden90. So ist für einen direkten Bezugsrechtsausschluss durch die Hauptversammlung bei Schaffung von genehmigtem Kapital gegenüber den Kali & Salz-Grundsätzen in materieller Hinsicht lediglich erforderlich, dass die Kapitalerhöhungsmaßnahme unter Bezugsrechtsausschluss im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt91. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung müsse danach nicht feststehen, dass der Ausschluss durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist92. Dies ist zutreffend der Tatsache geschuldet, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch die Hauptversammlung noch gar nicht klar ist, unter welchen Umständen von der Ermächtigung später durch den Vorstand Gebrauch gemacht werden wird93. Gleiches gilt für einen Hauptversammlungsbeschluss, der den Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt94. Allerdings ist der Vorstand nach vorzugswürdiger Ansicht auf der Stufe der Entscheidung über die Ausübung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss bei der Aktienausgabe ¢ in der nun konkretisierten Entscheidungssituation ¢ zur Beachtung der Kali & Salz-Grundsätze verpflichtet95. Auch die Bewertungsrüge des § 255 Abs. 2 AktG kommt bei genehmigten Kapital nicht zur Anwendung, wenn ¢ wie üblich ¢ der Vorstand den Ausgabepreis der Aktien festlegt und nicht bereits die Hauptversammlung96. Im Unterschied zu Beschlüssen der Hauptversammlung ist gegen eine spätere Entscheidung des Vorstands und Aufsichtsrats über die Modalitäten der Aktienausgabe keine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage möglich97, sodass im Gegensatz zur ordentlichen Kapitalerhöhung grundsätzlich keine Blockade des Vollzugs der 90 BGH, Urteil vom 23. 06. 1997 – II ZR 132/93 Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = NJW 1997, 2815. In dieser Entscheidung hat der BGH seine in der Holzmann-Entscheidung (BGH, Urteil vom 19. 04. 1982 – II ZR 55/81 Holzmann, BGHZ 83, 319 = NJW 1982, 2444) vorgenommene Übertragung der Kali & Salz-Grundsätze auf genehmigtes Kapital (BGH, Urteil vom 13. 03. 1978 – II ZR 142/76 Kali & Salz, BGHZ 71, 40 = NJW 1978, 1316) aufgegeben. 91 BGH, Urteil vom 23. 06. 1997 – II ZR 132/93 Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = NJW 1997, 2815. 92 Zum Meinungsspektrum hinsichtlich der Reichweite der Siemens/Nold-Entscheidung des BGH vgl. v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 203 Rdn. 18 f. 93 Hirte, in: Großkomm-AktG, § 203, Rdn. 72 f.; Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 58 Rdn. 19, Hüffer-AktG, § 203, Rdn. 11, 27. 94 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 203 Rdn. 17. 95 Hirte, in: Großkomm-AktG, § 203, Rdn. 74 f.; Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 58 Rdn. 44, Hüffer-AktG, § 203, Rdn. 11, 27; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 203 Rdn. 18; Wamser, in: Spindler/Stilz-AktG, § 203 Rdn. 83. 96 BGH, Beschluss vom 21. 07. 2008 – II ZR 1/07 Senator Entertainment AG II, DStR 2009, 1213. 97 BGH, Urteil vom 10. 10. 2005 – II ZR 90/03 Mangusta/Commerzbank II, BGHZ 164, 249 = DStR 2005, 2092.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Kapitalerhöhung zu befürchten ist. Allerdings können Aktionäre wegen Verletzung ihrer Mitgliedschaftsrechte durch die Entscheidung des Vorstands Aktionärsklage gegen die Gesellschaft auf Unterlassung der Durchführung der Kapitalerhöhung erheben und versuchen, diesen Anspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen98. Die Möglichkeit einer Unterlassungsverfügung stellt im Gegensatz zu Anfechtungsklagen bei ordentlichen Kapitalerhöhungen aber nur ein geringes Blockadepotenzial dar. Schon bei dem hierbei anzuwendenden Prüfungsmaßstab ist umstritten, ob bereits jede rechtswidrige Geschäftsführungsmaßnahme einen Abwehranspruch vermittelt oder ob darüber hinaus ein besonders schwerer Eingriff in die Hauptversammlungskompetenzen erforderlich ist99. Weiter setzt sich der Antragssteller mit einem Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung dem Risiko verschuldensunabhängiger Schadensersatzhaftung nach § 945 ZPO aus, sollte die Unterlassungsklage nach Erlass einer einstweiligen Verfügung im Hauptsacheverfahren erfolglos bleiben100. Da der Vorstand vor Ausnutzung des genehmigten Kapitals zudem nicht verpflichtet ist, den Aktionären vorab Bericht zu erstatten101, wird sich mangels geeigneter Informationsgrundlage die Schaffung vollendeter Tatsachen im Weg einer einstweiligen Verfügung nur ausnahmsweise verhindern lassen102.

5. Zeichnung neuer Aktien/Übernahme neuer Geschäftsanteile Zur Durchführung einer beschlossenen Kapitalerhöhung haben die Übernehmer die Aktien nach § 185 AktG zu zeichnen (Zeichnungsvertrag) oder sich im Übernahmevertrag nach § 55 Abs. 1 GmbHG zur Übernahme der Geschäftsanteile zu verpflichten. Bei Sachkapitalerhöhungen bedarf es zudem des Abschlusses einer Sacheinlagevereinbarung, die mit dem Zeichnungsvertrag zusammengefasst oder gesondert abgeschlossen werden kann103. Durch die Einlagevereinbarung verpflichtet sich der Inferent, einen bestimmten Gegenstand an die Gesellschaft zu übertragen. Im Falle eines Debt-Equity-Swaps wird hierzu der Verzicht auf die einzubringenden Forderungen nach § 397 BGB oder die Abtretung der betreffenden 98 BGH, Urteil vom 23. 06. 1997 – II ZR 132/93 Siemens/Nold, BGHZ 136, 133 = NJW 1997, 2815; OLG Frankfurt, Urteil vom 01. 04. 2003 – 5 U 54/01, ZIP 2003, 902; Hüffer-AktG, § 203, Rdn. 38; Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 58 Rdn. 47. 99 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 203 Rdn. 60 m. w. N. 100 Hüffer-AktG, § 203 Rdn. 39; Wamser, in: Spindler/Stilz-AktG, § 203 Rdn. 116. 101 Es war in der Literatur lange Zeit umstritten, ob der Vorstand vor der Ausnutzung von genehmigtem Kapital die Aktionäre über den von ihm vorgenommenen Ausschluss des Bezugsrechts konkret informieren muss, den Zweck der Maßnahme und den Ausgabebetrag der neuen Aktien anzugeben und zu begründen hat. Die Frage wurde vom BGH in der Entscheidung Mangusta/Commerzbank I verneint. Danach ist der Vorstand lediglich zur Berichterstattung auf der nächsten Hauptversammlung verpflichtet, BGH, Urteil vom 10. 10. 2005 – II ZR 148/03 Mangusta/Commerzbank I, BGHZ 164, 241 = DStR 2005, 2090. Zum Streitstand und dessen Entwicklung vgl. Bayer, in: MüKo-AktG, § 203 Rdn. 55 – 60. 102 Bayer, in: MüKo-AktG, § 203 Rdn. 171. 103 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 183 Rdn. 28.

I. Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps durch Kapitalmaßnahmen

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Forderungen nach § 398 BGB an die Gesellschaft vereinbart. Da sowohl der Forderungsverzicht als auch die Abtretung von Forderungen verfügende Verträge sind104, fallen hier schuldrechtliche Verpflichtung und Vollzug des Verfügungsgeschäfts regelmäßig in einer vertraglichen Erklärung zusammen. 6. Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister Bei der AG ist zwischen dem Kapitalerhöhungsbeschluss und der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals zu unterscheiden. Die Satzung der Gesellschaft wird durch den Kapitalerhöhungsbeschluss und dessen Eintragung im Handelsregister nach §§ 184 Abs. 1, 181 Abs. 3 AktG geändert. Bei einer Sachkapitalerhöhung ist der Anmeldung nach § 184 Abs. 2 AktG der Prüfbericht der externen Sachkapitalerhöhungsprüfung nach §§ 183 Abs. 3, 33 Abs. 4, 34. AktG beizufügen, sodass diese bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein muss. Das Kapital der Gesellschaft ist allerdings erst dann mit konstitutiver Wirkung erhöht, wenn die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals in das Handelsregister eingetragen ist, § 189 AktG. Erst durch die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung entstehen die neuen Mitgliedschaftsrechte und die Zeichner werden zu Aktionären105. Voraussetzung für die Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung sind nach § 188 AktG insbesondere die vollständige Deckung des Kapitalerhöhungsbetrags durch wirksame Zeichnungsverträge106 sowie die Leistung der Mindesteinlagen entsprechend dem Gründungsrecht, §§ 188 Abs. 2 Satz 1, 36 Abs. 2, 36a, 37 Abs. 1 AktG107. Dagegen sieht das GmbH-Recht eine getrennte Anmeldung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung und deren Durchführung nicht vor. Bei der GmbH erfolgt die Anmeldung der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung nach § 57 Abs. 1 GmbHG, nachdem das erhöhte Kapital durch die Übernahme von Geschäftsanteilen gedeckt ist, d. h., entsprechende Übernahmeverträge hinsichtlich der neuen Geschäftsanteile nach § 55 Abs. 1 GmbHG geschlossen wurden. Die Kapitalerhöhung ist von sämtlichen Geschäftsführern anzumelden, §§ 57 Abs. 1, 78, 1. Halbs. GmbHG. Bei der AG hat die Anmeldung der Erhöhung und der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats gemeinsam zu erfolgen, §§ 184 Abs. 1, 188 Abs. 1 AktG. Soll zur Durchführung eines Debt-Equity-Swaps die Kapitalerhöhung im Rahmen eines Kapitalschnitts erfolgen, so wird in der Regel angestrebt, dass Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung zu einem einheitlichen Zeitpunkt wirksam werden. In

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Schlüter, in: MüKo-BGB, § 397 Rdn. 6; Roth, in: MüKo-BGB, § 398 Rdn. 13 m. w. N. Hüffer-AktG, § 189 Rdn. 3. 106 Enthält der Kapitalerhöhungsbeschluss lediglich einen Mindestbetrag, so muss dieser erreicht werden. 107 Die beiden Anmeldungen können nach § 188 Abs. 4 AktG miteinander verbunden werden. 105

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

diesem Fall sind die jeweiligen Beschlüsse zur Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gleichzeitig zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden108. Gleiches gilt bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren. Hier ist nach § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO zusätzlich zu den Gesellschaftsorganen109 der Insolvenzverwalter berechtigt, die für den Eintritt der Wirksamkeit der Kapitalmaßnahmen erforderlichen Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen. 7. Fazit Die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps steht und fällt mit der Fassung und Durchführung der Beschlüsse der hierfür erforderlichen Kapitalmaßnahmen. Die Beschlüsse erfordern bei der AG und GmbH gleichermaßen zwingend die gesetzlich vorgeschriebenen Dreiviertelmehrheiten, soweit ein bislang außenstehender Gläubiger seine Forderungen in die Gesellschaft einbringt und somit zumindest ein teilweiser Bezugsrechtsausschluss unumgänglich ist. Ein Bezugsrechtsausschluss birgt grundsätzlich erhebliche Anfechtungsrisiken. In einer Sanierungssituation ist ein Bezugsrechtsausschluss allerdings regelmäßig einer materiellen Rechtfertigung zugänglich, wenn keine gleichwertigen Sanierungsmöglichkeiten bestehen und die mit einem Debt-Equity-Swap verbundene Entschuldungswirkung für den Fortbestand des Unternehmens zumindest ein mitentscheidender Faktor ist. Unabhängig von der Begründetheit von Anfechtungsklagen im Einzelfall besteht trotz der durch das aktienrechtliche Freigabeverfahren nach § 246a AktG geschaffenen Vollzugsmöglichkeiten weiterhin ein erhebliches Blockadepotenzial durch Anfechtungsklagen. Dies hängt maßgeblich mit der Komplexität der Fragen der Unternehmungsbewertung im Rahmen der Bewertungsrüge nach § 255 Abs. 2 AktG zusammen, die eine gerichtliche Feststellung im Freigabeverfahren erschwert, ob eine Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet ist oder die vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Gesellschaft ausfällt. Die mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen Anfechtungsrisiken können nach der Siemens/Nold-Rechtsprechung des BGHs erheblich vermindert werden, wenn die Sachkapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss durch die Ausnutzung genehmigten Kapitals erfolgen kann. Die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps aus genehmigtem Kapital in einer Sanierungssituation steht aber unter der Voraussetzung, dass ein auf einen Debt-Equity-Swap zugeschnittenes genehmigtes Kapital vorausblickend in einer ordentlichen Hauptversammlung geschaffen wird, bevor akuter Handlungsbedarf in einer Krisensituation eintritt. Selbst wenn die vorausschauende Schaffung von genehmigtem Kapital durch den Vorstand oder die Geschäftsführung vorgeschlagen würde, so ist in einer noch nicht deutlich zu Tage getretenen Krisensituation tendenziell nicht damit zu rechnen, dass sich die Gesellschafter zu einer solchen Entscheidung bereitfinden, die bei Durchführung der 108 109

Haberstock/Greitemann, in: Hölters-AktG, § 227 Rdn. 8. Braun/Frank, in: Braun-InsO, § 254a Rdn. 5.

II. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht

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Kapitalmaßnahmen durch Ausnutzung des genehmigten Kapitals zu einer weitreichenden Schmälerung ihrer Mitgliedschaftsrechte führen kann. Auch wenn dies die Sanierungschancen bei Eintritt einer Krisensituation verringert, werden die Bestandsgesellschafter regelmäßig erst unter dem Eindruck einer akuten oder sogar existenzgefährdenden Unternehmenskrise bereit sein, zur Krisenabwehr erforderliche Maßnahmen mit weitreichenden Auswirkungen auf ihre Mitgliedschaftsrechte zu beschließen.

II. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht Bevor nachfolgend Forderungen allgemein und insbesondere gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen als im Rahmens eines Debt-Equity-Swaps zur Kapitalerhöhung taugliche Einlagegegenstände untersucht werden, wird als Grundlage hierfür der im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht geltende Grundsatz der realen Kapitalaufbringung erörtert und zur Kapitalerhaltung abgegrenzt. Ausgangspunkt der Grundsätze der Kapitalaufbringung und -erhaltung sind die Regelungen des gesetzlichen Mindestkapitals der AG und GmbH sowie gegebenenfalls ein gesellschaftsrechtlich vereinbartes darüber hinausgehendes Kapital. Das Prinzip des Mindestkapitals hat durch die Schaffung der Unternehmergesellschaft als GmbHVariante durch das MoMiG eine Durchbrechung erfahren, sodass in diesem Zusammenhang der Frage nachzugehen ist, ob andere Gläubigerschutzsysteme gegenüber dem Konzept des gesetzlichen Mindestkapitals vorzugswürdig erscheinen. Daran anknüpfend gilt es abzuschätzen, ob weiter gehende Veränderungen der Mindestkapitalkonzeptionen für das Aktien- und GmbH-Recht zu erwarten sind. Des Weiteren wird die Relevanz des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung anhand der bei Festsetzung von Sacheinlagen und -übernahmen eingreifenden gesetzlichen Sicherungsmechanismen aufgezeigt sowie auf die komplementären Regelungen der Kapitalerhaltung eingegangen. 1. Grundlagen der Kapitalaufbringung Das Prinzip der realen Kapitalaufbringung folgt aus der Verfassung der AG und GmbH als Kapitalgesellschaften, deren zentrales Wesensmerkmal ein in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag als notwendiger Inhalt festgelegtes Grund- oder Stammkapital nach §§ 1 Abs. 2, 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG, § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG ist110. Mit der Aufbringung des Kapitals korrespondiert die grundsätzliche111 Freistellung der Haftung der Gesellschafter von den Verbindlichkeiten der Gesell110

Dauner-Lieb, in: KölKo-AktG, § 1 Rdn. 59; Heider, in: MüKo-AktG, § 1 Rdn. 91; Fleischer, in: MüKo-GmbHG, Einl. Rdn. 9; Raiser/Veil KapGesR, § 1 Rdn. 2. 111 Zu den gesetzlich geregelten Einschränkungen und zum Haftungsdurchgriff, vgl. Solveen, in: Hölters-AktG, § 1 Rdn 8 ff.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

schaft112; für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet den Gläubigern nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG nur das Gesellschaftsvermögen. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung bezieht sich auf das in der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag festgelegte und nach Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister verlautbarte Kapital der Gesellschaft. Es basiert auf dem dem ganzen Kapitalaufbringungsrecht zugrunde liegenden Prinzip, die tatsächliche und endgültige Aufbringung des verlautbarten Kapitals sicherzustellen113. Das Kapital steht der Gesellschaft als Betriebs- und Haftungskapital zur Verfügung und ist nicht etwa als Reserve auf einem Konto zu thesaurieren114. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung garantiert somit nicht den Erhalt von Vermögenswerten in Höhe der Stammkapitalziffer im Unternehmen, sondern sichert nur die einmalige Aufbringung des verlautbarten Kapitals bei der Gesellschaftsgründung sowie einer Kapitalerhöhung115. 2. Konzept des gesetzlichen Mindestkapitals – Grundsatz und Durchbrechung Grundlegend ist in diesem Zusammenhang die gesetzgeberische Entscheidung, den Kapitalgesellschaften ein nach Rechtsform gestaffeltes Mindestkapital vorzuschreiben116, welches als Mindestanforderung zur Kapitalausstattung der jeweiligen Gesellschaft durch Gesellschaftereinlagen erforderlich ist. Das Konzept des abstrakt bemessenen Mindestkapitals kann allerdings keine dem konkreten Zweck und Umfang des Unternehmens entsprechende Eigenkapitalausstattung gewährleisten117. Diese unternehmerische Entscheidung bleibt bei Errichtung der Gesellschaft den Gründern überlassen118, sodass sich in diesem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes die Frage einer Durchgriffshaftung der Gesellschafter bei materieller Unterkapitalisierung119 stellt120, die von der Rechtsprechung 112 Dies ist Ausdruck des sogenannten Trennungsprinzips. Zwischen den Rechten und Pflichten der Gesellschaft und denen der Gesellschafter und damit auch zwischen den jeweiligen Vermögenssphären ist strikt zu unterscheiden, vgl. Heider, in: MüKo-AktG § 1 Rdn. 45 ff.; Dauner-Lieb, in: KölKö-AktG, § 1 Rdn. 34 ff. 113 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 5; Heidinger, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 2. 114 K. Schmidt-GesR, § 29 II. 3. a); Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 5. Zur Zulässigkeit der Geschäftsaufnahme der Vorgesellschaft unter Verwendung von Gesellschaftereinlagen und zur Abgrenzung zwischen dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung sowie Vorbelastungsund Verlustdeckungshaftung vgl. Raiser/Veil KapGesR, § 26 Rdn. 42, 96. 115 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 2. 116 GmbH: 25 TEUR, § 5 Abs. 1 GmbHG; AG: 50 TEUR, § 7 AktG; SE: 120 TEUR, Art. 4 SE-VO. 117 K. Schmidt-GesR, § 9 IV. 4.a). 118 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 32. 119 Nach der Definition von Ulmer ist eine Gesellschaft unterkapitalisiert, „wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, um den nach Art und Umfang der angestrebten oder tatsächlichen Geschäftstätigkeit unter Berücksichtigung der Finanzierungsmethoden bestehenden, nicht

II. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht

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des BGHs aber bislang abgelehnt wurde121. Die Ablehnung einer Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung erscheint bereits deshalb zutreffend, da das System der Befreiung von der persönlichen Haftung bei Verwendung einer Kapitalgesellschaft ansonsten vielschichtigen einzelfallbezogenen Abgrenzungsfragen und somit unvertretbarer Rechtsunsicherheit ausgesetzt wäre. Zudem wurde das System des gesetzlich festgelegten Mindestkapitals der GmbH durch die Einführung der Unternehmergesellschaft in § 5a GmbHG im Rahmen der GmbH-Reform 2008122 teilweise durchbrochen. Eine Rechtsfigur, die einen über gesetzlich normierte Mindestkapitalanforderungen hinausgehenden Gläubigerschutz durch Ausstattung mit statutarischem Eigenkapital postuliert, ist durch diese gesetzgeberische Entscheidung noch grundlegenderen Zweifeln ausgesetzt123. Nunmehr kann eine GmbH nach § 5a Abs. 1 GmbHG auch mit einem das Mindeststammkapital nach § 5 Abs. 1 GmbHG unterschreitenden Stammkapital gegründet werden. Zur Unterscheidung im Rechtsverkehr hat die Unternehmergesellschaft abweichend von § 4 GmbHG mit dem Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ zu firmieren. Im Unterschied zur regulären GmbH sind Sacheinlagen ausgeschlossen und das gewählte Stammkapital ist nach § 5a Abs. 2 GmbHG bereits vor Anmeldung der Gesellschaft in voller Höhe einzuzahlen124. Nach der gesetzlichen Konzeption soll die Unterschreitung des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 GmbHG allerdings nicht von Dauer sein. Daher ist die Unternehmergesellschaft nach § 5a Abs. 3 GmbHG zur Bildung von Rücklagen im Umfang von einem Viertel des Jahresüberschusses verpflichtet125, welche von der Gesellschaft nach § 5a Abs. 5 GmbHG durch Kredite Dritter zu deckenden mittel- oder langfristigen Finanzbedarf zu befriedigen“. Ulmer, in: Hachenburg-GmbHG, 8. A., Anh. § 30 Rdn. 16. 120 Die Rechtsfigur der Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung wird seit Langem in der Literatur kontrovers diskutiert, vgl. zusammenfassend Merkt, in: MüKoGmbHG, § 13 Rdn. 339; K. Schmidt-GesR, § 9 IV. 4.; Bitter, in: Scholz-GmbHG, § 13 Rdn. 139 ff.; Raiser, in: Großkomm-GmbHG, § 13 Rdn. 136 ff. 121 BGH, Urteil vom 04. 05. 1977 – VII ZR 298/75, BGHZ 68, 312 = NJW 1977, 1449; BGH, Urteil vom 28. 04. 2008 – II ZR 264/06 GAMMA, BGHZ 176, 204 = NJW 2008, 2437. Dagegen hat das Bundessozialgericht in einem Fall eine Durchgriffshaftung bejaht, vgl. BSG, Urteil vom 07. 12. 1983 – 7 RAr 20/82, BSGE 56, 76 = NJW 1984, 2117. 122 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 123 Besteht für die UG schon keine gesetzliche Verpflichtung zur Ausstattung mit einem Mindestkapital, kann erst recht keine „angemessene“ Kapitalausstattung über die ungeschriebene Rechtsfigur der Unterkapitalisierung gefordert werden, so Gloger/Goette/Japing, ZInsO 2008, 1051, 1055 f.; Kleindiek, NZG 2008, 686, 688. Nicht überzeugend ist daher die Gegenposition, die eine „angemessene“ Kapitalausstattung der UG „in extrem gelagerten Fällen“ über die Rechtsfigur der Unterkapitalisierung sicherstellen will, so Habersack, ZGR 2008, 533, 559. 124 Kritik an der „Volleinzahlungspflicht“ bei der UG übt Cavin, S. 53 ff. 125 Die Konzeption der Bildung von Gewinnücklagen funktioniert in solchen Gestaltungen nicht, bei denen in der UG planmäßig kein Gewinn anfällt, bspw. bei der Verwendung einer UG

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

nur zum Verlustausgleich oder zu einer Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln nach § 57c GmbHG verwendet werden dürfen, solange das Stammkapital der Gesellschaft nicht auf oder über den Mindestbetrag nach § 5 Abs. 1 GmbHG erhöht wurde126. Auch wenn für die Grundform der GmbH am gesetzlichen Mindeststammkapital festgehalten wurde, stellt die GmbH-Variante der Unternehmergesellschaft die dem Mindeststammkapital üblicherweise zugeschriebenen Hauptfunktionen einer Seriositätsschwelle127 für die Zulassung einer Kapitalgesellschaft im Rechtsverkehr128 und einen von den Gesellschaftern zugunsten der Gesellschaftsgläubiger ¢ als Kompensation für den Ausschluss der persönlichen Haftung (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG) ¢ zu erbringenden Beitrag in Frage129. 3. Überlegenheit anderer Gläubigerschutzsysteme gegenüber dem Konzept des Mindestkapitals? Aufgrund der soeben dargestellten teilweisen Durchbrechung des Konzepts eines gesetzlich bestimmten Mindestkapitals bei der Unternehmergesellschaft ist nicht mit Sicherheit absehbar, ob das Konzept des Mindestkapitals für Kapitalgesellschaften insgesamt auf Dauer Bestand haben wird130. Für die Aktiengesellschaft sind Mindestkapitalanforderungen zwar auch gemeinschaftsrechtlich durch Art. 6 Abs. 1 der Zweiten Kapitalrichtlinie131 vorgegeben, für das GmbH-Recht wurde dagegen im Vorfeld der GmbH-Reform durch das MoMiG eine intensive wissenschaftliche Diskussion darüber geführt, ob nicht andere Gläubigerschutzsysteme gegenüber einem gesetzlich fixierten Mindestkapital vorzugswürdig erscheinen.

als Komplementärin einer Kommanditgesellschaft (UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG), die allein die Geschäftsführung gegen eine kostendeckende Pauschalvergütung übernimmt. Zu den zulässigen Gestaltungsspielräumen und unzulässigen Umgehungsstrategien vgl. Lutter/ Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5a Rdn. 39 ff., 42 ff. 126 Eingehend zur Unternehmergesellschaft im System der Kapitalgesellschaften, Veil, ZGR 2009, 623 ff. 127 Zur Rechtsökonomik des Mindestkapitals im GmbH-Recht, Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433. 128 Lutter, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 1 Rdn. 24; Raiser/Veil, KapGesR, § 1 Rdn. 2. Aufgrund der geringen Höhe des Mindestkapitals wird dieses aber teilweise als nur bedingt geeignet angesehen, die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen rechtfertigen zu können, so Fock, in: Spindler/Stilz-AktG, § 1 Rdn. 83; Dauner-Lieb, in: KölKo-AktG, § 1 Rdn. 59. 129 Hüffer-AktG, § 1 Rdn. 10; Heider, in: MüKo-AktG, § 1 Rdn. 95; Anschaulich Goette, DStR 2005, 197: „Eintrittskarte“ in die „schöne Welt“ der beschränkten Haftung. 130 So bereits unter anderen Vorzeichen, Merkt, ZGR 2004, 305. 131 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung des Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977.

II. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht

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Ausgangspunkt waren hierbei die Vorschläge der sogenannten Rickford-Gruppe, die ein an einem Solvenztest („solvency test“) ausgerichtetes Kapitalschutzsystem favorisierte132. Der sich anschließende vielschichtige Diskurs ¢ welcher vorliegend nicht im Einzelnen vertieft werden soll133 ¢ wurde dabei insbesondere mit Blick auf das Gesellschaftsrecht jener US-Bundesstaaten geführt, die ohne „legal capital“ operieren134. Nachdem eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie135 zu dem Ergebnis kam, dass keines der beiden Gläubigerschutzsysteme überlegen sei, scheint das Thema auf europäischer Seite an Gewicht verloren zu haben, sodass für das Aktienrecht kurz- bis mittelfristig keine Impulse des europäischen Gesetzgebers zu erwarten sind136. Nach der „großen“ GmbH-Reform durch das MoMiG im Jahr 2008 ¢ durch die einerseits das Konzept des gesetzlichen Mindestkapitals durch die Schaffung der Unternehmergesellschaft durchbrochen und andererseits das Gläubigerschutzsystem der GmbH und der AG durch Elemente eines Solvenztests („solvency test“) in § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG erweitert wurde137 ¢ erscheint zum jetzigen Zeitpunkt für die GmbH eine weiter gehende Abkehr vom Konzept des gesetzlichen Mindestkapitals durch den deutschen Gesetzgeber kurzbis mittelfristig ebenfalls unwahrscheinlich. Ungeachtet möglicher gesetzgeberischer Änderungen im Bereich der Mindestkapitalanforderungen werden die mit der Kapitalaufbringung zusammenhängenden Fragestellungen aber jedenfalls für den Bereich eines gesellschaftsvertraglich bestimmten Kapitals unverändert ihre Relevanz behalten. 4. Besondere Sicherungsmechanismen der Kapitalaufbringung bei Sacheinlagen und Sachübernahmen Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung wird im Gesetz zwar nicht ausdrücklich benannt, ist aber in einer Vielzahl von Vorschriften des AktG und GmbHG verankert138. Ausgangspunkt ist hierbei das in §§ 9 Abs. 1, 36a Abs. 2 Satz 3 AktG 132

Rickford, EBLR 2004, 919. Eingehend zu Alternativen zum System des Nennkapitals, Nicoleyczik, Gläubigerschutz zwischen Gesetz und Vertrag, S. 1 ff. 134 Merkt, ZGR 2004, 305 ff.; Blaurock, in: Festschrift Raiser, 2005, 3 ff. sowie Eidenmüller/Grunewald/Noack, Pentz/Priester/Schwana, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, ZGR Sonderheft 17, 2006. 135 Durchführbarkeitsstudie der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über Alternativen zum System der Kapitalerhaltung, das von der Zweiten Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts 77/91/EWG vom 13. 12. 1976 eingeführt wurde, sowie Analyse der Auswirkungen des neuen Bilanzierungssystems der EU auf die Gewinnausschüttung, Januar 2008; abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/compa ny/capital/index_de.htm [Stand: 05. 03. 2014]. 136 Raiser/Veil KapGesR, § 8 Rdn. 30. 137 Vgl. hierzu oben, 1. Kapitel, I. 2. 138 Vgl. für das Aktienrecht die Aufzählung bei Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 5; im GmbH-Recht sichern die §§ 5 Abs. 4; 7 Abs. 2 u. 3; 8 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5, Abs. 2; 9; 9a; 9b; 9c Abs. 1 Satz 2, 19 GmbHG den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. 133

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

niedergelegte Verbot der Unterpari-Emission, welches ohne ausdrückliche Normierung gleichfalls im GmbH-Recht gilt139. Danach ist eine Ausgabe von Nennbetragsaktien oder Geschäftsanteilen für einen geringeren Betrag als den Nennbetrag der Aktie oder des Geschäftsanteils unzulässig140. Die tatsächliche Aufbringung der zur Deckung des Nennbetrags erforderlichen Gegenwerte ist insbesondere dann gefährdet, wenn Sacheinlagen oder -übernahmen vereinbart werden. In diesem Fall besteht die Gefahr einer Überbewertung der Einlage- oder Übernahmegegenstände, was dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung zuwiderlaufen würde141. Es besteht aber grundsätzlich ein praktisches Bedürfnis zur Zulassung von Sacheinlagen und -übernahmen zum Zwecke der Kapitalaufbringung142, sodass das Gesetz diese grundsätzlich zulässt143, mit der Zulassung aber verschiedene Sicherungsmechanismen verknüpft, mit denen der Gefahr einer Überbewertung von Sacheinlagen und Sachübernahmen entgegengewirkt wird144. Im Zentrum der Regelungen stehen dabei die Offenlegungs- und Prüfungspflichten für Sacheinlagen und -übernahmen der §§ 27 Abs. 1, 183 AktG, §§ 5 Abs. 4, 56 GmbHG, §§ 32, 33 ff., 183 AktG, welche durch den Umgehungsschutz bei einer verdeckten Sacheinlage (§ 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG), dem Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs. 4 AktG, § 19 Abs. 5 GmbHG), den aktienrechtlichen Nachgründungsregeln (§ 52 AktG) und der Differenzhaftung des Einlegers bei Überbewertung der Sacheinlage (§§ 9 Abs. 1, 56 Abs. 2 GmbHG) vervollständigt werden. 5. Absicherung der Kapitalaufbringung durch das Kapitalerhaltungsrecht Komplementär zur Absicherung der Kapitalaufbringung verhindert das Kapitalerhaltungsrecht die Rückführung des eingelegten Kapitals an die Gesellschafter145, wobei die Vermögensbindung im GmbH-Recht hinter der des Aktienrechts 139 Allgemeine Meinung, BGH, Urteil vom 14. 03. 1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191 = NJW 1977, 1196; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 49; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 25. 140 Im Fall der Stückaktie gilt nach § 9 Abs. 1 AktG Entsprechendes für den auf die einzelne Stückaktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals. 141 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 6. 142 Dazu Cavin, S. 135 f. 143 Sacheinlagen sind lediglich bei der UG (§ 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG) und nach einer Kapitalherabsetzung unter das gesetzliche Mindestkapital bis zum Erreichen des gesetzlichen Mindestkapitals ausgeschlossen (§ 228 Abs. 1 AktG, § 58a Abs. 4 Satz 1 GmbHG). Im GmbHRecht ist die Möglichkeit einer Herabsetzung des Kapitals unter die Mindeststammkapitalziffer auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung und damit auf Sanierungssituationen beschränkt, während eine Unterschreitung der Mindeststammkapitalziffer im Aktienrecht nach § 228 AktG auch bei einer ordentlichen Kapitalherabsetzung möglich ist, vgl. Vetter, in: MüKo-GmbHG, § 58a Rdn. 92. 144 BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982; Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 1; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 3. 145 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 4.

II. Grundsatz der realen Kapitalaufbringung im GmbH- und Aktienrecht

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zurückbleibt146. Während im Aktienrecht nach herrschender Lehre durch § 57 AktG eine Bindung des gesamten Gesellschaftsvermögens besteht147 und daher ¢ abgesehen vom Bilanzgewinn ¢ keinerlei Leistungen an die Aktionäre gewährt werden dürfen, binden die §§ 30 Abs. 1, 31 GmbHG bei der GmbH lediglich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Gesellschaftsvermögen148. Der Regelungsbereich der verbotenen Einlagenrückgewähr wurde im GmbH- und Aktienrecht durch das MoMiG erheblich modifiziert. Ausgenommen vom Verbot der Einlagenrückgewähr sind nunmehr insbesondere Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Durch diese Regelung in § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG, § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG sollte vorrangig das sogenannte Cash-Pooling als konzerninternes Instrument zur Liquiditätssteuerung149 nach dem ergangenen „November-Urteil“ des BGHs150 rechtssicher ausgestaltet werden. Ausweislich der Regierungsbegründung zum MoMiG kehrt der Gesetzgeber damit ausdrücklich zu einer bilanziellen Betrachtungsweise der kapitalgesellschaftsrechtlichen Vermögensbindung zurück151. Weiter unterliegt seit Inkrafttreten des MoMiG auch die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG nicht mehr dem Verbot der Einlagenrückgewähr nach den Regeln des zum GmbH-Recht entwickelten, aber auch auf das Aktienrecht übertragenen152, Kapitalersatzrechts der §§ 32a, 32b GmbHG a. F. in Kombination mit den sogenannten Rechtsprechungsregeln des BGHs153. Die Besicherung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen durch die Gesellschaft und die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen sind danach

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Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 30 Rdn. 4. Zum gebundenen Gesellschaftsvermögen der AG gehört auch die gesetzliche Rücklage nach § 150 AktG, vgl. Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 30 Rdn. 4; Waclawik, in: Hölters-AktG, § 150 Rdn. 15. 148 Für eine Verschärfung der Kapitalerhaltungsbestimmungen bei der GmbH und eine Angleichung an das aktienrechtliche Schutzniveau de lege ferenda spricht sich Fleischer, ZGR 2001, 1, 13 f., aus. 149 Vgl. zum Cash-Pooling Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 30 Rdn. 37; Laubert, in: Hölters-AktG, § 57 Rdn. 17 f. 150 BGH, Urteil vom 24. 11. 2003 – II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 = NJW 2004, 1111. 151 Begr. RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140 S. 41, 51. 152 Die vom BGH entwickelten Grundsätze über die Behandlung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen waren auch auf die AG unter der Voraussetzung entsprechend anzuwenden, dass der Gläubiger an der Gesellschaft unternehmerisch (mehr als 25 % des Grundkapitals) beteiligt war oder, bei einer unter 25 % liegenden Beteiligung, weitreichende Einflussmöglichkeiten auf die Unternehmensführung ähnlich einer Sperrminorität hatte, vgl. BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381 = NJW 1984, 1893. 153 Zum „System“ der kapitalersetzenden Gesellschafterleistungen vor Inkrafttreten des MoMiG vgl. K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, 10. A., Kommentierung zu §§ 32a, 32b. Zur Fortgeltung der „Rechtsprechungsregeln“ neben §§ 32a, 32b GmbHG a. F. nach der GmbHReform von 1980, BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 = NJW 1984, 1891. 147

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

grundsätzlich zulässig154 und außerinsolvenzlich nur im Ausnahmefall mit den Mitteln der Gläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz angreifbar. In einer Insolvenz der Gesellschaft besteht unter den Voraussetzungen des § 135 InsO die Möglichkeit der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter155. 6. Fazit Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung verfolgt die Sicherstellung der tatsächlichen Aufbringung des gesetzlich normierten Mindestkapitals bei der Gesellschaftsgründung sowie eines gegebenenfalls darüber hinausgehenden vereinbarten Kapitals bei Gründung oder einer Kapitalerhöhung. Die Konzeption des gesetzlichen Mindestkapitals wurde durch die Schaffung der Unternehmergesellschaft im Rahmen der GmbH-Reform 2008 teilweise durchbrochen. Die dem MoMiG vorangegangene Diskussion über ein alternatives Gläubigerschutzkonzept, welches ohne gesetzliches Mindestkapital operiert, hat zu keinem eindeutigen Befund geführt, der eines der beiden gegenübergestellten Systeme als vorzugswürdig erscheinen lässt. Nach dem aktuellen Stand sind insoweit kurz- bis mittelfristig keine weiteren Änderungen an der Mindestkapitalkonzeption von AG und GmbH zu erwarten. Ergänzt wird das Kapitalaufbringungsrecht durch das Kapitalerhaltungsrecht. Die Kapitalaufbringung ist insbesondere bei der Festsetzung von Sacheinlagen und -übernahmen der Gefahr von Überbewertungen ausgesetzt, der das Gesetz mit Sicherungsmechanismen bei Gesellschaftsgründung und Kapitalerhöhung begegnet. Da die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps den Beschluss und die Durchführung einer Kapitalerhöhung erfordert, erweist sich der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung hierbei als Grundlage für die weitere Beurteilung und Behandlung von Forderungen allgemein und insbesondere gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen als Einlagegegenstand. In diesem Kontext strahlt der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung auf die nachfolgenden Erörterungen zu Forderungen als Einlagegegenstand aus und kehrt schließlich im zentralen Untersuchungsfeld der Arbeit bei der Fragestellung wieder, ob mit Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand stets in Höhe ihres Nominalbetrags junge Aktien oder Geschäftsanteile übernommen werden können oder, abhängig von der Vermögenslage der Gesellschaft, lediglich in Höhe ihres wirtschaftlichen Wertes.

154 Zahlungen an Gesellschafter und die Besicherung von Forderungen von Gesellschaftern sind nach § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG nur unzulässig, wenn dies zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt. 155 Rückzahlungsansprüche aus noch nicht getilgten Gesellschafterdarlehen sind nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangige Insolvenzforderungen.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung Zur Hinführung auf die nachfolgende Untersuchung der Frage nach der Erforderlichkeit einer Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap werden in diesem Abschnitt Forderungen als Einlagegegenstand und deren Fähigkeit zur Kapitalaufbringung, insbesondere in der Situation einer Kapitalerhöhung, behandelt. Zunächst werden die Kriterien für die Zuordnung von Forderungen als Einlagegegenstand in die Kategorie der Bar- oder Sacheinlage dargelegt und es wird untersucht, ob für das Aktienrecht die Beurteilung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen europarechtlich durch Bestimmungen der Zweiten Kapitalrichtlinie vorgegeben ist. Sodann wird der Frage nachgegangen, inwieweit allgemein formulierte Anforderungen als zur Beurteilung der Sacheinlagefähigkeit tauglich sind. Daran anknüpfend wird die Einlagefähigkeit von Forderungen in den unterschiedlichen GläubigerSchuldner-Konstellationen herausgearbeitet und die hierbei bestehenden Widersprüchlichkeiten aufgegriffen sowie die Einlagefähigkeit von Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft im Einzelnen erörtert. 1. Zuordnung von Forderungen als Einlagegegenstand in die Kategorien der Bar- und Sacheinlage a) Gesetzlich statuierter Vorrang der Bareinlage Im Ausgangspunkt wird im Aktien- und GmbH-Recht gleichermaßen zwischen Bar- und Sacheinlagen unterschieden. Nach der gesetzlichen Konzeption ist die Kapitalaufbringung bei Gründung und Kapitalerhöhung durch Bareinlage der vorgesehene Regelfall. Die Gesellschafter haben den Ausgabebetrag der Aktien einzuzahlen bzw. eine Einlage in Höhe der festgesetzten Nennbeträge der Geschäftsanteile in Geld zu erbringen, soweit in der Satzung nicht Sacheinlagen festgesetzt wurden. § 54 Abs. 2 AktG spricht dies ausdrücklich aus, für das GmbH-Recht ergibt sich die Einlagepflicht auf den Geschäftsanteil seit dem MoMiG aus § 14 GmbHG156. Komplementärregelungen, welche die Befreiung der Gesellschafter von den Leistungspflichten untersagen und die Mindesteinzahlungsverpflichtung in Höhe eines Viertels des Nennbetrags der Aktien oder Geschäftsanteile vor der Anmeldung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung bestimmen, finden sich in §§ 66 Abs. 1, 37 Abs. 1, 36a Abs. 1 AktG, §§ 19 Abs. 2, 7 Abs. 2 GmbHG. Der grundsätzliche Vorrang der Bargründung und Kapitalerhöhung gegen bar findet nach der herrschenden Ansicht darin seinen Ausdruck, dass eine Sacheinlageverpflichtung die

156 Entgegen RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 37, hat § 14 Satz 1 GmbHG nicht nur deklaratorischen Charakter, sondern normiert nach seinem Wortlaut konstitutiv die Pflicht des Gesellschafters zur Einlageleistung, vgl. Reichert/Weller, in: MüKo-GmbHG, § 14 Rdn. 5.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Geldzahlungspflicht nur überlagern, aber nicht verdrängen kann157: Lassen sich Sacheinlageverpflichtungen aufgrund von Leistungsstörungen nicht erfüllen oder erweist sich eine Sacheinlageverpflichtung als unwirksam, ist die Einlage in Geld zu leisten158. Nach anderer Ansicht wird unter Verweis auf das Befreiungs- und Aufrechnungsverbot für Schadensersatzverpflichtungen des Aktionärs wegen nicht gehöriger Leistungen von Sacheinlagen nach § 66 Abs. 2 AktG von einem Gleichrang zwischen Bar- und Sacheinlage ausgegangen159. Dabei bleibt aber unberücksichtigt, dass § 66 Abs. 2 AktG nach vorzugswürdiger Ansicht ¢ soweit der Norm überhaupt ein Anwendungsbereich verbleiben soll ¢ nur Schadensersatzansprüche der Gesellschaft erfasst, die über die Höhe der Bareinlageschuld hinausgehen, während die Bareinlageschuld selbst bereits § 54 Abs. 1 AktG unterliegt und somit vom Befreiungs- und Aufrechnungsverbot des § 66 Abs. 1 AktG erfasst wird160. Aus § 66 Abs. 2 AktG lässt sich somit keine tragfähige Aussage über das Verhältnis von Barzu Sacheinlagen ableiten, sodass im Ergebnis von dem grundsätzlichen Vorrang der Bareinlage auszugehen ist. Dies darf allerdings nicht zu der Annahme führen, bei Festsetzung einer Sacheinlage habe der Inferent ein Wahlrecht im Sinne des § 262 BGB. Ist in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss eine Sacheinlage festgesetzt worden161, so kann der Gründer bzw. Gesellschafter grundsätzlich nur durch Einlage des festgesetzten Gegenstands seine Einlageverpflichtung erfüllen. Dies liegt darin begründet, dass es den übrigen Gesellschaftern bei Festsetzung einer Sacheinlage in der Regel gerade auf die Einlage des entsprechenden Gegenstandes 157 Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 2; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 63, Solveen, in: HöltersAktG, § 27 Rdn. 5; Laubert, in: Hölters-AktG, § 54 Rdn. 8; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 65; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 29. 158 Die Folgen von Willensmängeln und Leistungsstörungen bei Abschluss von Sacheinlagevereinbarungen sind nicht spezialgesetzlich geregelt. Im Ergebnis werden die allgemeinen zivilrechtlichen Folgen durch den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung überlagert. Das allgemeine zivilrechtliche Leistungsstörungsrecht findet auf Sacheinlagevereinbarungen nur insoweit Anwendung, als die Entstehung der Gesellschaft mit dem festgelegten Grundkapital sichergestellt ist, vgl. Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 11; Solveen, in: Hölters-AktG, § 27 Rdn. 13. Daher verpflichtet bspw. die Unmöglichkeit der Leistung aus der Sacheinlagevereinbarung dazu, die Einlage in Geld zu leisten, BGH, Urteil vom 02. 05. 1966 – II ZR 219/63, BGHZ 45, 338 = NJW 1966, 1311. 159 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 13 f.; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 27. 160 Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 63. Nach überwiegender Auffassung ist § 66 Abs. 2 AktG dagegen in Bezug auf Schadensersatzansprüche wegen nicht gehöriger Leistung von Sacheinlagen überflüssig, da über den Einlagebetrag hinausgehende Ersatzansprüche für die Gesellschaft disponibel seien, vgl. Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG § 66 Rdn. 20; HüfferAktG, § 66 Rdn. 10; Drygala, in: KölKo-AktG, § 66 Rdn. 5; Gehrlein, in: Großkomm-AktG, § 66 Rdn. 5. Dagegen sieht Bayer a. a. O. auch Sacheinlageverpflichtungen, die den Ausgabebetrag der Aktien im Wert übertreffen, als im vollen Umfang der Kapitalbindung der §§ 54, 66 AktG unterworfen an. 161 § 27 Abs. 1 AktG, § 5 Abs. 4 GmbHG; § 183 Abs. 1 AktG, § 56 Abs. 1 GmbHG.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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ankommt162. Ein besonderes Interesse besteht in der Regel bei Festsetzung der Einlage eines Unternehmens oder Grundstücks. Aber auch bei einem avisierten Debt-Equity-Swap kann in den nachfolgend angeführten Konstellationen gerade ein Bedürfnis der Schuldnergesellschaft an der Einbringung von gegen diese gerichtete Forderungen bestehen: • Zunächst ist es möglich, dass ein besonderes Interesse der Gesellschaft an dem Wegfall der Verbindlichkeiten existiert, um durch die mit dem Passivtausch von Fremd- in Eigenkapital verbundene Entschuldungswirkung eine angestrebte verbesserte Bilanzrelation, insbesondere der für Fremdkapitalfinanzierungen relevanten Eigenkapitalquote, zu erreichen. Die bilanzielle Entlastungswirkung umfasst dabei neben der Darlehensrückzahlungsverpflichtung auch die Zinsverbindlichkeiten, die einschließlich der sogenannten antizipativen Zinsabgrenzung in der Bilanz zu passivieren sind163. Würde der Inferent stattdessen eine Bareinlage erbringen, würde sich die Eigenkapitalquote durch die eintretende Bilanzverlängerung nicht so stark erhöhen wie bei Entfallen der relevanten Verbindlichkeiten durch Umwandlung in Eigenkapital. • Die Schuldnergesellschaft kann zudem ein spezifisches Interesse an dem Wegfall der relevanten Verbindlichkeiten haben, um hierdurch mittelbare positive Liquiditätseffekte zu erzielen, insbesondere um hohe Zinslasten und anstehende Tilgungsleistungen auf das bisherige Fremdkapital zu vermeiden. • Schließlich wäre eine Bareinlage des Gesellschafters und eine sich anschließende Tilgung der Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft gegenüber dem Inferenten dem Vorwurf der verdeckten Sacheinlage oder des Hin- und Herzahlens ausgesetzt, was bei einem engen zeitlichen Zusammenhang nach der Rechtsprechung zu vermuten ist164. b) Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage Der Abgrenzung von Bar- und Sacheinlagen kommt besondere praktische Relevanz zu, da bei einer Qualifikation als Sacheinlage bei Gründung und Kapitalerhöhung die Sacheinlagevorschriften, insbesondere hinsichtlich des Sachgründungsberichts nach § 32 Abs. 2 AktG, § 5 Abs. 4 GmbHG sowie der aktienrechtlichen Sachgründungs- oder Sachkapitalerhöhungsprüfung, durch externe Prüfer nach §§ 33 Abs. 2 Nr. 4, 183 Abs. 3 AktG einzuhalten sind. Weiter unterliegt die Gründung und Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen der registerrechtlichen Werthaltigkeitskontrolle nach §§ 38 Abs. 2 Satz 2, 184 Abs. 3 AktG, §§ 9c Abs. 1, 57a 162

A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 12. Reiner/Haußer, in: MüKo-HGB, § 266 Rdn. 113. 164 BGH, Urteil vom 04. 03. 1996 – II ZR 89/95, BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754. 163

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

GmbHG, wonach der Registerrichter die Eintragung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung abzulehnen hat, soweit der Wert der Sacheinlagen nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt oder Sacheinlagen nicht unwesentlich überbewertet worden sind165. aa) Bareinlage Eine Bar- oder Geldeinlage liegt nach §§ 27 Abs. 1, 54 Abs. 2 AktG vor, wenn die Einlageleistung durch Einzahlung des Ausgabebetrags der Aktien erbracht wird. Die Einzahlung des in §§ 36a Abs. 1, 36 Abs. 2, 188 Abs. 2 AktG bestimmten Mindestbetrags in Höhe eines Viertels des Nennbetrags jeder Aktie hat nach § 54 Abs. 3 AktG vor Anmeldung der Gesellschaft oder Durchführung einer Kapitalerhöhung mit im Inland geltenden gesetzlichen Zahlungsmitteln166 oder durch Gutschrift auf einem in Euro geführten Konto167 der Gesellschaft bei einem vom Gesetz zugelassenen Kreditinstitut oder Unternehmen zu erfolgen168. Entsprechendes gilt gemäß §§ 14, 7 Abs. 2 Satz 1, 56a GmbHG und einer ¢ nach vorzugswürdiger Auffassung ¢ entsprechenden Anwendung des § 54 Abs. 3 AktG im GmbH-Recht169.

165 Die aktienrechtliche Formulierung („kann die Eintragung … ablehnen“) räumt dem Registergericht im Gegensatz zum Wortlaut des § 9c GmbHG („hat … die Eintragung abzulehnen“) Ermessen ein. Dies bezieht sich lediglich auf die Beurteilung, ob eine festgestellte Wertdifferenz sich in der üblichen Bandbreite an Bewertungsdifferenzen hält oder diese Bandbreite überschritten wurde. In letzterem Fall besteht kein Ermessen und die Eintragung ist abzulehnen, vgl. Hüffer-AktG, § 38 Rdn. 9; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 38 Rdn. 41. 166 Gesetzliche Zahlungsmittel sind Euro-Noten und auf Euro oder Eurocent lautende Münzen, § 14 Abs. 1 BBankG, Art. 128 Abs. 1 AEUV. 167 Bei Gutschriften in anderen Währungen als Euro kann es zwischen Gutschrift und Anmeldung der Gesellschaft zu Wechselkursverlusten kommen, wenn die Währung nicht an den Euro gekoppelt ist. Zur Zulässigkeit von Gutschriften in Fremdwährungen Laubert, in: Hölters-AktG, § 54 Rdn. 13; Hüffer-AktG, § 54 Rdn. 16; Bungeroth, in: MüKo-AktG, § 54 Rdn. 66. Für Wechselkursverluste haftet nach § 48 Satz 1 AktG grundsätzlich der Vorstand, der die Zahlung auf ein Fremdwährungskonto gestattet hat. Die Gründer haften nach § 46 Abs. 1 Satz 2 AktG, wenn sie den Vorstand zur Zulassung der Einzahlungen auf ein Fremdwährungskonto veranlasst haben, vgl. Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz-AktG, § 54 Rdn. 57. 168 Zum Kreis der nach § 54 Abs. 3 AktG in Betracht kommenden Unternehmen, Bungeroth, in: MüKo-AktG, § 54 Rdn. 58 ff. 169 Nach überwiegender Auffassung gelten die Einzahlungsmodalitäten des § 54 Abs. 3 AktG im GmbH-Recht analog, LG Frankenthal, Urteil vom 25. 01. 1996 – 2 HK O 24/95, GmbHR 1996, 356; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 7 Rdn. 32; Schaub, in: MüKoGmbHG, § 7 Rdn. 65. Die Gegenansicht lehnt eine Analogie ab, vgl. Veil, in: Scholz-GmbHG, § 7 Rdn. 30. Abgesehen von der Analogiefähigkeit der Norm steht aber die sinngemäße Heranziehung der aktienrechtlichen Regelung nicht in Frage. Der Gesetzgeber hatte in § 5a GmbHG-RegE 1977 eine entsprechende Regelung vorgesehen, welche nicht Gesetz geworden ist, da sie nach Ansicht des Rechtsausschusses lediglich „geltendes ungeschriebenes Recht“ enthalten hätte, vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 8/3908, S. 70 f.

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bb) Sacheinlage Während § 5 Abs. 4 GmbHG den Begriff der Sacheinlage ohne Definition verwendet, wird in § 27 Abs. 1 Satz 1 AktG der Begriff der Sacheinlage zunächst negativ legaldefiniert als: „Einlagen, die nicht durch Einzahlung des Ausgabebetrags der Aktien zu leisten sind (Sacheinlage).“

Danach besteht nach der gesetzgeberischen Konzeption ein Dualismus zwischen Bar- und Sacheinlagen, wobei jede Einlageleistung, die nicht in Geld besteht, eine Sacheinlage darstellt170. Andere Einlageformen als Bar- und Sacheinlage kennt das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht de lege lata nicht. Innerhalb der Kategorie der Sacheinlagen wird im Aktienrecht zwischen Sacheinlagen im engeren Sinne und Sachübernahmen unterschieden, § 27 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AktG. Eine Sachübernahme liegt bei der Übernahme von vorhandenen oder herzustellenden Anlagen oder anderen Vermögensgegenständen durch die Gesellschaft vor. Dabei erfolgt die Übernahme gegen Vergütung, die nicht in der Ausgabe von Aktien besteht171. Anders als im GmbH-Recht kommt es für eine Qualifikation als Sachübernahme nicht auf das Vorliegen einer Verrechnungsabrede hinsichtlich der Einlagepflicht mit einem Vergütungsanspruch an172. Liegt eine Verrechnungsabrede vor, so gilt die Sachübernahme gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 AktG als Sacheinlage. Da nicht notwendig ein Bezug zwischen Sachübernahme und Einlagepflicht besteht, kann im Aktienrecht (anders als nach § 5 Abs. 4 GmbHG) auch ein Dritter Partei einer Sachübernahmevereinbarung sein173. Satzungspublizität ist aber auch in diesem Fall wegen des Risikos der Festsetzung überhöhter Vergütungen geboten174. Dagegen wird im GmbH-Recht seit der GmbH-Novelle im Jahr 1980 in § 5 Abs. 4 GmbHG nicht mehr zwischen Sacheinlage im engeren Sinne und Sachübernahme unterschieden175. Der Gesetzgeber verwendet seither die Sacheinlage im GmbHG als Oberbegriff, welcher sowohl die Sacheinlage im engeren Sinne als auch die Sach-

170 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 57; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 84, 114; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 34; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 14. 171 Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 5. 172 Vgl. BGH, Urteil vom 10. 11. 1958 – II ZR 3/57; BGHZ 28, 314, 318 = NJW 1959, 383. 173 Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 25 f.; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 61 f.; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 118. 174 Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 5. 175 Bis zur Neufassung von § 5 Abs. 4 GmbHG durch die GmbH-Novelle 1980 lautete dieser: „Sollen von Gesellschaftern Einlagen, die nicht in Geld zu leisten sind, auf das Stammkapital gemacht oder soll die Vergütung für Vermögensgegenstände, welche die Gesellschaft übernimmt, auf Stammeinlagen angerechnet werden, so muss die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Einlage oder Übernahme sowie der Geldwert, für welchen die Einlage angenommen wird, oder die für die übernommenen Gegenstände zu gewährende Vergütung im Gesellschaftsvertrage festgesetzt werden“.

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übernahme umfasst176. Da vorliegend Forderungen als Einlagegegenstand den Untersuchungsgegenstand bilden, bezieht sich die nachfolgende Verwendung des Begriffs der Sacheinlage ¢ soweit nicht anders gekennzeichnet ¢ auf Sacheinlagen im engeren Sinne. Negativ abgegrenzt wird der Bereich der sacheinlagefähigen Gegenstände weiter durch § 27 Abs. 2, 2. Halbs. AktG, welcher Verpflichtungen zu Dienstleistungen die Eignung als Sacheinlage abspricht. Nicht eindeutig ist die Reichweite dieses Ausschlusses, der auf Art. 7 Abs. 2 der Zweiten Kapitalrichtlinie beruht: Einerseits ist die mangelnde Einlagefähigkeit von Dienstleistungsverpflichtungen der Gesellschafter und von diesen abhängigen Gesellschaften aufgrund der gesetzlichen Regelung anerkannt und wurde für das Aktien- und GmbH-Recht durch den BGH in den Urteilen Qivive177 (2009) und EUROBIKE178 (2010) bestätigt179. Andererseits besteht Uneinigkeit hinsichtlich der Einlagefähigkeit von Dienstleistungsverpflichtungen Dritter, welche von der herrschenden Meinung ebenfalls abgelehnt180, nach anderer Ansicht dagegen für zulässig erachtet wird181. Die aufgezeigten Positionen werden wegen der nachfolgenden Fokussierung auf Forderungen als Einlagegegenstand nicht weiter erörtert. Angemerkt sei allerdings, dass § 27 Abs. 2, 2. Halbsatz AktG auf der Umsetzung von Art. 7 Satz 2 der Zweiten Kapitalrichtlinie basiert und diese nach meiner Einschätzung einen generellen Ausschluss der Einlagefähigkeit von Verpflichtungen zu Dienstleistungen ¢ unabhängig von der Person des Dienstverpflichteten ¢ nahelegt. Nach den dargelegten Abgrenzungskriterien für Bar- und Sacheinlagen können Forderungen als Einlagegegenstand mangels Einzahlung des Ausgabebetrags der Aktien oder Geschäftsanteile nicht als Bareinlage qualifiziert werden. Danach kommen Forderungen allgemein nur als Gegenstand der Sacheinlage in Betracht, 176 Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 31, 73; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 56 Rdn. 6 f.; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 57. An der Verwendung des Begriffs der Sacheinlage als Oberbegriff hat sich auch durch die Aufhebung des dies klarstellenden § 19 Abs. 5 GmbHG a. F. durch das MoMiG nichts geändert, da der Gesetzgeber insoweit keine inhaltliche Änderung vorgenommen hat, vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 16. 177 BGH, Urteil vom 16. 02. 2009 – II ZR 120/07 Qivive, BGHZ 180, 38 = NJW 2009, 2375. 178 BGH, Urteil vom 01. 02. 2010 – II ZR 173/08 EUROBIKE, BGHZ 184, 158 = NJW 2010, 1747. 179 Der BGH hat die Sacheinlagefähigkeit von Dienstleistungsverpflichtungen von Gesellschaftern und einer Tochtergesellschaft einer Gesellschafterin verneint und ¢ konsequent ¢ die Anwendung der Rechtsfolgen der verdeckten Sacheinlage abgelehnt. 180 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 66; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 78; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 33. Für die GmbH: Ulmer/Casper, in: GroßkommGmbHG, § 5 Rdn. 71; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 51; Roth, in: Roth/AltmeppenGmbHG, § 5 Rdn. 43. 181 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27, Rdn. 31, 146 f., plädiert für eine teleologische Reduktion des § 27 Abs. 2 AktG, welche Dienstverpflichtungen von Dritten als Sacheinlage zulässt. Die Einlagefähigkeit von Dienstverpflichtungen von Dritten im GmbHRecht befürworten Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 111 f.; Märtens, in: MüKoGmbHG, § 5 Rdn. 122 f.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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soweit sie sich nach den nachfolgend darzulegenden allgemeinen Kriterien der Sacheinlagefähigkeit und der Untersuchung der zu unterscheidenden Forderungskonstellationen als sacheinlagefähig erweisen. Zuvor ist jedoch zu erörtern, ob nicht für die beim Debt-Equity-Swap relevante Konstellation von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen eine europarechtlich vorgegebene Ergebniskorrektur aus den Vorgaben der Zweiten Kapitalrichtlinie hinsichtlich der Verneinung einer Bareinlage für das Aktienrecht angezeigt ist. c) Für das Aktienrecht europarechtlich vorgegebene Qualifikation von Forderungen gegen die Gesellschaft als Bareinlage durch die Zweite Kapitalrichtlinie? Für die Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage sind im Aktienrecht die Vorgaben der Zweiten Kapitalrichtlinie (Kap-RiLi)182 relevant, Art. 1 Abs. 1 KapRiLi. Auch die Zweite Kapitalrichtlinie folgt dem Konzept des Dualismus zwischen Bar- und Sacheinlage. Sie beschreibt Sacheinlagen in Art. 9 Abs. 2 und 10 Abs. 1 Kap-RiLi als: „(…) Einlagen, die nicht Bareinlagen sind (…).“

Über diese grundlegende Unterscheidung von Bar- und Sacheinlagen hinaus ergibt sich aus der Zweiten Kapitalrichtlinie aber keine genaue inhaltliche Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage. Dies zeigt sich besonders augenfällig in dem Befund, dass die Richtlinie zu keiner umfassenden Vereinheitlichung von Barund Sacheinlagen in den nationalen Rechtsordnungen geführt hat. So wird insbesondere die Einbringung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung in verschiedenen Unionsländern als Unterart der Bareinlage behandelt183. Exemplarisch hervorzuheben ist hierzu die Regelung im englischen Recht, wonach die Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit ¢ somit sowohl die Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten als auch die Einbringung einer Forderung eines Inferenten gegen die Gesellschaft ¢ eine Bareinlage darstellt. Die Regelung in Section 583 (3) (c) Companies Act 2006 lautet: „A ,cash consideration‘ means – (…) a release of a liability of the company for a liquidated sum.“

Die Regelung wurde unverändert aus Section 738 (2) Companies Act 1985 übernommen. Die erläuternden Hinweise (Explanatory Notes) zum Companies Act 2006 weisen ausdrücklich auf die Relevanz der Qualifikation als Bareinlage hin, da im Fall einer nicht in Geld bestehenden Einlage insbesondere die Bewertungs182 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung des Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977. 183 Zur Rechtslage in Frankreich, Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1387, 1390 f. Zur Rechtslage in Italien, Frankreich und England, Meilicke, DB 1989, 1067, 1069 ff.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

vorschriften der Section 593 Companies Act 2006 (Bewertung durch unabhängige Prüfer) zu beachten seien184. Im deutschen Recht werden Forderungen hingegen nach herrschender Meinung als Sacheinlage qualifiziert, die unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften in die Gesellschaft einzubringen sind185. Dagegen geht das englische Recht nicht nur für die Befreiung von einer Verbindlichkeit von einer Bareinlage aus, sondern auch für die Abtretung einer auf Geldzahlung gerichteten Forderung gegen Dritte. Die Regelung in Section 583 (3) (e) Companies Act 2006 hierzu lautet: „A ,cash consideration‘ means – (…) payment by any other means giving rise to a present or future entitlement (of the company or a person acting on the company’s behalf) to a payment, or credit equivalent to payment, in cash.“

Zusätzlich enthält Section 583 (4) Companies Act 2006 eine Ermächtigung des Secretary of State, die unter Section 583 (3) (e) Companies Act 2006 fallenden „Zahlungsmethoden“ als Bareinlagen durch Verordnung näher zu bestimmen186. Damit ist die unterschiedliche Zuordnung von Einlagegegenständen als Sach- oder Bareinlage unter Geltung der Zweiten Kapitalrichtlinie in den nationalen Rechtsordnungen aufgezeigt. Ein Blick auf andere ausländische Rechtsordnungen erhellt zudem, dass ein Dualismus zwischen Bar- und Sacheinlage nicht das einzig denkbare Konzept der Qualifikation von Einlagegegenständen ist. Hierzu sei auf die sogenannte Verrechnungsliberierung im Schweizer Recht verwiesen, die schon bislang als ungeschriebenes Recht als dritte Einlageform neben Geld- und Sacheinlagen anerkannt ist187 und im Rahmen der avisierten Revision des Schweizer Aktienrechts in einem Art. 634b OR-E zur Kodifizierung vorgesehen ist188. Aufgrund des deutschund europarechtlich vorgegebenen Dualismus zwischen Bar- und Sacheinlage wird die hiervon zu unterscheidende Schweizer Konzeption hier aber nicht weiter verfolgt189. In Bezug auf die europarechtlichen Vorgaben für das deutsche Aktienrecht stellt sich aufgrund der exemplarisch dargelegten Regelungen des Companies Act 2006 allerdings die Frage, ob Forderungen gegen die Gesellschaft nach der 184

Explanatory Note Nr. 879 zu Section 583 Companies Act 2006 lautet: „This section replaces section 738(2) to (4) of the 1985 Act. It provides a definition of ,payment in cash‘ for the purposes of the Companies Acts and is relevant to a number of provisions (for example section 593 requires public companies to obtain an independent valuation of any non-cash consideration where it allots shares otherwise than for cash)“. 185 Zu den unterschiedlichen Forderungskonstellationen sogleich 3. Kapitel, III. 3. 186 In Explanatory Note Nr. 880 zu Section 583 (3) Companies Act 2006 findet sich der Hinweis, dass die Verordnungsermächtigung dazu diene, bei Bedarf Rechtssicherheit für einzelne Einlageformen zu schaffen und auch zukünftige Entwicklungen erfassen zu können. Interessant ist der Hinweis, dass nicht für alle in Frage kommenden „Zahlungsmethoden“ zweifelsfrei feststehe, ob auf diese Section 583 (3) (e) Companies Act 2006 anwendbar sei, somit im Ergebnis als Bareinlage anzuerkennen sind. 187 Böckli, Schweizer Aktienrecht, § 2 Rdn. 123 ff. 188 Entwurf Änderung OR (Aktienrecht) vom 21. 12. 2007, BBl. 2008, S. 1741, 1754. 189 Eingehend zur Verrechnungsliberierung und dem Reformvorhaben, Isler/SchilterHeuberger, in: Festschrift Weber, 2011, S. 876 ff.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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Zweiten Kapitalrichtlinie als Bareinlage anzusehen sind und wenn ja, ob die Richtlinie den Begriff der Sacheinlage für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festlegt oder es diesen erlaubt, über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende Schutzmaßnahmen zu ergreifen und ¢ in concreto ¢ weiter gehend als die Richtlinie die Geltung der Sacheinlagevorschriften vorzuschreiben. Beide Fragen sind umstritten und vom EuGH bislang nicht geklärt worden. Gelegenheit hierzu hatte der EuGH aufgrund eines Vorlagebeschlusses des LG Hannover aus dem Jahr 1991190. Es erfolgte jedoch keine Sachentscheidung, da der EuGH die Vorlage ¢ in dem von Generalanwalt Tesauro als konstruiert bezeichneten Verfahren191 ¢ als unzulässig ansah192. Nach den Ausführungen des Generalanwalts Tesauro im Schlussantrag in der Sache Meilicke/ADV-ORGA ist die Einlage einer Forderung gegen die Gesellschaft, die auf eine Geldzahlung an die Gesellschaft beruht, nicht als Sacheinlage anzusehen, wenn die Forderung zweifelsfrei, fällig und liquide ist. Eine Anwendung der Sacheinlagevorschriften ergebe keinen Sinn, da die Forderung aus Sicht der Gesellschaft stets mit ihrem Nennwert anzusetzen sei und sich daher ein für Sacheinlagen charakteristisches Bewertungsproblem gerade nicht stelle193. Weiter sei der Gesellschaft schon früher ein entsprechender Geldbetrag zugeflossen. Zudem lege ¢ so Tesauro ¢ die Zweite Kapitalrichtlinie den Begriff der Sacheinlage für die Mitgliedstaaten als gemeinschaftsrechtlicher Begriff bindend fest, sodass diese auch keine strengeren nationalen Regelungen in der Art und Weise vorsehen dürften, den Anwendungsbereich der Sacheinlagevorschriften über die Vorgaben der Richtlinie hinaus zu vergrößern194. Andernfalls könne das in der zweiten Begründungserwägung der Zweiten Kapitalrichtlinie angestrebte Mindestmaß an Gleichwertigkeit beim Aktionärs- und Gläubigerschutz nicht erreicht werden195. Auch im deutschen Schrifttum wird ¢ unter Verweis auf das sich nicht stellende Bewertungsproblem ¢ teilweise davon ausgegangen, dass die Zweite Kapitalrichtlinie die Einhaltung der Vorschriften über die Sacheinlage bei der Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft nicht verlange, sodass die Anwendung der Sacheinlagevorschriften für das deutsche Aktienrecht unionsrechtlich nicht vorgegeben sei196. Für eine Einordnung als Bareinlage spricht auch, dass bei Ausarbeitung der Zweiten Kapitalrichtlinie bekannt war, dass in mehreren Mitgliedstaaten die Einlage von Geldforderungen als Bar- und nicht als Sacheinlage geregelt war oder als 190

LG Hannover, Vorlagebeschluss vom 15. 01. 1991 – 26 AktE 5/90, EuZW 1991, 510. Die besondere Konstellation des Verfahrens wird nachgezeichnet von Joost, ZIP 1992, 1033, 1034. 192 EuGH, Rs. C-83/91 Meilicke, Slg. 1992, I-4871, AG 1992, 398. 193 Tesauro, Schlussantrag i. S. Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036, 1041 f. 194 Tesauro, Schlussantrag i. S. Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036, 1040. 195 Tesauro, Schlussantrag i. S. Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036, 1040. 196 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 239, 250; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 503; Eidenmüller, in: Schriftenreihe der bankrechtlichen Vereinigung, 2011, S. 129, 149; Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 11. 191

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

solche angesehen wurde. Hätte durch die Richtlinie eine Behandlung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage festgeschrieben werden sollen, so wäre die Schaffung einer ausdrücklichen Regelung erwartbar gewesen197. Überwiegend wird im deutschen Schrifttum dagegen angenommen, dass auch nach der Zweiten Kapitalrichtlinie Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage zu qualifizieren seien198. Insbesondere könne die Argumentation der Gegenansicht aufgrund einer Verengung des Blickwinkels auf die Bewertungsfrage nicht überzeugen. Zunächst liege erkennbar keine Bareinlage vor, da Forderungen kein Bargeld sind und die Zweite Kapitalrichtlinie diesbezüglich eine klare Definition der Sacheinlage enthalte199. Soweit man bei Forderungen gegen die Gesellschaft Bewertungsprobleme verneint, da diese aus Sicht der Gesellschaft zu beurteilen und somit stets mit dem Nominalbetrag anzusetzen seien, so gehe es in der Sache nicht um die Qualifikation als Bareinlage, sondern um eine teleologische Reduktion der Sacheinlagevorschriften200. Eine solche Anwendungsreduktion könne aber jedenfalls nicht solche Sacheinlagevorschriften überspielen, die nicht unmittelbar mit der Bewertungsproblematik zusammenhängen201. Dies richtet den Blick auf die mit der Qualifikation als Sacheinlage verknüpften Publizitätsanforderungen der Zweiten Kapitalrichtlinie. Bei der Gründung sehen diese in Art. 3 lit. h Kap-RiLi für Einlagen, die nicht in bar bewirkt werden, die Angabe der Zahl der Aktien, die als Gegenleistung für die Einlage ausgegeben werden, den Gegenstand dieser Einlage in der Satzung sowie bei einer Sachkapitalerhöhung die den Einlagegegenstand betreffenden Angaben im Sachverständigenbericht nach Art. 27 Abs. 2, 10 Abs. 2 KapRiLi vor202. Insoweit ist der überwiegenden Ansicht beizutreten, dass auch bei der Einbringung einer Forderung gegen die Gesellschaft ein Bedürfnis nach Publizität besteht203. Qualitativ unterscheidet sich die Forderungseinbringung gegenüber einer Bareinlage 197 Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 11, m. w. N. zur Bedeutung der historischen Auslegung im europäischen Recht. 198 Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 485; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32; Joost, ZIP 1992, 1033, 1035; Kindler, in: Festschrift Boujong, 1996, S. 299, 304 f. 199 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32. 200 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32. 201 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32. A. Arnold verneint eine teleologische Reduktion der Art. 10, 27 Kap-RiLi jedoch im Ergebnis mit Verweis auf die Einführung von Art. 10a Kap-RiLi durch Richtlinie 200/68/EG vom 06. 09. 2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl. Nr. L 264 vom 25. 09. 2006, S. 32. 202 Die Zweite Kapitalrichtlinie verlangt bei einer Sachkapitalerhöhung dagegen nicht die Aufnahme der in § 183 Abs. 1 AktG vorgeschriebenen Angaben zum Einlagegegenstand und den Einlegern in den Kapitalerhöhungsbeschluss. So aber ohne Differenzierung zwischen Gründung und Kapitalerhöhung A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32. 203 Lutter/Bayer/Schmidt, Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, S. 485; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 32; Joost, ZIP 1992, 1033, 1035; Kindler, in: Festschrift Boujong, 1996, S. 299, 305.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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entscheidend dadurch, dass die Gesellschaft keine neue Liquidität erhält, sondern durch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital ein Passivtausch stattfindet. Da die Reglungen der Zweiten Kapitalrichtlinie nicht isoliert die Bewertung, sondern auch die Publizität von Einlagevorgängen, welche nicht in bar erfolgen, verlangen, sprechen diese Publizitätsanforderungen der Richtlinie auch für eine europarechtliche Qualifikation von Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage. Somit führen die europarechtlichen Vorgaben ¢ nach der hier vertretenen Ansicht ¢ nicht zu einer Zuordnung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Bareinlage. Es bleibt für das deutsche Aktien- und GmbH-Recht bei der vorstehend vorgenommen Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage, nach der gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen ¢ ebenso wie Forderungen allgemein ¢ als Sacheinlage zu qualifizieren sind, soweit sie als sacheinlagefähig angesehen werden können. Auf die oben angeschnittene weiter gehende Fragestellung, ob es den Mitgliedsstaaten erlaubt ist, über die Maßgaben der Zweiten Kapitalrichtlinie hinaus strengere nationale Regelungen beizubehalten oder neu zu erlassen, kommt es somit für den Gang der vorliegenden Untersuchung nicht an204. d) Fazit Nach den dargelegten Abgrenzungskriterien für Bar- und Sacheinlagen können Forderungen als Einlagegegenstand mangels Einzahlung des Ausgabebetrags der Aktien oder Geschäftsanteile nicht als Bareinlage qualifiziert werden. Danach kommen Forderungen allgemein nur als Gegenstand der Sacheinlage in Betracht, soweit sie sich nach den nachfolgend darzulegenden allgemeinen Kriterien der Sacheinlagefähigkeit und der Untersuchung der zu unterscheidenden Forderungskonstellationen als sacheinlagefähig erweisen. Eine abweichende Behandlung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen im Aktienrecht ergibt sich nach der hier vertretenden Auffassung auch nicht aus den europarechtlichen Vorgaben der Zweiten Kapitalrichtlinie. Zu bedenken bleibt aber, dass eine unterschiedliche Handhabe von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen in verschiedenen Mitgliedsstaaten besteht und nach der hier vertretenen Auffassung die Behandlung von Forderungen gegen die Gesellschaft im englischen Recht europarechtswidrig wäre. Umgekehrt wäre die deutsche Handhabe europarechtswidrig, wenn man annehmen würde, nach der Richtlinie seien Forderungen gegen die Gesellschaft als Bareinlagen zu behandeln, und über die Regelungen der Richtlinie hinausgehende, strengere nationale Regelungen als unzulässig ansieht. Vor diesem Hintergrund wäre es für die Fortent204 Strengere nationale Regelungen werden für unzulässig gehalten von Tesauro, Schlussantrag i. S. Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036, 1040; Tesauro, in: Festschrift Meilicke, 2010, S. 714, 724; Kindler, ZHR 158 (1994), 339, 351 ff., zur SPE Jung, EuZW 2012, 129 f. Für die Gegenauffassung A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 8 ff. m. w. N. Allgemein zum Verhältnis von europäischer Rechtssetzung zu strengerem nationalen Recht und zum Grundsatz der Auslegung von Gemeinschaftsnormen als Mindeststandards aufgrund des Subsidiaritätsprinzips, Merkt, RabelsZ 61, 647 ff.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

wicklung des Aktienrechts ¢ auf nationaler Ebene wie Unionsebene gleichermaßen ¢ zu begrüßen gewesen, wenn der EuGH in der Sache Meilicke/ADV-ORGA ungeachtet der „konstruierten“ Klage von Meilicke eine Sachentscheidung getroffen hätte oder zumindest obiter dictum zu den Schlussanträgen des Generalanwalts Tesauro klärend Stellung genommen hätte. Eine unionsweit einheitliche Handhabe der Streitfrage wäre insbesondere im Hinblick auf die Societas Europaea (SE) wünschenswert. Diese ist als Kapitalgesellschaft der Europäischen Union205 ¢ außer zum Mindestkapital206 ¢ nicht mit eigenständigen und unabhängig vom Sitzstaat geltenden gemeinschaftsrechtlichen Kapitalvorschriften ausgestattet. Vielmehr verweist Art. 5 SE-VO auf die aktienrechtlichen Kapitalvorschriften des Sitzstaates der SE207, sodass beispielsweise die oben aufgezeigten Unterschiede in der Behandlung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand zwischen dem Vereinigten Königreich und Deutschland voll auf die SE durchschlagen. Derartige grundlegende Unterschiede in den Kapitalsystemen werden einer unionsweiten einheitlichen Rechtsform aber nicht ausreichend gerecht. Eine Vereinheitlichung der Kapitalsysteme der SE könnte de lege lata nur mittelbar durch eine Entscheidung des EuGH die Zweite Kapitalrichtlinie betreffend bewirkt werden. Eine solche ist aber derzeit mangels Anhängigkeit einer entsprechenden Rechtsache nicht zu erwarten. De lege ferenda ist daher durch den europäischen Gesetzgeber zu erwägen, wenigstens die SE mit einem eigenständigen und universell (d. h. unabhängig vom Sitzstaat) geltenden Kapitalsystem auszustatten. 2. Allgemeine Anforderungen an die Sacheinlagefähigkeit Nachdem vorstehend der Vorrang der Bareinlage herausgestellt und Forderungen als Einlagegegenstand den Sacheinlagen zugeordnet wurden, sind in diesem Abschnitt die allgemeinen Anforderungen an die Einlagefähigkeit in den Blick zu nehmen. Während im Ausgangspunkt Einigkeit darüber besteht, dass nur Gegenstände zur Einlage fähig sind, denen ein feststellbarer wirtschaftlicher Wert zukommt, herrscht Uneinigkeit über die Tauglichkeit und Anwendung von weiter gehenden Kategorisierungsversuchen, die vorliegend knapp dargestellt werden und auf die bei der nachfolgenden Behandlung der unterschiedlichen Forderungskonstellationen Bezug genommen werden wird.

