Das Wechselmodell im Kindschaftsrecht: Abhandlung zu den familien- und verfassungsrechtlichen Grundlagen. Dissertationsschrift 9783161558443, 9783161558450, 3161558448

Das Wechselmodell, bei dem das Kind von seinen Eltern nach deren Trennung abwechselnd betreut wird, steht derzeit im Fok

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Das Wechselmodell im Kindschaftsrecht: Abhandlung zu den familien- und verfassungsrechtlichen Grundlagen. Dissertationsschrift
 9783161558443, 9783161558450, 3161558448

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Einleitung
§ 1 „Problemkind“ (im) Wechselmodell? – Einführung in die Thematik
§ 2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
§ 3 Die Betreuungsmodelle
A. Überblick
B. Struktur der Betreuungsmodelle
I. Festlegung des Kindesaufenthalts und Entscheidungsfindung in den übrigen Kindesangelegenheiten
II. Rechtliche und tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang
Teil 2: Begründung und Absicherung eines Wechselmodells
§ 4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens
A. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells
I. Zulässigkeit und Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen in den Bereichen der elterlichen Sorge und des Umgangs
1. Zulässigkeit von Elternvereinbarungen vor verfassungsrechtlichem Hintergrund
2. Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen zur Wahrnehmung von Sorge- und Umgangsrecht
II. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
1. Sorgerecht
a) Rechtliche Ebene der Sorge
b) Tatsächliche Ebene der Sorge
aa) Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
bb) Keine Gefährdung des Kindeswohls
(1) Potenzielle Vorteile der Praktizierung eines Wechselmodells
(2) Risiken der Praktizierung eines Wechselmodells
(3) Die Kindeswohldienlichkeit beeinflussende Faktoren
(a) Motiv der Eltern für eine Einigung auf ein Wechselmodell
(b) Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zu Kommunikation und Kooperation
(aa) Maß vorauszusetzender Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit
(bb) Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung, Hochstrittigkeit
(c) Häusliche Gewalt
(d) Alter des Kindes
(aa) Kleinst- und Kleinkinder
(bb) Heranwachsende Kinder
(cc) Fazit zum Alter des Kindes
(e) Persönlichkeit des Kindes
(f) (Nicht-)Berücksichtigung des Kindeswillens
(g) Wohndistanz zwischen den Eltern, Wechselfrequenz
(h) Unterschiedliche Erziehungs- und Lebensstile
(i) Bildungsstand bzw. intellektuelles Niveau der Eltern, Trennung von Eltern- und Paarebene
(j) Finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit der Eltern
(k) Neue Partnerschaften der Eltern
(l) Flexibilität vs. Sorge-/Erziehungsplan
(4) Ergebnis zur Kindeswohldienlichkeit/-gefährdung der Praktizierung eines Wechselmodells
cc) Bindungswirkung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung
(1) Bindung der Eltern
(2) Bindung des Gerichts
(a) Abänderungsentscheidung nach § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB (analog)
(b) Familiengerichtliche Erstentscheidung
(aa) Übertragung des Maßstabs des § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB
(bb) (Sonstige) Indizwirkung privater Elternvereinbarungen
(3) Ergebnis zur Bindungswirkung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung
dd) Durchsetzung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung
ee) Ergebnis zur elternautonomen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge
2. Umgangsrecht
a) Rechtliche Ebene des Umgangs
b) Tatsächliche Ebene des Umgangs
aa) Das Wechselmodell als (elternautonome) Umgangsregelung
bb) Bindungswirkung und Durchsetzung einer elternautonomen Umgangsregelung
3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
III. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
1. Rechtliche Ebene der Sorge
a) § 1687 Abs. 1 BGB als Auffangtatbestand
b) § 1687 Abs. 1 BGB als zwingendes gesetzliches Regelungsmodell
aa) Wortlaut und Regelungszweck des § 1687 Abs. 1 BGB
bb) Wirkungsweise von § 1687 Abs. 1 S. 2–4 BGB
(1) Einwirkung auf die Sorgerechtsinhaberschaft der Eltern
(2) Einwirkung auf die Befugnis der Eltern zur Ausübung des Sorgerechts
(3) Ergebnis zur Wirkungsweise von § 1687 Abs. 1 S. 2–4 BGB
c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge
2. Tatsächliche Ebene der Sorge
a) Vorgelagerte Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes
aa) Elterliche Einigung auf ein Residenzmodell
bb) Elterliche Einigung auf ein Wechselmodell
(1) Anwendbarkeit von § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB
(a) Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“
(b) Wechsel der Alltagssorge i. S. von § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem Wechsel des Kindesaufenthalts
(2) Anwendbarkeit nur von § 1687 Abs. 1 S. 1 (analog) und S. 4 BGB
(3) Ergebnis zur Anwendung des § 1687 Abs. 1 BGB im Falle der elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell
cc) Ergebnis zur elterlichen Gestaltung der tatsächlichen Ebene der Sorge mittels Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes
b) Übertragung und Einrichtung von Alleinentscheidungsbefugnissen
c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der tatsächlichen Ebene der Sorge
3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
B. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung
I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
1. Sorgerecht
a) Rechtliche Ebene der Sorge
aa) Generelle Zulässigkeit einer zeitlichen Aufteilung des Sorgerechts bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts
bb) Rechtsschutzbedürfnis
cc) Geeignetheit einer Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zur Absicherung eines Wechselmodells
(1) Bindungswirkung
(2) Durchsetzung
(a) Durchsetzung der Herausgabe des Kindes
(b) Durchsetzung der Aufnahme des Kindes durch den anderen Elternteil
(3) Ergebnis zur Geeignetheit einer Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zur Absicherung eines Wechselmodells
dd) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der rechtlichen Ebene der Sorge (§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB)
b) Tatsächliche Ebene der Sorge
aa) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG)
(1) Durchsetzung und Bindungswirkung eines gerichtlich gebilligten Vergleichs
(a) Durchsetzung
(b) Bindungswirkung
(2) Anwendbarkeit des § 156 Abs. 2 FamFG
(a) Direkte Anwendung des § 156 Abs. 2 FamFG
(b) Analoge Anwendung des § 156 Abs. 2 FamFG
(aa) Regelungslücke
(bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke
(aaa) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf den Umgang mit dem Kind
(bbb) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf die elterliche Sorge
(ccc) Ergebnis zur Planwidrigkeit der Regelungslücke
(cc) Vergleichbare Interessenlage
(dd) Ergebnis zur analogen Anwendung des § 156 Abs. 2 FamFG
(3) Zustimmung des Kindes
(4) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab
(a) Bindungswirkung eines übereinstimmenden Elternwillens in § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB bis zur Schwelle einer Kindeswohlgefährdung
(b) Gegen eine Übertragung der Bindungswirkung von § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB sprechende Begrenzungen der Elternautonomie
(aa) Zusammenhang zwischen Konsens und Konflikt: Übereinstimmender Elternwille zur Verhütung einer späteren Konfliktsituation
(bb) Erzwingbarkeit des Vereinbarten unter Zuhilfenahme staatlicher Gewalt
(c) Gleichklang von § 156 Abs. 2 FamFG mit § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB
(5) Ergebnis zur gerichtlichen Billigung einer elterlichen Aufenthaltsregelung nach § 156 Abs. 2 FamFG
bb) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB i. V. mit § 256 ZPO analog)
(1) Feststellung der Sorgerechtsausübung
(2) Durchsetzung und Bindungswirkung
(3) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab
(4) Diskussion des Lösungsweges
cc) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge
2. Umgangsrecht
a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG)
aa) Das Wechselmodell als (gerichtlich gebilligte) Umgangsregelung
bb) Durchsetzung und Bindungswirkung
cc) Zustimmung des Kindes
dd) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab
b) Gerichtliche Umgangsregelung (§ 1684 Abs. 3 BGB)
3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elternkonsenses
II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
1. Rechtliche Ebene der Sorge
a) Ausweitung der gemeinsamen rechtlichen Sorge
aa) Eingriff in die Elternautonomie durch § 1687 Abs. 1 BGB
(1) Aufspaltung der Nachtrennungssorge aufgrund von § 1687 Abs. 1 BGB
(2) Ausgestaltung der Nachtrennungssorge vor der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98
(a) Gemeinsame Sorge bei Getrenntleben der Eltern
(b) Gemeinsame Sorge nach Scheidung der Eltern
(3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer Aufspaltung der Nachtrennungssorge
bb) Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie
(1) Keine Rechtfertigung im Falle übereinstimmenden Elternwillens zur vollen gemeinsamen Sorge
(a) Vermutung der Kindeswohldienlichkeit übereinstimmenden Elternwillens
(b) Möglichkeit von Ausübungsvereinbarungen zur Rechtfertigung nicht geeignet
(c) Zwischenergebnis
(2) Verfassungskonforme Auslegung von § 1687 Abs. 2 BGB
(3) Ergebnis zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie durch § 1687 Abs. 1 BGB
b) Begründung oder Übertragung von Alleinentscheidungsbefugnissen
c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge
2. Tatsächliche Ebene der Sorge
a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG)
aa) Analoge Anwendung des § 156 Abs. 2 FamFG
bb) Durchsetzung und Bindungswirkung
cc) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab
b) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB i. V. mit § 256 ZPO analog)
aa) Feststellung der Sorgerechtsausübung
bb) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab
c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der tatsächlichen Ebene der Sorge
3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen im Falle des Elternkonsenses
C. Ergebnisse
§ 5 Gemeinsame elterliche Sorge und Elterndissens unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen
A. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
I. Sorgerecht
1. Rechtliche Ebene der Sorge
a) Familiengerichtliche Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB
aa) Regelungsmechanismus des § 1671 Abs. 1 BGB
(1) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein
(2) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel
(a) Keine zwangsweise Durchsetzung eines Wechselmodells durch den wechselmodellwilligen Elternteil
(b) Keine zwangsweise Durchsetzung eines Wechselmodells durch das Gericht
(aa) Grundgesetzliches Kompetenzgefüge
(aaa) Eltern als primäre Erziehungsträger
(bbb) Staat als subsidiärer Erziehungsträger oder „Wächter“
(ccc) Staat als Schlichter unter Wahrung des Elternvorrangs
a. Kollision der Elternrechte
b. Keine Kollision von Kindesgrundrechten und Elternrecht(en)
(ddd) Das Kindeswohl als Bezugspunkt der Elternverantwortung und des staatlichen Wächteramts
(bb) Einfachgesetzliche Übersetzung des grundgesetzlichen Kompetenzgefüges
bb) Ergebnis: keine unmittelbare Begründung eines Wechselmodells durch das Gericht
b) Familiengerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB, § 1666 BGB oder § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB
c) Ergebnisse
2. Tatsächliche Ebene der Sorge
a) Familiengerichtliche Entscheidung nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB
aa) Mittelbare Einflussnahme des Gerichts auf die Festlegung eines Betreuungsmodells
(1) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines Wechselmodells, kein Antrag des anderen Elternteils
(a) Dem Antrag stattgebende Entscheidung
(b) Den Antrag zurückweisende Entscheidung
(2) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines Wechselmodells, Antrag des anderen auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge
(3) Antrag beider Elternteile auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge
(4) Antrag beider Elternteile auf Begründung eines Wechselmodells mit voneinander abweichenden Betreuungszeiträumen
bb) Zulässigkeit einer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel
(1) Regelungszweck des § 1671 Abs. 1 BGB
(2) Grenze gerichtlicher Regelungsbefugnis
(3) Ergebnis zur Zulässigkeit einer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel
cc) Ergebnis zur Begründung eines Wechselmodells über § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB
b) Familiengerichtliche Entscheidung nach § 1666 BGB
aa) Begründung eines Wechselmodells unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung
bb) Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Übertragung auf einen Ergänzungspfleger
c) Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge
II. Umgangsrecht
1. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der einfachrechtlichen Ebene des Sorge- und Umgangsrechts
2. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der verfassungsrechtlichen Ebene der Elternrechte
a) § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB als einfachgesetzliche Ausprägung des staatlichen Schlichteramts
b) Bestimmung der gerichtlichen Regelungsbefugnis im Bereich des Umgangsrechts als Ausdruck des staatlichen Schlichteramts
aa) Verhinderung eines Kontaktabbruchs
bb) Gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes
(1) Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
(2) Unzulässiger Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht
(3) Zwischenergebnis und Übertragung auf die einfachgesetzliche Ebene
cc) Grenzziehung zwischen einer zulässigen Umgangsregelung und einer unzulässigen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht
3. Ergebnis zum Umgangsrecht
a) Grundsatz: Keine unmittelbare Begründung eines Wechselmodells
b) Ausnahmsweise Rechtfertigung einer unmittelbaren Begründung eines Wechselmodells
III. Sorgerecht und Umgangsrecht
IV. Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elterndissenses
B. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
C. Ergebnisse
§ 6 Alleinsorge eines Elternteils
A. Elternkonsens
I. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells
1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang
b) Rechtliche Ebene der Sorge
aa) Elterliche Dispositionsbefugnis
bb) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge
2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
II. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung
1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang
b) Rechtliche Ebene der Sorge
aa) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge (§ 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB)
bb) Zeitliche Aufteilung des Sorgerechts bzw. Aufenthaltsbestimmungsrechts (§ 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB)
2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
III. Ergebnisse
B. Elterndissens
I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel
II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen
§ 7 Zusammenfassung der Ergebnisse de lege lata
A. Gemeinsame elterliche Sorge
B. Alleinsorge eines Elternteils
§ 8 Vorschläge de lege ferenda
A. Gemeinsame elterliche Sorge
I. Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall
1. Erforderlichkeit und Zulässigkeit im deutschen Kindschaftsrecht
2. Erfahrungen aus anderen Rechtsordnungen mahnen zur Vorsicht
3. Ergebnis zum Wechselmodell als gesetzlichem Regelfall
II. Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells
1. Regelungslücke
2. Verortung und Ausgestaltung einer fakultativen Spezialvorschrift zur Anordnung eines Wechsel- bzw. Betreuungsmodells
a) Verortung in § 1671 BGB oder § 1628 BGB
b) Verortung und Ausgestaltung in § 1631 BGB
c) Verortung und Ausgestaltung in § 1666 BGB
d) Verortung in § 1684 BGB
3. Ergebnis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells
III. Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang
1. Ausnahmecharakter von § 1684 Abs. 3 S. 1 BGB im kindschaftsrechtlichen Normengefüge
2. Übertragung auf ein neues einfachgesetzliches System elterlicher Verantwortung
3. Ergebnis zur Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang
IV. Öffnung des Wortlauts von § 1687 Abs. 1 BGB
1. Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (Abs. 1-E)
2. Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (Alltagssorge, Abs. 2-E)
3. Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung (Abs. 3-E)
4. Notvertretungsrecht, gerichtliche Eingriffsbefugnis (Abs. 4 und 5-E), Überschrift
V. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung elternautonomer Vereinbarungen
1. Erweiterung und Änderung von § 156 Abs. 2 FamFG
2. Förderung der Herbeiführung elterlichen Einvernehmens
3. Kodifizierung der Elternvereinbarung
4. Erweiterung des Rechtsinstituts der Sorgeerklärungen i. S. von § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB
VI. Fazit
B. Alleinsorge eines Elternteils
I. Schaffung einer Möglichkeit zur Begründung einer Teilsorge über das Rechtsinstitut der Sorgeerklärungen
II. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung elternautonomer Vereinbarungen
III. Änderung von § 1687a BGB
Teil 3: Abänderung eines Wechselmodells
§ 9 Elternautonom begründetes Wechselmodell
A. Elternautonome Abänderung
B. Abänderung unter gerichtlicher Beteiligung
§ 10 Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell
Teil 4: Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells
§ 11 Elternkonsens
§ 12 Elterndissens
A. Elternautonom begründetes Wechselmodell
I. Aufrechterhaltung des Wechselmodells
1. Unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung
2. Mittelbar aufgrund gerichtlicher Entscheidung
a) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen Elternteil
b) Zurückweisung des Antrags oder der Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
3. Vermittlung durch das Gericht und Aufnahme der Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich (§ 156 Abs. 1 und 2 FamFG)
II. Beendigung des Wechselmodells
B. Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell
§ 13 Ergebnisse
Teil 5: Schluss
§ 14 Gefahren einer speziellen Rechtsgrundlage zur Wechselmodellanordnung
A. § 1671 BGB: Veränderung des Regelungsgegenstands
B. § 1684 Abs. 3 BGB: Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts
C. § 1666 Abs. 1 BGB: Absenkung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung?
§ 15 Behutsame Fortschreibung geltenden Rechts
§ 16 Definition und Wesen des Wechselmodells
§ 17 Abschließendes Fazit
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis

Citation preview

Studien zum Privatrecht Band 77

Simon M. Marchlewski

Das Wechselmodell im Kindschaftsrecht Abhandlung zu den familien- und verfassungsrechtlichen Grundlagen

Mohr Siebeck

Simon M. Marchlewski, geboren 1987; Studium der Rechtswissenschaften; wissenschaftlicher Mit­ arbeiter am Institut für Privat- und Prozessrecht der Georg-August-Universität Göttingen; 2017 Promotion; Juristischer Vorbereitungsdienst des Landes Niedersachsen (OLG Braunschweig). orcid.org/0000-0003-3294-1940

ISBN  978-3-16-155844-3 / eISBN  978-3-16-155845-0 DOI 10.1628/978-3-16-155845-0 ISSN  1867-4275 / eISSN 2568-728X (Studien zum Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck aus der Times New Roman gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommer 2017 von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis zum 1. Dezember 2017 berücksichtigt werden. Dank gebührt an erster Stelle meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Barbara Veit, für die „Reservierung“ des Themas, noch bevor ich die Erste juristische Prüfung absolviert und überhaupt selbst eine Promotion erwogen hatte, für das darin, aber auch in meiner nunmehr zehnjährigen Mitarbeit an ihrem Lehrstuhl zum Ausdruck gebrachte Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten, die ohne diese Tätigkeit nicht annähernd so ausgebildet wären, und nicht zuletzt für die in jeder Phase meines Promotionsvorhabens vorhandene unermüdliche Diskussionsbereitschaft, die sicherlich ihresgleichen sucht. Mein herzlicher Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp für sein rasch erstelltes, gleichwohl ins Detail gehendes und darin wertvolle Anregungen lieferndes Zweitgutachten. Der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, Hamburg, danke ich für die großzügige finanzielle Förderung. Für stete Unterstützung bin ich meiner Familie und meinen Freunden zu Dank verpflichtet, ­namentlich Laura Hasse für unzählige inhaltliche Diskussionen, wertvolle Korrekturhinweise und eine schöne gemeinsame Zeit am Lehrstuhl, Dr. Katja Pröbstl für zweimaliges Korrekturlesen trotz erheblicher beruflicher Verpflichtungen und beharrliches Kürzen zu lang geratener Sätze, schließlich, doch keineswegs zuletzt meiner Mutter für das sorgsame Redigieren dieser ungewohnten Lektüre und das Auffinden auch noch der letzten Fehler. Göttingen, im Dezember 2017

Simon M. Marchlewski

Inhaltsübersicht Teil 1:  Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 §  1 „Problemkind“ (im) Wechselmodell? – Einführung in die Thematik 3 §  2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . 7 §  3 Die Betreuungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 B. Struktur der Betreuungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells . 17 §  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens . . . . . . . . . 19 A. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells . . . . . . 19 B. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 §  5 Gemeinsame elterliche Sorge und Elterndissens unter besonderer ­ erücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen 187 B A. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel 187 B. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . . . . . 261 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 §  6 Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 A. Elternkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 B. Elterndissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 §  7 Zusammenfassung der Ergebnisse de lege lata . . . . . . . . . . . 279 A. Gemeinsame elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 B. Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 §  8 Vorschläge de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Gemeinsame elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

VIII

Inhaltsübersicht

Teil 3:  Abänderung eines Wechselmodells . . . . . . . . . . . . 319 §  9 Elternautonom begründetes Wechselmodell . . . . . . . . . . . . 321 A. Elternautonome Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 B. Abänderung unter gerichtlicher Beteiligung . . . . . . . . . . 321 §  10 Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell . . . 325

Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 §  11 Elternkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 §  12 Elterndissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 A. Elternautonom begründetes Wechselmodell . . . . . . . . . . 335 B. Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell . 348 §  13 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Teil 5:  Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 §  14 Gefahren einer speziellen Rechtsgrundlage zur Wechselmodellanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 A. §  1671 BGB: Veränderung des Regelungsgegenstands . . . . . 355 B. §  1684 Abs.  3 BGB: Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 C. §  1666 Abs.  1 BGB: Absenkung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 §  15 Behutsame Fortschreibung geltenden Rechts . . . . . . . . . . . 359 §  16 Definition und Wesen des Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . 361 §  17 Abschließendes Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

Inhaltsverzeichnis Teil 1:  Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 §  1 „Problemkind“ (im) Wechselmodell? – Einführung in die Thematik 3 §  2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . 7 §  3 Die Betreuungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 B. Struktur der Betreuungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Festlegung des Kindesaufenthalts und Entscheidungsfindung in den übrigen Kindesangelegenheiten . . . . . . . . . . . 13 II. Rechtliche und tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang 14

Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells . 17 §  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens . . . . . . . . . 19 A. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells . . . . . . 19 I. Zulässigkeit und Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen in den Bereichen der elterlichen Sorge und des Umgangs . 19 1. Zulässigkeit von Elternvereinbarungen vor ­verfassungsrechtlichem Hintergrund . . . . . . . . . . 19 2. Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen zur Wahrnehmung von Sorge- und Umgangsrecht . . . . . 22 II. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. Sorgerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 a) Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . 23 b) Tatsächliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . 25 aa) Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . 25 bb) Keine Gefährdung des Kindeswohls . . . . . . 26 (1) Potenzielle Vorteile der Praktizierung eines ­Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 (2) Risiken der Praktizierung eines Wechselmodells 30 (3) Die Kindeswohldienlichkeit beeinflussende Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

X

Inhaltsverzeichnis

(a) Motiv der Eltern für eine Einigung auf ein ­Wechselmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 (b) Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zu ­ Kommunikation und Kooperation . . . . . . . . 37 (aa) Maß vorauszusetzender ­Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (bb) Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung, Hochstrittigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 (c) Häusliche Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (d) Alter des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 (aa) Kleinst- und Kleinkinder . . . . . . . . . . . . 49 (bb) Heranwachsende Kinder . . . . . . . . . . . . 52 (cc) Fazit zum Alter des Kindes . . . . . . . . . . . 53 (e) Persönlichkeit des Kindes . . . . . . . . . . . . 53 (f) (Nicht‑)Berücksichtigung des Kindeswillens . . 54 (g) Wohndistanz zwischen den Eltern, ­ Wechselfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 (h) Unterschiedliche Erziehungs- und Lebensstile . . 61 (i) Bildungsstand bzw. intellektuelles Niveau der Eltern, Trennung von Eltern- und Paarebene 63 (j) Finanzielle und organisatorische ­Leistungsfähigkeit der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 (k) Neue Partnerschaften der Eltern . . . . . . . . . 65 (l) Flexibilität vs. Sorge‑/Erziehungsplan . . . . . . 67 (4) Ergebnis zur Kindeswohldienlichkeit/-gefährdung der Praktizierung eines ­Wechselmodells . . . . . 68 cc) Bindungswirkung einer elternautonomen ­Aufenthaltsregelung . . . . . . . . . . . . . . . 69 (1) Bindung der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) Bindung des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . 70 (a) Abänderungsentscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB (analog) . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (b) Familiengerichtliche Erstentscheidung . . . . . . 71 (aa) Übertragung des Maßstabs des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (bb) (Sonstige) Indizwirkung privater ­ Elternvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 72 (3) Ergebnis zur Bindungswirkung einer ­ elternautonomen Aufenthaltsregelung . . . . . . 73

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XI

dd) Durchsetzung einer elternautonomen ­Aufenthaltsregelung . . . . . . . . . . . . . . . 73 ee) Ergebnis zur elternautonomen Regelung des ­Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge . . . . . . 75 2. Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Rechtliche Ebene des Umgangs . . . . . . . . . . . 76 b) Tatsächliche Ebene des Umgangs . . . . . . . . . . 76 aa) Das Wechselmodell als (elternautonome) ­Umgangsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . 76 bb) Bindungswirkung und Durchsetzung einer ­elternautonomen Umgangsregelung . . . . . . . 78 3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . 79 III. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . . 79 1. Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . 80 a) §  1687 Abs.  1 BGB als Auffangtatbestand . . . . . . 81 b) §  1687 Abs.  1 BGB als zwingendes gesetzliches ­Regelungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Wortlaut und Regelungszweck des §  1687 Abs.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Wirkungsweise von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB . 84 (1) Einwirkung auf die Sorgerechtsinhaberschaft der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Einwirkung auf die Befugnis der Eltern zur ­ Ausübung des Sorgerechts . . . . . . . . . . . . 88 (3) Ergebnis zur Wirkungsweise von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Tatsächliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . 91 a) Vorgelagerte Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Elterliche Einigung auf ein Residenzmodell . . . 92 bb) Elterliche Einigung auf ein Wechselmodell . . . 93 (1) Anwendbarkeit von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB . . . 94 (a) Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ . . . . . 94 (b) Wechsel der Alltagssorge i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB mit dem Wechsel des ­Kindesaufenthalts 95

XII

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(2) Anwendbarkeit nur von §  1687 Abs.  1 S.  1 (analog) und S.  4 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (3) Ergebnis zur Anwendung des §  1687 Abs.  1 BGB im Falle der elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 cc) Ergebnis zur elterlichen Gestaltung der tatsächlichen Ebene der Sorge mittels Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes . 102 b) Übertragung und Einrichtung von ­Alleinentscheidungsbefugnissen . . . . . . . . . . . 102 c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der tatsächlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen ­Entscheidungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . 106 B. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Sorgerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 a) Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Generelle Zulässigkeit einer zeitlichen Aufteilung des Sorgerechts bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts . . . . . . . . . 109 bb) Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . 112 cc) Geeignetheit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zur Absicherung eines ­Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (2) Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (a) Durchsetzung der Herausgabe des Kindes . . . . 118 (b) Durchsetzung der Aufnahme des Kindes durch den anderen Elternteil . . . . . . . . . . . . . . . 119 (3) Ergebnis zur Geeignetheit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zur Absicherung eines Wechselmodells . . . . . . . 120 dd) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der rechtlichen Ebene der Sorge (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB) . 120

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XIII

b) Tatsächliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . 121 aa) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) . . . . . . . . . . . . . . . 121 (1) Durchsetzung und Bindungswirkung eines ­ gerichtlich gebilligten Vergleichs . . . . . . . . . 121 (a) Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (b) Bindungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (2) Anwendbarkeit des §  156 Abs.  2 FamFG . . . . . 123 (a) Direkte Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG . . 124 (b) Analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG . . 124 (aa) Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke . . . . . . . 126 (aaa) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf den Umgang mit dem Kind . . . . . . . . . . 126 (bbb) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf die elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . 130 (ccc) Ergebnis zur Planwidrigkeit der Regelungslücke 131 (cc) Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . 132 (dd) Ergebnis zur analogen Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (3) Zustimmung des Kindes . . . . . . . . . . . . . 132 (4) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab . . 134 (a) Bindungswirkung eines übereinstimmenden Elternwillens in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB bis zur Schwelle einer ­Kindeswohlgefährdung . . . 135 (b) Gegen eine Übertragung der Bindungswirkung von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB sprechende Begrenzungen der Elternautonomie . . . . . . . 136 (aa) Zusammenhang zwischen Konsens und Konflikt: Übereinstimmender ­Elternwille zur Verhütung einer späteren Konfliktsituation . . . . . . . . . 137 (bb) Erzwingbarkeit des Vereinbarten unter Zuhilfenahme staatlicher Gewalt . . . . . . . . 139 (c) Gleichklang von §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 141 (5) Ergebnis zur gerichtlichen Billigung einer elterlichen Aufenthaltsregelung nach §  156 Abs.  2 FamFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog) 143

XIV

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(1) Feststellung der Sorgerechtsausübung . . . . . . 143 (2) Durchsetzung und Bindungswirkung . . . . . . 144 (3) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab . . 145 (4) Diskussion des Lösungsweges . . . . . . . . . . 145 cc) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) 147 aa) Das Wechselmodell als (gerichtlich gebilligte) ­Umgangsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . 147 bb) Durchsetzung und Bindungswirkung . . . . . . 148 cc) Zustimmung des Kindes . . . . . . . . . . . . . 149 dd) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab . . 150 b) Gerichtliche Umgangsregelung (§  1684 Abs.  3 BGB) 153 3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elternkonsenses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . . 154 1. Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . 155 a) Ausweitung der gemeinsamen rechtlichen Sorge . . 156 aa) Eingriff in die Elternautonomie durch §  1687 Abs.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (1) Aufspaltung der Nachtrennungssorge aufgrund von §  1687 Abs.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . 156 (2) Ausgestaltung der Nachtrennungssorge vor der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98 . . . . 157 (a) Gemeinsame Sorge bei Getrenntleben der Eltern 158 (b) Gemeinsame Sorge nach Scheidung der Eltern . 158 (3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer Aufspaltung der Nachtrennungssorge . . . . . . 162 bb) Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (1) Keine Rechtfertigung im Falle übereinstimmenden Elternwillens zur vollen gemeinsamen Sorge . . 167 (a) Vermutung der Kindeswohldienlichkeit ­übereinstimmenden Elternwillens . . . . . . . . 167 (b) Möglichkeit von Ausübungsvereinbarungen zur ­Rechtfertigung nicht geeignet . . . . . . . . . . 168

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XV

(c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (2) Verfassungskonforme Auslegung von §  1687 Abs.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (3) Ergebnis zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie durch §  1687 Abs.  1 BGB . . 176 b) Begründung oder Übertragung von ­Alleinentscheidungsbefugnissen . . . . . . . . . . . 177 c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . 178 2. Tatsächliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) 179 aa) Analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG . 179 bb) Durchsetzung und Bindungswirkung . . . . . . 180 cc) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab . . 182 b) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog) . . . . . 183 aa) Feststellung der Sorgerechtsausübung . . . . . . 183 bb) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab . . 183 c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der ­tatsächlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . 183 3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen im Falle des ­Elternkonsenses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 §  5 Gemeinsame elterliche Sorge und Elterndissens unter besonderer ­Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen 187 A. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel 187 I. Sorgerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Regelungsmechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB 190 (1) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein . . . . . . . . . . . . . 191 (2) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel 192

XVI

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(a) Keine zwangsweise Durchsetzung eines ­ Wechselmodells durch den ­wechselmodellwilligen Elternteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (b) Keine zwangsweise Durchsetzung eines ­ Wechselmodells durch das Gericht . . . . . . . . 194 (aa) Grundgesetzliches Kompetenzgefüge . . . . . 196 (aaa) Eltern als primäre Erziehungsträger . . . . . . 196 (bbb) Staat als subsidiärer Erziehungsträger oder „Wächter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 (ccc) Staat als Schlichter unter Wahrung des Elternvorrangs . . . . . . . . . . . . . . . 200 a. Kollision der Elternrechte . . . . . . . . . . . . . 200 b. Keine Kollision von ­Kindesgrundrechten und ­Elternrecht(en) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (ddd) Das Kindeswohl als Bezugspunkt der Eltern­ verantwortung und des ­staatlichen Wächteramts 209 (bb) Einfachgesetzliche Übersetzung des grundgesetzlichen Kompetenzgefüges . . . . . . 215 bb) Ergebnis: keine unmittelbare Begründung eines ­Wechselmodells durch das Gericht . . . . . . . 217 b) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1628 BGB, §  1666 BGB oder §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB . . . . . . 218 c) Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Tatsächliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . 219 a) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 aa) Mittelbare Einflussnahme des Gerichts auf die ­Festlegung eines Betreuungsmodells . . . . . . 220 (1) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines ­Wechselmodells, kein Antrag des anderen Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (a) Dem Antrag stattgebende Entscheidung . . . . . 221 (b) Den Antrag zurückweisende Entscheidung . . . . 222 (2) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines ­Wechselmodells, Antrag des anderen auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge . . . . . 223 (3) Antrag beider Elternteile auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge . . . . . . . . . . . . . . 224

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(4) Antrag beider Elternteile auf Begründung eines ­Wechselmodells mit voneinander ­abweichenden ­Betreuungszeiträumen . . . . . . . . . . . . . . 224 bb) Zulässigkeit einer Zuweisung des ­Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel . . . . 225 (1) Regelungszweck des §  1671 Abs.  1 BGB . . . . . 226 (2) Grenze gerichtlicher Regelungsbefugnis . . . . . 229 (3) Ergebnis zur Zulässigkeit einer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel . . . . . 230 cc) Ergebnis zur Begründung eines Wechselmodells über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB . . . . . . . . 231 b) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1666 BGB 234 aa) Begründung eines Wechselmodells unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung . . . . . . . . . 235 bb) Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Übertragung auf einen Ergänzungspfleger . 237 c) Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im ­wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 II. Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der einfachrechtlichen Ebene des Sorge- und Umgangsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der verfassungsrechtlichen Ebene der Elternrechte . . . 244 a) §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB als einfachgesetzliche Ausprägung des staatlichen Schlichteramts . . . . . 244 b) Bestimmung der gerichtlichen Regelungsbefugnis im Bereich des Umgangsrechts als Ausdruck des staatlichen Schlichteramts . . . . . . . . . . . . . . 246 aa) Verhinderung eines Kontaktabbruchs . . . . . . 246 bb) Gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . 248 (1) Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . 249 (2) Unzulässiger Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (3) Zwischenergebnis und Übertragung auf die ­einfachgesetzliche Ebene . . . . . . . . . . . . . 253

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cc) Grenzziehung zwischen einer zulässigen ­Umgangsregelung und einer unzulässigen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . 256 3. Ergebnis zum Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . 257 a) Grundsatz: Keine unmittelbare Begründung eines ­Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 b) Ausnahmsweise Rechtfertigung einer unmittelbaren Begründung eines Wechselmodells . . . . . . . . . 258 III. Sorgerecht und Umgangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 258 IV. Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im ­ wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elterndissenses . . 259 B. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . . . . . 261 C. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 §  6 Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 A. Elternkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells . . . 263 1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang . . . . . 263 b) Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . 264 aa) Elterliche Dispositionsbefugnis . . . . . . . . . 264 bb) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge . . . 266 2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . 268 II. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang . . . . . 271 b) Rechtliche Ebene der Sorge . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge (§  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB) . . . . . . . 271 bb) Zeitliche Aufteilung des Sorgerechts bzw. ­Aufenthaltsbestimmungsrechts (§  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . 274 III. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 B. Elterndissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

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II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen . . . . 276 §  7 Zusammenfassung der Ergebnisse de lege lata . . . . . . . . . . . 279 A. Gemeinsame elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 B. Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 §  8 Vorschläge de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Gemeinsame elterliche Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 I. Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall . . . . . . . . . 281 1. Erforderlichkeit und Zulässigkeit im deutschen ­Kindschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 2. Erfahrungen aus anderen Rechtsordnungen mahnen zur Vorsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 3. Ergebnis zum Wechselmodell als gesetzlichem Regelfall 291 II. Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells . . . . . . 292 1. Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 2. Verortung und Ausgestaltung einer fakultativen ­Spezialvorschrift zur Anordnung eines Wechsel- bzw. ­Betreuungsmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 a) Verortung in §  1671 BGB oder §  1628 BGB . . . . . 295 b) Verortung und Ausgestaltung in §  1631 BGB . . . . 296 c) Verortung und Ausgestaltung in §  1666 BGB . . . . 298 d) Verortung in §  1684 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Ergebnis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage zur ­gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells . . . . 299 III. Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang . . . 299 1. Ausnahmecharakter von §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB im ­kindschaftsrechtlichen Normengefüge . . . . . . . . . 300 2. Übertragung auf ein neues einfachgesetzliches System ­elterlicher Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Ergebnis zur Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 IV. Öffnung des Wortlauts von §  1687 Abs.  1 BGB . . . . . . 304 1. Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (Abs.  1‑E) . . . . . . . . . . 305 2. Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (Alltagssorge, Abs.  2‑E) . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 3. Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung (Abs.  3‑E) 308 4. Notvertretungsrecht, gerichtliche Eingriffsbefugnis (Abs.  4 und 5‑E), Überschrift . . . . . . . . . . . . . . 308

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Inhaltsverzeichnis

V. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung ­elternautonomer Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 308 1. Erweiterung und Änderung von §  156 Abs.  2 FamFG . 309 2. Förderung der Herbeiführung elterlichen Einvernehmens 311 3. Kodifizierung der Elternvereinbarung . . . . . . . . . 313 4. Erweiterung des Rechtsinstituts der Sorgeerklärungen i. S. von §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB . . . . . . . . . . . 313 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 B. Alleinsorge eines Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 I. Schaffung einer Möglichkeit zur Begründung einer Teilsorge über das Rechtsinstitut der Sorgeerklärungen . . 316 II. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung ­elternautonomer Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 317 III. Änderung von §  1687a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 318

Teil 3:  Abänderung eines Wechselmodells . . . . . . . . . . . . 319 §  9 Elternautonom begründetes Wechselmodell . . . . . . . . . . . . 321 A. Elternautonome Abänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 B. Abänderung unter gerichtlicher Beteiligung . . . . . . . . . . 321 §  10 Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell . . . 325

Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 §  11 Elternkonsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 §  12 Elterndissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 A. Elternautonom begründetes Wechselmodell . . . . . . . . . . 335 I. Aufrechterhaltung des Wechselmodells . . . . . . . . . . 336 1. Unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung . . . . . . 336 2. Mittelbar aufgrund gerichtlicher Entscheidung . . . . . 339 a) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen Elternteil . . . . . . . . . . . 339 b) Zurückweisung des Antrags oder der Anträge auf ­Ü bertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . . 340 3. Vermittlung durch das Gericht und Aufnahme der ­Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich (§  156 Abs.  1 und 2 FamFG) . . . . . . . . . 345 II. Beendigung des Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . . 345 B. Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell . 348 §  13 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

Inhaltsverzeichnis

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Teil 5:  Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 §  14 Gefahren einer speziellen Rechtsgrundlage zur Wechselmodellanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 A. §  1671 BGB: Veränderung des Regelungsgegenstands . . . . . 355 B. §  1684 Abs.  3 BGB: Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 C. §  1666 Abs.  1 BGB: Absenkung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 §  15 Behutsame Fortschreibung geltenden Rechts . . . . . . . . . . . 359 §  16 Definition und Wesen des Wechselmodells . . . . . . . . . . . . . 361 §  17 Abschließendes Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

Teil 1

Einleitung

§  1  „Problemkind“ (im) Wechselmodell? – Einführung in die Thematik Das Wechselmodell wirft Fragen auf, scheint sich einer Eingliederung ins Kindschaftsrecht zu verwehren, mit dessen Instrumenten nicht greifbar zu sein. Dabei ist das Wechselmodell zunächst nichts anderes als eine unter mehreren Formen der Betreuung eines Kindes durch seine getrenntlebenden Eltern. Es gesellt sich insbesondere zu dem Residenz-, aber auch dem Nestmodell1 und grenzt sich von diesen dadurch ab, dass beide Eltern das Kind in möglichst gleichem Umfang pflegen und erziehen, wobei das Kind dazu regelmäßig zwischen den Elternwohnsitzen hin- und herwechselt. Dieses Modell eines steten Aufenthaltswechsels des Kindes erhitzt seit jeher die Gemüter nicht nur von Eltern, die ein Wechselmodell mit ihrem Kind praktizieren oder dies anstreben. Längst, so scheint es, steht nicht mehr das im Wechselmodell betreute Kind, sondern das Wechselmodell selbst als vermeintliches „Problemkind“ im Fokus der damit befassten Professionen. Die psychologische und soziologische Forschung arbeitet unter Hochdruck an immer aussagekräftigeren Studien, die Aufschluss darüber geben sollen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Wechselmodell dem Kindeswohl dient oder nicht. Juristen streiten insbesondere darüber, ob ein Wechselmodell de lege lata gegen den Willen eines Elternteils oder gar beider gerichtlich angeordnet werden kann oder ob und, falls ja, wie dies zumindest de lege ferenda möglich sein soll. Die umfangreiche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, teils gar der verschiedenen Familiensenate desselben Gerichts, ist uneinheitlich, wenngleich sich eine herrschende Meinung abzuzeichnen scheint2. Ob der Bundesgerichtshof diese mit seiner bisher einzigen Entscheidung zum Wechselmodell im Bereich des Umgangsrechts3 zu durchbrechen vermag, ist zu klären. Das deutsche Kindschaftsrecht scheint zu der ganzen Frage zu schweigen. Zumindest enthält es in der Tat keine spezielle Regelung zum Wechselmodell. Die hierin erkannte Lücke 1 

Näher zur Abgrenzung von diesen Betreuungsmodellen sogleich unter §  3 A. (ab S. 11). Einen Überblick über die Rspr. bieten die Fn.  2 und 3 in §  5; s. auch die Zusammenstellung der Wissenschaftlichen Dienste (Deutscher Bundestag), Das „Wechselmodell“, 7 ff. 3  FamRZ 2017, 532. 2 

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Teil 1: Einleitung

wird teils als planwidrige und durch Analogie ausfüllungsbedürftige erkannt 4. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn das Wechselmodell ist nicht „erst in den vergangenen Jahren in Deutschland als Betreuungsalternative aufgetaucht“5. Seit mittlerweile annähernd 40 Jahren treibt es die genannten Professionen um. Auslöser für seine „Ent­ deckung“ bzw. seinen „Import“ aus den Vereinigten Staaten von Amerika (USA)6 war die in den 1970er-Jahren entflammte Diskussion7 um die Möglichkeit einer Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Anschluss an die Scheidung. Gleichsam als Brandbeschleuniger in dieser Frage erwies sich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 19828. Die zuvor bestehende Rechtslage – nach §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB in der Fassung des SorgeRG9 war die elterliche Sorge im Anschluss an die Scheidung der Eltern einem Elternteil allein zu übertragen10 – wurde darin für verfassungswidrig, die genannte Norm für nichtig erklärt. Die gemeinsame Sorge war fortan unter gewissen, der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entnommenen Voraussetzungen auch nach einer Scheidung der Eltern möglich. Doch wie sollte sie mit Leben gefüllt werden?11 Schließlich wohnten die Eltern nicht mehr, wie dies regel­mäßig Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 376 ff. So aber Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 376; dies./Rixe FamRB 2014, 418, 420; wie hier Marchlewski FF 2015, 98 f.; BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  18; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2127 f. 6  Vgl. Coester EuGRZ 1982, 256, 260: „amerikanische[s] Modell“; Wissenschaftliche Dienste (Deutscher Bundestag), Das „Wechselmodell“, 4; Walper, in: Deutscher Familien­ gerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 102. 7  Einen Überblick liefert Evans-von Krbek FamRZ 1975, 20 m. w. N. 8  BVerfGE 61, 358 = FamRZ 1982, 1179 = NJW 1983, 101 = BGBl. 1982 I, 1596. 9  Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge v. 18.7.1979, BGBl. I, 1061. 10  Die zuvor bestehende Unklarheit über eine Ausnahmefähigkeit – §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB in der Fassung des Gesetzes über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz – GleichberG) v. 18.6.1957 (BGBl. I, 609) lautete noch: „Die elterliche Gewalt soll in der Regel einem Elternteil allein übertragen werden“ – wurde vom Gesetzgeber zuungunsten der gemeinsamen Sorge aufgelöst. 11  Dies war keineswegs geklärt: Coester EuGRZ 1982, 256, 260 („camouflage label“), 263 („Deckmantel für eine bunte, unkontrollierte Gestaltungsvielfalt in der tatsächlichen Betreuung“); Fthenakis FamRZ 1985, 662, 671, weist auf „[e]ines der großen Mißverständnisse, die die gemeinsame elterliche Sorge seit ihrer (Wieder‑)Zulassung durch das BVerfG begleiten, [hin, nämlich] die Vorstellung, gemeinsame Sorge beinhalte notwendig die Aufteilung der elterlichen Sorge zu gleichen Teilen, und zwar hinsichtlich jedes einzelnen Aspekts“; ders. FamRZ 1988, 578, 579: „ganzes Spektrum an Möglichkeiten“; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 51 („unscharfer Begriff mit großer praktischer Variationsbreite“), 62 („rechtlicher ‚Mantel‘“); Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 25 f.; Schwab FamRZ 1998, 457, 468, und ders., in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 722: „juristisches Konstrukt“; Bode FamRZ 1999, 1400, 1402. 4 

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§  1  „Problemkind“ (im) Wechselmodell? – Einführung in die Thematik

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vor der Trennung der Fall gewesen sein wird, zusammen und konnten das Kind folglich nicht mehr gemeinschaftlich pflegen und erziehen. Die Über­setzung der recht­lichen gemeinsamen Sorge in die tatsächliche gemeinsame Versorgung des Kindes ließ den Blick derjenigen, die sich mit der Thematik befassten, auch auf andere Rechtsordnungen schweifen, die eine gemeinsame Nachtrennungssorge bereits kannten12. Neben der Betreuung des Kindes im Wesentlichen durch einen Elternteil, während der andere lediglich an (bedeutsamen) Entscheidungen beteiligt wurde (Residenzmodell), kristallisierten sich schließlich zwei weitere „wesentliche[n] Spielarten“13 der gemeinsamen Sorge heraus: das Wechsel­ modell14 und das Nestmodell15. Doch nicht nur in die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der gemeinsamen Sorge hielt das Wechselmodell zusehends Einzug. Es wurde von Eltern, für die die Weiterführung der gemeinsamen Sorge in tatsächlicher Hinsicht auch nach Trennung und Schei­dung außer Frage stand, längst praktiziert. Dies beweisen allein schon zwei der dem genannten Bundesverfassungsgerichtsurteil zugrunde liegenden Vorlagebeschlüsse16. Auch in der (Tages‑)Presse war das Wechselmodell Thema17. Ist somit bereits als widerlegt anzusehen, das Wechselmodell sei ein erst jüngst in Erscheinung getretenes Phänomen, kann auch die Behauptung, „der Gesetzgeber [habe] nicht über das Wechselmodell nachgedacht“, dieses sei „­ weder im öffentlichen Bewusstsein, noch Thema in den parlamentarischen Beratungen“ gewesen18, nicht unwidersprochen bleiben. Die Kindschaftsrechts­ reform von 1997/9819 brachte zwar keine Regelung speziell zum Wechselmodell hervor, sie nahm aber durchaus Kenntnis von ihm: Im Zuge der Betrachtung 12  Fehmel FamRZ 1979, 380; Kaltenborn FamRZ 1983, 964; Kropholler JR 1984, 89, 91 ff.; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 38 f.; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 5 ff.; Schütz ZfJ 1987, 189, 190. 13  Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 15. 14  Fehmel FamRZ 1979, 380, spricht – soweit ersichtlich – erstmals von einem „Wechsel hin und her“ sowie von einem „[H]in- und [H]erpendeln“; noch mit Bindestrich Kaltenborn FamRZ 1983, 964, 965: „Wechsel-Modell“; seit 1987 wird vom „Wechselmodell“ gesprochen: Schütz ZfJ 1987, 189, 190; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 51; Oelkers/Kasten FamRZ 1993, 18, 20. 15  Näher zur Definition und Abgrenzung der Modelle unter §  3 A. (ab S. 11). 16  AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484; AG Bielefeld NJW 1980, 2728 (LS), zum Sachverhalt s. BVerfGE 61, 358, 363 f.; s. aber auch LG Mannheim FamRZ 1971, 185 m. abl. Anm. Bosch; LG Bremen FamRZ 1977, 402; KG NJW 1980, 2419 m. Anm. Diederichsen NJW 1980, 2420, 2421. 17  Quoirin, FAZ-Beilage v. 5.1.1980, BuZ 3: Bericht über ein 9 Jahre altes, im Wechsel­ modell lebendes Mädchen aus Washington; Der Spiegel 6/1980, 225. 18  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 376; dies./Rixe FamRB 2014, 418, 420. 19  Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) v. 16.12.1997 m.W.v. 1.7.1998, BGBl. 1997 I, 2942.

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Teil 1: Einleitung

rechtstatsächlicher Ausgangsdaten wird das Wechselmodell in den Materialien zum Gesetzentwurf dem Residenz- oder Eingliederungsmodell gegenübergestellt20. Mag der Gesetzgeber das Wechselmodell in dieser Zeit also auch schlicht für (noch) nicht relevant gehalten haben 21, so kann ihm eine Unkenntnis und eine Planwidrigkeit bei seinem Reformvorhaben doch schwerlich unterstellt werden 22. Heute wird das Wechselmodell „im Mittelpunkt der sorgerechtlichen Diskussion“23 und „des rechtspolitischen Interesses“24 gesehen. Eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen und Zeitschriftenbeiträge stützen diesen Befund. Die besagte Entscheidung des Bundesgerichtshofs25 heizt die Diskussion weiter an. Die Justizministerinnen und Justizminister griffen das Thema auf ihrer Frühjahrskonferenz im Juni 2017 auf und fordern den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz in einem Beschluss dazu auf, zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche gesetzlichen Regelungen zum Wechselmodell geboten sind, und die Länder frühzeitig in Entscheidungsprozesse einzubinden 26. Angesichts dessen verwundern die jüngsten Zahlen über die tatsächliche Verbreitung des Wechselmodells in deutschen Familien: Nur vier bis fünf Prozent der Trennungseltern praktizieren eine annähernde Gleichverteilung ihrer Betreuungsaufgaben 27. Bleibt der heraufbeschworene „Wechselmodell-Boom“28 etwa aus? Sieht sich eine Vielzahl von Eltern womöglich durch die Rahmenbedingungen des Kindschaftsrechts an der Praktizierung dieser Betreuungsform gehindert? Mitunter letztere Frage gilt es, mit dieser Arbeit abschließend zu beantworten. 20 

BT-Drucks. 13/4899, 36 f. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 49; ders. FamRZ 2015, 1433, 1436; Finke NZFam 2014, 865, 866. 22  Löhnig FF 2017, 429 spricht umgekehrt gar von „beredtem Schweigen“ des Gesetz­ gebers. 23  Bergmann ZKJ 2013, 489; Gleiches gelte laut Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 153, für die USA: „one of the most hotly debated issues in family law today“; Engelmann NZFam 2017, 812, in Anm. zu OLG Brandenburg FamRZ 2017, 1757, zufolge „laute[t] für Familienrechtler das Wort des Jahres 2017 sicher ‚Wechselmodell‘“. 24  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  51. 25  FamRZ 2017, 532. 26  Beschluss abrufbar unter: https://jm.rlp.de/fileadmin/mjv/Jumiko/Fruehjahrskonferenz _neu/I.1_Gesetzliche_Regelung_des_Wechselmodells_und_seiner_Folgen.pdf (letzter Zugriff am 6.12.2017). 27  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 123 f.; Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 821. 28  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 27; dies. FamRB 2013, 290; ebenso Balomatis NZFam 2016, 833, 834; überrascht vom „plötzliche[n] ‚Hype‘ um das Thema“ Kostka Streit 2014, 147. 21 

§  2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit zielt nicht darauf, einen Überblick über sämtliche Proble­ me, die das Wechselmodell aufwirft, zu geben. Sie bietet vielmehr eine vertiefte dogmatische Untersuchung zu der Frage, wie sich das Wechselmodell in die Systematik des deutschen Kindschaftsrechts eingliedert oder eingliedern lässt. Mit diesem Inhalt dient die Arbeit als Grundlage zur Klärung sich anschließender Fragen. So stehen derzeit insbesondere Regelungen zum Kindesunterhalt auf dem Prüfstand, die im Grundsatz von einem betreuenden, seine Un­ terhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind dadurch erfüllenden Elternteil und einem nichtbetreuenden, im Gegenzug barunterhaltspflichtigen Elternteil ausgehen (§  1606 Abs.  3 S.  2 BGB). Doch auch sozial-, steuer- und melderechtliche Normen hängen von der Vorfrage ab, wo das Kind seinen bzw. ob es überhaupt einen Lebensmittelpunkt hat, und scheinen zum Teil mit dem Wechselmodell inkompatibel zu sein. Stets vorab zu klären gilt es also die sorge- und umgangsrechtliche Zuordnung des Kindes zu einem Elternteil oder beiden. Eine etwaige Überarbeitung der unterhalts-, sozial-, steuer- und melderechtlichen Normen ist daher in sinnvoller Weise erst möglich, wenn das Wechselmodell im Kindschaftsrecht nicht (mehr) als Fremdkörper1 gesehen wird, sondern – sei es de lege lata, sei es de lege ferenda – in dieses eingegliedert ist; erst wenn die im Wechsel erfolgende Betreuung eines Kindes mit den Instrumenten der Sorgeund Umgangsrechtsregeln sicher greifbar ist, lassen sich die nachgelagerten Fragen zufriedenstellend beantworten. Die Eingliederung des Wechselmodells ins Kindschaftsrecht ist jedoch in besonderem Maße umstritten. Hiervon zeugt insbesondere der bereits angesprochene Umfang an obergerichtlicher Rechtsprechung. Auch lässt sich bei der Lektüre der das Wechselmodell betreffenden Literatur wie Rechtsprechung teilweise der Eindruck gewinnen, es gehe nicht mehr bloß um eine nüchterne juristische Klärung von Streitfragen; vielmehr scheint das Wechselmodell längst Gegenstand einer Art „Glaubensfrage“ geworden zu sein, ob Eltern es ihren Kindern heutzutage nicht auch nach der Trennung regelmäßig „schulden“, es gemeinsam zu versorgen, oder ob damit nicht umgekehrt ein etwaiges Bedürf1 

S. bereits Marchlewski FF 2015, 98.

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Teil 1: Einleitung

nis des Kindes nach einem festen Lebensmittelpunkt enttäuscht wird. Die vorliegende Arbeit präferiert keine spezielle Form von Betreuung, will vielmehr genau vorstehend genanntes: eine nüchterne juristische Abhandlung zu diesem Thema darstellen. Auch die psychologische und soziologische Forschung ist nach bestem Wissen und Gewissen – freilich durch die Brille des Juristen – ausgewertet. Diese Auswertung beansprucht nicht, abschließend zu sein, dafür ist die Zahl mittlerweile verfügbarer – überwiegend aus anderen Rechtsordnungen stammender2 – Studien, die seit den 1970er-Jahren hervorgebracht wurden, zu umfangreich. Es erfolgte jedoch keine gezielte Auswahl von wechselmodellfreundlichen oder ‑kritischen Studien. Ein kleiner Hinweis auf das Ergebnis der Arbeit sei bereits gegeben: Die vielleicht als kühn erscheinende These, dass das Wechselmodell gar nicht so sehr „Problemkind“ ist wie befürchtet, wird in dieser Form und Deutlichkeit bisher, soweit ersichtlich, nicht vertreten; vielmehr scheint das Wechselmodell, betrachtet man Teile der Rechtsprechung und Literatur, Spezialregeln zu folgen bzw. – in Ermangelung der Auffindung solcher – dieser de lege ferenda zu bedürfen. Dass letzteres nach hier vertretener Ansicht – der Gesetzgeber dürfte dies begrüßen – lediglich in geringem Ausmaß der Fall ist, mag den einen oder anderen reformfreudigen Leser enttäuschen, sollte ihn von der Lektüre dieser Arbeit jedoch nicht abbringen. Dass die hier vertretene Ansicht, das Kindschaftsrecht in seiner Abstraktion sei im Wesentlichen immer noch „modern“ (genug), wohl nicht gerade als herrschende Meinung bezeichnet werden kann, erhöht, dessen ist sich der Bearbeiter bewusst, Darlegungslast wie Anspruch an die Arbeit. Auch wenn dem ersten Anschein, das Wechselmodell sei dem deutschen Kindschaftsrecht fremd, also entgegengetreten wird, ist doch nicht zu leugnen, dass das Wechselmodell in der Tat als etwas Besonderes bezeichnet werden kann; als – mit Blick auf das Alter des BGB – relativ neuartige Wahrnehmung der elterlichen Sorgeverantwortung zeigt es zuvor verborgene „Schwächen“ im Kindschaftsrecht auf, legt insbesondere den Finger in die Wunde derer, die sich (zu Recht) mit einer Abgrenzung der hergebrachten Kategorien von Sorge und Umgang in dieser Frage schwertun. Eine Zuordnung zum Regelungskomplex von Sorge einerseits oder Umgang andererseits ist pauschal jedoch weder möglich noch nötig. Die Arbeit verzichtet daher darauf. Es ist vielmehr je nach Situation – übereinstimmender oder divergierender Wille der Eltern? Elternautonome oder gerichtliche Begründung, Abänderung bzw. Beendigung des Wechsel2 

Auf die Schwierigkeit einer unvermittelten Übernahme ausländischer Studien hinweisend Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 824; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Vorstand des DFGT FF 2014, 46, 47.

§  2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung

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modells? – zu überprüfen, ob der sorge- oder umgangsrechtliche Weg zu beschreiten ist oder überhaupt beschritten werden kann. Die vermeintliche Schwäche ist überdies allenfalls eine Lücke, und nicht jede Lücke bedarf der Schließung oder lässt eine solche überhaupt zu. Spätestens die teils angedachte Suche nach einer Lösung nicht mehr bloß in der Schaffung einer (speziellen) Rechtsgrundlage, sondern in der völligen Neugestaltung des Kindschaftsrechts unter Aufgabe der Trennung von Sorge und Umgang richtet, denn das einfache Recht steht dann zur Disposition, den Blick auf das – im Kindschaftsrecht in besonderer Weise – rahmengebende höherrangige Recht. Das Verfassungsrecht, im Besonderen Art.  6 Abs.  2 GG als Teil des unmittel­ bare Geltung beanspruchenden Grundrechtskatalogs (Art.  1 Abs.  3 GG), erscheint am Ende tatsächlich als Schlüssel zur Lösung etwaiger Ungereimt­heiten. Gleichwohl wird seine Bedeutung nicht überhöht, nicht die (nicht zu leistende) Beantwortung von Einzelfällen aus der Verfassung abgeleitet; es geht vielmehr um die Grundsatzentscheidung, die die Verfassung für die Pflege und Erziehung von Kindern trifft. Der Aufbau der Arbeit soll dazu verleiten, gezielt die den Leser beschäftigende Konstellation auflösen zu können: Steht die erstmalige Begründung eines Wechselmodells durch Eltern oder Gericht oder die Absicherung dieser Betreuungsweise in Rede, so sei auf Teil 2 der Arbeit verwiesen; wird oder wurde ein Wechselmodell hingegen schon tatsächlich praktiziert, steht jedoch dessen Abänderung oder Beendigung in rechtlicher Hinsicht in Frage, so finden sich die Antworten in den Teilen 3 und 4. Die bereits angesprochenen, in die psychologische und soziologische Forschung3 sowie in das Verfassungsrecht 4 führenden Fragen, wie sich ein Wechselmodell auf das Wohl des betreffenden Kindes auswirkt und wem die Wahrung desselben obliegt, sind in diesen Aufbau integriert und nicht vorangestellt. Gleiches gilt für einen vergleichenden Blick auf Rechtsordnungen, die die Praktizierung eines Wechselmodells als Regelfall vorsehen5. Zum rascheren Auffinden der interessierenden Themenbereiche sei auch auf das umfangreiche Sachverzeichnis hingewiesen. Ebenso wenig wie eine pauschale Zuordnung des Wechselmodells zu den Komplexen von Sorge- oder Umgangsrecht kann zu Beginn der Arbeit eine abschließende Definition des Wechselmodells erfolgen. „Das“ Wechselmodell gibt es in der Praxis ohnehin nicht, dort ist es ebenso vielschichtig, wie dies das Residenzmodell samt Umgangsregelung sein kann. Ist die Rede von „dem“ Wechselmodell, so ist eine Figur gemeint, die von psychologischer und juristi3 

Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (ab S. 26). Hierzu unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ab S. 196). 5  Hierzu unter §  8 A. I. 2. (ab S. 284). 4 

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Teil 1: Einleitung

scher Seite unterschiedlich bestimmt wird. Am Ende dieser Arbeit wird eine juristische Definition stehen. Vorab und nun folgend wird ein Überblick über die Betreuungsmodelle, ihre Abgrenzung voneinander und ihre Struktur gegeben.

§  3 Die Betreuungsmodelle A. Überblick Die Pflege und Erziehung eines Kindes im Anschluss an eine Elterntrennung kann in unterschiedlichster Art und Weise erfolgen. Die tatsächlichen Betreuungsmöglichkeiten lassen sich jedoch typisieren und Modellen zuordnen: – Bei einem Residenzmodell lebt das Kind weit überwiegend bei einem Elternteil, während regelmäßig Besuchskontakte zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil stattfinden; die Besuchszeiten bleiben dabei deutlich hinter den Aufenthaltszeiten beim erstgenannten Elternteil zurück. – Dagegen zeichnet sich ein Wechselmodell dadurch aus, dass es einen weit überwiegenden Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil nicht gibt; das Kind hat vielmehr bei jedem Elternteil (s)einen Lebensmittelpunkt, weshalb diese Betreuungsform auch als Doppelresidenzmodell1 bezeichnet wird. Der bloße Wechsel des Kindes zwischen den Eltern – auch als „Pendeln“2 bezeichnet – taugt wenig zur Abgrenzung, da das Kind auch in einem Residenzmodell zum umgangsberechtigten Elternteil wechselt; das Wesensmerkmal eines Wechselmodells muss somit, dies lässt sich an dieser Stelle bereits festhalten, die Angleichung oder zumindest die Annäherung der Aufenthaltszeiträume des Kindes bei jedem Elternteil sein. – Schließlich kann die Betreuung des Kindes nach dem Nestmodell3 erfolgen; dabei verbleibt das Kind in seinem Elternhaus, während die Eltern abwechOLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639; Prenzlow FPR 2012, 366, 368; Bergmann ZKJ 2013, 489; Hammer FamRZ 2015, 1433 Fn.  3. 2  Balloff/Walter FamRZ 1990, 445, 451; Michalski FamRZ 1992, 128, 135; Bode FamRZ 1999, 1400, 1402; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 625 f.; Rakete-Dombek FF 2002, 16; ­Hammer FamRB 2006, 275, 278; ders. FamRZ 2015, 1433 Fn.  3; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157; OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1515, 1516; AG Holzminden FamRZ 2002, 560; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  15, §  1631 Rn.  31a; Staudinger/Coester (1992) §  1671 Rn.  179; ders., in: Staudinger (2016) §  1671 Rn.  145; noch nicht vom „Pendelmodell“, aber einem „[H]in- und [H]erpendeln“ spricht Fehmel FamRZ 1979, 380, der im Hinblick auf ein gemeinsames elterliches Sorgerecht nach der Scheidung in die USA blickt. 3  Wie auch das Wechselmodell (s. §  1 Fn.  6) wurde das Nestmodell mitsamt Namen aus 1 

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Teil 1: Einleitung

selnd zwecks Betreuung des Kindes dort Aufenthalt nehmen. Das Nest­modell wird teilweise als Wechselmodell im weiteren Sinne4 verstanden, wechselt schließlich nicht der Kindes‑, wohl aber der Elternaufenthalt. Diese Betreuungsweise spielt jedoch weder in der familienrechtlichen oder soziologischen Auseinandersetzung noch in der Praxis eine Rolle5. Die praktische Bedeutungslosigkeit wird zum einen auf die hohen Kosten für die drei vorzuhaltenden Wohnsitze, zum anderen auf den Umstand zurückgeführt, dass die Eltern sich selbst einen steten Wechsel nicht zumuten wollen6. Das Nestmodell wird daher vielfach lediglich als Übergangsmodell oder von solchen Eltern praktiziert, die sich in den betreuungsfreien Zeiten beruflich ohnehin auf Reisen oder andernorts aufhalten7. Gegenstand dieser Arbeit ist allein das „Wechselmodell im engeren Sinne“, bei dem mithin das Kind zwischen den Elternwohnsitzen wechselt. Es deutet sich damit bereits an, dass der Aufenthalt – sei es des Kindes, sei es der Eltern – und seine Dauer das wesentliche Kriterium zur Abgrenzung der Betreuungsmodelle bilden. Es könnte daher auch von „Aufenthaltsmodellen“ gesprochen werden. Eine Reduzierung auf den Aufenthalt würde allerdings den unterschiedlichen denkbaren Variationen innerhalb dieser Modelle8 nicht gerecht. Aus entsprechendem Grund wird auch der Begriff des „Sorgemodells“ den USA eingeführt: Coester EuGRZ 1982, 256, 260: „bird’s nest arrangement“; Kropholler JR 1984, 89, 91: „Vogelnest-Arrangement“; McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences & the Law 1986, 169, 172, 180: „birdnesting“. 4  Coester EuGRZ 1982, 256, 260; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157; s. auch OLG Bamberg FamRZ 2001, 1310: „Nestwechselmodell“. 5  Kropholler JR 1984, 89, 91; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 16; Schütz ZfJ 1987, 189, 190 Fn.  20: „Ausnahmefall“; Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 26; Hammer FamRB 2006, 275, 278; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157; Clausius FF 2015, 37, 38, in Anm. zu AG Heidelberg FamRZ 2015, 151; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  24, §  1687 Rn.  4; in einer Auswertung von 178 Scheidungsverfahren des Familiengerichts Hamburg-Mitte in den Jahren 1991–1993 durch Oelkers/Kasten/Oelkers, FamRZ 1994, 1080, 1082, wählten 11 % der die gemeinsame Sorge ausübenden Eltern das Wechselmodell, wohingegen das Nestmodell in keinem Fall praktiziert wurde; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 107. 6  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  24. 7  Salzgeber NZFam 2014, 921, 923, und ders./Bublath NZFam 2016, 837: problematisches Eindringen der Elternteile in die Privatsphäre des jeweils anderen; s. auch Michalski FamRZ 1992, 128, 135: Bestand lediglich bis zu neuer Familiengründung durch einen Elternteil oder beide; ebenso mit Blick auf private und berufliche Entwicklungen, die im Zeitpunkt der Scheidung noch nicht vorhersehbar waren, Oelkers/Kasten FamRZ 1993, 18, 20. 8  S. sogleich unter §  3 B. I. (ab S. 13).

§  3 Die Betreuungsmodelle

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vermieden, ist doch auch die Begründung eines Wechselmodells mittels Umgangsregelung in Betracht zu ziehen. Ein vertiefter Blick auf die Struktur dieser Modelle und eine grobe Einordnung in die von Verfassung und einfachem Gesetzesrecht vorgegebene Systematik werden nachfolgend gewagt.

B. Struktur der Betreuungsmodelle Die gesamte Arbeit durchzieht eine nun darzustellende und einer weitergehenden Begriffsbestimmung bedürfende Gliederung. Diese ist zum einen durch das Wesen der Betreuungs- oder Aufenthaltsmodelle bedingt, zum anderen zur Klärung der Kompetenzverteilung zwischen den mit der Wahrung des Kindeswohls betrauten Personen und Institutionen erforderlich. Unterschieden werden: – die Festlegung des Aufenthalts des Kindes (und der damit einhergehenden Betreuungsleistung jedes Elternteils) einerseits, die (anschließende) Entscheidungsfindung in den übrigen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, andererseits; – die rechtliche Sorge und die aus deren Wahrnehmung resultierende tatsächliche Sorge für das Kind.

I. Festlegung des Kindesaufenthalts und Entscheidungsfindung in den übrigen Kindesangelegenheiten Da das wesentliche Kriterium zur Abgrenzung der Betreuungsmodelle der Aufenthalt des Kindes (und damit einhergehend die Betreuungsleistung jedes Elternteils) ist, stellt dessen Festlegung – je nachdem, ob die Eltern übereinstimmen oder nicht und ob sie autonom handeln oder eine Beteiligung des Gerichts wollen – den Ausgangspunkt jeder Betrachtung dar. Im Anschluss daran ist jeweils zu klären, wie die Entscheidungen in den übrigen Kindesangelegenheiten9 – etwa solchen der Gesundheitssorge oder Fragen der Bildung und Ausbildung, seien sie für das Kind von erheblicher Bedeutung oder nicht – zu treffen sind, ob die Eltern sie also gemeinsam entscheiden müssen bzw. dürfen oder ob sie jeweils zur Alleinentscheidung berechtigt sind. Variationen im letztgenannten Bereich können ganz unterschiedliche Ausprägungen eines Wechselmodells zur Folge haben. Größtmögliche Gemeinsam9  Im US-amerikanischen Recht ist die Rede von „parenting time“ und „decision mak­i ng“, s. dazu Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 154.

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Teil 1: Einleitung

keit in der Aufenthaltsfrage – erreicht nicht durch eine Gemeinschaftlichkeit, sondern ein möglichst gleichberechtigtes Nebeneinander10 der Eltern – setzt nicht zwingend auch eine gemeinsame Entscheidungsfindung voraus. Aber auch das Gegenteil – Alleinentscheidung aller oder zumindest der Alltagsangelegenheiten durch den jeweils betreuenden Elternteil – muss nicht unbedingt das Ziel der Festlegung eines Wechselmodells sein. Vielmehr sind bei diesem – wie auch bei einem Residenzmodell – eine große Bandbreite von Verteilungsmöglichkeiten und auch eine variable Handhabung zwischen den beiden Extremen – volle gemeinsame Sorge mit gemeinsamer Entscheidung aller Kindesangelegenheiten versus „parallele Elternschaft“11 mit voll ausgeprägten Alleinentscheidungsbefugnissen – vorstellbar. Von zentraler Bedeutung sind hier die Regelungen des §  1687 BGB, die die Vereinbarungsfreiheit der Eltern in nicht unerheblicher Weise einzuschränken scheinen.

II. Rechtliche und tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang Der Arbeit liegt eine strikte Trennung von einerseits rechtlicher und andererseits tatsächlicher Ebene von Sorge und Umgang zugrunde. Auf der rechtlichen Ebene wird in sachlicher Hinsicht geregelt, was Sorge ist und wie weit sie reicht. Sie erscheint zunächst umfassend, nämlich als die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (§  1626 Abs.  1 S.  1 BGB), was neben der Vermögenssorge die Personensorge (§  1626 Abs.  1 S.  2 BGB), genauer die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen (§  1631 Abs.  1 BGB), sowie die Vertretung des Kindes (§  1629 Abs.  1 S.  1 BGB) umfasst. Die elterliche Sorge unterliegt jedoch Einschränkungen, namentlich dort, wo das Kindeswohl oder das Kindesvermögen gefährdet wird; hiervon zeugen insbesondere die §§  1666– 1667 BGB. Doch Begrenzungen bestimmter Ausübungsweisen von Sorge finden sich auch in spezielleren Vorschriften: Manche Ausübungsweisen werden gänzlich ausgeschlossen (§  1631 Abs.  2 BGB [entwürdigende Maßnahmen], §  1631c BGB [Sterilisation des Kindes], §  1641 S.  1 BGB [Schenkungen in Vertretung des Kindes]); andere Ausübungsweisen elterlicher Sorge werden an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (§  1631a BGB [Rücksichtnahme auf Eignung und Neigung des Kindes in Angelegenheiten der Ausbildung und des Berufs], §  1631d BGB [Beschneidung des männlichen Kindes nach den Regeln der ärztlichen Kunst]) oder in ihrer Wirksamkeit von einer familiengerichtlichen 10 

Zum friedlichen Nebeneinander als Ersatz für das Miteinander vor Trennung OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639, 641; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 622 f. 11  Hierzu m. N. unter §  4 A. III. (S. 80).

§  3 Die Betreuungsmodelle

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Genehmigung abhängig gemacht (§  1631b BGB [freiheitsentziehende Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen], §  1643 BGB [genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte]). Auch die Bindung an Entscheidungen anderer Personen schränkt die Sorge ein (§  1626 Abs.  2 BGB [Berücksichtigung von wachsender Fähigkeit und wachsendem Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln], §  1627 BGB [Ausübung der elterlichen Sorge in gegenseitigem elterlichem Einvernehmen]). Das Umgangsrecht erfährt ebenfalls eine Regelung, wenn auch keine Definition in den §§  1684 f., 1686a BGB. Die dergestalt sachlich umrissenen Rechtspositionen Sorge- und Umgangsrecht werden sodann Trägern zugewiesen. Dabei genießen die Eltern aufgrund ihres in Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG garantierten Elternrechts als des natürlichen Rechts zur Pflege und Erziehung ihres Kindes, das mit der zuvörderst ihnen und erst nachrangig der staatlichen Gemeinschaft (Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG) obliegenden Pflicht zu ebendieser Pflege und Erziehung zur „Elternverantwortung“12 verschmilzt, einen Vorrang gegenüber anderen Personen und Institutionen. Auf der rechtlichen Ebene wird somit ein Rahmen geschaffen, der zuvörderst den Eltern die Möglichkeit gibt, die ihnen naturgemäß zustehende Pflege und Erziehung ihres Kindes wahrzunehmen13 und diese auch für den Fall von Konflikten aufrechtzuerhalten14. Dagegen findet auf der rechtlichen Ebene selbst keine Pflege und Erziehung statt; sie kann daher als etwas „Künstliches“, „nicht Leben, sondern zunächst einmal juristisches Konstrukt“15 oder „rechtlicher ‚Mantel‘“16 bezeichnet werden. Es geht allein um die Frage, wer Träger oder Inhaber des Rechts zur Pflege und Erziehung i. S. von Art.  6 Abs.  2 GG und – in Abhängigkeit davon – der abstrakt-generell umrissenen Sorge- oder Umgangsrechtspositionen i. S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist, mithin um den Status eines Erziehungsträgers bzw. eines Sorge- oder Umgangsberechtigten, um das Innehaben von Rechtspositionen in Gestalt von Sorge- bzw. Umgangsrechtssubstanz. Die „wahre“, das heißt tatsächliche, physische Pflege und Erziehung des Kindes in Form faktischer Wahrnehmung seiner Betreuung und Versorgung, wie 12 

584.

So das BVerfG in ständiger Rspr., statt aller BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578,

13  Zu denken ist etwa an die Regelung des §  1629 Abs.  1 S.  1 BGB, ohne die den Eltern ein Handeln für das Kind nach außen nicht möglich wäre. 14  Zu nennen sind hier insbesondere die §§  1671 Abs.  1, 1687 Abs.  1 BGB. 15  So Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 722, 725; s. auch ders. FamRZ 1998, 457, 468. 16  Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 62; s. auch Coester EuGRZ 1982, 256: gemeinsames Sorgerecht als „camouflage label“, das „nicht erkennen [lasse], was mit dem Kind tatsächlich geschieht“ (S.  260), und als „Deckmantel für eine bunte, unkontrollierte Gestaltungsvielfalt in der tatsächlichen Betreuung“ (S.  263).

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Teil 1: Einleitung

sie Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG bzw. §  1631 Abs.  1 BGB sicherstellen sollen, findet dann gleichsam auf einer zweiten Stufe statt: in Ausübung der aus Verfassung und einfachem Recht – oder: der rechtlichen Ebene von Sorge und Umgang – folgenden Rechtspositionen im Leben von Kind und Eltern – oder: auf der tatsächlichen Ebene von Sorge und Umgang. Erst durch die Ausübung vor allem ihrer Sorgebefugnisse nehmen die Eltern die tatsächliche Pflege und Erziehung ihres Kindes wahr und überführen damit gewissermaßen die rechtliche Sorge, wie sie vom Grundgesetz vorausgesetzt und im Bürgerlichen Gesetzbuch umrissen ist, in die für das Kind erforderliche tatsächliche Sorge. Diese beiden Ebenen – rechtliche, abstrakt-generelle, und tatsächliche, konkret-individuelle – werden im Nachfolgenden strikt voneinander getrennt. Dies ist von essenzieller Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob und, falls ja, unter welchen Vor­ aussetzungen eine gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells nicht nur de lege, sondern – wichtiger noch – de constitutione lata erfolgen kann. In diese Systematik einer Trennung der tatsächlichen von der rechtlichen Sorgeebene gilt es nun, die oben dargestellten Betreuungsmodelle einzuordnen. Dass es zur Begründung, Abänderung oder Beendigung eines Betreuungsmodells des Innehabens einer Rechtsposition bedarf, dürfte auf der Hand liegen. Ein besonderer Stellenwert kommt hier dem Aufenthaltsbestimmungsrecht zu, ist die Aufenthaltsbestimmung doch ausschlaggebend dafür, wo und damit auch von wem das Kind gepflegt und erzogen wird17. Es soll aber bereits an dieser Stelle hervorgehoben werden – und insoweit erfährt die oben begonnene und noch fortzuschreibende Definition des Wechselmodells eine Ergänzung –‍, dass unter einem Wechselmodell der Wechsel des tatsächlichen Aufenthalts des Kindes – das heißt ein „gelebter Wechsel“ – und nicht bloß der Wechsel einer Rechtsposition verstanden wird. Das „Ergebnis Wechselmodell“ wird also auf der tatsächlichen Ebene von Pflege und Erziehung zu suchen sein, was nicht bedeutet, dass es nicht im Vorhinein unter Umständen der Gestaltung, jedenfalls aber der Untersuchung der rechtlichen Ebene bedürfte.

17 

Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 720, 725.

Teil 2

Begründung und Absicherung eines Wechselmodells Dieser Teil widmet sich zusammen mit den beiden folgenden dem Hauptanliegen dieser Arbeit, der Untersuchung, wie sich ein Wechselmodell begründen lässt und wie ein bestehendes Wechselmodell abgeändert (Teil 3) bzw. beendet (Teil 4) werden kann. Zunächst wird dargestellt, wie ein Wechselmodell originär – etwa unmittelbar im Anschluss an die Elterntrennung oder die Praktizierung eines anderen Betreuungsmodells – begründet werden kann. Zu differenzieren ist zum einen zwischen verschiedenen sorgerechtlichen Ausgangslagen, ob die Eltern also (auch) nach der Trennung gemeinsam (§§  4, 5) oder ein Elternteil allein (§  6) sorge- bzw. aufenthaltsbestimmungsberechtigt sind bzw. ist. Zum anderen ist danach zu unterscheiden, ob sich die Eltern über die Praktizierung eines Wechselmodells einig sind (§  4 und §  6 A.) oder ein Elternteil dieses gegen den Willen des anderen oder gar das Gericht gegen den Willen beider Elternteile durchzusetzen versucht (§  5 und §  6 B.). Daran schließen sich eine Zusammenfassung der Ergebnisse zur Begründung und Absicherung eines Wechselmodells unter geltendem Recht (§  7) sowie Reformvorschläge (§  8) an.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens Ausgehend von der wahrscheinlicheren Situation, dass die Praktizierung eines Wechselmodells im Rahmen bestehender gemeinsamer Sorge beider Elternteile in Betracht gezogen wird, wird für den Fall übereinstimmenden Elternwillens auf die Möglichkeiten eingegangen, ein Wechselmodell autonom zu begründen und nach den eigenen Vorstellungen – nicht nur was die Wechselfrequenz des Kindesaufenthalts, sondern auch die Entscheidungsfindung in diesem Betreuungsmodell anbelangt – auszugestalten (unter A.) sowie diesen Konsens ent­ weder von vornherein oder zu einem späteren Zeitpunkt unter gerichtlicher Beteiligung gegen eine etwaige Abkehr eines Elternteils vom Vereinbarten abzu­ sichern (unter B.).

A. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells I. Zulässigkeit und Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen in den Bereichen der elterlichen Sorge und des Umgangs Das Kindschaftsrecht setzt Vereinbarungen und Absprachen der Eltern wie selbstverständlich voraus, ohne jedoch deren Zustandekommen, Reichweite oder Verbindlichkeit näher zu spezifizieren (dazu unter 2.). Die Zulässigkeit ist mit Blick auf die aus den verfassungsrechtlich verbürgten Elternrechten fließende Elternautonomie zu bejahen (dazu unter 1.). 1. Zulässigkeit von Elternvereinbarungen vor verfassungsrechtlichem Hintergrund Gemäß Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG sind die Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Damit ist den Eltern – genauer: jedem Elternteil für sich1 – zunächst das Recht zugewie-

1  Zum Elternrecht als Individualrecht BVerfGE 47, 46, 76 = NJW 1978, 807, 810; E 99, 145, 164 = FamRZ 1999, 85, 89; E 108, 82, 101 = FamRZ 2003, 816, 819; Holzhauer FamRZ

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

sen, die Pflege und Erziehung des Kindes nach den eigenen Vorstellungen frei zu gestalten 2 und so die Art und Weise der Erziehung inhaltlich zu definieren3. Im selben Atemzug wird ihnen jedoch die Pflicht auferlegt, diese Rechts­ position zum Wohle des Kindes als der „oberste[n] Richtschnur der elterlichen Pflege und Erziehung“4 auszuüben. Denn die elterliche „‚Erziehungsfreiheit‘ ist nicht ‚originäre‘, sondern ‚abgeleitete‘, treuhänderische Freiheit“5, „keine Freiheit im Sinne einer Selbstbestimmung, keine Freiheit zur Beliebigkeit, sondern Freiheit im Dienste, zum Nutzen und zum Schutze des Kindes“6. Das Elternrecht ist daher ein „dienendes Grundrecht […] zur Entfaltungshilfe der Kinder, ebensosehr Grundpflicht wie Grundrecht“7 und hat damit „fiduziarischen oder vormundschaftlichen Charakter“8. Um der Einzigartigkeit dieser von vornherein unlöslichen Verknüpfung aus Grundrecht und Grundpflicht9 Rechnung zu tragen, spricht das Bundesverfassungsgericht zusammenfassend von „Eltern1982, 109, 113 f.; Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Bonner Kommentar, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  114 f. 2  BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584; E 31, 194, 204 = FamRZ 1971, 421, 424; E 47, 46, 69 f. = NJW 1978, 807, 808; E 59, 360, 376 = NJW 1982, 1375, 1376; E 60, 79, 88 = FamRZ 1982, 567, 569; E 107, 104, 117 = FamRZ 2003, 296, 299; K 9, 97, 102 = FamRZ 2006, 1593, 1594; K 13, 119, 124 = FamRZ 2008, 492; E 121, 69, 92 = FamRZ 2008, 845, 848 Rn.  70; K 16, 517, 525 = FamRZ 2010, 713. 3  Oppermann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten zum 51. DJT, 1976, C 100. 4  S. nur BVerfGE 59, 360, 376 = NJW 1982, 1375, 1376. 5  Saladin, in: FS für Hans Hinderling, 1976, 175, 199; von einem „treuhänderisch/sachwalterische[n] Charakter der Elternrechte im Kindesinteresse“ spricht Oppermann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten zum 51. DJT, 1976, C 100, von einer „im echten Sinne anvertraute[n], treuhänderische[n] Freiheit“ Ossenbühl DÖV 1977, 801, 806; zum treuhänderischen Charakter des elterlichen Erziehungsrechts auch Stein, in: Stein/Joest/Dombois (Hrsg.), Elternrecht, 1958, 5, 12; Strätz FamRZ 1975, 541, 547; Böckenförde, in: Krautscheidt/ Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 64; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  62; gegen den Charakter als „Treuhänderrecht“ Model/Müller Art.  6 GG Rn.  12; krit. auch Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  123, da der Charakter als eigenes Elternrecht vernachlässigt würde. 6  Ossenbühl DÖV 1977, 801, 806; zur elterlichen Gewalt als „ein dem Interesse des Kindes dienendes Schutzverhältnis“ BGH FamRZ 1976, 446, 447. 7  Ossenbühl DÖV 1977, 801, 806 (Hervorh. bereits im Orig.). 8  Stein, in: Stein/Joest/Dombois (Hrsg.), Elternrecht, 1958, 5, 12; das BVerfG (E 59, 360, 376 f. = NJW 1982, 1375, 1376; E 61, 358, 372 = FamRZ 1982, 1179, 1182) spricht vom Elternrecht zusammenfassend als „fiduziarisches Recht, ein dienendes Grundrecht, eine im echten Sinne anvertraute treuhänderische Freiheit“. 9  Auch die Sozialgebundenheit des Eigentums (Art.  14 Abs.  2 GG) sei anderer Natur, denn die Pflicht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihres Kindes sei nicht ihr Recht begrenzende Schranke, sondern „wesensbestimmender Bestandteil“ ihres Elternrechts: grundlegend BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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verantwortung“10. Als Recht, das in erster Linie im Interesse und zum Wohle des Kindes besteht – Ziel ist dessen Entwicklung „zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft“11 –‍, wird das Elternrecht durch das Kindeswohl sowohl legitimiert12 als auch limitiert: Ein elter­ liches Verhalten, das dem Kindeswohl zuwiderläuft, unterfällt schon nicht dem Schutzbereich des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und ist folglich nicht vom Elternrecht gedeckt13. Über die Betätigung der Elternverantwortung zum Wohle des Kindes wacht gemäß Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG die staatliche Gemeinschaft. Dieses dem Staat anvertraute Wächteramt14 i. S. eines „staatliche[n] Oberaufsichtsrecht[s]“ gibt dem Gesetzgeber allerdings nur dort ein Eingriffsrecht in das elterliche Erziehungsrecht, „wo diese Art der Überwachung von der staatlichen Gemeinschaft zum Schutz des Kindes zwingend geboten ist“, ohne dabei den Wesensgehalt des Grundrechts anzutasten15. Das Bundesverfassungsgericht zieht die Grenze zulässigen elterlichen – damit zugleich unzulässigen staatlichen – Handelns hinter einem solchen, „das bei weitester Anerkennung der Selbstverantwortlichkeit der Eltern noch als Pflege und Erziehung gewertet werden kann“16. Damit sind sämtliche Ausübungsweisen elterlicher Sorge- und Umgangsrechtspositionen innerhalb dieser Grenze zulässig, und zwar selbst dann, wenn eine andere als die von den Eltern gewählte das Wohl des Kindes nachhaltiger und umfassender gewährleisten und befördern würde17. Die Eltern sind mithin 10  Erstmals und ausf. eingeführt in E 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584; zur „Verantwortung“ s. bereits E 10, 59, 67 = FamRZ 1959, 416, 418. 11  BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584; s. auch Dreier/Gröschner, 2.  Aufl. 2004, Art.  6 GG Rn.  110, und Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 71: Elternverantwortung ziele auf eine „menschenwürdeadäquate Entfaltung der Kindespersönlichkeit“. 12  Ohne die Orientierung am Kindeswohl und den dahinterstehenden Respekt der Menschenwürde des Kindes durch die Eltern könnte das Elternrecht als Recht „an der Person eines anderen“ keinen Platz in einer Verfassung haben, „welche die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertsystems stellt“: BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584. 13  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 70; Dreier/­ Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  161, 172; v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  81. 14  Zu diesem sowie zu seiner Abgrenzung vom staatlichen „Schlichteramt“ unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (bbb) und (ccc) (ab S. 198). 15  Stein, in: Stein/Joest/Dombois (Hrsg.), Elternrecht, 1958, 5, 39 f. 16  E 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584. 17  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 73 a. E.; diesem weitreichenden Umfang der Elternverantwortung samt spiegelbildlicher Begrenzung des staatlichen Wächteramts kommt erhebliche Bedeutung in der Frage zu, ob sich ein Wechselmodell gegen den Willen mindestens eines Elternteils gerichtlich anordnen lässt, s. dazu §  5 A. (ab S. 187).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

frei, solange sie das Kind pflegen und erziehen, was (erst) dann nicht mehr der Fall ist, wenn die elterlichen Handlungen das Wohl des Kindes gefährden, mithin die Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB erreicht ist. In dem so abgesteckten Rahmen steht es den Eltern offen, Vereinbarungen über die künftige Ausübung der elterlichen Sorge oder des Umgangsrechts zu treffen18. 2. Erforderlichkeit von Elternvereinbarungen zur Wahrnehmung von Sorge- und Umgangsrecht Das Gesetz verlangt solche Vereinbarungen in einigen Vorschriften oder geht von deren Vorliegen von vornherein aus: So haben die Eltern ihre Sorge gemäß §  1627 BGB in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben und bei Meinungsverschiedenheiten zu versuchen, sich zu einigen. Dies wird durch §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB für die Ausübung der gemeinsamen Sorge bei Getrenntleben fortgeschrieben, wenn auch begrenzt auf Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die elterliche Sorge, die, sofern kein Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB gestellt wird, auch bei Getrenntleben der Eltern weiterhin beiden Elternteilen gemeinsam zusteht, eher „juristisches Konstrukt“19 denn Lebensrealität darstellt. Denn während sich mit der bloßen Trennung auf der rechtlichen Sorgeebene, bezogen also auf den Sorgestatus, mit Ausnahme der Wirkung des §  1687 Abs.  1 BGB20 prima facie wenig ändert, gestalten sich die tatsächlichen Lebensverhältnisse von Kind und Eltern insbesondere mit Blick auf die Begründung getrennter Elternwohnsitze in aller Regel grundlegend neu. Essenzielle Fragen, etwa nach dem künftigen Aufenthaltsort des Kindes, den Modalitäten der Pflege und Erziehung oder der Unterhaltsverpflichtung jedes Elternteils, lässt das Gesetz jedoch unentschieden und weist sie den Eltern zur einvernehmlichen Entscheidung (vgl. etwa §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB zum Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil „mit Einwilligung des anderen Elternteils“) zu21. Die Ausgestaltung dieser „Gemeinsamkeit bei faktischer Trennung“22 setzt Vereinbarungen zwischen den Eltern somit zwingend voraus.

18  Grundlegend zur Zulässigkeit von Elternvereinbarungen im Sorge- und Umgangsrecht Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 37 ff.; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgen­ vereinbarungen, 2016, 75, 76 ff. 19  Schwab FamRZ 1998, 457, 468, der insoweit auch von einem „aliud gegenüber der eigentlichen gemeinsamen Elternsorge“ spricht; ders. DNotZ 1998, 437, 444; ders., in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 721 f. 20  Dazu unter §  4 A. III. 1. b) bb) (ab S. 84). 21  Schwab DNotZ 1998, 437, 444; Hammer FamRZ 2005, 1209. 22  Schwab DNotZ 1998, 437, 444.

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Und doch zeigt sich das Gesetz im Hinblick auf elterlichen Konsens unvollkommen 23. Welche Wirkungen diese elternautonomen Vereinbarungen nämlich zeitigen, ob sie insbesondere verbindlich, bloß durch gerichtliche Entscheidung abänderbar oder gar einseitig aufzukündigen sind, bleibt ebenso im Dunkeln wie etwa die Frage, ob sie Auswirkungen auf die gesetzliche Vertretung des Kindes entfalten. Unter anderen diesen Fragen gilt es, im Folgenden nachzugehen. Dabei wird zunächst untersucht, ob und, falls ja, wie die Eltern zu einer autonomen und doch verbindlichen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel gelangen können (unter II.). Daran schließt sich der Fragenkomplex zur Verteilung der übrigen, also nicht den Aufenthalt des Kindes betreffenden Entscheidungskompetenzen zwischen den getrennt lebenden Eltern an (unter III.). Innerhalb dieser Bereiche ist je danach zu unterscheiden, ob sich etwas an der Rechtssubstanz, also der Sorge- bzw. Umgangsrechtsinhaberschaft der Eltern ändert oder ob die Eltern bloß in Ausübung ebendieser Rechtsposi­ tionen die tatsächliche Sorge bzw. den Umgang gestalten.

II. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Bezwecken Eltern nach der Trennung die autonome Begründung eines Wechsel­ modells, so könnte diese zum einen auf das Recht der elterlichen Sorge (unter 1.), zum anderen das Umgangsrecht zu stützen sein (unter 2.). 1. Sorgerecht a) Rechtliche Ebene der Sorge Die Bestimmung des Kindesaufenthalts (nach der Elterntrennung) ist als zentrale Entscheidung über die Pflege und Erziehung des Kindes Gegenstand der elterlichen (Personen‑)Sorge (§  1631 Abs.  1 BGB). In der Festlegung eines zwischen den Elternteilen wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts könnte ein Wechsel der Alleinsorge oder zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der von den Eltern festgesetzten Wechselfrequenz erkannt werden. Die Rechtsposition (Gesamtsorge bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der elterlichen Sorge) würde den Elternteilen also jeweils zeitweise allein zustehen. Diese würde der gerade berechtigte Elternteil zwecks Umsetzung der Elternvereinbarung dergestalt ausüben, dass er den Aufenthalt des Kindes in diesem Zeitraum bei sich begründet. Der Wechsel der tatsächlichen Sorge in Form von Betreuung und Erziehung des Kindes würde mithin eine entsprechende Abbildung auf der rechtlichen Sorgeebene, also im Sorgestatus, erfahren. 23 

Krit. Staudinger/Coester §  1671 Rn.  13, 59 ff.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Dieser Ansatz scheitert jedoch bereits daran, dass die Eltern durch bloßen rechtsgeschäftlichen Akt nicht über ihr Sorgerecht verfügen können. Das Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung des Kindes ist von vornherein unlöslich mit der Pflicht zu dieser Tätigkeit verbunden 24. Einfachrechtlichen Ausdruck hat diese zu einem Pflichtrecht verbundene Elternverantwortung in §  1626 Abs.  1 S.  1 BGB („die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen“) sowie §  1631 Abs.  1 BGB („die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen“) gefunden. An dieser Pflichtbindung, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Wahrnehmung des Elternrechts stets auch die Mitgestaltung der Kindesinteressen und ‑rechte25 zur Folge hat, lässt sich der Grundsatz der Unverzichtbarkeit und Unübertragbarkeit der elterlichen Sorge26 ablesen, der bereits vor der Geltung des Grundgesetzes für die elterliche Gewalt angenommen wurde27. Das Gesetz trägt diesem Grundsatz dadurch Rechnung, dass der übereinstimmende Elternwille bei einer Veränderung des Sorgestatus zwar nicht unberücksichtigt bleiben darf28, diese aber grundsätzlich 29 dem Gesetzgeber oder dem Familiengericht vorbehalten ist, und bringt so die Autonomie der Eltern und das Wächteramt des Staates in Ausgleich30. 24 

BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 68; s. auch Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 36. 26  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 39; ders. FamRZ 2005, 1209, 1211; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 76 f.; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 202; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1626 Rn.  24 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626 Rn.  4; MüKoBGB/Huber §  1626 Rn.  13; Palandt/Götz §  1626 Rn.  3; s. auch Gernhuber/­ Coester-Waltjen, Familienrecht, §  58 Rn.  13. 27  RGZ 60, 266, 268; JW 1925, 2115; JW 1935, 2896; ein ausdrücklicher gesetzlicher Ausschluss eines sowohl einseitigen als auch vertraglichen Verzichts auf die elterliche Gewalt (so noch vorgesehen in §  1561 des Ersten Entwurfs, s. Mot. IV S.  842, 752, 627 f.) wurde als Selbstverständlichkeit für entbehrlich erachtet (Prot. IV S.  662). 28  So sieht §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 und Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB vorbehaltlich eines Kindes­ widerspruchs oder einer Kindeswohlgefährdung (§§  1671 Abs.  4, 1666 BGB) eine Bindung des Familiengerichts an den übereinstimmenden Elternwillen vor; zu einer gebotenen Korrektur der Maßstäbe von §§  1687 Abs.  2 und 1696 Abs.  1 S.  1 BGB unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 29  So neben dem bereits genannten §  1671 Abs.  1 und 2 BGB etwa vorgesehen in §§  1630 Abs.  3 S.  1, 1678 Abs.  2, 1680 Abs.  2 und 3, 1681 BGB; eine Ausnahme wird teilweise in §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB (Begründung gemeinsamer Sorge mittels Sorgeerklärungen) erkannt, dazu unter §  6 A. I. 1. b) aa) (ab S. 264). 30  BT-Drucks. 13/4899, 62; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 201, 207, 210; M. Lipp Fam­R Z 1998, 65, 71; Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 36 f.; ders. DNotZ 1998, 437, 446 f.; krit. zum Erfordernis einer gerichtlichen Entscheidung zur Statusänderung Coester DEuFamR 1999, 3, 10: Dies sei „eine von etatistischem Denken beeinflußte Behauptung“; sich daher für ein Gestaltungsinstrument zur auto25 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Die elterliche Gestaltungsmacht hinsichtlich ihrer Sorgerechtspositionen nach der Elterntrennung beschränkt sich somit auf eine mittelbare31. Eine unmittelbare autonome Einwirkung auf den Sorgestatus dergestalt, dass ein Elternteil dauerhaft oder wechselweise mit dem anderen auf seine Inhaberschaft am Sorgerecht verzichtet und damit die Rechtsposition und deren Ausübung dem jeweils anderen allein überlässt, ist den Eltern verwehrt32. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, mit der die elterliche Sorge insgesamt oder lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit dem Zweck auf das Jugendamt übertragen werden soll, dass dieses im Falle einer elterlichen Unfähigkeit zur Einigung als „eine Art ‚Dauerschiedstelle‘“ die Entscheidung trifft33. Die Übertragung von Entscheidungsmacht durch einen Elternteil auf den anderen beschränkt sich in ihrer Wirkung somit auf die Ausübungsebene der Sorge und belässt dem übertragenden Elternteil diesbezüglich zumindest Kontrollpflichten34. Eine auf ein Wechselmodell gerichtete Vereinbarung der Eltern über den Aufenthalt des Kindes vermag somit keine Veränderung auf der rechtlichen Ebene der Sorge herbeizuführen. b) Tatsächliche Ebene der Sorge aa) Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts Lässt die elternautonome Festlegung eines wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts somit die Sorgerechtspositionen der Eltern unberührt, so stellt sie sich als Ausübung ebendieser, namentlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, dar35. nomen Regelung der Sorgerechtsverhältnisse nach Scheidung in Form von Sorgeerklärungen ein­setzend ders. FamRZ 1996, 1181, 1186, und RdJB 1996, 430, 436; ebenso Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 339. 31  Ausf. und m. N. zur Bindungswirkung des übereinstimmenden Elternwillens im Rahmen des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 113 ff.). 32  BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  77; KG, Beschl. v. 5.4.2012 – 17 UF 50/12, juris Rn.  15 = FamRZ 2013, 46 f. (2. LS) m. zust. Anm. Cirullies FamFR 2012, 305; OLG Köln MDR 2013, 795 = FamRZ 2013, 1591 f. (LS); NK-BGB/Harms §  1696 Rn.  17 a. E.; gegen eine Dispositionsbefugnis der Eltern auch die Bundesregierung (BT-Drucks. 16/6308, 414) in Reak­ tion auf den Vorschlag des Bundesrates (S.  376), den gerichtlich gebilligten Vergleich i. S. des §  156 Abs.  2 FamFG auf alle Kindschaftssachen des §  156 Abs.  1 FamFG zu erstrecken (dazu ausf. unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (bb) [ab S. 126]); OLG Stuttgart FamRZ 2014, 1653; a. A. OLG Naumburg, Beschluss v. 26.3.2010 – 8 UF 53/10, juris Rn.  11, 13 = FamRZ 2011, 308 (LS) m. klarstellender Anm. Ernst FamFR 2010, 548. 33  So aber gerichtlich gebilligt durch das AG Siegburg, Beschluss v. 26.11.2004 – 33a F 191/04, unveröffentlicht, aufgehoben vom OLG Köln OLGR 2005, 535. 34  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 40 m. w. N. 35  BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  20; OLG Brandenburg FF 2012, 457, 458 = FamRZ 2012, 1886 (2. LS); Wohlgemuth FuR 2014, 556, 557; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  189;

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Jeder Elternteil für sich hat also weiterhin das Aufenthaltsbestimmungsrecht uneingeschränkt inne, und beide Elternteile üben dieses einvernehmlich (§  1627 BGB) dergestalt aus, dass sich das Kind zeitweise bei dem einen und zeitweise bei dem anderen aufhalten solle. Die Elternvereinbarung entfaltet damit Wirkungen allein auf der tatsächlichen Ebene der Sorge. Das Wechselmodell mit der von den Eltern konkret festgelegten Wechselfrequenz ist damit autonom von diesen etabliert. bb) Keine Gefährdung des Kindeswohls Da das Elternrecht als dienendes Recht zum Wohle des Kindes auszuüben ist, enden es und damit auch die Vereinbarungsfreiheit der Eltern über den Aufenthalt des Kindes dort, wo dessen Wohl gefährdet wird 36. Gleichwohl getroffene Vereinbarungen wären unwirksam, das Gericht bei Kenntniserlangung zur Ergreifung von kindesschutzrechtlichen Maßnahmen nach §  1666 BGB bzw. im Falle eines Antrags nach §  1671 Abs.  1 BGB zur Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht verpflichtet, sofern eine Entscheidung nach letztgenannter Norm zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung ausreichen würde. (1) Potenzielle Vorteile der Praktizierung eines Wechselmodells Es dürfte heute außer Frage stehen, dass die Praktizierung eines Wechselmodells nicht per se im Widerspruch zum Kindeswohl steht37. Vielmehr kann sie im Einzelfall durchaus Vorteile gegenüber anderen Betreuungsformen bieten. Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 377; Rahm/Künkel/Schwonberg, Handbuch Familienund Familienverfahrensrecht, 73. EL 10.2016, 17. Kap.  B. Rn.  11. 36  AG Hannover FamRZ 2001, 846. 37  OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; OLG Bamberg FamRZ 2001, 1310; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 49 f.; ders. FamRB 2006, 275, 278; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 93; generell krit. noch OLG Brandenburg NJOZ 2003, 3041, 3043, 3045 = FamRZ 2003, 1949 (LS); OLGR 2004, 142; OLG München, Beschl. v. 1.10.2001 – 16 UF 1095/01, juris Rn.  14: Dem Kind sei „von dem hin und her schon ‚schwindlig‘“; AG Gummersbach, Beschl. v. 24.3.2009 – 22 F 419/08, juris Rn.  15; Diederichsen NJW 1980, 2420, 2421, in Anm. zu KG NJW 1980, 2419: „nicht erforderlich und für die Kindesentwicklung bisweilen vielleicht sogar eher schädlich“; Coester EuGRZ 1982, 256, 262: „riskantes, in Einzelfällen aber doch wohl funktionierendes und kindeswohlfreundliches Arrangement“; Kaltenborn FamRZ 1983, 964, 971: „nicht ohne potentielle Gefährdung des Kindes“; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 55 f.: „Wechselbäder“; Michalski FamRZ 1992, 128, 135: Kind werde „entwurzelt“; Oelkers/­ Kasten FamRZ 1993, 18, 20: Gefahr der Orientierungslosigkeit des Kindes; Ollmann FamRZ 1993, 869, 871: Angst könne verstärkt werden, dass Beziehungen zu Menschen und Bindungen an Orte keinen Bestand haben; Rakete-Dombek FF 2002, 16; „faule[r] Kompromiss zu Lasten des Kindes“.

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In erster Linie kann ein Wechselmodell dazu beitragen, eine bestehende enge Eltern-Kind-Beziehung mit beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten38 und eine stärkere Bindung auch junger Kinder zu erreichen39. Hierzu trägt bei, dass (weiterhin) beide Elternteile den Alltag mit dem Kind erleben und umgekehrt 40, mithin nicht ein Elternteil die Rolle des Besuchs- oder Wochenendelternteils einnehmen muss41. Hiervon können Eltern wie Kind gleichermaßen profitieren. Die Eltern werden vor einer Mehrfachbelastung, der ein vollständig alleinerziehender Elternteil ausgesetzt ist, bewahrt und können so auch den eigenen Bedürfnissen und Interessen – insbesondere der beruflichen Entfaltung – mehr Zeit widmen42. Resultiert hieraus eine höhere wirtschaftliche Stabilität, so kommt diese auch dem Kind zugute43. Ein solcher Zusammenhang lässt sich jedoch in Deutschland (bisher) nicht nachweisen: Zwar ist die Erwerbsquote der 38  Luepnitz Journal of Divorce 1986, Vol. 9 (3), 1, 4 f., 11; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 55; Lamb/Sternberg/Thompson Family and Conciliation Courts Review 1997, 393, 400 f.; Juby/Marcil-Gratton/Le Bourdais, When Parents Separate, 2005, 33, 50: anhaltender Kontakt zu beiden Elternteilen selbst nach Beendigung eines Wechselmodells feststellbar; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 392; Cashmore/­ Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 97 f., 117, 136, 142; Horndasch FuR 2011, 593, 595; ders. FuR 2016, 558, 559; OLG Dresden FamRZ 2005, 125; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125; FamRZ 2015, 1736, 1738; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153; AG Duisburg FamRZ 2015, 1305, 1306; allg. zur gemeinsamen – insb. also rechtlichen – Sorge Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 620; Runge FPR 1999, 142, 143. 39  Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 304; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 392. 40  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 325; Horndasch FuR 2011, 593, 595; ders. FuR 2016, 558, 559; Bergmann ZKJ 2013, 489; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  40; OLG Dresden FamRZ 2005, 125; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125; FamRZ 2015, 1736, 1738; AG Duisburg FamRZ 2015, 1305, 1306; s. auch AG Hannover FamRZ 2001, 846: „intensiver und zeitlich längerer Kontakt zu beiden Eltern“. 41  AG Hannover FamRZ 2001, 846: „Beide Eltern bleiben durch die regelmäßig wechselnde Betreuung in der gelebten Verantwortung für ihr Kind“. 42  Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 743; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41: Entlastung von der Aufgabe, den Verlust des anderen Elternteils kompensieren zu müssen; Luepnitz Journal of Divorce 1986, Vol. 9 (3), 1, 7; Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 237, 239, 246; Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1, 7; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 141, 168; Horndasch FuR 2011, 593, 595; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 67; aus der Rspr.: OLG Dresden FamRZ 2005, 125; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125; FamRZ 2015, 1736, 1738; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153. 43  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 163.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Mütter von Kindern unter neun Jahren bei Praktizierung eines Wechselmodells gegenüber einem Residenzmodell mit häufigem, seltenem oder keinem Kontakt des Kindes zum Vater am höchsten44; in Bezug auf das Armutsrisiko der Kinder zeigt sich jedoch kein statistisch bedeutsamer Unterschied45. Unmittelbar kann ein Wechselmodell das Kind darin unterstützen, sich der neuen Situation nach Trennung und Scheidung der Eltern besser anzupassen und nachhaltig gesunde Familienverhältnisse zu begründen46. Negative Effekte, die ein Kontaktabbruch zu einem Elternteil haben kann, werden vermieden47. Indem das Kind einen Einblick in verschiedene Lebensverhältnisse erhält und einen Eindruck von unterschiedlichen Rollenbildern gewinnt, können seine Flexibilität und soziale Kompetenz gesteigert werden48. Darüber hinaus sieht sich das Kind nicht mit dem Konflikt konfrontiert, sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen, was sonst zu Schuldgefühlen einem Elternteil gegenüber führen und in Ängsten, Aggressionen und Loyalitätskonflikten resultieren kann49. Es fühlt sich von beiden Elternteilen geliebt und gewollt, spürt, dass es eine bedeutsame Rolle in der Familie einnimmt, was seinem Selbstwertgefühl sehr zuträglich sein kann50. Eine besondere Wirkung kann die Praktizierung eines Wechselmodells auf den Vater haben. Kann eine Reduzierung seiner Rolle auf einen bloßen Besuchs­ elternteil zu körperlichen Beschwerden, Depressionen und tiefen Verlustängs44  83,3 % (Wechselmodell) gegenüber 73,3 % (Residenzmodell, häufiger Kontakt), 62,2 % (Residenzmodell, seltener Kontakt) bzw. 58,5 % (kein Kontakt zum Vater): AID:A-II-Daten (s. §  4 Fn.  137), Berechnung Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 129 Tab. 4. 45  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 129 f., 136, gestützt auf AID:A-, pairfam- und KiB-Daten (s. §  4 Fn.  137); zum Zusammenhang zwischen finanziellen Interessen und der Praktizierung eines Wechselmodells s. Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 325 f. 46  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 160, 161, 162. 47  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 323; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 162. 48  Stack Social Problems 1975–1976, 505, 515; Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 59 f., und Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Fa­ milienrecht, 1984, 36, 42: „größeres Repertoire an Verhaltensweisen, Fertigkeiten, Ideen und Meinungen, was […] noch nicht einmal im Falle sich widersprechender Einflüsse schädlich sein muß“; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 163; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153; Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 134; Bergmann ZKJ 2013, 489. 49  Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 747; Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 59; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41, 42; Michalski FamRZ 1992, 128, 132; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 55; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153. 50  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 412; dies. U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 746 f.