205 Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE-VO). 206 Das gezeichnete Kapital beträgt mindestens 120.000 Euro, Art. 4 SE-VO. 207 Auf eine SE mit Sitz in Deutschland sind somit die kapitalrechtlichen Bestimmungen der AG anwendbar, vgl. Fleischer, in: Lutter/Hommelhoff-SE, Art. 5 SE-VO Rdn. 2, Mayer, in: Manz/Mayer/Schröder, Art. 5 SE-VO Rdn. 2.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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a) „Funktionale Äquivalenz“ der Sach- zur Bareinlage Als Sacheinlagen kommen nach §§ 27 Abs. 2, 183 Abs. 1 AktG bei Gründung und Kapitalerhöhung nur Vermögensgegenstände in Frage, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Die Inhaltsbestimmung des § 27 Abs. 2 AktG ist ohne ausdrückliche Normierung auf das GmbH-Recht übertragbar208 und wird vom BGH als „Kodifizierung der im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht allgemein anerkannten Grundsätze über Sacheinlagen“ angesehen209. Anknüpfend an die Anforderung eines feststellbaren wirtschaftlichen Werts der Einlage, wird versucht, die Umschreibung der Bewertungsfähigkeit konkreter zu fassen. Verbreitet wird in der Literatur verlangt, dass „funktionale Äquivalenz“ des Sacheinlagegegenstands zur Bareinlage bestehen müsse210. Teilweise wird hieraus gefolgert, der Einlagegegenstand müsse „so gut wie Geld“ sein211. Soweit damit lediglich zum Ausdruck kommen soll, dass der Einlagegegenstand einer Bewertung zugänglich und an die Gesellschaft übertragbar sein muss212, ist hiermit kein Erkenntnisgewinn verbunden, da sich Ersteres treffender formuliert bereits aus § 27 Abs. 2 AktG ergibt und Letzteres vom Gesetz in §§ 37 Abs. 1, 36a Abs. 2, 188 Abs. 2 Satz 1 AktG und §§ 7 Abs. 3, 57 Abs. 2 GmbHG vorausgesetzt wird. Aber auch inhaltlich können beide aufgestellten Kriterien nicht überzeugen. Eine „funktionale Äquivalenz“ von Sacheinlagen im Verhältnis zu Bareinlagen ist in der Regel nicht gegeben. Auch die Anforderung „so gut wie Geld“ bringt keinen Erkenntnisfortschritt und verstellt den Blick für die zwischen Bar- und Sacheinlagen bestehenden Unterschiede. Sacheinlagen nehmen im Verhältnis zu Geldeinlagen unterschiedliche Funktionen ein und werden in der Regel zu anderen Zwecken verwendet als Geldeinlagen. Während Geldeinlagen bei der Gründung primär als Zahlungsmittel für zu tätigende Investitionen dienen und daher nicht im Gesellschaftsvermögen verbleiben, kommen Sacheinlagen häufig direkt als für den Betrieb des Unternehmens notwendige Produktionsmittel zum Einsatz und verbleiben somit als bilanzielles Anlagevermögen gegenständlich im Gesellschaftsvermögen (z. B. betriebsnotwendige Grundstücke, Maschinen oder die Einbringung eines gesamten Unternehmens). Noch am ehesten funktional äquivalent zu einer Geldeinlage erscheint die Einbringung einer auf Zahlung von Geld gerichteten Forderung gegen einen Dritten. In beiden Fällen steht der Gesellschaft nach Leistung der Einlage eine Forderung gegen einen Dritten zu: bei einer Geldeinlage nach Ausführung der Überweisung eine 208 Fleischer, in: MüKo-GmbHG, Einl. Rdn. 167; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 69; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 48. 209 BGH, Urteil vom 16. 04. 2004 – II ZR 121/02, DStR 2004, 1662; vgl. auch bereits BGH, Urteil vom 16. 02. 1959 – II ZR 170/57, BGHZ 29, 300 = NJW 1959, 934. 210 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 20; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 49; K. Schmidt-GesR, § 20 II. 3. a). 211 Knobbe-Keuk, ZGR 1980, 214, 221 f.; Steinbeck, ZGR 1996, 116, 121. 212 So Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 55; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 12.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Forderung gegen ein Kreditinstitut oder nach Abtretung einer Forderung der Zahlungsanspruch gegen den Schuldner. Wie aus § 54 Abs. 3 AktG zu entnehmen ist, besteht aber auch in diesem Fall keine rechtlich anzuerkennende Äquivalenz. Das Gesetz will die Leistung einer Geldeinlage gerade nur den gesetzlich bestimmten Kreditinstituten und Unternehmen als Zahlungsschuldner der Gesellschaft anvertraut wissen, sodass einer Einlageleistung an nicht vom Gesetz privilegierte Zahlungsschuldner keine Befreiungswirkung zukommt. Umgekehrt ist selbst die Abtretung einer Forderung gegen ein für Geldeinlagen zugelassenes Kreditinstitut als Sacheinlage zu qualifizieren. Im Ergebnis berücksichtigen die aufgestellten Anforderungen der „funktionalen Äquivalenz“ und „so gut wie Geld“ als Voraussetzungen der Sacheinlagefähigkeit die große Bandbreite und unterschiedlichen Funktionen von Sacheinlagen nicht hinreichend und sind somit weder als Prüfkriterium der Sacheinlagefähigkeit tauglich noch bringen sie einen greifbaren Erkenntnisgewinn mit sich. b) Bilanzierbarkeit des Einlagegegenstands Nach früher vertretener Auffassung sollten nur bilanziell aktivierungsfähige Gegenstände sacheinlagefähig sein213. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1913 führte das Kammergericht aus, dass die Tauglichkeit als Sacheinlagegegenstand einen „vorhandenen Wertgegenstand, der als Aktivum in die Bilanz aufgenommen werden kann“, voraussetzt214. Dagegen hat der BGH im Jahr 1959 entschieden, dass das von Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Kriterium der Bilanzfähigkeit „nicht wörtlich zu nehmen“ ist und maßgebend für die Einlagefähigkeit sei, ob ein fassbarer Vermögenswert vorhanden ist215. Sich dieser Entscheidung anschließend, lehnt auch die heute überwiegende Ansicht die Bilanzierbarkeit des Einlagegegenstands als Kriterium der Einlagefähigkeit ab216. Insbesondere verlangt die 213 Lutter, Kapital, S. 231; Ballerstedt, ZHR 127 (165), 92, 96; Kraft, in: KölKo-AktG, 2. A., § 27 Rdn. 14 m. w. N. Dagegen lehnte Fischer, in: Großkomm-AktG, 2. A., § 20 Rdn. 6, die Bilanzierbarkeit als Kriterium der Sacheinlagefähigkeit bereits früh ab. 214 KG, Urteil vom 28. 02. 1913 – 1a. X. 211/13, KGJ 45, 175. 215 BGH, Urteil vom 16. 02. 1959 – II RZ 170/57, BGHZ 29, 300 = NJW 1959, 934. In dem Fall ging es um die Einlagefähigkeit einer Operette. Das Registergericht hatte die Ablehnung der Eintragung der Gesellschaft unter anderem damit begründet, dass ihr kein „eigener bilanzfähiger Handelswert (…) zugeschrieben werden könne“. Die Frage der Bilanzierbarkeit von Sacheinlagen war aber nicht entscheidungserheblich, da der BGH die Bilanzierbarkeit der Operette und des damit verbundenen Urheberrechts – versehen mit dem Hinweis auf die erheblichen Bewertungsprobleme – zutreffend bejahte. De lege lata ergibt sich die Bilanzierbarkeit eines urheberrechtlich geschützten Werkes aus § 266 Abs. 2 A. I. HGB, § 2 UrhG. Zur Bilanzierbarkeit von gewerblichen Schutzrechten als immaterielle Vermögensgegenstände vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt, § 266 Rdn. 5. 216 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 19; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 44; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 64; Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 11; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 50 f.; Bayer, in: Lutter/HommelhoffGmbHG, § 5 Rdn. 14.

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gläubigerschützende Funktion des Kapitalaufbringungsrechts keinen Ausschluss der Einlage nicht bilanzierungsfähiger Gegenstände, solange sie wirtschaftlich verwertbar sind217. Die Einlage eines nicht bilanzierungsfähigen Gegenstands führt zwar durch den Ausweis des hierauf entfallenden gezeichneten Kapitals auf der Passivseite der Bilanz zu einer Unterbilanz, nicht aber zu einer insolvenzrechtlich relevanten Überschuldung der Gesellschaft, da in einem insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus nach § 19 Abs. 2 InsO auch nicht bilanzierungsfähige Gegenstände in Ansatz zu bringen sind218. Schließlich ist es zwar zutreffend, dass bei fehlender Aktivierbarkeit der Einlage ein Gewinnausweis und damit die Ausschüttungsfähigkeit der Gesellschaft erschwert werden. Dies ist allerdings im Hinblick auf die Kapitalaufbringung ohne Relevanz und als autonome Entscheidung der Gesellschafter zu bewerten. Im Ergebnis ist eine Begrenzung der Einlagefähigkeit auf aktivierungsfähige Gegenstände in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung abzulehnen. Dies ist insbesondere für die nachfolgende Untersuchung von Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft als Einlagegegenstand im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps relevant, da die Gesellschaft hierbei keinen in ihrer Bilanz aktivierbaren Vermögensgegenstand erhält, sondern von einer Verbindlichkeit, einem Posten der Passivseite der Handelsbilanz, befreit wird. Durch Abtretung oder Verzicht des Gläubigers wir die betreffende Forderung zum Erlöschen gebracht. Obwohl es sich dabei um keinen in der Bilanz der Gesellschaft aktivierbaren Gegenstand handelt, erfüllt die Einlage einer gegen die Schuldnergesellschaft gerichteten Forderung die Anforderungen des BGHs an Sacheinlagen nach einem fassbaren Vermögenswert. Abgesehen von der Frage der Werthaltigkeit einer Forderung im Einzelfall, kommt einer solchen ein fassbarer Vermögenswert aus Gläubigersicht genauso zu wie aus Schuldnersicht die Befreiung von einer Verbindlichkeit, welche zu einer Entlastung der Passivseite der Bilanz und, durch den Wegfall von Zins- und Tilgungsleistungen, zu mittelbaren positiven Auswirkungen auf die Liquidität der Gesellschaft führt219. c) Endgültig freie Verfügung/Weiterübertragbarkeit/Verwertbarkeit Sacheinlagegegenstände müssen zur endgültig freien Verfügung des Vorstands oder der Geschäftsführer geleistet werden können. Die §§ 7 Abs. 3, 57 Abs. 2 GmbHG legen dies und die Verpflichtung zur Bewirkung von Sacheinlagen vor der Anmeldung der Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung ausdrücklich fest. Die 217 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 22 f.; Heidinger, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 10, Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 22; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 19. Ablehnend gegen das Kriterium der Verwertbarkeit: Kraft, in: KölKo-AktG, 2. A., § 27 Rdn. 14; KnobbeKeuk, ZGR 1980, 214, 217. 218 Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 60. 219 Bemerkenswert ist insoweit, dass selbst Lutter, der die Bilanzfähigkeit als „unterste Grenze der Einlagefähigkeit“ ansieht, anerkennt, dass „jede mit dem Gegenstand verbundene Ersparung künftiger Aufwendungen als Vermögenswert zu erachten ist“, vgl. Lutter, Kapital, S. 231.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

gleiche Anforderung an die Übertragbarkeit an die Gesellschaft zur freien Verfügung des Vorstands ergibt sich ¢ entsprechend der Regelung des § 54 Abs. 3 AktG zur Bareinlage ¢ auch ohne ausdrückliche Normierung im Aktienrecht aus § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG, wonach Sacheinlagen vollständig zu leisten sind220. Dagegen kann der Leistungszeitpunkt für an die Gesellschaft zu übertragende Vermögensgegenstände nach herrschender Auffassung221 in der Satzung oder im Kapitalerhöhungsbeschluss nach §§ 36a Abs. 2 Satz 2, 188 Abs. 2 AktG bis zu fünf Jahre nach der Eintragung der Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung hinausgeschoben werden222. Nach anderer Auffassung entspreche nur ein wortlautgetreues Verständnis dem gesetzgeberischen Willen, wonach § 36a Abs. 2 Satz 2 AktG nur bei einer Verpflichtung des Inferenten anwendbar sei, einen Vermögensgegenstand an die Gesellschaft zu übertragen223, was aber zu einer nach herrschender Meinung abzulehnenden Anerkennung der Einlagefähigkeit von gegen den Inferenten selbst gerichteten Forderungen führen könnte. Bei einem Debt-Equity-Swap wäre in diesem Zusammenhang fraglich, ob gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen als Einlagegegenstand bei der AG nach § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG sofort erbracht werden müssen oder, bei entsprechender Bestimmung in der Satzung oder dem Kapitalerhöhungsbeschluss, die Leistung nach § 36a Abs. 2 Satz 2 AktG für maximal fünf Jahren aufgeschoben werden kann. Eine Qualifikation als zu übertragender Vermögensgegenstand scheidet aber aus, da die Gesellschaft die betreffenden Forderungen auch bei Vornahme einer Abtretung aufgrund der eintretenden Konfusion nicht erhält. Zudem liegt der Sache nach auch bei Wahl der Abtretungskonstruktion eine Verzichtsleistung des Inferenten vor, sodass diese nach § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG sofort erbracht werden muss224. Für die Zulassung einer hinausschiebbaren Leistung beim DebtEquity-Swap besteht zudem kein praktisches Bedürfnis, da in einer Krisensituation nur die umgehende, tatsächlich erfolgende Verzichtsleistung (und nicht bereits die Eingehung der Verpflichtung hierzu) zu dem erforderlichen bilanziellen Sanierungseffekt durch den Wegfall von Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu erreichen ist. 220

A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 36a Rdn. 19; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 36a Rdn. 15; Hüffer-AktG, § 36a Rdn. 5. 221 Pentz, in: MüKo-AktG, § 36a Rdn. 13 f.; Solveen, in: Hölters-AktG, § 36a Rdn. 5; Hüffer-AktG, § 36a Rdn. 4; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 36a Rdn. 11; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb-GesR, § 4 Rdn. 37. 222 Anderer Ansicht: Döbereiner, in: Spindler/Stilz-AktG, § 36a Rdn. 10; Lutter, in: KölKo-AktG, § 188 Rdn. 27. Danach muss der dingliche Vollzug einer Sacheinlage immer vor Anmeldung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung erfolgen. § 36a Abs. 2 Satz 2 AktG gelte aufgrund eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG und § 36a Abs. 2 Satz 1 AktG nur für Fälle, in denen der Gesellschaft ein Anspruch gegen einen Dritten übertragen wird, der auf die Übertragung eines Vermögensgegenstands durch den Dritten gerichtet ist. Eine solch einschränkende Auslegung findet jedoch im Wortlaut der Norm keine Stütze. 223 Richter, ZGR 2009, 721, 726. 224 So auch Schleusner, Der Debt-Equity-Swap, S. 42.

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Im Hinblick auf die weiter erforderlichen Eigenschaften eines Sacheinlagegegenstands ist umstritten, ob dieser nach Übertragung an die Gesellschaft von der Gesellschaft auf Dritte übertragbar oder zur Ausübung überlassbar ¢ und somit im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung im Gläubigerinteresse verwertbar ¢ sein muss225. Die herrschende Auffassung verneint dies im Anschluss an eine früh ergangene Entscheidung des Reichsgerichts226 und lässt es genügen, dass der Einlagegegenstand zusammen mit dem Unternehmen der Gesellschaft übertragen und somit im Insolvenzfall mit dem Unternehmen veräußert werden kann227. Nach dieser Ansicht sei es Zweck der Sacheinlagevorschriften, dass eingelegte Vermögensgegenstände insbesondere in der Insolvenz für die Gläubiger der Gesellschaft verwertbar sein müssen. Folge dieser Ansicht wäre allerdings, dass die alleinige Ersparnis zukünftiger Aufwendungen den Anforderungen an eine Sacheinlage nicht genügen würde228. Im Ergebnis ist aber auch die Anforderung der Verwertbarkeit des Einlagegegenstandes zusammen mit dem Gesamtunternehmen abzulehnen: Einerseits ist im Rahmen der für das Aktienrecht relevanten Auslegung der Zweiten Kapitalrichtlinie229 zu berücksichtigen, dass der europäische Gesetzgeber in Art. 7 Kap-RiLi gerade die Verwertbarkeit als Kriterium für die Einlagefähigkeit abgelehnt hat230. Zudem kann der Verweis auf den Zweck der Sacheinlagevorschriften nicht überzeugen: Es ist der Gesellschaft grundsätzlich gestattet, nicht verwertungsfähige Vermögensgegenstände zu erwerben. Auch in Bezug auf Bareinlagen bestehen keine Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsregeln, die vorschreiben würden, dass die Gesellschaft aus diesen Mitteln lediglich verwertungsfähige Vermögensgegenstände erwerben dürfte231. Dem Zweck der Sacheinlagevorschriften ist daher Genüge getan, wenn der Gesellschaft ein bewertbarer Vermögensgegenstand so zur freien Verfü225

So Lutter, in: KölKo-AktG, 1. A., § 183 Rdn. 12; wohl auch Kraft, in: KölKo-AktG, 2. A., § 27 Rdn. 15, der annimmt, der Gegenstand müsse „verkehrsfähig“ sein; Lutter, Kapital, S. 232, Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 75. 226 RG, Urteil vom 28. 10. 1910 – 179/10 VII., JW 1910, 121 (bzgl. Firmen- und Warenzeichenrechte nach altem Recht); KG, Beschluss vom 17. 03. 1911 – I a. ZS, OLGR 24, 163 (Übertragung der Rechte aus einem Generalvertretervertrag); KG, Beschluss vom 14. 03. 1913 – 1 a. X. 240/13, KGJ 44, 146 (Einbringung einer „Inseratenvertretung“). 227 Bork, ZHR 154 (1990), 205, 228; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 21; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 54; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 39; Lutter, in: KölKoAktG, § 183 Rdn 13. 228 K. Schmidt, ZHR 154 (1990), 237, 249; Bork, ZHR 154 (1990), 205, 207. 229 Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung des Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, vom 13. 12. 1976, ABl. Nr. L 26/1 vom 31. 01. 1977. 230 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 34; Meilicke, BB 1991, 579,580; Heidinger/ Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 13. 231 Bork, ZHR 154 (1990), 205, 229, Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 13.

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gung des Vorstands geleistet werden kann, dass diese der Gesellschaft bei Einlageleistung einen realen Zuwachs im Gesellschaftsvermögen bringt, auch wenn dieser für die Gläubiger weder in der Einzelzwangsvollstreckung noch in der Insolvenz verwertbar ist232. Dieses Ergebnis ist ebenfalls für die sich anschließende Untersuchung von Forderungen gegen die Schuldnergesellschaft als Einlagegegenstand im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps relevant, da die Forderung im Kontext der Einlageleistung durch Verzicht oder, bei Abtretung an die Gesellschaft, durch Konfusion entfällt und daher weder eine Weiterübertragung möglich noch eine Verwertbarkeit des Einlagegegenstands für die Gläubiger gegeben ist. d) Fazit Zusammenfassend vermag bis auf die Anforderung der Leistung von Einlagegegenständen zur endgültig freien Verfügung des Vorstands oder der Geschäftsführer keines der anderen dargelegten Kriterien eine allgemeine Einschränkung der Sacheinlagefähigkeit von Gegenständen überzeugend zu begründen. Die Beurteilung der Einlagefähigkeit anhand abstrakter Kriterien ist somit ¢ über den Diskurs an sich hinausgehend ¢ wenig ertragreich. Die Überprüfung der Einlagefähigkeit kann daher nur in Bezug auf einen konkreten Gegenstand erfolgen, sodass nachfolgend die Einlagefähigkeit von Forderungen als Sacheinlagegegenstand in den unterschiedlichen Gläubiger-Schuldner-Konstellationen untersucht wird. 3. Einlagefähigkeit von Forderungen in den unterschiedlichen Gläubiger-Schuldner-Konstellationen Bei der Untersuchung der Einlagefähigkeit von Forderungen sind zunächst die verschiedenen Gläubiger-Schuldner-Konstellationen zu unterscheiden. Dies gilt sowohl hinsichtlich der in diesem Zusammenhang zu untersuchenden Sacheinlagefähigkeit allgemein als auch hinsichtlich der sich anschließenden Frage, ob eine Bewertung von Forderungen als Einlagegegenstand erforderlich ist und was gegebenenfalls der für die Bewertung zutreffende Ansatzpunkt ist. Grundsätzlich kommen hinsichtlich des Gegenstands und Inhalts Forderungen aller Art in Betracht, soweit ihnen ein feststellbarer wirtschaftlicher Wert zukommt233. Einlagefähig sind somit zunächst die im Rahmen dieser Arbeit besonders im Fokus stehenden, auf Geldzahlung gerichteten Forderungen. Nicht nur Forderungen auf Geldleistung, sondern auch auf andere Leistungen gerichtete Forderungen – wie beispielsweise Ansprüche auf Lieferung von Waren oder die Erbrin-

232 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 13; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 34; Meilicke, BB 1991, 579, 584; Bork, ZHR 154 (1990), 205, 331. 233 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 118.

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gung vertretbarer Werkleistungen – sind gleichfalls einlagefähig234. Kontrovers diskutiert worden ist dagegen die Einlagefähigkeit von obligatorischen Nutzungsrechten (z. B. aus einem Vertrag über Geschäftsraummiete)235. Nach der vorzugswürdigen überwiegenden Ansicht sind obligatorische Nutzungsrechte unter der Voraussetzung einlagefähig, dass das Nutzungsverhältnis eine feste, nur außerordentlich kündbare Nutzungsdauer im Sinne einer Mindestlaufzeit hat und der Gesellschaft Besitz am Nutzungsgegenstand verschafft werden kann236. Unter den angeführten Bedingungen hat auch der BGH inzwischen die Einlagefähigkeit von obligatorischen Nutzungsrechten in einem Fall bejaht, in dem es um die Einlage von Sponsorenverträgen ging, die das Verwertungsrecht von Namen und Logos von Sportvereinen gewährten237. Aufgrund dieser Entscheidung und der Schwerpunktsetzung der vorliegenden Arbeit auf gegen die Gesellschaft gerichtete Zahlungsforderungen wird der Sach- und Meinungsstand in Bezug auf obligatorische Nutzungsrechte aber vorliegend nicht weiter gehend erörtert. a) Einlagefähigkeit von Forderungen des Einlegers gegen Dritte Zunächst sind Forderungen des Einlegers gegen Dritte in den Blick zu nehmen. Abgesehen von der Frage der Werthaltigkeit der Forderung im Einzelfall, kommt solchen Forderungen ein feststellbarer wirtschaftlicher Wert zu, sodass die Einlagefähigkeit von gegen Dritte gerichteten Forderungen im Grundsatz allgemein anerkannt ist, soweit sie abtretbar sind238. In personeller Hinsicht sind auch gegen den Inferenten nahe stehenden Personen oder verbundene Unternehmen gerichtete Forderungen als Forderungen gegen einen Dritten zu qualifizieren239. Zwar kann in dieser Konstellation eine Einflussnahme des Inferenten auf die Person des Schuldners nicht ausgeschlossen werden; entscheidend ist aber, dass der Inferent nach Erbringung der Einlage keine Einflussmöglichkeit mehr auf den Fortbestand der betreffenden Forderungen hat240. Die Einlage ist durch Abtretung der betreffenden Forderung an die Gesellschaft nach § 398 BGB zu leisten, sodass nach § 399 BGB nicht abtretbare Forderungen mangels Übertragbarkeit an die Gesellschaft nicht einlagefähig sind. 234

Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 26; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 51; Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 21; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 17. 235 Zum Streitstand vgl. Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 19 m. w. N. 236 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 57; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 59; Bork, ZHR 154 (1990), 205. 237 BGH, Urteil vom 15. 05. 2000 – II ZR 359/98 adidas, BGHZ 144, 290 = NJW 2000, 2356. 238 Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 14; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 26; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 22; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 114; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 45. 239 Gesell, BB 2007, 2241, 2244. 240 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 115.

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aa) Gesicherter Forderungsbestand oder zukünftige Forderungsentstehung Neben nicht abtretbaren Forderungen sind nach zutreffender Ansicht zudem aufschiebend bedingte Forderungen aufgrund der Ungewissheit des Bedingungseintritts als Einlagegegenstand grundsätzlich untauglich241. Die Gegenansicht will dagegen auch aufschiebend bedingte Forderungen zur Einlage zulassen, wenn der Bedingungseintritt „zumindest überwiegend wahrscheinlich“ ist242. Der verbleibenden Unsicherheit könne durch dem Risiko entsprechende Bewertungsabschläge Rechnung getragen werden. Zwar ist dieser Ansicht zuzugeben, dass nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen eine Vorausabtretung künftiger Forderungen selbst dann möglich ist, wenn das Rechtsverhältnis oder die Rechtsgrundlage, aus der die Forderung erwachsen soll, noch nicht besteht oder Ungewissheit über die Person des zukünftigen Schuldners herrscht243. Auch mag einer aufschiebend bedingten Forderung bei genügender Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts ein fassbarer wirtschaftlicher Wert zukommen. Der entscheidende, gegen die Einlagefähigkeit von aufschiebend bedingten Forderungen sprechende Gesichtspunkt ist jedoch, dass es im Rahmen der Kapitalaufbringung unzulässig sein muss, in ihrer künftigen Entstehung unsichere Forderungen zur Einlage zuzulassen. Hier steht bereits der Bestand der Forderung (Verität) in Frage und nicht lediglich die Durchsetzbarkeit einer bestehenden Forderung gegen den Schuldner (Bonität). Ein pauschaler Verweis auf den wirtschaftlichen Wert führt daher nicht weiter244. Augenscheinlich bestünden bereits erhebliche Schwierigkeiten, eine verbindliche Wahrscheinlichkeitsschwelle für den Bedingungseintritt festzulegen, ab deren Erreichen eine Forderung als einlagefähig zu qualifizieren sein sollte. Zu dem hierzu von Märtens vertretenen Erfordernis einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts245 sei angemerkt, dass dies nach meiner Einschätzung eine unzureichende Wahrscheinlichkeitsschwelle darstellt, soweit damit eine dem Wortsinn folgende Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent plus X gemeint ist. Im Ergebnis muss somit klar zwischen dem Bestand der Forderung und der Durchsetzbarkeit unterschieden werden. Auf den Bestand oder die sichere Entstehung einer Forderung kann nach meiner Einschätzung im Rahmen der Kapitalaufbringung nicht verzichtet werden, sodass eine Risikobewertung auf der Ebene des Forderungsbestands abzulehnen ist und auf die Ebene der Frage nach der Durchsetzbarkeit der Forderung zu beschränken ist. Dem entsprechend sind aufschiebend 241

Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 28; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 84; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 64; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 27; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 43. 242 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 23; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 117. 243 BGH, Urteil vom 22. 09. 1965 – VIII ZR 265/63, NJW 1965, 2197; BAG, Urteil vom 14. 12. 1966 – 5 AZR 168/66, NJW 1967, 751. 244 Insofern nicht überzeugend Cavin, Kapitalaufbringung, S. 196, der allein auf den wirtschaftlichen Wert einer bedingten Forderung abstellen will. 245 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 117.

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bedingte Forderungen nur unter der Voraussetzung zulässig, dass der Bedingungseintritt bis zur Anmeldung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung zum Handelsregister ¢ und damit in dem für die Einlagefähigkeit nach §§ 36a Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 AktG, §§ 7 Abs. 3, 57 Abs. 2 GmbHG maßgeblichen Zeitpunkt ¢ erfolgt und die Forderung somit wirksam begründet worden ist246. Dem entwickelten Ergebnis folgend sind danach ¢ entgegen teilweise vertretener Ansicht ¢ auch erst zukünftig entstehende Forderungen einlagefähig, wenn deren spätere Entstehung gesichert und lediglich der Entstehungszeitpunkt ungewiss ist247. Aus diesem Grund sind auch zukünftige Gehalts- und Vergütungsansprüche oder Gewinnansprüche gegen Dritte nicht einlagefähig, da deren Entstehung gerade nicht gesichert ist248. Einlagefähig sind dagegen feststehende Forderungen, bei denen lediglich der Zeitpunkt der Leistungspflicht ungewiss ist, nicht aber der Leistungsgegenstand249. Der Ungewissheit bezüglich des Leistungszeitpunkts ist durch einen Bewertungsabschlag Rechnung zu tragen. Auch im Übrigen hindern Nachteile, Unsicherheiten und Risiken auf Ebene der Forderungsrealisierung nicht die Einlagefähigkeit der Forderung an sich, sondern sind durch die Vornahme von Abschlägen im Rahmen der Bewertung der Forderung zu berücksichtigen. So sind zum Einbringungszeitpunkt nicht fällige Forderungen mit ihrem Barwert anzusetzen, sodass ein entsprechender Abschlag vorzunehmen ist250. Ebenso sind Abschläge bei bestrittenen oder mit Einreden behafteten Forderungen vorzunehmen251. bb) Forderungsbewertung Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass Forderungen gegen Dritte als Einlagegegenstand ¢ wie grundsätzlich sämtliche Sacheinlagen ¢ nicht zu einem höheren Betrag als ihrem Wert auf den Nennbetrag von Aktien oder Geschäftsanteilen angerechnet werden können252. Maßgeblich für die Wertermittlung ist dabei der Zeitwert des Einlagegegenstandes aus Sicht der Gesellschaft, die den Einlagegegenstand erhält253. Bei Forderungen gegen Dritte sind somit die Solvenz und Bonität 246 OLG Oldenburg, Urteil vom 17. 04. 1997 – 1 U 90/96, AG 1997, 424; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 117; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 45. 247 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 116; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 74. Ablehnend Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 43; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 17; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 27. 248 Insoweit zutreffend Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 27. 249 Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 45; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 28. Dort wird auch die Bezeichnung „aufschiebend befristete Forderung“ verwendet, die meiner Einschätzung nach aber das Bezeichnete nicht treffend zu beschreiben vermag. 250 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 116. 251 Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 14; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 51; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 26. 252 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 86. 253 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89; Hüffer-AktG § 27 Rdn. 20; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 91; Veil, in:

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des Dritten als Schuldner für die Bewertung entscheidend254. Deckt der Wert der Sacheinlage nicht den Nennbetrag der hierfür ausgegebenen Aktien oder Geschäftsanteile, so liegt eine Überbewertung der Sacheinlage vor, die zu einem versteckten Disagio und somit einer kapitalaufbringungsrechtlich unzulässigen Unterpari-Emission führen würde (§§ 9 Abs. 1, 36a Abs. 2 Satz 3 AktG)255. Einlagegegenstände dürften höchstens mit ihrem objektiven Zeitwert angesetzt werden; Forderungen als Gegenstand des Umlaufvermögens nach § 266 Abs. 2 B. II. HGB, die aufgrund ihrer typischen Bestimmung nicht dauerhaft im Gesellschaftsvermögen verbleiben, lassen sich mit dem Veräußerungswert als Höchstwert ansetzen256. Gegen Dritte gerichtete Forderungen des Inferenten können daher nicht stets mit dem Nennwert angesetzt werden, sondern nur mit dem voraussichtlich aus der Forderung realisierbaren Erlös257. Um diesen zu ermitteln, ist in Bezug auf Geldforderungen eine Bewertung erforderlich, die sämtliche erkennbare Risiken mit einbezieht. Bewertungsfaktoren sind hierbei die Bonität des Schuldners, Risiken und Kosten der Durchsetzung der Forderung. b) Einlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten oder einen Mitgesellschafter Im Gegensatz zu Forderungen eines Inferenten gegen einen Dritten sind gegen den Einleger selbst gerichtete Forderungen nach Ansicht des BGHs258 und der herrschenden Ansicht im Schrifttum259 keine zur Sacheinlage fähigen Gegenstände. Auch gegen Mitgesellschafter gerichtete Forderungen werden von der herrschenden

Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 57 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG § 5 Rdn. 33; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 37; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 24. 254 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 37; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 42; Karollus, ZIP 1994, 589, 595; Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 119; Wansleben, WM 2012, 2083, 2086; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89 für Anlagevermögen. 255 Das Verbot der Unterpari-Emission gilt ¢ auch ohne ausdrückliche Normierung ¢ nach allgemeiner Meinung gleichfalls im GmbH-Recht, vgl. BGH, Urteil vom 14. 03. 1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191 = NJW 1977, 1196; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 49; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 25. 256 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 20; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 34; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 57; Märtens, in: MüKoGmbHG, § 5 Rdn. 148; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 34. 257 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 03. 1991 – 6 U 234/90, WM 1991, 1669; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 69; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 3 Rdn. 25. 258 BGH, Urteil vom 16. 02. 2009 – II ZR 120/07 Qivive, BGHZ 180. 38 = NJW 2009, 2375. 259 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 59, 69; Hüffer-AktG § 27 Rdn. 17; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 26; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 63, 87; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 48; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 24; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 85; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 44; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 15.

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Meinung als nicht sacheinlagefähig angesehen260. Rechtstechnisch könnte die Einlage einer solchen Forderung entweder durch Begründung einer entsprechenden Verpflichtung des Inferenten gegenüber der Gesellschaft erbracht werden oder durch Abtretung eines bestehenden oder neu begründeten Anspruchs eines Dritten gegen den Inferenten durch den Dritten an die Gesellschaft erfolgen. Die Abtretung des Dritten würde dabei im Rahmen eines Vertrags zugunsten der Gesellschaft zwischen dem Inferenten und dem Dritten bewirkt261. In erster Linie wird die Einlagefähigkeit gegen den Inferenten gerichteter Forderungen von der herrschenden Meinung abgelehnt, da es sich bei der Einbringung einer solchen Forderung als Einlageleistung um einen bloßen Austausch der gesellschaftsrechtlichen Einlageverpflichtung gegen eine reguläre schuldrechtliche Verpflichtung handeln würde262. Es fehle in einem solchen Fall an der für die Erbringung einer Einlageleistung erforderlichen Aussonderung des Einlagegegenstandes aus dem Vermögen des Inferenten263. Die Sacheinlage würde der Gesellschaft in dieser Konstellation ¢ entgegen §§ 36a Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2 AktG, §§ 7 Abs. 3, 57 Abs. 2 GmbHG ¢ nicht endgültig zufließen264 und das Gesellschaftsvermögen durch den Forderungstausch keinen effektiven Zuwachs erfahren265. Für das GmbH-Recht wird zudem die Schwäche einer rein schuldrechtlichen Forderung gegen den Inferenten im Vergleich zu einer gesellschaftsrechtlichen Einlageverpflichtung hervorgehoben, welche bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Inferenten durch die Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter nach § 24 GmbHG266 abgesichert wird267. Zunächst ist festzustellen, dass dieser Befund insbesondere im 260 Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 14; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 27; Solveen, in: Hölters-AktG, § 27 Rdn. 9; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 14; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 88; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rdn. 27; Frantzmann, in: Gehrlein-GmbHG, § 5 Rdn. 27. Anderer Ansicht: Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 73; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 45. 261 Die Abtretung der Forderung durch einen Dritten an die Gesellschaft im Rahmen eines Vertrags zugunsten der Gesellschaft wäre eine nach § 267 BGB zulässige Leistung durch Dritte, vgl. Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 19 Rdn. 19. 262 BGH, Urteil vom 16. 02. 2009 – II ZR 120/07 Qivive, BGHZ 180. 38, 42 f. = NJW 2009, 2375, 2376. 263 Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 87. 264 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 15. 265 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 109. 266 Von der Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG sind grundsätzlich nur Bareinlageverpflichtungen, nicht aber Sacheinlageverpflichtungen erfasst, da diese nach herrschender Ansicht nicht Gegenstand eines Kaduzierungsverfahrens sein können. Allerdings erstreckt sich die Haftung auf Einlagepflichten aus Differenzhaftung nach § 9 GmbHG, Unterbilanzhaftung, Haftung für den Bareinlagenteil bei gemischten Sacheinlagen und Zahlungsansprüche aus fehlgeschlagenen Sacheinlagen, vgl. Schütz, in: MüKo-GmbHG, § 21 Rdn. 14, § 24 Rdn. 14. 267 Frantzmann, in: Gehrlein-GmbHG, § 5 Rdn. 27; Rezori, RNotZ 2011, 125, 135, sieht Einlageforderungen im Gegensatz zu „schwachen“ schuldrechtlichen Forderungen allgemein durch „Kapitalschutznormen“ flankiert; vgl. auch KG, Beschluss vom 03. 05. 2005 – 1 W 319/ 03, ZIP 2005, 1639.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Vergleich mit einer Bareinlageverpflichtung zutreffen kann, wenn der Inferent seine Sacheinlageverpflichtung durch Begründung einer Forderung der Gesellschaft gegen sich selbst wirksam erfüllen könnte, die Gesellschaft aber aufgrund späterer Insolvenz268 des Inferenten mit der Forderung ausfällt. In diesem Fall wäre keine Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter gegeben. Zwar kann dagegen eingewendet werden, dass bei einer Geldeinlage in eine Einpersonen-GmbH hinsichtlich des nicht vor Anmeldung der Gesellschaft oder der Kapitalerhöhung eingezahlten Betrags auch keine Ausfallhaftung weiterer Gesellschafter besteht und seit der GmbH-Reform im Jahr 2008 durch das MoMiG269 für den ausstehenden Betrag auch keine Sicherheitsleistung durch den Gesellschafter mehr erforderlich ist270. Zudem steht und fällt die Realisierbarkeit der Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG mit der Solvenz der übrigen Gesellschafter271, an die das Gesetz keine Anforderungen oder Gewährleistungsmechanismen knüpft. Letzterer Gesichtspunkt ist allerdings als ein allgemeines Problem der Haftungsverwirklichung anzusehen und vermag daher keinen spezifischen argumentativen Ertrag zu erbringen. Entscheidend gegen die Einlagefähigkeit einer Forderung gegen den Inferenten als Sacheinlage spricht nach meiner Einschätzung allerdings, dass der Inferent sich durch die Übernahme einer schuldrechtlichen Zahlungsverpflichtung gegenüber der Übernahme einer Bareinlage besser stellen könnte, da auf Bareinlageverpflichtungen bei Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung nach §§ 36 Abs. 2, 36a Abs. 1, 188 Abs. 2 AktG, §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 56a GmbHG bereits vor der Anmeldung zum Handelsregister mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags auf jede Aktie oder des Nennbetrags jeden Geschäftsanteils einzuzahlen ist272 und diese Mindesteinzahlungsverpflichtung ¢ unter strafbewehrter Absicherung gegen Falschangaben nach § 399 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 AktG, § 82 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 3GmbHG ¢ von den Gründern oder dem Leitungsorgan der Gesellschaft bei der Anmeldung zum Handelsregister nach §§ 37 Abs. 1, 188 Abs. 2 AktG, §§ 8 Abs. 2, 57 Abs. 2 GmbHG zu versichern ist. Gegenüber der Argumentation unter Heranziehung der Ausfallhaftung nach § 24 GmbHG besteht zudem der Vorteil, dass das Argument sich auf parallele Normsetzung im GmbH- und Aktienrecht stützen kann und somit als konsistente Begründung für eine einheitliche Lösung im GmbH- und Aktienrecht gleichermaßen 268 Zum Zeitpunkt der Begründung oder Abtretung der Forderung dürften an der Solvenz des Inferenten keine erkennbaren Zweifel bestehen, da sonst mangels werthaltiger Forderung der Gesellschaft keine Deckung des Nennbetrags des Geschäftsanteils oder geringsten Ausgabebetrags der Aktien gegeben wäre. 269 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 270 Bis zur GmbH-Reform durch das MoMiG war bei der Einmann-Gründung und Kapitalerhöhung in einer Einmann-GmbH für zulässigerweise ausstehende Bareinlagen nach §§ 7 Abs. 2 Satz 3, 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a. F. Sicherheit zu leisten. Gleiches galt nach §§ 36 Abs. 2 Satz 2, 188 Abs. 2 AktG a. F. im Aktienrecht. 271 Cahn, ZHR 166 (2002), 278, 290 ff.; Cavin, Kapitalaufbringung, S. 199. 272 So auch KG, Beschluss vom 03. 05. 2005 – 1 W 319/03, ZIP 2005, 1639; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 69.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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tragfähig ist. Im Ergebnis der herrschenden Meinung folgend, ist daher grundsätzlich die Sacheinlagefähigkeit einer gegen den Inferenten gerichteten Forderung als Umgehung der Mindesteinzahlungsvorschriften für Bareinlagen abzulehnen. Es bleibt jedoch zu konstatieren, dass es sich bei der Ablehnung der Sacheinlagefähigkeit von gegen den Inferenten gerichteten Forderungen durch die herrschende Meinung nicht um eine streng logisch begründbare Lösung handelt, sondern ein von Wertungen getragenes Ergebnis ist. Dies zeigt sich an den von der herrschenden Meinung zugelassen Ausnahmen, in denen die Sacheinlagefähigkeit von gegen den Inferenten gerichteten Forderungen möglich sein soll. Die Einlagefähigkeit soll danach insbesondere bei dinglicher Besicherung des Anspruchs durch den Inferenten oder einen Dritten sowie der Stellung von Personalsicherheiten (z. B. Bürgschaft) durch einen solventen Dritten gegeben sein273. Weiter wird auch die Gutschrift eines Kreditinstituts als Inferent auf ein bei diesem geführten Konto der Gesellschaft als befreiende Einlageleistung angesehen. Zwar handelt es sich hierbei rechtstechnisch um eine Bareinlage, durch deren Erbringung wird im Ergebnis aber lediglich eine Forderung der Gesellschaft gegen den Einleger begründet274. Während diese Ausnahme aufgrund des in § 54 Abs. 3 AktG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Vertrauens in die Zahlungsfähigkeit von Kreditinstituten275 und der rechtstechnischen Unterschiede zur originären Einlage einer gegen den Inferenten gerichteten Forderung akzeptabel erscheint, ist die Zulassung von ausreichend besicherten Forderungen aber abzulehnen. Zwar ist zuzugeben, dass die Zulassung von besicherten Forderungen das ansonsten bestehende Unbehagen hinsichtlich der Realisierbarkeit von unbesicherten Forderungen gegen den Inferenten beseitigen kann. Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine solche Ausnahme aber abzulehnen, da bei Zulassung einer besicherten Zahlungsverpflichtung des Inferenten als Sacheinlage gleichfalls die Vorschriften der Bareinlage über die Mindesteinzahlungspflicht unterlaufen werden könnten. Schließlich spricht auch die durch das MoMiG erfolgte Normierung der Fallgruppe des „Hin- und Herzahlens“ in § 27 Abs. 4 AktG, § 19 Abs. 5 GmbHG nach meiner Einschätzung gegen die Sacheinlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten. Mit dem Hin- und Herzahlen wird ausnahmsweise eine ¢ unter weiteren Voraussetzungen stehende ¢ wirksame Erfüllung einer Geldeinlage anerkannt, obwohl die geleistete Einlage aufgrund einer vorab getroffenen Abrede unter Begründung einer Rückzahlungsforderung der Gesellschaft an den Gesellschafter zu273 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 111. Ablehnend zur Bürgschaft durch Dritte, Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 87. 274 Ausführlich hierzu Cahn, ZHR 166 (2002), 278, 299 ff. m. w. N. 275 Henze, in: Großkomm-AktG, § 54 Rdn. 6. Henze weist zudem darauf hin, dass der Gesetzgeber trotz Kenntnis der Fragestellung im Rahmen der Gesetzesnovellen seit dem Jahr 1937 keine einschränkende Änderungen der Regelung des § 54 Abs. 3 AktG dahingehend vorgenommen hat, dass eine Geldeinlage eines Kreditinstituts auf ein im Hause geführtes Konto der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Aus diesem Grunde komme auch keine dahingehende teleologische Reduktion des Gesetzeswortlauts in Betracht.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

rückgezahlt wird, was regelmäßig durch die Gewährung eines Darlehens der Gesellschaft an den Gesellschafter erfolgt. Auf diese Weise kann zwar ein vergleichbares wirtschaftliches Ergebnis zur Einlage einer gegen den Inferenten gerichteten Forderung erreicht werden, es ist aber nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber über die in § 27 Abs. 4 AktG, § 19 Abs. 5 GmbHG geschaffene Ausnahme hinaus auch auf die ¢ beim Hin- und Herzahlen zumindest zunächst erforderliche ¢ Aussonderung aus dem Vermögen des Inferenten verzichten wollte276. Die Einlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten ist daher im Ergebnis weiterhin abzulehnen277. c) Einlagefähigkeit von Forderungen des Einlegers gegen die Gesellschaft Besonders relevant sind im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen eines Inferenten. Bei einem Debt-Equity-Swap sollen im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen als Mittel der Kapitalerhöhung dienen. Forderungsgläubiger können dabei entweder Gesellschafter oder bislang außenstehende Dritte sein278. Obwohl auch bereits bei der Gesellschaftsgründung Forderungen eines Gründers gegen die Vorgesellschaft bestehen können, ist der Debt-Equity-Swap in der Gründungssituation praktisch nicht relevant, da bei der Kapitalaufbringung im Gründungsstadium die Ausstattung der Gesellschaft mit Liquidität und aktivierbaren Sacheinlagen im Vordergrund steht und zudem noch kein Bedürfnis zur Vornahme bilanzwirksamer Maßnahmen besteht. Daher wird auf die Einlagefähigkeit von im Gründungsstadium begründeten Forderungen gegen die Gesellschaft vorliegend nicht näher eingegangen279. Bei der Untersuchung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen des Inferenten als Sacheinlagegegenstand wird zunächst die Mindermeinung skizziert, woran sich die Darlegung des Standpunktes der herrschenden Meinung anschließt und die Entwicklungslinie der Rechtsprechung vom Reichsgericht zum Bundesgerichtshof nachgezeichnet wird. Sodann erfolgt eine nähere Betrachtung des Einlagegegenstandes und des Einlagevorgangs von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen, was in Abgrenzung zur herrschenden Meinung zu einer differenzierenden Ansicht führen und 276

Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 24. Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 29 Rdn. 278; Markwardt, BB 2008, 2414, 2420; Giedinghagen/Lakenberg, NZG 2009, 201, 205. 278 Inwieweit für Gesellschafterforderungen Besonderheiten hinsichtlich der Einlagefähigkeit bestehen, wird am Ende des Abschnitts unter 3. Kapitel, III. 3. d) dargelegt. 279 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 80; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 24, halten Ansprüche aus nach § 26 AktG wirksam festgesetztem Gründungsaufwand oder Gründerlohn für einlagefähig. Die Gegenansicht lehnt dies mit dem Argument ab, dies komme einer Ausgabe von Gratisaktien gleich, vgl. A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 54; Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 16. 277

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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Grundsteinlegung für die sich anschließende Auseinandersetzung mit der Frage nach der Bewertung der Einlage und der hierbei maßgeblichen Bewertungsperspektive sein könnte. Es schließt sich die Erörterung der Frage an, ob eine Verwendung der Forderung gegen die Gesellschaft als Sacheinlage zwingend ist oder sich die beabsichtigte wirtschaftliche Zielsetzung auch bei Vereinbarung einer Bareinlageverpflichtung erreichen lässt. Weiter wird überprüft, ob die aktienrechtliche Regelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG hinsichtlich der Ausübung von Bezugsrechten bei Wandelschuldverschreibungen und -genussrechten auf den Debt-Equity-Swap anwendbar ist und sich auf diesem Wege eine Befreiung von den Sacheinlagevorschriften ergeben könnte. Abschließend wird erörtert, ob für Gesellschafterforderungen Besonderheiten und insbesondere Einschränkungen gegenüber der Einlagefähigkeit von Drittforderungen bestehen. aa) Mindermeinung: keine Einlagefähigkeit Nach in der Literatur vereinzelt gebliebenen Äußerungen wird die Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft insgesamt abgelehnt. So würde nach Ansicht von Kraft durch eine Anerkennung der Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft das Aufrechnungsverbot des § 66 Abs. 1 AktG umgangen, wodurch sich der Inferent als Gläubiger gegenüber den anderen Gläubigern der Gesellschaft einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen würde280. Dieses Argument kann aber nicht als durchgreifend angesehen werden, da es durch eine solche Einlage nicht zu einer Befriedigung der Forderung nach §§ 362 ff. BGB kommt, sondern zu einem Verzicht auf die Forderung oder den Untergang der Forderung im Austausch gegen eine Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft. Hierdurch scheidet der Inferent aus der Konkurrenz der übrigen Gläubiger um das begrenzte Gesellschaftsvermögen aus281 und nimmt mit seiner Kapitalbeteiligung bei einer außerinsolvenzlichen Liquidation der Gesellschaft ebenso wie in einem Insolvenzverfahren die letztrangige „Gläubigerposition“ als Eigenkapitalgeber ein und erhalten nach § 199 InsO, §§ 268 Abs. 1, 271 AktG, §§ 70, 72 GmbHG nur im Fall der vollständigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger einen ihrer Beteiligung am Kapital der Gesellschaft entsprechenden Anteil des verbleibenden Gesellschaftsvermögens. Nach der Ansicht von Schnorr v. Carolsfeld würde durch die Einlage einer Forderung gegen die Gesellschaft die notwendige bare Einzahlung umgangen werden und kein realer Wert in das Gesellschaftsvermögen gelangen282. Auch diese Ansicht vermag nicht zu überzeugen, da in der Forderung des Gläubigers und in der Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit grundsätzlich ein wirtschaftlicher Wert begründet liegt. Soweit die Werthaltigkeit der Forderung in Frage steht, so betrifft dies allerdings die Frage nach der Forderungsbewertung und nicht die Ebene der Einlagefähigkeit. 280 281 282

Kraft, in: KölKo-AktG, 2. A., § 27 Rdn. 31. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. Schnorr v. Carolsfeld, DNotZ 1963, 404, 418.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

bb) Herrschende Meinung: Sacheinlagefähigkeit gegeben Nach herrschender Meinung sind gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen sacheinlagefähig283. Bei der Auswertung der Kommentarliteratur fällt allerdings auf, dass dort keine nähere Begründung und auch kein Abgleich des Einlagegegenstandes mit den oben dargelegten allgemeinen Kriterien der Sacheinlagefähigkeit stattfinden. Obwohl diese nicht als maßgebliche Qualifikations- und Ausschlusskriterien überzeugen konnten, erhellt die inhaltliche Auseinandersetzung mit allgemeinen Kriterien die Eigenschaften und Besonderheiten des Einlagegegenstandes. Emblematisch für die herrschende Ansicht sind die Aussagen von Röhricht und A. Arnold: „Nach allgemeiner Meinung kann auch eine eigene Forderung des Gründers gegen die VorAG Gegenstand einer Sacheinlage sein.“284 „Problematisch ist bei Forderungen gegen die Gesellschaft nicht die Einlagefähigkeit, sondern die Bewertung. Ist die Forderung werthaltig, so erscheint die Einlage derartiger Ansprüche (…) unproblematisch.“285

Der erste Satz der Aussage von A. Arnold enthält eine klare Unterscheidung zwischen der Einlagefähigkeit der Forderung an sich und der Frage nach der Bewertung der Forderung. Auf einer ersten Betrachtungsebene sind danach Forderungen gegen die Gesellschaft ¢ unabhängig von ihrer Werthaltigkeit ¢ einlagefähig. Ob für eine Forderung mit einem Nominalbetrag von 1.000 EUR Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag von 1.000 EUR ausgegeben werden können, betrifft auf einer weiteren Betrachtungsebene die Frage nach der Bewertung der Forderung. Hält man ¢ dem Standpunkt der herrschenden Meinung entsprechend ¢ die Vollwertigkeit der Forderung für erforderlich, um hierfür im Verhältnis eins zu eins Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag der Höhe des Nominalbetrags der Forderung erhalten zu können, so ändert dies bei verminderter Werthaltigkeit nicht die Einlagefähigkeit der Forderung an sich. Nach der herrschenden Meinung können für eine Forderung mit verminderter Werthaltigkeit jedoch nicht im Verhältnis eins zu eins Aktien oder Geschäftsanteile übernommen werden, da der Wert der Forderung den Nennbetrag der Aktien oder Geschäftsanteile nicht decken würde. Entsprechend könnte für die Einlage einer Forderung mit einem Nominalbetrag von 1.000 EUR bei einem auf 500 EUR verminderten Wert nur im Verhältnis zwei zu eins

283

RG, Urteil vom 04. 07. 1898 – VI ZR 104/98, RGZ 42, 1; BGH, Urteil vom 13. 10. 1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52 = NJW 1954, 1842; BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754; BGH, Urteil vom 18. 09. 2001 – II ZR 365/98, BGHZ 145, 150 = NJW 2001, 67; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 54; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 80; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 124; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 65; Zeidler, in: MichalskiGmbHG, § 5 Rdn. 89; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 17. 284 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 80. 285 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 54.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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eine Beteiligung übernommen werden, d. h. Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag von 500 EUR. Diese grundlegende Unterscheidung zwischen Einlagefähigkeit der Forderung und dem Umfang der hierfür möglichen Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft ist relevant, da in den Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung teilweise nicht deutlich zwischen der Einlagefähigkeit der Forderung an sich und der Frage der Bewertung unterschieden wird. Dies kann dahingehend zu Missverständnissen führen, dass nur vollwertige Forderungen als einlagefähig einzustufen sind. Auch der zweite Satz der Aussage von A. Arnold und nachfolgend angeführte Rechtssprechung ließen sich als Einschränkung der Einlagefähigkeit verstehen, obwohl damit nur die Bewertungsebene gemeint sein kann. Eine Verneinung der Einlagefähigkeit unter Bezugnahme auf die mangelnde Werthaltigkeit der Forderung wäre allenfalls im Fall völliger Wertlosigkeit der Forderung möglich, da ¢ nach herrschenden Meinung ¢ für eine solche Forderung überhaupt keine Aktien oder Geschäftsanteile übernommen werden können. Die völlige Wertlosigkeit einer Forderung erscheint außerhalb eines Insolvenzverfahrens aber nur im Fall der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft i. S. d. § 394 Abs. 1 FamFG denkbar, was aber insbesondere in einer Krisensituation, in der Sanierungsmaßnahmen avisiert sind und zur Sicherung des Fortbestands der Gesellschaft eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden soll, lediglich als theoretisch denkbarer Ausnahmefall anzusehen ist. Selbst in der Insolvenz der Gesellschaft sind reguläre Insolvenzforderungen nicht wertlos, sondern in Höhe der zu erwartenden Insolvenzquote werthaltig. Anders stellt sich die Situation bei in der Insolvenz nachrangigen Forderungen nach § 39 Abs. 1 – 3 InsO dar, wenn auch keine anteilige Befriedigung zu erwarten ist. Obwohl bei Wertlosigkeit einer Forderung gegen die Gesellschaft im Ergebnis kein Unterschied darin besteht, ob man auf der ersten Ebene die Einlagefähigkeit oder auf der Bewertungsebene die Möglichkeit zur Ausgabe von Aktien oder Geschäftsanteilen für die Forderung mangels Wertdeckung des Ausgabebetrags verneint, erscheint es aus systematischen Gründen auch in diesem Fall geboten, klar zwischen der Ebene der Einlagefähigkeit und der Bewertung zu differenzieren. Diese Unterscheidung steht auch in Übereinstimmung mit den Vorgaben an Sacheinlagen nach § 27 Abs. 2 AktG, welcher den Vermögensgegenstand an sich und dessen feststellbaren wirtschaftlichen Wert gegeneinander abgrenzt. Damit ist der Ausgangspunkt für eine nähere Betrachtung der von der Literatur zur Begründung der Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft als maßgeblich erachteten höchstrichterlichen Rechtsprechung bereitet. Bereits das Reichsgericht war mit der Frage der Einlagefähigkeit von Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft befasst, sodass nachfolgend der Verlauf der Rechtsprechungsentwicklung vom Reichsgericht zum Bundesgerichtshof nachgezeichnet wird. (1) Ansicht des Reichsgerichts: Aufrechnung als Sacheinlage In der älteren Rechtsprechung wurde zunächst nicht auf die Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft selbst als Einlagegegenstand abgestellt, sondern

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

auf die Aufrechnung der Einlageverpflichtung des Inferenten mit dessen Forderung gegen die Gesellschaft. Hierzu nahm das Reichsgericht in RGZ 42, 1 an: „Daß die vertragsgemäße Gestattung der Aufrechnung einer Forderung gegen die Gesellschaft als Sacheinlage erachtet werden kann, ist mehrfach anerkannt.“286

Hiergegen wurde später von Flume eingewandt, dass die Aufrechnung als solche nicht Gegenstand einer Einlageverpflichtung sein kann. Gegenstand der Sacheinlage sei vielmehr die Forderung selbst287, was noch genauer zu betrachten sein wird. Bei der Analyse der vom Reichsgericht verwendeten Formulierung fällt jedoch auf, dass in dem zugrunde liegenden Fall die Wirksamkeit eines Zeichnungsscheins im Rahmen der Kapitalerhöhung einer AG in Frage stand. Durch eine unklare Formulierung im Zeichnungsschein lag die Vereinbarung einer Bareinlage mit der Abrede einer Verrechnung von Darlehensrückzahlungsansprüchen des Inferenten gegen die Gesellschaft nahe. Allerdings ergaben die Auslegung und tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die Übernahme einer Bareinlage gerade nicht vereinbart wurde, sodass die Wirksamkeit des Zeichnungsscheins von der Qualifikation des Einlagegegenstands als Sacheinlage abhängig war. Vor diesem Hintergrund scheint die verwendete Formulierung des Reichsgerichts in erster Linie dem Bestreben geschuldet gewesen zu sein, die Wirksamkeit der Zeichnungserklärung nicht in Frage zu stellen288, sodass der zugrunde liegende Vorgang aus diesen Erwägungen als Sacheinlage qualifiziert wurde und der Aussage des Gerichts aus diesem Grund eher geringe dogmatische und grundsätzliche Aussagekraft zukommt. Unter Bezugnahme auf die genannte Entscheidung des Reichsgerichts haben aber gleichlautende Formulierungen Eingang in die ältere Kommentarliteratur gefunden289. So heißt es bei Fischer: „Ohne praktische Bedeutung ist es, ob in einem solchen Fall die Einlage dadurch erbracht wird, daß der Einleger mit der Gesellschaft einen Erlassvertrag über diese Forderung schließt oder ob er mit seiner Forderung gegenüber der Gesellschaft gegen den Anspruch der Gesellschaft auf den Gegenwert der Aktien aufrechnet und diese Aufrechnung als Sacheinlage gilt.“290

Die Stellungnahme Fischers hat mit der Ansicht des Reichsgerichts gemeinsam, dass es im Ausgangspunkt an einer klaren Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage mangelt. In einem ersten Schritt wird die Einlageverpflichtung ohne Spezifizierung, und daher unzureichend, als Anspruch der Gesellschaft auf Wertdeckung der übernommenen jungen Aktien oder Geschäftsanteile verstanden. In einem zweiten Schritt wird dann über eine Fiktion deklariert, dass die Aufrechnung von Forderungen gegenüber der Gesellschaft gegen den Anspruch der Gesellschaft 286 287 288 289 290

RG, Urteil vom 04. 07. 1898 – VI ZR 104/98, RGZ 42, 1, 4. Flume, DB 1964, 21. So auch Geßler, in: Festschrift Möhring, S. 173, 183. Schilling, in: Hachenburg-GmbHG, 6. A., § 5 Rdn. 22 f., § 19 Rdn. 16a. Fischer, in: Großkomm-AktG, 2. A., § 20 Rdn. 12, § 60 Rdn. 15.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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auf den Gegenwert der Aktien oder Geschäftsanteile eine Sacheinlage sei. Dies vermag im Ergebnis aber nicht zu überzeugen. Vielmehr ist bereits im Ausgangspunkt die Qualifikation als Bar- oder Sacheinlage vorzunehmen. Neben dem durchgreifenden Einwand von Flume gegen die Aufrechnung als Gegenstand einer Sacheinlage steht die Ansicht des Reichsgerichts und Fischers auch den zivilrechtlichen Voraussetzungen des § 387 BGB an eine Aufrechnung entgegen, da bei einer Qualifikation des Aufrechnungsvorgangs als Sacheinlage im Ausgangspunkt keine Verpflichtung des Inferenten zur Erbringung einer Geldeinlage besteht. Für eine Aufrechnung müssen sich jedoch Leistungsverpflichtungen gegenüberstehen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, weshalb die Aufrechnung im Wesentlichen auf beiderseitige Geldforderungen beschränkt ist291. Steht dem Inferenten gegen die Gesellschaft eine Forderung auf Geldzahlung zu, so ist eine Aufrechnung zivilrechtlich nur möglich, wenn im Rahmen der Gründung einer Gesellschaft oder einer Kapitalerhöhung zunächst eine Bareinzahlungsverpflichtung begründet worden ist292. Durch die Qualifikation einer „Aufrechnung als Sacheinlage“ käme es in der Sache zu einer Aufrechnung sich gegenüberstehender Verpflichtungen dem Werte nach. Eine Aufrechnung ist mangels Gleichartigkeit aber bereits bei sich gegenüberstehenden Geldschulden ausgeschlossen, wenn eine hiervon in inländischer, die andere in ausländischer Währung als echte Fremdwährungsschuld zu erfüllen ist293. Erst recht ist daher eine rein wertmäßige Aufrechnung im Rahmen der Kapitalaufbringung als unzulässig und daher unwirksam anzusehen294. Aus diesem Grund ist klar zu trennen zwischen der Vereinbarung einer Sacheinlage durch Verzicht auf die dem Inferenten zustehenden Forderungen gegen die Gesellschaft oder deren Abtretung an die Gesellschaft einerseits und der Vereinbarung einer Bareinlageverpflichtung, die gegen die Forderungen des Inferenten aufgerechnet werden soll, andererseits. Auf dieser Grundlage schließt sich die später zu erörternde Frage an, ob die Möglichkeit der Aufrechnung mit einer Bareinlageverpflichtung überhaupt zulässig ist oder die Einlage einer Forderung gegen die Gesellschaft stets auf dem Weg der Sacheinlage zu erfolgen hat. (2) Rechtsprechung und Literatur heute: Die Forderung ist Gegenstand der Sacheinlage Dagegen sind nach der heutigen Rechtsprechung des BGHs und der überwiegenden Literaturansicht gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen selbst als Gegenstand der Sacheinlage anzusehen. So bezieht sich der BGH in seinen Entscheidungen fast durchgängig auf die Forderung selbst als Einlagegegenstand. So

291 Grüneberg, in: Palandt-BGB, § 387 Rdn. 9, vgl. mit zahlreichen abgrenzenden Beispielen Schlüter, in: MüKo-BGB, § 387 Rdn. 30, 34. 292 Flume, DB 1964, 21. 293 Schlüter, in: MüKo-BGB, § 387 Rdn. 32. 294 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 27.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

heißt es in BGHZ 15, 52 in Bezug auf eine Darlehensforderung des Inferenten bei der Kapitalerhöhung einer GmbH: „Auch die Einbringung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung kann bei einer Kapitalerhöhung Gegenstand einer Sacheinlage oder Sachübernahme sein.“295

Ebenfalls auf die Einlage einer Darlehensforderung eines Inferenten bezieht sich die Entscheidung BGHZ 110, 47, welche die Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft zum Gegenstand hat: „Es ist allgemein anerkannt, daß eine Darlehensforderung, die ein Aktionär gegen die Aktiengesellschaft hat, als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht werden kann. Gegenstand der Sacheinlage ist die Forderung.“296

Auch in dieser ansonsten ausführlich und unter Bezugnahme auf zahlreiche Stellungnahmen im Schrifttum begründeten Entscheidung finden sich keine näheren Ausführungen zu Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand an sich. Lediglich zu der Frage der Bewertung der Einlageforderung findet sich folgende ¢ missverständliche ¢ Ausführung: „Der Aktionär kann eine Umwandlung seiner Darlehensforderung nur in einer Höhe verlangen, in der die Gesellschaft sie entsprechend ihrem Leistungsvermögen erfüllen kann; denn danach bemisst sich ihre Werthaltigkeit.“

Anknüpfend an die oben dargelegte Differenzierung zwischen der Einlagefähigkeit an sich und der Frage der Bewertung, ist hiermit aber nicht gemeint, dass eine nicht voll werthaltige Forderung nicht insgesamt einlagefähig wäre. Die Aussage des BGHs ist vielmehr dahingehend zu verstehen, dass der Inferent bei Einlage einer nur teilweise werthaltigen Forderung hierfür nicht in Höhe des Nominalbetrags der Forderung Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag in gleicher Höhe übernehmen kann, sondern nur in Höhe des werthaltigen Forderungsanteils. Die Rechtsprechung des BGHs und die überwiegende Ansicht in der Literatur kann sich hinsichtlich der Forderung als Einlagegegenstand seit der Aktienrechtsreform im Jahre 1965 zudem auf die Regelung der §§ 194 Abs. 3, 205 Abs. 4 AktG stützen, welche die Einlagefähigkeit von Geldforderungen gegen die Gesellschaft voraussetzt und somit anerkennt297. Bei der Ausgabe von Belegschaftsaktien gegen Forderungen von Arbeitnehmern298 aus einer von der Gesellschaft eingeräumten Gewinnbeteiligung gelten im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung oder einer Kapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital bestimmte Sacheinlagevorschriften nicht. Im Unterschied zum Umtausch von Wandelschuldverschreibungen und -ge295

1844. 296

BGH, Urteil vom 13. 10. 1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52, 60 = NJW 1954, 1842,

BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 60 = NJW 1990, 982, 985. 297 Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 119. 298 Zu dem von der Reglung umfassten Personenkreis, v. Dryander/Niggemann, in: HöltersAktG, § 194 Rdn. 17.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

205

nussrechten handelt es sich bei der Einlage von Forderungen aus einer Arbeitnehmern zugesagten Gewinnbeteiligung nach allgemeiner Ansicht stets um eine Sacheinlage299. So unterliegen die Forderungen trotz gewährter Erleichterungen insbesondere der Prüfungspflicht nach §§ 194 Abs. 4, 205 Abs. 5, 33 AktG, sodass diesbezüglich kein Ansatzpunkt für Einwände gegen eine Qualifikation als Sacheinlage verbleiben. Bei der Analyse der angeführten Entscheidungen fällt aber auf, dass eine nähere Befassung mit dem Einlagegegenstand nicht erkennbar wird und insbesondere keine Stellungnahme zu der bei Forderungen gegen die Gesellschaft ¢ im Gegensatz zu Forderungen gegen Dritte ¢ bestehenden besonderen GläubigerSchuldner-Konstellation erfolgt, die sich im Einlagevorgang und in den Auswirkungen der Einlage bei der Gesellschaft deutlich von Forderungen gegen Dritte unterscheidet. Die Besonderheiten der Gläubiger-Schuldner-Konstellation beim Debt-Equity-Swap sind daher sogleich im Rahmen einer differenzierenden Ansicht näher darzulegen. cc) Differenzierende Ansicht: Befreiung von der betreffenden Verbindlichkeit ist Einlagegegenstand Bei Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft besteht im Gegensatz zur Einlage von Forderungen gegen Dritte eine besondere Gläubiger-Schuldner-Konstellation, die im Einlagevorgang und in der Einlagewirkung von Forderungen gegen Dritte zu unterscheiden ist. Diese Unterschiede klingen auch in einigen Stellungnahmen in der Literatur an, werden jedoch nicht vertieft. So wird von Pentz knapp bemerkt: „Die Vermögensvermehrung wird hier durch den Schulduntergang erreicht.“300

Ulmer/Casper führen hierzu aus: „Dass die Einlage einer Forderung gegen die Gesellschaft nicht zu einer Vermehrung von deren Aktiven führt, sondern deren Verbindlichkeiten verringert, steht der Anerkennung ihrer Einlagefähigkeit und ihrer Behandlung als Sacheinlage nicht entgegen, da eine Vermögensmehrung der Gesellschaft durch Kapitalzuführung ebensogut auf diesem Wege erreicht werden kann.“301

Damit ist der Ansatzpunkt für eine nähere Untersuchung des Einlagegegenstands und des Einbringungsvorgangs gefunden, der zu einer von der herrschenden Meinung differenzierenden Betrachtung des Einlagegegenstandes führen könnte. Anlass zu einer näheren Befassung mit gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen als Gegenstand der Sacheinlage gibt bereits ein unbefangenes Sprachverständnis. So legen die Begriffe der Sacheinlage und des Vermögensgegenstandes in § 27 Abs. 1 299 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 15; Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 5; Krieger, in: MünchHdb-GesR, § 57 Rdn. 26. 300 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29. 301 Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 65.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

und Abs. 2 AktG nahe, dass die Gesellschaft vom Inferenten einen bestimmten Vermögensgegenstand übertragen erhält und sich dieser danach im Vermögen der Gesellschaft wiederfindet. So werden beispielsweise bei einer Sache als Einlagegegenstand Eigentum und Besitz an die Gesellschaft übertragen, bei einer gegen einen Dritten gerichteten Forderung tritt die Gesellschaft durch Abtretung nach § 398 Satz 2 BGB in die Gläubigerposition ein und verfügt fortan selbst über die in ihrem Bestand befindliche unveränderte Forderung. Anders stellen sich der Einbringungsvorgang und die Auswirkungen bei der Gesellschaft bei den hier in Rede stehenden Forderungen eines Inferenten gegen die Gesellschaft dar. Verzichtet der Inferent als „Einlageleistung“ nach § 397 BGB auf eine solche Forderung gegenüber der Gesellschaft, so ergibt sich bereits aus dem Wesen der Verzichtsvereinbarung, dass nicht die Forderung als Vermögensgegenstand an die Gesellschaft übertragen werden soll. Wird stattdessen zur „Einbringung“ der Forderung eine Abtretung an die Gesellschaft nach § 398 BGB vorgenommen, so liegt formal zwar ein Übertragungsvorgang vom Inferenten an die Gesellschaft vor, dieser führt aber nicht zur materiellen Berechtigung der Gesellschaft als Zessionarin an der Forderung. Die Zessionarin tritt in diesem Fall gerade nicht nach § 398 Satz 2 BGB an die Stelle des bisherigen Gläubigers und erhält die Forderung somit nicht, da die Übertragung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung aufgrund der hierdurch eintretenden Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerposition rechtlich unmöglich ist und zum Untergang der Forderung durch Konfusion führt302. Da die Übertragung der Forderung auf die Gesellschaft rechtlich unmöglich und der Untergang der Forderung das von den Parteien beabsichtigte Ziel des „Einbringungsvorgangs“ ist, liegt der Sache nach auch bei der Abtretung einer solchen Forderung ein Forderungsverzicht vor303. Aus diesen Gründen muss die gängigerweise verwendete Definition, Gegenstand des Debt-Equity-Swaps sei die Einbringung oder Einlage einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung, zumindest als am Kern der Sache vorbeigehend beurteilt werden. Vielmehr geht es nicht nur bei der Rechtstechnik des „Einbringungsvorgangs“ um einen Verzicht auf die Forderung, sondern auch dem Gegenstand nach. Über die oben angeführte Feststellung von Pentz hinausgehend, dass bei einem Debt-Equity-Swap die Vermögensmehrung bei der Gesellschaft durch den Schulduntergang erreicht wird, sieht die auf der gerade dargelegten Argumentation aufbauende, differenzierende Auffassung den Gegenstand der Sacheinlage ausschließlich in der Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Inferenten304. Auch Ulmer/Casper, die in der oben angeführten Stellungnahme beim Debt-Equity-Swap die Forderung als Gegenstand der Sacheinlage bejahen, sprechen sich an anderer Stelle dafür aus, dass auch die Befreiung von einer Verbindlichkeit Gegenstand einer Sacheinlage sein kann, sodass zunächst 302 Olzen, in: Staudinger-BGB, Einl. zu §§ 362 ff. Rdn. 26 ff.; Fetzer, in: MüKo-BGB, vor §§ 362 Rdn. 4; Hoffmann, BB 1992, 575, 576. 303 Hoffmann, BB 1992, 575, 576. 304 Hoffmann, BB 1992, 575, 576.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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kein Widerspruch zwischen den beiden Ansichten zu bestehen scheint. Ulmer/ Casper führen aus: „Die Befreiung der GmbH von einer Verbindlichkeit, etwa durch Tilgung einer Darlehensschuld der Gesellschaft, kann Gegenstand einer Sacheinlage sein.“305

Diese Aussage von Ulmer/Casper ist aber nicht speziell auf die Situation des Debt-Equity-Swaps gemünzt, sondern allgemein gehalten. In erster Linie ist daher wohl die Tilgung einer gegenüber einem Dritten bestehenden Darlehensschuld der Gesellschaft durch den Inferenten gemeint, welche als Verpflichtung des Inferenten im Kapitalerhöhungsbeschluss festzusetzen wäre. Auch sonst wird in der Literatur die Befreiung der Gesellschaft von einer Schuld gegenüber einem Dritten, etwa durch befreiende Schuldübernahme, als möglicher Gegenstand der Sacheinlage angesehen306. Bei Untersuchung der von der Literatur angeführten Rechtsprechung des BGHs fällt aber auf, dass sich die Entscheidungen um die Fragestellung drehen, ob eine vereinbarte Bareinlageverpflichtung wirksam dadurch erbracht werden kann, dass die Zahlung unmittelbar an einen Dritten geleistet wird, da hierdurch eine Schuldbefreiung der Gesellschaft eintritt307. Dies wird von der angeführten Rechtsprechung des BGHs und der herrschenden Ansicht in der Literatur hinsichtlich des den Mindesteinzahlungsbetrag nach §§ 36a Abs. 1, 188 Abs. 2 AktG, §§ 7 Abs. 2, 56a GmbHG übersteigenden Betrags als nach § 362 Abs. 2 BGB zulässige Leistung an einen Dritten erachtet, soweit die Forderung des Dritten vollwertig, fällig und liquide (d. h. unbestrittenen) ist308. Bezüglich dieser Konstellation wird von MaierReimer zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Anerkennung der Sacheinlagefähigkeit einer Schuldbefreiung der Gesellschaft gegenüber einem Dritten die Problematik der verdeckten Sacheinlage in sich birgt309. Da sich diese Frage bei Festsetzung einer Schuldbefreiung der Gesellschaft von gegen diese gerichtete Forderungen des Inferenten als Sacheinlage nicht stellt, ergibt sich hieraus aber auch kein Argument gegen eine Qualifikation einer solchen Schuldbefreiung als Gegenstand der Sacheinlage. Obwohl der BGH in der Entscheidung BGHZ 110, 47 ausdrücklich erklärt hat, dass die Forderung selbst Gegenstand der Sacheinlage sei, scheint auch dem BGH die Ansicht nicht fern zu liegen, dass die Befreiung von einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Inferent Gegenstand der Sacheinlage sein 305

Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 79. Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 30; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 60; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 29; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 50; Märtens, in: MüKo-AktG, § 5 Rdn. 135. 307 BGH, Urteil vom 25. 11. 1985 – II ZR 48/85, NJW 1986, 989; BGH, Urteil vom 13. 07. 1992 – II ZR 263/91, BGHZ 119, 177 = NJW 1992, 3300; BGH, Urteil vom 12. 04. 2011 – II ZR 17/10, ZIP 2011, 1101. 308 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 29; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 54 Rdn. 36, § 66 Rdn. 48; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 7 Rdn. 42, § 19 Rdn. 57. Für die Zulässigkeit auch hinsichtlich des Mindesteinzahlungsbetrags Drygala, in: KölKoAktG, § 54 Rdn. 65, § 66 Rdn. 50. 309 Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 120. 306

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

kann. So wird in BGHZ 113, 335 ausgeführt, dass die Gesellschaft bei verdeckter Sacheinlage einer Forderung die Befreiung von einer Schuld erhält: „Denn im wirtschaftlichen Ergebnis erhält die Gesellschaft auch durch ein solches Hin- und Herzahlen von ihrem Einleger nicht anders als bei der Aufrechnung anstelle des im Kapitalerhöhungsbeschluß verlautbarten neuen liquiden Barkapitals lediglich ein Surrogat in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber ihrem Gesellschafter.“310

Gegen eine Qualifikation der Schuldbefreiung gegenüber dem Inferenten als Gegenstand der Sacheinlage wird jedoch der Einwand erhoben, dass dies nicht den Anforderungen des § 27 Abs. 2 AktG an einen Vermögensgegenstand genügen würde. Sacheinlagefähiger Vermögensgegenstand könne nur etwas Existentes sein, also etwas, das schon vor der Sacheinlage besteht311, sodass die Schuldbefreiung als Gegenstand der Sacheinlage ausscheide. Diese Fokussierung auf etwas Gegenständliches, bereits Existentes ist meiner Einschätzung nach zu formalistisch und geht am Kern der Sache vorbei. Auch könnte man umgekehrt mit der gleichen Argumentationslinie die Einlagefähigkeit einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung des Inferenten ablehnen, da diese nicht an die Gesellschaft übertragbar ist und die Gesellschaft somit nichts Gegenständliches und Existentes zur freien Verfügung erhält312. Daher scheint es mir nicht sachgerecht, die Qualifikation als Vermögensgegenstand i. S. d. § 27 AktG an das Kriterium der Existenz der Einlage zu knüpfen, wenn die Gesellschaft bei dem geplanten Vorgehen diesen Vermögensgegenstand gar nicht erhalten kann und soll. Maßgeblich erscheint mir vielmehr, auf den Vermögenswert313 des Forderungsverzichts abzustellen und nicht auf das Recht aus der Forderung als bestehender Vermögensgegenstand. Daher ist es entscheidend, dass die Gesellschaft den für sie in der Forderung verkörperten Vermögenswert erhält. Da sie Schuldnerin der betreffenden Forderung ist, stellt sich die Existenz der Forderung für sie in Form einer Verpflichtung aus einer Verbindlichkeit als negativer Vermögenswert dar. Ausschlaggebend ist für die Gesellschaft im Rahmen der Kapitalerhöhung daher, dass sie durch den Inferenten von den betreffenden Verpflichtungen befreit wird314. Aus diesen Gründen ist im Ergebnis der differenzierenden Auffassung zu folgen, nach der Gegenstand der Sacheinlage beim DebtEquity-Swap die Befreiung der Gesellschaft von den betreffenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Inferenten ist und nicht die Forderung selbst. Je nach Blickwinkel ist danach entweder die Forderung oder die Schuldbefreiung tauglicher Gegenstand der 310

1756. 311

BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 343 = NJW 1991, 1754,

Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 119. Auch Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2011, S. 107, 119, gesteht zu, dass seine Auffassung übertrieben pedantisch erscheinen könne. Seine Position sei für die Erörterung einiger Auffassungen bezüglich der Bewertung der Sacheinlage aber erforderlich. 313 Zum Vermögenswert als Kriterium der Sacheinlagefähigkeit vgl. Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 78. 314 So auch Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 9; Lutter, Kapital, S. 234. 312

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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Kapitalaufbringung. Auf der Ebene der Einlagefähigkeit führen beide Ansichten somit zum selben Ergebnis. Der herausgearbeiteten Differenzierung kommt jedoch nicht nur dogmatische Bedeutung zu, sondern sie könnte sich als argumentatives Fundament unterschiedlicher Auffassungen bei der nachfolgend zu erörternden Frage erweisen, ob bei einem Debt-Equity-Swap für die Einlage einer Forderung bzw. einer Schuldbefreiung stets Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag des Nominalwerts der Forderung ausgegeben werden können. Auf das vorliegende Zwischenergebnis kommt es für die praktische Anwendung aber nur an, wenn die Einlage einer Forderung bzw. eine Schuldbefreiung in jedem Fall zwingend auf dem Weg der Sacheinlage zu erbringen ist. Daher ist nachfolgend darzulegen, ob nicht das gleiche wirtschaftliche Ergebnis ¢ der Wegfall einer Verbindlichkeit der Gesellschaft bei entsprechender Erhöhung des gezeichneten Kapitals ¢ auch durch andere rechtliche Gestaltung bei Vereinbarung einer Bareinlageverpflichtung erreichbar ist. dd) Verpflichtung zur Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Sacheinlage? Umgehungsschutz durch das Institut der verdeckten Sacheinlage Nach der oben dargelegten Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage besteht nach der gesetzgeberischen Konzeption ein Dualismus, wobei jede Einlageleistung, die nicht in Geld erfolgt, Sacheinlage ist315. Auch kennt das deutsche Kapitalgesellschaftsrecht andere Einlageformen als Bar- und Sacheinlage de lege lata nicht, sodass in jedem Fall eine Zuordnung in die Kategorien der Bar- oder Sacheinlage erforderlich ist316. Übergeordnet stellt sich jedoch die Frage, ob auf Geldzahlung gerichtete Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand stets als Sacheinlage eingebracht werden müssen oder ob das wirtschaftlich verfolgte Ergebnis ¢ das Entfallen einer Verbindlichkeit bei entsprechender Erhöhung des gezeichneten Kapitals ¢ auch bei Vereinbarung einer Bareinlage durch andere Gestaltungen erreicht werden kann. Hierfür kommen insbesondere folgende Konstellationen in Betracht: • Anstatt der Einzahlung einer vereinbarten Geldeinlage erfolgt eine Aufrechnung mit bestehenden Forderungen des Inferenten. • Nach Einzahlung einer Geldeinlage werden bestehende Forderungen des Inferenten beglichen. • Vor Einzahlung einer Geldeinlage werden bestehende Forderungen des Inferenten beglichen. 315 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 57; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 84, 114; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 34; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 14. 316 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 114.

210

3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

(1) Verrechnung einer Geldeinlageverpflichtung mit Forderungen des Inferenten Nach ganz herrschender Ansicht ist die Aufrechnung mit im Zeitpunkt der Begründung einer Geldeinlageverpflichtung bereits bestehenden Forderungen (sogenannte Altforderungen) des Inferenten gegen die Gesellschaft unzulässig. Im Ausgangspunkt ist bei vereinbarter Geldeinlage ¢ nach vorzugswürdiger Ansicht ¢ zur grundlegenden Liquiditätsausstattung eine Aufrechnung im Umfang des vor der Anmeldung der Gesellschaft oder Kapitalerhöhung einzuzahlenden Mindestbetrags in Höhe eines Viertels des geringsten Ausgabebetrags der Aktien oder Nennbetrags auf jeden Geschäftsanteil nach §§ 54 Abs. 3, 36a Abs. 1, 36 Abs. 2, 188 Abs. 2 AktG, §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 56a GmbHG sowie bei der GmbH in Höhe der Hälfte des Mindeststammkapitals nach §§ 7 Abs. 2 Satz 2, 5 Abs. 1 GmbHG ausgeschlossen317. Für den Mindesteinzahlungsbetrag übersteigende Geldeinlageverpflichtungen ergibt sich ein Aufrechnungsverbot dagegen nicht aus den § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, da diese einer Aufrechnung durch die Gesellschaft oder einer Aufrechnungsvereinbarung zwischen Gesellschaft und Inferent im Grundsatz nicht entgegenstehen würden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGHs318 und herrschender Ansicht in der Literatur319 ist eine Aufrechnung mit einer vollwertigen, fälligen und liquiden (d. h. unbestrittenen) Gegenforderung des Inferenten allerdings nur zulässig, wenn diese erst nach Begründung der Einlageschuld entstanden ist (sogenannte Neuforderung) und die Aufrechnung nicht bereits im Zeitpunkt der Begründung der Einlageforderung als Koppelungsgeschäft vereinbart wurde320. Nur unter diesen Voraussetzungen erspare die Aufrechnung lediglich ein sinnloses Hinund Herschieben desselben Betrages321. Nach einer Mindermeinung kommt es da317

Laubert, in: Hölters-AktG, § 66 Rdn. 8; Hüffer-AktG, § 66 Rdn. 6; Bayer, in: MüKoAktG, § 66 Rdn. 34; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 29; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 19 Rdn. 33. Anderer Ansicht: BGH, Urteil vom 16. 09. 2002 – II ZR 1/00, BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 19 Rdn. 112; Ebbing, in: Michalski-GmbHG, § 19 Rdn. 94. 318 Zuletzt BGH, Urteil vom 06. 12. 2011 – II ZR 149/10 Babcock Borsig, BGHZ 191, 364 = DStR 2012, 251; BGH, Urteil vom 26. 01. 2009 – II ZR 217/07; BGHZ 179, 285 = NJW 2009, 1418. Auch bereits BGH, Urteil vom 13. 10. 1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52 = NJW 1954, 1842 sowie RG, Urteil vom 02. 03. 1915 – II ZR 471/14, RGZ 86, 291; RG, Urteil vom 20. 06. 1933 – II ZR 41/33, RGZ 141, 205. 319 Drygala, in: KölKo-AktG, § 66 Rdn. 22, 26 ff.; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 39; Laubert, in: Hölters-AktG, § 66 Rdn. 8; Ebbing, in: Michalski-GmbHG, § 19 Rdn. 88; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 19 Rdn. 36; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 19 Rdn. 33a. 320 Erfolgt die Aufrechnung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Einlageverpflichtung, so ist nach der Rechtsprechung ein solches Koppelungsgeschäft zu vermuten, BGH, Urteil vom 16. 09. 2002 – II ZR 1/00, BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774; BGH, Urteil vom 04. 03. 1996 – II ZR 89/95, BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 66. 321 RG, Urteil vom 29. 05. 1886 – Rep I. 129/86, RGZ 18, 1, 5; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 66 Rdn. 16; Gehrlein, in: Großkomm-AktG, § 66 Rdn. 35; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 39.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

211

gegen nicht auf die Vollwertigkeit der Neuforderung des Inferenten gegen die Gesellschaft an322. Wenn ein Anspruch des Inferenten gegen die Gesellschaft aufgrund einer kritischen finanziellen Situation der Gesellschaft gefährdet erscheint, erleide diese entgegen der herrschenden Ansicht durch eine Aufrechnung ihrer Einlageforderung keinen wirtschaftlichen Nachteil, der ein Aufrechnungsverbot rechtfertigen würde, da die Gesellschaft von einer Verbindlichkeit in Höhe des Nominalwerts des gegen sie gerichteten Anspruchs des Einlegers befreit wird. Auch bestehe grundsätzlich keine Gefahr der Bevorzugung des Inferenten im Vergleich zu anderen Gläubigern der Gesellschaft. Soweit trotzdem Benachteiligungen außenstehender Gläubiger durch eine im Vorfeld einer Insolvenz erfolgte Aufrechnung denkbar seinen, sei diesen nach der heute bestehenden gesetzgeberischen Konzeption durch die Anfechtungsmöglichkeiten der Insolvenzordnung und dem Anfechtungsgesetz zu begegnen323. In der Sache handelt es sich bei dem Kriterium der Vollwertigkeit des Gegenanspruchs des Inferenten bei der Frage nach der Aufrechenbarkeit mit einer Geldeinlageforderung nach § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG, § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG um denselben Streitpunkt wie bei der Frage der Vollwertigkeit der Forderung des Inferenten bei der Einbringung als Sacheinlage. In beiden Fällen geht es darum, unter welchen Voraussetzungen eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung bei der Kapitalaufbringung Verwendung finden kann. Hält man der herrschenden Meinung folgend die Werthaltigkeit der Forderung für erforderlich, um hierfür Aktien oder Geschäftsanteile ausgeben zu können, so dürfen bei der Einbringung einer Forderung bzw. einer Schuldbefreiung als Sacheinlage nur bei Vollwertigkeit Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag in Höhe des Nominalbetrags der Forderung ausgegeben werden, bei verminderter Werthaltigkeit nur entsprechend anteilig in Höhe des verbleibenden Forderungswerts. Bei der Frage nach der Aufrechenbarkeit einer Geldeinlageforderung mit einer Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft geht es dagegen darum, ob eine solche überhaupt statthaft ist, was die herrschende Ansicht nur bei Vollwertigkeit der Gesellschafterforderung für zulässig erachtet324. Da die Kriterien zur Bestimmung der Vollwertigkeit einer gegen die 322

Cahn, in: Spindler/Stilz-AktG, § 66 Rdn. 30 ff.; Frey, S. 51 ff. Cahn, in: Spindler/Stilz-AktG, § 66 Rdn. 32. 324 Nach Ansicht der herrschenden Meinung geht bei fehlender Vollwertigkeit eine dennoch erklärte Aufrechnung ins Leere. Eine anteilige Tilgung der Einlageforderung entsprechend dem Wert der Gegenforderung komme nicht in Betracht, vgl. RG, Urteil vom 22. 10. 1918 – Rep II. 158/18, RGZ 94, 61, 63; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 66 Rdn. 10; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 46; für die GmbH, Veil, in: Scholz-GmbHG, § 19 Rdn. 79; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 19 Rdn. 33a. Eine anteilige Aufrechnung in Höhe des werthaltigen Teils der Gesellschafterforderung nach altem GmbH-Recht nahm dagegen Scholz, in: Scholz-GmbHG, 9. A., § 56, Rdn. 62, an. Ebenso für die KG, BGH, Urteil vom 08. 07. 1985 – II ZR 269/84, BGHZ 95, 188, 195 = NJW 1985, 2947, 2948. Nach der Neuregelung der verdeckten Sacheinlage durch das MoMiG und ARUG kommt es im Ergebnis nicht mehr auf die Wirksamkeit der Aufrechnung an, da nach vorzugswürdiger Ansicht aus Wertungsgesichtspunkten eine Befreiung des Gesellschafters von seiner Bareinlageverpflichtung in Höhe des Werts der Forderung des Inferenten entsprechend § 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG eintritt, vgl. Veil, in: Scholz-GmbHG, § 19 Rdn. 81 f. 323

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Gesellschaft gerichteten Forderung, die maßgebliche Perspektive für eine Bewertung sowie inbesondere die Frage, ob eine Bewertung überhaupt erfoderlich ist, in beiden Konstellationen identisch sind, wird die Behandlung dieser Fragen an dieser Stelle aufgeschoben und erfolgt nachfolgend zusammengefasst. Für Altforderungen ergibt sich nach herrschender Ansicht dagegen ¢ unabhängig von der Frage nach der Werthaltigkeit ¢ die generelle Unzulässigkeit der Aufrechnung mit einer Bareinlageverpflichtung des Inferenten aus den Vorgaben für Sacheinlagen, welche bei einer verdeckten Forderungseinbringung ansonsten nicht berücksichtigt und somit umgangen würden. So müssten die mit der Einlage einer Forderung verbundene Vermögensumschichtung der Gesellschaft nach §§ 27 Abs. 1, 183 Abs. 1 AktG, §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 GmbHG aufgedeckt und die Prüfung der Bewertung durch das Registergericht sichergestellt werden. Zudem entstehe bei Ausweis eines solchen Verrechnungsvorgangs als Bareinlage nach außen der falsche Eindruck, es sei zu einer Zuführung neuen Barkapitals gekommen325. Nach der herrschenden Ansicht ist somit die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps durch Vereinbarung einer Bareinlage mit Verrechnungsabrede stets unzulässig, da hier bereits bestehende Forderungen des Inferenten (Altforderungen) zur Einlage gebracht werden würden. Dagegen geht eine abweichende Auffassung davon aus, dass ¢ im Gegensatz zur verdeckten Einbringung oder Übernahme einer Sache oder eines Rechts ¢ auch die Aufrechnung einer Geldeinlageforderung mit einer bestehenden Darlehensrückzahlungsforderung (Altforderung) des Inferenten durch die Gesellschaft zulässig und ungeachtet der Werthaltigkeit der Forderung des Inferenten möglich sei326. In einer solchen Konstellation sieht insbesondere Geßler keinen Grund für die Anwendung der Sacheinlagevorschriften, da sich der Kapitalerhöhungsvorgang bei einer solchen Verrechnung allein auf der Passivseite der Bilanz vollzieht und sich kein Wertproblem stelle: „Es ist nicht wie bei der verschleierten Einbringung oder Übernahme einer bestimmten Sache oder eines bestimmten Rechts offen, ob der erworbene Gegenstand den ihm beigelegten Wert hat und das erhöhte Kapital deckt. Durch die Verrechnung der Kreditforderung gegen die Einlageforderung bzw. durch ihre Tilgung aus den Mitteln der Geldeinlage ist auf der Passivseite eine dem Nennwert der Geldeinlageschuld entsprechende Verbindlichkeit entfallen.“327

325 BGH, Beschluss vom 04. 03. 1996 – II ZB 8/95, BGHZ 132, 141 = NJW 1996, 1473; BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, = NJW 1991, 1754; OLG Celle, Urteil vom 16. 11. 2005 – 9 U 69/05, GmbHR 2006, 433; Gehrlein, in: Großkomm-AktG, § 66 Rdn. 60; Drygala, in: KölKo-AktG, § 66 Rdn. 40; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 51; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 27; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 19 Rdn. 35; Wicke-GmbHG, § 19 Rdn. 14; Ebbing, in: Michalski-GmbHG, § 19 Rdn. 87. 326 Geßler, in: Festschrift Möhring, S. 173, 181 f.; Bergmann, AG 1987, 57, 69 f., 87. 327 Geßler, in: Festschrift Möhring, S. 173, 182.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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Da die Problemstellung der Werthaltigkeit bei einer Altforderung identisch ist mit der bei einer Neuforderung des Inferenten, erfolgt die Behandlung ebenfalls nicht gesondert, sondern nachfolgend zusammengefasst mit der Frage der Bewertung bei einer Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Inferenten bzw. Einbringung von solchen Forderungen als Sacheinlage. Die Auffassung Geßlers weiß aber nach meiner Einschätzung ungeachtet der Frage der Werthaltigkeit der Forderung des Inferenten nicht zu überzeugen, da sie die qualitativen und funktionalen Differenzen zwischen Bar- und Sacheinlage und die damit verbundene unterschiedliche Bewertung durch den Rechtsverkehr unberücksichtigt lässt328. Bei der Festsetzung eines Verzichts des Inferenten auf gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen als Sacheinlage wird die Information der interessierten Öffentlichkeit durch Einsichtnahme in die zum Handelsregister nach § 9 Abs. 1 Satz 1 HGB eingereichten Dokumente dahingehend gewährleistet, dass aus diesen erkennbar ist, dass Gegenstand der Kapitalerhöhung nicht die Bereitstellung neuer Geldmittel ist, sondern ein Passivtausch durch Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit. Dieser Vorgang wäre bei Vereinbarung einer Bareinlage, die aufgrund einer nicht durch Festsetzungen im Kapitalerhöhungsbeschluss transparent gemachten Aufrechnungsvereinbarung nicht zur Verfügungsstellung neuer Geldmittel führt, für den Rechtsverkehr nicht erkennbar329. Die Bereitstellung neuer Geldmittel und die Verrechnung mit bestehenden Forderungen des Inferenten sind aber zwei qualitativ unterschiedliche Investitionsentscheidungen, denen auch der Rechtsverkehr einen unterschiedlichen Aussagegehalt beimisst330. Zunächst erfordert die Leistung einer Bareinlage das entsprechende wirtschaftliche Leistungsvermögen des Einlegers. Dagegen benötigt die Aufrechnung der Einlageforderung mit der Forderung des Inferenten keine entsprechende Liquidität des Inferenten. Maßgeblich für den Rechtsverkehr ist jedoch nicht die Bonität des Inferenten, sondern die von ihm getroffene Investitionsentscheidung. So geht der Inferent bei einer Bareinlage mit bislang nicht in die betreffende Gesellschaft investiertem Geld ein weiteres wirtschaftliches Risiko ein, welches untrennbar mit dem Schicksal des Unternehmens der Gesellschaft verknüpft ist. Dagegen geht der Inferent bei einer Verrechnung mit bestehenden Forderungen oder einem Forderungsverzicht nur ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko hinsichtlich der bereits der Gesellschaft als Fremdkapital zur Verfügung gestellten Mittel ein, welche in sta328

Karollus, ZIP 1994, 589, 597, hält eine Argumentation mit der Erwartungshaltung des Publikums für nicht überzeugend. Dem ist zuzufügen, dass es keine statistisch belegten Aussagen über die an eine Barkapitalerhöhung verknüpften Erwartungen des Publikums gibt und komplexe betriebswirtschaftliche Erwägungen des Publikums unwahrscheinlich erscheinen. Wie nachfolgend dargelegt wird, beurteilt der Rechtsverkehr aber nicht die Unterschiedlichkeiten des Vorgangs zwischen der Einlage von Geld und Forderungsverrechnung, sondern den damit verbundenen Aussagegehalt der Investitionsentscheidung des Inferenten. 329 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 114. 330 BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 62 = NJW 1990, 982, 985; Hoffmann, BB 1992, 575, 580.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

tutarisches Eigenkapital umgewandelt werden. Eine Erhöhung des Risikos hinsichtlich einer bereits getroffenen Investitionsentscheidung erfolgt regelmäßig in einer Krisensituation der Schuldnergesellschaft und somit zu dem Zweck, durch die Risikoerhöhung ein mögliches Scheitern der bereits getroffenen Investitionsentscheidung abzuwenden. Dabei liegt auf der Hand, dass letztere Investitionsentscheidung dem Inferenten in einer Krise der Gesellschaft generell wesentlich leichter fallen wird, als bei einer tatsächlich erfolgenden Geldeinlage ¢ im Falle des Scheiterns einer Sanierung ¢ „gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen“. Hiergegen kann auch nicht eingewendet werden, dass jede sanierende Kapitalerhöhung aus Sicht der Gesellschaft mit der Zielsetzung erfolgt, das neue Kapital zur Tilgung von Verbindlichkeiten zu verwenden, und es daher einerlei sei, ob es zur Verrechnung mit einer Bareinlageverpflichtung komme oder die Gesellschaft nach der Bareinlage damit die Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubigern tilge331. Obwohl dies ein zutreffender sachlicher Befund hinsichtlich des in dieser Situation absehbaren Liquiditätsabflusses aus der Gesellschaft ist, ändert dies nichts an den hier relevanten Unterschieden in der Investitionsentscheidung des Aktienzeichners. Hieran zeigt sich, dass die von Geßler vertretene Verrechnung einer Bareinlage mit Altforderungen des Inferenten ¢ unabhängig von der Frage der Werthaltigkeit der Forderung ¢ nicht als Geldeinlageäquivalent angesehen werden kann und daher zur Information des Rechtsverkehrs zwingend die Befreiung der Gesellschaft von den betreffenden Verbindlichkeiten bzw. die Einlage der betreffenden Forderungen als Sacheinlage vereinbart und im Kapitalerhöhungsbeschluss festgesetzt werden muss. Eine unzulässige Aufrechnung mit Altforderungen ist danach unwirksam, sodass die vereinbarte Geldeinlagepflicht fortbesteht. Während der Inferent nach früherer Rechtslage ¢ regelmäßig nach Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter in einer Folgeinsolvenz ¢ die volle ausstehende Geldeinlage zu leisten hatte332, wird seit der Normierung der verdeckten Sacheinlage in § 19 Abs. 4 GmbHG333 und § 27 Abs. 3 AktG334 überwiegend die analoge Anwendung der § 19 Abs. 4 Satz 3 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 3 AktG auf die Aufrechnung einer Geldeinlageforderung mit Altforderungen des Inferenten vertreten, sodass es danach zu einer Anrechnung des Teilwerts der Forderung des Inferenten kommen würde335. Dieser Auffassung ist 331

So Karollus, ZIP 1994, 589, 597. RG, Urteil vom 22. 10. 1918 – II ZR 158/18, RGZ 94, 61; Bayer, in: MüKo-AktG, § 66 Rdn. 51; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 66 Rdn. 26 f.; Schneider/Westermann, in: ScholzGmbHG, 10. A., § 19 Rdn. 68; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 19 Rdn. 77; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 36, 66. 333 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 334 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) vom 30. 07. 2009, BGBl. I S. 2479; in Kraft getreten am 01. 09. 2009. 335 Drygala, in: KölKo-AktG, § 66 Rdn. 23; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 19 Rdn. 108, Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 19 Rdn. 36, 66; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 19 Rdn. 81 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 19 Rdn. 34 f.; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 19 Rdn. 33, 36. 332

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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hinsichtlich der Anwendung der Anrechnungslösung beizupflichten, da bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Bar- oder Buchgeld eingebracht wird, sondern die Gesellschaft die Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Inferenten als sacheinlagefähigen Gegenstand erhält und kein wirtschaftlicher Unterschied zwischen einem Forderungsverzicht oder einer Abtretung der Forderungen an die Gesellschaft einerseits und der Aufrechnungslösung andererseits besteht. Offen bleibt an dieser Stelle, ob Voraussetzung für eine volle Anrechnung einer Forderung auf die Einlageverpflichtung ist, dass diese werthaltig ist und ansonsten nur eine Anrechnung in Höhe des Teilwerts der Forderungen des Inferenten erfolgen kann. Sollte sich bei der Behandlung der Bewertungsfrage allerdings ergeben, dass eine Anrechnung in Höhe des Nominalbetrags der Forderung auch bei nicht voll werthaltigen Forderungen zulässig ist, so wäre die Einlageforderung durch Anwendung der Anrechnungslösung im Ergebnis dennoch vollständig getilgt. In diesem Fall ergäbe sich die Frage, ob nicht das oben gefundene Ergebnis der Unzulässigkeit einer Aufrechnung der Einlageforderung gegen eine Altforderung des Inferenten durch die Gesellschaft zu revidieren wäre, da die Erfüllung der Einlageleistung auf dem Umweg der Anrechnungslösung bereits für die Zulässigkeit der Aufrechnung zu sprechen scheint. Das gefundene Ergebnis hätte aber auch in diesem Fall Bestand, da die dargelegte Transparenz- und Publizitätswirkung der Festsetzung der Schuldbefreiung der Gesellschaft bzw. der Einbringung von Forderungen des Inferenten als Sacheinlage nicht verzichtbar erscheint. Auch wenn die Einlageleistung in diesem Fall über den Umweg der Anrechnungslösung wirksam erbracht wäre, handelt es sich um einen gesetzlich missbilligten und bei unzutreffenden Versicherungen der Geschäftsführer oder des Vorstands sowie des Vorsitzenden des Aufsichtsrats hinsichtlich der Einzahlung der Mindesteinlage bei der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister (§§ 188 Abs. 2, 37 Abs. 1, 36 Abs. 2 AktG, §§ 57 Abs. 2, 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG)336 um einen nach § 399 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 82 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG strafbewehrten Vorgang337. (2) Leistung einer Geldeinlage mit vereinbarter vorangestellter oder nachfolgender Tilgung von Forderungen des Inferenten Nach herrschender Ansicht handelt es sich gleichfalls um eine verdeckte Sacheinlage, wenn zwar die festgesetzte Geldleistung durch den Inferenten erbracht wird, bestehende Forderungen des Inferenten aber abredegemäß im Zusammenhang mit der Zahlung der Einlageleistung beglichen werden338. Der konkrete Ablauf des

336

Vgl. BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754. Schaal, in: MüKo-AktG, § 399 Rdn. 168; Wißmann, in: MüKo-GmbHG, § 82 Rdn. 221 ff. 338 BGH, Urteil vom 19. 04. 1982 – II ZR 55/81 Holzmann; BGHZ 83, 319 = NJW 1982, 2444, 2446 (insoweit in BGHZ 83, 319 nicht abgedruckt); BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 60 = NJW 1990, 982; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 343 ff. = NJW 1991, 1754, 1756 f.; BGH, Urteil vom 337

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Vorgangs spielt dabei keine Rolle. Es ist somit gleichgültig, ob die Tilgung von Forderungen des Inferenten seiner Zahlung vorangestellt wird oder daran anschließend erfolgt. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung ist allein der Leistungserfolg, welcher in beiden Fällen darin besteht, dass die Gesellschaft als wirtschaftliches Ergebnis keine Zuführung neuer Liquidität, sondern lediglich die Befreiung von einer Verbindlichkeit erhält339. Ausgehend von der Reform des GmbH-Rechts durch das MoMiG hält eine Mindermeinung dagegen die Tilgung von Altschulden der Gesellschaft gegenüber dem Inferenten mit Mitteln einer Barkapitalerhöhung nach der neuen „Kapitalteleologie“ für zulässig340. Nach Ansicht von Schall habe der Gesetzgeber mit Schaffung der Unternehmergesellschaft nach § 5a GmbHG das bisherige Dogma des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts, dass man sich das Privileg der Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der Gesellschaft mit der Einlage eines Mindeststammkapitals erkaufe, aufgegeben341. Die Ausstattung der GmbH mit statutarischem Eigenkapital sei nunmehr ein freiwilliges Seriositätssignal, zu dessen Erbringung die Bereitschaft zur Übernahme eines solidarischen Haftbetrags ausreiche. Aus diesem Grund müsse das bisher einseitig auf Umgehungsschutz ausgerichtete Credo aufgegeben werden, dass jeder Vorgang, der als Sacheinlage möglich ist, auch als Sacheinlage vereinbart werden muss342. Schall ist zwar zuzugeben, dass das neue Recht im Insolvenzfall die pauschale Anfechtung jeglicher Zahlungen auf Gesellschafterfinanzierungen nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ermöglicht und auf diesem Weg unberechtigte Vorteile der Gesellschafter im Vorfeld einer Insolvenz verhindert werden, im Übrigen aber Zahlungen auf Gesellschafterfinanzierungen und solche betreffende Verrechnungen zulässig sind und daher generell nicht dem Vorwurf unzulässiger Umgehung ausgesetzt werden können. Hierbei bleibt meiner Einschätzung nach aber unberücksichtigt, dass § 135 Abs. 1 InsO eine allgemeine Reglung enthält, die keine Aussagekraft in Bezug auf die bei der Kapitalaufbringung einzuhaltenden Grundsätze hat. Auch aus der Aufgabe eines festen Mindeststammkapitals als Voraussetzung für den Erhalt einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung durch Einführung der Unternehmergesellschaft im GmbHRecht ergibt sich kein Hinweis darauf, dass sich hieraus ¢ über die vom Gesetzgeber ausdrücklich getroffenen Entscheidungen hinausgehend ¢ zusätzliche Lockerungen an den Vorgang der Kapitalaufbringung ergeben sollen. Der Gesetzgeber hat durch den Ausschluss von Sacheinlagen343 bei der Unternehmergesellschaft und der Voll13. 04. 1992 – II ZR 277/90; BGHZ 118, 83, 93 f. = NJW 1992, 2222, 2225; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 100, Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 114. 339 BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 344 f. = NJW 1991, 1754, 1756. 340 Schall, ZGR 2009, 126, 146 f. 341 Schall, ZGR 2009, 126, 148. 342 Schall, ZGR 2009, 126, 148. 343 Zur Diskussion um die Rechtsfolgen einer unzulässigen Sacheinlage bei der Unternehmergesellschaft vgl. Wansleben/Niggemann, NZG 2012, 1412.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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einzahlungspflicht auf die vereinbarte Geldeinlage in § 5a Abs. 2 GmbHG344 sogar der Aufgabe des festen Mindeststammkapitals höhere Anforderungen an die Kapitalaufbringung (der freilich frei gewählten Kapitalziffer zwischen einem und 24.999 EUR) bei der Unternehmergesellschaft entgegengesetzt. Im Ergebnis ist daher die vereinbarte Tilgung von Altschulden der Gesellschaft mit Mitteln einer Barkapitalerhöhung, in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung, weiterhin als verdeckte Sacheinlage ¢ mit der dargelegten Rechtsfolge der Anrechnungslösung entsprechend § 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG ¢ anzusehen. ee) Sonderfall: Ausübung von Bezugsrechten bei Wandelanleihen und -genussrechten Für bedingte Kapitalerhöhungen bei einer AG mit Sacheinlagen enthält § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG eine Sonderregel für die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien i. S. d. § 192 Abs. 1 AktG. Die Sonderregelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG betrifft die vorstehend getroffene Unterscheidung zwischen Bar- und Sacheinlage, die Einlagefähigkeit von Forderungen eines Inferenten gegen die Gesellschaft sowie die hierbei zu beachtenden rechtlichen Vorgaben und wird daher in diesem Zusammenhang nachfolgend erörtert. § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG lautet: „Als Sacheinlage gilt nicht die Hingabe von Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien.“

Hierdurch wird eine bestimmte Einlageform von den sonst geltenden Anforderungen an Sacheinlagen befreit, welche ansonsten nach §§ 194 Abs. 2 und Abs. 4, 195 Abs. 2 und Abs. 3 AktG gleichfalls bei bedingten Kapitalerhöhungen zu beachten sind345. Ausgangspunkt der Regelung des § 194 AktG für bedingte Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen ist der Umstand, dass durch den Beschluss einer bedingten Kapitalerhöhung nach § 192 AktG zunächst immer eine Pflicht zur Bareinlage begründet wird, die unter Beachtung der in § 194 AktG normierten Voraussetzungen durch eine Sacheinlage als Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1 BGB) ersetzbar ist346. Die zur Sacheinlage möglichen Gegenstände unterscheiden sich bei einer bedingten Kapitalerhöhung nicht von denen bei einer ordentlichen Kapitalerhöhung oder der Gesellschaftsgründung. Die Legaldefinition des § 27 344

Sacheinlageverbot und Volleinzahlungspflicht gelten bei der Unternehmergesellschaft bis zum Erreichen des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 GmbHG, vgl. BGH, Beschluss vom 19. 04. 2011 – II ZB 25/10, BGHZ 189, 254 = NJW 2011, 1881; Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5a Rdn. 23 ff. 345 Erleichterungen enthält auch § 194 Abs. 3 AktG für die Einlage von Gewinnbeteiligungen von Arbeitnehmern, vgl. hierzu Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 15 f. 346 Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 183 Rdn. 8; Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 2; Rieckers, in: Spindler/Stilz-AktG, § 194 Rdn. 1; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 2; davon abweichend geht Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 27, von einer nachrangigen Zahlungspflicht aus.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Abs. 1 AktG und die Beschränkungen des § 27 Abs. 2 AktG gelten im Rahmen des § 194 AktG auch ohne ausdrücklichen Verweis auf § 27 Abs. 1 und Abs. 2 AktG, dessen Fehlen auf einem gesetzgeberischen Redaktionsversehen beruht347. Nach seinem Wortlaut umfasst § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG „Schuldverschreibungen im Umtausch gegen Bezugsaktien“. Der Anwendungsbereich der Norm ist dagegen bereits durch die Zweckbindung der bedingten Kapitalerhöhung nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG auf Wandelschuldverschreibungen begrenzt. § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG ist daher primär auf Wandelschuldverschreibungen im engeren Sinne (Wandelanleihen) anwendbar, bei denen der Gläubiger statt der Rückzahlung des Anleihebetrags die Zuteilung von jungen Aktien verlangen kann348. Genau auf diese Besonderheit nimmt § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG Bezug, wonach auf den Umtausch einer Wandelanleihe gegen Bezugsaktien weder § 194 AktG noch die weiteren Vorschriften über Sacheinlagen der §§ 195 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 198 Abs. 1 Satz 3 AktG Anwendung finden349. (1) Begründung und Reichweite des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG Allerdings sind die Begründung dieser Ausnahmevorschrift und deren Reichweite nicht abschließend geklärt. Nach einer im älteren Schrifttum vertretenen Auffassung enthält § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG eine gesetzliche Fiktion, da die Aktienausgabe im Umtausch gegen eine Schuldverschreibung in ihrem materiellen Gehalt eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen sei350. Dagegen bedarf es nach heute vorherrschender Auffassung keiner gesetzlichen Fiktion. § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG trage vielmehr dem Charakter des Wandlungsrechts Rechnung, welches im Ausübungsfall zu einer Umgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Anleihegläubiger und Gesellschaft führe. Die frühere Zahlung an die Emittentin auf die Wandelanleihe ändere der Inhaber durch Ausübung seines Umtauschrechts mit Wirkung ex nunc in die Leistung einer Bareinlage auf die bezogenen Aktien351. Der exakten dogmatischen Einordnung kommt allerdings keine entscheidende Bedeutung zu, da im Ergebnis insoweit Übereinstimmung besteht, dass der Gesetzgeber die vollständige Anrechnung der ursprünglich auf die Wandelanleihe geleisteten Barzahlung als Einlage zulässt, ohne dass es auf die Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderung des Anleihegläubigers im Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungsrechts ankommt352. 347

Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 95; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 3. Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 23; Habersack, in: MüKo-AktG, § 221 Rdn. 30. 349 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 5. 350 Schilling, in: Großkomm-AktG, 3. A., § 194 Rdn. 2; Baumbach/Hueck-AktG, § 194 Rdn. 2; Würdinger, Aktienrecht, S. 191. 351 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 24; Habersack, in: MüKo-AktG, § 221 Rdn. 227; anders Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 3 ff., § 221 Rdn. 94, der von einer Wirkung ex tunc ausgeht. 352 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 7. 348

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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Hinzukommende, ungeschriebene Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG ist allerdings die Emission der Wandelanleihe gegen Geldzahlung (und nicht gegen Sachleistung), da ansonsten die Sacheinlagevorschriften durch die Zwischenschaltung einer kurzfristigen Wandelanleihe problemlos umgangen werden könnten353. Aus diesem Grund finden die Sacheinlagevorschriften auch Anwendung auf einen Debt-Mezzanine-Swap, durch den Verbindlichkeiten in Wandelgenussrechte umgewandelt werden354. Während somit der primäre Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG dargelegt ist, bestehen insbesondere hinsichtlich Optionsanleihen und Wandelgenussrechten Anwendungsfragen und -schwierigkeiten, die hier im Zusammenhang zu behandeln sind. Dies führt zu der diesen Themenkreis abschließenden Fragestellung, ob und gegebenenfalls inwieweit § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken für die hier im Fokus stehende Frage der Kapitalerhöhung unter Verwendung von Darlehensrückzahlungsforderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft enthält, was für eine Freistellung von der Bewertung auch von regulären Forderungen bei der Umwandlung in statutarisches Eigenkapital sprechen könnte. (2) Optionsanleihen Bei Optionsanleihen stellt sich in der Regel die Frage nach der Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht, da diese dem Anleihegläubiger üblicherweise zusätzlich zum Anspruch auf Rückzahlung des Anleihebetrags ein selbstständiges Bezugsrecht auf neue Aktien gegen Geldzahlung gewähren355. Bei Ausübung einer solchen Option liegt bereits keine Sacheinlage vor, sodass § 194 AktG insgesamt nicht anwendbar ist356. Besteht nach den Emissionsbedingungen dagegen ausnahmsweise das Recht zum Aktienbezug gegen Leistung einer Sacheinlage, so gelten hierbei grundsätzlich die Sacheinlagevorschriften des § 194 AktG357. Fraglich ist allerdings, ob die Privilegierung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch auf Optionsanleihen Anwendung findet, wenn der Anleihegläubiger nach den Emissionsbedingungen dazu berechtigt ist, Aktien gegen die Hingabe der Schuldverschreibung zu beziehen358. Dies ist nach vorzugswürdiger differenzierender Auffassung trotz der 353 Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 31 f.; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 4; Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 8. 354 Vgl. zur Anwendung der Sacheinlagebestimmungen und dem damit einhergehenden Differenzhaftungsrisiko oben, 2. Kapitel, IV. 3. b) dd). 355 Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 221 Rdn. 13; Hirte, in: Großkomm-AktG, § 221 Rdn. 13. 356 Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 5; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 7. 357 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 35; Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 3, Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 14. 358 Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 5; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 7. Ohne diese Differenzierung lehnt Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 14 die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG ab.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

rechtlichen Unterschiede im Vergleich zur Wandelanleihe zu bejahen. Im Gegensatz zur Wandelanleihe liegt bei der Inzahlungnahme einer Optionsanleihe keine Umwidmung der auf die Anleihe geleisteten Zahlung in eine Einlage des Gläubigers durch die Ausübung einer Ersetzungsbefugnis vor. Bei der Inzahlungnahme einer Optionsanleihe besteht dagegen ein rechtlich aufgegliederter Ablauf. Zunächst entsteht durch die Ausübung des Optionsrechts eine gesonderte Einlageschuld des Optionsberechtigten. In einem weiteren Akt gibt dieser die Optionsanleihe auf die entstandene Einlageschuld in Zahlung359. Im Unterschied dazu wird durch die Ausübung des Wandlungsrechts bei einer Wandelanleihe die auf die Ausgabe der Anleihe erfolgte Zahlung in die Zahlung einer Geldeinlage zum Aktienerwerb umgewandelt, sodass bei diesem Vorgang, als Gegenstück des Rechts auf Zuteilung von Aktien, keine eigenständige Einlageschuld zur Entstehung gelangt360. Trotz dieser Unterschiede in der rechtlichen Konstruktion zwischen Wandelanleihe und Optionsanleihe lassen sich mit einer Optionsanleihe ¢ bei entsprechender Ausgestaltung der Emissionsbedingungen ¢ wirtschaftlich gleichwertige Ergebnisse zu einer Wandelanleihe erzielen361. Es stellt sich aber die Frage, ob § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch Anwendung findet, wenn der Optionsberechtigte die Schuldverschreibung auf seine Einlageverpflichtung in Zahlung geben kann. Obwohl aus den genannten Gründen auch bei einer solchen Gestaltung keine Identität zur Wandelanleihe vorliegt, wird der Vorgang als der Wandelanleihe wirtschaftlich und rechtlich so eng verwandt angesehen, dass die Erleichterung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch in diesem Fall zur Anwendung komme362. Zwar ist dieses Ergebnis rein rechtstechnisch nicht zu begründen, da der Optionsberechtigte seine Ersetzungsbefugnis nicht als Anleihegläubiger, sondern als Schuldner einer Einlageverpflichtung ausübt, sodass eine Sacheinlage vorliegt363. Im Ergebnis ist die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG aber unter Wertungsgesichtspunkten gleichwohl zu bejahen, da eine gegenüber dem Umtausch einer Wandelanleihe erhöhte Gläubigergefährdung nicht erkennbar364 und der Regelungszweck des § 194 Abs. 1 Satz 2

359

Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 32. Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 32. 361 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 32. 362 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 36; Habersack, in: MüKo-AktG, § 221 Rdn. 237. 363 Ginge man dagegen ¢ konstruktiv nicht überzeugend, vgl. dazu Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rdn. 227 ¢ von einer Wirkung ex tunc der Inzahlungnahme aus (so Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 3 ff., § 221 Rdn. 94), bestünde rechtlich kein Unterschied zum Umtausch einer Wandelanleihe, sodass nach dieser Ansicht § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG direkt anwendbar wäre, vgl. Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 5. 364 Anderer Ansicht: Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 14, allerdings ohne Differenzierung zwischen Sacheinlagen im Allgemeinen und einer Hingabe der Schuldverschreibung im Besonderen. 360

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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AktG ¢ der auf die Erleichterung von Anleiheemissionen gerichtet ist ¢ im Fall einer derartigen Optionsanleihe gleichfalls einschlägig ist365. (3) Wandelgenussrechte Bei der Ausgabe von Wandelgenussrechten gegen Geldzahlung wird § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG von der herrschenden Ansicht jedenfalls dann für anwendbar gehalten, wenn sie ¢ gleich einer festverzinslichen Wandelanleihe ¢ einen verlustunabhängigen Anspruch auf Rückzahlung eines festen Geldbetrags gewähren366. Gegenüber einer festverzinslichen Wandelanleihe liegt der Unterschied des Genussrechts in diesem Fall lediglich in der gewinnabhängigen Verzinsung als Ausdruck des Genussrechtscharakters als schuldrechtlicher Anspruch auf aktionärstypische Vermögensrechte367. Dagegen soll nach überwiegender Auffassung § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht auf Wandelgenussrechte anwendbar sein, wenn eine Verlustbeteiligung vereinbart ist, die zu einer Verminderung oder einem kompletten Wegfall des Rückzahlungsanspruchs führen kann368. Eine Verlustteilnahme liegt vor, wenn kein fester Rückzahlungsanspruch im Sinne eines unveränderlichen Nennwerts besteht und die während der Laufzeit eintretenden Verluste sich auf die Verzinsungshöhe negativ auswirken369. Eine Verlustbeteiligung in voller Höhe ist nach herrschender Ansicht bspw. erforderlich, wenn das Genussrecht handelsbilanziell als Eigenkapital ausgewiesen werden soll370. Die Gegenansicht hält eine Wandlung ohne Beachtung der Sacheinlagevorschriften entsprechend § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch dann für möglich, wenn der Rückzahlungsanspruch des Wandlungsberechtigten durch eine Teilnahme an tatsächlich eingetretenen Verlusten vermindert ist371. Dagegen wird vorgebracht, dies komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das überlassene Genussrechtskapital als handelsbilanzielles Eigenkapital behandelt wurde. In diesem Fall sei die Verlusttragungsfähigkeit des so ausgewiesenen Eigenkapitals bereits durch die Teilnahme an angelaufenen Verlusten ausgeschöpft und könne daher bei

365 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 36; Habersack, in: MüKo-AktG, § 221 Rdn. 237. 366 Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 11; Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 76 f.; Lutter, in: KölKo-AktG, § 194 Rdn. 6; Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 4; v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 11. 367 Als weitere aktionärstypische Rechte können eine Beteiligung am Liquidationserlös der Gesellschaft und Aktienbezugsrechte Gegenstand von Genussrechten sein, vgl. Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 41 f. 368 Hüffer-AktG, § 194 Rdn. 4; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 7; Rieckers, in: Spindler/Stilz-AktG, § 194 Rdn. 11. 369 Merkt, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 221 Rdn. 59. 370 Vgl. zur Frage der Qualifikation von Genussrechten als handelsbilanzielles Eigenkapital oben, 2. Kapitel, IV. 3. a) aa) sowie § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 KWG. 371 v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 11.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Umwandlung in Gesellschaftsanteile die Eigenkapitalfunktion als „Verlustpuffer“ nicht erneut erfüllen372. Entscheidend spricht nach meiner Einschätzung gegen die Unbeachtlichkeit eingetretener Verluste aber, dass der Genussrechtsgläubiger durch die Beteiligung an den Verlusten zumindest teilweise seinen Anspruch auf Rückzahlung des der Gesellschaft überlassenen Geldes verloren hat. Es fehlt somit in Höhe der Verlustteilnahme an einer wandelbaren schuldrechtlichen Forderung. Dies stellt gerade den Unterschied zu einer Wandelanleihe ¢ und im Übrigen auch zum Debt-Equity-Swap ¢ dar, bei welcher ein Rückzahlungsanspruch vor Wandlung schuldrechtlich ungeschmälert besteht und allenfalls dessen Werthaltigkeit (Bonitätsrisiko), nicht aber dessen Bestand (Verität der Forderung) in Frage steht. Diesbezüglich weist Lutter zu Recht darauf hin, dass § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG vom fortbestehenden Nominalprinzip ausgehe, welches für den Wandlungsgläubiger nur das allgemeine Delcredere-Risiko im Wandlungszeitpunkt beseitige, nicht aber das Risiko, den Rückzahlungsanspruch vertragsgemäß ganz oder teilweise zu verlieren373. Somit lässt sich aus dem in der Sache zutreffenden Hinweis, dass auch bei Wandelanleihen bis zum Umwandlungszeitpunkt Wertminderungen der Rückzahlungsforderung eintreten können, nichts für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG bei Wandelgenussrechten mit Verlustbeteiligung herleiten374. Als nicht zutreffend ist ferner die Annahme von Frey zu beurteilen, der Anleger übernehme mit seiner Verlustbeteiligung ein höheres als das allgemeine Insolvenzrisiko, welches sich jedoch nur auf die Rückzahlung, nicht aber zusätzlich auf die Umtauschrelation erstrecke, welche vom Zeichner nicht als variabel ausgestaltet gewollt sei375. Nach meiner Einschätzung geht der Genussrechtsgläubiger durch seine Verlustbeteiligung dagegen neben dem allgemeinen Insolvenzrisiko des Emittenten ein weiteres, dem Insolvenzrisiko vorgeschaltetes ¢ und daher von diesem zu unterscheidendes ¢ Risiko ein. Er verknüpft bereits den Fortbestand seines Rückzahlungsanspruchs direkt mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Emittentin. Da der Fortbestand der Forderung nach der hier vertretenen Ansicht aber Voraussetzung für einen Umtausch in Aktien ist, erstreckt sich das übernommene Risiko des Inhabers ebenso auf die Umtauschrelation. Damit ist auch der Ausgangspunkt für die vorzugswürdige differenzierende Auffassung erreicht. Es ist für die Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Wandelgenussrechte mit vereinbarter Verlustbeteiligung danach zu unterscheiden, ob tatsächlich Verluste eingetreten sind. Solange die Emittentin keine Verluste erleidet und der Rückzahlungsanspruch daher nominal ungeschmälert ist, erscheint 372

Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 13. Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 7. Lutter folgert hieraus allerdings generell die Unanwendbarkeit von § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG ohne Differenzierung danach, ob der Rückzahlungsanspruch durch tatsächlich eingetretene Verluste teilweise entfallen ist. 374 So v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 194 Rdn. 11. 375 Frey, in: Großkomm-AktG, § 194 Rdn. 80. 373

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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eine Unterscheidung zur Wandelanleihe sachlich nicht gerechtfertigt376. Erst bei eingetretener Verlustbeteiligung scheidet die Anwendung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG aus. In diesem Fall gelten die Sacheinlagevorschriften, sodass nach der hierzu in der Literatur vertretenen Ansicht ¢ in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht zur Frage der Bewertung von Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft bei einem Debt-Equity-Swap ¢ das Genussrecht bewertet werden muss und der Differenzbetrag zum Nominalwert des Rückzahlungsanspruchs in bar zuzuzahlen ist377. Hierzu ist anzumerken, dass der korrekte Ausgangspunkt für eine Bewertung nur der durch Verlustteilnahme verminderte Nominalbetrag des Rückzahlungsanspruchs im Umwandlungszeitpunkt sein kann und nicht etwa der ursprüngliche Nominalbetrag bei Emission des Genussrechts. Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, ob eine Bewertung der verbleibenden Nominalforderung erforderlich ist oder für diese in Höhe des Nominalbetrags Aktien ausgegeben werden können. Dies betrifft die bereits mehrfach zu Tage getretene Bewertungsfrage, die im nachfolgenden Abschnitt erörtert wird. (4) Anwendbarkeit des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf den Debt-Equity-Swap? Insbesondere Karollus ist für einen über die behandelten Anwendungsfälle des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG hinausgehenden Geltungsbereich der Vorschrift eingetreten. Unter Verweis auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Sachverhalte sei § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch auf die Umwandlung von Darlehensrückzahlungsansprüchen des Inferenten gegen die Gesellschaft anwendbar378. Der erweiterte Anwendungsbereich des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG sei dabei auf Geldkredite beschränkt und stehe unter der Voraussetzung, dass der Darlehensbetrag der Gesellschaft effektiv zugeflossen ist. Dagegen sei die Verrechnung gegen oder die Hin- und Herzahlung mit Forderungen, die aus Lieferungen oder sonstigen Leistungen stammen, nicht zuzulassen379. In diesen Fällen müsse eine Überprüfung der Kaufpreisbemessung durch Anwendung der Sacheinlagevorschriften zum Zuge kommen. Bei Umgehung liege eine verdeckte Sacheinlage vor. Nach dieser Ansicht zeige die Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Norm, dass deren Sonderstellung im Recht der bedingten Kapitalerhöhung nicht der Intension des Gesetzgebers entspreche380. In der Tat geht die Gesetzesbegründung zum wortgleichen § 161 Abs. 1 Satz 2 AktG 1937 nicht näher auf den Regelungsbereich der Vorgängervorschrift ein und führt lediglich allgemein aus: „§ 161 regelt die bedingte Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen.“381 376

Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 13. Fuchs, in: MüKo-AktG, § 194 Rdn. 13; Lutter, in: KölKo-AktG, 2. A., § 194 Rdn. 7. 378 Karollus, ZIP 1994, 589, 594 f. 379 Karollus, ZIP 1994, 589, 597; ebenso zum Debt-Equity-Swap, Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. 380 Karollus, ZIP 1994, 589, 594. 381 Zitiert nach Klausing-AktG-1937, S. 145. 377

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Entgegen der Ansicht von Karollus ist aber hieraus nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber in § 161 Abs. 1 Satz 2 AktG 1937 nur eine unwesentliche, die Kapitalerhöhung allgemein betreffende Klarstellung getroffen hat382. Formal spricht bereits die systematische Stellung der Vorschrift gegen die Anwendbarkeit auf nicht von § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG erfasste Finanzierungsinstrumente außerhalb des Verfahrens der bedingten Kapitalerhöhung. Die fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit der Vorschrift auf Darlehensrückzahlungsansprüche ergibt sich inhaltlich daraus, dass der Gläubiger durch den Erwerb der Wandelanleihe, der Optionsanleihe oder des Wandelgenussrechts383 über den späteren Erwerb der Aktien ohne Einflussnahme Dritter entscheiden kann. Ein solcher Gläubiger besitzt mit der Ersetzungsbefugnis somit jedenfalls ein Wahl- und Gestaltungsrecht, unter Ausübung seines Gläubigerrechts Aktionär zu werden384, welches einem regulären Darlehensgeber bei Vertragsschluss und Gewährung der Darlehenssumme gerade nicht zukommt. Ein solcher Bezug zur Mitgliedschaft wird im Fall eines Debt-EquitySwaps regulärer Darlehensverbindlichkeiten erst später im Zuge von Sanierungsverhandlungen durch Einbeziehung der betreffenden Darlehensforderungen in eine in diesem Zusammenhang beschlossene Kapitalerhöhung hergestellt385. Für eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregel, die sich ausschließlich auf bereits bei der Emission vereinbarte Wandlungsrechte bezieht, spreche zudem rechtstatsächlich, dass Gläubiger von ihrem Wandlungsrecht grundsätzlich nur in einer wirtschaftlich günstigen Situation der Gesellschaft Gebrauch machen würden386. Im Fall einer Börsennotierung somit, wenn der aktuelle Aktienkurs über dem in den Emissionsbedingungen vorgesehenen Bezugspreis liegt387. Aus dieser Annahme wird gefolgert, dass die Kapitalaufbringung durch die Regelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG praktisch nicht gefährdet werde, sich hieran der Charakter der Norm als Ausnahmeregel offenbare388 und diese somit auch nicht auf einen Debt-Equity-Swap Anwendung finden könne. Obwohl bereits die angeführten Annahmen hinsichtlich der Ausübung des Wandlungsrechts Anlass zur Kritik geben389, wird die Argu382

So Karollus, ZIP 1994, 589, 594. Wie soeben dargelegt, kommt bei Wandelgenussrechten ein Aktienbezug nur insoweit in Betracht, als der Nennbetrag des Rückzahlungsanspruchs nicht durch eingetretene Verluste vermindert ist. 384 Hüffer-AktG, § 221 Rdn. 5. 385 Ein mitgliedschaftlicher Bezug lässt sich auch nicht durch die rein schuldrechtliche Vereinbarung eines „Wandlungsrechts“ im Darlehensvertrag herstellen, da die Erfüllbarkeit von der Beschlussfassung einer entsprechenden Kapitalerhöhung abhängt. So aber Karollus, ZIP 1994, 589, 592, der allgemein vorrangig auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Vorgänge verweist und dogmatischen Unterschieden geringe Aussagekraft beimisst. 386 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 43. 387 Seiler, in: Spindler/Stilz-AktG, § 221 Rdn. 5; Bayer, AG 2012, 141, 151; Drygala, WM 2011, 1637; Spliet, GmbHR 2012, 462. 388 So offenbar A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 43. 389 Die Überlegungen zu einer Gefährdung der Kapitalaufbringung bei Ausübung des Wandlungsrechts in der Krise der Gesellschaft lassen die Konstruktion der Wandelanleihe 383

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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mentation hinsichtlich der Modalitäten der Ausübung des Wandlungsrechts insbesondere durch eine geplante Regelung der sogenannten umgekehrten Wandelschuldverschreibung in Frage gestellt, worauf nachfolgend näher einzugehen ist. (5) Änderung der Beurteilung bei einer zukünftigen Normierung der „umgekehrten Wandelanleihe“? Im Rahmen der zunächst als Aktienrechtsnovelle 2012390 benannten Reform des Aktienrechts sollten Wandelschuldverschreibungen, die ein (umgekehrtes) Wandlungsrecht der Gesellschaft vorsehen, in § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG-RegE ausdrücklich normiert werden391 und auf diesem Weg ein „Debt-Equity-Swap auf Vorrat“ ermöglicht werden392. Der Bundestag hat das Vorhaben am 27. 06. 2013 unter der Bezeichnung „Gesetz zur Verbesserung der Kontrolle der Vorstandsvergütung und zur Änderung weiterer aktienrechtlicher Vorschriften (VorstKoG)“ verabschiedet393. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren hat der Bundesrat am 20. 09. 2013 jedoch den Vermittlungsausschuss angerufen394, sodass das Gesetzesvorhaben aufgrund der Bundestagswahl am 22. 09. 2013 dem Diskontinuitätsgrundsatz anheimgefallen ist. Da das Gesetzesvorhaben daher neu in den Bundestag eingebracht werden müsste, ist eine Normierung der umgekehrten Wandelanleihe im Aktienrecht momentan zeitlich nicht absehbar. Da es aber nicht unwahrscheinlich ist, dass die vorgesehene Regelung zur umgekehrten Wandelanleihe erneut aufgegriffen werden wird, wird diese anhand des Regierungsentwurfs aus der vergangenen Legislaturperiode nachfolgend daraufhin geprüft, ob § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auch für den unberücksichtigt, bei der durch Ausübung des Wandlungsrechts die ursprüngliche Zahlung als Einlage auf das Aktienkapital anerkannt wird. Hinsichtlich der Abhängigkeit der Wandlungsbereitschaft der Anleihegläubiger von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft sei lediglich angemerkt, dass insbesondere institutionelle Anleger im Rahmen einer „loan to own“Strategie Anleihen eines Krisenunternehmens mit Abschlägen unter dem Nennwert erwerben, da Ziel dieser Investitionsstrategie gerade der Einstieg in eine kriselnde Gesellschaft mit „turnaround“-Potenzial ist. Zu „loan to own“-Strategien vgl. Reifert/Meiners in, Financial Restructuring, S. 107, 112 ff.; Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1188. 390 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2012) vom 14. 03. 2012, BT-Drucksache 17/8989 und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 26. 06. 2013, BT-Drucksache 17/14241. 391 In der Praxis sind Wandelanleihen, die ein Recht der Gesellschaft auf Wandlung vorsehen (sogenannte Pflichtwandelanleihen), bislang auch ohne gesetzliche Regelung gebräuchlich und werden als zulässig erachtet. Umstritten ist allerdings, ob die Bezugsaktien mit bedingtem Kapital geschaffen werden können, vgl. Bayer, AG 2012, 141, 150. 392 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 17/8989, 17. 393 BT-Plenarprotokoll 17/250, S. 32067D. Annnahme in der Ausschussfassung, Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 26. 06. 2013, BT-Drucksache 17/14241 und Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2012) vom 14. 03. 2012, BT-Drucksache 17/8989. 394 Pressemitteilung des Bundesrats 212/2013 vom 20. 09. 2013, abrufbar unter: http://www. bundesrat.de/cln_320/nn_6898/DE/presse/pm/2013/212-2013.html?__nnn=true [Stand: 05. 03. 2014].

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Fall einer Normierung der umgekehrten Wandelanleihe weiterhin als Ausnahmevorschrift anzusehen wäre. Nach §§ 192 Abs. 2 Nr. 1, 194 Abs. 1 Satz 2 AktG-RegE sollten die bisher für Wandelschuldverschreibung geltenden Reglungen der bedingten Kapitalerhöhung auch für umgekehrte Wandelschuldverschreibungen gelten395. Soweit diese Regelung Gesetz werden sollte, entfällt die oben angeführte Argumentation, der Gläubiger mache von seinem Wandlungsrecht nur in einer wirtschaftlich günstigen Situation der Gesellschaft Gebrauch396, ersatzlos, da die Gesellschaft insbesondere in einer Sanierungssituation von einem ihr zustehenden Wandlungsrecht Gebrauch machen würde. Wie in der Literatur zum VorstKoG erörtert wurde, könnte aus einer solchen Neuregelung gefolgert werden, dass § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf die generelle Zulässigkeit eines Debt-Equity-Swaps zum Nennwert hindeutet397, da die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch die Schuldnergesellschaft nicht dazu führen würde, dass der Vorgang als bedingte Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen behandelt wird398. Der Umtausch würde somit nicht in Ansehung des aktuellen wirtschaftlichen Werts der Rückzahlungsforderung erfolgen, sondern die ursprüngliche Geldüberlassung zum Nominalbetrag als Einlageleistung anerkannt. Eine bei Qualifikation als Sacheinlage grundsätzlich erforderliche Werthaltigkeitsprüfung ist somit entbehrlich. Dagegen stellt der Regierungsentwurf zum VorstKoG klar, dass § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG weiterhin nur für Wandelanleihen gelten soll und im Übrigen Forderungen auch in Zukunft als Sacheinlagen einzubringen sind: „Die Änderung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG macht klar, dass die Vorschriften über Sacheinlagen auch dann nicht anwendbar sind, wenn die Gesellschaft im Rahmen einer umgekehrten Wandelanleihe von ihrer Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht. Auch in diesem Fall gilt die ursprüngliche Barzahlung des Anleihegläubigers als Einlage. Es kommt nicht darauf an, ob die bisherige Geldforderung noch werthaltig ist. Damit wird die Rechtslage bei einfachen Wandelschuldverschreibungen auch auf umgekehrte Wandelschuldverschreibungen erstreckt. Das ist konsequent. Nach wie vor gilt § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG jedoch nur dann, wenn Bezugsaktien im Sinne des § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG ausgegeben werden, wenn also aufgrund einer Ersetzungsbefugnis das Schuldverhältnis rückwirkend umgestaltet wird. Ansonsten bleibt es dabei, dass Forderungen als Sacheinlagen einzubringen sind.“399

Auch unter Einbeziehung einer möglichen zukünftigen Normierung von umgekehrten Wandelschuldverschreibungen mit dem im VorstKoG enthaltenen Regelungsgehalt wäre aufgrund des besonderen Zuschnitts von § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Wandelanleihen weiterhin von einem begrenzten Anwendungsbereich der Vorschrift auszugehen. Es wurde bereits aufgezeigt, dass bei der Einbringung von re395

BT-Drucksache 17/8989, S. 17. A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 43. 397 Dazu Bayer, AG 2012, 141, 151; Spliet, GmbHR 2012, 462 f.; Drygala, WM 2011, 1637, 1644. 398 Drygala, WM 2011, 1637, 1641. 399 BT-Drucksache 17/8989, S. 19. 396

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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gulären Zahlungsforderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft ein legitimes Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der Publizität des Einbringungsvorgangs besteht, dem nur durch die Anwendung der Sacheinlageregeln Rechnung getragen werden kann. Für einen begrenzten Anwendungsbereich spricht zudem, dass die Regelungen der Kapitalerhöhung durch bedingtes Kapital zur Ausgabe von Aktien gegen Wandelanleihen kapitalschutzrechtliche Schranken enthalten, die bei einer regulären Kapitalerhöhung unter Verwendung von Forderungen aus sonstigen Fremdfinanzierungen nicht gelten400. So verhindert § 199 Abs. 2 AktG bei einer Ausgabe der Wandelanleihe unterhalb des Nennbetrags die Ausgabe von Tauschaktien, solange eine bestehende Unterdeckung nicht beseitigt ist. Aus diesen Gründen findet § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG keine Anwendung auf den Debt-Equity-Swap; hierbei wären auch im Fall der Normierung der umgekehrten Wandelanleihe weiterhin die Sacheinlagevorschriften zu beachten. d) Einlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen Nach dem bis zum Inkrafttreten des MoMiG401 für die GmbH402 und die AG403 geltenden Eigenkapitalersatzrecht galt für in einer Krise der Gesellschaft404 gewährte Gesellschafterdarlehen bis zu deren Überwindung eine Rückzahlungs- und Durchsetzungssperre405. Aus diesem Grund wurde die Sacheinlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen nach allgemeiner Auffassung soweit und solange verneint, wie die betreffende Forderung nach den Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz entsprechend §§ 30, 31 a. F. nicht zurückgezahlt werden durfte406. 400

Ekkenga, DB 2012, 331, 335. Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 402 Das Eigenkapitalrecht der GmbH setzte sich aus den sogenannte Novellenregeln der §§ 32a, 32b GmbHG a. F. und den sogenannten Rechtsprechungsregeln zusammen, vgl. Lutter/ Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, 16. A.; Kommentierung zu §§ 32a, 32b. 403 Die Regelungen über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen wurden trotz unterschiedlicher gesetzlicher Ausgangslage vom BGH auf die AG übertragen, dies allerdings mit der Einschränkung, dass der betreffende Aktionär einen hinreichenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der AG ausüben kann, was grundsätzlich ab einer Beteiligung von 25 % am Grundkapital angenommen wurde, vgl. BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381 = NJW 1984, 1893; Drygala, in: KölKo-AktG, § 57 Rdn. 139. 404 Nach der Definition des § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. ist die Krise der Gesellschaft eine Situation, in der die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Nach der Rechtsprechung des BGH lag eine Krise der Gesellschaft vor, wenn diese zahlungsunfähig, überschuldet oder aus sonstigen Gründen kreditunwürdig ist, also von dritter Seite keinen Kredit zu marktüblichen Konditionen erhalten würde, zuletzt BGH, Urteil vom 13. 07. 1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201 = NJW 1992, 2891. 405 Vgl. zum alten Recht Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, 16. A.; Kommentierung zu §§ 32a, 32b; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz-AktG, 1. A., § 57 Rdn. 99 ff. 406 OLG Schleswig, Urteil vom 14. 12. 2000 – 5 U 182/98, NZG 2001, 568; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 85; Zeidler, in: Mi401

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Mangels Durchsetzbarkeit auf unbestimmte Zeit komme einer solchen Gesellschafter-Forderung kein feststellbarer Wert zu407. Durch das MoMiG wurden das Recht der Gesellschafterfinanzierungen grundlegend umgestaltet und die gesetzlichen und richterrechtlichen Regeln des Eigenkapitalersatzrechts abgeschafft408. Lediglich für Gesellschafterdarlehen, die vor Inkrafttreten des MoMiG am 01. 11. 2008 gewährt wurden (sogenannte Altfälle), gilt das alte Eigenkapitalersatzrecht aufgrund der Übergangsvorschriften in Art. 103d EGInsO und der Grundsätze des intertemporalen Rechts teilweise fort409, wobei Abgrenzungsfragen und Anwendungsschwierigkeiten verbleiben, die hier aufgrund der auslaufenden Praxisrelevanz nicht nachgezeichnet werden sollen410. Der Themenkreis der Gesellschafterdarlehen wurde stattdessen in den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 und Abs. 5 sowie 135 InsO geregelt411. Eckpfeiler der Regelung sind die generelle Nachrangigkeit von Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens in der Insolvenz sowie die Anfechtbarkeit einer vor Insolvenzeröffnung auf eine solche Forderung gewährten Sicherung oder Befriedigung innerhalb der zeitlichen Maßgaben des § 135 InsO412. Dagegen sind die früher von der Rechtsprechung aus § 30 GmbHG, § 57 AktG hergeleiteten Zahlungsverbote entfallen, wie § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG und § 57 Abs. 1 Satz 4 AktG ausdrücklich klarstellen413. Die Gesellschaft ist daher berechtigt und verpflichtet, ein zur Rückzahlung fälliges Gesellschafterdarlehen fristgerecht zu tilgen. Im Vergleich zur außerinsolvenzlichen Durchsetzbarkeit von Forderungen Dritter bestand nach Inkrafttreten des MoMiG lediglich hinsichtlich der Rückzahlung von Gesellschafter-Forderungen Unsicherheit, ob und inwieweit die durch das MoMiG neu geschaffenen § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG einer Rückzahlung entgegenstehen können414. Die Vorschriften statuieren eine Haftung der Geschäftsführer und des Vorstands für Zahlungen an Gesellschafter, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Umstritten war, ob bei Vorliegen der Voraussetchalski-GmbHG, 1. A., § 5 Rdn. 121; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 67; Winter/Westermann, in: Scholz-GmbHG, 10. A., § 5 Rdn. 48. 407 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 131; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. 408 Die §§ 32a, 32b GmbHG a. F. wurden aufgehoben, einer Weiterführung der Rechtsprechungsregeln wurde durch die „Nichtanwendungsvorschriften“ der § 57 Abs. 1 Satz 4 AktG, § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG der Riegel vorgeschoben. 409 BGH, Urteil vom 26.012009 – II ZR 260/07 Gut Buschow, BGHZ 179, 249 = NJW 2009, 1277; BGH, Beschluss vom 15. 11. 2011 – II ZB 6/11, NJW 2012, 682. 410 Zu den Anwendungsfragen für Altfälle vgl. Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 131 – 134, K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, §§ 32a, 32b a. F. Rdn. 12 ff. 411 Außerinsolvenzlich unterliegen die Besicherung und Befriedigung von Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens der Anfechtbarkeit nach Maßgabe von § 6 AnfG. 412 Anfechtbar nach § 135 Abs. 1 InsO ist eine in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag gewährte Sicherheit und eine im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag gewährte Befriedigung. 413 Drygala, in: KölKo-AktG, § 57 Rdn. 220; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. 414 Zur Diskussion vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 64 Rdn. 65 ff.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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zungen der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG nur ein Erstattungsanspruch gegen den Vorstand oder die Geschäftsführer bei Zahlung an einen Gesellschafter besteht415 oder bereits ein Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft. Der BGH hat die Frage inzwischen geklärt und entschieden, dass die Gesellschaft im Fall des § 64 Satz 3 GmbHG die Zahlung an den Gesellschafter verweigern kann416. Dies führt im Vergleich mit Forderungen Dritter jedoch nicht zu einem zeitlich nach vorne verlagertem Zahlungsverbot auf fällige Rückzahlungsansprüche aus Gesellschafterdarlehen, da fällige Gesellschafter-Forderungen bereits in einer ¢ bei Anhaltspunkten für eine vorliegende oder möglicherweise eintretende Zahlungsunfähigkeit ¢ zu erstellenden Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen sind417 und somit schon ohne Vornahme einer Zahlung Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft i. S. d. § 17 Abs. 2 InsO vorliegen wird. In diesem Fall unterliegen aber sämtliche Forderungen gegen die Gesellschaft dem Zahlungsverbot der § 64 Satz 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG. Liegt nach der Liquiditätsbilanz dagegen keine Zahlungsunfähigkeit vor, so führt grundsätzlich auch eine Zahlung auf eine fällige Gesellschafterforderung nicht zur Zahlungsunfähigkeit. Nur wenn die Gesellschaft ohne eine Zahlung auf eine fällige Gesellschafterforderung noch nicht zahlungsunfähig im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO ist, da nach den Maßgaben der Rechtsprechung des BGHs lediglich eine Liquiditätslücke von unter 10 % der Gesamtverbindlichkeiten vorliegt418, greift das Leistungsverweigerungsrecht der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG, wenn eine Zahlung an den Gesellschafter eine Liquiditätslücke von mehr als 10 % verursachen oder eine bestehende Liquiditätslücke auf mindestens 10 % vergrößern würde419. Der Anwendungsbereich der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG ist somit im Bereich 415 So OLG München, Urteil vom 06. 05. 2010 – 23 U 1564/10, ZIP 2010, 1236; OLG München, Urteil vom 22. 12. 2010 – 7 U 4960/07, ZIP 2011, 225. 416 BGH, Urteil vom 09. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 = DStR 2012, 2608: „Die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Satz 3 GmbHG und das damit verbundene ,Zahlungsverbot‘ sollen der Gefahr vorbeugen, dass bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit von den Gesellschaftern Mittel entnommen werden (BT-Drucksache 16/6140, S. 46). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Gesellschaft den Mittelabfluss verweigern kann und der Geschäftsführer nicht den Mittelabfluss unter Inkaufnahme einer eigenen Haftung bewirken muss.“ 417 BGH, Urteil vom 09. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 = DStR 2012, 2608. 418 BGH, Urteil vom 24. 05. 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062. Zu den Einzelheiten bzgl. geringfügiger Liquiditätslücken vgl. zudem Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 17 Rdn. 21 ff. 419 BGH, Urteil vom 09. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 = DStR 2012, 2608. Beispiel nach Greulich/Nolting-Hauff, jurisPR-HaGesR 12/2012 Anm. 1: Eine Gesellschaft hat liquide Mittel von 91 und Verbindlichkeiten von 100, wovon 30 auf fällige Gesellschafterdarlehen entfallen. Die Gesellschaft ist in der Regel nicht zahlungsunfähig, da die Liquiditätslücke weniger als 10 % beträgt. Zahlt die Gesellschaft die Gesellschafterdarlehen zurück, stehen Verbindlichkeiten von 70 (100 – 30) nur noch liquide Mittel von 61 (91 – 30) gegenüber, sodass die Liquiditätslücke größer als 10 % und die Gesellschaft durch die Zahlung zahlungsunfähig i. S. d. § 17 Abs. 2 InsO wird.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

fälliger Gesellschafter-Forderungen minimal420 und betrifft ¢ der Intension des Gesetzgebers entsprechend421 ¢ primär kompensationslose Eingriffe in das Gesellschaftsvermögen und Zahlungen auf noch nicht fällige oder vertraglich nicht durchsetzbare (z. B. bei Belassungserklärung oder Rangrücktritt) Gesellschafterforderungen. Der verbleibende marginale Anwendungsbereich der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG rechtfertigt meiner Einschätzung nach aber keine unterschiedliche Behandlung der Sacheinlagefähigkeit von fälligen Rückgewähransprüchen aus Gesellschafterdarlehen und wird ¢ soweit ersichtlich ¢ in der Literatur auch nicht erwogen. Dieses Ergebnis stimmt auch mit der Funktion der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG als Schutz der Gesellschaft vor einer Liquiditätsbeeinträchtigung und nicht vor einer Vermögensveränderung überein422. Somit besteht nach heutiger Rechtslage außerinsolvenzlich kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen Forderungen eines Drittgläubigers und Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen. Forderungen auf die Rückgewähr von nach dem Inkrafttreten des MoMiG am 01. 11. 2008 gewährten Gesellschafterdarlehen sind daher nach zutreffender herrschender Ansicht ¢ ohne Unterschied zu Forderungen gegen Dritte ¢ sacheinlagefähig423. Vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann sich somit keine Wertminderung mehr aus dem Charakter als Gesellschafterdarlehen ergeben424. Die Sacheinlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen ist unter anderem deshalb besonders hervorzuheben, da das KG Berlin im Jahr 2010 in einem aktienrechtlichen Freigabeverfahren die Anträge der Gesellschaft wegen eines besonders schweren Rechtsverstoßes (§ 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG) bei dem den Anfechtungsklagen zugrunde liegenden Kapitalerhöhungsbeschluss abgelehnt hat425. Die Hauptversammlung der sanierungsbedürftigen Gesellschaft hatte einen wahlweisen Debt-Equity-Swap unter Einbringung von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen beschlossen, die der Gesellschaft sämtlich nach dem 01. 11. 2008 gewährt worden waren. Unter Verkennung der geltenden Rechtslage verneinte das KG die Sacheinlagefähigkeit der Forderungen auf Darlehensrückgewähr mit der Begrün420 Der BGH erwägt in BGH, Urteil vom 09. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 = DStR 2012, 2608 zudem eine Anwendung der § 64 Satz 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG auf Fälle, in denen nicht eine Zahlung auf Gesellschafterforderungen selbst zur Zahlungsunfähigkeit führen würde, sondern nur mittelbar durch die Zahlung ausgelöste Fälligstellung von Forderungen Dritter. Dies ist aufgrund des vom Gesetzgeber geforderten engen Zurechnungszusammenhangs zwischen Zahlung und Eintritt von Zahlungsunfähigkeit aber äußerst kritisch zu sehen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien muss die Zahlung „ohne Hinzutreten weiterer Kausalbeiträge“ zur Zahlungsunfähigkeit führen, vgl. RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 46. 421 RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 47. 422 Fleischer, in: Spindler/Stilz-AktG; § 92 Rdn. 38; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. 423 Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 28; Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 134. 424 Burg/Marx, CFL 2010, 364, 367. 425 KG, Beschluss vom 18. 05. 2010 – 14 AktG 1/10, AG 2010, 494.

III. Forderungen als tauglicher Einlagegegenstand zur Kapitalaufbringung

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dung, dass die Darlehen der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, in dem das Grundkapital der Gesellschaft aufgezehrt war, die Darlehen somit eigenkapitalersetzenden Charakter aufweisen würden, die daher nach §§ 57, 62 AktG dem Rückgewährverbot unterlägen und nicht zum Gegenstand einer wahlweisen Sacheinlage gemacht werden könnten426. Die Ansicht des KG ist nach den oben dargelegten Ausführungen schlicht unzutreffend und daher zurückzuweisen. Soweit man mit der herrschenden Meinung beim Debt-Equity-Swap die Werthaltigkeit der Einlageforderung als Voraussetzung für die Übernahme oder Deckung von Grundoder Stammkapital ansieht, so sind nach aktueller Rechtslage für die Bewertung von Rückgewähransprüchen aus Gesellschafterdarlehen lediglich die allgemeinen ¢ für Forderungen von Dritten gegen die Gesellschaft geltenden ¢ Bewertungsgrundsätze maßgeblich427, die nachfolgend behandelt werden. 4. Fazit Im vorstehenden Abschnitt wurden Forderungen auf ihre Tauglichkeit als Einlagegegenstand untersucht. Dabei sind Forderungen als Sacheinlagen zu qualifizieren. Nach vorzugswürdiger Ansicht bestehen für das Aktienrecht auch keine europarechtlichen Vorgaben der Zweiten Kapitalrichtlinie, die eine Qualifizierung von Forderungen gegen die Gesellschaft als Bareinlage vorscheiben. Insbesondere die im Rahmen dieser Arbeit im Fokus stehenden Forderungen gegen die Gesellschaft sind generell tauglicher Gegenstand der Sacheinlage. Dies gilt seit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG und ARUG unterschiedslos auch für Forderungen von Gesellschaftern aus Gesellschafterdarlehen. Aufgrund der besonderen Forderungskonstellation bei gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen und der mit der Einbringung der Forderung verbundenen Verzichtsleistung des Inferenten ist nach vorzugswürdiger differenzierender Ansicht nicht die Forderung selbst, sondern die Befreiung von der betreffenden Verbindlichkeit als Einlagegegenstand anzusehen. Es besteht bei gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen eine Verpflichtung zur Einbringung als Sacheinlage. Rechtsgestaltenden Umgehungsversuchen ist aufgrund des nicht verzichtbar erscheinenden Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit hinsichtlich der Modalitäten des Kapitalaufbringungsvorgangs beim Debt-Equity-Swap ein Riegel vorgeschoben. Bei Vereinbarung einer Bareinlage ist eine Aufrechnung mit einer Altforderung des Inferenten ebenso unzulässig wie ein Hin- und Herzahlen der sich entsprechenden Beträge. Rechtsfolge von Verstößen ist ¢ neben im Einzelfall strafbewehrten Falschangaben bei der Anmeldung zum Handelsregister ¢ das Eingreifen des Instituts der verdeckten Sacheinlage. Durch die Kodifizierung der verdeckten Sacheinlage wurden die Rechtsfolgen abgemildert und es erfolgt durch

426 427

KG, Beschluss vom 18. 05. 2010 – 14 AktG 1/10, AG 2010, 494, 496 f. Burg/Marx, CFL 2010, 364, 367.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

die sogenannte Anrechnungslösung jedenfalls eine Berücksichtigung des Werts der aufgerechneten Gegenforderung auf die Bareinlageverpflichtung. Schließlich kann der Regelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG kein allgemeiner Rechtsgedanke für einen regulären Debt-Equity-Swap entnommen werden, dass hierbei die Anwendung der Sacheinlagevorschriften verzichtbar sei. Es handelt sich um eine Sonderreglung für Wandelschuldverschreibungen, Optionsanleihen und ¢ mit den aufgezeigten Einschränkungen ¢ Wandelgenussrechte, bei denen das Gesetz die ursprüngliche Geldüberlassung an die Gesellschaft bei einem späteren Aktienbezug als Einzahlung auf die Aktien anerkennt. Auch bei einer gesetzlichen Normierung der sogenannten umgekehrten Wandelanleihe mit dem im VorstKoG vorgesehen Regelungsgehalt würde sich keine Änderung an dem Ausnahmecharakter der Norm ergeben, was in der Regierungsbegründung zum VorstKoG ausdrücklich klargestellt wurde. Für einen regulären Debt-Equity-Swap bleibt es dabei, dass die Verwendung von Forderungen gegen die Gesellschaft zur Kapitalerhöhung nur als Sacheinlage zulässig ist und hierzu noch die Beantwortung der Frage der Forderungsbewertung aussteht, welche nachfolgend erörtert wird.