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ten bei diesem und in der Folge zu einer Reduzierung der Besuchshäufigkeit oder gar einer Beendigung des Umgangs führen51, kann sich eine Beteiligung an der Betreuung des Kindes, die über einen Umgang an Wochenenden hinausgeht, mindernd auf diese Ängste auswirken, was wiederum in einer höheren Erziehungsqualität und beständigeren Beziehungen zum Kind resultieren kann52. So zeigen Väter, die ihr Kind in einem Wechselmodell mitbetreuen, ein deutlich stärkeres Engagement und ein stärker kindorientiert-unterstützendes Erziehungsverhalten53. Während Väter mit Wochenendumgang ihr Kind mit besonderen Unternehmungen und Aktivitäten dazu zu motivieren versuchen, den Kontakt nicht abreißen zu lassen, was allenfalls eine oberflächliche Beziehung zum Kind zu erhalten vermag54, können Väter im Wechselmodell mit ihrem Kind wie auch vor der Trennung einfach zusammenleben; auch wenn die Väter vor der Trennung weniger Sorgeverantwortung getragen haben, so würden sie, wenn sie nur die Möglichkeit dazu erhalten, in diese Rolle hineinwachsen55. Forschungsergebnisse zeigen jedoch auch, dass die Vorteile für die Vater-­KindBeziehung nicht so deutlich zum Tragen kommen, wenn das Wechsel­modell weniger selektiv, also auch von Eltern praktiziert wird, deren Rahmenbedingungen – etwa eine strittige Trennung und eine hohe Konflikt­belastung der Elternbeziehung – die Praktizierung dieses Betreuungsmodells nicht gerade nahelegen56. Außerdem lassen sich kaum Unterschiede zu einem Residenzmodell bei der Mutter mit häufigen Kontakten zum Vater ausmachen57. 51  Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 313 f., 316, 319; Folberg/Graham U.C. Davis L. Rev. 1979, 523, 555; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 40. 52  Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 313; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 40; McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 182; Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 246; ­Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 306; Bauserman Journal of Family Psychology 2002, 91, 98; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 63; Bergström/Fransson/Hjern et al. Scandinavian Journal of Psychology 2014, 433, 437; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 163. 53  Gestützt auf AID:A-II-Daten Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 130, mit Blick auf die pairfam- und KiB-Daten jedoch auf Inkonsistenzen hinweisend auf S.  136 (zu den Datensätzen s. §  4 Fn.  137). 54  Amato/Gilbreth Journal of Marriage and the Family 1999, 557, 569. 55  Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 315 f.; Folberg/Graham U.C. Davis L. Rev. 1979, 523, 556. 56  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 116; zur Praktizierung eines Wechselmodells trotz Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung oder gar Hochstrittigkeit unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (bb) (ab S. 41). 57  Spruijt/Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 79; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 116.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Manche gehen gar so weit, der Praktizierung eines Wechselmodells eine deeskalierende Wirkung im Hinblick auf den Elternkonflikt beizumessen, eine These, die freilich nicht unwidersprochen geblieben ist58. (2) Risiken der Praktizierung eines Wechselmodells Denn der Erfolgsaussicht, durch einen Zwang zur Kommunikation diese zu verbessern, steht bei einem Scheitern das Risiko einer dauernden Einbeziehung des Kindes in den elterlichen Konflikt gegenüber59. Auch wenn sich die Eltern nicht (offen) streiten, steht zu befürchten, dass das Kind durch den ständigen Wechsel seine Bindung zu beiden Elternteilen verliert, was sogar eine Bindungsunfähigkeit des Kindes zur Folge haben könne60. Hat das Kind keinen Elternteil mehr ungeschmälert – „ohne Wenn und Aber“ –‍, so bleibe das existenzielle Bindungsbedürfnis des Kindes unbefriedigt61. Teilweise wird daher für das Erfordernis eines festen Lebensmittelpunkts des Kindes plädiert; ein Kind im Wechselmodell sei „überall zu Besuch und nirgends zu Hause“62. Zwar ist anerkannt, dass Kontinuität und Stabilität das Kind bei seiner Anpassung an neue Situationen unterstützen63. Diese setzen jedoch nicht zwingend voraus, dass das Kind überwiegend von einem Elternteil und damit nur in einem Haushalt betreut wird64. Vielmehr kann gerade die ausschließliche Betreuung durch einen Elternteil einen tiefgreifenden Einschnitt bis hin zum Bruch in den bisherigen Beziehungen des Kindes zum anderen Elternteil und dessen Verwandtschaft bedeuten65. Damit können sich gerade umgekehrt weit58 

Dazu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (bb) (S. 43 ff.) m. N. in Fn.  126. Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 759; Johnston/Kline/Tschann Amer. J. Orthopsychiat. 1989, 576, 588, 589; Eschweiler FPR 2006, 305, 306; McIntosh/Smyth/Wells/ Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 45, 56, 75; Cashmore/Parkinson/ Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 132 ff.; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 324, 332; Wacker ZKJ 2012, 368; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 113; OLG Dresden FamRZ 2005, 125; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738; BGH FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  31; KG FamRZ 2017, 1409. 60  Michalski FamRZ 1992, 128, 132; Ollmann FamRZ 1993, 869, 871; Oelkers, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 2.  Aufl. 2004, §  1 Rn.  331: Wechsel nicht geringer als 14-täglich; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  529. 61  Klußmann FamRZ 1982, 118, 120. 62  Finger DRiZ 1985, 91, 96: Skepsis befragter hessischer Familienrichter; s. auch Kinder­ rechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1159; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739. 63  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 158, 159. 64  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 158. 65  Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41. 59 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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gehend konstante Verhältnisse negativ auf die Entwicklung des Kindes auswirken, wenn dessen Bedürfnisse nach einer entwicklungsabhängigen Veränderung nicht berücksichtigt werden66. Bedeutsamer als ein stabiles Lebensumfeld ist damit eine Stetigkeit in dem Eingehen jedes Elternteils auf das Kind67; diesem darf durch den Wechsel freilich nicht mehr zugemutet werden, als es verarbeiten kann, aber auch nicht weniger, als es für seine weitere Entwicklung braucht68. Und doch dürfen die Unannehmlichkeiten, die mit einem steten – räumlichen wie emotionalen – Wechsel zwischen den Eltern verbunden sind, sowie deren Auswirkungen auf das Kindeswohl (Verwirrung, Ängste) nicht unterschätzt werden69. Waren diese für die Mehrheit der in einer frühen Studie von Steinman70 erfassten Kinder verkraftbar71 und wurde die Betreuung im Wechselmodell (als solches definiert ab einer Betreuungszeitverteilung von 33 zu 67 Prozent) von diesen gerade dafür geschätzt, auch trotz Trennung weiterhin Kontakt zu beiden Elternteilen zu haben72 , war ein Viertel der Kinder durch die ständigen Wechsel zwischen den elterlichen Haushalten überfordert73. Dass deren Eltern, die sich allesamt freiwillig auf ein Wechselmodell geeinigt hatten, mit dessen Praktizierung gleichwohl zufrieden waren74, lässt befürchten, dass gerade jüngere Kinder nicht in der Lage sind, sich in einer für die Eltern erkennbaren Weise gegen das von diesen festgelegte Wechselarrangement zur Wehr zu setzen75. In dieselbe Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 58; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41 Fn.  44. 67  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 158. 68  Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 58; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41 Fn.  44. 69  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 493 f.; Cashmore/Parkinson/Weston et al., ­Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 131 f., 136; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 322. 70  Ergebnisse dieser 1978 begonnenen Studie zusammengefasst in: Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403; U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739. 71  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 410: Selbst Kinder, die mehrfach unter der Woche wechselten, hatten erstaunliche Kenntnis von ihren Zeitplänen; als störend, aber verkraftbar empfunden wurden die Wechsel bis auf eine Ausnahme (heranwachsendes Kind) auch von den Kindern der Abarbanel-Studie: Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 328. 72  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 414. 73  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 410; dies. U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 747; Schilderungen früher, mehr oder weniger gut funktionierender Fälle finden sich auch in einem Artikel der Time v. 29.1.1979, 45. 74  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 413. 75  Kaltenborn FamRZ 1983, 964, 971 Fn.  29; vgl. auch die Fallgestaltung in der Time v. 29.1.1979, 45, in der ein Wechselmodell praktizierende Eltern zugeben, dass ihre Tochter mit Blick auf die beiden Haushalte, Garderoben, Erziehungsregeln und Freundeskreise etwas 66 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Richtung weisen jüngere Ergebnisse von McIntosh76: Während sich Väter trotz eines anhaltend hohen Konfliktniveaus auf Paarebene zufriedener mit einem kontinuierlichen Wechselmodell (Betreuungszeitverteilung von mindestens 35 zu 65 Prozent) zeigten als Väter mit wechselnden Sorgearrangements oder geringerer Betreuungszeitverteilung, wünschte nahezu die Hälfte der betroffenen Kinder eine Abänderung77. Der genannte potenzielle Vorteil eines Wechselmodells, das Kind müsse sich nicht für einen Elternteil zulasten des anderen entscheiden, kann sich ins Gegenteil verkehren und in eine „Hyper-Loyalität“ münden: In der besonderen Besorgnis um die Gefühle der Eltern und aus dem Verlangen heraus, gerecht zu beiden Elternteilen zu sein und die Beziehung zu beiden gleichwertig auszu­ gestalten, erwächst im Kind das belastende Gefühl der Verantwortlichkeit dafür, sich gleichmäßig zwischen den Eltern aufzuteilen und beide Elternteile glücklich zu machen78. Auch kann das Kind, das der Zeit vor Trennung und verwirrt und bei keinem der Freundeskreise vollständig akzeptiert sei, wohingegen sie, die Eltern, das Arrangement als funktionierend empfänden. 76  Family Court Review 2009, 389, 395 f. 77  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 395: 44 % der Kinder unter „shared care“ oder „equal care“ (ggü. 27 % unter Alleinsorge) wollten eine Abänderung des Arrangements, wobei 33 % (ggü. 12 % bei Sorgeschwerpunkt bei einem Elternteil) mehr Betreuung der Mutter und 10 % (ggü. 18 %) des Vaters wünschten; von den Kindern, die über 4 Jahre kontinuierlich unter „shared care“ standen, wünschten 45 % eine Abänderung, wobei alle bis auf eines mehr Zeit mit der Mutter verbringen wollten. Auch Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 317, weist auf die ungleich größere Zufriedenheit rechtlich wie tatsächlich sorgeberechtigter Väter gegenüber solchen mit bloßem Umgang hin, nimmt allerdings in der Untersuchung die Auswirkungen auf die Kinder nicht in den Blick; krit. daher Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 741. 78  In der Studie von Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 409, 414, litt ein Drittel der erfassten Kinder unter solchen Loyalitätskonflikten; beispielhaft genannt sind zwei Fälle: Ein zehnjähriger Junge sorgte selbstständig für einen Ausgleich, wenn er einmal mehr Zeit als vereinbart bei einem Elternteil verbracht hatte; ein neunjähriges Mädchen wünschte sich eine Acht-Tage-Woche, da man diese ganz gleichmäßig aufteilen könnte. S. auch Johnston/ Kline/Tschann Amer. J. Orthopsychiat. 1989, 576, 589: ältere Kinder stärker von Loyalitätskonflikten bedroht; Balloff/Walter FamRZ 1990, 445, 452 f.; Michalski FamRZ 1992, 128, 132; Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 134: „unangemessene[s] Verantwortungs- oder Gerechtigkeitsgefühl“; KG FamRZ 2006, 1626; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 282, Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 14; Cashmore/ Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 117 f.; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 324; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1159, und Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 840: „Parentifizierung“; Salzgeber NZFam 2014, 921, 925: gerechte Verteilung von „Küsschen“; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 119, 137; BGH FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  31; KG FamRZ 2017, 1409; ZKJ 2015, 422, 425.

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Scheidung mit beiden Eltern nachhängt, versuchen, diese durch den steten Wechsel nachzuempfinden79. Im Ergebnis drohen Loyalitätskonflikte, weil das Kind weder beide Eltern zusammen noch einen Elternteil uneingeschränkt für sich haben kann80. Das (insbesondere ältere) Kind kann sich den Umstand, bei beiden Elternteilen ein Zuhause zu haben, jedoch auch zunutze machen, indem es unliebsamen elterlichen Maßregeln oder Erziehungsmaßnahmen mit der Drohung begegnet, dann doch lieber länger oder gänzlich beim anderen Elternteil zu bleiben oder bleiben zu wollen; ist die Zeit mit dem Kind unter den Eltern ohnehin „umkämpft“, liegt hierin ein nicht zu vernachlässigendes Druckmittel, welches das Kind in die Lage versetzt, die Eltern gegeneinander auszuspielen und so deren Autorität infrage zu stellen81. Umgekehrt erleichtert es derselbe Umstand den Eltern, das Kind bei Streit, Erziehungsschwierigkeiten oder aus sonstigen Gründen zum jeweils anderen Elternteil „abzuschieben“82. (3) Die Kindeswohldienlichkeit beeinflussende Faktoren Die geschilderten potenziellen Vorteile und Risiken, die aus dem dauernden Wechsel des Kindes als dem wesensprägenden Merkmal eines Wechselmodells resultieren können, unterliegen dem – die Wahrscheinlichkeit einer Kindeswohlschädigung erhöhenden oder senkenden – Einfluss nachfolgend darzustellender Faktoren. (a) Motiv der Eltern für eine Einigung auf ein Wechselmodell Angeleitet von (vermeintlichen Ideal‑)Vorstellungen von Gerechtigkeit und Fairness oder schlicht pekuniären Interessen streben manche Eltern nach einer „Gleichwertigkeit“ im Leben des Kindes, suchen durch die (möglichst hälftige) Aufteilung des Kindesaufenthalts Hierarchien zu vermeiden und eine Macht­ balance herzustellen83; die Rechtsprechung erkennt hierin zu Recht einen Anhaltspunkt für eine dem Kindeswohl zuwiderlaufende, dieses unter Umständen gar gefährdende Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts84. Gleiches muss 79  Klußmann FamRZ 1982, 118, 121: „Schäferhundeffekt“; ebenso Michalski FamRZ 1992, 128, 132. 80  Klußmann FamRZ 1982, 118, 120; Michalski FamRZ 1992, 128, 132. 81  Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 282; Salzgeber NZFam 2014, 921, 926; s. auch das Beispiel bei Kindler/Fichtner FPR 2008, 139, 142. 82  Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 282; Salzgeber NZFam 2014, 921, 926. 83  Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2019; ders. NZFam 2014, 921, 926. 84  OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884: Wechselmodell als Umgangsform dem Kindeswohl abträglich; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 740 m. zust. Anm. Clausius jurisPR-FamR 18/2010 Anm.  7; OLG München FamRZ 2007, 753, 754; Beschl. v. 1.10.2001 – 16 UF 1095/01,

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

für nicht kindeswohlzentrierte Kompromisse gelten, die daraus resultieren, dass ein Elternteil entgegen eigener Bedenken dem Wunsch des anderen nach möglichst gleicher Verantwortung für das Kind nachgibt85; dies erlangt insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt Bedeutung, wenn die Bedenken des betroffenen Elternteils nicht gehört oder als Vorwand, um den anderen Elternteil aus der Sorge zu drängen, abgetan werden86. In diesem Zusammenhang sei auf Befürchtungen hingewiesen, die – gestützt auf Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem US-amerikanischen Rechtskreis – einer Einigung der Eltern auf die Aufrechterhaltung der gemeinsamen (insbesondere rechtlichen) Sorge nach Trennung und Scheidung vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes (KindRG)87 entgegengebracht wurden. Sei die gemeinsame Verantwortungsübernahme Resultat eines elterlichen Paktierens am Verhandlungstisch, Ausdruck eher eines do-ut-des-Denkens denn einer kindzentrierten Wahrnehmung von Elternverantwortung, so sei sie für das Kind nicht nur wertlos, sondern regelmäßig schädlich; in einer Vielzahl der Fälle setze sich der Elternstreit fort und gehe mit einer Inanspruchnahme der Gerichte einher88. Schlimmstenfalls beruht die Einigung gar auf einer Erpressung des geistig, seelisch oder wirtschaftlich unterlegenen Elternteils, der sich nur so in der Lage sieht, in der Konkurrenz um das Kind nicht jegliche Rechtsposition und juris Rn.  14; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 151; s. auch Jokisch FuR 2013, 679, 682: „Wechselmodell […] von vornherein zum Scheitern verurteilt“; Rohmann FPR 2013, 307, 310 a. E.: Wechselmodell dürfe „kein taktischer oder opportunistischer Kompromiss“ sein; ­Hammer FamRZ 2005, 1209, 1213: Kind als „Trostpflaster“ oder „Tauschobjekt“ eines elterlichen Handels; Rakete-Dombek FF 2002, 16: „Halbteilungsgrundsatz“ und „faule[r] Kompromiss zu Lasten des Kindes“; Mach-Hour NZFam 2014, 282, in Anm. zu OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, warnt vor „egoistischen, aggressiven, depressiven oder manipulativen Eltern“, die etwa aufgrund verletzter Gefühle oder finanzieller Erwägungen ein Wechselmodell anstreben; Löhnig NZFam 2016, 817, 818, gibt zu bedenken, dass beim Wechselmodell als dem „Modell der Verteilungsgerechtigkeit“ oftmals das „Wohl des zu verteilenden Kindes“ aus dem Blickfeld der Eltern geraten dürfte; Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 761; anders Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 318: Aufgrund der gleichmäßigen Aufteilung der Sorge und der Zufriedenheit der Väter bestehe kein Anlass mehr, um das Kind zu kämpfen. 85  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 160; s. auch Bruch Mich. L. Rev. 1980–1981, 708, 723; Smart Critical Social Policy 2004, 484, 490 f.; dass eine gemeinsame (tatsächliche) Sorge allerdings ungleich häufiger als eine Alleinsorge ein Kompromissmodell darstellt, zeigen Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 240, 246, auf. 86  Dies stellten Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 60, als wesentliches Ergebnis ihrer Befragungen heraus; Kostka Streit 2014, 147, 153. 87  S. §  1 Fn.  19. 88  Coester EuGRZ 1982, 256, 263; zu den Auswirkungen gesetzlicher Vermutungsregeln betreffend die Verteilung der elterlichen Sorge auf die Verhandlungsstärke der Eltern außerhalb des Gerichts Mnookin/Kornhauser Yale L. J. 1978–1979, 950, 977 ff.

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damit letztlich den Kontakt zum Kind zu verlieren89. Als positiv kann es dagegen zu bewerten sein, dass sich die Eltern überhaupt zu einigen vermögen90. Allerdings kann diese Einigung auf eine wechselnde tatsächliche Betreuung durch beide Elternteile auch Anlass zu Zweifeln geben, ob diese nicht in Wirklichkeit gerade nicht dazu in der Lage waren, sich auf einen Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil zu verständigen, und deshalb als Kompromiss die tatsächliche Verantwortungsübernahme durch beide Elternteile aufrechterhalten91. Gemein ist diesen der Elternvereinbarung vorausgehenden Verhandlungs­ situationen, dass nicht die Kindes-, sondern die Eigeninteressen der Eltern prägenden Einfluss auf Inhalt und Zustandekommen nehmen92. Nun dürfte ein Wechselmodell in den seltensten Fällen allein aus der Überzeugung heraus begründet werden, ausgerechnet diese Form der Betreuung mit ihren Risiken und möglichen Belastungen für das Kind sei die optimale für dessen Wohl93. Oftmals wird sie – unter Umständen auch bloß vorübergehend unmittelbar im Anschluss an die Elterntrennung – mit Blick auf Arbeitszeiten beider Elternteile sowie das Zusammenleben mit neuen Partnern und damit zumindest auch vom Interessenhorizont der Eltern ausgehend getroffen. Das Streben nach beruflicher Verwirklichung ist als begleitendes Motiv für die Einigung auf ein Wechselmodell jedoch ebenso wenig verwerflich wie der Wunsch, von der vollständigen Kindererziehung entlastet zu werden94. Ein Wechselmodell kann insofern durchaus ein Kompromissmodell darstellen95. Sind zuletzt genannte Motive für die Wahl eines Wechselmodells allerdings allein ursächlich, soll dieses also lediglich dazu dienen, das Kind abzugeben, um der eigenen Verwirklichung im Berufs- oder Sozialleben nachzugehen, so steht die Wahrung des Kindeswohls durch ein solches Desinteresse an und Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind Klußmann FamRZ 1982, 118, 122; diese Gefahr sah auch das BVerfG: E 61, 358, 378 = FamRZ 1982, 1179, 1183. 90  Coester EuGRZ 1982, 256, 263. 91  So zu einem Wechselarrangement Kaltenborn FamRZ 1983, 964, 967; Prenzlow FPR 2012, 366, 368; allg. zur gemeinsamen (rechtlichen) Sorge Klußmann FamRZ 1982, 118, 122; Luthin FamRZ 1984, 114, 116. 92  Klußmann FamRZ 1982, 118, 121; Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 728. 93  S. aber Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 406. 94  Von letzterem Motiv getragen waren einige der von der Steinman-Studie (Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 407, 408) erfassten Mütter, die nach wie während der Beziehung zum Vater einer Beschäftigung nachgingen; s. auch Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 326; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 145. 95  Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 240, 246; OLG Dresden FamRZ 2005, 125; OLG Celle FamRZ 2008, 2053; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  145; Hammer, Eltern­vereinbarungen, 2004, 50; a. A. OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266, 1267. 89 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

signalisierendes Arrangement ebenso in Frage wie im Falle eines „Kampfes um das Kind“96. Idealiter kommt die Einigung auf ein Wechselmodell samt Festlegung der Wechselfrequenz unter Abstimmung der elterlichen Arbeitszeiten mit dem Stundenplan und den außerschulischen Aktivitäten des Kindes zustande; Maßstab sollten mithin die Funktionsfähigkeit für die Nachtrennungsfamilie und vor allem das Kindeswohl, nicht hingegen der Grundsatz abstrakter Gerechtigkeit zwischen den Eltern oder ein Idealbild gemeinsamer Verantwortung sein97. Dies setzt freilich die Fähigkeit jedes Elternteils voraus, zum Wohle des Kindes zu handeln und nicht aus egoistischen Motiven heraus auf einer paritätischen Zeitverteilung zu bestehen98. Nach einer weiteren Studie von Steinman et al.99, die nicht nur vereinbarte Wechselarrangements kooperativer Eltern in den Blick nahm100, sondern auch Eltern begleitete, die durch Mediation oder gerichtliche Anordnung eine gemeinsame Sorge zu begründen suchten, erwiesen sich vor allem Betreuungsarrangements von Eltern als beständig, deren Entscheidung von der Überzeugung getragen war, auch der jeweils andere Elternteil sei erziehungsfähig und trage positiv zur Entwicklung und zum Wohlbefinden des Kindes bei, seine Beziehung zum Kind sei daher ebenso wichtig und schützenswert wie die eigene101. War das Verhältnis dagegen nicht von gegenseitigem VertrauMcKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 173, 176, 181, 182. Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 162; für ein kindzentriertes Arrangement auch Smyth/Caruana/Ferro, in: Smyth (Hrsg.), Parent-child contact and post-separation parenting arrangements, 2004, 28 f.; Smart Critical Social Policy 2004, 484, 487 f.; Kostka FPR 2006, 271, 273 f.; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 321 f.; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xvi, xvii, xix; Kostka Streit 2014, 147, 150 f.; Salzgeber NZFam 2014, 921, 926, 928; Löhnig FF 2017, 429, 430; s. auch BGH FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  34: Rechtsverfolgung des Vaters, der ausschließlich ein paritätisches Wechselmodell anstrebt, womöglich „nicht ausreichend am Kindeswohl orientiert“. 98  McIntosh/Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 50; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391. 99  Ergebnisse dieser dreijährigen Längsschnittstudie zusammengefasst in: Steinman/ Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psychiatry 1985, 554; Brotsky/Steinman/Zemmelman, in: Folberg (Hrsg.), Joint Custody and Shared Parenting, 1991, 167, 172 ff.; zu den Unterstützungsmaßnahmen, die den Eltern im Zuge der Untersuchung zugutekamen, Zemmelman/Steinman/Knoblauch Social Work 1987, 32. 100  S. zur früheren Studie von Steinman die Nachw. in §  4 Fn.  70. 101  Steinman/Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psychiatry 1985, 554, 558, 559 f., 561 f.; diese Einstellung fand Steinman auch bereits bei den Eltern der früheren Studie: Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 406, 414, und U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 745, 746; s. auch Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 325, 326; Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 243, 244; McIntosh Family Court Re96 

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en und Respekt, sondern tiefem Misstrauen, Schuldzuweisungen, Feindseligkeiten und gar Verachtung für den anderen sowohl als ehemaligen Partner als auch Elternteil geprägt, gelang den Eltern also gerade nicht eine Trennung ihrer mit erheblichen Konflikten beladenen Paar- von der Elternebene, so scheiterte die gemeinsame Sorge102. Gründet das vereinbarte Arrangement ausschließlich auf elterlichen Eigeninteressen, dürfte es in den seltensten Fällen eine den Interessen des Kindes gerechte Pflege und Erziehung desselben hervorbringen. Die Rechtsprechung sieht sich mit solchen zweifelhafter Motivation entspringenden Vereinbarungen meist erst dann konfrontiert, wenn sich ein Elternteil hiervon abwendet und einen Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB stellt. Dem „‚Wettkampf‘ um das Kind“103 bzw. dem „‚Machtkampf‘ auf Paarebene“104 lässt sich dann mit der Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrecht an einen Elternteil allein begegnen, ohne die Hürde der Kindeswohlgefährdung für ein amtswegiges Tätigwerden des Gerichts nach §  1666 Abs.  1 BGB nehmen zu müssen105. (b) Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern zu Kommunikation und Kooperation Zeigen vorstehende Ausführungen, dass zentrales Motiv zur Begründung eines Wechselmodells nicht immer das Ideal der Kindeswohlorientierung ist, kann ebenso wenig unterstellt werden, dass Eltern, die sich nach oder im Zuge der Trennung auf einen wechselnden Kindesaufenthalt zu verständigen vermögen, vollumfänglich zu einer Kommunikation und Kooperation in Kindesangelegenheiten fähig und bereit sind.

view 2009, 391 a. E., 392; ebenfalls eine innere Überzeugung von der Erziehungsfähigkeit des anderen Elternteils und eine Toleranz gegenüber dessen Vorstellungen in Fragen der Erziehung voraussetzend OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2129; eine „für den regelmäßigen Wechsel in besonderem Maß erforderliche Bindungstoleranz“ verlangend OLG Dresden FamRZ 2005, 125, 126. 102  Steinman/Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psy­ chiatry 1985, 554, 559, 560, 562. 103  KG FamRZ 2008, 634, 636. 104  OLG Brandenburg FamRZ 2009, 709, aufgehoben durch BVerfG FF 2009, 416. 105  S. auch OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 740; OLG München, Beschl. v. 1.10.2001 – 16 UF 1095/01, juris Rn.  14.

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Ebendiese Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit werden aber sowohl aus psychologischer106 als auch juristischer107 Sicht ganz überwiegend als Grundvoraussetzung für ein gelingendes Wechselmodell aufgestellt. (aa) Maß vorauszusetzender Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit Wechselmodellwilligen Eltern wird vielfach ein besonders hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit abverlangt. Sie müssten in der Lage sein, ihre Konflikte einzudämmen, müssten beide hochmotiviert und an den BedürfSteinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 744; Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer, 1989, 318; Juby/Marcil-Gratton/Le Bourdais, When Parents Separate, 2005, 50; Balloff FPR 2006, 284; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 280; Kostka FPR 2006, 271, 273; dies. ZKJ 2014, 54, 55, 61; dies. Streit 2014, 147, 148, 156; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 165; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42, 45 f.; McIntosh/Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 41, 50; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; Cashmore/ Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 137; Wacker ZKJ 2012, 368; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 114; allg. zur gemeinsamen Sorge Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 30 ff., 53 f., 61 f.; Balloff/ Walter FamRZ 1990, 445, 450 f., 454; a. A. Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 307; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 66. 107  BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  25, 30; OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284, 1285 Rn.  31, 44; FamRZ 2007, 1266; OLG Brandenburg FamRZ 2017, 1757, 1758; KG FamRZ 2017, 1409; ZKJ 2015, 422, 424; FamRZ 2014, 50, 51; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2127, 2129; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 151 = FamRZ 2016, 1945 (3. LS); OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120; FamRZ 2011, 1803, 1804; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738; OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 62, 63; OLG Naumburg FamRZ 2014, 1860; FamRZ 2014, 50; OLG München FamRZ 2013, 1822 m. zust. Anm. Carlberg NZFam 2014, 187; FamRZ 2007, 753, 754; OLG Hamm NJW 2012, 398; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739 m. zust. Anm. Clausius jurisPR-FamR 18/2010 Anm.  7; OLG Celle FamRZ 2008, 2053; OLG Dresden FamRZ 2005, 125; AG Hannover FamRZ 2001, 846, 848; Löhnig FF 2017, 429, 431; ders. NZFam 2016, 817, 818; Hennemann NJW 2017, 1787, 1789; Gottschalk/Heilmann ZKJ 2017, 181, 182 f.; Horndasch FuR 2016, 558, 559, 560; ders. FuR 2011, 593, 595; Heilmann NJW 2015, 3346, 3347; ders. NJW 2012, 16, 18; Götz, in: FS für Gerd Brudermüller, 2014, 223, 228; Faber jM 2014, 8, 9; Jokisch FuR 2013, 679, 682; dies. FuR 2016, 85, 92 f.; Bergmann ZKJ 2013, 489, 490; Gottschalk ZKJ 2013, 35, in Anm. zu AG Erfurt FamRZ 2013, 1590; Esch­ weiler FPR 2006, 305, 306, 307; Vorstand des DFGT FamRZ 2005, 1962; Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 134 und 135; Jaeger FPR 2005, 70, 72; Hüsstege, Uniform Child Custody Jurisdiction Act, 1982, 38; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  58; Palandt/Götz §  1687 Rn.  2c; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  42 f., §  1684 Rn.  24; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  51a, 145; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  37; Erman/Döll §  1671 Rn.  16; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  528, 539; a. A. AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 342; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153; Arbeitskreis 7, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 20. DFGT, 2014, 124, 126 These 4; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 94, 97 ff., 124 f., 439 ff., 455 f.; dies. FamRB 2013, 290, 296 f. 106 

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nissen des Kindes ausgerichtet sein sowie kontinuierlich kommunizieren und kooperieren können und wollen108. Hintergrund sei, dass mit dem fehlenden fest definierten Lebensmittelpunkt des Kindes aufgrund des steten Aufenthaltswechsels ein hoher Organisationsaufwand für die Eltern und Belastungen für das Kind, das sich auf beide Elternteile und deren Erziehungsstile einrichten müsse, einhergingen; diese Belastungen müssten die Eltern anderweitig auffangen, und zwar durch ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft109. Damit sind an die Kommunikation und Kooperation von getrennten und ein Wechselmodell praktizierenden Eltern Anforderungen gestellt, der womöglich nicht einmal (zumindest juristisch) intakte Familien gerecht würden110. Während sich jedoch bei bestehender Elternbeziehung eine Kooperationsbereitschaft in aller Regel vermuten lässt – zumindest werden beide Elternteile zu Kompromissen bereit sein und über Entscheidungen des anderen Elternteils, die sie abweichend getroffen hätten, keinen Konflikt provozieren –‍, könnte nach einer Elterntrennung jeder auf der Richtigkeit seiner Ansicht beharren. Dem Vorhandensein eines gewissen Maßes an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit kommt somit in der Frage, ob die gemeinsame rechtliche Sorge nach der Trennung aufrecht erhalten bleibt oder nicht, zu Recht eine erhebliche Bedeutung zu. Fraglich ist aber, ob die gemeinsame tatsächliche Betreuung in Form eines Wechselmodells den Eltern stets und ausnahmslos ein höheres Maß an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit abverlangt als die Betreuung in einem anderen, insbesondere einem Residenzmodell. Dies kann in dieser Absolutheit nicht bejaht werden111. Als problematisch erscheint es vor allem, wenn ein Gericht 108  Kostka FPR 2006, 271, 273; dies. ZKJ 2014, 54, 55; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884 m. zust. Anm. Clausius jurisPR-FamR 15/2012 Anm.  5; OLG Naumburg FamRZ 2014, 1860 a. E.; FamRZ 2014, 50; Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  16; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2129; s. auch OLG Hamm, Beschl. v. 1.2.2006 – 10 UF 147/04, juris Rn.  64: „eng­ maschige, reibungslos funktionierende Kommunikationsfähigkeit im Alltag“; Johannsen/ Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  28a: Eltern müssten „entsprechend den Bedürfnissen des Kindes einträchtig zusammenwirken“. 109  OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884; ähnlich OLG Dresden FamRZ 2005, 125 a. E.; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 151; ebenfalls von einem „erhöhte[n] Abstimmungs- und Kooperationsbedarf“ ausgehend BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  30 und 28 („höhere Anforderungen an die Eltern“); dem folgend KG FamRZ 2017, 1409; zust. auch Löhnig FF 2017, 429, 431. 110  Vgl. Lempp ZfJ 1984, 305, 306 f., der zu Recht die Frage aufwirft, „ob die Beziehungen zwischen Eltern und Kind nach der Scheidung bei gemeinsamem Sorgerecht besser, harmonischer, ausgeglichener und kontinuierlicher sein müßten als in einer ‚ganz normalen‘ Ehe“; ebenso Hinz ZfJ 1984, 529, 535. 111  So auch Hammer FamRZ 2015, 1433, 1442.

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erst dann eine gesteigerte Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit der Eltern verlangt, wenn ein Wechselmodell im Raum steht, wohingegen diese für ein bereits bestehendes „sehr umfängliche[s] Umgangsrecht“ offenbar nicht erforderlich seien112. Das Maß vorausgesetzter Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit kann richtigerweise nicht von juristischen Begrifflichkeiten, sondern muss vom Kindeswohl ausgehend bestimmt werden. Eine Fähigkeit und Bereitschaft zur Kooperation können den Eltern nur insoweit abverlangt werden, als diese sich auch tatsächlich abstimmen müssen. Ebenso wenig wie die rechtliche gemeinsame Sorge, die ihre Ausgestaltung in den Regelungen des §  1687 Abs.  1 BGB findet, erfordert eine gemeinsame tatsächliche Sorge per se eine ständige Kommunikation der Eltern113. Für die Frage, inwieweit diese sich im Vorhinein oder spontan abstimmen müssen, ist zum einen §  1687 Abs.  1 BGB und sind zum anderen die konkrete Ausgestaltung und Organisation der Betreuung von Bedeutung. Gemäß §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB ist in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ein gegenseitiges Einvernehmen der Eltern erforderlich, während dies für Angelegenheiten des täglichen Lebens nicht vorausgesetzt ist (Abs.  1 S.  2). Das Maß erforderlicher Kooperation ist somit abhängig von der Anwendbarkeit des §  1687 Abs.  1 BGB auf ein Wechselmodell114. Eine Erhöhung des Abstimmungsbedarfs und damit auch der vorauszusetzenden Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit folgte aus einer Nicht­ anwendbarkeit von §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB ebenso wie aus dem Umstand, dass an sich alltägliche und damit allein zu entscheidende Angelegenheiten des Kindes in einem Wechselmodell deshalb zu solchen von erheblicher Bedeutung und damit gemeinsam zu entscheidenden werden können, weil sie in den Betreuungszeitraum des anderen „hineinwirken“115. Abzustimmen ist auch, wer einmalige oder seltener auftretende Angelegenheiten erledigt bzw. Anschaffungen tätigt, etwa den Zahnarztbesuch oder den Schuhkauf116. Letztere Frage kann sich jedoch bei guter Vermögenssituation beider Elternteile womöglich schon wieder erübrigen. Das Maß vorausgesetzter Kooperationsbereitschaft So die Entscheidung des OLG München FamRZ 2013, 1822 m. krit. Anm. Spangenberg FamRZ 2014, 401, 402, die in besonderer Weise verdeutlicht, dass allein die Möglichkeit der Subsumtion des angestrebten Betreuungsarrangements unter den Begriff des Wechselmodells – dies habe der Antragsteller nämlich zu verschleiern versucht – eine gänzlich neue juristische Bewertung erforderlich zu machen scheint. 113  Zur rechtlichen gemeinsamen Sorge der Gesetzgeber selbst in BT-Drucks. 13/4899, 62: „Gemeinsame Sorge verlangt keine dauernden Besprechungen und Entscheidungen“; zur gemeinsamen tatsächlichen Sorge s. Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 326. 114  Hierzu ausf. unter §  4 A. III. 2. a) bb) (ab S. 93). 115  Zu diesem Aspekt unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (S. 97). 116  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 326. 112 

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und ‑fähigkeit ist somit in Abhängigkeit von der Auslegung des §  1687 Abs.  1 BGB und der Ausgestaltung der elterlichen Vereinbarung – Bevollmächtigungen zur Alleinentscheidung vorhanden? – und somit im Einzelfall, namentlich zugeschnitten auf das konkrete Betreuungsmodell, zu bestimmen. Gleiches gilt für den Organisationsaufwand. Zwar müssen sich die Eltern in Relation zu einem Residenzmodell mit 14-täglichem Wochenendumgang sicher­ lich häufiger über Belange wie Gesundheit, Schule, außerschulische Aktivitäten oder etwa Einladungen zu Kindergeburtstagen informieren117. Auch dieser Aufwand variiert jedoch von Wechselmodell zu Wechselmodell und kann durchaus, muss aber nicht zwingend über denjenigen eines Residenzmodells hinausgehen. So finden etwa bei einem wöchentlichen Wechsel des Kindes gegenüber einem Residenzmodell mit erweitertem Umgang an jedem zweiten Wochenende und einem Tag unter der Woche auf den Monat gerechnet weniger Wechsel statt. Auch der Organisationsaufwand ist somit im Einzelfall zu bestimmen, sein Anstieg kann dann aber durchaus ein höheres Maß an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit voraussetzen. Schließlich sind auch die Belastungen für das Kind, die die Eltern durch das besondere Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft aufzufangen hätten, in einem Wechselmodell nicht per se höher als in einem Residenzmodell. Sie sind von der vereinbarten Wechselfrequenz (auch in einem Residenzmodell) ebenso abhängig wie von der Qualität des Kontakts zu beiden Elternteilen118. Das Kriterium der Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit ist somit (auch) bei der Praktizierung eines Wechselmodells stets von Relevanz und kann im Einzelfall besondere Bedeutung erlangen. Es ist aber nicht ohne Ansehung des konkreten Wechselarrangements ausnahmslos von einem gegenüber einer Betreuung im Residenzmodell gesteigerten Maß vorausgesetzter Kooperations­ bereitschaft und ‑fähigkeit auszugehen. (bb) Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung, Hochstrittigkeit Ist die Beziehung der Eltern von langwierigen und heftigen Konflikten geprägt, können sich die geschilderten potenziellen Vorteile eines Wechselmodells ins Gegenteil verkehren119. Eltern, die nicht bereit oder dazu in der Lage sind, trotz 117 

KG FamRZ 2006, 1626, 1627. Hierzu sogleich im Anschluss unter (bb) (S. 47). 119  Johnston/Kline/Tschann Amer. J. Orthopsychiat. 1989, 576, 588, 590; Johnston Family and Conciliation Courts Review 1995, 415, 420 f., 423; Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1, 11, 14; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42; McIntosh/Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 41, 42, 49 f.; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 49, 57 ff., 65, 74, 75; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting 118 

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Konfliktpotenzials kindeswohlorientierte Entscheidungen zu treffen und das Kind aus Streitigkeiten herauszuhalten, sind regelmäßig als zur Praktizierung eines Wechselmodells nicht geeignet anzusehen120. Kommt diese Form der Betreuung gleichwohl zustande, sieht sich das Kind unter Umständen schädlichen zwischenmenschlichen Kräftespielen und einer verminderten Einfühlsamkeit jedes Elternteils ausgesetzt121. Und auch die Eltern können unter der Angst um das kindliche Wohlbefinden beim anderen Elternteil und einer Verstärkung des Konflikts aufgrund der einem Wechselmodell in der Regel immanenten vermehrten Kommunikation leiden122. Solche Sicherheitsbedenken eines Elternteils stehen wiederum in einem signifikanten Zusammenhang mit einem geringeren Wohlbefinden des Kindes, wobei dies nur im Falle von Sicherheitsbedenken der Mutter zuzutreffen bzw. nur diese eine Verschlechterung des kindlichen Wohlbefindens festzustellen und in Befragungen zu äußern scheint123. Ein Wechselmodell stellt sich in diesen Fallgestaltungen zusammenfassend nicht als die „richtige Wahl“ dar. Halten sich die Eltern zwar im Grundsatz gegenseitig für erziehungsgeeignet, scheitert jedoch untereinander eine Kommunikation oder Konfliktlösung, so ist gegebenenfalls noch an ein Wechselmodell zu denken, bei dem jeder Elternteil mit Ausnahme der Aufenthaltsbestimmung sämtliche Kindesangelegenheiten, die in seinem Betreuungszeitraum anfallen, allein entscheidet („parallele Elternschaft“)124. Ein schlichtes „Ertragen“ von KonflikArrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 132 ff.; Fehlberg/Smyth/Maclean/ Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 323 ff.; Fortin/Hunt/ Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xvi f., 344; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 160, 162, 168; Kostka Streit 2014, 147, 148 f.; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 283, und Salzgeber NZFam 2014, 921, 929: Wechselmodell allenfalls als Übergangsmodell, um den sonst nicht zu realisierenden Auszug eines Elternteils aus dem bis dahin gemeinsamen Haushalt zu ermöglichen. 120  Spruijt/Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 75 a. E., 79; Pruett/­ DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 162; McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 179 f., 182. 121  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 392. 122  McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 182; McIntosh ­Family Court Review 2009, 389, 392. 123  Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 270, 273; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 86, 91 f., 142, 144; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 323, 332; Kostka Streit 2014, 147, 155; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 118. 124  Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 64, 66; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 162; OLG Hamburg FamRZ 2016, 909, 910; s. bereits Greif Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 311, 318: Schule als Übergabeort des Kindes, es könnten Monate vergehen, ohne dass sich die Eltern sehen oder miteinander sprechen müssten; Maccoby/ Mnookin FamRZ 1995, 1, 7, 14: „parallele[r] Rollenvollzug“, „losgelöstes Verhältnis der El-

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ten kann dagegen allenfalls noch den Eltern, sicherlich aber nicht dem Kind zugemutet werden125. Auch die entgegengesetzte Schlussfolgerung – gerade ein Wechselmodell sei hier die „richtige Wahl“ – wird gezogen. Gestützt wird sie auf die These, eine Betreuung im Wechselmodell fördere gerade aufgrund des Zwangs zur Kommunikation die Kooperation zwischen den Eltern, wirke damit im Hinblick auf zuvor vorhandene Konflikte deeskalierend und erhöhe folglich sowohl das Wohlbefinden des Kindes als auch die Zufriedenheit der Eltern126. Eine australische Studie von McIntosh et al.127 über Mediation bei hochkonflikthaften E ­ ltern scheint diese These allerdings zu widerlegen. Von den insgesamt 141 erfassten Fällen entschieden sich 48 Prozent während der Mediation für ein Wechselarrangement mit einer Betreuungszeitverteilung von mindestens 35 zu 65 Prozent. Diejenigen Eltern, die ihre Konflikte nicht ohne Hilfe durch Dritte angemessen bewältigen konnten, berichteten von einem anhaltend hohen Kontern“ zwischen konfliktärem und kooperativem Verhältnis; krit. Fehlberg/Smyth/Maclean/ Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 324 f. m. w. N.; zur parallelen Elternschaft näher unter §  4 A. III. (S. 80). 125  So aber offenbar Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 122; berechtigte Kritik kommt von Kostka ZKJ 2014, 54, 58; dies. Streit 2014, 147, 152. 126  Unter Berufung u. a. auf Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 238, die allerdings die selektive Wahl eines Wechselmodells durch eher kooperationsbereite Eltern als relevanten Faktor für die vergleichsweise geringe Verstärkung der Konflikte in Betracht ziehen (s. gleich näher [S. 45 ff.]), Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 341 f., 710, s. auch S.  52, 119 ff., 326 f., 597; dies. FamRB 2013, 290, 294; dies. FamRB 2013, 327, 328, 330; dies./Rixe FamRB 2014, 469, 473; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 64 ff.; Hanke FamRB 2014, 106, 109; OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 914; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153; a. A. Maccoby/Depner/Mnookin Journal of Marriage and the Family 1990, 141, 152 f.; Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1, 7; Kostka FPR 2006, 271, 273 f.; dies. ZKJ 2014, 54, 58 f.; dies. Streit 2014, 147, 152 m. N.: „zahlreiche Studien [stellen] fest, dass konstant ein gewisser Prozentsatz von Eltern nicht in der Lage ist zu kooperieren“; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 163; McIntosh/Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 40; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42; Spruijt/Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 76; Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 481 f., 494; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 311 f.; Salzgeber NZFam 2014, 921, 924, 927; ders. FamRZ 2015, 2018, 2021; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1442 a. E.; Heilmann NJW 2015, 3346, 3347; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  145; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  43; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120; OLG Hamburg FamRZ 2016, 2129 (LS); BGH FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  31; KG FamRZ 2017, 1409; allg. zur gemeinsamen Sorge Balloff/Walter FamRZ 1990, 445, 450; offengelassen von Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 823. 127  Ergebnisse nach einem Jahr: McIntosh/Wells/Smyth/Long Family Court Review 2008, 105, 110 ff.; kurze Zusammenfassung der Ergebnisse nach vier Jahren: McIntosh Family Court Review 2009, 389, 393 ff.; ausf. Bericht: McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010; Details zum Gang der Untersuchung bei McIntosh AFRC Issues 1 (2007), 1 ff.

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fliktniveau. Fast die Hälfte der Kinder wünschte aus diesem Grunde eine Abänderung des gewählten Arrangements; dagegen stellten unter Alleinsorge stehende Kinder eine erhebliche Verbesserung der Elternkonflikte fest128. Tatsächlich wurde ein Wechselmodell nach einem Jahr nur noch von einem Drittel der Familien fortgeführt, nach vier Jahren hatten 45 Prozent der Eltern das ursprüngliche Wechselarrangement mindestens zweimal seit der Mediation verändert, lediglich 17 Prozent praktizierten noch ein Wechselmodell nach der oben genannten Definition129. Diese Betreuungsform erwies sich damit zu beiden Betrachtungszeitpunkten als die am wenigsten stabile, wohingegen Arrangements mit einer Betreuungszeitverteilung von weniger als 35 zu 65 Prozent am beständigsten waren130. Die Erfolgswahrscheinlichkeit war 2,4-mal höher bei Eltern, die sich bereits vor der Mediation freiwillig auf ein Wechselmodell geeinigt hatten131. Die Annahme, ein Wechselmodell könne bei hochstrittigen Eltern eine dauerhafte Lösung sein, konnte somit ebenso wenig bestätigt werden wie die These, Kinder seien dem elterlichen Konflikt bei dieser Betreuungsform in geringerem Maße ausgesetzt132. Bereits Steinman133 führte die überwiegend positiven Erfahrungen der in einem Wechselmodell lebenden Kinder auf den kooperativen und respektvollen Umgang der Eltern miteinander sowie deren Überzeugung von der Wichtigkeit der Beziehung des Kindes zum jeweils anderen Elternteil und nicht auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Betreuungsanteile zurück. Dies bestätigte sich in einer weiteren Studie von Steinman et al.134 Die Studie, die nicht nur Betreuungsmodelle kooperativer, sondern auch zerstrittener Eltern in den Blick nahm, teilte die Familien nach dem Erfolg in der Begründung bzw. Praktizierung eines Betreuungsarrangements in drei Gruppen ein: erfolgreich, angespannt und gescheitert. Überraschenderweise war das Maß an Uneinigkeit in Kindesangelegenheiten bei der Gruppe, deren Bemühungen um eine gemeinsame Sorge gescheitert waren, nicht signifikant höher als bei der Gruppe, deren Betreuungsarrangement gelang. Als ausschlaggebend für den Erfolg erwies sich damit die emotionale Beziehung zwischen den Eltern: Fühlten sich diese durch eine Meinungsverschiedenheit in einer Kindesangelegenheit nicht persönlich bedroht, weil sie Konflikte, die einerseits die Ehe und andererseits die KinderMcIntosh Family Court Review 2009, 389, 395. McIntosh Family Court Review 2009, 389, 394 a. E. 130  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 394 f. 131  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 394; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parent­ ing arrangements post-separation, Part I, 2010, 36, 73. 132  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 397. 133  Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 414; U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 745, 746. 134  Nachw. s. §  4 Fn.  99. 128  129 

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erziehung betrafen, voneinander zu trennen vermochten, so konnte die Meinungsverschiedenheit beseitigt werden; stellten die Eltern beim Auftreten einer solchen hingegen stets einen Zusammenhang zu ihren Trennungskonflikten her, so löste sie Feindseligkeiten aus, die sich auch auf das Kind auswirkten135. Zu derselben Einschätzung gelangte jüngst auch Walper136 in ihrer Auswertung dreier Datensätze137 aus Deutschland, mit der sie die hierzulande bislang beklagte138 Forschungslücke geschlossen oder jedenfalls deutlich verengt hat139. Auch sie stellt zunächst heraus, dass die Wahl eines Wechselmodells eben nicht zufällig erfolge, sondern – in Abhängigkeit von zahlreichen Rahmenbedingungen wie Konflikten der Eltern vor der Trennung, finanziellen Problemlagen oder Erziehungsproblemen – selektiv140. So wurde das Wechselmodell nach den Befragungen bevorzugt bei guter Kooperation der Eltern gewählt, während dann 135  Steinman/Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psychiatry 1985, 554, 561. 136  In: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 127 f. 137  „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten“ (AID:A II) vom Deutschen Jugendinstitut, s. hierzu Bien/Pötter/Quellenberg, in: Deutsches Jugendinstitut e. V. (Hrsg.), Aufwachsen in Deutschland heute, 2015, 63. Deutsches Beziehungs- und Familien-Panel „pairfam“, dazu Huinink/Brüderl/Nauck/Walper/Castiglioni/Feldhaus Zeitschrift für Familienforschung/ Journal of Family Research 2011, 77. „Kinder im Blick“ (KiB), s. Krey, Der Elternkurs „Kinder im Blick“, 2010. 138  OLG Dresden FamRZ 2005, 125; AG Hannover FamRZ 2001, 846; Heilmann Edito­r ial ZKJ 11/2013; Vorstand des DFGT FF 2014, 46, 47; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Salzgeber NZFam 2014, 921, 924; ders. FamRZ 2015, 2018, 2021, 2022, 2024; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1440 f.; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 94; Schnitzler/Kienemund FF 2016, 2, 3. 139  So nach eigener Einschätzung Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 134. 140  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 115; Kindler/­ Walper NZFam 2016, 820, 823; s. auch Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 239, 240, 246; Luepnitz Journal of Divorce 1986, Vol. 9 (3), 1, 6; Johnston Family and Con­ ciliation Courts Review 1995, 415, 418 f.; Bauserman Journal of Family Psychology 2002, 91, 98, 99; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 144; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 321, 332; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 38 f., 51, 62, 77: Zusammenhang zwischen Beständigkeit eines Wechselmodells und Ausgangslage bei seiner Begründung; Sodermans/ Matthijs/Swicegood Demographic Research 2013, Vol. 28, 821, 831, 833, 837: Wechselmodell wahrscheinlicher bei geringerem Konfliktniveau und einvernehmlicher Trennung, allerdings Rückgang dieses Effekts seit der gesetzlichen Vorgabe gemeinsamer rechtlicher (1995) und tatsächlicher (2006) Sorge; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 112, 141; a. A. Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 65; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 341 f.: etwaige Selbstselektionseffekte jedenfalls „für die Frage nach den Auswirkungen des Betreuungsmodells auf die Kinder unerheblich“ (Hervorh. bereits im Orig.).

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im Wechselmodell keine geringeren „Coparenting-Probleme“ im Vergleich zu anderen Betreuungsweisen bestanden, was gegen einen positiven Einfluss des Wechselmodells auf die Verständigung unter den Eltern spricht141. Sollten sich somit positive Effekte einer Pflege und Erziehung im Wechselmodell feststellen lassen, sind diese noch nicht zwingend Resultat dieser Betreuungsform, sondern können auch und gerade auf der besseren Kooperationsfähigkeit und ‑bereitschaft der ein Wechselmodell wählenden Eltern gründen142. Statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich des Wohlbefindens oder der psychischen Gesundheit der Kinder ließen sich zwischen einem Wechselmodell und einem Residenzmodell mit bzw. ohne Kontakt zum nicht hauptsächlich betreuenden Elternteil aber ohnehin nicht nachweisen143. Zwar zeigt eine jüngst von Baude et al.144 durchgeführte Meta-Analyse 19 ausgewählter Studien von 1986 bis 2013 geringfügige Vorteile einer Wechselmodellpraxis für das Kind in Bezug auf seine soziale sowie Verhaltensanpassung. Diese Befunde beschränken sich jedoch zum einen auf annähernd gleichmäßige Verteilungen des Kindesaufenthalts zwischen den Eltern (40 zu 60 bis 50 zu 50 Prozent)145. Zum anderen können auch diese Forscher eine (Mit‑)Verantwortlichkeit von Selektionseffekten nicht ausschließen und fordern daher für zukünftige Untersuchungen zum einen eine breitere Anlegung (Einbeziehung 141  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 127; von vergleichbaren Ergebnissen aus den Niederlanden berichten Spruijt/Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 76. 142  Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 109, 144, 146; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 112. 143  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 132 ff.; Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 823; ebenso Luepnitz Journal of Divorce 1986, Vol. 9 (3), 1; Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 245, 246, 247: Regelmäßigkeit von Besuchskontakten relevant; Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 259 f., 267, 273; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 45 ff., 53, 136, 143 f.; Spruijt/ Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 75, 78; Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 489, 494; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 321, 332; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xiii; Bergström/Fransson/Hjern et al. Scandinavian Journal of Psychology 2014, 433, 436 f.; Baude/Pearson/Drapeau Journal of Divorce & Remarriage 2016, 338, 339 f., 346 ff., 351, 352 f.: Vorteile eines Wechselmodells zwar vom Zufall abgrenzbar, jedoch gering; s. auch Ilfeld/Ilfeld/Alexander Am. J. Psychiatry 1982, 62, 65, deren Studie zwar ergab, dass Eltern mit gemeinsamer Sorge seltener erneut vor Gericht stritten, die jedoch nicht zwischen tatsächlicher und rechtlicher gemeinsamer Sorge unterscheidet und Selektions­ effekte nicht auszuschließen vermag. 144  Baude/Pearson/Drapeau Journal of Divorce & Remarriage 2016, 338. 145  Baude/Pearson/Drapeau Journal of Divorce & Remarriage 2016, 338, 351, 353.

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auch junger Kinder und Eltern geringeren sozioökonomischen Niveaus) sowie die Kontrolle weiterer Variablen, namentlich der Anzahl der Wechsel des Kindes zwischen den Haushalten, der Länge der Aufenthaltszeiträume, der Regelmäßigkeit und der Flexibilität der Wechsel sowie insbesondere der Qualität der Eltern-Kind-Beziehungen, die im Vergleich zu den Aufenthaltszeiten als wahrscheinlicherer Faktor für die Einflussnahme auf die kindliche Anpassung herausgestellt wird146. Es ist somit als äußerst wahrscheinlich zu bewerten, dass im Grundsatz nicht ein Wechselmodell zu einer verbesserten Kooperation beiträgt, sondern dass umgekehrt eine gute Kooperation ein besseres Wechselmodell hervorbringt. Entscheidend für das kindliche Wohlbefinden sind somit nicht primär das Betreuungsarrangement und die Kontakthäufigkeit, sondern eine gute Beziehung jedes Elternteils zum Kind sowie eine hohe Qualität des jeweiligen Erziehungsverhaltens, also ein sogenannter „autoritativer“ Erziehungsstil, geprägt zum einen durch Responsivität, das heißt Wärme und Zuneigung, zum anderen durch Struktur und Lenkung147. Ausschlaggebend für Gesundheit und Wohlbefinden des Kindes ist zusammenfassend weniger die Quantität denn die Qualität der gemeinsam verbrachten Zeit148. Während der Betreuungsanteil jedes ElternBaude/Pearson/Drapeau Journal of Divorce & Remarriage 2016, 338, 353, 356. Zum Zusammenhang zwischen der Kontakthäufigkeit getrenntlebender Väter mit ihrem Kind und dessen Wohlergehen Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 106 m. N., in Bezug auf die Wahl des Betreuungsarrangements S.  134, 136 f.; Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 823; Salzgeber NZFam 2014, 921, 925; ders. FamRZ 2015, 2018, 2023; Walper/Langmeyer/Wendt, in: Hurrelmann et al. (Hrsg.), Handbuch Sozialisationsforschung, 2015, 364, 369 f.; s. auch BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  29: „auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen“ erforderlich. 148  Amato/Gilbreth Journal of Marriage and the Family 1999, 557, 564, 568, 569; Solomon/ Biringen Family Court Review 2001, 355, 360, 361; Lamb/Kelly Family Court Review 2001, 365, 366, 367; Salgo, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 891, 892; Bruch Family Law Quarterly 2006, 281, 292 f.; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 41; Smyth Journal of Family Studies 2009, 36, 42 f., 44, 50; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 136, 137, insb. 143 f.; Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 488 f., 494, 495, 496; Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 467, 472; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 320 f., 332; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xiii, xvi, xvii a. E., xviii f., 310; Kostka ZKJ 2014, 54, 57 f.; dies. Streit 2014, 147, 148 f., 157; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 164; Salzgeber NZFam 2014, 921, 924, 925; ders. FamRZ 2015, 2018, 2022, 2023, 2024; ders./Bublath NZFam 2016, 837, 838; Heilmann NJW 2015, 3346 f.; Walper/Langmeyer/Wendt, in: Hurrelmann et al. (Hrsg.), Handbuch So­ zialisationsforschung, 2015, 364, 376; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 106, 134, 136 f.; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2129; für hochkonflikt­ hafte Eltern McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 78. 146  147 

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teils mithin unbestreitbar ein nicht nur unerhebliches Ausmaß erreichen muss, damit die Aufrechterhaltung bzw. der Aufbau des geschilderten autoritativen Erziehungsstils gelingen kann149, gibt es (bislang) keinen Nachweis dafür, dass mehr Betreuungszeit ohne Weiteres zu einem größeren Wohlbefinden des Kindes führt150. Nachgewiesen scheint hingegen mittlerweile, dass die anzustrebende Qualität eher zu erreichen ist, wenn die Beziehung zwischen Kind und betreffendem Elternteil bereits vor der Trennung der Eltern gut und eng war151. Auch dies spricht vor dem Hintergrund zwar rückläufiger, jedoch weiterhin vorhandener traditioneller Rollenverteilung in deutschen Familien152 dagegen, das Wechselmodell zum „One-size-fits-all-Modell“ zu stilisieren153. (c) Häusliche Gewalt Die soeben dargelegten Bedenken sind erst recht der Praktizierung eines Wechselmodells in Fällen häuslicher Gewalt entgegenzuhalten. Dem betroffenen Kind und seiner Beziehung zu einem Elternteil oder beiden droht Schaden, sieht es sich psychischer, emotionaler, verbaler, sexueller und/oder physischer Gewalt ausgesetzt154. Endet die Gewalt jedoch mit der Trennung, so ist ein Wechsel­ modell nicht von vornherein ausgeschlossen155. 149  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 468, 472; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 64; Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2023. 150  Smyth Journal of Family Studies 2009, 36, 43; Kostka ZKJ 2014, 54, 57 f.: „[E]s gibt eben keine Formel ‚Quantität = Qualität‘ oder gar einen symmetrisch verlaufenden Zusammenhang ‚mehr Quantität = mehr Qualität‘“. 151  Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xii, xiii, xiv, xviii, xix, 343 f.; Kostka Streit 2014, 147, 150, 151, 157. 152  Keller/Haustein Wirtschaft und Statistik 2014, 733, 740 f., 742: Bei 29 % der betrachteten Paare (Mikrozensus 2013) war der Vater Alleinverdiener, 1996 war dies noch bei 40 % der Fall; s. auch Destatis, Datenreport 2016, 57: 27 % im Jahr 2014; bei Kindern im Alter von unter drei Jahren war der Vater 2012 gar in 53 % der Paargemeinschaften Alleinverdiener: Destatis, Geburtentrends und Familiensituation 2012 (2013), 45; bei bestehender Erwerbs­ tätigkeit beider herrscht das Modell der Vollzeittätigkeit des Mannes und Teilzeittätigkeit der Frau vor: a. a. O., 48 (Geburtentrends und Familiensituation 2012) bzw. 56 (Datenreport 2016); Mütter wenden etwa doppelt so viel Zeit für die Kinderbetreuung auf wie Väter: Destatis, Wie die Zeit vergeht. Ergebnisse zur Zeitverwendung in Deutschland 2012/2013, 2015, 11; zur Rollenverteilung s. auch Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 34 ff.; Kostka Streit 2014, 147, 151; dies. ZKJ 2014, 54, 56; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 165, 168. 153  So die Kritik von Kostka ZKJ 2014, 54, 57, an dem Werk Sünderhaufs (Wechselmodell, 2013); s. auch dies. Streit 2014, 147, 150 m. Fn.  38; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 296, 304, 313, 325, 345. 154  Johnston Family and Conciliation Courts Review 1995, 415, 421; Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 59; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 164; Aufzählung nach Kostka Streit 2014, 147, 153; s. auch Heilmann NJW 2015, 3346, 3347. 155  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 154 (unter 4. [c]), 164.

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(d) Alter des Kindes Die Betreuung in einem Wechselmodell eignet sich nicht für Kinder jeder Altersgruppe. (aa) Kleinst- und Kleinkinder Für Kinder vom ersten bis zum dritten Lebensalter wird es aufgrund der besonderen Bindungs- und Betreuungsbedürfnisse als praktisch kaum kindgerecht durchführbar156 oder gar gänzlich ungeeignet157 eingeschätzt. Auch tatsächlich wird es von den Eltern eher selten gewählt158. Die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung dieser Kinder hängt in besonderem Maße von einer beständigen Betreuung ab159. Während in dieser Phase einerseits der Aufbau einer sicheren Bindung zu einem Elternteil, in der Regel der Mutter, nicht gefährdet werden darf, sind andererseits die Vorteile eines frühen Aufbaus von Bindungen auch zum anderen Elternteil, regelmäßig also dem Vater, nicht zu vernachlässigen160. Ein Wechselmodell mit einem wiederkehrend wechselnden tatsächlichen Kindesaufenthalt dürfte den Bedürfnissen von Kindern im ersten Lebensjahr, die in aller Regel gestillt werden161, in gewissen Phasen fremdeln und ein besonderes Bedürfnis nach Ritualen und Stetigkeit haben162 , jedoch kaum gerecht werden. Es verdichtet sich vielmehr zunehmend der Verdacht, dass häufige Übernachtungswechsel, das heißt einmal die Woche oder häufiger, von Kindern unter vier Jahren das Risiko einer unsicheren Bindung des Kindes zur Mutter erhöhen und 156  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Salzgeber NZFam 2014, 921, 927, warnt vor einem Entwicklungsrisiko für Kinder bis zu einem Alter von fünf Jahren; auch Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 822, weisen auf eine „sensible Phase in der frühen Bindungsentwicklung bei zumindest einem Teil der Kinder“ hin; skeptisch auch Hennemann NJW 2017, 1787, 1788; Heilmann NJW 2015, 3346, 3347; Unzner FPR 2006, 274, 277: „Bindungsrisiko“; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  40, §  1684 Rn.  24. 157  Rohmann FPR 2013, 307, 311: wenigstens Kindergartenalter; a. A. – für eine „möglichst symmetrische Betreuung von Geburt an“ – Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 608. 158  Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 120, 130 f., 134, 138; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 111. 159  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 392; Pruett/Ebling/Insabella Family Court Review 2004, 39, 53, 55, 56: Zusammenhang zwischen der Stetigkeit des Arrangements und dem kindlichen Wohlbefinden. 160  Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 303 f., 306; Tornello/ Emery/Rowen et al. Journal of Marriage and Family 2013, 871. 161  Hierin kein Hindernis für Übernachtungen beim Vater erblickend Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 306 f. 162  Bergmann ZKJ 2013, 489, 490; Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 839; Unzner FPR 2006, 274, 277.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

gesundheitsschädliche Auswirkungen haben können163. Die in diesem Zusammenhang vielfach angeführte Studie von Solomon/George164 belegt dies zumindest – oder besser: lediglich – für gewisse Begleitumstände des Übernachtungsumgangs: Für die untersuchten Kinder, die regelmäßig ihren Vater über Nacht besuchten, war die Wahrscheinlichkeit einer unsicheren oder desorganisierten Bindung im Vergleich zu Kindern, die ihren Vater nicht über Nacht besuchten oder in einer intakten Familie aufwuchsen, größer, allerdings nur dann, wenn es der Mutter – insbesondere aufgrund von Konflikten mit dem Vater – nicht gelang, das Kind im Vor- und Nachhinein eines Umgangsbesuchs aufzufangen165. Die Wechsel nicht nur der Aufenthaltsorte, sondern auch der Bezugspersonen und die Trennungen von diesen verlangen dem Kind jedenfalls dann erhöhte Anpassungsleistungen ab und stellen eine Belastung für das Kind dar166, wenn dieses zuvor nicht mit dem Vater zusammengelebt und keine Bindung zu diesem aufgebaut hat167. Als zugleich Risiko- und Schutzfaktor erweisen sich dann das Vorhanden- bzw. Nichtvorhandensein von elterlichen Konflikten sowie der aktive psychologische Schutz des Kindes durch seine Mutter168. Kann sie diesen Schutz im zeitlichen Zusammenhang mit den Umgängen, die das Kind als Trennung empfindet und die folglich sein Bindungsverhalten aktivieren169, aus Unmut gegenüber dem Vater oder aus Angst vor einer (zukünftigen) Zurückweisung durch das Kind nicht leisten, reagiert sie mithin nicht beruhigend, sensibel und einfühlsam, sondern verärgert oder bedrohlich auf das kindliche Verhalten, so ist die Bindung zwischen Mutter und Kind und damit die Entwicklung des Kindes in Gefahr170. 163  McIntosh/Smyth/Kelaher, Parenting arrangements post-separation, Part II, 2010, 143 ff. (Kinder unter zwei Jahren), 148 ff. (Kinder von zwei bis drei Jahren), 156 f.; Fehlberg/ Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 325, 332; Tornello/Emery/Rowen et al. Journal of Marriage and Family 2013, 871, 878 f. m. Tab. 3, 882, 883: häufige Übernachtung bejaht bei mind. einer Nacht pro Woche; auf die Limitierungen der vorstehend genannten Untersuchungen hinweisend Nielsen Psychology, Public Policy, and Law 2014, 164, insb. 172 ff. 164  Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 22. 165  Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 22, 25. 166  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 466 a. E., 467, 471; s. auch KG ZKJ 2015, 422, 426. 167  Auf den Umstand, dass die Studie von Solomon/George überwiegend solche Kinder in den Blick nahm, die noch keine Bindung zu ihrem Vater aufgebaut und vielfach nur eine desorganisierte Bindung zur Mutter hatten, weisen Lamb/Kelly Family Court Review 2001, 365, 368, hin; es ist also zu unterscheiden zwischen dem Aufbau und der Aufrechterhaltung von Bindungen. 168  Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 25. 169  Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 27. 170  Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 25.

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Ist die elterliche Beziehung mithin von intensiven Konflikten geprägt und schlagen sich diese in fehlender Kommunikation, Spannungen und Feindseligkeit bei den Übergaben des Kindes nieder, so sollte auf Übernachtungsbesuche beim Vater in den Jahren des Bindungsaufbaus möglichst verzichtet werden171. Als Alternative kommen kurze, dafür häufigere Kontakte von Vater und Kind am Tage in Betracht, um einen Bindungsaufbau zur Mutter nicht zu gefährden und einen solchen zum Vater172 gleichwohl zu ermöglichen173. Letzterer ist hierdurch keineswegs gefährdet: Ein Bindungsaufbau findet nicht nur innerhalb der ersten drei Lebensjahre des Kindes statt; hat das Kind in diesem Zeitraum eine Bindung (regelmäßig zur Mutter) aufgebaut, so ist es für seine Zukunft mit der Fähigkeit ausgestattet, weitere Bindungen (insbesondere auch zum Vater) einzugehen174. Der Vater muss also nicht von Geburt des Kindes an in (annähernd) gleichem Umfang wie die Mutter für dieses sorgen, um zu einer wichtigen Bezugsperson zu werden175. Unerlässlich ist jedoch, dass mit der ersten Bindung eine sichere Basis für weitere geschaffen wird176. Für Kleinst- und Kleinkinder bietet sich somit eher ein Nestmodell an, mithin ein (häufiger) Aufenthalt des Vaters, unter Umständen im Wechsel mit der Mutter, beim Kind und nicht ein Wechsel des Kindes. Selbst wenn für Kinder zwischen einem und drei Jahren ein 24-Stunden-Kontakt samt Übernachtung oder ein ganzes Wochenende vorgeschlagen wird177, so kann hier schwerlich von einem Wechselmodell gesprochen werden; in Betracht gezogen wird hier rechtlich nichts anderes als Umgang. S. auch Solomon/Biringen Family Court Review 2001, 355, 359, 361; Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 466, 468: bis zur Sprachfähigkeit des Kindes; a. A. Kelly/Lamb Family and Conciliation Courts Review 2000, 297, 304, 308 f.: Übergabe etwa in Anwesenheit eines Babysitters oder an neutralen Orten; Lamb/Kelly Family Court Review 2001, 365, 367 ff. 172  Der Aufbau einer Bindung zum Vater scheint damit abhängig zu sein weniger von Übernachtungen und häufigen Wechseln als vielmehr von der Zulassung des Kontakts und des Bindungsaufbaus zwischen Vater und Kind durch die Mutter sowie von der Kommunikation von Mutter und Vater während der Zusammentreffen mit dem Kind: Solomon/George Attachment & Human Development 1999, 2, 26; Solomon/Biringen Family Court Review 2001, 355, 361. 173  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 468, 472: zwei kurze Besuche unter der Woche und ein Tag am Wochenende, Übernachtungen allenfalls einmal in zwei Wochen und im Anschluss an eine Anbahnungsphase durch häufigere Kontakte am Tag; Salzgeber/ Bublath NZFam 2016, 837, 839; Unzner FPR 2006, 274, 277. 174  Main/Hesse/Hesse Family Court Review 2011, 426, 438 f.; Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 465. 175  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 472. 176  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 472. 177  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 610; zu Übernachtungen von Kleinst- und Kleinkindern s. auch Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 163. 171 

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(bb) Heranwachsende Kinder Mit zunehmendem Alter steigen zwar einerseits auch die „‚multilokalitäts­ erleichternde[n]‘ Kompetenzen“ des Kindes, die es ihm ermöglichen, „soziale Kontakte über Entfernung aufrechtzuerhalten, räumlich mobil zu sein und sich an unterschiedlichen Orten zurechtzufinden“178. Diese könnten die Praktizierung eines Wechselmodells also begünstigen. Die andererseits zumindest für heranwachsende Kinder in den Vordergrund rückende Vernetzung mit Gleichaltrigen kann zum einen auf einen Aufenthaltsort konzentriert sein179 und geht zum anderen mit einer Lockerung der Bindung an die Eltern einher mit der Folge, dass es – jedenfalls bei größerer Wohndistanz180 – regelmäßig irgendwann zu einer Ablehnung des praktizierten Wechselmodells durch das Kind kommt181. Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn die Trennung der Eltern erst im Jugendalter eintritt182. Das heranwachsende Kind entgegen seinem kundgetanen Willen183 an der bisherigen Praxis festzuhalten, verstößt gegen den Grundsatz aus §  1626 Abs.  2 BGB, das Kind seinem Entwicklungsstand entsprechend in Entscheidungen mit einzubeziehen, und kann im Einzelfall den Staat als Wächter des Kindeswohls auf den Plan rufen.

Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 9 m. Fn.  5; diese Kompetenzen haben sich für die Praktizierung eines Wechselmodells jedoch nicht als ausschlaggebend erwiesen (S.  17, 19, 21: je jünger die Kinder, desto höher die Wahrscheinlichkeit für häufige Kontakte). 179  Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 21. 180  Zu diesem Kriterium unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (g) (ab S. 57). 181  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 323, 327; Steinman Amer. J. Ortho­ psychiat. 1981, 403, 412; dies. U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 748, 755; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41; Kropholler JR 1984, 89, 96; Juby/Marcil-Gratton/Le Bourdais, When Parents Separate, 2005, 30; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 394: Alleinsorge ab einem Alter von elf Jahren wahrscheinlicher; Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 120, 130 f., 134, 138; Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 14; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 618; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 111, 124 f., 135; BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  29; von positiven Ergebnissen einer Wechselmodellpraxis bei 12-, insb. aber 15-Jährigen berichtend Bergström/Modin/Fransson et al. BMC Public Health 2013, 13:868, 1, 3 ff. 182  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 111 f.; s. auch Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 11, 18, 19, 21: „Mit dem Alter bei der Trennung steigt die Wahrscheinlichkeit für eine multilokale Lebensweise“. 183  Zum Willen des Kindes sogleich noch unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (f) (ab S. 54). 178 

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(cc) Fazit zum Alter des Kindes Damit eignet sich ein Wechselmodell im Wesentlichen für Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren184. Kinder in diesem Alter können bereits einschätzen, „was morgen meint“, und sind dadurch in der Lage, die Übernachtungswechsel vorauszusehen und deren Folgen besser zu verkraften185. Nachgewiesen sei der Nutzen einer wechselnden Betreuung für Kinder ab dem Vorschulalter186. Tatsächlich wird sie denn auch am häufigsten in der Altersgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen, also im Grundschulalter, praktiziert187. (e) Persönlichkeit des Kindes Neben dem Alter des Kindes können sich weitere Eigenschaften desselben förderlich, insbesondere aber auch hinderlich auf die Wahl und Praktizierung eines Wechselmodells auswirken. Förderlich ist sicherlich eine Flexibilität – nicht nur des Betreuungsarrangements188, sondern gerade auch – des Kindes, die womöglich eher bei Kindern vorhanden ist, die von Geburt an relativ ruhig und gelassen sind189. Als hinderlich erweisen können sich eine auffällige Persönlichkeitsstruktur oder gesundheitliche Probleme des Kindes mit der Folge eines besonderen Förder- und Behandlungsbedarfs190. Kinder können auch einfach launisch 184  Sroufe/McIntosh Family Court Review 2011, 464, 473: Sechs- bis Achtjährige; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Salzgeber NZFam 2014, 921, 923; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 111; in Schweden wurde gar über eine Altersbegrenzung für Kinder unter drei Jahren nachgedacht, schließlich jedoch für eine Einzelfallentscheidung eingetreten: Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42. 185  McIntosh/Smyth/Kelaher, Parenting arrangements post-separation, Part II, 2010, 152 ff., 156, stellten bei Kindern von vier bis fünf Jahren im Vergleich zu den jüngeren keine durch die Übernachtungswechsel ausgelösten Probleme fest. 186  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 161 a. E. 187  Zumindest zwei der drei von Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 124 f., 135, ausgewerteten Datensätze (AID:A, pairfam) belegen dies; zu internationalen Befunden: Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 120, 130 f., 134, 138, 168: 5- bis 11-Jährige; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 394, und McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 37: Vereinbarung für Kinder unter sieben Jahren wahrscheinlicher; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 18, 37, 140; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 322; Sodermans/Matthijs/Swicegood Demographic Research 2013, Vol. 28, 821, 832 f., 836: 4- bis 12-Jährige; s. auch die Zusammenstellung internationaler Befunde bei Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 107 ff. 188  Dazu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (l) (ab S. 67). 189  Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer, 1989, 318. 190  Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2022: z. B. ADHS; Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 840.

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und reizbar191 sowie wenig umstellungsbereit sein192. Das Temperament des Kindes und seine Fähigkeit, Veränderungen zu verkraften, sind also zwingend zu berücksichtigen193. Die Konfrontation mit elterlichen Konflikten wird von Kindern ebenfalls unterschiedlich bewältigt: Einige vermögen sich von ihnen zu distanzieren, andere geraten „zwischen die Fronten“ und zeigen Verhaltensauffälligkeiten194. Generell ist die Belastung des Kindes durch die Trennung zu berücksichtigen195. Die Persönlichkeit des Kindes sollte zusammenfassend eine ganz wesentliche Rolle bei der Wahl des Betreuungsmodells spielen. (f) (Nicht‑)Berücksichtigung des Kindeswillens Anders als im Sorgerechtsverfahren nach §  1671 Abs.  1 BGB, in dem das mindestens 14-jährige Kind gemäß S.  2 Nr.  1 ein Widerspruchsrecht hat, das zwar nicht die Wirkung eines Vetos entfaltet, jedoch die gerichtliche Bindung an den übereinstimmenden Elternwillen aufhebt196, gibt es für das Kind bei elternautonomen Vereinbarungen keine derart rechtlich erhebliche Einflussnahmemöglichkeit. Zwar sind von den Eltern gemäß §  1626 Abs.  2 BGB die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen und dieses seinem Entwicklungsstand entsprechend bei Fragen der elterlichen Sorge in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Allerdings sind die Eltern nicht etwa dergestalt an den kindlichen Willen gebunden, dass sie diesem – gleich in welche Richtung – folgen müssten197. Ein Übergehen des kundgetanen Kindeswillens oder eine generelle Nichteinbeziehung des Kindes hat für die Eltern aufgrund ihres verfassungsrechtlichen Elternrechts nur dann Konsequenzen, wenn hierdurch die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung überschritten wird198. Damit sind sowohl die Begründung als auch die Beendigung eines Wechselmodells ohne oder auch gegen den – auf oder gegen ein Wechselmodell gerichteten – Willen des Kindes möglich, solange dessen Wohl durch die Übergehung nicht gefährdet wird. Eine solche Gefährdung liegt aber nahe, wenn sich das Kind, das schließlich die Hauptlast dieser Betreuungsform zu tragen hätte, in Kenntnis dieser Belastungen ausdrücklich dagegen ausspricht und die Eltern Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer, 1989, 318 f. Salzgeber NZFam 2014, 921, 928. 193  Unzner FPR 2006, 274, 277. 194  Johnston/Kline/Tschann Amer. J. Orthopsychiat. 1989, 576, 590. 195  Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 840. 196  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  27. 197  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626 Rn.  75. 198  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626 Rn.  78. 191 

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eine solche Praxis gleichwohl erzwingen199. Die Unzufriedenheit des Kindes mit dem Wechselarrangement stellt einen Risikofaktor für seine Entwicklung dar200. Kindlicher Widerstand gegen Umgang hat oft gute Gründe, seine Ursache muss gründlich und vorsichtig ergründet werden 201. Gegen den Widerstand insbesondere des älteren Kindes ist ein Wechselmodell ohnehin kaum mehr durchsetzbar202. Umgekehrt ist die Beachtlichkeit eines auf die Praktizierung eines Wechselmodells gerichteten Willens des Kindes, das die Belastungen dieser Betreuungsform noch nicht erfahren hat und damit unter Umständen nicht hinreichend einschätzen kann, einer besonders gründlichen Prüfung zu unterziehen 203. Neben der Fähigkeit des Kindes, die besonderen Belastungen dieses Betreuungsmodells tatsächlich richtig einzuschätzen, ist für die Beurteilung der Beachtlichkeit seines Willens auch zu berücksichtigen, dass sich das Kind womöglich nur aus dem nachvollziehbaren und doch unrealistischen Wunsch heraus, alles möge auch nach der Elterntrennung möglichst so bleiben wie zuvor, oder – von einem Loyalitätskonflikt beherrscht – bloß deshalb für ein Wechselmodell ausspricht, weil es sich sonst mit seiner Entscheidung für den einen Elternteil notwendig gegen den anderen wenden müsste204. Interessante Erkenntnisse zur Berücksichtigung des Kindeswillens bei der Begründung eines Wechselmodells liefert die australische Studie von McIntosh et al.205 Die Teilnehmer der Studie – hochkonflikthafte Eltern – wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Erkenntnisse eines stets mit dem Kind geführten Ge199  S. Jokisch FuR 2013, 679, 682: Wechselmodell dann auch nicht bei Einvernehmen der Eltern; s. auch OLG München FamRZ 2007, 753, 754: Entscheidung nach §  1671 Abs.  2 Nr.  2 BGB a. F.; Salzgeber NZFam 2014, 921, 926: zunächst „Probephase“. 200  McIntosh/Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 42, 50. 201  Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xii, xviii, xix; Kostka Streit 2014, 147, 151. 202  Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 840: Willensäußerungen von Kindern ab ca. 12 Jahren müssten aufgrund der Selbstwirksamkeitsüberzeugung „unbedingt beachtet werden“; Horndasch FuR 2016, 558, 562; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  69; s. auch OLG Dresden FamRZ 2017, 896, 897 f.: 9- oder 10-jähriges Kind; OLG Jena FamRZ 2016, 2122, 2124: 8-jähriges Kind; OLG Saarbrücken NJW-RR 2013, 1026, 1027: 9-jähriges Kind. 203  Vgl. Jokisch FuR 2013, 679, 682; Salzgeber NZFam 2014, 921, 926; skeptisch auch Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; stets für eine sorgfältige Prüfung des Kindeswillens MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  68 f.; die Authentizität des Willens einer 7-Jährigen (Pferde in der Nähe des Vaters) verneinend OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2129; zum (im Verfahren der einstw. AO jedoch nicht entscheidungserheblichen) Willen eines 11-Jährigen OLG Hamm FamRZ 2012, 236, 237. 204  Vgl. BVerfGE 55, 171, 183 f. = FamRZ 1981, 124, 127; KG ZKJ 2015, 422, 424; Klußmann FamRZ 1982, 118, 120; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 283; Salzgeber/Bublath NZFam 2016, 837, 840; Kostka, in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 171; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  68. 205  S. §  4 Fn.  127.

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sprächs wurden mit den Eltern der einen Gruppe („child-inclusive“) im Rahmen der Mediation diskutiert, um in besonderer Weise zu fördern, dass diese ihre Verhandlungen an den Sichtweisen des Kindes und seinen speziellen Bedürfnissen ausrichten, während sie der zweiten Gruppe („child-focused“) vorenthalten wurden. Während sich Eltern der letztgenannten Gruppe häufiger auf ein Wechselmodell (mindestens 35 zu 65 Prozent Betreuungszeitverteilung) verständigten (57 Prozent), war es bei einer Einbeziehung des Kindeswillens wahrscheinlicher, dass ein Arrangement zugunsten eines hauptsächlich betreuenden Elternteils getroffen wurde (68 Prozent)206. Bereits nach einem Jahr zeichnete sich ab, dass die Kinder aus der child-inclusive-Gruppe deutlich zufriedener mit dem Betreuungsarrangement waren als diejenigen der child-focused-Gruppe207. Korrespondierend damit hatten die Arrangements der child-inclusive-Familien überwiegend mindestens für ein Jahr Bestand 208, wohingegen Gleiches nur für 20 Prozent der vereinbarten Wechselmodelle aus der child-focused-Gruppe galt209. Nach vier Jahren zeigte sich, dass das Arrangement bei stärkerer Beteiligung des Kindes 1,5-mal stabiler war und 1,6-mal eher zugunsten einer Hauptbetreuung durch einen Elternteil ausfiel210. Dies zeigt, dass Kinder nicht nur eher eine Meinung zur Ausgestaltung der tatsächlichen – „wo lebe ich?“ – als der rechtlichen Sorge – „wer entscheidet für mich?“ – haben 211, sondern dass sie durchaus ein Gespür dafür zu haben scheinen, welche Art der Betreuung für sie die beste ist. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Einbeziehung des Kindeswillens es den Eltern erleichterte, ihre Vereinbarung an der Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes auszurichten und sich nicht von einem Anspruchsdenken leiten zu lassen 212. McIntosh Family Court Review 2009, 389, 396 (Tab. 1); McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 67 Tab. 8. 207  McIntosh/Wells/Smyth/Long Family Court Review 2008, 105, 113, 114 Abb. 4, 115, 120. 208  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 396 (Tab. 1), und McIntosh/Smyth/Wells/ Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 67 (Tab. 8): Nur 3 % der Eltern änderten die Betreuung in ein Wechselmodell; von den ursprünglichen Wechselmodellabreden aus dieser Gruppe (31 %) hatten 14 % Bestand, während bei 17 % ein Wechsel zur Hauptbetreuung durch einen Elternteil stattfand. 209  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 396 (Tab. 1): Bei den übrigen 37 % fand ein Wechsel zur Hauptbetreuung durch einen Elternteil statt; von den Fällen vereinbarter Hauptbetreuung durch einen Elternteil (43 %) hatten 34 % Bestand, während 9 % der Fälle in ein Wechselmodell mündeten. 210  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 396 f.; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 67, 73; s. auch die Ergebnisse nach einem Jahr: McIntosh/Wells/Smyth/Long Family Court Review 2008, 105, 113. 211  Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 42. 212  McIntosh/Wells/Smyth/Long Family Court Review 2008, 105, 118. 206 

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Zusammenfassend ist dem Kindeswillen bei einem Arrangement wie dem Wechselmodell, dessen Kindeswohldienlichkeit von vielen verschiedenen Faktoren abhängt und das folglich in besonderem Maße störanfällig ist, ein hoher Stellenwert einzuräumen 213. Dem Kind darf jedoch keinesfalls eine unangemessene Entscheidung zwischen seinen Elternteilen abverlangt werden, die durch eine möglichst gerechte Aufteilung seiner selbst zu treffen es sich genötigt fühlen könnte214. Soll das vereinbarte Wechselmodell langfristig funktionieren, so sollten die Eltern auf eine von Flexibilität und Respekt geprägte Partnerschaft mit dem (insbesondere älteren) Kind und nicht auf einseitige Vorgaben und Kontrolle selbiger setzen 215. (g) Wohndistanz zwischen den Eltern, Wechselfrequenz Von besonderem Einfluss auf das Kindeswohl ist bei der Praktizierung eines Wechselmodells die örtliche Nähe der Elternwohnsitze216. Tatsächlich lässt sich 213  Dass das Anliegen von Kindern, bei der Betreuungsverteilung mitzureden, ein ganz wesentliches ist, kommt in der von Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parent­ ing Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 134 f., 137, 142, 145, angestellten Befragung klar zum Ausdruck: Mitspracherecht als Ratschlag an andere von elterlicher Trennung betroffene Kinder; s. auch Smart Critical Social Policy 2004, 484, 487: Mitspracherecht als Kontrolle über die eigene Situation; Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 487 f., 494, 496; Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 58, 60; Fortin/ Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xi, xvi, xvii, xviii, 310, 311, 344: positiver Zusammenhang zwischen einer Einbeziehung des Kindes in die Entscheidungsfindung zum Umgang und einer positiven Erfahrung diesbezüglich; BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  29 („[w]esentlicher Aspekt“) und S.  533, 536 Rn.  9, 34 (Erfordernis der Kindesanhörung); OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284, 1285 Rn.  41; Hennemann NJW 2017, 1787, 1789 a. E.; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  37 a. E. 214  Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 58; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xvii; Kostka Streit 2014, 147, 157. 215  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 500. 216  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 327; Kropholler JR 1984, 89, 91; Michalski FamRZ 1992, 128, 134 f.; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 50; ders. FamRB 2006, 275, 279; Smyth/Caruana/Ferro, in: Smyth (Hrsg.), Parent-child contact and post-separation parenting arrangements, 2004, 29; Juby/Marcil-Gratton/Le Bourdais, When Parents Separate, 2005, 50; Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 134; Balloff FPR 2006, 284; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 41, 42; Kaspiew/Gray/ Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 142 ff.; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-­ separation, Part I, 2010, 38, 73; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 22, 52, 62, 65 ff., 137, 139, 140; Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 13 f.; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 322; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 16; Löhnig NZFam 2016, 817, 818; Walper, in: Deutscher Familiengerichts-

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allgemein beobachten, dass vor allem bei bestehender Wohnortnähe ein häufiger Kontakt zum externen Elternteil realisiert wird, wohingegen die Kontakthäufigkeit bei Entfernungen von mehr als einer Stunde deutlich abnimmt, die Wahrscheinlichkeit für einen Kontaktabbruch sich spiegelbildlich erhöht217. Wird ein Wechselmodell in Deutschland noch vergleichsweise häufig von in derselben Nachbarschaft lebenden Eltern praktiziert, halbiert sich der Anteil bereits im Falle eines 15-minütigen Fußweges innerhalb derselben Ortschaft und reduziert sich auf Null bei einer Wegstrecke von mehr als einer Stunde218. Selbst das Vorhandensein anderer, für die Wahl und Praktizierung eines Wechselmodells förderlicher Kriterien vermag eine große Wohndistanz nicht „aufzuwiegen“219. Mit zunehmender Entfernung steigen nicht nur die Transport- und Kommunikationskosten, auch der planerische, organisatorische und zeitliche Aufwand für das Wechseln des Kindes220 und die durch das Pendeln verursachten Belastungen 221 erhöhen sich; der Einfluss des Kindes auf die Planungen der Wechsel schwindet dagegen 222. Vergessene Sachen können nicht einfach geholt werden 223. Selbst Verfechter des Wechselmodells erkennen daher in einer zu großen Distanz ein „Ausschlusskriterium für Betreuung im Wechselmodell“224. Die Beurteilung, ob das noch kindeswohlgerechte Maß an örtlicher Distanz

tag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 112, 125, 135; Hennemann NJW 2017, 1787, 1788 a. E.; OLG Dresden FamRZ 2005, 125, 126: alle für die Kinder wesentlichen Örtlichkeiten – insb. Kindergarten und Schule – fußläufig erreichbar; KG ZKJ 2015, 422, 426: Distanz der Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen Berlins von zehn Kilometern problematisch; OLG Hamm, Beschl. v. 24.5.2016 – 3 UF 139/15, juris Rn.  58, 73: bei 217 km Wohndistanz und unterschiedlichen Schulsystemen und ‑ferien „faktisch undurchführbar“; BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  30; OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284, 1285 Rn.  37; Löhnig FF 2017, 429, 432; allg. zur gemeinsamen (rechtlichen) Sorge Magnus/Dietrich FamRZ 1986, 416, 418, 419; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 60 f.; s. auch Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 25. 217  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 112; Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 16. 218  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 125, gestützt auf AID:A-Daten. 219  Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 18, 21: „Der hochsignifikante negative Einfluss einer hohen Wohnentfernung erweist sich als robust“. 220  Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 4. 221  Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 13. 222  Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 13. 223  Salzgeber NZFam 2014, 921, 928. 224  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 97; s. auch dies. FamRB 2013, 327, 334 f.; das Wechselmodell vor diesem Hintergrund als „Großstadtmodell“ betitelnd Kinderrechte­ kommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158; ebenso Salzgeber NZFam 2014, 921, 923.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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überschritten ist, hat letztlich in Abhängigkeit vom Alter225 des Kindes sowie der vereinbarten Wechselfrequenz zu erfolgen. Mit dem Alter des Kindes variiert dessen örtliche Gebundenheit. Diese kann etwa mit der Aufnahme in eine Krippe, Kindertagesstätte oder ähnliches und vor allem mit Beginn der Schulpflicht steigen, während sie bei älteren Kindern oder Jugendlichen, sofern ein Wechselmodell hier aufgrund des vermehrten Umgangs des Kindes mit Gleichaltrigen überhaupt noch praktikabel ist226, aufgrund höherer Mobilität – eigenständige Teilnahme am Öffentlichen Personennahverkehr, Nutzung von Fahrrad, Motorroller etc. – wieder sinken kann. Dem Kind muss es jedenfalls möglich sein, von beiden Elternwohnsitzen aus mit vertretbarem Zeitaufwand dieselbe Schule erreichen zu können 227; denn gerade die Schule kann bei einem ständig wechselnden Zuhause eine wichtige Konstante bilden 228. Gleiches sollte zwecks Beibehaltung von Kontakten zu Freunden und Integration in eine Gruppe auch für Kindergarten oder Kindertagesstätte gelten 229. Eine Kindeswohlgefährdung liegt nahe, wenn das Kind aufgrund des Wechselmodells zu einem Besuch verschiedener Schulen gezwungen würde, wäre es doch vermutlich in keiner der beiden Klassen vollständig integriert. Auch die vereinbarte Wechselfrequenz des Kindesaufenthalts trägt entscheidend zur Beurteilung bei, ob eine Distanz zwischen den Elternwohnsitzen mit Blick auf das Kindeswohl noch vertretbar ist oder nicht. Hier kann die Spanne von einem täglichen Wechsel über halbwöchentliche, wöchentliche, monatliche bis hin zu halbjährlichen oder jährlichen Wechseln reichen 230. Erscheint ersteres nur praktikabel, wenn die Eltern etwa in demselben Haus oder zumindest derselben Straße wohnen, ist ein halbjährlicher oder jährlicher Wechsel – zuminFthenakis FamRZ 1988, 578, 579. Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (d) (bb) (S. 52). 227  Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xviii, 311 f.; Bergmann ZKJ 2013, 489, 490; Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2020; Gottschalk/Heilmann ZKJ 2017, 181, 183; Hennemann NJW 2017, 1787, 1788 a. E.; dies., in: MüKoBGB §  1671 Rn.  43; die Kontinuität in Bezug auf Schule und Freundschaften war für alle von der Steinman-Studie (Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 412, und U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 748, 754) erfassten Kinder äußerst wichtig; s. auch OLG Jena, Beschl. v. 22.8.2011 – 2 UF 295/11, juris Rn.  21. 228  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 412, und U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 748: „anchoring place“. 229  OLG Hamburg, Beschl. v. 18.8.2016 – 12 UF 193/15, juris Rn.  11; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 281; Salzgeber NZFam 2014, 921, 923; Hennemann NJW 2017, 1787, 1788 a. E.; a. A. OLG Jena, Beschl. v. 22.8.2011 – 2 UF 295/11, juris Rn.  18; Bergmann ZKJ 2013, 489, 490. 230  S. etwa die vereinbarten Arrangements bei Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 407; s. auch Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 43. 225 

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dest was die geographischen Verhältnisse betrifft – beispielhaft auch zwischen Schleswig-Holstein und Bayern denkbar. Eine derartige Reduzierung der Wechsel verlangt dem Kind jedoch im Gegenzug eine Anpassung an unterschiedliche Schulen sowie Nachbarschaften und damit das jeweilige soziale Umfeld, gegebenenfalls auch an verschiedene Lebensstile der Elternteile ab231. Bei der Bestimmung einer Wechselfrequenz sind die Eingewöhnung des Kindes anlässlich des Wechsels und die Beziehungskontinuität zu beiden Elternteilen ebenso zu berücksichtigen wie die altersentsprechenden Bedürfnisse und der Lebensrhythmus des Kindes232. Für die häufigsten Wechselfrequenzen, die sich innerhalb eines Bereichs eines dreieinhalb- bis 14-Tages-Rhythmus bewegen, sowie die für ein Wechselmodell besonders geeignete Altersgruppe der drei- bis zwölf-Jährigen 233 und zugunsten deren Integration in Kindergarten und Schule ist eine Wohnortnähe vorauszusetzen, die eine Erreichbarkeit dieser Einrichtungen mit vertretbarem Zeitaufwand 234 – als Grenze wird an dieser Stelle eine halb- bis einstündige Anfahrtszeit vorgeschlagen – ermöglicht. Nicht zu vernachlässigen sind jedoch auch die psychologischen Auswirkungen einer örtlichen Distanz auf das Kind. Während sich für ein Kind, das die geographischen Verhältnisse richtig einzuordnen und sich sicher und selbstständig zwischen den Elternwohnsitzen hin und her zu bewegen vermag, beide Eltern auch emotional als erreichbar und verfügbar darstellen, ist der Wechsel für andere mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden, verloren oder versehentlich zum „falschen“ Elternteil zu gehen235. So kann selbst eine von Erwachsenen als gering empfundene Distanz von drei Kilometern, die vom Kind eigenständig mit Fahrrad oder Bus bewältigt werden kann, von diesem als psychische Belastung empfunden werden. Damit kann auch das Kriterium der örtlichen Nähe nicht objektiv bestimmt werden; die Frage, wie sich die Entfernung auf das Kindeswohl auswirkt, ist vielmehr eng gekoppelt mit dem konkreten Alter und den speziellen emotionalen Bedürfnissen des individuellen Kindes. Ein entsprechendes Arrangement als offensichtlich problematisch bezeichnend Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 756; dies. Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 411 f.: Ein Kind berichtet, dass es, sobald es sich nach einem Jahr gerade wieder sicher gefühlt hat, erneut wechseln musste; besonders schwierig sei es, einen Freund zurückzulassen und, verändere sich doch jeder Mensch mit der Zeit, nicht zu wissen, wie es nach einem Jahr noch um die Freundschaft stehen wird. 232  Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 134 f. 233  So das Fazit zum Alter des Kindes unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (d) (cc) (S. 53). 234  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391: „within a moderate car trip“. 235  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 411; dies. U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 756. 231 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Im Zusammenhang der örtlichen Nähe kann sich auch das Problem stellen, dass ein Elternteil, der ein Wechselmodell zu verhindern bezweckt, einen Wohnortwechsel vornimmt, der eine Praktizierung dieser Betreuungsform praktisch unmöglich macht. Im Unterschied etwa zu einigen Staaten der USA, in denen eine Sorgerechtszuweisung mit dem Verbot gekoppelt werden kann, den Gerichtsstaat ohne Genehmigung des Gerichts bzw. Einwilligung des anderen Elternteils zu verlassen (sogenannte „ne-exeat-orders“)236, betont der Bundesgerichtshof die Umzugsfreiheit auch des alleinsorge- oder alleinaufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils237. Auf triftige Gründe muss sich der umziehende Elternteil nicht berufen können, darf mit dem Umzug jedoch nicht (auch) den Zweck verfolgen, den Kontakt zwischen Kind und anderem Elternteil zu vereiteln; andernfalls stehen seine Bindungstoleranz und Erziehungseignung in Frage238 mit der Folge, dass eine Alleinzuweisung zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den anderen Elternteil angezeigt sein kann. Solange aber ein Kontakt, und hierfür genügt ein Umgang im „gewöhnlichen“ Ausmaß, nicht unmöglich ist, kann ein in Rede stehender, ein Wechselmodell verhindernder Umzug für sich genommen keine sorgerechtlichen Konsequenzen haben. (h) Unterschiedliche Erziehungs- und Lebensstile Teilweise werden Eltern, die ein Wechselmodell zu praktizieren gedenken, gleiche oder zumindest ähnliche Erziehungsstile abverlangt239. Dem kann jedoch in dieser Pauschalität nicht zugestimmt werden. Zum einen können von den Eltern nicht einmal in einer intakten Familie einheitliche Erziehungsstile, bei dessen Wahl jeder Elternteil von Verfassungs wegen frei ist, erwartet werden 240. Zum anderen sind Kinder sehr wohl in der Lage, sich auf verschiedene Persönlichkei236  Coester FF 2011, 285, 288; zu dieser Umzugsproblematik auch bereits ders. EuGRZ 1982, 256, 260; Hüsstege, Uniform Child Custody Jurisdiction Act, 1982, 40 f., 77; darauf, dass ein Wechselmodell in den USA auch dadurch begünstigt werde, dass die Amerikaner in der Wahl ihrer Wohnung und ihrer häuslichen Arrangements im Durchschnitt flexibler seien, weist Kropholler JR 1984, 89, 93, hin. 237  BGHZ 185, 272, 280 f. Rn.  23 f. = FamRZ 2010, 1060, 1062 m. zust. Anm. Völker; FamRZ 2011, 796, 799 Rn.  54. 238  BGHZ 185, 272, 280 f. Rn.  23 f. = FamRZ 2010, 1060, 1062; FamRZ 2011, 796, 799 Rn.  54. 239  Kropholler JR 1984, 89, 93; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  28a. 240  Bergmann ZKJ 2013, 489, 490; Schilling NJW 2007, 3233, 3239; Vogel FPR 2005, 65, 68; vgl. auch OLG Dresden FamRZ 2005, 125, 126, das abweichende Regeln bei Mutter und Vater für unschädlich erachtet, weil diese auch bereits seit einem Jahr so praktiziert wurden; ebenso AG Hannover JAmt 2001, 557, 558, das es trotz „unterschiedliche[r] Erziehungsstile und Wertewelten“ der Eltern bei der gemeinsamen Sorge und somit dem praktizierten Wech-

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ten und Verhaltensweisen der Elternteile einzustellen und sogar von diesen zu profitieren 241. Zwar können bei der Praktizierung eines Wechselmodells häufigere Absprachen erforderlich 242 und ein Grundkonsens243 oder ein einheitliches Erziehungskonzept mit klaren und übereinstimmenden Erziehungszielen 244 von Vorteil sein. Umgekehrt können Spannungen, die durch unterschiedliche Anschauungen über die Kindererziehung ausgelöst werden, zu Konflikten beim Kind führen 245. In die Nähe einer Kindeswohlgefährdung geraten die Eltern damit aber erst bei einem Mangel an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit246; solange sich die Eltern der unterschiedlichen Erziehungsstile bewusst sind und diese gegenseitig tolerieren, dürfte die Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB in sicherer Entfernung liegen 247. Etwas anderes könnte dagegen für eine – sich erst nach der Trennung realisierende – derart starke Diskrepanz in den elterlichen Werthaltungen und Ideologien gelten, dass das Kind die ihm abverlangte Anpassungsleistung nicht mehr aufzubringen vermag248. Eine Trennung der Eltern kann zudem stark divergierende Lebensstile derselben zur Folge haben, was dem Kind eine Anpassung nicht bloß an die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Erziehungsstile der Eltern, sondern auch an das häusliche Umfeld samt unterschiedlicher Routinen abverlangt249. Die Kinselmodell beließ; s. auch OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125: zeitlich späterer Lebensrhythmus beim Vater. 241  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 158; Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 408 f.; Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 60; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 42; OLG Dresden FamRZ 2005, 125, 126; OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 913; OLG Stuttgart NJWRR 2017, 1284, 1285 Rn.  36. 242  S. bereits unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (aa) (S. 40 f.). 243  BGH FamRZ 2017, 532, 535 f. Rn.  30; Bergmann ZKJ 2013, 489, 490. 244  OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1884 m. zust. Anm. Clausius jurisPR-FamR 15/2012 Anm.  5; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738: Sonst drohe „ein ‚Wechselbad‘ verschiedener Erziehungsstile“; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2129; AG Hannover JAmt 2001, 557, 558; Michalski FamRZ 1992, 128, 134; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  51a. 245  Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 409; Luepnitz Journal of Divorce 1986, Vol. 9 (3), 1, 5; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 78; Kaltenborn FamRZ 1983, 964, 969; s. auch Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 55 f. 246  Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (ab S. 37). 247  Vgl. Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 409; dies. U.C. Davis L. Rev. 1982– 1983, 739, 747. 248  Vgl. Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 281, und Salzgeber NZFam 2014, 921, 925; s. auch Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 14 m. N.: Kinder berichteten im Falle sehr unterschiedlicher Erziehungsstile der Eltern „von dem Gefühl, zwei verschiedene Personen zu sein, je nachdem bei welchem Elternteil sie sich aufhalten“. 249  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 324 f.

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der einer frühen Fallstudie von Abarbanel250 vermochten dies allerdings zu bewältigen, wobei die Eltern, die sich ihrer Unterschiedlichkeit bewusst und sehr kooperativ waren, hierzu einen gewichtigen Beitrag leisteten, indem sie Informationen das Kind betreffend über das gewöhnliche Maß hinaus austauschten 251. Und auch wenn die Eltern und deren Haushalte sehr unterschiedlich sein mögen, so kann doch jeder Elternteil dem Kind zumindest während seiner Betreuungsphasen Kontinuität bieten 252. (i) Bildungsstand bzw. intellektuelles Niveau der Eltern, Trennung von Eltern- und Paarebene Da – wie bereits festgestellt: als ganz wesentlich zu bezeichnende253 – Voraussetzung einer Wahrung des Kindeswohls auch nach Elterntrennung ein nicht unerhebliches Maß an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit der Eltern ist, ist es für die Findung einer dem Kindeswohl entsprechenden Wechselmodellabrede förderlich, wenn die Eltern den Trennungs- und Scheidungsfall nicht als Unglücksfall verstehen 254 und zu einer möglichst emotionslosen Trennung der Paar- von der Elternebene in der Lage sind, um zwischen ihnen etwaig doch bestehende Spannungen nicht auf das Kind zu übertragen 255. Ob hierzu ein gehobenes intellektuelles Niveau der Eltern dienlich oder gar vorausgesetzt ist256, erscheint jedenfalls in dieser Verallgemeinerung äußerst fraglich. Es können aber durchaus elterliche Eigenschaften und Fähigkeiten ausgemacht werden, deren Vorliegen die (erfolgreiche) Praktizierung eines Wechselmodells wahrscheinlicher machen, wie eine bessere Informiertheit, eine größere Aufge250 

Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320. Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 325: Hierdurch sei eine Art „erweiterte Familie“ entstanden. 252  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 325. 253  S. unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (S. 47 f.). 254  Michalski FamRZ 1992, 128, 133: „Partnerschaftsehe als Vernunftsehe“. 255  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391: „business-like working relationship“; ebenso Smyth/Caruana/Ferro, in: Smyth (Hrsg.), Parent-child contact and post-separation parenting arrangements, 2004, 29; Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 326; Kropholler JR 1984, 89, 92; darauf, dass diese Fähigkeit der Eltern als Grundvoraussetzung für ein Gelingen von „shared parenting“ empfunden werde, weist Fehmel FamRZ 1979, 380, u.V. auf einen Artikel der Times v. 29.1.1979, One Child, Two Homes, 45, hin; s. auch AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484. 256  Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 56 f.; a. A. Fthenakis FamRZ 1988, 578, 579: unterschiedliches Informationsniveau verantwortlich; allg. zur gemeinsamen (rechtlichen) Sorge Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 26 ff.; Michalski FamRZ 1992, 128, 135, unter Hinweis auf die Schwierigkeit, das intellektuelle Niveau methodisch festzustellen; Oelkers/Kasten/Oelkers FamRZ 1994, 1080, 1081. 251 

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schlossenheit gegenüber egalitären Genderarrangements, ein höheres Selbst­ bewusstsein, stärker ausgebildete Fähigkeiten zur Kommunikation auf Distanz sowie zur Konfliktbewältigung257. Dass diese offenbar in einem Zusammenhang zu höheren Bildungsressourcen stehen, das Wechselmodell mithin vorwiegend von Eltern mit höherer Bildung gewählt wird, zeigt die internationale258 wie nationale259 Befundlage ganz deutlich. Auch bereits seinen Ursprung nahm das Wechselmodell im Milieu der „geistigen Oberschicht“260. (j) Finanzielle und organisatorische Leistungsfähigkeit der Eltern Da es eine besondere Belastung für das Kind darstellte, mit jedem Wechsel seine gesamte Habe zu packen und mitzunehmen, stellt ein Wechselmodell an die Eltern besondere Anforderungen, was die finanzielle und organisatorische Aufzählung nach Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 9. 258  Juby/Le Bourdais/Marcil-Gratton Journal of Marriage and Family 2005, 157, 169; McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 38, 73; Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 138 f., 168; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 27, 52, 60 f., 140 a. E.; Spruijt/Duindam Journal of Divorce & Remarriage 2010, 65, 74; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 322; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 66 f.; Bergström/Modin/Fransson et al. BMC Public Health 2013, 13:868, 1, 2, 3; Sodermans/ Matthijs/Swicegood Demographic Research 2013, Vol. 28, 821, 822, 831, 836, 838: Wechselmodell aber seit der gesetzlichen Vorgabe gemeinsamer tatsächlicher Sorge (2006) auch von Eltern mit mittlerer Bildung häufiger gewählt; Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 112 m. w. N. 259  Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 16 f., 19, 21: Hochsignifikanter Zusammenhang zwischen dem mütterlichen Bildungsabschluss und der Kontakthäufigkeit des Kindes zum Vater; ebenso Walper, in: Deutscher Familien­ gerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 125 f., 135: Ist die elterliche Bildung niedrig, ist das Wechselmodell kaum zu finden, wird dagegen bei universitärer Bildung der Eltern immerhin für fast jedes zehnte Trennungskind gewählt (Ergebnisse pairfam); beim AID:A-Survey wiesen mehr als 50 % der Eltern mit Wechselmodell eine universitäre Bildung auf. 260  KG FamRZ 1979, 340, 341: Diplom-Pädagogin und Pfarrer; FamRZ 1980, 821: Erzieherin und Realschullehrer; FamRZ 1983, 1055, 1057: Diplom-Psychologin und Lehrer; Bodenheimer Calif. L. Rev. 1977, 978, 1011 Fn.  188; Folberg/Graham U.C. Davis L. Rev. 1979, 523, 562; Steinman Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 406; dies./Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psychiatry 1985, 554, 557; Coester EuGRZ 1982, 256, 261; Kropholler JR 1984, 89, 92; Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 236 f.; Sodermans/Matthijs/Swicegood Demographic Research 2013, Vol. 28, 821, 838; allg. zur gemeinsamen (rechtlichen) Sorge Finger DRiZ 1985, 91, 94; Magnus/Dietrich FamRZ 1986, 416, 418; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 57 f.; Balloff/ Walter FamRZ 1990, 445, 449; Michalski FamRZ 1992, 128, 135. 257 

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Leistungsfähigkeit anbelangt261. Bestimmte Sachen, die nur einmal vorhanden sind, etwa die Schulsachen, sowie Lieblingsstücke des Kindes müssen jedes Mal mit dem Kind wechseln. Dies stellt nicht nur eine logistische Herausforderung (auch für das Kind 262) dar263, sondern kann – im Falle des Misslingens – beim Kind zu Enttäuschung führen oder auch zu Ängsten vor einem elterlichen Streit über die vergessene Sache264. Zumindest Kleidung, Spielzeug, Toilettenartikel etc. müssen in beiden Eltern­ wohnungen vorhanden sein 265. Gleiches gilt für das Kinderzimmer samt Möblierung. Hinzu kommen Kosten fürs Reisen und die Kommunikation, die im Falle größerer Wohndistanz nicht unerheblich ausfallen können 266. Das Wechsel­ modell dürfte damit vor allem ein Betreuungsmodell für wohlsituierte Familien sein 267. Dass sich bei den ein Wechselmodell praktizierenden Eltern tatsächlich ein hohes Erwerbseinkommen und seltenere Arbeitslosigkeit zeigen, dürfte vor allem durch das höhere Bildungsniveau dieser Eltern bedingt sein 268. (k) Neue Partnerschaften der Eltern Insbesondere eine neue Partnerschaft der Mutter – im Unterschied zu einer solchen des Vaters – scheint die Wahl eines Wechselmodells zu begünstigen 269, 261  Pearson/Thoennes Amer. J. Orthopsychiat. 1990, 233, 237; Hammer, Elternvereinbarun­ gen, 2004, 50; Smyth/Caruana/Ferro, in: Smyth (Hrsg.), Parent-child contact and post-separation parenting arrangements, 2004, 28; Juby/Le Bourdais/Marcil-Gratton Journal of Marriage and Family 2005, 157, 169; Juby/Marcil-Gratton/Le Bourdais, When Parents Separate, 2005, 50; McIntosh Family Court Review 2009, 389, 391; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 69 ff., 108, 129 ff.; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 322; Bergmann ZKJ 2013, 489, 490; Nielsen American Journal of Family Law 2013, Vol. 27, 61, 66; Löhnig NZFam 2016, 817, 818; finanziell leistungsfähig, wenn auch nicht wohlhabend, waren auch die von der Steinman-Studie (Amer. J. Orthopsychiat. 1981, 403, 406) erfassten Eltern. 262  Wacker ZKJ 2012, 368. 263  Schnitzler/Kienemund FF 2016, 2, 3. 264  Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 130, 136, 143. 265  Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xviii, 312, 345. 266  Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 9. 267  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1159. 268  Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 112; zum Bildungsniveau der Eltern vorstehend §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (i) (ab S. 63). 269  Juby/Le Bourdais/Marcil-Gratton Journal of Marriage and Family 2005, 157, 169; s. auch McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 38, 73; Befragungen in Deutschland ließen diesen Schluss jedoch nicht zu: Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 126 f.; s. auch Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 17, 20.

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vermehrt dieses doch den Anteil „‚kinderfreie[r] Zeit für die Paarbeziehung“270. Neue Partnerschaften der Eltern und das Zusammenleben mit diesen binden jedoch begrenzt vorhandene zeitliche, psychische und physische Ressourcen 271 und können folglich zu Interessenkonflikten zwischen den Beteiligten, insbesondere zu negativen Auswirkungen auf das Wohl des Kindes bis hin zur Kindeswohlgefährdung führen 272; diese Stufe dürfte etwa erreicht sein, wenn sich das bisher zum Ausdruck gebrachte Interesse am Kind mit der Eingehung einer neuen Partnerschaft schlagartig verflüchtigt, das Wechselmodell gleichwohl aufrechterhalten wird273. Relevanz für das Kindeswohl kann es auch haben, wenn die Pflege und Erziehung des Kindes an den neuen Partner delegiert wird274. Bringt auch der neue Partner Kinder in die Beziehung ein, die ihren ungeteilten Aufenthalt in dieser Familie haben, kann es zudem zwischen diesen und dem wechselnden Kind zu Konflikten und Konkurrenzsituationen um Raum, Sachen und Aufmerksamkeit kommen 275. Das im Wechselmodell erzogene Kind kann sich als Außenseiter sehen, weil die Kinder des anderen Elternteils stärker oder jedenfalls anders in die alltäglichen Abläufe der Familie eingebunden sind 276, während ersteres „immer nur Gast bleibt“277. Einen negativen Effekt auf die Beständigkeit eines Wechselmodells kann auch ein gemeinsames Kind eines Elternteils mit dem neuen Partner haben 278. Wie bei jeder Betreuungsform kann es zu Beeinflussungen des Kindes gegen den anderen Elternteil oder zu Verunsicherungen kommen, wenn das Kind den neuen Partner etwa mit „Mama“ oder „Papa“ ansprechen soll279. Befindet sich nur ein Elternteil in einer neuen Partnerschaft und fehlt dem anderen die Bereitschaft, jenem ein eigenständiges Leben samt neuem Partner zuzugestehen 280, so kann es zu Konflikten bei der Praktizierung des Wechselmodells kommen, die 270  271 

10.

Walper, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 99, 113. Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3,

272  McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 178; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 61; Fehmel FamRZ 1980, 758, 760; Kostka ZKJ 2014, 54, 55: Gleichgewicht des Wechselmodells gefährdet; Schier/Hubert Zeitschrift für Familienforschung/Journal of Family Research 2015, 3, 10. 273  McKinnon/Wallerstein Behavioral Sciences and the Law 1986, 169, 176 f. 274  Salzgeber NZFam 2014, 921, 925. 275  Schier/Proske DJI Bulletin 2010, 12, 14, die jedoch auch auf potenzielle positive Effekte unterschiedlicher familialer Lebensräume hinweisen. 276  OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  42. 277  Löhnig NZFam 2016, 817, 818; ders. FF 2017, 429, 430. 278  Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 748. 279  Bergmann ZKJ 2013, 489, 490. 280  Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer, 1989, 318.

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sich negativ auf das Kindeswohl auswirken können 281. Schwelle für ein gerichtliches Einschreiten gegen die elterliche Sorgeausübung ist aber wie immer diejenige des §  1666 Abs.  1 BGB. (l) Flexibilität vs. Sorge‑/Erziehungsplan Das unter Umständen erhöhte Maß erforderlicher Absprachen 282 und die aufgezeigte Abhängigkeit eines gelingenden Wechselmodells von diversen Faktoren, die sich – wie Alter und Wille des Kindes283, die Berufstätigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern 284, ihre Wohnorte285 oder die Familiensituationen mit (wechselnden) neuen Partnerschaften der Eltern 286 – noch dazu im Laufe der Zeit wiederholt ändern können, verlangt den Eltern ein besonderes Maß an Flexibilität in der Handhabung ihres Betreuungsarrangements ab287. Erforderlich sind Abweichungen vom üblichen Rhythmus jedenfalls in den Ferien oder bei Krankheit des Kindes288. Aber auch generell setzt das Gelingen eines Wechselmodells eine flexible Anpassung dieses Arrangements an veränderte Bedürfnisse und Lebensumstände des Kindes voraus289. Insbesondere für Jugendliche ist es wichtig, dass sich die Betreuung durch die Eltern mit dem Aufbau und der Pflege von Freundschaften und den damit einhergehenden Aktivitäten verein­ baren lässt290. Die mit der Flexibilität des Wechselmodells den Eltern abverlangte Flexibilität in der Anpassung desselben setzt die Fähigkeit und Bereitschaft jedes Elternteils voraus, auf Wunsch des Kindes oder – was vielfach schwerer fallen dürfte Kostka ZKJ 2014, 54, 55 m. N. Hierzu §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (aa) (ab S. 38). 283  Hierzu §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (d) und (f) (ab S. 49/54). 284  Hierzu §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (j) (ab S. 64). 285  Zum Erfordernis einer örtlichen Nähe der Elternwohnsitze §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (g) (ab S. 57). 286  Hierzu §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (k) (ab S. 65). 287  Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 761; Kropholler JR 1984, 89, 93; Steinman/Zemmelman/Knoblauch Journal of the American Academy of Child Psychiatry 1985, 554, 562; Wallerstein/Blakeslee, Gewinner und Verlierer, 1989, 318; Smart Critical Social Policy 2004, 484, 488 f.; Arbeitskreis 3, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 16. DFGT, 2006, 135; Hammer FamRB 2006, 275, 279 a. E.; Kostka FPR 2006, 271, 273; dies. ZKJ 2014, 54, 55, 61; dies. Streit 2014, 147, 148, 156; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 165; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 41, 42; Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 153; Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 135 f., 137; Kinderrechte­ kommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1159, 1162; s. auch Balloff FPR 2006, 284, 286 f. 288  Abarbanel Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 324. 289  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 487, 488 f. 290  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 488. 281 

282 

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– des anderen Elternteils notfalls auch einmal spontan vom üblichen Wechselrhythmus abzuweichen oder diesen (bis zur nächsten Abänderung) dauerhaft zu verändern. Solche „Zugeständnisse“, die auch als ein „Nachgeben“ empfunden werden können, wird es nur zwischen Eltern geben, die auch nach der Trennung weiterhin miteinander kooperieren können 291. Hinderlich ist umgekehrt das Fehlen erforderlicher Bindungstoleranz, wenn etwa der Wunsch des Kindes, den anderen Elternteil oder Freunde in dessen Umgebung zu sehen, als Zurückweisung empfunden wird 292. Sind die Eltern zu einer flexiblen Hand­habung ihrer Betreuung nicht in der Lage, wird ein Wechselmodell kaum über die Zeit Bestand haben können. Oder aber es ist nur deshalb von Dauer, weil das Kind eine Konfrontation mit seinen Eltern scheut und es nicht wagt, am Status quo zu rütteln 293. Ein starres Festhalten der Eltern an einem Arrangement, das erkennbar dem Kindeswohl zuwiderläuft294, von den Eltern mangels Koopera­ tionsfähigkeit aber keine Anpassung an die Kindesbedürfnisse erfährt, kann ein gerichtliches Einschreiten nach §  1666 BGB rechtfertigen 295. (4) Ergebnis zur Kindeswohldienlichkeit/-gefährdung der Praktizierung eines Wechselmodells Ein Wechselmodell ist – ebenso wie jede andere Betreuungsform – weder von vornherein kindeswohlgefährdend noch in besonderem Maße kindeswohldienlich. Sein Gelingen hängt von diversen Umständen des Einzelfalls ab. Es scheint sich jedoch die These zu erhärten, dass besonders ein Wechselmodell mit der Fähigkeit der Eltern steht und fällt, ihre gemeinsame „Funktion“ als Eltern durch etwaige Konflikte auf der Paarebene, die in Trennung und gegebenenfalls Scheidung resultierten, unberührt zu lassen. Problematisch ist die Praktizierung eines Wechselmodells, wenn sich die Eltern mit Misstrauen und gar Ver291  Hierzu in der Lage waren die von der Steinman-Studie (U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 746) erfassten Eltern; ebenso diejenigen der Abarbanel-Studie (Amer. J. Orthopsychiat. 1979, 320, 326); s. auch die von Smart Critical Social Policy 2004, 484, 487 ff., geschilderten Fälle. 292  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 492; auf den Umstand, dass selbst bei zusammenlebenden Eltern Eifersuchtsgefühle geweckt werden, wenn das Kind in positiver Weise vom anderen spricht, weisen aber Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 282, und Salzgeber NZFam 2014, 921, 926, hin. 293  Smart Critical Social Policy 2004, 484, 495, 497; Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 41; Wacker ZKJ 2012, 368; Salzgeber NZFam 2014, 921, 925 f. 294  S. die Ergebnisse von McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 60 f., 74. 295  Jokisch FuR 2013, 679, 682 f.; s. auch Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 284, und Salzgeber NZFam 2014, 921, 929: „starres Wechselmodell […] in den seltensten Fällen kindeswohlgemäß“.

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achtung begegnen und jede Uneinigkeit in einer Kindesangelegenheit zum Anlass nehmen, die Erziehungsfähigkeit des jeweils anderen oder das Betreuungsarrangement in Frage zu stellen. Solche Eltern sollten von dem Gedanken an ein Wechselmodell Abstand nehmen. Seine Vereinbarung und Praktizierung könnten das Wächteramt des Staates aktivieren. cc) Bindungswirkung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung Haben die Eltern eine Vereinbarung über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dem Resultat eines Wechselmodells getroffen und wird hierdurch das Kindeswohl nicht gefährdet, so ist diese zulässig und wirksam. Zu klären bleibt, ob und inwieweit ein solch autonom gefasster Konsens der Eltern diese und das Gericht bindet. Könnte die Vereinbarung einfach einseitig aufgekündigt werden, so hätte das Wechselmodell nur geringen Bestand und umso stärker wäre das Bedürfnis nach einer gerichtlichen Verfestigung des­ selben 296. (1) Bindung der Eltern Zunächst ist die Bindungswirkung einer autonom zwischen den Eltern getroffenen Aufenthaltsregelung in deren Verhältnis zueinander in den Blick zu nehmen 297. Diese richtet sich, da stets auch die Interessen des Kindes berührt sind, nicht nach den Grundsätzen des Vertrags-, sondern des Kindschaftsrechts298. Haben sich die Eltern auf einen Lebensmittelpunkt des Kindes bei einem Elternteil – mithin ein Residenzmodell – verständigt, so kann es mittlerweile als einhellige Meinung bezeichnet werden, dass es dem einzelnen Elternteil verwehrt ist, den Kindesaufenthalt einseitig entgegen der Vereinbarung zu ändern; vielmehr bedarf es dazu abermals der einvernehmlichen Regelung der Eltern, alternativ einer (einstweiligen) gerichtlichen Übertragung der Alleinentscheidungskompetenz nach §  1628 BGB bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 BGB299. Bis zu einer solchen gerichtlichen Entscheidung 296 

Dazu unter §  4 B. (ab S. 107). Allg. zur Bindung der Eltern durch eine elternautonome Vereinbarung Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 221 ff.; Schwab DNotZ 1998, 437, 447; diff. danach, ob die Einigung bereits umgesetzt ist, Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  58 Rn.  15 f. 298  Zur Verneinung eines Vertragscharakters oder einer vertragsähnlichen Struktur eines übereinstimmenden Elternvorschlags i. S. des §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB a. F. BGH FamRZ 1993, 314, 315; DAVorm 2000, 704, 708; grundlegend zur Geltung eines kindschaftsrechtlichen Verbindlichkeitsmaßstabs Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 192 ff.; FamRZ 2005, 1209, 1210 f. 299  OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39, 40; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036 (bestätigt durch OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.3.2000 – 14 UF 297 

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schließt die Bindungswirkung auch der einseitig aufgekündigten Vereinbarung die Widerrechtlichkeit i. S. des §  1632 Abs.  1 BGB und damit einen Herausgabeanspruch gegen den durch die Vereinbarung begünstigten Elternteil aus300. Nichts anderes kann gelten, wenn sich die Eltern auf einen wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes – mithin ein Wechselmodell – einigen301. (2) Bindung des Gerichts Entfaltet die elternautonom getroffene Aufenthaltsregelung somit Bindungswirkung zwischen den Eltern bis zum Ergehen einer abweichenden gerichtlichen Entscheidung, so bleibt offen, ob und, falls ja, in welchem Maße das Gericht an die Elternvereinbarung gebunden ist. Es stellt sich mithin die Frage nach dem Maßstab, an dem das Gericht seine Entscheidung, mittels derer es von der Elternvereinbarung abweicht und diese damit im Ergebnis beseitigt, auszurichten hat. (a) Abänderungsentscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB (analog) Vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes302 , das den „gerichtlich gebilligten Vergleich“ im Rahmen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB n. F. einer gerichtlichen Erst­ entscheidung gleichgestellt hat, wurde überwiegend für eine analoge303, teil­ weise gar eine unmittelbare304 Anwendung des §  1696 Abs.  1 BGB a. F. plädiert, 55/00, unveröffentlicht, s. Anm. FamRZ 2000, 1037); OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.10.2000 – 9 WF 174/00, juris Rn.  5 f. = FamRZ 2001, 1230 (LS); AG Hannover FamRZ 2001, 846; zum Wohnsitz OLG Celle FamRZ 2003, 1657; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 225 ff.; ders., FamRZ 2005, 1209, 1216 f.; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 93 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  65 Fn.  194; NK-BGB/Rakete-­ Dombek §  1632 Rn.  6 a. E.; Staudinger/Salgo §  1632 Rn.  17; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  63; jurisPK BGB/Hamdan §  1632 Rn.  3; Scholz/Stein/Fröhlich, Praxishandbuch Familienrecht, 16. EL 2009, E Rn.  137; zu der Frage, ob von einer privaten Elternvereinbarung nur unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abgewichen werden kann, sogleich unter (2) (insb. S. 71 f.). 300  NK-BGB/Rakete-Dombek §  1632 Rn.  6 a. E.; Staudinger/Salgo §  1632 Rn.  17. 301  So konsequent OLG Brandenburg FF 2012, 457, 458 f. 302  Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG) v. 17.12.2008, BGBl. I, 2586. 303  OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1683, 1684 f.: vorläufige Abänderung eines einvernehmlich vereinbarten und gerichtlich genehmigten Wechselmodells unter Heranziehung des Rechtsgedankens des §  1696 BGB; so wohl auch OLG Jena FamRZ 2008, 806 (m. zutr. Anm. d. Red.): Änderung der „vergleichsweise“ vorgenommenen „Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts“ nur aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen, ohne dass allerdings die Eingriffsschwelle des §  1696 BGB erreicht sein müsse; AnwK-BGB/Harms, 1.  Aufl. 2005, §  1696 Rn.  16 f. 304  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 218; ders. FamRZ 2005, 1209, 1214 m. Fn.  59; Gutjahr FPR 2006, 301, 304; MüKoBGB/Finger, 5.  Aufl. 2008, §  1696 Rn.  7.

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sofern sich das Gericht die Sorgevereinbarung durch Beschluss „zu Eigen gemacht“, also „gebilligt“ oder „genehmigt“ hatte, weil sich die Änderung dann nicht auf die elterliche Einigung, sondern die gerichtliche Entscheidung bezogen habe. Für die rein private Elternvereinbarung wurde dies dagegen überwiegend abgelehnt305. Durch die Gleichstellung des „gerichtlich gebilligten Vergleichs“ mit einer gerichtlichen Erstentscheidung in §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB gilt dessen – gegenüber einer Entscheidung nach §  1628 BGB bzw. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB erhöhter – Abänderungsmaßstab nunmehr ausdrücklich auch für Elternvereinbarungen, die im Anschluss an eine gerichtliche Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls in einen Vergleich aufgenommen worden sind 306. Zugleich dürfte aber aufgrund der Erweiterung des Anwendungsbereichs von §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB auf – ausschließlich – gerichtlich gebilligte Elternvereinbarungen einer Erstreckung desselben auch auf elternautonome Vereinbarungen endgültig eine Absage erteilt sein, fällt doch die Bejahung einer Planwidrigkeit der – durchaus weiterhin vorhandenen – Regelungslücke nunmehr schwerer denn je307. (b) Familiengerichtliche Erstentscheidung (aa) Übertragung des Maßstabs des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB Mit selbiger Begründung ebenfalls nur noch schwer vertretbar erscheint die Ansicht, im Rahmen einer Erstentscheidung nach §  1628 BGB bzw. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB sei – weil die „Abänderung“ der Elternvereinbarung im Raum steht – die vorgesehene (einfache) Kindeswohlprognose durch die Abänderungsmodalitäten des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB zu ersetzen; der die Abänderung beantragende Elternteil sollte also triftige Gründe vorzubringen und somit darzulegen haben, warum er an der vormals getroffenen Übereinkunft der Eltern nicht mehr festhalten wolle308. Durch die Übertragung der eingeschränkten 305  MüKoBGB/Finger, 5.  Aufl. 2008, §  1696 Rn.  7; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 5.  Aufl. 2006, §  65 Rn.  64; s. auch AG Ludwigslust, Beschluss v. 23.9.2005 – 5 F 328/04, juris Rn.  5 = FamRZ 2006, 501 (LS); a. A. wohl OLG Brandenburg FamRZ 2008, 2055, 2056 m. abl. Anm. Salzgeber ZKJ 2009, 403, das auch einer (konkludenten) außer­ gerichtlichen Elternvereinbarung materiell-rechtliche Wirkung beimisst. 306  Außer Frage steht damit aber zunächst nur die Anwendbarkeit auf nach §  156 Abs.  2 FamFG gerichtlich gebilligte Vereinbarungen zum Umgangsrecht, s. nur Palandt/Götz §  1696 Rn.  2. Ob solche zum Sorgerecht einer gerichtlichen Billigung und damit dem Maßstab des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB zugänglich sind, ist im Rahmen der Aufenthaltsregelung unter gerichtlicher Beteiligung unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (ab S.  123) zu erörtern. 307  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  62, §  1696 Rn.  36; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  10. 308  Hammer FamRZ 2005, 1209, 1214 f.; ders., Elternvereinbarungen, 2004, 212 ff., 251 ff.;

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Bindungswirkung auf private Elternvereinbarungen sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Gesetz diese zwar einerseits – insbesondere zur Ausgestaltung der gemeinsamen Sorge – denknotwendig voraussetze309 und teilweise auch die Bindungswirkung elterlichen Konsenses anerkenne (vgl. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB), andererseits aber hinsichtlich der Abänderung und des einseitigen Abrückens von einer solchen Vereinbarung schweige310. (bb) (Sonstige) Indizwirkung privater Elternvereinbarungen Der Maßstab des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB kann somit für eine gerichtliche Entscheidung, die in Abweichung von einer privaten Elternvereinbarung ergehen soll, nicht mehr ausdrücklich herangezogen werden. Allerdings sei die Vereinbarung bei der nach §  1628 BGB bzw. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB zu treffenden Entscheidung doch zumindest dergestalt zu berücksichtigen, dass sie – eine gewichtige Indizwirkung entfaltend – vermuten lasse, dass sie dem Kindeswohl entspricht311. Damit treffe den antragstellenden Elternteil die entsprechende Widerlegungslast, sodass er begründen müsse, warum seine in der ursprünglichen Vereinbarung zum Ausdruck kommende Einstellung zum Kindeswohl nicht zutreffend war oder es nun nicht mehr ist312. Diese Indizwirkung ist im Ergebnis deutlich an den Rechtsgedanken des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB angelehnt313, wodurch innerhalb des §  1628 BGB bzw.

die dogmatische Zuordnung offenlassend ders., in: Prütting/Helms §  166 FamFG Rn.  6 m. Fn.  2; Coester DEuFamR 1999, 1, 10; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 423; Palandt/Diederich­ sen, 71.  Aufl. 2012, §  1696 Rn.  2; Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 47 f. (zur Bindung an eine frühere Einigung über Sorgerechtspositionen S.  42 ff.); ders., DNotZ 1998, 437, 447; anders ders. DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 37: eingeschränkte Bindungswirkung analog §  1696 Abs.  1 BGB nur im Rahmen einer Entscheidung nach §  1628 BGB, nicht §  1671 BGB, da Ausübungsvereinbarung nur auf bestehendes gemeinsames Sorgerecht bezogen; für §  1628 BGB auch MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  17, §  1626b Rn.  9 f. 309  Schwab DNotZ 1998, 437, 444; ders., in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 724. 310  Hammer FamRZ 2005, 1209, 1214; ders., Elternvereinbarungen, 2004, 213. 311  BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  78 m. grds. zust. Anm. Coester FF 2011, 285, 289; AG Hannover FamRZ 2001, 846, 848; Luthin FamRB 2016, 345, 346, in Anm. zu OLG Schleswig FamRZ 2016, 1945; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  62, 86; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  10.1; Palandt/Götz §  1696 Rn.  2; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  688; Prütting/Helms/Hammer §  166 FamFG Rn.  6; zur Abänderung einer einvernehmlichen Umgangsvereinbarung AG Reinbek FamRZ 2015, 1817, 1818. 312  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  62, 86. 313  Coester FF 2011, 285, 289; ebenso Prütting/Helms/Hammer §  166 FamFG Rn.  6 m. Fn.  2, der der Widerlegung der Indizwirkung – unabhängig von ihrer dogmatischen Einordnung – „triftige Gründe“ abverlangt.

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§  1671 Abs.  1 BGB letztlich doch eine dem §  1696 BGB zumindest vergleich­ bare Änderungsschwelle aufgebaut wird314. (3) Ergebnis zur Bindungswirkung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung Damit kann zusammenfassend festgehalten werden, dass zur Abweichung von einer elternautonomen Aufenthaltsregelung die einseitige Abkehr eines Elternteils vom Vereinbarten nicht ausreicht. Es ist vielmehr, sofern eine erneute Einigung der Eltern nicht zu erzielen ist, ein gerichtliches Erstverfahren nach §  1628 BGB bzw. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB einzuleiten. In dessen Rahmen hat das Gericht eine dem Rechtsgedanken des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB entsprechende Indizwirkung der Elternvereinbarung zu berücksichtigen. Diese Indizwirkung ist je nach Fallgestaltung variabel: Die Anforderungen an die Darlegungslast sind also abhängig von Alter und Zustandekommen der Vereinbarung zu beurteilen 315, können doch Entwicklungen während der Trennungsphase eine andere als die ursprünglich gewählte Lösung als die dem Kindeswohl am besten entsprechende Regelung erscheinen lassen316. Im Falle einvernehmlicher Aufhebung und überhaupt beiderseitiger Loslösung muss eine Indizwirkung schließlich ganz entfallen317. dd) Durchsetzung einer elternautonomen Aufenthaltsregelung Weiter fragt sich, ob und wie die elternautonome Aufenthaltsregelung durchsetzbar ist. Aus sich heraus ist eine private Elternvereinbarung nicht vollstreckbar318. Dies zeigt bereits §  86 Abs.  1 Nr.  2 FamFG, der die Vollstreckung aus 314 

Staudinger/Coester §  1671 Rn.  62. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 214 ff.; ders. FamRZ 2005, 1209, 1214 f.; Coester FF 2011, 285, 288 f. 316  BGH DAVorm 2000, 704, 708; so stellt auch Schwab DNotZ 1998, 437, 447, die Bindung von Elternvereinbarungen unter den „besonderen Vorbehalt des Wandels der Lebensverhältnisse und Lebensbedürfnisse des Kindes, der zur situativen Anpassung verpflichte[t]“; ders., in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 47 f. 317  Coester FF 2011, 285, 288 f., der insofern Kritik an der besprochenen Entscheidung des BGH (FamRZ 2011, 796) übt; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 217; allerdings dürfte sich wohl auch die Kindeswohl indizierende Wirkung des der Erstentscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zugrunde liegenden Elternkonsenses mit fortschreitendem Zeitablauf oder späterer beiderseitiger Abkehr deutlich mindern, weshalb eine Abänderung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB ebenfalls wahrscheinlich wird. 318  BT-Drucks. 16/6308, 217; BGH FamRZ 2005, 1471, 1473; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 92; Jokisch FuR 2013, 679, 683; zu §  33 FGG Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 247; ders. FamRZ 2005, 1209, 1215, 1216; Gutjahr FPR 2006, 301, 302; Kaiser FPR 2008, 143, 148; zu Umgangsvereinbarungen s. OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804; FamRZ 2003, 779 f.; OLG Köln FamRZ 2002, 979; OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 325. 315 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

gerichtlich gebilligten Vergleichen, nicht aber aus außergerichtlich getroffenen Elternvereinbarungen zulässt. Als gerichtlicher Beschluss i. S. von §  86 Abs.  1 Nr.  1 FamFG vollstreckbar ist hingegen eine nach §  1632 Abs.  3 BGB ergangene Herausgabeanordnung des Familiengerichts, mit der über einen Anspruch auf Rückführung des Kindes aus §  1632 Abs.  1 BGB entschieden wird. Mit Blick auf die dargestellte Bindungswirkung der Vereinbarung im Verhältnis der Eltern untereinander319 wird das Bestehen eines solchen Rückführungsanspruchs auch in der Person des einen Elternteils gegen den anderen, gleichsam aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil bejaht, sofern letzterer das Kind entgegen der elterlichen Vereinbarung zurückhält320. Dies wird zwar – freilich auf ein Residenzmodell bezogen – teilweise auf Elternvereinbarungen beschränkt, die nach bzw. anlässlich der Elterntrennung zustande kommen321, oder auf solche, die zwar vor der Trennung, aber zweifelsfrei auch für deren Eintritt verbindlich mit dem Inhalt getroffen wurden, dass sich das Kind vorerst weiterhin bei dem Elternteil aufhalten solle, der am bisherigen Lebensmittelpunkt verbleibt322. Nicht ausreichend sei dagegen die – letztlich wenig aussagekräftige – Einigung auf einen Lebensmittelpunkt während des Zusammenlebens, sodass die eigenmächtige Mitnahme des Kindes bei Auszug aus der gemeinsamen Wohnung einen Herausgabeanspruch in diesem Falle erst nach Übertragung des alleinigen Bestimmungsrechts auslösen könne323. Diesem Streit kommt für das Wechselmodell jedoch nur geringe praktische Bedeutung zu. Denn vor der Trennung der Eltern gibt es in aller Regel nur einen Lebensmittelpunkt des Kindes, sodass Vereinbarungen zugunsten eines Wechselmodells regelmäßig erst bei Trennung oder ausdrücklich im Hinblick auf eine solche erfolgen dürften; eine bindende und zur Durchsetzung taugende Wirkung steht 319 

Unter §  4 A. II. 1. b) cc) (1) (ab S. 69). OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39, 40; AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036 (bestätigt durch OLG Oldenburg, Beschl. v. 16.3.2000 – 14 UF 55/00, unveröffentlicht, s. Anm. FamRZ 2000, 1037); Hammer FamRZ 2005, 1209, 1216 f.; ders. FamRZ 2015, 1433, 1438; Schwab DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 37 Fn.  136; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  10 a. E.; BeckOGK BGB/Kerscher (10.2017) §  1632 Rn.  25 a. E., 26; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1632 Rn.  4; jurisPK BGB/Hamdan §  1632 Rn.  3; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1022; a. A. OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1350, 1351, das die Ausschließlichkeit des Kindeswohls als Richtschnur für ein Herausgabeverlangen betont. 321  Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  63; zurückhaltend auch Schwab DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 36 Fn.  133. 322  So MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  27; ders./Pankatz, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 793, 798 f., 807; zust. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  10 a. E.; BeckOGK BGB/­ Kerscher (10.2017) §  1632 Rn.  26.1. 323  MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  27; ders./Pankatz, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 793, 798 f., 807 a. E.; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  63. 320 

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dann nicht im Streit. Bereits bei bestehender Familiengemeinschaft eher denkbar ist die Praktizierung eines Nestmodells, etwa bei berufsbedingter Abwesenheit eines oder abwechselnd beider Elternteile von einer gewissen Dauer324. Hier wäre, gerade wenn beide Elternteile abwechselnd die Betreuung übernommen hatten, die eigenmächtige Mitnahme des Kindes durch einen Elternteil nach Trennung auch ohne ausdrückliche erneute Vereinbarung über den Kindesaufenthalt als widerrechtlich i. S. des §  1632 Abs.  1 BGB zu beurteilen. Der Inhaber des aus der elternautonomen Aufenthaltsregelung resultierenden Rückführungsanspruchs aus §  1632 Abs.  1 BGB kann also durch Antrag beim Familiengericht eine Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3 BGB, gegebenenfalls zunächst in Form einstweiliger Anordnung gemäß §§  49 ff. FamFG, herbeiführen325. Deren Vollstreckung richtet sich dann nach §§  89, 90 FamFG. ee) Ergebnis zur elternautonomen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge Eltern, die nach der Trennung übereinstimmend die Praktizierung eines Wechselmodells anstreben, erreichen dies durch Herstellung entsprechenden Ein­ vernehmens i. S. von §  1627 BGB mittels gemeinsamer Ausübung des jedem Elternteil zustehenden Aufenthaltsbestimmungsrechts. Dieses Einvernehmen bindet die Eltern bis zu einer abweichenden Vereinbarung oder einer familiengerichtlichen Entscheidung, mit der einem Elternteil das Entscheidungsrecht über den Kindesaufenthalt (§  1628 BGB) bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB) allein zugewiesen wird. Im Rahmen dieser Entscheidung entfaltet der (frühere) elterliche Konsens eine dem Rechtsgedanken des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB entsprechende Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit, die es vom abänderungswilligen Elternteil zu widerlegen gilt. Ein amtswegiges familiengerichtliches Einschreiten gegen die das Wechselmodell begründende Elternvereinbarung ist ausgeschlossen, solange das Kindeswohl durch den wiederkehrenden Wechsel nicht gefährdet wird. Bei der Beurteilung dieser Frage spielen die Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung, deren Fähigkeit zur Kooperation und Kommunikation, aber auch Alter, Wille und Persönlichkeitsstruktur des Kindes eine tragende Rolle. Zu dieser Konstellation Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160. OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1315, 1316; Hammer FamRZ 2005, 1209, 1217, der sich im Rahmen der vom Richter anzustellenden Prüfung für eine Indizwirkung der Elternvereinbarung analog §  1696 Abs.  1 BGB dergestalt ausspricht, als triftige Gründe für einen Verbleib des Kindes beim entgegen der Vereinbarung handelnden Elternteil sprechen müssen. 324  325 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

2. Umgangsrecht Die Begründung eines Wechselmodells mittels Festlegung eines wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts könnte auch auf Grundlage des elterlichen Umgangsrechts erfolgen. a) Rechtliche Ebene des Umgangs Da das Umgangsrecht der Eltern mit deren aus dem Recht des Kindes auf Umgang (§  1684 Abs.  1 HS 1 BGB) resultierenden Pflicht zum Umgang (§  1684 Abs.  1 HS 2 BGB) korrespondiert, ist es – wie das Sorgerecht auch – ein unverzichtbares Recht326. Den Eltern ist es also etwa verwehrt, den Ausschluss des Umgangs des Kindes mit einem Elternteil zu vereinbaren 327. Eine Einwirkung auf die Substanz ihrer Umgangsrechtspositionen ist den Eltern folglich ebenso wenig möglich wie eine Einwirkung auf die Sorgerechtssubstanz. b) Tatsächliche Ebene des Umgangs aa) Das Wechselmodell als (elternautonome) Umgangsregelung Unberührt bleibt das – gegenüber der gerichtlichen Regelungsbefugnis in §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB vorrangige328 – Recht der Eltern, mittels Vereinbarung die konkrete Ausübung ihrer Umgangsrechtspositionen zu bestimmen329. Solange es den Eltern also bloß um die Konkretisierung und Ausgestaltung des Umgangs, 326  BT-Drucks. 16/6308, 166, 237, 376; BGH FamRZ 1984, 778, 779; FamRZ 2005, 1471, 1473 m. Anm. Hammer; OLG Schleswig FamRZ 2012, 895; Coester, in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, 2009, 39, 53 m. Fn.  65 = FF 2009, 269, 275; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 92 f., 94; Büte FuR 2011, 596, 597; ders., in: Johannsen/Henrich §  156 FamFG Rn.  9; Schael FamRZ 2011, 865, 866; Schlünder FamRZ 2012, 9; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 63; ders. FamRZ 2005, 1209, 1211; ders. FamRB 2006, 275; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 77; Schwab DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 38; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1099, 1106; ders., in: Staudinger §  1684 Rn.  47, 118; Palandt/Götz §  1684 Rn.  2; MüKoBGB/Hennemann §  1684 Rn.  18; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  3; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  7, 10; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  217; Haußleiter/Fest §  156 FamFG Rn.  12; s. auch Schwab DNotZ 1998, 437, 446 f. 327  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161. 328  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 63 f.; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  10; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  6; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  12; MüKoBGB/Hennemann §  1684 Rn.  17; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106. 329  Schwab DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 38; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  3; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1099; so etwa geschehen im Fall AG Bautzen, Beschl. v. 28.1.2013 – 12 F 1032/12, juris Rn.  48, im Anschluss an die einstweilige Entziehung der elterlichen Sorge nach §  1666 BGB auf Seiten der Mutter.

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nicht aber einen Verzicht auf das Umgangsrecht geht, besteht für sie aufgrund ihrer Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG Vereinbarungsfreiheit330. Damit steht ihnen auch die Einigung auf einen je (annähernd) hälftigen Umgang jedes Elternteils mit dem Kind, mithin die Festlegung eines Wechselmodells mittels Ausübung ihrer Umgangsrechte offen331. Eine Einschränkung ergibt sich auch nicht daraus, dass das Wechselmodell als Entscheidung über den Aufenthalt und Lebensmittelpunkt des Kindes rechtssystematisch teils pauschal der elterlichen Sorge zugeordnet wird 332 und deshalb womöglich nicht Gegenstand einer Umgangsvereinbarung sein könnte. Bei der Begründung eines Wechselmodells – wie auch eines Residenzmodells – geht es in erster Linie um die Festlegung des konkreten Kindesaufenthalts, hier in wiederkehrendem Wechsel bei beiden Elternteilen. Diesbezüglich macht es für die Eltern in tatsächlicher Hinsicht keinen Unterschied, ob das gewünschte Resultat rechtlich mittels entsprechender Ausübung der Aufenthaltsbestimmungs- oder Umgangsrechtspositionen erreicht wird 333. Berechtigt sind sie hierzu, denn sie sind in der Ausübung sowohl ihres Sorge- als auch Umgangsrechts frei334. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 63; s. auch Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 53; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  12. 331  BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  23; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161; Hammer, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 94 f.; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  189; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  12.1; J­ ohannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  19 a. E., §  1684 Rn.  28a; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  538; mit Blick auf die Vollzugsfähigkeit einer konkreten Regelung des Aufenthaltswechsels samt Modalitäten in Form einer gerichtlich zu bestätigenden Umgangsregelung zur Einordnung als eine solche tendierend Gutjahr FPR 2006, 301, 302; krit. MüKoBGB/Hennemann §  1684 Rn.  17: „ersichtlich nicht am Kindeswohl orientiert“. 332  OLG München FamRZ 2016, 2120, 2122; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; OLG Brandenburg Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457, 458 a. E. = FamRZ 2012, 1886 (2. LS); FamRZ 2009, 1683; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804; Altrogge FamFR 2012, 287, in Anm. zu OLG Hamm FamRZ 2012, 1883; Arbeitskreis 7, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 20. DFGT, 2014, 124, 125 These 2a; Bergmann ZKJ 2013, 489: Eigentlich handele es sich um „eine besondere Ausgestaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts […], nicht um eine Regelung des Umgangsrechts“, (wohl nur) aufgrund fehlender gesetzlicher Regelung könne aber auch in einem Umgangsverfahren ein Wechselmodell vereinbart werden; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 75 f., 92, 112; Finke NZFam 2014, 865, 868; Giers FamRB 2012, 383, 384; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 386 f., und dies/Rixe FamRB 2014, 418, 424 f.: „primär“ eine Frage des Sorgerechts; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  34; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  26, 28, §  1684 Rn.  24; Heiß/ Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  539. 333  Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  189. 334  S. §  4 A. I. 1. (S. 21 f.). Hierin liegt ein wesentlicher und noch zu vertiefender (unter §  5 A. II. [ab S. 240]) Unterschied zu den Regelungskompetenzen des Gerichts, der seinen 330 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnisse in den übrigen Kindesangelegenheiten kann es ebenfalls keinen Unterschied machen, ob der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB auf sorge- oder umgangsrechtlichem Wege von den Eltern festgelegt worden ist335. Die Vorschrift stellt für die Gewährung einer Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens jedenfalls nicht auf das (alleinige) Innehaben des Aufenthaltsbestimmungsrechts336, sondern den tatsächlichen, konkreten Aufenthalt ab. Damit ist etwa auch denkbar, dass sich der alleinaufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil mit dem anderen auf eine solch umfassende Ausübung des Umgangsrechts des letztgenannten verständigt, dass der gewöhnliche Aufenthalt und damit auch die Alleinentscheidungsbefugnis nach §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB, nicht bloß Abs.  1 S.  4 bei diesem begründet wird. Zwar soll Abs.  1 S.  4 gerade dem umgangsberechtigten Elternteil die Alleinentscheidung in gewissen, gegenüber Abs.  1 S.  2 abgestuften Angelegenheiten während des Umgangs ermöglichen337. Weder daraus noch aus dem Wortlaut ergibt sich aber eine Beschränkung der Festlegungsmöglichkeit des gewöhnlichen Aufenthalts mittels Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Entscheidend wirkt sich die Möglichkeit zur Begründung eines Wechsel­ modells unter Ausübung der Umgangsrechte durch die Eltern erst dann aus, wenn diese die Aufnahme ihrer Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich ge­ billigten Vergleich i. S. von §  156 Abs.  2 FamFG begehren. Diese Norm gilt ausdrücklich nämlich nur für ein Einvernehmen über den Umgang mit dem Kind, nicht über die Aufenthaltsbestimmung338. bb) Bindungswirkung und Durchsetzung einer elternautonomen Umgangsregelung Für die Verbindlichkeit einer Vereinbarung der Eltern über die Ausübung ihrer Umgangsrechte gilt das zur Elternvereinbarung über die Ausübung des Aufent-

Grund in der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung des Art.  6 Abs.  2 GG findet: Weist Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG dem Staat und damit dem Gericht bloß die Überwachung der Sorgeausübung durch die Eltern zu, was auch Auswirkungen auf die gerichtliche Kompetenz zur Regelung des Umgangs haben muss, sind die Eltern spiegelbildlich bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung in der Wahrnehmung der Pflege und Erziehung ihres Kindes frei (zur freieren Stellung der Eltern in der Gestaltung des Umgangs s. auch Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  118). 335  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  12; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1437, 1438 f. 336  A. A. offenbar Spangenberg FamRZ 2015, 863, in Anm. zu AG Erfurt FamRZ 2015, 339. 337  BT-Drucks. 13/4899, 108. 338  Dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (a) (S.  124).

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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haltsbestimmungsrechts Gesagte339. Die Eltern sind also bis zu einer abweichenden familiengerichtlichen Entscheidung an ihren Konsens gebunden. Eine solche kann in einem gerichtlich gebilligten Vergleich340 oder einer gerichtlichen Umgangsregelung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB liegen341. Vollstreckbar gemäß §  86 Abs.  1 Nr.  2 bzw. Nr.  1 FamFG sind nur die letzt­ genannten Entscheidungen des Familiengerichts, nicht die private Elternvereinbarung342. 3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Die Eltern können einen wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes in Ausübung sowohl des jedem Elternteil zustehenden Aufenthaltsbestimmungsrechts als auch Umgangsrechts festlegen und damit autonom ein Wechselmodell begründen. Die Vereinbarung bindet die Eltern und entfaltet gegenüber dem Gericht eine Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit. Die elternautonome Vereinbarung ist als solche nicht vollstreckbar.

III. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Haben sich die Eltern in Ausübung ihres Sorge- oder Umgangsrechts auf die Praktizierung eines Wechselmodells verständigt, so bleibt die Frage offen, welchem Elternteil die Entscheidung in den übrigen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, obliegt bzw. ob sich die Eltern, wie es §  1627 BGB im Grundsatz für die Zeit des Zusammenlebens vorsieht, auch nach der Trennung darüber verständigen müssen. Es geht also um Fragen etwa in Angelegenheiten der Gesundheitssorge als Teil der Personensorge oder um Angelegenheiten der Ver­ mögenssorge.

339  Auch hier hat das Gericht also sorgfältig zu prüfen, ob erhebliche Interessen des Kindeswohls für eine andere Regelung sprechen, so Schwab DNotZ-Sonderheft 2001, 9, 38, und in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 54, der gar analog §  1696 Abs.  1 BGB wichtige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe für ein gerichtliches Abweichen vom ursprünglich Vereinbarten fordert. 340  Dazu unter §  4 B. I. 2. a) (ab S. 147). 341  Dazu unter §  4 B. I. 2. b) (S. 153). 342  Hammer FamRZ 2005, 1209, 1216; ders. FamRB 2006, 311, 312; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 87 f.: auch keine Durchsetzung mittels Vertragsstrafen oder vertragsstrafenähnlichen Klauseln; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106; ders., in: Staudinger §  1684 Rn.  121; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  13, 79; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  7.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Je nachdem, ob die Eltern die Angelegenheiten mehrheitlich oder gar gänzlich allein oder aber gemeinsam entscheiden wollen bzw. müssen, ließen sich verschiedene Formen eines Wechselmodells unterscheiden. So würde sich die tatsächlich wechselnde Betreuung unter ebenfalls wechselnder Alleinentscheidungsbefugnis sämtlicher oder zumindest der Alltagsangelegenheiten als eine Form der „parallelen Elternschaft“ darstellen343. Sind die Eltern hingegen gewillt und auch in der Lage, sich nicht nur auf einen wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes, sondern darüber hinaus auf eine gemeinsame Entscheidungszuständigkeit in den übrigen Kindesangelegenheiten zu verständigen, so könnte diese Sorgeform sowohl auf der tatsächlichen als auch der rechtlichen Ebene der Sorge als „volle gemeinsame Nachtrennungssorge“ bezeichnet werden. Im Nachfolgenden ist also der Frage nachzugehen, wie die Nachtrennungssorge in Bezug auf die elterliche Entscheidung der übrigen Kindesangelegenheiten rechtlich ausgestaltet ist, und ob bzw. inwiefern es den Eltern, die sich durch Ausübungsvereinbarung auf den Aufenthalt des Kindes in Form eines Wechselmodells verständigt haben, möglich ist, vom gesetzlichen Regelungsmodell in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht abzuweichen. 1. Rechtliche Ebene der Sorge Das BGB enthält seit der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98344 in §  1687 Abs.  1 BGB ein Regelungssystem, das den Eltern Entscheidungskompetenzen stufenweise, namentlich in Abhängigkeit vom Maß der Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes (vgl. Abs.  1 S.  3), gemeinsam bzw. allein zuweist. So überlässt es die Entscheidung von Angelegenheiten des täglichen Lebens demjenigen Elternteil allein, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält (Abs.  1 S.  2), während die Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von besonderer Bedeutung ist (Abs.  1 S.  1), im elterlichen Einvernehmen zu regeln sind. Um im Einzelfall zu einem an den konkreten Bedürfnissen von Kind und Eltern ausgerichteten Wechselmodell zu gelangen, könnte ein Bedürfnis an der Abweichung von diesem gesetzlichen Regelungsmodell bestehen. An dieser Stelle – auf der rechtlichen Ebene der Sorge – erhebt sich damit zunächst die Frage nach der Disposivität des §  1687 Abs.  1 BGB: 343  In den USA ist die Rede von „parallel parenting“ als Form der Nachtrennungssorge, bei der sich die Eltern die Betreuung („parenting time“) teilen, die Entscheidungsfindung („decision-making“) aber jedem Elternteil, in dessen Zeitraum sie erforderlich wird, allein obliegt: Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 155. 344  S. §  1 Fn.  19.

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– Den Eltern könnte es einerseits offenstehen, im Konsens von §  1687 Abs.  1 BGB dergestalt abzuweichen, dass dessen Regelungsmechanismus als solcher ausgeweitet bzw. eingeschränkt oder gänzlich abbedungen wird, mithin – sofern dazu tatsächlich in der Lage – die Entscheidungszuständigkeiten frei unter sich aufzuteilen oder auch für alle Angelegenheiten ein Einigungser­ fordernis vorzusehen; in §  1687 Abs.  1 BGB wäre dann ein bloßer Auffangtatbestand zu erkennen (dazu unter a)). – Dagegen könnte §  1687 Abs.  1 BGB andererseits ein zwar an die Entscheidung der Eltern über den Aufenthalt des Kindes geknüpftes, darüber hinaus jedoch im Grundsatz zwingendes System von Kompetenzzuweisungen vorgeben (dazu unter b)), das der elterlichen Disposition allenfalls insoweit zugänglich ist, als es um die Übertragung der gesetzlich unverrückbar vorge­ gebenen Alleinentscheidungsbefugnisse (Abs.  1 S.  2–4) auf der Ausübungs­ ebene der Sorge geht (dazu unter 2. b)); eine Ausdehnung des Bereichs der gemeinsam zu treffenden Entscheidungen (Abs.  1 S.  1) wäre dann aufgrund der nicht abdingbaren Alleinentscheidungsbefugnisse aus Abs.  1 S.  2–4 ausgeschlossen. a) §  1687 Abs.  1 BGB als Auffangtatbestand Teilweise wird in §  1687 Abs.  1 BGB bloß ein Mindeststandard gemeinsamer Sorgeausübung im Trennungsfall erkannt, der die durch die Trennung gegebenenfalls beeinträchtigte Einigungsfähigkeit der Eltern kompensiere und als gesetzlicher Einigungsersatz einen „Auffangtatbestand“ für den „Zweifelsfall“ darstelle345. Sind sich die Eltern hingegen über eine abweichende Sorgeausübung – also auch ein Mehr an Gemeinsamkeit – einig, so setze ihre Individualabsprache den Auffangtatbestand des §  1687 Abs.  1 BGB außer Kraft346. Die Vorschrift sei damit nur insoweit verbindlich, als sie nicht im Einvernehmen von den Eltern abgeändert wird, und stelle sich folglich als eine Art „Planersatz“ zur Beseitigung von Funktionshindernissen in der Umbruchsituation dar347. Meckling, Gemeinsame Trennungssorge, 2009, 204 f., 206 f. Meckling, Gemeinsame Trennungssorge, 2009, 215, s. auch 206 f.; in diese Richtung auch Wend FPR 1999, 137, 139, 140, 141, 142, der die Vorschriften des §  1687 Abs.  1 BGB für disponibel hält (141: „Auffangtatbestand“), wenngleich der Wortlaut keine Alternativen zulasse; von einem „ganz bestimmte[n] Modell der gemeinsamen elterlichen Sorge als Leitbild“ spricht Reeckmann-Fiedler FPR 1999, 146; für eine Betonung des Charakters einer Auffangnorm des §  1687 BGB und damit des Nachrangs des gesetzlichen Modells gegenüber einer elterlichen Vereinbarung hatte sich vor Erlass des KindRG die BRAK ZfJ 1998, 64, 65, ausgesprochen; für eine Regelungskompetenz der Eltern auch Finke NZFam 2014, 865, 866; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  65 Rn.  5. 347  Meckling, Gemeinsame Trennungssorge, 2009, 206, 216. 345 

346 

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Nach dieser Ansicht können die Eltern also frei über ihre Entscheidungs­ kompetenzen verfügen, Angelegenheiten einem Einigungserfordernis i. S. der §§  1627, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB unterstellen oder – vergleichbar den Befugnissen aus §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB – dem einzelnen Elternteil zur Alleinentscheidung zuweisen. b) §  1687 Abs.  1 BGB als zwingendes gesetzliches Regelungsmodell Sowohl Wortlaut und Regelungszweck des §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB (dazu unter aa)) als auch die Wirkungsweise seiner Vorschriften (dazu unter bb)) sprechen jedoch für deren Qualifikation als zwingendes gesetzliches Regelungs­modell. aa) Wortlaut und Regelungszweck des §  1687 Abs.  1 BGB Obwohl im Vorfeld der Kindschaftsrechtsreform vielfach der Ruf nach einer gesetzlichen Regelung der elterlichen Autonomie zur Gestaltung ihrer Sorge(‑ausübung) laut geworden war348, enthält §  1687 Abs.  1 BGB – mit Ausnahme der Festlegung (mindestens)349 eines gewöhnlichen Aufenthalts in S.  2 und wohl auch S.  4350 – keinen Hinweis auf eine Abdingbarkeit durch gemeinsamen Elternwillen351. Zwar ist es zutreffend, dass die Gestaltungsfreiheit nicht hinter die vor dem KindRG bestehende zurückfallen kann352, dies vom Gesetzgeber jedenfalls keinesfalls bezweckt gewesen sein dürfte353. Diesem Umstand könnte der Gesetzgeber aber gerade mit Abs.  2 Rechnung getragen haben, der – als einzige ausdrücklich vorgesehene Abänderungsmöglichkeit – die gerichtliche Einschränkung oder den gerichtlichen Ausschluss der Alleinentscheidungsbefugnisse aus Abs.  1 348  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 44; ders. FamRZ 2005, 1209, 1212 m. Fn.  41, weist darauf hin, dass diese Materie im Gesetzgebungsverfahren schlicht aus dem Blick geraten sei; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  12; ders. FamRZ 1996, 449, 452, 454; Coester FamRZ 1996, 1181, 1185 ff.; ders. DEuFamR 1999, 3, 10; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 339, 340; BRAK ZfJ 1998, 64; auch die SPD-Fraktion wollte die „Elternvereinbarung im Zentrum aller materiell-rechtlichen Vorschriften“ sehen: Antrag v. 21.6. 1995, BT-Drucks. 13/1752, 5, 15, Änderungsantrag v. 24.9.1997, BT-Drucks. 13/8558, 1, 3. 349  Zu der Möglichkeit zweier gewöhnlicher Aufenthalte mit der Folge wechselnder Allein­ entscheidungsbefugnis in Alltagsangelegenheiten noch ausf. unter §  4 A. III. 2. a) bb) (1) (ab S. 94). 350  Zur Auslegung von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (ab S. 96). 351  Dies bedauernd Wend FPR 1999, 137, 140, 141, 142; BRAK ZfJ 1998, 64, 65. 352  Meckling, Gemeinsame Trennungssorge, 2009, 216: Die angeführte elterliche Gestaltungsfreiheit nach §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB a. F. unterlag, wie Meckling selbst feststellt, der gerichtlichen Überprüfung dahingehend, ob die vorgeschlagene Regelung für das Kindeswohl erforderlich war; genau dieser Maßstab findet sich nun in §  1687 Abs.  2 BGB. 353  Bezweckt war mit der Neuordnung der elterlichen Sorge gerade mehr Elternautonomie, s. BT-Drucks. 13/4899, 1, 63, 74, 75, 99, 163.

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S.  2 und 4 vorsieht und dem Gericht damit die Ausweitung der Sorgegemeinsamkeit nach der Elterntrennung i. S. des §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB ermöglicht354. Gegen eine jederzeitige Abdingbarkeit der Alleinentscheidungsbefugnisse des betreuenden Elternteils und damit des Regelungssystems des §  1687 Abs.  1 BGB als solchen spricht auch der dem §  1687 BGB in beeindruckender Deutlichkeit zugedachte Regelungszweck: In den Materialien zum KindRG wird nachdrücklich darauf hingewiesen, dass eine gemeinsame Sorge nach der Elterntrennung durch einen „Zwang zur ständigen Kommunikation“ und die daraus eventuell resultierende Verschärfung von „Streitigkeiten über vergleichsweise unwichtige Fragen zu Konflikten“ insgesamt gefährdet werden könnte355. Dieser Gefahr zu begegnen und Konflikte zu vermeiden, dient §  1687 Abs.  1 BGB, indem er einer „verstärkten Beanspruchung des (in vielen Fällen ohnehin stark belasteten) betreuenden Elternteils“ vorgreift356 und ihm so „ausreichende Sicherheit bei der Gestaltung des Erziehungsalltags“ gibt357. Auf diese Weise gedachte der Gesetzgeber der rechtlichen gemeinsamen Sorge auch nach der Elterntrennung und damit der Auflösung tatsächlicher Gemeinsamkeit Praktikabilität zu verleihen358. Nur mit der juristischen Konstruktion der Reduzierung gemeinsam zu treffender Entscheidungen auf Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung habe der Gesetzgeber sein Ziel, die gemeinsame Sorge nach Trennung gesetzlich auszugestalten, überhaupt verwirklichen können359. Die Vorschrift soll also sowohl dem Betreuungselternteil im Verhältnis zum anderen als auch dem Rechtsverkehr Sicherheit bringen, ein Zweck, der nur schwerlich zu erreichen ist, wäre schon das gesetzliche System des §  1687 Abs.  1 BGB als solches der freien elterlichen Gestaltung zugänglich. 354  Zu §  1687 Abs.  2 BGB und einer etwaigen Bindungswirkung eines gemeinsamen elterlichen „Vorschlags“ ans Gericht unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 355  BT-Drucks. 13/4899, 58, 107; s. auch BT-Drucks. 13/8511, 67; auch Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 722, weist darauf hin, dass das „Miterziehen von außerhalb der Lebensgemeinschaft leicht zu einem Eingriff in das Leben des anderen Elternteils führen“ könne; schon Lüderitz/Lenzen FamRZ 1971, 625, 627, hielten „unbewußte Hemmungen [der Eltern] im gegenseitigen Kontakt“ oder die „Neigung, den einen Elternteil gegen den anderen ‚auszuspielen‘“, für denkbar, deren Vorliegen jedoch im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und nicht zu verallgemeinern sei. 356  BT-Drucks. 13/4899, 63; dieses Ziel sieht der Gesetzgeber denn auch verwirklicht, wenn er ausführt: „Die Anforderungen, welche die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge an die geschiedenen Eltern stellt, werden […] oft überschätzt. Gemeinsame Sorge verlangt keine dauernden Besprechungen und Entscheidungen.“, BT-Drucks. 13/4899, 62. 357  BT-Drucks. 13/4899, Anl. 2, S.  154 (Bundesrat). 358  BT-Drucks. 13/8511, 67. 359  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  25; s. auch Staudinger/Coester §  1671 Rn.  100; zu diesem „gesetzgeberischen Dilemma“ [so treffend Staudinger/Salgo ebd.] ausf. unter §  4 B. II. 1. a) aa) (3) (ab S. 162).

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bb) Wirkungsweise von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB Als zutreffender erscheint daher die Auslegung des §  1687 Abs.  1 BGB dahingehend, dass allein dessen Vorhandensein – unter Hinzutreten der elterlichen Entscheidung nach der Trennung über den Aufenthalt des Kindes360 – zu einer Modifizierung der gemeinsamen Sorge führt: „Das bisherige gemeinsame Sorgerecht wandel[e] mit der Trennung des Elternpaares kraft Gesetzes (siehe §  1687 BGB) seine Struktur“361, es weise „nach dem neuen Recht eine gesetzlich festgelegte Struktur auf“362. §§  1671, 1687 und 1628 BGB würden also im Zusammenspiel ein gesetzliches Regelungsmodell vorgeben363, das (als solches) elternautonom nicht außer Kraft gesetzt werden könne, also nicht dispositiv sei364. Fraglich ist nur, wie dieser Ausschluss einer Disposivität erreicht wird, wie die Modifizierung der gemeinsamen Sorge also rechtstechnisch erfolgt. Dies könnte Aufschluss darüber geben, ob und, falls ja, wie diese Modifizierung womöglich doch rückgängig gemacht werden kann. (1) Einwirkung auf die Sorgerechtsinhaberschaft der Eltern Gemäß Abs.  1 S.  2 „hat“ der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, „die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens“. Dem anderen kommt hingegen in diesem Bereich kein Entscheidungsrecht (mehr) zu. Ihm verbleiben – neben dem AuskunftsHammer, Elternvereinbarungen, 2004, 48. Schwab FamRZ 1998, 457, 458; ebenso ders. DNotZ 1998, 437, 442: „gespaltene Kompetenzlage [entsteht] mit dem Getrenntleben der Eltern ipso iure“; Schwab, in: Hofer/Schwab/ Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 37, 48 f.; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  7: „ex lege umgestaltete gemeinsame Sorge der Eltern bei nicht nur vorübergehendem Getrenntleben“; so auch Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  2 („kraft Gesetzes mit der Trennung eintretende Änderung der Kompetenzverteilung“) und (2015) Rn.  100 („kraft Gesetzes eintretende[n] Kompetenzverteilung bei Elterntrennung gem §  1687 Abs 1“), der die Frage der Abdingbarkeit von §  1687 Abs.  1 BGB in §  1671 Rn.  12 aber offen lässt; ders. DEuFamR 1999, 3, 8, 9 m. Fn.  92; Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 948; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 624: „Modellwechsel kraft Gesetzes“. 362  Schwab FamRZ 1998, 457, 458. 363  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  12. 364  MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  8, 15; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  13; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  13; Erman/Döll §  1687 Rn.  1; wohl auch Johannsen/Henrich/ Jaeger §  1687 Rn.  11 (Möglichkeit [nur] zu Ermächtigungen) und Wend FPR 1999, 137, 139, 140, 141, der einerseits von einer Disposivität des §  1687 BGB über Vollmachten o. ä. ausgeht, andererseits aber das gesetzliche Leitbild der Betreuung und Erziehung nach Trennung und/ oder Scheidung eindeutig in §  1687 BGB formuliert sieht, welcher nach seinem Wortlaut keine Alternativen zulasse. 360  361 

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recht aus §  1686 BGB über genannte Angelegenheiten sowie dem Notvertretungsrecht aus §§  1687 Abs.  1 S.  5, 1629 Abs.  1 S.  4 BGB – die Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (Abs.  1 S.  1), sowie, solange sich das Kind rechtmäßig bei ihm aufhält, in solchen der tatsächlichen Betreuung (Abs.  1 S.  4). Demgemäß obliegt die letztlich zentrale365 Alltagssorge allein dem hauptsächlich betreuenden Elternteil, während sie dem anderen – der Substanz nach366 – entzogen ist367. Für dieses Verständnis der Wirkungsweise von §  1687 Abs.  1 BGB als Zuweisungsnorm von (Allein‑)Entscheidungsbefugnissen spricht der klare Sinnzusammenhang mit §§  1628, 1627 BGB. Der Gesetzgeber selbst ging bei Schaffung des §  1687 BGB von der grundsätzlichen Geltung des §  1627 BGB und damit der Pflicht zur Herstellung von Einvernehmen auch nach Trennung der Eltern aus, hielt jedoch aus Praktikabilitätsgründen eine „Ergänzung der gemeinsamen Sorge bei getrenntlebenden Eltern“368 für unabdingbar. §  1687 BGB führt somit zu einer Modifizierung des §  1627 BGB 369: Statt – wie bei zusammenlebenden Eltern – im Konfliktfall bloß eine gerichtliche Entscheidung in einzelnen Ange365 

So tut der Gesetzgeber selbst ausdrücklich kund, dass es sich bei jenen Angelegenheiten um die „den Alltag des Kindes prägenden“ handelt und dass diese „praktisch ganz im Vordergrund stehen“: BT-Drucks. 13/4899, 58, 107; OLG Nürnberg FuR 1999, 334, 335: §  1687 Abs.  1 S.  2, 3 BGB umfassten „die allermeisten Entscheidungen“; Oelkers FuR 1999, 349, 355; Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 11; Finke NZFam 2014, 865, 866; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  27; dazu auch Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 726, der zudem aufzeigt, dass im „Leben und in der Entwicklung eines Kindes […] das Alltägliche zugleich das Wichtige [ist]“. 366  Besonders deutlich wird dies bei Staudinger/Coester §  1671 Rn.  253: Ein Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB auf Zuweisung einer Teil-Alleinsorge könne nur Grundfragen in diesem Bereich, also solche i. S. des §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB, zum Gegenstand haben, denn der Bereich der Alltagsfragen gehöre aufgrund von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB nicht mehr zum „gemeinschaftlich innegehabten Sorgebereich“ und könne daher für Regelungen nach §  1671 BGB nicht zur Disposition stehen (Hervorh. bereits im Orig.); ihm folgend Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  18 f.; s. auch Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 49 (unter Fall 2, Erstens). 367  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  2 , 12, 100; ders. DEuFamR 1999, 3, 9; Schwab FamRZ 1998, 457, 458, 468; ders. DNotZ 1998, 437, 441 a. E.; ders., in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 726; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  2, 19; Motzer FamRZ 2001, 1034, 1039; M. Lipp FamRZ 1998, 65, 72; wohl auch Weisbrodt DAVorm 2000, 618 f. („Übertragung der Alltagssorge“) und 623 f.; vgl. auch ders. Kind-Prax 2001, 8, 10 („Alltagssorge als Alleinsorge ausgestaltet“); nicht eindeutig Coester-Waltjen Jura 2005, 97: „eine die grundsätzliche gemeinsame Zuständigkeit modifizierende Kompetenzzuweisung“. 368  BT-Drucks. 13/4899, 58, 107. 369  So Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 45; Schilling NJW 2007, 3233, 3234, spricht von einer „Ausnahmeregelung“ des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB gegenüber §§  1627, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB; in der Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 341, wurde für eine Verortung im Anschluss an §  1627 BGB plädiert.

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legenheiten von erheblicher Bedeutung (§  1628 BGB) zur Verfügung zu stellen, hat sich der Gesetzgeber darüber hinaus dazu entschlossen, auch die Alltags­ angelegenheiten einer Regelung zuzuführen; diese besteht jedoch – aufgrund vermuteter Konflikte nach der Trennung370 – in einer pauschalierten, an die (gegebenenfalls im Anschluss an eine gerichtliche Zuweisung einer Rechtsposition erfolgende) elterliche Entscheidung über den Kindes­aufenthalt und damit die Betreuung des Kindes geknüpften 371 Zuweisung der Entscheidungszuständigkeit und erfolgt somit ohne rechtliche Würdigung des Einzelfalls372. Regelt §  1628 BGB mithin die gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern373, so trifft §  1687 BGB selbst und unmittel­bar kraft Gesetzes eine Regelung zur Vermeidung374 derselben. §  1687 BGB stellt sich damit gleichsam als Fortschreibung des §  1628 BGB für den Fall der Elterntrennung im Bereich der Alltagsangelegenheiten dar. Dann dürfte aber auch die Funktionsweise der Zuweisung von Entscheidungskompetenzen die gleiche sein. Im Rahmen des §  1628 BGB trifft der Staat aufgrund seiner gemäß Art.  6 Abs.  2 GG subsidiären Zuständigkeit375 nicht etwa eine Sachentscheidung und übt folglich nicht das Sorgerecht anstelle der Eltern oder eines Elternteils aus376. Er hat vielmehr aus370 

BT-Drucks. 13/4899, 58, 63, 107. Aufgrund der Anknüpfung der gesetzlichen Zuweisung von Entscheidungskompetenzen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes beruht diese – auch im Anschluss an eine gerichtliche Entscheidung nach §  1628 BGB oder §  1671 Abs.  1 BGB – stets auf einer Entscheidung der Eltern oder eines Elternteils allein und wird somit Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG gerecht; so – zur Anknüpfung an die Elternvereinbarung – auch Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 48 f., 53 m. Fn.  161. 372  Vgl. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 221 m. Fn.  254, der auch in Belangen der Alltagsbetreuung i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB von einem „Stichentscheid“ (s. §  4 Fn.  383) spricht; die Nähe zwischen §  1687 BGB und §  1628 BGB lässt sich auch bei Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  20, Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  10 und Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  156, erahnen. 373  So die amtliche Überschrift der Norm, BGBl. 2002 I, 42, 268. 374  BT-Drucks. 13/4899, 63; BT-Drucks. 13/8511, 67. 375  Dazu noch ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (bbb) (ab S. 198). 376  BT-Drucks. 7/2060, 20 Nr.  7, und BT-Drucks. 8/2788, 46: „Grundsatz der Familienautonomie“; zu verfassungsrechtlichen Bedenken der Bundesregierung gegenüber einer eigenen Entscheidung des Gerichts unterhalb der Schwelle des §  1666 BGB BT-Drucks. 7/2060, 65 Nr.  5; s. auch BT-Drucks. 8/2788, 37, 46: Beschränkungen und Auflagen i. S. von §  1628 Abs.  1 S.  2 BGB a. F., die über den Rahmen der Elternvorschläge hinausgehen, seien als Eingriff in die Elternverantwortung zu qualifizieren und müssten von §  1666 BGB gedeckt sein; BVerfGE 10, 59, 86 = FamRZ 1959, 416, 422; FamRZ 2003, 511; OLG Bamberg FamRZ 2003, 1403, 1404; OLG Dresden OLG-NL 2004, 164, 165 = FPR 2005, 219 (LS); AG Heidenheim FamRZ 2003, 1404; AG Lemgo FamRZ 2004, 49; Simon JuS 1979, 752; Diederichsen NJW 1980, 1, 4; Schilling NJW 2007, 3233, 3235; Brissa JR 2012, 401, 403; MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  16, 3; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  41; dies. NJ 2005, 246, 247; BeckOK 371 

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schließlich die Kompetenz-Kompetenz377, das heißt, mit „Übertragung der Entscheidung“, wie es in §  1628 S.  1 BGB ausgedrückt ist, wird die elterliche Sorge in der einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegen­ heiten einem Elternteil allein zugewiesen. Die gemeinsame Sorge ist insoweit durchbrochen und konzentriert sich allein auf den begünstigten Elternteil378. Der dem obsiegenden Elternteil zukommende sogenannte „Stichentscheid“379 ist also nicht das Resultat einer Ersetzung der Zustimmung des anderen Elternteils380. Diesem fehlt vielmehr der zur Entscheidungsberechtigung erforderliche Teil der elterlichen Sorge, sodass es auf ein Einvernehmen i. S. des §  1627 BGB und folglich sein Einverständnis gar nicht mehr ankommt. Und dies ist gerade der Zustand, den der Gesetzgeber auch mit §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB für Alltagsangelegenheiten nach einer Trennung zu erreichen suchte: Dem alleinentscheidungsberechtigten Elternteil soll nicht nur faktisch der Vorrang zukommen, indem er sich etwa durch die tatsächliche Betreuung letztlich über die Entscheidung des anderen – ebenfalls voll sorgeberechtigten – Elternteils hinwegsetzen sowie als Alleinvertretungsberechtigter nach außen ohne Mitwirkung des anderen rechtsverbindlich für das Kind handeln könnte. Der betreuende Elternteil soll vielmehr von vornherein vor einer Einmischung des anderen Elternteils geschützt werden – die Willensbildung soll also ausschließlich beim allein zuständigen Elternteil stattfinden381. BGB/Veit (11.2017) §  1628 Rn.  7; BeckOGK BGB/Amend-Traut (10.2017) §  1628 Rn.  10, 56; Palandt/Götz §  1628 Rn.  9, 1 a. E.; Erman/Döll §  1628 Rn.  3 f., 13; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1628 Rn.  12; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  80; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 9g (S.  536); zu §  1696 BGB Staudinger/Coester Rn.  13, 40. 377  MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  16; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  41; Gern­ huber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  58 Rn.  23; BeckOGK BGB/Amend-Traut (10.2017) §  1628 Rn.  56. 378  Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  42, 45, 15; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  24; MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  16; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1628 Rn.  7; wohl auch S ­ taudinger/Coester §  1696 Rn.  12, anders aber §  1671 Rn.  37, 55; s. auch BT-Drucks. 13/4899, wonach „das Aufenthaltsbestimmungsrecht Gegenstand einer Entscheidung nach §  1628 [BGB] sein“ könne (S.  98) und §  1628 BGB „die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erlaub[e]“ (S.  95); a. A. Palandt/Götz §  1628 Rn.  9: „Elternteil übt dann insoweit das Sorgerecht und die Vertretung des Kindes allein aus“ (Hervorh. d. Verf.); ebenso Schilling NJW 2007, 3233, 3235; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1628 Rn.  14; RGRK/Wenz §  1628 Rn.  10. 379  Zum Entwurf eines „Familienrechtsgesetzes“ BT-Drucks. 1/3802, 74; zum SorgeRG BT-Drucks. 7/2060, 19 Nr.  2, BT-Drucks. 8/2788, 36, 45; zur geltenden Fassung Staudinger/ Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  41 a. E.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  58 Rn.  23; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 221. 380  MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  16; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  42. 381  So zu §  1628 BGB Staudinger/Peschel-Gutzeit Rn.  45.

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Zusammenfassend bedeutet dies nach hier vertretener Ansicht, dass mit §  1687 Abs.  1 BGB und somit unmittelbar kraft Gesetzes die Rechtspositionen der Eltern und damit deren Inhaberschaft der gemeinsamen Sorge gestaltet werden. (2) Einwirkung auf die Befugnis der Eltern zur Ausübung des Sorgerechts Demgegenüber wird vertreten, §  1687 Abs.  1 BGB wirke nicht auf die Sorgerechtsinhaberschaft der Eltern ein, sondern habe die Ausübung der gemeinsamen Sorge nach Trennung und Scheidung zum Regelungsgegenstand 382. Es bleibe mithin bei einer substanziell uneingeschränkt fortbestehenden gemeinsamen Sorge; das Gesetz gebe aber ein abgestuftes System von Alleinentscheidungsund Vertretungsermächtigungen vor383. Innerhalb dieser Ansicht wird der Schwerpunkt teilweise auf das Handeln des betreuenden Elternteils nach außen gelegt, sodass die Vorschriften des §  1687 Abs.  1 BGB als reine Vertretungsregeln erscheinen384. Dies würde für den betreuenden Elternteil zwar eine gewisse Sicherheit im Außenverhältnis bedeuten – nur er könnte dort verbindlich allein entscheiden, während der andere Elternteil stets der Mitwirkung des betreuenden Elternteils bedürfte. Damit ist aber noch nichts über die Entscheidungsfindung im Innenverhältnis und die Mitwirkungsbefugnis des nicht hauptsächlich betreuenden Elternteils gesagt385. Diese Sichtweise kollidiert überdies mit der Aussage des Gesetzgebers, ein Alleinvertretungsrecht sei zur Wahrnehmung der Alltagsangelegenheiten, bei denen es 382  Zimmermann DNotZ 1998, 404, 420; Oelkers FPR 1999, 132, 137; ders. FuR 1999, 349, 353; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  1; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  5; FamRefK/Rogner §  1687 Rn.  2, 4; Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  156: „praktische Ausübung“. 383  Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  3; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  1 f.; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  4, 5; wohl auch Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 221, 53, 56: Dem betreuenden Elternteil stehe im Streitfall der „Stichentscheid“ oder die „Letztentscheidung“ zu. 384  So wohl Wend FPR 1999, 137, 139 („Alltagsvertretungsrecht“); Reeckmann-Fiedler FPR 1999, 146 („in §  1687 BGB [ist] das Grundprinzip der Gesamtvertretung bei gemeinsamer elterlicher Sorge nach der Trennung und Scheidung aufgegeben“) und 147 („Alleinvertretungsmodell“); Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418 („besondere Vertretungsregelungen“) und 420 („Problem der Vertretung“); Runge FPR 1999, 142, 143 („Alleinvertretungsbefugnis des §  1687 BGB“); ebenso Jokisch FuR 2013, 679, 680; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  5. 385  Etwas anderes könnte sich allenfalls ergeben, wenn man die Vertretungsmacht nicht nur auf rechtsgeschäftliches Handeln, sondern auch auf Fragen der tatsächlichen Personensorge erstreckte, so zur „Sorgevollmacht“ – ähnlich einer „Betreuungsvollmacht“ – Zimmermann DNotZ 1998, 404, 421.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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meist nicht um Rechtshandlungen gehe, gerade nicht ausreichend 386. Die Wirkungen des §  1687 Abs.  1 BGB sind daher auf alle tatsächlichen Sorgeangelegenheiten samt dazugehöriger Rechtshandlungen zu erstrecken 387. Für die Beschränkung der rechtlichen Wirkung auf die Ausübungsebene lässt sich zunächst die amtliche Überschrift des §  1687 BGB („Ausübung der gemeinsamen Sorge bei Getrenntleben“) anführen. Diese passt aber auch auf eine Einwirkung des §  1687 Abs.  1 BGB auf die Inhaberschaft von Rechtspositionen, da hiermit mittelbar auch die Ausübung derselben einem Elternteil allein zugewiesen wird. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der die Wahl des geringstmöglichen, aber wirksamen Eingriffs gebietet388, spricht ebenfalls dafür, die Substanz des elterlichen Sorgerechts unberührt zu lassen. Doch auch wenn sich die Wirkungen des §  1687 Abs.  1 BGB auf die Ausübungsebene der betreffenden Sorgerechtspositionen beschränken mögen, muss dem oben beschriebenen Normzweck Rechnung getragen werden: Konflikt­ trächtigen Absprachen und Einigungsprozessen ist eine weitgehende Absage erteilt389. Demnach müsste sich §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB dergestalt auswirken – und dies wird auch vom Wortlaut gestützt („Befugnis zur alleinigen Entscheidung“390) –‍, dass der betreuende Elternteil die Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein ausübt391. Damit würden sie der Substanz nach zwar weiterhin bei beiden Elternteilen, also auch dem nicht betreuenden, liegen; die Befugnis zur alleinigen Ausübung des Entscheidungsrechts muss aber im Gegenzug für den letztgenannten Elternteil zur Folge haben, dass dieser sie nicht ausüben kann, also – vergleichbar der Wirkung des Ruhens der elterlichen Sorge (§  1675 BGB) – rechtlich an der Ausübung gehindert ist392. Die gesetzgeberische Intention ließe sich, wie bereits dargelegt, nicht verwirklichen, wäre der nicht betreuende Elternteil im Innenverhältnis in keiner Weise rechtlich daran gehindert, sich bei jeder Alltagsangelegenheit erneut auf ein Mitspracherecht zu berufen und einen Einigungsprozess mit dem betreuenden Elternteil anzustrengen393. Dass der Gesetzgeber jedenfalls von einer alleinigen Aus386  BT-Drucks. 13/4899, 107; s. aber die Erl. zu §  1688 BGB (108): „in §  1687 Abs.  1 Satz  2E vorgesehene[s] Alleinvertretungsrecht“. 387  So Palandt/Götz §  1687 Rn.  6. 388  Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf Art.  6 Abs.  2 GG BVerfGE 24, 119, 145 = FamRZ 1968, 578, 584; Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 54, 78. 389  BT-Drucks. 13/4899, 154 (Bundesrat). 390  Hervorh. d. Verf. 391  Marchlewski FF 2015, 98, 101 a. E. 392  Staudinger/Coester §  1675 Rn.  2. 393  Auch Kaiser FPR 2003, 573, 576 a. E. geht davon aus, dass ein „Hineinreden“ des nicht betreuenden Elternteils mangels Mitspracherechts rechtlich irrelevant sei, weist aber darauf

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

übung durch den betreuenden Elternteil ausgegangen ist, zeigt auch §  1629 Abs.  1 S.  3 BGB, der demjenigen Elternteil, der die elterliche Sorge allein ausübt oder dem eine Entscheidung nach §  1628 BGB übertragen worden ist, das Alleinvertretungsrecht zuweist; dass dies im Falle des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB der Fall sein soll, ist unbestritten 394. Der staatliche Eingriff auf der Ausübungsebene erfolgte somit nicht durch eine eigene Ausübungsentscheidung staatlicher Institutionen, die unmittelbar die Pflege und Erziehung auf der tatsächlichen Sorgeebene beträfe, sondern durch einen Ausschluss eines Elternteils von der Ausübung der betreffenden Rechtsposition und somit die Zuweisung der Entscheidung an den anderen Elternteil allein; die Gestaltung beschränkte sich damit auf die rechtliche Ebene der Sorge395. (3) Ergebnis zur Wirkungsweise von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB Damit stellt sich der Unterschied zwischen dieser und der zuvor dargestellten Wirkungsweise als marginal heraus: Die Frage, ob dem nicht (hauptsächlich) betreuenden Elternteil die Befugnis zur Entscheidung der Substanz nach entzogen ist oder ein rechtliches Hindernis zur Ausübung derselben entgegensteht, ist rein dogmatischer Natur und hat keine praktischen Auswirkungen. In jedem Fall hat der Gesetzgeber aber eine klare Entscheidung über die Aufteilung der elterlichen Entscheidungskompetenzen in Kindesangelegenheiten getroffen und diese gesetzlich in §  1687 Abs.  1 BGB fixiert. Diese mit der Elterntrennung und der Einigung auf einen Kindesaufenthalt eintretende Modifizierung der gemeinsamen Sorge mittels Einwirkung auf die Sorgesubstanz bzw. eines Ausübungs­ hindernisses kann von den Eltern nicht autonom durch eine bloße Ausübungsvereinbarung ausgehebelt werden. Somit spricht neben Wortlaut und Regelungszweck des §  1687 Abs.  1 BGB auch dessen Wirkungsweise für einen zwingenden Charakter des in dieser Vorschrift festgeschriebenen Regelungssystems. hin, dass die Gefahr einer tatsächlichen Einmischung ebenso bestehe; zum Streitpotenzial bei alleiniger und gemeinsamer Sorge Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, 2002, 128 f. 394  S. unter §  4 A. III. 2. a) aa) (S. 92) m. Fn.  404. 395  Damit wird der Grundsatz, dass dem Staat die Ausübung von Sorge als Wahrnehmung von Pflege und Erziehung des Kindes i. S. des Art.  6 Abs.  2 GG bis zur Grenze einer Kindeswohlgefährdung verwehrt ist (dazu unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (bb) [ab S. 215]), nicht tangiert, denn die abstrakt-generelle Anknüpfung von Entscheidungsrechten an die Einigung der Eltern über den Aufenthalt des Kindes belässt die konkrete Entscheidung im Einzelfall weiterhin allein den Eltern bzw. dem einzelnen Elternteil, eine staatliche Entscheidung in der Sache folgt aus §  1687 Abs.  1 BGB folglich genauso wenig wie aus §  1628 BGB (dazu soeben unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) [S. 86]).

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge Das Gesetz gibt mit §  1687 Abs.  1 BGB ein Regelungsmodell vor, das den Eltern abgestuft Alleinentscheidungsbefugnisse zuweist und das von den Eltern als solches mit Blick auf den Zweck und die Wirkungsweise der Norm nicht außer Kraft gesetzt werden darf und kann. Eine autonome Gestaltung der rechtlichen Sorgeebene ist den Eltern somit auch in Bezug auf die übrigen Entscheidungsbefugnisse verwehrt. 2. Tatsächliche Ebene der Sorge Damit verbleibt den Eltern lediglich die Möglichkeit einer Einflussnahme auf der Ausübungsebene ihrer Sorge. a) Vorgelagerte Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes Einer Entscheidung der Eltern kommt dabei in Bezug auf die übrigen Entscheidungsbefugnisse zentrale Bedeutung zu: die Festlegung des Kindesaufenthalts in Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bzw. durch Einigung auf einen entsprechenden Umgang396. Denn dem Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB ist diese Entscheidung vorgelagert397. Es setzt die Grundsatzentscheidung der Eltern über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, welche als „die Angelegenheit von erheblicher Bedeutung schlechthin“398 eine solche nach Abs.  1 S.  1 ist399, als Grundlage der abgestuften Elternverantwortung gemäß Abs.  1 S.  2–4 voraus400. Vermögen sich die Eltern nach der Trennung also nicht auf einen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zu verständigen, entfaltet §  1687 Abs.  1 BGB keine Wirkungen mit der Folge, dass es bei der gemeinsamen Entscheidungszuständigkeit beider Elternteile gemäß §  1627 BGB bleibt 401. Kommt 396 

Dazu unter §  4 A. II. 1. b) aa) (ab S. 25) und §  4 A. II. 2. b) aa) (ab S. 76). Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 50, 56; ders. FamRB 2006, 275, 278 a. E.; ders. FamRZ 2015, 1433, 1436; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 93 a. E.; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  4. 398  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  38 (Hervorh. bereits im Orig.). 399  Peschel-Gutzeit NJ 2005, 246, 247; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  61, 47; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  14; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  4, 12; Palandt/Götz §  1687 Rn.  4. 400  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  38; vgl. OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39, 40; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043. 401  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 48; es ist dann freilich eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, auf deren Grundlage – das Gericht legt den Aufenthalt nicht unmittelbar selbst fest (s. die korrekte Formulierung von §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB: „auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung“ [Hervorh. d. Verf.], nicht etwa: „durch gerichtliche 397 

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hingegen eine entsprechende Einigung der Eltern zustande, so bringt diese das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB mit seinen Zuweisungen von Entscheidungsrechten zum Funktionieren402. Fraglich ist hierbei jedoch, ob dieser Voraussetzung jede Festlegung von Aufenthalt gerecht wird oder ob das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB durch die Verwendung des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ nicht eine bewusste Einschränkung, namentlich auf ein Residenzmodell zielend403, erfahren sollte. aa) Elterliche Einigung auf ein Residenzmodell Wird von den Eltern ein Schwerpunkt der Betreuung und damit des Kindesaufenthalts bei einem Elternteil festgelegt, soll mithin ein Residenzmodell praktiziert werden, passt §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB uneingeschränkt. Er entfaltet dann seine – oben beschriebene – sorgerechtsgestaltende Wirkung dergestalt, dass der überwiegend betreuende Elternteil nunmehr in Angelegenheiten des täglichen Lebens allein entscheiden kann (§  1687 Abs.  1 S.  2, 3 BGB) und insoweit auch alleinvertretungsberechtigt ist (§  1629 Abs.  1 S.  3 BGB)404, während Entscheidung“) – sodann eine Aufenthaltsbestimmung durch den begünstigten Elternteil erfolgt. 402  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  38; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  47, 62 a. E. 403  Überwiegend wird in §  1687 Abs.  1 BGB die Abbildung des Residenz- als des gesetzlichen Standardmodells erkannt, jedenfalls sei das Gesetz darauf zugeschnitten: BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  18; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639, 641; DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2013, 31; Faber jM 2014, 8; Finke NZFam 2014, 865, 866; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 46 f.; Jokisch FuR 2013, 679, 680; Kaiser FPR 2008, 143, 145; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160; Löhnig FF 2017, 429, 432; Schilling NJW 2007, 3233, 3236; Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8; Wend FPR 1999, 137, 139, 140; Palandt/Götz §  1687 Rn.  2, 6 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  7; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  14; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  23; ders. FF 2010, 10, 12; Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  158; Weinreich/Klein/Ziegler §  1687 Rn.  5; dagegen sah Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  6, in §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB das Residenzmodell, in Abs.  1 S.  4 eine Annäherung ans Wechselmodell verwirklicht. 404  Walter FamRZ 1995, 1538, 1540, 1542; Schwab FamRZ 1998, 457, 470 m. Fn.  63; ders. DNotZ 1998, 437, 442; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418; Koritz FPR 2000, 243; Hammer FamRZ 2005, 1209, 1211 m. Fn.  30, 1216; Schilling NJW 2007, 3233, 3236; Kaiser FPR 2008, 143; Finke NZFam 2014, 865, 866; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  50; Palandt/Götz §  1687 Rn.  6 und bereits Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  26; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  25; MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  19; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  7, 14; Erman/Döll §  1687 Rn.  3; Prütting/Wegen/Weinreich/Ziegler §  1687 Rn.  9; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  2 a. E.; Heilmann/Gottschalk §  1687 Rn.  12 a. E.; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  49; FamRefK/Rogner §  1687 Rn.  21; vgl. auch Reeckmann-Fiedler FPR 1999, 146; BT-Drucks. 13/4899, 108 (Erl. zu §  1688 BGB): „in §  1687 Abs.  1 Satz  2E vorgesehene[s] Alleinvertretungsrecht“.

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dem anderen Elternteil in dem Zeitraum, in dem sich das Kind rechtmäßig bei ihm aufhält, die Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung zufällt (§  1687 Abs.  1 S.  4 BGB). Dies ist für den Fall, dass sich die Eltern auf diese Form der Betreuung verständigen, sachgerecht, kann man doch in dieser Vereinbarung zugleich die Entscheidung über die elterliche Rollenverteilung und damit den Umfang der Betreuung erkennen405. Die Regelung wird in der Praxis wohl auch überwiegend als gerecht empfunden406 und hat auch in der Literatur teils Zustimmung erfahren407. bb) Elterliche Einigung auf ein Wechselmodell Verständigen sich die Eltern nach der Trennung hingegen auf ein Wechselmodell mit annähernd gleichen Aufenthaltszeiträumen des Kindes, so scheint diese Entscheidung vom Wortlaut des §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB auf den ersten Blick nicht gedeckt 408: – S.  2 setzt das Vorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthalts voraus, wobei unklar bleibt, ob dies stets nur ein Aufenthaltsort sein kann – was gegen eine Anwendbarkeit auf ein solches Wechselmodell spräche – oder ob sich das Kind auch bei jedem Elternteil gewöhnlich aufhalten, also zwei gewöhnliche Aufenthaltsorte haben kann. Die Folge letztgenannter Einschätzung wäre eine wechselnde Alltagssorge i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB (dazu unter (1)). – S.  4 scheint wiederum auf dieser elterlichen Entscheidung bezüglich des Kindesaufenthalts und damit auf S.  2 aufzubauen, wenn er dem „anderen Elternteil“, bei dem sich das Kind eben gerade nicht gewöhnlich, aber mit Einwilligung „dieses“, nämlich des hauptsächlich betreuenden, Elternteils aufhält,

Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 48 f. m. Fn.  146. Laut Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, 2002, 121 f., befürworteten die Regelung insbesondere Väter sowie diejenigen Mütter und Väter, bei denen die Kinder nicht leben; insg. stoße die Regelung auf größere Akzeptanz bei Eltern mit gemeinsamer Sorge als bei solchen mit alleiniger Sorge eines Elternteils. Dagegen weisen NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  19 und Schilling NJW 2007, 3233, 3236, darauf hin, dass die Mitsprache- und Mitentscheidungsberechtigung in wichtigen Angelegenheiten vielfach gar nicht bekannt sei; skeptisch hinsichtlich elterlicher Kenntnis von §  1687 BGB und dessen Gestaltungsmöglichkeiten bereits vor dessen Inkrafttreten Coester FamRZ 1996, 1181, 1185. 407  Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 338, 341; Hinz FPR 1998, 76, 78. 408  Ein DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2013, 31, geht gar so weit festzustellen, dass die Regelung des §  1687 BGB auf das Wechselmodell von vornherein nicht passe. 405 

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gewisse Entscheidungsbefugnisse zuerkennt 409, sodass es auch dessen Anwendbarkeit auf das Wechselmodell zu untersuchen gilt (dazu unter (2)). (1) Anwendbarkeit von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB (a) Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ Die Begriffsbestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts bereitet jedenfalls bei einem Wechselmodell Probleme, bei dem sich das Kind zu (annähernd) gleichen Teilen bei jedem Elternteil aufhält, es sei denn, diese sind von solcher Lang­ fristigkeit, dass nach jedem Wechsel unproblematisch wieder ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird410. Zum Teil wird auf den Begriff der „Obhut“ verwiesen, der sich im Kindschaftsrecht auch in den §§  1629 Abs.  2 S.  2, 1684 Abs.  2 S.  2 BGB findet411. Obhut meint die tatsächliche Betreuung412 und liegt damit in der Person vor, die sich tatsächlich um den Unterhalt des Kindes kümmert413, namentlich durch Pflege, Verköstigung, Kleidung, ordnende Gestaltung des Tagesablaufs und ständig abrufbereite emotionale Zuwendung414. Damit ist aber wenig gewonnen, denn auch der Begriff der Obhut gibt aus sich heraus nicht eindeutig zu erkennen, ob die tatsächliche Betreuung überwiegend durch eine Person erfolgen muss oder auch (annähernd) hälftig auf zwei verteilt sein kann415. Unter Rückgriff auf die vom EuGH den Art.  2 Nr.  11, 8 Abs.  1, 10 und 11 Abs.  1 VO 2201/2003 („Brüssel-IIa“) zugrunde gelegte Auslegung des „gewöhnlichen Aufenthalts“416 – Ort, der Ausdruck einer gewissen sozialen und familiären Integration des Kindes ist, wofür insbesondere die Dauer, Regel­ mäßigkeit und Umstände des Aufenthalts sowie die familiären und sozialen 409 

Dieser Sinnzusammenhang wird noch deutlicher in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 13/4899, 11), die den Einschub in §  1687 Abs.  1 S.  3 BGB, der die Alltagsangelegenheiten definiert, noch nicht enthielt. 410  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  7 Fn.  31 fordert in Analogie zu Art.  5 EGBGB mindestens ca. ein halbes Jahr; s. auch BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21.1. 411  BT-Drucks. 13/4899, 61; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  7; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21; Palandt/Götz §  1687 Rn.  6. 412  BT-Drucks. 13/4899, 105. 413  BT-Drucks. 7/650, 175. 414  BGH FamRZ 2014, 217 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1629 Rn.  72. 415  Im Kontext von §  1629 Abs.  2 S.  2 BGB, wonach derjenige Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil auch bei gemeinsamer Sorge gesetzlich vertreten kann, könne „Obhut“ jedoch nur bei einem Elternteil vorliegen, bei mangelnder Feststellbarkeit eines Schwerpunkts von Betreuung bei einem Elternteil habe keiner „die Obhut im Sinne von §  1629 Abs.  2 Satz  2 BGB“ inne: BGH FamRZ 2014, 917, 918. 416  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21.1; Palandt/Götz §  1687 Rn.  6.

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Bindungen des Kindes zu berücksichtigen seien417 – oder die Auslegung des gewöhnlichen Aufenthalts in Art.  5 EGBGB418 – Ort eines tatsächlichen längeren Verweilens419, „an dem der Schwerpunkt der Bindungen einer Person insbesondere in familiärer oder beruflicher Hinsicht, ihr Daseinsmittelpunkt, liegt“420 – erscheint die Annahme eines doppelten gewöhnlichen Aufenthalts zwar nicht von vornherein als ausgeschlossen421, allerdings von einer gewissen Dauer abhängig, deren Bejahung im Falle eines etwa wöchentlichen oder gar halb­ wöchentlichen Wechsels wohl eher als zweifelhaft anzusehen sein dürfte. Eine einheitliche Definition des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts gibt es also augenscheinlich nicht. Die vorstehenden Begriffsbestimmungen lassen aber letztlich den Kontext, in dem der Begriff verwendet wird, als entscheidend erscheinen. Eine Definition ist somit speziell für die in §  1687 Abs.  1 BGB geregelte Situation und nicht losgelöst davon zu suchen. (b) Wechsel der Alltagssorge i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB mit dem Wechsel des Kindesaufenthalts Zur Bestimmung einer Gewöhnlichkeit des Kindesaufenthalts lassen sich ab­ strakt die Kriterien der Beständigkeit oder Regelmäßigkeit heranziehen422. Legt man den Schwerpunkt auf letzteres und erachtet man einen zweifachen gewöhnlichen Aufenthalt grundsätzlich für möglich423, so ließe sich bei einem Wechselmodell mit (annähernd) gleich langen Aufenthaltsphasen das Vorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthalts bei jedem Elternteil feststellen. Denn wechselt das Kind regelmäßig zwischen beiden Elternwohnsitzen und nimmt es jeweils bei dem einen oder anderen für zuvor festgelegte Zeiträume wiederkehrend seinen Aufenthalt, so lässt sich auch dieser – wenngleich wechselnde – Aufenthalt als „gewöhnlich“ qualifizieren. Die Gewöhnlichkeit resultierte dann also aus der Regelmäßigkeit der Praxis, aus dem sich stetig wiederholenden 417  EuGH FamRZ 2009, 843, 845 Rn.  4 4; FamRZ 2011, 617, 619 Rn.  56; FamRZ 2015, 107, 110 Rn.  52–54. 418  Palandt/Götz §  1687 Rn.  6 u.V. auf Palandt/Ellenberger §  7 Rn.  3, der wiederum auf Palandt/Thorn Art.  5 EGBGB Rn.  10 verweist; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21.1; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  7 Fn.  31. 419  Palandt/Ellenberger §  7 Rn.  3. 420  Palandt/Thorn Art.  5 EGBGB Rn.  10. 421  Bejaht etwa vom OLG Saarbrücken OLGR 2004, 467, 468. 422  S. EuGH FamRZ 2011, 617, 619 Rn.  4 4. 423  Dafür: BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21; BeckOK FamFG/Burschel (10.2017) §  2 Rn.  4; BeckOK FamFG/Bohnert (07.2013) §  313 Rn.  33; s. darüber hinaus die nachstehende Fn.; dagegen: MüKoBGB/Sonnenberger, 5.  Aufl. 2010, Einl. IPR Rn.  724 m. w. N.; BeckOK FamFG/Nickel (10.2017) §  122 Rn.  7.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Wechsel des Kindes nach den zuvor festgelegten Zeiträumen, nicht aus einem Schwerpunkt des bei einem Elternteil stattfindenden Aufenthalts. Als konsequente Folge eines bei jedem Elternteil periodisch stattfindenden gewöhnlichen Aufenthalts wird für die Kompetenzzuweisung des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB der gleichsam akzessorische Wechsel der Alltagssorge samt Alleinvertretungsrecht angenommen; die Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens stehe somit zeitlich begrenzt jeweils demjenigen Elternteil zu, bei dem sich das Kind gerade rechtmäßig aufhält424. Problematisch an dieser Auslegung des gewöhnlichen Aufenthalts in §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB ist jedoch nicht nur die Abweichung vom bei Art.  5 EGBGB vertretenen Verständnis und die Gefahr einer Konturlosigkeit 425 des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts, sondern auch die dann aus dieser Auslegung resultierende Diskrepanz zu der vielfach unterstellten Absicht des Gesetzgebers, in §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB das Residenzmodell abzubilden426. Denn letzteres als zutreffend unterstellt 427, ging der Gesetzgeber selbstredend von einem überwiegenden Aufenthalt bei einem Elternteil als schließlich wesens- und namensgebendem Merkmal des Residenzmodells aus und suchte ebendies mit dem Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ zum Ausdruck zu bringen. (2) Anwendbarkeit nur von §  1687 Abs.  1 S.  1 (analog) und S.  4 BGB Lehnt man aus soeben genannten Gründen das Vorhandensein eines gewöhn­ lichen Aufenthalts des Kindes ab, so kann §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB mangels Vorliegens seiner zentralen Tatbestandsvoraussetzung keine Anwendung finden. 424  OLG Schleswig SchlHA 2014, 456, 457; Schilling NJW 2007, 3233, 3236 f. (ggf. analog); Jokisch FuR 2013, 679, 680 (ebenfalls analog); Gottschalk ZKJ 2013, 35, in Anm. zu AG Erfurt FamRZ 2013, 1590; dies. FamFR 2012, 286, in Anm. zu KG FamRZ 2012, 886; dies., in: Heilmann §  1687 Rn.  13; Finke NZFam 2014, 865, 867 (entspr. Anwendung); Schmid NZFam 2016, 818, 820; Schwonberg FamRZ 2017, 536, 537, in Anm. zu BGH FamRZ 2017, 532; Hennemann NJW 2017, 1787, 1788; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  15; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  145; MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  18; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  23 (zumindest analog); Erman/Döll §  1687 Rn.  3 a. E.; Prütting/Wegen/Weinreich/­ Ziegler §  1687 Rn.  5; ders., in: Weinreich/Klein, §  1687 Rn.  5; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  41; Rahm/Künkel/Altrogge, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 69. EL 11.2014, 6. Kap.  B. Rn.  321; wohl auch BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  21; offengelassen von Palandt/Götz §  1687 Rn.  2b; Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  161; krit. Kaiser FPR 2008, 143, 145: „unpraktikabel“; Kinder­ rechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1164; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 82 f.; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  14. 425  So Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  7 Fn.  31. 426  S. §  4 Fn.  403. 427  Und dies sei, so Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  14, „offensichtlich“.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Ohnehin lässt sich dafür eintreten, den Bereich der gemeinsam zu entscheidenden Kindesbelange in einem Wechselmodell zulasten der Alltagssorge breiter zu fassen, da an sich alltägliche Angelegenheiten im Falle von Auswirkungen auch auf den Betreuungszeitraum des anderen Elternteils als solche von erheblicher Bedeutung zu qualifizieren sein können428. Die Folge wäre eine Allein­ entscheidungsbefugnis beider Elternteile bloß in Angelegenheiten der tatsäch­ lichen Betreuung i. S. von Abs.  1 S.  4429. Teilweise wird allerdings auch letzt­ genannte Vorschrift für unanwendbar gehalten430. Hierfür spricht der Umstand, dass Abs.  1 S.  4 einen Elternteil i. S. des Abs.  1 S.  2, bei dem sich also der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befindet, voraussetzt 431. Eine Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens i. S. von Abs.  1 S.  2, 3 gäbe es jedenfalls nicht mehr, die Eltern müssten vielmehr – so wird vorgeschlagen: analog Abs.  1 S.  1432 – auch über solche Fragen der Alltagssorge Einvernehmen herbeiführen. Eine entsprechende Anwendung des §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB auf Alltagsangelegenheiten erübrigt sich jedoch: Das Erfordernis einer Einigung der Eltern folgt bereits aus §  1627 BGB433, der, 428  Hierauf weist BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  19 hin; ebenso MüKoBGB/­ Hennemann §  1687 Rn.  18; Löhnig FF 2017, 429, 433. 429  Kaiser FPR 2008, 143, 145; Bergmann ZKJ 2013, 489; Frauenknecht NJW-Spezial 2014, 68; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 109 ff.; Gottschalk/Heilmann ZKJ 2017, 181, 182; Löhnig FF 2017, 429, 433; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  7 a. E.; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  682; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  532; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  65 Rn.  5 für den Fall, dass die Eltern nichts Abweichendes hinsichtlich der Entscheidungsbefugnisse vereinbart haben; jurisPK BGB/Poncelet §  1687 Rn.  5; krit. Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1164; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21; s. auch Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 48 ff., der jedoch für eine flexible Handhabe von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB und damit i.Erg. eine Erweiterung desselben auf Alltagsangelegenheiten eintritt. 430  Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 12; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  14 a. E.; wohl auch Stellungnahme des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum Kind­RG FamRZ 1996, 1401; von einem Einigungserfordernis in sämtlichen Kindesangelegenheiten geht auch das AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, aus. 431  Zum Sinnzusammenhang zwischen §  1687 Abs.  1 S.  2 und S.  4 BGB unter §  4 A. III. 2. a) bb) (ab S. 93). 432  Kaiser FPR 2008, 143, 145; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  14 a. E.; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 110, 111 f.; auch Finke NZFam 2014, 865, 867, zieht eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB in Betracht; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 489 f., 82 ff., tritt für eine gemeinsame Entscheidung auch von Alltagsangelegenheiten oder eine einvernehmliche Aufteilung durch die Eltern, alternativ durch gerichtliche Entscheidung ein; s. auch den unstimmigen Normvorschlag de lege ferenda (S.  496): Die Eltern haben nach Sünderhaufs Vorschlag (Abs.  2 S.  2-E) gerade keine Alleinentscheidungs­ befugnisse, die sich über Abs.  4 -E einschränken oder ausschließen ließen. 433  So wohl auch Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 12.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

fällt die Modifikation durch §  1687 BGB434 (weitgehend) weg, in entsprechendem Umfang Geltung auch nach Trennung der Eltern beansprucht. Dies gilt für Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, weil §  1687 Abs.  1 BGB insoweit keine abweichende Regelung für die Nach­ trennungssorge bereithält, im Falle der Unanwendbarkeit von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB aber auch für die Angelegenheiten der Alltagssorge. Sollten die Eltern im konkreten Einzelfall zu einer Einigung nicht in der Lage sein, bliebe in den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung die Möglichkeit eines Antrags nach §  1628 BGB. Auch eine gegenseitige (stillschweigende) Ermächtigung zur Alleinentscheidung samt Außenwirkung wäre möglich435. Damit ergibt sich eine Abweichung gegenüber der Sorge vor Elterntrennung nur im Bereich der Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung, die zu erledigen jeder Elternteil während seiner Betreuungszeit alleinberechtigt ist, sofern §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB für anwendbar gehalten wird. Allerdings handelt es sich dabei um An­ gelegenheiten, die auch in einer intakten Familie mit einer regelmäßig vorhandenen Aufgabenteilung jeweils von dem Elternteil allein wahrgenommen werden, bei dem sie gerade anfallen. Einer gerichtlichen „Überprüfung“ nach §  1628 BGB sind sie jedenfalls nicht zugänglich, sodass sich im Einzelfall letztlich „die stärkere Persönlichkeit“436 durchsetzen wird. Faktisch besteht also kein Unterschied. Folglich führte die Nichtanwendbarkeit des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB im Ergebnis zu einer Verteilung der Entscheidungsbefugnisse, wie sie auch bereits vor der Trennung bestanden hatte. Es bestünde damit in tatsächlicher Hinsicht kein nennenswerter Unterschied zur Disposition des gesetzlichen Regelungssystems als solchen: Zwar nicht unmittelbar durch vereinbarte Ausdehnung des Anwendungsbereichs von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB, so doch aber mittelbar über die Festlegung des Kindesaufenthalts könnten die Eltern das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB insgesamt außer Kraft setzen; entsprechende Geltung beanspruchten die gegen jene Ansicht vorgebrachten Kritikpunkte437. Denn der in den Materialien zu §  1687 Abs.  1 BGB vom Gesetzgeber unzweideutig zum Ausdruck gebrachte Regelungszweck, die gemeinsame Sorge durch Zuweisung von Alleinentscheidungsrechten praktikabel zu halten, verliert nicht – eher im Gegenteil: gewinnt gerade – dadurch an Bedeutung, dass sich die Eltern auf 434  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 45; Schilling NJW 2007, 3233, 3234, spricht von einer „Ausnahmeregelung“ des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB gegenüber §§  1627, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB; in der Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 341, wurde für eine Verortung im Anschluss an §  1627 BGB plädiert. 435  Dazu unter §  4 A. III. 2. b) (S. 103). 436  Vgl. BT-Drucks. 2/224, 57. 437  S. unter §  4 A. III. 1. b) (S. 83, 87, 89 f.).