IV. Bewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen beim Debt-Equity-Swap? In diesem Teil der Arbeit wird die bereits mehrmals aufgekommene Fragestellung behandelt, ob es beim Debt-Equity-Swap auf die Werthaltigkeit der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen ankommt. Dies ist unter dem krisenspezifischen Blickwinkel der Arbeit bei einem außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap im Rahmen einer sanierenden Kapitalerhöhung zur Entschuldung einer Gesellschaft ebenso wie bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzverfahren von besonderer Relevanz. Bereits in einer vorinsolvenzlichen Krisensituation wird die Werthaltigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft selten zweifelsfrei sein, sondern in den meisten Fällen ein Verlust an Werthaltigkeit festzustellen sein. Bis zur Schaffung von Reglungen für einen Debt-Equity-Swap im Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG)428 sowie für das reguläre Insolvenzplanverfahren durch das ESUG429 gab es keinerlei spezifische gesetzliche Regelung für diese Sanierungsmaßnahme. Außer- wie innerinsolvenzlich orientierte sich ein Debt-Equity-Swap daher an den allgemeinen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen sowie – aufgrund der Qualifizierung des Einlagegegenstandes als Sacheinlage – insbesondere an den Sacheinlagevorschriften. Im Unterschied zu regulären Sacheinlagen, bei denen die Übertragung eines Vermögensgegenstands auf die Gesellschaft erfolgt, der danach 428

Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (KredReorgG) vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1900. 429 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2582.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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im Vermögen der Gesellschaft vorhanden und in der Regel handelsbilanziell aktivierbar ist, geht es beim Debt-Equity-Swap um die Befreiung der Gesellschaft von Verbindlichkeiten gegen eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft. Ungeachtet dieser Unterschiede hat sich eine feststehende herrschende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur herausgebildet, nach der beim Debt-Equity-Swap die regulären Sacheinlagevorschriften einzuhalten sind, es daher auf die Werthaltigkeit der Einlageforderung ankommt und somit stets einer Forderungsbewertung bedarf. Diese herrschende Ansicht sieht sich aber seit jeher der Kritik einer Mindermeinung ausgesetzt, die in jüngerer Zeit einen erheblichen Zulauf verzeichnen konnte und das Thema auf der Agenda des rechtswissenschaftlichen Diskurses neu etabliert hat. Nach dieser Mindermeinung kommt es aufgrund der spezifischen Situation beim Debt-Equity-Swap und dessen Funktion zur Entschuldung der Gesellschaft nicht auf den Wert der Forderung des Inferenten an, sodass eine Ausgabe von jungen Aktien oder Geschäftsanteilen im Nennbetrag des Nominalbetrags der Forderung unabhängig von deren Werthaltigkeit erfolgen kann. Die Untersuchung erfolgt zunächst für den Debt-Equity-Swap allgemein ohne Einbeziehung der für einen insolvenzlichen Debt-Equity-Swap geschaffenen gesetzlichen Regelungen. Hierbei werden die Ausgangspunkte der unterschiedlichen Rechtsauffassungen dargelegt. Im weiteren Gang der Untersuchung werden die divergierenden Perspektiven der herrschenden Meinung und der Mindermeinung für die Bestimmung des Werts des Einlagegegenstands beim Debt-Equity-Swap näher erörtert. Daran schließt sich die Diskussion der unterschiedlichen Positionen an. Die Schwerpunkte der Untersuchung liegen dabei auf der Überprüfung der Vereinbarkeit der Mindermeinung mit den bei der Kapitalerhöhung geltenden Grundsätzen der Kapitalaufbringung sowie einer Abschätzung der Rechtfolgen bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap. Ausgehend von dem hieraus resultierenden Zwischenergebnis werden die geschaffenen gesetzlichen Regelungen für einen Debt-Equity-Swap im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren in die Untersuchung mit einbezogen, um eine abschließende Beurteilung der unterschiedlichen Auffassungen zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap zu ermöglichen. Hierzu werden zuerst die zum insolvenzlichen Debt-Equity-Swap geschaffenen Regelungen dargelegt. Bei der Analyse der inhaltlichen Maßgaben zur Bewertungsfrage wird überprüft, ob es sich hierbei um spezifisch insolvenzliche Vorgaben handelt oder inwieweit aus den für das Insolvenzverfahren geschaffenen Regelungen Rückschlüsse auf die zutreffende außerinsolvenzliche Handhabe der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap gezogen werden können. 1. Erfordernis der Werthaltigkeit und Bewertung der Forderung oder generell Einbringung zum Nennwert? Nach dem Ergebnis der vorstehend erfolgten Untersuchung sind gegen die Gesellschaft gerichtete Forderungen nach der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur tauglicher Sacheinlagegegenstand. Dabei wurde

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

aufgezeigt, dass die in anderem Zusammenhang von Rechtsprechung und Literatur verwendete Formel, die betreffende Forderung müsse fällig, liquide und vollwertig sein430, keine Voraussetzung für die Einlagefähigkeit an sich ist, sondern sich auf die Ebene der Bewertung der Forderung bezieht. Anknüpfend an die Qualifikation der herrschenden Meinung, nach der die Forderungen den Einlagegegenstand darstellen, wurde herausgearbeitet, dass nach vorzugswürdiger differenzierender Auffassung nicht die Forderung selbst als Einlagegegenstand anzusehen ist, sondern die durch Abtretung oder Verzicht zu bewirkende Schuldbefreiung der Gesellschaft431. Da die Argumentation der herrschenden Ansicht aber auf der Einordnung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen als Sacheinlagegegenstand aufbaut, ist diese bei der Behandlung der herrschenden Ansicht zur Bewertungsfrage gleichwohl zugrunde zu legen. Auf die vorliegend vertretene vorzugswürdige differenzierende Auffassung ist dagegen als Begründungselement bei der anschließenden Darlegung der Mindermeinung zurückzukommen, nach der eine Bewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen nicht erforderlich ist. Ausgehend von diesen bereits erfolgten Grundlegungen ist der Blick auf die Ausgangsposition der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur zur Bewertungsfrage zu richten. a) Ausgangspunkt der herrschenden Meinung Nach der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Ansicht steht die Ausgabe von Aktien oder Geschäftsanteilen unter der Voraussetzung der Werthaltigkeit der bei einem Debt-Equity-Swap eingebrachten Forderung gegen die Gesellschaft432. Danach ist die volle Werthaltigkeit der Forderung Voraussetzung dafür, dass im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps junge Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag der Höhe des Nominalbetrags der Forderung ausgegeben werden können. Eine Umwandlung von Fremd- in statutarisches Eigenkapital im Verhältnis eins zu eins setzt nach dieser Ansicht die Vollwertigkeit der Forderung voraus, sodass nur in diesem Fall für eine Forderung in Höhe von 100 EUR Aktien im Nennbetrag von 430 Die höchstrichterlichen Entscheidungen betreffen die Frage, ob – soweit kein Fall einer verdeckten Sacheinlage vorliegt ¢ durch Vereinbarung zwischen Gesellschaft und Inferent eine Bareinlageverpflichtung durch Verrechnung mit einer Forderung gegen die Gesellschaft wirksam erbracht werden oder die Befreiung von einer Bareinlageverpflichtung durch Zahlung an einen Drittgläubiger der Gesellschaft erreicht werden kann, vgl. BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 = NJW 1984, 1891; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754; BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/ 93, BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477. 431 Vgl. 3. Kapitel, III. 3. c) cc). 432 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 81; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 40; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 18; Märtens, in: MüKoGmbHG, § 5 Rdn. 127; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 66; Veil, in: ScholzGmbHG, § 5 Rdn. 46. Zur verdeckten Sacheinlage einer Forderung gegen die Gesellschaft durch Hin- und Herzahlen vgl. BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 61 f. = NJW 1990, 982, 985; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 = NJW 1991, 1754, 1755.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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100 EUR ausgegeben werden können. Als Konsequenz dieser Grundannahme ist jede Wertminderung der Einlageforderung spiegelbildlich bei der Bestimmung des Umfangs der hierfür auszugebenden Aktien oder Geschäftsanteile zu berücksichtigen. Für eine in ihrem Wert um die Hälfte verminderte Forderung in Höhe von 100 EUR könnten somit lediglich Aktien im Nennbetrag von 50 EUR ausgegeben werden. Danach kommt es nach dieser Ansicht bei Forderungen gegen die Gesellschaft – wie bei sonstigen Sacheinlagen – auf den Wert des Einlagegegenstands an. Die Frage nach dem Wert der Einlage ist dabei zu unterscheiden von der nach dem Ausgabebetrag der Aktien oder Geschäftsanteile433. Der geringste Ausgabebetrag muss nach § 9 Abs. 1 AktG mindestens dem Nennbetrag der Aktie434 oder des Geschäftsanteils435 entsprechen, da eine Unterpari-Emission durch Gewährung eines Disagio unzulässig ist. Dagegen ist die Ausgabe für einen höheren Betrag als dem Nennbetrag durch Bestimmung eines Aufgelds (Agio) nach § 9 Abs. 2 AktG zulässig und dient bei einer Kapitalerhöhung dazu, einen den Nennwert übersteigenden Wert der neuen Aktien auszugleichen436. Das Verbot der Unterpari-Emission gilt unabhängig von der Art der Einlage437. Für Sacheinlagen stellt § 36a Abs. 2 Satz 3 AktG hierzu deutlich heraus, dass der Wert einer Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der Aktien erreichen muss, im Falle eines Aufgelds auch den Mehrbetrag. Da das Verbot der Unterpari-Emission nach herrschender Meinung gleichfalls Umgehungsversuche durch sogenannte verdeckte Unterpari-Emissionen erfasst, führt auch die Überbewertung einer Sacheinlage zu einem Verstoß gegen das Verbot einer Ausgabe von Aktien- oder Geschäftsanteilen unterhalb des geringsten Ausgabebetrags438 und löst die Verpflichtung des Inferenten zur Barzahlung des Differenzbetrags zwischen tatsächlichem Wert der Sacheinlage und dem Ausgabebetrag in Geld nach den Grundsätzen der Differenzhaftung nach § 9 Abs. 1 GmbHG aus. Der Zweck einer Bewertung von Sacheinlagen erschöpft sich daher nicht in der Wertbestimmung des Einlagegegenstands, sondern dient gleichsam der Sicherstellung der Wertdeckung des Nennbetrags der Aktien oder Geschäftsanteile und somit der Einhaltung 433

Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 268, 247. Bei Stückaktien beläuft sich der geringste Ausgabebetrag auf den auf die einzelne Stückaktie entfallenden Betrag am Grundkapital, §§ 9 Abs. 1, 8 Abs. 3 AktG. 435 Das Verbot der Unterpari-Emission gilt nach allgemeiner Ansicht auch ohne gesetzliche Normierung entsprechend im GmbH-Recht, BGH, Urteil vom 14. 03. 1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191 = NJW 1977, 1196; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 49; Veil, in: ScholzGmbHG, § 5 Rdn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 25. 436 Vatter, in: Spindler/Stilz-AktG, § 9 Rdn. 23, Hüffer-AktG, § 9 Rdn. 8. Die Bestimmung der Höhe eines Aufgelds steht grundsätzlich im Ermessen des zuständigen Gesellschaftsorgans. Im Aktien- und GmbH-Recht werden bei einer Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss die Altaktionäre durch die Anfechtungsmöglichkeit des § 255 Abs. 2 AktG vor einer „Verwässerung“ ihrer Beteiligung durch die Festsetzung eines unangemessen niedrigen Ausgabebetrags der neuen Aktien geschützt, vgl. hierzu oben 3. Kapitel, I., 3. c). 437 Solveen, in: Hölters-AktG, § 9 Rdn. 6; Hüffer-AktG, § 9 Rdn. 3; Heider, in: MüKoAktG, § 9 Rdn. 14, 16. 438 Vatter, in: Spindler/Stilz-AktG, § 9 Rdn. 10; Heider, in: MüKo-AktG, § 9 Rdn. 27. 434

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

des Verbots einer Unterpari-Emission439. Vor diesem Hintergrund geht es bei den nachfolgenden Ausführungen nicht um die Bestimmung eines angemessenen Ausgabebetrags, sondern um die Klärung der maßgeblichen Perspektive für die Beurteilung des Werts von Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand. b) Ausgangspunkt der Mindermeinung Nach Ansicht der Mindermeinung handelt es sich bei der Einlage von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen um einen Sonderfall der Kapitalaufbringung, dessen sachgerechte Handhabe eine Differenzierung zu den allgemeinen Sacheinlagevorschriften erfordert. Aus Perspektive der Mindermeinung besteht beim DebtEquity-Swap im Gegensatz zur regulären Sachkapitalerhöhung – und insbesondere im Vergleich mit der Einlage von Forderungen gegen Dritte – keine Gefährdung des Kapitalaufbringungsvorgangs durch mangelnde Werthaltigkeit des Einlagegegenstands. Daher sei eine Anrechnung in Höhe des Nominalbetrags der Forderung auf das Stamm- oder Grundkapital der Gesellschaft ungeachtet der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft möglich und aus diesem Grund keine Bewertung der Einlageforderungen notwendig, was sich insbesondere aus den bilanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Einlagevorgangs bei der Gesellschaft ergebe440. 2. Wertbestimmung des Einlagegegenstands aus der Perspektive der herrschenden Meinung Nach der herrschenden Meinung kommt es auf die Werthaltigkeit des Einlagegegenstands selbst an, sodass die divergierenden Ansätze zur Wertbestimmung zwischen herrschender Ansicht und der Mindermeinung näher darzulegen sind. Zur Ermittlung der vorzugswürdigen Perspektive für die Wertbestimmung wird zunächst die Wertermittlung der Einlageforderungen vom Standpunkt der herrschenden Meinung aus herausgearbeitet. a) Anknüpfung an die Einlage von Forderungen gegen Dritte Die herrschende Meinung behandelt Forderungen gegen Dritte und Forderungen gegen die Gesellschaft hinsichtlich des Ansatzpunkts für die Beurteilung der Werthaltigkeit gleich. Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass Forderungen gegen Dritte als Einlagegegenstand nicht zu einem höheren Betrag als ihrem Wert auf den 439

Anders Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 268, 247, wonach der Zweck der Sacheinlagebewertung sich in der Wertbestimmung erschöpfe. Zutreffend ist dagegen der Hinweis, dass die Werthaltigkeitsprüfung nicht dazu dient, einen angemessenen Ausgabekurs für die neuen Anteile zu bestimmen. 440 Siehe insbesondere Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff., die – als Vertreter der Mindermeinung – mit diesem Beitrag die aktuelle Diskussion in Gang gesetzt haben.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Nennbetrag von Aktien oder Geschäftsanteilen angerechnet werden können441 und maßgeblich für die Wertermittlung der Zeitwert des Einlagegegenstandes aus Sicht der Gesellschaft ist, die die Forderung als Zessionarin erhält442. Bei Forderungen gegen Dritte sind somit für die Bewertung die Solvenz und Bonität des Dritten als Schuldner entscheidend443. Für Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand wird von der überwiegenden Meinung gleichfalls die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin als maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderung herangezogen444 und folglich bei einer sanierenden Kapitalerhöhung aufgrund der eingetretenen Wertminderung der Forderung eine Ausgabe von Aktien oder Geschäftsanteilen in Höhe des Nominalwerts der Forderung abgelehnt. Exemplarisch für die herrschende Meinung ist hierzu die Aussage von Lutter: „Zwar steht die Forderung und auch die Darlehensforderung bei der AG nominal zu Buch und wird auch nominal getilgt. In der Hand des Inferenten und jedes Dritten aber ist sie in schwieriger Lage der AG nur noch einen Teil ihres Nominalbetrags ,wert‘. Das aber, ihr objektiver ,Marktwert‘ ist entscheidend: Die Äquivalenz mit dem gezeichneten Betrag der Kapitalerhöhung läge anders nicht vor.“445

In Bezug auf die erste Aussage Lutters ist zunächst darzulegen, ob sich eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnergesellschaft auf die Beurteilung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft auswirkt. Daran anknüpfend ist die für die herrschende Meinung maßgebliche Perspektive der Forderungsbewertung näher zu erörtern. b) Unveränderte Belastung auch bei wertgeminderten Gläubigerforderungen In Bezug auf die Position der Gesellschaft als Forderungsschuldnerin wird – wie sich auch aus dem angeführten Zitat von Lutter ergibt – von der herrschenden Ansicht nicht in Abrede gestellt, dass eine Verbindlichkeit für die Schuldnergesellschaft 441

Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 86. Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89; Hüffer-AktG § 27 Rdn. 20; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 91; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 57 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG § 5 Rdn. 33; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 37; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 24. 443 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 37; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 42; Karollus, ZIP 1994, 589, 595; Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 119; Wansleben, WM 2012, 2083, 2086; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89 für Anlagevermögen. 444 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 81; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 40; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Hüffer-AktG, § 27 Rdn. 18; Märtens, in: MüKoGmbHG, § 5 Rdn. 127; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 66; Veil, in: ScholzGmbHG, § 5 Rdn. 46. Zur verdeckten Sacheinlage einer Forderung gegen die Gesellschaft durch Hin- und Herzahlen vgl. BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 61 f. = NJW 1990, 982, 985; BGH, Urteil vom 18. 02. 1991 – II ZR 104/90, BGHZ 113, 335, 341 = NJW 1991, 1754, 1755. 445 Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 30. 442

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation eine finanzielle und bilanzielle Belastung in Höhe des Nominalbetrags der Forderung bedeutet. In der Handelsbilanz sind Verbindlichkeiten nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB stets zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen, somit bei Geldverbindlichkeiten der Nominalwert446. Auch eine aus Gläubigersicht krisenbedingt verminderte Werthaltigkeit von Forderungen ist für die Schuldnergesellschaft ohne Relevanz und darf beim Ansatz ihrer Verbindlichkeiten nicht nachvollzogen werden447. Eine Reduzierung des Stands der Verbindlichkeiten aufgrund eines „Wertabschlages“ ist nach den Bilanzierungsvorschriften des HGB und auch nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS unzulässig448. Auch zivilrechtlich bleibt die Gesellschaft – außerinsolvenzlich – in einer Krisensituation den Gläubigern zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten in Höhe des Nominalbetrags verpflichtet449. Bei ausbleibender Leistung kann ein Gläubiger seine fälligen Forderungen gegenüber der Gesellschaft unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Schuldnergesellschaft titulieren und im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen lassen. Auch wenn die Leitungsorgane nach Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nach den § 92 Abs. 2 Satz 1, 2 AktG, § 64 Satz 1 GmbHG die Zahlung fälliger Verbindlichkeiten verweigern können, hindert dies den Gläubiger nicht an der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen450. Gleichfalls versperren außerinsolvenzliche Sanierungsbemühungen der 446 Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 253 Rdn. 66; Merkt, in: Baumbach/Hopt-HGB, § 253 Rdn. 2; Merkt, in: Hopt/Merkt-BilanzR, § 253 Rdn. 2. 447 Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 253 Rdn. 104; Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 24. 448 Bezüglich der „fair value“-Bewertung nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (International Financial Reporting Standards [IFRS]) des International Accounting Standards Board (IASB) wurde im Rahmen eines eigenständigen Projekts eine Bewertung von Kreditrisiken („Credit Risk in Liability Measurement“) diskutiert (IASB Discussion Paper DP/ 2009/2). Ausgelöst durch die wirtschaftlichen Verwerfungen der Finanzkrise 2008 ging es dabei um die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit das Kreditrisiko eines Unternehmens bei der Bewertung seiner Schulden berücksichtigt werden kann. Konkret ging es darum, ob bei einem unter dem Nennbetrag liegenden Marktwert von Forderungen gegen das Unternehmen diese bei der Schuldnergesellschaft mit einem Abschlag bilanziert werden dürfen. Das Projekt wurde zwischenzeitlich eingestellt und eine weitere Erörterung der Fragestellung in das Projekt zur Überarbeitung von IAS 39 (Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung) angekündigt. Vgl. Erklärung des IASB, abrufbar unter: http://www.ifrs.org/Current-Projects/IASB-Projects/Cre dit-Risk-in-Liability-Measurement/Pages/Credit-Risk-in-Liability-Measurement.aspx [Stand: 05. 03. 2014]. Das IDW hatte zur Bewertung von Kreditrisiken eine klar ablehnende Stellungnahme abgegeben, abrufbar unter: http://www.ifrs.org/Current-Projects/IASB-Projects/Cre dit-Risk-in-Liability-Measurement/DP-Jun-09/Comment-Letters/Documents/Brief_ IASB_DP_Credit_Risk_0 90724.pdf [Stand: 05. 03. 2014]. 449 Cahn, in: Spindler/Stilz-AktG, § 66 Rdn. 31. 450 Das Vollstreckungsverbot der §§ 89 f. InsO greift erst ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und danach durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherungen am zur Insolvenzmasse gehörenden Schuldnervermögen werden mit der Verfahrenseröffnung gemäß § 88 InsO unwirksam. Im Eröffnungsverfahren können Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in Mobilien nach § 21

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Schuldnergesellschaft den Gläubigern nicht die Durchsetzung von Forderungen oder die Verwertung von Sicherheiten451. Ein Gläubiger ist nicht zur Beteiligung an einem außergerichtlichen Sanierungsvergleich verpflichtet und handelt deshalb grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er seine Forderung trotz eines Sanierungsplans weiterhin in vollem Umfang geltend macht452. Seit Abschaffung des „Kapitalersatzrechts“ durch das MoMiG453 im Jahr 2008 besteht in einer außerinsolvenzlichen Unternehmenskrise selbst gegenüber Gesellschaftern als Forderungsgläubiger nach den § 57 Abs. 1 Satz 4 AktG, § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG keine Durchsetzungssperre eines Rückzahlungsanspruchs aus Gesellschafterdarlehen mehr, sondern lediglich – im marginalen Anwendungsbereich der § 92 Abs. 2 Satz 3 AktG, § 64 Satz 3 GmbHG454 – ein gegenüber sonstigen Gläubigern früher eingreifendes Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft455. Aufgrund der ungeschmälerten außerinsolvenzlichen Verpflichtung zur Bilanzierung und Bedienung ihrer Verbindlichkeiten kann somit auch keine Rede davon sein, dass bei Einlage einer wertgeminderten Forderung im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps nicht mehr von einem Passivtausch gesprochen werden könne456. Keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung der Verpflichtung der Schuldnergesellschaft haben auch dahingehende wirtschaftliche Überlegungen, dass der Kapitalmarkt in einer Krise der Schuldnergesellschaft nicht mehr mit einer Befriedigung der Gläubiger rechne457. c) Wert der Forderung aus Gläubigersicht ist entscheidend Für die herrschende Meinung folgt aus dieser Bestandsaufnahme der Wirkungen von vorhandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft aber nicht die Betrachtung der Auswirkungen der Abtretung von bzw. eines Verzichts auf Forderungen im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps bei der Gesellschaft. Stattdessen wird die Relevanz der erfolgten Bestandsaufnahme durch einen Wechsel der Blickrichtung auf die Forderung aus Sicht des Gläubigers verneint und diese sogleich als „objektive“ und für Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 InsO untersagt oder einstweilen eingestellt werden, ebenso zur Vorbereitung einer Sanierung im „Schutzschirmverfahren“ nach § 270b Abs. 2 Satz 3 InsO. 451 Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1187. 452 BGH, Urteil vom 12. 12. 1991 – IX ZR 178/91, BGHZ 116, 319 = NJW 1992, 967. 453 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026, in Kraft getreten am 01. 11. 2008. 454 Vgl. dazu oben 3. Kapitel, III. 3. d). 455 BGH, Urteil vom 09. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42 = DStR 2012, 2608: „Die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Satz 3 GmbHG und das damit verbundene ,Zahlungsverbot‘ sollen der Gefahr vorbeugen, dass bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit von den Gesellschaftern Mittel entnommen werden (BT-Drucksache 16/6140, S. 46). Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Gesellschaft den Mittelabfluss verweigern kann und der Geschäftsführer nicht den Mittelabfluss unter Inkaufnahme einer eigenen Haftung bewirken muss.“. 456 So aber Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, 1387, 1392. 457 So aber Böckli, Schweizer Aktienrecht, 3. A., § 2 Rdn. 124.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

die Bewertung der Forderung relevante Perspektive deklariert. Für die Gläubigerperspektive ist dabei unstreitig, dass Forderungen in einer Krise der Schuldnergesellschaft, insbesondere im Falle einer bilanziellen Überschuldung, nicht mehr voll werthaltig sind458 und beim Gläubiger nach handelsrechtlichen Vorgaben einer Wertberichtigung durch teilweise Abschreibung der Forderungen nach § 253 Abs. 4 HGB bedürfen. Dabei sind Forderungen als Bestandteil des Umlaufvermögens auf den am Abschlussstichtag beizulegenden Wert abzuschreiben, wenn dieser den Buchwert unterschreitet. Zweifelhafte Forderungen sind auf den erwartungsgemäß realisierbaren Betrag abzuwerten und uneinbringliche Forderungen voll abzuschreiben459. Den Endpunkt des Gedankengangs der herrschenden Meinung stellt die Begründung des für diese maßgeblichen Blickwinkels für die Beurteilung der Werthaltigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen aus Sicht des Gläubigers als maßgeblichen „objektiven“ Wert dar. Die angeführte Begründung von Lutter, nur so weit die Forderung werthaltig sei, bestehe Äquivalenz mit dem gezeichneten Betrag der Kapitalerhöhung460, ist dabei nicht ohne Weiteres verständlich. Soweit es in der Sache um die Gleichwertigkeit der Einlage im Verhältnis zu den hierfür gewährten jungen Aktien geht461, ist dies eine Frage des angemessenen Ausgabebetrags der jungen Aktien oder Geschäftsanteile. Bezugspunkt für die Bestimmung eines angemessenen Ausgabebetrags ist der anteilige Verkehrswert des Gesellschaftsunternehmens462. Vorliegend geht es jedoch um den hiervon zu unterscheidenden Bezugspunkt für die Bewertung des Einlagegegenstands, mithin um die Frage, in welchem Umfang eine gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung den Nennbetrag der hierfür auszugebenden jungen Aktien oder Geschäftsanteile zu decken vermag. Auch Priester begründet seine Positionierung gegen eine generelle Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap mit Verweis auf die erforderliche Äquivalenz: „Nur bei vollwertiger Forderung ist deren Umwandlung in Nennkapital der Kapitalzuführung gleichwertig.“463

Der pauschale Verweis auf eine erforderliche „Äquivalenz“ oder „Gleichwertigkeit“ hilft aber nicht weiter, da es zunächst um die Klärung der Vorfrage nach der maßgeblichen Perspektive für die Forderungsbewertung geht, was Lutter in einem anderen Beitrag deutlich herausstellt:

458

Vgl. BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477. Ballwieser, in: MüKo-HGB, § 253 Rdn. 60; Merkt, in: Hopt/Merkt-BilanzR, § 253 Rdn. 23. 460 Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 30. 461 So Wansleben, WM 2012, 2083, 2087. 462 Hüffer, in: MüKo-AktG, § 255 Rdn. 15; Stilz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 255 Rdn. 19; Englisch, in: Hölters-AktG, § 255 Rdn. 19. 463 Priester, DB 2010, 1445, 1447. 459

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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„Tatsächlich ist das die Auffassung von Geßler464 ; nach ihm ist jede Geldschuld der Gesellschaft zum vollen Nominalbetrag zu bilanzieren; die Verrechnung mit der Bareinlage führt in der Bilanz der Gesellschaft mit Notwendigkeit zur Beseitigung eines Passivums in gleicher Höhe. Das ist richtig; und doch trifft der Schluß hieraus, mithin führe der Vorgang mit Notwendigkeit zur vollen Kapitaldeckung und bedürfe daher nicht des Schutzes der Sacheinlageregeln, nicht zu. Denn es kommt hier auf die Sichtweise, den Ort der Betrachtung an: Die Gesellschaft hat zwar zum vollen Nominalwert zu bilanzieren; aber kein Dritter würde, ginge es der Gesellschaft schlecht, diese Forderung zum vollen Preis erwerben. Das aber ist entscheidend; nicht die Bilanz ist maßgebend und nicht der zufällige Partner des Gegengeschäfts, sondern der objektive Vermögenswert, mithin die Sicht eines Dritten, der die Forderung als solche sieht und nicht die eher zufällige Doppelstellung ihres Inhabers als Gläubiger sowie auch als Gesellschafter und Einlageschuldner.“465

Während dem Befund Lutters, dass eine Forderung aus Sicht des Gläubigers oder eines Dritten in einer Krise der Schuldnergesellschaft wertgemindert ist und somit der Verkehrswert nicht mehr dem Nominalwert entspricht, zuzustimmen ist, erschließt sich nicht ohne Weiteres, wieso diese externe Betrachtung der Werthaltigkeit der Forderung maßgeblich sein soll für die Beurteilung des Kapitalaufbringungsvorgangs der Gesellschaft466. Den Endpunkt seiner Begründung richtet Lutter aber auf die nach seiner Ansicht maßgeblich bei der Forderungsumwandlung zu beachtenden „Kapitalregeln“: „Die Lösung ist im übrigen nicht nur rechtens aus dem Gesetz abgeleitet, sondern auch sachlich richtig; denn sie zeigt an, dass die Gläubiger bereits Verluste erlitten haben, die jetzt nicht in Kapital verwandelt werden können: Die Verluste wären nicht geringer geworden, das Kapital wäre insoweit Luft, allenfalls ein Hoffnungswert. Die Überlegung zeigt, daß der Zeichner in seiner Doppelrolle als Gläubiger und Einlageschuldner (Gesellschafter) durch die Kapitalregeln gehalten ist, den eingetretenen Verlust durch Abwertung seiner Forderung zu beseitigen. Die Kapitalregeln zwingen also zu materieller Sanierung statt zur Aufblähung des Kapitals als reinen Hoffnungswert.“467

Zunächst werfen die Ausführungen Lutters eher Fragen auf, als Antworten zu geben. Bei einer teilweisen Entwertung seiner Forderungen erleidet der Gläubiger zwar einen Wertverlust seines Umlaufvermögens, den er in seiner Bilanz durch Abschreibung nach § 253 Abs. 4 HGB nachzuvollziehen hat468. Eine solche Wert464

Lutter bezieht sich auf Geßler, in: Festschrift Möhring, 1975, S. 173, 191 f. Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 516 f. 466 Als Begründung nicht weiterführend ist jedenfalls die Einschätzung, es handele sich hinsichtlich der an einem Debt-Equity-Swap beteiligten Personen um eine zufällig eingetretene Konstellation, die deshalb etwa im Vergleich zu Forderungen gegen Dritte keine unterschiedliche Behandlung erlauben würde. Es handelt sich mitnichten um eine zufällige Konstellation, da jede Kapitalgesellschaft in einer Krisensituation zu einem wesentlichen Anteil durch Fremdkapital finanziert ist, sodass als Sanierungsmaßnahme stets eine Umwandlung von Verbindlichen in Eigenkapital in Betracht kommt. 467 Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 517. 468 In der Handelsbilanz durch Abschreibung – auf zum Abschlussstichtag maßgebliche Börsen- oder Marktpreise oder den beizulegenden Wert – eintretende Wertberichtigungen sind 465

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

berichtigung lässt die Stellung des Gläubigers als Forderungsinhaber aber unberührt, sodass Gegenstand der Einlage nach herrschender Meinung die – wenn auch teilweise entwertete – Forderung ist, nach vorzugswürdiger differenzierender Auffassung dagegen die Schuldbefreiung der Gesellschaft. Die „Verluste“ des Gläubigers sind dagegen kein einlagefähiger Vermögensgegenstand, sondern ein reiner Rechenposten469. Hinzu kommt, dass die Abwertung der Forderung beim Gläubiger keinerlei Auswirkungen auf den Stand der Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft und auch nicht auf die bei der Gesellschaft angefallenen Verluste hat. Zutreffend am Befund Lutters ist, dass die Umwandlung auch nicht werthaltiger Forderungsanteile in statutarisches Eigenkapital nicht dazu führen kann, dass der Inferent vollständig durch Aktiva gedeckte Anteile erhält, sondern diese – bis zur vollständigen Beseitigung einer Unterbilanz – gleichfalls teilweise wertgemindert und insoweit ein Hoffnungswert sind470. Ob darin jedoch ein durchgreifendes Argument gegen die Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen zu sehen ist, wird sich nachfolgend zeigen. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle das Postulat Lutters, dass die „Kapitalregeln“ zu einer „materiellen Sanierung“ zwingen und aus diesem Grund eine Umwandlung von aus Gläubigersicht nicht werthaltigen Forderungsbestandteilen in statutarisches Eigenkapital ausscheide. Die Forderung nach materieller Sanierung auf Grundlage der „Kapitalregeln“ richtet den Blick auf einen weiteren Argumentationsstrang der herrschenden Meinung. So ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Kapitalaufbringung, dass nur werthaltige Forderungsbestandteile zur Kapitaldeckung geeignet seien und eine generelle Nennwertanrechnung somit nicht in Frage komme. Ein Verweis auf die Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps unter Nennwertanrechnung der Forderungen auf die Vermögenslage der Gesellschaft allein führe nicht weiter, da die Grundsätze der Kapitalaufbringung von jedem Inferenten ein reales Vermögensopfer zugunsten der Gesellschaft verlangten, was hinsichtlich nicht werthaltiger Forderungsbestandteile nicht der Fall sei471. Erst eine echte Risikobeteiligung könne die Haftungsbeschränkung des Gesellschafters rechtfertigen472. Bei der Nennwertanrechnung einer nicht vollwertigen Forderung würde der dem Recht der Kapitalaufbringung immanente Zusammenhang zwischen Garantiekapital und Mittelzufluss aufgehoben473. Zudem wird eine Nennwertanrechnung insbesondere für problematisch erachtet, wenn die Gesellschaft im Verhältnis zum Schuldenstand nur noch in geringem Umfang über Aktiva verfügt474. Würden in einem solchen Fall sämtliche Verbindlichkeiten zum Nennwert in Eigenkapital umgewandelt, so könnte von gegebenenfalls später tatsächlich eintretenden Verlusten (Verlustrealisierung) zu unterscheiden, die sich bei der Einziehung oder Veräußerung der Forderungen ergeben. 469 So auch Hoffmann, BB 1992, 575, 581. 470 Hoffmann, BB 1992, 575, 581. 471 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 127. 472 Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1387, 1393. 473 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42. 474 Ekkenga, DB 2012, 331.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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eine praktisch masselose Gesellschaft eine enorm hohe Kapitalziffer aufweisen, ohne dass eine Unterbilanz beseitigt wäre. Das ausgewiesene Kapital hätte in diesem Fall keinen Bezug zur realen Vermögenssituation der Gesellschaft475. Auch dränge sich die Gefährlichkeit einer generellen Nennwertumwandlung geradezu auf, wenn die Forderung nur noch einen Bruchteil ihres Nominalwert besitze, da der Sinn der Werthaltigkeitsprüfung gerade darin bestehe, den Rechts- und Geschäftsverkehr von einer näheren Nachforschungsobliegenheit hinsichtlich der Modalitäten der Sacheinlage zu befreien476. Gerade deshalb sei bei einer sanierenden Kapitalerhöhung eine Werthaltigkeitsprüfung erforderlich, um den Rechts- und Geschäftsverkehr nicht über die wahren Wertverhältnisse zu täuschen. Je wertloser die aufgegebene Forderung war, desto irreführender sei das neue Nennwertkapital477. d) Freisetzung von Aktiva durch die Forderungsumwandlung Ebenfalls auf die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung bezogen, wird von Vertretern der herrschenden Meinung zur Begründung der Notwendigkeit einer Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap und einer Beschränkung des Umfangs der Ausgabe von jungen Aktien oder Geschäftsanteilen auf die Höhe des verbleibenden Forderungswerts darauf verwiesen, dass der Kapitalerhöhungsvorgang hierbei nur insoweit einer normalen Kapitalerhöhung entspreche – bei der die Gesellschaft im Gegensatz zu einem Passivtausch grundsätzlich aktivierbare Vermögensgegenstände erhält478 –, als durch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital Vermögenswerte auf der Aktivseite der Bilanz freigesetzt werden479. Dieser auf Lutter480 zurückgehenden sogenannten Neutralisierungsthese481 liegt die Anschauung zugrunde, dass – entsprechend der handelsbilanziellen Darstellung des Verhältnisses von Vermögen und Schulden nach den §§ 242 Abs. 1, 266 HGB – bestehende Verbindlichkeiten Aktiva in entsprechender Höhe neutralisieren. Überwiegend wurde die Überlegung, dass ein Wegfall von Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu einer Freisetzung von Aktivvermögen führt, als Begründung für die Einlagefähigkeit einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung angeführt482. Im Kontext der Auseinandersetzung um die Zulässigkeit einer Verrechnung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen mit einer Bareinlageverpflichtung und der momentanen Debatte um die Frage der Zulässigkeit einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap wird die Neutralisierungsthese unter Verweis auf 475

A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1397, 1392. 477 Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1397, 1393. 478 LG Berlin, Beschluss vom 27. 10. 1976 – 98 T 30/76, BB 1977, 213. 479 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 41. 480 Lutter, Kapital, S. 234. 481 Priester, DB 2010, 1445, 1448. 482 LG Berlin, Beschluss vom 27. 10. 1976 – 98 T 30/76, BB 1977, 213; Redeker, BB 2007, 673, 674; Drygala, SZW 2006, 245, 246; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 56 Rdn. 13. 476

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

die Kapitalaufbringungsgrundsätze zunehmend als Argument gegen die Zulässigkeit einer Nennwertanrechnung verwendet483. Exemplarisch heißt es hierzu bei Henze: „Dieser [Charakter der Forderungsumwandlung als Vorgang der realen Kapitalaufbringung; Anm. des Verfassers] zeigt sich darin, daß die Gesellschaft von einer Fremdverbindlichkeit auf der Passivseite befreit und dadurch in entsprechender Höhe ein diese Forderung abdeckender Aktivwert frei wird. In Höhe der Wertdeckung der Fremdverbindlichkeit – aber auch nur in dieser – fließt der Gesellschaft somit ein Wert zu. Dem Gesellschafter können daher auch Gesellschaftsanteile nur in Höhe dieses Wertes zuerkannt werden.“484

Nach dieser Anschauung liegt die Einlageleistung des Inferenten beim DebtEquity-Swap in der Befreiung des vorhandenen Aktivvermögens der Gesellschaft von seiner Zweckbindung als Schuldendeckungsmasse485. Da eine solche Freisetzung von Aktivvermögen nur im Umfang der momentanen Werthaltigkeit der Forderung eintrete, könne die Umwandlung der Verbindlichkeit in Eigenkapital auch nur insoweit erfolgen. Es fragt sich jedoch, wie sich der Umfang der Freisetzung von Aktiva nach der Neutralisierungsthese und die hieraus abgeleitete Werthaltigkeit der Forderung konkret bestimmen. Daher ist der hinter der Neutralisierungsthese stehende Vorgang einer Freisetzung von Aktiva beim Debt-Equity-Swap näher darzulegen. In einem ersten Schritt der Bestandsaufnahme werden die vorhandenen Aktiva und Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch Summenbildung gegenübergestellt. Soweit sie sich betragsmäßig entsprechend gegenüberstehen, decken die vorhandenen Vermögensgegenstände die Verbindlichkeiten, umgekehrt betrachtet binden oder neutralisieren bestehende Verbindlichkeiten die vorhandenen Vermögensgegenstände. Übersteigen die Aktiva die Verbindlichkeiten, ist der übersteigende Betrag nicht durch Verbindlichkeiten gebunden, somit „frei“, um in dieser Höhe hinzukommende Verbindlichkeiten zu decken. Übersteigen die Verbindlichkeiten dagegen die Aktiva, ist das Vermögen der Gesellschaft vollständig durch Verbindlichkeiten neutralisiert. Der das Vermögen der Gesellschaft übersteigende Betrag der Verbindlichkeiten ist als Fehlbetrag zu erfassen und verringert das Eigenkapital der Gesellschaft (Unterbilanz). Soweit das Eigenkapital durch Verluste vollständig aufgezehrt ist, ist der die Aktiva übersteigende Betrag der Verbindlichkeiten nach § 268 Abs. 3 HGB als nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag auf der Aktivseite der Bilanz zu erfassen (Überschuldung). In einem zweiten Schritt wird geprüft, inwieweit der Wegfall einer Verbindlichkeit zur betragsmäßigen Freisetzung von bislang durch die betreffende Verbindlichkeit neutralisierten Vermögensgegenständen führt. Soweit das Vermögen der Gesellschaft die Verbindlichkeiten vor 483 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 41; Ekkenga, DB 2012, 331, 334; Priester, DB 2010, 1445, 1447; Henze, ZHR 154 (1990), 105, 121; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 552. 484 Henze, ZHR 154 (1990), 105, 121. 485 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 41; Ekkenga, DB 2012, 331, 334.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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dem Wegfall der betreffenden Verbindlichkeit übersteigt bzw. die Verbindlichkeiten vollständig durch Aktiva gedeckt sind, wird durch den Wegfall der Verbindlichkeit Aktivvermögen der Gesellschaft in Höhe des Nominalbetrags der Forderung freigesetzt, sodass die Forderungen in diesen Fällen vollwertig und auch nach Ansicht der herrschenden Meinung mit ihrem Nennwert auf das neue Kapital der Gesellschaft angerechnet werden können. Nichts anderes gilt im Fall einer Unterbilanz, da Verluste rechnerisch bis zur Höhe des Eigenkapitals zu Lasten der Gesellschafter und nicht der Gläubiger gehen, sodass der Fall einer Unterbilanz für die Frage nach der Freisetzung von Aktiva zu keinem anderen Ergebnis führt als im Fall einer vollständigen Deckung der Verbindlichkeiten durch Aktiva. Fraglich ist dagegen, inwieweit es zu einer Freisetzung von Aktiva kommt, wenn die Gesellschaft überschuldet ist und einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag aufweist. Rechnerisch führt der Wegfall einer Verbindlichkeit in Höhe des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags zu keiner Freisetzung von Aktiva, da danach die Vermögensgegenstände immer noch vollständig durch Verbindlichkeiten gedeckt sind. In der Konsequenz könnten an einen Inferenten in einer solchen Konstellation mangels Freisetzung von Aktiva keine Gesellschaftsanteile ausgegeben werden, ein Debt-Equity-Swap wäre nicht möglich. Dieses Ergebnis vertritt Priester, der der Neutralisierungsthese sogar rechtsdogmatische Bedeutung beimisst und hierzu folgenden Rechtssatz formuliert: „Kapitalerhöhungen gegen Entschuldung können keinen Erfolg haben, wenn nicht hinreichend Aktivvermögen freigesetzt wird.“486

Dass Priester mit einer „hinreichenden“ Freisetzung von Aktiva im Fall einer Überschuldung der Gesellschaft die dargelegte rechnerische Lösung vertritt, wird in einem von ihm gewählten Beispiel einer Überschuldungssituation deutlich, in dem die Verbindlichkeiten 1.000 betragen, die Aktiva nach Buchwerten 800 und der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag 200. In diesem Beispiel soll eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in Höhe von 200 insgesamt ausgeschlossen sein. Eine Kapitalerhöhung komme nicht in Betracht, da die Verbindlichkeit wegen des aktivisch angesetzten Fehlbetrags vermögensmäßig nicht abgedeckt sei487, es anders gewendet nicht zu einer Freisetzung von Aktiva komme. Das dies ein rechnerisch richtiges, aber kein sachrichtiges Ergebnis sein kann, drängt sich gerade zu auf. Sogar falsch ist die Schlussfolgerung Priesters, aufgrund der fehlenden Freisetzung von Aktiva sei die betreffende Forderung wertlos, falls nicht noch stille Reserven vorhanden seien488, da in dem angeführten Beispielsfall die Aktiva die Gesamtverbindlichkeiten noch zu 80 Prozent decken (Schuldendeckungsquote). Zudem hätten nach dieser Ansicht Gläubiger, die sich an einem Debt-Equity-Swap einer überschuldeten Gesellschaft beteiligen wollen, zunächst zugunsten der übrigen Gläubiger den gesamten nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag kompensati486 487 488

Priester, DB 2010, 1445, 1448. Priester, DB 2010, 1445, 1448. Priester, DB 2010, 1445, 1448.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

onslos auszugleichen489 und könnten ihre Forderungen im Ergebnis sogar nur unterhalb der Schuldendeckungsquote einbringen490. Eine sachliche Rechtfertigung einer solchen Beschränkung ist aber nicht ersichtlich491 und auch im Vergleich zur Barkapitalerhöhung nicht begründbar, da die Gesellschaft hierbei im Zeitpunkt der Anmeldung nicht über Nettovermögen in Höhe des Betrags der Kapitalerhöhung verfügen muss492. Die angeführten Einwände gegen die Ansicht Priesters weisen auch den Weg zum einzig möglichen sachgerechten Verständnis des Postulats der Freisetzung von Aktiva. Eine isolierte Betrachtung der umzuwandelnden Forderung führt im genannten Beispielsfall zu dem falschen Ergebnis, dass ein Debt-EquitySwap nicht möglich und die Forderung wertlos ist. Betrachtet man dagegen die im ersten Schritt ermittelten Aktiva, Verbindlichkeiten sowie den nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag insgesamt, so ergibt sich für die umzuwandelnde Forderung eine Freisetzung von Aktivvermögen in Höhe der Schuldendeckungsquote der Gesellschaft493. Dies resultiert aus der Erwägung, dass die Verbindlichkeiten bei einer überschuldeten Gesellschaft nicht mehr vollständig durch Aktiva gedeckt sind, sondern entsprechend der Schuldendeckungsquote der Gesellschaft nur noch teilweise. Bei einer überschuldeten Gesellschaft kann sich die Neutralisierungsthese somit nur dann als richtig erweisen, wenn dies zumindest zum Ansatz der betreffenden Forderungen mit einem der Befriedigungsquote entsprechenden Prozentsatz ihres Nennwerts führt, da die Forderungen aus Gläubigersicht (objektiv) in dieser Höhe werthaltig sind und dem Inferenten beim Debt-Equity-Swap somit nach herrschender Meinung in Höhe dieser Wertdeckung junge Aktien oder Geschäftsanteile zuerkannt werden können494. Die sich von der nach dem Vollwertigkeitserfordernis beim Debt-Equity-Swap unterscheidende, aber hieran anknüpfende Frage ist, nach welchen Kriterien sich der „objektive“ Wert der Forderung aus Gläubigersicht konkret bemisst495. Diese für die konkrete Bewertung maßgeblichen Kriterien werden nach der Erörterung der Perspektive der Mindermeinung für die Wertbestimmung der Forderung beim DebtEquity-Swap sowie der sich anschließenden Stellungnahme zu den divergierenden Positionen der unterschiedlichen Ansichten dargelegt. 489 Zu den Vorteilen der Ansicht Priesters auf Altgesellschafter, Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631. 490 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 41. 491 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631. 492 Servatius, in: Spindler/Stilz-AktG, § 188, Rdn. 55; Zöllner, in: Baumbach/HueckGmbHG, § 57 Rdn. 12. Nach BGH, Urteil vom 18. 03. 2002 – II ZR 363/00, BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716, ist bei der Barkapitalerhöhung die Zahlung auf ein im Debet stehendes Bankkonto zulässig, wenn aufgrund einer eingeräumten Kreditlinie die Verfügung über die Mittel nicht beschränkt ist. 493 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 41. 494 Henze, ZHR 154 (1990), 121; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42; Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 123 f. 495 Drygala, SZW 2006, 245, 247.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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e) Fazit Im Ergebnis wird der Kapitalaufbringungsvorgang beim Debt-Equity-Swap von der herrschenden Meinung aus den angeführten Gründen identisch behandelt wie die Sacheinlage einer Forderung des Inferenten gegen einen Dritten496. Danach ist die Werthaltigkeit der Forderung Voraussetzung dafür, dass diese mit ihrem Nominalbetrag auf den Kapitalerhöhungsbetrag angerechnet werden kann und hierfür junge Anteile im Nennwert des Nominalbetrags der Forderung ausgegeben werden können. Soweit Vertreter der herrschenden Meinung aufgrund der Grundsätze der realen Kapitalaufbringung die Freisetzung von Aktiva als Voraussetzung für die Deckung des neuen Kapitals ansehen, ist der Umfang der Freisetzung bei Überschuldung der Gesellschaft nach vorzugswürdiger Ansicht nicht isoliert anhand der Einlageforderungen, sondern der Schuldendeckungsquote aller Verbindlichkeiten zu bestimmen. Ob die dargelegte Ansicht der herrschenden Meinung die sachlich zutreffende und von den gesetzlichen Maßgaben vorgeschriebene Handhabe der Kapitalaufbringung beim Debt-Equity-Swap ist, kann sich aber nur aus der nachfolgenden Erörterung der Unterschiede zur Sacheinlage einer Forderung gegen einen Dritten und in Auseinandersetzung mit der sich hieraus für die Mindermeinung ergebenden Begründung für eine generelle Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap ergeben. 3. Wertbestimmung des Einlagegegenstands aus Perspektive der Mindermeinung Für die Mindermeinung stehen bei der Beurteilung des Werts von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen als Einlagegegenstand beim Debt-EquitySwap die Auswirkungen der Forderungseinbringung bei der Gesellschaft – insbesondere im Vergleich zur Einbringung von Forderungen gegen Dritte – im Vordergrund, welche von der herrschenden Meinung entweder nicht ausreichend zur Kenntnis genommen oder jedenfalls aufgrund der angeführten Begründungen nicht für maßgeblich erachtet würden. Dass die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital beim Debt-Equity-Swap sich von allen anderen Formen der Bar- und Sachkapitalerhöhung grundlegend unterscheidet und deshalb Anlass für eine nähere Auseinandersetzung mit dem Kapitalaufbringungsvorgang besteht, wird aber auch von Vertretern der herrschenden Meinung anerkannt497 und ist hier im Einzelnen darzulegen.

496 497

Ekkenga, DB 2012, 331, 332. So A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 39.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

a) Wirkungen des Wegfalls von Verbindlichkeiten der Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap aa) Vermögensmehrung der Gesellschaft durch Schuldbefreiung Während der Gesellschaft bei einer Kapitalerhöhung generell neues Aktivvermögen zufließt, führt ein Debt-Equity-Swap zu einem bloßen Passivtausch von Verbindlichkeiten in Grund- oder Stammkapital498, der Gesellschaft fließen dabei keine neuen Mittel zu, die Gläubigern zur Befriedigung dienen könnten499. Diesbezüglich wurde bereits dargelegt, dass der Einlagegegenstand beim Debt-EquitySwap nach vorzugswürdiger differenzierender Ansicht in der Befreiung der Gesellschaft von den betreffenden Verbindlichkeiten zu sehen ist500. Obwohl die herrschende Meinung die gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung selbst als Einlagegegenstand ansieht, ergibt sich aus dieser Divergenz keine Notwendigkeit zur Unterscheidung auf Ebene der Bewertungsfrage, da auch von der herrschenden Ansicht im Ausgangspunkt anerkannt wird, dass der wirtschaftliche und rechtliche Vorteil der Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap in der Schuldbefreiung liegt501. Grundlegend führt Wiedemann hierzu aus: „Dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung wird ebenso durch die Vermehrung der Aktiva wie durch die Verminderung der Passiva Rechnung getragen.“502

Ebenso Pentz: „Die Vermögensmehrung wird hier durch den Schulduntergang erreicht.“503

Zur Begründung der Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft nimmt auch Lutter Stellung: „Diese Ansprüche gegen die AG verlieren ihren Vermögenswert nicht dadurch, daß sie infolge der Einbringung durch Konfusion erlöschen. Sie können der AG zwar nicht mehr als Aktivum zustehen, haben aber von ihr ein Passivum genommen und so ihren Vermögenswert verwirklicht.“504

Somit ist der Ausgangspunkt für die nähere Betrachtung der Auswirkungen der Abtretung von oder eines Verzichts auf Forderungen im Rahmen eines Debt-EquitySwaps bei der Gesellschaft geschaffen. Dabei ist insbesondere der Vergleich zur 498 BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 61 = NJW 1990, 982, 985; Ekkenga, DB 2012, 331; Vrbaski, SZW 2005, 59, 61. 499 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 247. 500 Vgl. oben 3. Kapitel, III. 3. c) cc). 501 BGH, Urteil vom 13. 10. 1954 – II ZR 182/53, BGHZ 15, 52, 60 = NJW 1964, 1842; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 40; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 28; Lutter, Kapital, S. 234. Für die GmbH: Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 9; Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 56 Rdn. 19. 502 Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 40. 503 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29. 504 Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 28.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Abtretung von Forderungen gegen Dritte an die Gesellschaft im Rahmen der Kapitalaufbringung zu ziehen, der darüber Aufschluss geben kann, ob die Gleichbehandlung dieser beiden Konstellationen durch die herrschende Meinung sachlich zu begründen ist oder dieser gerade gegen eine unterschiedslose Handhabe der beiden Konstellationen spricht. bb) Wirkung der Einbringung von gegen Dritte gerichteten Forderungen Unstreitig kommt es bei der Sacheinlage von gegen Dritte gerichteten Forderungen auf die Bonität des Schuldners an, sodass eine Bewertung der Forderung anhand der Risiken und gegebenenfalls Kosten der Realisierung der Forderung erforderlich ist und diese bei der Kapitalaufbringung somit maximal mit dem voraussichtlich realisierbaren Erlös auf das Grund- oder Stammkapital angerechnet werden darf. Maßgeblich für die Wertermittlung ist somit der Zeitwert des Einlagegegenstandes aus Sicht der Gesellschaft, die den Einlagegegenstand als Zessionarin erhält505. Der hierbei maßgebliche Blickwinkel deckt sich mit dem des Zedenten als Altgläubiger, was sich aus dem Ablauf des Kapitalerhöhungsvorgangs ergibt. Zunächst findet bei der Abtretung einer Forderung gegen einen Dritten lediglich ein Inhaberwechsel der Gläubigerposition statt. Davon zu unterscheiden ist die später erfolgende tatsächliche Leistung durch den Schuldner. Da der Kapitalaufbringungsvorgang mit der Abtretung der Forderung an die Gesellschaft abgeschlossen ist und nicht etwa die spätere Leistung des Schuldners den Gegenstand der Sacheinlage bildet, verlagert sich das Risiko der Realisierbarkeit der Forderung im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung auf die Gesellschaft. Die Gesellschaft erhält einen im Umlaufvermögen nach § 266 Abs. 2 B. II HGB handelsbilanziell aktivierbaren Vermögenswert. Erweist sich die Forderung später als weniger werthaltig oder uneinbringlich, ist diese nach § 253 Abs. 4 HGB bei der Gesellschaft abzuschreiben. Bei einer vorangegangenen zutreffenden Bewertung des Ausfallsrisikos der Forderung im Rahmen des Kapitalerhöhung haftet der Inferent für den Ausfall der Forderung nicht aus Differenzhaftung gemäß § 9 Abs. 1 GmbHG; die finanzielle Einbuße geht zu Lasten der Gesellschaft506. Die Betrachtung des Vorgangs erhellt, wieso in diesem Fall keine Diskrepanzen hinsichtlich der Bewertungsfrage bestehen. Im Rahmen der Kapitalaufbringung erfolgt lediglich ein Wechsel der Gläubiger505

Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 37; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 42; Karollus, ZIP 1994, 589, 595; Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 119; Wansleben, WM 2012, 2083, 2086; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89 für Anlagevermögen. 506 Heidinger/Benz, in: Spindler/Stilz-AktG, § 27 Rdn. 34; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 38; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 9 Rdn. 5; Fastrich, in: Baumbach/HueckGmbHG, § 9 Rdn. 4; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 9 Rdn. 14. Dagegen greift bei der Gesellschaftsgründung in diesem Fall die Vorbelastungshaftung aller Gründer, vgl. Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff-GmbHG, § 11 Rdn. 32.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

stellung, nicht aber die Realisierung der Forderung. Mit Übernahme der Gläubigerposition ist aber untrennbar auch das Risiko des Forderungsausfalls verbunden, welches bei Einlage der Forderung im Rahmen einer Kapitalerhöhung – ebenso wie bei einem Forderungskauf ohne Bezug auf einen Kapitalerhöhungsvorgang – durch entsprechende Bewertung und daraus gegebenenfalls resultierende Abschläge vom Nominalwert der Forderung zu berücksichtigen ist. cc) Wirkung der Einbringung von Forderungen gegen die Gesellschaft Im Gegensatz zur Einlage einer gegen Dritte gerichteten Forderung besteht beim Debt-Equity-Swap für die Gesellschaft nicht das dargelegte Ausfall- und Durchsetzungsrisiko. Diese Risiken entfallen, da es sich nicht um einen mehraktigen und zeitlich gestreckten Vorgang handelt, bei dem die Realisierung des Forderungswerts nicht mehr Bestandteil des Kapitalaufbringungsvorgangs und von der fortbestehenden Bonität eines am Kapitalaufbringungsvorgang unbeteiligten Dritten als Forderungsschuldner abhängig ist. Beim Debt-Equity-Swap fällt der Verzicht auf die Forderung mit der Realisierung des Vermögenswerts der Forderung für die Gesellschaft im Rahmen und als Bestandteil des Kapitalaufbringungsvorgangs uno actu zusammen. Wie bereits dargelegt wurde, geht es für die Gesellschaft beim DebtEquity-Swap materiell um die Befreiung von den betreffenden Verbindlichkeiten gegenüber dem Inferenten. Die Realisierung des Vermögenswerts der Forderung für die Gesellschaft ergibt sich somit gerade aus der eintretenden Entschuldungswirkung507. Diese Feststellung zeigt bereits eine wesentliche Unterscheidung zwischen Forderungen gegen Dritte und Forderungen gegen die Gesellschaft als Einlagegegenstand auf508, die eine Gleichbehandlung auch dann teilweise einschränkt, soweit man mit der herrschenden Meinung von der Erforderlichkeit einer Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap ausgeht. Bei der Bewertung kommen jedenfalls keine Abschläge wegen eines Ausfalls- oder Durchsetzungsrisikos der Forderung in Betracht, da ein solches in dieser Konstellation nicht besteht und sichergestellt ist, dass die Gesellschaft tatsächlich in Höhe des Nominalbetrags der Forderung von ihrer Verbindlichkeit befreit wird509. Allerdings ist bei der Forderungsumwandlung die Besonderheit zu konstatieren, dass sich die Bewertung der Forderung durch den Gläubiger als Inferent und die Gesellschaft als Schuldnerin aufgrund der spezifischen Situation beim Debt-Equity-

507

Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 28. Dies verkennend, Driffring, S. 65, der keinen Unterschied zwischen anderen Formen der Sachkapitalerhöhung und der Einlage einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung zu erkennen vermag. Ähnlich Priester, DB 2010, 1445, 1449, der annimmt, die Kapitalaufbringungskautelen würden für alle Fälle von Sacheinlagen in Frage gestellt, wenn man beim DebtEquity-Swap eine generelle Nennwertanrechnung zulasse und die Offenlegung des Einlagegegenstands genügen lasse. 509 So auch Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 24. 508

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Swap unterscheiden kann510. Da die Gesellschaft die betreffende Verbindlichkeit nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB stets zum Erfüllungsbetrag in der Handelsbilanz zu passivieren hat und – nach den dargelegten Maßgaben – außerinsolvenzlich auch in einer Krisensituation zur Erfüllung der Verbindlichkeit in voller Höhe verpflichtet bleibt, verändert sich die bilanzielle und wirtschaftliche Belastung der Gesellschaft aus der Verbindlichkeit nicht, weshalb dieser von der Gesellschaft ein konstanter negativer Wert beigemessen wird. Dagegen ist der Wert der Forderung für den Gläubiger abhängig von der veränderlichen wirtschaftlichen Situation der Schuldnergesellschaft und mit der Bewertung der Verbindlichkeit durch die Gesellschaft nur so lange kongruent, wie die Forderung vollwertig ist. In der Krise der Gesellschaft strebt die Bewertung von Gläubiger und Schuldner dagegen auseinander und führt im Extremfall eines vollständigen Wertverlusts der Forderung für den Gläubiger zu deren kompletter Abschreibung, während die Gesellschaft unverändert den Erfüllungsbetrag der Verbindlichkeit zu leisten hat. Abgesehen vom konstant bleibenden Erfüllungsbetrag der Forderung steigt die wirtschaftliche Belastung aus den für einen Debt-Equity-Swap in Betracht kommenden Forderungen aus Sicht der Gesellschaft in einer Krisensituation aufgrund der verringerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sogar noch an511. Bei einem krisenbedingt verminderten Mittelzufluss erweist sich die Bedienung laufender Zinsverpflichtungen für die Schuldnergesellschaft, insbesondere bei hohem Fremdfinanzierungsanteil, als kritische Liquiditätsbelastung. Hinzu kommt, dass für einen Debt-Equity-Swap insbesondere nicht oder unzureichend besicherte und somit hoch verzinsliche Darlehensverbindlichkeiten in Betracht kommen512, sodass die mit einem Wegfall der Forderung verbundenen mittelbaren positiven Liquiditätseffekte durch die ersparten Zinsaufwendungen für die Schuldnergesellschaft besonders interessant sind. Aus den aufgezeigten Komponenten dieser Wertdivergenz bei einem DebtEquity-Swap im Rahmen einer sanierenden Kapitalerhöhung entspringt die Frage nach der für den Kapitalaufbringungsvorgang maßgeblichen Perspektive für die Bewertung der Forderung. Das Unbehagen der herrschenden Meinung über eine Nennwertanrechnung von nur teilwerthaltigen Forderung auf das neue Kapital wurzelt in den aufgezeigten Besonderheiten der Kapitalaufbringungssituation beim Debt-Equity-Swap und bezieht sich in den dargelegten unterschiedlichen Ausformungen auf die bei der Kapitalaufbringung einzuhaltenden Grundsätze, die – in den 510

A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 39 f. Hoffmann, BB 1992, 575, 578. 512 Für genügend gesicherte Gläubiger besteht auch in einer Krise der Schuldnergesellschaft keine besondere Motivation zur Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap, da sie im Falle des Scheiterns der Sanierungsbemühungen einen Forderungsausfall durch abgesonderte Befriedigung nach den §§ 49 ff. InsO im Insolvenzverfahren kompensieren können. Zur möglichen Beteiligung ungesicherter Gläubiger an der außerinsolvenzlichen Sanierung der IVG Immobilien AG durch einen Debt-Equity-Swap vgl. FAZ vom 20. 07. 2013, Wirtschaft, S. 20: Immobilienkonzern IVG: Einsturzgefahr auf der Dauerbaustelle, abrufbar unter: http://www.faz. net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/immobilienkonzern-ivg-einsturzgefahr-auf-der-dauerbau stelle-12287980.html [Stand: 05. 03. 2014]. 511

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Worten Lutters – eine materielle Sanierung erfordern und eine Aufblähung des Kapitals zum Hoffnungswert nicht dulden würden513. Dagegen steht gemäß der Mindermeinung aber der unstreitige Befund, dass die Gesellschaft beim DebtEquity-Swap unabhängig von der Werthaltigkeit der betreffenden Forderungen in vollem Umfang von den entsprechenden Verbindlichkeiten befreit wird. Bevor die divergierenden Auffassungen abschließend erörtert werden und hierzu Stellung bezogen wird, ist jedoch der Anwendungsbereich der vorliegend angeführten Mindermeinung näher zu bestimmen. b) Beschränkung des Anwendungsbereichs der Mindermeinung auf aus Darlehensgewährungen resultierende Forderungen? Bei der Sacheinlage von gegen Dritte gerichteten Forderungen sind sowohl Geldals auch auf Sachleistungen gerichtete Forderungen einlagefähig514. Gleiches gilt grundsätzlich auch beim Debt-Equity-Swap für nicht auf Geldleistungen gerichtete Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft515. Eine solche Forderung besitzt jedoch von vornherein keinen Nominalwert, sodass eine Nennwertanrechnung auf das neue Kapital schon aus diesem Grund ausscheidet. In diesem Fall ist die Forderung daher anhand ihres Leistungsinhalts und -umfangs (z. B. zu erbringende Warenlieferung oder Werkleistung) Gegenstand einer regulären Bewertung nach den Sacheinlagevorschriften516. Fraglich ist jedoch für den umgekehrten Fall einer Geldforderung gegen die Gesellschaft, die aus einer Lieferung oder sonstigen Leistung des Inferenten resultiert, ob für diese entsprechend der Mindermeinung eine Nennwertanrechnung gleichfalls ungeachtet der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft und somit ohne eine Bewertung möglich sein soll. Einige Vertreter der Mindermeinung plädieren für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs einer generellen Nennwertanrechnung auf Forderungen des Inferenten, die aus einer Geldzahlung an die Gesellschaft resultieren517. Im Ergebnis würde dies eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Nennwertanrechnung auf Darlehensrückzahlungsansprüche gegen die Gesellschaft bedeuten518. In der überwiegenden Anzahl der Beiträge findet der Aspekt des Anwendungsbereichs einer Nennwertanrechnung keine Erwähnung. Ohne direkte Erörterung zum Anwendungsbereich beschränken sich mehrere Stellungnahmen aber auf Ausführungen

513

Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 517. Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 26; A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 51; Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 21; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 17; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 56 Rdn. 11. 515 Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 28. 516 Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 28; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 56 Rdn. 12. 517 Spliedt, GmbHR 2012, 462, 464. 518 Karollus, ZIP 1994, 589, 597 spricht von einer „Beschränkung auf Geldkredite“. 514

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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zu Kreditforderungen519. An den Beiträgen von Geßler, Honsell und Karollus fällt jedoch auf, dass es darin ausschließlich um die Frage der Umwandlung einer Darlehensrückzahlungsforderung im Wege der Verrechnung mit der Einlageforderung im Rahmen einer Barkapitalerhöhung geht. Wie gezeigt, wird ein solches Vorgehen nach herrschender und vorzugswürdiger Ansicht als verdeckte Sacheinlage qualifiziert und ist daher als unzulässig anzusehen520. Die Befürworter der Zulässigkeit einer solchen Aufrechnung im Rahmen einer Barkapitalerhöhung begründen ihre Ansicht unter anderem mit der Überlegung, dass die Gesellschaft bereits bei der vorangegangenen Fremdkapitalüberlassung quasi den späteren Kapitalerhöhungsbetrag erhalten habe. Das Argument der bereits erfolgten Geldüberlassung findet sich auch im Schlussantrag des Generalanwalts Tesauro in der Rechtssache Meilicke/ ADV-ORGA zur Begründung seiner Ansicht, bei einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung des Inferenten handele es sich um eine Bareinlage521. Am deutlichsten wird der Bezug auf eine zuvor erfolgte Geldüberlassung an die Gesellschaft bei Karollus, der der aktienrechtlichen Regelung des § 194 Abs. 1 Satz 2 AktG einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken entnehmen will, sodass sich hieraus eine Beschränkung auf Darlehensrückzahlungsansprüche ergebe, da es darauf ankomme, dass der Gesellschaft früher effektiv Geld zugeflossen sei522. Dagegen bleibe – so Karollus – die Verrechnung einer Bareinlageschuld gegen Forderungen, die der Inferent aus Nicht-Geldleistungen an die Gesellschaft erworben hat, eine unzulässige verdeckte Sacheinlage, da hier eine reguläre Bewertung des Einlagegegenstands nach den Sacheinlagevorschriften unentbehrlich sei523. Das Problem der inzwischen in den § 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG normierten verdeckten Sacheinlage stellt sich jedoch beim Debt-Equity-Swap im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung nicht in dieser Form, da der Gegenstand der Kapitalerhöhung offengelegt und nicht der Eindruck einer Zuführung von Barmitteln erweckt wird. Nachdem die Mindermeinung sich bei ihrer Forderung nach einer Nennwertanrechnung zur Begründung maßgeblich auf die bilanziellen Auswirkungen des Wegfalls der betreffenden Verbindlichkeiten bei der Gesellschaft stützt, ist es auch wenig einleuchtend, dass ausgerechnet Vertreter der Mindermeinung zwischen der Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber Kreditinstituten bzw. einer sonstigen Darlehensverbindlichkeit und beispielsweise einer Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen unterscheiden wollen. Eine generelle Einschränkung des Anwendungsbereichs der Mindermeinung auf Darlehensforderungen des Inferenten ist 519 Geßler, in: Festschrift Möhring, 1975, S. 173 ff.; Honsel, in: Festschrift Frotz, 1993, S. 307 ff.; Vrbaski, SZW 2005, 59 ff. 520 Vgl. oben 3. Kapitel, III. 3. c) dd). 521 Eine Anwendung der Sacheinlagevorschriften ergebe in diesem Fall keinen Sinn, da solche Forderungen aus Sicht der Gesellschaft stets mit ihrem Nennwert anzusetzen seien und sich ein für Sacheinlagen charakteristisches Bewertungsproblem daher gerade nicht stelle, Tesauro, Schlussantrag i. S. Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036, 1041 f. 522 Karollus, ZIP 1994, 589, 597. 523 Karollus, ZIP 1994, 589, 597.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

somit abzulehnen, da es für die Gesellschaft – deren Perspektive nach der Mindermeinung maßgeblich ist – keinen Unterschied macht, ob die Verbindlichkeit, von der sie entlastet wird, aus einer vorangegangenen Geldüberlassung oder einer nicht in Geld bestehenden Leistung des Inferenten stammt. Darüber hinaus würde eine solche Beschränkung zu einer sachlich nicht begründeten Besserstellung von Geldkreditgebern gegenüber Warenkreditgebern und sonstigen Vertragspartnern der Gesellschaft in einer Krisensituation führen. So liegt eine Benachteiligung eines Gläubigers einer Kaufpreisforderung aus Warenlieferung oder dem Verkauf einer Immobilie an die Gesellschaft gegenüber dem Gläubiger einer Darlehensforderung auf der Hand, wenn sich beide jeweils mit einer Forderung in gleicher Höhe an einem Debt-EquitySwap der Schuldnergesellschaft beteiligen und die Forderung des Kaufpreisgläubigers sowohl einer Bewertung unterzogen werden müsste als auch nur in Höhe ihres objektiven Werts zur Deckung von neuem Kapital geeignet wäre, während sich die Forderung des Darlehnsgläubigers ohne Prüfung in Höhe ihres Nominalbetrags auf das neue Kapital anrechnen ließe. Dagegen könnte eine andere Überlegung gegen die Zulässigkeit einer Nennwertanrechnung und sogar generell gegen die Einlagefähigkeit von anderen als aus Darlehensgewährungen resultierenden Forderungen beim Debt-Equity-Swap sprechen. Während bei Forderungen aus Geldüberlassungen stets Klarheit über den Wert der Leistung besteht, wäre es möglich, dass sich bei Forderungen, denen eine nicht in Geld bestehende Leistung an die Gesellschaft zugrunde liegt, Zweifel in Bezug auf den Wert der Hauptleistung ergeben und ob hierfür von den Parteien zulasten der Gesellschaft eine überhöhte Vergütung vereinbart wurde. Während die Gefahr der Festsetzung einer überhöhten Vergütung bei regulären Austauschgeschäften mit den Gesellschaftern nicht nahe stehenden Dritten eher gering ist, ist diese bei Geschäften mit Gesellschaftern generell höher und bei solchen, die im Zusammenhang mit einer anstehenden Kapitalerhöhung getätigt werden, als besonders virulent einzustufen. Anders gewendet besteht beim Debt-Equity-Swap bei der Einbringung von nicht auf Geldüberlassungen beruhenden Forderungen die Gefahr, dass durch die Einlage der Forderung eine andere Sacheinlage verschleiert werden soll und sich Leistung und Gegenleistung des die Forderung begründenden Austauschgeschäfts nicht äquivalent gegenüberstehen, die Gesellschaft für die Leistung des Gesellschafters somit eine überhöhte Vergütung erbringen soll. Mit einer solchen Konstruktion ließe sich die Bewertung des eigentlichen Sacheinlagegegenstands durch die Vorschaltung eines Austauschgeschäfts zwischen Inferenten und Gesellschaft umgehen. So wird in der Literatur etwa die Kombination von Kaufvertrag und Sachkapitalerhöhung unter Einbringung der Kaufpreisforderung zur Vermeidung einer aufwändigen Bewertung von GmbH-Anteilen als Einlagegegenstand vorgeschlagen, da die – nach herrschender Meinung erforderliche – Bewertung der Kaufpreisforderung gegen die Gesellschaft leichter zu bewerkstelligen sei524. Bei Anwendung der Nennwertanrechnung fände in diesem Fall überhaupt keine Wertprüfung statt, nach herrschender 524

Komo, GmbHR 2008, 296 ff.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Meinung wäre dagegen die Bewertung des eigentlichen Sacheinlagegegenstands durch die Bewertung der Werthaltigkeit der Forderung ersetzt. In anderem Kontext haben Cahn/Simon/Theiselmann für den Fall der Barkapitalerhöhung aufgezeigt, dass die im Zuge der verschiedenen Varianten der verdeckten Sacheinlage begründeten Forderungen des Inferenten unberücksichtigt bleiben und jeweils die verschleierte Sacheinlage selbst Gegenstand der Bewertung ist525. Nicht geklärt ist dagegen die Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Verschleierung einer anderen Sacheinlage durch die Sacheinlage einer Forderung. In der Literatur finden sich hierzu nur vereinzelte Äußerungen. A. Arnold hält ein solches Vorgehen für unzulässig: „Ferner wird man es nicht zulassen können, dass der Inferent der Gesellschaft zunächst eine Sache verkauft und sodann die Kaufpreisforderung gegen die Gesellschaft als Sacheinlage einlegt; denn hierbei würde eine Überprüfung des eingebrachten Gegenstands auf seine Werthaltigkeit umgangen.“526

Hinsichtlich der Rechtfolgen einer solchen für unzulässig gehaltenen Forderungseinbringung enthält sich A. Arnold allerdings einer Stellungnahme. Einen Anhaltspunkt könnten die Ausführungen von Ebbing geben. Dieser sieht in der Leistung eines anderen als nach den §§ 5 Abs. 4, 56 Abs. 1 GmbHG festgesetzten Sacheinlagegegenstands (Aliud-Leistung) in der Wertung eine der verdeckten Sacheinlage vergleichbare Situation, da hierbei die Dokumentationspflichten und die registerrechtliche Werthaltigkeitskontrolle des tatsächlichen Einlagegegenstands umgangen würden527. Welche konkreten Rechtsfolgen eine solche Verletzung von Sacheinlagepflichten nach sich ziehen soll, zeigt Ebbing dagegen nicht auf. Vorliegend sind aber bereits die Voraussetzungen der von Ebbing beschriebenen Konstellation nicht gegeben, da hierbei der festgesetzte und der vom Inferenten geleistete Einlagegegenstand übereinstimmen. Dagegen hält Komo die Einlage einer aus einem Kaufvertrag stammenden Forderung gegen die Gesellschaft für zulässig, da in dieser Konstellation keine Verletzung der Sacheinlagepflichten liege, die einzubringende Forderung – der herrschenden Meinung folgend – einer Werthaltigkeitskontrolle unterzogen werde und insbesondere die Grundsätze der verdeckten Sacheinlage nicht einschlägig seien528. In der Tat kommt eine direkte Anwendung der inzwischen kodifizierten verdeckten Sacheinlage nach den Legaldefinitionen der § 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG nicht in Betracht, da in der vorliegenden Konstellation keine Bareinlage vereinbart wird, sondern eine Sacheinlage, die wie festgesetzt geleistet wird. Allerdings könnte man eine entsprechende Anwendung für den vorliegenden Fall in Erwägung ziehen und auf diesem Weg zu einer Bewertung des hinter der Einlage525 526 527 528

Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 248. A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 58. Ebbing, in: Michalski-GmbHG, § 19 Rdn. 158. Komo, GmbHR 2008, 296, 299 f.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

forderung stehenden – verschleierten – Sacheinlagegegenstandes gelangen. Abgesehen von den sonstigen Voraussetzungen für die Annahme einer Analogie dürfte es aber bereits an einer Regelungslücke für die dargelegte Konstellation fehlen. Zwar ist der Befund zutreffend, dass bei Austauschgeschäften zwischen Gesellschaft und Gesellschafter die Gefahr der Vereinbarung einer überhöhten Vergütung zulasten der Gesellschaft besteht. Auch wenn ein der Gesellschaft nachteiliger Leistungsaustausch im zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung steht, kommen hier das unabhängig von Kapitalmaßnahmen eingreifende Verbot der Einlagenrückgewähr sowie das Verbot der verdeckten Gewinnausschüttung und Vorteilsgewährung zur Anwendung. Bei der Aktiengesellschaft greifen in den ersten beiden Jahren nach der Gründung unter den Voraussetzungen der §§ 52, 53 AktG die Nachgründungsregeln bei Geschäften mit Aktionären. Ebenfalls unter Haftungsanordnung untersagen die §§ 57, 62 AktG jede Einlagenrückgewähr und erlauben der Gesellschaft bei Austauschgeschäften mit Aktionären lediglich Leistungen, die nach § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG durch einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch gedeckt sind. Ansonsten liegt in dem Austauschgeschäft eine verdeckte Einlagenrückgewähr, verdeckte Gewinnausschüttung oder Vorteilsgewährung, da die Gesellschaft unter sonst gleichen Voraussetzungen das Geschäft bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters mit einem gesellschaftsfremden Dritten nicht abgeschlossen hätte529. Im Gegensatz zum strikten Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen im Aktienrecht bestehen im GmbH-Recht keine Vorschriften, die eine verdeckte Gewinnausschüttung ausdrücklich untersagen. Verdeckte Gewinnausschüttungen und Vorteilsgewährungen bei der GmbH unterliegen jedoch gleichfalls wesentlichen – von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten – Einschränkungen530. Somit ist im Fall der Sacheinlage einer Geldforderung gegen die Gesellschaft, die der Inferent aus einem Austauschgeschäft mit der Gesellschaft erlangt, bei dem die Gesellschaft eine überhöhte Vergütung gewährt – sich Leitung und Gegenleistung somit nicht äquivalent gegenüberstehen – das Austauschgeschäft von den Vorschriften über die verdeckte Gewinnausschüttung und Vorteilsgewährung erfasst, sodass eine analoge Anwendung der Reglungen über die verdeckte Sacheinlage in einem solchen Fall bereits aus diesen Gründen mangels einer Regelungslücke ausscheidet. Weiter spricht gegen eine Analogie der Figur der verdeckten Sacheinlage, dass eine Prüfung des Werts der der Forderung zugrunde liegenden Leistung bei der Einlage von Geldforderungen aus erbrachten Dienstleistungen nach den vom BGH in den Urteilen Qivive531 und EUROBIKE532 aufgestellten Grundsätzen nicht in Be529

BGH, Urteil vom 13. 11. 1995 – II ZR 113/94, NJW 1996, 589, 590. Vgl. zur verdeckten Gewinnausschüttung und Vorteilsgewährung im GmbH-Recht, Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 29 Rdn. 48 ff.; Spönemann, in: MichalskiGmbHG, § 29 Rdn. 563 ff. 531 BGH, Urteil vom 16. 02. 2009 – II ZR 120/07 Qivive, BGHZ 180, 38 = NJW 2009, 2375. 532 BGH, Urteil vom 01. 02. 2010 – II ZR 173/08 EUROBIKE, BGHZ 184, 158 = NJW 2010, 1747. 530

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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tracht kommt und somit in diesem Fall keine Überprüfung des Werts der Dienstleistung erfolgt. Solche Vergütungsansprüche werden daher wie jede sonstige Forderung behandelt, sodass es bei der Einbringung nur auf den Wert der Forderung aus Gläubigersicht ankommen könne533. Cahn/Simon/Theiselmann weisen im Vergleich zur Lehre von der verdeckten Sacheinlage bei ausgewiesener Barkapitalerhöhung zu Recht auf die Diskrepanz hin, dass hierbei einlagefähige Leistungen einer Wertprüfung unterzogen werden, während bei nicht einlagefähigen Leistungen ohne Weiteres die Bewertung der Leistung durch die Parteien gelten soll534. Anders als bei Vereinbarungen über die Einbringung von Sacheinlagen werden Vereinbarungen über Dienstleistungen stets wie reguläre Austauschgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter behandelt, auch wenn sie im Zusammenhang mit der Gründung oder einer Kapitalerhöhung erfolgen535. Hierin liegt in der Tat ein Wertungswiderspruch im Kapitalaufbringungsgefüge, da die im Grundsatz konsequente Ablehnung der Lehre von der verdeckten Sacheinlage bei auf Dienstleistungen beruhenden Forderungen durch den BGH in diesen Fällen zu einer – gegenüber der verdeckten Sacheinlage – geringeren Restriktionen unterworfenen Handhabe führt, obwohl der der Forderung zugrunde liegende Leistungsgegenstand nach § 27 Abs. 2 AktG selbst nicht sacheinlagefähig ist. Eine analoge Anwendung der Figur der verdeckten Sacheinlage auf aus Sach- oder Werkleistungen resultierende Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft würde den aufgezeigten Wertungswiderspruch bei aus Dienstleitungen resultierenden Forderungen noch vertiefen und ist daher auch aus diesem Grund abzulehnen. Im Ergebnis können somit sämtliche Forderungen des Inferenten gegen die Gesellschaft, auch wenn sie aus einer Sach-, Werk- oder Dienstleistung an die Gesellschaft stammen, Einlagegegenstand einer Sachkapitalerhöhung im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps sein. Eine Beschränkung auf Forderungen aus der Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft ist nicht gerechtfertigt. Die Lehre der verdeckten Sacheinlage findet weder direkte noch entsprechende Anwendung auf die Sacheinlage einer Forderung, mit der die Einbringung eines anderen Gegenstands verschleiert werden soll. Der Gewährung einer zu hohen Vergütung beim forderungsbegründenden Austauschgeschäft ist unabhängig von der Kapitalerhöhung mit den gesetzlichen Vorgaben und Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung und Vorteilsgewährung zu begegnen. Im Rahmen der Kapitalerhöhung kommt es dagegen nach herrschender Meinung auf die Werthaltigkeit der Einlageforderung an, gemäß der Mindermeinung ist dagegen eine Nennwertanrechnung unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft zulässig.