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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eine Betreuungsvariante einigen, die sich in der Praxis eher als konfliktträchtig denn konfliktreduzierend darstellt438. Abhilfe würde jedoch eine flexible Handhabe der Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung schaffen: Die Zuständigkeiten nach Abs.  1 S.  4 könnten sich – bis zum (annähernden) Gleichlauf mit der Alltagssorge nach Abs.  1 S.  2439 – variabel den Erfordernissen der Aufenthaltsdauer anpassen440. Damit würde zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Alleinentscheidungsbefugnisse nach Abs.  1 S.  4 unter gewöhnlicher Auslegung als zu geringfügig zur Bewältigung längerer Kindesaufenthalte, die nicht bloß dem gewöhnlichen Umgang Rechnung tragen sollen, empfunden werden441. Zum anderen würde dem Regelungszweck Genüge getan, der gemeinsamen Sorge – unterstellt: in jeder tatsächlichen Ausprägungsform – Praktikabilität verleihen zu wollen442. Diese weite Auslegung der Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung lässt sich auch am Wortlaut festmachen. Zwar dürfte das variable Verständnis von den tatsächlichen Betreuungsangelegenheiten nicht das vom Gesetzgeber intendierte sein. Abs.  1 S.  2 und S.  4 stellen sich eher als Regelungseinheit dar: Letzterer sieht als Kehrseite der nach S.  2 vorausgegangenen elterlichen Entscheidung über den gewöhnlichen Kindesaufenthalt und der daraus resultierenden Alleinentscheidungsbefugnisse des hauptsächlich betreuenden Elternteils abgestufte443 und vom Gesetzgeber bewusst geminderte Kompetenzen444 des nicht hauptsächlich betreuenden – namentlich des umgangs­ berechtigten445 – Elternteils vor. Unter Berücksichtigung von Entstehungsge438 

Dazu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (bb) (ab S. 41). OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; unter Hinweis auf die „mitprägende Wirkung“ von Umgang Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 11, anders aber zum Wechselmodell (S.  12): insg. keine Anwendbarkeit des §  1687 BGB; Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  30. 440  So OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639, 641 (zu §§  1687a, 1687 Abs.  1 S.  4 BGB); Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  8 a. E.; Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  160 Fn.  267; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  532 a. E.; Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  6. 441  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  15. 442  Auf die Gefahr eines Leerlaufens der Funktion von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB hinweisend BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  21. 443  Kaiser FPR 2008, 143, 144; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  31, 52; Palandt/Götz §  1687 Rn.  1; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  4 a. E., 5. 444  Diese hat der Gesetzgeber selbst durch Beispiele von den für die Bewältigung der Angelegenheiten des täglichen Lebens erforderlichen Kompetenzen abzugrenzen versucht: Erfasst sei „etwa die Frage, was das Kind zu Essen bekommt oder wann es ins Bett geht“, BT-Drucks. 13/4899, 108. 445  BT-Drucks. 13/4899, 108; Palandt/Götz §  1687 Rn.  8. 439 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

schichte und Normzweck des §  1687 BGB, die darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung des Wechselmodells (nur) nicht für erforderlich erachtete446, mit §  1687 BGB aber eine „Grundnorm für die Ausübung der gemeinsamen Sorge“447 schaffen wollte, um dieser auch nach Elterntrennung dauerhaft Praktikabilität zu verleihen, verliert die vom Gesetzgeber intendierte Lesart jedoch an Bedeutung. Folglich könnte man das Merkmal der „tatsächlichen Betreuung“ weniger in Abstufung zu den Angelegenheiten des „täglichen Lebens“ i. S. von Abs.  1 S.  2 und 3 als vielmehr dergestalt verstehen, dass es den „tatsächlichen“ Umfang der zwischen den Eltern vereinbarten Betreuung widerspiegele; dann erhielte der jeweils betreuende Elternteil entsprechend der vereinbarten „tatsächlichen Betreuung“ automatisch die erforderlichen rechtlichen Entscheidungsbefugnisse448. Da der gerade zur tatsächlichen Betreuung berechtigte Elternteil in diesem Bereich und in „seinem“ Zeitraum damit letztlich Sorge- und nicht bloß Umgangsbefugnisse449 allein ausüben würde, wäre er gemäß §  1629 Abs.  1 S.  3 Alt.  1 BGB450 wie auch im Falle der wechselnden Alltagssorge nach §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB entsprechend zur Alleinvertretung berechtigt. (3) Ergebnis zur Anwendung des §  1687 Abs.  1 BGB im Falle der elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell Die Ansichten, die §  1687 BGB durch eine weite Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts i. S. von Abs.  1 S.  2 oder der tatsächlichen Betreuung i. S. von Abs.  1 S.  4 für die Praktizierung eines Wechselmodells nutzbar machen wollen, führen praktisch zu demselben Ergebnis: Die wiederkehrenden und auf die Kindesentwicklung geringere Auswirkungen entfaltenden Angelegenheiten können von dem Elternteil, in dessen Betreuungszeitraum sie gerade anfallen, allein entschieden werden; über die Angelegenheiten von besonderer Bedeutung sowie solche, die an sich zwar alltäglicher Natur sind, jedoch Auswirkun446  Dafür sprechen die Ausführungen zu rechtstatsächlichen Ausgangsdaten in den Materialien zum KindRG: In nur 11 % der Fälle, in denen die Sorge nach der Scheidung beiden Elternteilen gemeinsam belassen wurde, praktizierten diese ein Wechselmodell, in 85 % der Fälle dagegen ein Residenzmodell: BT-Drucks. 13/4899, 36 f.; s. auch bereits §  1 (S. 5 f.). 447  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 53. 448  So Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 52 f., 56; ders. FamRZ 2005, 1209, 1211 m. Fn.  31; vgl. auch Palandt/Diederichsen, 58.  Aufl. 1999, §  1687 Rn.  6: §  1687 BGB nähere sich in Abs.  1 S.  4 dem Wechselmodell an. 449  Bei gewöhnlicher Anwendung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB auf den umgangsberechtigten Elternteil steht diesem nach §  1687 Abs.  1 S.  5 BGB nur das Notvertretungsrecht i. S. des §  1629 Abs.  1 S.  4 BGB zu. 450  S. unter §  4 A. III. 2. a) aa) (S. 92).

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gen auf den Betreuungszeitraum des anderen haben, ist von den Eltern dagegen nach Abs.  1 S.  1 Einvernehmen herzustellen. Zwar kollidieren beide mit der vom historischen Gesetzgeber mutmaßlich intendierten Auslegung, verhelfen dafür wiederum dem der Norm vom Gesetzgeber zugedachten Regelungszweck zur Durchsetzung. Auch §§  1687b und 1688 BGB zeigen, dass der Gesetzgeber demjenigen, der im Alltag tatsächlich Verantwortung für das Kind übernimmt, auch die rechtliche Befugnis hierzu im Innen- wie im Außenverhältnis zukommen lassen will. Für einen Wechsel der Alltagssorge i. S. von Abs.  1 S.  2, 3 mit dem Kindesaufenthalt lässt sich anführen, dass dieser das Begehren der ein Wechselmodell praktizierenden Eltern widerspiegelt, dem Kind zwei Zuhause und damit zwei gewöhnliche Aufenthaltsorte zu bieten, an denen es den Alltag erlebt, wohingegen es nach der Gegenansicht gar keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes gibt 451. Die Ansichten unterscheiden sich aber hinsichtlich ihres praktischen An­ wendungsbereichs: Die Vorzugswürdigkeit des zweiten Vorschlags, Abs.  1 S.  4 flexibel anzuwenden, ergibt sich aus ebendieser Flexibilität, die eine sachgerechte Anwendung des §  1687 Abs.  1 BGB auf alle denkbaren Betreuungs­ modelle samt Mischformen ermöglicht. Einigen sich die Eltern etwa auf ein leichtes Überwiegen der Betreuung eines Elternteils (etwa 60:40 Prozent), so würde auch der geringfügig weniger betreuende Elternteil im Zeitraum seiner Betreuung von einer dem §  1687 Abs.  1 S.  2, 3 BGB entsprechenden Alleinentscheidungsbefugnis profitieren; die erstgenannte Ansicht müsste hier, weil ein – wenn auch geringer – Schwerpunkt der Betreuung festzustellen ist, zu dem Ergebnis gelangen, dass allein dem „gewöhnlich“, wenn auch bloß geringfügig überwiegend betreuenden Elternteil eine Alleinentscheidungsbefugnis in Alltagsangelegenheiten zustünde, wohingegen der andere während seiner kaum geringfügiger ausfallenden Betreuungszeiträume auf Abs.  1 S.  4 in seiner üblichen Lesart verwiesen wäre. Gibt es aber kein klares Überwiegen in der tatsächlichen Betreuung, dann sollte es ein solches auch nicht in Bezug auf die rechtlichen Entscheidungsbefugnisse geben. Im Falle einer Annäherung der Betreuungsleistung beider Elternteile ist daher einer flexiblen Anwendung von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB gegenüber einem Wechsel der Alleinentscheidungs­ befugnis aus §  1687 Abs.  1 S.  2, 3 BGB der Vorzug zu geben. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte die elternautonome Aufenthaltsregelung verschriftlicht sein, um – wie auch im Falle einer Bevollmächtigung – im Rechtsverkehr den Beweis der (wechselnden) Alltagssorgeberechtigung samt Alleinvertretungsbefugnis führen zu können.

451 

So treffend Schilling NJW 2007, 3233, 3236 f.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

cc) Ergebnis zur elterlichen Gestaltung der tatsächlichen Ebene der Sorge mittels Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes Die Eltern haben es somit zwar theoretisch in der Hand, das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB mit ihrer diesem vorgelagerten Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes in Gang zu setzen oder nicht. Praktisch ist es aber schwerlich vorstellbar, dass es nach der Elterntrennung keine – auch konkludente – Einigung über den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes gibt. Zu denken wäre allenfalls an eine stets neu zu treffende, für einen kurzen Zeitraum Geltung beanspruchende und im Ergebnis offene Entscheidung der Eltern, sodass der Aufenthalt des Kindes niemals zu einem „gewöhnlichen“ i. S. des §  1687 Abs.  1 BGB würde. Im Normalfall beansprucht die Vorschrift unmittelbar im Anschluss an die Trennung Geltung und weist den Eltern Alleinentscheidungsbefugnisse zu. Dies gilt auch im Falle einer elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell. Um der dem §  1687 Abs.  1 BGB vom Gesetzgeber zugeschriebenen konfliktreduzierenden Wirkung zur Entfaltung zu verhelfen, ist für eine flexible Anwendung von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB auch auf ein Wechselmodell zu plädieren, das sich nicht durch gleich lange Aufenthaltsphasen des Kindes bei beiden Elternteilen auszeichnet. Die Grenze muss aber dort liegen, wo ein deutlicher Lebensmittelpunkt des Kindes bei einem Elternteil noch feststellbar und §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB somit klar anzuwenden ist. Andernfalls würde die Entscheidung des Gesetzgebers konterkariert, dem überwiegend betreuenden Elternteil einen Vorsprung in der Entscheidungszuständigkeit zu verschaffen. Dem bloß etwa zu 30 Prozent betreuenden Elternteil kommt mithin während seiner Betreuung nicht die Alltagssorge i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2, 3 BGB, sondern bloß die alleinige Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung i. S. von Abs.  1 S.  4 nach konventioneller Auslegung zu. Die Grenze zur flexiblen Anwendung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB kongruiert mit derjenigen zwischen einem Residenzmodell mit erweitertem Umgang und einem Wechselmodell452. b) Übertragung und Einrichtung von Alleinentscheidungsbefugnissen Haben die Eltern somit autonom kaum Möglichkeiten, sich dem Regelungs­ system des §  1687 Abs.  1 BGB zu entziehen, so steht es ihnen bis zur Grenze des §  1666 BGB doch zumindest frei, durch einseitige oder gegenseitige Er-

452 

Zu dieser Grenzziehung, die zur Feststellung der gerichtlichen Anordnungsbefugnis eines Betreuungsmodells zwingend erforderlich und somit nur mit Blick auf §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB möglich ist, unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256).

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mächtigung bzw. Bevollmächtigung453 einen gewissen Einfluss auf dieses zu nehmen454. So können sie vereinbaren, dass jeder Elternteil in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB allein entscheiden kann455. In Bezug auf die Alltagsangelegenheiten ist danach zu unterscheiden, ob bei praktiziertem Wechselmodell das „Springen“ der Alleinentscheidungsbefugnis aus §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB bzw. aus dem variabel angewendeten §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB befürwortet wird oder nicht. Verneinendenfalls kommt mangels kraft Gesetzes bestehender Alleinentscheidungsbefugnis eine entsprechende gegenseitige Ermächtigung in Betracht 456. Bejahendenfalls kann – wie auch für das Residenzmodell vertreten457 – der jeweils alleinentscheidungsbefugte Elternteil dem anderen eine Vollmacht erteilen458. Dabei gilt es zum einen zu beachten, dass eine solche Bevollmächtigung oder Ermächtigung stets nur widerruflich erfolgen kann, da sie andernfalls einem unzulässigen Verzicht auf die Sorgeverantwortung gleichstehen würde459. Der vollmachterteilende bzw. ermächtigende Elternteil bleibt Inhaber des Entscheidungsrechts, da die Eltern wegen der Unverzichtbarkeit des Sorgestatus460 als Ausdruck der dauerhaften elterlichen Verantwortung gegenüber dem Kind al-

453  Es wird dem zwischen „Ermächtigung“ und „Bevollmächtigung“ dahingehend differenzierenden Ansatz gefolgt, dass im Falle gemeinsamer Entscheidungsbefugnis eine Ermächtigung zur Alleinentscheidung, im Falle alleiniger Entscheidungsbefugnis eine Bevollmächtigung des anderen Elternteils erfolgt, vgl. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 40 f., 52 m. Fn.  157; dagegen spricht etwa Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 38, auch im Bereich gemeinschaftlicher Sorgekompetenz von einer „Vollmacht“ im Außenverhältnis und einer „Gestattung“ im Innenverhältnis. 454  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  14; MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  8; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  13. 455  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 54; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  14 a. E.; Palandt/Götz §  1687 Rn.  7; Schwab FamRZ 1998, 457, 469 a. E.; Heilmann/Gottschalk §  1687 Rn.  8; einschr. MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  15, 8: Zur Alleinentscheidung könne nur der betreuende Elternteil ermächtigt werden; gegen eine Auswirkung einer privatrechtlichen Abrede auf die gemeinsame Zuständigkeit für Angelegenheiten i. S. des §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB auf das Außenverhältnis Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 49 a. E. 456  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  11. 457  MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  8; dies mit Blick auf den Zweck des §  1687 Abs.  1 BGB auf alltägliche Angelegenheiten der Vermögenssorge beschränkend Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  11; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  14; näher S. 104 f. 458  Zu einer Bevollmächtigung zur Entscheidung von Alltagsangelegenheiten im Falle eines Wechselmodells s. Reeckmann-Fiedler FPR 1999, 146, 147; Wend FPR 1999, 137, 139. 459  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 54, 68; ders. FamRZ 2005, 1209, 1211. 460  Hierzu unter §  4 A. II. 1. a) (S. 24).

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lein auf die Ausübung der elterlichen Sorge einwirken können461. Eine Gestaltung des Sorgestatus geht mit einer Bevollmächtigung folglich nicht einher. Zum anderen findet die privatautonome Einflussnahmemöglichkeit der Eltern auf das als solches unabdingbare Regelungsmodell in §  1687 Abs.  1 BGB dort ihre Grenze, wo der Zweck der Vorschrift, Konflikte zwischen den Eltern mittels Absenkung des Absprachebedarfs gar nicht erst aufkommen zu lassen, konterkariert zu werden droht. Daraus folgt, dass Einschränkungen der Alltagssorge, das heißt des Alleinentscheidungsrechts des Betreuungselternteils, insoweit unzulässig sind, als die Eltern die Erheblichkeitsschwelle i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB herabsenken und sich so für nach der gesetzlichen Wertung „alltägliche“ Angelegenheiten das Erfordernis einer einvernehmlichen Entscheidung auferlegen462. Die Eltern können das System des §  1687 Abs.  1 BGB, das darauf angelegt ist, die Anzahl der gemeinsam zu entscheidenden Angelegenheiten gegenüber dem Zustand vor der Trennung unter Geltung des §  1627 BGB zu verringern, also lediglich erweitern und flexibilisieren, nicht dagegen verengen463. Privatautonome Regelungen der Eltern sind demnach bloß insoweit zulässig, als sie zur Einrichtung einer Befugnis zur alleinigen Entscheidung (in Angelegenheiten nach Abs.  1 S.  1464) oder zur Übertragung einer solchen (in Angelegenheiten nach Abs.  1 S.  2, 3 bzw. Abs.  1 S.  4) dienen, nicht hingegen das Maß an Gemeinsamkeit durch Ausweitung des Anwendungsbereichs von Abs.  1 S.  1 erhöhen465. Aus diesem Grunde spricht auch nichts dagegen, dass der durch §  1687 Abs.  1 S.  2 bzw. Abs.  1 S.  4 BGB begünstigte Elternteil dem anderen mittels Bevollmächtigung die Entscheidung in diesen Angelegenheiten, und zwar nicht bloß das Kindesvermögen betreffend, überträgt. Hiergegen wird angeführt, dies könne für Angelegenheiten der Personensorge dem Zweck des §  1687 Abs.  1 BGB zuwiderlaufen466. Diese Gefahr besteht allerdings nur, wenn das Resultat der Bevollmächtigung ein zwingendes Einigungserfordernis i. S. von §§  1627, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB wäre467. Doch selbst wenn man die entsprechende Anwendung Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 42, 44. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 55, 56; ders., in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 81; MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  8, 15; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  13. 463  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  13; Heilmann/Gottschalk §  1687 Rn.  8. 464  Gegen Auswirkungen auf das Außenverhältnis Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 49 a. E. 465  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 36; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  13; MüKo­ BGB/Hennemann §  1687 Rn.  8. 466  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  11; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  14. 467  Für eine entsprechende Geltung des §  1627 BGB Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  11. 461 

462 

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des §  1627 BGB bejahte468, würde es zu einem Konflikt praktisch kaum kommen: Die Gefahr aus einem Einigungserfordernis herrührender Konflikte, der §  1687 Abs.  1 BGB gerade begegnen will, besteht nur dann, wenn die Entscheidung noch aussteht und der bevollmächtigende Elternteil Kenntnis vom Entschluss des anderen erlangt; in diesem Falle wird er jedoch, wenn diese Entscheidung seinen Erziehungsleitlinien strikt zuwiderläuft und sich eine Konfrontation mit dem anderen Elternteil als konfliktträchtig abzeichnet, eher die Entscheidung durch (teilweisen) Widerruf der Vollmacht gemäß §  168 S.  2 BGB an sich ziehen, als es auf einen Einigungsprozess i. S. von §  1627 BGB ankommen zu lassen. Die Gefahr eines Elternkonflikts im Zusammenhang mit einer Bevollmächtigung liegt eher darin, dass der andere Elternteil Entscheidungen trifft, mit denen der durch §  1687 Abs.  1 S.  2 bzw. Abs.  1 S.  4 BGB begünstigte nicht einverstanden ist, von denen er jedoch nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt, kann der andere Elternteil doch nach außen hin gemäß §  1629 Abs.  1 S.  3 BGB ohne Mitwirkung jenes Elternteils handeln. Damit muss er im Falle der Vollmachtserteilung jedoch rechnen; außerdem verdiente ein solches Verhalten des durch §  1687 Abs.  1 S.  2 bzw. Abs.  1 S.  4 BGB begünstigten Elternteils, sich aufgrund der ihm gesetzlich zugewiesenen Rechtsposition zur Findung der kindeswohldienlicheren Entscheidung befähigt und im Nachhinein zu einer Rüge des anderen Elternteils berechtigt zu sehen, keinen Schutz, wenn er sich dieser Alleinentscheidungsbefugnis – wenn auch nicht der Substanz nach, so doch zumindest faktisch – durch freiwillige Einbeziehung des anderen Elternteils begibt. Diese Gefahr ist mithin Resultat nicht eines unter Umständen konfliktreichen Einigungsprozesses, sondern der Bevollmächtigung als solcher. Gleiches gilt für gegebenenfalls aus dem Widerruf der Vollmacht herrührende Konflikte, wenn sich der zunächst Bevollmächtigte mit der – insbesondere im Hinblick auf eine konkrete Entscheidung hin erfolgten – Entziehung seiner Entscheidungsmacht nicht einverstanden zeigt. Konsequent müsste dann jegliche Bevollmächtigung, jedenfalls aber jede über das Maß des §  1687 Abs.  1 BGB hinausgehende Einbeziehung des nicht hauptsächlich betreuenden Elternteils ausgeschlossen werden mit der Folge, dass diesem auch nicht die Alleinentscheidung erheblicher Angelegenheiten i. S. von Abs.  1 S.  1 überlassen werden könnte469. Dies ist jedoch mit Blick auf Eltern, die zur Kooperation bereit und fähig sind und die auf einfachem Wege elternautonom470 zu einer Entscheidungszuständigkeit beider Elternteile im Innen- und Außenverhältnis gelangen wollen, abzulehnen. 468  Hiergegen spricht, dass der Vertreter selbst den Inhalt des Rechtsgeschäfts bestimmt und einen Entscheidungsspielraum hat, s. MüKoBGB/Schubert §  164 Rn.  70. 469  So wohl MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  15. 470  Zur Einbeziehung des Gerichts und dessen Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

c) Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der tatsächlichen Ebene der Sorge Die Eltern können also in beschriebenem Umfang mittels widerruflicher Vollmachten oder Ermächtigungen insoweit Einfluss auf ihre Zuständigkeit zur Entscheidung der nicht den Aufenthalt betreffenden Angelegenheiten des Kindes nehmen, als Alleinentscheidungsbefugnisse begründet sowie übertragen werden. Ausgeschlossen sind mit Blick auf den Regelungszweck des §  1687 Abs.  1 BGB bloß diejenigen elternautonomen Vereinbarungen, die unmittelbar die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von Abs.  1 S.  1 zum Gegenstand haben. Dafür spricht auch §  1687 Abs.  2 BGB, der ebendies, nämlich die Ausweitung der gemeinsam zu treffenden Entscheidungen, regelt, jedoch offenbar allein dem Familiengericht und nicht den Eltern anheimstellt471. 3. Ergebnis zur elternautonomen Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Autonom, das heißt ohne Mitwirkung des Familiengerichts, können die Eltern die in §  1687 Abs.  1 BGB angeordnete Kompetenzverteilung nicht frei verändern oder abbedingen, sondern diese allenfalls auf der Ausübungsebene durch widerrufliche Bevollmächtigung bzw. Ermächtigung beeinflussen. Eine Ausweitung des Bereichs gemeinsam zu entscheidender Angelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB ist elternautonom weder in Abbedingung von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB noch durch eine Ausübungsvereinbarung für das Innenverhältnis samt Bevollmächtigung bzw. Ermächtigung für das Außenverhältnis zulässig. Im Ergebnis lässt sich demnach durch bloße Elternvereinbarung nur eine Erscheinungsform des Wechselmodells unter Geltung des als zwingend verstandenen Regelungssystems des §  1687 Abs.  1 BGB begründen, namentlich die im angloamerikanischen Rechtskreis als „parallel parenting“ bezeichnete. Bei dieser teilen sich die Eltern die Betreuung („parenting time“), wohingegen die Entscheidungsfindung („decision-making“) jedem Elternteil, in dessen Zeitraum sie erforderlich wird, allein obliegt 472. Elternautonom nicht zu verwirklichen ist hingegen eine Form von Wechselmodell, bei der sich die Eltern sowohl die Betreuung und Pflege des Kindes als auch die volle Entscheidungszuständigkeit teilen.

471 

Zur Einflussnahmemöglichkeit der Eltern auf eine familiengerichtliche Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 472  Vgl. Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 155.

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Diese Schlussfolgerung ist letztlich nur konsequent, geht man von der Prämisse aus, der Gesetzgeber habe die vollumfängliche gemeinsame Sorge nach Trennung für grundsätzlich nicht praktikabel gehalten und sich daher zum ­Zwecke der Konfliktvermeidung für eine der elterlichen Autonomie unzugängliche Aufteilung von Entscheidungsbefugnissen zwischen den Eltern über §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB entschieden.

B. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung Wie gesehen473, können die Eltern in Ausübung ihres Sorgerechts, namentlich ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts, den Aufenthalt des Kindes – bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung (§  1666 BGB) – frei und damit auch im wiederkehrenden Wechsel durch bloße Vereinbarung festlegen. Eltern, die sich zwar während der oder im direkten Anschluss an die Trennung über die Form der zukünftigen Betreuung ihres Kindes und/oder die Entscheidung der übrigen Angelegenheiten einig sind, die sich jedoch in gewissen Fragen im Konflikt befinden oder einen solchen für die Zukunft fürchten, können mit Blick auf eine unter Umständen einfachere Durchsetzung sowie eine erschwerte Abänderbarkeit ein berechtigtes Interesse an einer Verfestigung der elternautonom getroffenen Vereinbarung haben. Hierzu bedarf es der gerichtlichen Beteiligung. Zu klären ist insoweit, ob und, falls ja, aufgrund welcher Vorschrift das Gericht den im wiederkehrenden Wechsel vereinbarten Kindesaufenthalt festschreiben kann (dazu unter I.), ob dies insbesondere durch Entscheidung zur elterlichen Sorge474 (dazu unter I. 1.) oder zum Umgang475 (dazu unter I. 2.) geschehen kann, und ob dem Gericht – im Unterschied zu den Eltern476 – die Möglichkeit zur Einflussnahme auf das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB eröffnet ist (dazu unter II.).

I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Zunächst werden die zur Verfügung stehenden gesetzlichen Vorschriften auf eine Möglichkeit zur Absicherung der von den Eltern getroffenen Vereinbarung eines wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts durch das Gericht hin untersucht. 473 

Unter §  4 A. II. 1. b) aa) (ab S. 25). In Rede stehen hier §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, §  156 Abs.  2 FamFG (analog) und §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog. 475  Rechtsgrundlage könnten hier §  156 Abs.  2 FamFG und §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB sein. 476  S. unter §  4 A. III. 1. b) (ab S. 82). 474 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

1. Sorgerecht a) Rechtliche Ebene der Sorge Haben sich die Eltern bereits auf einen wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes verständigt, so ist es gleichwohl denkbar, dass sie dieses – unter Umständen bereits praktizierte und damit auf der tatsächlichen Ebene gelebte – Betreuungsmodell gerade auf der Rechtsebene etablieren wollen, um so die individuelle Umsetzung ihres elterlichen Konzepts zur Durchführung der Sorge gegen eine sich zukünftig gegebenenfalls vermindernde Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit abzusichern477. Dies könnte durch einen Wechsel der elterlichen Rechtspositionen erreicht werden, der den Wechsel der tatsächlichen Sorge auf der Ebene der rechtlichen Sorge abbildet. In diesem Fall ginge es den Eltern also um die Verfestigung ihrer Vereinbarung über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mittels gerichtlicher Einwirkung auf selbiges und damit ihren Sorgestatus478. Im Falle übereinstimmenden Elternwillens kommt auf dieser Ebene als Rechtsgrundlage einzig §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB in Betracht. Nachfolgend ist der Frage nachzugehen, ob sich eine Entscheidung nach dieser Norm zur Absicherung eines Wechselmodells überhaupt eignet (unter cc)), zuvor jedoch, ob eine solche Entscheidung bei Vorhandensein einer elterlichen Vereinbarung über die Ausübung der Sorge im Wechselmodell bereits an einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis scheitert (unter bb)). Allem voran ist jedoch zunächst zu klären, ob eine zeitliche Aufteilung des Sorge-, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts überhaupt mit Wortlaut, Zweck und Mechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB vereinbar ist (unter aa)).

Vgl. Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 625; von einer gerichtlichen Bestätigung abratend Hammer, in: Bayer/Koch (Hrsg.), Scheidungsfolgenvereinbarungen, 2016, 75, 95: Vollstreckung regelmäßig kontraproduktiv; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1162: Eltern würde „Anpassungs- und Änderungskompetenz aus der Hand“ genommen. 478  Dies erscheint zunächst als ein legitimes Antragsziel i. S. des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, wenn es auch dem ersten Anschein nach im Konflikt steht zu der Ansicht, das Wechselmodell sei „in seiner Grundkonzeption darauf ausgerichtet, die trotz Elterntrennung fortbestehende Sorgegemeinschaft beider Eltern auf der Rechtsebene (§  1671 Abs.  1 S.  1 BGB) mit einer gelebten, wenngleich alternierend verwirklichten Sorgegemeinsamkeit auf der tatsächlichen Ebene zu ‚unterfüttern‘“, so Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161; Coester FF 2010, 10, 11. 477 

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aa) Generelle Zulässigkeit einer zeitlichen Aufteilung des Sorgerechts bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts Zeitliche Aufspaltungen der Sorge sind mit Blick auf die Erziehungskontinuität seit jeher kritisch beurteilt worden479. Vor Inkrafttreten des KindRG wurde ihre Zulässigkeit von der überwiegenden Meinung grundsätzlich verneint 480. Dabei handelte es sich allerdings nicht um Anordnungen wiederkehrend wechselnder Sorge, sondern um gerichtliche Regelungen, welche die Sorge bis zu einem bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt oder Ereignis dem einen und von da an dem anderen Elternteil übertrugen. Die mit Blick auf die Kontinuitäts- und Stabilitätsinteressen des Kindes und eine mögliche Willkür zeitlicher Begrenzungen in Unkenntnis der Kindessituation nach Fristablauf481 berechtigte ablehnende Haltung gegenüber derartigen gerichtlichen Entscheidungen wurde im Anschluss an das die gemeinsame elterliche Sorge nach Scheidung der Eltern ermöglichende Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. November 1982482 aber auch einer alternierenden Personensorge entgegengehalten483. Seit Inkrafttreten des KindRG, das im Unterschied zu §  1671 Abs.  4 BGB a. F.484 keine Arten möglicher Teilung vorgibt485, werden zeitliche Aufteilungen der Sorge nicht mehr von vornherein als ausgeschlossen angesehen486. Insbesondere mit Blick auf die in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zum Ausdruck kommende erhebliche Stärkung der Elternautonomie bestünden jedenfalls gegenüber einverständlichen zeitlichen Aufteilungen des Sorgerechts keine Bedenken 479 

Ausf. zum Streitstand Staudinger/Coester (1992) §  1671 Rn.  142 ff. BGH NJW 1952, 1254, 1255 m. abl. Anm. Schwoerer; KG FamRZ 1957, 176; BayObLG FamRZ 1962, 165, 167; FamRZ 1966, 247, 248; FamRZ 1976, 38, 39, und 534, 535; OLG Frankfurt FamRZ 1962, 171, 172; OLG Hamm FamRZ 1964, 577; OLG Stuttgart Justiz 1974, 128; a. A. KG FamRZ 1967, 294, 295; OLG Karlsruhe NJW 1977, 1731 (obiter dictum); zumindest für den Ausnahmefall und als Zwischenlösung Schwoerer NJW 1952, 284, 285 f.; JZ 1953, 15, 18; FamRZ 1958, 433, 435, im Anschluss an OLG Frankfurt FamRZ 1955, 146; krit. auch Gernhuber, Familienrecht, 1.  Aufl. 1964, §  56 II 2; zu Ausnahmen s. auch Johannsen/ Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  19. 481  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  262. 482  S. §  1 Fn.  8. 483  Coester EuGRZ 1982, 256, 261. 484  Dieser sah in S.  2 die – nach allg. M. (s. nur BGH FamRZ 1980, 1107, 1108 m. zahlr. N.) für abschließend erachtete – Möglichkeit vor, die elterliche Sorge insoweit aufzuteilen, als dem einen Elternteil die Personen-, dem anderen die (teilweise) Vermögenssorge zugewiesen werden konnte. 485  Damit stünde, so Schwab FamRZ 1998, 457, 459, „für sinnvolle Möglichkeiten beliebiger Art […] das Tor offen“. 486  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  53; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  23; a. A. Erman/­Döll §  1671 Rn.  13. 480 

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mehr487. Zwar dürfte es dem Gesetzgeber von 1997/98 bei der Änderung von §  1671 BGB weniger um zeitliche – insbesondere periodische – Aufspaltungen des Sorgerechts als vielmehr eine Öffnung der Vorschrift zugunsten freier sachlicher Aufteilungen der Sorge bei im Übrigen fortbestehender gemeinsamer Sorge für den Fall gegangen sein, dass ein Elternkonflikt nur in abgrenzbaren Bereichen des Sorgerechts besteht488. Eine dahingehende Einschränkung lässt sich dem Wortlaut jedoch nicht entnehmen489. Gemäß §  1671 Abs.  1 BGB kann jeder Elternteil, dem die elterliche Sorge mit dem anderen Elternteil, von dem er nicht nur vorübergehend getrennt lebt, gemeinsam zusteht, beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Das Wort „allein“ wird teilweise zum Anlass genommen, eine Zuweisung der Gesamtsorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel für unzulässig zu erachten, werde diese Konstruktion doch – im Unterschied zu einem für die Zukunft vorgesehenen einmaligen Wechsel der Sorgerechtszuständigkeit – der Voraussetzung einer Übertragung auf den Antragsteller allein nicht gerecht490. Dagegen wird eingewandt, das Gericht weise die Rechtsposition Aufenthaltsbestimmungsrecht sehr wohl einem Elternteil allein zu, nur eben „nicht ‚kontinuierlich allein‘, sondern ‚abwechselnd allein‘“491. 487  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  19; zurückhaltender Staudinger/Coester §  1671 Rn.  262; zeitliche Aufteilungen in Form des Wechselmodells ausdrücklich für möglich haltend Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 41. 488  So werden als Beispiele die Bereiche Ausbildung, Aufenthaltsbestimmung, Heilbehandlung und Vermögen genannt, wohingegen der Gesetzgeber sich in zeitlicher Hinsicht dahingehend äußert, dass – in Abgrenzung zu einer Entscheidung nach §  1628 BGB – der beantragte Teil der Sorge nach §  1671 Abs.  1 BGB „für alle in diesem Bereich denkbaren Entscheidungen bis zum Eintritt der Volljährigkeit des Kindes einem der beiden Elternteile übertragen wird“, BT-Drucks. 13/4899, 99. 489  Und darauf, namentlich auf den in der Gesetzesvorschrift zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, nicht auf die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe über die Bedeutung der Bestimmung komme es an: BVerfGE 1, 299, 312; 10, 234, 244 = NJW 1960, 235, 236; E 11, 126, 130 f. = NJW 1960, 1563, 1564; Kaiser FPR 2003, 573, 578. 490  OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1266; KG FamRZ 2012, 886, 887: „rechtlich bedenklich“ und „völlig unpraktikabel“; gegen eine „die elterliche Sorge aufspaltende Regelung“ auch OLG Naumburg FamRZ 2014, 50; OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2127: „im Gesetzeswortlaut keine Stütze“; AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 341 m. insow. zust. Anm. Spangenberg FamRZ 2015, 863; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  19; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, §  1 Rn.  246; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  538; krit. auch Finke NZFam 2014, 865, 868. 491  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 378, die dann jedoch, obwohl der Wortlaut eine periodische Zuweisung zulasse, eine „analoge Anwendung des Rechtsgedankens der Vor-

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Der zweiten Ansicht ist – zumindest in Bezug auf die Wortlautauslegung – zu folgen. Zwar steht das Sorge- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht, betrachtet man es in seiner Gesamtheit, im Anschluss an eine periodische Zuweisung durch das Gericht keinem Elternteil allein zu. Das Gericht nimmt mit einer solchen Entscheidung aber gerade eine Teilung des Sorgerechts bzw. eine weitere Teilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts – in diesem Falle in zeitlicher Hinsicht – vor. Entsprechend ist auf den jeweiligen Zeitraum des Innehabens der Rechtsposition durch den einzelnen Elternteil abzustellen, und insoweit liegt eine Zuweisung des Rechts an einen Elternteil allein i. S. von §  1671 Abs.  1 BGB vor. Der Wortlaut steht einer solchen Entscheidung des Gerichts mithin nicht entgegen. Bleibt die Frage, ob eine weitere Zergliederung492 der elterlichen Sorge – nun zusätzlich zur sachlichen auch noch in zeitlicher Hinsicht – noch vom telos des §  1671 Abs.  1 BGB gedeckt ist. Ohne an dieser Stelle bereits auf die Kompetenzverteilung zwischen Eltern und Staat aufgrund von Art.  6 Abs.  2 GG einzugehen493, kann die aufgeworfene Frage zunächst generell bejaht werden. Denn die in Rede stehende Aufteilung der Sorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach feststehenden Zeiträumen ist zwar im Hinblick auf die Kontinuität der Erziehung des Kindes nicht unumstritten494; es kommt aber nicht zu einem abrupten Abbruch des einen Sorgeverhältnisses unter Aufnahme eines anderen, wie dies im Falle eines im Vorhinein festgelegten einmaligen Sorgewechsels schrift“ für erforderlich hält (S.  376); dies./Rixe FamRB 2014, 418, 420; eine Vereinbarkeit mit dem Wortlaut wohl ebenfalls bejahend Gutjahr FPR 2006, 301, 302, 304, der diesen Weg jedoch für wenig praktikabel, vielmehr den Weg über eine Umgangsregelung für naheliegend hält; Jokisch FuR 2013, 679, 681; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 247; ders. FamRB 2006, 275, 280; ders. FamRZ 2015, 1433, 1437, 1438 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  37; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  32; Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  261; ders. FF 2010, 10, 12 m. Fn.  22. 492  S. dazu die Mahnungen von Schwab FamRZ 1998, 457, 465: „Aufteilungen, die das Leben des Kindes rechtlich unnötig zergliedern und in kritischen Fällen dem Kindeswohl entgegenstehende Komplikationen verursachen, sind zu vermeiden“; denn, so ders., in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 722: „Das Leben einer Person, evident auch eines sich entwickelnden Kindes, ist eine Einheit, alles hängt mit allem zusammen.“. 493  Diese könnte zu einer abweichenden Beurteilung der Vereinbarkeit eines periodischen Wechsels mit dem Regelungsmechanismus und ‑zweck von §  1671 Abs.  1 BGB führen, dazu unter §  5 A. I. 1. a) aa) (ab S. 190). 494  Coester, Kindeswohl als Rechtsbegriff, 1983, 309 ff.: Beeinträchtigung der Stabilität der Erziehung und ihrer grundlegenden Qualität (S.  310); s. aber Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 58 f., und Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinder­ psychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 40 f. m. Fn.  44, die bzw. der Kontinuität und Stabilität nicht durch einen regelmäßigen Wechsel, sondern gerade durch die Alleinsorge für gefährdet halten/hält.

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– häufig nach mehreren Jahren – der Fall ist. Bei einem solchen lassen sich im Zeitpunkt der Anordnung die Interessen und Bedürfnisse des Kindes zum Zeitpunkt des Sorgewechsels in der Regel noch gar nicht prognostizieren. Bei einem wiederkehrenden Wechsel des Kindesaufenthalts erfährt dieser dagegen, sofern er – bis zur Grenze des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB – auf Dauer angelegt ist und über längere Zeit praktiziert wird, selbst eine Regelmäßigkeit, sodass auch in diesem Falle von einer Kontinuität in der Kindeserziehung gesprochen werden kann495. Die Bedenken, die früher gegen eine zeitliche Aufspaltung der Sorge erhoben wurden, sind daher nicht unbesehen auf die Zuweisung wiederkehrend wechselnder Alleinsorge bzw. wechselnden Aufenthaltsbestimmungsrechts übertragbar. Vorbehaltlich einer aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG resultierenden Regelungsbefugnis des Gerichts in Abgrenzung zu den Elternrechten496 ist damit zunächst festzuhalten, dass eine zeitliche Aufteilung der Gesamtsorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Form einer wiederkehrend wechselnden Zuweisung an beide Elternteile rein rechtstechnisch mit §  1671 Abs.  1 BGB vereinbar ist. bb) Rechtsschutzbedürfnis Erscheint somit die periodische Aufteilung des Sorge- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrechts zwar rechtstechnisch als möglich, so steht im Falle des Vorhandenseins einer entsprechenden elterlichen Vereinbarung497 bereits die Erforderlichkeit des Hinzutretens einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB in Frage. Es wird vertreten, die Mutter, die sich zuvor in Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts mit dem Vater darüber geeinigt hatte, dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei ihr haben sollen, könne nicht verlangen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht gerichtlich auf sie übertragen wird; ­ihrem Antrag fehle es bereits am Rechtsschutzbedürfnis498. Dem ist insofern zuzustimmen, als es im Falle des Vorhandenseins einer elterlichen Aufenthaltsregelung, von der nicht ohne Weiteres einseitig abgerückt werden kann499, schon nicht erforderlich ist, die gemeinsame Sorge im Teilbereich der Aufenthaltsbestimmung aufzuheben, und es dem Kindeswohl folglich auch nicht am besten entspricht, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter allein zu übertraA. A. Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 81 f., 91. Dazu unter §  5 A. I. 1. a) aa) (ab S. 190). 497  Dazu unter §  4 A. II. 1. b) (ab S. 25). 498  So NK-BGB/Rakete-Dombek §  1671 Rn.  5; auch Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter ­ artiny, 2014, 89, 93 f., stellt fest, dass es, sofern sich die Eltern über den Aufenthalt des M Kindes bei einem Elternteil mit Bindungswillen geeinigt haben, keiner gerichtlichen Regelung hierüber bedürfe; wohl auch Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 625. 499  Dazu unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69). 495 

496 

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gen; zusammenfassend fehlt es also an den Voraussetzungen von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB, ein darauf gerichteter Antrag ist unbegründet500. Über die Zulässigkeit eines Antrags samt Zustimmung i. S. von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ist damit aber noch nichts gesagt. Schon die unterschiedlichen Zweckrichtungen von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 und Nr.  2 BGB legen eine unterschiedliche Beurteilung nahe: Die Anwendung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB soll eine vorhandene Konfliktsituation zwischen den Eltern dadurch entschärfen, dass eine Rechtsposition (oder auch sämtliche) aus der gemeinsamen Sorge herausgenommen und auf einen Elternteil allein übertragen wird (werden). Demgegenüber dient §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB dazu, dem übereinstimmenden Elternwillen – wenn auch bloß mittelbare501 – sorgerechtsgestaltende Wirkung beizumessen. Denn auch wenn der Gesetzgeber von 1997/98 die El­ ternautonomie gestärkt oder jedenfalls hervorgehoben hat, indem er die in der Vorgängerregelung des §  1671 Abs.  3 BGB i. d. F. des SorgeRG502 noch vorgesehene503 gerichtliche Kindeswohlprüfung eines gemeinsamen elterlichen Vorschlags aufgegeben und es damit bewusst bei der allgemeinen Eingriffs­schwelle des §  1666 BGB belassen hat504, so hielt er doch daran fest, dass der Verlust elterlicher Sorge wegen der Unverzichtbarkeit des Sorgestatus als Ausdruck der dauerhaften elterlichen Verantwortung gegenüber dem Kind505 generell nur auf500 

Nur hierüber hatten die Gerichte, deren Entscheidungen in diesem Zusammenhang angeführt werden, zu entscheiden: OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39, 40; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042 f.; AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036, 1037. 501  Hammer FamRZ 2005, 1209, 1211; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 92: unmittelbare Bindungswirkung der Zustimmung als Verfahrenshandlung, dagegen keine gestaltende Wirkung im materiellen Recht; Coester FF 2011, 285, 289, in Anm. zu BGH FamRZ 2011, 796; ders., in: Staudinger §  1696 Rn.  37 (zur Äußerung der Bundesregierung BT-Drucks. 16/6308, 414); BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  9; Gernhuber, Familienrecht, 1.  Aufl. 1964, §  56 III 1, sprach schon unter Geltung des §  1671 Abs.  2 BGB a. F. von einem „kontrollierten Dispositionsakt der Eltern über die elterliche Gewalt“ (Hervorh. bereits im Orig.); ebenso Strätz FamRZ 1975, 541, 542 Fn.  10, sowie – zu §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB a. F. – Hinz ZfJ 1984, 529, 534. 502  V. 18.7.1979, BGBl. I, 1061, 1064. 503  Auch hier wurde aber bereits eine weitreichende Bindung an den Elternvorschlag und eine faktisch nahezu leerlaufende Überprüfbarkeit durch das Gericht angenommen: Klußmann FamRZ 1982, 118, 121: begrenzte Erkenntnismöglichkeiten des Richters; Coester ­EuGRZ 1982, 256, 262; ders. RdJB 1996, 430, 435; ders. DEuFamR 1999, 3, 10; Neuhaus FamRZ 1980, 1089, 1090; zum entsprechend geringen Begründungsaufwand für eine Entscheidung zugunsten gemeinsamer Sorge Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 35 f. 504  BT-Drucks. 13/4899, 99. 505  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 42; ders. FamRZ 2005, 1209, 1211; dazu bereits unter §  4 A. II. 1. a) (S. 24).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

grund einer gerichtlichen Entscheidung möglich sei506. So zeigt §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, dass eine elternautonome Einigung stets nur Auswirkungen auf der Ausübungsebene entfaltet; zur Einwirkung auf die Rechtspositionen der Eltern bedarf es – auch bei deren Einigsein – zwingend einer gerichtlichen Entscheidung nach ebendieser Norm507. Zugleich bringt die Vorschrift aber auch den Vorrang übereinstimmenden Elternwillens – schließlich entspreche eine daraus erwachsene Entscheidung regelmäßig dem Kindeswohl508 – zum Ausdruck, indem der elterliche Vorschlag – das Nichtvorliegen eines Widerspruchs des mindestens 14-jährigen Kindes sowie einer Kindeswohlgefährdung i. S. des §  1666 BGB509 vorausgesetzt – vom Gericht ohne Sachprüfung510 zu übernehmen ist. Die gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ist letztlich nur eine an den Elternwillen gebundene ohne positive Richtigkeits­ kontrolle511. Ob man die Zwischenschaltung einer solch gebundenen familiengerichtlichen Entscheidung überhaupt noch für geboten hält oder nicht512 , mag an dieser Stelle dahinstehen. Die in Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG verankerte Eltern­ 506 

BT-Drucks. 13/4899, 62. OLG Köln MDR 2013, 795 = FamRZ 2013, 1591 f. (1. LS), das klarstellt, dass auch eine gerichtliche Billigung der Elternvereinbarung nichts am gesetzlichen Sorgestatus zu ändern vermag; ebenso OLG Stuttgart FamRZ 2014, 1653; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 42; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 201 f., 207, 210; krit. Staudinger/Coester §  1671 Abs.  12 f. 508  BVerfGE 61, 358, 373 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182; zur Regelung des Umfangs des Umgangsrechts BVerfG FamRZ 1995, 86, 87; s. auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben unter §  4 A. I. 1. (ab S. 19). 509  Für eine Überprüfung des übereinstimmenden Elternwillens am Maßstab des §  1696 Abs.  1 BGB a. F. Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 39 f. m. w. N. auch für die Gegenansicht. 510  BT-Drucks. 13/4899, 99 (gemeint ist mit Blick auf die als Ausfluss des staatlichen Wächteramts stets gem. §  26 FamFG amtswegig vorzunehmende Negativkontrolle gem. §§  1671 Abs.  4, 1666 BGB: ohne weitere Sachprüfung; s. auch die vorstehende Fn. 511  BGH DAVorm 2000, 704, 707; OLG Koblenz FamRZ 2005, 1846 f.; OLG Dresden FamRZ 2000, 501; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; FamRZ 2000, 627, 628; OLG Hamm FamRZ 1998, 1315, 1316; OLG Rostock FamRZ 1999, 1599; Coester FamRZ 1995, 1245, 1247; ders. FamRZ 1996, 1181, 1183; ders. DEuFamR 1999, 3, 10, spricht insoweit vom Fungieren des Familiengerichts „als amtliche Bestätigungsinstanz elterlichen Willens“; Hammer FamRZ 2005, 1209, 1212; Schwab FamRZ 1998, 457, 461; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 210 f., 217, 224 f.: „Rechtsanspruch auf die gewünschte Entscheidung“; Huber FamRZ 1999, 1625, 1626; Oelkers FuR 1999, 349, 350; Stellungnahme des DFGT zum Kind­ RG FamRZ 1997, 337, 340; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  31; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  65, 12; Palandt/Götz §  1671 Rn.  10; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  30, 20; FamRefK/Rogner §  1671 Rn.  15. 512  Krit. Coester DEuFamR 1999, 3, 10, 12, 13; ders. FamRZ 1996, 1181, 1186 f.; ders., in: Staudinger §  1671 Rn.  72, 13, 60; Schwab DNotZ 1998, 437, 447; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 340; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  65 507 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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autonomie gebietet es jedenfalls, dem übereinstimmenden Elternwillen, der regelmäßig für die Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung spricht513, auch rechtliche Wirkung beizumessen. Ein andernfalls zu konstatierender Eingriff in die Elternautonomie lässt sich insbesondere nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, den Eltern sei es freigestellt, diesen Eingriff durch private Gestaltungen praktisch zu neutralisieren514. Dass dieser Konsens erst das Resultat gerichtlicher Vermittlung oder elterlicher Streitbeilegung im Zuge des Sorgerechtsverfahrens sein müsse, eine vorherige Vereinbarung – hier über den Kindesaufenthalt – also nicht bestehen dürfe, kommt weder im Wortlaut des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zum Ausdruck, noch würde dieses Erfordernis dem Zweck des Kindschaftsrechtsreformgesetzes, die Elternautonomie zu stärken, geschweige denn den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine einfachgesetzliche Ausgestaltung der Elternautonomie gerecht. Damit lässt sich im Grundsatz festhalten, dass den Eltern eine rechtliche Fixierung ebenjener Gestaltungen, die sie faktisch ohne Beteiligung des Gerichts und damit – bis zur Schwelle des §  1666 BGB – kontrollfrei vereinbaren und leben können, möglich sein muss515. Hierfür bietet §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB jedenfalls insofern die Rechtsgrundlage, als es um die rechtliche Fixierung mittels Einwirkung auf die elterliche(n) Sorgerechtsposition(en) geht516. Hiervon für den Bereich der Aufenthaltsbestimmung eine Ausnahme zu machen und ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis zu verlangen, ist nicht angezeigt. Auch den gerichtlichen Entscheidungen, die von der eingangs dargestellten Ansicht angeführt werden517, ist kein Grundsatz dahingehend zu entnehmen, dass eine gerichtliche Einwirkung auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach §  1671 Abs.  1 BGB generell ausgeschlossen wäre, wenn sich die Eltern nach ihrer Trennung auf eine Aufenthaltsregelung verständigen konnten. Eine auf übereinstimmendem Elternwillen fußende Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ist somit möglich. Es bedarf allerdings, da eine Zuweisung von SorRn.  11; a. A. Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  30a; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 210; s. dazu die Überlegungen de lege ferenda unter §  8 A. V. 4. (ab S. 313). 513  BVerfGE 61, 358, 373 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182. 514  BVerfGE 61, 358, 379 = FamRZ 1982, 1179, 1184; dazu ausf. unter §  4 B. II. 1. a) bb) (1) (b) (ab S. 168). 515  Coester FamRZ 1996, 1181, 1186; zu der Frage, ob eine derart weitgehende Bindung des Familiengerichts an den übereinstimmenden Elternwillen von Verfassungs wegen geboten ist, unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (b) (ab S. 136). 516  Zu der Frage, ob §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB auch als Rechtsgrundlage für eine bloße „Billigung“ elterlicher Ausübungsvereinbarungen in Betracht kommt, ohne dass es um eine Gestaltung der elterlichen Rechtspositionen ginge, unter §  4 B. I. 1. b) bb) (ab S. 143). 517  S. §  4 Fn.  500.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

gerechtsbefugnissen nur an den Antragsteller erfolgen kann518, zweier sich ergänzender Anträge samt Zustimmung des jeweils anderen Elternteils. cc) Geeignetheit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zur Absicherung eines Wechselmodells Ob sich eine solche Entscheidung jedoch tatsächlich als geeignetes Mittel zur Absicherung eines Wechselmodells darstellt, ist durch eine vergleichende Betrachtung von Bindungswirkung (dazu unter (1)) und Durchsetzung (dazu unter (2)) dieser Entscheidung einerseits und einer elternautonomen Aufenthaltsregelung andererseits zu beurteilen. (1) Bindungswirkung Zunächst von Relevanz für die Frage, ob eine wiederkehrend wechselnd alleinige Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB eine das Wechselmodell absichernde Wirkung entfaltet, ist die Bindungswirkung einer solchen Entscheidung im Verhältnis zu derjenigen einer von den Eltern autonom getroffenen Aufenthaltsregelung. Denn wäre eine private Elternvereinbarung ungleich einfacher abänderbar, so würde die Rechtszuweisung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, die nur unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB und damit bei Vorliegen triftiger, das Wohl des Kindes nachhaltig berührender Gründe erfolgen kann, einen Vorsprung in Bezug auf die Absicherung des Betreuungsmodells mit sich bringen. Wie bereits aufgezeigt519, ist die elternautonome Vereinbarung keineswegs unverbindlich, kann also nicht einfach einseitig aufgekündigt und dadurch beseitigt werden; es bedarf zur Abweichung vom Vereinbarten vielmehr einer neuerlichen Einigung der Eltern oder, sofern eine solche nicht möglich ist, einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §  1628 BGB oder §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB. Zwar liegt der einer solchen Entscheidung zugrunde zu legende Maßstab der Kindeswohlprüfung unter demjenigen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB: Nach §  1628 BGB, der keinen eigenen Entscheidungsmaßstab enthält und auf den folglich §  1697a BGB hinsichtlich der Fragen Anwendung findet, ob und welchem Elternteil das Gericht die beantragte Alleinentscheidungsbefugnis übertragen soll520, trifft das Gericht diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht; 518  OLG Saarbrücken ZKJ 2010, 452, 454 = FamRZ 2011, 120 (2. LS); Coester DEuFamR 1999, 3, 10 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  17. 519  Ausf. unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69). 520  BT-Drucks. 13/4899, 95.

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den gleichen Entscheidungsmaßstab setzt §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB an, wonach dem Antrag stattzugeben ist, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Allerdings kann der Umstand, dass sich die Eltern über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts einig waren und eine im elterlichen Konsens getroffene Entscheidung die Vermutung zulässt, dass sie dem Kindeswohl entspricht521, im Rahmen einer sich anschließenden gerichtlichen Entscheidung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Der Elternvereinbarung kommt vielmehr weiterhin die Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit zu, sofern sie nicht mit Blick auf ihr Alter oder Zustandekommen bzw. aufgrund einvernehmlicher Aufhebung oder beiderseitiger Loslösung ­obsolet ist522. Die Widerlegungslast trifft denjenigen Elternteil, der in Abkehr von der ursprünglichen Vereinbarung die familiengerichtliche Entscheidung ­begehrt. Damit ergibt sich für eine im Zusammenhang mit der Trennung getroffene und zeitlich nicht allzu weit entfernt liegende private Elternvereinbarung zwar eine Abänderungsschwelle, die derjenigen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB nahe kommt. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Rechtsprechung ausdrücklich nicht den Maßstab des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB zur Anwendung bringt, sondern bewusst dahinter zurückbleibt523. Sie hat sich von dem Vorschlag einer Übertragung des Maßstabs des §  1696 BGB auch auf elternautonome Vereinbarungen ebenso wenig überzeugen lassen wie der Gesetzgeber, der ausschließlich die gerichtlich gebilligte Elternvereinbarung dieser erhöhten Abänderungsschwelle unterworfen hat. Eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB bietet damit hinsichtlich der Bindungswirkung einen gewissen Vorteil gegenüber einer elternautonomen Aufenthaltsregelung. (2) Durchsetzung Um aber tatsächlich eine Absicherung des Wechselmodells zu erzielen, müsste sich dieses wirkungsvoll einer späteren einseitigen Abkehr durch einen Elternteil erwehren können. In Frage steht folglich die Erzwingbarkeit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, mit der die Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht beiden Eltern im wiederkehrenden Wechsel zugewiesen worden ist.

521 

BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  78. Zu diesem Ansatz unter §  4 A. II. 1. b) cc) (3) (S. 73). 523  BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  77 f.; AG Reinbek FamRZ 2015, 1817, 1818. 522 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

(a) Durchsetzung der Herausgabe des Kindes Wie oben524 bereits erörtert, wird aus der zwischen den Eltern bestehenden Bindungswirkung einer außergerichtlichen Aufenthaltsregelung nahezu einhellig das Bestehen eines Herausgabeanspruchs gemäß §  1632 Abs.  1 BGB gefolgert, sodass der Elternteil, bei dem sich der festgelegte Aufenthalt des Kindes befindet, gegen den gleichfalls aufenthaltsbestimmungsberechtigten, jedoch entgegen der elterlichen Vereinbarung handelnden Elternteil einen Anspruch auf Rückführung des Kindes hat. Damit ist die Ausgangslage für eine Vollstreckung identisch mit derjenigen im Anschluss an eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB: Da diese Entscheidung ausschließlich die Zuweisung einer Rechtsposition an einen Elternteil allein zum Gegenstand hat, mithin noch die im Ermessen des berechtigten Elternteils liegende Ausübung derselben hinzutreten muss, hat sie mangels gerichtlich festgelegter (und festlegbarer525) Handlungspflicht des anderen Elternteils keinen vollstreckbaren Inhalt526. Der alleinaufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil muss vielmehr in gleicher Weise wie der aus einer autonomen Elternvereinbarung berechtigte eine Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3 BGB herbeiführen, die sodann nach Maßgabe der §§  89, 90 FamFG vollstreckbar ist. Zwar könnte sich im Rahmen dieses auf Erlass einer solchen Herausgabeanordnung gerichteten Verfahrens ein Unterschied bei der Kindeswohlprüfung ergeben. Denn das Gericht hat eine Herausgabe des Kindes zwar stets – auch bei vorausgegangener Sorgerechtsentscheidung – auf die Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl hin zu überprüfen527. Es habe sich bei Vorhandensein einer solchen Entscheidung jedoch auf die Berücksichtigung neuer, im vorausgegangenen Sorgerechtsverfahren noch nicht berücksichtigter Gesichtspunkte zu beschränken528. Da mit der hier in Rede stehenden Sorgerechtsentscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB aber – mit Ausnahme des Ausschlusses einer Kindeswohlgefährdung (§§  1671 Abs.  4, 1666 BGB) – ohnehin keine Sachprüfung

524 

Unter §  4 A. II. 1. b) dd) (S. 74 f.). Zur verfassungsrechtlich abgesteckten Regelungsbefugnis des Gerichts in Bezug auf die Inhaberschaft und die Ausübung des Sorgerechts ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (ab S. 190). 526  Hammer FamRZ 2015, 1433, 1435 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  122. 527  OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 601; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1350, 1351; OLG Koblenz FamRZ 2016, 1860, 1861; AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036; Palandt/Götz §  1632 Rn.  4; MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  28; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  11 f. 528  OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 601 f.; OLG Koblenz FamRZ 2016, 1860, 1861; Staudin­ ger/Salgo §  1632 Rn.  10; Palandt/Götz §  1632 Rn.  4; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  12; Erman/Döll §  1632 Rn.  9a; MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  29, 31; s. auch dens./­ Pankatz, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 793, 799 f. 525 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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einhergegangen ist529, ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede zur Prüfung der Herausgabe aufgrund einer autonomen Elternvereinbarung. (b) Durchsetzung der Aufnahme des Kindes durch den anderen Elternteil Kann das Kind somit im Anschluss an eine wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts – nochmals: ohne Erleichterung gegenüber einer elternautonomen Vereinbarung über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts – gegen den geänderten Willen eines Elternteils herausverlangt werden, so ist damit für die Durchsetzung eines Wechselmodells erst einmal noch wenig gewonnen: Stellt sich der soeben genannte Elternteil – nicht notwendig aus egoistischen, sondern durchaus vorstellbar vom Kindeswohl getragenen Gründen – auf den Standpunkt, das Kind ganz oder gar nicht bei sich aufzunehmen, so muss dem allein oder mit diesem Elternteil gemeinsam aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil neben der Durchsetzbarkeit einer Herausgabe des Kindes die Möglichkeit zuwachsen, den zeitlich begrenzten Kindesaufenthalt bei jenem anderen zu erzwingen. Dies ist für die Vollstreckung eines Wechselmodells essenziell: Mag die Erzwingung einer Herausgabe auch die Durchsetzung eines Residenzmodells sichern, so muss zur Durchsetzung eines Wechselmodells gegen den geänderten Willen eines Elternteils dieser das Modell charakterisierende Wechsel des tatsächlichen Kindesaufenthalts in beide Richtungen erzwingbar sein, vom das Wechselmodell ablehnenden Elternteil weg, aber gerade auch zu diesem Elternteil hin; andernfalls kann das Resultat einer einseitig betriebenen Vollstreckung immer nur ein Residenzmodell sein. Während die elternautonome Aufenthaltsregelung ohnehin nicht vollstreckbar ist, führt somit aus den soeben dargestellten Gründen auch eine wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB nicht ans Ziel eines abgesicherten Wechselmodells, wozu es auch der Erzwingbarkeit bedarf. Denn die aus dem Aufenthaltsbestimmungsrecht resultierende Befugnis, das Kind zu sich zu nehmen, hat zwar spiegelbildlich die – vollstreckbare (§  1632 Abs.  3 BGB i. V. mit §§  89, 90 FamFG) – Pflicht des anderen Elternteils zur Folge, das Kind herauszugeben (§  1632 Abs.  1 BGB). Aus der Befugnis, das Kind in bestimmten Zeiträumen zu sich zu nehmen, resultiert hingegen nicht zugleich die Pflicht des anderen Elternteils, das Kind in den übrigen Zeiträumen aufzunehmen, selbst wenn er in dieser Zeit zur Aufenthaltsbestimmung berechtigt ist. Wie er nämlich seinerseits von seiner Rechtsposition Gebrauch macht, liegt rechtlich gesehen530 allein in seinem Ermessen. Das Auf529 

S. unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 114). Dass die wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in tatsächlicher Hinsicht eine Begünstigung des Wechselmodells zur Folge haben und daher mittelbar sehr 530 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

enthaltsbestimmungsrecht darf nicht mit dem (tatsächlichen) Aufenthalt verwechselt werden. Besteht somit weder ein „Recht zur Weggabe“ des Kindes an den anderen Elternteil noch eine entsprechende Pflicht desselben zur Aufnahme, gibt es auch keine vollstreckbare Handlungspflicht. Die Zuweisung von Rechtspositionen kann somit für sich genommen nicht die – jedenfalls einseitig betriebene531 – zwangsweise Durchsetzung eines Wechselmodells zur Folge haben und ist daher – jedenfalls dogmatisch betrachtet532 – zur Aufrechterhaltung eines Wechselmodells gegen den geänderten Willen eines Elternteils nutzlos. (3) Ergebnis zur Geeignetheit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zur Absicherung eines Wechselmodells Damit bleibt festzuhalten, dass die Absicherung eines Wechselmodells durch die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel kaum befördert wird. Der Unterschied in der Bindungswirkung ist – zumindest dogmatisch – zu vernachlässigen. Die Durchsetzung kann gar als identisch bezeichnet werden: Da sich ein Wechsel des tatsächlichen Kindesaufenthalts auch über eine wechselweise Zuweisung des Aufenthalts­ bestimmungsrechts einseitig nicht erzwingen lässt, beschränkt sich die begehrte absichernde Wirkung der gerichtlichen Entscheidung auf eine Verteilung von Rechtspositionen, die eine tatsächliche Praktizierung des Wechselmodells nicht garantiert. dd) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der rechtlichen Ebene der Sorge (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB) Die wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ist somit zwar rechtstechnisch möglich, sie sichert ein Wechselmodell gegen den geänderten Willen eines Elternteils jedoch kaum mehr ab, als dies bei einer als verbindlich gewollten Elternvereinbarung ohnehin der Fall ist. Die Möglichkeit einer zur Absicherung als notwendig herausgestellten Erzwingbarkeit des Aufenthaltswechsels in jede Richtung ist vielmehr auf der tatsächlichen Ebene der Sorge zu suchen. wohl zur Begründung bzw. Aufrechterhaltung desselben beitragen kann, soll an dieser Stelle nicht bestritten, jedoch erst unter §  5 A. I. 2. a) aa) (ab S. 220) erörtert werden. 531  Möglich ist freilich die wechselweise Durchsetzung des Herausgabeanspruchs, die aber fernliegt, wenn ein Elternteil das Wechselmodell ablehnt. 532  S. Fn.  530.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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b) Tatsächliche Ebene der Sorge Lässt sich eine wirksame Absicherung eines Wechselmodells durch die Zuweisung von Rechtspositionen über §  1671 Abs.  1 BGB somit nicht erzielen, gilt es nachstehend zu untersuchen, ob eine die tatsächliche Ebene der Sorge gestaltende, mithin die Ausübung des Sorge- bzw. Aufenthaltsbestimmungsrechts betreffende Regelung dergestalt abgesichert werden kann, dass der sich später ändernde Wille eines Elternteils nicht zu einem Abbruch des gelebten Wechselmodells führt. Neben der Aufnahme einer elterlichen Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich i. S. von §  156 Abs.  2 FamFG (dazu unter aa)) kommt dabei eine feststellende Entscheidung des Gerichts zur konkreten Sorgerechtsausübung der Eltern nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog in Betracht (dazu unter bb)). aa) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) §  156 Abs.  2 FamFG ermöglicht es dem Familiengericht, im Anschluss an sein Hinwirken auf ein Einvernehmen der Beteiligten dieses in einem Verfahren in Kindschaftssachen als Vergleich aufzunehmen, sofern es sich auf den Umgang mit dem Kind bzw. die Herausgabe des Kindes bezieht und dem Kindeswohl nicht widerspricht. (1) Durchsetzung und Bindungswirkung eines gerichtlich gebilligten Vergleichs Bevor auf die nicht unproblematische Anwendbarkeit des §  156 Abs.  2 ­FamFG auf ein Einvernehmen der Eltern über den Aufenthalt des Kindes (dazu unter (2)) sowie die erforderliche Zustimmung desselben (dazu unter (3)) eingegangen wird, ist die Bindungswirkung (sogleich unter (b)), insbesondere aber die bereits als essenziell herausgestellte Durchsetzung eines solchen gerichtlichen Vergleichs in den Blick zu nehmen (unter (a)). Abschließend ist der Frage nach­ zugehen, ob es einer mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG vielfach geforderten Korrektur des gerichtlichen Billigungsmaßstabs in §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG tatsächlich bedarf (dazu unter (4)). (a) Durchsetzung Der gerichtlich gebilligte Vergleich ist als Titel (§  86 Abs.  1 Nr.  2 FamFG) der Vollstreckung nach §§  89, 90 FamFG zugänglich. Ein Vorteil der Aufnahme der elterlichen Regelung zum Kindesaufenthalt in einen gerichtlich gebilligten Vergleich läge somit zum einen darin, dass aus diesem unmittelbar vollstreckt werden könnte. Dagegen bedürfte es sowohl im Falle einer elternautonomen Ver-

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

einbarung als auch einer wechselweisen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zunächst der Herbeiführung einer familiengerichtlichen Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3, 1 BGB, die sodann vollstreckt werden kann. Zum anderen – und dieser Vorteil ist ganz wesentlich – beschränkte sich die Möglichkeit der Durchsetzung im Falle einer konkreten Aufenthaltsregelung nicht auf die Erzwingung einer Herausgabe des Kindes. Diese Begrenzung in der Durchsetzbarkeit disqualifiziert, wie dargelegt533, die wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB als Mittel zur Absicherung eines Wechselmodells: Dem das Wechselmodell später ablehnenden Elternteil kann darüber lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht zugewiesen werden, das Kind (in bestimmten Zeiträumen) tatsächlich bei sich aufzunehmen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der entweder zeitweise allein aufenthaltsbestimmungsberechtigte oder der mit dem anderen Elternteil gemeinsam aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil sich mit dem anderen darüber verständigt, seine Rechtsposition dergestalt auszuüben, dass er das Kind in den Zeiträumen seiner Aufenthaltsbestimmungsberechtigung oder – bei gemeinsamer Aufenthaltsbestimmung – in konkret festgelegten Zeiträumen zu sich nimmt. Diese vereinbarte Ausübungsweise begründet die Pflicht jedes Elternteils, das Kind entsprechend der Wechselvereinbarung zu sich zu nehmen. Würde diese Vereinbarung Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs, könnte folglich nicht nur die Herausgabe des Kindes vom das Wechselmodell später ablehnenden und das Residenzmodell bei sich begehrenden Elternteil verlangt, sondern dieser auch mit Zwangsmitteln dazu angehalten werden, das Kind entsprechend der Aufenthaltsregelung zu sich zu nehmen534. (b) Bindungswirkung Einen weiteren Vorteil im Hinblick auf die Erziehungskontinuität böte eine gerichtliche Billigung insoweit, als für den Fall eines begehrten Abweichens von der Elternvereinbarung §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB Anwendung fände (§  166 Abs.  1 Alt.  2 FamFG). Der Rückgriff auf eine Indizierung der Kindeswohldienlichkeit der Vereinbarung535 würde sich mithin erübrigen. 533 

Unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (b) (ab S. 119). Die Problematik, ob eine erzwungene Betreuung dem Kindeswohl entsprechen kann, soll im Bereich des Umgangs (unter §  4 B. I. 2. a) bb) [ab S.  148]) diskutiert werden, da hierzu die höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist; das dort Gesagte gilt für die Erzwingung einer Aufenthaltsvereinbarung, die in Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zustande kam, entsprechend. 535  Dazu unter §  4 A. II. 1. b) cc) (2) (b) (bb) (ab S. 72). 534 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Dies wird zwar teilweise kritisch betrachtet, nehme die erhöhte Bestandskraft den Eltern doch ihre Anpassungs- und Änderungskompetenz und damit die für Wechselarrangements notwendige Flexibilität der Gestaltung536. Andererseits wäre zum einen die gerichtliche Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls (§  156 Abs.  2 S.  2 FamFG) zwischengeschaltet537; ergäbe die Prüfung des Gerichts, dass der Inhalt der zu billigenden Vereinbarung oder aber die Rechtsfolge der erschwerten Abänderbarkeit dem Kindeswohl widerspräche, weil dieses etwa – gerade im Wechselmodell – nach einer flexiblen Handhabe der Entscheidungskompetenzen verlangte, so hätte das Gericht die Billigung zu verweigern. Zum anderen würde mit der Erstreckung des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB auch auf Fragen der Sorgeausübung dessen Normzweck, gerade Erziehungskontinuität zum Wohle des Kindes sicherzustellen 538, Rechnung getragen; und insofern kann der durch Elternvereinbarung festgelegte Kindesaufenthalt dem durch Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil hin erfolgten an Schutzbedürftigkeit und ‑würdigkeit in nichts nachstehen539. Schließlich steht bei Einigkeit der Eltern einer vom gerichtlich gebilligten Vergleich abweichenden Vereinbarung nichts entgegen; diese führt jedoch nicht zu einer Abänderung jenes Vergleichs, sondern hat bloß die Verbindlichkeit einer privatautonomen Vereinbarung540. (2) Anwendbarkeit des §  156 Abs.  2 FamFG Mit Blick auf den Wortlaut des und die Materialien zu §  156 Abs.  2 FamFG steht dessen Anwendbarkeit auf eine Regelung zum Kindesaufenthalt in Frage. 536  Zum Umgang Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1162; bereits früh gegen eine zu einer Selbstbeschränkung führenden Regelung, die dem Wesen und Sinn der Belassung gemeinsamer (rechtlicher) Sorge widerspreche, Knöpfel NJW 1983, 905, 908 f. 537  Dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (ab S. 134). 538  BT-Drucks. 13/4899, 109; EGMR FamRZ 2013, 431: „stabile und dauerhafte Sorge­ situation“; Huber FamRZ 1999, 1625 f.; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1083; MüKoBGB/­ Olzen §  1696 Rn.  23; Palandt/Götz §  1696 Rn.  11. 539  A. A. KG, Beschl. v. 5.4.2012 – 17 UF 50/12, juris Rn.  15 = FamRZ 2013, 46 f. (2. LS) m. zust. Anm. Cirullies FamFR 2012, 305, das meint, „des besonderen Schutzes vor einem beliebigen Wiederaufrollen von Sorgerechtsentscheidungen, der mit der Anhebung des Maßstabes für abändernde Sorgerechtsentscheidungen bezweckt wird, bedarf das Kind nur dann, wenn es bereits zuvor einmal zu einer Änderung im Sorgestatus gekommen ist und nicht, wenn dieser bislang unverändert geblieben war“; u.V. auf §  54 FamFG offengelassen vom OLG Köln MDR 2013, 795 = FamRZ 2013, 1591 f., das über eine ausdrücklich nur vorläufige Regelung zum Kindesaufenthalt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu entscheiden hatte. 540  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1162; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  216.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

(a) Direkte Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG Seinem Wortlaut nach findet §  156 Abs.  2 FamFG direkte Anwendung ausschließlich auf ein Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes. Die Billigung einer – hier in Rede stehenden – Einigung der Eltern über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dem Resultat eines Wechselmodells ist somit nicht ausdrücklich erfasst. Zur Abhilfe wird zwar vorgeschlagen, den Vergleich nicht über den periodisch wechselnden Aufenthalt des Kindes, sondern über dessen – von §  156 Abs.  2 FamFG ausdrücklich erfasste – Herausgabe zu schließen541. Da eine wiederkehrende gegenseitige Pflicht jedes Elternteils zur Herausgabe des Kindes i. S. von §  1632 Abs.  1 BGB aber überhaupt nur bestehen kann, wenn eine zugrunde liegende Aufenthaltsregelung diese begründet, würde mit der Billigung einer solchen „Herausgaberegelung“ – was schließlich auch Zweck des Ganzen ist – primär über den Aufenthalt des Kindes und damit den Regelungsgegenstand des Aufenthaltsbestimmungsrechts entschieden. Dieses ist jedoch offenbar gerade nicht Gegenstand des gerichtlich gebilligten Vergleichs i. S. von §  156 Abs.  2 FamFG542. (b) Analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG Muss eine direkte Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG auf eine Regelung der Eltern zum Aufenthaltsbestimmungsrecht somit ausscheiden, so wird jedenfalls für den Fall der Einigung auf ein Wechselmodell eine ausnahmsweise analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG vorgeschlagen, lasse dieses doch eine strikte Trennung weder in Sorgestatus und Sorgeausübung noch in die Materien von Sorge und Umgang zu543. Eine analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG kommt in Betracht, auch ohne diese auf die Ausübung des Aufenthalts­ bestimmungsrechts in Form eines Wechselmodells beschränken zu müssen.

541  Dafür – in Kombination mit einer entsprechenden periodisch wechselnden Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB – Hammer FamRZ 2015, 1433, 1437 f. 542  Abl. auch MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  28 a. E. 543  Für eine „Anlehnung an §  156 Abs 2 FamFG“ – jedenfalls im Falle komplexer Sorgerechtsvereinbarungen wie den Varianten des Wechsel- oder Nestmodells – Staudinger/­ Coester §  1671 Rn.  61, 51 a. E.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  40, §  1696 Rn.  12 a. E.; dagegen Hammer FamRZ 2011, 1268; Jokisch FuR 2013, 679, 683; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  28; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  42; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  687; krit. auch Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 87.

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(aa) Regelungslücke Eine Regelungslücke lässt sich insoweit bejahen, als es eine gesetzliche Regelung zur gerichtlichen Billigung einer Vereinbarung der Eltern über die Ausübung ihres Sorgerechts mit Ausnahme eines Herausgabeverlangens nicht gibt. Hieran ändert auch eine etwaige analoge Anwendung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO544 auf Ausübungsfragen nichts, da auch diese auf einer Analogie beruht, die überdies mit Schaffung des §  156 Abs.  2 FamFG womöglich ferner liegt als eine analoge Erweiterung dieser Norm. Gegen eine Regelungslücke spricht allerdings, dass das begehrte Ergebnis – abgesicherte Festlegung des konkreten Kindesaufenthalts im Wechselmodell – durch eine elterliche Umgangsvereinbarung erreicht werden kann, die in direkter Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG einer gerichtlichen Billigung zugeführt wird 545. Dieser Weg ist jedoch äußerst umstritten, wird doch die Festlegung eines Wechselmodells vielfach ausschließlich als Frage der Sorgeausübung verstanden mit der Folge, dass eine Regelung auf dem Umgangswege generell verneint wird546. In der Praxis gegangen wurde dieser Weg bisher – soweit ersichtlich und veröffentlicht – nur vom Amtsgericht Ludwigslust547. Letztlich ist der Gesetzgeber zur abschließenden Klärung dieser heftig umstrittenen Frage auf den Plan gerufen548. Bis dahin seien alle denkbaren Lösungsansätze dargestellt. Die nachfolgenden Ausführungen richten sich damit zum einen an diejenigen, die eine auf ein Wechselmodell hinauslaufende Umgangsvereinbarung der Eltern und konsequenterweise auch eine gerichtliche Billigung derselben ablehnen. Sie sind jedoch zum anderen von zwingender Relevanz für solche Elternvereinbarungen, die nicht den Aufenthalt des Kindes zum Gegenstand haben und sich somit nicht alternativ auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die elterlichen Umgangsrechte stützen lassen, sondern auf der Ausübung anderer Sorgerechtsbefugnisse beruhen549. Dies trifft aber etwa auch auf Vereinbarungen zu, die zwar den Aufenthalt des Kindes regeln, diesen jedoch nicht bei den Eltern, sondern Dritten – zum Beispiel in einem Internat – verorten, da auch hier die Ausübung der elterlichen Umgangsrechte nicht weiterführt.

544 

S. unter §  4 B. I. 1. b) bb) (ab S. 143). Hierzu unter §  4 B. I. 2. a) (ab S. 147). 546  S. unter §  4 B. I. 2. a) aa) (S. 147 a. E.) und §  4 A. II. 2. b) aa) (S. 77) m. Fn.  332. 547  FamRZ 2010, 488. 548  Ebenso Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161. 549  Dazu unter §  4 B. II. 2. a) (ab S. 179). 545 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

(bb) Planwidrigkeit der Regelungslücke Wird eine gesetzliche Regelungslücke hiernach bejaht, stellt sich die Begründung einer Planwidrigkeit derselben als mindestens ebenso schwierig dar. Denn die Bundesregierung hat den Vorschlag des Bundesrates, alle Kindschaftssachen i. S. des §  156 Abs.  1 S.  1 FamFG550 auch in Abs.  2 aufzunehmen und damit zu einem möglichen Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs zu erklären551, ausdrücklich abgelehnt552. Zur Begründung führt sie an, in „Bezug auf die elterliche Sorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht als eines Teilbereiches hieraus [sei] ein gerichtlich gebilligter Vergleich ausgeschlossen, weil die Beteiligten hierüber nicht disponieren könn[t]en“, vielmehr gälten „die Vorschriften des materiellen Rechts, das die Übertragungen der elterlichen Sorge auf einen Elternteil an eine gerichtliche Entscheidung und an bestimmte Voraussetzungen knüpft“. Bereits der Ausgangspunkt der Argumentation der Bundesregierung, die Eltern könnten über die elterliche Sorge nicht disponieren, ist in dieser Verknappung schlicht unzutreffend und greift daher in diesem Zusammenhang nicht durch. Dies soll zunächst anhand der Befugnis der Eltern zur Disposition über den Umgang, dessen Regelung in einem gerichtlich gebilligten Vergleich in §  156 Abs.  2 FamFG ausdrücklich möglich ist, aufgezeigt werden. (aaa) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf den Umgang mit dem Kind Nicht nur in Bezug auf einen gerichtlich gebilligten Vergleich zum Sorge-, sondern auch zum Umgangsrecht ging der Gesetzgeber von einer fehlenden Dispositionsbefugnis der Eltern aus553. Worin genau der Grund für dieses Fehlen liegen soll, ist aus der Gesetzesbegründung allerdings nicht zweifelsfrei ersichtlich. So wird §  156 Abs.  2 FamFG, der den Vergleich über das Umgangsrecht als „einen Regelungsgegenstand, über den die Beteiligten nicht disponieren können“, regelt, dem §  36 FamFG ergänzend zur Seite gestellt, der die Verfahrensbeendigung durch einen Vergleich der Beteiligten zulässt, „soweit sie über den 550  Dies sind solche, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen. 551  BT-Drucks. 16/6308, 376. 552  BT-Drucks. 16/6308, 414; diese Entscheidung bedauernd Hammer FamRZ 2011, 1268 a. E.; ebenso Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 96 m. Fn.  63; Rahm/Künkel/ Stockmann, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 72. EL 06.2016, 6. Kap.  I. Rn.  552 f.; dagegen zust. BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  77 m. insow. zust. Anm. Völker und abl. Anm. Coester FF 2011, 285, 289; MüKoBGB/Olzen §  1696 Rn.  21; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  28; NK-BGB/Harms §  1696 Rn.  15 a. E., 17 a. E. 553  BT-Drucks. 16/6308, 166, 237, 376.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Gegenstand des Verfahrens verfügen können“554. Im Rahmen der Einzel­ begründung zu §  156 Abs.  2 FamFG wird nochmals auf die Erweiterung des „Anwendungsbereich[s] des §  36 auf das Umgangsrecht, das nicht zur Disposition der Beteiligten steht“, hingewiesen555. Auch der Bundesrat, dessen beabsichtigte Erstreckung des gerichtlich gebilligten Vergleichs auf alle Kindschafts­ sachen des §  156 Abs.  1 FamFG offenbar weniger auf die Beförderung der Privatautonomie der Eltern als vielmehr die Ausweitung der „Kontrollmöglichkeit des Gerichts“ auch auf andere Gegenstände elterlichen Einvernehmens zielte, stimmt in seiner Stellungnahme insoweit zu und wiederholt, dass „das Umgangsrecht nicht zur Disposition der Parteien“ stehe556. In der Literatur findet sich ebenfalls vielfach die allgemeine Feststellung, „weder das Umgangsrecht noch die Kindesherausgabe [sei] disponibel“557, dass Eltern „über die Umgangsbefugnis mit einem Kind nicht frei verfügen“558 könnten, sie zu „Verfügungen über das Umgangsrecht und die Herausgabe des Kindes […] grundsätzlich nicht befugt“559 seien. Zur Begründung wird teilweise angeführt, „[e]rst durch eine familiengerichtliche Bestätigung [erhalte] das Umgangsrecht eine konkretisierende konstitutive Wirkung“560 – eine aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs561 entlehnte Formulierung –‍, teils wird mit der fehlenden Dispositionsbefugnis der Beteiligten im amtswegigen Umgangsverfahren argumentiert562. Hierdurch wird die materiell-rechtliche Komponente des Vergleichs aber nicht nur mit der verfahrensrechtlichen – der Vergleich i. S. von §§  36, 156 Abs.  2 FamFG hat ebenso wie der Prozessvergleich nach der ZPO eine Doppelnatur563 – vermischt564, sie wird auch reduziert auf die Frage, ob über das Umgangsrecht als solches verfügt werden kann. Da der Vergleich also sowohl Verfahrenshandlung als auch materielles Rechtsgeschäft ist und daher sowohl verfahrens- als auch materiell-rechtlich

554 

BT-Drucks. 16/6308, 166. BT-Drucks. 16/6308, 237. 556  BT-Drucks. 16/6308, 376. 557  Johannsen/Henrich/Büte §  156 FamFG Rn.  9; nahezu wortgleich Schlünder FamRZ 2012, 9. 558  Musielak/Borth/Grandel §  156 FamFG Rn.  5. 559  Haußleiter/Fest §  156 FamFG Rn.  12. 560  Johannsen/Henrich/Büte §  156 FamFG Rn.  9. 561  FamRZ 2005, 1471, 1473. 562  Musielak/Borth/Grandel §  156 FamFG Rn.  5 m. Fn.  4 u.V. auf OLG Frankfurt FamRZ 2014, 53, und OLG Brandenburg FamRZ 2014, 2019; Johannsen/Henrich/Büte §  156 FamFG Rn.  9 m. Fn.  23 u.V. auf OLG Schleswig FamRZ 2012, 895. 563  Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  49. 564  Hierauf hinweisend Obermann FamRZ 2016, 1031, 1033. 555 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

wirksam sein muss, ist auch im Hinblick auf die Disponibilität zwischen der verfahrensrechtlichen und der materiell-rechtlichen zu differenzieren565. Der verfahrensrechtlichen Dispositionsbefugnis bedarf es etwa zur Beendigung eines Verfahrens. Unabhängig davon, ob das Umgangsverfahren nach §  1684 Abs.  3 und 4 BGB als Amtsverfahren566 oder unechtes Antragsverfahren567 zu qualifizieren ist, sind die Eltern bei Anhängigkeit eines solchen über den Verfahrensgegenstand nicht abschließend dispositionsbefugt mit der Folge, dass eine im Anschluss an eine Einigung über den Umgang und damit eine Erledigung im materiell-rechtlichen Sinne erfolgende Rücknahme- oder Erledigungserklärung der Eltern keine verfahrensbeendende Wirkung entfaltet568. Der mangelnden Dispositionsbefugnis in dieser Hinsicht hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er §  156 Abs.  2 FamFG als Ausnahme zu §  36 Abs.  1 S.  1 FamFG geschaffen hat569, wonach die Beteiligten nur insoweit einen Vergleich schließen können, als sie über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Eltern in materiell-rechtlicher Hinsicht über den Gegenstand des Umgangsverfahrens, also den Umgang bzw. das Umgangsrecht, disponieren können. Dies wird teilweise pauschal verneint570, gestützt insbesondere darauf, dass das Umgangsrecht eine konkretisierende konstitutive Wirkung erst durch eine familiengerichtliche Bestätigung erhalte571. Nicht eindeutig entnehmen lässt sich dieser Formulierung des Bundesgerichtshofs, worin eine solche „konstitutive“ Wirkung besteht, die gerichtlich bestätigten Umgangsregelungen vorbehalten sei. Dem Gegenstand des der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Verfahrens – es ging um die „Annahme“ einer Erklärung zur künftigen Nichtausübung des Umgangsrechts – und der Argumentation – das Umgangsrecht sei als Pflichtrecht konstruiert, dessen Umfang erforderlichenfalls durch das Familiengericht konkretisiert wird – zufolge hat der Bundesgerichtshof bloß klargestellt, dass der Verzicht auf das Umgangsrecht mittels Ausschlusses des Umgangs nicht der vertraglichen Dis565 

Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  49. OLG Frankfurt FamRZ 2014, 53, 54; OLG Brandenburg FamRZ 2014, 2019 f.; OLG Schleswig FamRZ 2012, 895; Heilmann NJW 2012, 16, 20. 567  Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  43; s. auch Keidel/Sternal §  23 FamFG Rn.  6. 568  OLG Frankfurt FamRZ 2014, 53, 54; OLG Brandenburg FamRZ 2014, 2019, 2020; OLG Schleswig FamRZ 2012, 895; Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  48; Keidel/ Sternal §  23 FamFG Rn.  6. 569  BT-Drucks. 16/6308, 166; s. auch OLG Frankfurt FamRZ 2014, 53, 54. 570  Johannsen/Henrich/Büte §  156 FamFG Rn.  9; Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  49; anders ders. FamRZ 2005, 1474, in Anm. zu BGH FamRZ 2005, 1471. 571  So der BGH FamRZ 2005, 1471, 1473. 566 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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position der Eltern unterliegt. Die vom Bundesgerichtshof vergleichsweise angeführte Literaturmeinung572 bezieht sich jedoch darauf, dass eine Elternvereinbarung Vollstreckungsgrundlage nur im Falle ausdrücklicher gerichtlicher Genehmigung sein könne. Beide als möglich erscheinenden Bezugspunkte dieser „konstitutiven Wirkung“ sind als zutreffend zu bewerten. In Bezug auf die Vollstreckbarkeit wird die Dispositionsbefugnis der Eltern mit Blick auf den Einfluss der Umgangsregelung auf das Wohl des Kindes insofern verneint, als die Eltern nicht ohne sachliche Kontrolle des Gerichts am Maßstab des Kindeswohls die Erzwingbarkeit des Vereinbarten herbeiführen können573. Was aber die materiell-rechtliche Dispositionsbefugnis der Eltern über den Umgang bzw. das Umgangsrecht anbelangt, so ist abermals zu differenzieren: Während das Umgangsrecht als solches nicht zur freien Disposition der Eltern steht, ein autonomer Verzicht auf dieses also nicht möglich ist574, weist Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG die Ausübung und Ausgestaltung des Umgangsrechts zuvörderst den Eltern zu575. Damit stehen Regelungen, welche die Substanz des Umgangsrechts unberührt lassen, vielmehr allein dessen Wahrnehmung – wann also unter welchen Umständen und an welchem Ort Umgang eines oder beider Elternteile mit dem Kind stattfindet – betreffen, sehr wohl zur Disposition der Eltern. Geht es hingegen um einen Ausschluss des Umgangsrechts, so fehlt es an einer Disposi­ tionsbefugnis derselben. Diese Entscheidung ist dem Familiengericht unter bestimmten, vom materiellen Recht (§  1684 Abs.  4 S.  1 und 2 BGB) festgelegten Voraussetzungen vorbehalten. Damit kann sich ein gerichtlich gebilligter Vergleich zum Umgangsrecht also nur auf die Ausübung desselben beziehen. Dem Umstand, dass zwar diese Ausübung des Umgangsrechts, nicht aber die Erzwingbarkeit einer darauf gerichteten Vereinbarung zur Disposition der Eltern steht, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er den Vergleich an die gerichtliche Billigung und damit eine Prüfung am Maßstab des Kindeswohls geknüpft hat (§  156 Abs.  2 S.  2 FamFG)576. Damit ergibt sich für die elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf den Umgang mit dem Kind folgendes Bild: Den Eltern fehlt in verfahrensrechtlicher Hinsicht auch im Konsens die Befugnis, ein einmal eingeleitetes Umgangsverfahren autonom zu beenden. Auch fehlt ihnen die Fähigkeit, die Erzwingbarkeit ihrer Vereinbarung ohne die Beteiligung des Gerichts herbeizuführen. Materi572 

MüKoBGB/Finger, 4.  Aufl. 2002, §  1684 Rn.  77. Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; zu diesem Aspekt nachstehend unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (b) (bb) (ab S. 139). 574  Hierzu bereits unter §  4 A. II. 2. a) (S. 76). 575  Dazu unter §  4 A. II. 2. b) aa) (ab S. 76); s. insb. Hammer FamRZ 2005, 1474, in Anm. zu BGH FamRZ 2005, 1471. 576  BT-Drucks. 16/6308, 237; Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  49. 573 

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ell-rechtlich können die Eltern allein über die Ausgestaltung des Umgangs, nicht aber die Rechtsposition selbst verfügen. Durch die Schaffung des §  156 Abs.  2 FamFG, dessen Anwendung im Anschluss an eine gerichtliche Überprüfung am Maßstab des Kindeswohls die Beendigung des Verfahrens und die Vollstreckbarkeit der elterlichen Ausübungsregelung zum Umgangsrecht zur Folge hat, hat der Gesetzgeber die in unterschiedlicher Hinsicht fehlende Dispositionsbefugnis überwunden bzw. ihr Rechnung getragen. (bbb) Elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf die elterliche Sorge Unklar bleibt, warum dies nicht auch für den Bereich der elterlichen Sorge gelten soll. Erzielen die Eltern in einem Sorgerechtsverfahren – es wird sich insbesondere um ein solches nach §  1671 Abs.  1 BGB, gegebenenfalls §  1628 BGB577 handeln – eine Einigung über den Aufenthalt des Kindes, so ist die verfahrensrechtliche Dispositionsbefugnis in Abweichung zum Umgangsverfahren sogar insofern zu bejahen, als die Eltern, handelt es sich doch in beiden Fällen um Antragsverfahren, die Beendigung desselben durch Antragsrücknahme (§  22 Abs.  1 FamFG) oder übereinstimmende Erklärung (§  22 Abs.  3 FamFG) herbeiführen können. Dagegen ergeben sich weder in Bezug auf die Herbeiführung einer Erzwingbarkeit des Vereinbarten noch die Beurteilung der materiell-rechtlichen Dispositionsbefugnis der Eltern Unterschiede. Die mangelnde Fähigkeit der Eltern, autonom eine vollstreckbare Regelung zur elterlichen Sorge herbeizuführen, ließe sich ebenfalls durch die Aufnahme in einen Vergleich, der vom Gericht am Maßstab des Kindeswohls zu überprüfen wäre, überwinden. Hinsichtlich der materiellen Vorschriften von Umgangs- und Sorgerecht ergeben sich ebenfalls keine Unterschiede. Zwar reduziert sich der elterliche Gestaltungsrahmen in Bezug auf die Sorgerechtsinhaberschaft mit Blick auf den Grundsatz der Unverzichtbarkeit und Unübertragbarkeit der elterlichen Sorge578 auf einen mittelbaren Einfluss579. Die Ausübung dieser Rechtspositionen steht hingegen sehr wohl zur – aufgrund von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG gar alleinigen580 – Disposition 577 

Dazu unter §  5 A. I. 1. b) (S. 218) m. Fn.  144. S. unter §  4 A. II. 1. a) (S. 24). 579  Zur Möglichkeit der Eltern, im Rahmen des §  1671 Abs.  1 BGB mittelbar ihren Sorgestatus zu gestalten, ausf. und m. N. unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 114); zu der Frage, ob die Eltern durch Sorgeerklärungen i. S. von §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB über den Sorgestatus verfügen, unter §  6 A. I. 1. b) aa) (S. 265 f.). 580  Vorausgesetzt ist das Nichtvorliegen einer Kindeswohlgefährdung durch das elterliche Einvernehmen. 578 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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der Eltern581. Damit gälte auch für elterliches Einvernehmen im Bereich der ­elterlichen Sorge, dass dieses nur insofern Gegenstand eines Vergleichs sein könnte, als mit der Regelung nicht über den Sorgestatus verfügt582 , sondern die Wahrnehmung der elterlichen Sorge durch Ausübung der Rechtspositionen konkretisiert werden soll. (ccc) Ergebnis zur Planwidrigkeit der Regelungslücke Eine unterschiedliche Bewertung der Dispositionsbefugnis von Umgangsrecht auf der einen und Sorgerecht auf der anderen Seite ist somit nicht zutreffend. Das gegen eine elterliche Dispositionsbefugnis in Bezug auf das Sorgerecht angeführte Argument, es dürfe keine Umgehung der besonderen Voraussetzungen des materiellen Rechts – der Gesetzgeber nennt in der Gesetzesbegründung §§  1671, 1672 und 1680 Abs.  2, 3 BGB (jeweils a. F.)583 – stattfinden, zeigt deutlich, dass den Eltern im Bereich ihrer Sorge die Dispositionsbefugnis in materiell-rechtlicher Hinsicht abgesprochen wird, ohne aber zwischen der Verfügung über die Rechtsposition und der Ausübung ebendieser zu unterscheiden. Eine Umgehung der genannten Vorschriften droht allerdings – ebenso wie eine Umgehung von §  1684 Abs.  4 S.  1 und 2 BGB – nur dann, wenn durch den gerichtlich gebilligten Vergleich über die (Sorge‑)Rechtspositionen disponiert würde. Dies ist ausgeschlossen. Hier könnte eine Klarstellung in den Gesetzesmaterialien angezeigt sein. Der gerichtlichen Billigung einer Ausübungsvereinbarung zur Konkretisierung der gemeinsamen elterlichen Sorge steht dies indes nicht entgegen. Dem Gesetzgeber kann somit unterstellt werden, dass er die vom Bundesrat angeregte Ausdehnung von §  156 Abs.  2 FamFG auf Angelegenheiten der elterlichen Sorge mit der Absicht ablehnte zu verhindern, dass gerichtliche Zuweisungen von Sorgerechtssubstanz zukünftig vermehrt unter Anwendung dieser Norm und damit unter Umgehung der speziellen Vorschriften des materiellen Rechts mit ihren ausdifferenzierten Kindeswohlmaßstäben erfolgen würden. Coester hält den Hinweis auf die fehlende Dispositionsbefugnis daher für „so pauschal nicht haltbar“ (FF 2011, 285, 289) und gar „evident falsch“ (in: Staudinger §  1696 Rn.  37); zust. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  9. 582  Es scheiden damit Regelungen zur Übertragung von Sorgerechtspositionen sowohl auf einen Elternteil allein als auch zur gemeinsamen Sorge aus (a. A. OLG Nürnberg FamRZ 2014, 854 f. [unter 3.1.3.]: erstmalige Begründung teilweise gemeinsamer Sorge durch gerichtlich gebilligten Vergleich); auch die Übertragung von Sorgekompetenzen etwa auf das Jugendamt als „Dauerschiedstelle“ ist unzulässig (so aber geschehen in einer vom OLG Köln OLGR 2005, 535, aufgehobenen Billigungsentscheidung des AG Siegburg, Beschluss v. 26.11.2004 – 33a F 191/04, unveröffentlicht). 583  BT-Drucks. 16/6308, 414. 581 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Über eine gerichtliche Billigung elterlicher Vereinbarungen über die Sorgeausübung ist damit aber nichts gesagt. Sie wurde offensichtlich gar nicht bedacht und somit auch nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber ausgeschlossen. Die Planwidrigkeit der Regelungslücke ist insoweit zu bejahen. (cc) Vergleichbare Interessenlage Die für eine Analogie weiterhin erforderliche vergleichbare Interessenlage ist ebenfalls zu bejahen. Das elterliche Begehren, ihr Einvernehmen über die Ausübung der gemeinsamen Sorge nach der Trennung in gewisser Weise abzusichern und so Konflikten vorzubeugen, ist nicht anders zu bewerten als im Bereich des Umgangsrechts. Rechtfertigende Gründe für eine Ungleichbehandlung von elterlichen Vereinbarungen zur elterlichen Sorge einerseits, zum Umgang mit dem Kind andererseits sind, auch was die erhöhte Bestandskraft nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB anbelangt, nicht ersichtlich. Ausschlaggebend für die Bestandskraft einer Vereinbarung kann weniger ihr Gegenstand, sondern muss vielmehr der Akt der gerichtlichen Billigung sein584. (dd) Ergebnis zur analogen Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG Ist das elterliche Anliegen zusammenfassend nicht eine Verfügung über den Sorgestatus, sondern die Verfestigung eines Einvernehmens zur Ausübung ihres Sorgerechts, um mit einer erhöhten Verbindlichkeit die gemeinsame, wenn auch nicht mehr gemeinschaftliche Sorge sicherzustellen, so kann dieser Konsens Gegenstand eines in Analogie zu §  156 Abs.  2 FamFG gerichtlich zu billigenden Vergleichs sein. (3) Zustimmung des Kindes §  156 Abs.  2 S.  1 FamFG setzt ein Einvernehmen der Beteiligten voraus. Beteiligter an einem Sorgerechts- sowie einem Umgangsverfahren ist nach §  7 Abs.  2 Nr.  1 FamFG immer auch das Kind585, sodass dieses der gerichtlich zu billigenden Regelung ebenfalls zustimmen muss586. 584  Staudinger/Coester §  1696 Rn.  37; zur Umgangsvereinbarung Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 93. 585  BGH FamRZ 2011, 1788, 1789 m. Anm. Stößer FamRZ 2011, 1859; Keuter NJW 2010, 1851; Prütting/Helms/Prütting §  7 FamFG Rn.  27; Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  57; Keidel/Zimmermann §  7 FamFG Rn.  36. 586  BT-Drucks. 16/6308, 237; Schlünder FamRZ 2012, 9, 11; Schael FamRZ 2009, 265, 266; Heiter FamRZ 2009, 85, 89; Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  51; Johannsen/ Henrich/Büte §  156 FamFG Rn.  9; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; Haußleiter/Fest §  156 FamFG Rn.  14; Keidel/Engelhardt §  156 FamFG Rn.  12; BeckOK BGB/Veit (11.2017)

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Ob das Kind selbst oder aber eine andere dazu befugte Person für dieses zustimmen kann bzw. muss, ist von der Verfahrensfähigkeit des Kindes abhängig, die sich nach §  9 FamFG richtet. In Betracht kommt eine Verfahrensfähigkeit nach §  9 Abs.  1 Nr.  3 FamFG, wonach das mindestens 14-jährige Kind in einem Verfahren, das seine Person betrifft, verfahrensfähig ist, soweit es ein ihm nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend macht. Kommt das hier in Rede stehende Einvernehmen der Eltern über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts innerhalb eines Sorgerechtsverfahrens zustande, so wird es sich regelmäßig587 um ein solches nach §  1671 Abs.  1 BGB handeln. Im Falle eines elterlichen Konsenses über eine sachliche oder auch zeitliche588 Aufteilung des Sorgerechts der Substanz nach würde das Gericht nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB entscheiden; dem mindestens 14-jährigen Kind käme in diesem Falle ein Widerspruchsrecht als ein ihm nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht i. S. von §  9 Abs.  1 Nr.  3 FamFG zu589. Diese Rechtsposition muss dem Kind erst recht bei Abschluss eines Vergleichs über die Sorgeausübung analog §  156 Abs.  2 FamFG, der Vollstreckungstitel nach §  86 Abs.  1 Nr.  2 FamFG ist, zustehen. Damit kann das mindestens 14-jährige Kind dem Vergleich selbst zustimmen bzw. seine Zustimmung verweigern590. Ist das Kind nicht verfahrensfähig, so muss dem Vergleich nach §  9 Abs.  2 FamFG die nach bürgerlichem Recht dazu befugte Person zustimmen. Da der Vergleich nicht nur Verfahrenshandlung591, sondern zugleich materiell-rechtliches Rechtsgeschäft ist592 , an dem die Eltern selbst beteiligt sind, ist ihre Vertretungsmacht insoweit gemäß §§  1629 Abs.  2 S.  1, 1795 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 i. V.