533 534 535

Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 248. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 248. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 248.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

4. Diskussion und Stellungnahme zu den divergierenden Ansichten Nachdem herausgearbeitet wurde, dass bei der von der Mindermeinung vertretenen generellen Nennwertanrechnung nach vorzugswürdiger Ansicht keine Beschränkung des Debt-Equity-Swaps auf Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft gerechtfertigt ist, werden in diesem Abschnitt die dargelegten Positionen für eine Bewertung des Einlagegegenstands aus Sicht des Gläubigers entsprechend der herrschenden Meinung und eine Bewertung aus der Perspektive der Gesellschaft nach der Mindermeinung zur Diskussion gestellt und Stellung dazu bezogen, welche Position als inhaltlich vorzugswürdig anzusehen ist. a) Risikobeitrag des Inferenten beim Debt-Equity-Swap zum Nennwert Zunächst ist auf den Einwand der herrschenden Ansicht gegen die Mindermeinung einzugehen, die bilanziellen Auswirkungen der Entlastung der Gesellschaft von den betreffenden Verbindlichkeiten beim Debt-Equity-Swap könnten aufgrund der Grundsätze der realen Kapitalaufbringung nicht maßgeblich sein, da diese von jedem Teilnehmer an einer Kapitalerhöhung ein reales Vermögensopfer zugunsten der Gesellschaft und eine echte Risikobeteiligung verlangten536. Gerade hieran fehle es, wenn eine nicht voll werthaltige Forderung in Höhe ihres Nominalwerts in statutarisches Eigenkapital umgewandelt würde537, sodass eine Nennwertanrechnung wertgeminderter Forderungen ausscheide und eine Bewertung der Forderung erforderlich sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erscheint es problematisch, die Forderung gedanklich in einen werthaltigen und einen nicht werthaltigen Teil aufzuspalten. Auch wenn sich im Rahmen des Kapitalerhöhungsvorgangs beim Debt-Equity-Swap die verbleibende Werthaltigkeit der Forderung prozentual annähernd genau bestimmen ließe, erfolgt die Entscheidung des Gläubigers zur Beteiligung an einer sanierenden Kapitalerhöhung auf anderer Grundlage. Für bislang außenstehende Gläubiger wird an erster Stelle die Überlegung stehen, ob eine Beteiligung an der Schuldnergesellschaft grundsätzlich in Betracht kommt, für Bestandsgesellschafter hingegen die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer weiter gehenden Beteiligung. Kommt eine Beteiligung in Betracht, erfolgt dies in beiden Fällen regelmäßig vor dem Hintergrund, dass sich das Ausfallrisiko der Forderung aufgrund der Krise der Gesellschaft erhöht hat. Konkrete Vorstellungen über die anzusetzende Werthaltigkeit der Forderung beim Gläubiger, welche für diesen erst in der Insolvenz der Gesellschaft greifbar würde, werden dagegen in vielen Fällen nicht vorhanden sein. Im Vordergrund wird für den Gläubiger die unternehmerische Entscheidung stehen, ob mit der Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap ein erhöhtes wirtschaftliches Risiko hinsichtlich der bereits gegenüber der Gesellschaft bestehenden Forderung eingegangen 536 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 127; Wiedemann, in: Festschrift HoffmannBecking, 2013, S. 1387, 1393. 537 Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 127.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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werden soll, um der Gefahr eines Forderungsausfalls durch einen Verzicht auf die Forderung gegen eine Eigenkapitalbeteiligung an der Schuldnergesellschaft zu begegnen. Entscheidet sich der Gläubiger für eine Beteiligung an einem Debt-EquitySwap, so erfasst das erhöhte Risiko als Eigenkapitalgeber die Forderung insgesamt und nicht nur ihren momentan werthaltigen Teil. Diese wirtschaftliche Erwägung stimmt aber auch mit der rechtlichen Betrachtung überein, da der Inferent bei einem Debt-Equity-Swap seine Forderung zugunsten einer Eigenkapitalbeteiligung aufgibt und hierdurch aus der Gläubigerkonkurrenz um die begrenzten Mittel der Gesellschaft ausscheidet538. Solange die Gesellschaft werbend tätig ist, kommt nach den §§ 57, 58 AktG, § 29 GmbHG nur eine gewinnabhängige Vergütung der Kapitalbeteiligung im Falle der Erwirtschaftung eines Jahresüberschusses in Betracht. Im Fall einer außerinsolvenzlichen Liquidation der Gesellschaft, ebenso wie in einem Insolvenzverfahren, nehmen die Gesellschafter bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens die letztrangige „Gläubigerposition“ als Eigenkapitalgeber ein und erhalten laut der § 199 InsO, §§ 268 Abs. 1, 271 AktG, §§ 70, 72 GmbHG nur bei der vollständigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger einen ihrer Beteiligung am Kapital der Gesellschaft entsprechenden Anteil des verbleibenden Gesellschaftsvermögens. Im Verzicht auf seine Forderung gegen eine Eigenkapitalbeteiligung liegt somit ein relevanter Risikobeitrag des Inferenten zugunsten der Gesellschaft, der sich auf die Forderung insgesamt erstreckt und nicht nur soweit diese werthaltig ist. Dies ergibt sich einerseits aus Sicht der Gesellschaft aus der identischen Wirkung der Schuldbefreiung ungeachtet der Werthaltigkeit der betreffenden Forderung. Andererseits wurde gezeigt, dass der Gläubiger durch seine Eigenkapitalbeteiligung beim Debt-Equity-Swap ein neues und qualitativ weiter gehendes Risiko als das eines Fremdkapitalgläubigers eingeht, um die Gefahr des Forderungsausfalls abzuwenden. Auch wenn man einen teilweisen Wertverlust der Forderung in einer Krisensituation der Schuldnergesellschaft nicht unberücksichtigt lassen will, so liegt jedoch bereits in der Aufgabe der rechtlichen Stellung als Forderungsgläubiger ein reales Vermögensopfer des Inferenten. Dies ergibt sich auch aus der Überlegung, dass für den Gläubiger Ungewissheit darüber besteht, ob eine Sanierung der Gesellschaft nicht auch ohne einen eigenen Sanierungsbeitrag erfolgreich zustande kommen wird und das Risiko des Forderungsausfalls sich ungeachtet der momentanen Wertminderung im Ergebnis nicht realisiert. Nicht zu Unrecht weisen Cahn/Simon/Theiselmann in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Verneinung einer realen Einlageleistung in Höhe des aus Sicht des Inferenten nicht werthaltigen Teils der Forderung durch die herrschende Meinung nicht erkennbar an gesetzlichen Vorgaben anknüpft, sondern auf einem bestimmten Vorverständnis des Kapitalaufbringungsrechts beruhe, das im Gesetz keine hinreichende Grundlage habe539. Dies stimmt insoweit mit dem vorliegenden Befund überein, dass auch aus Sicht des Forderungsgläubigers hinsichtlich des nicht wert538 539

Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

haltigen Forderungsanteils Argumente für einen Risikobeitrag und ein reales Vermögensopfer des Inferenten sprechen. Aus diesem Grund kann der herrschenden Meinung in diesem Punkt nicht darin gefolgt werden, eine Nennwertanrechnung sei mangels Risikobeitrags und eines realen Vermögensopfers des Inferenten hinsichtlich des nicht werthaltigen Forderungsanteils abzulehnen. Vielmehr gilt es, sich einer weiteren Komponente der herrschenden Meinung gegen die Anerkennung einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap zuzuwenden: dem Postulat nach materieller Sanierung. b) Erfordernis „materieller“ Sanierung aufgrund des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung? Die dargelegte Ablehnung einer generellen Nennwertanrechnung unabhängig von der Werthaltigkeit der Forderung durch die herrschende Meinung, die darin – in der Formulierung Lutters – eine unzulässige Aufblähung des Kapitals der Gesellschaft zu einem reinen Hoffnungswert erblickt und stattdessen im Rahmen einer Kapitalerhöhung eine materielle Sanierung der Gesellschaft fordert540, ist vorliegend insbesondere dahingehend zu hinterfragen, ob eine Verpflichtung zur materiellen Sanierung beim Debt-Equity-Swap tatsächlich aus den Kapitalaufbringungsregeln zu entnehmen ist. Weiter sind die von Vertretern der herrschenden Meinung sonst in Bezug auf die Grundsätze der Kapitalaufbringung angeführten Bedenken gegen eine generelle Nennwertanrechnung näher zu hinterfragen. aa) Ableitbarkeit aus den Sachkapitalerhöhungsvorschriften? Vordergründig scheinen für die Forderung der herrschenden Meinung nach einer materiellen Sanierung beim Debt-Equity-Swap die generell für Sachkapitalerhöhungen geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu sprechen. So ist bei der Sachkapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft nach den §§ 183 Abs. 3, 33 Abs. 3-5, 34, 35 AktG grundsätzlich eine externe Prüfung von Sacheinlagegegenständen durchzuführen541, die sich gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 AktG insbesondere darauf zu erstrecken hat, ob der Wert der Sacheinlagen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien erreicht. Zudem hat das Registergericht die Eintragung des Beschlusses über die Erhöhung des Grundkapitals nach § 184 Abs. 3 AktG abzulehnen, wenn der Wert der Sacheinlagen nicht unwesentlich hinter dem Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt. Nach gleichen Maßstäben erfolgt nach den §§ 57a, 9c Abs. 1 Satz 2 GmbHG eine gerichtliche Überprüfung der Wertansätze für Sacheinlagen bei der Sachkapitalerhöhung einer GmbH. Im Kapitalerhöhungsbeschluss müssen laut § 56 Abs. 1 Satz 1 GmbHG der Sacheinlagegegenstand und der Nennbetrag des Geschäftsanteils, auf den sich die Sacheinlage bezieht, festgesetzt werden. Anders als bei der Sachgründung verlangt das Gesetz keinen § 5 Abs. 4 540

Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 517. Von einer externen Prüfung kann nach § 183a AktG nur unter den Voraussetzungen des § 33a AktG abgesehen werden. 541

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

261

Satz 2 GmbHG entsprechenden Sachgründungsbericht, sodass ein solcher nach vorzugswürdiger herrschender Auffassung auch grundsätzlich nicht vom Registergericht gefordert werden kann542. Zudem müssen im Unterschied zur Gründung bei der Anmeldung der Kapitalerhöhung nicht entsprechend § 8 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG Unterlagen darüber beigefügt werden, dass der Wert der Sacheinlagen den Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile erreicht. Ob aus diesen Erleichterungen bei der Sachkapitalerhöhung im GmbH-Recht ein Argument in Bezug auf die Zulässigkeit eines Debt-Equity-Swap zum Nennwert abgeleitet werden kann, ist zweifelhaft, da diese vielmehr Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung sein dürften, die dem Wertdeckungsproblem bei Sachkapitalerhöhungen nicht das gleiche Ausmaß an Bedeutung wie bei der Sachgründung beimisst, bei der es um die Entstehung der Gesellschaft als juristische Person und die Aufbringung des Mindeststammkapitals nach § 5 Abs. 1 GmbHG geht543. Andererseits ist den angeführten Vorschriften, die die Wertdeckung bei Sachkapitalerhöhungen sicherstellen sollen, nicht zu entnehmen, dass sich beim Debt-Equity-Swap der Wert des Einlagegegenstands aus Gläubigersicht bemisst und die unabhängig von der Werthaltigkeit der Forderung eintretende Entschuldungswirkung einer Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital bei der Gesellschaft unberücksichtigt bleiben muss. Hinsichtlich der Problemstellung, ob es bei der Ausgabe von Aktien oder Geschäftsanteilen für die Befreiung der Gesellschaft von nicht werthaltigen Forderungsbestandteilen zu einer unzulässigen Aufblähung des Kapitals zum Hoffnungswert544, einem ausgewiesenen Kapital ohne Bezug zur realen Vermögenssituation der Gesellschaft545 oder einem den Rechts- und Geschäftsverkehr irreführenden Kapitalausweis546 kommt, ist daher die übergeordnete Frage zu behandeln, welchen Informationsgehalt der Ausweis eines nach einer Kapitalerhöhung erhöhten Kapitals hat und welche berechtigten Erwartungen der Rechtsverkehr mit einem solchen Kapitalausweis verbinden kann. bb) Informationsgehalt des im Handelsregister ausgewiesenen Kapitals Zunächst kommt dem im Handelsregister vor Durchführung einer Kapitalerhöhung verlautbarten Kapital keine Aussagekraft über die momentane wirtschaftliche Lage der Gesellschaft zu und es enthält somit auch keinen Informationsgehalt darüber, ob das statutarische Eigenkapital durch Verluste vermindert oder sogar vollständig aufgezehrt ist und eine Überschuldung vorliegt. Nur im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft erfolgt nach § 32 HGB, § 31 InsO eine Information des Rechts- und Geschäftsverkehrs durch Eintragung des Insolvenzeröffnungsvermerks im Handelsregister. Die Informations542 Zur Frage eines Sachkapitalerhöhungsberichts entsprechend § 5 Abs. 4 GmbHG vgl. oben, 3. Kapitel, I. 2. 543 So auch Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 56 Rdn. 9. 544 Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 517. 545 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. 546 Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1397, 1393.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

und Schutzfunktion des Insolvenzeröffnungsvermerks ist aber im Hinblick auf die Überschuldung einer Gesellschaft nach dem geltenden insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriff des § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO nur noch eingeschränkt gewährleistet, da eine rechnerische Überschuldung bei positiver Fortführungsprognose nicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO verpflichtet, sodass selbst eine bilanziell überschuldete Gesellschaft weiter als werbende Gesellschaft am Rechtsund Wirtschaftsverkehr zugelassen wird, ohne dass im Kontext des ausgewiesenen Kapitals der Gesellschaft im Handelsregister eine Information über die desolate Lage der Gesellschaft erfolgt. Informationen über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft allgemein und darüber, ob das Vermögen der Gesellschaft die Verbindlichkeiten und das im Handelsregister verlautbarte Garantiekapital deckt, erhalten außenstehende Dritte und potenzieller Vertragspartner somit nicht durch das im Handelsregister verlautbarte Kapital, sondern durch Einsichtnahme in die nach § 325 HGB offengelegten und im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemachten Jahresabschlüsse der Gesellschaft547. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften wird eine höhere Informationsdichte unter anderem durch die wertpapierhandelsrechtlichen Pflichten zur Zwischenberichterstattung gemäß § 37w WpHG und Ad-hocMitteilung von Insiderinformationen nach § 15 WpHG gewährleistet548. Im Hinblick auf die dargelegte mangelnde Aussagekraft über die Vermögensdeckung des im Handelsregister ausgewiesenen Kapitals stellt sich vor dem Hintergrund der von der herrschenden Meinung verlangten materiellen Sanierung bei einer Kapitalerhöhung die Frage, ob von einer Kapitalerhöhung auf ein erhöhtes Verlustdeckungspotenzial der Gesellschaft geschlossen werden kann. Allerdings scheint zweifelhaft, ob eine solche Schlussfolgerung anhand des Ausweises einer Kapitalerhöhung im Handelsregister möglich ist und somit ein schützenswertes Vertrauen des Rechts- und Geschäftsverkehrs und insbesondere potenzieller künftiger Gläubiger zu begründen vermag.

547

Bei der Offenlegung gelten die größenabhängigen Erleichterungen des § 326 HGB. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich Kleinstbetrieben vom 20. Dezember 2012 (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz – MicroBilG), BGBl. I S. 2751, wurden Kleinstgesellschaften i. S. d. § 267a HGB nach § 326 Abs. 2 HGB von der Verpflichtung zur Bekanntmachung des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger befreit. Ausreichend ist eine Hinterlegung beim Bundesanzeiger. In diesem Fall wird Einsichtnahme in die Bilanz nach § 9 Abs. 6 Satz 3 HGB nur auf Antrag durch kostenpflichtige Übermittlung einer Kopie gewährt. 548 Zu ad hoc mitteilungspflichtigen Krisenindikatoren vgl. oben, 1. Kapitel, II. 5. e).

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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cc) Ausweis der Kapitalerhöhung im Handelsregister als Garant eines erhöhten Schuldendeckungspotenzials? Zunächst verhindert eine bestehende Unterbilanz oder Überschuldung nicht die Durchführung einer Kapitalerhöhung549. Zudem besteht bei einer Kapitalerhöhung keine rechtliche Verpflichtung, diese in einem bestimmten Umfang vorzunehmen oder so zu bemessen, dass eine etwa bestehende Überschuldung vollständig beseitigt wird. Auch wenn die Sinnhaftigkeit einer solchen Kapitalerhöhung fragwürdig ist und daher in der Praxis selten vorkommen wird, zeigt dies, dass der Rechtsverkehr durch den Ausweis einer Kapitalerhöhung nicht davon ausgehen kann, zumindest der Kapitalerhöhungsbetrag übersteige die vorhandenen Verbindlichkeiten. Zwar steigt auch bei einer Kapitalerhöhung, die nur eine bestehende Überschuldung oder einen Teil davon beseitigt, das Verlustdeckungspotenzial der Gesellschaft. Es wird rechnerisch aber bereits von den im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung bestehenden Verbindlichkeiten voll ausgeschöpft, was zunächst die Befriedigungsaussichten der vorhandenen Gläubiger erhöht. Zwar verbessern sich auch durch eine solche Kapitalerhöhung die Befriedigungsaussichten zukünftiger Gläubiger550, rechnerisch können diese aber von Anfang an nicht mit einer Vollbefriedigung rechnen, da das Gesellschaftsvermögen auch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung nicht zur Deckung sämtlicher Verbindlichkeiten genügt. Zudem ergibt sich bei einer Kapitalerhöhung, die eine bestehende Verschuldung nicht vollständig beseitigt, die Besonderheit, dass sich bei einer betragsmäßig identischen Kapitalerhöhung die Schuldendeckungsquote bei einer Erhöhung der Aktiva durch Bar- oder Sacheinlagen stärker erhöht als bei einem Passivtausch durch Schuldbefreiung beim DebtEquity-Swap551. Dies ist aber unabhängig davon, ob die Erhöhung des Kapitals in Höhe des Nominalbetrags der Forderung erfolgt oder nur in Höhe des Zeitwerts der Forderung, sodass hieraus kein Argument gegen eine generelle Nennwertanrechnung entnommen werden kann.

549 Unstreitig, vgl. K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, § 55 Rdn. 17; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 55 Rdn. 11. Allein im Aktienrecht besteht im Fall ausstehender Einlagen nach § 182 Abs. 4 AktG eine Subsidiarität der Kapitalerhöhung. 550 Die Befriedigung der Gläubiger im Fall einer Insolvenz erfolgt nicht nach dem Prioritätsprinzip. Innerhalb der gleichen Rangklasse werden alle Forderungen – unabhängig von ihrem Entstehungszeitpunkt – gleichbehandelt, d. h., in Höhe der Insolvenzquote anteilig in gleichem Umfang befriedigt. 551 Die Gesellschaftsgläubiger können bei fortbestehender Überschuldung der Gesellschaft nach einer Kapitalerhöhung im Fall einer Zuführung von Aktiva mit einer höheren Befriedigungsquote rechnen als bei einem Passivtausch. Dies beruht auf der mathematischen Gesetzmäßigkeit, dass sich eine höhere Schuldendeckungsquote als Quotient ergibt, wenn die Aktiva als Dividend erhöht und nicht stattdessen die Verbindlichkeiten als Divisor um den gleichen Betrag vermindert werden. Beispiel nach Spliet, GmbHR 2012, 462, 463: Aktiva 60/Schulden 120 = Schuldendeckungsquote 0,5. Werden die Aktiva um 50 erhöht, beläuft sich die Quote aus 110/120 auf 0,916. Werden stattdessen die Aktiva um 50 reduziert, liegt die Quote aus 60/70 bei 0,857.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Auch soweit durch die Kapitalerhöhung eine zuvor bestehende Überschuldung beseitigt wird, ist fraglich, ob sich aus dem Ausweis eines erhöhten Kapitals im Handelsregister ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs dahingehend ergeben kann, dass das verlautbarte Kapital mit einem erhöhten Schuldendeckungspotenzial der Gesellschaft in dem Sinne einhergeht, dass das Gesellschaftsvermögen neue Verbindlichkeiten im Umfang des Erhöhungsbetrags decken kann. Ein solches Vertrauen könnte sich allenfalls auf den Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung beziehen, da seitdem neue Verbindlichkeiten hinzugekommen sein können, die den Betrag der Kapitalerhöhung bereits vollständig neutralisieren. Aufgrund der fortlaufenden Geschäftstätigkeit einer werbenden Gesellschaft gilt dies allerdings auch bereits für den Zeitraum zwischen Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister und deren Eintragung. Es besteht somit keine Gewähr, dass die Einlagen ihrem Wert nach im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch Eintragung im Handelsregister im Gesellschaftsvermögen noch vorhanden sind552. Bei der Kapitalerhöhung sind sogar grundsätzlich Absprachen zwischen dem Inferenten und der Gesellschaft über die Mittelverwendung zulässig, sodass auf diesem Weg zugeführte Aktiva von der Gesellschaft sogleich zur Bedienung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten eingesetzt werden können553. Insofern bestehen zwischen der Kapitalaufbringung bei Gründung einer Kapitalgesellschaft und der Kapitalerhöhung einer bestehenden Gesellschaft gewichtige Unterschiede. Bei Gründung einer Gesellschaft sorgt der sogenannte Unversehrtheitsgrundsatz dafür, dass im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft ein das verlautbarte Kapital deckendes Vermögen vorhanden ist. Für vor der Entstehung der Gesellschaft entstandene Verluste haben die Gründer nach den Grundsätzen der Vorbelastungs- bzw. Unterbilanzhaftung554 der Höhe nach unbegrenzt einzustehen555. Ein entsprechender Sicherungsmechanismus gelangt bei der Kapitalerhöhung aber nicht – weder in Bezug auf eine vollständige Deckung des bisherigen statutarischen Eigenkapitals durch das Gesellschaftsvermögen556 noch hinsichtlich des Kapitalerhöhungsbetrags – zur Anwendung557. Der früher bei der Kapitalerhöhung von der Rechtsprechung 552

Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463. BGH, Urteil vom 12. 04. 2011 – II ZR 17/10, ZIP 2011, 1101. 554 Vgl. zu den Grundsätzen der Vorbelastungshaftung, Merkt, in: MüKo-GmbHG, § 11 Rdn. 156 ff.; Heidinger, in: Spindler/Stilz-AktG, § 41 Rdn. 77 ff. 555 BGH, Urteil vom 27. 01. 1997 – II ZR 123/94, BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507 (zur GmbH); OLG München, Urteil vom 23. 08. 2007 – 19 U 1887/04, ZIP 2008, 1635 (zur AG). 556 Eine der Vorbelastungshaftung entsprechende Verpflichtung der Gesellschafter, bei einer Kapitalerhöhung zudem das vorhandene Gesellschaftsvermögen bis zur vollständigen Deckung des bisherigen statutarischen Eigenkapitals wieder aufzufüllen, wird heute nicht mehr vertreten. Ausdrücklich gegen solche Überlegungen, Merkt, in: Müko-GmbHG, § 11 Rdn. 161; K Schmidt, in: Scholz-GmbHG, § 11 Rdn. 140; Lutter, in: KölKo-AktG, § 189 Rdn. 27. 557 Zu Recht wurde von Ihrig, S. 300, darauf hingewiesen, dass für eine auf den Kapitalerhöhungsbetrag bezogene Vorbelastungshaftung allenfalls die Zeichner der neuen Anteile in Betracht kommen, da alleine diese für den Kapitalerhöhungsbetrag einzustehen haben und nicht sämtliche Gesellschafter. 553

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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entwickelte Vorbehalt wertgleicher Deckung, wonach eine vor der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister geleistete Einlage im Zeitpunkt der Eintragung noch ihrem Wert nach im Gesellschaftsvermögen vorhanden sein musste, hat der BGH im Jahr 2002 ersatzlos aufgegeben558. Somit muss der Kapitalerhöhungsbetrag nicht einmal im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung durch das Reinvermögen gedeckt sein559. Die bestehenden Unterschiede in der Kapitalaufbringung zwischen Gesellschaftsgründung und Kapitalerhöhung sowie das herausgearbeitete geringere Schutzniveau bei der Kapitalerhöhung sind als sachrichtig zu bewerten und daher zu begrüßen. Die Vorstellung des historischen Gesetzgebers, bei der Kapitalerhöhung handele es sich inhaltlich um eine Teilneugründung, wird heute zu Recht als überholt angesehen560. Bei einer Kapitalerhöhung geht es nicht um die Entstehung einer neuen juristischen Person und deren erstmaligen Eintritt in den Rechtsverkehr, sondern lediglich um die Erweiterung des nach der gesetzlichen Konzeption dem Schutz der Gläubiger dienenden Haftkapitals. Bei einer beschlossenen Kapitalerhöhung ist der Vorgang der Mittelaufbringung abgeschlossen, sobald die der Deckung der erhöhten Kapitalziffer dienenden Vermögensgegenstände unmittelbar der Gesellschaft zufließen561. Von diesem Zeitpunkt an ist das geschäftsführende Organ berechtigt und verpflichtet, im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit im Interesse der Gesellschaft über das eingebrachte Vermögen zu verfügen562, sodass dem Ausweis des erhöhten Grund- oder Stammkapitals durch Eintragung der Kapitalerhöhung nicht die Aussage entnommen werden kann, Vermögenswerte in Höhe des Kapitalerhöhungsbetrags hätten der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Anmeldung oder Eintragung der Kapitalerhöhung zur Verfügung gestanden. Dies erkennt in anderem Zusammenhang auch Lutter als gewichtiger Vertreter der herrschenden Meinung an: „Im lebendigen Organismus einer rechtlich existenten juristischen Person kann im Auf und Ab der täglichen Ereignisse ein bestimmtes Netto-Kapital nicht garantiert werden. Und außerdem besagt die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister und ihre Publizität weder etwas über die Deckung des neuen Grundkapitals durch das Nettovermögen der AG 558 BGH, Urteil vom 18. 03. 2002 – II ZR 363/00, BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716 (zur GmbH); BGH, Urteil vom 26. 09. 2005 – II ZR 380/03, NJW 2005, 3721. Zum Grundsatz wertgleicher Deckung vgl. auch v. Dryander/Niggemann, in: Hölters-AktG, § 188 Rdn. 13 f. 559 So aber Ihrig, S. 303 f.; diesem folgend, Ulmer, GmbHR 1993, 189, 195. 560 Dagegen vertritt der BGH in Fällen einer Aktivierung einer unternehmenslosen Gesellschaft (Mantelverwendung), dass hierbei eine – zur Unterbilanzhaftung führende – „wirtschaftliche Neugründung“ vorliegt, BGH, Beschluss vom 07. 07. 2003 – II ZB 4/02; BGHZ 155, 318 = NJW 2003, 3198; BGH, Urteil vom 06. 03. 2012 – II ZR 56/10, BGHZ 192, 341 = NJW 2012, 1875. Ablehnend zur Figur der wirtschaftlichen Neugründung, Merkt, in: MüKoGmbHG, § 11 Rdn. 161; K. Schmidt, in: Scholz-GmbHG, § 11 Rdn. 140. 561 BGH, Urteil vom 18. 03. 2002 – II ZR 363/00, BGHZ 150, 197, 200 = NJW 2002, 1716, 1718. 562 BGH, Urteil vom 18. 03. 2002 – II ZR 363/00, BGHZ 150, 197, 200 = NJW 2002, 1716, 1718.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

aus noch etwas über den zufälligen Erhöhungsbetrag; hier wird nur mitgeteilt, daß der AG spätestens im Zeitpunkt der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung im Handelsregister Netto-Werte in Höhe des Erhöhungsbetrags zugeflossen sind.“563

dd) Fazit Im Ergebnis gibt es somit auch bei der Zuführung von Aktiva im Rahmen einer Bar- oder Sachkapitalerhöhung anhand des erhöhten Kapitalausweises im Handelsregister keine Gewähr dafür, dass nicht bereits im Zeitpunkt der Anmeldung oder Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister erneut eine Überschuldung der Gesellschaft eingetreten ist564. Angesichts dieses Befundes scheint es nicht gerechtfertigt, einen Passivtausch beim Debt-Equity-Swap zum Nominalbetrag ungeachtet der Werthaltigkeit der Forderung mit dem Verweis darauf ausschließen zu wollen, die Kapitalaufbringungsregeln verlangten bei einer Kapitalerhöhung eine materielle Sanierung. Danach ist auch ein weiterer Einwand der herrschenden Meinung widerlegt, im Fall einer Umwandlung von nicht vollwertigen Verbindlichkeiten in Eigenkapital hätte das ausgewiesene Kapital keinen Bezug zur realen Vermögenssituation der Gesellschaft565. Dies vermag der Ausweis einer Kapitalerhöhung im Handelsregister nicht zu leisten, auch nicht bei einem Passivtausch einer werthaltigen Forderung oder einer Bareinlage. Das ausgewiesene Nennwertkapital kann sich in sämtlichen Fällen als irreführend erweisen. Auch soweit von der herrschenden Meinung eingewandt wird, dass die Wertbestimmung von Sacheinlagegegenständen stets den gleichen Anknüpfungspunkt haben müsse, um den Rechtsverkehr vor Nachforschungsaufwand hinsichtlich der Modalitäten von Sacheinlagen zu bewahren566, so ist dieser Zielsetzung zwar im Grunde zuzustimmen. Unabhängig von der Frage einer generellen Nennwertanrechnung beim DebtEquity-Swap bleibt dabei aber unberücksichtigt, dass zur Beurteilung des Aussagegehalts der Investitionsentscheidung des Inferenten bei einer Sachkapitalerhöhung – zur Unterscheidung zwischen einer Zuführung von Aktiva und einem Passivtausch – stets eine Auseinandersetzung mit den Modalitäten der konkreten Sacheinlage und die Einsichtnahme in die nach § 9 Abs. 1 HGB zum Handelsregister eingereichten Dokumente erforderlich sind. Als Verfechter einer generellen Nennwertanrechnung weisen Cahn/Simon/ Theiselmann im vorliegenden Gesamtzusammenhang somit nicht zu Unrecht darauf hin, dass potenzielle Neugläubiger die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zur betreffenden Gesellschaft nicht von irgendwelchen Vorstellungen über die Art und Weise einer früher durchgeführten Kapitalerhöhung abhängig machen werden567. Im 563 564 565 566 567

Lutter, in: KölKo-AktG, § 189 Rdn. 27. Spliedt, GmbHR 2012, 462, 463. A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 1397, 1392. Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631.

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Interesse der Glaubwürdigkeit des Gläubigerschutzes durch ein festes Kapital sollten der Kapitalaufbringung zudem nicht solche Aufgaben zugeschrieben werden, die sie realistischerweise nicht erfüllen kann und deren Erfüllung der Rechtsverkehr auch nicht erwartet568. Nach meiner Einschätzung übersieht die von der herrschenden Meinung gestellte Anforderung einer materiellen Sanierung bei einer Kapitalerhöhung durch einen Debt-Equity-Swap zudem den Aspekt, ob eine solche in der konkreten Situation erforderlich ist oder ob eine reine Bilanzsanierung durch einen Passivtausch für eine Sanierung der Gesellschaft ausreichend erscheint. Letzteres wird in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht anzunehmen sein, sodass bei einer unzureichenden Liquiditätsausstattung ohnehin zusätzlich eine weiter gehende Sanierung durch Bareinlagen erforderlich ist. Nicht nur aus diesem Grund erscheint die von Vertretern der herrschenden Meinung geäußerte Befürchtung, ein Debt-EquitySwap zum Nennwert führe bei einer Gesellschaft ohne nennenswertes Aktivvermögen zu einer quasi masselosen Gesellschaft mit einem enorm hohen Eigenkapitalausweis, ohne dass eine Unterbilanz beseitigt worden wäre569, eher als ein Schreckensgespenst. Es ist offensichtlich, dass bei einer Gesellschaft ohne nennenswertes Vermögen durch eine solche Kapitalmaßnahme keine Sanierung erreicht werden kann, die Gesellschaft mangels Vermögen weiterhin weder kreditwürdig noch überlebensfähig wäre, sondern mangels Liquidität am Rande der Insolvenzreife aufgrund Zahlungsunfähigkeit nach den §§ 17, 15a InsO stünde. Ein Passivtausch alleine reicht in einer solchen Situation nicht, es muss auch frisches Barkapital zugeführt werden. Zudem ist auch bei Zulassung der generellen Nennwertanrechnung nicht zu befürchten, dass eine Anrechnung der Forderung zum Nennwert auf das neue Kapital bei einem Debt-Equity-Swap in einer Sanierungssituation in jedem Fall auch in Anspruch genommen werden wird und es somit zum Ausweis einer enorm hohen Kapitalziffer im Verhältnis zum Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens der Gesellschaft kommt. Hier ist vielmehr ein erheblicher Selbstregulierungseffekt zu erwarten, da eine überhöhte Kapitalziffer im Verhältnis zur Umsatz- und Ertragsfähigkeit des Gesellschaftsunternehmens der Gesellschaft auf unbestimmte Zeit ihre Ausschüttungsfähigkeit nähme570, was dem Sinn und Zweck der Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap zuwiderliefe. Hinzu kommt, dass für den Inferenten bei einer Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap nicht die maximal erreichbare Nennbetragsziffer der übernommenen Aktien oder Gesellschaftsanteile im Vordergrund stehen wird, sondern vielmehr die mit der Höhe der Kapitalbeteiligung nach dem Gesetz und Satzungsbestimmungen verknüpfte vermögensmäßige Beteiligung und das Stimmgewicht in der Gesellschaft, sodass es um das Erreichen einer bestimmten Beteiligungsrelation im Verhältnis zu den Altgesellschaftern und den gegebenenfalls sonst in die Gesellschaft eintretenden Inferenten gehen wird. 568

So auch Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 157. A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. 570 Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 115; ähnlich Cahn/ Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631; Wansleben, WM 2012, 2083, 2087. 569

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Nachdem sich die herrschende Meinung, aufgrund der Kapitalaufbringungsregeln sei eine generelle Nennwertanrechnung abzulehnen, da diese das Gesellschaftskapital bei einer Umwandlung von nicht werthaltigen Forderungsbestandteilen unzulässig aufblähe, als nicht überzeugend erwiesen hat, sind nachfolgend die Rechtsfolgen bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung in den Blick zu nehmen, um zu beurteilen, ob sich hieraus Argumente gegen eine solche ergeben. c) Rechtsfolgenbetrachtung bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung Nachdem als zentrales Begründungselement der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung identifiziert wurden und hierzu Stellung bezogen wurde, werden in diesem Abschnitt in Bezug auf die divergierenden Positionen zur Bewertungsfrage die Rechtsfolgen bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung beleuchtet, da von Seiten der herrschenden Ansicht – gleichfalls an die Grundsätze der Kapitalaufbringung anknüpfend – gegen die Zulassung einer generellen Nennwertumwandlung eine eintretende Gläubigergefährdung sowie Benachteiligung der Bestandsgesellschafter geltend gemacht werden, sodass diese Ansatzpunkte nachfolgend näher zu untersuchen sind. aa) Gefährdung der vorhandenen Gesellschaftsgläubiger? Zur Beurteilung möglicher negativer Auswirkungen einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap auf die Gesellschaftsgläubiger ist in einem ersten Schritt zwischen den bereits vorhandenen und den potenziellen Gläubigern zu unterscheiden. Während die vorhandenen Gläubiger bereits Vermögensdispositionen durch Eingehung einer Vertragsbeziehung zur Gesellschaft vorgenommen haben und in einer Krise der Schuldnerin dem konkreten Risiko des Ausfalls ihrer Forderungen ausgesetzt sind, geht es in Bezug auf potenzielle Gläubiger um die Eingehung einer Vertragsbeziehung zur betreffenden Gesellschaft. Von der Beurteilung der Rechtsposition der im Zeitpunkt der Vornahme eines Debt-Equity-Swaps vorhandenen Gläubiger sind zunächst die durch werthaltige Personal- oder Sachsicherheiten gesicherten Forderungsgläubiger auszunehmen. Diese können unabhängig von der aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnergesellschaft mit einer vollen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen. Zudem bleiben die sich an einem Debt-Equity-Swap beteiligenden Gläubiger außer Betracht, da diese aufgrund privatautonomer Entscheidung ihre bisherige Position als Forderungsinhaber aufgeben und aus der Konkurrenz der Gläubiger um die begrenzten Mittel der Gesellschaft ausscheiden571. Die Inferenten treten als Gesellschafter mit ihrer Eigenkapitalbeteiligung im Falle einer Liquidation oder Insolvenz der Gesellschaft im Verhältnis zu den verbleibenden Gesellschaftsgläubigern im 571 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244; Priester, DB 2010, 1445, 1449; Karollus, ZIP 1994, 589, 595.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Rang zurück. In beiden Fällen erhalten die Gesellschafter nach den §§ 268 Abs. 1, 271 AktG, §§ 70, 72 GmbHG, § 199 InsO nur im Fall der vollständigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger einen ihrer Beteiligung am Kapital der Gesellschaft entsprechenden Anteil des verbleibenden Gesellschaftsvermögens. Da sich somit rechnerisch die Befriedigungsaussichten der verbleibenden Gläubiger erhöhen, wird deren Rechtsposition durch einen Debt-Equity-Swap nicht beeinträchtigt, sondern verbessert. Dies hat bereits das Reichsgericht zutreffend erkannt und hierzu ausgeführt: „… dass es ohnehin im Interesse der Gesellschaft liegen konnte, Darlehensforderungen eines Gläubigers in ein Aktienguthaben zu verwandeln, das im Fall eines Konkurses erst nach den Forderungen der anderen Gläubiger zum Zuge kommen konnte, und daß sich dadurch die Lage der Gesellschaft nur verbessert hätte.“572

Auch der BGH erkennt in seiner Leitentscheidung IBH/Lemmerz an, dass gegenwärtige Gläubiger keinen Nachteil erleiden573. Für die verbleibenden Gläubiger tritt auch im Verhältnis zu den ihre Forderungen umwandelnden Gläubigern kein Nachteil ein. Die Inferenten erhalten durch den Tausch der Forderung in statutarisches Eigenkapital keine volle und bevorrechtigte Befriedigung ihrer Forderungen574. Eine Erfüllung der Forderungen gemäß der §§ 362 ff. BGB liegt aufgrund des Forderungsverzichts nach § 397 BGB oder einer Abtretung der Forderung an die Gesellschaft nach § 398 BGB erkennbar nicht vor. Selbst wenn man dieses Argument als zu formalistisch ansehen wollte, hat die Kapitalbeteiligung des Inferenten bei einem Debt-Equity-Swap unter Nennwertanrechnung bei Überschuldung der Gesellschaft wegen des Nachrangs gegenüber den verbleibenden Gläubigern notwendigerweise einen geringeren Wert als die bisherige Forderung575, sodass kein Nachteil für die verbleibenden Gläubiger eintreten kann. Allerdings kann sich für die verbleibenden Gläubiger ein rechnerischer Anstieg ihrer Befriedigungsaussichten nur unter der Voraussetzung ergeben, dass überhaupt noch verwertbare Aktiva vorhanden sind576. Einen Nachteil würden sie aber auch in diesem Fall nicht erleiden. Zutreffend ist die Feststellung, dass es sich bei einer rechnerischen Erhöhung der Befriedigungsquote der Gläubiger um eine auf den Zeitpunkt der Kapitalerhöhung bezogene Momentaufnahme handelt577. Aus diesem Umstand lässt sich aber nicht die 572

RG, Urteil vom 16. 10. 1936 – II ZR 80/36, RGZ 152, 292, 301. BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 62 = NJW 1990, 982, 985. Dieser Entscheidung lag eine verdeckte Sacheinlage von Darlehensforderungen im Rahmen einer Barkapitalerhöhung zugrunde. Die Ablehnung der Zulässigkeit einer Barkapitalerhöhung mit sich anschließender Forderungstilgung gegenüber dem Inferenten durch den BGH erfolgte maßgeblich unter Verweis auf die mangelnde Werthaltigkeit der zu tilgenden Forderungen und die Auswirkungen einer Tilgung nicht werthaltiger Forderungen mit den Mitteln der Bareinlage auf gegenwärtige und zukünftige Gläubiger. 574 So aber A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 57. 575 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. 576 Drygala, SZW 2006, 245, 252. 577 Drygala, SZW 2006, 245, 252. 573

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Schlussfolgerung ziehen, es komme dann durch die Fortführung der Gesellschaft zu einer Schädigung der verbleibenden Gläubiger, wenn die Gesellschaft nach einer erfolglosen Sanierung in Insolvenz falle und die durch den Debt-Equity-Swap zunächst erreichte Quotensteigerung wieder verloren werde578. Dieser Erwägung kommt kein Argumentationsgewicht zu, da ein solcher Verlauf erkennbar dem Kapitalaufbringungsvorgang nachgelagert ist. Selbst wenn man eine Verbindung zum Kapitalerhöhungsvorgang bejahen möchte, kann sich hieraus kein Argument gegen eine generelle Nennwertanrechnung ergeben, da die Befriedigungsaussichten der verbleibenden Gläubiger sich auch bei Anwendung der herrschenden Meinung im selben Umfang verändern wie bei einer Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen579. Das Fehlschlagen von Sanierungsmaßnahmen ist dagegen ein allgemeines Risiko, dem die Gesellschaftsgläubiger ausgesetzt sind, und kein Spezifikum einer Sanierung durch einen Debt-Equity-Swap. bb) Gefährdung zukünftiger Gesellschaftsgläubiger? In Bezug auf potenzielle Gläubiger der Gesellschaft ist der Frage nachzugehen, ob diese bei Eingehung einer Vertragsbeziehung zur Schuldnergesellschaft bei einem vorangegangenen Debt-Equity-Swap unter Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen einen Nachteil erleiden können. Der BGH hat dies in der IBH/ Lemmerz-Entscheidung, der eine verdeckte Sacheinlage von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen zugrunde lag, mit folgender Begründung bejaht: „Jedoch werden potentielle Gläubiger in ihrer Erwartung getäuscht, der Gesellschaft werde neues Kapital zugeführt. Denn durch die Verlautbarung einer Barkapitalerhöhung wird die in Wirklichkeit vorgenommene Vermögensumschichtung nicht offenbart, sondern der Eindruck einer ungeschmälerten Zuführung neuen Barkapitals erweckt.“580

Diesem Befund des BGHs ist beizupflichten, und aus diesem Grund – entgegen teilweise vertretener Ansicht – ist die Einbringung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen nur im Wege der Sacheinlage zulässig, was bereits oben dargelegt wurde. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich die Argumentation des BGHs auch auf einen Debt-Equity-Swap unter Festsetzung der betreffenden Forderungen als Sacheinlagen übertragen lässt, da hierbei ersichtlich nicht der falsche Eindruck einer Barkapitalerhöhung erweckt werden kann. Vielmehr wird durch die bei einer Sacheinlage nach § 183 Abs. 1 AktG, § 56 Abs. 1 GmbHG erforderlichen Festsetzungen im Kapitalerhöhungsbeschluss der Einlagegegenstand bezeichnet und die „vorgenommene Vermögensumschichtung“ offenbart. Durch die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die im Rahmen der Kapitalerhöhung zum Handelsregister ein-

578

So aber Drygala, SZW 2006, 245, 252. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 244; Karollus, ZIP 1994, 589, 595. 580 BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 62 = NJW 1990, 982, 985. 579

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gereichten Dokumente581 nach § 9 Abs. 1 HGB findet somit keine Irreführung des Rechtsverkehrs darüber statt, der Gesellschaft seien durch die Kapitalerhöhung Geldmittel oder Sacheinlagen zugeführt worden, die bei der Gesellschaft zu einem Zuwachs an Aktiva geführt hätten. Von Vertretern der herrschenden Meinung zur Forderungsbewertung beim DebtEquity-Swap wird trotz dieser klaren Unterschiede zur verdeckten Sacheinlage von Forderungen gegen die Gesellschaft angeführt, der Rechtsverkehr werde im Fall der Umwandlung von nicht voll werthaltigen Forderungen zum Nennwert im Wege der Sacheinlage gleichwohl durch die Verlautbarung der Kapitalerhöhung über den Vorgang der Kapitalerhöhung getäuscht. Besonders weitreichend ist der teilweise erhobene Vorwurf, auch in diesem Fall würden potenzielle Gläubiger durch die Verlautbarung der Kapitalerhöhung über den Gegenstand der Einlage getäuscht. So führe die mit einer Kapitalerhöhung verbundene Annahme der Zuführung effektiver Mittel häufig zu einem besonderen Vertrauen in den Fortbestand des betroffenen Unternehmens582. Zudem flössen der Gesellschaft keine Mittel zu, über die sie für betriebliche Zwecke frei disponieren könnte583. Zwar ist der Befund richtig ist, dass die Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap keinen Mittelzufluss erhält. Dies ist der Forderungsumwandlung als reiner Passivtausch allerdings immanent und unabhängig davon, ob eine Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen erfolgt oder nicht. Obwohl der Gegenstand der Kapitalerhöhung im Handelsregister nicht ausgewiesen wird, sondern sich nur aus den zum Handelsregister eingereichten Dokumenten ergibt584, ist – aufgrund der allgemein anerkannten Einlagefähigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen – ein auf Mittelzufluss gerichtetes Vertrauen bei einer Kapitalerhöhung nicht schutzwürdig. In die gleiche Richtung gehen Bedenken, die eine Täuschung des Rechtsverkehrs und somit potenzieller Gläubiger darin zu erkennen glauben, dass eine Forderungsumwandlung keineswegs generell einer Barkapitalerhöhung in gleicher Höhe entspreche585. Eine Entsprechung zur Barkapitalerhöhung liege nicht vor, wenn eine bestehende Überschuldung durch einen Debt-Equity-Swap nicht beseitigt werde und somit

581 Die erforderlichen Angaben zum Einlagegegenstand sind in folgenden zum Handelsregister einzureichenden Dokumenten enthalten: Anmeldung der beschlossenen Kapitalerhöhung nach § 184 Abs. 1 AktG, Bericht über die Prüfung von Sacheinlagen gemäß § 184 Abs. 2 AktG, Protokoll über die Hauptversammlung laut § 130 Abs. 5 AktG sowie in den der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung nach § 188 Abs. 1 AktG bzw. der Anmeldung der Kapitalerhöhung nach § 57 Abs. 1 GmbHG, § 188 Abs. 2 Nr. 2 AktG, § 57 Abs. 3 Nr. 3 GmbHG beizufügenden Zeichnungsverträgen. 582 Drygala, SZW 2006, 245, 252. 583 Drygala, SZW 2006, 245, 253. 584 Nach § 43 Nr. 6 a) HRV ist jede Änderung der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags in Spalte 6 des Handelsregisterblatts der Abteilung B einzutragen. Dabei genügt eine allgemeine Bezeichnung des Gegenstands der Änderung; es sind keine Einzelheiten einer beschlossenen Änderung in den Eintragungstext aufzunehmen, vgl. Melchior/Schulte-HRV, § 43 Rdn. 31. 585 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

hinsichtlich der Verbindlichkeiten der Gesellschaft keine rechnerische Befriedigungsquote von 100 Prozent erreicht werde586. Dieser Ansicht ist unter mehreren Gesichtspunkten zu widersprechen. Es wurde bereits aufgezeigt, dass eine die bestehende Überschuldung nicht vollständig beseitigende Kapitalerhöhung nicht sinnvoll und daher praktisch wenig relevant ist. Allerdings besteht weder bei einer Sach- noch einer Barkapitalerhöhung eine rechtliche Verpflichtung, eine vorhandene Überschuldung komplett auszuräumen. Es ist aber insbesondere der zugrunde liegenden Vorstellung der angeführten Ansicht entgegenzutreten, eine Umwandlung von Verbindlichkeiten in statutarisches Eigenkapital beim Debt-Equity-Swap könne überhaupt einer Barkapitalerhöhung entsprechen. Gleiches gilt für eine reguläre Sachkapitalerhöhung, bei der der Gesellschaft Aktiva zugeführt werden. Statt zu einer Bilanzverlängerung führt ein DebtEquity-Swap als Passivtausch zum Eintritt einer Entschuldung der Gesellschaft von den betreffenden Verbindlichkeiten. Dagegen enthält ein Zugang von Aktiva neben der Möglichkeit zur Schuldentilgung das Potenzial zum Einsatz im Unternehmen mit dem Ziel, Umsatz und Gewinn zu generieren und somit auf leistungswirtschaftlicher Seite zur Sanierung der Gesellschaft beizutragen. Nachdem die Einlagefähigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen allgemein anerkannt ist, muss auch deren Besonderheiten bei der Kapitalaufbringung ausreichend Rechnung getragen werden. Daher kann es nicht überzeugen, wenn verlangt wird, die Forderungsumwandlung müsse einer Barkapitalerhöhung entsprechen. Durch Festsetzung der Forderungen als Einlagegegenstand im Kapitalerhöhungsbeschluss und die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die im Rahmen der Kapitalerhöhung zum Handelsregister eingereichten Dokumente nach § 9 Abs. 1 HGB findet zudem eine hinreichende Information des Rechtsverkehrs statt. Somit verbleibt in Bezug auf eine mögliche Gefährdung potenzieller Gläubiger der Gesellschaft der bereits im Rahmen der Untersuchung der Kapitalaufbringungsregeln bei einer Kapitalerhöhung erörterte Einwand gegen eine Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen beim Debt-Equity-Swap, künftige Gläubiger verbänden mit dem Ausweis eines erhöhten statutarischen Eigenkapitals im Handelsregister ein entsprechend erhöhtes Verlustdeckungspotenzial der Gesellschaft, von dem sie annehmen dürften, es sei ordnungsgemäß, also werthaltig aufgebracht587. Ließe man den Inferenten einer nicht voll werthaltigen Forderung gleichwohl in Höhe des Nennbetrags der Forderung an der Kapitalerhöhung teilhaben, so würden künftige Gläubiger über den tatsächlich geringeren Erfolg der Kapitalmaßnahme getäuscht588. Hierzu wurde bereits dargelegt, dass sich aus der Verlautbarung eines erhöhten Kapitals im Handelsregister kein schutzwürdiges Vertrauen darauf ergeben kann, dass die Gesellschaft im Eintragungszeitpunkt über ein erhöhtes Schuldendeckungspotenzial im Umfang des Erhöhungsbetrags verfügt. 586 587 588

A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. Priester, DB 2010, 1445, 1449. Kleindiek, in: Festschrift für Hommelhoff, 2012, S. 543, 553.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Der bei Gesellschaftsgründung eingreifende Unversehrtheitsgrundsatz und die diesen absichernde Unterbilanzhaftung gelten bei der Kapitalerhöhung nicht; das Gebot wertgleicher Deckung hat der BGH ersatzlos aufgegeben589, sodass bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung eine durch eine reguläre Bar- bzw. Sacheinlage oder eine Schuldumwandlung erhöhte Schuldendeckungsfähigkeit bereits wieder entfallen sein kann. Weiter werden potenzielle Neugläubiger die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zur betreffenden Gesellschaft nicht von irgendwie gearteten Vorstellungen über die Art und Weise einer früher durchgeführten Kapitalerhöhung abhängig machen590. Es läuft dem Interesse des Gläubigerschutzes durch ein festes Kapital folglich eher zuwider, wenn der Kapitalaufbringung Aufgaben zugeschrieben werden, die sie realistischerweise nicht erfüllen kann591. Soweit man trotzdem eine Irreführung potenzieller Gläubiger über den Inhalt des Kapitalaufbringungsvorgangs bei einer Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen annehmen will, darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass eine durch Nennwertanrechnung erhöhte Kapitalziffer auch eine allgemein gläubigerschützende Funktion enthält, die Neugläubigern zugutekommt. Eine hohe Stammkapitalziffer erhöht die Vermögensbindung in der Gesellschaft, da die Gewinnschwelle später erreicht wird und somit das Potenzial für Ausschüttungen an die Gesellschafter vermindert wird592. Darin ist ein Vorteil sowohl für die Bestands- als auch für die Neugläubiger der Gesellschaft zu sehen. Dies zeigt sich besonders deutlich daran, dass in der Literatur teilweise von der Vornahme einer Nennwertanrechnung abgeraten wird, da dies zur Dividendenunfähigkeit der Gesellschaft führe593, was den Interessen der Bestandsgesellschafter und Inferenten gleichermaßen widerspricht. Im Ergebnis kann aus einer Nennwertanrechnung von nicht voll werthaltigen Forderungen beim Debt-Equity-Swap unter dem Blickwinkel der herrschenden Meinung somit eine allenfalls als gering einzuschätzende und sehr abstrakte Gefährdung potenzieller Neugläubiger eintreten, welcher ein reflexiver Schutz durch eine erhöhte Kapitalbindung in der Gesellschaft gegenübersteht. Bei Berücksichtigung der dargelegten Umstände ist in einer möglichen Gefährdung zukünftiger Gläubiger somit insgesamt kein durchgreifendes Argument der herrschenden Meinung gegen eine generelle Nennwertanrechnung zu sehen.

589

Vgl. oben, 3. Kapitel, IV. 4. b) cc). Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631. 591 Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 157. 592 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1631; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. 593 Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 114; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 37; ähnlich Wansleben, WM 2012, 2083, 2087. 590

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

cc) Gefährdung der Bestandsgesellschafter? Obwohl die Kapitalaufbringungsregeln in Gestalt einer Bewertung und Werthaltigkeitskontrolle von Sacheinlagen anerkanntermaßen primär dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dienen und zweifelhaft erscheint, ob diese bei Gesellschaftsgründung die Gründer und bei einer Kapitalerhöhung auch die Bestandsgesellschafter vor einer Verwässerung ihrer Beteiligung schützen sollen594, werden von der herrschenden Meinung Überlegungen zu einer möglichen Gefährdung der Position der Bestandsgesellschafter durch einen Debt-Equity-Swap angestellt, bei dem nicht voll werthaltige Forderungen gegen die Gesellschaft zum Nennwert auf das neue Kapital angerechnet werden. So hat insbesondere der BGH in der IBH/Lemmerz-Entscheidung für den Fall einer verdeckten Sacheinlage von nicht voll werthaltigen Forderungen gegen die Gesellschaft eine Benachteiligung der Bestandsgesellschafter angenommen: „Es darf nicht übersehen werden, daß dann, wenn die Aktien dem Nennwert der Kreditforderung entsprächen, die von dem Bezug dieser Aktien ausgeschlossenen Aktionäre um den über die Werthaltigkeit der Forderung hinausgehenden Betrag benachteiligt würden.“595

Eine Benachteiligung der Bestandsgesellschafter hierdurch wäre aber allenfalls unter der Voraussetzung denkbar, dass der maßgebliche Bezugspunkt des Vergleichs zwischen den Inferenten beim Debt-Equity-Swap und den vom Bezug der neuen Anteile ausgeschlossenen Gesellschaftern eine ursprünglich voll werthaltige Kapitalaufbringung durch die Bestandsgesellschafter wäre596. Da aus Sicht der Gesellschafter aber eine mögliche Verwässerung ihrer vermögensmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen in Frage steht, erscheint der zutreffende Bezugspunkt die 594 Bei der Gesellschaftsgründung steht die Zulassung von Sacheinlagen und deren Konditionen unter dem Vorbehalt der Zustimmung sämtlicher Gründer, sodass gesetzliche Regelungen zu ihrem Schutz nicht erforderlich sind. Auch aus der nach überwiegender Meinung auf die Deckung des Nennbetrags der Anteile beschränkten Differenzhaftung der Inferenten wird auf eine Beschränkung des Schutzes der Sachgründungsbestimmungen auf die Gläubiger geschlossen. Obwohl dies für das Aktienrecht umstritten ist, erstreckt sich nach herkömmlicher Lehre die gesetzliche Differenzhaftung nicht auf ein festgesetztes Agio. Für die Gesellschafter ist es allerdings unerheblich, ob sich eine überbewertete Sacheinlage auf die Deckung des Nennbetrags oder eines Aufgelds auswirkt. In beiden Fällen führt die Überbewertung dazu, dass die übrigen Gesellschafter für ihre Kapitalbeteiligung mehr einbringen als der betreffende Sacheinleger und somit dessen Beteiligung subventionieren, vgl. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 241. Auch bei der Kapitalerhöhung als Mehrheitsentscheidung dienen die Kapitalaufbringungsregeln und insbesondere die Werthaltigkeitskontrolle bei Sacheinlagen nach überwiegender Auffassung allein dem Gläubigerschutz, vgl. Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 19 Rdn. 1 – 3; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242. 595 BGH, Urteil vom 15. 01. 1990 – II ZR 164/88 IBH/Lemmerz, BGHZ 110, 47, 62 = NJW 1990, 982, 985. 596 So anscheinend Geßler, in: Festschrift Möhring, 1975, S. 173, 195, der davon ausgeht, dass eine in Bezug auf den Kapitalerhöhungsbetrag gleichberechtigte Teilnahme des Inferenten am Gewinn und Liquidationserlös der Gesellschaft bei der Verrechnung mit einer nicht voll werthaltigen Kreditforderung gegenüber den Bestandsgesellschaftern dadurch mehr als aufgewogen werde, dass ihnen die Kreditforderung nicht wie bislang in voller Höhe vorgeht.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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aktuelle wirtschaftliche Situation der Gesellschaft im Zeitpunkt der Vornahme der Kapitalerhöhung zu sein. Danach ist eine Benachteiligung der Bestandsgesellschafter aber nicht festzustellen. Soweit die betreffenden Forderungen einen geringeren Wert als ihren Nominalbetrag haben, da die Gesellschaft nicht in der Lage ist, sämtliche Verbindlichkeiten vollständig zu begleichen, ist das von den Bestandsgesellschaftern eingebrachte Eigenkapital bereits vollständig verbraucht597. Damit bei einer überschuldeten Gesellschaft die eingetretenen Verluste in Höhe des bisherigen statutarischen Eigenkapitals von den Bestandsgesellschaftern getragen werden, werden die Inferenten ohnehin eine vorgeschaltete Kapitalherabsetzung zur Bedingung ihrer Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap machen598. Durch eine Kapitalherabsetzung können aber maximal Verluste in Höhe der bestehenden Kapitalziffer beseitigt werden, nicht aber ein darüber hinausgehender nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag. Eine Überschuldung der Gesellschaft lässt sich somit durch eine Kapitalherabsetzung nicht beseitigen. In der Konsequenz kommt in einer Überschuldungssituation auch der nach einer Kapitalherabsetzung verbleibenden Kapitalbeteiligung der Bestandsgesellschafter vor der Durchführung eines Debt-Equity-Swaps grundsätzlich kein wirtschaftlicher Wert zu599. Wegen des Befriedigungsvorrangs der Gläubiger ist folglich jede Geldeinheit der eingebrachten Forderung gegen die Gesellschaft mehr wert als die gleiche Geldeinheit des bestehenden Eigenkapitals600. Auch bei der Einlage von nicht voll werthaltigen Forderungen zum Nennwert kommt es daher zu einer Subventionierung der Anteile der Bestandsgesellschafter, deren Gesellschaftsanteile bei Beseitigung der Überschuldung durch den Wegfall der betreffenden Verbindlichkeiten zumindest wieder teilweise werthaltig werden601. Eine Benachteiligung der Bestandsgesellschafter durch die Einbringung der betreffenden Forderungen zum Nennwert ist somit nicht ersichtlich. Eine disproportionale Verteilung des Eigenkapitals zwischen Neu- und Altgesellschaftern aufgrund einer generellen Nennwertanrechnung ist somit nicht zu befürchten602. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass sich bei einer Nennwertanrechnung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap durch einen zu niedrig bemessenen Ausgabebetrag der neuen Anteile eine Verwässerung der Beteiligung der Bestandsgesellschafter ergibt. In Ausnahmefällen kann es trotz einer Überschuldung der Gesellschaft gerechtfertigt sein, bei einer sanierenden Kapitalerhöhung ein Agio festzusetzen und somit eine Nennwertanrechnung nicht zuzulassen. Dies ist insbe597

Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 26. Vgl. dazu oben, 3. Kapitel, I. 1. 599 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 115. 600 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1632. 601 Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 27. 602 So aber Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 553; Priester, DB 2010, 1445, 1450. 598

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

sondere möglich, wenn trotz einer bilanziellen Überschuldung erhebliche stille Reserven vorhanden sind oder das Gesellschaftsunternehmen besondere, weiterhin nutzbare Geschäftschancen hat603, sodass der Wert des Unternehmens den Nennwert der Aktien oder Geschäftsanteile der Bestandsgesellschafter trotz einer bilanziellen Überschuldung übersteigt. Die Festlegung eines angemessenen Ausgabepreises ist aber von der Frage, mit welchem Betrag die betreffenden Forderungen beim DebtEquity-Swap auf die Einlageverbindlichkeit angerechnet werden, zu unterscheiden604. Der Zweck der Sacheinlagebewertung besteht allein in der Bestimmung des Werts der Sacheinlage, nicht aber in der Bestimmung eines angemessenen Ausgabepreises. Aus diesem Grund kann sich aus einer im Einzelfall auch bei einer sanierenden Kapitalerhöhung erforderlichen Festsetzung eines Agios zur Sicherstellung eines zutreffenden Ausgabepreises der jungen Aktien oder Geschäftsanteile kein Rückschluss auf die Unzulässigkeit der Einbringung der Forderung zum Nennwert ergeben. d) Bilanzielle Konsequenzen bei Versagung der Nennwertanrechnung nicht voll werthaltiger Forderungen Soweit bei einem Debt-Equity-Swap vollwertige Forderungen in statutarisches Eigenkapital umgewandelt werden, bereitet die bilanzielle Erfassung des Vorgangs in der Handelsbilanz der Gesellschaft keine Probleme. Die entfallenden Verbindlichkeiten sind auszubuchen; das gezeichnete Kapital ist um den gleichen Betrag zu erhöhen. Es findet lediglich ein betragsmäßig identischer Tausch von Passivpositionen von den Verbindlichkeiten in das Eigenkapital statt. Gleiches würde für nicht voll werthaltige Forderungen gelten, soweit man mit der Mindermeinung eine generelle Nennwertanrechnung für zulässig erachtet. Dagegen kann nach vorherrschender Meinung in diesem Fall bei einem Debt-Equity-Swap die Forderung nur in Höhe des verbleibenden Forderungswerts in Nennkapital umgewandelt werden, sodass sich das gezeichnete Kapital um einen geringeren Betrag erhöht, als sich die Verbindlichkeiten durch den Wegfall der umgewandelten Forderungen vermindern. Es fragt sich jedoch, wie mit dem nicht in gezeichnetes Kapital umwandelbaren Differenzbetrag zwischen dem Betrag der entfallenden Verbindlichkeiten und dem Kapitalerhöhungsbetrag zu verfahren ist. In der Literatur ist umstritten, wie dieser Differenzbetrag zu verbuchen ist. Hierzu wird einerseits vertreten, in Höhe des Differenzbetrags entstehe weiteres handelsbilanzielles und der Kapitalrücklage nach § 266 Abs. 3 A. II. HGB zuzuweisendes Eigenkapital, soweit nicht eine Verrechnung mit ausgewiesenen Verlusten erfolge605. Cahn/Simon/Theiselmann sehen es sogar als zwingend an, dass sich das Eigenkapital beim Debt-Equity-Swap um den Betrag der entfallenden Verbindlichkeiten erhöht606. Dabei fällt die Beurteilung unterschiedlich 603

Hannemann, DB 1995, 2055, 2056. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 247; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1632. 605 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 139. 606 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. 604

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aus, ob es sich hierbei um eine sogenannte Agio-Rücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB607 oder sonstige Zuzahlungen in das Eigenkapital nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB608 handeln soll. Fasst man den Differenzbetrag als Agio-Rücklage auf, so unterläge dieser bei der Aktiengesellschaft den Verwendungsbeschränkungen des § 150 AktG. Dagegen stehen Rücklagen gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB grundsätzlich für Ausschüttungen an die Gesellschafter zur Verfügung609. Für eine Erfassung als Agio-Rücklage spräche jedenfalls der unmittelbare Zusammenhang mit der Ausgabe neuer Anteile beim Debt-Equity-Swap. Zudem kommt eine Erfassung als sonstige Zuzahlung beim Debt-Equity-Swap nicht in Betracht, soweit es sich beim Inferenten um einen bisher außenstehenden Gläubiger handelt, da § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB die Leistung eines Bestandsgesellschafters voraussetzt610. Auf die zutreffende Zuordnung innerhalb der Kapitalrücklagen611 wird vorliegend aber nicht näher eingegangen, da die Grundannahme der dargelegten Auffassung fragwürdig erscheint. Soweit nach der herrschenden Meinung beim Debt-EquitySwap nur in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung junge Aktien oder Geschäftsanteile ausgegeben werden können, werde der nicht werthaltige Forderungsanteil zwar nicht zu gezeichnetem, gleichwohl aber zu sonstigem handelsbilanziellen Eigenkapital. Bereits unbefangen betrachtet muss es verwundern, dass einem nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen nicht zur Umwandlung in statutarisches Eigenkapital tauglichen Forderungsbestandteil nach handelsbilanzrechtlichen Grundsätzen Eigenkapitalqualität zukommen soll. Der unbestreitbare Charme dieser Ansicht ist, dass ein Debt-Equity-Swap sich in diesem Fall auch nach der von der herrschenden Meinung für erforderlich gehaltenen Verfahrensweise ausschließlich durch den Wegfall der betreffenden Verbindlichkeiten, einer der Werthaltigkeit der Forderung entsprechenden Erhöhung des gezeichneten Kapitals und der Einstellung des Differenzbetrags in die Kapitalrücklage handelsbilanziell auswirke. Da die Kapitalrücklage aus Kapitalzuführungen besteht, die kein Ertrag der geschäftlichen Tätigkeit der Gesellschaft sind, werden sie lediglich in der Bilanz vermerkt, nicht dagegen in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst612, sodass Einstellungen in die Kapitalrücklage erfolgsneutral erfolgen, da sie weder den

607 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 139; v. Dryander/ Niggemann, in: Hölters-AktG, § 183 Rdn. 19a. 608 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. 609 Kropff, in: MüKo-AktG, 2. A., § 272 HGB Rdn. 99; Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245. 610 Reiner, in: MüKo-HGB, § 272 Rdn. 100; Kropff, in: MüKo-AktG, 2. A., § 272 HGB Rdn. 101. 611 Zum bilanziellen Ausweis der Kapitalrücklagen als einheitlicher oder untergliederter Posten Reiner, in: MüKo-HGB, § 272 Rdn. 66. 612 Dagegen sind im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung frei gewordene und nach § 231 AktG, § 58b GmbHG in die Kapitalrücklage eingestellte Beträge ausnahmsweise in der GuV zu erfassen, vgl. Kropff, in: MüKo-AktG, 2. A., § 272 HGB Rdn. 105.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Jahresüberschuss noch den Bilanzgewinn beeinflussen613. Von den handelsbilanziellen Wirkungen gesondert zu beurteilen ist dagegen die ertragssteuerliche Behandlung des Debt-Equity-Swap614. Bei der handelsbilanziellen Beurteilung des Debt-Equity-Swaps unter Beachtung der herrschenden Auffassung handelt es sich dagegen nach vorzugswürdiger Ansicht bei den nicht werthaltigen Forderungsteilen nicht um Aufgelder oder andere Zuzahlungen in das Eigenkapital615. Es ist zwar anerkannt, dass Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB Bar- und Sachleistungen jeder Art und somit auch der Erlass einer Schuld sein können616. Der Verzicht auf eine Forderung wird dabei aber – in Anlehnung an die nach herrschender Meinung auf ihren Wert begrenzte gesellschaftsrechtliche Umwandlungsfähigkeit einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung in statutarisches Eigenkapital – nur insoweit als in die Kapitalrücklage einlagefähig anerkannt, soweit ihr gemeiner Wert617 reicht618. Diese Ansicht ist konsequent, da es bei Anwendung der herrschenden Meinung zum Debt-Equity-Swap widersprüchlich wäre, die Deckung von statutarischem Eigenkapital durch entwertete Forderungsbestandteile abzulehnen und gleichzeitig die Einlagefähigkeit in die Kapitalrücklage für möglich zu halten. Dies passt ersichtlich nicht zusammen. Aus diesem Grund führt auch der Hinweis von Cahn/Simon/ Theiselmann nicht weiter, wonach sich eine Ableitung der handelsbilanziellen Beurteilung des Vorgangs aus der ertragssteuerlichen Behandlung des Debt-EquitySwap619 verbiete, da der steuerlichen Behandlung hierfür weder unter systematischen noch unter praktischen Gesichtspunkten Relevanz zukomme620. Die Ablehnung der Einlagefähigkeit des nicht werthaltigen Forderungsanteils in die Kapitalrücklage erfolgt vorliegend argumentativ gerade umgekehrt vom gesellschaftsrechtlichen Standpunkt der herrschenden Meinung aus hin zur handelsbilanziellen Behandlung621. Schließlich ist die Ablehnung der Einlagefähigkeit des nicht werthaltigen Forderungsbestandteils in die Kapitalrücklage beim Debt-Equity-Swap auch inso613 Kropff, in: MüKo-AktG, 2. A., § 272 HGB Rdn. 61; Döllerer, BB 1986, 1857, 1859; FG Hamburg, Beschluss vom 30. 08. 2001 – VII 105/01, DStRE 2002, 193. 614 Vgl. dazu unten, 3. Kapitel, VII. 615 Priester, DB 2010, 1445, 1449. 616 Reiner, in: MüKo-HGB, § 272 Rdn. 100 f.; Kropff, in: MüKo-AktG, 2. A., § 272 HGB Rdn. 100. 617 § 9 Bewertungsgesetz. 618 Döllerer, BB 1986, 1857, 1859; Küting/Kessler, BB 1989, 25, 35; Reiner, in: MüKoHGB, § 272 Rdn. 102, mit Verweis auf FG Hamburg, Beschluss vom 30. 08. 2001 – VII 105/01, DStRE 2002, 193. 619 Bei der ertragssteuerlichen Behandlung eines Forderungsverzichts eines Gesellschafters ist anerkannt, dass eine ertragsneutrale verdeckte Einlage nur in Höhe des Zeitwerts der Forderung möglich ist, BFH, Beschluss vom 09. 06. 1997 – GrS 1/94, BFHE 183, 187 = BStBl. II 1998, 307 = NJW 1998, 2837. 620 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246. 621 So ausdrücklich Döllerer, BB 1986, 1857, 1859. Auf Döllerer verweisend: Küting/ Kessler, BB 1989, 25, 35; FG Hamburg, Beschluss vom 30. 08. 2001 – VII 105/01, DStRE 2002, 193.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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weit stimmig, als dies mit den Rechtsfolgen eines isolierten Forderungsverzichts eines Gesellschafters übereinstimmt, bei dem gleichfalls nur in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung eine erfolgsneutrale verdeckte Einlage in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB angenommen wird622. In der Folge muss ein nicht werthaltiger Forderungsanteil beim Debt-Equity-Swap – wie beim Forderungsverzicht – handelsbilanziell über die Gewinn- und Verlustrechnung als Ertrag erfasst werden623. e) Parallele zur Einlage der Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber Dritten Unstimmigkeiten in der Beurteilung der Frage der Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap durch die herrschende Meinung könnten sich auch aus einem Vergleich mit der Situation bei einer Sachkapitalerhöhung ergeben, bei der der Inferent die Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten befreien soll. Konstruktiv kann sich das Verpflichtungsgeschäft zwischen Inferenten und Gesellschaft dabei entweder auf die Erfüllungsebene beschränken – und eine Zahlung des Inferenten als Leistung eines Dritten nach den §§ 362 Abs. 1, 267 Abs. 1 BGB vereinbart werden – oder sich auch auf die Vertragsebene erstrecken, sodass der Inferent durch Vertrags- oder Schuldübernahme die Gesellschaft von einer bestehenden Verbindlichkeit befreit. Nach herrschender Auffassung sind die Übernahme einer Schuld nach § 414 BGB oder die Tilgung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Dritten taugliche Sacheinlagegegenstände624. Allerdings ist fraglich, was in dieser Konstellation der konkrete Einlagegegenstand ist. Soweit man auf die sich aus dem Verpflichtungsgeschäft ergebende Forderung zugunsten der Gesellschaft abstellen wollte, wäre hierbei zu bedenken, dass es sich um eine bloße schuldrechtliche Verpflichtung des Inferenten handelt. Nach den oben dargelegten Maßgaben für die Einlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten müssten somit auch Zweifel an der Einlagefähigkeit einer Verpflichtung zur Schuld- oder Erfüllungsübernahme bestehen. Für diese Konstellation mangelt es den Aussagen in der Literatur an einer Stellungnahme hinsichtlich des konkreten Einlagegegenstands. Auffallend ist, dass die Verpflichtungsebene zwischen Inferent und Gesellschaft 622 Döllerer, BB 1986, 1857, 1859; Küting/Kessler, BB 1989, 25, 35; Reiner, in: MüKoHGB, § 272 Rdn. 102; FG Hamburg, Beschluss vom 30. 08. 2001 – VII 105/01, DStRE 2002, 193; Schubert, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 247 Rdn. 237; M. Arnold/Spahlinger/ Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 172; Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 88. Vgl. dazu auch oben, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (1). 623 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245; M. Arnold/Spahlinger/Maske-Reiche, in: Theiselmann Restrukturierung, Kap. 1 Rdn. 168, 173; Schubert, in: Beck’scher BilanzKommentar, § 247 Rdn. 236. 624 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 30; Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 42; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 46; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5 Rdn. 28; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 50; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 135; Wansleben, WM 2012, 2083, 2089.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

grundsätzlich unerwähnt bleibt und sich die Ausführungen auf die Erfüllungsebene beschränken, d. h. auf die tatsächliche Leistung durch den Inferenten durch Zahlung oder den Abschluss des Verfügungsvertrags zwischen dem Gläubiger und dem Inferenten bei einer Schuldübernahme. Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsebene findet sich lediglich bei Zeidler, der die Übernahme eines Freistellungsanspruchs durch einen Gesellschafter als nicht sacheinlagefähig ablehnt, da es hierdurch nicht zu einem realen Vermögenszuwachs bei der Gesellschaft komme, sondern nur ein unzulässiger Tausch der gesellschaftsrechtlichen Einlageforderung gegen eine schuldrechtliche Forderung erfolge625. Möglich sei dagegen die Einlage einer bis zum Stichtag erfolgenden Tilgung einer Gesellschaftsschuld626. Aufgrund der oben dargelegten Gründe für die Ablehnung der Sacheinlagefähigkeit von Forderungen gegen den Inferenten ist der Ansicht Zeidlers zuzustimmen627. Als sacheinlagefähig ist daher nicht die schuldrechtliche Verpflichtung des Inferenten, sondern nur die Erfüllungsleistung durch Eintritt der Schuldbefreiung der Gesellschaft anzusehen. Allerdings stellt sich für die Konstellation der Schuldbefreiung der Gesellschaft gegenüber einem Dritten unabhängig davon, ob man die schuldrechtliche Verpflichtung oder die Erfüllungsleistung des Inferenten als Gegenstand der Sacheinlage ansieht, die Frage nach dem maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Bewertung des Einlagegegenstands. Losgelöst von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft, liegt der Wert einer Schuldbefreiung gegenüber einem Dritten für die Gesellschaft im Wegfall einer Verbindlichkeit, die von der Schuldnergesellschaft in Höhe des Erfüllungs- und Nominalbetrags der Forderung in der Handelsbilanz passiviert ist. Dies deckt sich mit den zur Erbringung der Einlage erforderlichen Aufwendungen des Inferenten, der den Dritten in Höhe des Forderungsbetrags zu befriedigen hat. Diese Sicht der Schuldnergesellschaft und des Inferenten soll nach herrschender Meinung aber für eine Bewertung des Einlagegegenstands unbeachtlich sein. Stattdessen stellt die herrschende Meinung in dieser Situation auf die Sicht des Forderungsgläubigers, den „objektiven“ Wert der Forderung des Dritten, ab. Eine Bewertung der Schuldbefreiung zum Nominalwert der Forderung des Dritten sei deshalb – wie im Fall der Einbringung einer Forderung des Inferenten gegen die Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap – nur bei einer vollwertigen Forderung möglich628. Soweit dessen Forderung aufgrund einer Krise der Schuldnergesellschaft 625

Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 115. Zulässig soll nach Zeidler dagegen die Einlage eines gegen einen Dritten bestehenden Anspruchs mit dem Inhalt sein, die Gesellschaft von einer Verbindlichkeit freizustellen. Der Wert des Freistellungsanspruchs soll sich dabei nach der Bonität des Schuldners des Freistellungsanspruchs bemessen. Dem ist zuzustimmen. Es liegt ein tauglicher Sacheinlagegegenstand vor, da es sich um eine Forderung gegen einen Dritten handelt und daher die Bewertung richtigerweise wie bei der Einbringung eines gegen einen Dritten gerichteten Zahlungsanspruchs zu erfolgen hat. 626 Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 115. 627 Vgl. oben 3. Kapitel, III. 3. b). 628 Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 30; Lutter, in: KölKo-AktG, § 183 Rdn. 42; Wiedemann, in: Großkomm-AktG, § 183 Rdn. 46; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 5

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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nicht mehr vollwertig ist, verringere sich in der Konsequenz auch der Wert der Schuldbefreiung durch den Inferenten entsprechend. Vergleichbar zur Situation beim Debt-Equity-Swap stellt die herrschende Meinung auf die Werthaltigkeit der Forderung ab, von der die Gesellschaft befreit wird. Die Bewertung der Einlage einer Schuld- oder Erfüllungsübernahme anhand der Werthaltigkeit der Forderung des Dritten ist als nicht zutreffend zu bewerten. Zunächst ist der Inferent durch die Zusage einer Erfüllungsübernahme oder die Einräumung eines Freistellungsanspruchs gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, den Gläubiger unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft in voller Höhe zu befriedigen und kann nur hierdurch seine Einlage wirksam erbringen. Gleiches gilt für den Fall einer Schuld- oder Vertragsübernahme, bei der der Gläubiger vom Übernehmer volle Befriedigung verlangen kann. Die Bezugnahme der herrschenden Meinung auf die Werthaltigkeit der Forderung des Dritten – einem am Kapitalerhöhungsvorgang Unbeteiligten – führt zu dem inkonsistenten und für den Inferenten nicht zu rechtfertigenden Ergebnis, dass er für die Erbringung seiner Einlage den Nominalbetrag der Forderung des Dritten aufwenden muss629 und hierfür eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft nur in Höhe des Zeitwerts der getilgten Forderung erhielte. Hierauf ließe sich kein vernünftiger Inferent ein, sondern übernähme eine Bareinlageverpflichtung, die von der Gesellschaft zur Tilgung der Verbindlichkeit eingesetzt würde, da die Gesellschaft außerinsolvenzlich grundsätzlich zur Befriedigung ihrer Verbindlichkeiten in voller Höhe verpflichtet bleibt. Zudem sind bei einer Kapitalerhöhung grundsätzlich Verwendungsabsprachen zugunsten eines Dritten zwischen Inferent und Gesellschaft hinsichtlich der Einlage zulässig630. Nachdem allein eine tatsächliche Befriedigung des Dritten oder eine erfolgte Schuldoder Vertragsübernahme als zulässige Einlage anerkannt werden kann, kommen auch Bewertungsabschläge, die an eine gegebenenfalls zweifelhafte Bonität des Inferenten anknüpfen, nicht in Betracht, sodass allein eine Bewertung des Vorgangs der Erfüllungs- oder Schuldübernahme aus der Perspektive der Gesellschaft sinnvoll möglich ist. Eine Erfüllungs- oder Schuldübernahme sollte danach zum Nominalbetrag der abgelösten oder übernommenen Verbindlichkeit als Einlageleistung anerkannt werden. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass der Gläubiger bei Zweifeln an der Bonität des Schuldners die Erfüllung seiner Forderung durch den Inferenten gerne annehmen wird und möglicherweise gegen die Erfüllung eines Teilbetrags auf den Rest seiner Forderung verzichtet oder eine Schuld- bzw. VerRdn. 28; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 50; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 135. Die in diesem Zusammenhang zitierte Rechtsprechung, BGH, Urteil vom 25. 11. 1985 – II ZR 48/ 85, NJW 1986, 989, betrifft die Befreiung von einer Geldeinlageverpflichtung durch Zahlung an einen Dritten nach § 362 Abs. 2 BGB in der Konstellation der Komplementär-GmbH einer Kommanditgesellschaft. 629 Wansleben, WM 2012, 2083, 2089, weist darauf hin, dass bei einer Schuldbefreiung im Gegensatz zum Debt-Equity-Swap Barmittel an den Dritten fließen, was die herrschende Meinung allerdings durch eine Bezugnahme auf den Realisationswert der Forderung des Dritten nicht anerkennt. 630 BGH, Urteil vom 12. 04. 2011 – II ZR 17/10, ZIP 2011, 1101.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

tragsübernahme unter Herabsetzung des Forderungsbetrags akzeptieren wird631. Solche – wirtschaftlich zutreffenden – Erwägungen stehen erkennbar außerhalb des Kapitalerhöhungsvorgangs und können daher in diesem Zusammenhang keinen Argumentationswert für sich beanspruchen. In der Logik der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-EquitySwap ist die Ergebnisübertragung auf die Konstellation der Befreiung der Gesellschaft von einer Verbindlichkeit gegenüber Dritten aber insoweit konsequent, als aufgrund der eintretenden Entschuldungswirkung das Ergebnis des Kapitalerhöhungsvorgangs für die Gesellschaft identisch zu einem Debt-Equity-Swap ist632. Zudem wäre bei einer unterschiedlichen Behandlung beider Konstellationen eine Umgehung der Bewertung bei einem Debt-Equity-Swap mit mehreren Inferenten dadurch möglich, dass eine wechselseitige Schuldbefreiung der Inferenten als Einlageleistung vereinbart wird. Während die Inferenten junge Aktien oder Geschäftsanteile in Höhe des Nominalbetrags der Forderung des jeweils Dritten erhielten, wäre die Höhe der für die Schuldbefreiung tatsächlich erforderlichen Zahlung auf die Verbindlichkeit – als außerhalb des Kapitalerhöhungsvorgangs stehender Vorgang – Verhandlungssache zwischen den Inferenten. Somit wird erklärlich, dass nach der herrschenden Meinung bereits zum Schutz vor Umgehungsmöglichkeiten bei der Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten auf den Wert der betreffenden Forderung abgestellt wird und nicht auf die – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage – eintretende Schuldbefreiung der Gesellschaft. Inhaltlich kann das Ergebnis dagegen nicht überzeugen. Die herrschende Meinung vermag es für die Konstellation der Schuldbefreiung gegenüber Dritten nicht, ihre Ansicht situationsangemessen ausreichend sachgestützt zu begründen. Auch die Erwägung eines zur Absicherung der herrschenden Meinung zur Bewertung beim Debt-Equity-Swap erforderlichen Umgehungsschutzes bei der Befreiung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten nähren eher Zweifel an der zutreffenden sachlichen Beurteilung der Situation beim Debt-Equity-Swap, als hiermit überzeugen zu können. Aus den dargelegten Gründen kann in der nicht sachgerechten Handhabe der Bewertung der herrschenden Meinung bei Einlage einer Schuldbefreiung gegenüber Dritten ein Hinweis dafür gesehen werden, dass die herrschende Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap ebenfalls inhaltlich nicht überzeugen vermag und die von der Mindermeinung geforderte generelle Nennwertanrechnung als zulässig anerkannt werden sollte. f) Fazit Inhaltlich kann die Ablehnung der Nennwertanrechnung von nur teilwerthaltigen Forderungen auf das neue Kapital der Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap durch die herrschende Meinung nicht überzeugen. Selbst die herrschende Meinung gesteht im Ausgangspunkt zu, dass der Wert der Forderungsumwandlung für die Gesell631 632

So auch Wansleben, WM 2012, 2083, 2089. Wansleben, WM 2012, 2083, 2089.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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schaft in der Schuldbefreiung liegt. Aus diesem Grund wird vorliegend auch die vorzugswürdige differenzierende Ansicht vertreten, dass die Befreiung von der betreffenden Verbindlichkeit Gegenstand der Sacheinlage ist und nicht die Forderung, welche die Gesellschaft weder wirtschaftlich erhalten soll noch rechtlich kann. Das Unbehagen der herrschenden Meinung an einer Nennwertanrechnung von nicht voll werthaltigen Forderung auf das neue Kapital ist aufgrund der dargelegten Besonderheiten der Kapitalaufbringungssituation beim Debt-Equity-Swap zwar durchaus nachvollziehbar, scheint aber überwiegend emotionalem Empfinden als rationaler wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs geschuldet zu sein. So verweisen die verschiedenen Argumentationsleitlinien der herrschenden Ansicht in unterschiedlicher Ausprägung auf die Grundsätze der realen Kapitalaufbringung, die – in den Worten Lutters – eine materielle Sanierung erfordern und eine Aufblähung des Kapitals zum Hoffnungswert nicht dulden633. Dagegen steht aber der unstreitige Befund, dass die Gesellschaft beim Debt-Equity-Swap unabhängig von der Werthaltigkeit der Forderungen in vollem Umfang von den betreffenden Verbindlichkeiten befreit wird. Erkennt man die Einlagefähigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen und deren Wert für die Gesellschaft in der eintretenden Schuldbefreiung an, so liegt die Konsequenz nahe, eine generelle Nennwertanrechnung der Forderungen beim Debt-Equity-Swap zuzulassen. Bezüglich der herrschenden Meinung, es fehle in Höhe des aus Sicht des Inferenten nicht werthaltigen Teils der Forderung an einer realen Einlageleistung, weisen Cahn/Simon/ Theiselmann zu Recht darauf hin, dass dies die „petitio principii“ enthält, es komme auf die Sicht des Inferenten an634. Gleiches ließe sich aber auch von der Mindermeinung sagen, welche die reale Entlastung der Gesellschaft in Höhe des Nennbetrags der betreffenden Verbindlichkeiten für maßgeblich hält. Dabei kommt es jedoch nicht darauf an, ob die eine oder andere Ansicht einen vollständigen Zirkelschluss enthält. Hieran wird aber deutlich, dass beiden Auffassungen ein divergierendes Vorverständnis der Kapitalaufbringung bei der Umwandlung von Verbindlichkeiten in statutarisches Eigenkapital zugrunde liegt. Die vorstehend ausgeführte Gegenüberstellung des Für und Wider einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap hat zudem gezeigt, dass es der herrschenden Meinung schwerfällt, ihre Ansicht anhand der allgemein für die Kapitalaufbringung – und insbesondere für die Kapitalerhöhung – geltenden Grundsätzen nicht lediglich formal, sondern inhaltlich stichhaltig zu begründen. Hinzu kommt, dass sich die mit einer generellen Nennwertanrechnung verbundenen Befürchtungen der herrschenden Meinung weitgehend entkräften lassen, was somit die Mindermeinung inhaltlich überzeugender erscheinen lässt. Nach der Zielsetzung der Arbeit soll neben der grundlegenden Untersuchung der Bewertungsproblematik beim Debt-Equity-Swap auch eine an den Erfordernissen der Sanierungspraxis orientierte Auseinandersetzung geleistet werden. Es ist daher zu überprüfen, ob die nach dem Arbeitsergebnis inhaltlich als vorzugswürdig anzusehende generelle Nennwertanrechnung de lege 633 634

Lutter, in: Festschrift Stiefel, 1987, S. 505, 517. Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 246.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

lata überhaupt in der Sanierungspraxis Anwendung finden kann. Die Frage der Anwendbarkeit in der Praxis kann jedoch nicht allein anhand des Kriteriums der inhaltlich überzeugenden und daher wünschenswerten Konzeption beantwortet werden. Für die Handhabe der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap in der Sanierungspraxis kommt es für eine abschließende Beurteilung vielmehr maßgeblich darauf an, welche Ansicht sich mit dem ihr zugrunde liegenden Vorverständnis überzeugender auf eine im Gesetz enthaltene oder aus diesem ableitbare tragfähige Grundlage stützen kann. Nachdem die Umwandlung von Forderungen in statutarisches Eigenkapital weder im Aktien- noch im GmbH-Recht geregelt ist, finden sich zu diesem Modus der Kapitalaufbringung auch keine gesetzgeberischen Aussagen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich aus den allgemeinen für die Kapitalaufbringung geltenden Grundsätzen – welche als Regelfall der Kapitalerhöhung eine Zuführung von der Gesellschaft nach der Einbringung zur Verfügung stehenden Vermögensgegenständen vor Augen haben – für den Sonderfall des Passivtauschs beim Debt-Equity-Swap keine zufriedenstellende Ableitung eines stimmigen Ergebnisses zur Bewertungsfrage ergibt. Dieser Befund sollte aber nicht zu Vereinfachungen verleiten, um etwa die herrschende Meinung auf eine „altehrwürdige Tradition“ zu reduzieren635 oder aufgrund der Forderung der Mindermeinung nach einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap einen Dammbruch zu befürchten, der das gesamte Sachkapitalaufbringungsrecht in Frage zu stellen drohe636. Vielmehr eröffnen die jüngsten Neuerungen des Restrukturierungs- und Insolvenzrechts die Möglichkeit einer weiter gehenden Analyse der Bewertungsproblematik beim inner- wie außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap. Der Gesetzgeber hat im spezialgesetzlichen Reorganisationsverfahren nach dem Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz und für das allgemeine Insolvenzplanverfahren durch das ESUG erstmals Regelungen für einen Debt-Equity-Swap im Anwendungsbereich dieser Verfahren geschaffen. Anhand dieser Regelungen und der hierzu getroffenen Aussagen des Gesetzgebers gilt es daher nachfolgend zu überprüfen, welche Vorgaben für die Bewertungsfrage im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren gelten und ob sich hieraus Aussagen für die Handhabe der Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap für die Sanierungspraxis entnehmen lassen. Für die abschließende Beurteilung der Bewertungsfrage beim vorinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap konzentriert sich die weitere Untersuchung darauf, ob der Gesetzgeber die Bewertungsfrage möglicherweise – entgegen der vorstehend herausgearbeiteten inhaltlich vorzugswürdigen Konzeption – dadurch im Sinne der herrschenden Meinung bestätigt hat, dass er den speziellen Regelungen des Reorganisations- und Insolvenzplanverfahrens ein bestimmtes Vorverständnis der Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zugrunde gelegt hat. 635 636

So Karollus, ZIP 1994, 589, 596. In diese Richtung Priester, DB 2010, 1445, 1449; Ekkenga, DB 2012, 331, 334 f.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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5. Bestätigung des Vollwertigkeitserfordernisses durch den Gesetzgeber? Durch die Schaffung des Reorganisationsverfahrens nach dem KreditinstituteReorganisationsgesetz (KredReorgG) – in Kraft getreten am 01. 01. 2011637 – und der Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG – in Kraft getreten am 01. 03. 2012638 – wurden im deutschen Recht erstmals Möglichkeiten geschaffen, in die Stellung der Anteilsinhaber an der Schuldnergesellschaft gegen deren Willen einzugreifen, wodurch für das Insolvenzverfahren der hergebrachte Grundsatz der „gesellschaftsrechtlichen Neutralität“ des deutschen Insolvenzrechts aufgegeben wurde639. Im System des Restrukturierungsrechts stellen das Sanierungs- und Reorganisationsverfahren nach KredReorgG spezialgesetzliche Regelungen zur Sanierung von Kreditinstituten im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG außerhalb eines regulären Insolvenzverfahrens dar640. Im Unterschied zum Insolvenzverfahren, welches nach § 1 InsO primär der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung durch Verwertung des Schuldnervermögens dient, verfolgen die Instrumente des Bankenrestrukturierungsrechts nach dem KredReorgG und die Möglichkeit einer Übertragungsanordnung nach den § 1 Abs. 1 KredReorgG, § 48a Abs. 2 KWG641 das gesamtwirtschaftliche Ziel einer Stabilisierung des Finanzmarktes durch die Sanierung von Kreditinstituten. Entsprechend setzt die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens nach den §§ 7 ff. KredReorgG – welches die vorliegend interessierenden Eingriffe in die Rechtsposition der Anteilsinhaber nach § 8 Abs. 3 KredReorgG ermöglicht – gemäß der §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 2 KredReorgG eine Gefährdung des Bestands des Kreditinstituts sowie der Stabilität des Finanzsystems im Sinne des § 48b KWG voraus. Trotz des im Vergleich zum regulären Insolvenzplanverfahren gemäß der §§ 217 ff. InsO limitierten Anwendungsbereichs des Reorganisationsverfahrens nach KredReorgG ist dieses für die nachfolgende Untersuchung von 637 Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (KredReorgG) vom 9. Dezember 2010, BGBl. I S. 1900. Das KredReorgG ist nach Art. 17 Abs. 2 dieses Gesetzes am 01. 01. 2011 in Kraft getreten. 638 Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2582. Die Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG ist nach Art. 10 dieses Gesetzes am 01. 03. 2012 in Kraft getreten. 639 Uhlenbruck, NZI 2008, 201, 203; Wallner, ZInsO 2010, 1419. 640 Durch das KredReorgG wurde ein spezielles außerinsolvenzliches Verfahren geschaffen, das bereits in einem frühen, der Insolvenz vorgelagerten Stadium eingreift. Treten während des Verfahrens Insolvenzgründe ein, so kann die BaFin, bei der das Insolvenzantragsrecht für Kreditinstitute nach § 46b KWG konzentriert ist, einen Insolvenzantrag stellen, vgl. RegERestrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 3. 641 Neben den Möglichkeiten eines Sanierungs- oder Reorganisationsverfahrens nach KredReorgG sehen die §§ 48a ff. KWG bei Bestandsgefährdung des Kreditinstituts und einer hieraus resultierenden Systemgefährdung als Ultima Ratio die Möglichkeit einer Übertragungsanordnung vor. Hierdurch können systemrelevante Teile einer im Bestand gefährdeten Bank durch Hoheitsakt auf einen anderen Rechtsträger übertragen und der verbleibende nichtsystemrelevante Teil in einem regulären Insolvenzverfahren abgewickelt werden, vgl. Fridgen, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler-KWG, § 48a KWG Rdn. 1 ff.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Relevanz, da sich dieses grundsätzlich am Insolvenzplanverfahren orientiert642 und sich hieraus die Besonderheit ergibt, dass materiell insolvenzliche Reglungen außerhalb eines regulären Insolvenzverfahrens die allgemein geltenden gesellschaftsund zivilrechtlichen Regelungen überlagern können. Zudem enthalten das KredReorgG und das ESUG inhaltlich identische Regelungen zum Debt-Equity-Swap. a) Regelungen zum Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG aa) Reorganisationsverfahren nach KredReorgG Ein Reorganisationsplan besteht nach § 8 KredReorgG – gleich einem Insolvenzplan nach den §§ 219 ff. InsO – aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. Laut § 8 Abs. 1 KredReorgG wird im gestaltenden Teil festgelegt, wie die Rechtsstellung der Beteiligten geändert werden soll. Den Eingriff in die Rechte der Gläubiger und in die Stellung der Anteilsinhaber erlaubt § 8 Abs. 3 KredReorgG ausdrücklich nach Maßgabe der §§ 9 – 12 KredReogG. Der Debt-Equity-Swap durch die Umwandlung von Gläubigerforderungen in Anteile am Kreditinstitut ist in § 9 Abs. 1 KredReorgG geregelt und die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen werden ausdrücklich benannt. Der Reorganisationsplan kann danach insbesondere eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen oder den Ausschluss des Bezugsrechts vorsehen. § 10 KredReorgG bestimmt zudem, dass im Reorganisationsplan alle nach Gesellschaftsrecht zulässigen Regelungen getroffen werden können, die geeignet sind, die Reorganisation des Kreditinstituts zu fördern. Eine Aussage zur Bewertungsproblematik ist in den angeführten Regelungen nicht enthalten. Bezug auf die Bewertungsproblematik nimmt dagegen die Regelung des § 21 Abs. 2 KredReorgG, der für den Fall eines Debt-Equity-Swaps eine Differenzhaftung der Inferenten nach der gerichtlichen Bestätigung des Reorganisationsplans643 ausschließt. § 21 Abs. 2 KredReorgG lautet: „Werden Forderungen von Gläubigern in Anteile am Kreditinstitut umgewandelt, kann das Kreditinstitut nach der gerichtlichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der umgewandelten Forderungen im Reorganisationsplan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen.“

Nachfolgend werden zunächst die durch das ESUG für das Insolvenzplanverfahren geschaffenen Regelungen zum Debt-Equity-Swap mit den angeführten Bestimmungen des KredReorgG abgeglichen, bevor deren Regelungsgehalt unter Analyse der Aussagen des Gesetzgebers zu den getroffenen Regelungen in der Zusammenschau erörtert wird.

642

RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 2; Fridgen, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler-KWG, Vorbemerkung KredReorgG Rdn. 3. 643 Die Bestätigung des Reorganisationsplans erfolgt nach den §§ 20 Abs. 1, 1 Abs. 3 KredReorgG durch unanfechtbaren Beschluss des Oberlandesgerichts.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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bb) Insolvenzplanverfahren nach ESUG Grundlegend führt bereits § 217 Satz 2 InsO als Ausgangsnorm der Bestimmungen für das Insolvenzplanverfahren die durch das ESUG geschaffene Möglichkeit an, bei Schuldnern, die keine natürliche Person sind, die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der am Schuldner beteiligten Personen in den Plan einzubeziehen. In § 225a Abs. 2 InsO findet sich die zu § 9 Abs. 1 KredReorgG parallele Regelung des Debt-Equity-Swaps für das Insolvenzplanverfahren, nach der im gestaltenden Teil des Plans vorgesehen werden kann, dass Gläubigerforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt werden können. § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO enthält eine Aufzählung der für die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps erforderlichen Maßnahmen. In § 225a Abs. 3 InsO findet sich zudem die Bestimmung, dass im Plan jede Regelung getroffen werden kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Eine Aussage zur Bewertungsproblematik enthalten auch diese Bestimmungen nicht. Parallel zur Regelung des § 21 Abs. 2 KredReogG wird der Bezug zur Bewertungsproblematik in § 254 Abs. 4 InsO hergestellt, der im Fall eines Debt-Equity-Swaps eine Differenzhaftung der Inferenten nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans ausschließt. § 254 Abs. 4 InsO lautet: „Werden Forderungen von Gläubigern in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte am Schuldner umgewandelt, kann der Schuldner nach der gerichtlichen Bestätigung keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen im Plan gegen die bisherigen Gläubiger geltend machen.“

b) Aussagen des Gesetzgebers zur Bewertungsfrage für das Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren Im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründungen zum KredReorgG und ESUG finden sich keine Aussagen zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap. Hier wird nur allgemein gehalten ausgeführt, dass die Verfahren Eingriffe in die Rechte der bisherigen Anteilsinhaber gestatten und somit im gestaltenden Teil Kapitalmaßnahmen zur Durchführung eines Debt-Equity-Swaps vorgesehen werden können644. In der Begründung zum ESUG wird zudem angeführt, dass die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital ein wichtiges Instrument zur Sanierung von Unternehmen sei, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind645. aa) Gesetzesbegründung zum KredReorgG Im besonderen Teil der Gesetzesbegründung zu § 9 KredReorgG wird zunächst ausführlich die rechtstechnische Umsetzung einer Forderung in Eigenkapital beschrieben. Diese Ausführungen beziehen sich aber nicht auf einen Debt-Equity644 RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 41; RegE-ESUG, BTDrucksache 17/5712, S. 18. 645 RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 18.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Swap im Reorganisationsverfahren, sondern beschreiben die nach allgemeinem Gesellschaftsrecht außerhalb eines Planverfahrens für eine Forderungsumwandlung erforderlichen Beschlüsse und Kapitalmaßnahmen. Diesbezüglich wird zur Bewertungsfrage ausgeführt: „In dem Hauptversammlungsbeschluss zur Kapitalerhöhung ist die Person zu bezeichnen, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag der auf die Sacheinlage zu gewährenden Anteile. Da die Forderung im Rahmen der Kapitalerhöhung als Sacheinlage eingebracht wird, ist grundsätzlich eine Prüfung durch unabhängige Sachverständige nach den Vorschriften des Aktienrechts durchzuführen.“646

Diese Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf als Aktiengesellschaften verfasste Kreditinstitute, obwohl die Rechtsform des Kreditinstitutes für die Anwendbarkeit des KredReorgG grundsätzlich bedeutungslos ist647. Unabhängig davon kommt in der angeführten Passage deutlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber bei einem regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap die Prüfung durch externe Sachverständige nach den §§ 183 Abs. 3, 33 ff. AktG und somit die Werthaltigkeit der Forderungen für erforderlich hält. Im darauf folgenden gedanklichen Schritt der Gesetzesbegründung zum KredReorgG werden die für den regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap angeführten Vorgaben auf das Reorganisationsverfahren übertragen. Hierzu lautet die Begründung: „Damit einerseits ein Debt-Equity-Swap ein wirklich funktionstaugliches Sanierungsinstrument wird, andererseits jedoch auch die Rechte der Altgesellschafter hinreichend gewahrt werden, soll nach dem Gesetzesentwurf der Debt-Equity-Swap in den gestaltenden Teil des Reorganisationsplans eingestellt werden können.“648

Die daraufhin folgende Erläuterung der Einbeziehung der Bestandsgesellschafter als Beteiligte am Reorganisationsverfahren im Falle eines Debt-Equity-Swaps und der bei Festlegung der Kapitalmaßnahmen zu beachtenden Vorgaben geht dabei ausdrücklich auf die Bewertung der Forderungen als Einlagegegenstände ein: „Von besonderer Bedeutung für die Abstimmung über den Reorganisationsplan ist im Rahmen der anschließenden Kapitalerhöhung die Frage, mit welchem Wert die Forderungen anzusetzen sind. Dabei wird regelmäßig ein deutlicher Abschlag von dem Nennwert der Forderung vorzunehmen sein.“649

Zum Ausschluss der Differenzhaftung der Inferenten nach der gerichtlichen Bestätigung des Reorganisationsplans durch § 21 Abs. 2 KredReorgG lautet die Gesetzesbegründung: „Um Planungssicherheit für die Gläubiger zu erzielen, die im Rahmen der Reorganisation Forderungen gegen das Kreditinstitut im Wege der Sacheinlage einbringen und damit Anteilsinhaber werden, wird in Absatz 2 eine spätere Nachschusspflicht in bar nach den 646 647 648 649

RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 50. Fridgen, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler-KWG, § 1 KredReorgG Rdn. 1. RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 50. RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 51.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Grundsätzen der Differenzhaftung ausgeschlossen werden. Diese besteht nach den gesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsregeln immer dann, wenn im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Wert der als Sacheinlage eingebrachten Forderungen zu hoch angesetzt war. Scheitert die Sanierung später, droht dem Gläubiger unter Umständen nicht nur der Ausfall seiner Forderungen, sondern auch eine Nachschusspflicht in bar, gerichtet auf die Differenz zwischen dem Nennbetrag der Einlage und dem wirklichen Wert der Forderungen. Durch den Ausschluss dieser Haftung ist sichergestellt, dass das Kreditinstitut oder in einer späteren Insolvenz dessen Insolvenzverwalter später nicht geltend machen kann, dass die eingebrachten Forderungen im Reorganisationsplan überbewertet waren. … Der mit der Differenzhaftung im Allgemeinen angestrebte Schutz der bisherigen Anteilsinhaber sowie der übrigen Gläubiger ist durch das Reorganisationsverfahren gewährleistet. In diesem haben die Beteiligten die Möglichkeit, auf eine möglicherweise fehlerhafte Bewertung der Sacheinlage hinzuweisen und Rechtsmittel gegen den Reorganisationsplan und damit die Bewertung der Sacheinlage einzulegen.“650

bb) Gesetzesbegründung zum ESUG Nachdem die Regelungen des ESUG zum Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren den bereits zeitlich zuvor geschaffenen Bestimmungen im KredReorgG gegenübergestellt worden sind, verwundert es nicht, dass sich auch die Aussagen der Gesetzesbegründung grundsätzlich gleichen. Aufgrund teilweiser Abweichungen und anderer Akzentuierung sowie der besonderen Relevanz für die nachfolgende Bewertung der getroffenen Regelungen auf den außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap werden die Aussagen des Gesetzgebers aber gleichwohl im Einzelnen dargelegt. Bei der Beschreibung der für die rechtstechnische Umsetzung eines Debt-Equity-Swap im gestaltenden Teil des Insolvenzplans nach § 225a Abs. 2 InsO erforderlichen Festsetzungen findet sich folgende zentrale Aussage zur Bewertungsfrage: „Es ist im Plan insbesondere anzugeben, welche Kapitalmaßnahmen durchgeführt werden sollen, mit welchem Wert ein Anspruch anzusetzen ist und wem das Bezugsrecht zustehen soll. Zur Frage der Werthaltigkeit des Anspruchs sind gegebenenfalls Gutachten einzuholen. Die Werthaltigkeit der Forderung wird aufgrund der Insolvenz des Schuldners regelmäßig reduziert sein und der Wert wird nicht dem buchmäßigen Nennwert entsprechen, sondern deutlich darunter liegen. Hierbei kann auch die Quotenerwartung berücksichtigt werden. Der Insolvenzplan hat eine entsprechende Wertberichtigung vorzusehen.“651

Zum Ausschluss der Differenzhaftung der Inferenten nach der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans nach § 254 Abs. 4 InsO lautet die – zu § 21 Abs.2 KredReorgG fast identische – Gesetzesbegründung: „Um Planungssicherheit für die Gläubiger zu erzielen, die im Rahmen des Planverfahrens Forderungen gegen den Schuldner im Wege der Sacheinlage einbringen und damit Anteilsinhaber werden, muss eine spätere Nachschusspflicht nach den Grundsätzen der Dif650 651

RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 58. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 31 f.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

ferenzhaftung ausgeschlossen werden. Diese besteht nach den gesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsregeln immer dann, wenn im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Wert der Forderungen, die als Sacheinlage eingebracht worden sind, zu hoch angesetzt war. Scheitert die Sanierung später, droht dem Gläubiger unter Umständen nicht nur der Ausfall seiner Forderung, sondern auch eine Nachschusspflicht, gerichtet auf die Differenz zwischen dem Nennbetrag der Einlage und dem wirklichen Wert der Forderung. Durch den Ausschluss dieser Haftung ist sichergestellt, dass der Schuldner oder – in einer weiteren Insolvenz – dessen Insolvenzverwalter später nicht geltend machen kann, dass die eingebrachte Forderung im Plan überbewertet war.“ „Der mit der Differenzhaftung im Allgemeinen angestrebte Schutz der bisherigen Anteilsinhaber sowie der übrigen Gläubiger ist durch das Planverfahren gewährleistet. In diesem haben die Beteiligten die Möglichkeit, auf eine fehlerhafte Bewertung der Sacheinlage hinzuweisen und Rechtsmittel gegen den Plan und damit die Bewertung der Sacheinlage einzulegen.“652

Zusätzlich enthält die Gesetzesbegründung zu § 254 Abs. 4 InsO folgende Aussage zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap in Bezug auf die Insolvenzverwalterhaftung: „Der Insolvenzverwalter wird einer möglichen Haftung nach § 60 InsO wegen einer Falschbewertung von Ansprüchen dadurch begegnen können, dass er nach Maßgabe des einschlägigen Gesellschaftsrechts Sachverständigengutachten über den Wert der Ansprüche einholt. Liegt ein solches Gutachten über die Forderung vor, wird in der Regel ein schuldhaftes Verhalten des Verwalters ausscheiden.“

cc) Fazit Während sich aus den § 9 Abs. 1 KredReorgG, § 225a Abs. 2 InsO keine ausdrückliche Regelung der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap für den Anwendungsbereich dieser Vorschriften ergibt, sprechen bereits die Ausführungen der Gesetzesbegründung im KredReorgG klar dafür, dass es nach dem Standpunkt des Gesetzgebers beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap auf die Werthaltigkeit der Forderung ankommt und daher bei der Aktiengesellschaft eine externe Wertprüfung nach den §§ 183 Abs. 3, 33 ff. AktG erforderlich ist. Von dieser Grundannahme ausgehend, erläutert die Gesetzesbegründung die durch das KredReorgG zum Debt-Equity-Swap getroffenen Bestimmungen, nach denen „der DebtEquity-Swap in den gestaltenden Teil des Reorganisationsplan eingestellt werden“ kann653. Der Standpunkt des Gesetzgebers zum regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap wird durch diese Ausführungen gedanklich auf den Debt-EquitySwap im Reorganisationsverfahren übertragen. Aus diesem Grundverständnis heraus erklärt sich auch, dass eine ausdrückliche Normierung des Erfordernisses der Werthaltigkeit der Forderungen beim Debt-Equity-Swap in § 9 KredReorgG vom Gesetzgeber offenbar für entbehrlich gehalten wurde. Umgekehrt hätte im Fall einer 652 653

RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 36. RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 50.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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unkommentierten Normierung des Vollwertigkeitserfordernisses im Gesetz sogar die Gefahr bestanden, dass dies als Hinweis auf die Zulässigkeit einer generellen Nennwertanrechnung beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap verstanden worden wäre. Auch die beim Ausschluss der Differenzhaftung in § 21 Abs. 2 KredReorgG angewandte Regelungstechnik des Gesetzgebers ergibt sich aus dem angeführten Grundverständnis des Gesetzgebers, sodass für den Fall einer beabsichtigten Abweichung von der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap die Schaffung einer Sonderregelung erforderlich war. Auch in den Reglungen des ESUG zum Debt-Equity-Swap und der Gesetzesbegründung hierzu kommt dasselbe Grundverständnis des Gesetzgebers zum Ausdruck. Im Gegensatz zur Begründung zum KredReorgG wird der außerinsolvenzliche Debt-Equity-Swap zwar nicht ausdrücklich durch die Aussage auf das Insolvenzplanverfahren übertragen, dass dieser in den gestaltenden Planteil eingestellt werden kann; den Aussagen des Gesetzgebers ist aber gleichwohl eine klare Positionierung zugunsten des Erfordernisses der Werthaltigkeit der Forderungen beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren zu entnehmen. In der Begründung zum Ausschluss der Differenzhaftung der Inferenten in § 254 Abs. 4 InsO kommt auch deutlich der Ausnahmecharakter der Regelung gegenüber der Situation bei einer außerinsolvenzlichen Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital zum Ausdruck, da die Differenzhaftung nach den „gesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsregeln immer dann zum Zuge kommt, wenn im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Wert der als Sacheinlage eingebrachten Forderungen zu hoch angesetzt war.“654 Aus der Analyse der Regelungen zum Debt-Equity-Swap im Reorganisationsund Insolvenzplanverfahren und der Gesetzesbegründungen hierzu ergibt sich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei einer Forderungsumwandlung im Anwendungsbereich des KredReorgG und der Insolvenzordnung eine generelle Forderungsumwandlung zum Nennwert ausgeschlossen ist. Vielmehr ist anhand der Maßgaben der herrschenden Meinung zum regulären außerinsolvenzlichen DebtEquity-Swap stets eine Bewertung der Forderungen erforderlich sowie die Ausgabe von jungen Aktien oder Geschäftsanteilen nur im Umfang des werthaltigen Teils der Forderungen zulässig. Eine Entscheidung zugunsten einer generellen Nennwertanrechnung kann auch nicht in der Befreiung von der Differenzhaftung durch § 21 Abs. 2 KredReorgG, § 254 Abs. 4 InsO gesehen werden, da der Gesetzgeber diese Befreiung der Inferenten vom Risiko der Differenzhaftung ausdrücklich als Ausnahmeregelung konzipiert hat, die den Gläubigern im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren bei einer Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap Planungssicherheit geben soll655. Nicht zu überzeugen vermag daher die Ansicht, das Gesetz und 654

RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 36. RegE-Restrukturierungsgesetz, BT-Drucksache 17/3024, S. 58; RegE-ESUG, BTDrucksache 17/5712, S. 36. Ausdrücklich abzulehnen sind daher Überlegungen, die die ge655

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

seine Erläuterungen seien nicht eindeutig, sodass offenbleibe, ob die Werthaltigkeit der Forderungen geprüft werden muss656. Der Frage, ob im Rahmen dieser Verfahren bei der Forderungsumwandlung die Anwendung einer generellen Nennwertanrechnung sachgerechter gewesen wäre657, kommt de lege lata aufgrund der klaren gesetzgeberischen Entscheidung keine praktische Relevanz mehr zu. Danach steht fest, dass der Gesetzgeber für die spezifische Situation eines Debt-Equity-Swaps im Reorganisations- und Insolvenzverfahren festgelegt hat, dass das Vollwertigkeitsprinzip anzuwenden ist658. c) Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen auf die Bewertungsfrage beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap Aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung, für Debt-Equity-Swaps im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren die Anwendung der herrschenden Meinung zur Forderungsbewertung beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-EquitySwap vorzuschreiben, stellt sich die Frage, ob sich aus den gesetzlichen Regelungen des KredReorgG und des ESUG zur Forderungsumwandlung Schlussfolgerungen für den regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ableiten lassen. Zunächst wird aus den dargelegten Regelungen des KredReorgG und ESUG nach überwiegender Auffassung in der Literatur gefolgert, dass sich hieraus jedenfalls kein Anhaltspunkt für die generelle Zulässigkeit einer Forderungsumwandlung beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zum Nennwert ergibt659. Dem ist zuzustimmen, da den Reglungen und der Gesetzesbegründung ersichtlich die herrschende Meinung zum regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zugrunde liegt, nach der nur eine vollwertige Forderung zum Nennwert auf das neue Kapital angerechnet werden kann. Dies erkennen sogar Cahn/Simon/Theiselmann als prominenteste Fürsprecher einer generellen Nennwertanrechnung an660. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Bestimmungen und gesetzgeberischen Aussagen zum DebtEquity-Swap im KredReorgG und ESUG lediglich als punktuelle Regelungen zu verstehen sind, die zwar auf dem herrschenden Verständnis zur Forderungsbewertung aufbauen und durch den Ausschluss der Differenzhaftung in ihrem Anwendungsbereich ein Hindernis für eine sanierende Kapitalerhöhung durch Debt-Equitysetzgeberische Privilegierung durch den Ausschluss des Differenzhaftungsrisikos durch eine Haftung der Inferenten nach § 826 BGB zum Schutz der Neugläubiger unterlaufen wollen, so aber Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 996 f. 656 So aber Wiedemann, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, 1387, 1395. 657 Hierzu Simon, CFL 2010, 448, 451 f. 658 So auch A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, 29, 36; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 504; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642; Meyer/Degner, BB 2011, 846, 848; K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1609; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573 f.; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 553. 659 Fridgen, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler-KWG, § 9 KredReorgG Rdn. 7; A. Arnold, in: Festschrift für Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 37; Hirte/Knof/Mock, DB 2011, 632, 642. 660 Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 504.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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Swaps beseitigen, ansonsten aber keinen Aussagegehalt für die Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap haben oder die dazu getroffenen Regelungen und gesetzgeberischen Aussagen auch Ableitungen auf die Bewertungsfrage zum regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ermöglichen. Eine eingehende Erörterung in der Literatur hat dazu bislang nicht stattgefunden; es sind nur vereinzelte und eher beiläufige Aussagen zu dieser Frage festzustellen. So sehen Cahn/Simon/Theiselmann in der insolvenzlichen Normierung des DebtEquity-Swap nur eine punktuelle Regelung. Der Gesetzgeber habe für den ausgestalteten Regelungsbereich eine rein pragmatische Lösung gewählt, ohne allgemein zur Frage der Kapitalaufbringung beim Debt-Equity-Swap Stellung zu beziehen661. Zudem wäre eine weiter reichende Regelung dieser allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Problematik im ESUG falsch angesiedelt und in Anbetracht der Dringlichkeit des insolvenzrechtlichen Reformvorhabens im Rahmen dieses Gesetzgebungsprojekts auch nicht angemessen zu bewältigen gewesen. Schlüsse auf die zutreffende kapitalaufbringungsrechtliche Behandlung des Debt-Equity-Swap ließen sich nach alldem aus den Neuregelungen des ESUG nicht ableiten662. Diese Ansicht muss bereits nach der oben erläuterten Gesetzesbegründung verwundern, die ausdrücklich auf die herrschende Meinung zur Bewertungsfrage Bezug nimmt. Für den Regelungsbereich des KredReorgG und ESUG hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich entschieden, dass eine ordnungsgemäße Kapitalaufbringung nur unter Berücksichtigung der Werthaltigkeit der Einlageforderungen erfolgen kann663. Aber auch das von A. Arnold als Vertreter der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage geäußerte Resümee, aus dem ESUG ließen sich keine Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage entnehmen, mit welchem Wert eine Forderung gegen die Gesellschaft als Sacheinlage eingebracht werden kann, überrascht664. Allein der knappe Hinweis von Ekkenga, die Forderungseinlage beim Debt-Equity-Swap bedürfe wie bei jeder Sacheinlage eines Wertnachweises, was offenbar auch dem Standpunkt des Gesetzgebers entspreche, wie sich den Materialien zu § 225a InsO entnehmen lasse665, scheint den richtigen Weg für eine abschließende Beurteilung der Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zu weisen. Es ist daher nachfolgend zu prüfen, ob nicht die besseren Gründe dafür sprechen, dass dem hinter den getroffenen gesetzlichen Regelungen zum Debt-Equity-Swap stehenden Grundverständnis des Gesetzgebers zur Bewertungsfrage auch Relevanz für die außerinsolvenzliche Forderungsumwandlung zukommt. Da der Gesetzgeber bei seinen Regelungen ersichtlich den Standpunkt der herrschenden Meinung zur 661

Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 504. Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2012, 501, 504. 663 Damit ist auch die von Maier-Reimer vertretene Ansicht widerlegt, die allgemeinen Grundsätze der Kapitalaufbringung würden bei der Forderungsumwandlung in der Insolvenz nicht gelten, vgl. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 115. 664 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 37. 665 Ekkenga, DB 2012, 331, 332. 662

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Bewertungsfrage zugrunde gelegt hat666, könnte darin auch eine Positionierung zur Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zugunsten der herrschenden Meinung zu sehen sein. Hierfür spricht zunächst, dass in den Regelungen des KredReorgG und ESUG eine Wertentscheidung des Gesetzgebers zu sehen ist, geprägt vom Vor- und Grundverständnis der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap. Anders ist die Regelungstechnik der generellen Übertragung unter Normierung des Ausschlusses der Differenzhaftung als Ausnahmetatbestand einer generell erforderlichen Werthaltigkeit nicht verständlich. Es wäre schlicht widersprüchlich, annehmen zu wollen, der Gesetzgeber setze zwar für einen Debt-Equity-Swap nach KredReorgG und ESUG die Werthaltigkeit der Einlageforderung voraus und verzichte zugunsten der Planungssicherheit der Inferenten auf die Differenzhaftung nach Planbestätigung, wenn beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap eine generelle Nennwertanrechnung möglich sein solle und aus diesem Grund bereits beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap kein Differenzhaftungsrisiko bestände. Auch unter weiteren Gesichtspunkten ergibt sich, dass die Forderung einer generellen Nennwertanrechnung beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-EquitySwap den Regelungen zum Debt-Equity-Swap nach KredReorgG und ESUG entgegenstände. Zunächst war es ausdrückliches Ziel des Gesetzgebers, die überkommene gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts zu überwinden667 und durch die Schaffung von Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte der Anteilseigner das unverbundene Nebeneinander von Insolvenzrecht einerseits und Gesellschaftsrecht andererseits zu verknüpfen, was sich als Paradigmenwechsel im deutschen Insolvenzrecht bezeichnen lässt668. Zudem kann aufgrund der dezidierten Äußerungen in der Gesetzesbegründung zur Bewertungsfrage angenommen werden, dass der Gesetzgeber sich bei Ausarbeitung des KredReorgG und ESUG der seit Jahrzehnten bestehenden divergierenden Positionen zur Bewertungsfrage und insbesondere der durch die Stellungnahme von Cahn/Simon/Theiselmann neu initiierten Debatte bewusst war669. Vor diesem Hintergrund kann aber nicht angenommen werden, den Regelungen und Aussagen des Gesetzgebers zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap komme ausschließlich Bedeutung für deren Regelungsbereich zu. Das dargelegte Vor- und Grundverständnis des Gesetzgebers zum regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ist aber insbesondere deshalb als bedeutsam anzusehen, da eine Nennwertanrechnung beim regulären außerinsolvenzlichen DebtEquity-Swap erkennbar den mit KredReorgG und ESUG verfolgten übergeordneten 666

A. Arnold, in: Festschrift für Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 36. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 36. 668 Frank/Braun, in: Braun-InsO, § 225a Rdn. 31 bezeichnen § 225a Abs. 3 InsO als die Magna Charta für den Gesellschaftsrechtler in Kooperation mit dem Insolvenzrechtler. 669 Die Stellungnahme von Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238 ff., geht auf ein Kolloquium des Corporate Finance Institut, Frankfurt a. M., vom 06. 05. 2010 zurück. Der DiskE-ESUG datiert vom 01. 09. 2010, der RegE-KredReorgG, BT-Drucksache 17/3024, vom 27. 09. 2010. 667

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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gesetzgeberischen Zielen zuwiderliefe. Durch Ermöglichung von Eingriffen in die Gesellschaftsstruktur im Reorganisationsverfahren sollte gerade die Durchführung von Debt-Equity-Swaps erleichtert werden670. Gleiches gilt für die Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG671. Durch die Erstreckung der Eingriffsmöglichkeiten des Planverfahrens auf die Position der Bestandsgesellschafter und die Kapitalstruktur der Gesellschaft sollte das insolvenzliche Sanierungsverfahren attraktiver ausgestaltet werden, um der Verwirklichung der Verfahrensziele der Gläubigerbefriedigung und einer Erhöhung der Sanierungschancen für Unternehmen mit Fortsetzungspotenzial (§ 1 InsO) besser gerecht werden zu können672. Diesen erklärten Zielen des Gesetzgebers liefe es aber zuwider, wenn die Forderungsumwandlung beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap – entgegen der Grundannahme des Gesetzgebers – unter genereller Nennwertanrechnung der Forderungen auf das neue Kapital möglich wäre. Die Bestrebungen des Gesetzgebers von KredReorgG und ESUG würden konterkariert, wenn der reguläre außerinsolvenzliche Debt-Equity-Swap gegenüber einer Durchführung im Reorganisationsoder Insolvenzplanverfahren unter weniger strengen Vorgaben möglich wäre. Dies zeigt sich besonders deutlich daran, dass bei einer generell zulässigen außerinsolvenzlichen Nennwertanrechnung für die Inferenten gleichfalls kein Differenzhaftungsrisiko bestünde und somit die erstrebte Haftungsprivilegierung der § 21 Abs. 2 KredReorgG, § 254 Abs. 4 InsO keinerlei Anreize für die Durchführung eines DebtEquity-Swaps im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren bieten könnte. Es ist somit anzuerkennen, dass der Gesetzgeber den Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG gegenüber der außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung durch Ausschaltung des Differenzhaftungsrisikos privilegieren wollte. Diese gesetzgeberischen Wertungen sind daher bei der Handhabe der Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap zu beachten. Für die Sanierungspraxis kommt es somit auf die Werthaltigkeit der umzuwandelnden Forderungen aus Gläubigersicht an. Eine Ausgabe junger Aktien oder Geschäftsanteile ist nur im Umfang des verbleibenden Forderungswerts möglich sodass die Forderungen zur Wertbestimmung einer Prüfung unterzogen werden müssen. Eine generelle Nennwertanrechnung bei der Forderungsumwandlung kommt – obwohl diese, wie oben aufgezeigt, als inhaltlich vorzugswürdig anzusehen ist – de lege lata nicht in Betracht, da diese dem sich aus der Normierung des Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG ergebenden gesetzgeberischen Willen zuwider liefe.

6. Zusammenfassung Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass die bestehenden Einwände der herrschenden Meinung gegen eine generelle Nennwertanrechnung der Forderungen 670 671 672

RegE-KredReorgG, BT-Drucksache 17/3024, S. 50. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 31. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 17 f., 31.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

beim Debt-Equity-Swap sich überwiegend entkräften lassen. Weiter sprechen die dargelegten Gründe der Mindermeinung sachlich und inhaltlich für eine generelle Zulassung der Nennwertanrechnung bei der Forderungsumwandlung. Obwohl die Mindermeinung inhaltlich zu überzeugen vermag und der Debt-Equity-Swap bei Zulassung einer generellen Nennwertanrechnung ein in der Praxis einfach zu handhabendes und den Beteiligten Rechtssicherheit bietendes Verfahren wäre, kann der Debt-Equity-Swap de lege lata nicht unter genereller Nennwertanrechnung durchgeführt werden. Eine generelle Nennwertanrechnung widerspricht dem Willen des Gesetzgebers, der den Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG unter Zugrundelegung der herrschenden Meinung zur außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung geregelt hat. Entsprechend hat der Gesetzgeber für das Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren auf Durchführungsebene die Geltung des Vollwertigkeitsprinzips angeordnet und lediglich auf der Rechtsfolgenseite eine Haftungsprivilegierung der Inferenten bei Überbewertung der Forderungen durch Ausschluss der Differenzhaftung geschaffen. Die Untersuchung des gesetzgeberischen Willens hat ergeben, dass in der Orientierung an der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage eine Wertentscheidung des Gesetzgebers zu sehen ist, die auf die Beurteilung der Bewertungsfrage beim regulären außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ausstrahlt und dort nicht unbeachtet bleiben kann. Es wurde dargelegt, welche Verwerfungen durch eine auseinanderlaufende Handhabe der Bewertungsfrage zwischen außerinsolvenzlicher Forderungsumwandlung einerseits und einem Debt-Equity-Swap im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren andererseits aufträten. Es ist anzuerkennen, dass der Gesetzgeber den Debt-Equity-Swap im KredReorgG und ESUG normiert hat und gegenüber der außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung durch Ausschaltung des Differenzhaftungsrisikos privilegieren wollte. Ein außerinsolvenzlicher Debt-Equity-Swap unter genereller Nennwertanrechnung würde die vom Gesetzgeber erstrebten Verhältnisse dagegen auf den Kopf stellen. Im Ergebnis bleibt es somit de lege lata beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap dabei, dass die Forderungen zu bewerten sind und eine generelle Nennwertanrechnung nicht erfolgen darf. Gleiches gilt – mit der Ausnahme des Ausschlusses des Differenzhaftungsrisikos für die Inferenten nach der Planbestätigung – für die Forderungsumwandlung im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren, Man wird den vom Gesetzgeber eingeschlagenen Weg einer Stärkung von Sanierungsmöglichkeiten im Rahmen förmlicher Reorganisations- und Insolvenzverfahren durch Haftungsprivilegierung der Inferenten beim Debt-Equity-Swap insbesondere dann beklagen, wenn man grundsätzlich der freien Sanierung zugeneigt ist und dieser generell bessere Erfolgschancen zuschreibt673, da zu erwarten ist, dass eine Steigerung der Attraktivität von Debt-Equity-Swaps im Rahmen förmlicher Ver673 In den Worten K. Schmidts erfolgen die besten Unternehmenssanierungen außerhalb formalisierter Verfahren und geschehen „früh, still und schnell“, K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604.

IV. Bewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap?

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fahren zulasten der außerinsolvenzlichen Sanierung durch Debt-Equity-Swaps geht. In diese Richtung deutet das seit Inkrafttreten des ESUG in der Praxis rege genutzte Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO zur Vorbereitung einer Sanierung, was bereits von zahlreichen bekannten Unternehmen in Anspruch genommen wurde674. Das Gesellschaftsrecht kann den eingeschlagenen Weg des Gesetzgebers aber nicht ignorieren. Dies gilt insbesondere seit Inkrafttreten des ESUG, durch das die gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts aufgehoben und dieses mit dem Gesellschaftsrecht verzahnt wurde, was nicht zuletzt erhebliche verfahrensrechtliche Auswirkungen hat. So entscheiden über die Zulässigkeit von in Insolvenzplänen enthaltenen gesellschaftsrechtlichen Regelungen die Insolvenzgerichte durch Bestätigung oder Ablehnung von Insolvenzplänen und über die Rechtsmittel hiergegen letztinstanzlich nicht der Gesellschaftsrechtssenat, sondern der für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat des BGH675. Aber auch bereits durch die GmbH-Reform im Jahr 2008 wurde die Schnittmenge von Gesellschaftsund Insolvenzrecht erhöht. Durch das MoMiG wurden die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO) und die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen sowie Gebrauchsüberlassungen (§§ 39, 135 InsO) in die Insolvenzordnung überführt. Diese Entwicklungen sind Ausdruck einer Tendenz, dem Insolvenzrecht immer mehr unternehmensrechtliche Aufgaben zuzuweisen676, sodass vermutet werden kann, dass sich die Verknüpfung von Gesellschafts- und Insolvenz auch in Zukunft fortsetzen wird. Auch aus diesen übergeordneten Gründen ist eine unterschiedliche Handhabe der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap – je nachdem, ob dieser außerinsolvenzlich oder im Rahmen eines Reorganisations- und Insolvenzplans erfolgt – zu vermeiden. Ziel muss vielmehr eine einheitliche und konsistente Handhabe der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap für sämtliche Anwendungsbereiche und -fälle sein. Wie herausgearbeitet wurde, kommt für die Sanierungspraxis de lege lata eine generelle Nennwertanrechnung nicht in Betracht. Diese hat sich daher im Ergebnis an der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage zu orientieren, nach der es auf die Werthaltigkeit der umzuwandelnden Forderungen ankommt und für diese 674 Gegenstand öffentlicher Berichterstattung waren insbesondere folgende Unternehmen: Pfleiderer, Siag-Schaaf Industrie, Dailycer, SiC Processing, Solarwatt, WGF Immobilien, Suhrkamp Verlag und zuletzt IVG, vgl. Handelsblatt vom 25. 03. 2013, Ausgebootet: Wie Anleger in Die Insolvenzfalle tappen, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/finanzen/bo erse-maerkte/anleihen/ausgebootet-wie-anleger-in-die-insolvenzfalle-tappen/7951644.html [Stand: 05. 03. 2014]; FAZ vom 21. 08. 2013, Wirtschaft, S. 13, Immobilienkonzern IVG schlittert in die Insolvenz, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/im mobilienkonzern-ivg-schlittert-in-die-insolvenz-12539773.html [Stand: 05. 03. 2014]. 675 Gegen die Bestätigung oder Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans findet nach Maßgabe der §§ 253, 4 InsO, §§ 567 ff. ZPO die sofortige Beschwerde zum Landgericht und dagegen unter den Voraussetzungen der §§ 574 ff. ZPO, § 133 GVG die Rechtsbeschwerde zum BGH statt. Nach dem Geschäftsverteilungsplan des BGHs ist der IX. Zivilsenat für Insolvenzsachen zuständig. 676 K. Schmidt, BB 2011, 1603, 1604.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

nur, soweit sie werthaltig sind, junge Aktien oder Geschäftsanteile ausgegeben werden können. Nachdem dieses Ergebnis aufgrund der dargelegten inhaltlich vorzugswürdigen Konzeption der Mindermeinung nicht zu befriedigen vermag, bleibt insofern die Aufforderung an den Gesetzgeber bestehen, de lege ferenda die Konzeption einer generellen Nennwertanrechnung beim Debt-Equity-Swap für das Kapitalgesellschaftsrecht sowie das Sanierungs- und Insolvenzrecht aufzugreifen und in Gesetzesform zu überführen, um damit einer einseitigen Privilegierung insolvenzlicher Sanierungen gegenüber vorinsolvenzlichen Sanierungen entgegenzusteuern. Aufgrund der für die Sanierungspraxis aktuell maßgeblichen Rechtslage ist nachfolgend zu erörtern, unter welchen Voraussetzungen die umzuwandelnden Forderungen in einer Krise der Schuldnergesellschaft noch als voll werthaltig angesehen werden können und welche Kriterien an die außer- und innerinsolvenzliche Forderungsbewertung anzulegen sind.

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung Nach dem gefundenen Arbeitsergebnis ist in der Sanierungspraxis beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage zu folgen. Gleiches gilt aufgrund der dargelegten gesetzgeberischen Vorgaben für den Debt-Equity-Swap im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren. Danach ist eine Nennwertanrechnung der Einlageforderungen nur unter der Voraussetzung der Vollwertigkeit der Forderungen zulässig, die volle Werthaltigkeit der Forderungen mithin Voraussetzung dafür, dass im Rahmen einer Forderungsumwandlung junge Aktien oder Geschäftsanteile im Nennbetrag der Höhe des Nominalbetrags der Forderung ausgegeben werden können. In der Konsequenz führt jede Wertminderung der Einlageforderung spiegelbildlich zu einem Abschlag bei der Bestimmung des Umfangs der hierfür auszugebenden jungen Aktien oder Geschäftsanteile. Innerhalb der herrschenden Meinung ist hierbei im Ausgangspunkt unstreitig, dass es für die Beurteilung der Werthaltigkeit der Forderungen auf die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Schuldnergesellschaft ankommt. Was die konkrete Bestimmung der Werthaltigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen anbelangt, bestehen dagegen unterschiedliche Ansätze hinsichtlich der anzuwendenden Bewertungsmethoden, der maßgeblichen Kriterien sowie der relevanten Bezugspunkte für die Bewertung. Bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren treten zudem spezifisch insolvenzliche Bewertungsfragen auf. Die nachfolgende Erörterung der bei der konkreten Forderungsbewertung bestehenden Problemfelder erfolgt daher unterteilt nach der Situation außer- und innerhalb eines Insolvenzverfahrens.

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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1. Maßgaben der außerinsolvenzlichen Forderungsbewertung Es wurde bereits an anderer Stelle herausgestellt, dass die herrschende Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap die Einlage von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen grundsätzlich gleich behandelt wie die Einlage von Forderungen gegen Dritte. Bei Forderungen gegen Dritte kommt es für die Bewertung als Einlagegegenstand nach herrschender Meinung auf den Zeit- bzw. Verkehrswert des Einlagegegenstandes an677. Es fragt sich aber, ob eine Wertbestimmung nach diesen Kriterien auch beim Debt-Equity-Swap maßgeblich sein soll oder eine auf die Schuldendeckungsfähigkeit der Schuldnerin bezogene Vermögensbewertung der Gesellschaft vorzunehmen ist. a) Verkehrswert- oder vermögensbezogene Bewertung der Forderung? Bei der Einlage von Ansprüchen gegen Dritte im Rahmen der Kapitalaufbringung ist anerkannt, dass eine Anrechnung auf die übernommene Kapitalbeteiligung des Inferenten nur in Höhe ihres momentanen wirtschaftlichen Werts zulässig ist und bei Zweifeln an der Realisierbarkeit der Forderung Abschläge vom Nennwert vorzunehmen sind678. Nach einer in der Literatur verbreiteten Ansicht soll dies auch für die Bewertung von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen beim Debt-Equity-Swap gelten, sodass bei Zweifeln an der Bonität der Schuldnerin die Anrechnung nur mit einem entsprechenden Abschlag vom Nominalbetrag der Forderung möglich sein soll679. Für eine solche Behandlung könnte zunächst sprechen, dass dies eine auf die Perspektive des Gläubigers zentrierte Bewertung ist, die von der herrschenden Meinung in Bezug auf die Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap für die maßgebliche „objektive“ Sichtweise gehalten wird. Es wäre insoweit konsequent, dies gleichfalls als Kriterium für die konkrete Bestimmung des Forderungswerts anzusehen. Zudem scheint auch ein Vergleich mit den ansonsten bestehenden Handlungsoptionen der an einem Debt-Equity-Swap Beteiligten für eine zeitwertbezogene Bewertung der betreffenden Forderung zu sprechen. Statt einer Umwandlung der Forderung in statutarisches Eigenkapital an der Schuldnergesellschaft könnte der Gläubiger seine Forderung an einen Dritten veräußern und hierbei maximal den Zeitwert der For677 A. Arnold, in: KölKo-AktG, § 27 Rdn. 69; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 37; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 89; Hüffer-AktG § 27 Rdn. 20; Ulmer/Casper, in: Großkomm-GmbHG, § 5 Rdn. 91; Veil, in: Scholz-GmbHG, § 5 Rdn. 57 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG § 5 Rdn. 33; Zeidler, in: Michalski-GmbHG, § 5 Rdn. 161; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 5 Rdn. 25. 678 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 72; Heidinger/Benz, in: Spindler/StilzAktG, § 27 Rdn. 23, 38; Pentz, in: MüKo-AktG, § 27 Rdn. 29; Ulmer/Casper, in: GroßkommGmbHG, § 5 Rdn. 63; Märtens, in: MüKo-GmbHG, § 5 Rdn. 114. 679 Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 27 Rdn. 81; Bayer, in: K. Schmidt/Lutter-AktG, § 27 Rdn. 20; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff-GmbHG, § 56 Rdn. 9; Roth, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 5 Rdn. 45.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

derung erzielen. Versucht andererseits die Gesellschaft ihren Schuldenstand durch einen Aufkauf von gegen sie gerichteten Verbindlichkeiten zu verringern (Debt-BuyBack)680, so müsste sie für den Forderungserwerb gleichfalls den Zeitwert der Forderungen aufwenden. Diese Ansicht erscheint aber bereits unter dem Gesichtspunkt der praktischen Durchführbarkeit problematisch, da insgesamt betrachtet nur hinsichtlich eines geringen Teils der für einen Debt-Equity-Swap in Frage kommenden Gesellschaften ein regelmäßiger Handel mit deren Forderung stattfindet. In der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle wird es daher an aussagekräftigen Marktpreisen fehlen. Aus diesem Grund wird teilweise vertreten, dass, soweit ein Investor die Forderung vom ursprünglichen Gläubiger erworben habe, dem Kaufpreis eine Indizwirkung für die Bewertung der Forderung, sprich für den Marktwert der Forderung, zukäme681. Es liegt aber auf der Hand, dass einzelne Forderungskäufe höchstens zur Bildung eines Marktpreises beitragen, selbst aber keinen solchen darstellen können. Zudem hat die Schuldnergesellschaft keinen Einfluss darauf, ob Zedent und Zessionar Vertraulichkeit über den Kaufpreis vereinbaren, sodass diese gegebenenfalls gar keinen Zugriff auf die zur Bewertung erforderlichen Daten erhalten würde. Aus diesen Gründen wäre in jedem Fall eine auf den konkreten Vorgang bezogene individuelle Bewertung der Ausfallrisiken der betreffenden Forderung erforderlich. Für eine solche Festlegung eines Zeit- bzw. Verkehrswertes gibt es aber in der Praxis keine allgemein anerkannten Bemessungskriterien. Zwar ist im Ausgangspunkt einleuchtend, dass sich eine solche Bewertung maßgeblich auf prognostische Elemente einer Beurteilung der Zukunftsaussichten der Schuldnergesellschaft zu stützen hätte. Diese allgemeine Erkenntnis kann aber noch nichts dazu beitragen, das praktische Umsetzungsproblem zu lösen, was die relevanten Bewertungsfaktoren sein sollen und wie diese untereinander zu gewichten sind. In der Literatur findet sich zur Lösung der Frage, wie das Ausfallrisiko der Forderung bestimmt werden soll, wenig Konkretes. Gewiss kann es nicht überzeugen, dem Problem der Bestimmung fester Bemessungskriterien dadurch auszuweichen, der Gesellschaft, sowie bei der AG den externen Prüfern, bei der Bewertung einen „gewissen Gestaltungsspielraum“ zuzubilligen682. Ein solches Vorgehen würde ersichtlich erhebliches Missbrauchspotenzial bergen und der sich nach herrschender Meinung aus den Kapitalaufbringungsregeln ergebenden Wertdeckungsverpflichtung des Inferenten zuwiderlaufen. An der Festlegung konkreter bewertungsrelevanter Faktoren wird daher kein Weg vorbeiführen. Als marktbasierte Methoden der Einschätzung von Ausfallrisiken kommen beispielsweise ein Rückgriff auf die Risikobemessungsmethoden beim Investment-Grade-Rating von Kreditnehmern durch Rating-Agenturen683 oder die 680

Zum Debt-Buy-Back vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 5. So Redeker, BB 2007, 673, 675. 682 So aber Wentzler, FB 2009, 446, 452. 683 Zu den Kriterien des Investment-Grade-Ratings von Kreditnehmern durch RatingAgenturen vgl. Cahn, Der Konzern 2009, 67, 74 f.; Standard & Poor’s, Corporate Ratings 681

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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Bewertungsvorgaben der EU-Kreditinstitute-Richtlinie zur Risikosteuerung684 in Betracht685. Beiden Methoden ist gemein, dass dabei die Kreditwürdigkeit von Schuldnern oder das Ausfallrisiko einzelner Finanzinstrumente bzw. Verbindlichkeiten auf Grundlage des Geschäfts- und Finanzierungsrisikos des Schuldners beurteilt wird686, wobei eine Anzahl der in die Bewertung einfließenden Kennzahlen und Faktoren die Verfügbarkeit unternehmensinterner Daten und Berechnungen voraussetzen. Wollte man einen vergleichbaren Kriterienkatalog auf die Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap anwenden, liefe dies in der Tendenz auf eine Bewertung des Schuldnerunternehmens hinaus. In der Tat ist naheliegend, dass sich durch eine umfassende Unternehmensbewertung indirekt auch möglichst exakte Aussagen zum Zeitwert der gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen treffen lassen687. Im Unterschied zur Bewertung von gegen Dritte gerichteten Forderungen als Sacheinlage besteht beim Debt-Equity-Swap zudem die Möglichkeit, zur Forderungsbewertung auf sämtliche interne Unternehmensdaten und internen Rechnungswerke zuzugreifen, die eine eingehende und auf den relevanten Zeitpunkt bezogene Analyse der Werthaltigkeit der Forderungen erlauben würden. Eine solche Vorgehensweise zur Forderungsbewertung kann im Ergebnis aber nicht überzeugen, da dies eine deutliche Überspannung der Prüfungsanforderungen bedeuten und zudem erhebliche Transaktionskosten auslösen würde. Hielte man eine umfängliche Unternehmensbewertung beim Debt-Equity-Swap für erforderlich, so liefe der Prüfungsumfang im Vergleich zur Einlage von Forderungen gegen Dritte völlig auseinander. Der Inferent als Gläubiger und die Gesellschaft, die eine Forderung gegen einen Dritten als Einlage erhalten soll, können für eine Bewertung der betreffenden Forderung generell nur auf öffentlich zugängliche Daten und Beurteilungen, wie die nach § 325 HGB offengelegten Jahresabschlüsse, Zwischenberichterstattungen nach § 37w WpHG, Ad-hoc-Mitteilungen von Insiderinformationen nach § 15 WpHG oder vorhandene Einschätzungen der Kreditwürdigkeit von Rating-Agenturen, zurückgreifen688.

Criteria, 2006, S. 19 ff., abrufbar unter: http://www.kellogg.northwestern.edu/faculty/thompsnt/ htm/d42/pdf/corporateratings_2006.pdf [Stand: 05. 03. 2014]. 684 Anhang VII. der Richtlinie 2006/48 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und die Tätigkeit der Kreditinstitute. 685 So Ekkenga, DB 2012, 331, 336 in Rdn. 55, der sich aber inhaltlich gegen eine Forderungsbewertung zum Zeit- oder Verkehrswert ausspricht. 686 Cahn, Der Konzern 2009, 67, 74. 687 Im Überblick zu den unterschiedlichen Methoden der Unternehmensbewertung Reichert/Weller, in: MüKo-GmbHG, § 14 Rdn. 26 – 40. 688 In der Konstellation der Sacheinlage von Forderungen gegen Dritte ist der Schuldner gegenüber dem Gläubiger grundsätzlich nicht auskunftspflichtig bezüglich seiner aktuellen wirtschaftlichen Situation. Handelt es sich bei der Einlageforderung dagegen um eine Darlehensforderung gegen einen Dritten, kann der Gläubiger im Fall entsprechender Vereinbarungen in den „financial covenants“ vom Schuldner die regelmäßige Unterrichtung über dessen wirtschaftliche Entwicklung verlangen, vgl. Berger, in: MüKo-BGB, vor § 490 Rdn. 39.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Die Besonderheit der Gläubiger-Schuldner-Konstellation beim Debt-EquitySwap kann die Durchführung einer Unternehmensbewertung zur Beurteilung des Ausfallsrisikos der Einlageforderungen bei der Forderungsumwandlung aber nicht rechtfertigen. Zwar hat hierbei gerade die Gesellschaft als Forderungsschuldnerin die Bewertung der Einlageforderung vorzunehmen bzw. bei der AG nach §§ 183 Abs. 3, 33 AktG externe Prüfer für die Gesellschaft, sodass hierbei auf sämtliche intern verfügbare Unternehmensdaten zurückgegriffen werden und zusätzlich für eine Unternehmensbewertung erforderliche Zahlenwerke erstellt werden könnten. Eine sachliche Rechtfertigung für einen solchen Prüfungsaufwand, der ohne Weiteres mittlere sechsstellige Summen erreichen kann und erhebliche Zeit in Anspruch nähme689, ist aber nicht ersichtlich. Zutreffend weist Meilicke darauf hin, dass eine umfängliche Unternehmensbewertung zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen öffentlichen Prüfung der Insolvenzreife der Gesellschaft führen würde690. Nicht nur gegen eine Unternehmensbewertung, sondern insgesamt gegen eine zeit- bzw. verkehrswertbezogene Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap spricht im Ergebnis, dass jede Verkehrswertbetrachtung bei der Forderung als Vermögensobjekt absetzt, das die Gesellschaft im Rahmen der Forderungsumwandlung erhalten soll. Ein Debt-Equity-Swap würde somit wie ein Vermögenstransfer behandelt691. Es wurde aber bereits an mehreren Stellen herausgearbeitet, dass der Forderungsumwandlung materiell eine Verzichtsleistung des Gläubigers zugrunde liegt. Selbst nach der herrschenden Meinung rechtfertigt sich die Anerkennung der Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft nur durch die bei der Gesellschaft eintretende Entschuldungswirkung692. Dieser im Gegensatz zur Einlage von Aktiva unterschiedliche Leistungsinhalt beim Passivtausch verhindert nach vorzugswürdiger Ansicht, den Debt-Equity-Swap bewertungsrechtlich wie die Einlage einer Forderung gegen einen Dritten zu behandeln693. Da es beim Debt-Equity-Swap inhaltlich um eine Aufwertung des vorhandenen Gesellschaftsvermögens durch die Schuldbefreiung geht, bezieht sich der bei der Forderungsbewertung anzulegende Maßstab vielmehr auf die Bewertung der Vermögenssubstanz694 und somit der Schuldendeckungsfähigkeit695 der Gesellschaft und nicht auf eine zukunftsbezogene und daher prognoseabhängige Bewertung des Zeit- bzw. Verkehrswerts der Forderung. Für eine auf das vorhandene Schuldnervermögen bezogene Forderungsbewertung spricht zudem, dass der Verkehrswert von Forderungen bereits bei bloßen Zweifeln an der Realisierbarkeit der Forderung oder bei Zahlungsstockungen unter dem Nennwert anzusetzen ist, selbst wenn die Verbindlichkeiten der Gesellschaft 689 690 691 692 693 694 695

Hierzu Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 28. Meilicke, Die „verschleierte“ Sacheinlage, S. 25. Ekkenga, DB 2012, 331, 336. Vgl. oben, 3. Kapitel, IV. 3. a) aa); Ekkenga, DB 2012, 331, 336. Ekkenga, DB 2012, 331, 336. Ekkenga, DB 2012, 331, 336. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 122.

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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noch voll durch Aktivvermögen sind696. In diesem Fall erscheint ein Wertabschlag bei der Forderungsumwandlung weder sachgerecht noch ist ersichtlich, dass ein solcher durch die Kapitalaufbringungsregeln vorgegeben wäre. Danach hat die Bewertung der Forderungen auf Grundlage eines stichtagsbezogenen Vermögensstatus697 anhand der Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft zu erfolgen. Die für den zu erstellenden Vermögensstatus maßgeblichen Kriterien und Anforderungen werden nachfolgend dargelegt. b) Kriterien der vermögensbezogenen Forderungsbewertung Nach der Rechtsprechung des BGHs ist eine Forderung jedenfalls dann nicht mehr vollwertig, wenn die Schuldnergesellschaft überschuldet ist698. Im Übrigen sei eine Gläubigerforderung nicht vollwertig, wenn das Vermögen der Schuldnerin nicht ausreiche, um alle ihre fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen699. Ausgehend von dieser Formulierung der Rechtsprechung werden nachfolgend die im zur Bestimmung der Werthaltigkeit von Forderungen beim Debt-Equity-Swap zu erstellenden Vermögensstatus anzusetzenden Positionen und die hierbei zu beachtenden Maßgaben näher erörtert. aa) Ansatz sämtlicher Verbindlichkeiten Zunächst ist für die Bestimmung der Werthaltigkeit der Einlageforderungen zu klären, in welchem Umfang Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft im zu erstellenden Vermögensstatus zu berücksichtigen sind. Anknüpfungspunkt ist die von der Rechtsprechung verwendete – und von der Literatur in diesem Zusammenhang wiedergegebene700 – Formel, wonach eine gegen die Gesellschaft bestehende Gläubigerforderung dann nicht vollwertig ist, wenn das Gesellschaftsvermögen nicht ausreicht, um alle ihre fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen701. Könne die Schuldnergesellschaft nicht alle fälligen Verbindlichkeiten erfüllen, so seien alle Forderungen in ihrem Wert gemindert; jede einzelne Forderung könne nur auf Kosten

696 Ekkenga, DB 2012, 331, 336; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 123. 697 Ekkenga, DB 2012, 331, 336; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 131; ähnlich Priester, DB 2010, 1445, 1448, nach dem die Werthaltigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft „auf der Grundlage ihrer Bilanz zu ermitteln ist“. 698 BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 = NJW 1984, 1891. 699 BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 = NJW 1984, 1891. 700 Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 242; Ekkenga, DB 2012, 331, 335; MaierReimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 122. 701 BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 145 = NJW 1994, 1477, 1478; BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 373 = NJW 1984, 1891.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

der anderen Gläubigerforderungen vollständig befriedigt werden702. Es stellt sich daher die Frage, ob im zu erstellenden Vermögensstatus lediglich die fälligen Verbindlichkeiten anzusetzen sind. Dies kann aber ersichtlich kein tauglicher Maßstab zur aussagekräftigen Darstellung der zutreffenden Vermögenssituation der Gesellschaft sein, da der Fälligkeit lediglich Aussagekraft hinsichtlich des aktuellen Liquiditätsbedarfs zukommt, die Gesamtvermögenssituation der Gesellschaft anhand sämtlicher bestehender Verbindlichkeiten dagegen unberücksichtigt gelassen werden würde. Allerdings zeigt eine nähere Analyse der angeführten BGH-Rechtsprechung, welche die Vollwertigkeit von Gläubigerforderungen von der Fähigkeit der Schuldnergesellschaft zur Bedienung sämtlicher fälliger Verbindlichkeiten abhängig zu machen scheint, dass es in diesen Entscheidungen um die Frage der wirksamen Erfüllung einer Bareinlageverpflichtung aufgrund damit im Zusammenhang erfolgter Zahlungen an den Inferenten und nicht um die Bewertung von Forderungen als Sacheinlagen ging. Zudem hat der BGH dem Kriterium der Fälligkeit der Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft im Ergebnis kein entscheidendes Gewicht beigemessen, sondern festgestellt, dass für die Beurteilung der Werthaltigkeit der Gläubigerforderung vielmehr sämtliche Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft im zu erstellenden Vermögensstatus anzusetzen sind. Zum einen ist eine Überschuldung nach Ansicht des BGHs anhand eines Vermögensstatus der Gesellschaft (Überschuldungsbilanz) festzustellen703. Hierfür sind aber nach allgemeiner Ansicht sämtliche Verbindlichkeiten unabhängig von ihrer Fälligkeit zu erfassen704. Zum anderen soll es, soweit keine Überschuldung vorliegt, für die Beurteilung der Werthaltigkeit der Gläubigerforderung darauf ankommen, ob bei rechtzeitiger Abwicklung noch alle Gläubiger vollständig aus dem Gesellschaftsvermögen hätten befriedigt werden können705. Auch für eine solche Feststellung ist aber der Ansatz sämtlicher Verbindlichkeiten im Vermögensstatus maßgeblich und zur Feststellung der Schuldendeckungsfähigkeit des Gesellschaftsvermögens erforderlich. Somit sind in dem zur Bewertung der Einlageforderungen zu erstellenden Vermögensstatus nicht nur die fälligen, sondern sämtliche Verbindlichkeiten zu erfassen. Neben den Verbindlichkeiten sind – ausgenommen das Eigenkapital706 und 702

1478. 703

1478.

BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 145 = NJW 1994, 1477, BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477,

704 Drukarczyk/Schüler, in: MüKo-InsO, § 19 Rdn. 118, K. Schmidt, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 513 Rdn. 5.169; Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 89; BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477, 1478. 705 BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477, 1478; BGH, Urteil vom 26. 03. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 374 = NJW 1984, 1891. 706 Bei Stamm- oder Grundkapital handelt es sich nicht um echte Verbindlichkeiten der Gesellschaft, sondern um Haftkapital. Dieser Passivposten bleibt auch bei der Erstellung eines Überschuldungsstatus ausser Betracht, vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 96.