§  1629 Rn.  45.2; a. A. Bork/Jacoby/Schwab/Zorn §  156 FamFG Rn.  16, die dafür plädiert, die Zustimmung des Kindes nur bei dessen Verfahrensfähigkeit zu verlangen. 587  Zu §  1628 BGB unter §  5 A. I. 1. b) (S. 218). 588  Zur Möglichkeit und (Un‑)Geeignetheit einer solchen Aufteilung zum Zwecke der Absicherung eines vereinbarten Wechselmodells unter §  4 B. I. 1. a) (ab S. 108). 589  BT-Drucks. 16/9733, 288; Schael FamRZ 2009, 265, 267; Prütting/Helms/Prütting §  9 FamFG Rn.  14; Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  58. 590  I.Erg. ebenso Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11. 591  §§  1629 Abs.  2 S.  1, 1795 Abs.  1 Nr.  3 BGB (Ausschluss der Vertretungsmacht bei einem Rechtsstreit) greifen nicht, weil es sich bei Sorge- und Umgangsrechtsverfahren nicht um kontradiktorische Verfahren i. S. von §  1795 Abs.  1 Nr.  3 BGB handelt: Keuter NJW 2010, 1851; Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  59. 592  Heiter FamRZ 2009, 85, 89; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn §  156 FamFG Rn.  16; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1629 Rn.  45.2; a. A. Schlünder FamRZ 2012, 9, 11 m. Fn.  32, demzufolge es auf die Doppelnatur schon deshalb nicht ankomme, weil es sich gar nicht um einen Vergleich i. S. von §  779 BGB und auch nicht von §  36 FamFG, vielmehr lediglich um eine „einvernehmliche Regelung als Vergleich“ handele (s. auch S.  9); vertretungsberechtigt seien die Eltern (S.  11); ebenso Prütting/Helms/Hammer §  156 FamFG Rn.  49, 51.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

mit 181 BGB ausgeschlossen593 mit der Folge, dass sie die Zustimmung nicht auch im Namen des Kindes erteilen können594. Dafür ist vielmehr ein Ergänzungspfleger nach §  1909 Abs.  1 S.  1 BGB zu bestellen. Um der Elternautonomie Rechnung zu tragen, darf auch dieser eine im elterlichen Einvernehmen gefundene Regelung nicht bereits ablehnen, wenn er eine andere für kindeswohldienlicher hält. Er muss vielmehr – so die berechtigte Sichtweise zur Zustimmung von Jugendamt oder Verfahrensbeistand595 – derselben Bindung an den Kindeswohlmaßstab des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG unterliegen wie das Gericht. (4) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab Ist somit der Weg zur Verfestigung einer elterlichen Vereinbarung über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts in Form eines Wechselmodells über die Aufnahme derselben in einen Vergleich nach §  156 Abs.  2 FamFG analog bereits de lege lata596 gangbar, bleibt zu klären, ob und inwieweit dem Gericht eine inhaltliche Kontrollbefugnis zukommen kann. §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG sieht eine negative Kindeswohlprüfung dergestalt vor, dass das Gericht die einvernehmliche Regelung zum Umgang bzw. zur Herausgabe des Kindes597 nur dann billigt, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. In diesem Prüfungsmaßstab wird teilweise ein Wertungswiderspruch zu §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB erkannt, der durch eine Übertragung des durch diese Normen vorgesehenen Maßstabs, namentlich der 593  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1629 Rn.  45.2; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn §  156 FamFG Rn.  16; Haußleiter/Fest §  156 FamFG Rn.  14; a. A. Prütting/Helms/Hammer §  151 FamFG Rn.  59, §  156 FamFG Rn.  51: kein gesetzlicher Vertretungsausschluss, allenfalls gerichtliche Entziehung der Vertretungsmacht im Falle eines erheblichen Interessengegensatzes gemäß §§  1629 Abs.  2 S.  3, 1796 BGB mit der Folge, dass die Wirksamkeit des Vergleichs regelmäßig von der Zustimmung des nach §  158 Abs.  1, 2 Nr.  1 FamFG zu bestellenden Verfahrensbeistands abhinge; ders. FamRZ 2011, 1268, 1269; ebenso Stößer FamRZ 2011, 1859, in Anm. zu BGH FamRZ 2011, 1788; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11. 594  A. A. AG Ludwigslust FamRZ 2010, 488, 489 f.: Erklärung der Zustimmung des Kindes in Vertretung durch die Eltern möglich und konkludent in deren Erklärungen enthalten. 595  MüKoFamFG/Schumann §  156 Rn.  24 f., 17; Keidel/Engelhardt §  156 FamFG Rn.  12; weitergehend Heiter FamRZ 2009, 85, 89 Fn.  48: Ausnahme vom Zustimmungserfordernis; a. A. Hammer FamRZ 2011, 1268, 1271; Schlünder FamRZ 2012, 9, 12. 596  Zur Erweiterung des §  156 Abs.  2 FamFG de lege ferenda unter §  8 A. V. 1. (ab S. 309). 597  Bei der Nichterwähnung einer Regelung zur Herausgabe des Kindes in §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG handelt es sich wohl um ein redaktionelles Versehen, s. dazu MüKoFamFG/ Schumann §  156 Rn.  18 m. Fn.  75; a. A. – wenngleich ebenfalls von einem Redaktionsversehen ausgehend – Bork/Jacoby/Schwab/Zorn §  156 FamFG Rn.  16: analoge Anwendung von §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB.

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Kindeswohlgefährdung, aufgelöst werden soll598. Bevor aufgezeigt wird, dass sich eine solche Übertragung als weder zwingend noch geboten darstellt, ist noch einmal599 kurz auf die in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zum Ausdruck kommende Bindungswirkung eines übereinstimmenden Elternwillens gegenüber dem Gericht und, um den Grund für diese zu erforschen, auf deren Historie einzugehen. (a) Bindungswirkung eines übereinstimmenden Elternwillens in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB bis zur Schwelle einer Kindeswohlgefährdung §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB bindet das Gericht an den übereinstimmenden Elternwillen, sofern das mindestens 14-jährige Kind der Regelung nicht widerspricht und die Regelung nicht zu einer Kindeswohlgefährdung i. S. des §  1666 BGB führt (§  1671 Abs.  4 BGB). Liegt der erstgenannte Ausnahmefall vor, hat das Gericht eine positive Kindeswohlprüfung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB vorzunehmen, im letzteren Falle den Antrag bzw. die Anträge zurückzuweisen und gegebenenfalls Maßnahmen nach §  1666 BGB zu ergreifen. §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB wird nun teilweise der Grundsatz entnommen, dass das Gericht im Falle elterlichen Einvernehmens von diesem stets nur unter den Voraussetzungen des §  1666 BGB abweichen dürfe600. Damit wäre ihm auch hier – abgesehen vom Ausschluss einer Kindeswohlgefährdung – eine inhaltliche Kontrolle verwehrt601. Dahinter steht letztlich der Gedanke, dass der Staat als Wächter über das Kindeswohl und bloß sekundärer Erziehungsträger einem elterlichen Konsens, der die Vermutung der Kindeswohldienlichkeit zulässt, unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung wenig entgegenzu­ setzen hat; denn seine Aufgabe ist es nicht, für die bestmögliche Betreuung des Kindes zu sorgen, sondern, solange sich die Eltern nicht in einem Konflikt befinden, ausschließlich, eine Gefährdung des Kindeswohls abzuwehren602.

598  Rauscher FamFR 2010, 28, 29, 31; Bork/Jacoby/Schwab/Zorn §  156 FamFG Rn.  16; MüKoFamFG/Schumann §  165 Rn.  16; Prütting/Helms/Hammer, 3.  Aufl. 2014, §  156 FamFG Rn.  58 f.; ders. FamRZ 2011, 1268, 1270; wohl auch Coester, in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, 2009, 39, 53 = FF 2009, 269, 275 f.; a. A. Hilbig-­Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 99; zur Diskussion des Prüfungsmaßstabs im Falle einer Umgangsregelung unter §  4 B. I. 2. a) dd) (ab S.  150). 599  Zum Prüfungsumfang bereits unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 114). 600  Zu Umgang und Kindesherausgabe Prütting/Helms/Hammer, 3.  Aufl. 2014, §  156 FamFG Rn.  58 f. 601  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  38.1. 602  Zum verfassungsrechtlichen Hintergrund ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ab S. 196).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Fraglich ist jedoch, ob die Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG diese annähernd absolute Bindung des Gerichts an einen übereinstimmenden Elternwillen zwingend voraussetzt. Vor 1998 sah §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB603 noch vor, dass das Gericht von einem übereinstimmenden Vorschlag der Eltern nur sollte abweichen können, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich war. Rechtfertigung fand diese gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit an einem unterhalb desjenigen in §  1666 BGB liegenden Maßstab darin, dass das alte Recht in der Trennung gemeinsam sorgeberechtigter Eltern eine „situationsspezifische Beeinträchtigung des Kindeswohls“604 erkannte, die folglich das staatliche Eingreifen bereits unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung zuließ605. Diese Regelung wurde vom Bundesverfassungsgericht in den Gründen zu seinem Urteil, mit dem §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB i. d. F. des SorgeRG606 für verfassungswidrig und nichtig erklärt wurde607, ausdrücklich für mit Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und damit der Elternautonomie vereinbar erklärt608. Erst der Gesetzgeber von 1998 gab diese in der Trennungssituation stets einen kindeswohlrelevanten Elternkonflikt vermutende Sichtweise auf, erklärte jedenfalls in diesem Zusammenhang §  1666 BGB zur ausreichenden Rechtsgrundlage für eine gerichtliche Abweichung vom übereinstimmenden Elternwillen609. (b) Gegen eine Übertragung der Bindungswirkung von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB sprechende Begrenzungen der Elternautonomie Diese vom Gesetzgeber für die Situation des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB als sinnvoll erachtete Bindungswirkung muss nicht ebenso für jede Konstellation eines übereinstimmenden Elternwillens Geltung beanspruchen. Denn auch die darin zum Ausdruck kommende Elternautonomie ist nicht grenzenlos. 603 

In der Fassung des SorgeRG. Coester DEuFamR 1999, 3, 11 m. Fn.  120. 605  Aus kinderpsychiatrischer Sicht zust. Lempp ZfJ 1984, 305, 307, der mit Trennung und Scheidung im Regelfall einen das Kind gefährdenden und das Wächteramt legitimierenden Zustand verursacht sah. 606  „§  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F.“ bezeichnet im Nachfolgenden die Fassung des SorgeRG. 607  Hierzu noch näher unter §  4 B. II. 1. a) aa) (2) (b) (ab S. 158). 608  BVerfGE 61, 358, 373 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182. 609  BT-Drucks. 13/4899, 99; krit. – für eine unmittelbare Sorgerechtsgestaltung durch die Eltern – Coester RdJB 1996, 430, 436, FamRZ 1996, 1181, 1186, DEuFamR 1999, 3, 10, 12, und in: Staudinger §  1671 Rn.  13, 65 f.; krit. auch – den Entscheidungsspielraum der Eltern hingegen als zu, jedenfalls aber sehr weitgehend erachtend – Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 211; weiterhin eine Kindeswohlprüfung („dem Wohl des Kindes nicht widerspricht“) vorsehend SPD-Fraktion, Antrag v. 21.6.1995, BT-Drucks. 13/1752, 5 Nr.  17, und Änderungsantrag v. 24.9.1997, BT-Drucks. 13/8558, 1 Nr.  2 lit.  b); ebenso Antrag einzelner Abgeordneter und der Gruppe der PDS v. 11.6.1997, BT-Drucks. 13/7899, 4 Nr.  6. 604 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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(aa) Zusammenhang zwischen Konsens und Konflikt: Übereinstimmender Elternwille zur Verhütung einer späteren Konfliktsituation Mit Blick auf §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB a. F. und seine „Billigung“ durch das Bundesverfassungsgericht lässt sich nun zum einen der Schluss ziehen, dass die verfassungsrechtlich garantierte Elternautonomie es nicht zwingend gebietet, dem übereinstimmenden Elternwillen nahezu absolute Bindungswirkung beizumessen und die gerichtliche Überprüfung auf den Ausschluss einer Kindeswohlgefährdung zu beschränken. Der Gesetzgeber von 1998 hat sich zwar im Rahmen des §  1671 Abs.  1 BGB dazu entschlossen; von Verfassungs wegen dazu veranlasst war er allerdings nicht. Sofern nämlich die Elternvereinbarung zur Beilegung oder Verhütung eines Elternkonflikts dient, sich mithin als Kompromiss aus einer Konfliktsituation oder mit Blick auf eine solche darstellt, kann – dies zeigt die Vorgängernorm – eine das Gericht zumindest zur Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls berechtigende Ausgangslage durchaus bejaht werden. Andererseits ist erkennbar, dass der Gesetzgeber selbst die Autonomie der Eltern durch Schaffung von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB gestärkt und sich durch die Streichung der eigenen Prüfungskompetenz in seinem Wächter- bzw. Schlichteramt 610 ein Stück weit zurückgezogen hat. Daraus jedoch zu folgern, dass ein übereinstimmender Elternwille stets nur im Falle einer Kindeswohlgefährdung übergangen werden könne, fällt aus dem Grund schwer, dass im Kindschaftsrecht keine weitere Regelung ersichtlich ist, die eine ebenso weitgehende Bindung an den übereinstimmenden Elternwillen vorsieht und damit den Schluss auf eine gesetzgeberische Grundsatzentscheidung zuließe. So findet ein elterlicher Konsens etwa weder im Falle einer Abänderungsentscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB noch einer gerichtlichen Einwirkung auf die Alleinentscheidungsbefugnisse aus §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB nach dessen Abs.  2 im Gesetz611 Berücksichtigung. Auch für das amtswegige Abweichen von einer elterlichen Umgangsregelung durch Entscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB wird überwiegend vertreten, dieses sei nicht erst im Falle einer durch die Umgangsregelung begründeten Kindeswohlgefährdung, sondern bereits bei einer Erforderlichkeit zum Wohle des Kindes zulässig612. Für eine elterliche Umgangsregelung sowie eine solche zur Herausgabe des Kindes schließlich ordnet der Gesetzgeber die gerichtliche Überprüfung auf einen Kindeswohlwiderspruch hin an, bevor sie in einen gerichtlich gebilligten Vergleich aufgenommen 610 

Dazu ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (bbb) und (ccc) (ab S. 198). Zu gebotenen Korrekturmöglichkeiten s. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  27 f.; s. auch unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 612  Dazu näher unter §  4 B. I. 2. a) dd) (S.  151). 611 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

werden kann (§  156 Abs.  2 S.  2 FamFG), geht in den Materialien zu dieser Vorschrift zugleich aber davon aus, dass ein einmal auf diese Weise gefundener Konsens von Amts wegen nur noch unter den Voraussetzungen des §  1666 BGB, nicht des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abgeändert werden könne613. Die zuletzt genannte Äußerung des Gesetzgebers zeigt, dass er den Vorrang einer im elterlichen Konsens gefundenen Regelung achtet und, solange es nicht zu einem Streit der Eltern über die Regelung kommt oder die Praktizierung des Vereinbarten zu einer Gefährdung des Kindeswohls führt, einen Eingriff des Gerichts mittels Ersetzung der Regelung durch eine eigene für ausgeschlossen hält. Dieser Einschätzung ist zuzustimmen; sie folgt jedoch weniger aus einer Fortführung der in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB verwirklichten Stärkung der Elternautonomie als vielmehr unmittelbar aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG: Solange die Eltern ihr Sorge- bzw. Umgangsrecht zum Wohle des Kindes ausüben, ist kein Raum für eine gerichtliche Regelung; ein staatliches Tätigwerden, noch dazu in Form einer eigenen Entscheidung über die Pflege und Erziehung des Kindes, lässt sich – mangels Kindeswohlgefährdung – weder auf das Wächter- noch – mangels Elternkonflikts – auf das Schlichteramt des Staates stützen. Darüber hinaus ist die Fallgestaltung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB schon deshalb eine andere, weil das Gericht hier nicht amtswegig, sondern stets nur auf Antrag tätig wird und in sachlicher Hinsicht an diesen gebunden ist. Dies zeigt also, dass dem übereinstimmenden Elternwillen durchaus eine gewichtige Bedeutung beizumessen ist, dass er aber dann, wenn er – wie früher allgemein für die Trennungssituation angenommen – im Zusammenhang mit einem Elternkonflikt steht, nicht absolut resistent gegen eine gerichtliche Überprüfung am Kindeswohl sein muss. Denn ist das staatliche Handeln auf einen Ausgleich zwischen den eigenständigen und je durch das Elternrecht geschützten Rechtspositionen der im Streit befindlichen Eltern gerichtet, so ist der Staat von Verfassungs wegen nicht an die strengen Voraussetzungen – namentlich das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung – gebunden, die für einen Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht vorliegen müssen614. Ein Eingriff ins Elternrecht kann vielmehr bereits unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung gerechtfertigt sein, wenn der Staat aus Gründen des Kindeswohls und bloß in Wahrnehmung seines Schlichteramts tätig wird, mithin keine eigene Entscheidung in einer konkreten Erziehungsfrage trifft, sondern einem Elternteil gegenüber dem anderen mittels Gestaltung ihrer Rechtspositionen einen Vorrang ein613 

BT-Drucks. 16/6308, 346. BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425; E 56, 363, 382 f. = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; umgekehrt gewendet in FamRZ 1994, 223, 224. 614 

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räumt615. Durch die in Rede stehende Kontrolle der Elternvereinbarung, die die Ausübung der Rechte und Pflichten der Eltern zur Pflege und Erziehung ihres Kindes zum Gegenstand hat, trifft das Gericht – vorausgesetzt, es oktroyiert nicht seine eigene Betreuungsregelung – gerade keine eigene Entscheidung in der Sache, sondern vermittelt im Falle einer Beanstandung zwischen den ihre Rechtspositionen selbstständig ausübenden Eltern. Eine Überschreitung seines Wächter- oder Schlichteramts aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG ist mit einer Überprüfung am Kindeswohl dann nicht verbunden. Dies zugrunde gelegt, spricht Einiges dafür, das elterliche Begehren, ihrer Elternvereinbarung mittels erhöhter Bestandskraft Nachdruck zu verleihen und den Zugriff auf hoheitliche Hilfe in Form der Vollstreckung zu erhalten, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Denn die in der Vereinbarung gefundene Regelung als solche – Festlegung des Kindesaufenthalts – entfaltet bereits ohne gerichtliche „Genehmigung“ Wirkung. Das begehrte Mehr, wozu es der gerichtlichen Beteiligung konstitutiv bedarf – Bestandskraft i. S. des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB und Vollstreckbarkeit nach §§  86 Abs.  1 Nr.  2, 89 f. FamFG (analog616) –‍, wird dagegen erst dann relevant, wenn es zwischen den Eltern zu Streit über den Regelungsinhalt der Vereinbarung kommt und dieser in Frage gestellt wird: Folgt einem solchen Streit die einseitige Aufkündigung der Vereinbarung durch einen Elternteil nach, wird sich der andere auf deren Bestandskraft berufen und sich einer Verweigerung zur Herausgabe oder auch zur Aufnahme des Kindes durch Veranlassung von Vollstreckungsmaßnahmen erwehren. (bb) Erzwingbarkeit des Vereinbarten unter Zuhilfenahme staatlicher Gewalt Dieses Ergebnis korrespondiert mit der oben im Rahmen der Diskussion der elterlichen Dispositionsbefugnis über den Gegenstand eines Umgangsverfahrens bereits angesprochenen Feststellung, dass „Regelungen, die – wie auch die Umgangsregelung – das Wohl des Kindes beeinflussen können, nicht in dem Sinne zur Disposition der Eltern stehen, dass diese auch die Erzwingbarkeit ihrer Vereinbarung – ohne sachliche Kontrolle des Gerichts am Maßstab des Kindeswohls – herbeiführen können“617. Die Eltern sind zwar frei in der Ausübung ihrer Sorge und können eine Einmischung des Staates insoweit aufgrund 615 

Hierzu ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) (ab S. 200). Auch diese Normen gelten de lege lata lediglich bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs. 617  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; auch Hammer FamRZ 2005, 1209, 1216, erkennt in der Vollstreckung „eine derart einschneidende Maßnahme, dass zuvor durch das Verfahren der gerichtlichen Bestätigung gesichert sein [müsse], dass eine gerichtliche Mindestkontrolle der Vereinbarung erfolgt ist“, sieht dieser Kontrollpflicht aber durch den Ausschluss einer Kindeswohlgefährdung Genüge getan (S.  1213). 616 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG abwehren. Wenden sich die Eltern jedoch an das Gericht, um eine erhöhte Verbindlichkeit und eine spätere Erzwingbarkeit ihrer Regelung zu erreichen, so geht es ihnen nicht um die Abwehr eines staatlichen Eingriffs, vielmehr suchen die Eltern um hoheitliche Hilfe nach. Die Eltern­ autonomie garantiert den Eltern somit Freiheit in der Ausübung ihrer Rechts­ position und verpflichtet den Staat insoweit auch, die Wahrnehmung dieser Freiheit zu ermöglichen; dazu muss die der elterlichen Disposition entzogene Verfügung über die Rechtsposition, weil diese Rechtsposition dem Elternrecht entspringt und somit auch von der Elternautonomie erfasst wird, vom übereinstimmenden Elternwillen beeinflusst werden können – dazu dient §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB. Die erhöhte Bestandskraft einer gerichtlichen Entscheidung gehört jedoch ebenso wenig wie deren Vollstreckbarkeit zum Einflussbereich der Elternautonomie – so hat insbesondere eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB keinen vollstreckbaren Inhalt618. Denn diese staatlichen Instrumente dienen zum einen einzig dazu, im Falle eines Elternkonflikts die (Kontinuitäts‑)Interessen des Kindes, nicht die Rechtspositionen der Eltern zu schützen. Zum anderen kann die Elternautonomie niemals dort volle Geltung beanspruchen, wo das Kindeswohl durch einen Elternstreit zurückgesetzt zu werden droht; diese Einschränkung der Elternautonomie korrespondiert mit der Eingriffsbefugnis des Staates unterhalb der Schwelle des §  1666 BGB. Dem §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB kann daher zwar entnommen werden, dass das Gericht dem übereinstimmenden Elternwillen bei seiner Entscheidung einen hohen Stellenwert einzuräumen hat, nicht jedoch, dass die Eltern, solange sie nur übereinstimmen, jede Entscheidung des Gerichts erzwingen könnten, ohne dass diesem – bis auf den Ausschluss einer Kindeswohlgefährdung – noch eine Prüfungskompetenz zukäme. Das Gericht zu zwingen, nicht nur eine Zuweisung von Rechtspositionen vorzunehmen, die aus seiner Sicht in eine kindeswohlwidrige, jedoch noch nicht kindeswohlgefährdende Sorgeausübung münden könnte, sondern gar selbst eine als kindeswohlwidrig herausgestellte Regelung über die konkrete Pflege und Erziehung des Kindes zum Vollstreckungstitel zu erheben, drängte das Gericht wahrlich in eine als „Anstößigkeit“ zu bezeichnende Rolle einer „amtliche[n] Bestätigungsinstanz elterlichen Willens“619, die mit dem Wächteramt des Staates aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG nicht mehr zu vereinbaren wäre. Doch auch den Eltern wäre mit einer Übertragung des Maßstabs aus §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB im Ergebnis vermutlich wenig gedient, denn die Gerichte dürften sich in manch „bloß“ kindeswohlwidriger 618 

619 

10.

S. unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (a) (S. 118). So zur Neufassung des §  1671 Abs.  2 Nr.  1 BGB von 1998 Coester DEuFamR 1999, 3,

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Situation dazu veranlasst sehen, bereits eine Kindeswohlgefährdung zu bejahen, um der ihnen sonst auferlegten Pflicht zur Verfügung dieser dem Kindeswohl widersprechenden Regelung zu entgehen. Mit einer dann allgemein drohenden Absenkung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung würde die Absicht, die Elternautonomie zu stärken, gerade ins Gegenteil verkehrt. (c) Gleichklang von §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB Damit kann bis hierhin zusammengefasst werden: Der Maßstab von §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB ist – wenn er hinsichtlich des Regelungsgegenstands dieser Vorschriften auch zu begrüßen sein mag – nicht von Verfassungs wegen geboten; einer verfassungskonformen Auslegung des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG bedarf es daher nicht. Und doch liegt dem §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB eine gesetzgeberische Entscheidung zugrunde, die auch bei der Auslegung anderer Vorschriften, die dem Einflussbereich der Elternautonomie unterliegen, nicht unberücksichtigt bleiben kann. Es ist sich daher – nicht mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG, sondern die Gesamtheit der Rechtsordnung – um einen Gleichklang von §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zu bemühen. Hierfür kann, reicht ein nach erstgenannter Vorschrift geschlossener Vergleich im Hinblick auf die (unmittelbare) Vollstreckbarkeit doch weiter als eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, allerdings nicht allein dessen Maßstab Grundlage der gerichtlichen Billigungsentscheidung nach §  156 Abs.  2 S.  1 FamFG sein. Da zur Durchsetzung einer nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ergangenen Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht eine weitere, nämlich eine solche nach §  1632 Abs.  3 BGB über die Herausgabe des Kindes, hinzutreten muss, ist vielmehr auf dessen Maßstab abzustellen, und dieser reduziert sich nicht auf die Abwehr einer Kindeswohlgefährdung. Mag ein Herausgabeanspruch aus §  1632 Abs.  1 BGB im Falle einer Zuwiderhandlung des einen Elternteils gegen eine Entscheidung des anderen, allein­ sorge- oder alleinaufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils auch grundsätzlich bestehen, so ist im Rahmen einer gerichtlichen Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3 BGB nicht ausschließlich auf das Sorgerecht abzustellen, das Kind also nicht – gleichsam als bloßes Objekt von Elternrechten in entsprechender Anwendung der Besitzschutzvorschriften620 – unbesehen – „ohne Rücksicht darauf, ob dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist“621 – an den (insoweit) alleinsorgeberechtigten Elternteil herauszugeben; das Gericht hat vielmehr unter Achtung des Kindes als Träger eigener Rechte aus Art.  1 Abs.  1, 2 Abs.  1 GG 620  621 

KG FamRZ 1970, 39; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 431, 432. AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036.

142

Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

stets eine am Kindeswohl orientierte Prüfung anzustellen622. Diese sei zwar dergestalt eingeschränkt, dass vom Gericht nur neue, im vorausgegangenen Sorgerechtsverfahren noch nicht berücksichtigte Gesichtspunkte zu prüfen seien623; ist die vorausgegangene Entscheidung allerdings eine solche nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, so war die gerichtliche Prüfung des Kindeswohls ohnehin auf den Ausschluss einer Gefährdung beschränkt (§§  1671 Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB)624. Die Verweigerung einer Herausgabeanordnung sei dem Gericht demnach unter anderem möglich beim Vorliegen von Gesichtspunkten, die das Kindeswohl nachhaltig berühren und eine Abänderung der vorausgegangenen Entscheidung unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB erforderlich machen würden625, das Kind sei – anders gewendet – zurückzuführen, wenn nicht erhebliche Kindesinteressen dem entgegenstehen626. Legt man den Widerspruch zum Kindeswohl i. S. des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG im Lichte dieser materiellen Vorschriften und ihrer Kindeswohlmaßstäbe aus, so hat das Gericht eine elterliche Vereinbarung über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts in Form eines Wechselmodells zu billigen, sofern dieser nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. In diesem Falle hätte das Gericht eine vorausgegangene Sorgerechtsentscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abzuändern und eine Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3 BGB zu verweigern; gleichsam muss es dem Gericht aber auch möglich sein, den Eltern seine Billigung einer kindeswohlwidrigen, wenn auch noch nicht ‑gefährdenden Regelung über die Ausübung des Sorgerechts, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts, zu versagen. (5) Ergebnis zur gerichtlichen Billigung einer elterlichen Aufenthaltsregelung nach §  156 Abs.  2 FamFG Das Familiengericht hat das Einvernehmen der Beteiligten, insbesondere also der Eltern und des Kindes, zur Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in 622  KG FamRZ 1970, 39; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 601; FamRZ 1982, 431, 432; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1350, 1351; OLG Koblenz FamRZ 2016, 1860, 1861; Palandt/Götz §  1632 Rn.  4; MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  28; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  12, 13.1. 623  OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 601 f.; OLG Koblenz FamRZ 2016, 1860, 1861; Staudinger/Salgo §  1632 Rn.  10; Palandt/Götz §  1632 Rn.  4; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  12; Erman/Döll §  1632 Rn.  9a; MüKoBGB/Huber §  1632 Rn.  29, 31; s. auch dens./­ Pankatz, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 793, 799 f. 624  Zu diesem Gedanken bereits unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (a) (S. 118 f.). 625  OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 601 f.; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 1350, 1351; OLG Koblenz FamRZ 2016, 1860, 1861; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1632 Rn.  12; MüKo­ BGB/Huber §  1632 Rn.  31. 626  AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036, 1037.

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Form eines Wechselmodells in einen Vergleich aufzunehmen und zu billigen, sofern dem nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. §  156 Abs.  2 FamFG findet nach dieser Maßgabe analoge Anwendung. Da Gegenstand eines solchen Vergleichs die sich ergänzende Ausübung des jedem Elternteil für sich zustehenden Aufenthaltsbestimmungsrechts und damit – anders als bei der Zuweisung einer noch auszuübenden Rechtsposition nach §  1671 Abs.  1 BGB – jeweils nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht ist, das Kind zeitweise zu sich nehmen, ergeben sich im Hinblick auf die begehrte Durchsetzung des Wechselmodells durch die Aufnahme der Vereinbarung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich erhebliche Vorteile nicht nur gegenüber einer elternautonomen Aufenthaltsregelung, sondern auch einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, mit der die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht zeitlich aufgespalten wird. bb) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog) Zum anderen wird eine gerichtliche Feststellung oder „Genehmigung“ einer Elternvereinbarung über die Sorgerechtsausübung in Form eines Wechselmodells nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog vorgeschlagen627. (1) Feststellung der Sorgerechtsausübung Durch die in Verbindung mit §  256 ZPO analog erfolgende Anwendung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB auf die Sorgerechtsausübung würde die familiengerichtliche Entscheidung nicht sorgerechtsgestaltende, das heißt den Sorge­ status verändernde, sondern – entsprechend §  256 ZPO – bloß feststellende Wirkung entfalten. Das Gericht würde – im Unterschied zum gewöhnlichen Regelungsinhalt des §  1671 Abs.  1 BGB628 – mithin nicht über die Inhaberschaft des Sorgerechts verfügen, sondern für die Zukunft eine bestimmte Ausübung desselben durch die Eltern festschreiben. Das in Entsprechung zu §  256 ZPO vorausgesetzte besondere Feststellungsinteresse wird dabei sowohl für den Fall eines Elternstreits über eine außerge-

627  Zu dieser Möglichkeit Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  51; ders. FF 2010, 10, 12; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  38.1, 40; zurückhaltender Staudinger/Coester (2016) §  1671 Rn.  51; Palandt/Götz §  1671 Rn.  3 a. E., 58: „im Einzelfall zweckmäßig“; zu den über den wechselnden Aufenthalt hinausgehenden Ausübungsvereinbarungen unter §  4 B. II. 2. b) (S. 183). 628  Zum Regelungsmechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB unter §  5 A. I. 1. a) aa) (ab S. 190).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

richtlich getroffene Sorgevereinbarung als auch zur Stabilisierung einer solchen unabhängig von einem Konflikt bejaht629. (2) Durchsetzung und Bindungswirkung Fraglich ist die Vollstreckbarkeit einer solch feststellenden Entscheidung des Familiengerichts. Im Zivilprozess ist das nach §  256 ZPO ergehende Feststellungsurteil nicht Grundlage der Zwangsvollstreckung, sondern dient allein der Befriedung durch verbindliche Entscheidung über ein Rechtsverhältnis630. Anders verhält es sich aber im Verfahren in Familiensachen: Hier findet die Vollstreckung gemäß §  86 Abs.  1 Nr.  1 FamFG aus gerichtlichen Beschlüssen statt. Ein solcher ergeht nach §  151 Nr.  1 FamFG unter anderem in Verfahren, die die elterliche Sorge betreffen. Darunter seien auch „Verfahren, die die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge eines Beteiligten für den anderen zum Gegenstand haben“631, zu verstehen, letztlich aber „alle Verfahren, die die Bestimmung der Person, der Rechte oder Pflichten des Sorge­ berechtigten betreffen“632. Erfasst werde daher nicht nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Sorge im Verhältnis zum Kind, sondern auch im Verhältnis der Eltern untereinander633. Damit wäre der familiengerichtliche Beschluss, der eine die Rechte und Pflichten der Eltern ordnende Vereinbarung feststellt und damit „billigt“, der Vollstreckung zugänglich. Da die konkrete Ausübung des jedem Elternteil für sich zustehenden Aufenthaltsbestimmungsrechts und damit nicht nur die Berechtigung, sondern auch die Verpflichtung sowohl zur eigenen zeitweisen Betreuung als auch zur Herausgabe an den anderen Elternteil zwecks Betreuung durch diesen festgestellt würde, wäre nicht nur die Herausgabe des Kindes, sondern auch die Aufnahme desselben durch den jeweils anderen Elternteil erzwingbar. Damit böte dieser Weg einer die Sorgeausübung feststellenden Entscheidung des Gerichts – wie auch der vorstehend diskutierte einer gerichtlichen Billigung der Sorgeausübung nach §  156 Abs.  2 FamFG analog – erhebliche Vorteile gegenüber einer zeitlichen Gestaltung der Aufenthaltsbestimmungs­ berechtigung beider Elternteile über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB. Eine Abänderung der gerichtlich festgestellten Ausübungsvereinbarung wäre nur unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB möglich. 629 

630 

Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  51; a. A. Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 83. MüKoZPO/Becker-Eberhard §  256 Rn.  1 f.; BeckOK ZPO/Bacher (09.2017) §  256

Rn.  1. 631  BT-Drucks. 16/6308, 234. 632  BT-Drucks. 16/6308, 233. 633  Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  51.

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(3) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab Wie bereits im Rahmen der Diskussion einer gerichtlichen Billigung einer elterlichen Aufenthaltsregelung nach §  156 Abs.  2 FamFG634 stellt sich auch an dieser Stelle die Frage, ob dem Gericht eine inhaltliche Kontrollbefugnis zukäme, sieht §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB bei sorgerechtsgestaltender Anwendung eine solche – mit Ausnahme des Ausschlusses einer Kindeswohlgefährdung i. S. von §  1666 BGB (§  1671 Abs.  4 BGB) – doch gerade nicht vor. Insoweit könnte hier aber nichts anderes als für §  156 Abs.  2 FamFG gelten: Da die erhöhte Bestandskraft und Vollstreckbarkeit des Vereinbarten Relevanz erst im Falle der Aufkündigung des Einvernehmens und damit im Konfliktfall erhalten, stehen sie nicht dergestalt zur Disposition der Eltern, dass diese sie ohne konkrete Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls herbeiführen könnten635. Der für die gerichtliche Billigung eines Vergleichs i. S. des §  156 Abs.  2 FamFG geltende Maßstab (kein Widerspruch des Einvernehmens zum Kindeswohl, §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG) wäre daher auch auf die gerichtliche Feststellung einer elterlichen Vereinbarung über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts in Form eines Wechselmodells mit der Maßgabe zu übertragen, dass ein Widerspruch zum Kindeswohl erst im Falle triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Gründe zu bejahen wäre. Hinzu träte die Voraussetzung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, dass das min­ destens 14-jährige Kind nicht von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch macht. (4) Diskussion des Lösungsweges Dieser Lösungsweg trägt zunächst dem oben636 dargestellten Grundsatz, dass den Eltern eine rechtliche Fixierung jener Gestaltungen, die sie faktisch ohne Beteiligung des Gerichts und damit – bis zur Schwelle des §  1666 BGB – kon­ trollfrei vereinbaren und leben können, möglich sein muss637, dadurch Rechnung, dass die Fixierung nicht auf die Inhaberschaft des Sorgerechts beschränkt 634 

Dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (ab S. 134). Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11. 636  Unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 114 f.). 637  Coester FamRZ 1996, 1181, 1186; ders., in: Staudinger §  1696 Rn.  37 geht daher davon aus, dass eine gerichtliche Billigung auch von Sorgevereinbarungen möglich sein und der Begriff des gerichtlich gebilligten Vergleichs i. S. des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB folglich über den des §  156 Abs.  2 FamFG hinausgehen müsse; ebenso BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  9; OLG Naumburg, Beschluss v. 26.3.2010 – 8 UF 53/10, juris Rn.  13 = FamRZ 2011, 308 (LS), das allerdings die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil durch gerichtlich gebilligte Elternvereinbarung für möglich hält; a. A. wohl Prütting/Helms/ Hammer §  166 FamFG Rn.  6; dagegen auch die Gesetzesbegründung zu §  156 Abs.  2 FamFG (BT-Drucks. 16/6308, 237: „gesetzliche Definition des gerichtlich gebilligten Vergleichs“) und §  1696 BGB (S.  346). 635 

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ist, sondern auch auf dessen Ausübung erstreckt wird. Auch insoweit erscheint §  1671 Abs.  1 BGB als „Grundnorm für das gemeinsame Sorgerecht getrennt lebender Eltern“638 – zumindest de lege lata639 – als geeignete Rechtsgrundlage. Ein Konterkarieren der gesetzgeberischen Beschränkung des gerichtlich gebilligten Vergleichs auf ein Einvernehmen der Eltern über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes droht nicht640. Zum einen wurde bereits aufgezeigt, dass der Gesetzgeber allein die Verfügung über den Sorgestatus mittels Vergleichs auszuschließen gedachte, wohingegen er die Möglichkeit einer Verfestigung von elterlichem Einvernehmen zur Sorgeausübung schlicht nicht bedacht hat641. Überdies verhindert gerade dieser Lösungsweg jedwede Gefahr, dass die Voraussetzungen des materiellen Rechts – wenn diese auch ohnehin bloß die Verfügung über die Substanz des Sorgerechts betreffen – umgangen werden könnten, denn das Gericht hat sowohl eine Kindeswohlprüfung vorzunehmen als auch das Widerspruchsrecht des Kindes aus §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zu berücksichtigen. Die Billigung der Elternvereinbarung durch das Gericht mit der Folge der Gleichstellung mit einer gerichtlichen Erstentscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht rechtfertigt es auch, das Kind in gleicher Weise wie bei einer Sorgerechtsübertragung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zu beteiligen, obwohl ihm bei der üblichen Sorgeausübung der Eltern kein förmliches Widerspruchsrecht zukommt. Dieses korrespondiert im Ergebnis mit dem Erfordernis einer Zustimmung des Kindes zu einem gerichtlich gebilligten Vergleich im Rahmen des §  156 Abs.  2 FamFG. Zwar besteht dieses unabhängig vom Alter des Kindes, allerdings kann dieses die Zustimmung bis zur Vollendung seines 14. Lebensjahres mangels Verfahrensfähigkeit nicht selbst erteilen; hierzu bedarf es vielmehr, da die Eltern als im Grundsatz befugte Personen i. S. des §  9 Abs.  2 FamFG aufgrund der eigenen Teilnahme am Vergleich kraft Gesetzes (§§  1629 Abs.  2 S.  1, 1795 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 i. V. mit 181 BGB) insoweit von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen sind, der Bestellung eines Ergänzungspflegers642. Etwas anderes gilt für das mindestens 14-jährige Kind, das nach hier vertretener Ansicht643 auch im Rahmen des Abschlusses eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über die Sorgeausübung analog §  156 Abs.  2 FamFG mit Blick auf das Widerspruchsrecht aus §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB als verfahrensfähig gemäß §  9 Abs.  1 Nr.  3 FamFG anzusehen sein sollte. 638 

Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  51. Zu einer Ausweitung des §  156 Abs.  2 FamFG auf sämtliche Fragen der Sorgeausübung de lege ferenda unter §  8 A. V. 1. (ab S. 309). 640  So aber BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  38.1. 641  S. unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (bb) (bbb) (ab S. 130). 642  S. unter §  4 B. I. 1. b) aa) (3) (S. 133 f.). 643  Dazu ebenfalls unter §  4 B. I. 1. b) aa) (3) (S. 133). 639 

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cc) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge §  156 Abs.  2 FamFG findet analoge Anwendung auf ein Einvernehmen zur Regelung des Kindesaufenthalts in Ausübung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts. Daneben ist eine gerichtliche „Billigung“ und damit Stabilisierung einer entsprechenden Elternvereinbarung mittels Feststellung derselben nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog möglich. Neben der Berücksichtigung des Widerspruchsrechts des Kindes aus §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB hat das Gericht dabei in gleicher Weise wie im Rahmen der analogen Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG auszuschließen, dass die Regelung dem Kindeswohl widerspricht; ein Widerspruch ist nur im Falle triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Gründe zu bejahen. Diese Mittel zur Verfestigung einer elterlichen Wechselmodellabrede gestalten ebenso wie die Abrede selbst die tatsächliche Ebene der Sorge. Die Rechtspositionen beider Elternteile bleiben mithin der Substanz nach unberührt. Der Billigungs- bzw. Feststellungsakt bewirkt aber durch die Herbeiführung erhöhter Beständigkeit i. S. von §  166 Abs.  1 FamFG i. V. mit §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB und (unmittelbarer) Vollstreckbarkeit eine (gesteigerte) Verrechtlichung des Vereinbarten, die den elterlichen Konsens ungleich stärker, als es eine eltern­ autonome Vereinbarung oder eine zeitliche Aufspaltung des Aufenthaltsbe­ stimmungsrechts vermögen, gegen eine spätere Loslösung eines Elternteils absichert. 2. Umgangsrecht a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) Wird ein Wechselmodell von den Eltern nicht in Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern mittels Umgangsregelung begründet, so kommt zur Absicherung dieses Arrangements eine direkte Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG in Betracht. aa) Das Wechselmodell als (gerichtlich gebilligte) Umgangsregelung Dieser Weg wird jedoch vielfach für nicht gangbar gehalten: Die Festlegung eines Wechselmodells sei vielmehr stets eine Frage der Sorge und setze damit zwingend eine Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts voraus644. Dem 644  Jokisch FuR 2013, 679, 683, die in einer Wechselmodellabrede stets eine „Regelung gleichberechtigter Elternverantwortung“ erkennt, für die nicht „die einer Umgangsvereinbarung entsprechende Formulierung ‚als Tarnung‘ gewählt“ werden könne; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  28, 26, §  1684 Rn.  24; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 86; s. auch unter

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kann in dieser Pauschalität nicht gefolgt werden. Denn die Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG garantiert den Eltern645 die freie Ausübungsmöglichkeit nicht nur ihrer Sorge-, sondern auch ihrer Umgangsrechtspositionen646. Eine Vereinbarung wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts kann von den Eltern daher sowohl in Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts als auch ihres Umgangsrechts getroffen werden. Begehren die Eltern eine Verfestigung dieser Regelung, so kann es für sie also von Vorteil sein, diese als Ausübung des Umgangs-, nicht des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu qualifizieren647, da so der Weg für eine direkte Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG eröffnet ist648. bb) Durchsetzung und Bindungswirkung Der gerichtlich gebilligte Vergleich über den Umgang mit dem Kind ist, sofern er eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs enthält649, als Titel (§  86 Abs.  1 Nr.  2 FamFG) der Vollstreckung nach §§  89, 90 FamFG zugänglich. Damit bedarf es zum einen im Falle eines Herausgabeverlangens nicht des „Umwegs“ über eine Entscheidung nach §  1632 Abs.  3, 1 BGB. Zum anderen kann die Verpflichtung jedes Elternteils zur Wahrnehmung des Umgangs mit dem Kind zwangsweise durchgesetzt, mithin jeder Elternteil durch Ordnungsmittel zur Aufnahme des Kindes bei sich und damit zur Praktizierung des Wechselmodells angehalten werden. Zwar gilt es zu beachten, dass die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines Elternteils gegen dessen erklärten Willen in der Regel nicht geeig§  4 A. II. 2. b) aa) (S. 77) m. Fn.  332; wie hier BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  23; Kinder­ rechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161 f.; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  28a. 645  Dass für den Staat etwas grundlegend anderes gilt (s. unter §  5 A. II. 2. b) [ab S. 246]), ist keinesfalls ein Widerspruch, sondern Ausdruck der von Art.  6 Abs.  2 GG vorgenommenen Kompetenzverteilung; insow. a. A. BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  23. 646  Dazu bereits näher unter §  4 A. II. 2. b) aa) (ab S. 76). 647  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  12; s. auch Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  19 a. E.; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  538. 648  Wird dieser Weg für gangbar gehalten, scheiden eine analoge Anwendung von §  156 Abs.  2 FamFG sowie §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO auf eine Vereinbarung der Eltern über die Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts aus (zu diesen alternativen Lösungswegen unter §  4 B. I. 1. b) aa) [ab S. 121]; zur Absicherung sonstiger Ausübungsvereinbarungen auf diesen Wegen unter §  4 B. II. 2. a) [ab S. 179]); andernfalls sei darauf verwiesen. 649  BGH FamRZ 2016, 1763, 1764 Rn.  12; FamRZ 2012, 533, 534 Rn.  18; Keidel/Engelhardt §  156 FamFG Rn.  13; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; Gutjahr FPR 2006, 301, 303, weist u. a. auf das Erfordernis einer genauen Benennung der Tageszeit, zu welcher der Wechsel jeweils erfolgen soll, hin.

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net ist, den damit verfolgten Zweck zu erreichen, „nämlich dem Kind einen Umgang mit seinem Elternteil zu ermöglichen, der zu einer gedeihlichen Persönlichkeitsentwicklung des Kindes beiträgt und dem Recht des Kindes zur Durchsetzung verhilft, dass seine Eltern ihre Verantwortung ihm gegenüber zu seinem Wohle ausüben“650. Zwang hat in diesem Falle, so das Bundesverfassungsgericht651, zu unterbleiben, es sei denn, es gibt im konkreten Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass dies dem Kindeswohl dienen wird. Eine spätere Verweigerungshaltung gegenüber dem zuvor praktizierten Wechselmodell wird ihren Grund allerdings regelmäßig in der Ablehnung des für diesen Elternteil nicht funktionierenden Betreuungsmodells oder einer Kooperation mit dem anderen Elternteil haben, nicht dagegen – so die Fallgestaltung der angeführten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – in einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Kind. Vollstreckungsmaßnahmen gegen den das Wechselmodell später ablehnenden Elternteil sind damit nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine Abänderung der gerichtlich gebilligten Umgangsregelung ist nur bei Vorliegen triftiger, das Wohl des Kindes nachhaltig berührender Gründe (§  166 Abs.  1 FamFG i. V. mit §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB) möglich. cc) Zustimmung des Kindes Das Kind muss als Beteiligter des Umgangsverfahrens (§  7 Abs.  2 Nr.  1 FamFG) dem Vergleich ebenfalls zustimmen. Selbst kann es dies jedoch nur, wenn es nach §  9 FamFG verfahrensfähig ist. Die Verfahrensfähigkeit resultiert für das mindestens 14-jährige Kind aus §  9 Abs.  1 Nr.  3 FamFG, wenn dieses ein ihm nach bürgerlichem Recht zustehendes Recht geltend macht. Dies wird im Rahmen eines Umgangsverfahrens sowohl für den Fall bejaht, dass das Kind sein eigenes Umgangsrecht aus §  1684 Abs.  1 HS 1 BGB geltend macht652 , als auch im Falle der Übereinstimmung mit dem Antrag eines Elternteils653. Ist das Kind hiernach nicht verfahrensfähig, so ist wegen des gesetzlichen Ausschlusses der elterlichen Vertretungsmacht (§§  1629 Abs.  2 S.  1, 1795 Abs.  1 Nr.  1, Abs.  2 i. V. mit 181 BGB) ein Ergänzungspfleger zu bestellen654.

650 

BVerfG FamRZ 2008, 845, 850. FamRZ 2008, 845, 847, 852 Rn.  62, 92 f. 652  Coester, in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, 2009, 39, 55 = FF 2009, 269, 277. 653  Rauscher FamFR 2010, 28, 29 f.; MüKoFamFG/Schumann §  156 Rn.  22. 654  Näher dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (3) (S. 133 f.). 651 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

dd) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab Die das Umgangsrecht konkretisierende konstitutive Bedeutung, mithin die bezweckte (gesteigerte) Rechtsverbindlichkeit und Vollstreckbarkeit, erfährt die Einigung der Eltern mit der Billigung durch das Gericht655. Diese erfolgt gemäß §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG nur dann, wenn die Umgangsregelung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Fraglich ist, ob diese Eingriffsschwelle mit Blick auf die Elternautonomie ausreichend hoch ist, erhält das Gericht doch Einfluss auf die Vereinbarung der Eltern über die Ausübung ihres Umgangsrechts656. Zur Beurteilung dieser Frage ist zunächst danach zu unterscheiden, wie das elterliche Einvernehmen zustande gekommen ist. Denn §  156 Abs.  2 FamFG steht an der Schnittstelle zwischen Elternkonflikt und Elternkonsens: Die elterliche Einigung kann einerseits Resultat einer gerichtlichen Vermittlung innerhalb eines Umgangsverfahrens zur Beilegung eines Elternkonflikts sein; andererseits können sich die Eltern aber auch bloß deshalb mit einer außergerichtlich im Konsens getroffenen Umgangsregelung ans Gericht wenden, um eine spätere Erzwingbarkeit zu erreichen657. Im erstgenannten Fall – das elterliche Einvernehmen ist als gerichtlich vermittelter Kompromiss aus einem Elternkonflikt hervorgegangen – ist die Überprüfung dieses Einvernehmens an einem Maßstab unterhalb desjenigen in §  1666 BGB gerechtfertigt, denn der Staat ist aufgrund des Elternkonflikts zur Vermittlung zwischen den elterlichen Positionen und damit zum Wohle des Kindes auch dann zu einem Eingriff ins Elternrecht berufen, wenn das Kindeswohl (noch) nicht gefährdet ist. Der Beschränkung des ihm in diesem Falle eröffneten Handlungsspielraums – Vermittlung zwischen den eigenständigen Rechtspositionen der Eltern, ohne selbst die Pflege und Erziehung wahrzunehmen – trägt das Gericht dadurch Rechnung, dass es nicht seine eigene Regelung an die Stelle der elterlichen setzt, sondern lediglich die von den Eltern gefun­ dene Lösung als schlichtenden Akt in eine gerichtliche Entscheidung überführt658.

655  Keidel/Engelhardt §  156 FamFG Rn.  11, 13; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  11; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106. 656  Krit. Rauscher FamFR 2010, 28, 29; Prütting/Helms/Hammer, 3.  Aufl. 2014, §  156 FamFG Rn.  58; MüKoFamFG/Schumann §  165 Rn.  16; Coester, in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, 2009, 39, 53 = FF 2009, 269, 275 f. 657  Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  21; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  122a. 658  Aus diesem Grunde steht einer gerichtlichen Billigung einer elterlichen Regelung des Umgangs in Form eines Wechselmodells auch nicht entgegen, dass nach hier vertretener Ansicht das Gericht selbst – also ohne dahingehenden elterlichen Konsens – zu einer entsprechenden Umgangsentscheidung nicht befugt ist, dazu unter §  5 A. II. 2. b) (ab S. 246).

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Im Falle des Vorhandenseins einer elternautonom getroffenen Umgangsregelung ist das Gericht mangels Elternkonflikts, den es zu bereinigen gilt659, prima facie weder aufgrund seines Wächter- noch seines Schlichteramts660 aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG zu einem Eingriff in die Elternautonomie berechtigt. Folglich wird an ein amtswegiges gerichtliches Tätigwerden nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB zur Korrektur einer elterlichen Umgangsregelung teilweise die Eingriffsschwelle der Kindeswohlgefährdung geknüpft661: Eine gerichtliche Kontrolle gegen eine elterliche Regelung setze erst an der Schwelle des §  1666 BGB an662 , darunter erlaube Art.  6 Abs.  2 GG keinen Eingriff gegen die einverständliche Entscheidung der Eltern663. Der Gegenansicht664, die teils unter Verweis auf §  1684 Abs.  4 S.  1 BGB, der für kurzfristige Beschränkungen die Kindeswohlerforderlichkeit genügen lässt, diese Eingriffsschwelle auch für ein gerichtliches Tätigwerden nach Abs.  3 S.  1 zur Anwendung bringen will, wird entgegengehalten, dass diese ihre Rechtfertigung nur im Elternkonflikt finde665. Der erstgenannten Ansicht ist der Vorzug einzuräumen, allerdings nur für die Fallgestaltung, dass das Gericht von Amts wegen – ohne elterliches Zutun, etwa aufgrund einer Anregung Dritter – in eine bestehende Umgangspraxis einzugreifen und diese durch eine eigene Umgangsregelung zu ersetzen gedenkt, weil es diese für dem Kindeswohl dienlicher erachtet; hier muss die Schwelle des §  1666 BGB gelten, der elterliche Konsens hält den Staat bis zur Grenze der Kindeswohlgefährdung auf Abstand. Dies hat der Gesetzgeber für den Eingriff in eine bestehende gerichtlich gebilligte Regelung nach §  156 Abs.  2 FamFG klargestellt: Da diese auf einer einvernehmlichen Entscheidung der Eltern beruhe, könne das Familiengericht sie von Amts wegen nur unter den Voraussetzungen des §  1666 BGB, nicht des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abändern666. Für die Aufnahme einer Umgangsregelung in einen gerichtlich zu billigenden Vergleich muss – wie bereits für ein Einvernehmen über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts aufgezeigt667 – hingegen Folgendes gelten: Da es den Eltern, die sich zwecks erhöhter Verbindlichkeit, insbesondere aber späterer Erzwingung ihrer Regelung ans Gericht wenden, nicht um die Abwehr eines 659 

Vgl. Keidel/Engelhardt §  156 FamFG Rn.  14. Dazu ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (bbb) und (ccc) (ab S. 198). 661  Obermann FamRZ 2016, 1031, 1032, 1034 f.; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106; ders., in: Staudinger §  1684 Rn.  118, 158; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 241 f. 662  Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  118. 663  Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106. 664  Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  8; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  10, 21; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  215. 665  Obermann FamRZ 2016, 1031, 1032 a. E.; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1106. 666  BT-Drucks. 13/4899, 346. 667  Unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (b) (ab S. 136). 660 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

staatlichen Eingriffs und damit das durch Art.  6 Abs.  2 GG definierte Verhältnis zwischen Eltern und Staat, sondern um die Inanspruchnahme staatlicher Gewalt geht, ist der Staat nicht auf die Schwelle der Kindeswohlgefährdung verwiesen. Erkennt das Gericht in der einvernehmlichen Umgangsregelung der Eltern einen Widerspruch zum Kindeswohl, so ist seine Handlung im Rahmen des §  156 Abs.  2 FamFG – anders als bei einem amtswegigen Einschreiten nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB – eben nicht darauf gerichtet, eine eigene Regelung an die Stelle der elterlichen zu setzen. Sie beschränkt sich vielmehr auf ein schlichtes Unterlassen der Billigung mit dem Ergebnis, dass die Eltern nicht schlechter stehen als vor der Geltendmachung ihres Absicherungsbegehrens: Ihre – kindeswohlwidrige, nicht aber kindeswohlgefährdende – Umgangsregelung bleibt unberührt, sie ist nur weiterhin nicht vollstreckbar und im Falle der einseitigen Aufkündigung unterhalb der Schwelle des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB668 abänderbar. Von einem (nicht zu rechtfertigenden) Eingriff669 in die Elternautonomie kann jedenfalls kaum die Rede sein, wenn das Gericht einer dem Kindeswohl widersprechenden Elternvereinbarung die Billigung versagt. Ihm kann nicht die Pflicht auferlegt werden, eine Regelung – und hier liegt der Unterschied zu einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB: als Vollstreckungstitel – zu erlassen, in der es einen Kindeswohlwiderspruch erblickt, mag dieser auch (noch) nicht die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung überschritten haben670. Es muss daher auch hier der negative Prüfungsmaßstab des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG mit der Maßgabe Anwendung finden, dass ein Kindeswohlwiderspruch das Ausmaß triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Gründe erreichen muss671. 668  S. aber zur Indizwirkung einer Elternvereinbarung unter §  4 A. II. 1. b) cc) (2) (b) (bb) (ab S. 72). 669  Im Grunde ist überhaupt ein Eingriff in die Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zu verneinen. Zwar schützt diese die Eltern auch vor einem Eingriff des Staates in eine Regelung, die dieser für kindeswohlwidrig hält, solange die Schwelle des §  1666 BGB nicht überschritten ist; sie verleiht den Eltern aber keinen Anspruch gegen den Staat, sich diese aus seiner Sicht kindeswohlwidrige Regelung zu Eigen machen und – unter Einsatz des eigenen Gewaltmonopols – durchsetzen zu müssen. 670  Darauf wies zur Rechtslage vor Schaffung des §  156 Abs.  2 FamFG bereits Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 53 f., hin: „Dass das Gericht unbesehen jede Vereinbarung [zum Umgang] bestätigen müsste, erscheint mir nicht vertretbar. […] Auch wenn die Elterneinigung die sachliche Basis des Gerichtsbeschlusses ist, so fungiert der Richter nicht nur als Protokollant, sondern trifft selbst eine Entscheidung, die er auch selbst muss verantworten können. Er wird also keine Entscheidung treffen, gegen die gewichtige Gründe des Kindeswohls sprechen.“. 671  So i.Erg. auch Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  8 m. Fn.  60, die in dem zur Ablehnung des Vergleichs berechtigenden Kindeswohlwiderspruch umgekehrt die Erforderlichkeit einer Abweichung zum Wohl des Kindes erkennt, und diese Kindeswohl­

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Wenden sich die Eltern also mit ihrer außergerichtlich vereinbarten Umgangsregelung ans Gericht und erkennt dieses darin keinen Widerspruch zum Kindeswohl, so muss es die Vereinbarung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich aufnehmen und kann diese nicht einfach durch eine aus seiner Sicht kindeswohldienlichere Regelung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB ersetzen672. b) Gerichtliche Umgangsregelung (§  1684 Abs.  3 BGB) Denkbar ist auch, dass das Gericht eine außergerichtlich vereinbarte Umgangsregelung der Eltern, an der diese trotz Konflikten festhalten, übernimmt und als familiengerichtliche Umgangsregelung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB verfügt673. Eine amtswegige Abweichung vom Vereinbarten ist nur zulässig, wenn durch die Umsetzung der elterlichen Umgangsregelung das Kindeswohl gefährdet würde674. Für die von den Eltern übereinstimmend gewollte Umgangspraxis streitet nämlich die Vermutung der Kindeswohldienlichkeit einer im elterlichen Konsens gefundenen Regelung. Das Gericht ist allerdings nicht entsprechend §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB dergestalt an die elterliche Vereinbarung gebunden, dass es diese ohne sachliche Kontrolle am Maßstab des Kindeswohls in eine Entscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB überführen müsste. Es kann nicht dazu verpflichtet werden, sehenden Auges eine aus seiner Sicht kindeswohlwidrige, wenn auch noch nicht kindeswohlgefährdende Regelung zu verfügen und der Vollstreckung preiszugeben. Konsequenz wäre das Unterlassen einer gerichtlichen Umgangsregelung.

erforderlichkeit wird im Rahmen des §  1684 Abs.  4 S.  1 BGB wie auch des §  1687 Abs.  2 BGB bejaht, wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen (BeckOK BGB/Veit [11.2017] §  1684 Rn.  50, §  1687 Rn.  26), was wiederum dem Maßstab des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB entspricht; für eine analoge Anwendung letztgenannter Norm auf die gerichtliche Bestätigung einer Umgangsvereinbarung sprach sich zur alten Rechtslage auch Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 54, aus; a. A. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 241 f.; ders. FamRZ 2005, 1209, 1213: Maßstab des §  1666 BGB. 672  Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  122 a. E. 673  So OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639, 641, „um die Konfliktträchtigkeit bei der Umsetzung [des vereinbarten Wechselmodells] zu verringern“; s. auch Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  213, 215. 674  S. vorstehend unter §  4 B. I. 2. a) dd) (S.  151).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elternkonsenses Begehren die Eltern – im Konflikt oder unabhängig von einem solchen – die Verfestigung ihrer außergerichtlich oder im Anschluss an eine gerichtliche Vermittlung getroffenen Vereinbarung über die in einem Wechselmodell resultierende Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts, so können sie dies durch die Herbeiführung einer gerichtlichen Billigung analog §  156 Abs.  2 FamFG oder einer gerichtlichen Feststellung der Sorgerechtsausübung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog erreichen. Die elterliche Vereinbarung lässt sich nach hier vertretener Ansicht außerdem als solche zum Umgang einordnen mit der Folge, dass §  156 Abs.  2 FamFG in der Aufenthaltsfrage direkte und nicht bloß analoge Anwendung finden kann. Die gerichtliche Billigung erfolgt jeweils, sofern der Regelung nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. Gleiches gilt für eine gerichtliche Übernahme der Elternvereinbarung in eine Entscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB. Eine Abänderung sowohl des gerichtlich gebilligten Vergleichs (s. §  166 Abs.  1 FamFG) als auch des Feststellungsbeschlusses ist nur bei Überschreiten der Schwelle des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB möglich. Ein amtswegiges Abweichen vom elterlichen Konsens setzt eine Kindeswohlgefährdung voraus. Die derart verfestigte Aufenthaltsregelung lässt sich nach §§  86 Abs.  1 Nr.  2, 89 f. FamFG (analog) durch die Anordnung von Ordnungsmitteln vollstrecken, wobei aufgrund entsprechender Verpflichtungen der Eltern sowohl die Herausgabe an sich als auch die Aufnahme des Kindes durch den anderen Elternteil erzwungen werden kann. Dadurch ist eine Durchsetzung des Wechselmodells auch für den Fall einer späteren Abkehr eines Elternteils vom Vereinbarten möglich – stets unter der Prämisse, dass hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auch ein erzwungener Aufenthalt dem Kindeswohl dient675.

II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Ist es den Eltern somit möglich, ihre Vereinbarung zum wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes einer Absicherung zuzuführen, so ist noch offen, ob und wie sie mithilfe des Gerichts auf die übrigen Entscheidungskompetenzen einwirken können. Autonom, so wurde bereits festgestellt676, ist es den Eltern nicht möglich, die in §  1687 Abs.  1 BGB angeordnete Kompetenzverteilung abzuändern, da diese 675 

676 

So zum Umgang BVerfG FamRZ 2008, 845, 847, 852 Rn.  62, 92 f. Unter §  4 A. III. 1. b) (ab S. 82).

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als Ausgestaltung der elterlichen Rechtspositionen nach der Trennung nicht zur Disposition der Eltern steht. Gänzlich ausgeschlossen ist mit Blick auf den Zweck der Konfliktvermeidung gar jede – verbindliche677 – elternautonome Ausweitung des Bereichs gemeinsam zu entscheidender Angelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB zulasten der gesetzlich vorgesehenen Alleinentscheidungsbefugnisse i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB. Möglich ist nur die einseitige, jederzeit widerrufliche Ermächtigung des ebenfalls entscheidungsberechtigten Elternteils zur Alleinentscheidung in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (§  1687 Abs.  1 S.  1 BGB), bzw. die Bevollmächtigung des (gerade) nicht betreuenden Elternteils in Angelegenheiten des täglichen Lebens (Abs.  1 S.  2) bzw. der tatsächlichen Betreuung (Abs.  1 S.  4)678, mithin die Ausweitung oder Übertragung von Alleinentscheidungsbefugnissen. Welche gerichtlichen Entscheidungsmöglichkeiten zur Abweichung vom Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB bestehen, ob insbesondere zumindest auf diesem Wege eine rechtsverbindliche Ausweitung gemeinsamer Entscheidungszuständigkeit herbeizuführen ist, und wie sich ein übereinstimmender Elternwille auswirkt, wird nachstehend untersucht. Dabei ist wieder zwischen der rechtlichen Ebene der Sorge, also dem Sorgestatus (dazu unter 1.), und der tatsächlichen Ebene, der Sorgeausübung (dazu unter 2.), zu differenzieren. 1. Rechtliche Ebene der Sorge Auf der rechtlichen Ebene der Sorge drängt sich zunächst die Frage auf, ob die Eltern – wenn schon nicht autonom, so doch zumindest durch Veranlassung einer gerichtlichen Gestaltung ihrer Rechtspositionen – eine Ausweitung des Bereichs gemeinsam zu entscheidender Kindesangelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB bis hin zur Begründung einer vollen gemeinsamen rechtlichen Sorge erreichen können (dazu unter a)). Auch an eine – verbindliche – von §  1687 Abs.  1 BGB abweichende Verteilung der Alleinentscheidungsbefugnisse ist zu denken (dazu unter b)).

677  Außer Frage steht eine tatsächlich gelebte Erweiterung des Bereichs gemeinsam zu entscheidender Angelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB bis hin zu einer vollen gemeinsamen Sorge, denn auch diese Form der Sorgeausübung unterfällt – bis zur Grenze einer Kindeswohlgefährdung – dem Schutzbereich des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG. Sagt sich später aber ein Elternteil von dieser Praxis los, so kann sich der andere nicht auf eine bindende Vereinbarung stützen; es gilt vielmehr das gesetzliche Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB mit seinen Kompetenzzuweisungen. 678  Zur Anwendbarkeit von §  1687 Abs.  1 S.  2 und S.  4 BGB auf ein Wechselmodell unter §  4 A. III. 2. a) bb) (ab S. 93).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

a) Ausweitung der gemeinsamen rechtlichen Sorge Eine Möglichkeit zur gerichtlichen Ausweitung der gemeinsamen rechtlichen Sorge für den Fall, dass die Eltern dies übereinstimmend begehren, sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Eine Entsprechung zu §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, der eine Bindung des Gerichts an den übereinstimmenden Elternwillen für den Fall der Verkürzung der Sorgegemeinsamkeit vorsieht, sucht man für die umgekehrte Fallgestaltung vergebens. Eine solch geringe Einflussnahmemöglichkeit der Eltern auf rechtlicher wie tatsächlicher Sorgeebene könnte einen Eingriff in ihre Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG darstellen (dazu unter aa)). Bejahendenfalls wäre dessen Rechtfertigung in der Fallgestaltung, dass die Eltern zusätzlich zur Vereinbarung eines wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts übereinstimmend eine Erweiterung ihrer gemeinsamen rechtlichen Entscheidungszuständigkeit in Kindesangelegenheiten wollen, äußerst fraglich (dazu unter bb)). aa) Eingriff in die Elternautonomie durch §  1687 Abs.  1 BGB (1) Aufspaltung der Nachtrennungssorge aufgrund von §  1687 Abs.  1 BGB §  1687 Abs.  1 BGB führt, wie bereits dargestellt679, zu einer Verteilung der elterlichen Entscheidungskompetenzen in Angelegenheiten des Kindes, die sich rechtstechnisch entweder als substanzielle Entziehung gewisser Mitentscheidungsrechte jeweils bei einem Elternteil bzw. als Hindernis zur Ausübung derselben durch diesen kraft Gesetzes darstellt. Dies hat zur Folge, dass ein umfassendes gemeinsames Sorgerecht, wie es noch vor der Trennung unter Geltung (lediglich) der §§  1626, 1627, 1629 Abs.  1 S.  2 BGB bestanden hatte, nicht mehr besteht, sich die Gemeinsamkeit vielmehr kraft Gesetzes auf wichtige Angelegenheiten bei im Übrigen bestehender Alleinsorge des Betreuungselternteils reduziert680. „Eine wirklich gemeinsame 679 

Unter §  4 A. III. 1. b) bb) (ab S. 84). Staudinger/Coester §  1671 Rn.  12, 1; ders. DEuFamR 1999, 3, 9; ebenso Stellungnahme des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum KindRG FamRZ 1996, 1401; Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 726 und 727; ders. FamRZ 1998, 457, 458; ders. DNotZ 1998, 437, 441 a. E.; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 623 f.; Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 951; dies., in: BeckOK BGB (11.2017) §  1687 Rn.  3; Finke NZFam 2014, 865; Marchlewski FF 2015, 98, 101; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  2; NKBGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  5; Scholz/Kleffmann/Doering-Striening/Horndasch, Praxishandbuch Familienrecht, 25. EL Aug. 2013, E Rn.  94 Fn.  274; daran vermag auch die Betonung des Rechtsausschusses, die „konfliktvermeidende Alleinentscheidungsbefugnis [dürfe] nicht so weit gehen, daß die gemeinsame elterliche Sorge zu einer leeren Hülse wird“ (BT-Drucks. 13/8511, 67 l. Sp.  2. Spiegelstrich), sowie der Bundesregierung, es solle deutlich werden, „daß es sich um eine gemeinsame Sorge der Eltern handelt“ (Gegenäußerung zu ei680 

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Zuständigkeit der getrennt lebenden Eltern soll es demnach nur bei Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung geben“681. Das gemeinsame Sorgerecht ist damit kraft Gesetzes aufgespalten682; insofern wird auch von einer „Mischung aus Alleinsorge eines Elternteils und der gemeinsamen Sorge in vollem Sinne“683, einer „gemeinsame[n] Sorge nur partiell“684 oder einem „Minus gegenüber der bisherigen gemeinsamen elterlichen Sorge“685 gesprochen. Unter Zugrundelegung einer Entziehung von Entscheidungsrechten als solchen unter Übertragung derselben auf den betreuenden Elternteil allein würde es sich um eine substanzielle Alleinsorge im übertragenen Umfang handeln; obliegt nur die Befugnis zur Ausübung der Entscheidungsrechte in Alltagsangelegenheiten dem betreuenden Elternteil allein, würde diesem aufgrund der Hinderung an der Ausübung durch den anderen insoweit ebenfalls eine rechtliche, jedenfalls aber eine faktische Alleinsorge zuteil686. (2) Ausgestaltung der Nachtrennungssorge vor der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98 Diese Form der Nachtrennungssorge unterscheidet sich grundlegend von der­ jenigen vor der Kindschaftsrechtsreform. Bis 1998 existierte eine dem heutigen §  1687 BGB entsprechende Vorschrift nicht. Folglich hatten Eltern, die getrennt lebten, aber beide personensorgeberechtigt waren, sowie diejenigen, denen nach der Scheidung weiterhin das gemeinsame Sorgerecht zustand, gegenüber dem Rechtszustand vor der Trennung unverändert übereinstimmende Entscheidungsbefugnisse687. nem die Alleinentscheidungsbefugnis in den Vordergrund stellenden Änderungsbegehren des Bundesrates, BT-Drucks. 13/4899, Anl. 3, S.  169), nichts zu ändern. 681  So deutlich der Gesetzgeber selbst, BT-Drucks. 13/4899, 61. 682  Schwab FamRZ 1998, 457, 468: „Das gespaltene gemeinsame Sorgerecht“; ders. DNotZ 1998, 437, 441: „gespaltene Rechtslage“; dem schließen sich Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  2 a. E., 27 („Ganzheit elterlicher Sorge wird künstlich aufgespalten“) und BeckOK BGB/ Veit (11.2017) §  1687 Rn.  3 („Aufspaltung des gemeinsamen Sorgerechts“) an; ebenso Wend FPR 1999, 137, 139, 140, der zudem von einem „Alleinsorgemodell“ (S.  139) sowie „faktische[r] Alleinsorge des §  1687 BGB“ (S.  141) spricht; Kaiser FPR 2008, 143: „partielle Alleinsorge“; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  4. 683  Schwab FamRZ 1998, 457, 458; die BRAK ZfJ 1998, 64, 65, spricht von einer „Mischform“, wobei im Mittelpunkt „die Verantwortungszuweisung an einen Elternteil, nicht eine auf Kooperation aufbauende gemeinsame Verantwortung“ (Hervorh. bereits im Orig.) stehe. 684  Schwab DNotZ 1998, 437, 441. 685  Runge FPR 1999, 142, 143. 686  Von einer faktischen Alleinsorge spricht etwa Wend FPR 1999, 137, 141. 687  Auf die „nach Altrecht“ noch „volle, nicht durch §  1687 Abs 1 reduzierte Sorgegemeinsamkeit“ weist etwa Staudinger/Coester §  1671 Rn.  12 hin; Schwab DNotZ 1998, 437, 441, spricht in Bezug auf die Nachtrennungssorge unter Geltung von §  1687 BGB von einer

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(a) Gemeinsame Sorge bei Getrenntleben der Eltern Zu diesen Eltern zählten also zum einen diejenigen, die nicht nur vorübergehend getrennt lebten, ohne sich scheiden zu lassen. Denn mit der Scheidung war ursprünglich gem. §  623 Abs.  3 S.  1 ZPO a. F. von Amts wegen eine Regelung der elterlichen Sorge für ein gemeinschaftliches Kind zu treffen, wobei dies gemäß §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB i. d. F. des SorgeRG die zwingende Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil bedeutete. Dass es diese Fälle gab und dass sie zahlenmäßig eine gewisse Bedeutung gehabt haben müssen, konnte man dem Gesetz, das Spezialvorschriften für diese Fallgestaltung bereithielt, selbst entnehmen: So sah §  1672 BGB a. F. für eine familiengerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge die entsprechende Anwendung von §  1671 Abs.  1–5 BGB a. F. vor; §  1634 Abs.  4 BGB a. F. gab den getrenntlebenden, personen­ sorgeberechtigten Eltern zudem ein Umgangsrecht, indem er die Abs.  1–3 für entsprechend anwendbar erklärte. (b) Gemeinsame Sorge nach Scheidung der Eltern Zu den Eltern, die vor Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes nach der Trennung Inhaber einer – umfassenden – gemeinsamen Sorge waren, gehörten zum anderen diejenigen, denen diese gemeinsame Sorge im Verbund mit der Scheidungssache gerichtlich übertragen bzw. belassen wurde. Diese Entscheidungsmöglichkeit688 war dem Familiengericht seit der bundesverfassungsgerichtlichen Grundsatzentscheidung zur gemeinsamen Sorge vom 3. November 1982689 eröffnet. Dieser lagen vier Vorlagebeschlüsse690 zugrunde; die vorlegenden Gerichte hielten allesamt das Fortbestehen der gemeinsamen Sorge auch nach der Trennung und Scheidung der Eltern für die dem Kindeswohl am besten entsprechende Form der Sorge, sahen sich aber aufgrund der Vorschrift des §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. an einer entsprechenden Entscheidung gehindert. In zwei der vier Fallgestaltungen praktizierten die Eltern seit „neue[n], für das Rechtsleben höchst bedeutsame[n] Struktur“; Knöpfel NJW 1983, 905, 908, hätte die heutige Nachtrennungssorge wohl nicht als eine Form gemeinsamer Sorge verstanden, denn von einer solchen sei nicht auszugehen, wenn sich die Mitwirkung eines Elternteils „im wesentlichen auf großzügigen Umgang beschränken, eine gemeinsame Entscheidung nur in wenigen wichtigen Angelegenheiten getroffen werden soll“. 688  Gebrauch gemacht wurde davon nach verschiedenen vom Gesetzgeber in Bezug genommenen rechtstatsächlichen Untersuchungen in den Jahren 1983–1985 in 1–2 %, 1992 schon in 9 % und 1994–1995 sogar in 17,07 % der Entscheidungen: BT-Drucks. 13/4899, 36 f. 689  BVerfGE 61, 358 = FamRZ 1982, 1179 = NJW 1983, 101 = BGBl. 1982 I, 1596. 690  AG Königstein FamRZ 1980, 483; AG Bielefeld NJW 1980, 2728 (LS); AG Bergisch Gladbach FamRZ 1980, 1156 (LS); AG Waiblingen, Vorlagebeschluss v. 7. Mai 1981 – 11 F 129/81, unveröffentlicht.

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der Trennung eine gemeinsame Sorge, die einem Nestmodell691 entsprach: In der einen lebte das Kind weiterhin mit beiden Elternteilen in demselben Ein­ familienhaus, wobei der eine Elternteil das Erd-, der andere das Obergeschoss bewohnte692; in der anderen Fallgestaltung kam der Vater regelmäßig mehrmals wöchentlich in die Wohnung der Mutter, um Kontakt mit den Kindern zu haben und mit ihnen etwas zu unternehmen693. In den anderen beiden Fällen beabsichtigten die Eltern eine Aufteilung der Sorgeausübung in persönliche Betreuung durch die Mutter und Fürsorge für schulische Belange durch den Vater694 bzw. die gemeinsame Entscheidung in allen Kindesbelangen und ein flexibles Umgangsrecht des Vaters695. Ausschlaggebend für die Vorlage ans Bundesverfassungsgericht war der eindeutige Wortlaut von §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. Diesen hatte der Gesetzgeber kurz zuvor mit Art.  1 Nr.  20 des SorgeRG dahingehend abgeändert, dass die elterliche Gewalt nicht mehr in der Regel einem Elternteil allein übertragen werden sollte, sondern die elterliche Sorge (nunmehr zwingend) einem Elternteil allein zu übertragen sei. Diese Klarstellung wurde unter anderem aus dem Grund für erforderlich gehalten, dass durch das Belassen der Sorge zur gemeinsamen Ausübung letzten Endes eine notwendige Entscheidung nur hinausgeschoben werde; schließlich sei bei geschiedenen Eheleuten „der übereinstimmende Wille zur gemeinsamen Sorgerechtsausübung auf Dauer nicht trag­ fähig“696. Außerdem seien für die Fälle von Streit oder Wegzug eines Elternteils klare Verhältnisse erforderlich697. 691 

Dazu unter §  3 A. (S. 11 f.). AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484; s. auch BVerfGE 61, 358, 362 f. = FamRZ 1982, 1179, 1180. 693  Fallgestaltung des AG Bielefeld NJW 1980, 2728 (LS), zum Sachverhalt s. BVerfGE 61, 358, 363 f. = FamRZ 1982, 1179, 1180. 694  So die Fallgestaltung des AG Bergisch Gladbach FamRZ 1980, 1156 (LS), zum Sachverhalt s. BVerfGE 61, 358, 365 f. = FamRZ 1982, 1179, 1180 f. 695  Fallgestaltung des AG Waiblingen, s. BVerfGE 61, 358, 367 f. = FamRZ 1982, 1179, 1181. 696  Bundesminister der Justiz, in: BVerfGE 61, 358, 370 = FamRZ 1982, 1179, 1181; ähnlich bereits LG Köln FamRZ 1974, 99, 101, das auch in einer mehrjährigen gemeinsamen Erziehung nach Trennung keine Gewähr dafür erkannte, dass die Übereinstimmung fortbestehen werde, und hinsichtlich der Wiederheirat beider Elternteile davon ausging, dass „diese mehr oder minder selbstverständlich zu einer immer größeren Entfremdung zwischen ihnen führen muß“. 697  BT-Drucks. 8/2788, 63; so bereits die Rechtsprechung: OLG Hamburg FamRZ 1956, 241 m. krit. Anm. Schwoerer; BayObLG FamRZ 1964, 523; s. auch Salgo FamRZ 1996, 449, 451; Zenz, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Referat zum 59. DJT, 1992, M 9, 18 ff.; zu dem aus Sicht des Gesetzgebers entscheidenden Gesichtspunkt, der durch die Übertragung der elterlichen Sorge begünstigte Elternteil sei schließlich nicht gehindert, „den anderen El692 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Dass dies in der Praxis den Regelfall, die erfolgreiche Ausübung umfassender gemeinsamer Sorge hingegen die Ausnahme bilden dürfte, bezweifelten im Zuge der langwierigen Diskussion um ein etwaiges gemeinsames Sorgerecht nach Trennung und Scheidung wenige698. Für verfassungswidrig erklärt wurde §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. schließlich allein aufgrund der Ausnahmslosigkeit699, mit welcher der Gesetzgeber seiner These trotz Fehlens rechtfertigender Gründe Geltung verschafft hatte. Dabei maß auch das Bundesverfassungsgericht dem Gesichtspunkt der Stetigkeit in der Entwicklung und Erziehung des Kindes – wie schon der von vornherein klare Verhältnisse fordernde Gesetz­ geber – erhebliche Bedeutung bei700, hielt es aber im Anschluss an die Sachverständigenanhörung nicht für ausgeschlossen, dass es – wenn auch in begrenzter Zahl – geschiedene Eltern geben könne, die in der Lage seien, langfristig die ternteil so an der elterlichen Sorge teilnehmen zu lassen, als ob diese Entscheidung nicht ergangen wäre“ (ebd.), s. unten im Rahmen der Untersuchung einer etwaigen Disposivität von §  1687 Abs.  1 BGB unter §  4 B. II. 1. a) bb) (1) (b) (ab S. 168). 698  So erwartete etwa Fehmel FamRZ 1980, 758, 759, dass ein Teil der sich trennenden Eltern, „den man nicht gering schätzen sollte“, das gemeinsame Sorgerecht vorziehen würde; gegen eine Degradierung des gemeinsamen Sorgerechts zur absoluten Ausnahme durch eine zu enge Betrachtungsweise ders. FamRZ 1983, 971, 972 f.; KG FamRZ 1983, 1055, 1057; gar für die Belassung der gemeinsamen Sorge als Regelfall Dickmeis ZfJ 1989, 57, 59 f.: „Entrechtung eines Elternteils“ nur bei Verhaltensweisen i. S. des §  1666 BGB. Dagegen ging die Mehrheit in Rspr. und Lehre von (dem Bleiben) der Alleinsorge als faktischem Regelfall aus: Schwoerer FamRZ 1956, 242, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 1956, 241; ders. FamRZ 1958, 433, 435; ders. FamRZ 1960, 122, in Anm. zu LG Tübingen FamRZ 1960, 121; Lüderitz/Lenzen FamRZ 1971, 625, 627; Evans-von Krbek FamRZ 1975, 20 f.; Strätz FamRZ 1975, 541, 544, 545; LG Bremen FamRZ 1977, 402, 404, das jedoch vor einer Erhebung dieser etwaigen Regel in den „Rang einer naturgesetzlichen Notwendigkeit“ sowie einer „unzulässige[n] Verallgemeinerung“ warnte; Neuhaus FamRZ 1980, 1089, 1090; Coester EuGRZ 1982, 256, 261; in diese Richtung auch das BVerfG (BVerfGE 61, 358, 376, 380 f. = FamRZ 1982, 1179, 1183, 1184) und die Vorlagebeschlüsse des AG Königstein (FamRZ 1980, 483, 484) und AG Bielefeld (NJW 1980, 2728 [LS], s. Ausführungen in BVerfGE 61, 358, 364 f. = FamRZ 1982, 1179, 1180). Die Entscheidung des BVerfG änderte wenig an der Annahme eines solch faktischen Regel-Ausnahme-Verhältnisses: Giesen JZ 1983, 301, 302, in Anm. zum Urt. des BVerfG; Schmidt-Räntsch FamRZ 1983, 17, 19; Luthin in Anm. zu KG FamRZ 1983, 648; ders. in Anm. zu AG Berlin-Charlottenburg FamRZ 1983, 420, 421; ders. FamRZ 1984, 114, 116; ders., Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 56, 79 Nr.  5; Finger DRiZ 1985, 91, 96, und DRiZ 1988, 12, 14, 17 (Ergebnisse von Nachfragen bei hessischen Fami­ liengerichten); ders. ZfJ 1991, 171, 172; AG Arnsberg FamRZ 1986, 1145; Magnus/Dietrich FamRZ 1986, 416, 419; Ditzen FamRZ 1987, 239, 240; KG FamRZ 1989, 654; Michalski FamRZ 1992, 128, 130, 137; Oelkers/Kasten FamRZ 1993, 18, 19; Oelkers FPR 1999, 132, 135; ­Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 2.  Aufl. 1989, Rn.  893 a. E., s. auch 3.  Aufl. 1996, Rn.  327. 699  BVerfGE 61, 358, 375, 376, 378, 381 = FamRZ 1982, 1179, 1183, 1184. 700  BVerfGE 61, 358, 375 = FamRZ 1982, 1179, 1183.

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elterliche Sorge gemeinsam auszuüben701. Bezüglich einer später unter Umständen doch noch notwendig werdenden Sorgerechtsentscheidung führte es aus, dass sich gerade der Lebensabschnitt des Kindes, in dem die Eltern noch in der Lage waren, ihre Elternverantwortung weiterhin gemeinsam zu tragen, als entscheidend für dessen Entwicklung erweisen könne, und erkannte damit auch eine „elterliche Erziehungskontinuität auf Zeit“702 als unter Umständen im Interesse des Kindeswohls liegend an703. Dies erscheint mit Blick auf die dynamische Entwicklung der Eltern-Kind-Beziehung sowie die daraus resultierende Tatsache, dass sich die zukünftige Entwicklung einer gemeinsamen Ausübung von Sorge ebenso wenig prognostizieren lässt wie diejenige einer Alleinsorge, als zwingend geboten704. Das Bundesverfassungsgericht stellte zudem klar, dass dem Kontinuitätsprinzip nicht schon durch eine einheitliche und gleichmäßige Erziehung des Kindes nach der Trennung der Eltern abschließend Genüge getan werde, sondern dass auch die gefühlsmäßigen Bindungen des Kindes an seine Eltern in den Blick zu nehmen seien; und insoweit erlaube gerade die gemeinsame Sorge „Kontinuität in einem Höchstmaß“705. 701 

Unter Verweis auf die Anhörung von Pechstein BVerfGE 61, 358, 376 = FamRZ 1982, 1179, 1183; ebenso die Mehrzahl der im Gesetzgebungsverfahren angehörten Sachverständigen, s. Fehmel FamRZ 1979, 380, 381 m. Fn.  11, vgl. auch BT-Drucks. 8/2788, 63; so auch bereits LG Bremen FamRZ 1977, 402, 404, das in einem früheren Vorlagebeschluss ausführt, dass „problem- und verantwortungsbewußte Eltern in der Lage sein könn[t]en, der mit der weiteren gemeinsamen Ausübung der elterl. Gewalt nach Scheidung verbundenen Schwierigkeiten Herr zu werden.“; das AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484, hält die Trennung von Konflikten auf Paarebene von der gemeinsamen Aufgabe der Ausübung des Sorgerechts für möglich; KG NJW 1980, 2419, 2420: Es „gibt keinen Erfahrungssatz dahin, daß das Kindeswohl stets gefährdet ist, wenn beide Eltern nach der Scheidung die gemeinsame elterliche Sorge behalten; ebenso bereits Lüderitz/Lenzen FamRZ 1971, 625, 626: „Es gibt […] keinen apriorischen Satz, nur Verheiratete könnten gemeinsam elterliche Gewalt üben, so daß diese ‚begriffsnotwendig‘ bei Auflösung der Ehe einem Elternteil zufiele“; Diederichsen NJW 1980, 2420, 2421, in Anm. zu KG NJW 1980, 2419, verweist auf das der Scheidung in §  1565 Abs.  1 S.  2 BGB zugrunde gelegte Zerrüttungsprinzip und darauf, dass die rechtliche Trennung der Eltern nicht in jedem Fall auch auf die Beziehungen zu den Kindern durchgreifen müsse; Evans-von Krbek FamRZ 1975, 20, 21, plädiert dafür, das Bemühen solcher Eltern zu „honorieren“, die trotz Scheiterns ihrer Ehe so einsichtig und emotionsfrei sind, dass sie weiterhin gemeinsame Verantwortung für ihr Kind übernehmen wollen; Michalski FamRZ 1992, 128, 133. 702  BVerfGE 61, 358, 376 = FamRZ 1982, 1179, 1183. 703  Ebenso Fehmel FamRZ 1980, 758, 760 f.; vgl. auch LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405. 704  Michalski FamRZ 1992, 128, 129; so auch BVerfGE 61, 358, 376, 382 = FamRZ 1982, 1179, 1183, 1184 u.V. auf die jederzeitige Abänderbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1696 Abs.  1 BGB. 705  Fthenakis/Kunze/Niesel Psychologie Heute, Oktober 1982, 54, 58; auf die Anhörung

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(3) Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber einer Aufspaltung der Nachtrennungssorge Zwar erkannte der Gesetzgeber im Zuge der Kindschaftsrechtsreform ausdrücklich an, dass es durch die während der besonders konfliktträchtigen Trennungszeit bestehende gemeinsame Sorge „in den weitaus meisten Fällen“ ebenso wenig zu einer Kindeswohlgefährdung gekommen sei wie in den Fällen, in denen den Eltern nach Scheidung die gemeinsame Sorge durch das Familiengericht belassen worden war; auch lägen keine kinderpsychologischen oder familien­ soziologischen Erkenntnisse vor, die gegen eine grundsätzliche Beibehaltung der gemeinsamen Sorge sprächen, was wiederum durch umfangreiche ausländische Erfahrungen gestützt würde706. Und doch entschied sich der Gesetzgeber mit Blick auf die vermuteten Elternkonflikte nach der Trennung707 für die beschriebene Aufspaltung der Nachtrennungssorge und damit eine nicht unwesentliche Einschränkung der Sorge­ gemeinsamkeit nach der Elterntrennung, die sich schlicht als Resultat eines „gesetzgeberischen Dilemmas“708 darstellt: Einerseits tritt deutlich das gesetzgeberische Anliegen zutage, die gemein­ same Sorge nach Trennung zu fördern, stehe es doch außer Frage, dass es für Kinder das Beste sei, wenn sich die Eltern auch nach der Scheidung einvernehmlich um deren Angelegenheiten kümmerten709. Ein im Anschluss an diese Feststellung naheliegendes Ansinnen, möglichst vielen Eltern die gemeinsame Sorge nach ihrer Trennung zugänglich zu machen710, suchte der Gesetzgeber zwar im selben Atemzug zu relativieren, indem er sich vehement gegen den Eindruck eines Vorrangs der gemeinsamen Sorge gegenüber der Alleinsorge oder einer gesetzlichen Vermutung zugunsten der gemeinsamen Sorge als die im Zweifel für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung711 wehrte. Gemeinsamkeit, Harmonie oder Konfliktfreiheit ließen sich in von Fthenakis bezugnehmend BVerfGE 61, 358, 377 = FamRZ 1982, 1179, 1183; zust. KG FamRZ 1983, 1055, 1056. 706  BT-Drucks. 13/4899, 64. 707  S. unter §  4 A. III. 1. b) aa) (S. 83). 708  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  25, der in Rn.  7 a. E. auch von einem „Ausgleichsmodus zwischen den Idealen fortwährender gemeinsamer elterlicher Verantwortung trotz dauerhaften Getrenntlebens und der Lebenserfahrung, dass unter Eltern in dieser Konstellation häufig Konfliktspannungen vorhanden sind“, spricht. 709  BT-Drucks. 13/4899, 63. 710  Insoweit lässt sich jedenfalls von einer „rechtsethischen Leitbildfunktion“ der gemeinsamen Sorge sprechen: Staudinger/Coester §  1671 Rn.  117; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  35 a. E.; Rauscher, Familienrecht, Rn.  996a. 711  BT-Drucks. 13/4899, 61, 63; zugleich wird jedoch vom Gesetzgeber selbst die Alleinsorge gegenüber der gemeinsamen Sorge herabgesetzt: „Die Alleinsorge entfremdet das

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der Realität schließlich nicht verordnen712. Gleichwohl wurde die gemeinsame Sorge alsbald nach Inkrafttreten des KindRG von Teilen der Rechtsprechung und Literatur zum rechtlichen Regelfall erhoben713 und teils eine elterliche Pflicht zur Trennung von Partner- und Elternebene und zur Kooperation und Konsensfindung bejaht714. Insbesondere die Struktur des Gesetzes, wonach die Kind dem anderen Elternteil – meist dem Vater“ (S.  62), die Beibehaltung der Sorge biete demgegenüber „höhere Chancen, daß das Kind den Kontakt zu beiden Eltern behält“ (S.  62), und es werde „bei dem Kind am wenigsten das Gefühl aufkommen, einen Elternteil zu verlieren“ (S.  63); Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717 und 719, 723, weist die ein Regel-Ausnahme-Verhältnis bestreitenden Äußerungen des Gesetzgebers dem Bereich der rechtspolitischen Taktik zu (S.  717); ders. FamRZ 1998, 457, 462 m. Fn.  23; auch Zimmermann DNotZ 1998, 404, 423 Fn.  64, hält diese Äußerungen nicht für überzeugend; Coester RdJB 1996, 430, 433; Kaiser FPR 2003, 573, 578; Bode FamRZ 2000, 478; Wend FPR 1999, 137, 138, kritisiert, dass jedenfalls der Gesetzestext die Haltung des Gesetzgebers nicht zum Ausdruck bringe; ebenso Runge FPR 1999, 142 f., die von einer „Ambivalenz der Begründung gegenüber dem gesetzten Recht“ spricht. Auch das 2013 durch die Änderung des §  1626a BGB ausdrücklich begründete neue Leitbild der gemeinsamen Sorge (BT-Drucks. 17/11048, 12, 17) habe kein gesetzliches Regel-Ausnahme-Verhältnis zur Folge: BGH FamRZ 2016, 1439, 1443 Rn.  35 ff. m. zust. Anm. Lack; OLG Stuttgart NJW 2015, 642 f. Rn.  14 = FamRZ 2015, 674 (2. LS); OLG Frankfurt FamRZ 2014, 1120 f.; NJW 2014, 2201, 2202; a. A. OLG Brandenburg FamRZ 2016, 240, 242 f.; FamRZ 2015, 760 f.; OLG Nürnberg FamRZ 2014, 571, 572. 712  BT-Drucks. 13/4899, 63; BGH FamRZ 1999, 1646, 1647 m. insow. sehr krit. Anm. Bode FamRZ 2000, 478; FamRZ 2008, 592, 593; OLG Brandenburg FamRZ 2009, 709; OLG Dresden FamRZ 2010, 1992, 1993; Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 952, 956; Born FamRZ 2000, 396, 399; Oelkers FuR 1999, 349, 351; ders. MDR 2000, 32, 33, in Anm. zu BGH FamRZ 1999, 1646; Jokisch FuR 2013, 679, 681; dies. FuR 2016, 85, 92; Gottschalk FamFR 2012, 286, in Anm. zu KG FamRZ 2012, 886. 713  OLG Bamberg FamRZ 1999, 1005; OLG Dresden FamRZ 2000, 109, 110; OLG Hamm FamRZ 1999, 38, 39; FamRZ 1999, 1597 f.; OLG Köln FamRZ 2000, 1041 (Beschl. v. 14.9.1999, LS); OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1160; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39; Coester RdJB 1996, 430, 433; Haase/Kloster-Harz FamRZ 2000, 1003, 1004 f.; Kaiser FPR 2003, 573, 578; Liermann FamRZ 1999, 809, in Anm. zu KG FamRZ 1999, 809; Motzer FamRZ 1999, 1101, 1103; Rehberg FuR 1998, 65, 66; Salgo FamRZ 1996, 449 und 451 f.; Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 719, 723; ders. FamRZ 1998, 457, 462; ders./Wagenitz FamRZ 1997, 1377, 1380; Zimmermann DNotZ 1998, 404, 423, 424; a. A. die höchstrichter­ liche Rspr.: BVerfGE 107, 150, 182 = FamRZ 2003, 285, 291; K 2, 185, 188 = FamRZ 2004, 354, 355 (wiederum a. A. der 2. Senat: FamRZ 2006, 21, 23 a. E.); BGH FamRZ 1999, 1646, 1647 m. zust. Anm. Oelkers MDR 2000, 32, und abl. Anm. Bode FamRZ 2000, 478; FamRZ 2005, 1167; FamRZ 2008, 251, 254 Rn.  24; FamRZ 2008, 592 Rn.  10; ebenso Born FamRZ 2000, 396, 398 f.; Britz FF 2015, 387, 390; Jokisch FuR 2013, 679, 680; Niepmann MDR 1998, 565, 566; Oelkers FuR 1999, 349, 350; Peschel-Gutzeit NJ 2005, 246, 247; Schilling NJW 2007, 3233, 3237 f.; Sittig/Störr FuR 2000, 199, 200; Walter FamRZ 1995, 1538, 1541; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 620; ders. Kind-Prax 2001, 8, 10; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1671 Rn.  9; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  34 f. 714  OLG Hamm FamRZ 1999, 1159, 1160; OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 1041, 1042; OLG

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einmal begründete gemeinsame Sorge der Eltern auch nach deren Trennung fortbesteht, sofern diese nicht einen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge oder Teile der Sorge auf einen Elternteil allein nach §  1671 Abs.  1 BGB stellen, stützt diese These, denn selbst im Falle eines solchen Antrags kann die gerichtliche Entscheidung (nach S.  2 Nr.  2) mittels Abweisung desselben auf weiterbestehende gemeinsame Sorge lauten715, sodass diese sogar dann bestehen kann, wenn Eltern sie gar nicht übereinstimmend wollen716. Eine solche gerichtliche Entscheidung ergeht, wenn das Gericht vom Fortbestehen der elterlichen Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit nach Trennung der Eltern überzeugt ist, wobei als Anhaltspunkt die noch bestehende Einigungsfähigkeit in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung (§§  1628, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB) dient717, oder wenn nur der aus gerichtlicher Sicht weniger sorgetaugliche Elternteil einen AnKöln FamRZ 2003, 1492, 1493; FamRZ 2000, 499; OLG München FamRZ 1999, 1006, 1007; OLG Zweibrücken FamRZ 1999, 40, 41; FamRZ 2000, 627 f.; Löhnig FF 2017, 429, 430; Kaiser FPR 2003, 573, 577 f.; Runge FPR 1999, 142, 145; im Grundsatz auch Schilling NJW 2007, 3233, 3238; s. auch Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 620 ff., demzufolge die Kooperations­ bereitschaft nicht als maßgebliches Kriterium für die Entscheidung über die Form der elterlichen Sorge anzusehen, sondern primär das Bedürfnis des Kindes in den Blick zu nehmen sei; ders. Kind-Prax 2001, 8, 9; abl. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  50; Oelkers FPR 1999, 132, 135 f.; ders. FuR 1999, 349, 351 f.; ders. MDR 2000, 32, in Anm. zu BGH FamRZ 1999, 1646. 715  Laut Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, 2002, 113, traf dies im 1. Quartal 1999 immerhin 14 % der rechtskräftig geschiedenen Eltern. 716  Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 719; ders. FamRZ 1998, 457 und 462; ders./Wagenitz FamRZ 1997, 1377, 1380; Coester RdJB 1996, 430, 433; Wend FPR 1999, 137, 138, 139, 140, 142; Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 950; Stellungnahme des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum KindRG FamRZ 1996, 1401; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  8 spricht von einer „erzwungene[n] Sorgegemeinsamkeit“ und hält in FamRZ 1996, 449, 452, das gemeinsame Sorgerecht „als gesetzlich vorgeschriebene Regelung [für] unannehmbar“; dies sieht auch Oelkers FPR 1999, 132, 135 f., der jedoch bereits in dem Antrag auf Übertragung der Alleinsorge ein Indiz für das Fehlen der Koopera­ tionsbereitschaft erblickt und für die Aufhebung der gemeinsamen Sorge plädiert; krit. auch Breithaupt KJ 1993, 419, 436 f.; dagegen Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 956; jedenfalls dürfen keine „übertriebenen Anforderungen in Gestalt sichtbar werdender Auswirkungen auf das Kindeswohl“ gestellt werden, worauf Born FamRZ 2000, 396, 399, zu Recht hinweist; der Rechtsausschuss geht davon aus, dass sichergestellt sei, dass „die gemeinsame elterliche Sorge nach Trennung und Scheidung nur aufgrund einer bewußten […] Entscheidung der Eltern bestehen“ bleibe, BT-Drucks. 13/8511, 67, s. auch S.  66 r. Sp.  2. Spiegelstrich; dass elterliches Schweigen einer positiven Vereinbarung des Fortbestehens gemeinsamer Sorge gleichgesetzt werden kann, bezweifelt hingegen Coester RdJB 1996, 430, 435. 717  OLG Hamm FamRZ 1999, 1159, 1160; KG FamRZ 1999, 737; OLG Köln FamRZ 2000, 1041 (Beschl. v. 7.6.1999, LS); OLG Nürnberg FamRZ 1999, 1160, 1161; OLG Oldenburg FamRZ 1998, 1464; Wend FPR 1999, 137, 139; Born FamRZ 2000, 396, 399; Oelkers FuR 1999, 349, 352, 355; ders. MDR 2000, 32, 33, in Anm. zu BGH FamRZ 1999, 1646; Kaiser FPR 2003, 573, 577.

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trag gestellt hat718. Damit lässt sich sehr wohl von der gemeinsamen Sorge als jedenfalls „normtechnischem Regelfall“ sprechen719, und folglich stellt es sich so dar, als sei der Gesetzgeber über die die gemeinsame Sorge nach Scheidung ermöglichende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sogar hinausgegangen: Diese erging nämlich in der Fallkonstellation, dass „beide Eltern gewillt sind, die gemeinsame Verantwortung für ihr Kind nach der Ehescheidung weiter zu tragen“720, und erhob dieses übereinstimmende elterliche Begehren zur Mindestvoraussetzung der gemeinsamen Sorge nach Trennung und Scheidung721. Eine solche Bereitschaft und auch Fähigkeit der Eltern, die Sorge weiterhin gemeinsam zu tragen und entsprechend miteinander zu kooperieren und zu kommunizieren, sind mit §§  1671 Abs.  1, 1687 BGB aber – wie gesehen – gerade nicht (mehr) in gleichem Maße vorausgesetzt722. 718  OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 801, 802; Schwab/Wagenitz FamRZ 1997, 1377, 1380; Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 948. 719  OLG Dresden FamRZ 1999, 1156; OLG Hamm FamRZ 1999, 38, 39; KG FamRZ 2007, 754, 755; OLG München FamRZ 2008, 1774; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39; Schwab FamRZ 1998, 457, 462; Rauscher, Familienrecht, Rn.  995; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  6; dies., in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 954; Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  114; Runge FPR 1999, 142 und 143; Motzer FamRZ 1999, 1101, 1103; Liermann FamRZ 1999, 809, in Anm. zu KG FamRZ 1999, 809; Haase/Kloster-Harz FamRZ 2000, 1003, 1004, 1005; offengelassen von Bode FamRZ 1999, 1400, 1401. 720  BVerfGE 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182. 721  BGH FamRZ 1993, 314, 315 m. w. N.; Schwab, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 722 a. E.; ders. FamRZ 1998, 457, 462; Oelkers FPR 1999, 132, 135; ders. FuR 1999, 349, 351; Wend FPR 1999, 137, 138, 139 a. E.; Kropholler JR 1984, 89, 94; ders. NJW 1984, 271, 274; s. auch Antrag der SPD-Fraktion betreffend die Reform des Kindschaftsrechts v. 21.06.1995, BT-Drucks. 13/1752, 14; so auch bereits die trotz §  1671 Abs.  4 BGB a. F. die Möglichkeit der gemeinsamen Sorge nach Scheidung befürwortende Rechtsprechung: LG Mannheim FamRZ 1971, 185, 186; LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405; AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484; KG NJW 1980, 2419, 2420; ebenso Lüderitz/Lenzen FamRZ 1971, 625, 627; Coester EuGRZ 1982, 256, 261; Luthin, Gemeinsames Sorgerecht nach der Scheidung, 1987, 65; Limbach, Die gemeinsame Sorge geschiedener Eltern in der Rechtspraxis, 1989, 30, 53 f.; Salgo FamRZ 1996, 449, 451 f. 722  Der hauptsächlich betreuende Elternteil soll einem „Zwang zur ständigen Kommunikation mit dem anderen Elternteil“ (BT-Drucks. 13/4899, 58, 107) ebenso wenig ausgesetzt sein wie „ständigen Auseinandersetzungen über Detailfragen“ (BT-Drucks. 13/8511, 67); „konfliktträchtige Absprachen und Einigungsprozesse mit dem anderen Elternteil [seien] gering zu halten“ (BT-Drucks. 13/4899, Anl. 2, S.  154 Nr.  23); und überhaupt verlange die gemeinsame Sorge „keine dauernden Besprechungen und Entscheidungen“ (BT-Drucks. 13/4899, 62); Schwab DNotZ 1998, 437, 441, spricht insoweit von einem „grundlegende[n] Perspektivenwechsel des Gesetzgebers“ sowie, in: FS für Hans Friedhelm Gaul, 1997, 717, 723, von einem „aliud gegenüber der bisher praktizierten gemeinsamen Sorge nach der Scheidung“ (Hervorh. bereits im Orig.) und bezweifelt überdies die konfliktvermeidende Wirkung mangelnder Kommunikation (S.  726 a. E.); krit. auch ders. FamRZ 1998, 457, 463; auch Wend FPR 1999, 137, 139 f. spricht von einem Modell, „das quasi ohne Kommunikation

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Andererseits relativiert sich dieser Eindruck einer Bevorzugung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach Trennung, wenn man die Vorschrift des §  1687 BGB in den Blick nimmt: Mit dem darin vorgegebenen, der Elternautonomie weitgehend unzugänglichen Regelungsmodell, das den Eltern verbindlich Entscheidungskompetenzen zuweist, die dem jeweils anderen Elternteil – sei es substanziell, sei es mittels Ausübungshindernisses – entsprechend entzogen werden, ist diese als „gemeinsame Sorge“ proklamierte Nachtrennungssorge eben nur eine von Anfang an – nämlich mit Eintritt der nicht nur vorübergehenden Trennung und der Einigung auf einen Verbleib des Kindes – reduzierte723. Und dies gilt zunächst – mangels anderslautender Regelung in §  1687 Abs.  1 BGB – abermals ausnahmslos für alle vor der Trennung gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, namentlich sogar für jene, die auch nach der Trennung gewillt und in der Lage sind, ihr Kind vollumfänglich gemeinsam zu betreuen und in allen das Kind betreffenden Fragen eine Einigung zu erzielen. In §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB ist damit – wenn auch in gegenüber §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. abgeschwächter Form – eine von vornherein und generell die (absolute) Sorgegemeinsamkeit ausschließende gesetzliche Regelung zu erblicken, die einem Elternteil stets die Letztentscheidungsbefugnis in besagten Angelegenheiten zukommen lässt724. Die zwingende Alleinsorge eines Elternteils scheint einer zwingenden teilweisen Alleinsorge gewichen zu sein. §  1687 Abs.  1 BGB stellt folglich einen Eingriff ins Elternrecht aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG dar. Der Regelung sind dieselben verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenzuhalten725 wie einst §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. bb) Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie Fraglich ist, ob dieser Eingriff ins Elternrecht aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG durch das staatliche Wächteramt aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG legitimiert ist.

und Kooperation auskommt“, und zweifelt an der kindeswohldienlichen Wirkung gemeinsamer Sorge im Partnerschaftskonflikt (S.  140); ausf. zum Erfordernis einer Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft Veit, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 947, 955 ff. m. zahlr. N. 723  So ausdrücklich Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  8, 25; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  12. 724  Vgl. LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405. 725  Die Verfassungsmäßigkeit infrage stellend Stellungnahme des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum KindRG FamRZ 1996, 1401; zweifelnd auch Wend FPR 1999, 137, 140, der zwar die Vorschriften des §  1687 BGB für disponibel hält, jedoch bemängelt, dass „autonome Gestaltungsmöglichkeiten nicht nur nicht im Zentrum der Vorschrift [stehen], sie […] diese Möglichkeit [vielmehr] überhaupt nicht [enthält]“; ebenso die BRAK ZfJ 1998, 64, 65, die die Hervorhebung des Vorrangs einer elterlichen Vereinbarung vermisst.

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Lässt sich dies für den Fall der Konflikthaftigkeit726 der Elternbeziehung nach deren Trennung damit begründen, dass §  1687 Abs.  1 BGB diese Konflikte gerade zu beenden bezweckt und dies durch den geringstmöglichen Eingriff in die Elternrechte – kein Elternteil wird vollständig von der Sorge ausgeschlossen, die konkreten Entscheidungen in Kindesangelegenheiten verbleiben vollständig in den Händen der Eltern und werden in keiner Weise vom Staat selbst getroffen – zu erreichen sucht, muss anderes für den Fall gelten, dass die Eltern trotz Trennung ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit aufweisen und sich freiwillig und bewusst einem „Einigungszwang“727 zur gemeinsamen Entscheidung in allen Kindesangelegenheiten aussetzen wollen und diesem auch gerecht werden könnten. Sie sehen sich abermals damit konfrontiert, dass diese Form der Gemeinsamkeit – wie schon unter Geltung des §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. – als im Gesetz nicht vorgesehen erscheint. Zwar sind diese Eltern nach Trennung und auch Scheidung nunmehr Inhaber von „gemeinsamer Sorge“. Diese stellt sich jedoch – wie aufgezeigt728 – vom Zeitpunkt der Trennung an stets nur als eine reduzierte dar: Die Eltern haben trotz entsprechenden Willens und entsprechender Fähigkeiten keine Möglichkeit, zeitgleich die gleichen Entscheidungsbefugnisse und damit die vollumfängliche gemeinsame rechtliche Sorge innezuhaben. (1) Keine Rechtfertigung im Falle übereinstimmenden Elternwillens zur vollen gemeinsamen Sorge (a) Vermutung der Kindeswohldienlichkeit übereinstimmenden Elternwillens Bestehen zwischen den Eltern hinsichtlich der Belange des Kindes keine Konflikte, machen sie vielmehr von ihrem Elternrecht aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG dergestalt Gebrauch, dass sie sich freiwillig und bewusst dafür entscheiden, die Sorge auch nach ihrer Trennung gleichberechtigt auszuüben und in allen Kindesbelangen eine gemeinsame Entscheidung finden zu wollen – etwa weil sie nur darin den Weg zu einer sachgerechten Lösung erkennen729 –‍, so entspricht dies ebenso ihrer gemeinsamen Verantwortung wie die auf Alleinsorge eines Elternteils gerichtete – und nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB gar das Gericht bindende – Einigung730. Denn die einverständliche Entscheidung der Eltern 726  Ausf. zur Rechtfertigung des §  1687 Abs.  1 BGB im Falle des Elterndissenses unter §  5 B. (ab S. 261). 727  LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405. 728  Unter §  4 B. II. 1. a) aa) (1) (ab S. 156). 729  LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405. 730  KG NJW 1980, 2419, 2420; Schwoerer FamRZ 1956, 242, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 1956, 241; Diederichsen FamRZ 1978, 461, 473 f.

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über die künftige Sorgerechtsgestaltung spricht regelmäßig für die Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung731 und die Wahl der dem Kindeswohl entsprechenden Regelung732. Sind die Eltern zu dieser Form der Sorgegemeinsamkeit auch tatsächlich in der Lage, vermögen sie also die Scheidung vorwiegend als ihre Angelegenheit zu behandeln, kommen sie ihrer Verpflichtung, die scheidungsbedingte Schädigung des Kindes möglichst gering zu halten, nach733 mit der Folge, dass der Staat nicht in Ausübung seines Wächteramts berufen ist, einen Elternteil von der Pflege und Erziehung des Kindes auszuschalten734. Eine das Fortbestehen einer gemeinsamen Elternverantwortung gleichwohl von vornherein und generell ausschließende gesetzliche Regelung führt daher zu einer unzulässigen Ausweitung des staatlichen Wächteramts und einem der besonderen Rechtfertigung bedürfenden Eingriff in eine durch Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG geschützte Rechtsposition der Eltern735. Fehlt eine solche Rechtfertigung, ist das Elternrecht verletzt736; sie wird losgelöst vom Einzelfall nicht gelingen, denn es besteht kein genereller, zwingender Grund, den von den Eltern gewünschten Entscheidungsfindungsprozess durch die Einräumung einer Letzt­ entscheidungsbefugnis zugunsten des einen Elternteils zu konterkarieren737. (b) Möglichkeit von Ausübungsvereinbarungen zur Rechtfertigung nicht geeignet Die Eltern brauchen sich auch nicht auf die Möglichkeit einer vom Regelungsmodell des §  1687 Abs.  1 BGB abweichenden Vereinbarung über die Ausübung ihrer Sorge verweisen zu lassen. Erstens verbieten sich – rechtstechnisch sowie zur Erreichung des Regelungszwecks des §  1687 Abs.  1 BGB – solche Elternvereinbarungen, die in verbind­ licher Weise das Maß an Gemeinsamkeit durch Ausweitung des Anwendungsbereichs von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB zu erhöhen bezwecken738. 731  BVerfGE 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; Coester RdJB 1996, 430, 434; ders. FamRZ 1996, 1181, 1182 f.; ders. FamRZ 1995, 1245, 1247; s. schon Schwoerer FamRZ 1958, 433, 434 f. 732  BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  78; DAVorm 2000, 704, 708; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 92; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 340; Knieper JZ 1976, 158, 160; a. A. Klußmann FamRZ 1982, 118, 121: „Das gemeinsame Sorgerecht […] entspricht vornehmlich dem Elternwohl“ (Hervorh. bereits im Orig.). 733  BVerfGE 61, 358, 381 = FamRZ 1982, 1179, 1184. 734  BVerfGE 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182. 735  BVerfGE 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182 a. E.; KG NJW 1980, 2419, 2420. 736  KG NJW 1980, 2419, 2420; ebenso bereits LG Mannheim FamRZ 1971, 185, 186. 737  LG Bremen FamRZ 1977, 402, 405. 738  Dazu unter §  4 A. III. 2. b) (S. 104).

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Zweitens kann eine solche Argumentation, die gesetzlichen Sorgerechtsverhältnisse durch entgegengesetzte Gestaltung der tatsächlichen Sorge gleichsam zu umgehen, vor der Verfassung und damit vor Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG keinen Bestand haben. Schon zur Rechtfertigung des Ausschlusses der gemeinsamen Sorge nach Scheidung insgesamt hatte der Gesetzgeber des SorgeRG darauf verwiesen, der durch die Sorgerechtsentscheidung nach §  1671 BGB begünstigte Elternteil sei nicht daran gehindert739, „den anderen Elternteil so an der elterlichen Sorge teilnehmen zu lassen, als ob diese Entscheidung nicht ergangen wäre“740. Die Eltern seien – so der Bundesminister der Justiz namens der Bundesregierung in dem bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren, das zur Nichtigerklärung des §  1671 Abs.  4 S.  1 BGB a. F. führte – in zumutbarer Weise in der Lage, „durch freiwillige Vereinbarungen und einvernehmliches Handeln faktisch einen ähnlichen Zustand herbeizuführen […] wie bei der Belassung eines gemeinsamen Sorgerechts“741. Schließlich bestehe die Verantwortlichkeit der Eltern „unabhängig von Rechtspositionen, die das Sorgerecht gegenüber dem anderen Elternteil und gegenüber Dritten gewähre“742 , und auch ihre Bereitschaft, „alle wichtigen, das Kind berührenden Fragen einvernehmlich zu entscheiden, werde durch die Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil nicht verhindert“743. Diese Argumentation stieß nicht nur in der Lehre auf erhebliche Kritik744, sondern wurde auch vom Bundesverfassungsgericht geschol739 

Teils wurde gar eine „sittliche Verpflichtung […], in allen wichtigen Fragen eine gemeinsame Entscheidung herbeizuführen“ (Hervorh. bereits im Orig.), bejaht: LG Tübingen FamRZ 1960, 121, 122 m. zust. Anm. Schwoerer, der zugleich jedoch dafür eintrat, „der sittlichen Verpflichtung durch das Recht Nachdruck zu verleihen“ (S.  123); Krüger/Breetzke/ Nowack/Krüger §  1671 Rn.  5: „nicht mehr durchsetzbare Pflicht“. 740  BT-Drucks. 8/2788, 63; dieser Gedanke findet sich bereits in den Mot. (IV, 627 f.), wonach ein Bedürfnis für eine Übereinkunft der Eltern darüber, wem von ihnen nach der Scheidung die Sorge zustehen solle, nicht bestehe, „da es dem einen Elterntheile unbenommen bleib[e], die Sorge für die Person des Kindes, wenn er dies im Interesse des letzteren für angemessen erachtet, dem anderen Elterntheile in derselben Weise zu überlassen, wie er sie einem Dritten der Ausübung nach überlassen kann“. 741  S. BVerfGE 61, 358, 370 = FamRZ 1982, 1179, 1181 a. E. 742  Bundesminister der Justiz, in: BVerfGE 61, 358, 369 = FamRZ 1982, 1179, 1181. 743  Bundesminister der Justiz, in: BVerfGE 61, 358, 370 = FamRZ 1982, 1179, 1181 a. E.; ähnlich bereits LG Köln FamRZ 1974, 99, 100 f. 744  Diederichsen NJW 1980, 2420, 2421, in Anm. zu KG NJW 1980, 2419, spricht in diesem Zusammenhang von „Winkeladvokatur“ und „eines Rechtsstaats unwürdig[er]“ Argumentation; ders. NJW 1980, 1, 9 Fn.  155; Fehmel FamRZ 1980, 758, 761; Finger DRiZ 1985, 91; Michalski FamRZ 1992, 128, 131, zeigt den Widerspruch auf, dass die faktische gemeinsame Sorge zwar dem Kindeswohl dienen, zugleich die rechtliche gemeinsame Sorge hingegen dem Kindeswohl widersprechen solle, nur weil ein Elternteil ein Mehr an Rechtsmacht innehat; zust. hingegen Dieckmann NJW 1981, 668, demzufolge die praktischen Erfordernisse des Alltagslebens eine gemeinschaftliche Sorge nach Scheidung nicht voraussetzten; ders.

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ten: Wenn „der generelle Ausschluß eines gemeinsamen Sorgerechts damit begründet wird, die Eltern könnten die Auswirkungen des Eingriffs in ihr Elternrecht durch geeignete Maßnahmen neutralisieren, also anders handeln, als das Gesetz es vorsieht, ist dies keine Rechtfertigung, die vor der Verfassung bestehen kann“745. Das Bundesverfassungsgericht hat damit klargestellt, dass sich rechtliche Einschränkungen elterlicher Autonomie nicht durch den Hinweis auf die Möglichkeit einer von der Rechtslage abweichenden elterlichen Gestaltung der tatsächlichen Sorgehandhabung entsprechend der eigenen Vorstellungen und Bedürfnisse rechtfertigen lassen746. Hinzu kommt, dass eine Bevollmächtigung durch den kraft Gesetzes berechtigten Elternteil stets Ausdruck einer Übermachtstellung ist, die sich bereits in der jederzeitigen Widerruflichkeit (§  168 S.  2 BGB) ausdrückt. Im Falle tatsächlicher Uneinigkeit könnte es dann doch vorkommen, dass der durch §  1687 Abs.  1 BGB berechtigte Elternteil – unter konkludentem Widerruf seiner Bevollmächtigung – von seiner Alleinentscheidungsbefugnis Gebrauch macht und so die im Übrigen funktionierende Gemeinsamkeit insgesamt gefährdet, ist es doch „psychologisch etwas anderes, ob beide Teile gleiche Rechte haben und damit grundsätzlich auf eine Einigung angewiesen sind oder von vornherein der eine das Übergewicht der Alleinentscheidungsbefugnis hat“747 und so zur AusAcP 178 (1978), 298, 307; für eine Beteiligung des anderen Elternteils „ohne Rechtspflicht“ auch Holtgrave JZ 1979, 665, 669; für eine Einbeziehung des nicht sorgeberechtigten Elternteils „auf eigene Gefahr“, nämlich „ohne gerichtliche Legitimation“ mittels Generalvollmacht, Klußmann FamRZ 1982, 118, 122. 745  BVerfGE 61, 358, 379 = FamRZ 1982, 1179, 1184; bestätigt durch E 84, 168, 179 f. = FamRZ 1991, 913, 915 (Sorgerechtsverlust der Mutter im Falle der Ehelicherklärung des Kindes). 746  Coester FamRZ 1996, 1181, 1186; ders. DEuFamR 1999, 3, 10; ders. JZ 1992, 809, 814; Wend FPR 1999, 137, 139 ff., kritisiert, dass §  1687 BGB keinen Hinweis auf Disposivität enthalte (S.  141) und so den Eindruck zwingenden Rechts erwecke (S.  142). 747  Schwoerer FamRZ 1956, 242, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 1956, 241; ders. FamRZ 1960, 122, 123, in Anm. zu LG Tübingen FamRZ 1960, 121; LG Bremen FamRZ 1977, 402, 404; zu §§  1627, 1628 BGB i. d. F. des GleichberG v. 18.6.1957 (BGBl. I, 609) BVerfGE 10, 59, 79 f., 87 = FamRZ 1959, 416, 420, 422; Lüderitz/Lenzen FamRZ 1971, 625, 627: „Konfliktstoff“, wenn sich „ein Elternteil bei seinen Erziehungsmaßnahmen abstrakt ‚im Recht‘ weiß“; Evans-von Krbek FamRZ 1975, 20, 21: Die Aufrechterhaltung der Eltern-­ Kind-Beziehung (unter Verhinderung einer Verdrängung durch eine Vater- oder Mutter-­ Kind-Beziehung) sei nur dann möglich, wenn der rechtliche Hintergrund damit im Einklang stehe; Fehmel FamRZ 1980, 758, 761: Der begünstigte Elternteil könne auf sein Recht pochen, statt mit Toleranz nach der besten erzieherischen Lösung zu suchen, sodass bisherige Einmütigkeit zerstört und Spannungen geradezu heraufbeschworen werden könnten; Michalski FamRZ 1992, 128, 131: Die Verschaffung einer umfassenden Rechtsmacht zugunsten e­ ines Elternteils könne die gegenseitige Toleranz unter den Eltern beenden; AG Königstein FamRZ 1980, 483, 484: Ausschluss von den wichtigen Fragen des Sorgerechts durch Wegfall

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nutzung derselben verleitet wird748. Rechtstechnisch bleibt der durch §  1687 Abs.  1 BGB begünstigte Elternteil nämlich auch im Falle einer Bevollmächtigung des anderen alleiniger Inhaber der Entscheidungsbefugnis bzw. zu ihrer Ausübung allein berechtigt, da die Eltern wegen der Unverzichtbarkeit des Sorgestatus als Ausdruck der dauerhaften elterlichen Verantwortung gegenüber dem Kind bloß auf die Ausübung der elterlichen Sorge und nicht auf die Sorgerechtspositionen als solche einwirken können749. (c) Zwischenergebnis Damit ist festzuhalten, dass die gesetzliche Einwirkung des §  1687 Abs.  1 BGB auf die elterliche Nachtrennungssorge durch Aufspaltung derselben einen Eingriff in die Elternrechte darstellt, der im Falle eines übereinstimmenden Elternwillens zur Ausweitung der gemeinsamen rechtlichen Sorge nicht zu rechtfertigen wäre, könnte die Aufspaltung nicht vermieden werden. Zur Rechtfertigung kann jedenfalls weder die Möglichkeit des Auftretens späterer Elternkonflikte noch der Umgehung der gesetzlichen Regelung durch abweichendes tatsächliches Handeln der Eltern angeführt werden. (2) Verfassungskonforme Auslegung von §  1687 Abs.  2 BGB Den Eltern, die sich einig darüber sind, die rechtliche Sorge weitergehend als in §  1687 Abs.  1 BGB vorgesehen oder gar vollständig gemeinsam ausüben zu wollen, muss wegen Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG also der Weg zu einer solchen Ausgestaltung ihrer sorgerechtlichen Befugnisse eröffnet sein. Mit Blick auf die oben dargestellte Wirkungsweise des §  1687 Abs.  1 BGB, gewisse Entscheidungsbefugnisse einem Elternteil der Substanz nach zu entziehen bzw. diesem ein Ausübungshindernis aufzuerlegen und sie damit dem anderen allein zuzuweisen750, ist die Lösung im Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung zu suchen, folgt das Kindschaftsrecht doch dem Prinzip, dass allein der Staat die Sorgerechtspositionen der Eltern gestalten kann751. des Einigungszwangs; a. A. LG Köln FamRZ 1974, 99, 101: „Das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern entwickelt sich nach den tatsächlich bestehenden Verhältnissen, nicht nach rechtlichen Regelungen“. 748  Ob – so der Vorschlag von Reeckmann-Fiedler FPR 1999, 146, 147 – die gleichzeitige Vereinbarung der Sanktionierung eines Widerrufs der Vollmacht in Form eines Antrags gemäß §  1687 Abs.  2 BGB einen solchen Widerruf tatsächlich auszuschließen vermag, erscheint äußerst fraglich. 749  S. unter §  4 A. II. 1. a) (S. 24 f.). 750  S. unter §  4 A. III. 1. b) bb) (ab S. 84). 751  S. unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 113 f.).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB vermag das Maß an gemeinsam zu treffenden Entscheidungen nach Trennung nicht zu erhöhen, sondern ist, indem Teile der Sorge einem Elternteil entzogen und auf den anderen allein übertragen werden, vielmehr darauf gerichtet, die Rechtsposition des einzelnen Elternteils einzuschränken und damit die gemeinsame Sorge substanziell zu reduzieren. Zudem lässt eine gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB die gesetzliche Kompetenzaufteilung nach §  1687 Abs.  1 BGB unberührt: Sofern die Betreuungszuständigkeit nicht in Rede steht, kann ein Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB auf Zuweisung teilweiser Alleinsorge nur Grundfragen in diesem Teilbereich zum Gegenstand haben; der nichtbetreuende Elternteil vermag also im beantragten und zugewiesenen Teilbereich der Sorge allenfalls die Entscheidungen von erheblicher Bedeutung i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB zu treffen, während die Alltagssorge i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB auch in diesem Bereich weiterhin beim betreuenden Elternteil verbleibt752. Grund dafür ist, dass Gegenstand einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB nur ein den Eltern gemeinsam zustehender Sorgebereich sein kann, was bei durch §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB modifizierter Nachtrennungssorge nicht (mehr) der Fall ist753. Damit kommt einzig eine Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB in Betracht, durch die das Familiengericht die Alleinentscheidungsbefugnisse nach Abs.  1 S.  2 und 4 einschränken oder ausschließen kann, wodurch im Ergebnis der Bereich der von den Eltern nach §  1627 BGB oder §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB gemeinsam zu entscheidenden Angelegenheiten auch auf solche des täglichen Lebens bzw. der tatsächlichen Betreuung erstreckt wird, was – theoretisch denkbar – bis zur umfassenden gemeinsamen Sorge, wie sie noch vor der Trennung bestand754, reichen könnte. §  1687 Abs.  2 letzter HS BGB setzt jedoch eine Erforderlichkeit des gerichtlichen Tätigwerdens zum Wohl des Kindes und damit eine positive Kindeswohlprüfung voraus. Dies sei – entsprechend der Auslegung des §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB i. d. F. des SorgeRG bzw. §  1671 Abs.  2 BGB i. d. F. des Gleichberechtigungsgesetzes755 – wiederum der Fall, wenn triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen und wenn ohne die Entscheidung eine ungünstige Entwicklung des Kindes, nicht notwendig eine Gefährdung oder eine objektive Schädigung seines geistigen oder leiblichen Wohles oder seines Vermögens zu besorgen wäre756. Damit ist eine hohe Hürde aufgebaut, die zwar 752 

So Staudinger/Coester §  1671 Rn.  253; ihm folgend Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  18 f. Ebenso deutlich Staudinger/Coester §  1671 Rn.  253. 754  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  12; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 249. 755  S. §  1 Fn.  10; zur Auslegung des §  1671 Abs.  2 BGB a. F. BGH FamRZ 1979, 113. 756  Zu §  1671 Abs.  2 BGB a. F. KG FamRZ 1958, 423, 424; BayObLG FamRZ 1963, 141, 142; übertragen auf §  1687 Abs.  2 BGB von OLG Brandenburg NJW-RR 2016, 1347; Schil753 

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sinnvoll ist, wenn das Gericht gegen den Willen eines Elternteils dessen Entscheidungsbefugnisse aus §  1687 Abs.  1 S.  2 oder 4 BGB einschränkt oder ausschließt, weil dieser sie etwa wiederholt zu weitgehend interpretiert und die gemeinsam zu treffenden Entscheidungen nach §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB vorweggenommen hat. Anders verhält es sich jedoch, wenn sich gerade auf diese Beschränkung oder auf diesen Ausschluss der elterliche Konsens bezieht, um in größtmöglichem Umfang gemeinsam entscheidungsbefugt zu sein. Ein solcher Konsens scheint für ein gerichtliches Tätigwerden ausweislich des Wortlauts hingegen nicht zu genügen757. Darüber hinaus wird §  1687 Abs.  2 BGB teils dahingehend ausgelegt, dass die Regelungen des Gerichts in Bezug auf konkrete, einzelne Angelegenheiten des täglichen Lebens bzw. der tatsächlichen Betreuung ergehen758, nicht hingegen abstrakt, das heißt losgelöst von einer solchen Angelegenheit, oder von vornherein für einen gewissen Zeitraum oder gar für die gesamte Dauer des Innehabens der gemeinsamen Sorge. Unter Zugrundelegung dieses Auslegungsergebnisses bestünde, sofern es den Eltern nicht gelingt, dem Gericht die „Erforderlichkeit“ einer solchen Regelung für das Kindesinteresse darzutun, auch nach §  1687 Abs.  2 BGB keine Möglichkeit, zumindest längerfristig zu einer weitergehenden oder vollumfänglichen, nicht durch §  1687 Abs.  1 BGB reduzierten Sorgegemeinsamkeit zu gelangen – ein Ergebnis, das verfassungsrechtlich nicht haltbar ist. Aus diesem Grunde wird zum Teil angenommen, das Gericht könne auf gemeinsamen Antrag bzw. gemeinsame Anregung der Eltern hin deren Alleinentscheidungsbefugnisse von vornherein, das heißt losgelöst von einem konkreten Konfliktfall, und – bis zur Grenze des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB – dauerhaft einschränken, um so die vollständige gemeinsame rechtliche Sorge i. S. des §  1627 BGB auch nach der Trennung fortzuführen759. Die aus der Erforderlichkeit zum Wohl des Kindes (§  1687 Abs.  2 letzter HS BGB) folgende Kindeswohlprüfung ling NJW 2007, 3233, 3237; Palandt/Götz §  1687 Rn.  11; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  26; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1687 Rn.  17; MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  23; J­ ohannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  12; besonders restriktiv Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  60: „nur im äußersten Fall“. 757  Coester DEuFamR 1999, 3, 9. 758  S. MüKoBGB/Hennemann §  1687 Rn.  23. 759  Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 55, 249; Runge FPR 1999, 142, 143; Scholz/ Stein/Fröhlich, Praxishandbuch Familienrecht, 16. EL 2009, E Rn.  145; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  26.2; i.Erg. auch Schnitzler/Lang, Anwaltshandbuch Familienrecht, Teil C, §  13 Rn.  170; angedacht, jedoch offengelassen auch von Schwab FamRZ 1998, 457, 460, demzufolge §  1687 Abs.  2 BGB nichts darüber aussage, „ob die elterl. Sorge von vornherein aufgrund einer Einigung der Eltern auch ohne eine solche ‚Erforderlichkeit‘ als ‚volle gemeinsame Sorge‘ (ohne Befugnis zur Alleinentscheidung in alltäglichen Angelegenheiten) eingerichtet werden kann“.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

wird also bei Vorhandensein elterlichen Einvernehmens relativiert760: So wird vertreten, die Eltern hätten zwar keinen Anspruch auf Befolgung ihres Willens; das Gericht müsse diesen aber zumindest „gewichten“, jedenfalls dann, wenn die Erziehungsleistungen des nicht betreuenden Elternteils das für einen Umgang gewöhnliche Maß übersteigen761. Teilweise wird einer gemeinsamen Anregung der Eltern sogar analog §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB dieselbe Bindungswirkung beigemessen wie dem in dieser Vorschrift vorausgesetzten Antrag eines Elternteils samt Zustimmung des anderen762. Was mit Blick auf den Wortlaut des §  1687 Abs.  2 BGB, der keinerlei Hinweis auf die Berücksichtigung eines (übereinstimmenden) elterlichen Willens enthält, zunächst verwundern mag, erscheint nur konsequent, betrachtet man die entsprechende Diskussion bezüglich einer einvernehmlichen Wiederherstellung763 der gemeinsamen elterlichen Sorge über §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB. Hierzu wird bis auf wenige Gegenstimmen764 vertreten, dass im Rahmen dieser Abänderungsentscheidung die Wertungen der Erstentscheidung Berücksichtigung finden müssten. Diese Wertungen werden teils weiterhin dem Erforderlichkeitsmaßstab des §  1671 Abs.  3 S.  1 BGB i. d. F. des SorgeRG entnommen mit der Folge, dass sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis in §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB dergestalt umkehre, als nunmehr das Gericht triftige Gründe gegen eine dem elterlichen Wunsch entsprechende Abänderungsentscheidung darzulegen habe765. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 249. So für das gesetzliche Regelungs-, nicht das Wechselmodell Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 12, der eine stärkere Bindung des Familiengerichts aufgrund der von diesem zu treffenden Positiventscheidung ausdrücklich ablehnt. 762  So zu §  1671 Abs.  2 Nr.  1 BGB a. F. Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 249; ihm folgend Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 48 f., der als gerichtlichen Kontrollmaßstab des §  1671 Abs.  2 Nr.  1 BGB a. F. aber den des §  1696 Abs.  1 BGB a. F. gegenüber demjenigen des §  1666 BGB präferiert (S.  38 ff.), sodass dem übereinstimmenden Elternwillen keine triftigen Gründe entgegenstehen dürften. 763  Zuvor war also gem. §  1671 Abs.  1 BGB eine die (teilweise) Alleinsorge begründende Entscheidung ergangen. 764  OLG Hamm FamRZ 1981, 600: Gemeinsamer Elternvorschlag sei bloß „gewichtiges Indiz“ für das Erfordernis einer Abänderung; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 506: Keine rechtliche Beschränkung der gerichtlichen Entscheidungsmöglichkeiten, nur „besonders wichtige tatsächliche Entscheidungsgrundlage“; auch Meckling, Gemeinsame Trennungssorge, 2009, 577 ff., lehnt einen Auslegungsspielraum mit Blick auf Wortlaut des §  1696 BGB (578 f.) und Erziehungskontinuität (581) ab. 765  I.Erg. AG Würzburg FamRZ 1999, 1448, das der Einigkeit der Eltern jedoch die gleiche Bedeutung wie i.R. des §  1671 Abs.  2 Nr.  1 BGB a. F. zuzubilligen gedenkt; Huber FamRZ 1999, 1625, 1628 f., 1631; Stellungnahme des DFGT zum SorgeRefG (RefE) FPR 2012, 411, 414; Kinderrechtekommission des DFGT/Wissenschaftliche Vereinigung ZKJ 2012, 263, 265 f.; Staudinger/Coester §  1696 Rn.  73 f., der einen triftigen Grund gegen eine Abänderung in dem Antrag auf alternierendes Sorgerecht für ein Kleinkind erkennt; ders. DEuFamR 760  761 

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Teilweise werden die nunmehr formale Bindung des Gerichts an den Elternantrag samt Zustimmung gemäß §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB und damit das stärker verankerte elterliche Bestimmungsrecht aufgegriffen; damit würde das übereinstimmende Elternbegehren selbst einen triftigen Grund i. S. des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB darstellen, eine anderslautende gerichtliche Entscheidung also nur im Falle eines Widerspruchs des mindestens 14-jährigen Kindes oder einer Gefährdung des Kindeswohls in Betracht kommen766. Der einzig ersichtliche Grund dafür, an die Wiederbegründung der gemeinsamen Sorge nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB oder die (Wieder‑)Herstellung der Sorgegemeinsamkeit, wie sie gemäß §  1627 BGB vor der Trennung der Eltern und vor Inkrafttreten des KindRG 1998 auch nach deren Trennung bestanden hatte, durch Nichtberücksichtigung eines entsprechenden übereinstimmenden Elternwillens letztlich höhere Anforderungen zu stellen als an die Anordnung der Alleinsorge, könnte allenfalls in der abstrakten Gefährlichkeit einer nicht praktikablen gemeinsamen rechtlichen Sorge nach Trennung liegen. Für die Wiederbegründung der gemeinsamen Sorge nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB ist diese Befürchtung nicht begründet, weil die gemeinsame Sorge wieder im Sinne des §  1687 Abs.  1 BGB mit dessen konfliktreduzierender Wirkung installiert würde. Und auch in Bezug auf die (Wieder‑)Herstellung umfassender gemeinsamer Sorge greift dieser Gesichtspunkt nicht durch: Der übereinstimmende Wille der Eltern, sich die Herbeiführung eines Einvernehmens nicht nur für die Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung, sondern darüber hinaus auch für Alltagsfragen aufzuerlegen, ist vom Staat als Ausdruck ihrer Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zu respektieren. Eltern, die des Schutzes des §  1687 Abs.  1 BGB vor ständigen Auseinandersetzungen und Beanspruchungen durch den jeweils anderen Elternteil767 nicht bedürfen, weil sie auch nach Trennung 1999, 3, 14; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  65 Rn.  69: Indizwirkung elterlichen Konsenses zur Änderung; MüKoBGB/Olzen §  1696 Rn.  38; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  27; Palandt/Götz §  1696 Rn.  11, 3; NK-BGB/Harms §  1696 Rn.  32; Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 46 a. E.; für Übergangsfälle ders. FamRZ 1998, 457, 471. 766  OLG Dresden FamRZ 2002, 632; OLG Rostock FamRZ 1999, 1599; wohl auch OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1210 (LS); OLG Celle FuR 2011, 413 (innerhalb eines Beschlusses zur Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe); mit anderer Schlussfolgerung AG Würzburg FamRZ 1999, 1448, 1449; Büdenbender AcP 197 (1997), 197, 218 f., 225; Ewers FamRZ 1999, 477, 479; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  90; Rauscher, Familienrecht, Rn.  1084; FamRefK/ Rogner §  1696 Rn.  4; Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8; in diese Richtung auch Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 237 f., und FamRZ 2005, 1209, 1213, der sich für eine analoge Heranziehung der in §  1671 Abs.  2 Nr.  1 BGB a. F. zum Ausdruck kommenden Bindungswirkung elternautonomer Entscheidungen ausspricht. 767  BT-Drucks. 13/4899, 58, 63, 107; zum Normzweck ausf. unter §  4 A. III. 1. b) aa) (S. 83).

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gewillt und fähig sind, gemeinsam im Interesse des Kindes zusammenzuwirken, muss folglich aufgrund ihrer Elternautonomie die Möglichkeit eingeräumt sein, auf diesen Schutz zu verzichten768. Ist dafür wegen des als zwingend verstandenen Regelungsmodells des §  1687 Abs.  1 BGB und seiner Einwirkung auf die Sorgerechtspositionen der Eltern eine gerichtliche Entscheidung vorausgesetzt, so muss die im elterlichen Konsens ausgedrückte Elternautonomie darin hinreichend Berücksichtigung finden können. §  1687 Abs.  2 BGB ist daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der gemeinsame elterliche Vorschlag eine entsprechende gerichtliche Entscheidung auch dann rechtfertigt, wenn die über §  1687 Abs.  1 BGB hinausgehende oder absolute Sorgegemeinsamkeit für das Wohl des Kindes nicht per definitionem „erforderlich“ wäre769. Zwar ist eine so weitgehende Bindung des Gerichts an den übereinstimmenden Elternwillen, wie sie §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB vorsieht, von Verfassungs wegen nicht zwingend geboten770; um allerdings einen Gleichklang mit dieser Vorschrift zu erreichen und der an ihr ablesbaren Aufwertung der Elternautonomie im Rahmen einer Veränderung des Sorgestatus771 Rechnung zu tragen, ist dafür zu plädieren, der gemeinsamen elterlichen Anregung im Rahmen des §  1687 Abs.  2 BGB dieselbe Bindungswirkung beizumessen, wie sie §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB vorsieht772. Jedenfalls aber muss das Gericht für eine dem übereinstimmenden Elternwillen zuwiderlaufende Entscheidung triftige Gründe vorweisen können. (3) Ergebnis zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Elternautonomie durch §  1687 Abs.  1 BGB Der Eingriff in die Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG durch §  1687 Abs.  1 BGB ist dann gerechtfertigt, wenn die Beziehung der Eltern nach der Trennung von Konflikten geprägt ist. Ist dies aber nicht der Fall, sind vielmehr So auch Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 249; Stellungnahme des Familienrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins zum KindRG FamRZ 1996, 1401 f., der jedoch eine im Verfahren protokollierte, notariell beurkundete oder durch Anwaltsvergleich abgeschlossene Erklärung beider Eltern genügen lässt. 769  So Coester DEuFamR 1999, 3, 10 Fn.  99; s. auch dens., in: Staudinger §  1671 Rn.  12; Marchlewski FF 2015, 98, 102. 770  Hierzu ausf. unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (a) (S. 136). 771  Da es hier also nicht um die Verrechtlichung einer Ausübungsvereinbarung der Eltern geht, um dieser Beständigkeit und insb. Vollstreckbarkeit zu verleihen, ist die Situation mit derjenigen des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB und nicht des §  156 Abs.  2 FamFG vergleichbar, sodass hier der Maßstab erstgenannter Norm (Bindung bis zur Kindeswohlgefährdung) gegenüber dem Erfordernis triftiger Gründe vorzugswürdig ist. 772  Zum Vorschlag de lege ferenda, die Elternautonomie im Gesetzestext stärker zum Ausdruck zu bringen, unter §  8 A. IV. 4. (S. 308). 768 

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beide Eltern willens, die Sorge in vollem oder jedenfalls über den in §  1687 Abs.  1 BGB festgeschriebenen Umfang hinausgehend gemeinsam auszuüben, so lässt sich eine ausnahmslose rechtliche Aufspaltung der Nachtrennungssorge nicht rechtfertigen. Zwar besteht auch im Falle vorhandener Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit die Gefahr später doch noch auftretender Elternkonflikte; dieser Umstand kann jedoch nicht ausreichen, den Eltern bis zur unsicheren Realisierung dieser Gefahr die übereinstimmend gewollte rechtliche Sorgegemeinsamkeit zu verwehren. Gerechtfertigt ist es aber, die Verwirklichung dieser Sorgegemeinsamkeit an eine gerichtliche Entscheidung zu knüpfen. Hierfür bietet §  1687 Abs.  2 BGB die passende Rechtsgrundlage, in deren Anwendung das Gericht in Anlehnung an den umgekehrt geregelten Fall des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB an einen übereinstimmenden Elternwillen gebunden ist. Damit findet die Elternautonomie ebenso Berücksichtigung wie das Kindeswohl, dessen Nichtgefährdung entsprechend §  1666 BGB Ergebnis der vom Gericht stets – auch im Falle einer Bindung i. S. von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB – vorzunehmenden Prüfung des Elternbegehrens sein muss (s. §  1671 Abs.  4 BGB), sodass sich Elternautonomie und staatliches Wächteramt in einem angemessenen Ausgleich befinden. b) Begründung oder Übertragung von Alleinentscheidungsbefugnissen Begehren die Eltern für einen Teilbereich der elterlichen Sorge die verbindliche Begründung einer Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten, deren Regelung von erheblicher Bedeutung ist (§  1687 Abs.  1 S.  1 BGB), so kann das Familiengericht dem dadurch nachkommen, dass es diesen Teil der elterlichen Sorge gemäß §  1671 Abs.  1 BGB einem Elternteil allein zuweist. Im Falle des elterlichen Konsenses wäre die Kindeswohlprüfung auf den Ausschluss einer Kindeswohlgefährdung beschränkt (§§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB). Geht es den Eltern hingegen um die Übertragung einer Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens, soll diese also insgesamt oder in bestimmten Bereichen einem Elternteil losgelöst vom Aufenthalt des Kindes zustehen, so hat eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB hierauf keine Auswirkungen. Denn die für diese Angelegenheiten maßgebende gesetzliche Regelung des §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB knüpft die Alleinentscheidungsbefugnis an den tatsächlichen Aufenthalt, nicht eine Rechtsposition, die nach §  1671 Abs.  1 BGB übertragen werden kann. Selbst die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein hat also nicht per se zur Folge, dass dieser Elternteil auch die Alleinentscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens innehat; hinzutreten muss vielmehr die Aufnahme des Kindes

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aufgrund dieser Rechtsposition. Ebenso wenig ist derjenige Elternteil, dem etwa die Gesundheitssorge übertragen wurde, berechtigt, tägliche Gesundheitsfragen zu entscheiden, wenn sich das Kind überwiegend beim anderen Elternteil aufhält. §  1671 Abs.  1 BGB führt damit im Ergebnis nur zu einer Übertragung derjenigen Angelegenheiten innerhalb des übertragenen Sorgeteils zur Alleinentscheidung, deren Regelung von erheblicher Bedeutung ist773. Eine gerichtliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Alltagssorge besteht aber in einer Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB, die die Einschränkung oder den Ausschluss der Alleinentscheidungsbefugnis nach Abs.  1 S.  2 zum Gegenstand haben kann. Da im Anschluss daran eine an den Aufenthalt des Kindes geknüpfte Alleinentscheidungsbefugnis (teilweise) nicht mehr besteht, sind die entsprechenden Angelegenheiten des täglichen Lebens – freilich nicht separat, sondern stets mitsamt den erheblichen Angelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB – nunmehr mittels einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB übertragbar. Zwar setzt eine Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB im Grundsatz eine Erforderlichkeit zum Wohl des Kindes voraus; wie soeben dargelegt774, sollte der dem Schutz des Elternrechts unterliegende übereinstimmende Elternwille aber auch im Hinblick auf eine gerichtliche Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB eine dem §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB entsprechende Bindungswirkung entfalten. Der Maßstab des §  1687 Abs.  2 BGB ist in dieser Fallgestaltung entsprechend verfassungskonform zu korrigieren. c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der rechtlichen Ebene der Sorge Sind die Eltern willens und in der Lage, die Sorge weitergehend als von §  1687 Abs.  1 BGB vorgesehen oder gar vollständig gemeinsam auszuüben, so können sie sich mit dem Begehren, diese Form der gemeinsamen Sorge auch rechtlich verbindlich festzuschreiben, an das Familiengericht wenden. Dieses trifft, indem es die Alleinentscheidungsbefugnisse nach §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB auf Dauer, das heißt bis zu einer abändernden Entscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, und losgelöst von einem Konfliktfall (teilweise) ausschließt, eine Entscheidung gemäß §  1687 Abs.  2 BGB. An den gemeinsamen Elternwillen ist das Gericht bei dieser Entscheidung in Entsprechung zu §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB gebunden. Geht es den Eltern um eine Begründung oder Übertragung von Alleinentscheidungsbefugnissen, die über eine widerrufliche Ermächtigung oder Bevollmächtigung hinaus Verbindlichkeit erlangen soll, so ist dies durch Herbeifüh773  774 

Staudinger/Coester §  1671 Rn.  253; Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  18 f. Unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171).

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rung einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB und/ oder §  1687 Abs.  2 BGB möglich. Beide Entscheidungen sind gemäß bzw. entsprechend §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB an den übereinstimmenden Eltern­willen gebunden. Auf diese Weise lassen sich die Entscheidungsbefugnisse der Eltern so anpassen, wie sie sie zur Umsetzung „ihres“ Wechselmodells benötigen. 2. Tatsächliche Ebene der Sorge Geht es den Eltern nicht darum, die rechtliche Zuweisung der Entscheidungszuständigkeiten durch §  1687 Abs.  1 BGB umzugestalten, sondern Grundsätze und Richtlinien für die Ausübung der Sorge oder gar konkrete Ausübungsweisen von Rechtspositionen verbindlich festzulegen, so ist abermals sowohl an einen gerichtlich gebilligten Vergleich i. S. von §  156 Abs.  2 FamFG (dazu unter a)) als auch die Feststellung einer solchen Sorgerechtsausübung gemäß §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog (dazu unter b)) zu denken. a) Gerichtlich gebilligter Vergleich (§  156 Abs.  2 FamFG) aa) Analoge Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG Für komplexe Sorgerechtsvereinbarungen, die sich nicht auf die Festlegung des Kindesaufenthalts (im wiederkehrenden Wechsel) beschränken, sondern darüber hinaus die Ausübung weiterer Sorgebefugnisse zum Gegenstand haben, wird vorgeschlagen, dem elterlichen Begehren nach einer gerichtlichen Verfestigung in „Anlehnung an §  156 Abs 2 FamFG“775 zu entsprechen bzw. diese Vorschrift analog776 anzuwenden. Letzterer Ansicht ist mit Blick auf die oben entwickelten Grundsätze zur analogen Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG auf Regelungen über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts beizutreten. Da hier ein anderer Weg – in Bezug auf den Aufenthalt ist dies der Weg über eine Ausübung der Umgangsrechte777 – nicht besteht, ist das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in jedem Fall zu bejahen. Zu beachten gilt aber, dass sich die materielle Dispositionsbefugnis der Eltern auf die Ausübung ihrer Sorge beschränkt und damit auch nur diese Gegenstand der gerichtlich zu billigenden Regelung, der überdies das Kind zustimmen muss778, sein kann. In Bezug auf die Entscheidungsbefugnisse in Angelegenhei775 

Staudinger/Coester §  1671 Rn.  61. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  40, §  1696 Rn.  12 a. E. 777  Unter §  4 B. I. 2. a) aa) (ab S. 147). 778  Zu dieser Wirksamkeitsvoraussetzung des Vergleichs unter §  4 B. I. 1. b) aa) (3) (ab S. 132). 776 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

ten der elterlichen Sorge bedeutet dies, dass die Eltern nur Regelungen, die das „Wie“ und nicht das „Wer“ betreffen, einer gerichtlichen Billigung zuführen können. So ist etwa eine Verständigung der Eltern über eine gemeinsame Linie in der täglichen Gesundheitssorge vorstellbar oder eine Einigung auf Grund­ sätze für die Freizeitgestaltung des Kindes, welche auch in den Betreuungszeitraum des jeweils anderen Elternteils hineinreichen könnte (beispielsweise Anmeldung in einem Sportverein, zu dem auch der andere wochenweise betreuende Elternteil das Kind befördern muss). Nicht Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs i. S. des §  156 Abs.  2 FamFG kann dagegen eine Regelung sein, mit der festgeschrieben wird, wer in das Kind betreffenden Angelegenheiten entscheidungsbefugt ist. Diese Verteilung der Entscheidungsbefugnisse nimmt in erster Linie das Gesetz mit §  1687 Abs.  1 BGB vor, sekundär ist sie, wie vorstehend dargestellt779, Sache des Familiengerichts, das nach §§  1671 Abs.  1, 1687 Abs.  2 BGB zur Einwirkung auf die elterlichen Sorgerechtspositionen befähigt ist. Zwar können sich die Eltern sowohl in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (§  1687 Abs.  1 S.  1 BGB), als auch in solchen des täglichen Lebens (Abs.  1 S.  2) gegenseitig ermächtigen bzw. bevollmächtigen und so die Ausübung der Sorge in der oder den betreffenden Angelegenheit(en) einem Elternteil allein bzw. dem nicht kraft Gesetzes berechtigten Elternteil widerruflich übertragen. Soll diese Abweichung von §  1687 Abs.  1 BGB jedoch durch eine gerichtliche Entscheidung abgesichert werden, so richtet sich diese nach den soeben genannten materiellen Vorschriften, nicht nach §  156 Abs.  2 FamFG. bb) Durchsetzung und Bindungswirkung Soweit der Vereinbarung über die Sorgeausübung konkrete Handlungs- oder Duldungspflichten entnommen werden können, sind diese nach Maßgabe der §§  89, 90 FamFG durch Anordnung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft bzw. unmittelbaren Zwangs durchsetzbar. Dies ist jedoch nur für solche Entscheidungen denkbar, die – wie die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts – einmal getroffen Wirkungen nicht nur punktuell, sondern von einer gewissen D ­ auer entfalten. Zu denken wäre etwa an die Ausübung des Umgangsbestimmungsrechts (§  1632 Abs.  2 BGB) zugunsten dritter Personen und die Regelung der damit einhergehenden Herausgabemodalitäten. Auch im Falle einer langwierigen Krankheit des Kindes erscheinen Entscheidungen über die Behandlungsweise als denkbar, die längerfristig Geltung beanspruchen. Gleiches gilt für schulische Belange oder solche der Ausbildung. 779 

Unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171).

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Bloße Leitlinien und Grundsätze, die dem betreffenden Elternteil noch einen Ermessensspielraum in der Ausübung der Rechtsposition belassen, sind hingegen nicht vollstreckbar. Gleichwohl kann auch hier eine Zuwiderhandlung eines Elternteils feststellbar sein. Insoweit ist fraglich, ob der andere Elternteil – gestützt auf den gerichtlich gebilligten Vergleich – Hilfe beim Gericht ersuchen kann. Handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, was den Ausschluss des §  1628 BGB zur Folge hat, sondern eine Angelegenheit des täglichen Lebens, so ist an eine feststellende Entscheidung entsprechend §  1687 Abs.  2 BGB zu denken. Um der gesetzlichen Kompetenzverteilung des §  1687 Abs.  1 BGB zur Durchsetzung zu verhelfen, wird die Zulässigkeit einer bloß feststellenden Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB bereits jetzt für die Fallgestaltung bejaht, dass der alltagssorgeberechtigte Elternteil seine Befugnis aus §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB zu überschreiten droht; das Gericht könne die Kindesangelegenheit, die einer elterlichen Entscheidung bedarf, dann entweder als der Alltagssorge (Abs.  1 S.  2) zugehörig oder aber als solche qualifizieren, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (Abs.  1 S.  1)780. Hierdurch werde der Weg für eine Alleinentscheidung des (gerade) betreuenden Elternteils durch das Gericht entweder geebnet oder blockiert781. Übertragen auf die hier in Rede stehende Sorgeausübung könnte das Gericht, sofern der handelnde Elternteil zwar entscheidungsbefugt ist, er jedoch – gleichsam im Rahmen des rechtlichen Könnens unter Überschreiten des rechtlichen Dürfens – von seinem Recht der Vereinbarung zuwider Gebrauch zu machen gedenkt, ebendies feststellen. Dies könnte den Elternteil, sofern die Handlung noch aussteht, davon, andernfalls von einer Wiederholung abhalten. Das Gericht dürfte die Handlung hingegen weder untersagen, geschweige denn eine eigene Entscheidung in der Sache treffen, noch Sanktionen im Falle einer Zuwiderhandlung verhängen. Eine solche könnte sich jedoch auf etwaige spätere Sorgerechtsentscheidungen, etwa nach §  1671 Abs.  1 BGB, auswirken, in deren Rahmen es auf die Kooperationsbereitschaft und Erziehungsfähigkeit (auch) dieses Elternteils ankommt. Was die Bindungswirkung anbelangt, so ist diese durch die Anwendung des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB über §  166 Abs.  1 FamFG gegenüber einer elternautonomen Regelung erhöht.

780 

Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  20; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  26.1; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1687 Rn.  6 a. E.: „mildeste[s] Mittel“. 781  Staudinger/Salgo §  1687 Rn.  21.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

cc) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab Fraglich ist, an welchem Maßstab das Gericht das Einvernehmen der Beteiligten zu prüfen hat, bevor es seine Billigung aussprechen darf. Gemäß §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG billigt das Gericht die Regelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Der Ansicht, dieser Maßstab sei mit Blick auf die Elternautonomie dahingehend zu korrigieren, dass eine gerichtliche Billigung entsprechend §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB nur bei Absehbarkeit einer Kindeswohlgefährdung zu unterbleiben habe, war bereits in Bezug auf eine Regelung über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit Blick auf die unterschiedlichen Entscheidungsgegenstände und Rechtsfolgen entgegenzutreten. Im Unterschied zu einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB, die die Zuweisung einer Rechtsposition zum Gegenstand und damit keinen vollstreckbaren Inhalt hat, ist der gerichtlich gebilligte Vergleich i. S. des §  156 Abs.  2 FamFG nämlich gemäß §  86 Abs.  1 Nr.  2 FamFG Vollstreckungstitel. Enthält er konkrete Handlungs- oder Duldungspflichten, so bedarf es zu deren zwangsweiser Durchsetzung folglich keiner erneuten gerichtlichen Entscheidung, die einer Prüfung am Maßstab des Kindeswohls Raum böte782. Da es mit dem staatlichen Wächteramt aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG aber nicht zu vereinbaren wäre, dem Gericht die Pflicht aufzuerlegen, selbst eine Entscheidung zu treffen, die, wenn sie das Kindeswohl auch nicht gefährdet, diesem doch immerhin widerspricht, ist der Vorschlag einer Angleichung des Maßstabs an denjenigen des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB auch an dieser Stelle abzulehnen. Bleibt die Frage, wann ein Kindeswohlwiderspruch i. S. des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG zu bejahen ist783. Sieht man – rein begrifflich784 – die Entsprechung zu 782  Nur das Vorliegen „besonderer, atypischer Konstellationen“ soll das Absehen von der Verhängung von Ordnungsmitteln zulassen, so insbesondere – mit Blick auf BVerfG FamRZ 2008, 845 – die zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht eines umgangsverweigernden Elternteils: BT-Drucks. 16/9733, 291. 783  Die oben für die Billigung einer Aufenthaltsregelung (unter §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (c) [ab S. 141]) erfolgte Herleitung des Maßstabs der triftigen, das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründe stützte sich auf denjenigen einer Herausgabeanordnung nach §  1632 Abs.  3, 1 BGB im Anschluss an eine ergangene Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein, da dies – und nicht §  1666 BGB – der Maßstab für die „Vollstreckung“ einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB wäre, dessen Übertragung vielfach gefordert wird. Da es an dieser Stelle aber nicht um den Aufenthalt des Kindes geht, spielt der Maßstab des §  1632 Abs.  3 BGB keine Rolle. 784  Der Sache nach reicht nach hier vertretener Ansicht eine Erforderlichkeit zum Wohle des Kindes nicht aus, um in eine Regelung der Eltern, an der diese übereinstimmend festhalten, mittels eigener Entscheidung des Gerichts (etwa nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB) einzugreifen (s. unter §  4 B. I. 2. a) dd) [S.  151]); der hierfür vorauszusetzenden von der elterlichen

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einem Kindeswohlwiderspruch, der ein Unterlassen des Gerichts rechtfertigt, für ein aktives gerichtliches Tätigwerden in der Kindeswohlerforderlichkeit785, die allgemein im Falle triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Gründe bejaht wird786, so sind ebendiese Gründe auch für die Bejahung eines relevanten Kindeswohlwiderspruchs zu fordern. Dieser Maßstab gilt somit für die Billigung einer Sorgeausübungsvereinbarung gleich welchen Inhalts. b) Feststellung der Sorgerechtsausübung (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog) aa) Feststellung der Sorgerechtsausübung §  1671 Abs.  1 BGB wird nicht nur als Grundlage zur Feststellung einer konkreten Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern generell zur „Absegnung“ einer elterlichen Organisation ihrer Sorgerechtsausübung in Erwägung gezogen787. Die familiengerichtliche Entscheidung entfaltet dabei nicht sorgerechtsgestaltende, sondern – entsprechend §  256 ZPO – bloß feststellende Wirkung. bb) Gerichtliche Billigung und Prüfungsmaßstab Wie bereits aufgezeigt, ist nicht der Maßstab des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG durch denjenigen der §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB zu ersetzen. Es ist vielmehr – steht am Ende doch eine im Grundsatz vollstreckbare Regelung über die Sorgeausübung788 – andersherum derjenige des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB dergestalt zu korrigieren, dass eine Billigung der elterlichen Vereinbarung zu erfolgen hat, wenn nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe dieser entgegenstehen. c) Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen auf der tatsächlichen Ebene der Sorge Erhöhte Bestandskraft und Vollstreckbarkeit einer auch andere als den Kindesaufenthalt betreffende Angelegenheiten der elterlichen Sorge erfassenden ElRegelung ausgehenden Kindeswohlgefährdung bedarf es zur Rechtfertigung eines schlichten Untätigbleibens des Gerichts in Form der Verweigerung seiner Billigung aber nicht. 785  S. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  66 Rn.  8 Fn.  60. 786  S. nur BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  50, §  1687 Rn.  26. 787  Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  51; dazu auch bereits unter §  4 B. I. 1. b) bb) (1) (ab S. 143). 788  Dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (1) (a) (ab S. 121) und §  4 B. I. 1. b) aa) (4) (b) (bb) (ab S. 139).

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ternvereinbarung lassen sich sowohl durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich analog §  156 Abs.  2 FamFG als auch eine gerichtliche Feststellung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog herbeiführen. Zur Versagung der Billigung oder Feststellung ist das Gericht jeweils nur berechtigt, sofern dieser triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. 3. Ergebnis zur gerichtlichen Beteiligung bei Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen im Falle des Elternkonsenses §  1687 Abs.  1 BGB sieht ein von den Eltern unmittelbar nicht veränderliches Regelungsmodell vor. Es weist den Eltern zum Zwecke der Konfliktvermeidung jedenfalls insoweit feste Entscheidungskreise zu, als eine Verlagerung von Alleinentscheidungsbefugnissen, nicht aber eine Ausdehnung des Kreises gemeinsam zu treffender Entscheidungen unter Einengung der Alltagssorge möglich ist. Damit schließt es die volle gemeinsame Sorge, wie sie vor der Trennung nach §§  1626 ff. BGB, vor dem KindRG aber auch noch nach der Trennung bestanden hatte, aus. Dieser Zustand ist im Falle des Vorhandenseins eines auf die Ausweitung der rechtlichen Sorgegemeinsamkeit gerichteten übereinstimmenden Elternwillens sowie entsprechender Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit nicht durch das staatliche Wächteramt aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG gerechtfertigt und verstößt daher gegen Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG. Da dem Gesetzgeber – insbesondere mit Blick auf die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung von 1982789 – jedoch der Wille790 unterstellt werden darf, die Nachtrennungssorge mit §  1687 BGB verfassungsgemäß zu regeln, ist dessen Abs.  2 verfassungskonform auszulegen: Die gemeinsame rechtliche Sorge nach der Trennung ist für das Kindeswohl erforderlich i. S. dieser Norm, soweit die Eltern sie übereinstimmend begehren und sich mit diesem Begehren an das Familiengericht wenden. Auch eine über die Verbindlichkeit einer widerruflichen Ermächtigung oder Bevollmächtigung hinausgehende Verrechtlichung der Begründung bzw. Übertragung von Alleinentscheidungsbefugnissen in Abweichung von §  1687 Abs.  1 BGB setzt eine familiengerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB und/oder §  1687 Abs.  2 BGB voraus. 789 

S. §  4 Fn.  689. So hält der Rechtsausschuss, wenn „sich die Eltern für die gemeinsame Sorge entschieden haben und eine Basis für die Ausübung der gemeinsamen Sorge besteht“, diese für „die dem Kindeswohl am besten entsprechende Lösung“ (BT-Drucks. 13/8511, 66 r.  Sp. 2.  Spiegelstrich); außerdem dürfe die „konfliktvermeidende Alleinentscheidungsbefugnis […] nicht so weit gehen, daß die gemeinsame elterliche Sorge zu einer leeren Hülse wird“ (BT-Drucks. 13/8511, 67 l.  Sp. 2.  Spiegelstrich). 790 

§  4 Gemeinsame elterliche Sorge und Elternkonsens

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Geht es den Eltern darum, eine über die Festlegung des Kindesaufenthalts hinausgehende Regelung über die Ausübung der Sorge gegen eine spätere einseitige Abkehr gerichtlich abzusichern, so kann dies durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich in analoger Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG sowie durch Feststellung der Sorgeausübung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog geschehen.

C. Ergebnisse Die Eltern können somit im Falle der Einigkeit ein Wechselmodell in vielfältiger Weise begründen: Autonom, also durch bloße Vereinbarung in Ausübung sowohl ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts als auch ihres Umgangsrechts, können die Eltern zunächst einen wiederkehrend wechselnden Aufenthalt des Kindes in der gewünschten Frequenz und samt Übergabemodalitäten regeln, sofern dieser das Kind im konkreten Einzelfall nicht gefährdet. Das so vereinbarte Wechselmodell ist rechtlich verbindlich festgelegt und lässt sich nicht einfach durch einseitige Aufkündigung wieder beseitigen: Es bedarf zur Abweichung vom Vereinbarten vielmehr einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB über das Aufenthaltsbestimmungsrecht bzw. nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB über das Umgangsrecht, wobei der antragstellende bzw. eine Abweichung anregende Elternteil vorzubringen hat, warum von der ursprünglich im Konsens festgelegten Regelung des Kindesaufenthalts nunmehr abzuweichen ist. Das Kind kann im Falle des Konflikts über dessen Aufenthalt mittels vollstreckbarer familiengerichtlicher Herausgabeanordnung gemäß §  1632 Abs.  3, 1 BGB i. V. mit §§  89 f. FamFG zurückgeführt werden. Was die übrigen Entscheidungs­ zuständigkeiten anbelangt, so sind diese der elterlichen Disposition insoweit entzogen, als die Eltern die durch §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB begründeten Alleinentscheidungsbefugnisse ausschließlich mittels widerruflicher Ermächtigungen oder Bevollmächtigungen ausweiten oder übertragen, nicht aber verengen und so das Maß gemeinsam zu treffender Entscheidungen erhöhen können. Unter gerichtlicher Beteiligung lässt sich die Absicherung eines dergestalt getroffenen Wechselmodellarrangements gegen eine spätere Abkehr eines Elternteils erreichen. Eine dazu erforderliche unmittelbare und umfängliche – gemeint ist die zwangsweise Durchsetzung nicht nur der Herausgabe des Kindes vom anderen Elternteil, sondern auch des Kindesaufenthalts bei diesem – Vollstreckbarkeit der Elternvereinbarung sowie eine direkte Anwendbarkeit des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB auf selbige lässt sich durch einen gerichtlichen Billi-

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gungsakt in Form eines Vergleichs (§  156 Abs.  2 FamFG [analog]791) oder einer feststellenden Entscheidung (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. mit §  256 ZPO analog) erreichen. Von geringem Nutzen für die Durchsetzung und damit Absicherung eines Wechselmodells ist dagegen die – wenn auch rechtstechnisch mögliche und im Falle des elterlichen Konsenses zulässige – zeitliche Aufspaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB. Diese ist mangels Begründung konkreter Handlungspflichten – die Ausübung der Aufenthaltsbestimmungsrechtspositionen steht im Ermessen der Eltern – nicht der Vollstreckung zugänglich und bietet damit keine Vorteile gegenüber einer elternautonomen Regelung des Kindes­ aufenthalts. Auch eine elterliche Vereinbarung zur über den Aufenthalt des Kindes hinausgehenden Sorgeausübung lässt sich durch eine gerichtliche Billigung nach genannten Vorschriften verfestigen. Sollen hingegen die elterlichen Entscheidungszuständigkeiten in Abweichung von §  1687 Abs.  1 BGB geregelt werden, also der Kreis gemeinsam zu entscheidender Kindesangelegenheiten verbindlich ausgeweitet oder Alleinentscheidungsbefugnisse verbindlich begründet oder übertragen werden, so bedarf es hierzu einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §  1687 Abs.  2 BGB bzw. §  1671 Abs.  1 BGB; im Falle eines übereinstimmenden Elternwillens gilt für beide Entscheidungen der Prüfungsmaßstab der §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 BGB, das Gericht ist mithin bis zur Schwelle einer Kindeswohlgefährdung an den Willen der Eltern gebunden.

791  Einer Analogie bedarf es nicht, wenn das Wechselmodell durch eine Umgangsvereinbarung begründet wird.

§  5 Gemeinsame elterliche Sorge und Elterndissens unter besonderer Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen Als wesentlich schwieriger stellen sich, wie nachfolgend aufgezeigt wird, die Begründungsmöglichkeiten eines Wechselmodells für den Fall dar, dass diese Art der Betreuung nur von einem Elternteil begehrt wird, während der andere insbesondere eine alleinige Betreuung des Kindes bei sich anstrebt oder aber – infolge strikter Ablehnung eines wiederkehrend wechselnden Kindesaufenthalts – eher noch auf jeglichen Aufenthalt des Kindes bei sich verzichtet. Nicht außer Acht zu lassen ist überdies das richterliche Begehren, ein im Verfahren als kindeswohldienlich herausgestelltes Wechselmodell gegen den erklärten Willen beider Elternteile anzuordnen.

A. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Besondere praktische wie dogmatische Bedeutung kommt der im Folgenden nachzugehenden Frage zu, ob eine – originäre – Regelung des Kindesaufenthalts in Form eines Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung zulässig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage mangels Entscheidungserheblichkeit bisher ausdrücklich offengelassen und ihre Beantwortung primär den Fachgerichten zugewiesen1. Insbesondere die obergerichtliche Rechtsprechung hält eine Anordnung – sei es im Wege sorgerechtlicher Regelung, sei es als Entscheidung zum Umgangsrecht – ganz überwiegend für ausgeschlossen, wobei diese ablehnende Haltung entweder auf das Fehlen einer geeigneten Rechtsgrundlage2 oder schlicht bzw. hilfsweise auf das Argument gestützt wird, dass 1 

FamRZ 2015, 1585, 1586 Rn.  13; s. auch FamRZ 2018, 593 (LS). Zum Sorgerecht OLG Brandenburg FF 2012, 457, 459; OLG Düsseldorf (8. FamS) ZKJ 2011, 256, 257 = FamRZ 2011, 1154 (1. LS); OLG Jena, Beschl. v. 15.6.2015 – 2 UF 60/15, juris Rn.  21; OLG Naumburg FamRZ 2014, 50; OLG Saarbrücken FuR 2015, 678; Beschl. v. 8.9.2014 – 6 UF 70/14, juris Rn.  34; FamRZ 2015, 62; MDR 2014, 1326 (einstw. AO); OLG Schleswig (2. FamS) SchlHA 2017, 145, 150 = FamRZ 2016, 1945 (2. LS); OLG Stuttgart 2 

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ein Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils nicht funktionieren und daher auch nicht gerichtlich durchgesetzt werden könne3. Anders positioniert hat sich der Bundesgerichtshof: Ob die Möglichkeit besteht, ein Wechselmodell durch eine Sorgerechtsregelung anzuordnen, ließ er offen, bejahte aber die gerichtliche Anordnungskompetenz nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB, da „das Gesetz keine Beschränkung des Umgangsrechts dahingehend [enthalte], dass vom Gericht angeordnete Umgangskontakte nicht zu hälftigen Betreuungsanteilen der Eltern führen dürfen“4. FamRZ 2007, 1266; AG Konstanz FamRZ 2016, 476; a. A. OLG Düsseldorf (6. FamS), Beschl. v. 7.11.2012 – 6 UF 191/12, juris Rn.  6, 8: einstw. AO eines Wechselmodells als Sorgerechtsregelung; OLG Schleswig (5. FamS) SchlHA 2014, 456, 458. Zum Umgangsrecht OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818, 1819 f.; Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457 f. = FamRZ 2012, 1886 (1. LS); FamRZ 2010, 1352, 1353; OLG Dresden MDR 2016, 1456; OLG Jena FamRZ 2016, 2126; Beschl. v. 15.6.2015 – 2 UF 60/15, juris Rn.  22; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120, aufgehoben vom BGH FamRZ 2017, 532; OLG Saarbrücken MDR 2014, 1326 (einstw. AO); OLG Schleswig (2. FamS) FamRZ 2016, 1788, 1790; SchlHA 2017, 145, 150 = FamRZ 2016, 1945 (2. LS); a. A. OLG Braunschweig FamRZ 2015, 61 (ohne nähere Begründung); OLG Celle FamRZ 2008, 2053; OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 913; FamRZ 2016, 909, 911; KG FamRZ 2012, 886 (als „Ausnahmefall“ bezeichnet); FamRZ 2008, 634, 636; OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284 Rn.  30; AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 341; AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154 f. 3  Zum Sorgerecht OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  28 = FamRZ 2016, 1473 (LS); Beschl. v. 15.10.2013 – 3 UF 90/12, juris Rn.  42; FamFR 2010, 383 = FamRZ 2011, 120 (LS); FamRZ 2009, 1759, 1761; OLG Hamm, Beschl. v. 24.5.2016 – 3 UF 139/15, juris Rn.  73 (Verfahren nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB); KG ZKJ 2015, 422, 424 = FamRZ 2015, 1910 (LS); FamRZ 2014, 50, 51; OLG Schleswig (2. FamS) SchlHA 2017, 145, 150 f. = FamRZ 2016, 1945 (2. LS). Zum Umgangsrecht OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  28 = FamRZ 2016, 1473 (LS); OLG Dresden FamRZ 2011, 1741 (LS); OLG Jena FamRZ 2016, 2122, 2123 f. m. krit. Anm. Hammer; Beschl. v. 15.6.2015 – 2 UF 60/15, juris Rn.  23, 27; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1885; NJW 2012, 398 = FamRZ 2012, 646 (1. LS); KG ZKJ 2015, 422, 424 = FamRZ 2015, 1910 (LS); FamRZ 2014, 2013, 2014; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1738; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739; OLG München FamRZ 2013, 1822; OLG Naumburg FamRZ 2015, 764; Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  13, 16; FamRZ 2014, 50; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120, aufgehoben vom BGH FamRZ 2017, 532; OLG Saarbrücken FuR 2015, 678; FamRZ 2015, 62; AG Gummersbach, Beschl. v. 24.3.2009 – 22 F 419/08, juris Rn.  15; a. A. OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 914; KG FamRZ 2012, 886, 887 (im „Ausnahmefall“ aufgrund beachtlichen Kindeswillens); AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 342 f.; FamRZ 2013, 1590, 1591; AG Hannover FamRZ 2014, 1212 (einstw. AO); AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 153. Eine auf das Argument, ein Wechselmodell sei gegen den Willen eines Elternteils nicht durchführbar, gestützte Entscheidung begründet für sich genommen keine Befangenheit des Richters nach §  6 FamFG i. V. mit §  42 Abs.  1 ZPO: OLG Köln, Beschl. v. 2.5.2011 – 10 UF 42/11, juris Rn.  16 = FamRZ 2012, 318 (LS). 4  FamRZ 2017, 532, 533 Rn.  15 m. insow. krit. Anm. Schwonberg = NJW 2017, 1815 m. krit. Anm. Hennemann NJW 2017, 1787 = FF 2017, 152 m. Anm. Keuter; abl. Stellungnahme des DFGT zum Wechselmodell FF 2017, 182, 183 = FamRZ 2017, 584, 585: „Grundkonzep­

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Ob dem Bundesgerichtshof in seiner Argumentation gefolgt werden kann, wird im Nachfolgenden einer dogmatischen Untersuchung unterzogen. Dabei ist zunächst nach einer geeigneten Rechtsgrundlage zur Anordnung eines Wechselmodells zu suchen. Von ihrem Vorhandensein und ihrem Eingriffsmaßstab hängt es ab, ob sich die von einigen Gerichten aufgeworfene Frage nach der Kindeswohldienlichkeit der Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils überhaupt noch stellt.

I. Sorgerecht Eine geeignete Rechtsgrundlage zur Anordnung eines Wechselmodells könnte bereits de lege lata in den Sorgerechtsregelungen ausfindig zu machen sein. In Betracht gezogen wird hier insbesondere §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB (dazu unter 1. a) und 2. a)). Doch auch §§  1628, 1666 und 1696 Abs.  1 S.  1 BGB (dazu unter 1. b) und – beschränkt auf §  1666 BGB – 2. b)) könnten zur gerichtlichen Begründung eines Wechselmodells geeignet sein. 1. Rechtliche Ebene der Sorge a) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB Zum Teil wird die gerichtliche Begründung eines Wechselmodells über eine gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB in Betracht gezogen5. Ausgangspunkt dabei ist der Antrag eines Elternteils bzw. sind Anträge beider Elternteile auf Zuweisung zumindest teilweiser Alleinsorge, ohne dass zuvor eine Elternvereinbarung über den Aufenthalt des Kindes bestand. Wird ein Antrag bzw. werden Anträge nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB gestellt, um den Kindesaufenthalt in Abweichung von einer trotz einseitiger Aufkündigung fortbestehenden Elternvereinbarung nunmehr in Form eines Wechselmodells zu regeln, so gelten die nachfolgenden Ausführungen entsprechend mit der Maßgabe, dass der Kindeswohlmaßstab des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB insofern zu modifizieren ist, als es einer gesteigerten Darlegungslast bedarf, um von der Elternvereinbarung abzuweichen6. tion des BGH-Beschlusses […] verfehlt“; krit. hinsichtlich der Verortung der gerichtlichen Anordnungskompetenz im Bereich des Umgangsrechts Gottschalk/Heilmann ZKJ 2017, 181, 182, 183; überwiegend positiv Schwamb NZFam 2017, 253. 5  OLG Schleswig SchlHA 2014, 456, 458; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 376 ff.; s. auch KG FamRZ 2012, 886, 887, das eine zeitliche Aufspaltung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zwar für denkbar, jedoch „unpraktikabel“ und „rechtlich bedenklich“ hält, da die Möglichkeit einer Umgangsregelung die Erforderlichkeit eines Sorgerechtseingriffs entfallen lasse. 6  S. bereits unter §  4 A. II. 1. b) cc) (2) (b) (bb) (S. 72); auch hier ist aber die Variabilität

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Liegt dagegen eine außergerichtliche, aber verbindliche Einigung über den Aufenthalt des Kindes im wiederkehrenden Wechsel vor, so fehlt es einem Antrag – hier: ohne Zustimmung des anderen Elternteils – auf periodische Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts entsprechend der Vereinbarung schon am Rechtsschutzbedürfnis7; jedenfalls aber erfordert das Kindeswohl in diesem Falle nicht die Aufhebung der gemeinsamen Sorge im Teilaspekt des Aufenthaltsbestimmungsrechts8, sodass die Aufhebung und Übertragung auf den Antragsteller allein dem Wohl des Kindes nicht am besten entspricht, es somit an den Voraussetzungen von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB fehlt und ein entsprechender Antrag unbegründet ist9. Zwei sich ergänzende Anträge auf periodische Zuweisung sind als Antrag und Zustimmung und damit nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB zu behandeln10. aa) Regelungsmechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB Nach §  1671 Abs.  1 S.  1 BGB entzieht das Familiengericht einem Elternteil die elterliche Sorge oder einen Teil derselben und weist sie bzw. ihn dem anderen Elternteil allein zu. Die familiengerichtliche Intervention nach §  1671 Abs.  1 BGB ist also auf die Neuordnung der rechtlichen Sorgekompetenzen der Elternteile gerichtet; Regelungsgegenstand ist folglich allein die Inhaberschaft des Sorgerechts bzw. von Teilen desselben, wohingegen die Ausübung des Sorgerechts den Eltern auch nach deren Trennung überlassen bleibt11. Und dieser beder Indizwirkung der Vereinbarung in Abhängigkeit von deren Alter und Zustandekommen zu berücksichtigen (s. S. 73). 7  S. unter §  4 B. I. 1. a) bb) (ab S. 112); allg. NK-BGB/Rakete-Dombek §  1671 Rn.  5. 8  Die Erforderlichkeit einer Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge lässt sich jedenfalls nicht mit dem Zweck der Herstellung eines Machtgleichgewichts zwischen den Eltern begründen; so zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil allein BVerfG FF 2009, 416, 419; dies auch auf ein Wechselmodell übertragend MüKoBGB/ Hennemann §  1671 Rn.  30 a. E. 9  So – freilich zum Residenzmodell – die Schlussfolgerung des OLG Stuttgart FamRZ 1999, 39, 40, der ein Antrag nach §  1671 Abs.  1, 2 Nr.  2 BGB a. F. zugrunde lag; gleichfalls OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042 f.; wohl auch AG Bad Iburg FamRZ 2000, 1036, 1037: wechselseitige Anträge (auf vorläufige Anordnung der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts). 10  Vgl. zu übereinstimmenden Anträgen der Eltern BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  18; zu dieser Fallgestaltung unter §  4 B. I. 1. a) (ab S. 108); zur Konstellation zweier Anträge, die zwar auf ein Wechselmodell, jedoch mit unterschiedlichen Betreuungszeiträumen gerichtet sind, unter §  5 A. I. 2. a) aa) (4) (ab S. 224). 11  OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457, 458, 459; OLG Naumburg, Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  15; AG Konstanz FamRZ 2016, 476 f.; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  51 f., 60, 106; ders. FF 2010, 10, 12; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160;

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grenzte Regelungsgegenstand des §  1671 Abs.  1 BGB wirkt sich auf die Fähigkeit des Gerichts zur Begründung eines Wechselmodells aus. (1) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein Zunächst steht es dem Gericht, das zu der Überzeugung gelangt ist, das Wechselmodell sei die dem Kindeswohl zuträglichste Betreuungsform, offen, demjenigen Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zuzuweisen, der dieses – entgegen dem Willen des anderen Elternteils – zu praktizieren wünscht12. Umgekehrt kommt zwecks Einrichtung eines Residenzmodells die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den anderen Elternteil in Betracht13. Im Gegensatz zum Residenzmodell kann sich die Begründung eines Wechselmodells jedoch selbst für den Inhaber des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts gegen den Willen des anderen Elternteils als schwierig herausstellen. Der Unterschied zwischen der Etablierung eines Residenzmodells und derjenigen eines Wechselmodells liegt dabei nicht zuvörderst auf der rechtlichen, sondern der tatsächlichen Ebene der Sorge begründet: Weist das Gericht demjenigen Elternteil, der ein Residenzmodell zu praktizieren gedenkt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder mit diesem weitere Teile der Sorge allein zu, so ist es diesem Elternteil rechtlich wie tatsächlich möglich, das Residenzmodell zu etablieren, auch wenn der andere Elternteil dieses weiterhin ablehnt oder es Jokisch FuR 2013, 679, 680 a. E.; dies. FuR 2016, 85, 90 f.; Marchlewski FF 2015, 98, 104 f.; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 91, 79 f., 105; Treichel NZFam 2016, 1128, 1129 f., 1132; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  29, 32 a. E.; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  40; ­Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  685, 272; a. A. AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 155; zu der Unterscheidung zwischen Inhaberschaft und Ausübung eines Rechts bereits grund­legend unter §  3 B. II. (ab S. 14); zum Unterschied zur gerichtlichen Billigung eines elterlichen Einvernehmens (über die Ausübung ihres gemeinsamen Sorgerechts) unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (bb) (bbb) (ab S. 130). 12  So gehandhabt vom AG Duisburg FamRZ 2015, 1305 (einstw. AO). Für rechtlich ausgeschlossen hält dies das AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, jedenfalls sofern die Übertragung mit der gerichtlichen Zwecksetzung einherginge, das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit dem Ergebnis eines Wechselmodells auszuüben. Gegen diesen Weg spricht sich auch MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  31 aus, weil der alleinentscheidungsberechtigte Elternteil den Aufenthalt auch anders als vor Gericht bekundet bestimmen könne; ebenso Hammer FamRZ 2015, 1433, 1436 f., der in einer solchen Entscheidung ein „erhebliches Machtgefälle“ erkennt. Dabei wird jedoch verkannt, dass es bei einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB nicht darum geht, für eine „Machtbalance“ zwischen den Eltern zu sorgen (s. nur BVerfG FF 2009, 416, 419) – ein Ziel, das in der periodischen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gleichwohl deutlich zum Ausdruck kommt –‍, sondern dass – im Gegenteil – gerade die Rechtsposition des einen Elternteils zulasten des anderen gestärkt werden soll, damit jener zum Wohle des Kindes allein entscheiden kann. 13  S. etwa VerfGH München FamRZ 2012, 470, 471.

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selbst für sich anstrebt; denn letztgenannter hat keine Rechtsposition mehr zur Bestimmung des Kindesaufenthalts, und auch in tatsächlicher Hinsicht bedarf es – den Umgang außen vor gelassen – mangels Kindesaufenthalts bei ihm keiner Mitwirkung. Dies gestaltet sich bei einem Wechselmodell grundlegend anders: Auch hier steht es dem allein aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil zwar rechtlich frei, den Aufenthalt des Kindes in Form eines Wechselmodells festzulegen. Damit verfügte er aber zugleich über die Zeit und die Betreuungsleistung des anderen Elternteils, ein Umstand, zu dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht schwerlich berechtigt14. Eine Pflicht dieses Elternteils zur Aufnahme des Kindes bei sich folgt also aus der Entscheidung des sein Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübenden Elternteils nicht. Solange jener mit einer ihm abverlangten Betreuung des Kindes im vom aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil vorgeschlagenen Umfang nicht einverstanden ist, wird sich der Kindesaufenthalt bei ihm folglich weder faktisch noch rechtlich durchsetzen lassen. Eine rechtliche Durchsetzung scheitert, wie bereits aufgezeigt15, daran, dass sich infolge einer einseitigen16 Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zwar eine Herausgabeanordnung gemäß §  1632 Abs.  3, 1 BGB erwirken, sich mangels Pflicht des das Wechselmodell ablehnenden Elternteils zur Aufnahme des Kindes ebendiese Aufnahme hingegen nicht mittels Vollstreckungsmaßnahmen erzwingen lässt. (2) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel Um dieses Hindernis auf der tatsächlichen Sorgeebene zu überwinden, wird vorgeschlagen, den tatsächlichen Wechsel des Kindesaufenthalts bereits auf der rechtlichen Ebene durch eine entsprechende zeitweise Aufteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zwischen den Eltern zu antizipieren17. 14  AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477: Keine Befugnis, den anderen Elternteil zur Mitwirkung zu verpflichten; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  31. 15  Unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (b) (ab S. 119). 16  Anders verhält es sich, wenn beide Elternteile von ihrer Rechtsposition dergestalt Gebrauch machen, dass Resultat ein Wechselmodell ist, und sie sich zu dieser Ausübung auch verbindlich verpflichten; dann ist im Konfliktfall nicht nur eine Herausgabe vom jeweils anderen Elternteil, sondern auch eine Aufnahme des Kindes durch diesen erzwingbar (dazu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (1) (a) [ab S. 121]). 17  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 377 ff.; dies./Rixe FamRB 2014, 418, 420 f.; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1437 ff.; ders. FamRZ 2016, 915, 916, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 2016, 912; zur Zulässigkeit einer solchen periodischen Zuweisung von Rechtspositionen über §  1671 Abs.  1 BGB in rechtstechnischer Hinsicht unter §  4 B. I. 1. a) aa) (ab S. 109).

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Ohne zu verkennen, dass hierin eine nicht selten erfolgversprechende Einflussnahme des Gerichts auf die Begründung eines Wechselmodells liegen mag18, soll von vornherein auf die Untauglichkeit auch dieses Ansatzes zur unmittelbaren Festlegung einer solchen Betreuungsweise durch das Gericht hingewiesen werden: Weder der wechselmodellwillige Elternteil (dazu unter (a)) noch das Gericht (dazu unter (b)) vermag im Anschluss an bzw. durch eine solche Entscheidung ein Wechselmodell gegen den Willen des anderen Elternteils tatsächlich durchzusetzen. (a) Keine zwangsweise Durchsetzung eines Wechselmodells durch den wechselmodellwilligen Elternteil Denn auch diese rechtliche Konstruktion einer wechselseitigen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts führte in der Praxis nur dann zu einem Wechselmodell, wenn der gerade berechtigte Elternteil das Kind im jeweiligen Zeitraum zu sich nimmt. Das Recht zur Aufenthaltsbestimmung ist jedoch keineswegs gleichzusetzen mit dem Aufenthalt des Kindes19; aus ersterem resultiert nicht die Pflicht zur (eigenen) Betreuung20. Zwar bringen Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und §§  1626 Abs.  1 S.  1, 1631 Abs.  1 BGB den fiduziarischen Charakter21 von Eltern- und Sorgerecht klar zum Ausdruck („das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ bzw. „die Pflicht und das Recht“). Aus der Rechtsposition folgt also jeweils auch eine Pflicht, diese (zum Wohle des Kindes) auszuüben 22. Damit ist aber lediglich über das „Ob“ eines elter­ lichen Tätigwerdens entschieden, wohingegen die Eltern hinsichtlich des „Wie“ – freilich im Rahmen des Kindeswohlverträglichen – frei sind 23.

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Zu dieser mittelbaren Einflussnahme im Anschluss unter §  5 A. I. 2. a) aa) (ab S. 220). BGH NJW 1952, 1254, 1255: Die „Übertragung [des Personensorgerechts] bedeutet keineswegs, daß das Kind bei dem Elternteil untergebracht werden müsse, dem die Sorge übertragen worden ist. Es kann u. U. so liegen, daß es dem Wohl des Kindes entspricht, daß der Sorgeberechtigte es […] dem anderen Elternteil einstweilen überläßt“; jüngst jedoch eine – bewusste? – Kehrtwende vollziehend in FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  19, wonach „in anderen rechtlichen Zusammenhängen die Festlegung des hauptsächlichen Aufenthalts des Kindes bei einem Elternteil unausweichlich ist“. 20  Coester FF 2010, 10, 12 Fn.  22. 21  S. nur BVerfGE 61, 358, 372 = FamRZ 1982, 1179, 1182; hierzu bereits ausf. unter §  4 A. I. 1. (S. 20 f.). 22  Runge FPR 1999, 142, 145, betont die „gemeinsame[n] Sorgepflicht“; s. auch Bode FamRZ 2000, 478: „Pflicht zur elterl. Sorge“; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337: „Pflichtengebundenheit des elterl. Sorge‚rechtes‘“; BRAK ZfJ 1998, 64, 66: „Kern ihres Sorge‚rechtes‘ ist […] ihre Verantwortung“. 23  Schmitt Glaeser DÖV 1978, 629, 634; Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. 19 

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Solange also die Festlegung des Kindesaufenthalts beim (zeitweise) aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil nicht die einzige Ausübungsweise darstellt, die das Kindeswohl nicht gefährdet, liegt es im Ermessen dieses Elternteils, wie er von seiner Ausübungsbefugnis und der damit einhergehenden Ausübungspflicht Gebrauch macht. Hält er es aus Gründen des Kindeswohls für zwingend erforderlich, dass das Kind einen festen Lebensmittelpunkt hat, so wird er – mangels Möglichkeit zur Begründung desselben bei sich – seiner aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG resultierenden und in §  1631 Abs.  1 BGB übersetzten ­Elternverantwortung auch dadurch gerecht, dass er auf einen Aufenthalt des Kindes bei sich verzichtet, diesen vielmehr auch für die eigenen Zeiträume des Innehabens der Rechtsposition und damit allein beim anderen Elternteil bestimmt. Auch darin kann eine Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zum Wohle des Kindes liegen. Damit scheidet aber auch bei dieser Konstruktion eine Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung über den wiederkehrenden Wechsel des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Wege der Vollstreckung aus: Da nach §  1671 Abs.  1 BGB, wie gesehen, nur das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, nicht aber die Pflicht zur selbigen bei sich zugewiesen wird, führt auch eine Entscheidung nach §  1632 Abs.  3, 1 BGB nicht weiter24, in deren Anschluss sich allenfalls25 die Herausgabe des Kindes etwa an den wechselmodellwilligen Elternteil erzwingen ließe, sollte der andere, das Residenzmodell bei sich präferierende Elternteil das Kind nicht wieder herausgeben. Nicht durchzusetzen wäre dagegen die „Weggabe“ des Kindes bzw. die Aufnahme desselben in den Haushalt des residenzmodellwilligen Elternteils, falls dieser den Wechsel aus Kindeswohl­ gesichtspunkten ablehnt und sich deshalb gegen den Aufenthalt des Kindes bei sich verwehrt. (b) Keine zwangsweise Durchsetzung eines Wechselmodells durch das Gericht Dieser Ausübungsbefugnis des (jeweils) aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils hat auch das Gericht nichts entgegenzusetzen: Denn ebenso wenig, wie es – das Residenzmodell vor Augen – dem aufgrund gerichtlicher Entscheidung umfänglich allein aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil auftragen kann, den Kindesaufenthalt ausschließlich bei sich und nicht etwa in einem (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 72; Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  156; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  67. 24  A. A. Hammer FamRZ 2015, 1433, 1437, 1438. 25  Es wird zu Recht eingewandt, dass sich das Kind u. U. in dem Zeitpunkt, in dem die gerichtliche Entscheidung nach §  1632 Abs.  3 BGB ergeht, bereits wieder rechtmäßig beim die Herausgabe verweigernden Elternteil aufhält: Gutjahr FPR 2006, 301, 302; Jokisch FuR 2013, 679, 681; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 82.

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Internat, vorübergehend bei den Großeltern oder auch (zeitweise) beim anderen Elternteil zu begründen, kann es die periodische Zuweisung der Rechtsposition Aufenthaltsbestimmung mit einer vollstreckbaren „Anordnung“ oder „Auflage“ verknüpfen, der jeweils Berechtigte müsse das Kind im entsprechenden Zeitraum zu sich nehmen. Gleichfalls ausgeschlossen ist es, dem ein Residenz­ modell präferierenden Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht verbunden mit der Anordnung allein zuzuweisen, die Ausübung dieses Rechts zeitweise dem anderen Elternteil zu überlassen 26. Denn einfachrechtlich ist eine solche Entscheidung des Gerichts mit §  1671 Abs.  1 BGB nicht vorgesehen. Das Gericht weist – wie auch im Falle einer Entscheidung nach §  1628 BGB27 – über §  1671 Abs.  1 BGB ausschließlich eine Rechtsposition zu, ohne weitergehend darüber zu befinden, wie diese im Anschluss daran auszuüben sein möge. Zwar sieht §  1628 S.  2 BGB die Befugnis des Gerichts vor, die Übertragung der zwischen den Eltern strittigen Entscheidung mit einer Auflage zu versehen; diese Vorschrift wird jedoch teils für systemwidrig und mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG verfassungsrechtlich bedenklich gehalten 28, jedenfalls aber nur unter der Maßgabe gebilligt, dass das Gericht nicht über den Umweg der Auflage seine eigene Entscheidung in der Sache an die Stelle der elterlichen zu setzen gedenkt29. Dieser zunächst als bestreit-30 oder austauschbar31 erscheinende einfachrechtliche Regelungsmechanismus sowohl von §  1628 BGB als auch §  1671 Abs.  1 BGB ist dies keineswegs: Er ist zwingende Rechtsfolge einer Norm, die unter Anerkennung und Wahrung der Elternverantwortung diese als solche unberührt lässt und lediglich zwischen den je durch Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG geschützten Elternrechten vermittelt. Damit ist die Frage, ob das Gericht ein Wechselmodell anordnen kann, dies doch zumindest – im Wege der Analogie bzw. de lege feCoester FF 2010, 10, 12 Fn.  23. S. unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (S. 86 f.). 28  Coester DEuFamR 1999, 3, 12 Fn.  138. 29  BT-Drucks. 7/2060, 20, und BT-Drucks. 8/2788, 46: „abhängiges Gestaltungsmittel, das seine Grundlage in dem Elternvorschlag findet“; Simon JuS 1979, 752; Diederichsen NJW 1980, 1, 4; MüKoBGB/Huber §  1628 Rn.  22; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1628 Rn.  10; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1628 Rn.  13 a. E.; BeckOGK BGB/Amend-Traut (10.2017) §  1628 Rn.  62; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  49 a. E., die sich de lege ferenda jedoch für die Schaffung einer eigenen richterlichen Sachentscheidung in Ausnahmefällen ausspricht (Rn.  48). 30  Es sei umstritten, ob eine bestimmte Ausübung der elterlichen Sorge zu den Gestaltungsbefugnissen des Gerichts nach §  1671 Abs.  1 gehöre: OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1515, 1516. 31  Zu Überlegungen, §  1671 Abs.  1 BGB de lege ferenda auch auf Ausübungsfragen zu erstrecken, unter §  8 A. II. 2. a) (ab S. 295). 26  27 

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renda – können muss, in der Normenhierarchie bereits eine Ebene höher, namentlich auf die des Grundgesetzes, gehoben, und nur von dieser ausgehend kann auch nach einer Erklärung oder, sofern erforderlich, einer Lösung gesucht werden: Denn sowohl der Inhalt der kindschaftsrechtlichen Normen als Ergebnis der legislatorischen Tätigkeit des Staates als auch die Rechtsanwendung durch die Gerichte und damit die Judikative in diesem Bereich sind ganz wesentlich durch die grundgesetzliche Entscheidung geprägt, die Verantwortung für ein Kind in erster Linie als elterliche und gerade nicht als staatliche auszugestalten. (aa) Grundgesetzliches Kompetenzgefüge (aaa) Eltern als primäre Erziehungsträger Die Bestimmung des konkreten Kindesaufenthalts ist zentraler Bestandteil der Pflege und Erziehung des Kindes, die das Grundgesetz mit Art.  6 Abs.  2 S.  1 zuvörderst in die Hände der Eltern legt. Denn insbesondere nach der Trennung der Eltern kommt dem Recht zur Aufenthaltsbestimmung zwecks Verteilung des Kindesaufenthalts unter den Eltern und damit zwecks Festlegung ihrer jeweiligen Betreuungsleistung eine herausragende Bedeutung zu. Aus dem auch nach Trennung und Scheidung fortbestehenden und weiterhin verfassungsrechtlich geschützten32 Elternrecht folgt die zuvörderst den Eltern obliegende Pflicht, eine in der Trennungssituation vernünftige, den Interessen des Kindes entsprechende Lösung für seine Pflege und Erziehung sowie seine weiteren persönlichen Beziehungen zu den Eltern zu finden33 und die mit der Scheidung für die Entwicklung des Kindes regelmäßig verbundene Schädigung möglichst gering zu halten34. Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG weist damit aber auch primär den Eltern das Recht zu, die Pflege und Erziehung des Kindes nach ihren 32 

BT-Drucks. 8/2788, 62; BVerfGE 31, 194, 205, 207 = FamRZ 1971, 421, 424; E 55, 171, 178 = FamRZ 1981, 124, 125; E 61, 358, 372 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182; FamRZ 1995, 86, 87; KG NJW 1980, 2419, 2420; FamRZ 1969, 432, 433; BayObLG FamRZ 1963, 141, 142; LG Bremen FamRZ 1977, 402, 404 und 405; LG Mannheim FamRZ 1971, 185, 186; AG Königstein FamRZ 1980, 483; Schwoerer FamRZ 1956, 242, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 1956, 241; unklar Bundesminister der Justiz, in: BVerfGE 61, 358, 370 = FamRZ 1982, 1179, 1181: „keine Familiengemeinschaft mehr […], wie sie Art.  6 Abs.  2 GG voraussetze“; Maunz/ Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  128; von einem Trennung und Scheidung überdauernden Elternrecht „in reduzierter Form“ sprechend Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  55. 33  BVerfGE 31, 194, 205 = FamRZ 1971, 421, 424; E 61, 358, 372 f. = FamRZ 1982, 1179, 1182; FamRZ 1995, 86, 87; KG NJW 1980, 2419, 2420. 34  BVerfGE 31, 194, 205 = FamRZ 1971, 421, 424; BVerfGE 61, 358, 381 = FamRZ 1982, 1179, 1184; FamRZ 1995, 86, 87.

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eigenen Vorstellungen frei zu gestalten35. Damit dieses Recht nicht zu einer leeren Hülse verkümmert, muss mit ihm das Recht der Eltern zur Einschätzung dessen einhergehen, was dem Wohl des eigenen Kindes entspricht oder was ihm schadet (sogenannter „Interpretationsprimat“)36. Dieses Recht besteht freilich – wie der Erziehungs-37 oder Elternprimat38 insgesamt39 – nicht grenzenlos40, den Eltern kommt also kein Interpretationsmonopol41 zu. Das Gericht ist in seiner Überprüfung einer elterlichen Kindeswohlbestimmung jedoch auf den Ausschluss eines Missbrauchs des Erziehungsrechts beschränkt 42. Einer „Fremdbestimmung des Erziehungsstandards“43 ist damit eine Absage erteilt. Diese Vorrangstellung der Eltern gegenüber dem Staat fußt auf der Annahme, „daß diejenigen, die einem Kinde das Leben geben, von Natur aus bereit 35 

BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584; E 31, 194, 204 = FamRZ 1971, 421, 424; E 47, 46, 69 f. = NJW 1978, 807, 808; E 59, 360, 376 = NJW 1982, 1375, 1376; E 60, 79, 88 = FamRZ 1982, 567, 569; E 107, 104, 117 = FamRZ 2003, 296, 299; K 9, 97, 102 = FamRZ 2006, 1593, 1594; K 13, 119, 124 = FamRZ 2008, 492; E 121, 69, 92 = FamRZ 2008, 845, 848 Rn.  70; K 16, 517, 525 = FamRZ 2010, 713; zur Elternverantwortung bereits unter §  4 A. I. 1. (S. 20 f.). 36  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 64 ff., 73 f.; ders. DÖV 1977, 801, 806; ders. FamRZ 1977, 533, 534; Schmitt Glaeser, Das elterliche Erziehungsrecht in staatlicher Reglementierung, 1980, 57 f.; ders. DÖV 1978, 629, 634; J­ estaedt DVBl. 1997, 693, 697; Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  108, 122, 156; ders., in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  23; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 8b (S.  519 a. E.). 37  Begriff: Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 76; Erichsen, Verstaatlichung der Kindeswohlentscheidung?, 1978, 16; Oppermann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten zum 51. DJT, 1976, C 101: „Primat[es] der elterlichen Vorstellungen“; Schmitt Glaeser DÖV 1978, 629, 634: „Erziehungspriorität“; BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584; E 31, 194, 204 = FamRZ 1971, 421, 424; E 47, 46, 70 = NJW 1978, 807, 808: „Vorrang [der Eltern] vor anderen Erziehungsträgern“. 38  Begriff: Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 73. 39  Zum Wächteramt im Anschluss unter (bbb). 40  Das BVerfG (E 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584) zieht die Grenze bei einem elterlichen Handeln, „das bei weitester Anerkennung der Selbstverantwortlichkeit der Eltern noch als Pflege und Erziehung gewertet werden kann“, und stellt dieses der „Vernachlässigung des Kindes“ gegenüber. 41  Zu weitgehend daher Ossenbühl FamRZ 1977, 533, 534; gegen ein „Interpretations­ monopol“ der Eltern Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 72; Lüderitz AcP 178 (1978), 263, 266 f. 42  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 64; ders. DÖV 1977, 801, 806; Schmitt Glaeser, Das elterliche Erziehungsrecht in staatlicher Reglementierung, 1980, 57 f.; ders. DÖV 1978, 629, 634; Jestaedt DVBl. 1997, 693, 697; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 8b (S.  520 f.); zum Recht und zur Pflicht des Staates, dem Kindeswohl im Falle elterlichen Konflikts mittelbar zu größtmöglicher Verwirklichung zu verhelfen, unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) a. (S. 202). 43  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68 Fn.  3.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

und berufen sind, die Verantwortung für seine Pflege und Erziehung zu übernehmen“44, sowie der Vermutung, dass „in aller Regel den Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institu­tion“45, und setzt voraus, dass die Eltern bereit und in der Lage sind, ihr Erziehungsrecht zum Wohle des Kindes wahrzunehmen46. Soweit dies der Fall ist, können die Eltern alle übrigen sich aufdrängenden Sorgekonkurrenten oder Miterzieher von der Pflege und Erziehung ihres Kindes ausschließen47. (bbb) Staat als subsidiärer Erziehungsträger oder „Wächter“ Diese elterliche Ausschließungsbefugnis kann insbesondere auch gegen den Staat ausgeübt werden. Dieser wacht zwar als Inhaber seines aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG resultierenden akzessorischen Wächteramts über die Wahrnehmung der Elternverantwortung; dieses verleiht ihm jedoch kein mit dem elterlichen konkurrierendes Erziehungsrecht 48. Es setzt ihn vielmehr allein für den pathologischen Fall, dass die elterliche Verantwortung ausfällt und sich daraus eine Gefährdung oder gar Schädigung des Kindeswohls entwickelt – mithin sub­ sidiär49 –‍, als sekundären Erziehungsträger anstelle der Eltern ein50. Der Staat

44 

BVerfGE 24, 119, 150 = FamRZ 1968, 578, 585. BVerfGE 59, 360, 376 = NJW 1982, 1375, 1376; E 61, 358, 371 = FamRZ 1982, 1179, 1182; ähnlich E 24, 119, 150 = FamRZ 1968, 578, 585; E 99, 216, 232 = FamRZ 1999, 285, 287; BGH FamRZ 1976, 446, 447; darauf wies auch Hinz ZfJ 1984, 529, 532, hin und wandte sich damit gegen eine aufgedrängte gemeinsame Sorge als Ausdruck staatlicher „Besserwisserei um das vermeintliche Glück der Menschen“. 46  BVerfGE 56, 363, 382 = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 372 = FamRZ 1982, 1179, 1182. 47  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 73. 48  BT-Drucks. 11/5948, 42; Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 74 f.; Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 72; ders. DÖV 1977, 801, 806; Jestaedt DVBl. 1997, 693, 695 Fn.  28; Coester, in: Lipp/ Schumann/Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 19, 24; ders. FPR 2009, 549, 550; Bonner Kommentar/Jestaedt, 74./75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  42, 46, 178; Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  139. 49  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 71 a. E.; Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  84; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers Art.  6 GG Rn.  210, 243; Burgi, in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  47. 50  Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 76; Coester FamRZ 1996, 1181, 1182: „Rolle eines ‚Ausfallbürgen‘“; gleichfalls Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 5, 13, 17; v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  84; s. auch Ossenbühl FamRZ 1977, 533, 534; Reuter AcP 192 (1992), 108, 111 f.; BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584: Sicherstellung von Pflege und Erziehung des Kindes bei Versagen der Eltern. 45 

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steht damit lediglich als „Erziehungsreserve“51 oder „Letztgarant für das Kindeswohl“52 bereit. Ist diese Schwelle der Kindeswohlgefährdung oder ‑schädigung überschritten, so kann das Gericht als Repräsentant des Staates, sofern zur Gefahrenabwehr erforderlich, selbst Maßnahmen ergreifen, die ansonsten als Wahrnehmung der Elternverantwortung ausschließlich von den Eltern zu treffen wären. Auch in diesem Falle sind die staatlichen Maßnahmen jedoch in erster Linie auf die „Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der natürlichen Eltern“53 zu richten. Ein eigenes Erziehungsrecht verleiht Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG dem Staat also unter keinen Umständen54. Obwohl ein Verhalten der Eltern, welches das Kindeswohl gefährdet und gegen welches der Staat aufgrund seines Wächteramts mit Maßnahmen reagiert, nicht vom Schutzbereich des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG gedeckt ist, die Eltern sich insoweit also nicht auf ihr Erziehungsrecht stützen können, liegt in dem staatlichen Einschreiten gleichwohl ein Eingriff in diese Rechtspositionen55. Denn durch die ergriffenen Maßnahmen, die nicht primär ursachen- oder sanktions-, sondern wirkungsbezogen sind – zu beseitigen gilt es also vor allem die Kindeswohlbeeinträchtigung, während die zugrunde liegende Ursache, das elterliche Fehlverhalten, meist ohnehin nicht mehr rückgängig oder ungeschehen zu machen ist –‍, werden die Eltern gegenwarts- und zukunftsbezogen in ihrer Bestimmungsfreiheit beschränkt56, sodass sich jedenfalls von einem Eingriff in das Erziehungsgeschehen sprechen lässt57. Angesichts dessen muss den Eltern ein grundrechtlich geschützter Anspruch zukommen, den Eingriff auf das Vorliegen (und Fortbestehen) der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, naOssenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68; Fleisch, Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters, 1987, 54; Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 79; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  76, 54; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 XII 4a α (S.  586). 52  Herdegen FamRZ 1993, 374, 377. 53  BVerfGE 24, 119, 145 = FamRZ 1968, 578, 584. 54  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 71, 72; ders. DÖV 1977, 801, 806; Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 75; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers Art.  6 GG Rn.  210. 55  Einen Eingriff dagegen verneinend Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  166, 173; Facius, Elternverantwortung und staatliches Erziehungsmandat, 2011, 127 ff. 56  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 79 f.; ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  164. 57  Sachs/v. Coelln, 6.  Aufl. 2011, Art.  6 GG Rn.  78; Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  151; ders., in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  44. 51 

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mentlich des elterlichen Fehlerverhaltens und der darauf beruhenden Kindeswohlgefährdung, überprüfen zu lassen58. (ccc) Staat als Schlichter unter Wahrung des Elternvorrangs Neben diesem der Gefahrenabwehr dienenden Wächteramt kommt dem Staat eine weitere, im Grundgesetz keine ausdrückliche Erwähnung findende Rolle zu: Die Auflösung von Grundrechtskollisionen. Diese zunächst nicht einzig­ artige, sondern auch in Bezug auf andere Grundrechte bestehende Aufgabe des Staates sieht sich in Art.  6 Abs.  2 GG doch mit einer grundrechtsdogmatischen Besonderheit konfrontiert, denn die sich gegenüberstehenden selbstständigen Verfassungspositionen – die Elternrechte von Mutter und Vater – sind an ein und demselben Schutzgut – dem Wohle des identischen Kindes – ausgerichtet59. a. Kollision der Elternrechte Zu einer solchen Kollision der Elternrechte von Mutter und Vater desselben Kindes kommt es freilich nicht nur60, aber insbesondere nach einer Trennung der Eltern, wenn diese über eine oder mehrere die Pflege und Erziehung ihres Kindes betreffende Frage(n) in Streit geraten. Erreichen die Folgen dieses Elternstreits auch nicht das Ausmaß einer Gefährdung oder gar Schädigung des Kindeswohls, so ist der Staat doch berufen, zur Wahrung des Rechtsfriedens und im durch den elterlichen Streit gefährdeten Interesse des Kindes eine Entscheidung zu treffen61. Indem also eine bloße Uneinigkeit der Eltern ein rechtmäßiges gerichtliches Tätigwerden auszulösen vermag, genießt der Staat – verglichen mit einer auf sein Wächteramt gestützten Maßnahme – eine geringere Rechtfertigungslast: Da, wie noch zu sehen sein wird, die Rechte eines Elternteils zurückgesetzt werden, ist der Staat zwar ebenfalls vor Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und dem Kindeswohl rechtfertigungspflichtig62; er ist aber, so die Wendung des Bundesverfassungsgerichts, gerade „nicht an die strengen Voraus­setzungen 58  Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  151; ders., in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  44. 59  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 78 f.; ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  168. 60  S. §  1628 BGB, der auch für Meinungsverschiedenheiten nicht getrenntlebender Eltern gilt. 61  BVerfGE 31, 194, 205 = FamRZ 1971, 421, 424; E 55, 171, 178 f. = FamRZ 1981, 124, 125; E 56, 363, 382 = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; E 84, 168, 181 = FamRZ 1991, 913, 916; FamRZ 1995, 86, 87; KG NJW 1980, 2419, 2420. 62  Coester FamRZ 1996, 1181, 1182; ders. JZ 1992, 809, 814; ders. FamRZ 1995, 1245, 1246; ders. NJW 1981, 961, 962.

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gebunden, die für einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht vorliegen müssen“63. Denn – und in diesen unterschiedlichen Rechtsfolgen liegt der Grund für die verschiedenen Eingriffsvoraussetzungen – um einen – abermals die Ausdrucksweise des Bundesverfassungsgerichts bemühend – „Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht“ geht es bei einer lediglich konfliktlösenden Entscheidung des Staates nicht: Dieser tritt nicht selbst als Erziehungsträger auf und damit in Konkurrenz zu den Eltern, er pflegt und erzieht nicht i. S. von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG anstelle der Eltern, vielmehr sorgt er – deren Verhältnis untereinander regelnd64 – ausschließlich für einen Ausgleich der elterlichen Rechtspositionen, „ohne ihren Vorrang als Erziehungsträger anzutasten“65. Auf verfassungsrechtlicher Ebene geschieht rechtstechnisch also folgendes: Der Konflikt zwischen den kollidierenden Elternrechten von Mutter und Vater desselben Kindes, die grundrechtsdogmatisch wechselseitig verfassungsimmanente Grundrechtsschranken bilden66, wird vom Staat – wie üblich im Falle von Grundrechts­ kollisionen – im Wege praktischer Konkordanz gelöst, indem er die Elternrechtsposition des einen zugunsten jener des anderen verkürzt67. Letztgenannte Elternrechtsposition bleibt unangetastet. Deren Inhaber wird vom Staat (im Umfang des staatlichen Eingriffs68 in die Rechtsposition des anderen) zur allei63  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425; E 56, 363, 382 f. = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; ähnlich E 84, 168, 180 a. E. = FamRZ 1991, 913, 914; umgekehrt gewendet in FamRZ 1994, 223, 224; grundlegend zu Art.  6 Abs.  2 GG E 24, 119, 142 ff. = FamRZ 1968, 578, 583 ff.; dem widersprechend Höfling, in: HStR VII, 2009, §  155 Rn.  28. 64  BVerfGE 56, 363, 382 = FamRZ 1981, 429, 433. 65  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425; E 56, 363, 382 f. = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; umgekehrt gewendet in FamRZ 1994, 223, 224. 66  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696 Fn.  54. 67  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 78 f., der auf die grundrechtsdogmatische Besonderheit dieses Schlichtungsmandats hinweist, die darin begründet liegt, dass sich zwar – wie üblich – zwei selbstständige Verfassungspositionen gegenüberstehen, diese jedoch an ein und demselben Schutzgut, namentlich dem Wohle des identischen Kindes, ausgerichtet sind; ebenso ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  168; nach Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  80 m. Fn.  572 „betreffen staatl. Maßnahmen zugunsten eines Elternteils stets auch das Grundrecht des anderen“. 68  Für einen Eingriffscharakter Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 78 f.; Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  110, 126, 133; Höfling, in: HStR VII, 2009, §  155 Rn.  28, der gar die Einhaltung der Voraussetzungen des Wächteramts verlangt; ebenso Fleisch, Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters, 1987, 61 f.; den Eingriffscharakter von Schlichtermaßnahmen dagegen verneinend, diese vielmehr als Ausgestaltung des Elterngrundrechts begreifend Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  166, 173.