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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Rechnungsabgrenzungsposten707 – auch die weiteren Passivposten einer Bilanz (Rückstellungen sowie passive latente Steuern) zu berücksichtigen. Für den Ansatz und die Bewertung der Passivposten bietet sich eine entsprechende Anwendung der für die Erstellung eines Überschuldungsstatus entwickelten Kriterien an708. bb) Ansatz der Vermögensgegenstände/Berücksichtigung stiller Reserven Für den Ansatz der Vermögensgegenstände der Schuldnergesellschaft in dem zu erstellenden Vermögensstatus ist zu klären, welcher Maßstab hierbei anzuwenden ist. Hierfür kommen grundsätzlich eine Erfassung zu Liquidations-, Buch- oder Verkehrswerten in Betracht. Ein Ansatz der Aktiva zu Liquidationswerten bei einem außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap kommt in der Regel nicht in Betracht, da dessen Durchführung gerade der Sanierung der Schuldnergesellschaft dient und daher von den Bestandsgesellschaftern und den an der Forderungsumwandlung beteiligten Inferenten die Fortführung des Unternehmens der Schuldnergesellschaft beabsichtigt wird. Somit ist für den Ansatz von Vermögensgegenständen im Vermögensstatus beim Debt-Equity-Swap entsprechend § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB generell von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen709. Zudem wird ein Debt-EquitySwap von den Beteiligten regelmäßig nur in Betracht gezogen werden, wenn eine positive Fortführungsprognose nach den für die Feststellung der insolvenzlichen Überschuldung geltenden Maßstäben des § 19 Abs. 2 InsO gegeben ist, sodass ein Ansatz von Zerschlagungswerten nicht angezeigt wäre. Ein Ansatz von Liquidationswerten kann somit nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn das Unternehmen der Schuldnergesellschaft nach Durchführung der Forderungsumwandlung tatsächlich beendet werden soll710. Am wenigsten Aufwand für den Ansatz der Vermögensgegenstände fällt an, soweit bei der Erstellung des Vermögensstatus die handelsbilanziellen Buchwerte zugrunde gelegt werden711. Der Ansatz von fortgeschriebenen Buchwerten ist in jedem Fall als zulässig zu beurteilen712, da eine Übernahme der sich aus Zugangsund Folgebewertung nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB ergebenden Buchwerte einen 707 Rechnungsabgrenzungsposten auf der Passivseite sind keine Schulden, sondern dienen der periodengerechten Erfolgsermittlung, vgl. Merkt, in: Baumbach-Hopt-HGB, § 250 Rdn. 1. 708 Zum Ansatz und zur Bewertung der Passiva im Überschuldungsstatus vgl. Uhlenbruck, in: Uhlenbruck-InsO, § 19 Rdn. 89 ff. 709 So auch Priester, DB 2010, 1445, 1448. 710 Vgl. zur Parallele bei der Unternehmensbewertung Reichert/Weller, in: MüKo-GmbHG, § 14 Rdn. 36; Raiser, in: Großkomm-GmbHG, § 14 Rdn. 14. 711 Die bestehenden Buchwerte müssen auf den Stichtag allenfalls nach § 253 Abs. 3 – 5 HGB um Abschreibungen vermindert oder um Wertaufholungen erhöht fortgeschrieben werden. 712 Ebenso Priester, DB 2010, 1445, 1448, der die Buchwerte als Ausgangspunkt bei der Bewertung des Vermögens der Schuldnergesellschaft zugrunde legt.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

weitgehenden Schutz vor einer Überbewertung der erfassten Vermögensgegenstände bietet, welche mit den historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 – 5 HGB, zu Buche stehen. Bei einer Übernahme der Buchwerte aus der Handelsbilanz bleiben zudem die dem Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB unterliegenden immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens außer Betracht, sodass sich bei einem Ansatz der handelsbilanziellen Aktiva zu Buchwerten im Vermögensstatus weitgehend sicherstellen lässt, dass es nicht zum Ausweis einer überhöhten Schuldendeckungsquote der Gesellschaft kommt. Auf diesem Weg kann eine Überbewertung der Einlage bei der Forderungsumwandlung vermieden und somit das Differenzhaftungsrisiko der Inferenten minimiert werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein Ansatz der Vermögensgegenstände auch zu Verkehrswerten möglich ist, sodass insbesondere stille Reserven im Vermögensstatus berücksichtigt werden können. Dagegen könnte sprechen, dass es beim DebtEquity-Swap gerade nicht zu einem Vermögenstransfer zu Marktkonditionen komme, dem sich Daten für eine Neubewertung der Aktiven entnehmen ließen713. Zudem wird vertreten, nur eine strikt handelsbilanzielle Betrachtung ermögliche es, den Systemzusammenhang zwischen Kapitalerhöhungen gegen Entschuldung und Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 ff. AktG, §§ 57c ff. GmbHG zu wahren, die sich nach der Rechtsprechung aufbringungstechnisch komplementär zueinander verhielten714. Eine Bindung an die Buchwerte kann aber im Ergebnis nicht überzeugen, sodass die Berücksichtigung stiller Reserven als zulässig anzusehen ist715. Hierfür spricht vorrangig der Zweck der Erstellung eines Vermögensstatus zur Ermittlung der Schuldendeckungsquote der Gesellschaft für die Bewertung der Einlageforderungen beim Debt-Equity-Swap. Diesbezüglich kommt es nicht auf die handelsbilanzielle Aktivierbarkeit, sondern allein darauf an, ob die Verbindlichkeiten durch entsprechendes Vermögen der Gesellschaft gedeckt sind716. Die Vermögensdeckung der Verbindlichkeiten umfasst auch die stillen Reserven, da diese sich durch eine Veräußerung der betreffenden Gegenstände realisieren ließen717. Auch greift vorliegend nicht die im Rahmen der Ausschüttungsbegrenzung des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bestehende Bindung an handelsbilanzielle Buch713

So Ekkenga, DB 2012, 331, 336. Ekkenga, DB 2012, 331, 336. 715 Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 56 Rdn. 19; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 56 Rdn. 13; Priester, DB 2010, 1445, 1448; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 122; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42; zur Resttilgung einer Bareinlageverpflichtung vgl. BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477, 1478. 716 Lieder, in: MüKo-GmbHG, § 56 Rdn. 19; Priester, in: Scholz-GmbHG, § 56 Rdn. 13; Priester, DB 2010, 1445, 1448; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 122; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42; zur Resttilgung einer Bareinlageverpflichtung vgl. BGH, Urteil vom 21. 02. 1994 – II ZR 60/93, BGHZ 125, 141, 146 = NJW 1994, 1477, 1478. 717 Priester, DB 2010, 1445, 1448. 714

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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werte, die eine Berücksichtigung stiller Reserven ausschließen würde718. Für die zutreffende Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap kann es zudem nicht darauf ankommen, dass im zu erstellenden Vermögensstatus angesetzte stille Reserven handelsbilanziell nicht im Rahmen eines Verkehrsgeschäfts realisiert wurden719. Schließlich mag auch die angeführte Parallele zur nominalen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht überzeugen, da es sich beim Debt-Equity-Swap um eine effektive Kapitalerhöhung handelt, sodass sich hieraus für die Forderungsumwandlung keine Bindung an die handelsbilanzielle Betrachtung ergeben kann720. Im Ergebnis können somit im zur Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap zu erstellenden Vermögensstatus der Schuldnergesellschaft stille Reserven berücksichtigt werden. Sollen im Vermögensstatus Verkehrswerte angesetzt werden, ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass Unsicherheiten und Unwägbarkeiten bei einer Bewertung von vorhandenen stillen Reserven bestehen. Die Bewertung hat daher nach anerkannten Methoden und unter Beachtung des Vorsichtsprinzips zu erfolgen. Aufgrund des verbleibenden allgemeinen Risikos einer Überbewertung steigt bei der Berücksichtigung stiller Reserven im Vermögensstatus gleichfalls das Risiko einer Überbewertung der Einlageforderungen und damit spiegelbildlich das Differenzhaftungsrisiko der Inferenten. c) Maßgeblicher Bezugspunkt für die Bewertung Zu klären bleibt der zutreffende Bezugspunkt für die vorzunehmende Bewertung der Einlageforderungen beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung ergibt sich aus dem Anknüpfungspunkt der Differenzhaftung nach § 9 Abs. 1 GmbHG, wonach der Wert einer Sacheinlage im Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister gemäß § 184 Abs. 1 AktG, § 56 Abs. 2 GmbHG den Nennbetrag der dafür übernommenen Geschäftsanteile erreichen muss, sodass der zu erstellende Vermögensstatus möglichst genau auf den Tag der Anmeldung zu erstellen ist. In der Literatur ist allerdings in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Forderungsbewertung die Frage aufgeworfen worden, ob die umzuwandelnden Verbindlichkeiten im zu erstellenden Vermögensstatus aufgenommen werden müssen, für die Bewertung also die Lage unmittelbar vor oder nach der Forderungsumwandlung maßgeblich ist721. Die im Vermögensstatus zu ermittelnde Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft würde zwangsläufig höher ausfallen, wenn der durch die Forderungsumwandlung verfolgte 718 BGH, Urteil vom 11. 05. 1987 – II ZR 226/86, NJW 1988, 139; BGH, Urteil vom 07. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7, 12 =NJW 1989, 982, 983; BGH, Urteil vom 11. 12. 1989 – II ZR 78/89, BGHZ 109, 334, 337 = NJW 1990, 1109. 719 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42. 720 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 42; Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629, 1632. 721 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 125 f.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Effekt bereits bei der Forderungsbewertung Berücksichtigung finden könnte. Diese Folge der Forderungsumwandlung soll nach Maier-Reimer unter Heranziehung eines „funktionalen Zeitpunkts“ bei der Bewertung der Forderungen berücksichtigt werden können722. Maier-Reimer begründet dies mit der Überlegung, dass bei einem Debt-Equity-Swap ansonsten die Einlageforderungen gegenüber den verbleibenden Forderungen ohne sachlichen Grund diskriminiert würden, wenn durch die Umwandlung der Forderungen der Inferenten eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft überwunden werde und die verbleibenden Forderungen gegen die Gesellschaft hierdurch wieder vollwertig würden723. Diese Ansicht weiß aber weder im Ansatzpunkt noch in der Begründung zu überzeugen. Zunächst ist zur Bewertung der Einlageforderungen anhand eines Vermögensstatus denklogisch erforderlich, dass die betreffenden Verbindlichkeiten hierbei berücksichtigt werden. Ansonsten würden die Inferenten auf Bewertungsebene bereits von der von ihnen zu erbringenden Einlageleistung profitieren. Eine Berücksichtigung des Sanierungseffekts bei der Bewertung unter Bezugnahme auf einen „funktionalen“ Bewertungszeitpunkt überzeugt daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Einlageleistung der Abtretung der Forderungen bzw. des Forderungsverzichts bereits im für die Werthaltigkeit der Einlage maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung zum Handelsregister bewirkt sein muss724. Auch die angeführte Diskriminierung der Inferenten im Vergleich zu bestehen bleibenden Verbindlichkeiten überzeugt nicht, da es an der Vergleichbarkeit der Rechtsstellung beider Gruppen fehlt. Die Inferenten scheiden durch autonome rechtsgeschäftliche Entscheidung aus der Konkurrenz um das Schuldnervermögen aus und verzichten gegen die Gewährung einer Beteiligung am statutarischen Eigenkapital der Gesellschaft auf ihre Forderungen. Schließlich sprechen gegen eine Berücksichtigung des Sanierungseffekts bei der Bewertung der Forderungen die § 27 Abs. 3 AktG, § 19 Abs. 4 GmbHG, nach denen es für die Anrechnung verdeckter Sacheinlagen auf die Bareinlageverpflichtung auf den „Wert des Vermögensgegenstands“ ankommt und daher nicht auf die Vermögensmehrung bei der Gesellschaft infolge der Einbringung abgestellt wird725. In diesem Kontext hat der BGH in seiner Cash-Pool II-Entscheidung geurteilt, dass es für die Bewertung einer verdeckt eingebrachten Forderung gegen die Gesellschaft auf deren Vermögenslage ohne die Einlageleistung ankommt726, der Effekt der verdeckten Sacheinlage somit bei der Bewertung des Einlagegegenstands außer Betracht zu bleiben hat. Für die Bewertung der Einlageforderungen beim Debt-Equity-Swap kann nichts anderes gelten727, sodass die 722

Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 126. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 127. 724 Vgl. oben, 3. Kapitel, III. 2. c). 725 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40. 726 BGH, Urteil vom 20. 07. 2009 – II ZR 273/07 Cash-Pool II, BGHZ 182, 103 = NJW 2009, 3091. 727 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40; anders Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 133. 723

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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Einlageforderungen beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap bei der Forderungsbewertung zu berücksichtigen sind und die entsprechenden Verbindlichkeiten in den zu erstellenden Vermögensstatus einzustellen sind728. d) Fazit Für die Forderungsbewertung beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ist nach vorzugswürdiger Ansicht nicht der Zeit- bzw. Verkehrswert der betreffenden Forderungen entscheidend, sondern das Vermögen der Schuldnergesellschaft. Hierbei ist die Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft maßgeblich, welche bei einer Unterbilanz noch in vollem Umfang gegeben ist, nicht aber bei Überschuldung der Gesellschaft. Der Schuldendeckungsgrad des Gesellschaftsvermögens wird anhand eines stichtagsbezogenen Vermögensstatus ermittelt, wofür sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft – einschließlich der umzuwandelnden – den Vermögensgegenständen gegenübergestellt werden. Die Aktiva sind hierbei grundsätzlich zu Fortsetzungswerten anhand der handelsbilanziellen Buchwerte anzusetzen. Da es für die Bewertung bei der Forderungsumwandlung aus Gründen der Kapitalaufbringung allein auf die Schuldendeckungsfähigkeit der Gesellschaft ankommt, ist die Aufdeckung stiller Reserven und somit der Ansatz von Verkehrswerten ebenfalls zulässig. 2. Maßgaben der Forderungsbewertung im Insolvenzverfahren Nach Darlegung der für die Forderungsbewertung beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap maßgeblichen Kriterien ist nachfolgend zu prüfen, inwieweit es beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren zu Abweichungen hiervon kommt. a) Bewertung des Schuldnervermögens zu Liquidationsoder Fortführungswerten? Insolvenzspezifische Bewertungsprobleme bei einem Debt-Equity-Swap im Planverfahren ergeben sich daraus, dass der Gesetzgeber durch das ESUG zwar in den §§ 225a Abs. 2, 254 Abs. 4 InsO Regelungen für die Forderungsumwandlung geschaffen und sich dabei auf die herrschende Meinung zur Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap gestützt hat, jedoch keine ausdrückliche Bestimmung zum anrechenbaren Wert einer umzuwandelnden Forderung getroffen hat729. Auch aus der Gesetzesbegründung zum ESUG ergeben sich keine eindeutigen Vorgaben für die vorzunehmende Bewertung. Diese enthält zunächst lediglich allgemein gehaltene Ausführungen, dass in der Insolvenz der Wert der Gläubigerfor728 A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 40; Priester, DB 2010, 1445, 1448; Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 555. 729 Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 553; Simon, CFL 2010, 448, 451.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

derungen regelmäßig nicht mehr dem Nominalwert entspricht und daher eine Berichtigung durch Wertabschläge im Insolvenzplan vorzunehmen ist730. Zur konkreten Bestimmung der Werthaltigkeit von Einlageforderungen beim Debt-Equity-Swap sollen „gegebenenfalls“ Wertgutachten externer Sachverständiger eingeholt werden731. Hinsichtlich der hierbei anzuwendenden Bewertungsgrundlagen findet sich der Hinweis, dass dabei „auch die Quotenerwartung berücksichtigt werden“ könne732. Diese Ausführungen in den Gesetzesmaterialien geben zwar einen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber vom Ansatz von Abwicklungs- bzw. Liquidationswerten ausgeht. Eine eindeutige Regelung der anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe im Gesetz oder zumindest unmissverständliche Aussagen hierzu in den Gesetzesmaterialen wären aber vorzugswürdig und auch zu erwarten gewesen, da im Gesetzgebungsverfahren seitens des IDW deutlich darauf hingewiesen wurde, dass ohne konkrete Festlegungen zum Bewertungsmaßstab insoweit Rechtsunsicherheit drohe733. Ausgehend von den eher skizzenhaften Aussagen der Gesetzesbegründung zum ESUG ist daher nachfolgend die für die Bewertung der Forderungen entscheidende Frage zu klären, ob für die Bewertung der umzuwandelnden Forderungen im Insolvenzplanverfahren die bei Abwicklung der Schuldnergesellschaft zu erwartende Insolvenzquote und somit das Schuldnervermögen zu Liquidationswerten anzusetzen ist. Ein Ansatz von Liquidationswerten würde zunächst den handelsbilanziellen Maßgaben entsprechen, wonach eine Fortführungsbewertung zwar nicht allgemein wegen Auflösung der Gesellschaft734, aber aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtlich unmöglich im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB wird und daher Liquidationswerte anzusetzen sind735. Andererseits erscheint im Insolvenzplanverfahren im Ausgangspunkt auch ein Ansatz von Fortführungswerten denkbar, soweit durch diesen nicht die Liquidation, sondern die Fortführung der Schuldnergesellschaft erreicht werden soll736. Sollen im Rahmen eines Insolvenzplans Gläubigerforderungen in statutarisches Eigenkapital umgewandelt und gegebenenfalls weitere Kapitalmaßnahmen getroffen werden, so dient dies regelmäßig der Sanierung und somit der Fortführung der Schuldnergesellschaft. Für diesen Fall wird gegen den Ansatz von Liquidationswerten angeführt, dass die Inferenten hierdurch gerade um 730 731 732 733

394.

RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 32. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 31 f. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 32. Stellungnahme des IDW zum RegE-ESUG vom 01. 06. 2011, Ziff. 5.2, FN-IDW 2011,

734 Für die Dauer einer außerinsolvenzlichen Abwicklung bzw. Liquidation hat die Gesellschaft nach § 271 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 71 Abs. 2 Satz 2 GmbHG grundsätzlich weiterhin zu „going-concern“ zu bilanzieren, vgl. Hirschmann, in: Hölters-AktG, § 270 Rdn. 4; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen-GmbHG, § 71 Rdn. 21 ff. 735 Wiedmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-HGB, § 252 Rdn. 16. 736 So Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541, 543, wonach der Wert gegebenenfalls auf der Grundlage der im Insolvenzplan vorgesehenen Fortführung der Gesellschaft zu ermitteln sei.

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

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den Vorteil des Plans gebracht würden737. Soweit ein Teil des bisherigen Grund- oder Stammkapitals bestehen bleibe, würden die Inferenten beim Ansatz von Liquidationswerten zudem gegenüber den Bestandsgesellschaftern benachteiligt, deren Anteile in der Insolvenz regelmäßig wirtschaftlich wertlos seien738. Für den Ansatz von Fortführungswerten beim Debt-Equity-Swap wird zudem geltend gemacht, dass der Ansatz des Schuldnervermögens zu Liquidationswerten, der bei der Forderungsumwandlung nur eine Kapitalbeteiligung im Umfang der zu erwartenden Insolvenzquote ermöglicht, zu einer unzureichenden Kapitalausstattung der Gesellschaft führe, was dem Sinn des Insolvenzplans zuwiderlaufe739. Dem Sinn des Insolvenzplans – sowie den Interessen gegenwärtiger sowie künftiger Gläubiger – entspreche es vielmehr, eine möglichst hohe Kapitalziffer zu erreichen, um somit die Anforderungen möglichst hoch anzulegen, die für eine zukünftige Gewinnausschüttung überwunden werden müssen740. Dagegen würden bei Zugrundelegung von Liquidationswerten die einzubringenden Forderungen, bei denen es sich regelmäßig um einfache oder sogar nachrangige Insolvenzforderungen handele, wenn überhaupt, nur zu einem ganz geringen Teil werthaltig sein741. Der zuletzt angeführte Befund ist als zutreffend zu erachten, da sich im Liquidationsszenario die zu erwartende Insolvenzquote nicht nur nach dem vorhandenen Schuldnervermögen bemisst, sondern maßgeblich von der Befriedigungsreihenfolge abhängt, die sich nach der Rangklasse der betreffenden Forderung bestimmt. Demgegenüber schlügen sich im Forderungswert auf Grundlage von Fortführungswerten die erhofften Sanierungserfolge positiv nieder742. Grundlegende Änderungen ergäben sich aber selbst dann nicht, wenn beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren nicht Zerschlagungs-, sondern Fortsetzungswerte für das Schuldnerunternehmen anzusetzen seien. Auch in diesem Fall könnten die umzuwandelnden Forderungen nur mit einem Bruchteil ihres Nominalwerts bewertet und somit die Nennwerte der bei der Forderungsumwandlung zu schaffenden Anteilsrechte gegenüber dem Ansatz von Liquidationswerten nicht signifikant erhöht werden743. Dies resultiere aus den besonderen Bewertungsschwierigkeiten und -unsicherheiten in einer Insolvenzsituation, in denen Schuldnergesellschaften zudem häufig weder zutreffende Ist-Zahlen noch belastbare Unternehmensplanungen generieren könnten744. Bei externer Begutachtung würden diese Unsicherheiten bei einer seriösen Bewertung deshalb stets dadurch zum

737

Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 113. Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 127. Ein Verteilungsproblem zwischen Alt- und Neukapital stellt sich dagegen nicht, wenn die Beteiligung der Bestandsgesellschafter durch einen Kapitalschnitt auf null vollständig aufgehoben wird. 739 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 113. 740 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 114. 741 Simon, CFL 2010, 448, 451. 742 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 123. 743 Simon, CFL 2010, 448, 451 f. 744 Simon, CFL 2010, 448, 452. 738

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Ausdruck gebracht, dass die ermittelten Werte in erheblichem Umfang unter Vorbehalte gestellt werden745. Auf diese Bewertungsprobleme bei der Ermittlung des Fortführungswerts des Schuldnerunternehmen kommt es aber im Ergebnis nicht an, da nach vorzugswürdiger Auffassung zur Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren das Schuldnervermögen zu Liquidationswerten anzusetzen ist746. Zunächst spricht nicht nur die Aussage in der Gesetzesbegründung – die Quotenerwartung könne bei der Bewertung der Einlageforderungen berücksichtigt werden – für einen grundsätzlichen Ansatz des Schuldnervermögens zu Liquidationswerten. Auch bei der Frage, nach welchem Bewertungskonzept die Anteile der Bestandsgesellschafter bei Einbeziehung in den Insolvenzplan zu berücksichtigen sind, geht es darum, ob hierbei Liquidations- oder Fortführungswerte der Schuldnergesellschaft anzusetzen sind. Im Gegensatz zur Frage nach der Forderungsbewertung hat der Gesetzgeber diesen Fall ausdrücklich in § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO geregelt, wonach sich ein Entschädigungsanspruch bei Ausscheiden eines Bestandsgesellschafters nach Liquidationswerten bemisst. § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO lautet: „Stellt eine Maßnahme nach Absatz 2 oder 3 für eine am Schuldner beteiligte Person einen wichtigen Grund zum Austritt aus der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit dar und wird von diesem Austrittsrecht Gebrauch gemacht, so ist für die Bestimmung der Höhe eines etwaigen Abfindungsanspruchs die Vermögenslage maßgeblich, die sich bei einer Abwicklung des Schuldners eingestellt hätte.“

Ohne eine ausdrückliche entgegenstehende gesetzliche Regelung kann daher aus systematischen Gründen für die Bewertung der in gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen einbezogenen Forderungen nichts anderes gelten747. Aus diesem Grund liegt beim Ansatz von Liquidationswerten bei der Forderungsbewertung auch keine Diskriminierung der Inferenten im Verhältnis zu den Altgesellschaftern vor, da für deren Anteile bei der Bemessung von etwaigen Abfindungen nach § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO gleichfalls Liquidationswerte anzusetzen sind748. Zudem ist es möglich, die bisherigen Kapitalbeteiligungen der Bestandsgesellschafter im Fall einer Überschuldung der Gesellschaft bis auf null herabzusetzen, ohne dass die Gesellschafter dies im Insolvenzplanverfahren blockieren können, sodass keine Privilegierung, sondern allenfalls eine Marginalisierung von Bestandsgesellschaftern zu befürchten wäre. Die Maßgeblichkeit von Liquidationswerten für die Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren findet auch in der bereits vor der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG bestehenden Regelung des 745

Simon, CFL 2010, 448, 452. Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 555; Simon, CFL 2010, 448, 451 f.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124; Fuhst, DStR 2012, 418, 423. 747 Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. 748 Dies wird eine Entschädigung von Altgesellschaftern in der Regel ausschließen, vgl. RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 32; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 115. 746

V. Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung

313

§ 225 Abs. 1 InsO Bestätigung, nach der die Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger als erlassen gelten, wenn im Insolvenzplan hierzu nichts Abweichendes bestimmt wird. Dies ist Ausdruck des Umstands, dass nachrangige Gläubiger bei der Abwicklung des Schuldners im Regelinsolvenzverfahren in den allermeisten Fällen auch keine anteilige Befriedigung ihrer Forderungen erhalten, diese somit wertlos sind. Verfahrensrechtlich sind die Forderungen nachrangiger Gläubiger bereits nach § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO grundsätzlich nicht zur Insolvenztabelle anzumelden. Die materiell- und verfahrensrechtliche Regelung des § 225 Abs. 1 Satz 1 InsO, dass nachrangige Forderungen aufgrund ihrer grundsätzlichen Wertlosigkeit im Insolvenzplan nicht gesondert berücksichtigt werden brauchen, um als erlassen zu gelten, ergibt aber nur unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen Wertung Sinn, dass nachrangige Forderungen im Insolvenzplanverfahren zu Liquidationswerten – also einer Bewertung des Schuldnervermögens zu Zerschlagungswerten und unter der Berücksichtigung der Rangklasse der Forderungen sowie der Befriedigungsreihenfolge bei Abwicklung der Schuldnergesellschaft – zu bewerten sind. Aus diesem Grund verfängt auch der oben erhobene Einwand gegen einen Ansatz zu Liquidationswerten nicht, dass nachrangige Verbindlichkeiten unter diesen Umständen für einen Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren regelmäßig nicht in Betracht kommen würden. Dies ist zwar zutreffend, entspricht aber gerade dem Inhalt und den Wertungen der getroffenen gesetzlichen Regelungen zu Forderungen nachrangiger Insolvenzgläubiger. Schließlich werden die Inferenten bei einer Forderungsbewertung zu Liquidationswerten bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren auch nicht um den Vorteil des Insolvenzplans gebracht. Die Inferenten erhalten durch ihre Teilnahme an der Sanierung eine Beteiligung an einem Unternehmen, dem nach einem erfolgreichen Abschluss des Insolvenzplanverfahrens aufgrund seiner Ertragschancen als werbende Gesellschaft wieder ein Fortführungswert zukommt. Ein Ansatz von Fortführungswerten bereits bei der Forderungsbewertung ist dagegen inhaltlich nicht zu rechtfertigen, da die Annahme von Fortführungswerten die Umsetzung des Sanierungskonzepts gerade voraussetzt, dessen Bestandteil der DebtEquity-Swap selbst ist749. In der Forderungsumwandlung in statutarisches Eigenkapital besteht aber erst die zur Verwirklichung des Sanierungserfolgs umzusetzende Maßnahme, der für die Forderungsbewertung nicht bereits als eingetreten anzunehmen ist750. Etwas anderes kann nur gelten, wenn lediglich die unternehmenstragende Gesellschaft überschuldet ist, das Unternehmen dagegen wirtschaftlich gesund und in Gänze veräußerbar ist. Nur in einem solchen Fall kommt trotz eingeleiteten Insolvenzverfahrens ein Ansatz des Vermögens oder von Vermögensteilen zu Fortführungswerten in Betracht, wenn für eine solche Veräußerung konkrete Absichten bestehen751.

749 750 751

Simon, CFL 2010, 248, 452. Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 556. Müller, in: MüKo-GmbHG, § 64 Rdn. 28.

314

3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Im Übrigen sind bei der Forderungsbewertung beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren im Ergebnis somit grundsätzlich Liquidationswerte maßgeblich. Zur Ermittlung des Umfangs der durch einen Debt-Equity-Swap möglichen Kapitalbeteiligung ist das Schuldnervermögen danach zu Zerschlagungswerten zu bewerten und die bei Abwicklung für die Quotenerwartung maßgebliche Befriedigungsreihenfolge der Insolvenzgläubiger anhand der Rangklasse der betreffenden Forderungen zu berücksichtigen. b) Berücksichtigung der umzuwandelnden Forderungen und sonstiger Sanierungsbeiträge? Aus den gleichen Gründen wie beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap sind bei dem zur Bewertung der Einlageforderungen zu erstellenden Vermögensstatus sämtliche Verbindlichkeiten der Schuldnergesellschaft, einschließlich der umzuwandelnden Verbindlichkeiten, zu berücksichtigen, da die geplante Sanierung gerade erst durch den Wegfall der betreffenden Verbindlichkeiten realisierbar ist752. Gleichfalls bleiben bei der Bewertung der Einlageforderungen sonstige im Insolvenzplan vorgesehene Sanierungsmaßnahmen, wie beispielsweise eine Restschuldbefreiung nach § 227 InsO oder eine über einen Debt-Equity-Swap hinausgehende Barkapitalerhöhung, außer Betracht. Sämtliche Planwirkungen treten nach § 254 Abs. 1 InsO erst mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzgericht sowie im Plan enthaltene Kapitalmaßnahmen gemäß § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO, §§ 181 Abs. 3, 189 AktG, § 54 Abs. 4 GmbHG mit der nachfolgenden Eintragung der Kapitalmaßnahmen im Handelsregister ein. Eine Antizipation der Planwirkungen bei der Forderungsbewertung ist daher unzulässig. Im Gegensatz dazu bestehen keine Bedenken dagegen, vorab und unabhängig vom Inhalt und der Umsetzung des Insolvenzplans geleistete Sanierungsbeiträge („initial haircut“), wie beispielsweise Rangrücktritte hinter die umzuwandelnden Forderungen oder Forderungsverzichte anderer Gläubiger, bei der Forderungsbewertung werterhöhend zu berücksichtigen753. c) Fazit Durch einen Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren kann aufgrund des vorzunehmenden Ansatzes von Liquidationswerten bei der Forderungsbewertung in der Regel im Verhältnis zum Nominalbetrag der betreffenden Forderungen nur in geringem – der erwartbaren Insolvenzquote entsprechendem – Umfang gezeichnetes Kapital geschaffen werden. Da die Forderungsumwandlung im Insolvenzverfahren daher nicht für den Aufbau großer Grund- und Stammkapitalziffern geeignet ist, wird von Vertretern der Gegenansicht, die eine Bewertung zu Fortführungswerten oder eine generelle Nennwertanrechnung fordern, die Praxistauglichkeit des DebtEquity-Swaps als Sanierungsinstrument im Insolvenzplanverfahren in Frage gestellt. 752 753

Kleindiek, in: Festschrift Hommelhoff, 2012, S. 543, 555. Vgl. hierzu unten, 3. Kapitel, VIII. 2.

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap

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Primär wird es den Inferenten bei ihrer Entscheidung über eine Beteiligung an einem Debt-Equity-Swap aber nicht um die erreichbare absolute Kapitalziffer ihrer Beteiligung ankommen, sondern auf den Anteil ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital insgesamt, in der das Stimmgewicht und die Gewinnbeteiligung im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern ihren Ausdruck finden. Zudem wird beim insolvenzlichen Debt-Equity-Swap aufgrund der vorliegenden Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit in den wenigsten Fällen eine reine Bilanzsanierung durch Forderungsumwandlung eine hinreichende Sanierungsmaßnahme sein. Vielmehr wird regelmäßig zusätzlich eine Rekapitalisierung der Gesellschaft durch den Zufluss neuer Geldmittel erforderlich sein, die durch eine Barkapitalerhöhung zu erbringen sind754. Ein Debt-Equity-Swap wird daher insbesondere im Insolvenzplanverfahren in der Regel nur ein wesentliches Element eines umfassenden Pakets an Sanierungsmaßnahmen sein, das außerdem regelmäßig einen vergleichsweise geringen Teil der im Insolvenzplan vorgesehenen Gesamtkapitalausstattung der Gesellschaft ausmachen wird755. Entgegen der vorgebrachten Kritik widerspricht dieses Ergebnis aber weder dem Gesetzeszweck des reformierten Insolvenzplanverfahrens noch ist ersichtlich, dass hierdurch die Praxistauglichkeit des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument ausgehebelt würde. Durch das ESUG wurde vielmehr die gesellschaftsrechtliche Neutralität des deutschen Insolvenzrechts aufgehoben und somit Eingriffe in die Kapital- und Beteiligungsstruktur von Schuldnergesellschaften ermöglicht. Das zuvor den Bestandsgesellschaftern zukommende Blockadepotenzial gegen Sanierungsmaßnahmen, die die Kapital- und Gesellschaftsstruktur betreffen, wurde durch das ESUG gebrochen756. Ungeachtet der vorzunehmenden Bewertung zu Liquidationswerten können im reformierten Insolvenzplanverfahren die bisherigen Beteiligungsverhältnisse mittels einer Kapitalherabsetzung und eines DebtEquity-Swaps umfassend umgestaltet werden757. Aufgrund dieses – aus Gläubigersicht – augenscheinlichen Vorteils eines insolvenzlichen Debt-Equity-Swaps gegenüber einer außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung – bei dem es unverändert auf die entsprechende Beschlussfassung durch die Bestandsgesellschafter ankommt – sind die Regelungen zum Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren als deutliche Ausweitung der Sanierungsmöglichkeiten zu begrüßen und insgesamt als praxistauglich zu beurteilen.

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap Nach dem Abschluss der Untersuchung der Bewertungsfrage beim Debt-EquitySwap und der Kriterien der außer- und innerinsolvenzlichen Forderungsbewertung 754

Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124; Simon, CFL 2010, 448, 452. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124; Simon, CFL 2010, 448, 452. 756 Vgl. oben 1. Kapitel, II. 5. d). 757 Zur Stellung der Bestandsgesellschafter bei Eingriffen in die bestehenden Anteilsrechte vgl. Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124 f.; Simon, CFL 2010, 448, 455 f. 755

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

ist nachfolgend der Blick auf die mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen Risiken für die Beteiligten zu richten. Aufgrund der Schwerpunktsetzung der Arbeit auf den Einlagevorgang und die Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap erfolgt hierzu aber keine umfassende Ausarbeitung, sondern eine Auswahl von besonders relevant erscheinenden Risikofeldern. 1. Risiko der Nachrangigkeit von bestehen bleibenden oder neu gewährten Darlehen des Inferenten Werden bei einem Debt-Equity-Swap nicht sämtliche Forderungen eines sich beteiligenden Gläubigers in Eigenkapital umgewandelt oder gewährt ein Inferent der Schuldnergesellschaft nach dem Anteilserwerb ein weiteres Darlehen, so stellt sich für diesen die Frage, ob bestehen bleibende und neu begründete Darlehensforderungen bei Scheitern der Sanierung in einer Folgeinsolvenz nachrangige Insolvenzforderungen aus Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind. Dies würde für den Inferenten eine wesentliche Erhöhung des Ausfallsrisikos dieser Forderungen bedeuten, da nachrangige Insolvenzgläubiger im letzten Rang des § 39 Abs. 1 InsO generell nicht einmal mit einer anteiligen Befriedigung im Insolvenzverfahren rechnen können. Bei Insolvenzeröffnung bereits zurückgezahlte Gesellschafterdarlehen unterliegen zudem im Anwendungsbereich des § 135 InsO der Insolvenzanfechtung. Für den Inferenten ist daher bei seiner Risikoabwägung hinsichtlich einer Beteiligung an einer teilweisen Umwandlung seiner Forderungen und der Gewähr neuer Finanzierungen an die Schuldnergesellschaft entscheidend, unter welchen Voraussetzungen das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO zu seinen Gunsten eingreift und seine Forderungen somit in einer gegebenenfalls eintretenden Folgeinsolvenz reguläre Insolvenzforderungen nach § 38 InsO wären. a) Qualifikation als nachrangiges Gesellschafterdarlehen in einer Folgeinsolvenz Vom Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Forderungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen758, nicht aber Gesellschafterforderungen aus anderem Rechtsgrund759, erfasst. Bestehen bleibende Darlehensrückzahlungsansprüche des Inferenten werden mit Erlangung der Gesellschafterstellung zu Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO umqualifiziert760, wie sich im Umkehrschluss aus der Regelung des Sanierungsprivilegs in § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO ergibt, der es ansonsten für bestehen bleibende Darlehen nicht bedürfte. Im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG kommt es somit nicht mehr auf die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Darlehensgewährung, sondern auf die In758 759 760

Vgl. hierzu Ehricke, in: MüKo-InsO, § 39 Rdn. 43 – 46. Ehricke, in: MüKo-InsO, § 39 Rdn. 41. Budde, ZInsO 2010, 2251, 2270.

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap

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haberschaft des Rückzahlungsanspruchs als Gesellschafter im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bzw., für die Anfechtbarkeit nach § 135 InsO, auf die Darlehensrückzahlung an einen Gesellschafter innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung an761. Dies bedeutet für im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht getilgte Darlehen grundsätzlich deren Nachrangigkeit gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Für nach Eintritt als Gesellschafter zurückgezahlte Darlehen kommt es innerhalb des Anwendungsbereichs der Insolvenzanfechtung von Leistungen auf Gesellschafterdarlehen gemäß § 135 Abs. 1 InsO im Ergebnis gleichfalls zu einem Nachrang der Darlehensrückzahlungsforderung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO762. Außerhalb des nachfolgend darzulegenden Anwendungsbereichs des Sanierungsprivilegs gewährt nur das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO eine Ausnahme von der Klassifizierung als nachrangige Insolvenzforderung, soweit es sich um Forderungen auf Darlehensrückzahlung von nicht geschäftsführenden Gesellschaftern handelt, die mit zehn Prozent oder weniger am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind. b) Anwendungsbereich des Sanierungsprivilegs des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO Liegt einem Debt-Equity-Swap – wie üblich – eine Sanierungssituation der Schuldnergesellschaft zugrunde, so bietet das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO dem Inferenten in seinem Anwendungsbereich Schutz seiner bestehen bleibenden und neu begründeten Forderungen auf Darlehensrückgewähr vor dem Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Grundvoraussetzung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Sanierungsprivilegs in personeller Hinsicht ist, dass der Inferent vor dem Anteilserwerb durch teilweise Umwandlung seiner Forderungen in gezeichnetes Kapital nicht bereits Gesellschafter war oder aber als Gesellschafter bislang das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO für sich in Anspruch nehmen konnte763. Im Zeitpunkt des Anteilserwerbs müssen bei der Schuldnergesellschaft Insolvenzgründe vorliegen, somit drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit nach §§ 17, 18 InsO oder Überschuldung nach § 19 InsO764. Das Sa761

Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 30 Anh. Rdn. 33. Nach § 143 Abs. 1 InsO ist die durch anfechtbare Handlung zurückgezahlte Darlehenssumme zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Gegen die Insolvenzmasse kann nach § 144 Abs. 1 InsO nur die zuvor bestehende und somit nachrangige Forderung auf Darlehensrückzahlung geltend gemacht werden. 763 Ehricke, in: MüKo-InsO, § 39 Rdn. 55; vgl. auch RegE-MoMiG, BT-Drucksache 16/ 6140, S. 57. 764 Die Anknüpfung an drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung verschiebt den Zeitpunkt, ab dem das Sanierungsprivileg eingreift, gegenüber dem vor Inkrafttreten des MoMiG geltenden Sanierungsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG a. F. weiter nach hinten. Nach der Regelung vor Inkrafttreten des MoMiG war der Erwerb eines Geschäftsanteils in der „Krise der Gesellschaft“ ausreichend für eine Privilegierung. Durch die neue Regelung wird der privilegierte Zeitrahmen einer vorinsolvenzlichen Sanierung verengt, vgl. Wittig, in: Festschrift K. Schmidt, 2009, S. 1743, 1753; Fastrich, in: Baumbach/Hueck762

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

nierungsprivileg gilt in zeitlicher Hinsicht nicht unbegrenzt, sondern nur „bis zur nachhaltigen Sanierung“ der Schuldnergesellschaft. Die Unbestimmtheit des für die Geltungsdauer der Privilegierung entscheidenden Begriffs wurde vielfach kritisiert. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG aber vorerst Änderungen abgelehnt765, sodass es insbesondere der Rechtsprechung obliegt, den unbestimmten Begriff durch die Festlegung der anzulegenden Beurteilungsparameter auszufüllen und somit für Rechtssicherheit hinsichtlich der Anwendungsdauer des Sanierungsprivilegs Sorge zu tragen766. Entscheidende Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Sanierungsprivilegs ist allerdings, dass der Anteilserwerb des Inferenten zum Zweck der Sanierung der Gesellschaft erfolgt. Nach der Rechtsprechung erfordert dieser Sanierungszweck des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO – ebenso wie jener des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a. F.767 – GmbHG, § 30 Anh. Rdn. 73. Nur im Bereich des Sanierungs- und Reorganisationsverfahrens nach KredReorgG ist der Anwendungsbereich des Sanierungsprivilegs nach § 9 Abs. 1 Satz 4 KredReorgG – auch ohne Vorliegen von Insolvenzgründen – bereits ab dem Zeitpunkt der „Sanierungsbedürftigkeit“ des Kreditinstituts nach § 45 Abs. 1 Sätze 1 – 2 KWG eröffnet. 765 RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 18. 766 In einer Folgeinsolvenz befindet sich der Gesellschafter in der misslichen Lage, bei Berufung auf das Sanierungsprivileg hinsichtlich dessen Voraussetzungen beweisbelastet zu sein, vgl. Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1189; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2270. Im Hinblick auf die Anwendungsdauer des Sanierungsprivilegs müsste der Gesellschafter somit geltend machen können, dass seit seinem Anteilserwerb oder der Gewährung eines neuen Darlehens und dem Eintritt der Insolvenz keine nachhaltige Sanierung der Gesellschaft erreicht wurde. In der Literatur wurde hierzu vorgeschlagen, dass als Voraussetzung für eine nachhaltige Sanierung die Wiedererlangung der Kreditwürdigkeit der Schuldnergesellschaft für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr angesehen werden sollte, vgl. Wittig, in: Festschrift K. Schmidt, 2009, S. 1743, 1758 f. Dies erscheint allerdings zu schematisch und würde dem Willen des Gesetzgebers nach einer sachgerechten Einzelfallbeurteilung nicht gerecht werden. Es sollte daher zur Feststellung einer nachhaltigen Sanierung ein Kriterienkatalog entwickelt werden, der sich aus unterschiedlichen Bewertungselementen zusammensetzt. Hierfür käme eine Orientierung an den Anforderungen an die Nachhaltigkeit eines Sanierungskonzepts nach dem IDW-Standard IDW S 6 in Betracht. Nach diesem Standard ist die Beurteilung der Nachhaltigkeit eine wesentliche Anforderung an das Sanierungskonzept. Hierfür muss das Unternehmen über den für eine positive Fortführungsprognose i. S. d. § 19 Abs. 2 InsO relevanten Zeitraum des laufenden und des folgenden Jahres hinaus auf dem spezifischen Markt wettbewerbsfähig sein oder sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Wettbewerbsfähigkeit erarbeiten können. Daneben muss auch eine grundsätzliche Renditefähigkeit des Unternehmens vorhanden sein. An diesen Anforderungen ist der Planungszeitraum des Sanierungskonzepts auszurichten. Für das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO könnte daraus der Grundsatz gewonnen werden, dass eine nachhaltige Sanierung in der Regel nicht vor Ablauf des im Sanierungskonzept ex ante als maßgeblich erachteten Planungszeitraums anzunehmen ist. Vgl. hierzu Budde, ZInsO, 2010, 2251, 2271. 767 Voraussetzung einer Sanierungsprivilegierung nach § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a. F. war, dass der Anteilserwerb „zum Zwecke der Überwindung der Krise“ erfolgt. Die geänderte Formulierung des § 39 Abs. 4 InsO bedeutet aber keine inhaltliche Änderung, sondern ist eine rein redaktionelle Konsequenz daraus, dass der Begriff der „Krise“ seit dem MoMiG nicht mehr Voraussetzung für eine besondere Behandlung als Gesellschafterdarlehen ist, vgl. Wittig, in: Festschrift K. Schmidt, 2009, S. 1743, 1753.

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap

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neben dem Sanierungswillen des Erwerbers die objektive Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft sowie dass die zur Sanierung der Gesellschaft konkret in Angriff genommenen Maßnahmen zusammen objektiv geeignet sind, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren768. Der Sanierungswille wird vom BGH als in der Regel selbstverständlich vorliegend vermutet und macht die Beurteilung des Sanierungszwecks vorrangig von der objektiven Beurteilung abhängig, da die Erlangung der Privilegierung ansonsten allein in den Händen des Anteilserwerbers liege, was aufgrund der schutzwürdigen Interessen der übrigen Gesellschaftsgläubiger nicht vertretbar wäre769. Daher müssen nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten die Gesellschaft im Zeitpunkt des Anteilserwerbs objektiv sanierungsfähig und die avisierten Maßnahmen objektiv zur Sanierung geeignet sein770. Aufgrund der hierbei maßgeblichen ex ante-Prognose hängt die Privilegierung der betreffenden Sanierungsleistung nicht von dem tatsächlichen Eintritt des Sanierungserfolgs ab771. Nach der Gesetzesbegründung zum ESUG soll bei einem Beteiligungserwerb durch Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren davon auszugehen sein, dass die Anteile zum Zweck der Sanierung im Sinne des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO erworben werden772. Dies erscheint vertretbar, da die Umsetzung der Sanierung im darstellenden und gestaltenden Teil des Insolvenzplans nach §§ 219 – 221 InsO enthalten ist und die Maßnahmen gemäß §§ 248, 254 Abs. 1 InsO erst durch die Rechtskraft der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans Wirksamkeit erlangen. Die vom Gesetzgeber intendierte Beweislastverteilung kann aber die Gesellschaft bzw. den Insolvenzverwalter nicht davon entbinden, im Insolvenzplanverfahren gleichfalls ein den außerinsolvenzlichen Anforderungen an ein tragfähiges Sanierungskonzept entsprechendes Sanierungsgutachten einzuholen773. Bei einer außerinsolvenzlichen Beteiligung trägt dagegen der Anteilserwerber die Beweislast für seine Sanierungsprivilegierung774. Scheitert die Sanierung und mündet in einer Folgeinsolvenz der Gesellschaft, so kann er seine Privilegierung nur auf der Grundlage eines „dokumentierten Sanierungskonzepts“775 substantiieren. Für die Praxis bedeutet dies, dass eine Sanierungsbeteiligung nur eingegangen werden sollte, wenn die objektive Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft durch einen neutralen Fachmann beurteilt und 768

BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 – II ZR 277/03; BGHZ 165, 106 = NJW 2006, 1283. BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 – II ZR 277/03; BGHZ 165, 106, 112 f. = NJW 2006, 1283, 1285. 770 BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 – II ZR 277/03; BGHZ 165, 106 = NJW 2006, 1283. 771 BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 – II ZR 277/03; BGHZ 165, 106, 113 = NJW 2006, 1283, 1285. 772 RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 32. 773 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. 774 Fastrich, in: Baumbach/Hueck-GmbHG, § 30 Anh. Rdn. 76; Aleth/Böhle, DStR 2010, 1186, 1189; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2270. 775 BGH, Urteil vom 21. 11. 2005 – II ZR 277/03; BGHZ 165, 106, 113 = NJW 2006, 1283, 1285. 769

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

in Form eines Sanierungsgutachtens dokumentiert wurde776. Es ist jedoch bislang nicht abschließend geklärt, welche Anforderungen an ein Sanierungskonzept zu stellen sind, damit der potenzielle Anteilserwerber bei seiner Entscheidung über eine Beteiligung verlässlich beurteilen kann, ob ihm die Sanierungsprivilegierung zugutekommen wird oder nicht. Zunächst bietet sich hinsichtlich der erforderlichen fachlichen Qualifikation des Gutachters eine Orientierung an den für aktienrechtliche Gründungsprüfer geltenden Anforderungen des § 33 Abs. 4 AktG an, sodass als Gutachter primär Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Betracht kommen777. In Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an ein Sanierungsgutachten ist in der Literatur und der Rechtsprechung die Tendenz zu einer weiter gehenden Konkretisierung festzustellen, was unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für die Beteiligten zu begrüßen ist. Obwohl im Zuge von Restrukturierungsplanungen in vielen Fällen Sanierungsgutachten nach dem IDW-Standard IDW S 6778 erstellt werden, da dies von potenziellen Kreditgebern regelmäßig verlangt wird, stellt sich aber die Frage, ob dieser Standard für den Nachweis der Sanierungsfähigkeit zur Voraussetzung gemacht werden sollte, wie dies teilweise in der Literatur gefordert wird779. Erlangt ein solcher Standard mit erheblichem Detaillierungsgrad Verbindlichkeit, so birgt dies das Risiko einer Überspannung der Anforderungen für eine Inanspruchnahme des Sanierungsprivilegs. Grundlegendes Ziel muss ein sachgerechter Ausgleich zwischen einer Standardisierung der an ein Sanierungskonzept zu stellenden Anforderungen und der Möglichkeit einer raschen Erstellung eines einzelfallgerechten Sanierungskonzepts zur Ermöglichung der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen in einem – nicht zuletzt durch die Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO – begrenzten Zeitrahmen sein. Hierzu hat das OLG Köln in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 offengelassen, ob für den Nachweis der Sanierungsfähigkeit ein am IDW-Standard IDW S 6 orientiertes Sanierungsgutachten erforderlich ist780. Die darin enthaltenen Prüfpunkte seien allerdings eine Zusammenfassung „einleuchtender Vernunftserwägungen, die bei jeder geplanten Sanierung angestellt werden müssen“781. Entsprechend sind die vom OLG Köln in der Entscheidung angeführten Anforderungen an ein Sanierungskonzept dem Anforderungskatalog des IDW-Standard IDW S 6 entnommen. Als Anforderungen an ein taugliches Sanierungskonzept werden ausdrücklich die Beschreibung und Analyse des Unternehmens, die Untersuchung der Krisenursachen, eine Beurteilung der aktuellen Lage, die Erstellung eines Leitbilds des sanierten Unternehmens, die 776

Wittig, in: Festschrift K. Schmidt, 2009, S. 1743, 1754. Zu der erforderlichen Qualifikation von Gründungsprüfern vgl. Solveen, in: HöltersAktG, § 33 Rdn. 14. 778 IDW S 6, Anforderungen an die Erstellung von Sanierungskonzepten, Stand: 20. 08. 2012, WPg-Supplement 4/2012, S. 130 ff. 779 Budde, ZInsO, 2010, 2251, 2270; Kolmann, in: Saenger/Inhester-GmbHG, Anhang § 30 Rdn. 121: „hilfreiche Anhaltspunkte“. 780 OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 128. 781 OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 128. 777

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap

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Darlegung der zur Sanierung des Unternehmens erforderlichen Maßnahmen sowie die Durchführung einer Planverprobungsrechnung genannt782. Neben der Festlegung von allgemeinen Anforderungen an ein Sanierungsgutachten geht die Rechtsprechung verstärkt dazu über, Sanierungsgutachten inhaltlich zu prüfen. So kam das OLG Köln im genannten Fall zu dem Ergebnis, dass allein schematische und globale Ausführungen zu vorzunehmenden Kostenreduzierung und zu erwarteten Umsatzsteigerungen nicht ausreichen, um die objektive Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft zu belegen783. Gleichfalls unzureichend ist die abstrakte Darstellung von Sanierungsmöglichkeiten ohne konkreten Bezug zu dem in Rede stehenden Unternehmen784. Für ein qualifiziertes Sanierungsgutachten sind dagegen vielmehr detaillierte sachgestützte Angaben dazu erforderlich, warum etwa angenommene Umsatzsteigerungen zu erwarten sind und welche konkreten Auswirkungen dies auf den Ertrag haben wird. Wird beispielsweise eine Kostenreduktion durch Personalabbau angenommen, so müssen sowohl die Auswirkungen auf die Ertragssituation insgesamt als auch die Umsetzbarkeit des Personalabbaus dargelegt werden785. Nimmt man zudem die Relevanz von Sanierungskonzepten zur Widerlegung der Indizwirkung hinsichtlich eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners bei inkongruenten Befriedigungen786 zur Abwehr einer Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO in einer Folgeinsolvenz den Blick, sollte auch die Rechtsprechung des Insolvenzrechtssenats des BGHs zu den diesbezüglich erforderlichen Inhalten und Grundlagen von Sanierungskonzepten berücksichtigt werden. Danach sollten Sanierungsgutachten möglichst detailliert darlegen, wie sich durch die Sanierungsbeiträge im Rahmen eines realistischen Gesamtkonzepts die Befriedigung der Gläubiger der Schuldnergesellschaft bewerkstelligen lässt787. Nur durch ein solch qualifiziertes Sanierungskonzept kann ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners trotz der Indizwirkung einer inkongruenten Befriedigung im Einzelfall ausgeschlossen werden, wenn sich durch dieses belegen lässt, dass die betreffende Rechtshandlung von einem anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war788. c) Fazit Um die Nachrangigkeit von beim Debt-Equity-Swap bestehen bleibenden Forderungen eines Inferenten sowie gegebenenfalls zusätzlich gewährten Sanierungsfinanzierungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO weitgehend rechtssicher ausschließen zu können, ist in einer Folgeinsolvenz der Nachweis der Voraussetzungen einer Sa782 783 784 785 786 787 788

OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 128. OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 129. OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 129. OLG Köln, Urteil vom 24. 09. 2009 – 18 U 134/05, Der Konzern 2010, 124, 130. Vgl. BGH, Urteil vom 05. 03. 2009 – II ZR 85/07, BGHZ 180, 98 = NJW 2009, 1601. BGH, Urteil vom 08. 12. 2011 – II ZR 156/09, ZIP 2012, 137, 138. BGH, Urteil vom 08. 12. 2011 – II ZR 156/09, ZIP 2012, 137, 138.

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nierungsprivilegierung nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO erforderlich. Den Nachweis kann der betroffene Inferent nur durch Rückgriff auf ein auf den Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs erstelltes qualifiziertes Sanierungskonzept erbringen. Sanierungsgutachten sollten sich an den Vorgaben des IDW-Standards IDW S 6 sowie an den dargelegten Maßgaben der Entscheidung des OLG Köln orientieren. Die Qualität eines Sanierungsgutachtens steht und fällt dabei mit dem erreichten Grad an Konkretisierung der darin enthaltenen Ausarbeitungen. Lediglich formelhafte allgemeine Ausführungen vermögen es nicht, die Voraussetzungen des Sanierungsprivilegs zu substantiieren, und werden von der Rechtsprechung zu Recht nicht anerkannt. 2. Differenzhaftungsrisiko der Inferenten Zum Differenzhaftungsrisiko der sich an einem Debt-Equity-Swap beteiligenden Gläubiger wurde bereits an mehreren Punkten Stellung bezogen789. Hierzu wird daher an dieser Stelle nur eine sich aus der Reform des Insolvenzplanverfahrens durch das ESUG ergebende Problemstellung eingehend erörtert. a) Außerinsolvenzlicher Debt-Equity-Swap Bei einer Überbewertung der Einlageforderung beim außerinsolvenzlichen DebtEquity-Swap haftet der Inferent nach §§ 56 Abs. 2, 9 Abs. 1 GmbHG790 in Höhe des Fehlbetrags zwischen dem Nennbetrag der übernommenen Aktien oder Geschäftsanteile und dem Wert der Einlageforderungen. Nach dem vorliegenden Arbeitsergebnis bleibt es für die Sanierungspraxis bei der Anwendung der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap, sodass eine generelle Nennwertanrechnung nicht zulässig ist und es auf den Wert der Einlageforderungen ankommt. Für Fehler in der Bewertung haftet der Inferent beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap somit unverändert nach den dargelegten Grundsätzen der Differenzhaftung. Praktisch relevant wird die Differenzhaftung, wenn die Sanierungsbemühungen trotz Durchführung eines Debt-Equity-Swaps scheitern und der Insolvenzverwalter in einer Folgeinsolvenz der Gesellschaft den streitigen Differenzbetrag von den Inferenten einfordert. b) Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren Da der Gesetzgeber die mangelnde Planungs- und Kalkulationssicherheit der sich an einem Debt-Equity-Swap beteiligenden Gläubiger als Sanierungshemmnis er789

Vgl. oben, 1. Kapitel, II. 3. a) sowie 2. Kapitel, IV. 3. b) dd). Für die AG wurde die Differenzhaftung entsprechend § 9 Abs. 1 GmbHG durch den BGH auf das Aktienrecht übertragen und ist allgemein anerkannt, vgl. BGH, Urteil vom 27. 02. 1975 – II ZR 111/72, BGHZ 64, 52 = NJW 1975, 974; BGH, Urteil vom 14. 03. 1977 – II ZR 156/75, BGHZ 68, 191 = NJW 1977, 1196. 790

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kannt hat791, wurde für das Insolvenzplanverfahren mit Schaffung der Regelung des § 254 Abs. 4 InsO durch das ESUG das Differenzhaftungsrisiko der Inferenten bei einem Debt-Equity-Swap dadurch ausgeschlossen, dass nach der gerichtlichen Bestätigung des Plans keine Ansprüche wegen einer Überbewertung der Forderungen gegen die bisherigen Gläubiger mehr geltend gemacht werden können. In der Literatur wird diese Regelung teilweise als sachlich nicht gerechtfertigt oder ein kompletter Ausschluss der Differenzhaftung unter Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes als nicht hinnehmbar angesehen792. Aus diesem Grund werden Überlegungen in unterschiedliche Richtungen angestellt, um dem Ausschluss der Differenzhaftung entgegenzutreten: • Kleindiek stellt eine teleologische Reduktion des § 254 Abs. 4 InsO zur Diskussion. Die Inferenten seien nur bei einer methodengerechten Bewertung der Forderungen schützenswert, nicht aber bei einer massiven Überbewertung, die auf der Anwendung einer falschen Bewertungsmethode beruhe. Die Inferenten seien auch nicht etwa deshalb schützenswert, da ein grob fehlerhafter Plan die Bestätigung des Insolvenzgerichts gefunden habe. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber auch gezielte Fehlgriffe in der Bewertungsmethode durch den Ausschluss der Differenzhaftung privilegieren wollte793. • Gehrlein erwägt bei einer Überbewertung der Einlageforderungen einen Ausgleich der Wertdifferenz in einer Folgeinsolvenz über die Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, soweit eine Forderung auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens in gezeichnetes Kapital umgewandelt wurde. So könne die Einbringung der Darlehensforderung des Gesellschafters als Gegenleistung für den Erwerb eines Gesellschaftsanteils als Befriedigung des nachrangigen Darlehens nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Anfechtung unterliegen. Zudem erlange ein Gesellschafter durch die Einbringung seines nachrangigen Darlehens die „Befriedigung von seiner Einlagepflicht“, worin eine Gläubigerbenachteiligung liegen könne794. • Ebenfalls von Gehrlein795 sowie von Kanzler/Mader796 wird versucht, dem Ausschluss der Differenzhaftung durch eine Haftung der Inferenten nach § 826 BGB bei erheblicher Forderungsüberbewertung entgegenzutreten. So kommt nach Gehrlein eine Durchgriffshaftung der Inferenten gemäß § 826 BGB in Betracht, wenn die durch einen Debt-Equity-Swap umstrukturierte Gesellschaft von Anfang 791

RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 31, 36. Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992; Kleindiek, in: Festschrift für Hommelhoff, 2012, S. 543; Gehrlein, NZI 2012, 257. 793 Kleindiek, in: Festschrift für Hommelhoff, 2012, S. 543, 562 f. 794 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. 795 Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. 796 Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992, 996 f. 792

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

an vermögenslos und den Inferenten bewusst gewesen sei, dass die Bewertung ihrer Forderungen nicht annähernd den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen habe797. All diesen Überlegungen zu einer Beschränkung des Ausschlusses der Differenzhaftung nach einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren ist sowohl inhaltlich als auch aus übergeordneten Erwägungen entschieden entgegenzutreten. Zunächst finden die Überlegungen von Kleindiek zu einer teleologischen Begrenzung des § 254 Abs. 4 InsO keinen Anhaltspunkt im Gesetz oder der Gesetzesbegründung zum ESUG. Der Schutz der anderen Beteiligten am Insolvenzverfahren und des Rechtsverkehrs vor einer grob fehlerhaften Bewertung von Einlageforderungen durch Anwendung falscher Bewertungsmethoden oder einer gezielten Überbewertung ist durch die gerichtliche Prüfung des Insolvenzplans im Rahmen der Vorprüfung des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und der Bestätigung des Plans durch das Insolvenzgericht nach §§ 248, 250 Nr. 1 InsO umfassend zu gewährleisten798,799. Zudem bleibt völlig unklar, ab welchem Grad der Überbewertung die Anwendbarkeit des § 254 Abs. 4 InsO ausgeschlossen sein sollte. Die mit einer solchen Konzeption verbundene Rechtsunsicherheit ist daher in jedem Fall zu vermeiden. Auch die Ansicht Gehrleins – soweit ein Bestandsgesellschafter eine Forderung aus Gesellschafterdarlehen in eine zusätzliche Beteiligung an der Gesellschaft umwandeln würde, bestehe in einer abermaligen Insolvenz binnen Jahresfrist die Gefahr der Anfechtung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – ist als nicht durchgreifend abzulehnen. Es wurde bereits an mehreren Stellen aufgezeigt, dass beim Debt-Equity-Swap weder formalrechtlich noch inhaltlich eine Befriedigung der Einlageforderungen nach §§ 362 ff. BGB erfolgt. Materiell liegt ein Forderungsverzicht des Inferenten vor, sodass eine Qualifikation als Befriedigung im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht sachgerecht wäre800. Die von Gehrlein vorgeschlagene Erstreckung der Anfechtungstatbestände auf die Erfüllung der übernommenen Einlageverpflichtung des Inferenten durch einen Debt-Equity-Swap ist ebenfalls abzulehnen. Der Inferent 797

Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. Vgl. Lüer, in: Uhlenbruck-InsO, § 248 Rdn. 2, § 250 Rdn. 4, 8 f.; Sinz, in: MüKo-InsO, § 248 Rdn. 16, § 250 Rdn. 5 – 10; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 37; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573. 799 Strittig ist, ob das Registergericht die Eintragung der Kapitalerhöhung wegen einer Überbewertung der Einlageforderungen verweigern kann oder an den Insolvenzplan gebunden ist, da die Zulässigkeit des Planinhalts bereits vom Insolvenzgericht geprüft wurde. Die RegEESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 36 f., geht aufgrund der Prüfungskompetenz des Insolvenzgerichts von einer eingeschränkten Prüfungskompetenz des Registergerichts aus, dem vor allem eine beurkundende Funktion zukomme. So auch Maier-Reimer, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 115. 800 Selbst Gehrlein, NZI 2012, 257, 261, gesteht zu, dass die Darlehenstilgung nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung führe, da die anstelle des Gesellschafterdarlehens entstehende Eigenkapitalforderung im Vergleich zu einem Gesellschafterdarlehen nach § 199 InsO nachrangig ist. Allerdings würde es auf eine Gläubigerbenachteiligung im Rahmen des § 135 InsO gar nicht ankommen, sodass die Anwendbarkeit des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO bereits anhand des Merkmals der Befriedigung abzulehnen ist. 798

VI. Rechtliche Risiken für die Beteiligten beim Debt-Equity-Swap

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erhält durch die Einbringung seiner Darlehensforderung keine „Befriedigung von seiner Einlagepflicht“801, da er insofern nichts zu fordern, sondern zu leisten hat. Hat der Inferent die festgesetzte Einlageleistung ordnungsgemäß erbracht, erlischt der Primäranspruch. Eine mangelnde Werthaltigkeit von Sacheinlagen wird nach der gesellschaftsrechtlichen Konzeption durch die Differenzhaftung ausgeglichen. Sperrt der Gesetzgeber die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Sekundäransprüche durch eine spezielle insolvenzliche Privilegierung – hier des § 254 Abs. 4 InsO –, wäre es widersprüchlich und ein Systembruch, könnte in einer Zweitinsolvenz die im vorangegangenen Insolvenzverfahren gewährte Privilegierung im Wege der Insolvenzanfechtung ausgehebelt werden. Aus den gleichen Gründen sind auch Überlegungen zu einer Durchgriffshaftung nach § 826 BGB bei einer aus dem Insolvenzplanverfahren unterkapitalisiert hervorgehenden Gesellschaft zurückzuweisen. Zunächst lehnt der BGH802 eine allgemeine Haftung wegen materieller Unterkapitalisierung803 ab und erwägt diese nur in Fällen einer sittenwidrigen Schädigung der Gesellschaftsgläubiger804. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde herausgearbeitet, über welch geringe gläubigerschützende Aussagekraft die nach einer Kapitalerhöhung im Handelsregister ausgewiesene Kapitalziffer der Gesellschaft zugunsten von potenziellen Gläubigern der Gesellschaft verfügt, sodass bereits aus diesem Grund ganz erhebliche Bedenken gegen die Annahme einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung im Fall der Überbewertung von Forderungen beim Debt-Equity-Swap bestehen. Zudem ist das Vertrauen des Rechtsverkehrs in den Bestand eines Unternehmens, das im Insolvenzplanverfahren einer Sanierung unterzogen wurde, in der Folgezeit nach Abschluss des Insolvenzverfahrens naturgemäß erheblich verringert, was die Schwelle zur Annahme einer sittenwidrigen Schädigung zusätzlich erhöhen würde. Letztlich spricht aber insbesondere die Kontrolle des Inhalts des Insolvenzplans durch das Insolvenzgericht gegen die Zulassung einer späteren Durchgriffshaftung über den Weg der allgemeinen Deliktsnorm des § 826 BGB. Dem Insolvenzgericht kommt im Rahmen der Vorprüfung des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO und der Bestätigung des Insolvenzplans nach §§ 248, 250 Nr. 1 InsO die genuine Aufgabe zu, diesen inhaltlich vollständig zu überprüfen 801

Gehrlein, NZI 2012, 257, 261. BGH, Urteil vom 04. 05. 1977 – VII ZR 298/75, BGHZ 68, 312 = NJW 1977, 1449; BGH, Urteil vom 28. 04. 2008 – II ZR 264/06 GAMMA, BGHZ 176, 204 = NJW 2008, 2437. Dagegen hat das Bundessozialgericht in einem Fall eine Durchgriffshaftung bejaht, vgl. BSG, Urteil vom 07. 12. 1983 – 7 RAr 20/82, BSGE 56, 76 = NJW 1984, 2117. 803 Zur Frage einer Durchgriffshaftung aufgrund materieller Unterkapitalisierung vgl. oben, Ziff. II. 2., S. 162. Nach der Definition von Ulmer ist eine Gesellschaft unterkapitalisiert, „wenn das Eigenkapital nicht ausreicht, um den nach Art und Umfang der angestrebten oder tatsächlichen Geschäftstätigkeit unter Berücksichtigung der Finanzierungsmethoden bestehenden, nicht durch Kredite Dritter zu deckenden mittel- oder langfristigen Finanzbedarf zu befriedigen“, Ulmer, in: Hachenburg-GmbHG, 8. A., Anh. § 30 Rdn. 16. 804 Die Rechtsfigur der Durchgriffshaftung wegen materieller Unterkapitalisierung wird seit Langem in der Literatur kontrovers diskutiert, vgl. zusammenfassend Merkt, in: MüKoGmbHG, § 13 Rdn. 339; K. Schmidt-GesR, § 9 IV. 4.; Bitter, in: Scholz-GmbHG, § 13 Rdn. 139 ff.; Raiser, in: Großkomm-GmbHG, § 13 Rdn. 136 ff. 802

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

und bei gesetzeswidrigen Inhalten – etwa bei offensichtlichen Überbewertungen von Einlageforderungen entgegen § 225a Abs. 2, Abs. 3 InsO – dem Plan die Bestätigung zu versagen805. c) Fazit Im Ergebnis ist daher sämtlichen Anwandlungen, die Privilegierung der Inferenten durch Ausschluss des Differenzhaftungsrisikos nach § 254 Abs. 4 InsO beim insolvenzlichen Debt-Equity-Swap durch eine Einschränkung des Anwendungsbereichs zu verkürzen oder durch eine andere Haftungskonstruktion zu unterlaufen, eine klare Absage zu erteilen. Diese Überlegungen stehen im offenen Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, die Anwendung des Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren als wesentliches Sanierungsinstrument zu etablieren806, wofür – unter der vom Gesetzgeber bestimmten Beibehaltung des Vollwertigkeitsprinzips – der rechtssichere Ausschluss des Differenzhaftungsrisikos der Inferenten nach Planbestätigung integrale Voraussetzung ist.

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps und Vergleich mit den Steuerfolgen anderer bilanzieller Sanierungsinstrumente Die steuerrechtlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps haben erheblichen Einfluss auf die Praxistauglichkeit der Forderungsumwandlung als Sanierungsinstrument, da Sanierungsmaßnahmen günstigstenfalls steuerneutral erfolgen sollten, damit die Sanierungsbemühungen nicht durch den Anfall eines steuerbaren Sanierungsgewinns auf Ebene der Schuldnergesellschaft konterkariert werden. Negative Steuerfolgen können sich bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren gleichermaßen ergeben wie bei einem außerinsolvenzlichen DebtEquity-Swap. Zum Verhältnis zwischen Steuer- und Insolvenzrecht wurde bereits herausgearbeitet, dass sich auch im Insolvenzverfahren nach Steuerrecht bestimmt, aufgrund welchen Sachverhalts und in welcher Höhe ein Steueranspruch entsteht, das Insolvenzrecht somit nicht auf die Entstehung und Höhe des Steueranspruchs einwirkt807. Aus diesem Grund erfolgt die nachfolgende Ausarbeitung der Steuerfolgen eines Debt-Equity-Swap für den außer- und innerinsolvenzlichen Bereich zusammengefasst. In der Darstellung ist zwischen der Verwirklichung eines grundsätzlich steuerpflichtigen Sachverhalts durch eine Forderungsumwandlung, den Möglichkeiten einer Verlustverrechnung, dem Wegfall von Verlustvortrags805

Vgl. Lüer, in: Uhlenbruck-InsO, § 248 Rdn. 2, § 250 Rdn. 4, 8 f.; Sinz, in: MüKo-InsO, § 248 Rdn. 16, § 250 Rdn. 5 – 10; A. Arnold, in: Festschrift Hoffmann-Becking, 2013, S. 29, 37; K. Schmidt, ZGR 2012, 566, 573. 806 RegE-ESUG, BT-Drucksache 17/5712, S. 18, 31. 807 Frotscher, in: Gottwald, § 120 Rdn. 7; vgl. oben, 1. Kapitel, II. 6.

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

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möglichkeiten sowie einer möglichen Privilegierung von Sanierungsgewinnen zu unterscheiden. Abschließend erfolgt ein Vergleich der Steuerfolgen eines DebtEquity-Swaps mit jenen der im 2. Kapitel behandelten bilanziellen Sanierungsinstrumente. 1. Erfolgswirksamkeit des Debt-Equity-Swaps in Sanierungssituationen Bei einem Debt-Equity-Swap erlöschen die betreffenden Einlageforderungen durch Verzicht des Gläubigers oder aufgrund von Abtretung an die Schuldnergesellschaft durch Konfusion. Die Gesellschaft hat die erloschenen Verbindlichkeiten aus ihrer Handelsbilanz auszubuchen808. Im Gegenzug wird das gezeichnete Kapital der Gesellschaft erhöht. Ein betragsmäßig identischer handelsbilanzieller Passivtausch ist aber nur möglich, soweit der Erhöhungsbetrag des Kapitals dem der entfallenden Verbindlichkeiten entspricht. Voraussetzung für eine Entsprechung beider Beträge ist somit, dass die Forderungen zu ihrem Nennbetrag auf den Kapitalerhöhungsbetrag angerechnet werden (Umtauschverhältnis eins zu eins). Eine Nennwertanrechnung der Einlageforderungen ist aber nach der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap und dem Arbeitsergebnis der vorliegenden Untersuchung in der Sanierungspraxis nur zulässig, soweit die Einlageforderungen aus Gläubigersicht voll werthaltig sind. Ein Debt-Equity-Swap kann somit nur erfolgsneutral erfolgen, wenn die Einlageforderungen vollwertig sind809. Wird ein Debt-Equity-Swap in einer außerinsolvenzlichen Sanierungssituation oder im Insolvenzplanverfahren durchgeführt, so sind die betreffenden Einlageforderungen nach den oben dargelegten Maßstäben aber regelmäßig in ihrem Wert gemindert. In diesen Fällen kommt eine Nennwertanrechnung nicht in Betracht, sondern nur eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals in Höhe des verbleibenden Forderungswerts. Da die nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit ihrem Erfüllungsbetrag passivierten Verbindlichkeiten aber ungeachtet der nur anteiligen Erhöhung des gezeichneten Kapitals vollständig entfallen, sind nicht werthaltige Forderungsanteile über die Gewinn- und Verlustrechnung als außerordentlicher Ertrag zu erfassen810.

808 Nach dem Realisationsprinzip ist eine Verbindlichkeit stets, aber auch nur so lange in der Handelsbilanz zu passivieren, soweit sie wirtschaftlich verursacht ist. Eine Verbindlichkeit ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie besteht oder ihre Entstehung nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Merkmalen abhängig und im Wesentlichen bereits verwirklicht ist, vgl. Obermüller, S. 245, Rdn. 1.1017. 809 Mückel, FR 2009, 497, 500; Rödding/Bühring, DStR 2009, 1933, 1940; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 84; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 137 f.; Driffring, S. 121. 810 Zudem kommt nach dem Arbeitsergebnis zur handelsbilanziellen Behandlung des nichtwerthaltigen Forderungsanteils beim Debt-Equity-Swap nach vorzugswürdiger Ansicht alternativ eine Einstellung dieses Betrags in die Agio- oder Zuzahlungsrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 HGB nicht in Betracht, vgl. oben 3. Kapitel, IV. 4. d); zur Gegenansicht Cahn/Simon/Theiselmann, CFL 2010, 238, 245.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Nichts anderes ergibt sich aus der steuerrechtlichen Beurteilung eines DebtEquity-Swaps nach §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG. Steuerlich kann nur der werthaltige Forderungsteil als Einlage im Sinne der §§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, 8 KStG anerkannt werden811 und bei dem zur Gewinnermittlung anzustellenden Vergleich des Betriebsvermögens außer Betracht bleiben sowie das steuerliche Einlagekonto nach § 27 Abs. 1 KStG erhöhen812. In Höhe des nicht werthaltigen Forderungsanteils findet dagegen eine steuerwirksame Mehrung des Betriebsvermögens statt, die grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Sanierungsgewinn führt813. Für die Bestimmung der Höhe der steuerlichen Einlage ist der nach steuerlichen Grundsätzen anzusetzende Wert der Einlageforderungen maßgeblich. Die Bewertung verdeckter und offener Einlagen erfolgt grundsätzlich mit dem Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, § 10 Satz 2 BewG814. Bei einer offenen Sacheinlage liegt dagegen nach Ansicht des BFH ein tauschähnlicher Vorgang vor, der eine Bewertung mit dem gemeinen Wert nach § 9 BewG erfordert815. Der erzielbare Einzelveräußerungserlös wird aus Gläubigersicht bemessen, somit danach, mit welcher Befriedigungsquote ein Gläubiger hätte rechnen können816. Nach der Rechtsprechung des BFH kann der Forderungswert bei schleppender Begleichung der Verbindlichkeiten oder bei Einleitung von Zwangsmaßnahmen gegen den Schuldner gemindert sein. Bei signifikanter Überschuldung und der damit verbundenen Insolvenzgefahr liegt sogar ein Anscheinsbeweis für eine Wertminderung der Gläubigerforderungen vor, was bei der Bestimmung des gemeinen Forderungswerts zu berücksichtigen ist817. Insoweit stimmt die steuerliche Beurteilung des Debt-Equity-Swaps mit der gesellschaftsrechtlichen Behandlung durch die im Ergebnis für die Sanierungspraxis anzuerkennende herrschende Meinung zur Bewertungsfrage beim Debt-EquitySwap überein. Ob darin eine steuerrechtliche Diskriminierung der Sanierung818 oder eine zutreffende Behandlung des Sachverhalts819 zu sehen ist, braucht vorliegend nicht mehr vertieft werden. Zu den steuerlichen Auswirkungen eines Forderungs811

Rengers, in: Blümich-KStG, § 8 Rdn. 170, 181. Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 85. 813 Drouven, DB 2009, 1895, 1896; Drukarczyk/Schöntag, in: Gottwald, § 3 Rdn. 89; Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 138; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 84; Rödding/Bühring, DStR 2009, 1933, 1940. 814 BFH, Beschluss vom 09. 06. 1997 – GrS 1/94, BFHE 183, 187 = BStBl. II 1998, 307 = NJW 1998, 2837. 815 BFH, Urteil vom 19. 10. 1998 – VIII R 69/95, BFHE 187, 434 = BStBl. II 2000, 230 = DStR 1999, 366. 816 Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 138. 817 BFH, Urteil vom 29. 05. 2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = BStBl. II 2001, 747 = DStRE 2001, 1225. 818 So Maier-Reimer, in: Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2011, S. 107, 138. 819 So Priester, DB 2010, 145, 1448 f. 812

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

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verzichts wurde bereits herausgearbeitet, dass durch die Abschaffung der grundsätzlichen Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen nach § 3 Nr. 66 EStG a. F. eine sanierungshemmende Situation geschaffen wurde, die durch Wiedereinführung einer gesetzlichen Privilegierung von Sanierungsgewinnen aufgelöst werden sollte820. De lege lata kommt es aber für die tatsächliche Auslösung einer Steuerverbindlichkeit aufgrund eines angefallenen Sanierungsgewinns darauf an, inwieweit Verlustverrechnungen sowie eine Privilegierung durch den Sanierungserlass möglich sind. 2. Steuerpflicht von Sanierungsgewinnen und beschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten Es wurde bereits herausgestellt, dass ein erheblicher steuerpflichtiger Sanierungsgewinn auch bei einer auf Fortführung gerichteten Unternehmenssanierung im Insolvenzplanverfahren entstehen kann. Dies ergibt sich allgemein aus der haftungsbefreienden Wirkung des Insolvenzplans nach § 227 Abs. 1 InsO, wonach der Schuldner mit der im Plan vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seinen restlichen Verbindlichkeiten gegenüber diesen Gläubigern befreit wird. Dies führt bei der Schuldnergesellschaft zu einem Sanierungsgewinn821. Gleichfalls entsteht bei einem Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans nach § 254 Abs. 1 InsO durch den Wegfall der Einlageforderungen in Höhe des nicht werthaltigen Forderungsteils ein Sanierungsgewinn822, der eine nicht den Wirkungen des Insolvenzplans unterworfene Masseforderung des Fiskus gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. InsO begründet823. Der Anfall eines Sanierungsgewinns wirkt sich steuerlich generell verlustmindernd oder gewinnerhöhend aus. Fällt durch den außerordentlichen Ertrag im relevanten Veranlagungszeitraum ein geringerer Verlust an, so resultieren hieraus für folgende Veranlagungszeiträume entsprechend geringere Verlustverrechnungsmöglichkeiten nach § 10d EStG. Verbleibt im relevanten Veranlagungszeitraum dagegen nach dem gemäß § 8 Abs. 1 KStG, § 2 Abs. 3 EStG im Entstehungsjahr vorzunehmenden Verlustausgleich ein positives Einkommen, so löst dies generell eine Steuerverbindlichkeit zulasten der Schuldnergesellschaft aus. Aus diesem Grund ist für die steuerliche Beurteilung des Debt-Equity-Swaps im Insolvenzplanverfahren ebenso wie bei der außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung relevant, inwieweit Sanierungsgewinne mit Verlusten verrechenbar sind, sodass im Ergebnis der Anfall von Steuern vermindert oder bestenfalls ganz vermieden werden kann.