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nigen Wahrnehmung der Elternverantwortung berufen. Der Staat wird demgegenüber nicht als Erziehungsträger aktiviert und auch nicht als solcher tätig. Er teilt die Pflege- und Erziehungsverantwortung damit lediglich unter den Eltern auf, ohne sie an sich zu ziehen69. Aus diesem Grunde greift er (wenn auch in die Rechtsposition des einen Elternteils) nicht ins „Erziehungsrecht“ ein. Der Staat fungiert in dieser Situation mithin weniger als „Wächter“ des Kindeswohls denn vordergründig als „zwischen den beiden eigenständigen und durch das Elternrecht geschützten Rechtspositionen der Eltern“70 vermittelnder „Schlichter“71 oder „Schiedsrichter“72. Dies darf in Bezug auf die Rolle des Kindeswohls jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass dieses bei der staatlichen Entscheidung unberücksichtigt bliebe. Die praktische Konkordanz ist unter größtmöglicher Kindeswohlerreichung herzustellen, die Verkürzung der einen Elternrechtsposition zugunsten der anderen am Maßstab des Kindeswohls auszurichten und das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger zu berücksichtigen73. Das Kindeswohl fungiert somit als maßgebliches Auswahlkriterium im elterlichen Streit um den Erziehungsvorrang74. Daraus folgt jedoch auch, dass der Staat dem Kindeswohl nicht unmittelbar selbst zur Durchsetzung verhilft, sondern dies demjenigen Elternteil zur selbstständigen Entscheidung überlässt, der für die dem Kindeswohl am förderlichsten erscheinende Lösung eintritt. Unabhängig von einer begrifflichen Zuordnung entweder zu einem staatlichen „Schlichteramt“ bzw. „Schlichtungsmandat“75 oder – als Wahrnehmung 69  70 

Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696. BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179,

1182. 71  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68; J­ estaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Bonner Kommentar, 74./75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  15 ff., 44, 48, 117, 168; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers Art.  6 GG Rn.  196, 247; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 7b (S.  511). 72  BVerfGE 31, 194, 210 f. = FamRZ 1971, 421, 425; Reuter AcP 192 (1992), 108, 147; s. auch BVerfG ZKJ 2014, 379, 380: „lediglich vermittelnd zwischen den Eltern“; zur Abgrenzung zum Wächteramt E 127, 132, 152 f., 153 f. = FamRZ 2010, 1403, 1406 f. Rn.  48, 51. 73  BVerfGE 55, 171, 179 = FamRZ 1981, 124, 126; Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 78 f., 82 Fn.  61; ders., in: Bonner Kommentar, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  48; Scholz FPR 1998, 62, 71, 72; Dreier/Brosius-­ Gersdorf Art.  6 GG Rn.  173: Auswahl am Maßstab des Kindeswohls unter Geltung eines Optimierungsgebots; s. auch Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  81; v. Münch/Kunig/Coester-­ Waltjen Art.  6 GG Rn.  96; Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  110, 112 a. E., 126, 133; Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  135 Fn.  622. 74  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 697. 75  So Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.),

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einer „Wächterfunktion für den streitigen Sorgerechtsfall“76 – dem Wächteramt77 lässt sich als wesentliches Merkmal einer auf diese – vom Bundesverfassungsgericht jedenfalls in Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG verortete78 – Kompetenz gestützten staatlichen Entscheidung herausstellen, dass sie den durch Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG garantierten Elternvorrang unberührt lässt79. Aus diesem Grunde – und nur dann! – bedarf sie (auf verfassungs- wie einfachrechtlicher Ebene) nicht der Eingriffslegitimation der Kindeswohlgefährdung. b. Keine Kollision von Kindesgrundrechten und Elternrecht(en) Das Schlichtermandat befähigt den Staat dagegen nicht, die Elternrechte bzw. das Elternrecht eines Elternteils und die Kindesgrundrechte in Ausgleich zu bringen. Denn eines solchen Ausgleichs bedarf es schon deshalb nicht, weil es eine formale Kollision von Elternrecht(en) und Kindesgrundrechten grundsätzlich nicht gibt80. 21. DFGT, 2016, 65, 78 f.; ders., in: Bonner Kommentar, 74./75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  15 ff., 44, 48, 117, 168; Scholz FPR 1998, 62, 71, 72; Höfling, in: HStR VII, 2009, §  155 Rn.  88, 28; offenlassend Coester FamRZ 1996, 1181, 1182; die Kategorie des Schlichteramtes für überflüssig erachtend, vielmehr schlicht von einer „Rechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht“ sprechend Burgi, in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  34, 37; ders., in: Berliner Kommentar, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  130, 134 f. 76  Von dieser Wächterfunktion, die „als situationsspezifische Schutzaufgabe zu verstehen [sei], die in Legitimation, Inhalt und Grenzen eigenen Grundsätzen untersteh[e]“, spricht Coester NJW 1981, 961; zur Schlichtungsfunktion des Staates in Scheidungsfällen s. auch dens., Kindeswohl als Rechtsbegriff, 1983, 138 ff. 77  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68; Fleisch, Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters, 1987, 55; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  80; Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  128; Model/Müller Art.  6 GG Rn.  12; Leibholz/Rinck/Burghart, 72. EL Aug. 2016, Art.  6 GG Rn.  616; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 9g (S.  535 f.); wohl auch v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers Art.  6 GG Rn.  247, s. aber Rn.  196: Ausgestaltung. 78  BVerfGE 31, 194, 205, 208 = FamRZ 1971, 421, 424; deutlicher in E 55, 171, 179 = FamRZ 1981, 124, 125 a. E., und E 64, 180, 188 = FamRZ 1983, 872, 873. 79  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 78. 80  Gernhuber FamRZ 1962, 89, 91 f.; Diederichsen FamRZ 1978, 461, 462 f.; Böcken­ förde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 62; Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 55 ff.; Schmitt-Kammler, Elternrecht und schulisches Erziehungsrecht nach dem Grundgesetz, 1983, 23 ff.; Fleisch, Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters, 1987, 56 f.; Scholz FPR 1998, 62, 70; Bonner Kommentar/Jestaedt, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  134 ff., zur Ausnahme in Rn.  139 f., zur Auflösung der Kollision Rn.  141, 144, s. auch Rn.  169; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 67, 75 f., dessen dort dargestellter und auf Britz FamRZ 2015, 793, 795 („die Kindes- und die Elterngrundrechte [laufen] im Wesentlichen parallel“, aber auch: „unauflösbare[n] Konfrontation von Elterngrundrechten und ge-

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Wie bereits dargestellt81, kann das Elternrecht Geltung allein im Interesse und zum Schutze des Kindes beanspruchen. Aufgabe (zuvörderst) der Eltern ist es also, die Grundrechte, die dem Kind nicht anders als einem Erwachsenen ungeschmälert zustehen82 , die es jedoch mangels „Grundrechtsreife“ als der Grundrechtswahrnehmungsfähigkeit in tatsächlicher Hinsicht83 noch nicht (vollumfänglich84) selbst auszuüben vermag, im Interesse des Kindes wahrzunehmen85. Sie können daher als „Freiheitsmittler“ bezeichnet werden86. genläufigen Kindesgrundrechten“) gestützter „These vom effektiven Schutzgleichlauf von Elterngrundrecht und Kindesgrundrechten“ (Hervorh. bereits im Orig.) zuzustimmen ist; ähnlich bereits Kirchhof, in: Fachverband Berliner Stadtvormünder (Hrsg.), Praxis des neuen Familienrechts, 1978, 171, 174: „Die Grundrechte des Kindes und das Elternrecht […] sind gleichgerichtet und stimmen inhaltlich überein, soweit sie gegenüber demselben Adressaten die Selbstbestimmung der Familie abschirmen“; a. A. Krüger FamRZ 1956, 329 ff., insb. 331, 333; Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  143; Burgi, in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  18; ders., in: Berliner Kommentar, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  136. 81  Unter §  4 A. I. 1. (S. 20 f.). 82  Herdegen FamRZ 1993, 374, 375; Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 75, 87. 83  Zur von der „Grundrechtsmündigkeit“ zu trennenden „Grundrechtsreife“ ausf. Bonner Kommentar/Jestaedt, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  133, s. auch Rn.  135 ff.; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 75; ihm folgend Scholz FPR 1998, 62, 69 f.; in diese Richtung auch Herdegen FamRZ 1993, 374, 376; krit. zur Grundrechtsmündigkeit Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grund­ gesetzes, 1981, 54 ff.; Diederichsen FamRZ 1978, 461, 462 f. 84  Mit zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit und spiegelbildlich abnehmender Pflege- und Erziehungsbedürftigkeit sollen auch die im Elternrecht wurzelnden Rechtsbefugnisse schwinden: BVerfGE 59, 360, 382, 387 = NJW 1982, 1375, 1377; Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 67; zur wachsenden Selbstbestimmungs­ fähigkeit des Kindes und diese als „innere Grenze“ der Elternverantwortung bezeichnend Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 72 f., 77; ebenso Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  114; Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 56 f., spricht sich indes gegen ein „Weichen des Elternrechts“ aus, erkennt in dem partiellen und zeitweisen Nichteinwirken auf das Kind vielmehr gerade eine „situations- und personengerechte Ausübung des elterlichen Erziehungsrechts“ (Hervorh. bereits im Orig.); ebendiesen Ansatz scheint das einfache Recht mit §  1626 Abs.  2 BGB im Grundsatz zu verfolgen, der die Eltern (lediglich) dazu anhält, bei der Pflege und Erziehung die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen, und dessen Missachtung Maßnahmen nach §  1666 BGB nach sich ziehen kann (BeckOK BGB/Veit [11.2017] §  1626 Rn.  78). 85  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 76; Böcken­f örde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 64; Scholz FPR 1998, 62, 69 f.; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  62; v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  81. 86  Begriff: Kirchhof, in: Fachverband Berliner Stadtvormünder (Hrsg.), Praxis des neuen

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Daraus ergibt sich wegen der Exklusivität der Verantwortung von Eltern einerseits und Staat andererseits für die Wahrnehmung der Kindesgrundrechte und deren Verhältnis zum Elternrecht bzw. zu den Elternrechten folgendes: Pflegen und erziehen die Eltern ihr Kind, ohne es zu gefährden, halten sie sich also im Rahmen des von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG verbürgten Schutzbereichs ihrer Elternverantwortung, so liegt keine Beeinträchtigung, vielmehr eine Wahrnehmung der Kindesgrundrechte vor; dies gilt, wie bereits festgestellt87, selbst dann, wenn das Wohl des Kindes und damit auch seine Grundrechte durch eine andere als die von den Eltern gewählte Handlung unter Umständen sogar (noch) nachhaltiger gesichert oder gefördert werden könnten. Kommt es dagegen zu einer Kindeswohlgefährdung, so ist das elterliche (Fehl‑)Verhalten nicht vom Elternrecht gedeckt, der Staat vielmehr aufgrund seines Wächteramts zum Einschreiten und – zusätzlich aufgrund seiner allgemeinen Schutzpflicht der einzel­ nen Freiheitsrechte, etwa Art.  2 Abs.  2 S.  1 GG: Schutz von Leben und körperlicher Unversehrtheit – zur Wahrung der Grundrechte des Kindes berechtigt und verpflichtet88. In diesem Falle kollidieren nicht Elternrechte und Kin­des­ grundrechte, sondern tatsächliche Eltern- und Kindesinteressen bzw. (grund­ rechts­geschützter) Kindeswille und (kindeswohlgemäßer) Elternwille; deren Kol­li­sion ist grundrechtsdogmatisch nicht durch die Herstellung einer praktischen Konkordanz zu lösen, sondern durch Bestimmung der Reichweite der Elternverantwortung – gefährden die Elterninteressen bereits das Kindeswohl? – und damit einhergehend des Beginns der staatlichen Verantwortung89. Eine Überschneidung des Zuständigkeitsbereichs von Eltern und Staat in Bezug auf die Wahrnehmung der Kindesgrundrechte gibt es somit nicht: Solange das Kind durch eine von den Eltern als Pflege und Erziehung intendierte Hand-

Familienrechts, 1978, 171, 181, zur Vermittlung S.  178; Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 76. 87  Unter §  4 A. I. 1. (S. 21 f.); s. auch sogleich unter (ddd) (ab S. 209). 88  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 76. 89  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 697; ders., in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 77; ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  141, 144, 169; Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 62; Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 55 f., 69 f.; Diederichsen FamRZ 1978, 461, 462 f.; Herdegen FamRZ 1993, 374, 375; Scholz FPR 1998, 62, 70; v. Münch/Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  81; s. auch Dreier/Brosius-­Gersdorf Art.  6 GG Rn.  143; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 XII 4a β (S.  587 f.); dagegen für ein stärkeres Auseinanderhalten von Eltern- und Kindesgrundrechten, um „gleichlaufende und gegenläufige Interessen von Eltern und Kind im konkreten Fall präziser grundrechtlich fassen und würdigen“ zu können, Britz JZ 2014, 1069, 1072.

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lung nicht gefährdet wird, mag diese auch wenig oder nicht kindeswohldienlich sein, so hat das Kind keinen von der Elternverantwortung in Inhalt oder Umfang abweichenden staatsgerichteten Schutzanspruch90. Das Grundgesetz löst eine derartige, die Schwelle der Kindeswohlgefährdung nicht überschreitende Kollision tatsächlicher Interessen von Eltern und Kind also zugunsten erst­ genannter und zulasten – nicht des Kindes(wohls)!91, sondern – des Staates. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 1. April 200892 begründeten93, jedoch offenbar nicht weiterverfolgten94 Ansatz, der Pflicht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihres Kindes korrespondierende ein Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG. Ein solches neben den Elternrechten in Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG verortetes, zugleich gegen die Eltern gerichtetes95 Kindesgrund90  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 75 f.; ders. DVBl. 1997, 693, 697; ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  144; Fleisch, Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters, 1987, 56 f. 91  Denn widersprechen die Elterninteressen dem Kindeswohl, so setzt sich letzteres sehr wohl durch; liegt ein solcher Widerspruch aber nicht vor, so wahren die Eltern auch im Falle eines entgegenstehenden Kindeswillens dessen Wohl. Damit lässt sich zwar nicht sagen, dass das Kindeswohl dem Elternrecht stets vorgehe; es ist durch ein vom Elternrecht getragenes Verhalten jedoch stets gewahrt (vgl. Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. [Hrsg.], 21. DFGT, 2016, 65, 76 f.; ders., in: Bonner Kommentar, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  141). 92  E 121, 69, 93 f. = FamRZ 2008, 845, 848 f. Rn.  72 f. zur zwangsweisen Durchsetzung der Umgangspflicht eines den Umgang mit seinem Kind verweigernden Elternteils. 93  Vgl. auch BVerfGE 56, 363, 381 = FamRZ 1981, 429, 433, und E 68, 256, 269 = FamRZ 1985, 143, 145, in denen zwar ein Anspruch des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern bejaht wird, der jedoch „zum Inhalt des Elternrechts nach Art.  6 Abs.  2 Satz  1 GG gehör[e]“. 94  Mit dem Urteil v. 19.2.2013 zur Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner (E 133, 59, 73 ff. Rn.  40 ff. = FamRZ 2013, 521, 522 f.) hat sich das BVerfG vielmehr einem eindeutig staatsgerichteten, auf Art.  2 Abs.  1 i. V. mit Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zu stützenden „Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung“ zugewandt, wobei Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG (lediglich) den „objektiven Zuständigkeitsregelungsgehalt“ beisteuere, während sich der „subjektive[n] Kindesschutzgehalt“ aus Art.  2 Abs.  1 GG ergebe: Britz JZ 2014, 1069, 1070; bestätigend BVerfGE 135, 48, 84 f. Rn.  97 f. = FamRZ 2014, 449, 457 Rn.  102 f.; E 136, 382, 387 Rn.  18 = FamRZ 2014, 1435, 1436 a. E.; FamRZ 2014, 907, 909 Rn.  22. Aus diesem Grundrecht folgt also keine „Verdoppelung des sachlichen Schutzes von Art.  6 Abs.  2 Satz  1 GG durch Vermehrung der Grundrechtsberechtigten“: Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 84 ff. Denn es sei kein (auf Art.  2 Abs.  1 und 2 i. V. mit Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG zu stützendes) „tendenziell gegenläufiges Recht des Kindes auf Schutz vor seinen Eltern“, sondern es schütze als „eigenes Recht auf Achtung und Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses“ „das Interesse des Kindes an seinen Eltern“: Britz JZ 2014, 1069, 1073, 1074 (Hervorh. bereits im Orig.). 95  Von einer „grundrechtsdogmatische[n] Konfusion“ sprechend Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 83; zu der Tatsache, dass bisher sowohl

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recht würde das bestehende grundgesetzliche Kompetenzgefüge zwischen Eltern- und Staatsverantwortung für das Kindeswohl in seinen Grund­festen erschüttern96: Um Kollisionen tatsächlicher Eltern- und Kindesinteressen – und nun auch von je aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG resultierenden Grundrechtspositionen – aufzulösen, wäre es – wie zuvor auch in Wahrnehmung des Schlichtermandates – Aufgabe des Staates, im Wege der Herstellung praktischer Konkordanz zwischen den sich gegenüberstehenden Grundrechtsträgern zu vermitteln; weil zu diesen nunmehr aber auch das Kind gehörte, wäre der Staat nicht mehr lediglich aufgrund seines Wächteramts zum Schutze des Kindes vor einer Gefährdung oder Schädigung dessen Wohls, sondern aufgrund seines sich nun auch auf das Kindesgrundrecht beziehenden Schlichteramts bereits zur bloßen Beförderung desselben berufen97. Die Folge wäre nichts Geringeres als die faktische Abschaffung des – da an höhere Voraussetzungen geknüpft: überflüssigen – Wächteramts und die Erhebung des Staates zum stets mit den Eltern konkurrierenden Miterzieher, der im einfachen Konfliktfalle von einem Elternteil oder auch vom Kind aktiviert werden könnte. Um das zu Recht als wenn auch komplex-ausgeklügelt, so doch – nicht zuletzt durch eine nahezu 70-jährige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung – wohlaustariert bezeichnete98 Kindesschutzregime des Grundgesetzes nicht aus den Angeln zu heben, ist diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts insoweit abzulehnen.

die Kindesgrundrechte als auch das Elternrecht (und alle sonstigen Grundrechte) ausschließlich staatsgerichtet sind, 65, 70, 74, 78; s. auch BVerfGE 117, 202, 229 = FamRZ 2007, 441, 443: Gesetzgeber muss Grundrechtskollision lösen; krit. auch v. Münch/Kunig/Coester-­ Waltjen Art.  6 GG Rn.  83. 96  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 83 f. spricht von einem „das bisherige Kindesschutz-Regime in zentraler Weise verändernde[n] Konzept“ sowie einer „markante[n] Akzentverschiebung im bisherigen Kindesschutzre­ gime“; ebenfalls gegen eine Verortung in Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG Britz JZ 2014, 1069, 1070; Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  152: kein Grundrecht, sondern „bloßer Rechts­ reflex“; so auch Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  98; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 9e (S.  534); Maunz/ Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  94, 135; zust. dagegen wohl Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  68 m. Fn.  512. 97  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 83 f., 86: „neuer Interventionstitel in das Eltern-Kind-Verhältnis“, „Stärkung staatlicher Interventions­ macht zulasten der Eltern“. 98  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 89 m. Fn.  95; Fraktion der SPD BT-Drucks. 17/13223, 3.

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Gleiches gilt für die Verortung spezieller99 Kindesgrundrechte in Art.  6 GG100. Zu groß ist die Gefahr, dass sie ein Einfallstor für eine Außensteuerung des Kindes nach bestimmten gesellschaftlichen oder staatlichen Leitbildern schaffen101. Ein explizites Kindesgrundrecht gleichsam als „Gegengewicht zu den Elternrechten“102 würde, so es nicht rein deklaratorischer Natur sein soll103, nur dann Wirkung entfalten, wenn es früher als bisher einen staatlichen Schutz­ anspruch auslöste. Die Mehrung an Grundrechtspositionen auf Seiten des Kindes wäre insofern jedoch wirkungslos, denn diese würden bei gleichbleibender Kompetenzverteilung weiterhin von den Eltern im Rahmen ihrer Pflege und Erziehung wahrgenommen und durchgesetzt. Das begehrte Mehr an Schutz, dessen das Kind offenbar zunehmend vor seinen Eltern bedürfen soll und das folglich ausschließlich von der staatlichen Gewalt herrühren kann104, setzt somit denknotwendig eine Absenkung der staatlichen Eingriffsschwelle ins Elternrecht voraus105. Dies auszusprechen oder gar durchzusetzen, ist freilich ungleich 99  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 87, weist zu Recht darauf hin, dass Kinder „bereits nach geltender Verfassungslage ohne Wenn und Aber Grundrechtsträger wie Erwachsene auch“ sind; auf die Gefahr, dass dieser Umstand durch die Aufnahme spezieller Kindesgrundrechte eher verdunkelt wird, weist ders. aaO. ebenso hin wie Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, 502 ff.; Gleiches befürchtet Herdegen FamRZ 1993, 374, 380, im Hinblick auf die Bedeutung der allgemeinen Menschenwürdegarantie in Art.  1 Abs.  1 GG für den Fall der Aufnahme einer besonderen Vorschrift zum Schutze der Kindeswürde. 100  S. den Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission v. 5.11.1993, BT-Drucks. 12/6000, 55 f., 59 f., und die vorausgegangene Unterrichtung durch die Kommission v. 14.5.1992, BR-Drucks. 360/92, Rn.  117 ff.; hierzu sowie zu weiteren Vorschlägen Herdegen FamRZ 1993, 374, und Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, 498 ff.; Entwürfe aus jüngerer Zeit stammen von Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE v. 26.6.2012 (BTDrucks. 17/10118), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN v. 27.11.2012 (BT-Drucks. 17/11650) bzw. der SPD v. 23.4.2013 (BT-Drucks. 17/13223). 101  Wendung: Herdegen FamRZ 1993, 374, 375. 102  Fraktion DIE LINKE BT-Drucks. 17/10118, 4. 103  Dann besteht zwar nicht die Gefahr einer Aushöhlung des Elternvorrangs, wohl aber von Erwartungen an die Leistungsbereitschaft des Staates, die sich durch die Substanz einer solchen Grundgesetz-Änderung nicht oder nur schwer erfüllen lassen: Herdegen FamRZ 1993, 374, 381 f., 384, zu einer allgemein formulierten Entwicklungs- und Entfaltungsgarantie sowie unbestimmt formulierten Förderungspflichten; ebenso Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, 499 ff., 513: Gefahr einer Verschleierung tatsächlicher Missstände auf der einfachrechtlichen Ebene durch symbolische Grundgesetzänderung. 104  Kinderrechte führen eben „in der Regel nicht zur Emanzipation der Kinder vom Erwachseneneinfluss, sondern […] nur zum Austausch der Erwachsenen, die für das Kind handeln und entscheiden“: Coester, in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 13, 19. 105  Eine solche hätte – wenn dies freilich auch bestritten wird (S.  4: keine Beschneidung des Elternrechts) – wohl der Vorschlag der Fraktion DIE LINKE (BT-Drucks. 17/10118, 3) zur Folge gehabt, der die Einfügung folgenden Absatzes zwischen Art.  6 Abs.  1 und 2 GG

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heikler und schwieriger, als die wahre Intention hinter dem Euphemismus von Kindesgrundrechten zu verbergen. (ddd) Das Kindeswohl als Bezugspunkt der Elternverantwortung und des staatlichen Wächteramts Das Kind ist trotz fehlender expliziter Kindesgrundrechte alles andere als schutzlos gestellt: Das Grundgesetz unterscheidet nicht nach dem Alter des Grundrechtsträgers, gewährt vielmehr Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen umfassenden Grundrechtsschutz. Weil ein Kind seine Freiheiten – etwa die Wahl eines religiösen Bekenntnisses – jedoch naturgemäß noch nicht selbst ausüben oder – etwa die Unverletzlichkeit von Körper und Gesundheit – gegen den Staat bzw. Dritte durchsetzen kann, vielmehr „des Schutzes und der Hilfe bedarf, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln“106, bedarf es einer Entscheidung darüber, wer für diesen Schutz und diese Hilfe verantwortlich sein soll. Diese ist mit Art.  6 Abs.  2 GG eindeutig zugunsten der Eltern ausgefallen: Zuvörderst diesen obliegt „als den natürlichen Sachwaltern für die Erziehung des Kindes“107 die Lebens-, Entfaltungs- und Freiheitshilfe für das Kind108. Um diese Entscheidung abzusichern, den Eltern also die Abwehr von Erziehungskonkurrenten – sei dies der Staat, seien dies Dritte – zu ermöglichen, ist ihnen eine spezielle Grundrechtsposition zugewiesen. Diese verpflichtet unmittelbar ausschließlich den Staat, wohingegen sich weder private Dritte, vor allem aber nicht das Kind die zugunsten der Eltern bestehenden Grundrechtsgewährleistungen entgegenhalten lassen müssen109. Diese sind dem Kind und seinem Wohl vielmehr gerade verpflichtet, ist doch im Grundgesetz die Zuweisung eines Rechts an einer anderen Person schlicht unvorstellbar, verfolgte es nicht ausschließlich den Zweck, die Würde dieser Person zu achten und zu fördern110. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Ausrichtung sowohl der Elternverantwortung als auch vorsah: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet und schützt die Rechte der Kinder und Jugendlichen, stellt deren bestmögliche Förderung sicher und schafft Rahmenbedingungen für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen. Sie trägt Sorge für kind- und jugendgerechte Lebensbedingungen.“ (Hervorh. d. Verf.); dass dieser Absatz die Auslegung von Abs.  3 (bisher Abs.  2) unberührt lassen soll, fällt schwer zu glauben. 106  BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584. 107  BVerfGE 34, 165, 184 = NJW 1973, 133, 134; E 60, 79, 94 = FamRZ 1982, 567, 570. 108  Jestaedt DVBl. 1997, 693. 109  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 694. 110  Vgl. BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584.

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des Wächteramts am Kindeswohl, das insoweit mit der Kindeswürde gleichgesetzt werden kann111. Das Elternrecht findet in jenem überhaupt erst seine Legitimation: So unterfällt ein elterliches Verhalten lediglich dann dem Schutz­ bereich von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG, wenn es am Kindeswohl orientiert ist. Daraus ergibt sich zugleich die Limitierung des Elternrechts durch das Kindeswohl: Ein elterliches Fehlverhalten, das dem Wohle des Kindes zuwiderläuft, kann sich nicht auf das Elternrecht stützen; es lässt vielmehr im Umfang des elterlichen Versagens die staatlichen Rechte und Pflichten aus dem Wächteramt aufleben. Auch dieses ist sodann am Kindeswohl ausgerichtet, wenn es zu dessen Verwirklichung auch wiederum, soweit möglich, die elterliche Verantwortung wiederherzustellen hat. Das Kindeswohl ist damit zentraler Bezugspunkt – „grundrechtsdogmatisches Gravitationszentrum“112 – sowohl der Elternverantwortung als auch des staatlichen Wächteramts. Dieser Umstand darf jedoch gerade nicht dahingehend missverstanden werden, beide Institute zielten stets auf eine größtmögliche Verwirklichung des Kindeswohls113. Wäre dem so, würden Eltern und Staat miteinander konkurrieren. Ebendies schließt Art.  6 Abs.  2 GG jedoch aus, indem er primär die Eltern, den Staat lediglich subsidiär in die Pflicht nimmt. Die Bestimmung des Umfangs, in denen das Kindeswohl Eltern und Staat seine Verwirklichung abverlangt, hängt untrennbar mit der Grenzziehung zwischen elterlicher Pflege und Erziehung einerseits und elterlichem Fehlverhalten andererseits, mithin zwischen primärer Elternverantwortung und subsidiärer Staatsverantwortung für das Kindeswohl zusammen. Diese Grenze ist zugunsten der Eltern – so die Entscheidung des Verfassungsgebers („zuvörderst ihnen“) – weit, zulasten des Staates spiegelbildlich eng zu ziehen: Sie verläuft aus elterlicher Sicht vor einem Verhalten ihrerseits, das auch bei weitester Anerkennung ihrer Selbstverantwortlichkeit nicht mehr als Pflege und Erziehung gewertet werden kann114. Damit ist es – pointiert: einzig und allein – die Gefährdung oder Schädigung des Kindeswohls, mit der die latente Wacht des Staates in einer Verantwortlichkeit zur Verwirklichung des Kindeswohls aufgeht. Diese Entscheidung des Grundgesetzes, Eltern und Staat in Fragen der Pflege und Erziehung nicht miteinander konkurrieren zu lassen115, sondern ihre VerJestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 71. Jestaedt DVBl. 1997, 693, 697. 113  Dieses Missverständnis tritt etwa deutlich zutage in der Entscheidung des AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154, 155. 114  BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584. 115  Vorenthalten ist dem Staat die „Rolle des ‚aufgeklärten Obererziehers‘, der eine Art von Zweckmäßigkeitsaufsicht auf der Grundlage jeweils neuester erziehungswissenschaftlicher Postulate über tumbe oder gar verstockte Eltern auszuüben hätte und sie je nach Lage 111 

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antwortung gleichsam wie zwei Seiten derselben Medaille in einem Ausschließlichkeitsverhältnis auszugestalten und das Kippen, den Verantwortungswechsel von den Eltern auf den Staat, nur im äußersten Ausnahmefall zuzulassen, hat eine ganz wesentliche Konsequenz, deren Bedeutung kaum überhöht werden kann: Da ein Handeln der Eltern auch dann noch von ihrer Elternverantwortung gedeckt ist, wenn das Kindeswohl durch eine andere Handlung (auch offensichtlich) nachhaltiger oder umfassender gewährleistet und gefördert würde116, ist die Herausstellung wie Durchsetzung ebendieser Handlung niemals Aufgabe der staatlichen Gewalt. Mit anderen Worten: Eine Einmischung des Staates, sei es in gesetzgebender, gesetzesausführender oder rechtsprechender Form, in die Pflege und Erziehung eines Kindes ist ausgeschlossen, da verfassungswidrig, „soweit und solange Fragen [lediglich] von ‚gut‘ oder ‚besser‘ zur Entscheidung stehen“117. Das Schlichteramt des Staates mit seiner (zu) geringen Eingriffslegitimation vermag einen Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht, wie aufgezeigt, nicht zu rechtfertigen. Das Wächteramt ist nicht aktiviert, denn es „hat nicht die beste oder optimale Erziehung für das Kind zu gewährleisten“118 und zu diesem des Falles behutsam oder mit Zwang auf den Pfad pädagogischer Tugend führt.“, Oppermann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten zum 51. DJT, 1976, C 101. 116  Vgl. Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 73 a. E. 117  Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 76 (Hervorh. bereits im Orig.); ihm folgend Scholz FPR 1998, 62, 69; Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  42; ähnlich Schmitt Glaeser, Das elterliche Erziehungsrecht in staatlicher Reglementierung, 1980, 58; ders. DÖV 1978, 629, 634. 118  Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 76, 97; ähnlich Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  57, 72, 77: Aufgabe des Staates sei es nicht, „das Kindeswohl zu ‚optimieren‘“ bzw. „für eine bestmögliche Erziehung zu sorgen“; ebenso Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68 Fn.  3: Elterliche Pflicht zu „bestmögliche[r] Erziehung“ wäre „dem Sinn und Zweck der Familienerziehung feindlich, weil sie der staatlichen Ingerenz Tür und Tor öffne[t]“; Oppermann, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Gutachten zum 51. DJT, 1976, C 101: „Staat nicht in der Rolle des ‚aufgeklärten Obererziehers‘“; Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, 136: „Schadensvermeidung, nicht Erziehungsoptimierung“; s. auch Schmitt Glaeser DÖV 1978, 629, 634; ­ eiger FamRZ 1979, 457, 460; Schmitt-Kammler, Elternrecht und schulisches ErziehungsG recht nach dem Grundgesetz, 1983, 26; Herdegen FamRZ 1993, 374, 377; Coester FPR 2009, 549 f.; ders., in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 19, 24; Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  42, 46, 96; ders., in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 5, 14; Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  156; Leibholz/Rinck/ Burghart, 62. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  552; Maunz/Dürig/Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 GG Rn.  96, 139; v. Mangoldt/Klein/Starck/Robbers Art.  6 GG Rn.  243; v. Münch/­ Kunig/Coester-Waltjen Art.  6 GG Rn.  93, 78; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, 2006, §  100 VIII 7c α (S.  513).

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Zwecke – mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts – „die Eltern zu einer bestimmten Art und Weise der Erziehung ihrer Kinder zu drängen“, etwa „die Art und Weise der Betreuung des Kindes“119 zu bestimmen, sondern das Kind ausschließlich vor Schaden zu bewahren. Im Übrigen ist der Staat auf die Bereitstellung freiwilliger Angebote an die Eltern beschränkt120. Dass es hierdurch zu elterlichen Entscheidungen kommen kann, die dem Kindeswohl nicht am besten entsprechen, diesem sogar gegenüber einer an objektiven Kriterien gemessenen Pflege und Erziehung Nachteile bringen, nehme, so das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, das Grundgesetz bewusst in Kauf, solange nicht eine Gefahr für die Kindesentwicklung und das Kindeswohl begründet werde121. Während also die Elternverantwortung auf eine größtmögliche Kindeswohlerreichung zielt oder zielen sollte, darf das Kindeswohl den Staat als Erziehungsträger122 lediglich als „negativen“, als „Mindeststandard“ zum Einschreiten motivieren; dagegen beansprucht es auf verfassungsrechtlicher Ebene nicht für sich, unter Verdrängung der Eltern einen „positiven“, gar bestmöglichen Standard der Kindesentwicklung hervorzubringen123. 119 

E 99, 216, 232 = FamRZ 1999, 285, 287; s. auch E 60, 79, 94 = FamRZ 1982, 567, 570: keine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes gegen den Willen der Eltern (Begabtenauslese); E 72, 122, 139 = FamRZ 1986, 871, 875; E 107, 104, 117 f. = FamRZ 2003, 296, 299: „bestmögliche Entwicklung“; K 7, 65, 68 = FamRZ 2006, 385 a. E.; K 13, 119, 124 = FamRZ 2008, 492; K 14, 347, 351 = FamRZ 2008, 2185, 2186 Rn.  15; K 16, 517, 529 a. E. = FamRZ 2010, 713, 714 Rn.  46; ZKJ 2014, 242, 244; FamRZ 2014, 907, 908 Rn.  18; FamRZ 2014, 1270, 1272 Rn.  21; NJW 2014, 2936; FamRZ 2014, 1772, 1773; FamRZ 2015, 112, 113, 114 Rn.  23, 29; FamRZ 2016, 439, 441 Rn.  12. 120  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 695; Sachs/v. Coelln Art.  6 GG Rn.  54. 121  BVerfGE 34, 165, 184 = NJW 1973, 133, 134; E 60, 79, 94 = FamRZ 1982, 567, 570; E 72, 122, 140 = FamRZ 1986, 871, 875; K 7, 65, 68 = FamRZ 2006, 385 a. E.; K 9, 97, 102 = FamRZ 2006, 1593, 1594; K 13, 119, 124 = FamRZ 2008, 492; K 14, 347, 351 = FamRZ 2008, 2185, 2186 Rn.  15; FamRZ 2009, 1897; FamRZ 2010, 528; K 16, 517, 525 = FamRZ 2010, 713 Rn.  33; ZKJ 2014, 242, 244; FamRZ 2014, 907, 908 Rn.  18; FamRZ 2014, 1270, 1272 Rn.  21; s. auch BGH FamRZ 2013, 1646, 1648 Rn.  22; OLG Brandenburg ZKJ 2012, 308, 309; Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  42; ders., in: Lipp/Schumann/ Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 5, 14 f.; Coester DEuFamR 1999, 3, 12; ders., in: Lipp/Schumann/Veit (Hrsg.), Kindesschutz bei Kindeswohlgefährdung, 2008, 19, 24: „Eltern sind insoweit Schicksal“; Diederichsen FamRZ 1978, 461, 469. 122  Nicht gemeint ist also das Schlichteramt, bei dessen Wahrnehmung der Staat sehr wohl die größtmögliche Kindeswohlerreichung anzustreben hat (s. bereits unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) a. [S. 202]), das jedoch die Elternverantwortung (jedenfalls des einen Elternteils) unberührt lässt und deshalb von vornherein nicht unmittelbar eine „bessere“ Form der Pflege und Erziehung hervorzubringen vermag. 123  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 79; Dreier/­Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  161: „Minimalstandard“; Wapler, Kinderrechte und

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Dieses Ergebnis, mag es auch zunächst befremden – der idealiter objektive und ausschließlich am Kindeswohl orientierte Richter soll gehindert sein, eine für ihn so einfach zu bewirkende Verbesserung im Leben des Kindes zu veranlassen –‍, ist letztlich bedingt durch die Ausgestaltung des gesamten Grundgesetzes „geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes“124. Während die Entstehungsgeschichte des Art.  6 Abs.  2 GG – im Unterschied zu derjenigen des Abs.  3125 – zwar keine besondere Motivation des Verfassungsgebers erkennen lässt, das Elternrecht als Reaktion auf den ­Nationalsozialismus in besonderer Schärfe gegen staatliche Einflussnahme abzusichern und ungleich weitergehend als den in terminologischer Hinsicht kaum abweichenden126 Art.  120 WRV auszugestalten127, gebietet sich eine derartige Auslegung, angeführt vom Bundesverfassungsgericht als dem Hüter der Verfassung und der Grundrechte128, aufgrund des von demjenigen der Weimarer Reichsverfassung wesentlich abweichenden verfassungssystematischen Zusammenhangs: Das Elternrecht des Grundgesetzes ist – anders als das von der Weimarer Reichsverfassung gewährte – nicht lediglich programmatische Erklärung, sondern hat als „Grundrecht im klassischen Sinne“129 den „Charakter eiKindeswohl, 2015, 137: „Minimalschutz“; Berliner Kommentar/Burgi, 22. EL XII/07, Art.  6 GG Rn.  122 Fn.  554: „Unvertretbarkeitskontrolle“. 124  BVerfGE 124, 300, 328 = NJW 2010, 47, 51 Rn.  65, zur Rechtfertigung des §  130 Abs.  4 StGB als eines die Meinungsfreiheit einschränkenden Sondergesetzes. 125  BVerfGE 24, 119, 142 = FamRZ 1968, 578, 583; Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  4. 126  Art.  120 WRV enthielt ein Erziehungsziel („zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit“) und wies dieses den Eltern nicht zuvörderst, sonst als „oberste Pflicht und natürliches Recht“ zu, „über deren Betätigung die staatliche Gemeinschaft wacht[e]“; daraus wurde ein staatlicher, kein elterlicher Erziehungsprimat abgeleitet: Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  1 f.; s. auch Holstein AÖR 51 (1927), 187, 215: „Staatsrecht überhöht Elternrecht“. 127  Dass die Diskussionen zum – zunächst gar nicht vorgesehenen, dann zunächst in Art.  7b Abs.  1 verorteten – Elternrecht vorwiegend um dessen Einfluss auf Schulform und Unterrichtsinhalt kreisten, schildern etwa Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 23 ff., Bonner Kommentar/Jestaedt, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  4, und Berliner Kommentar/Burgi, 4. EL IV/02, Art.  6 GG Rn.  7; s. aber auch v. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes, 1948/49, 10: Art.  6 Abs.  2 und 3 GG „wende[te]n sich gegen die in der nationalsozialistischen Zeit immer stärker geübte Praxis, die Kinder dem erzieherischen Einfluß der Eltern zu entziehen und an dessen Stelle die staatliche Erziehung treten zu lassen“; nahezu wortgleich ders., in: Das Bonner Grundgesetz, 1.  Aufl. 1953, Art.  6 Anm.  3; s. auch Schmitt Glaeser, Das elterliche Erziehungsrecht in staatlicher Reglementierung, 1980, 37 f. 128  S. nur die grundlegende Entscheidung zu den „in engem Zusammenhang“ (S.  138) stehenden Absätzen 2 und 3 des Art.  6 GG in BVerfGE 24, 119 = FamRZ 1968, 578. 129  BVerfGE 24, 119, 138 = FamRZ 1968, 578, 582; zu Art.  6 Abs.  1 GG E 6, 55, 71 =

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nes echten Grundrechts“130; als solches findet es sich in einer Verfassung wieder, die den Staat in Art.  1 Abs.  3 ausdrücklich an die Grundrechte „als unmittelbar geltendes Recht“131 bindet und ihn damit betont auf die Freiheit des Bürgers und deren Sicherung ausrichtet132. Ob ursprünglich intendiert oder nicht, das Grundgesetz erklärt mit Art.  6 Abs.  1 bis 3 als „Abkehr von der Allstaatlichkeit des Nationalsozialismus“133 kollektiven Erziehungsformen eine klare Absage, erblickt vielmehr in der „Familie die Keimzelle jeder menschlichen GemeinFamRZ 1957, 82, 83: „Bestimmung im Sinne der klassischen Grundrechte“; zu dem Charakter als klassisches Grundrecht v. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes, 1948/49, 5: „In den Grundrechten sollte […] das Verhältnis des Einzelnen zum Staate geregelt werden, der Allmacht des Staates Schranken gesetzt werden, damit der Mensch in seiner Würde wieder anerkannt werde“; Fleig, Elternrecht im Bonner Grundgesetz, 1953, 24, erkennt in dem Wechsel von Art.  120 WRV zu Art.  6 Abs.  2 und 3 GG eine „kopernikanische Wendung“ (Hervorh. bereits im Orig.), Ausdruck findend in den „Grundrechte[n], die als vorstaatlich gegenüber jedem staatlichen Eingriff gesichert werden soll[t]en“. 130  V. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes, 1948/49, 10. 131  Dass diese Eigenschaft als unmittelbar geltendes Recht für die Ausgestaltung und Formulierung der Grundrechte von besonderer Bedeutung war, verdeutlicht v. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes, 1948/49, 5, 6; s. auch Schmid, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Sten. Bericht, 2. Sitzung v. 8.9.1948, 8, 14: „Die Grundrechte müssen das Grundgesetz regieren; sie dürfen nicht nur ein Anhängsel des Grundgesetzes sein, wie der Grundrechtskatalog von Weimar ein Anhängsel der Verfassung gewesen ist. Diese Grundrechte sollen […] unmittelbar geltendes Bundesrecht [sein], auf Grund dessen jeder einzelne Deutsche […] vor den Gerichten soll Klage erheben können“; Fleig, Elternrecht im Bonner Grundgesetz, 1953, 25: Als unmittelbar geltendes Recht würden die Grundrechte „zum Herzstück aller Gesetzgebung. Die höchstmögliche Wirksamkeit [sei] ihnen somit eigen.“ (Hervorh. bereits im Orig.). 132  Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 57 f.; Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 40; Fleig, Elternrecht im Bonner Grundgesetz, 1953, 24 ff.; die durch die Zeit bedingte eigene Art des GG, das Verhältnis des Einzelnen zum Staat zu regeln, umschreibt v. Mangoldt, in: Parlamentarischer Rat (Hrsg.), Schriftlicher Bericht zum Entwurf des Grundgesetzes, 1948/49, 6, wie folgt: Als „Reaktion gegen die Unterdrückung menschlicher Freiheit“ liege „der Akzent stark auf der Freiheit von staatlichem Zwang“, zugleich sei jedoch „der Gedanke von der Notwendigkeit der sozialen Einordnung jedes Einzelnen bei der Formulierung jeder einzelnen Bestimmung [der Grundrechte] von maßgebendem Einfluß gewesen“; ders., in: Das Bonner Grundgesetz, 1.  Aufl. 1953, Art.  6 Anm.  3, verweist zudem auf den „betonten Rechtsstaatscharakter [und die] den gesamten Grundrechtsteil beherrschende Tendenz, die Eingriffsmöglichkeiten so weit wie irgend möglich zu beschränken“; Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 68: Elternrecht als „Kennzeichen des auf zwei Totalitarismen reagierenden Grundgesetzes“ und als „Absage an die totalitär-kollektivistischen Zugriffe und Zumutungen sowohl national- als auch internationalsozialistischer Provenienz“; ders., in: Bonner Kommentar, 74. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  2. 133  Zu Art.  6 Abs.  1 GG BVerfGE 6, 55, 71 = FamRZ 1957, 82, 83.

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schaft“134 und „erkennt ihre Funktion für die Pflege und Erziehung der Kinder an“135. Eine elterliche Pflicht zur bestmöglichen Erziehung, die zwangsläufig zu einer „Fremdbestimmung des Erziehungsstandards [führte], an dem gemessen ganze Bevölkerungskreise für ‚erziehungsunfähig‘ erklärt werden müßten“136, wäre damit unvereinbar. (bb) Einfachgesetzliche Übersetzung des grundgesetzlichen Kompetenzgefüges Von diesem grundgesetzlichen Kompetenzgefüge ist das gesamte Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs geprägt. Es ermöglicht den Eltern die Wahr­nehmung ihres verfassungsrechtlichen Elternrechts durch Ausübung insbesondere der einfachgesetzlichen Sorgerechtspositionen aus §§  1626 ff. BGB137. Die Aufenthaltsbestimmung ist mit §  1631 Abs.  1 BGB in die Hände der Eltern gelegt. Das staatliche Wächteramt hat seine einfachrechtliche Übersetzung insbesondere in den §§  1666–1667 BGB gefunden. Das elterliche Fehlverhalten, das eine Aktivierung des Staates in seiner Eigenschaft als Erziehungsträger auslöst, ist hierin mit der Gefährdung des Kindeswohls (bzw. ‑vermögens) und dem Unwillen bzw. der Unfähigkeit der Eltern, diese abzuwenden, umschrieben. Damit liegt die Hürde für ein gerichtliches Einschreiten gestützt auf das Wächteramt – wie der Blick auf die verfassungsrechtliche Ebene gezeigt hat: zu Recht – hoch: Erst wenn die Aufenthaltsregelung der Eltern bzw. deren Unfähigkeit, sich auf eine solche zu verständigen, die Schwelle der Kindeswohlgefährdung überschreitet, ist der Staat als Erziehungsträger selbst zu einer Entscheidung in der Sache berufen. Unterhalb dieser Schwelle kann das Gericht allenfalls schlichtend zwischen den Elternrechten tätig werden. Gesetzgeberisches Resultat dieses „Schlichtermandats“ des Staates sind für den Fall von Trennung und Scheidung der Eltern insbesondere §  1671 Abs.  1 BGB sowie §  1628 BGB. Zu Recht setzen sie keine Kindeswohlgefährdung voraus, sondern lassen einen einfachen Elternstreit genügen, um ein Einschreiten des Staates zu legitimieren. Dieses Einschreiten darf im Gegenzug jedoch ausschließlich darauf gerichtet sein, auf verfassungsrechtlicher Ebene das Elternrecht des einen zugunsten desjenigen des anderen zu verkürzen, ohne unter Verdrängung beider Elternrechte – dies wäre die Missachtung des Elternvorrangs – die Verantwortung dem Staat zu übertragen. 134 

BVerfGE 6, 55, 71 = FamRZ 1957, 82, 83; E 24, 119, 149 a. E. = FamRZ 1968, 578, 585. BVerfGE 24, 119, 149 a. E. = FamRZ 1968, 578, 585. 136  Ossenbühl, Das elterliche Erziehungsrecht im Sinne des Grundgesetzes, 1981, 68 Fn.  3. 137  Erichsen, Verstaatlichung der Kindeswohlentscheidung?, 1978, 12 f.; Maunz/Dürig/ Badura, 69. EL Mai 2013, Art.  6 Rn.  111; Burgi, in: HGR IV, 2011, §  109 Rn.  22. 135 

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Bezogen auf die einfachgesetzlich gewährten Rechtspositionen im Bereich der elterlichen Sorge bedeutet dies folgendes: Der Staat, namentlich das Gericht, darf die Rechtsposition(en) des einen Elternteils zugunsten derjenigen des anderen (substanziell oder in Bezug auf die Ausübungsberechtigung) beschneiden, um letztgenanntem die in Rede stehende(n) Angelegenheit(en) zur – in Bezug auf den anderen Elternteil – alleinigen und – in Bezug auf den Staat – selbstständigen Entscheidung zuzuweisen. Hierdurch wird mittelbar derjenigen – inhaltlich aber von dem dann alleinentscheidungsberechtigten Elternteil zu bestimmenden – Lösung der Vorzug gegeben, die dem Kindeswohl aus Sicht des Gerichts am besten entspricht. Das Gericht darf, da es mangels Kindeswohlgefährdung nicht als Erziehungsträger berufen ist, hingegen keinesfalls eine Sachentscheidung in Bezug auf die Pflege und Erziehung des Kindes treffen. §§  1628 und 1671 Abs.  1 BGB können somit von Verfassungs wegen ausschließlich den soeben dargestellten Mechanismus aufweisen. Ein Durchgriff auf die tatsächliche Sorgeebene durch gerichtliche Vorgaben hinsichtlich der Ausübung der übertragenen Rechtsposition(en) wäre mithin verfassungswidrig. Konkret bezogen auf die Aufenthaltsbestimmung bedeutet dies: Sobald das Gericht nicht mehr nur abstrakt auf das Recht zur Aufenthaltsbestimmung einwirkt, indem es dieses einem Elternteil oder auch im zeitlichen Wechsel beiden Elternteilen zur freien Ausübung allein zuweist, sondern zum Zwecke der Begründung des aus seiner Sicht kindeswohldienlichsten Betreuungsmodells selbst den konkreten Aufenthalt des Kindes festlegt, nimmt es neben den oder anstelle der Eltern die Pflege und Erziehung des Kindes wahr. Hierzu ist das Gericht in keinem Fall aufgrund des staatlichen Schlichtermandats befugt und kann sich folglich nicht auf §  1628 BGB138 oder §  1671 Abs.  1 BGB139 stützen140. 138 

S. unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (S. 86) m. Fn.  376. OLG Bamberg FamRZ 2003, 1403, 1404. Dies gilt auch für eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB (dazu unter §  4 B. I. 1. a) [ab S. 108]); zu der Frage, ob diese Norm (ggf. i. V. mit §  256 ZPO analog) die gerichtliche „Genehmigung“ einer elterlichen Vereinbarung über die Ausübung der Sorge in Form eines Wechselmodells ermöglicht, unter §  4 B. I. 1. b) bb) (ab S. 143). 140  Marchlewski FF 2015, 98, 105; i.Erg. ebenso OLG Schleswig (2. FamS) SchlHA 2017, 145, 150 = FamRZ 2016, 1945 (2. LS); OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 62; MDR 2014, 1326 (einstw. AO); Beschl. v. 13.10.2014 – 6 UF 93/14, juris Rn.  12 = FuR 2015, 678; OLG Brandenburg FF 2012, 457, 459; AG Konstanz FamRZ 2016, 476 f.; AG Duisburg FamRZ 2015, 1305, 1306 (einst. AO); Staudinger/Coester §  1671 Rn.  51 f., 60, 106; ders. FF 2010, 10, 12; Jokisch FuR 2013, 679, 680 a. E.; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160, 1163, 1166; Vorstand des DFGT FF 2014, 46; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1435, 1437; Holzwarth NZFam 2014, 567, in Anm. zu OLG Hamm FamRZ 2014, 1389; Palandt/Götz, 76.  Aufl. 2017, §  1687 Rn.  2; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  40 f.; Heilmann/Keuter §  1671 Rn.  24; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  272, 685; offengelassen von BGH FamRZ 2017, 532, 533 Rn.  15; OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1515, 1516 (einstw. AO); 139 

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Solange Antrieb nur die Kindeswohldienlichkeit ist, ein Schaden durch die elterliche Aufenthaltsbestimmung und folglich insoweit ein Versagen und eine Disqualifizierung der Eltern als Erziehungsträger nicht feststellbar sind, scheidet überdies das staatliche Wächteramt zur Rechtfertigung einer solchen gerichtlichen Entscheidung aus. bb) Ergebnis: keine unmittelbare Begründung eines Wechselmodells durch das Gericht Daraus folgt, dass das Gericht ein Wechselmodell – aber auch ein Residenz­ modell141 oder jedes andere Betreuungsmodell – als Ausgestaltung des tatsächlichen Kindesaufenthalts nach der elterlichen Trennung unterhalb der Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB nicht unmittelbar festlegen darf und kann. Rechtlich ist ihm der Durchgriff über die Gestaltung der rechtlichen Ebene hinaus auf die tatsächliche Ausübung der Sorge in Form der Festlegung von konkretem Aufenthalt mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG verfassungsrechtlich verwehrt. Mit der (auch wechselweisen) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts geht folglich keine Anordnung einer Ausübungsweise, insbesondere nicht die Pflicht einher, den Kindesaufenthalt im Zeitraum der eigenen Aufenthaltsbestimmungsberechtigung bei sich festzulegen. Tatsächlich kann die Begründung eines Wechselmodells daher auch im Anschluss an eine wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts weiterhin scheitern, solange nicht beide Elternteile aufgrund der gerichtlichen Entscheidung doch noch kooperieren, sondern sich ein Elternteil der Praktizierung des Wechselmodells schlicht verweigert. verfehlt daher OLG Schleswig SchlHA 2014, 456 (5. FamS), das ausdrücklich die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts regelt (S.  456, 458), allerdings in der Nichtbeachtung des auf ein Wechselmodell gerichteten Kindeswillens die Gefahr einer Kindeswohlschädigung erblickt (S.  458); diesem zust. Maes jurisPR-FamR 16/2014 Anm.  4, der es begrüßt, dass das Gericht „den Eltern das Heft aus der Hand nimmt“ (unter D.); ebenfalls verfehlt OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.11.2012 – 6 UF 191/12, juris Rn.  6, das in der vom Familiengericht als Umgangsregelung deklarierten einstweiligen Anordnung eines Wechselmodells eine „der Sache nach das Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge“ betreffende Aufenthaltsregelung erblickte und damit letztlich die Ausübung dieser Rechtsposition durch das Familiengericht absegnete. 141  Der Aussage, das Aufenthaltsbestimmungsrecht könne „unbestritten durch gerichtliche Entscheidung abgespalten, d. h. auf einen Elternteil allein übertragen werden, um ein Residenzmodell zu verwirklichen“ (Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 377; dies./Rixe FamRB 2014, 418, 420), wäre damit insofern zu widersprechen, als damit die unmittelbare Verwirklichung eines Residenzmodells durch gerichtliche Entscheidung als Argument für eine solche Entscheidung zugunsten eines Wechselmodells gemeint sein mag; diese Fehlvorstellung deutet sich aber auch beim BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  19, an.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Damit ist noch nicht abschließend über die Zulässigkeit einer gerichtlichen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel entschieden. Zwar führt diese, wie soeben dargestellt, nicht zu einer unmittelbaren Begründung eines Wechselmodells, sondern belässt den Eltern – rechtlich – weiterhin die Befugnis zu einer von der gerichtlichen Intention abweichenden Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Gegebenenfalls begründen aber bereits die mittelbaren Auswirkungen einer solchen gerichtlichen Entscheidung auf die Sorgeausübung eine Unzulässigkeit entsprechenden gerichtlichen Tätigwerdens; dies ist als Frage der tatsächlichen Ebene der Sorge aber dort zu erörtern142. b) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1628 BGB, §  1666 BGB oder §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB Lässt sich ein Wechselmodell schon nicht über §  1671 Abs.  1 BGB begründen, so scheiden auch §§  1628 und 1696 Abs.  1 S.  1 BGB für die Verwirklichung dieses Regelungsziels aus. Zunächst berechtigt §  1628 BGB als einfachrechtliche Ausformung des staatlichen Schlichteramts das Gericht ebenso wenig wie §  1671 Abs.  1 BGB zu einer eigenen Sachentscheidung143; darüber hinaus begegnet die Übertragung der allgemeinen Aufenthaltsbestimmung unter Anwendung jener in Konkurrenz zu §  1671 Abs.  1 BGB stehenden Norm zu Recht erheblichen Bedenken144. Für §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB gelten dieselben Gestaltungsgrenzen, denen bereits die abzuändernde Entscheidung, regelmäßig also §  1671 Abs.  1 BGB, unterlag145. 142 

Unter §  5 A. I. 2. a) bb) (ab S. 225). Dazu bereits unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (S. 86) m. Fn.  376. 144  OLG München FamRZ 2008, 1103, 1104: drohende Aushöhlung der strengen Voraussetzungen der §§  1666 ff. BGB; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 186, und OLG Köln ZKJ 2012, 29 = FamRZ 2012, 563 (LS): Beschränkung des §  1628 BGB auf situative Entscheidungen; Palandt/Götz §  1628 Rn.  5; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1628 Rn.  16: §  1628 BGB nur vor Elterntrennung; ebenso – aufgrund der „fundamentale[n] und präjudizielle[n] Bedeutung für das sorge- und vermögensrechtliche Gesamtgefüge und die Eltern-Kind-Beziehung“ Staudinger/Coester §  1671 Rn.  57; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  58 Rn.  21; ähnlich Huber/Pankatz, in: FS für Dieter Schwab, 2005, 793, 795 f.: vor beabsichtigter Trennung nur bis zum Ergehen einer Entscheidung nach §  1671 BGB; für eine regelmäßige Anwendbarkeit des §  1671 BGB Schilling NJW 2007, 3233, 3235; für eine ausnahmsweise Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil gegen dessen Willen über §  1628 BGB OLG Celle FamRZ 2011, 488 f.; a. A. BT-Drucks. 13/4899, 95, 98; Schwab FamRZ 1998, 457, 468; Staudinger/Peschel-Gutzeit §  1628 Rn.  15, 29, die von einem Dualismus der beiden Vorschriften spricht und eine derartig restriktive Anwendung des §  1628 BGB für nicht mit dem Wortlaut vereinbar hält. 145  Staudinger/Coester §  1696 Rn.  40. 143 

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Anders verhält es sich nach §  1666 BGB: Da das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen die Befugnis zu einer eigenen Sachentscheidung haben kann, kommt die Anordnung eines Wechselmodells mittels Festlegung des konkreten Kindesaufenthalts hierüber in Betracht. Dies ist jedoch im Rahmen der tatsächlichen Ebene der Sorge zu behandeln146; die Einwirkung bloß auf die Rechts­ positionen der Eltern führt aus den zu §  1671 Abs.  1 BGB dargestellten Gründen auch über §  1666 BGB nicht zu einer unmittelbaren Begründung eines Wechselmodells. c) Ergebnisse Ein Wechselmodell als Ausgestaltung des tatsächlichen Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel lässt sich somit nicht (allein) durch eine gerichtliche Gestaltung der elterlichen Sorgerechtspositionen begründen. Es bedarf vielmehr der – elterlichen oder gerichtlichen – Einwirkung (auch) auf die tatsächliche Ebene der Pflege und Erziehung des Kindes. Ob und, wenn ja, nach welcher Vorschrift und unter welchen Voraussetzungen eine gerichtliche Einflussnahme zulässig ist, wird nachfolgend geklärt. 2. Tatsächliche Ebene der Sorge a) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB Über eine rein die elterlichen Rechtspositionen gestaltende gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB – und zu mehr berechtigt diese Norm das Gericht, wie soeben dargestellt, nicht – wird ein Wechselmodell j­edenfalls nicht unmittelbar begründet. Denn es muss sich stets noch die Ausübung dieser Rechtspositionen durch die Eltern anschließen, bei der diesen – unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung – ein verfassungsrechtlich garantierter Ermessensspielraum zukommt. Nicht von der Hand zu weisen ist aber ein gewisser mittelbarer Einfluss des Gerichts auf die Gestaltung des konkreten Kindesaufenthalts (dazu unter aa)). Mit Blick darauf ist der noch offenen Frage nach der Zulässigkeit einer Zuweisung periodisch wechselnden Aufenthaltsbestimmungsrechts gegen den erklärten Willen mindestens eines Elternteils147 nachzugehen (dazu unter bb)).

146 

Unter §  5 A. I. 2. b) (ab S. 234). Zur Zulässigkeit im Falle eines entsprechenden übereinstimmenden Elternwillens unter §  4 B. I. 1. a) aa) und bb) (ab S. 109). 147 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

aa) Mittelbare Einflussnahme des Gerichts auf die Festlegung eines Betreuungsmodells Mittelbar begünstigen lässt sich zweifelsfrei ein Residenzmodell: Wie bereits dargelegt, wird der ein Residenzmodell präferierende Elternteil mit Erhalt des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts dieses regelmäßig dergestalt ausüben, dass er den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes bei sich und damit das begehrte Residenzmodell festlegt. Das Gericht hat mit seiner Entscheidung dazu beigetragen, indem es die Rechtsposition dieses Elternteils gegenüber dem anderen Elternteil gestärkt hat. Es hat das Residenzmodell jedoch nicht unmittelbar selbst angeordnet, denn der nunmehr allein aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil kann ebenso gut den Kindesaufenthalt in anderer Weise festlegen, sofern er sich nunmehr mit dem anderen – im Verfahren immerhin unterlegenen und daher womöglich einigungswilligen – Elternteil zu einigen vermag und solange darin keine Gefährdung des Kindeswohls i. S. von §  1666 BGB liegt. Doch das Gericht hat in gewisser Weise auch Einfluss auf die Festlegung eines Wechselmodells: Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass es demjenigen Elternteil, der das Wechselmodell zu praktizieren gedenkt, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht oder gar die Alleinsorge zuweist148. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der im Verfahren nach §  1671 Abs.  1 BGB unterlegene Elternteil nunmehr auf das Wechselmodell einlässt, dürfte nach Ergehen dieser gerichtlichen Entscheidung gesteigert sein. Hierzu wird die Autorität des Gerichts einen Beitrag leisten, das immerhin das Wechselmodell als die dem Kindeswohl am besten entsprechende Betreuungsform herausgestellt hat; außerdem sieht sich der „unterlegene“ Elternteil vor die Wahl gestellt zwischen einer periodisch wechselnden oder – mit Ausnahme des Umgangs – gar keiner Betreuung des Kindes. Zu denken ist zum anderen an eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge im wiederkehrenden Wechsel je an einen Elternteil allein. Für die Festlegung des Wechselmodells auf der tatsächlichen Ebene ergibt sich daraus – in Abhängigkeit von den vorausgegangenen Anträgen der Eltern – Folgendes:

148  S. die Nachw. in §  12 Fn.  14 zur Aufrechterhaltung eines Wechselmodells. In Betracht käme, so man eine Übertragung der Entscheidung über den Kindesaufenthalt oder das Betreuungsmodell über §  1628 BGB für möglich erachtet (dazu unter §  5 A. I. 1. b) [S. 218]), auch eine solche auf den ein Wechselmodell begehrenden Elternteil.

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(1) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines Wechselmodells, kein Antrag des anderen Elternteils (a) Dem Antrag stattgebende Entscheidung Begehrt ein Elternteil die Praktizierung eines Wechselmodells und beantragt er hierfür die periodische Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Gesamtsorge an sich, während der andere keinen Antrag stellt, so erscheint es denkbar, dass das Gericht, sofern es zu der Überzeugung gelangt, dass die Betreuung des Kindes im Wechselmodell dem Kindeswohl am besten entspricht, dem Antrag stattgibt. Resultat wäre zunächst nur die alleinige Inhaberschaft des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Gesamtsorge in den beantragten Zeiträumen beim Antragsteller, während im Übrigen die gemeinsame Sorge fortbestünde. Es obläge damit diesem Elternteil, das Wechselmodell mithilfe seiner stärkeren Rechtsposition auf der tatsächlichen Ebene zu etablieren149. Wäre der andere Elternteil nicht gewillt, das Kind (nur) in den vom Antragsteller nicht beantragten Zeiträumen zu betreuen, so wäre darin die Ausübung des – auch ihm in diesen Zeiträumen weiterhin zustehenden – Aufenthaltsbestimmungsrechts dergestalt zu sehen, dass das Kind seinen Aufenthalt nur beim Antragsteller nehmen solle, dem in der Folge gemäß §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB die Allein­ entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens zukäme. Verweigerte sich der Antragsteller jedoch einem alleinigen Kindesaufenthalt bei sich, würde praktisch kaum ein Weg an der Praktizierung eines Wechselmodells mit den der gerichtlichen Zuweisung entsprechenden Aufenthaltszeiträumen vorbeiführen, es sei denn, der andere Elternteil nähme das Kind gar nicht mehr bei sich auf. Hierin kommt die mittelbare Einwirkung der gerichtlichen Entscheidung auf die Sorgeausübung deutlich zum Ausdruck. Weiterhin wäre zu überlegen, ob das Gericht dem Antrag nur teilweise stattgeben, namentlich insoweit dahinter zurückbleiben könnte, als es dem Antragsteller für kürzere bzw. seltenere Zeiträume das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die Gesamtsorge allein zuwiese. Grundsätzlich kann das Gericht – insbesondere nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes – hinter einem Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB zurückbleiben150. Die mittelbare Gestaltungswirkung der gerichtlichen Entscheidung wäre entsprechend einer ungeschmäSo auch Jokisch FuR 2013, 679, 680 f. Allg. zu dieser Möglichkeit Schwab FamRZ 1998, 457, 465; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  17, 81; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  102; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  79; bedenklich AG Hannover JAmt 2001, 557, 558, das in der Abänderung einer Aufenthaltsregelung der Eltern ein „rechtliches Weniger“ gegenüber der beiderseits beantragten Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts erkennt, damit jedoch das Sorgerecht letztlich selbst ausübt (hierzu noch ausf. unter §  9 B. [S. 322 ff.]). 149 

150 

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lerten Stattgabe zu beurteilen. Allerdings hätte, so es denn zur Praktizierung eines Wechselmodells infolge der Entscheidung des Gerichts käme, dieses auf das Maß der wechselnden Aufenthaltsperioden nicht außer Acht zu lassenden Einfluss genommen. (b) Den Antrag zurückweisende Entscheidung Kommt das Gericht hingegen zu dem Ergebnis, dass das Wechselmodell mit den beantragten periodischen Aufenthaltswechseln dem Kindeswohl nicht am besten entspräche, so kann es den Antrag insgesamt zurückweisen. Der Antrag i. S. des §  1671 Abs.  1 BGB ist zugleich Verfahrenshandlung wie Sachantrag151 mit der Folge, dass das Gericht entsprechend §  308 Abs.  1 ZPO nicht dem Antragsgegner, sondern nur dem Antragsteller die (Teil‑)Sorge übertragen kann152. Dabei darf es nicht über den Antrag hinausgehen oder etwas anderes als beantragt zusprechen153. Folglich scheiden mangels entsprechenden Antrags eine zeitlich uneingeschränkte Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge an den Antragsteller ebenso aus wie eine irgendwie geartete Zuweisung von Rechtspositionen an den anderen Elternteil154. Dann ist es bei unverändert gemeinsamer Sorge weiterhin an den Eltern, eine Einigung über den Kindesaufenthalt herbeizuführen. Droht dies mangels Kooperationsbereitschaft und ‑fähigkeit der Eltern zu scheitern, lassen sich diese jedoch nicht dazu anhalten, einen abweichenden Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB zu stellen, so kann sich eine Pflicht des Gerichts zum Tätigwerden nur ergeben, wenn das mit der Abweisung des Antrags und der Belassung der gemeinsamen Sorge verbundene Risiko einer Einigungsunfähigkeit hinsichtlich des Kindesaufenthalts die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung i. S. des §  1666 BGB überschreitet.

151  OLG Rostock FamRZ 2007, 1352; OLG Brandenburg FPR 2002, 165; Staudinger/ Coester §  1671 Rn.  44; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  16; NK-BGB/Rakete-Dombek §  1671 Rn.  2; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  79; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  20; a. A. Oelkers FuR 1999, 349. 152  OLG Saarbrücken ZKJ 2010, 452, 454 = FamRZ 2011, 120 (2. LS); Coester DEuFamR 1999, 3, 10 a. E.; BeckOK BGB/Veit §  1671 (11.2017) Rn.  17, (11.2011) Rn. 10; dagegen ist ein Antrag nach §  1628 BGB reiner Verfahrensantrag, s. OLG Celle FamRZ 2011, 488 f. 153  OLG Rostock FamRZ 2007, 1352; OLG Brandenburg FPR 2002, 165; FamRZ 2008, 1472; AG Hannover JAmt 2001, 557, 558; Schwab FamRZ 1998, 457, 459, 462; Staudinger/ Coester §  1671 Rn.  44, 101; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  17; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  79; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  20. 154  Letzteres bedauernd AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 478.

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(2) Antrag eines Elternteils auf Begründung eines Wechselmodells, Antrag des anderen auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge In dieser Konstellation, in welcher der andere, ein Residenzmodell bei sich präferierende Elternteil die dauernde Alleinsorge (in Teilen) beantragt, erhebt sich die Frage, ob das Gericht, das dem auf ein Wechselmodell hinauslaufenden Antrag stattzugeben gedenkt, zugleich dem Antrag des anderen teilweise stattgeben und somit in den verbleibenden Zeiträumen das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die Alleinsorge diesem allein zuweisen könnte. Zunächst gilt auch hier, dass die Etablierung des Wechselmodells auf der tatsächlichen Ebene weiterhin dem Elternteil obläge, der dieses anstrebt. Denn eine Pflicht des anderen Elternteils zur Betreuung ginge mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn nicht einher155. Vor diesem Hintergrund als besonders kritisch zu bewerten ist eine Zuweisung der Alleinsorge im wiederkehrenden Wechsel auch auf den das Residenzmodell präferierenden Elternteil. Denn verzichtete dieser auf den Aufenthalt des Kindes bei sich, so hätte der andere Elternteil, nähme er das Kind entsprechend zu sich, in diesen Zeiträumen Entscheidungsbefugnisse allein nach §§  1687a, 1687 Abs.  1 S.  4, 5 BGB156. Diese können – je nach Auslegung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB im Falle eines Wechselmodells157 – für die Pflege und Erziehung eines Kindes über einen längeren Zeitraum als nicht ausreichend zu qualifizieren sein158. Als weniger problematisch erweist sich insoweit die Zuweisung nur des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel: Verzichtete der Elternteil hier auf den Kindesaufenthalt bei sich, so hielte sich das Kind „mit Einwilligung“ (§  1687 Abs.  1 S.  2 BGB) dieses Elternteils beim anderen auf, sodass dieser die Alleinentscheidungsbefugnisse nach §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB hätte. Die Situation in letzterem Fall entspricht faktisch derjenigen bei Zuweisung periodischen Aufenthaltsbestimmungsrechts nur an den wechselmodellwilligen Elternteil: Zwar stünde diesem in den dem anderen Elternteil zugewiesenen Zeiträumen das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht mehr – zusammen mit dem anderen und damit in der Ausübung an eine Einigung mit diesem gebunden – 155 

S. unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (b) (ab S. 119) und §  5 A. I. 1. a) aa) (1) (ab S. 191). So auch – allg. zum periodischen Wechsel der Alleinsorge – Staudinger/Coester (2009) §  1671 Rn.  261; Jokisch FuR 2013, 679, 681; Gottschalk FamFR 2012, 286, in Anm. zu KG FamRZ 2012, 886. 157  Zur flexiblen Auslegung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB in Abhängigkeit von den tatsächlichen Betreuungsleistungen beider Elternteile in einem Wechselmodell unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (ab S. 96); zur Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen einer Alleinsorge über §  1687a BGB unter §  6 A. I. 2. (ab S. 268). 158  S. ebenfalls unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (S. 99). 156 

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zu; da er den alleinigen Aufenthalt bei sich aber ohnehin nicht anstreben würde, ergäbe sich hinsichtlich des Kindesaufenthalts für ihn kein Nachteil. Die übrigen Entscheidungsbefugnisse nach §  1687 Abs.  1 BGB hängen nicht vom Innehaben des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern vom tatsächlichen Aufenthalt des Kindes ab. Insoweit ergäbe sich kein Unterschied. (3) Antrag beider Elternteile auf Zuweisung der (teilweisen) Alleinsorge Beantragen beide Elternteile die Übertragung der (teilweisen) Gesamtsorge auf sich allein, so ist fraglich, ob das Gericht stattdessen eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge wiederkehrend wechselnd jeweils an einen Elternteil allein vornehmen kann. Grundsätzlich erlangt das Familiengericht bei Beantragung der Alleinsorge durch beide Elternteile unbegrenzte Entscheidungsfreiheit159, freilich im Rahmen des verfassungsrechtlich und daher rechtstechnisch nach §  1671 Abs.  1 BGB Möglichen: Die unmittelbare Anordnung eines Wechselmodells wäre mit der geschilderten Entscheidung des Gerichts also abermals nicht verbunden; die Letztentscheidung über den konkreten Kindesaufenthalt obläge vielmehr weiterhin den – dann abwechselnd aufenthaltsbestimmungsberechtigten – Elternteilen. In dieser Konstellation könnte es demzufolge ebenfalls vorkommen, dass ein Elternteil aus einer strikten Ablehnung des Wechselmodells heraus auf einen Aufenthalt des Kindes bei sich verzichtet; im Unterschied zur soeben dargestellten Fallgestaltung, in der ein Elternteil das Wechselmodell begehrt und deswegen den vollständigen Kindesaufenthalt bei sich gegebenenfalls ablehnt, würde hier der jeweils andere dem alleinigen Kindesaufenthalt bei sich in aller Regel zustimmen und ein Residenzmodell praktizieren. Streit könnte allerdings insoweit aufkommen, als voraussichtlich kein Elternteil freiwillig auf den Kindesaufenthalt bei sich würde verzichten wollen, dies vielmehr vom anderen erwartete; dann käme es in tatsächlicher Hinsicht entweder zur – wie vom Gericht beabsichtigten – Praktizierung des Wechselmodells, oder die Eltern wären zur erneuten Anrufung des Gerichts gezwungen. (4) Antrag beider Elternteile auf Begründung eines Wechselmodells mit voneinander abweichenden Betreuungszeiträumen Schließlich ist es denkbar, dass zwar beide Eltern ihr Kind in einem Wechselmodell betreuen wollen, sich jedoch hinsichtlich der jeweiligen Betreuungszeiträume uneins sind und zur Klärung dieser Frage das Gericht anrufen. In dieser 159 

Staudinger/Coester §  1671 Rn.  101 (2. Spiegelstrich).

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Konstellation lägen somit zwei Anträge auf periodische Zuweisung der Gesamtsorge bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts in den im jeweiligen Antrag festgelegten Zeiträumen vor. Handelte es sich hingegen um zwei sich hinsichtlich der Zeiträume ergänzende Anträge, so wäre über diese als Antrag und Zustimmung i. S. von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB nach dieser Vorschrift zu entscheiden160. Da die Praktizierung eines Wechselmodells im Anschluss an die gerichtliche Entscheidung in diesem Fall als äußerst wahrscheinlich einzustufen und der (mittelbare) Einfluss des Gerichts insoweit als gering zu bewerten ist, ist das Augenmerk insbesondere auf die Frage zu legen, ob das Gericht zulässigerweise frei über die Betreuungszeiträume disponieren und diese in Abweichung von beiden Anträgen selbst festlegen kann. bb) Zulässigkeit einer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel Somit gilt jeweils: Es kann, muss aber nicht infolge der gerichtlichen Entscheidung zu einem tatsächlich gelebten Wechselmodell kommen; nicht das Gericht, sondern die Eltern legen letztverantwortlich den Aufenthalt des Kindes auf der Grundlage des ihnen zustehenden Aufenthaltsbestimmungsrechts fest. Gleichwohl brachten die soeben dargestellten Fallgestaltungen deutlich zutage, dass sich die Auswirkungen der gerichtlichen Entscheidung nicht gänzlich auf die rechtliche Ebene der Sorge beschränken, sondern sich – wenn auch nicht unmittelbar, so doch zumindest mittelbar – auch auf die tatsächliche Ebene der Sorgeausübung zu erstrecken vermögen: Weist das Gericht einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zu, wird dieser das Kind in der Regel zu sich nehmen, mithin ein Residenzmodell begründen; entsprechend dürfte die wiederkehrend wechselnde Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile vielfach die Praktizierung eines Wechselmodells zur Folge haben. Denn Eltern, die zu einer Einigung auf eine andere als die vom Gericht beabsichtigte Verteilung des tatsächlichen Aufenthalts nicht in der Lage sind, sehen sich faktisch dazu gezwungen, die Entscheidung auf der tatsächlichen Ebene umzusetzen. Das Ermessen des gerade berechtigten Elternteils hinsichtlich der Ausübung seines Aufenthaltsbestimmungsrechts reduziert sich gleichsam auf Null, wenn der andere Elternteil den Aufenthalt bei sich in diesem Zeitraum ablehnt: Es bleibt faktisch in aller Regel bloß die Möglichkeit, das Kind im Zeitraum der zugewiesenen Rechtsposition zu sich zu nehmen. Damit drängt sich auf den ersten Blick die Schlussfolgerung auf, dass beide Entscheidungsalternativen – dauernde wie wiederkehrend wechselnde Zuwei160 

S. schon unter §  5 A. I. 1. a) a. E. (S. 190).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

sung – des Gerichts gleich zu bewerten seien, namentlich entweder als zulässig oder unzulässig. Da es außer Frage steht, dass das Gericht einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zuweisen kann, dies aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sogar verfassungsrechtlich geboten ist, sofern sich der elter­ liche Streit auf den Kindesaufenthalt beschränkt161, müsste entsprechend auch die periodische Zuweisung (im Elternstreit162) zulässig sein. Dieser Schluss greift jedoch zu kurz, sind doch die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein und die Zuweisung im wiederkehrenden Wechsel mit Blick auf den Zweck des §  1671 Abs.  1 BGB (dazu unter (1)) und die damit einfachrechtlich ausgedrückten, letztlich aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG resultierenden Befugnisse des Gerichts (dazu unter (2)) durchaus unterschiedlich zu beurteilen. (1) Regelungszweck des §  1671 Abs.  1 BGB §  1671 Abs.  1 BGB verfolgt den Zweck, einem Elternteil einen Vorsprung in der Entscheidungsmacht gegenüber dem anderen zu verschaffen. Hierdurch wird der zugewiesene Sorgebereich dem elterlichen Streit entzogen. Handelt es sich dabei um das Aufenthaltsbestimmungsrecht, so setzt die im Anschluss an die gerichtliche Entscheidung vom nunmehr alleinentscheidungsberechtigten Elternteile getroffene Aufenthaltsbestimmung überdies das Konfliktvermeidungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB in Gang. Durch die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel und damit einer in zeitlicher Hinsicht geteilten Rechtsposition stärkt das Gericht die rechtliche Stellung des jeweils begünstigten Elternteils jedoch nur unvollständig: Keiner der Elternteile hat die volle Entscheidungsbefugnis über den Kindesaufenthalt allein inne. Zwar kann im jeweiligen Zeitraum des Innehabens des Rechts zur Bestimmung des Aufenthalts dieser (rechtlich) frei festgelegt werden. Insgesamt – etwa auf den Monat – betrachtet, ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht jedoch für jeden Elternteil insoweit verkürzt, als keiner von ihnen (wiederum rechtlich) die freie Wahl jeder Aufenthaltsverteilung, etwa die Möglichkeit hat, gegen den Willen des anderen Elternteils ein Residenzmodell bei sich oder auch ein Wechselmodell mit anderen als den gerichtlich antizipierten Aufenthaltsperioden festzulegen. Die zuvor bei ungeteilter gemeinsamer Sorge noch bestehende Ausübungsbindung, also die Bindung einer elterlichen Entscheidung in einer Kindesangelegenheit an ein elterliches Einvernehmen (§  1627 BGB), wird gleichsam überführt in eine Bindung an die BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016; Schilling NJW 2007, 3233, 3238; Staudinger/­Coester §  1671 Rn.  259. 162  Zur Zulässigkeit im Elternkonsens unter §  4 B. I. 1. a) aa) und bb) (ab S. 109). 161 

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Entscheidung des anderen, jetzt zeitweise ebenfalls alleinberechtigten Elternteils163. Prima facie erscheint somit zwar jeder Elternteil voll entscheidungsbefugt, wie §  1671 Abs.  1 BGB es gerade bezweckt. Über den gesamten Zeitraum hin betrachtet – und der Aufenthalt des Kindes stellt sich eben nicht nur für dieses, sondern auch für die Eltern, deren Absprachen etwa über die Modalitäten der Kindesübergabe weiterhin erforderlich sind, als Gesamtheit dar – ist jedoch jeder Elternteil weiterhin vom jeweils anderen abhängig, und zwar tatsächlich wie rechtlich: Die Ausübungsbefugnis des jeweils berechtigten Elternteils ist nicht nur insoweit eingeschränkt, als er während des Innehabens des Rechts zur Bestimmung des Aufenthalts diesen regelmäßig aus tatsächlichen Gründen bei sich begründen muss, sondern findet – den Kindesaufenthalt als Gesamtheit betrachtend – ihre rechtliche Grenze in der zeitlich versetzten Ausübungsbefugnis des anderen Elternteils. Kommt es zwischen den Eltern in der Folge weiterhin zu Streit über den Kindesaufenthalt, weil dieser weder der Vorstellung des einen noch des anderen, jedenfalls aber nicht dem früheren Antragsbegehren eines Elternteils entspricht, können die Eltern, weil eine Erstentscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB ergangen ist, eine Abänderung nur unter den strengen Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB erwirken. Da dieser eine Abänderungsentscheidung jedoch nur für den Fall einer veränderten Sach- oder Rechtslage zulässt, was allein für den Fall fortbestehenden Elternkonflikts ohne das Hinzutreten tatsächlicher Veränderungen nicht anzunehmen ist164, wäre den Eltern eine erneute Einwirkung auf ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht verwehrt. 163 

Gerade diese Auflösung der Ausübungsbindung nach §  1627 BGB unter Begründung einer wechselnden Alleinentscheidungsbefugnis lässt es als äußerst unwahrscheinlich erscheinen, dass den Eltern bei einem alternierenden Aufenthaltsbestimmungsrecht eine flexible Handhabung der Betreuung überhaupt gelingt oder jedenfalls leichter fallen würde als bei einem umgangsrechtlich festgelegten Aufenthalt des Kindes, weil die Entscheidungsbefugnis über den Aufenthalt bei den Eltern verbleibe (so aber Hammer FamRZ 2015, 1433, 1439). Denn während im Falle einer gerichtlichen Umgangsregelung, die das Aufenthaltsbestimmungsrecht zumindest der Substanz nach unberührt lässt (zur gleichwohl eintretenden Beschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch die Ausübung des Umgangsrechts unter §  5 A. II. 1. [S. 243 f.]), die Eltern im Konsens von ihr abweichen können (zur Ausdehnung von Umgangskontakten BeckOK BGB/Veit [11.2017] §  1684 Rn.  96), dürfte die alternierende Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, infolge derer die Entscheidungsbefugnis gerade nicht bei beiden Eltern gemeinsam verbleibt, sondern die Rechts- und damit „Machtposition“ jedes Elternteils gestärkt wird, nicht gerade eine Steigerung der elterlichen Kooperations- und Kompromissbereitschaft zur Folge haben. 164  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  1: kein Wiederaufrollen des früheren Rechtsstreits ohne Änderung der Verhältnisse; Palandt/Götz §  1696 Rn.  1.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Die Zuweisung eines wiederkehrend wechselnden Aufenthaltsbestimmungsrechts stellt sich damit nicht nur quantitativ, sondern qualitativ als etwas anderes dar als die Zuweisung umfänglich alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts. Ist letzteres beantragt, so liegt in der Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nur für gewisse Zeiträume folglich nicht ein rechtliches Minus165, sondern ein Aliud166, das weder mit der Antragsbindung entsprechend §  308 Abs.  1 ZPO167 noch mit Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zu vereinbaren ist. Denn trotz bestehender Verpflichtung jedes Elternteils zur Wahrnehmung seiner Elternverantwortung ist für die Zuweisung einer Alleinzuständigkeit und war vor dem KindRG für die Belassung der gemeinsamen Sorge nach Scheidung die Bereitschaft zu deren Ausübung zwingende Voraussetzung; ein Belassen der gemeinsamen Sorge gegen den Willen eines Elternteils wurde also für unzulässig erachtet, und zwar selbst dann, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt war, dass der widerstrebende Elternteil, der die Alleinzuständigkeit für sich begehrte, an sich zur Kooperation mit dem anderen in der Lage wäre168. Einem Elternteil kann also nicht eine Rechtsposition zugewiesen werden, die er nicht ausüben will – und folglich wohl nicht zum Wohle des Kindes ausüben wird – oder nicht in der Weise ausüben kann, wie es seinen Vorstellungen von einer gelungenen Pflege und Erziehung entspricht. Dann muss aber auch eine bloß periodische Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil, der zwar an sich zur Pflege und Erziehung des Kindes bereit ist, ein Wechselmodell hierzu aber aus der Überzeugung heraus ablehnt, dass es nicht die dem Kindeswohl am besten entsprechende Form der Betreuung darstellt, ausscheiden. Dies gilt folglich sowohl für die Fallgestaltung, dass ein Elternteil das alleinige Sorgerecht bzw. Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragt, wohingegen der andere ein Wechselmodell begehrt. Es gilt insbesondere aber auch für die Konstellation, in der beide Elternteile ein Residenzmodell jeweils bei sich anstreben, das Gericht

So aber Hammer FamRZ 2015, 1433, 1438. Ebenso OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150. 167  BeckOK ZPO/Elzer (09.2017) §  308 Rn.  16: Ein „Weniger“ müsse als „Teilmenge“ des Streitgegenstandes mit diesem wesensidentisch sein. Nach Musielak, in: FS für Karl Heinz Schwab, 1990, 349, 354 f., komme es – unabhängig davon, ob ein „minus“ oder „aliud“ gewährt werden soll, entscheidend darauf an, ob eine vom klägerischen Antrag abweichende Verurteilung des Beklagten vom Willen des Klägers umfasst wird; erkläre der Kläger ausdrücklich, dass er nur die volle Verurteilung wünsche und jede Einschränkung ablehne, dann müsse dieser Wille beachtet werden (S.  353). 168  Zur Rechtslage vor dem KindRG Hinz ZfJ 1984, 529, 532; ders., in: Münchener Kommentar, BGB, 3.  Aufl. 1992, §  1671 Rn.  68, 30; zur aktuellen Rechtslage Staudinger/Coester §  1671 Rn.  194. 165 

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jedoch die Praktizierung eines Wechselmodells für die dem Kindeswohl am besten entsprechende Betreuungsform erachtet169. Anders verhält es sich dagegen in der Fallgestaltung, dass sich beide Eltern zwar auf die Praktizierung eines Wechselmodells, nicht aber über die Wechselfrequenz zu einigen vermögen. Weist das Gericht hier das Aufenthaltsbestimmungsrecht bloß periodisch zu, so gewährt es nicht ein Aliud, sondern das Beantragte. (2) Grenze gerichtlicher Regelungsbefugnis Gerade in der Fallkonstellation, in der beide Elternteile das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit der Absicht beantragen, in der Folge ein Residenzmodell bei sich zu begründen, wäre ein Wechselmodell Resultat weniger der elterlichen Sorgeausübung als zuvörderst gerichtlichen Oktroyierens. Die mittelbare Gestaltung der tatsächlichen Ebene durch das Gericht ist bei – noch dazu als rechtliches Minus oder Aliud erfolgter – periodischer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ungleich intensiver als bei Zuweisung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil, der unter Umständen ebenfalls tatsächlich daran gehindert sein kann, ein von ihm gewünschtes Wechselmodell durchzusetzen und so auf das Residenzmodell verwiesen ist. Das Gericht begibt sich durch die konkrete zeitliche Aufteilung des Aufenthalts(bestimmungsrechts) nämlich in die unmittelbare Nähe einer eigenen Entscheidung in der Sache, indem es die tatsächliche Ebene durch die Gestaltung der rechtlichen vorzeichnet. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht berechtigt dazu, den Kindesaufenthalt auf Dauer, das heißt für die Dauer des Innehabens der Rechtsposition, oder für einen gewissen Zeitraum an einem bestimmten Ort festzulegen; es umfasst somit ein zeitliches und ein örtliches Element. Ohne vom oben aufgestellten Grundsatz abzurücken, dass der Kindesaufenthalt rechtlich theoretisch an jedem Ort, insbesondere auch beim anderen Elternteil, bestimmt werden kann, lässt sich feststellen, dass der Ort des Kindesaufenthalts tatsächlich in aller Regel derjenige des aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils oder zumindest dessen familiären Umfelds (des neuen Partners, der Großeltern etc.) ist. Denn nur diesen kann der aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil selbstständig, also ohne die Mitwirkung des anderen Elternteils in tatsächlicher Hinsicht, begründen. Das örtliche Element ist somit eng mit der Rechtsposition Aufenthalts169  Für letztgenannte Konstellation – beide Elternteile lehnen das Wechselmodell ab – spricht sich auch Hammer FamRZ 2015, 1433, 1438 Fn.  59, ausnahmsweise gegen die Zulässigkeit einer alternierenden Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts unterhalb der Schwelle des §  1666 BGB aus.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

bestimmungsrecht verknüpft. Zentrale Bedeutung erlangt damit das zeitliche Element: In tatsächlicher Hinsicht ist es die entscheidende Variable dafür, ob ein Residenzmodell bei einem Elternteil oder ein Wechselmodell bei beiden Elternteilen vorliegt; ist der Aufenthaltsort also faktisch regelmäßig mit der Rechts­ position verknüpft, so definierte das Gericht mit Zuweisung des Aufenthalts­ bestimmungsrechts für gewisse Zeiträume diese zeitliche Variable als verbleibende zentrale Ausübungsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Im Unterschied zur Beschränkung der Entscheidung auf eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein, die sich im Falle elterlichen Konflikts als die geringstmögliche staatliche Intervention darstellt, käme in einer Zuweisung der Rechtsposition im wiederkehrenden Wechsel deutlich das gerichtliche Bestreben einer eigenen Entscheidung in der Sache anstelle einer elterlichen zum Vorschein170. Denn hier ginge es dem Gericht nicht mehr bloß um die – als Ergebnis eines staatlichen Einschreitens unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung einzig zulässige171 – Vermittlung zwischen den Eltern, sondern die eigene Festlegung des konkreten Kindesaufenthalts und damit des Betreuungsmodells. (3) Ergebnis zur Zulässigkeit einer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile im wiederkehrenden Wechsel Mit Blick auf diesen nicht nur unerheblichen mittelbaren Einfluss der gerichtlichen Entscheidung auf die Sorgeausübung ist die Zulässigkeit einer periodischen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts jedenfalls insoweit zu verneinen, als in einem Antrag auf Zuweisung des vollen Aufenthaltsbestimmungsrechts als rechtliches Minus derjenige auf zeitweise Zuweisung zu erkennen sei. Gleiches muss, weil sich in tatsächlicher Hinsicht keine Unterschiede ergeben, gelten, soweit nur ein Antrag auf zeitweise Zuweisung gestellt wird, während der andere Elternteil untätig bleibt. Damit scheidet in den Fallgestaltungen, dass 170 

Ebenso OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2127: „im Ergebnis eine Regelung der konkreten Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bezweckt“; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150: „Deckmantel“; der Einwand, die alternierende Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stelle keine weitergehende gerichtliche Ausgestaltung der Betreuung dar als im Falle der Regelung eines Residenzmodells, werde schließlich lediglich die Verteilung von Entscheidungskompetenzen geregelt (Hammer FamRZ 2015, 1433, 1439), ist – wie dargelegt – nicht nur unzutreffend, sondern verschleiert auch die das Gericht offensichtlich anleitende Absicht, das Wechselmodell mit ganz konkreten, vom Gericht selbst festgelegten Betreuungszeiträumen zu etablieren. 171  S. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) (S. 201 f.) und §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (bb) (ab S. 215).

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entweder ein Elternteil ein Wechselmodell anstrebt, während der andere ein Residenzmodell präferiert, oder beide Elternteile ein Residenzmodell bei sich zu begründen gedenken, die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bloß im wiederkehrenden Wechsel aus. Etwas anderes gilt, wenn beide Eltern in Einigkeit über das Betreuungs­ modell das Aufenthaltsbestimmungsrecht ohnehin nur für gewisse, sich jedoch nicht ergänzende Zeiträume beantragen. In diesem Fall kann das Gericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht im wiederkehrenden Wechsel zuweisen, da es insoweit keine eigene Entscheidung über das Betreuungsmodell trifft, sondern nur dem übereinstimmenden Elternwillen folgt. Die Zuweisung des vollen Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil scheidet ohnehin bereits deshalb aus, weil – das Nichtvorliegen eines Hilfsantrags unterstellt – dieses von keinem Elternteil beantragt ist und das Gericht in seiner Entscheidung nicht über die Anträge hinausgehen darf. Das Gericht ist jedoch, um eine staatliche Einflussnahme auf die zeitliche Variable des Kindesaufenthalts zu verhindern, bei der Bemessung der zuzuweisenden Betreuungszeiträume strikt an den Antrag des einen oder des anderen Elternteils gebunden, darf also nicht seine eigenen Vorstellungen über die beste Wechselfrequenz an die Stelle der elterlichen setzen. Näher liegt in dieser Fallgestaltung freilich – weil im Grundsatz elterlicher Konsens über das Betreuungsmodell besteht – eine gerichtliche Vermittlung und die Aufnahme elterlichen Einvernehmens über die Wechselfrequenz in einen gerichtlich gebilligten Vergleich nach §  156 Abs.  2 FamFG (analog)172. cc) Ergebnis zur Begründung eines Wechselmodells über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten, dass mit einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB die Begründung eines Wechselmodells niemals unmittelbar verbunden ist. Eine mittelbare Begründung scheidet mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG insoweit aus, als diese nicht durch die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen Elternteil, sondern durch Zuweisung dieser Rechtsposition im wiederkehrenden Wechsel an beide Elternteile gegen den Willen mindestens eines von ihnen geschehen soll. Hiermit umginge das Gericht die verfassungsrechtlich zwingende Beschränkung seiner Regelungsbefugnis auf die Materie der Sorgerechtsinhaberschaft und griffe ungerechtfertigt in das Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihres Kindes durch Ausübung der elterlichen Sorge ein. 172  Dazu – zur Sorge – unter §  4 B. I. 1. b) aa) (ab S. 121) und – zum Umgang – unter §  4 B. I. 2. a) (ab S. 147).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Erst dieses elterliche Begehren nach einer gerichtlichen „Anordnung“ eines Wechselmodells macht deutlich, wie schmal der Grat zwischen noch zulässiger Gestaltung der rechtlichen Ebene mittels Zuweisung von Rechtspositionen und schon unzulässigem Eingriff ins Elternrecht aufgrund gerichtlicher Einwirkung auf die tatsächliche Ebene von Pflege und Erziehung des Kindes ist. Bevor das Familiengericht mit diesem Regelungsbegehren konfrontiert wurde, hatte es gar keinen Anlass, über die Zuweisung der Rechtsposition zur Aufenthaltsbestimmung hinaus auf die tatsächliche Ebene der Sorge durchzuwirken173; denn dem durch die gerichtliche Entscheidung begünstigten Elternteil war es unabhängig vom anderen und damit ohne weitere gerichtliche Einflussnahme möglich, den begehrten Kindesaufenthalt bei sich festzulegen, so den Streit über den Aufenthalt zu beenden und hinsichtlich der übrigen Entscheidungsbefugnisse das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB in Gang zu setzen. Das Gericht verfolgte in diesem Falle nicht das Ziel, ein spezielles Betreuungsmodell, namentlich das Residenzmodell, zu etablieren; es kam vielmehr seiner Aufgabe nach, mittels Zuweisung einer Rechtsposition an einen Elternteil allein klare Verhältnisse im entsprechenden Regelungsbereich zu schaffen. Die Intention beim Wechselmodell ist hingegen eine völlig andere: Der wechselmodellwillige Elternteil ist auf der tatsächlichen Ebene an der Durchsetzung gehindert und begehrt zur Überwindung dieser Hürde vom Gericht die gezielte Festlegung „seines“ Betreuungsmodells durch Zuweisung konkreter und vor allem verbindlicher Aufenthaltszeiträume an die Eltern. Dies ist jedoch gerade Aufgabe – oder: Recht und Pflicht (Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG) – der Eltern selbst. Können sie dieser Aufgabe ohne staatliche Hilfe nicht gerecht werden, so ist diese – das Nichtvorliegen einer Kindeswohlgefährdung unterstellt – von Verfassungs wegen darauf begrenzt, mittels Zuweisung einer Alleinentscheidungsbefugnis insofern für klare Verhältnisse zwischen den Eltern zu sorgen, als ein Elternteil ohne Rücksprache mit dem anderen und folglich ohne weiteren Konflikt den Regelungsgegenstand der betreffenden Rechtsposition allein entscheiden kann. Aus diesem Grunde verbietet sich im Konfliktfall grundsätzlich eine Zersplitterung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in zeitlicher Hinsicht als eine das elterliche Aufenthalts­ bestimmungsrecht gezielt aushöhlende Entscheidung. Bei Uneinigkeit der Eltern über das Betreuungsmodell kann eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB folglich allenfalls insofern zur Begrün173 

So zeigen die früheren Entscheidungen zum Wechselmodell, dass sich die Gerichte hier regelmäßig lediglich mit der Frage auseinandersetzten, wem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuzuweisen war, um ein – in der Regel bereits praktiziertes – Wechselmodell zu beenden oder aufrechtzuerhalten (Nachw. in §  12 Fn.  44). Von dem Bestreben, den Eltern ein Wechselmodell verbindlich zu oktroyieren, sind erst die neueren Entscheidungen geprägt (s. §  5 Fn.  2 f.).

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dung eines Wechselmodells beitragen, als damit die Rechtsposition desjenigen Elternteils durch Zuweisung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts gestärkt wird, der dieses anstrebt. Dieser Elternteil muss sich jedoch darüber im Klaren sein und auch das Gericht muss diese Eventualität in die der Prognose­ entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB zugrunde liegende Abwägung einbeziehen, dass Resultat der gerichtlichen Entscheidung auf der tatsächlichen Ebene der Aufenthalt des Kindes allein bei diesem Elternteil sein kann, sofern sich der andere Elternteil einem Wechselmodell weiterhin verweigert. Hält jener Elternteil strikt am Wunsch nach einer Praktizierung des Wechselmodells fest und droht auch nach der gerichtlichen Entscheidung aus diesem Grunde Streit über den Kindesaufenthalt, könnte sich die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den das Residenzmodell präferierenden Elternteil als die einzige dem Kindeswohl entsprechende Form der Betreuung darstellen; denn nur er bietet im Ergebnis Gewähr dafür, dass der Kindesaufenthalt ohne fortwährende Konflikte festgelegt und die zusätzlich konfliktmindernde Kompetenzverteilung des §  1687 Abs.  1 BGB zur Anwendung gebracht wird. Überblicksartig ergibt sich für die gerichtliche Anordnung eines Wechsel­ modells über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB damit folgendes abschließendes ­Fazit: – Bei Vorliegen einer verbindlichen Elternvereinbarung über den Kindes­ aufenthalt fehlt es einem Antrag des durch die Vereinbarung begünstigten Elternteils, der auf eine der Elternvereinbarung entsprechenden Sorgerechtsgestaltung zielt, schon am Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls aber an der Begründetheit. Der andere Elternteil kann dagegen eine abweichende Ent­ scheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB beantragen; für den Entscheidungsmaßstab gilt dann, dass dem Vorhandensein der Elternvereinbarung regelmäßig ein Indiz dergestalt zu entnehmen ist, dass die darin getroffene Regelung dem Kindeswohl entspricht, sodass den Antragsteller in Anlehnung an §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB eine gesteigerte Widerlegungslast trifft. – Liegt keine Elternvereinbarung über den Kindesaufenthalt vor und ist dieser zwischen den Eltern strittig, so kann das Gericht die Begründung eines Wechselmodells nur insofern begünstigen, als es dem das Wechselmodell präferierenden Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht (oder die Gesamt­ sorge) allein zuweist, damit dieser aufgrund seiner gestärkten Rechtsposition einen Vorsprung bei der Festlegung eines Betreuungsmodells auf der tatsächlichen Ebene der Sorge genießt. – Sind sich die Eltern zwar über die Praktizierung eines Wechselmodells, nicht aber über die jeweiligen Betreuungszeiträume einig, so kommt eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel an

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

beide Elternteile in Betracht; bezüglich der Festlegung einer Wechselfrequenz ist das Gericht jedoch strikt an die Sachanträge der Eltern gebunden. Näher liegt hier die gerichtliche Hinwirkung auf ein Einvernehmen bezüglich der Wechselfrequenz und dessen Aufnahme in einen gerichtlich gebilligten Vergleich analog §  156 Abs.  2 FamFG. – Die unmittelbare Anordnung eines Wechselmodells ist mit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB niemals verbunden. Die endgültige Festlegung des Betreuungsmodells bleibt vielmehr der Autonomie der Eltern vorbehalten. Das Gericht hat aber die Möglichkeit, mittels seiner Entscheidung – sei es die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen Elternteil allein, sei es die periodische Zuweisung an beide wechselmodellwilligen Eltern – einen Impuls zugunsten eines (bestimmten) Wechselmodells zu setzen, wenn dieses aus seiner Sicht dem Kindeswohl am besten entspricht. Im Übrigen ist es dem Gericht verwehrt, eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge im wiederkehrenden Wechsel anzuordnen, da dies eine Umgehung der mit Blick auf Art.  6 Abs.  2 GG verfassungsrechtlich zwingenden Beschränkung seiner Regelungsbefugnis bedeutete. – Die Begründung eines Wechselmodells ist im Bereich der elterlichen Sorge damit stets eine Frage der Sorgeausübung mit der Folge, dass es eine wie auch immer geartete gerichtliche Anordnung jedenfalls unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung nicht geben kann, eine solche folglich niemals der richterlichen Regelungskompetenz nach §  1671 Abs.  1 BGB unterfällt174. Dieses Ergebnis wahrt das durch Art.  6 Abs.  2 GG vorgegebene Kompetenz­ gefüge zwischen Eltern und Staat, indem es dem Vorrang der Elternverant­ wortung einerseits, der staatlichen Verantwortung zur Begegnung von Elternkonflikten und damit zur Wahrung des Kindeswohls andererseits Rechnung trägt. b) Familiengerichtliche Entscheidung nach §  1666 BGB Lässt sich ein Wechselmodell im Bereich der elterlichen Sorge somit verbindlich nur durch die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts begründen, die gerade nach der Trennung der Eltern zentrale Bedeutung für die Pflege und Erziehung des Kindes erlangt und gemäß Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zuvörderst der elterlichen Verantwortung unterliegt, so ist Raum für eine gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils oder beider aus174  So i.Erg. auch Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160 f.; ähnlich Staudinger/Coester §  1671 Rn.  60.

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schließlich, wenn weder beide Elternteile gemeinsam noch ein Elternteil allein Gewähr für einen nicht kindeswohlgefährdenden Aufenthalt leisten bzw. leistet. Erst wenn beide Elternteile also als Ausübende des Aufenthaltsbestimmungsrechts ausscheiden, wird das Wächteramt des Staates aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG dergestalt aktiviert, dass dieser als Erziehungsträger anstelle der Eltern über die Pflege und Erziehung des Kindes entscheiden darf und – sofern zur Wahrung des Kindeswohls erforderlich – muss. Dies beschränkt sich auf Ausnahmefälle175: Nicht nur die Einigungsfähigkeit der Eltern müsste zu verneinen sein, es dürfte auch kein Elternteil für ein Residenzmodell bei sich zur Verfügung stehen bzw. dieses müsste jeweils kindeswohlgefährdend sein. Dass es solche Ausnahmefälle gleichwohl gibt und wie ihnen zu begegnen ist, wird nachfolgend aufgezeigt. aa) Begründung eines Wechselmodells unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung Das Familiengericht könnte zunächst selbst den Kindesaufenthalt in einem von ihm festgelegten wiederkehrenden Wechsel zwischen den Eltern bestimmen. §  1666 Abs.  1 BGB gibt dem Gericht die Befugnis, diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Kindeswohlgefährdung erforderlich sind. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor bei einem bereits eingetretenen Schaden des Kindes oder einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt176. Bei der Auswahl der Mittel zur Gefahrenabwehr kommt dem Gericht ein Ermessen mit einer weitgehenden Gestaltungsfreiheit zu177. Doch hat das Gericht auch im Rahmen des §  1666 BGB dem grundsätzlichen Vorrang der Eltern und dem Grundsatz der Verhältnismäßig-

175  So auch AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, das §  1666 BGB als die im Bereich der elterlichen Sorge einzige dem Familiengericht eine direkte Entscheidungsbefugnis verleihende Norm benennt, sie jedoch im Zusammenhang mit der Anordnung eines Wechselmodells als solche nur „von theoretischem Interesse“ bezeichnet, weil die in einem Wechselmodell erforderlichen „gesteigerten erzieherischen Fähigkeiten der Elternteile“ selten mit einer Kindeswohlgefährdung einhergehen dürften. 176  BVerfG FamRZ 2009, 1472, 1474 Rn.  27; K 16, 517, 527 a. E. = FamRZ 2010, 713, 714 Rn.  41; K 19, 295, 301 = FamRZ 2012, 1127, 1129; ZKJ 2014, 242, 244 = FamRZ 2014, 1005 (1. LS); FamRZ 2014, 907, 908 Rn.  18; FamRZ 2014, 1266, 1268 Rn.  30; FamRZ 2014, 1270, 1272 Rn.  21; NJW 2014, 2936 f.; FamRZ 2014, 1772, 1773; FamRZ 2015, 112, 113 Rn.  23; FamRZ 2016, 22, 24 Rn.  17; BGH FamRZ 2012, 99, 101 Rn.  25; Z 184, 269, 275 Rn.  19 = FamRZ 2010, 720, 721; FamRZ 2005, 344, 345 a. E.; FamRZ 1956, 350, 351. 177  Staudinger/Coester §  1666 Rn.  206; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1666 Rn.  82.