820

Vgl. oben 2. Kapitel, IV. 2. c). Maus, in: K. Schmidt/Uhlenbruck, S. 875, Rdn. 8.17. 822 Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 2. A., § 217 Rdn. 83. Nach Maus, ZIP 2002, 589, fällt ein Sanierungsgewinn bereits mit der Bestätigung des Insolvenzplans nach § 248 InsO an. 823 Eidenmüller, in: MüKo-InsO, 2. A., § 217 Rdn. 83; Andres, in: Andres-InsO, vor §§ 217 – 269 Rdn. 14; Maus, ZIP 2002, 589. 821

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Die Regelungen der Verlustabzugsmöglichkeiten des § 10d EStG wurden bereits bei den steuerlichen Auswirkungen eines Forderungsverzichts erörtert824. Es wurde dargelegt, dass insbesondere nach der Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG nicht ausgeglichene negative Einkünfte aus vorangegangenen Veranlagungszeiträumen lediglich bis zur Höhe von einer Million Euro unbeschränkt von Einkünften eines nachfolgenden Veranlagungszeitraums abzugsfähig sind und Sanierungsgewinne hinsichtlich des eine Million Euro übersteigenden Betrags in Höhe von 40 % der Besteuerung unterliegen825. Darüber hinaus wurde aufgezeigt, dass die Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG in Kombination mit den weiteren, zur Begrenzung von Verlustverrechnungsmöglichkeiten vorgenommenen Gesetzesänderungen dazu geführt haben, dass die steuerliche Nutzbarkeit von Verlusten insgesamt über Gebühr eingeschränkt wurde und es nach geltendem Rechtsstand nur noch unzureichend möglich ist, Sanierungsgewinne effektiv mit Verlustvorträgen zu verrechnen826. 3. Wegfall von Verlustvortragsmöglichkeiten durch „schädlichen Beteiligungserwerb“ Aufgrund der beim Debt-Equity-Swap in der Regel eintretenden Veränderungen in der Gesellschafterstruktur besteht zusätzlich das Risiko, dass Verlustverrechnungsmöglichkeiten wegen eines sogenannten schädlichen Beteiligungserwerbs teilweise oder überhaupt nicht mehr nutzbar sind. a) Untergang von Verlustvorträgen nach § 8c Abs. 1 KStG Bei einem Debt-Equity-Swap kommt es gewöhnlich zu einer erheblichen Veränderung der Beteiligungsverhältnisse der Schuldnergesellschaft. Dies gilt insbesondere, wenn bislang außenstehende Dritte an einer Forderungsumwandlung teilnehmen und so zu Gesellschaftern werden. Bei einem weitgehenden Kapitalschnitt unter Bezugsrechtsausschluss bei der Kapitalerhöhung zulasten der Altgesellschafter kann sogar ein nahezu vollständiger Wechsel der Beteiligungsverhältnisse erfolgen. Aber auch wenn sich ausschließlich Bestandsgesellschafter an einem Debt-EquitySwap beteiligen, kommt es zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten, falls sich nicht alle Gesellschafter in gleichem Umfang beteiligen. Stellt sich durch einen Debt-Equity-Swap ein mittelbarer oder unmittelbarer Beteiligungswechsel von mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals ein, so qualifiziert § 8c Abs. 1 KStG dies als sogenannten schädlichen Beteiligungserwerb. In der Rechtsfolge sind bis zur Durchführung des Debt-Equity-Swaps nicht genutzte körperschafts- und gewerbesteuerliche Verluste sowie ungenutzte Zinsvorträge827 in 824 825 826 827

Vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (2). Vgl. oben 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (2). Mihm, CFL 2010, 435, 436. Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 31.

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

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Höhe des schädlichen Beteiligungserwerbs nicht mehr abziehbar. Überschreitet die Änderung in den Beteiligungsverhältnissen mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, so sind nicht genutzte Verluste und Zinsvorträge insgesamt nicht mehr abziehbar. Da nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG ein Anteilserwerb im Wege einer Kapitalerhöhung gleichfalls zu einem schädlichen Beteiligungserwerb führt, liegen dessen Voraussetzungen auch beim Debt-Equity-Swap vor, soweit hierbei eine Änderung in den Beteiligungsverhältnissen von mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals erreicht wird828. Zudem werden die erworbenen Anteile mehrerer Inferenten nach § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG zusammengerechnet, wenn eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen auftritt. Zumindest bei einer Gruppe bislang außenstehender Inferenten werden die Interessen in der Regel als gleichgerichtet im Sinne der Vorschrift anzusehen sein, da diese sich gewöhnlich bezüglich ihrer Beteiligung an der Forderungsumwandlung mit dem Ziel der späteren maßgeblichen Beeinflussung oder gar Beherrschung der betreffenden Gesellschaft abstimmen werden829. Bei einem Debt-Equity-Swap in einer Sanierungssituation oder einem Insolvenzplanverfahren dürften zudem die in § 8c Abs. 1 Sätze 5-8 KStG normierten Ausnahmen der sogenannten Konzern- und Stille-Reserven-Klausel einen schädlichen Beteiligungserwerb nicht verhindern, da die Anteile in aller Regel nicht von einer Konzerngesellschaft erworben werden und stille Reserven üblicherweise nicht mehr vorhanden sein werden830. In Sanierungssituationen kommt nach der gesetzgeberischen Intension aber insbesondere der Ausschluss eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 KStG über die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG in Betracht. b) Unanwendbarkeit der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG Nach der sogenannten Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a Satz 1 KStG liegt kein schädlicher Beteiligungserwerb vor, soweit der Erwerb zum Zweck der Sanierung der Körperschaft erfolgt. Nach § 8c Abs. 1a Satz 2 KStG ist die Sanierung eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unter Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen zu beseitigen831. Nach der gesetzgeberischen Intension soll mit der Sanierungsklausel das freiwillige Engagement des Neugesellschafters in einer Krisensituation belohnt werden832. Dieses mit Einführung der Sanierungsklausel im Jahr 2009 durch das Bürgerentlastungsgesetz

828 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 31; Driffring, S. 139. 829 Vgl. hierzu Brandis, in: Blümich-KStG, § 8c Rdn. 52. 830 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 31. 831 Die näheren Voraussetzungen für eine Privilegierung durch die Sanierungsklausel sind in § 8c Abs. 1a Sätze 4 – 5 KStG enthalten. 832 Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetztes zur Korrektur der Unternehmenssteuerreform, BT-Drucksache 16/13429, S. 50 f.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

Krankenversicherung833 gesetzgeberisch verfolgte Ziel wird aber nicht mehr erreicht. Die EU-Kommission hat die Sanierungsklausel in einem förmlichen Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV als europarechtlich unzulässige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV834 gewertet und das Prüfverfahren mit einer Negativentscheidung abgeschlossen835. Das BMF hatte die Anwendung der Sanierungsklausel durch die Finanzbehörden bereits bei Einleitung des Prüfverfahrens im April 2010 ausgesetzt836. Die Bundesregierung geht im Wege einer Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der EU-Kommission vor837. Mangels aufschiebender Wirkung der Nichtigkeitsklage hat der Gesetzgeber zur Umsetzung der Kommissionsentscheidung die Anwendbarkeit der Sanierungsklausel bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts oder des Gerichtshofs der Europäischen Union durch Einführung des § 34 Abs. 7c Satz 3 KStG vorläufig aufgehoben838. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Erstinstanzlich hat das Gericht der Europäischen Union die Klage Deutschlands mit Beschluss vom 18. 12. 2012 aufgrund des Versäumnisses der Rechtsbehelfsfrist abgewiesen839. Nach Ansicht des Gerichts wurde die Klage einen Tag zu spät eingereicht. Deutschland hat hiergegen Rechtsmittel beim EuGH eingelegt840. Aufgrund der vorliegenden Konstellation ist es somit möglich, dass das Verfahren auf rein formaler Ebene beendet wird, sollte sich der EuGH der Ansicht des Gerichts der Europäischen Union anschließen und gleichfalls ausschließlich zur Verfristung der Klageerhebung Stellung nehmen, was für die materielle Fortentwicklung des Gemeinschaftsrechts aber ohne Erkenntnisfortschritt und daher unbefriedigend bliebe. Nicht nur im Hinblick auf eine bilanzielle Sanierung einer Gesellschaft durch einen Debt-Equity-Swap, sondern allgemein für die gesamte Sanierungspraxis ist die momentane Unanwendbarkeit der Sanierungsklausel besonders misslich. Gerade in einer Sanierungssituation kommt es darauf an, eintre833 Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 16. Juli 2009, BGBl. I S. 1959. 834 Art. 107 Abs. 1 AEUV i. V. m. Art. 7 Abs. 5, 14 Abs. 1 EG-Verordnung Nr. 659/1999 (Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl. L 83 vom 27. 03. 1999, S. 1 – 9. 835 Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 16. 01. 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. L 235 vom 10. 09. 2011, S. 26. 836 BMF-Schreiben vom 30. 04. 2010 – IV C 2- S 2745-a/08/10005/002, BStBl. I 2010, 488 = DStR 2010, 928. 837 BMF-Pressemitteilung Nr. 4/2011 vom 09. 03. 2011, abrufbar unter: http://www.bundes finanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2011/03/2011-03-09-PM4. html [Stand: 05. 03. 2014]. 838 § 34 Abs. 7c Sätze 3 – 5 KStG wurde durch Art. 4 Nr. 2. a) des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften eingeführt, Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7. Dezember 2011, BGBl. I S. 2592, 2612. 839 EuG, Beschluss vom 18. 12. 2012 – T-205/11 Deutschland/Kommission, DStR 2013, 132. 840 EuGH – C-102/13 P (anhängig), Gerichtsinformation zum Verfahren: ABl. C 164 vom 08. 06. 2013, S. 8 f.

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

333

tende Buchgewinne, die nicht aus realwirtschaftlicher Leistungskraft des Unternehmens resultieren, mit zuvor angefallenen Verlusten verrechnen zu können. Der pauschale Verlust von Verlustvorträgen nach § 8c Abs. 1 KStG ohne das Korrektiv einer Sanierungsprivilegierung kann daher nur als Sanierungshindernis bezeichnet werden. Eine steuerrechtliche Begünstigung des Debt-Equity-Swaps zur Unternehmenssanierung ist somit zurzeit allenfalls über eine Anwendung des Sanierungserlasses erreichbar. 4. Begünstigung von Sanierungsgewinnen durch den „Sanierungserlass“ Bei der Untersuchung der steuerlichen Auswirkungen des Forderungsverzichts als bilanzielles Sanierungsinstrument wurde bereits dargelegt, dass das BMF auf die Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. mit dem sogenannten Sanierungserlass841 reagiert hat, um aufgetretenen Härten in der Besteuerung von Sanierungsgewinnen entgegenzuwirken. Der Sanierungserlass konkretisiert für die Finanzverwaltung die Voraussetzungen, unter denen sich gemäß §§ 163, 222, 227 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen nach Ausschöpfung der ertragssteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten die entsprechende Steuer von den üblichen gesetzlichen Vorgaben abweichend festsetzt und mit dem Ziel eines späteren Erlasses stunden lässt842. Auch die durch divergierende finanzgerichtliche Rechtsprechung entstandene Rechtsunsicherheit über die Anwendung des Sanierungserlasses insgesamt sowie die allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen wurden bereits bei der Untersuchung des Forderungsverzichts herausgearbeitet843. Daher beschränkt sich die Untersuchung an dieser Stelle auf die Frage, ob der Sanierungserlass auf einen durch Debt-Equity-Swap entstandenen Sanierungsgewinn anwendbar ist und, bejahendenfalls, ob die nach dem Sanierungserlass vorzunehmende Verlustverrechnung im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 KStG aufgrund der Negativentscheidung der EU-Kommission zur Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG844 auszuscheiden hat. a) Anwendbarkeit des Sanierungserlasses auf Sanierungsgewinne aus Debt-Equity-Swaps Ein außerinsolvenzlicher Debt-Equity-Swap in einer Krisensituation der Schuldnergesellschaft sowie eine Forderungsumwandlung im Insolvenzplanverfahren erfüllen in der Regel die Voraussetzungen des dem Sanierungserlass zugrunde 841

Tz. 7. 842

BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240,

Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 31. Vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (4). 844 Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 16. 01. 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. L 235 vom 10. 09. 2011, S. 26. 843

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

liegenden Sanierungsbegriffs845. Die Anwendbarkeit des Sanierungserlasses steht aber unter der weiteren notwendigen Voraussetzung, dass der angefallene Buchgewinn als begünstigter Sanierungsgewinn im Sinne des Erlasses qualifiziert werden kann. Dies ist bei einer durch einen Debt-Equity-Swap eintretenden Mehrung des Betriebsvermögens fraglich, da ein Sanierungsgewinn nach dem Sanierungserlass eine Erhöhung des Betriebsvermögens ist, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden846. Zudem wird im Erlass ausgeführt, dass ein Schuldenerlass insbesondere durch Erlassvertrag oder negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 BGB erfolgen kann. Die Forderungsumwandlung durch Debt-Equity-Swap findet im Sanierungserlass dagegen keine Erwähnung. Die Verfasser des Sanierungserlasses beziehen sich bei ihren Ausführungen zum Sanierungsgewinn vielmehr auf einen isolierten Forderungsverzicht, was sich insbesondere aus den weiter gehenden Festlegungen im Sanierungserlass zur Handhabe bei Forderungsverzichten gegen Besserungsschein ergibt847. Im Unterschied zum isolierten Forderungsverzicht werden die betreffenden Forderungen beim Debt-Equity-Swap aber im Rahmen einer Kapitalerhöhung als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht. Bei der Forderungsumwandlung wird die Gesellschaft zwar gleichfalls durch Abtretung oder Forderungsverzicht von den betreffenden Verbindlichkeiten befreit. Da der Inferent im Unterschied zum isolierten Forderungsverzicht im Gegenzug Gesellschaftsanteile gewährt bekommt, stellt sich aber die Frage, ob der Sanierungserlass auf diese Fallgestaltung gleichfalls Anwendung finden kann. In der Literatur wird der Sanierungserlass ohne Weiteres für auf die Forderungsumwandlung anwendbar gehalten848. Zwar ist den angeführten Literaturmeinungen im Ergebnis zuzustimmen, dass der Sanierungserlass – bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen – auch auf einen durch Debt-Equity-Swap verursachten Sanierungsgewinn anzuwenden ist, was jedoch der Begründung bedarf. Diese ist darin zu sehen, dass beim Debt-Equity-Swap in einer Krisensituation oder im Insolvenzplanverfahren im Umfang des nicht werthaltigen Forderungsanteils materiell-rechtlich ein Forderungsverzicht vorliegt, da dieser sich aufgrund der 845

BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 1: „Eine Sanierung ist eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger (juristische oder natürliche Person) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (= unternehmensbezogene Sanierung). Das gilt auch für außergerichtliche Sanierungen, bei denen sich die Gesellschafterstruktur des in die Krise geratenen zu sanierenden Unternehmens (Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft) ändert, bei anderen gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen im Rahmen der außergerichtlichen Sanierung von Kapitalgesellschaften sowie für Sanierungen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens.“. 846 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 3. 847 BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240, Tz. 5. 848 Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 85; Budde, ZInsO 2010, 2251, 2272; Mückel, FR 2009, 497, 500; Meyer/Degener, BB 2011, 846, 850; Driffring, S. 185 f.

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

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kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorgaben nicht in statutarisches Eigenkapital wandeln lässt. Gerade aus der mangelnden Vollwertigkeit resultiert aber auch die steuerrechtlich relevante Verursachung eines Buchgewinns in Höhe des nicht werthaltigen Forderungsanteils. Die Situation ist daher insoweit identisch zur Wirkung eines isolierten Forderungsverzichts, sodass ein aus Forderungsumwandlung resultierender Buchgewinn gleichfalls als ein nach dem Sanierungserlass begünstigungsfähiger Sanierungsgewinn anzusehen ist. b) Verlustverrechnung nach dem Sanierungserlass auch bei „schädlichem Beteiligungserwerb“ nach § 8c Abs. 1 KStG? Im Steuerfestsetzungsverfahren sind bei Anwendung des Sanierungserlasses die Besteuerungsgrundlagen in der Weise zu ermitteln, dass Verluste unbeschadet von Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen bis zur Höhe des Sanierungsgewinns vorrangig mit dem Sanierungsgewinn verrechnet werden849. Somit lassen sich bestehende Verluste grundsätzlich ohne die gesetzlichen Beschränkungen mit dem Sanierungsgewinn verrechnen850. Da beim Debt-Equity-Swap in vielen Fällen die Voraussetzungen eines schädlichen Beteiligungserwerbs tatbestandlich erfüllt sein werden, fragt sich, ob bei Anwendung des Sanierungserlasses auch die Verlustabzugsbeschränkungen des § 8c Abs. 1 KStG unbeachtlich sein können. Die Frage stellt sich, da die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG nach § 34 Abs. 7c Satz 3 KStG zumindest bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem EuGH um die europarechtliche Zulässigkeit der Sanierungsklausel nicht anwendbar ist. Dieselbe Frage zu § 8c Abs. 1 KStG stellte sich vor Einführung der Sanierungsklausel im Jahr 2009 durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung851. Das BMF hat die Frage dahingehend beantwortet, dass der Sanierungserlass auch auf § 8c Abs. 1 KStG anwendbar ist. In seinem Schreiben betreffend die Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften nach § 8c KStG verweist das BMF im Abschnitt Rechtsfolgen darauf, dass im Zusammenhang mit Unternehmenssanierungen das BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, somit der Sanierungserlass, gelte852. Vor dem Hintergrund der Negativentscheidung der EU-Kommission zur Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG853 und des hierzu anhängigen Verfahrens vor dem EuGH854 ist

849

Tz. 8. 850

BMF-Schreiben vom 27. 03. 2003, BMF IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240,

Der Sanierungserlass nennt insbesondere die Unbeachtlichkeit folgender Verrechnungsbeschränkungen: § 2 Abs. 3, § 2 a, § 10 d, § 15 Abs. 4, § 15 a, § 23 Abs. 3 EStG. 851 Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) vom 16. Juli 2009, BGBl. I S. 1959. 852 BMF-Schreiben vom 04. 07. 2008, BMF IV C 7 – S 2745 – a/08/10001, BStBl. I 2008, S. 718, Tz. 34. 853 Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 16. 01. 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. L 235 vom 10. 09. 2011, S. 26.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

es jedoch fraglich, ob es europarechtlich zulässig ist, Unternehmen in einer Sanierungssituation vor den Auswirkungen eines schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 KStG anstatt durch die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG über die Anwendung des Sanierungserlasses zu schützen und auf diesem Weg im Ergebnis zu einer inhaltlich identischen Privilegierung von Sanierungsgewinnen zu gelangen. Dies könnte europarechtlich gleichfalls als unzulässige Beihilfe zu werten sein. Der Sanierungserlass war bereits mehrfach Gegenstand beihilferechtlicher Erörterung855, da grundsätzlich alle Formen von Vorteilsgewährungen und somit auch Steuerprivilegierungen Beihilfen im Sinne des Art. 107 AEUV sein können856. Vor dem Hintergrund der in Frage stehenden beihilferechtlichen Zulässigkeit der Sanierungsklausel wird auch die Anwendung des Sanierungserlasses als problematisch angesehen und längerfristige Rechtsunsicherheit in diesem Bereich befürchtet857. Aufgrund der Schwerpunktsetzung der Arbeit auf die gesellschaftsrechtliche Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap kann vorliegend aber keine Aufarbeitung der beihilferechtlichen Implikationen des Sanierungserlasses geleistet werden858. Daher wird nur punktuell dazu Stellung genommen, ob die Negativentscheidung der EUKommission einer Befreiung von den Wirkungen des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 KStG durch Anwendung des Sanierungserlasses entgegensteht. Dies ist im Ergebnis zu verneinen, da Gegenstand des förmlichen Prüfverfahrens und Inhalt des Tenors der Negativentscheidung allein die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG war859. Hinzu kommt, dass in der Kommissionsentscheidung die Möglichkeit eines Steuererlasses im Billigkeitswege nach dem Sanierungserlass ausdrücklich bei der Beschreibung der Rechtsentwicklung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland angeführt wird860. Die Kommission war sich somit im 854

EuGH – C-102/13 P (anhängig), Gerichtsinformation zum Verfahren: ABl. C 164 vom 08. 06. 2013, S. 8 f. 855 Nolte, NWB 2005, 3855, 3866; Herrmann, ZInsO 2003, 1069; Strüber/v. Donat, BB 2003, 2036. 856 Strüber/v. Donat, BB 2003, 2036, 2040. 857 Meyer/Degener, BB 2011, 846, 850. 858 Hierzu ausführlich Driffring, S. 195 ff. 859 Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 16. 01. 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. L 235 vom 10. 09. 2011, S. 26. 860 Beschluss 2011/527/EU der Kommission vom 16. 01. 2011 über die staatliche Beihilfe Deutschlands, C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“, ABl. L 235 vom 10. 09. 2011, S. 26, 27: „Nach der vom Deutschen Bundestag zusammen mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 verabschiedeten Gesetzesbegründung wurde § 8 Abs. 4 KStG durch die Nachfolgeregelung § 8c Abs. 1 KStG ersetzt, um die Regelung zu vereinfachen (der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass die praktische Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG zahlreiche schwierige Rechtsfragen aufgeworfen hatte) und gezielter gegen Missbrauch vorzugehen. Der Gesetzgeber war sich dessen bewusst, dass diese Änderung bedeutete, dass bei mit einem Beteiligungserwerb verbundenen Sanierungen von Unternehmen in Schwierigkeiten kein Verlustvortrag mehr möglich sein würde. Dies wurde jedoch als hinnehmbar erachtet, da

VII. Steuerrechtliche Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps

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Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens der Existenz und der Wirkungsweise des Sanierungserlasses bewusst. Die Kommission hatte daher die Möglichkeit, das Verfahren auf den Sanierungserlass zu erstrecken. Da dies nicht erfolgt ist, kommt der Negativentscheidung somit kein Aussagegehalt hinsichtlich einer etwaigen Unvereinbarkeit der Reichweite des Sanierungserlasses mit den europarechtlichen Beihilfevorschriften zu. Im Ergebnis können somit durch die Anwendung des Sanierungserlasses bestehende Verluste unbeschränkt mit Sanierungsgewinnen verrechnet werden. Der Sanierungserlass verleiht dadurch im Billigkeitswege auch von den Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 8c Abs. 1 KStG Befreiung. Dies steht der Entscheidung der EU-Kommission über die Unanwendbarkeit der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG nicht entgegen, da die Prüfung der beihilferechtlichen Zulässigkeit des Sanierungserlasses in einem gesonderten Verfahren zu erfolgen hätte. Dessen ungeachtet kann größtmögliche Planungssicherheit hinsichtlich einer Begünstigung eines geplanten Debt-Equity-Swaps nach dem Sanierungserlass im konkreten Einzelfall nur durch Einholung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 AO bei den zuständigen Finanzbehörden gewährleistet werden. 5. Fazit a) Steuerliche Auswirkungen des Debt-Equity-Swaps Ein Debt-Equity-Swap ist nur steuerneutral möglich, wenn die Einlageforderungen vollwertig sind. In diesem Fall findet handelsbilanziell ein erfolgsneutraler Passivtausch statt. Ein zu versteuernder Sanierungsgewinn fällt nicht an, da sich der entfallende Betrag der Verbindlichkeiten und der Betrag der Einlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG entsprechen. Aufgrund der handelsbilanziellen Entschuldungswirkung der Forderungsumwandlung wird ein Debt-Equity-Swap in der Praxis dagegen regelmäßig in einer außerinsolvenzlichen Sanierungssituation oder im Insolvenzplanverfahren Anwendung finden. Da für die Bewertung der Einlageforderungen nach der hier vertretenen Ansicht die Schuldendeckungsquote der Gesellschaft maßgeblich ist, sind die betreffenden Gläubigerforderungen bei Überschuldung der Gesellschaft nicht mehr voll werthaltig861, sodass der Wegfall der Verbindlichkeiten in einer solchen Situation bei der Gesellschaft zu einem steuerpflichtigen Ertrag in Höhe des nicht werthaltigen Forderungsanteils führt. Entscheidend ist somit, ob der Anfall eines Sanierungsbuchgewinns eine tatsächliche Besteuerung der Gesellschaft auslöst und damit die Sanierung erschwert oder gar insgesamt verhindert. Aufgrund der mit einem Debt-Equity-Swap regelmäßig verbundenen Änderung der Gesellschafterstruktur wird die Nutzung der regulären gesetzlich normierten Verlustverdie Steuerbehörden in solchen Situationen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Billigkeitswege auf Steuerforderungen verzichten konnten, Bundestagsdrucksache 16/4841, S. 76, Bezugnahme auf ein Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 27. März 2003; BStBl I S. 240.“. 861 Vgl. oben, 2. Kapitel, V. 1. d).

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

rechnungsmöglichkeiten bei einer Überschreitung der relevanten Schwellen eines schädlichen Beteiligungserwerbs durch § 8c Abs. 1 KStG verhindert. Da die Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG auf unbestimmte Zeit außer Kraft gesetzt wurde und aufgrund der dargelegten Beihilfeproblematik unsicher ist, ob diese je wieder Geltung erlangen wird, kann eine effektive und vollständige Verlustverrechnung nur bei Anwendung des Sanierungserlasses durch die Finanzverwaltung erreicht werden. Nach der hier vertretenen Ansicht findet der Sanierungserlass auf den Debt-Equity-Swap und auch im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs unbeschränkte Anwendung. Eine durch einen nach vollständiger Verlustverrechnung verbleibenden Sanierungsgewinn ausgelöste Steuerverbindlichkeit kann bei Anwendung des Sanierungserlasses zudem mit dem Ziel des späteren Erlasses gestundet werden. Um Planungssicherheit über die Steuerfolgen eines Debt-Equity-Swaps zu erlangen, bleibt der Sanierungspraxis nur der Weg, vor der Durchführung einer Forderungsumwandlung eine verbindliche Auskunft über die Anwendung des Sanierungserlasses bei der Finanzverwaltung einzuholen sowie nach der Durchführung einen entsprechenden Antrag auf eine ertragsteuerliche Behandlung der Sanierungsgewinne nach dem Sanierungserlass zu stellen. Dies ist insgesamt als eine unbefriedigende und nicht sanierungsfreundliche Situation zu bewerten. Die Auslösung einer effektiven Besteuerung von Sanierungsgewinnen kann zurzeit nur über den Sanierungserlass im Wege der Einzelfallbegünstigung aus sachlichen Billigkeitsgründen durch die Finanzverwaltung erfolgen. Eine Absicherung hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen eines geplanten Debt-Equity-Swaps ist nur über eine verbindliche Auskunft des zuständigen Betriebsstättenfinanzamts zu gewährleisten. Die Einholung einer solchen Auskunft kann sich aber als zeitaufwändig erweisen, da die Entscheidungsbefugnis der örtlichen Finanzämter innerhalb des Behördenaufbaus begrenzt ist und es deshalb bei einem intern notwendigen Abstimmungsprozess mit der Oberfinanzdirektion oder gar dem Landesfinanzministerium zu erheblichen Verzögerungen kommen kann862, was die Sanierungschancen aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich vermindert. Zudem ist es misslich, dass die jeweilige Betriebsstättengemeinde für die Anwendung des Sanierungserlasses auf die Gewerbesteuer zuständig ist, da dies die Planbarkeit des Abstimmungsprozesses vor Durchführung eines Debt-Equity-Swaps zusätzlich erschwert. Dagegen würden insbesondere unter besonderem Zeitdruck stehende außerinsolvenzliche Sanierungsbemühungen von einer rechtssicher anwendbaren abstrakt-generellen Regelung profitieren. Spätestens nach Klärung der Frage der Beihilfewidrigkeit der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG sollte der Gesetzgeber daher eine stringente und europarechtlich einwandfreie gesetzliche Regelung zur sachgerechten Behandlung von Sanierungsbuchgewinnen in Angriff nehmen.

862

Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 33.

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile

339

b) Vergleich mit den Steuerfolgen der anderen bilanziellen Sanierungsinstrumente Im Vergleich zu den steuerlichen Auswirkungen der im 2. Kapitel erörterten bilanziellen Sanierungsinstrumente – Rangrücktritt, Forderungsverzicht und DebtMezzanine-Swap – ist der Debt-Equity-Swap strukturell dem Forderungsverzicht am ähnlichsten. Rangrücktritte können bei entsprechender Ausgestaltung steuerneutral erfolgen863. Gleiches gilt nach vorzugswürdiger Ansicht auch für einen Debt-Mezzanine-Swap, durch den Fremdkapitalverbindlichkeiten in Genussrechte umgewandelt werden864. Dieses Ergebnis ist aber aufgrund der entgegenstehenden Rechtsansicht der OFD Rheinland nicht gesichert sowie die dahinter stehende Problemstellung vielschichtig, sodass zur Absicherung der konkreten steuerlichen Einordnung eines Debt-Mezzanine-Swaps durch die Finanzverwaltung in der Praxis kein Weg an der Einholung einer verbindlichen Auskunft vorbeiführt. Im Gegensatz zum Forderungsverzicht ist beim Debt-Equity-Swap hinsichtlich der teilnehmenden Personen nicht nach Gesellschaftern und bislang außenstehenden Dritten zu unterscheiden. Hierauf kommt es beim Debt-Equity-Swap nicht an, da die Einbringung des werthaltigen Forderungsteils für jeden Inferenten steuerrechtlich eine Einlage im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG ist. Aufgrund der Veränderung der Gesellschafterstruktur beim Debt-Equity-Swap kommt im Unterschied zum Forderungsverzicht das Problem des schädlichen Beteiligungserwerbs nach § 8c Abs. 1 KStG hinzu, was sich bei Anwendung des Sanierungserlasses im Ergebnis aber kompensieren lässt. Somit bestehen beim Forderungsverzicht und Debt-Equity-Swap strukturell die gleichen Problemfelder in der Besteuerung von Sanierungsgewinnen, denen bei einer zukünftig zu schaffenden gesetzlichen Regelung von Sanierungsgewinnen gleichermaßen Rechnung getragen werden sollte.

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile, des Verlusts nicht werthaltiger Forderungsanteile und des Differenzhaftungsrisikos Abschließend sollen Gestaltungsmöglichkeiten in den Blick genommen werden, mit denen mit einem Debt-Equity-Swap einhergehende Nachteile sich möglichweise vermeiden lassen oder abgemildert werden können.

863 864

Vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 1. b) aa). Vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 3. a) bb) (4).

340

3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

1. Vorangestellter Debt-Push-Up im Konzern zur Vermeidung des Anfalls eines steuerbaren Sanierungsgewinns Anknüpfend an die vorangehende Behandlung der steuerrechtlichen Auswirkungen eines Debt-Equity-Swaps wird hier zunächst ein Vorschlag aus der Literatur aufgegriffen, mit dem im Konzern der Anfall eines steuerbaren Sanierungsgewinns bei einem Debt-Equity-Swap vermieden werden soll. Statt der Durchführung eines Debt-Equity-Swaps bei der sanierungsbedürftigen Schuldnergesellschaft werden die relevanten Verbindlichkeiten in einem ersten Schritt durch einen Debt-Push-Up auf die Muttergesellschaft verlagert, um dort in einem weiteren Schritt einen DebtEquity-Swap durchzuführen. Steuerliche Vorteile lassen sich mit einer solchen Konstruktion aber nur unter der Voraussetzung erzielen, dass entweder die Gläubigerforderungen durch die Schuldübernahme der Muttergesellschaft vollwertig werden und daher bei Umwandlung der Forderungen in Eigenkapital kein Sanierungsgewinn anfällt oder die Mutter eine Gesellschaft ausländischer Rechtsform ist und ausländischem Steuerrecht unterliegt, welches anfallende Sanierungsgewinne unbesteuert lässt865. In einem ersten Schritt übernimmt die über der Schuldnergesellschaft stehende Obergesellschaft als Gesellschafterin die betreffenden Verbindlichkeiten im Wege der befreienden Schuldübernahme (Debt-Push-Up) unter Ausschluss jeglicher Rückgriffansprüche der Muttergesellschaft. In einem zweiten Schritt erfolgt dann ein Debt-Equity-Swap auf Ebene der Obergesellschaft. Ein so strukturierter DebtEquity-Swap setzt auf Gläubigerseite sowohl die Zustimmung zu einer Schuldübernahme der Obergesellschaft nach §§ 415 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB als auch ein Interesse der Gläubiger an einem Beteiligungserwerb an der schuldübernehmenden Gesellschaft voraus. Eine Verlagerung des Debt-Equity-Swap auf die Muttergesellschaft durch einen vorangestellten Debt-Push-Up kann sich aber nur unter der Prämisse als sinnvoll erweisen, dass die konzerninterne Schuldübernahme ihrerseits steuerneutral möglich ist. Daher ist der Vorgang der Schuldbefreiung der deutschem Steuerrecht unterliegenden Ausgangsschuldnergesellschaft näher zu betrachten, welcher sich in zwei Abschnitte unterteilt: • Im ersten Schritt erlangt die Tochter als Ausgangsschuldnergesellschaft einen Freistellungsanspruch in Höhe der entsprechenden Verbindlichkeiten gegenüber der Muttergesellschaft. Der Freistellungsanspruch ist bei der Tochtergesellschaft handelsbilanziell in voller Höhe zu aktivieren866. Die hierdurch eintretende Ver865

Born, BB 2009, 1730, 1734; Westpfahl, in: Eilers/Koffka/Mackensen, Private Equity, Kap. III. 2. Rdn. 34. 866 Die Beurteilung der Werthaltigkeit bei der Aktivierung des Freistellungsanspruchs hängt von der Bonität der schuldübernehmenden Muttergesellschaft ab. Nach Blaas/Schwahn, DB 2013, 2412, 2416, sollte hierbei der Beurteilungsmaßstab nicht die Fähigkeit der Schuldübernehmerin zur Erfüllung der übernommenen Verbindlichkeiten sein, sondern die Fähigkeit, die Verpflichtung aus der Freistellungsvereinbarung zu erfüllen. Danach kann der Freistellungsanspruch in voller Höhe aktiviert werden, soweit davon auszugehen ist, dass die Zustimmung des Gläubigers zur Schuldübernahme erlangt werden kann.

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile

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mögensmehrung wird jedoch grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein, ist somit nach den Grundsätzen der verdeckten Einlage867 gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1 EStG steuerneutral868 und führt zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 1 KStG. • Auch die im zweiten Schritt durch Zustimmung des Gläubigers diesem gegenüber wirksam werdende Schuldübernahme bleibt für die bisherige Schuldnergesellschaft erfolgsneutral, da hierbei sich betragsmäßig entsprechende Positionen auf Aktiv- und Passivseite der Bilanz simultan entfallen869 : einerseits der erfüllte Freistellungsanspruch, andererseits die hierzu korrespondierenden Verbindlichkeiten. • Zudem tritt aufgrund der anschließenden Forderungsumwandlung bei der Obergesellschaft auf Ebene der Ausgangsschuldnergesellschaft keine Änderung in den Beteiligungsverhältnissen ein, sodass bei dieser auch kein schädlicher Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 KStG ausgelöst wird. Dies ist von Vorteil, da bei der Ausgangsschuldnergesellschaft in der Regel krisenbedingt Verluste angefallen sind, die bei dieser Strukturierung weiter nutzbar bleiben. Da ein wie dargelegt strukturierter Debt-Push-Up steuerneutral möglich ist, kann bei geeigneten Sanierungssachverhalten im Konzern die Vorschaltung eines DebtPush-Ups vor einen Debt-Equity-Swap interessante Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Dies insbesondere, wenn für die Forderungsgläubiger eine Beteiligung an der Ausgangsschuldnergesellschaft nicht in Frage kommt und stattdessen Interesse an einem Beteiligungserwerb an der Muttergesellschaft besteht. Für die Vermeidung des Anfalls eines steuerbaren Sanierungsgewinns bei Durchführung eines DebtEquity-Swaps bei der Obergesellschaft ist dann die Werthaltigkeit der umzuwandelnden Forderungen gegen die schuldübernehmende Gesellschaft bzw. das betreffende ausländische Gesellschaftsstatut sowie das ausländische Steuerrecht für die steuerliche Behandlung etwaiger Sanierungsgewinne maßgebend. Es bleibt zudem zu beachten, dass sich die Finanzverwaltung bislang nicht ausdrücklich zu der Behandlung eines Debt-Push-Up im Fall von wertgeminderten Forderungen geäußert hat, sodass in der Praxis vor der Durchführung eines Debt-Push-Up die Einholung einer verbindlichen Auskunft des Bertiebsstättenfinanzamtes erforderlich sein wird870.

867 Zu den Grundsätzen der verdeckten Einlage vgl. Engers, in: MüKo-Bilanzrecht, § 278 Anhang, Rdn. 76 ff. 868 Blaas/Schwahn, DB 2013, 2412, 2416. 869 BFH, Beschluss vom 20. 12. 2001 – I R 74/01, DStRE 2002, 257. 870 Blaas/Schwahn, DB 2013, 2416.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

2. Werterhöhung der Einlageforderungen beim Debt-Equity-Swap durch Forderungsaufspaltung oder vorangestellten Forderungsverzicht? Bei der Ausarbeitung der Kriterien der Forderungsbewertung beim außer- und innerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap wurde herausgestellt, dass die bei Umsetzung der Forderungsumwandlung eintretende Entschuldungswirkung bei der vor der Durchführung erfolgenden Forderungsbewertung nicht berücksichtigt werden darf, sondern eine „Ist-Bewertung“ vor Durchführung der Maßnahme vorzunehmen ist. Dagegen ist es möglich, einem Debt-Equity-Swap andere Sanierungsmaßnahmen voranzustellen, damit hierdurch eine Verbesserung der finanziellen Lage der Schuldnergesellschaft im Zeitpunkt der Bewertung der betreffenden Forderungen für einen Debt-Equity-Swap bereits erreicht wird und sich die Werthaltigkeit der Einlageforderungen im Reflex erhöht. In der Folge können die Forderungen beim DebtEquity-Swap zu einem höheren Prozentsatz oder sogar zum Nennwert auf das neue Kapital angerechnet werden. Für die wandlungsbereiten Gläubiger stellt sich daher die Frage, ob es aufgrund des nach herrschender Meinung bestehenden und für die Sanierungspraxis verbindlichen Vollwertigkeitserfordernisses beim Debt-EquitySwap – das die Ausgabe neuer Aktien oder Geschäftsanteile nur im Umfang des werthaltigen Forderungsteils gestattet – Möglichkeiten gibt, einen „Verlust“ der Forderung in Höhe des momentan nicht werthaltigen Teils zu verhindern. In der Literatur wird hierzu vorgeschlagen, die Umwandlung „auf werthaltige ,erstrangige‘ Teile ihrer Forderungen zu beschränken und gegebenenfalls zur weiteren Bilanzentlastung bezüglich der verbleibenden ,nachrangigen‘ und derzeit sowieso nicht werthaltigen Teile ihrer Forderungen einen qualifizierten Rangrücktritt mit den Folgen des § 39 Abs. 2 InsO oder einen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein zu vereinbaren“871. Diese Ausführungen sind zumindest missverständlich, da eine Forderung zivilrechtlich zwar ihrem Betrag nach aufteilbar ist872, sich aber generell nicht in einen werthaltigen und nicht werthaltigen Teil aufspalten lässt. Zutreffend ist allerdings, dass eine unterschiedliche Werthaltigkeit einer ursprünglich einheitlichen Forderung dadurch erreicht werden kann, dass hinsichtlich eines Teils der Forderung ein Rangrücktritt oder ein Forderungsverzicht erklärt wird. Der erklärte Nachrang oder Forderungsverzicht wirkt sich aber nicht in einer isolierten Wertsteigerung des verbleibenden nicht nachrangigen Forderungsteils, sondern nur anteilig im Verhältnis sämtlicher Gläubigerforderungen aus, da von einem Rangrücktritt oder Forderungsverzicht alle verbleibenden Gläubigerforderungen profitieren. Erklären nur einzelne Gläubiger Rangrücktritte oder Forderungsverzichte, so kommen diese den sich nicht beteiligenden Gläubigern gleichfalls zugute. Daher 871

Heidrich, in: Aktuelle Aspekte des M&A-Geschäfts 2010, S. 15, 23. So sind insbesondere Geldforderungen grundsätzlich durch Teilabtretung aufteilbar, vgl. Roth, in: MüKo-BGB, § 398 Rdn. 63 ff. 872

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile

343

werden Sanierungsbeiträge häufig unter die Bedingung einer Beteiligung sämtlicher wesentlicher Gläubiger gestellt. Ziehen diese an einem Strang, ist es aber insbesondere bei vorinsolvenzlichen Sanierungen ein sachrichtiges Vorgehen, zunächst gemeinsame Vorabsanierungsbeiträge durch teilweise Forderungsverzichte gegen Besserungsschein zu leisten („initial haircut“)873 und in einem zweiten Schritt die Gesellschaft durch einen Debt-Equity-Swap weiter gehend zu entschulden. Aufgrund des vorangegangenen Teilverzichts können die verbleibenden Forderungsteile in der Regel mit einem höheren Prozentsatz als zuvor auf das neue Kapital angerechnet werden. Zudem besteht bei Gelingen der Sanierung die Aussicht auf Eintritt des Besserungsfalls hinsichtlich der erklärten Teilverzichte, sodass bei einem solch günstigen Verlauf neben der erlangten Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft noch ein Teil der Ausgangsforderungen realisiert werden kann.

3. Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht Zur Vermeidung der mit einem Debt-Equity-Swap verbundenen Risiken wird in der Literatur der Erwerb von Aktien oder Geschäftsanteilen von den Bestandsgesellschaftern gegen Forderungsverzicht vorgeschlagen874. Die Gläubiger sollen hierbei nach dem Anteilserwerb durch einen Forderungsverzicht den notwendigen Sanierungsbeitrag leisten. Dieser Vorschlag kann für sich geltend machen, dass hierfür keine satzungsändernden Kapitalmaßnahmen beschlossen und umgesetzt werden müssen875. Damit verbundene Anfechtungsrisiken entfallen daher ebenso wie die bei der Forderungsumwandlung erforderliche Prüfung der Werthaltigkeit der betreffenden Gläubigerforderungen und das damit verbundene Risiko der Differenzhaftung der Inferenten bei Überbewertung der Forderung bei einem außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap. Stattdessen besteht beim Erwerb von GmbHGeschäftsanteilen das Risiko der Haftung für rückständige Leistungen nach § 16 Abs. 2 GmbHG876. Zudem ist im Hinblick auf die Sanierung der Gesellschaft das Ausbleiben von Kapitalmaßnahmen im Rahmen eines Anteilserwerbs gegen Forderungsverzicht grundsätzlich als nachteilig anzusehen, da die angefallenen Verluste bis zur Höhe des Kapitals den Bestandsgesellschaftern nicht durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung bei einem Kapitalschnitt zugewiesen werden können. Auch in steuerlicher Hinsicht ist kein Vorteil erkennbar, da ein Debt-Equity-Swap und der Forderungsverzicht eines Gesellschafters gleichermaßen zum Anfall eines Sanierungsgewinns in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderungen führen877. Grundvoraussetzung für einen Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht ist zudem die Veräußerungsbereitschaft der Altgesellschafter der notleidenden Ge873 874 875 876 877

Simon, CFL 2010, 448, 532. Redeker, BB 2007, 673, 679; Eilers, GWR 2009, 3; Born, BB 2009, 1730, 1732. Redeker, BB 2007, 673, 679; Eilers, GWR 2009, 3. Redeker, BB 2007, 673, 679; Eilers, GWR 2009, 3. Vgl. oben, 2. Kapitel, IV. 2. b) cc) (1); 3. Kapitel, VII. 1.

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

sellschaft878. Hierbei stellt sich aber das praktische Problem, dass nur sanierungsbereite Bestandsgesellschafter sich zu einer zumindest teilweisen Veräußerung ihrer Beteiligung bereitfinden werden. Da der Kaufpreis der Anteile überwiegend symbolischer Natur sein wird, da die wesentliche Gegenleistung des Erwerbers der Forderungsverzicht gegenüber der Gesellschaft ist, kommt die Entschuldung der Gesellschaft aber gerade nicht dem seine Beteiligung veräußernden Gesellschafter zugute. Sich nicht an einer Veräußerung beteiligende Bestandsgesellschafter würden somit ohne eigenen Sanierungsbeitrag von der Entschuldung der Gesellschaft profitieren. Dieser Umstand lässt es sehr zweifelhaft erscheinen, dass sich einzelne Bestandsgesellschafter zu einer teilweisen oder vollständigen Veräußerung ihrer Beteiligung bereitfinden werden. Aus Sicht der Bestandsgesellschafter ist eine Anteilsveräußerung gegen Forderungsverzicht nur dann sinnvoll möglich, wenn sich daran sämtliche Gesellschafter in gleichem Umfang und zu den gleichen Konditionen beteiligen. Nur in diesem Fall können Vermögensumverteilungen zulasten der veräußerungsbereiten Bestandsgesellschafter vermieden werden. Herrscht aber ein solch breiter Konsens unter den Gesellschaftern, so sind in der Regel auch die erforderlichen Mehrheiten für die Fassung und Durchführung der für einen DebtEquity-Swap erforderlichen Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen vorhanden. In diesem Fall erscheint die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps aber vorzugswürdig, da bei einem Kapitalschnitt im Wege einer vereinfachten Kapitalherabsetzung zunächst eine Buchsanierung erfolgen kann. Zum anderen können bei der sich anschließenden Kapitalerhöhung neben der die Einbringung der Gläubigerforderungen betreffenden Sachkapitalerhöhung zusätzlich Sanierungsbeiträge der Neuund Bestandsgesellschafter durch Bareinlagen vorgesehen werden. Ein Debt-EquitySwap ist daher gegenüber einem Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht ein flexibleres und vielseitigeres Instrument. 4. Reverse-Debt-Equity-Swap In der Literatur wurde von Drouven als alternative Gestaltungsmöglichkeit zum Debt-Equity-Swap ein sogenannter Reverse-Debt-Equity-Swap zur Diskussion gestellt, mit dem mit einem klassischen Debt-Equity-Swap verbundene Nachteile und Risiken vermieden werden sollen879. Hierbei handelt es sich um eine Ausgliederungslösung, bei der im Gegensatz zum klassischen Debt-Equity-Swap die umzuwandelnden Forderungen von den Gläubigern nicht als Einlage in die Schuldnergesellschaft, sondern als Sacheinlage in eine als Zweckgesellschaft neu gegründete AG oder GmbH („New Co.“) eingebracht werden880. In einem zweiten Schritt bringt die Schuldnergesellschaft ihren gesamten Betrieb oder einen festgelegten Betriebsteil, einschließlich der mit den in die New Co. eingebrachten Forderungen 878 879 880

Eilers, GWR 2009, 3. Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053. Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053; Drouven/Nobling, DB 2009, 1895.

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile

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korrespondierenden Verbindlichkeiten, in die Zweckgesellschaft ein. Dies erfolgt gegen die Gewährung von Anteilen an der Zweckgesellschaft im Wege einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG881. Durch die Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerposition bei der New Co. erlöschen die betreffenden Forderungen durch Konfusion. Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene reklamiert dieses Ausgliederungsmodell folgende Vorteile gegenüber einem klassischen Debt-Equity-Swap für sich: • Bei der Schuldnergesellschaft bedarf es zur Durchführung keiner Kapitalmaßnahmen, sodass eine Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss zulasten der Bestandsgesellschafter nicht erforderlich ist882 und somit mit einem Bezugsrechtsausschluss verbundene Anfechtungsrisiken vermieden werden können883. • Durch die Einbringung der Forderungen in eine neu gegründete Zweckgesellschaft lasse sich das Risiko einer Differenzhaftung der Inferenten vermeiden, da die Kapitalverhältnisse der New Co. frei gestaltbar seien und auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital beschränkt werden könnten884. Tatsächlich bestehen bei einem so strukturierten Reverse-Debt-Equity-Swap keine bezugsrechtsbezogenen Anfechtungsmöglichkeiten entsprechend § 255 Abs. 2 AktG. Die Ausgliederung setzt aber einen zustimmenden Gesellschafterbeschluss nach §§ 125, 50 Abs. 1, 65 Abs. 1 UmwG mit einer Kapital- bzw. Stimmenmehrheit von mindestens drei Vierteln voraus. Gleichfalls kann der Ausgliederungsbeschluss nach §§ 125 Satz 1, 14 Abs. 1 UmwG von Gesellschaftern angefochten werden, um einen Vollzug der Ausgliederung zu verhindern885. Im Gegensatz zum Bezugsrechtsausschluss wird allerdings hierbei das Blockadepotenzial durch das umwandlungsrechtliche Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG rechtsformunabhängig für AG und GmbH gleichermaßen begrenzt. Die angeführte Möglichkeit einer Vermeidung des Differenzhaftungsrisikos überzeugt dagegen nicht umfänglich. Zunächst ist bei der Einbringung der Gläubigerforderungen in die Zweckgesellschaft nach allgemeiner Ansicht eine Bewertung der Forderungen erforderlich, da es sich hierbei um gegen einen Dritten gerichtete Forderungen handelt, für deren Werthaltigkeit die Bonität des Schuldners maßgeblich ist886. Für die Be881 882 883

c). 884

Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053; Drouven/Nobling, DB 2009, 1895. Drouven/Nobling, DB 2009, 1895. Zu den Anfechtungsrisiken bei einem Bezugsrechtsausschluss vgl. oben, 3. Kapitel, I. 3.

Drouven, ZIP 2009, 1052, 1053; Drouven/Nobling, DB 2009, 1895. Gemäß §§ 125 Satz 1 UmwG kann eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Ausgliederungsbeschusses nicht nach § 14 Abs. 2 UmwG auf ein zu geringes Umtauschverhältnis gestützt werden. Ein Anteilstausch findet bei einer Ausgliederung auch nicht statt, da nur der übertragende Rechtsträger für die Vermögensübertragung Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger erhält. 886 Zur Forderungsbewertung bei der Einlage von Forderungen gegen Dritte vgl. oben, 3. Kapitel, III. 3. a) bb). 885

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3. Kap.: Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps

messung einer angemessenen Beteiligungshöhe der Schuldnergesellschaft an der New Co. für die Ausgliederung des Unternehmens ist zudem eine Unternehmensbewertung erforderlich. Bewertungskosten lassen sich daher nicht einsparen, zudem fallen Transaktionskosten durch Gründung der Zweckgesellschaft an887. Weiter steht das berechtigte Anliegen der Inferenten zur Vermeidung eines Differenzhaftungsrisikos in einem Zielkonflikt mit der üblicherweise gleichfalls bestehenden Bestrebung, ein möglichst hohes gezeichnetes Kapital erreichen und ausweisen zu können. Eine Beschränkung des Grund- oder Stammkapitals auf den gesetzlichen Mindestbetrag unter Festsetzung eines verbleibenden überwiegenden Forderungswerts als Agio und dessen Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB dürfte daher in der Praxis die Ausnahme und die Ausgabe von Aktien oder Geschäftsanteilen im Nennbetrag in Höhe des ermittelten Werts der Forderungen die Regel sein. Die für einen Reverse-Debt-Equity-Swap angeführten Vorteile gegenüber einem klassischen Debt-Equity-Swap erscheinen daher nicht so gewichtig, dass diese Variante generell als vorzugswürdig anzusehen wäre. Insbesondere fallen durch die Ausgliederung auf Ebene der Schuldnergesellschaft im Vergleich zu einer Kapitalerhöhung beim Debt-Equity-Swap grundsätzlich höhere Transaktionskosten an. Auch auf Ebene der Zweckgesellschaft können erhebliche Transaktionskosten entstehen. Beispielsweise fällt bei der Übertragung von Immobilen im Wege der Ausgliederung grundsätzlich Grunderwerbssteuer an888. Allerdings kann die mit dem Reverse-Debt-Equity-Swap verbundene Ausgliederungslösung im Einzelfall gegenüber einem klassischen Debt-Equity-Swap interessante Gestaltungsmöglichkeiten bieten, sodass sich in geeigneten Fällen die von Drouven zur Diskussion gestellte Ausgliederungslösung gegenüber einem klassischen Debt-Equity-Swap als vorzugswürdig erweisen kann889. 5. Fazit Vorangestellte Sanierungsbeiträge wie ein teilweiser Forderungsverzicht oder ein Debt-Push-Up können die nachfolgende Durchführung eines Debt-Equity-Swaps vereinfachen. Hierzu muss allerdings die Bereitschaft der Gesellschafter beim DebtPush-Up oder der Gläubiger bei einem vorangestellten teilweisen Forderungsverzicht gegeben sein, einen solchen Ausgangssanierungsbeitrag zu leisten. Während 887

Möglich erscheint auch eine Mantelverwendung. Dies hat aber den Nachteil, dass die Gesellschaftsanteile zunächst gegen Geldzahlung erworben werden müssten und die Einbringung der betreffenden Forderungen erst in einem zweiten Schritt im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung erfolgen könnte. 888 Drouven/Nobling, DB 2009, 1895, 1899 f. Die Auslösung von Grunderwerbsteuer kann durch eine Aufspaltung von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum vermieden werden. Solche Gestaltungen sind aber beratungsintensiv und somit gleichfalls kostenträchtig. 889 Zu den steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten beim Reverse-Debt-Equity-Swap im Vergleich zur klassischen Debt-Equity-Swap-Struktur, Drouven/Nobling, DB 2009, 1895, 1896 ff.

VIII. Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung steuerlicher Nachteile

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ein vorangestellter Debt-Push-Up den nachfolgenden Debt-Equity-Swap auf eine andere Konzerngesellschaft verlagert, findet bei einem Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht überhaupt kein Debt-Equity-Swap statt. Vergleichbar mit einem Debt-Equity-Swap ist hieran allein die durch den Forderungsverzicht eintretende Entschuldungswirkung bei der Gesellschaft. Der Weg über einen Reverse-DebtEquity-Swap, mit dem durch eine Minimalbewertung der Einlageforderungen insbesondere das Differenzhaftungsrisiko ausgeschlossen werden soll, zeichnet sich im Vergleich zum Debt-Equity-Swap durch eine höhere Komplexität und höhere Transaktionskosten aus, sodass diese Strukturierung nur vorteilhaft erscheint, wenn im konkreten Einzelfall noch weitere Gründe, zum Beispiel betriebswirtschaftliche oder steuerliche, für eine Ausgliederung des Betriebs oder eines Betriebsteils auf eine neugegründete Gesellschaft sprechen. Im Ergebnis lassen sich somit keine generell vorzugswürdigen Alternativen zur klassischen Debt-Equity-Swap-Strukturierung feststellen. Vielmehr gilt es, situationsangepasst auf den konkreten Einzelfall die Vor- und Nachteile der dargestellten Variationsmöglichkeiten gegenüber jenen eines klassischen Debt-Equity-Swaps gegeneinander abzuwägen. Ähnlich einem System kommunizierender Röhren wird dabei der Vermeidung eines Nachteils auf der einen Seite eine Risikoerhöhung auf anderer Ebene gegenüberstehen. Aus diesem Grund wird kein Weg an der jeweiligen Erarbeitung eines einzelfallbezogenen und situationsgerechten Sanierungskonzepts vorbeiführen.

Schlussbetrachtung und Ausblick Ziel der Arbeit war es, die Grundlagen des Debt-Equity-Swaps als Sanierungsinstrument unter Schwerpunktsetzung auf die Frage der Bewertung des Einlagegegenstands aufzuarbeiten und die Forderungsumwandlung auf ihre Praxistauglichkeit hin zu untersuchen. Als Grundlage für die Beantwortung der gesellschaftsrechtlichen Kernfrage erforderte dies eine Einordnung des Debt-Equity-Swaps in den Kontext der außer- und innerinsolvenzlichen Sanierung sowie die Einbeziehung der steuerrechtlichen Auswirkungen der Forderungsumwandlung in die Untersuchung. Zur Verdeutlichung der Funktionsweise des Debt-Equity-Swaps wurde die Forderungsumwandlung zudem von anderen bilanziellen Sanierungsinstrumenten abgegrenzt. Die Unterscheidung der vorinsolvenzlichen Sanierung von der Sanierung im Insolvenzverfahren im 1. Kapitel zeigte, dass außerinsolvenzliche Sanierungen zwar vom Konsens der Beteiligten abhängig sind, aber den Vorteil haben, dass sie bereits in einem frühen Krisenstadium vorgenommen werden können und daher grundsätzlich Erfolg versprechender sind als Sanierungsmaßnahmen im Insolvenzverfahren. Ist vorinsolvenzlich eine Übereinkunft der Beteiligten hingegen nicht zu erzielen, ermöglicht eine Sanierung im Insolvenzverfahren auch ohne die Zustimmung von betroffenen Beteiligten, in deren Rechtspositionen einzugreifen. Weiter hält das Insolvenzverfahren einen verbindlichen Rechtsrahmen für Sanierungen unter der Leitung eines Sach- bzw. Insolvenzverwalters sowie der Kontrolle des Insolvenzgerichts bereit. Zudem wurde durch das ESUG die gesellschaftsrechtliche Neutralität des Insolvenzrechts aufgegeben und somit die Möglichkeit der Durchführung gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen – darunter insbesondere DebtEquity-Swaps – im Insolvenzplanverfahren geschaffen und hierdurch eine enge Verzahnung des Insolvenzrechts mit dem Gesellschaftsrecht hergestellt. Die Darlegung der Funktionsweise und Charakteristika des Debt-Equity-Swaps sowie die Abgrenzung zu den konkurrierenden bilanziellen Sanierungsinstrumenten im 2. Kapitel verdeutlichten das strukturelle Alleinstellungsmerkmal der Forderungsumwandlung. Nur bei einem Debt-Equity-Swap erlangen die Inferenten im Wege der Kapitalerhöhung eine mitgliedschaftliche Beteiligung an der Schuldnergesellschaft. Dies bietet insbesondere für bislang außenstehende Gläubiger eine vielversprechende Möglichkeit, als Gesellschafter direkten Einfluss auf die weiteren Geschicke der Gesellschaft zu nehmen und – im Falle einer erfolgreichen Sanierung – von künftigen Wertsteigerungen der Beteiligung sowie erwirtschafteten Gewinnen zu profitieren. Im Unterschied zur Forderungsumwandlung kann durch einen Rangrücktritt lediglich eine insolvenzliche, nicht aber eine bilanzielle Überschul-

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dung beseitigt werden. Der Forderungsverzicht und der Debt-Mezzanine-Swap haben mit dem Debt-Equity-Swap zwar gemeinsam, dass der Wegfall von Verbindlichkeiten gleichfalls zu einer handelsbilanziellen Entschuldung der Gesellschaft führt; dies erfolgt aber nicht im Rahmen einer Kapitalerhöhung und führt nicht zu einer mitgliedschaftlichen Beteiligung an der Gesellschaft. Im 3. Kapitel wurden die rechtlichen Anforderungen an die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps im Einzelnen aufgearbeitet. Zunächst konzentrierte sich die Untersuchung auf den Vorgang der Kapitalerhöhung. Dabei zeigte die Überprüfung der Einlagefähigkeit von gegen die Gesellschaft gerichteten Forderungen, dass – entgegen der herrschenden Meinung – nicht auf die Forderung selbst als Einlagegegenstand abzustellen ist, sondern nach vorzugswürdiger Ansicht auf die Verzichtsleistung des Inferenten und die von den Beteiligten mit dem Debt-Equity-Swap materiell verfolgte Schuldbefreiung der Gesellschaft. Diese Präzisierung des Einlagegegenstands erwies sich als Vorbote der sich anschließenden Auseinandersetzung mit der Bewertungsfrage, da es hierbei im Kern ebenfalls darum geht, ob der Einlagevorgang aus Sicht des Inferenten oder der Schuldnergesellschaft zu beurteilen ist. Das Herzstück der Arbeit bildete im 3. Kapitel sodann die Untersuchung der Bewertungsfrage beim Debt-Equity-Swap, die zu einem differenzierten Ergebnis führte: Inhaltlich erwies sich die Mindermeinung als vorzugswürdig, nach der eine Nennwertanrechnung von Gläubigerforderungen auf das neue Kapital unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Schuldnergesellschaft und somit der Werthaltigkeit der Forderungen möglich wäre. Hierfür spricht maßgeblich, dass die Schuldbefreiung der Gesellschaft unabhängig von der Werthaltigkeit der Gläubigerforderungen erfolgt und hierin der Wert des Debt-Equity-Swaps für die Schuldnergesellschaft begründet liegt. Die von der herrschenden Meinung gegen eine generelle Nennwertanrechnung geäußerten Bedenken wurden durch die Analyse der widerstreitenden Positionen entkräftet, sodass insgesamt keine durchgreifenden Sachgründe gegen die Position der Mindermeinung in der Bewertungsfrage festgestellt werden konnten. Insbesondere kann in einer Nennwertanrechnung von nicht voll werthaltigen Forderungen kein Verstoß gegen die Grundsätze der Kapitalaufbringung gesehen werden. Trotz alledem ist der Weg für die Anwendung einer generellen Nennwertanrechnung bei der Forderungsumwandlung de lege lata sowohl im Reorganisationsund Insolvenzplanverfahren als auch außerinsolvenzlich versperrt, sodass in der Sanierungspraxis die Einlageforderungen – entsprechend der herrschenden Meinung – bewertet werden müssen und neue Aktien oder Geschäftsanteile nur im Umfang des werthaltigen Forderungsanteils gewährt werden dürfen. Für das Reorganisationsund Insolvenzplanverfahren folgt dies direkt aus der maßgeblichen Orientierung des Gesetzgebers an der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap, welche insbesondere in der Befreiung der Inferenten vom Differenzhaftungsrisiko ihren Ausdruck gefunden hat. Der Gesetzgeber wollte den Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren durch eine Befreiung der Inferenten vom Differenzhaftungsrisiko vereinfachen, nicht aber durch die Zulas-

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Schlussbetrachtung und Ausblick

sung einer generellen Nennwertanrechnung privilegieren. Darüber hinaus liegt den getroffenen Regelungen jedoch insgesamt ein Vor- bzw. Grundverständnis des Gesetzgebers zugrunde, welches die Geltung der herrschenden Meinung zur Bewertungsfrage beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap vorausgesetzt hat. Diesem Grundverständnis liegt eine Wertentscheidung des Gesetzgebers zugrunde, die auf den außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap ausstrahlt und dort nicht unbeachtet bleiben kann. Es wurde aufgezeigt, dass das gesetzgeberische Ziel einer Privilegierung der Inferenten beim Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren durch eine generelle Nennwertanrechnung bei der außerinsolvenzlichen Forderungsumwandlung konterkariert würde. Somit ist nach momentaner Rechtslage eine Forderungsumwandlung unter genereller Nennwertanrechnung außer- wie innerinsolvenzlich nicht zulässig. Dieses de lege lata für die Sanierungspraxis maßgebliche Ergebnis vermag aber aufgrund der dargelegten inhaltlichen Vorzugswürdigkeit einer generellen Nennwertanrechnung nicht zu befriedigen. Die nach geltender Rechtslage durchzuführende Forderungsbewertung kann angesichts ihrer Auswirkungen und damit einhergehenden Risiken für die Beteiligten nur als Sanierungshemmnis bewertet werden. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber den Debt-Equity-Swap im Insolvenzplanverfahren durch die Befreiung der Inferenten vom Differenzhaftungsrisiko nach Planbestätigung einseitig privilegiert. Dieser handfeste Vorteil eines Debt-EquitySwaps im Insolvenzplanverfahren kann in der Praxis auf Kosten der vorinsolvenzlichen Sanierung durch Forderungsumwandlung gehen. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die Möglichkeiten für Unternehmenssanierungen im Insolvenzplanverfahren zu verbessern, sollte dabei aber nicht das Potenzial außerinsolvenzlicher Sanierungen außer Acht lassen oder gering schätzen. Denn obwohl „freie“ Sanierungen nicht erzwungen werden können, sondern die Übereinkunft aller Beteiligten erfordern, haben außerinsolvenzliche Sanierungen gegenüber formalisierten Verfahren ein erheblich größeres Potenzial, eine Unternehmenssanierung erfolgreich zu bewerkstelligen. Die Ergebnisse der Untersuchung führen zu folgendem Ausblick: Aufgrund der dargelegten inhaltlichen Vorzugswürdigkeit der generellen Nennwertanrechnung und des durch die isolierte gesetzliche Privilegierung der Inferenten beim DebtEquity-Swap im Reorganisations- und Insolvenzplanverfahren geschaffenen Ungleichgewichts zulasten der außerinsolvenzlichen Sanierung, ist der Gesetzgeber aufgerufen, sich der Forderungsumwandlung erneut anzunehmen, um eine einheitliche und konsistente Regelung für sämtliche Anwendungsbereiche des DebtEquity-Swaps unter Anerkennung der generellen Nennwertanrechnung zu schaffen. Hierdurch würde die gesellschaftsrechtlich vorzugswürdige Konzeption des DebtEquity-Swaps zur Geltung kommen, mit der vorrangig das für die Inferenten beim außerinsolvenzlichen Debt-Equity-Swap besonders missliche Differenzhaftungsrisiko beseitigt würde. Zudem würden bei einer Umwandlung von nicht voll werthaltigen Forderungen auch die mit der Anwendung der herrschenden Meinung einhergehenden negativen steuerlichen Auswirkungen vermieden und ein Debt-

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Equity-Swap könnte stets steuerneutral erfolgen. Dagegen kommt es de lege lata auf die Möglichkeiten einer Privilegierung von Sanierungsgewinnen durch den sogenannten Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums an. Aufgrund der hierzu dargelegten – und vom Bundesfinanzhof nicht abschließend geklärten – diffizilen Anwendungsfragen führt in der Sanierungspraxis zurzeit kein Weg an der Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt vorbei. Würde – wie vorgeschlagen – die generelle Nennwertanrechnung vom Gesetzgeber für sämtliche Anwendungsbereiche zugelassen, so würde dies insbesondere die vorinsolvenzliche Durchführung von Debt-Equity-Swaps wesentlich erleichtern und einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass – im Sinne des in der Einleitung verwendeten Zitats von Karsten Schmidt – Forderungsumwandlungen nicht nur früh, still und schnell sondern zudem rechtssicher erfolgen könnten. Es spricht daher vieles dafür, dass der Debt-Equity-Swap in diesem Fall in viel stärkerem Maße als bislang in der außerinsolvenzlichen Sanierungspraxis Verbreitung fände. Losgelöst von der Bewertungsfrage ergab die Untersuchung der unterschiedlichen Sanierungsinstrumente, dass sich der Gesetzgeber dem Regelungsbereich der Besteuerung von Sanierungsgewinnen insgesamt widmen sollte, da sich die Frage der Besteuerung von Sanierungsbuchgewinnen in vergleichbarer Weise auch bei anderen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere beim Forderungsverzicht, stellt. Momentan bestehen allgemein unzureichende Privilegierungsmöglichkeiten von Sanierungsbuchgewinnen, was die Restrukturierung sanierungsfähiger und -würdiger Unternehmen erschweren oder gar verhindern kann. Der Gesetzgeber sollte sich bei einer Neuregelung von dem Ziel leiten lassen, eine europarechtskonforme abstrakt-generelle Regelung für eine übergreifende und kohärente Behandlung von Sanierungsbuchgewinnen – denen kein realwirtschaftliches Leistungsvermögen des Steuersubjekts gegenübersteht – zu schaffen, mit der sich eine durch Sanierungsmaßnahmen ausgelöste Besteuerung rechtssicher vermeiden lässt.

Verzeichnis der angegebenen Internetquellen Ablehnende Stellungnahme des IDW zum IASB Discussion Paper DP/2009/2 zur Bewertung von Kreditrisiken (Credit Risk in Liability Measurement) vom 24. 07. 2009, abrufbar unter: http://www.ifrs.org/Current-Projects/IASB-Projects/Credit-Risk-in-Liability-Measurement/ DP-Jun-09/Comment-Letters/Documents/Brief_IASB_DP_Credit_Risk_090724.pdf [Stand: 05. 03. 2014] BMF-Pressemitteilung Nr. 4/2011 vom 09. 03. 2011: Die Bundesregierung wird gegen den Beschluss der EU-Kommission vom 26. Januar 2011 betreffend die Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG Klage erheben, abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium. de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2011/03/2011 – 03 – 09-PM4.html [Stand: 05. 03. 2014] Creditreform Beiträge zur Wirtschaftsforschung, Kriseneffekte beim Eigenkapital – Die Folgen der Rezession für die Kapitalausstattung des Mittelstandes, 4. Jahrgang, Nr. 11, März 2011: http://www.nuernberg.creditreform.de/files/wiforschung_032011.pdf [Stand: 05. 03. 2014] Deutscher Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Fassung vom 13. Mai 2013: http:// www.corporate-governance-code.de/ger/kodex/index.html [Stand: 05. 03. 2014] Durchführbarkeitsstudie der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über Alternativen zum System der Kapitalerhaltung, das von der Zweiten Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts 77/91/EWG vom 13. 12. 1976 eingeführt wurde sowie Analyse der Auswirkungen des neuen Bilanzierungssystems der EU auf die Gewinnausschüttung, Januar 2008 ; abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/com pany/capital/index_de.htm [Stand: 05. 03. 2014] Emittentenleitfaden der BaFin in der Fassung vom 28. 04. 2009: http://www.bafin.de/Shared Docs/Downloads/DE/Leitfaden/WA/dl_emittentenleitfaden_2009.pdf?__blob=publicationFi le&v=17 [Stand: 05. 03. 2014] Erklärung des International Accounting Standards Board (IASB) zur Einstellung des eigenständigen Projekts zur Bewertung von Kreditrisiken (Credit Risk in Liability Measurement) auf Grundlage des IASB Discussion Paper DP/2009/2, abrufbar unter: http://www.ifrs.org/ Current-Projects/IASB-Projects/Credit-Risk-in-Liability-Measurement/ Pages/Credit-Riskin-Liability-Measurement.aspx [Stand: 05. 03. 2014] Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. 07. 2013, Wirtschaft, S. 20, Immobilienkonzern IVG: Einsturzgefahr auf der Dauerbaustelle, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ unternehmen/immobilienkonzern-ivg-einsturzgefahr-auf-der-dauerbaustelle-12287980.html [Stand: 05. 03. 2014] Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. 08. 2013, Wirtschaft, S. 13, Immobilienkonzern IVG schlittert in die Insolvnez, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/ immobilienkonzern-ivg-schlittert-in-die-insolvenz-12539773.html [Stand: 05. 03. 2014]

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Sachregister Abgrenzung Bar- und Sacheinlage 175 Ad-hoc-Publizität 61 Akkordstörer 48, 57 Aktienrechtsnovelle 225 Altgläubiger 63 Anteilserwerb gegen Forderungsverzicht 343 Außerbilanzielle Hinzurechnung 125 Außerordentlicher Ertrag 103 Ausgliederungslösung siehe Reverse-DebtEquity-Swap BaFin 62 Barkapitalerhöhung mit Ersetzungsbefugnis 157 Befriedigung Insolvenzgläubiger 40 Befriedigungsreihenfolge 94 Belastungsvergleich 126 f. Besserungsabrede 97 Besserungsfall 99, 102 Besteuerung inner- und außerhalb der Insolvenz 64 Bewertungsrüge 154 Bezugsrecht 130, 217 Bezugsrechtsausschluss 149 Bilanzbezogene Sanierungsmaßnahmen 86 Bilanzierbarkeit Einlagegegenstand 186 Bilanzverlängerung 272 Blockadepotenzial siehe Freigabeverfahren Cash-Pool II 308 Center of Main Interest 44 Change of Control-Klausel 84 Companies Act 2006 179 Company Voluntary Arrangement

45

Debt-Asset-Swap 138 Debt-Buy-Back 139 Debt convertible bond swap siehe Sachwandelanleihe

Debt-Equity-Swap – Anwendbarkeit Sanierungserlass 333 – Definition 76 – Differenzhaftung 322 – Erfolgswirksamkeit 327 – Forderungsaufspaltung 342 – Gestaltungsmöglichkeiten Risikovermeidung 339 – Risiko Nachrangigkeit 316 – Sanierungspivileg 317 – Steuerrechtliche Auswirkungen 326, 337 – Struktur 79 – vorangestellter Forderungsverzicht 342 Debt-Hybrid-Swap siehe Debt-MezzanineSwap Debt-Mezzanine-Swap 85, 115, 219, 339 Debt-Push-Up 340 Differenzhaftung 82, 133, 235, 288 f., 291, 323 Doppelbegünstigung 106 Dualismus von Bar- und Sacheinlage 179 Durchgriffshaftung 166 Eigenkapitalersatzrecht 27, 228 Eigenkapitalquote 88, 115 Eigenverwaltung 48 Einlagefähigkeit von Forderungen 191 Einlagefähigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen 227 Einlagefähigkeit von Forderungen gegen die Gesellschaft 198 Endgültig freie Verfügung 187 Erfüllungsbetrag 251 Erhaltende Sanierung 38 Erlassfalle 100 Erlassvertrag 79, 148 ESUG 45, 285 EuGH 181, 184 EUROBIKE 178, 256 Europarechtliche Vorgaben 72

370

Sachregister

Financial covenants 116, 129 Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen 83 Forderungsbewertung 193, 232 – Außerinsolvenzliche 299 – Berücksichtigung stiller Reserven 305 – Verkehrswert 299 – Vermögensbezogene 303 – Zeitpunkt 307 Forderungsbewertung im Insolvenzverfahren – Berücksichtigung von Sanierungsbeiträgen 314 – Liquidations- oder Fortführungswerte 309 Forderungsverzicht 96, 339 Fortführende Sanierung 40 Fortführungsprognose 86 Freigabeverfahren 152 Freisetzung von Aktiva 243 Funktionale Äquivalenz 185 Gefährdung Bestandsgesellschafter 274 Gefährdung Gesellschaftsgläubiger 268 Gekreuzter Bezugsrechtsausschluss 156 Gemischte Bar- und Sachkapitalerhöhung 155 Genehmigtes Kapital 117, 134, 159 Genussrechtskapital 118 Gesamtfälligstellung – Darlehen 116 Gesellschaftsrechtliche Neutralität Insolvenzrecht 46, 294 Gesetzesbegründung zur Bewertungsfrage 287 Gesetzliches Mindestkapital 166 Geßler 212 Gewerbesteuer 113 Gläubigerschutzsysteme 168 Groh 120 Grundsatz der realen Kapitalaufbringung 165, 260 Haftendes Fremdkapital

126

IBH/Lemmerz 269 f., 274 Insiderinformation 62 Insolvenzanfechtung 139 Insolvenzfähigkeit 75

Insolvenzmasse, Verwertung 36 Insolvenzplan 35 Insolvenzplanverfahren 287 Insolvenzverwalter, Haftung 290 International Financial Reporting Standards 80 Investitionsentscheidung 213 Kali & Salz 161 Kapitalerhaltungsrecht 170 Kapitalerhöhung 79, 144, 146 Kapitalerhöhungsprüfung 147 Kapitalherabsetzung 79, 144 Kapitalregeln 241 Kapitalrücklage 103, 277 Kapitalschnitt 144 Karollus 223, 253 Konfusion 79, 148, 206 Konzern 340 Konzerninsolvenz 45 Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz 44, 232, 285 Kreditunwürdigkeit 28 Kreditwesengesetz 120 Krise siehe Unternehmenskrise Krise der Gesellschaft siehe Eigenkapitalersatzrecht, MoMiG Längerfristige Kapitalüberlassung 121, 129 Leveraged Finance Facility Agreement 139 Liquiditätsbezogene Sanierungsmaßnahmen 84 Liquiditätslücke 229 Loan Market Association 139 Marktlagengewinn 106 Masseforderung 66 Masseverbindlichkeit 66 Maßgeblichkeit der Handelsbilanz 92, 125 Materielle Sanierung 241, 260 Materielle Unterkapitalisierung 166 Meilicke/ADV-ORGA 181, 253 Mezzanine-Kapital 85 Mindestbesteuerung 104 MoMiG 27, 90, 168, 171, 216, 227, 297 Nachrangige Insolvenzgläubiger Naturalobligation 67

117

Sachregister Nennwertanrechnung 233, 240, 258, 268, 276, 282, 291, 295 f. Neugläubiger 64 Nominalwert 237 Novation 117 November-Urteil 171 Obstruktionsverbot 81 Offenlegungs- und Prüfungspflichten Kapitalerhöhung 170 Optionsanleihen 219 Passivtausch 80, 272 Positive Fortführungsprognose 262 Publizität vorinsolvenzlicher Sanierungen 60 Qivive

178, 256

Rangrücktritt 88, 90, 339 Rangverlust – Forderung 131 Reales Vermögensopfer Inferent 260 Realisationsprinzip 102 Rechte der Anteilseigner 59 Reorganisation siehe Erhaltende Sanierung Reorganisationsverfahren 286 Residualgläubiger – Insolvenzverfahren 81 Reverse-Debt-Equity-Swap 82, 344 Rickford-Gruppe 169 Risikobeitrag Inferent 258 Sachgründungsbericht 147 Sachkapitalaufbringung 133 Sachwandelanleihe 136 Sanierungsbeitrag 103 Sanierungserlass 65, 108, 123, 333 Sanierungsgewinn 65, 67, 104, 329, 340 Sanierungsklausel – Unanwendbarkeit 331 Sanierungskonzept 109 Sanierungskredit 63 Schädlicher Beteiligungserwerb 330, 335 Schuldänderungsvertrag siehe Rangrücktritt Schuldendeckungspotenzial 263 Schuldendeckungsquote 245 Schuldumschaffung 117

Schutzschirmverfahren 49, 297 Schweiz 180 Shareholder 73 Siemens/Nold 161 Societas Europaea 71, 184 Solvenztest 30, 169 Staaten-Debt-Equity-Swap 74 Staatsverschuldung 74 Stakeholder 73 Standard-Mezzanine-Finanzierungen Steuer- und Insolvenzrecht – Verhältnis zueinander 65 Steuererlass 68 Steuerliches Einlagenkonto 103 Stillhalteabkommen 63

371

85

Tesauro 181, 253 Trittbrettfahrer 57 Überschuldungsbegriff 262 Überschuldungsstatus 87 Übertragende Sanierung 37 Überwachungspflichten Leitungsorgane 29 Umgekehrte Wandelanleihe 225 Unterbilanz 79 Unterbilanzhaftung 264, 273 Unternehmenskrise 26 Unternehmergesellschaft 167 Unvollkommene Verbindlichkeit 67 Unzulässige Beihilfe 332, 336 Verbindliche Auskunft 112, 129 Verbot der Einlagenrückgewähr 256 Verbot der Unterpari-Emission 170 Verbot verdeckter Gewinnausschüttung 256 Verdeckte Einlage 103 Verdeckte Sacheinlage 209 – Verschleierung einer anderen Sacheinlage 255 Verlautbartes Kapital – Aussagegehalt 261 Verlustdeckungspotenzial 262 Verlustverrechnung siehe Sanierungserlass Verlustverrechnungsmöglichkeiten 104 Verlustvortrag 65 Vermögensmehrung durch Schuldbefreiung 248

372

Sachregister

Vermögensumschichtung 270 Verrechnung Geldeinlageverpflichtung 210 Verrechnungsliberierung – Schweiz 180 Verwässerungsschutz 152 Verwertbarkeit 187 Vollstreckungsverbote – Insolvenzverfahren 58 Vorinsolvenzliche Sanierung 31, 52 Vorrang der Bareinlage 173 VorstKoG 225

Wandelanleihe 217 Wandelgenussrechte 133, 217, 221 Wandelschuldverschreibung 134 Wertbestimmung Einlagegegenstand 236 Zinsschranke 115, 126 Zustimmungsfiktion siehe Obstruktionsverbot Zuzahlungen in das Eigenkapital 278 Zweite Kapitalrichtlinie 72, 179