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keit Rechnung zu tragen178; denn „Gegenstand [auch] des staatlichen Wächteramtes ist die Erfüllung der Erziehungspflichten durch die Eltern“179. Besteht die Kindeswohlgefährdung allein darin, dass sich die Eltern in einem andauernden Konflikt über den Kindesaufenthalt befinden und das Kindeswohl die Praktizierung eines Wechselmodells verlangt, so ist die entsprechende Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht geeignet180, den kindeswohlgefährdenden Zustand zu beseitigen, vorausgesetzt, die Eltern leisten der Entscheidung unter Beilegung ihres Konflikts Folge181. Fraglich ist, ob die Anordnung eines Betreuungsmodells durch das Familiengericht auch erforderlich, mithin unter mehreren zur Gefährdungsbeseitigung gleich geeigneten Mitteln das geringstmöglich eingreifende und damit mildeste ist182. Hier könnte als milderes Mittel an eine Umgangsregelung zu denken sein, die den Elternteilen jeweils (annähernd) hälftig den Umgang und damit die Betreuung zuweist; in einer solchen wird zum Teil ein milderes Mittel zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells gegenüber einer Einwirkung auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht und damit einem Eingriff in die gemeinsame elterliche Sorge erkannt183. Dies trifft jedoch nur auf den ersten Blick zu. Wie im Rahmen der Ausführungen zum Umgang noch ausführlich dargestellt wird184, hat eine derartige Umgangsregelung zur Folge, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht leer läuft: Zwar sind weiterhin beide Elternteile aufenthaltsbestimmungsberechtigt, allerdings geht mit einer auf ein Wechselmodell zielenden detaillierten – das heißt sowohl die Zeiträume als auch den Ort festlegenden – Umgangsregelung die Verpflichtung einher, das Kind in den jeweils zugewiese178 

BVerfGE 24, 119, 144 f. = FamRZ 1968, 578, 584. Bonner Kommentar/Jestaedt, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  178 m. w. N., s. auch Rn.  202 a. E., 208. 180  Zum Gebot der Geeignetheit als Gewährleistung einer effektiven Gefahrenabwehr Staudinger/Coester §  1666 Rn.  212. 181  Anders als im Falle einer Aufrechterhaltung der Verweigerung gegenüber einem Wechselmodell im Anschluss an eine Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB, die von der Sorgerechtsposition oder dem Elternrecht gedeckt sein kann, würde sie hier – das Gericht hat gestützt auf sein Wächteramt und damit unter Verdrängung der Elternrechte das Aufenthaltsbestimmungsrecht selbst und abschließend ausgeübt – eine Vertiefung der Kindeswohl­ gefährdung zur Folge haben und weitere Maßnahmen nach §§  1666, 1666a BGB bis hin zur Trennung von der Familie erforderlich machen. 182  Staudinger/Coester §  1666 Rn.  213. 183  KG FamRZ 2012, 886, 887; für nicht geeignet zur Gefahrenabwehr wegen zu erwartenden Streits der Eltern im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts hielt das OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 872, 874, die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter mit anschließender Anordnung eines annähernd gleich langen Umgangs des Vaters mit dem Kind. 184  Unter §  5 A. II. 2. b) bb) (1) (ab S. 249). 179 

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nen Umgangszeiten zu sich zu nehmen; für eine Ausübung des Aufenthalts­ bestimmungsrechts ist daneben kein Raum mehr. Die Anordnung einer derartigen Umgangsregelung steht einer Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht somit gleich und stellt folglich kein milderes Mittel dar. Damit kann die Anordnung eines konkreten Wechselmodells unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB im Ausnahmefall erforderlich und damit zulässig sein. bb) Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und Übertragung auf einen Ergänzungspfleger Unter denselben Voraussetzungen könnte das Gericht den Eltern nach §  1666 Abs.  1, 3 Nr.  6 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht entziehen und auf einen Ergänzungspfleger (§  1909 Abs.  1 S.  1 BGB) übertragen, welcher sodann den Aufenthalt des Kindes entsprechend dessen Wohl festlegt185. In dieser Weise entschieden hat das Oberlandesgericht Brandenburg186 in einer Fallgestaltung, in der ein von den Eltern unaufhörlich ausgetragener Streit über den Aufenthalt des Kindes diese daran gehindert habe zu erkennen, dass der vom Kind geäußerte und auf ein – in der Vergangenheit allerdings bereits praktiziertes – Wechselmodell gerichtete Wille ernst zu nehmen gewesen sei und gerade eine Missachtung dieses Willens Auswirkungen negativer Art auf die weitere Entwicklung des Kindes, mithin eine erhebliche Gefährdung seines Wohls, habe ernsthaft befürchten lassen. Es übertrug daher unter Bejahung der Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB im Anschluss an die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts dieses auf das Jugendamt als Pfleger187. 185 

Auch der Ergänzungspfleger ist allerdings in der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts frei (§§  1915 Abs.  1 S.  1, 1800 S.  1, 1631 Abs.  1) und nicht an die vorausgegangene Entscheidung des Gerichts gebunden (Staudinger/Bienwald Vorbem. zu §§  1909–1921 Rn.  79; zum Grundsatz der entsprechenden Selbstständigkeit des Vormunds Staudinger/Veit Vorbem. zu §§  1773 ff. Rn.  21); hierauf zu Recht hinweisend MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  34. 186  NJW-RR 2010, 872; zust. Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  272. 187  Trotz durchaus vergleichbarer Ausgangslage – die Nichtbeachtung des gleichfalls auf ein Wechselmodell gerichteten Kindeswillens hätte die „Gefahr einer Schwächung der kindlichen Selbstwirksamkeitserwartung“ zur Folge gehabt und damit wohl auch die Begründung einer Kindeswohlgefährdung i. S. von §  1666 Abs.  1 BGB zugelassen – entschied sich das KG FamRZ 2012, 886, in einer allerdings ausdrücklich als Ausnahme bezeichneten Entscheidung gegen eine kindesschutzrechtliche Maßnahme und für eine Umgangsregelung unter den Voraussetzungen der §§  1684 Abs.  3 S.  1, 1697a BGB (zur von Verfassungs wegen gebotenen Korrektur dieses Maßstabs für die Anordnung eines Wechselmodells unter §  5 A. II. 3. b) [S. 258]). Ebenfalls verneint wurden die Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB in einem durch das Jugendamt angeregten Verfahren vom OLG Schleswig SchlHA 2014, 456, 459,

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Die Einschätzungen des Sachverständigengutachtens als richtig unterstellt, ist die Entscheidung in dogmatischer Hinsicht als Positivbeispiel hervorzuheben. Vermögen sich die Eltern über den Kindesaufenthalt nicht zu einigen, und ist die Begründung eines Wechselmodells gerade aufgrund eines beachtlichen Kindeswillens die einzige Möglichkeit, eine andernfalls eintretende Kindeswohlschädigung abzuwehren, so kann und muss das Gericht eine solche Entscheidung nach §  1666 BGB treffen. Dies gilt auch dann, wenn – wie auch im vom Oberlandesgericht Brandenburg entschiedenen Fall – Anträge nach §  1671 Abs.  1 BGB gestellt sind, die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein zur Abwendung der drohenden Kindeswohlschädigung jedoch nicht ausreicht188. Zwar trägt das Gericht für die Übertragung von Teilen des elterlichen Sorgerechts auf einen Ergänzungspfleger (oder die eigene Entscheidung in der Sache) und den mit dem Ausschluss der Eltern verbundenen erheblichen Eingriff in deren verfassungsrechtliche Rechtspositionen aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG eine ungleich höhere Rechtfertigungslast als bei einer Vermittlung zwischen den Elternrechten nach §  1671 Abs.  1 BGB. Gerade auf letzteres beschränkt sich das Gericht mit der Anordnung eines Wechselmodells jedoch nicht189; dann muss das Gericht aber auch, wenn es eine solche Entscheidung als ultima ratio für erforderlich hält, diese mit der Aktivierung seines Wächteramts rechtfertigen und diese Rechtfertigung entsprechend begründen, darf sich mithin nicht auf sein Schlichteramt zurückziehen, das zu einer solchen Entscheidung – vor der Verfassung – schlicht nicht berechtigt. Hier kann, wie die geschilderte Fallgestaltung zeigt, der beachtliche und auf ein Wechselmodell zielende Wille des Kindes besondere Bedeutung erlangen, dessen Übergehung eine Kindeswohlgefährdung zu begründen vermag. Allerdings dürfte dies für die originäre Begründung eines Wechselmodells kaum Relevanz erlangen, da ein beachtlicher Wille, zwischen den Eltern zu wechseln, ohne die damit einhergehenden Belastungen190 bereits erfahren zu haben und damit einschätzen zu können, allenfalls obwohl durch die Nichtbeachtung des abermals auf ein Wechselmodell gerichteten Willens des Kindes eine Verletzung seines Selbstwertgefühls und daher die Gefahr einer Kindeswohlschädigung gedroht hätten (S.  458); das Gericht traf sodann eine unter den Voraussetzungen des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB unzulässige „Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im Sinne eines hälftigen Wechselmodells“. 188  Dies wird freilich in den seltensten Fällen so sein, in aller Regel wird ein Elternteil bereit stehen, einen dem Kindeswohl entsprechenden Kindesaufenthalt zu begründen; ob dieser dem Wohl des Kindes aus Sicht des Gerichts am besten entspricht oder nicht, ist unerheblich, da es nicht zur Ausübung des Wächteramts gehört, für eine bestmögliche Pflege und Erziehung des Kindes zu sorgen (Nachw. s. §  5 Fn.  118 f.). 189  Dazu ausf. unter §  5 A. I. 2. a) bb) (1) (ab S. 226). 190  S. unter §  4 A. II. 1. b) bb) (2) (S. 31 f.).

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von älteren Kindern zu erwarten wäre191, für die aber meist der Umgang mit Gleichaltrigen irgendwann mehr Bedeutung hat als der gleichmäßige Kontakt zu beiden Elternteilen192. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Ergänzungspfleger kann im Einzelfall näher liegen als die unmittelbare Begründung eines Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB, wenn das Gericht zwar die Erforderlichkeit eines Wechselmodells zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung, zugleich aber ein besonderes Bedürfnis nach Flexibilität bei dessen Praktizierung festgestellt hat. Spontan notwendig werdende Abänderungen oder Ausnahmen von der gefundenen Regelung lassen sich von einer natürlichen Person schneller herbeiführen als durch eine gerichtliche Abänderungsentscheidung193. Dies spricht jedoch nicht generell gegen eine unmittelbare Anordnung eines Wechselmodells durch das Familiengericht, wie ein Vergleich mit einer gerichtlichen Umgangsentscheidung zeigt: Auch mit einer solchen trifft das Gericht selbst eine detaillierte und längerfristig Geltung beanspruchende Regelung. Die Bestellung eines Dritten, namentlich eines Umgangspflegers, ist hier allenfalls ergänzend unter den Voraussetzungen des §  1684 Abs.  3 S.  3 BGB vorgesehen und zielt ausschließlich darauf, die Durchführung des gerichtlich bestimmten Umgangs sicherzustellen, nicht aber, die Festlegung von Umgangshäufigkeit und ‑dauer einem Dritten zu überlassen194. Kann aber in der gerichtlichen Regelung des Kindesaufenthalts mittels Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts einerseits und Festlegung von Umgang beider Elternteile mit dem Kind andererseits bloß ein dogmatischer, nicht hingegen ein qualitativer Unterschied ausgemacht werden195, so ist auch nicht von vornherein im Bereich der elter­ lichen Sorge der Bestellung eines Ergänzungspflegers ein Vorrang gegenüber einer eigenen Sachentscheidung des Gerichts einzuräumen. Besteht ein Bedarf zur Abänderung seiner Entscheidung, wird das Gericht diesen spätestens im Zuge seiner regelmäßigen Überprüfung der kindesschutzrechtlichen Maßnahme nach §  166 Abs.  2 FamFG berücksichtigen.

Vgl. Jokisch FuR 2013, 679, 682. Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (d) (bb) (S. 52). 193  So sah das OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 872, 874, im als Pfleger bestellten Jugendamt einen „neutralen Dritten“, der „in engem Kontakt mit den Eltern“ eine dauerhafte Lösung finden sollte, die dem eindeutig geäußerten Willen des Kindes entsprach. 194  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  43 f., 40.2, 26, zur Ablehnung der Figur des sog. Umgangsbestimmungspflegers §  1632 Rn.  29 ff. 195  Dazu ausf. unter §  5 A. II. 2. b) bb) (1) (ab S. 249). 191 

192 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

c) Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel auf der tatsächlichen Ebene der Sorge Die unmittelbare Anordnung eines Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung ist somit im Bereich der elterlichen Sorge allein nach §  1666 BGB möglich. Je nach Fallgestaltung kann das Gericht – ähnlich einer Umgangsregelung – die Betreuungszeiträume und ‑orte selbst festlegen oder aber einen Ergänzungspfleger unter Übertragung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dieser Aufgabe betrauen. Stets vorausgesetzt ist eine Kindeswohlgefährdung, die einen staatlichen Eingriff in dieser Form rechtfertigt. Diese wird nur in absoluten Ausnahmefällen anzunehmen sein, in denen weder die Eltern gemeinsam noch ein Elternteil allein Gewähr für einen nicht kindeswohlgefährdenden Aufenthalt zu leisten vermag. Dies wird sich im Wesentlichen auf Fallgestaltungen wie die beschriebenen beschränken, in denen ein Wechselmodell bereits praktiziert wurde und sich der beachtliche Wille des (älteren) Kindes auf dessen Fortsetzung richtet196.

II. Umgangsrecht Teilweise wird ein – auch annähernd paritätisches – Wechselmodell von den Gerichten mittels Regelung des Umgangs gemäß §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB197 festgelegt198. Von weiten Teilen der Rechtsprechung wird dieser Weg dagegen abge196 

S. noch unter §  12 A. I. 1. (S. 337). Die nachfolgenden Ausführungen gelten für eine Entscheidung über die Abänderung einer Umgangsentscheidung bzw. eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang hin zu einer ein Wechselmodell begründenden Umgangsregelung entsprechend mit der Maßgabe, dass es hierzu triftiger, das Kindeswohl nachhaltig berührender Gründe (§  1696 Abs.  1 S.  1 BGB; s. hierzu OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1352; OLG München FamRZ 2013, 1822) bzw. im Falle amtswegigen Tätigwerdens des Gerichts entgegen übereinstimmendem Elternwillen einer Kindeswohlgefährdung durch die bisherige Regelung bedürfte (§  1666 Abs.  1 BGB; hierzu unter §  4 B. I. 2. a) dd) [S.  151]). 198  BGH FamRZ 2017, 532, 533 ff. Rn.  15 ff.; OLG Braunschweig FamRZ 2015, 61; OLG Celle FamRZ 2008, 2053; OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 913 m. krit. Anm. Hammer = NZFam 2016, 285 m. krit. Anm. Luthin; FamRZ 2016, 909, 911; KG FamRZ 2012, 886, 887: ausdrücklich als Ausnahmefall bezeichnet; OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284 Rn.  30; AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 341 m. abl. Anm. Spangenberg FamRZ 2015, 863; FamRZ 2013, 1590 = ZKJ 2013, 31; AG Heidelberg FF 2015, 31, 35 ff. Rn.  50 ff. m. insow. abl. Anm. ­Clausius = FamRZ 2015, 151, 154 f.; AG Hannover FamRZ 2014, 1212 (einstw. AO); i.Erg. auch KG FamRZ 2008, 634, 636 („Betreuungsregelung mit nahezu gleichen Anteilen“); zur Unanfechtbarkeit einer einstweiligen Umgangsregelung, die auf ein Wechselmodell hinausläuft, OLG Hamm FamRZ 2014, 1389 m. zust. Anm. Holzwarth NZFam 2014, 567, zust. auch BGH FamRZ 2017, 532, 534 f. Rn.  22, abl. dagegen OLG München FamRZ 2016, 2120, 2122, und Palandt/Götz, 76.  Aufl. 2017, §  1687 Rn.  2 (Anordnung als sorgerechtliche Regelung der 197 

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lehnt199. Die Vielzahl der Entscheidungen belegt zumindest bereits, dass die Familiengerichte und die eine Anordnungsmöglichkeit bejahenden Oberlandesgerichte die umgangsrechtliche „Lösung“ gegenüber einer sorgerechtlichen noch eher in Erwägung ziehen. Der Grund hierfür liegt darin, dass das Gericht im Falle des elterlichen Konflikts über den Umgang – hieraus lässt sich leicht machen: den Aufenthalt200 – gemäß §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und ausdrücklich seine Ausübung näher regeln kann. Dem Gericht wird also scheinbar – im Gegensatz zu einer Regelung im Bereich der elterlichen Sorge – eine umfassende(re) Regelungsbefugnis zuteil201. Einen „Regelumgang“ gibt das Gesetz nämlich nicht vor, der einfachgesetzlich vorgesehene Beschwerde zugänglich) und 77.  Aufl. 2018, §  1687 Rn.  2c (Kind als „Versuchs­objekt im Elternkonflikt“). Offengelassen von KG FamRZ 2014, 50, 51 f.; OLG Hamm NJW 2012, 398; OLG München FamRZ 2016, 2120, 2122; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804. Zust. Arbeitskreis 7, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 20. DFGT, 2014, 124, 125 These 3; Bergmann ZKJ 2013, 489; Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 387; dies./Rixe, FamRB 2014, 418, 425; Schmid NZFam 2016, 818, 819, 820; wohl auch Viefhues FuR 2015, 118, in Anm. zu OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 62; für eine Anordnungsmöglichkeit „vorläufig in einem ersten Termin“ Hanke FamRB 2014, 106, 108 f.; ebenfalls eine „versuchsweise“ Anordnung in Erwägung ziehend BGH FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  31. 199  OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  28 = FamRZ 2016, 1473 (LS); FamRZ 2015, 1818, 1819 f.; Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457 f. = FamRZ 2012, 1886 (1. LS); FamRZ 2010, 1352, 1353; OLG Dresden MDR 2016, 1456; FamRZ 2011, 1741 (2. LS); OLG Hamm FamRZ 2012, 1883, 1885 m. zust. Anm. Alt­ rogge FamFR 2012, 287; OLG Jena FamRZ 2016, 2126; Beschl. v. 15.6.2015 – 2 UF 60/15, juris Rn.  22; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736; OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739 m. äußerst krit. Anm. Mandla NJ 2011, 278, 282; OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 235/11, 2. LS); OLG München FamRZ 2013, 1822 m. krit. Anm. Spangenberg FamRZ 2014, 401, 402; OLG Naumburg FamRZ 2015, 764, 765; Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  13, 16; FamRZ 2014, 50; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120, aufgehoben vom BGH FamRZ 2017, 532; OLG Saarbrücken FuR 2015, 678; FamRZ 2015, 62; MDR 2014, 1326 (einstw. AO); OLG Schleswig (2. FamS) FamRZ 2016, 1788, 1790; SchlHA 2017, 145, 150 = FamRZ 2016, 1945 (2. LS); AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, 478 f. Zust. Altrogge, in: Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 6. Kap.  B. Rn.  343 (69. EL 11.2014), 6. Kap.  C. Rn.  82 (63. EL 03.2012); Coester FF 2010, 10, 12; ders., in: Staudinger §  1671 Rn.  23, 60; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 92 f., 105; Giers FamRB 2012, 383, 384; Heilmann NJW 2012, 16, 18, 21; Hennemann NJW 2017, 1787; Jokisch FuR 2013, 679, 681; dies. FuR 2016, 85, 91 f.; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1163; Staudinger/ Rauscher §  1684 Rn.  189, 162a; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  24; Johannsen/Henrich/ Jaeger §  1684 Rn.  28a. 200  S. unter §  4 A. II. 2. b) aa) (ab S. 76) und §  4 B. I. 2. a) aa) (ab S. 147). 201  Die frühe Rspr. des BGH (Z 42, 364 = FamRZ 1965, 130), die nähere Ausgestaltung auch des Umgangs würde dem sorgeberechtigten Elternteil obliegen, ein entsprechendes Eingreifen des Gerichts nur unter den Voraussetzungen des §  1666 BGB in Betracht zu ziehen sein, wurde ausdrücklich aufgegeben (Z 51, 219 = FamRZ 1969, 148).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Maßstab ist allein das Kindeswohl (§  1697a BGB)202. Damit scheint die Fest­ legung hälftiger Betreuung beider Eltern mittels Regelung entsprechender Umgangszeiten prima facie vom Wortlaut gedeckt203. Sind die Betreuungszeiten hinreichend bestimmt festgelegt, liegt ein weiterer Vorteil gegenüber einer sorgerechtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB in der unmittelbaren Vollstreckbarkeit des Beschlusses gemäß §§  86 Abs.  1 Nr.  1, 88 ff. FamFG. Die Vollstreckung funktioniert in beide Richtungen, lässt also die Erzwingung sowohl der Herausgabe als auch der Aufnahme des Kindes zu204. Im Falle einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB bedürfte es demgegenüber aufgrund mangelnden vollstreckbaren Inhalts derselben 205 – es fehlt die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch den berechtigten Elternteil – des Hinzutretens einer Herausgabeentscheidung nach §  1632 Abs.  3, 1 BGB206; die Aufnahme des Kindes ließe sich gar nicht zwangsweise durchsetzen. Um zu verdeutlichen, dass auch die Regelungsbefugnis des Gerichts aus §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1697a BGB entgegen dem ersten Anschein durchaus keine umfassende oder unbegrenzte sein kann 207, werden zunächst die Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der einfachrechtlichen Ebene von Sorge- und Umgangsrecht (dazu unter 1.), sodann auf der verfassungsrechtlichen Ebene (dazu unter 2.) aufgezeigt. 1. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der einfachrechtlichen Ebene des Sorge- und Umgangsrechts Wie bereits angeklungen, gewährt §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB dem Gericht auf der einfachgesetzlichen Ebene – verglichen mit §  1671 Abs.  1 BGB oder §  1628 BGB – einen deutlichen Vorsprung an Entscheidungsmacht. Denn während das Gericht im Bereich der elterlichen Sorge unterhalb der Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB stets nur zur Alleinzuweisung einer Rechtsposition an den einen Elternteil unter gleichzeitiger Entziehung beim anderen befähigt ist, ohne in der Sache selbst entscheiden zu dürfen, kann es im Rahmen der Bestimmung von Umgang diesen durch Festlegung von Dauer und Häufigkeit sowie Ort und Art 202 

Sich im Wesentlichen hierauf stützend BGH FamRZ 2017, 532, 533, 535 Rn.  8, 24. BGH FamRZ 2017, 532, 533 Rn.  16; OLG Stuttgart NJW-RR 2017, 1284 f. Rn.  30; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1435, 1437. §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB ist jedoch insoweit begrenzt, als er allein die Regelung von „Umgang“ zulässt; zum Begriff des Umgangs und dessen Zweck unter §  5 A. II. 2. b) aa) (ab S. 246). 204  Zur Problematik der Umgangsdurchsetzung gegen den erklärten Willen des umgangsberechtigten und ‑verpflichteten Elternteils s. aber unter §  4 B. I. 2. a) bb) (S.  148 f.). 205  Zu §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (a) (S. 118). 206  Hammer FamRZ 2015, 1433, 1435 a. E., 1437, 1439. 207  Zur Grenzziehung unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256). 203 

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detailliert regeln 208 und insoweit den Aufenthalt des Kindes unmittelbar selbst bestimmen. §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB durchbricht damit den Grundsatz, wonach das Gericht bei der Vermittlung zwischen den elterlichen Rechtspositionen auf die Ebene der Inhaberschaft an dieser beschränkt ist, es deren Ausübung also dem begünstigten Elternteil und damit in elterlicher Verantwortung zu belassen hat. Dieser Entscheidungsinhalt ist nur konsequent, führte doch eine Entziehung des Umgangsrechts bei dem Elternteil, der den Umgang des anderen dulden soll, nicht ans Ziel. Und auch die Befähigung des Gerichts zur Bestimmung des Aufenthalts ist konsequent und erforderlich: Die Ausübung des Umgangsrechts durch einen Elternteil oder zu dessen Gunsten durch das Gericht begrenzt das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das dem anderen Elternteil – vorausgesetzt, es ist keine Entscheidung über die elterliche Sorge nach §  1671 Abs.  1 BGB vorausgegangen 209 – zusammen mit dem umgangsberechtigten Elternteil zusteht, insofern, als eine der Ausübung des Umgangsrechts zuwiderlaufende Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht mehr von dieser Rechtsposition umfasst ist; im Umfang der gerichtlichen Umgangsbestimmung ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht also verkürzt mit der Folge, dass der (allein- oder mit‑) aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil es während des Umgangs nicht zu seinen Gunsten ausüben und so den Umgang beim umgangsberechtigten Elternteil nicht stören oder gar verhindern kann. Dass das Umgangsrecht eine solche Verkürzung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bewirken kann, liegt daran, dass Umgangs- wie Sorgerecht als einfachgesetzliche Ausgestaltungen aus dem natürlichen Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihres Kindes (Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG) resultieren 210. Sie stehen sich als selbstständige, einander gegenseitig beschränkende Rechte gegenüber211. Die elterliche Sorge ist damit von vornherein mit dem Umgangsrecht belastet212. Sie findet in diesem sowie „den sich daraus zwangsläufig ergebenden 208 

BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  24 ff. Zur Konstellation einer vorausgegangenen Sorgerechtsentscheidung unter §  5 A. III. (ab S. 258). 210  BVerfGE 31, 194, 206 = FamRZ 1971, 421, 424, dort auch zur früheren Einordnung des Umgangsrechts als Restbestandteil des Personensorgerechts; E 64, 180, 188 = FamRZ 1983, 872, 873; FamRZ 1995, 86; FamRZ 2002, 809; K 9, 274, 277 = FamRZ 2007, 105; K 17, 407, 411 = FamRZ 2010, 1622; K 20, 135, 141 = FamRZ 2013, 361, 362; FamRZ 2013, 433; BGHZ 42, 364, 370 = FamRZ 1965, 130, 131; Z 51, 219, 221 = FamRZ 1969, 148, 149; FamRZ 1984, 778, 779. 211  BGHZ 51, 219, 221 = FamRZ 1969, 148, 149; FamRZ 1987, 356, 358; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; Palandt/Götz §  1684 Rn.  3; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  7; ausf. hierzu Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  62 f. 212  So die Formulierung des Bayerischen Ministerpräsidenten, in: BVerfGE 31, 194, 203 209 

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Folgerungen in bezug auf die Bestimmung über den Aufenthalt und die Pflege des Kindes sowie die Duldung des tatsächlichen erzieherischen Einflusses, die eine solche Begegnung für das Kind haben kann“213, ihre Grenzen. Damit lässt sich bis hierhin zusammenfassen: Das Sorgerecht des einen Elternteils endet dort, wo das Umgangsrecht des anderen beginnt. Diese Grenze gegen den Willen des (mit‑)aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils durchzusetzen, erreicht das Gericht auf einfachrechtlicher Ebene mittels einer Sachentscheidung über den Umgang und damit auch über den konkreten Aufenthalt des Kindes. 2. Auswirkungen einer gerichtlichen Umgangsregelung auf der verfassungsrechtlichen Ebene der Elternrechte Der Grund dafür, dass dem Gericht im Bereich des Umgangsrechts eine Befugnis zur Sachentscheidung unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung zukommen kann, im Bereich der elterlichen Sorge hingegen nicht, kann dem einfachen Recht ebenso wenig entnommen werden wie eine zwingende Begrenzung dieser Befugnis. Denn weder enthält §  1684 BGB eine solche Begrenzung, noch definiert er, was unter Umgang zu verstehen ist und was nicht (mehr). Hier also von der Systematik des sorgerechtlichen Normenkomplexes auf den umgangsrechtlichen zu schließen oder an seit jeher unverändert gebliebenen Definitionen des Umgangsbegriffs214 festzuhalten, sähe sich berechtigter Kritik ausgesetzt215. Eine klare Begrenzung der gerichtlichen Regelungsbefugnis ergibt sich aber auch im Bereich des Umgangsrechts aus der Verfassung. a) §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB als einfachgesetzliche Ausprägung des staatlichen Schlichteramts Bevor die verfassungsrechtliche Ebene auf eine solche Begrenzung hin untersucht wird, gilt es, noch einmal generell die von Verfassungs wegen bestehenden Befugnisse des Gerichts216 in Bezug auf die Pflege und Erziehung eines Kindes vor Augen zu führen. = FamRZ 1971, 421, 423; auch der BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  20, stellt heraus, dass der Eingriff in die elterliche Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch eine gerichtliche Umgangsregelung „in der gesetzlichen Systematik von Sorge- und Umgangsrecht […] angelegt“ sei, was gar nicht bestritten wird. 213  Zur Übertragung der elterlichen Gewalt im Verhältnis zum Verkehrsrecht des anderen Elternteils BVerfGE 31, 194, 206 f. = FamRZ 1971, 421, 424. 214  Hierzu sogleich unter §  5 A. II. 2. b) aa) (S. 247 f.). 215  Insoweit kann dem AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154, zugestimmt werden. 216  Ausf. hierzu unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ab S. 196).

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Entzieht das Gericht einem Elternteil die Befugnis zur Ausübung seiner Elternverantwortung, um spiegelbildlich die Befugnis des anderen zu stärken und so einen Streit zwischen beiden zu schlichten (Mechanismus der §§  1671 Abs.  1, 1628 BGB: Einwirkung auf die Rechtsinhaberschaft), so greift es auf verfassungsrechtlicher Ebene in das Elternrecht des einen ein, lässt das Elternrecht des anderen hingegen unangetastet. Es vermittelt – in Ausübung seines Schlichteramts – ausschließlich zwischen den Elternrechten. Das Bundesverfassungsgericht spricht insoweit von einem „Ausgleich zwischen den beiden eigenständigen und durch das Elternrecht geschützten Rechtspositionen der Eltern […], ohne ihren Vorrang als Erziehungsträger anzutasten“217. Reicht diese Vermittlung nicht aus, weil kein Elternteil (insgesamt oder in einer konkreten Angelegenheit) zur Wahrung des Kindeswohls in der Lage ist, so schwingt sich das Gericht – dann gestützt auf sein Wächteramt – zum Erziehungsträger auf und entzieht entweder beiden Elternteilen die Befugnis zur Ausübung ihrer Elternverantwortung oder trifft eine eigene Entscheidung in der Sache (Mechanismus des §  1666 Abs.  1 BGB: Einwirkung auf die Rechtsinhaberschaft oder ‑ausübung). In der Sprache des Bundesverfassungsgerichts liegt dann ein „Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht“ vor218. Im Ergebnis verdrängt das Gericht insoweit beide Elternrechte. Bestimmt das Gericht nun den Aufenthalt des Kindes im Rahmen einer Umgangsentscheidung (Mechanismus des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB), so mag sich dies, wie bereits beschrieben, auf einfachrechtlicher Ebene als Sachentscheidung des Gerichts darstellen, da im Umfang der gerichtlichen Entscheidung eine elterliche Aufenthaltsbestimmung ausscheidet. Da §  1684 Abs.  3 BGB selbst keinen Eingriffsmaßstab enthält, somit derjenige des §  1697a BGB gilt und die Qualifizierung der gerichtlichen Regelung als die dem Kindeswohl am besten entsprechende zur Rechtfertigung staatlichen Handelns ausreichen soll, kann die Vorschrift nicht Ausdruck des staatlichen Wächteramts, sondern lediglich des Schlichteramts sein, verlangt eine darauf gestützte Maßnahme doch gerade nicht die Einhaltung der strengen Voraussetzungen, die für einen Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht vorliegen müssen219. Aus dieser etwa gegenüber einer längerfristigen Beschränkung oder einem Ausschluss des Umgangsrechts nach §  1684 Abs.  4 S.  1 und 2 BGB geringeren Rechtfertigungslast resultiert aber auch eine Begrenzung der staatlichen Handlungsfähigkeit, denn der Staat darf mit seiner Maßnahme gerade nicht in das Erziehungsrecht der Eltern eingreifen, vielmehr allein zwischen den elterlichen Rechtspositionen 217  E 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425; E 56, 363, 382 f. = FamRZ 1981, 429, 433; E 61, 358, 374 = FamRZ 1982, 1179, 1182; umgekehrt gewendet in FamRZ 1994, 223, 224. 218  Nachw. s. vorstehende Fn. 219  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425.

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vermitteln und diese – zuvörderst mit Blick auf die Kindesinteressen – in einen angemessenen Ausgleich bringen. Eine auf §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB gestützte gerichtliche Umgangsregelung muss sich also zusammenfassend im Rahmen der staatlichen Schlichteramts­ befugnisse halten. b) Bestimmung der gerichtlichen Regelungsbefugnis im Bereich des Umgangsrechts als Ausdruck des staatlichen Schlichteramts Es ist damit zu klären, wo auf verfassungsrechtlicher Ebene die Grenze verläuft zwischen einer zulässigen gerichtlichen Umgangsregelung, die zwischen den beiden Elternrechten von Mutter und Vater lediglich vermittelt, und einer unzulässigen, die sich als Verdrängung beider Elternrechte und damit als weder auf staatliches Schlichter- noch Wächteramt zu stützender Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht darstellt. Diese Grenze ist sodann auf die Ebene des einfachen Rechts zu übertragen. aa) Verhinderung eines Kontaktabbruchs Gerechtfertigt ist eine gerichtliche Regelung von Umgang jedenfalls dann, wenn dem umgangsberechtigten Elternteil die Durchsetzung seines Umgangsrechts gegenüber dem anderen Elternteil andernfalls kaum möglich wäre, dieses also – so die frühe Formulierung der Rechtsprechung – letzten Endes verkümmert zu werden drohte220. Die Geltendmachung des Umgangsrechts gegen den Willen des (mit‑)sorgeberechtigten Elternteils stellt sich auf verfassungsrechtlicher Ebene als Kollision der beiden je aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG resultierenden Elternrechte dar. Mit der Konkretisierung und Durchsetzung des Umgangsrechts leiht der Staat dem umgangsberechtigten Elternteil bloß seine Hilfe, dessen Rechtsposition im In­ teresse des Kindeswohls gegen den Willen des anderen Elternteils durchzu­ setzen221; mit Rechtsposition ist nicht nur das Umgangsrecht aus §  1684 Abs.  1 HS 2 BGB gemeint, sondern auch das Elternrecht aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG, denn die Ausübung des Umgangsrechts kann wesentliche Grundlage dafür sein, das Elternrecht überhaupt wahrnehmen zu können 222. Mit der Regelung von Umgang drängt das Gericht auf der verfassungsrechtlichen Ebene also nicht 220 

BGHZ 42, 364, 371 = FamRZ 1965, 130, 131; BayObLGZ 1951, 530, 532; 1957, 134, 141 f.; 1959, 123, 124 a. E.; ähnlich bereits KG OLGRspr 12, 323 f.; OLG Jena OLGRspr 21, 262. 221  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 424 f. 222  BVerfGE 121, 69, 94 f., 97 = FamRZ 2008, 845, 849 Rn.  74, 850 Rn.  78; OLG Brandenburg FF 2012, 457, 458; Weisbrodt DAVorm 2000, 617, 626: Das Umgangsrecht „beschränkt

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beide Elternrechte zurück. Es bewahrt vielmehr gerade das Elternrecht des Umgang begehrenden Elternteils, das ausgehöhlt zu werden drohte, wäre dem betroffenen Elternteil ein angemessener Kontakt mit seinem Kind durch Rechtsausübung des anderen Elternteils verwehrt. Zu diesem Zwecke greift es in das Elternrecht desjenigen Elternteils ein, der den Kontakt zu dulden hat. Auf verfassungsrechtlicher Ebene stellt sich das Handeln somit als Akt der Schlichtung dar: Das Gericht vermittelt zwischen beiden Elternrechten, ohne selbst als Träger von Erziehung zu agieren. Insoweit steht der Eingriffsmaßstab des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB, obwohl er unterhalb desjenigen von §  1666 Abs.  1 BGB liegt, mit Art.  6 Abs.  2 GG in Einklang. Zu dem Zwecke, eine solche Verkümmerung des Elternrechts zu einer Rechtsposition ohne Ausübungsmöglichkeit, welche im Falle eines Kontaktabbruchs zum Kind droht, zu verhindern, ist es dem Staat also gestattet, den konkreten Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Ebendiesen Zweck – Vermeidung eines Kontaktabbruchs – haben Rechtsprechung und Literatur seit jeher dem Umgangsrecht zugeschrieben. So erklärt sich dessen nahezu einhellig vorgenommene Definition als das Recht, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Kind aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen sowie dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen223. Etwas weitersich nicht auf ein Besuchsrecht, in ihm wird vielmehr auch die elterliche Verantwortung des nicht betreuenden Elternteils realisiert“. 223  Ursprünglich Planck, BGB, 3.  Aufl. 1906, §  1636 unter 1.; KGJ 48, 5, 6, 7; JFG 21, 197, 199; JFG 23, 82, 85 f.; OLG München JFG 5, 74, 75 f.; JFG 15, 340, 342; JW 1939, 289; BayObLGZ 1951, 357, 358, und 530, 531; 1957, 134, 141; 1959, 123, 124; übernommen von BGHZ 42, 364, 371 = FamRZ 1965, 130, 131 f.: „kein Erziehungsrecht“ (S.  132); Z 51, 219, 222 = FamRZ 1969, 148, 149; FamRZ 1984, 778, 779; BVerfGE 31, 194, 206 = FamRZ 1971, 421, 424; FamRZ 1995, 86, 87; K 9, 274, 277 = FamRZ 2007, 105 a. E.; FamRZ 2007, 531, 533; K 17, 407, 411 = FamRZ 2010, 1622; K 20, 135, 141 = FamRZ 2013, 361, 362; FamRZ 2013, 433; ebenso OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  26; Beschl. v. 3.7.2015 – 10 UF 173/14, juris Rn.  16; FF 2012, 457, 458; FamRZ 2010, 1923; FamRZ 2010, 1352, 1353; FamRZ 2003, 111; OLG Dresden MDR 2016, 1456; OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.5.2009 – 3 UF 402/07, juris Rn.  17; OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, 913; OLG Hamm NJW 2012, 398; FamRZ 2012, 1883; OLG Jena FamRZ 2016, 2126; KG FamRZ 2008, 634, 636; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; FamRZ 2014, 1124; OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 235/11, 1. LS) = FamFR 2012, 335; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120; FamRZ 2011, 1803, 1804; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150; Evans-von Krbek FamRZ 1975, 20, 21; Jokisch FuR 2013, 679, 681; Palandt/Götz §  1684 Rn.  1; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  30; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  23; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  3, 28a; s. auch Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1163, 1166; Heilmann NJW 2015, 3346, 3347.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

reichend ist die mit Blick auf das Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil (§  1684 Abs.  1 HS 1 BGB) sowie das Recht von Bezugspersonen (§  1685 BGB) und des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters (§  1686a Abs.  1 Nr.  1 BGB) auf Umgang mit dem Kind teilweise vertretene Zweckbestimmung, die gewachsenen Beziehungen zwischen Kind und Eltern fortzusetzen, zu pflegen und so zu einer gedeihlichen Entwicklung des Kindes beizutragen 224. Auch eine „mitprägende Wirkung“ wird der Ausübung des Umgangsrechts zugeschrieben 225. Mit Blick auf die mittlerweile wohl allgemein anerkannte und in §  1626 Abs.  3 S.  1 BGB Ausdruck findende Erkenntnis, dass dem Kind für seine gedeihliche seelische Entwicklung und für seine psychische Verarbeitung der Elterntrennung und Familienauflösung möglichst beide Elternteile erhalten bleiben sollten 226, dürfte durchaus ein nicht zu enges Verständnis des Umgangs­ begriffs zu favorisieren sein. In diesem – abschließend noch näher zu bestimmenden 227 – Umfang sind die gerichtliche Gewährung und Durchsetzung von Umgang und eine damit einhergehende Aufenthaltsbestimmung zulässig. bb) Gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes Gleichsam am anderen Ende der Skala steht das Ziel, beiden Eltern über den Umgang eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben des Kindes zu sichern. Das Umgangsrecht erhält durch eine darauf gerichtete Anordnung eines wiederkehrend wechselnden Aufenthalts zwischen beiden Elternteilen in (annähernd) glei224  OLG Dresden MDR 2016, 1456; NK-BGB/Peschel-Gutzeit §  1684 Rn.  9; Palandt/Götz §  1684 Rn.  1; ähnlich OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 235/11, 1. LS); zu einem ebenfalls etwas weiterreichenden Umgangszweck aus familienrechtspsychologischer Sicht Balloff FPR 2013, 303, 304 f.: Aufrechterhaltung einer gelebten und stabilen, dem Kind Sicherheit, Geborgenheit und Liebe gebenden Verbindung. 225  OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 639, 641; Weisbrodt Kind-Prax 2001, 8, 11; Schwab/ Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  225; zum Umgangsrecht als Erziehungsaufgabe Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  41, 66. 226  BT-Drucks. 13/4899, 62; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; FamRZ 2014, 1124; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1923; FamRZ 2010, 1352, 1353; OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 235/11, 1. LS) = FamFR 2012, 335; LG Bremen FamRZ 1977, 402, 404; Balloff FPR 2002, 240, 243; Mackscheidt FamRZ 1993, 254, 257; Fthenakis, in: Remschmidt (Hrsg.), Kinderpsychiatrie und Familienrecht, 1984, 36, 41 a. E.; Kropholler JR 1984, 89, 95 Fn.  56; Coester EuGRZ 1982, 256, 259; Fehmel FamRZ 1980, 758, 760; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  3 a. E.; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, III Rn.  219; zurückhaltender Kindler/Reinhold FPR 2007, 291, 292: Umgangskontakte dienen dem Kindeswohl vor allem dann, „wenn ein insgesamt positiver Kontakt zum Kind aufgebaut werden kann, der umgangsberechtigte Elternteil sich verantwortungsbewusst verhält und Konflikte der Eltern begrenzt werden können“; krit. für Hochkonfliktfamilien Mach-Hour FamFR 2012, 335, in Anm. zu OLG Köln FamRZ 2012, 1885. 227  Unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256).

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chem Umfang eine gänzlich andere Zweckrichtung als die zuvor dargestellte: Beide Elternteile sollen in möglichst gleichem Umfang an der Betreuung und Erziehung des Kindes beteiligt und dadurch in der ungeschmälerten tatsäch­ lichen Verantwortung für ihr Kind belassen werden. Von einer bloßen Vermeidung eines Kontaktabbruchs kann hier keine Rede mehr sein. Mit einer solchen gerichtlichen Entscheidung drohen auf einfachrechtlicher Ebene eine Aushöhlung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts und auf verfassungsrechtlicher Ebene ein unzulässiger Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht. (1) Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts Mit der Regelung des Umgangs erhält der umgangsberechtigte Elternteil die Befugnis, während des Umgangs den Aufenthalt des Kindes – in aller Regel bei sich – festzulegen. Auch das Gericht kann den Ort des Umgangs selbst bestimmen und wird regelmäßig zum Aufenthalt beim umgangsberechtigten Elternteil gelangen. In beiden Fällen ist mit der Umgangsregelung eine Verkürzung des Aufenthaltsbestimmungsrechts verbunden. Diese kann, wie gesehen, erforderlich und daher gerechtfertigt sein, um dem Umgangsrecht und damit auch dem Elternrecht des begünstigten Elternteils überhaupt Geltung zu verschaffen. Rückt das Gericht von dieser Motivation jedoch ab, verfolgt es vielmehr das Ziel, den Aufenthalt des Kindes dergestalt abschließend festzulegen, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht in der Hand eines Elternteils oder beider gleichsam zu einer leeren Hülse wird, dann stellt sich die Umgangsregelung nicht mehr als Resultat einer das Recht zur Aufenthaltsbestimmung lediglich beschränkenden Ausübung des Umgangsrechts, sondern als unzulässige Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts selbst dar228. Denn regelt das Gericht das Umgangsrecht beider Elternteile mit dem Ergebnis je (annähernd) hälftigen Umgangs, so verbleibt dem einzelnen Elternteil229 gar keine Befugnis zur Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts; trifft das Gericht eine Regelung zum 228 

Ebenso OLG Jena FamRZ 2016, 2126 f.; OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150; OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818, 1819 f.; AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477; Hammer FamRZ 2016, 915, 916; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  1119; s. auch OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1683, 1684, das klarstellt, dass es sich bei der familiengerichtlich genehmigten „Umgangsvereinbarung“ über ein Wechselmodell „eindeutig um eine Regelung zum Aufenthalts(bestimmungs)recht“ handele; zu einer Einordnung vorrangig als Frage des Umgangs gelangt dagegen das OLG Naumburg, Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  14 f., das zugleich jedoch die Veränderung des Lebensmittelpunkts des Kindes als Grenze des Umgangsrechts definiert. 229  Im Konsens können die Eltern von einer gerichtlichen Umgangsregelung aufgrund ihrer Elternautonomie abweichen, vgl. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  96.

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Umgang bloß eines Elternteils resultierend in einem die (annähernde) Hälfte des verfügbaren Kindesaufenthalts umfassenden Umgang dieses Elternteils, so reduziert sich das Recht zur Aufenthaltsbestimmung faktisch auf die Befugnis des anderen Elternteils, das Kind in der anderen Hälfte der Zeit zu sich zu nehmen 230 oder ganz auf den Aufenthalt des Kindes bei sich zu verzichten. Damit ist es im Ergebnis das Gericht, das den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes festlegt231. Und damit ist die Abweichung von einer Entscheidung, die ausschließlich zur Verhinderung eines Kontaktabbruchs dient, auch nicht lediglich quantitativer, sondern qualitativer Natur232. (2) Unzulässiger Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht Mit einer solchen abschließenden Aufenthaltsbestimmung nimmt das Gericht nicht mehr bloß seine Aufgabe wahr, als Schlichter den Ausgleich zwischen den beiden eigenständigen und durch das Elternrecht geschützten Rechtspositionen der Eltern – Umgangsrecht des einen versus Aufenthaltsbestimmungsrecht des anderen Elternteils – vorzunehmen und hierdurch dem Elternrecht des einen Elternteils gegenüber demjenigen des anderen Geltung zu verschaffen, ohne ihrer beider Vorrang als Erziehungsträger anzutasten 233. Es entscheidet mit der Aufenthaltsfrage vielmehr eine wesentliche Angelegenheit im Rahmen der Pflege und Erziehung dieses Kindes selbst und verdrängt insoweit beide Elternteile und damit deren Elternrechte234. 230  Der umgangsberechtigte Elternteil, der die Praktizierung des Wechselmodells anstrebt, wird dieser Form der Ausübung des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts zustimmen. 231  So zum Umgang auch Hammer FamRZ 2015, 1433, 1439, und FamRZ 2016, 915, 916, in Anm. zu OLG Hamburg FamRZ 2016, 912, der jedoch die Möglichkeit einer periodischen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als „geringeren Eingriff“ in die Elternverantwortung für zulässig erachtet; von einem „gravierenden Eingriff in das Elternrecht“ durch eine die Elternpflichten definierende und damit das Leben der Eltern prägende gerichtliche Bestimmung des Umgangs im Wechselmodell spricht Spangenberg FamRZ 2015, 863, in Anm. zu AG Erfurt FamRZ 2015, 339; a. A. OLG Hamm FamRZ 2014, 1389, das in einer Wechselmodellanordnung über eine Umgangsentscheidung lediglich einen faktischen Eingriff ins Aufenthaltsbestimmungsrecht erkennt, sodass „das grundsätzliche Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, außerhalb der Umgangsregelung verbleib[e]“. 232  A. A. BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  20 a. E. 233  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425. 234  Dies verkennt der BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  22: Dass die Umgangsregelung als „Regelung zur Ausübung der elterlichen Sorge“ „im Vergleich zu einem Eingriff in das Sorgerecht grundsätzlich von geringerer Intensität“ ist, gilt eben – als Ausnahme von diesem Grundsatz – gerade nicht, wenn anstelle eines sorgerechtlichen Eingriffs in eine Elternrechtsposition über §  1671 Abs.  1 BGB eine abschließende Aufenthaltsentscheidung in der Sache über §§  1684 Abs.  3 S.  1, 1697a BGB ergeht, die im Ergebnis beide Elternrechte zurücksetzt.

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Hierzu motiviert sehen kann sich das Gericht durch den insbesondere im Bereich des Umgangsrechts zutage tretenden eigenen Anspruch, allein dem Kindeswohl verpflichtet zu sein und dieses zu verwirklichen 235. Legitimiert ist es zu einer solchen Entscheidung – auch durch das Kindeswohl – indes nicht. Denn mit dieser verkennt das Gericht bereits im Ansatz das durch Art.  6 Abs.  2 GG festgelegte Kompetenzgefüge zwischen Eltern und Staat236. Zwar sind staatliche Schlichter- wie Wächtermaßnahmen zweifellos primär am Kindeswohl auszurichten 237. Dies setzt aber zunächst voraus, dass sich das Gericht entweder im Rahmen seiner Schlichteramtsbefugnisse bewegt, den Elternvorrang also unangetastet lässt, oder das Wächteramt aktiviert ist. Dass das Gericht mit einer abschließenden Aufenthaltsregelung nicht mehr bloß als unparteiischer Streitschlichter auf-, sondern selbst als Partei in den Streit um den Erziehungsvorrang eintritt238, wurde bereits festgestellt. Hierzu ist es jedoch auch nicht als Wächter legitimiert, denn es gehört schlicht nicht zur Ausübung des Wächteramts, die für das Kind beste Erziehungs- und Betreuungsform zu suchen und anzuordnen 239. Art.  6 Abs.  2 GG weist dem Staat kein eigenes Erziehungsrecht zu. Dieser konkurriert nicht mit den Eltern um die Pflege und Erziehung eines Kindes, ist insbesondere nicht dazu berufen, unter Zurücksetzung der elterlichen Rechtspositionen diejenigen des Kindes durchzusetzen 240. Er ist ausschließlich Ausfallbürge241 für den Fall, dass die Eltern als primäre Erziehungsträger, als die zur Wahrnehmung und Durchsetzung der (Grund‑)Rechte des Kindes zuvörderst Berufenen 242 , nicht zur Verfügung ste235 

So das AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154, 155. Ausf. zu diesem samt Nachw. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ab S. 196). 237  Zur Kindeswohlorientierung sowohl der Elternverantwortung als auch der staatlichen Eingriffsmaßnahmen unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ddd) (ab S. 209). 238  Wendung zum staatlichen Schlichteramt von Jestaedt DVBl. 1997, 693, 696. 239  BVerfG in std. Rspr., jüngst in FamRZ 2015, 112, 113, und FamRZ 2016, 439, 441: „Es gehört nicht zur Ausübung des Wächteramts, gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes zu sorgen.“; s. insb. auch E 99, 216, 232 = FamRZ 1999, 285, 287: „Art und Weise der Betreuung des Kindes“ sei Eltern überlassen; hierzu bereits ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ddd) (S. 211 f.) m. zahlr. w. N. in §  5 Fn.  118 f. 240  Es ist, so das BVerfG, vielmehr diejenige „Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt“, so die Kammerbeschlüsse in FamRZ 1993, 662, 663; FamRZ 2002, 809; FamRZ 2004, 1166, 1167; K 9, 274, 277 f. = FamRZ 2007, 105 a. E.; K 17, 407, 411 = FamRZ 2010, 1622; dass es zu einer Kollision von Elternrechten und Kindesgrundrechten nicht kommt, die es durch den Staat auszugleichen gäbe, wurde aufgezeigt unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) b. (ab S. 203). 241  Nachw. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (bbb) (S. 198) m. Fn.  50. 242  Zu dem Umstand, dass es primär an den Eltern ist, die (Grund‑)Rechte des Kindes wahrzunehmen und durchzusetzen, unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) b. (ab S. 203). 236 

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hen. Ein solcher Ausfall von Elternverantwortung ist nur zu bejahen, soweit die Eltern ein schwerwiegendes Fehlverhalten an den Tag legen, das auch bei weitester Anerkennung ihrer Selbstverantwortlichkeit nicht mehr als Pflege und Erziehung gewertet werden kann 243. Damit ist eine elterliche Aufenthaltsregelung auch dann noch vom Schutzbereich des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG gedeckt, wenn das Kindeswohl durch eine andere, etwa auf ein Wechselmodell hinauslaufende, Regelung (auch offensichtlich) nachhaltiger oder umfassender gewährleistet und gefördert würde244. Solange die elterliche Aufenthaltsregelung also nicht zu einer Gefährdung oder Schädigung des Kindeswohls führt, sondern lediglich eine aus gerichtlicher Sicht bessere oder dem Kindeswohl förderlichere zur Verfügung steht, genießt die elterliche den Vorrang. Kommt eine solche mangels Kooperationsfähigkeit der Eltern nicht zustande, so ist zunächst einem Elternteil in Ausübung des staatlichen Schlichteramts ein Vorsprung in der Entscheidungszuständigkeit durch Zuweisung der entsprechenden Rechtsposition zur alleinigen Ausübung einzuräumen; auf diese Weise wird der Elternkonflikt beendet und dem Kindeswohl mittelbar gedient, ohne jedoch den Elternprimat zu missachten. Erst wenn auch diese Maßnahme scheitert oder von Vornherein nicht in Betracht kommt, weil die Elternteile auch allein nicht bereit oder in der Lage sind, für eine dem Kindeswohl entsprechende Aufenthaltsregelung zu sorgen, ist der Staat unter Verdrängung beider Elternteile zum Einschreiten berufen. Eine unmittelbare Verwirklichung des Kindeswohls kann mithin erst dort Motivation staatlichen Handelns sein, wo der Staat selbst dazu – und das heißt nichts anderes als zur Pflege und Erziehung des Kindes – berufen ist, und dies ist er erst im Falle des Unterschreitens der allgemeinen Kindesschutzgrenze, namentlich einer Kindeswohlgefährdung. Das Kindeswohl darf das Gericht somit ausschließlich als Mindeststandard zum Einschreiten motivieren245. Die Schaffung positiv günstiger Lebensbedingungen für die Entwicklung des Kindes steht dagegen, so verlockend und einfach sie dem Richter auch erscheinen mag, erst bei einem völligen Ausfall der Elternverantwortung im Raum 246. Solange mithin lediglich Fragen von „gut“ oder „besser“247, also Alternativen, durch die das Kindeswohl womöglich nachhaltiger oder umfassender gewährleistet und gefördert würde, zur Entscheidung stehen, verbieten sich die Herausstellung wie Durchsetzung ebendieser Alternativen durch die staatliche Gewalt. Dass es dadurch zu elterlichen Entscheidun243 

BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584. Vgl. Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 73. 245  Jestaedt, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 21. DFGT, 2016, 65, 79; Wapler, Kinderrechte und Kindeswohl, 2015, 137; Dreier/Brosius-Gersdorf Art.  6 GG Rn.  161. 246  Herdegen FamRZ 1993, 374, 377. 247  Wendung: Böckenförde, in: Krautscheidt/Marré (Hrsg.), Essener Gespräche, 1980, 76. 244 

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gen kommt, die dem Kindeswohl nicht am besten entsprechen, diesem sogar gegenüber einer an objektiven Kriterien gemessenen Pflege und Erziehung Nachteile bringen, nimmt das Grundgesetz bewusst in Kauf, solange sie nicht eine Gefahr für die Kindesentwicklung und das Kindeswohl begründen 248. Entscheidungen der Eltern oder eines Elternteils in Ausübung des Sorgerechts, mögen sie auch objektiv als wenig am Kindeswohl orientiert und daher unbefriedigend erscheinen, sind vom Gericht also hinzunehmen oder im Falle elterlichen Konflikts zu ermöglichen und nicht über das Institut des Umgangsrechts zu verhindern oder selbst vorzunehmen. Mit dem Anspruch, den Eltern in der Sache die für das Kindeswohl bestmögliche Lösung verordnen zu können, maßt sich das Gericht somit nicht nur eine Kompetenz an, die ihm nicht nur einfachrechtlich, sondern von Verfassungs wegen nicht zusteht. Es verkennt auch, dass es unter Geltung von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG immer noch die Eltern sind, für die die Vermutung streitet, dass die Interessen des Kindes in aller Regel am besten von ihnen wahrgenommen werden, und „dass der Staat seine eigenen Vorstellungen von einer gelungenen Kindererziehung grundsätzlich nicht an die Stelle der elterlichen Vorstellungen setzen darf“249. (3) Zwischenergebnis und Übertragung auf die einfachgesetzliche Ebene Damit kann zusammengefasst werden: Die völlige Verdrängung beider Elternteile von der Regelung des Aufenthalts verstößt, sofern zumindest ein Elternteil für eine das Kindeswohl nicht gefährdende Aufenthaltsregelung eintritt, gegen den Elternprimat und ist verfassungswidrig. §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB kann somit von Verfassungs wegen nicht Grundlage einer solchen gerichtlichen Entscheidung sein. Die Argumentation, §  1684 BGB und der dahinterstehende verfassungsrechtlich allein vorgegebene Maßstab des Kindeswohls dürften nicht aufgrund einfachrechtlicher systematischer Überlegung250 eingeschränkt oder teleologisch 248  Std. Rspr., s. etwa BVerfGE 34, 165, 184 = NJW 1973, 133, 134; hierzu bereits unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ddd) (S. 212) m. zahlr. w. N. in §  5 Fn.  121. 249  BVerfG FamRZ 2015, 112, 114 m. w. N. 250  Gemeint ist die – berechtigte – ablehnende Haltung gegenüber einer faktischen Begründung eines – als Frage des Kindesaufenthalts qualifizierten – Wechselmodells mittels Umgangsentscheidung trotz mangelnder Anordnungsmöglichkeit im Sorgerecht (unter Beibehaltung der gemeinsamen Sorge oder gar nach erfolgter Alleinzuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bzw. der Gesamtsorge an einen Elternteil), vgl. Staudinger/Coester §  1671 Rn.  23; ders. FF 2010, 10, 12; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, §  1 Rn.  246; dies. jurisPR-FamR 15/2012 Anm.  5 zu OLG Hamm FamRZ 2012, 1883; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  31, 26, §  1684 Rn.  24; Heilmann NJW 2012, 16, 18; OLG Saarbrücken FuR 2015, 678; FamRZ 2015, 62; MDR 2014, 1326 (einstw. AO); OLG Branden-

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reduziert werden 251, geht demzufolge fehl: Die Einschränkung erfolgt nicht aufgrund einfachen Gesetzesrechts, sondern des verfassungsrechtlich garantierten Erziehungsprimats der Eltern. Mag die begrenzte Regelungsbefugnis des Gerichts im Bereich der elterlichen Sorge mit §§  1671 Abs.  1, 1628 BGB einerseits und §  1666 BGB andererseits auch deutlicher als im Bereich des elterlichen Umgangsrechts hervortreten, so ist sie letztlich nichts anderes als die Abbildung der in der Verfassung mit Art.  6 Abs.  2 GG festgeschriebenen Kompetenzverteilung zwischen Eltern und Staat zur Sicherstellung von Pflege und Erziehung eines Kindes. Der Umstand, dass es an dieser Stelle einfachrechtlich um die Durchsetzung von Umgangsrecht gegenüber Sorgerecht geht, ändert nichts daran, dass sich der Staat in verfassungsrechtlicher Hinsicht zwei Elternrechten gegenübersieht, deren Vorrang ihm Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG unzweideutig vorgibt. Dass der zur Legitimation angeführte Maßstab des Kindeswohls in diesem Zusammenhang richtigerweise lediglich ein negativer und gerade kein auf eine bestmögliche Betreuung des Kindes gerichteter positiver ist, wurde bereits dargestellt. Das Umgangsrecht besteht sonach nicht grenzenlos, muss vielmehr dort enden, wo das Aufenthaltsbestimmungsrecht leerzulaufen droht. Denn das Umgangsrecht vermag zwar die Befugnis, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, einzuengen, nicht aber an deren Stelle zu treten 252. Es muss damit gelten, dass nicht nur das Umgangsrecht das Aufenthaltsbestimmungsrecht, sondern – gerade umgekehrt – auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht das Umgangsrecht begrenzt, genauer: Das Umgangsrecht des einen Elternteils findet eine Schranke in dem hinter dem Aufenthaltsbestimmungsrecht stehenden Elternrecht des anderen Elternteils, es vermag dieses nur insoweit einzuschränken, als dies zur Verwirklichung des Umgangsrechts unbedingt erforderlich ist253. burg FF 2012, 457, 458; FamRZ 2010, 1352, 1354; offengelassen vom OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804. 251  AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154 f. m. abl. Anm. Clausius FF 2015, 37, 38. 252  OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  28; Beschl. v. 13.11. 2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457, 458 = FamRZ 2012, 1886 (1. LS); OLG Jena FamRZ 2016, 2126, 2127; zust. Hammer FamRZ 2015, 1433, 1439; Hennemann NJW 2017, 1787 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  34; Soergel/Runge-Rannow §  1671 Rn.  39. 253  BVerfGE 31, 194, 208 = FamRZ 1971, 421, 425: „Die dem Inhaber der elterlichen Gewalt auferlegten Handlungs- und Duldungspflichten dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Wahrung und Konkretisierung des Verkehrsrechts erforderlich ist“; BGHZ 42, 364, 371 = FamRZ 1965, 130, 131 a. E.: „Über den Zweck des Verkehrsrechts des nichtsorgeberechtigten Elternteils hinaus darf jedoch in das Personensorgerecht des sorgeberechtigten Elternteils nicht eingegriffen werden“; auch bei BGHZ 51, 219, 221 f., 223 f. = FamRZ 1969, 148, 149, kommt die Anknüpfung von Regelung und Gestaltung des Umgangs im Einzelnen an den Zweck des Umgangsrechts klar zum Ausdruck; ebenso bereits KGJ 48, 5, 7: „Weiter [als die Gewährung der Möglichkeit, „zu dem Kinde die durch die Blutsverwandtschaft begründeten

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Die Festschreibung wiederkehrend wechselnden Aufenthalts mit der Inten­ tion, beide Elternteile in möglichst gleichem Umfang an der Betreuung und Erziehung des Kindes zu beteiligen, kann nach alledem nicht als „Umgang“ qualifiziert werden. Die daraus resultierende Begrenzung des Sorgerechts und der Eingriff ins Elternrecht des einen Elternteils lassen sich folglich nicht auf das Umgangs- und damit Elternrecht des anderen stützen und ermangeln damit der Rechtfertigung. Das Umgangsrecht kann somit jedenfalls nicht den Zweck verfolgen, eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben oder der Erziehung des Kindes sicherzustellen 254. Es kann vielmehr lediglich eine deutlich hinter den Betreuungszeiten durch den anderen Elternteil zurückbleibende zeitliche Ausdehnung des konkreten Kindesaufenthalts zum Gegenstand haben, was auch mit den gesetzlich bewusst255 begrenzten Entscheidungsbefugnissen während der Umgangsphasen (§§  1687 Abs.  1 S.  4, 1687a BGB) korrespondiert256. Beziehungen aufrecht zu erhalten“] reicht aber das Recht des anderen Elternteils nicht, und daraus folgt, daß auch nur in der vorher beschriebenen Umgrenzung für eine Verkehrsregelung des Vormundschaftsgerichts Raum ist“; JFG 21, 197, 199; OLG München JFG 15, 340, 343; JW 1939, 289, 290; BayObLGZ 1957, 134, 141 a. E.; 1959, 123, 124; aus jüngerer Zeit OLG Brandenburg FF 2012, 457, 458; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  63; dass „ein doppelter Eingriff in das wie und wer eines Teils der elterlichen Sorge“ (Hervorh. bereits im Orig.; gemeint ist die Regelung von Umfang und Ausübung des Umgangs) gerade einer besonderen Rechtfertigung bedarf, verkennen Sünderhauf/Rixe FamRB 2014, 418, 421. 254  So mithin zu Recht OLG Brandenburg FamRZ 2010, 1352, 1353; OLG Dresden MDR 2016, 1456; OLG Hamm FamRZ 2012, 1883; OLG Jena FamRZ 2016, 2126; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 235/11, 2. LS) = FamFR 2012, 335; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120, aufgehoben vom BGH FamRZ 2017, 532; FamRZ 2011, 1803 f.; OLG Saarbrücken FamRZ 2015, 62, 63; MDR 2014, 1326 (einstw. AO); OLG Schleswig SchlHA 2017, 145, 150; i.Erg. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.5.2009 – 3 UF 402/07, juris Rn.  17; OLG Naumburg FamRZ 2015, 764 f.; Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  15; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 13.10.2014 – 6 UF 93/14, juris Rn.  13 = FuR 2015, 678; AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, 479; Clausius FF 2015, 37, in Anm. zu AG Heidelberg FamRZ 2015, 151; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 74; Finke NZFam 2014, 865, 868; Jokisch FuR 2016, 85, 91; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  28a; Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  189; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1684 Rn.  2, s. auch §  1671 Rn.  34; Palandt/Götz §  1684 Rn.  1, s. auch 76.  Aufl. 2017, §  1687 Rn.  2; NK-BGB/Peschel-­ Gutzeit §  1684 Rn.  9 a. E.; Heilmann/Keuter §  1671 Rn.  24; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, §  1 Rn.  246; Fröschle, Sorge und Umgang, 2013, Rn.  1119; darauf hinweisend, dass „elterliche Parität“ über den Umgang ohnehin nicht zu erreichen ist, Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1162; a. A. AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154 f.: „im Jahre 2014 […] kaum mehr zu vermitteln“; zur Rechtslage vor dem KindRG Kropholler JR 1984, 89, 95: Umgangsrecht könne – allerdings begrenzt auf kooperations­ fähige Eltern – „so großzügig ausgestaltet werden, daß es auf eine ‚joint physical custody‘ hinauskommt“. 255  BT-Drucks. 13/4899, 108. 256  OLG Jena FamRZ 2016, 2126; OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14,

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

cc) Grenzziehung zwischen einer zulässigen Umgangsregelung und einer unzulässigen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht Kann somit jedenfalls eine gerichtliche Anordnung (annähernd) gleich langer Betreuungszeiträume beider Elternteile nicht unter den Voraussetzungen des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB erfolgen, gilt es abschließend, den Grenzverlauf zwischen noch zulässiger staatlicher Regelung von Umgang und schon unzulässiger Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts anstelle der Eltern zu ermitteln. Kriterium für die Abgrenzung ist wiederum der Zweck von Umgang. Entsprechend ist von einem Umschlagen einer Umgangsregelung in die Wahrnehmung den Eltern zustehender Befugnisse auszugehen, sobald das Gericht mit seiner Entscheidung nicht mehr bloß den Zweck verfolgt, den Kontakt des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil nicht abreißen zu lassen oder zwischen ihnen gewachsene Beziehungen fortzusetzen und zu pflegen, sondern gezielt beide Elternteile bis hin zur Gleichberechtigung an der Erziehung des Kindes zu beteiligen. Der Gesetzgeber hat im Zuge der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98 klar zum Ausdruck gebracht, dass der umgangsberechtigte Elternteil keine über §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB hinausgehenden Kompetenzen erhalten soll. Das Recht zur Erziehung, das – findet Erziehung doch überwiegend im Alltag statt – in §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB seinen Niederschlag gefunden hat, soll ihm also gerade nicht zustehen 257. Diese Entscheidung des Gesetzgebers steht im Einklang mit der Verfassung, die das Umgangsrecht gleichsam als Restbestandteil des Elternrechts versteht, der dieses lediglich vor seiner Verkümmerung bewahren soll. Das Umgangsrecht darf somit nicht zu einer Veränderung oder Aufhebung des Lebensmittelpunkts des Kindes führen 258, da hiermit auch eine Veränderung der Kompetenzverteilung nach §  1687 Abs.  1 BGB verbunden wäre. Nimmt man die Rechtsprechungspraxis zu Umgangsregelungen in den Blick 259, so erscheint es angemessen, die äußerste Grenze bei 30 bis 35 Projuris Rn.  28; FF 2012, 457, 458 = FamRZ 2012, 1886 (3. LS); Heilmann NJW 2012, 16, 21; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  23; s. auch Heilmann/Gottschalk §  1684 Rn.  11; a. A. AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 341 a. E. 257  BGHZ 42, 364, 372 = FamRZ 1965, 130, 132: „kein Erziehungsrecht“; s. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.5.2009 – 3 UF 402/07, juris Rn.  17: „Das Umgangsrecht ist nicht dafür da, das Kind zu erziehen […] oder einen beabsichtigten, im Sorgerechtsverfahren verfolgten, Aufenthaltswechsel vorzubereiten“. 258  OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Rn.  28; Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  6; FF 2012, 457, 458; OLG Jena 2016, 2126, 2127; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736 a. E., 1737; OLG Naumburg, Beschl. v. 26.9.2013 – 8 UF 146/13, juris Rn.  15; OLG Nürnberg FamRZ 2016, 2119, 2120, aufgehoben vom BGH FamRZ 2017, 532; AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 477, 479; Hammer FamRZ 2015, 1433, 1439. 259  Überblick bei Staudinger/Rauscher §  1684 Rn.  202.

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zent260 des Kindesaufenthalts beim umgangsberechtigten Elternteil, also bei vier bis fünf261 von 14 Tagen 262 , zu ziehen. Noch erfasst ist damit insbesondere eine Regelung, nach der sich das Kind jedes zweite Wochenende von Freitagmittag nach der Schule bis Sonntagabend bzw. Sonnabendfrüh bis Montagmorgen sowie jeweils einen Tag unter der Woche (etwa jeden Mittwoch) beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält. Dieser Betreuungsumfang lässt schon eine nicht nur als unerheblich oder bloße „Besuchsregelung“ zu bezeichnende Teilhabe am Leben des Kindes und eine gewisse Beteiligung an dessen Erziehung – auch im Alltag – zu, ohne dass das Recht der Eltern oder eines Elternteils zur Aufenthaltsbestimmung als leere Hülse verkümmerte. An einer darüber hinausgehenden Beteiligung an der Erziehung, die durchaus im Interesse des Kindes liegen und dem Kindeswohl förderlich sein mag, hindert die Eltern niemand; eine solche Regelung ist aber in ihre Verantwortung gelegt, kann mithin nur aufgrund Ausübung des Sorgerechts durch einen Elternteil oder beide erfolgen. 3. Ergebnis zum Umgangsrecht a) Grundsatz: Keine unmittelbare Begründung eines Wechselmodells Mit der Anordnung (annähernd) gleich langer Betreuungszeiträume zum Zwecke einer gleichberechtigten Teilhabe beider Elternteile an der Erziehung des Kindes überschreitet das Gericht seine aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG resultierende Regelungsbefugnis im Verhältnis zu den Elternrechten, indem es unter dem Deckmantel einer Umgangsentscheidung im Ergebnis das Aufenthaltsbestimmungsrecht anstelle der Eltern ausübt und den konkreten Aufenthalt des Kindes abschließend selbst festlegt. §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB bietet damit im Grundsatz263 keine geeignete Rechtsgrundlage für die Begründung eines (annähernd) paritätischen Wechselmodells. Die Grenze der gerichtlichen Befugnis zur Regelung des konkreten Kindesaufenthalts über das Institut des Umgangsrechts ist bei etwa 35 zu 65 Prozent zu ziehen. Weitergehend Hammer FamRZ 2015, 1433, 1440, der die Grenze zwischen einem Wechselmodell und einem Residenzmodell mit erweitertem Umgangsrecht bei 60 zu 40 % zieht, sich jedoch für die Zulässigkeit einer gerichtlichen Anordnung des ersteren mittels periodischer Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB ausspricht (S.  1438 f.). 261  Einen Umgang von fünf von 14 Tagen regelnd AG Konstanz FamRZ 2016, 476, 479; vier aufeinanderfolgende Tage (Freitagmittag bis Dienstagmorgen in jeder geraden Kalenderwoche) gewährt das OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.2.2016 – 10 UF 213/14, juris Tenor unter I. 1. und Rn.  27. 262  Dies entspricht einem Betreuungszeitanteil von ca. 29–36 %. 263  Zu denkbaren Ausnahmen s. sogleich sowie unter §  5 A. I. 2. b) aa) (ab S. 235). 260 

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b) Ausnahmsweise Rechtfertigung einer unmittelbaren Begründung eines Wechselmodells Anders lautet das Ergebnis, wenn das Gericht nicht nur vermittelnd zwischen den Elternrechten, sondern zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung tätig wird. In diesem Falle ist das Gericht nicht darauf verwiesen, der Rechtsposition des einen Elternteils gegenüber derjenigen des anderen zur Durchsetzung zu verhelfen. Es kann vielmehr, sofern dies erforderlich und verhältnismäßig ist, gestützt auf das staatliche Wächteramt aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG als nunmehr berufener Erziehungsträger eine eigene Entscheidung in der Sache treffen. Dass damit in Anwendung des §  1666 BGB ein Wechselmodell unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung begründet werden kann, wurde bereits aufgezeigt264. Es steht dann aber auch die Zulässigkeit einer Verteilung des konkreten Kindesaufenthalts in annähernd gleichem Umfang zwischen den Eltern auf dem Umgangswege im Raum. Der einfachgesetzlich in §  1666 Abs.  1 BGB verortete Maßstab der Kindeswohlgefährdung als Ausdruck elterlichen Versagens und des daraus folgenden Wechsels der Erziehungsträgerschaft im verfassungsrechtlichen Sinne von den Eltern auf den Staat muss dann aber auch im Bereich des Umgangsrechts Anwendung finden. Die Anordnung (annähernd) hälftiger Betreuung durch beide Eltern ist somit auch in Anwendung zwar des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB, allerdings unter den Eingriffsvoraussetzungen nicht des §  1697a BGB, sondern des §  1666 Abs.  1 BGB denkbar. Voraussetzung wäre, dass keine alternative Umgangsregelung in Betracht käme, die das Kindeswohl nicht gefährdete. Weiterhin müsste das Gericht die Maßnahme als solche des Kindesschutzes bezeichnen und trüge die entsprechende Begründungslast für den Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht. Dies dürfte für die an dieser Stelle in Frage stehende originäre Anordnung eines Wechselmodells aber kaum vorkommen 265.

III. Sorgerecht und Umgangsrecht Für den Fall, dass das Gericht im (unmittelbaren) Anschluss an eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder gar der Gesamtsorge an einen Elternteil allein dem anderen ein derart ausgedehntes Umgangsrecht zuspricht, dass es

264 

Dazu unter §  5 A. I. 2. b) aa) (ab S. 235). Anders könnte es sich aber verhalten, wenn die Eltern ein Wechselmodell bereits praktizieren, ein Elternteil jedoch dessen Beendigung begehrt und das Gericht den Elternkonflikt zugunsten einer Aufrechterhaltung des Wechselmodells zu entscheiden gedenkt, dazu unter §  12 A. I. 1. (S. 337 ff.). 265 

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zur Praktizierung eines Wechselmodells kommt, ergeben sich im Ergebnis keine Unterschiede hinsichtlich der Zulässigkeit einer solchen Anordnung266. Hier wird aber besonders deutlich, dass sich das Gericht sehenden Auges der Begrenzung seiner Entscheidungsbefugnis im Bereich der elterlichen Sorge zu entziehen und das erwünschte Ergebnis über den Umweg einer Umgangsentscheidung, mit welcher die Sorgerechtsentscheidung gleichsam „verkappt“ wieder zurückgenommen wird 267, zu erzielen sucht. Eine solche Entscheidung zeichnet sich nicht nur durch ihre Widersprüchlichkeit sowie unter Umständen mangelhafte Praktikabilität268 aus, ihr ist zu allererst ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Elternverantwortung zu attestieren.

IV. Ergebnis zur Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel im Falle des Elterndissenses Als zentrale Frage der Pflege und Erziehung eines Kindes nach der Elterntrennung unterliegt die Entscheidung über den Kindesaufenthalt und damit das Betreuungsmodell dem Schutzbereich von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und ist damit zuvörderst in die Verantwortung der Eltern gelegt. Erst im Falle ihres Versagens bei der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts kommt eine staatliche Sachentscheidung anstelle der elterlichen überhaupt in Betracht. Ein solches Versagen liegt erst dann vor, wenn weder beide Elternteile gemeinsam noch ein jeder für sich in der Lage sind bzw. ist, einen nicht kindeswohlgefährdenden Aufenthalt des Kindes herzustellen. In allen anderen Fällen verbietet sich ein staatliches Einschreiten, das über die Vermittlung zwischen den elterlichen Rechtspositionen hinausgeht. 266 

So gehandhabt vom KG FamRZ 2010, 1169 (Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge); FamRZ 2008, 634 (Aufenthaltsbestimmungsrecht); OLG Celle FamRZ 2008, 2053 (einstw. AO zum Aufenthaltsbestimmungsrecht); OLG Brandenburg FamRZ 2009, 709 (Gesamtsorge), aufgehoben durch BVerfG FF 2009, 416; abl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.7.2015 – 10 UF 173/14, juris Rn.  21 = FamRZ 2015, 1818 (LS; unmittelbar vorausgegangene Sorgerechtsentscheidung des KG); FamRZ 2015, 1818, 1820; Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  9; FF 2012, 457, 458; FamRZ 2010, 1352, 1354; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1803, 1804; Hennemann NJW 2017, 1787, 1788; dies., in: MüKoBGB §  1671 Rn.  31. 267  OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 1736, 1737; OLG Naumburg FamRZ 2015, 764 f.; ­Coester FF 2010, 10, 12; ders., in: Staudinger §  1671 Rn.  23, 106; Heilmann NJW 2012, 16, 18, 21. 268  Im Falle einer vorausgehenden Übertragung der Gesamtsorge auf einen Elternteil allein hätte der andere während seines in einem Wechselmodell mündenden Umgangs bloß die Entscheidungsbefugnisse aus §  1687 Abs.  1 S.  4 und 5 BGB, die nach gewöhnlicher Auslegung sehr gering sind: Coester FF 2010, 10, 12; zur flexiblen Auslegung – bei gemeinsamer Sorge – unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (S. 99 f.) und – bei Alleinsorge – unter §  6 A. I. 2. (ab S. 268).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Die Eingriffsschwelle für die unmittelbare gerichtliche Begründung eines Wechselmodells, aber auch jedes anderen Betreuungsmodells ist damit die­ jenige der Kindeswohlgefährdung. Entsprechende gerichtliche Entscheidungen lassen sich damit auf §  1666 Abs.  1 BGB (gegebenenfalls i. V. mit Abs.  3 Nr.  6, §  1909 Abs.  1 S.  1 BGB) oder §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB unter Anwendung des Eingriffsmaßstabs von §  1666 Abs.  1 BGB stützen. Die bloße Kindeswohldien­ lichkeit oder ‑erforderlichkeit berechtigt den Staat und damit das Gericht in keinem Fall, anstelle der Eltern über den konkreten Kindesaufenthalt zu entscheiden. Dieses Ergebnis führt auch nicht zu einer ungerechtfertigten Einschränkung der elterlichen Rechte aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG sowie Art.  8 und 14 EMRK 269 und Art.  2 Abs.  2 des Zusatzprotokolls zur EMRK v. 20. März 1952270, sondern gerade zu deren Achtung durch die staatliche Gewalt. Nicht in der mangelnden Anordnungsmöglichkeit eines Wechselmodells unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung liegt eine Verletzung dieser Rechte271, sie läge vielmehr gerade in einer solchen Anordnung. Die Regelungen der EMRK gehen in ihrem Schutzgehalt nicht über denjenigen des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG hinaus272. Auch aus der UN-Kinderrechtskonvention 273 ergibt sich nichts anderes: Die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls (Art.  3 Abs.  1 UN-KRK) ergibt sich gleichsam aus §  1697a BGB274. Auch Art.  18 Abs.  1 UN-KRK, wonach sicherzustellen ist, dass in erster Linie die Eltern, und zwar beide Elternteile gemeinsam, für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind, reicht nicht weiter als die Garantie des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG275. Diesen Regelungen wird einfachgesetzlich insbesondere durch §§  1626, 1626a, 1671, 1680 BGB 269 

Zustimmungsgesetz i. S. von Art.  59 Abs.  2 GG: Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 7.8.1952, BGBl. II, 685, ber. 953; für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft seit dem 3.9.1953, BGBl. 1954 II, 14; Bekanntmachung der Neufassung v. 17.5.2002, BGBl. II, 1054. 270  BGBl. 1956 II, 1879, für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft seit dem 13.2.1957, BGBl. II, 226. 271  So aber AG Erfurt FamRZ 2015, 339, 343; s. auch AG Heidelberg FamRZ 2015, 151, 154 f.; Rixe, in: ISUV-Schriftenreihe, Bd. 7, 2013, 71, 75. 272  Bonner Kommentar/Jestaedt, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  391. 273  Zustimmungsgesetz i. S. von Art.  59 Abs.  2 GG: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes v. 17.2.1992, BGBl. II, 121; für die Bundes­ republik Deutschland in Kraft seit dem 5.4.1992, BGBl. II, 990; Bekanntmachung über die Rücknahme erklärter Vorbehalte v. 18.4.2011, BGBl. II, 600. 274  OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  8. 275  BVerfG FamRZ 2015, 1585, 1587; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  8; Bonner Kommentar/Jestaedt, 75. EL Dez. 1995, Art.  6 Abs.  2 und 3 GG Rn.  396; Berliner Kommentar/Burgi, 4. EL IV/02, Art.  6 GG Rn.  11.

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Rechnung getragen. Ein Anspruch eines Elternteils auf Pflege und Erziehung seines Kindes im Wechselmodell ergibt sich hieraus nicht276.

B. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Ist die Beziehung der Eltern tatsächlich von Konflikten geprägt, wie es der Gesetzgeber für den Fall der Trennung vermutet, so stellt sich die gesetzliche Verteilung von Entscheidungsbefugnissen zwischen den Eltern durch §  1687 Abs.  1 BGB als geringstmöglicher Eingriff in deren Elternrechte dar. Fehlen die Voraussetzungen für eine gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung, was im Falle des Nichtvorhandenseins einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern bzw. eines Mindestmaßes an Kooperationsfähigkeit und ‑bereitschaft277 zu bejahen ist, so obliegt es dem Gesetzgeber, den einzelnen Elternteilen bestimmte Rechte und Pflichten zuzuordnen; dabei fällt seine Gestaltungsbefugnis umso größer aus, je weniger von einer Übereinstimmung zwischen den Eltern und von einer sozialen Beziehung zwischen dem einzelnen Elternteil und dem Kind ausgegangen werden kann278. Mit §  1687 Abs.  1 BGB trifft der Staat – insbesondere also ein Gericht – selbst keine konkrete Entscheidung in einer Angelegenheit des Kindes, sondern überlässt dies – in Anknüpfung an deren Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes – den Eltern. Dieser Anknüpfungspunkt erscheint angemessen, dürfte doch die in §  1687 Abs.  1 BGB vorgesehene Kompetenzverteilung gerade bei ein Residenzmodell wählenden Eltern regelmäßig ohnehin von deren Einigung auf selbiges mitumfasst sein. Doch das vom Gesetzgeber mit der Intention der Konfliktvermeidung geschaffene Regelungsmodell des §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB führt auch im Falle einer elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell oder einer ausnahmsweise gerechtfertigten gerichtlichen Anordnung eines solchen zu einem akzeptablen Ausgleich der Elterninteressen, indem es demjenigen Elternteil, bei dem sich das Kind gerade aufhält, die in diesem Zeitraum erforderlich werdenden Entscheidungen – mit Ausnahme solcher von erheblicher Bedeutung (§  1687 Abs.  1 S.  1 BGB) – allein zuweist, sei es über Abs.  1 S.  2, sei es über die hier präferierte flexible Auslegung von Abs.  1 S.  4279. 276 

BVerfG FamRZ 2015, 1585, 1586; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2013 – 15 UF 107/13, juris Rn.  8. 277  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  49, 51, 55 m. zahlr. N. 278  BVerfGE 92, 158, 178 f. = FamRZ 1995, 789, 792; E 107, 150, 169 = FamRZ 2003, 285, 287; E 121, 69, 94 = FamRZ 2008, 845, 849 Rn.  73; E 127, 132, 146 f. = FamRZ 2010, 1403, 1405; FamRZ 2015, 1585, 1586 Rn.  11 a. E. 279  Zur hier präferierten flexiblen Anwendung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB unter §  4 A. III. 2. a) bb) (2) (S. 99 f.).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Alleinentscheidungsbefugnisse der Eltern hat das Gericht im konkreten Einzelfall über §  1687 Abs.  2 BGB280. Zuweisungen von erheblichen Angelegenheiten i. S. von §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB zur Alleinentscheidung können über §  1671 Abs.  1 BGB erfolgen. Auch kommen für diejenigen Bereiche, in denen die Eltern zum Konsens fähig sind, Ausübungsvereinbarungen in Betracht281. Für den Fall der Konflikthaftigkeit der Elternbeziehung nach deren Trennung lässt sich der Eingriff des §  1687 Abs.  1 BGB in die Elternrechte somit als durch das staatliche Schlichteramt aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG gerechtfertigt ansehen.

C. Ergebnisse Anders als im Falle des Elternkonsenses lässt sich ein Wechselmodell gegen den Willen mindestens eines Elternteils nur ganz ausnahmsweise durch gerichtliche Entscheidung begründen. Die Festlegung des tatsächlichen Kindesaufenthalts und somit auch die Begründung eines Wechselmodells ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Pflege und Erziehung eines Kindes i. S. von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und somit primär in die Verantwortung der Eltern gelegt. Erst wenn diese ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, aus ihrer Aufenthaltsregelung bzw. ihrer Unfähigkeit zur gemeinsamen oder alleinigen Findung einer solchen also eine Gefährdung des Kindeswohls resultiert, ist der Staat zur Entscheidung in der Sache berufen. Eingriffslegitimierend sind somit die Voraussetzungen von §  1666 Abs.  1 BGB, nicht diejenigen von §  1628 BGB, §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB oder §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1697a BGB. Die übrigen Entscheidungsbefugnisse werden durch das Regelungssystem des §  1687 Abs.  1 BGB verteilt. Resultat ist mithin ein Wechselmodell, das durch Alleinentscheidungsbefugnisse geprägt wird und zwecks Konflikt­ vermeidung deutlich in Richtung „paralleler Elternschaft“ tendiert. Für eine gerichtliche oder elternautonome Einflussnahme auf dieses System wird auf die Ausführungen in §  4 verwiesen 282.

280 

Dazu ausf. unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). S. dazu unter §  4 A. III. 2. b) (ab S. 102). 282  Gerichtlich: unter §  4 B. II. (ab S. 154); elternautonom: unter §  4 A. III. 2. b) (ab S. 102). 281 

§  6 Alleinsorge eines Elternteils Ein Wechselmodell als gelebte gemeinsame, wenn auch geteilte Betreuung des Kindes ist auch unter einer rechtlichen Alleinsorge möglich.

A. Elternkonsens I. Elternautonome Begründung eines Wechselmodells 1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang Sind sich die Eltern trotz bestehender Alleinsorge eines Elternteils – unabhängig davon, ob diese auf §  1626a Abs.  3 BGB (Alleinsorge der mit dem Vater nicht verheirateten Mutter) fußt oder aus einer gerichtlichen Entscheidung (§§  1671 Abs.  1, 1696 Abs.  1 S.  1 BGB1) herrührt – einig, ein Wechselmodell zu praktizieren, so kann der aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil dieses in Ausübung seiner Rechtsposition festlegen 2. Der andere Elternteil duldet den Aufenthalt des Kindes bei sich. In diesem Falle liegt also ein tatsächliches, nicht jedoch ein rechtliche Bindungswirkung entfaltendes Einvernehmen vor. Der aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil kann das Wechselmodell also jederzeit beenden und den Aufenthalt des Kindes anderweitig festlegen, ohne dass es eines (erneuten) Einvernehmens mit dem anderen Elternteil hier­über oder einer gerichtlichen Entscheidung bedürfte. Freilich kann sich auch der andere Elternteil einer fortdauernden Praktizierung erwehren, indem er den Kindesaufenthalt bei sich schlicht verweigert. Gleichsam umgekehrt kann auch der nichtsorgeberechtigte Elternteil gestützt auf sein Umgangsrecht aus §  1684 Abs.  1 HS 2 BGB die Einräumung ausge1  Wurde einem Elternteil die elterliche Sorge samt Aufenthaltsbestimmungsrecht nach §  1666 Abs.  1, 3 Nr.  6 BGB entzogen, dürfte ein Wechselmodell kaum in nicht kindeswohlgefährdender Weise praktiziert werden können; das Gericht müsste Maßnahmen auch gegen den anderen Elternteil in Betracht ziehen, sollte er ein solches gleichwohl umsetzen wollen. 2  S. etwa OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1397.

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dehnten Umgangs mit dem Ziel eines Wechselmodells geltend machen, welcher der umgangs- und aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil zustimmen kann3. Auch in diesem Falle liegt jedoch keine bindende Vereinbarung vor; andernfalls könnte der allein aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil bis zu einer abweichenden Umgangsentscheidung des Familiengerichts nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB nicht mehr nach Belieben von seiner Rechtsposition Gebrauch machen, diese wäre vielmehr durch das Umgangsrecht des anderen begrenzt. Können sich die Eltern im Falle des Konflikts nicht über einen abweichenden Umgang einigen, so ist es am umgangsberechtigten Elternteil, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Diese könnte jedoch kein Wechselmodell mehr zum Gegenstand haben4. b) Rechtliche Ebene der Sorge Sind sich die nicht miteinander verheirateten Eltern über die Praktizierung eines Wechselmodells einig und wollen sie sich bei dessen Festlegung und Abänderung rechtlich „auf Augenhöhe“ begegnen, soll hierzu jedoch nicht die der Mutter nach §  1626a Abs.  3 BGB zustehende Alleinsorge vollständig in einer gemeinsamen rechtlichen Sorge i. S. der §§  1626 ff., 1687 BGB aufgehen5, so wäre daran zu denken, den Vater am Aufenthaltsbestimmungsrecht teilhaben zu lassen. Hätten beide Eltern die Sorge in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung gemeinsam inne, so könnten sie eine verbindliche6 Elternvereinbarung über den Kindesaufenthalt schließen; die Mutter könnte das Wechselmodell dann nicht mehr einseitig beenden, vielmehr bedürfte es eines erneuten Einvernehmens oder einer gerichtlichen Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht. aa) Elterliche Dispositionsbefugnis Anders als bei gemeinsamer Sorge, über deren (teilweise) Aufhebung ausschließlich das Familiengericht zu entscheiden berechtigt ist (§§  1666 Abs.  1, 3 Nr.  6, 1671 Abs.  1, 1696 BGB)7, stellt das Gesetz die Aufhebung der mütterlichen Alleinsorge nach §  1626a Abs.  3 BGB8 zugunsten gemeinsamer Sorge 3  Krit. Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160, da der dem Wechsel­ modell zugrunde liegende Gedanke elterlicher Parität nicht zum Ausdruck komme. 4  S. unter §  5 A. II. 2. b) bb) (ab S. 248). 5  Dann würden die oben gemachten Ausführungen zur gemeinsamen Sorge gelten. 6  S. unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69). 7  S. unter §  4 B. I. 1. a) bb) (S. 113 f.). 8  Dieser Weg ist verstellt, wenn die Alleinsorge auf einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB oder einer Abänderungsentscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB beruht, eine gemeinsame Sorge also schon einmal bestand (§  1626b Abs.  3 BGB).

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(auch) zur Disposition der Eltern. Diese können durch bloße Erklärung, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen), gemäß §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB die gemeinsame Sorge ohne Zwischenschaltung einer gerichtlichen Entscheidung begründen. Hierin wird zu Recht eine Modifizierung der Sorgerechtspositionen durch privatautonomen Akt erkannt9. Zugleich wird in §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB eine Durchbrechung des Grundsatzes der Unverzichtbarkeit und Unübertragbarkeit der elterlichen Sorge10 gesehen11, wonach nur das Familiengericht und nicht die Eltern zur Gestaltung des Sorgestatus befugt ist. Demgegenüber wird die Abgabe von Sorgeerklärungen teilweise als ein lediglich statuskonkretisierender Akt qualifiziert: Durch die Manifestation gemeinschaftlichen Sorgewillens entfalte sich die latente Rechtsposition des Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG im Sorgestatus12. Mit Abgabe der Sorgeerklärungen würden sich beide Eltern bereit erklären, ihrem jeweiligen Elternrecht durch gemeinsame Sorge gerecht werden zu wollen, wodurch seinem Bestande nach bereits vorhandenes Elternrecht bloß aktualisiert werde13. Im Ergebnis werde mithin nicht Recht geschaffen, sondern die Ausübung und Wahrnehmung von Rechtspositionen modifiziert14. Und die Ausübung und Wahrnehmung von Sorgerechtspositionen steht, wie festgestellt15, zur Disposition der Eltern. Als zutreffend erscheint das Resultat letzterer Ansicht. Die elternautonome Begründung gemeinsamer Sorge stellt – im Unterschied zum Ergebnis des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB – keine Verfügung über den Sorgestatus dergestalt dar, dass ein Elternteil zugunsten des anderen substanziell auf seine Rechtspositionen verzichten würde. Zwar liegt in der Begründung gemeinsamer Sorge zugleich der Verzicht auf die zuvor bestehende Alleininhaberschaft an der elterlichen Sorge. Das Sorgerecht der Mutter, das ihr nach §  1626a Abs.  3 BGB bisher allein zustand, wird jedoch der Substanz nach nicht geschmälert. Durch die „Aufnahme“ des Vaters in die Sorgeverantwortung begibt sie sich ausschließlich in eine Ausübungsbindung16: Fortan kann sie ihre Sorgerechtspositionen nicht mehr ohne Weiteres allein ausüben, sondern muss mit dem Vater nach §  1627 BGB Einvernehmen herstellen, in Angelegenheiten von erheblicher BeCoester-Waltjen Jura 2005, 97, 98. Zu diesem Grundsatz unter §  4 A. II. 1. a) (S. 24). 11  So Coester-Waltjen Jura 2005, 97, 98; Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 37, 50; wohl auch Hammer FamRZ 2005, 1209, 1216 („verbindliche Statuswirkung“). 12  So M. Lipp FamRZ 1998, 65, 71. 13  M. Lipp FamRZ 1998, 65, 71. 14  M. Lipp FamRZ 1998, 65, 71. 15  Unter §  4 A. I. 1. (S. 21 f.). 16  Zu diesem Begriff Hinz ZfJ 1984, 529, 534. 9 

10 

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deutung unter Umständen eine gerichtliche Entscheidung nach §  1628 BGB herbeiführen. Mag letztere Ansicht dogmatisch also vorzuziehen sein, bedarf es an dieser Stelle letztlich keiner Entscheidung. Die Eltern können jedenfalls unmittelbar durch autonome Erklärungen die gemeinsame Sorge begründen und damit insoweit ausnahmsweise unmittelbar die rechtliche Ebene der Sorge gestalten. bb) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge Fraglich ist jedoch, ob die Begründung einer bloß teilweise gemeinsamen Sorge mittels Sorgeerklärungen möglich ist. Dies wird insbesondere mit Blick auf den Wortlaut der Norm („die Sorge“), teils unter Hinweis auf die Bedingungsfeindlichkeit der Sorgeerklärungen (§  1626b Abs.  1 BGB) ganz überwiegend verneint17. Seit Einführung des §  1626a BGB durch das KindRG sieht dieser – im Unterschied zu §§  1671 Abs.  1 und 1672 Abs.  1 S.  1 BGB a. F. – eine ausdrückliche Einschränkbarkeit der Sorgeerklärungen im Sinne einer gegenständlichen Modifikation oder Aufteilung nach Teilbereichen der elterlichen Sorge nicht vor18; es gelte daher das „alles-oder-nichts-Prinzip“19. Außerdem verfolgte der Gesetzgeber mit §  1626a BGB die rechtliche Gleichstellung der nicht mitein­ ander verheirateten Eltern mit den verheirateten oder den heiratenden (§  1626a Abs.  1 Nr.  2 BGB); auch diesen wird die gemeinsame Sorge in vollem Umfang ohne Gestaltungsmöglichkeit zugewiesen 20. Dieser Einschränkung der elterlichen Autonomie schlug und schlägt zwar überwiegend Kritik entgegen 21. Nicht ganz zu Unrecht wird dem Gesetzgeber 17  BVerfGE 107, 150, 167 = FamRZ 2003, 285, 287; BGH FamRZ 2008, 251, 256 Rn.  34 m. insow. krit. Anm. Luthin (noch offengelassen in FamRZ 2001, 907, 910); OLG Nürnberg FamRZ 2014, 854 (unter 3.1.3.); DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2014, 27, 28; Schwab, in: Hofer/­Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 51; ders. DNotZ 1998, 437, 450; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 61; Coester DEuFamR 1999, 3, 8; M. Lipp FamRZ 1998, 65, 72 a. E.; Palandt/Götz §  1626a Rn.  15; MüKoBGB/Huber §  1626a Rn.  19, 21, §  1626b Rn.  11; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626a Rn.  10, 10.2; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1626a Rn.  4; Rauscher, Familienrecht, Rn.  972. 18  Palandt/Götz §  1626a Rn.  15. 19  Coester DEuFamR 1999, 3, 8, 9; s. auch dens., in: Staudinger §  1626a Rn.  59: „Alles-­ oder-nichts-Entscheidung“. 20  BT-Drucks. 13/4899, 93 f.; BGH FamRZ 2008, 251, 256; OLG Nürnberg FamRZ 2014, 854 (unter 3.1.3.); Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 61; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1626a Rn.  4; s. auch BT-Drucks. 17/11048, 30. 21  Coester FamRZ 1996, 1181, 1185 f.; ders. RdJB 1996, 430, 432; ders. DEuFamR 1999, 3, 8 f.; ders. FamRZ 2012, 1337, 1344; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 338, 340; M. Lipp FamRZ 1998, 65, 72 f.; Coester-Waltjen Jura 2005, 97, 99: „allgemein als wünschenswert empfunden“; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  57 Rn.  138; a. A. FamRefK/Rogner §  1626a Rn.  12; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 61 m. Fn.  182;

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gar der Vorwurf mangelnder Beherrschung der Normtechnik gemacht22 , wenn er den Eltern einerseits den Weg zu einer teil-gemeinsamen Sorge über §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB verstellen, ihnen aber andererseits die Umgehung dieser Hürde durch eine gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, die eine Teilübertragung ausdrücklich zum Gegenstand haben kann und an den übereinstimmenden Elternwillen gebunden ist, so leicht machen würde23. Aus diesem Grunde wurde die Möglichkeit, eine gemeinsame Sorge durch Sorgeerklärungen nur partiell zu begründen, zum Teil tatsächlich bejaht24. Doch während die mit Art.  1 Nr.  1 SorgeRefG25 mit Wirkung vom 19.5.2013 eingefügte Ergänzung von §  1626a BGB um Abs.  1 Nr.  3 und Abs.  2 nun innerhalb dieser Norm auch eine bloß teilweise Einräumung gemeinsamer Sorge durch familiengerichtliche Entscheidung zulässt, hat der Gesetzgeber einer entsprechenden Änderung von Abs.  1 Nr.  1 ausdrücklich eine Abfuhr erteilt. Er folgte der Bundesregierung26, die den Vorschlag des Bundesrates27, Sorgeerklärungen auch für Teilbereiche der elterlichen Sorge zuzulassen, um insbesondere Bedenken der Kindesmutter gegen eine (vollständige) gemeinsame Sorge zu zerstreuen, ablehnte. Als Gründe führte sie an, dass zum einen der Umfang der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung für das Kind nicht zur Disposition der Eltern stehe, eine Aufteilung der Sorgeverantwortung vielmehr allein durch Gerichtsbeschluss möglich sei; zum anderen wies sie auf drohende Unsicherheiten im Rechtsverkehr sowie die Gefahren hin, dass Sorgeerklärungen abgegeben werden könnten, die sich nicht decken, und dass auf Jugendämter und Notare als beurkundende Stellen ein erheblicher Mehraufwand zukommen würde28. Die Gefahr sich nicht deckender Sorgeerklärungen oder von Aufteilungen, die sich als nicht praktikabel erweisen, hatte bereits Schwab 2005 erkannt29; denn im Gegensatz zu §  1626a Schwab, in: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 51; Rauscher, Familienrecht, Rn.  972. 22  Coester DEuFamR 1999, 3, 9. 23  Coester DEuFamR 1999, 3, 8; ders. FamRZ 2012, 1337, 1344; ders., in: Staudinger §  1626a Rn.  59; M. Lipp FamRZ 1998, 65, 73; Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 61; Zimmer­mann DNotZ 1998, 404, 419, weist zudem auf §  1672 Abs.  2 BGB a. F. hin, der die Möglichkeit vorsah, im Anschluss an eine teilweise Übertragung der Sorge auf den Vater im Übrigen gemeinsame Sorge zu begründen; s. auch M. Lipp FamRZ 1998, 65, 72 a. E. 24  Zimmermann DNotZ 1998, 404, 418 f.; Staudinger/Coester (2007) §  1626a Rn.  60 ­u nter Aufgabe der gegenteiligen Auffassung in DEuFamR 1999, 3, 8; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, §  57 Rn.  138. 25  Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern v. 16.4.2013, BGBl. I, 795. 26  BT-Drucks. 17/11048, 30. 27  BT-Drucks. 17/11048, 27. 28  BT-Drucks. 17/11048, 30. 29  In: Hofer/Schwab/Henrich (Hrsg.), From Status to Contract?, 2005, 35, 51.

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Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB („dem Kindeswohl nicht widerspricht“), aber auch zu §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB (Kindeswohlgefährdung) sieht §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB keine gerichtliche Kontrolle vor. Anders als in der von §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB schwerpunktmäßig30 erfassten Konstellation sind sich die Eltern im Falle der Abgabe von Sorgeerklärungen jedoch einig. Prüfungsmaßstab sollte folgerichtig derjenige von §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB sein. Ein Verfahren nach §  1666 BGB kann das Gericht jedoch ohnehin jederzeit einleiten, sobald es Kenntnis von einer drohenden Kindeswohlgefährdung erlangt31. Nicht praktikablen Sorgeaufteilungen könnte also durchaus begegnet werden. Die Bürde, nicht miteinander korrespondierende Sorgeerklärungen zu verhindern, läge jedoch tatsächlich bei den beurkundenden Stellen. Der Einwand eines erheblichen Mehraufwandes ist kaum von der Hand zu weisen; dieser erscheint jedoch zumindest den Notaren, deren Beurkundung neben der Beweissicherung auch der Beratung und Belehrung dient, durchaus zumutbar32. Mit Blick auf den nunmehr eindeutig als entgegenstehend erkennbaren Willen des Gesetzgebers muss die Begründung einer bloß teilweise gemeinsamen Sorge mittels Sorgeerklärungen jedenfalls de lege lata33 ausscheiden 34. Eine elternautonome unmittelbare Beteiligung des Kindesvaters lediglich am Aufenthaltsbestimmungsrecht ist also nicht möglich. Ohne gerichtliche Beteiligung lässt sich auf der rechtlichen Ebene der Sorge somit ausschließlich eine umfängliche gemeinsame Sorge i. S. der §§  1626 ff., 1687 BGB etablieren; für die Begründung und Praktizierung eines Wechselmodells gelten dann die oben gemachten Ausführungen zur gemeinsamen Sorge. 2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Besteht Alleinsorge eines Elternteils, so trifft dieser nicht nur die Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes, sondern auch in den übrigen Angelegenheiten. Der andere Elternteil hat, wenn sich das Kind mit Einwilligung des sorgeberechtigten Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung, namentlich einer Umgangsentscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB, bei ihm aufhält, lediglich das Recht zur Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung sowie ein Notvertretungsrecht (§§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  1 S.  4 und 5 BGB). 30 

Zur Anwendbarkeit im Konsens unter §  6 A. II. 1. b) aa) (ab S. 271). S. auch unter §  8 A. V. 4. (S. 314 f.). 32  Zimmermann DNotZ 1998, 404, 419. 33  Zu Überlegungen de lege ferenda unter §  8 B. I. (ab S. 316). 34  Staudinger/Coester §  1626a Rn.  60; MüKoBGB/Huber §  1626a Rn.  21 a. E.; Johannsen/­ Henrich/Jaeger §  1626a Rn.  4. 31 

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Hält sich das Kind nun mit Einwilligung des sorgeberechtigten Elternteils in (annähernd) gleichem Umfang beim anderen Elternteil auf, sei es in Ausübung des Aufenthaltsbestimmungs- oder des Umgangsrechts, so hängt der Umfang der Entscheidungsbefugnis des letztgenannten Elternteils abermals von der Anwendung des §  1687 Abs.  1 BGB auf ein Wechselmodell ab35. Hier steht insbesondere die Ansicht, die die Alltagssorge nach §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB mit dem Wechsel des Kindes „springen“ lässt, derjenigen gegenüber, die die Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung flexibel nach dem Umfang ebendieser tatsächlichen Betreuung bis hin zum Gleichlauf mit §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB versteht. Im Rahmen der gemeinsamen Sorge wurde bereits die Vorzugswürdigkeit der zweitgenannten Ansicht herausgestellt, da das gesetzliche Regelungsmodell des §  1687 BGB so auch passgenau auf Zwischenformen von Betreuungsmodellen angewendet werden kann. Im Rahmen einer Alleinsorge wirken sich die beiden Ansichten sogar noch deutlicher aus: Während erstgenannte Ansicht an dieser Stelle ins Leere geht, da §  1687a BGB lediglich §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB in Bezug nimmt, würde eine flexible Anwendung dieser Vorschrift zu derselben Verteilung der Entscheidungsbefugnisse in den alltäglichen Kindesangelegenheiten führen wie bei bestehender gemeinsamer Sorge. Zweck des §  1687 BGB ist es, die gemeinsame Sorge praktikabel auszugestalten36. Besteht an dieser Stelle zwar keine rechtliche gemeinsame Sorge, weshalb ein Gleichlauf der Entscheidungsbefugnisse zunächst verwundern mag, so wollen die Eltern im Falle eines Wechselmodells doch zumindest die tatsächliche Sorge gemeinsam wahrnehmen. Diese wird für den nichtsorgeberechtigten Elternteil aber nur dann handhabbar, wenn er gewisse Entscheidungsbefugnisse erhält; und diese können sich bei mehr als fünf von 14 Tagen37 nicht darauf beschränken zu entscheiden, „was das Kind zu Essen bekommt oder wann es ins Bett geht“38. Es erscheint daher auch unter einer rechtlichen Alleinsorge als gerechtfertigt, dem nichtsorgeberechtigten Elternteil eine Art Alltagssorge zuzuweisen. Schließlich hängt diese Zuweisung von der Festlegung des Aufenthalts durch den sorgeberechtigten Elternteil bzw. seiner Duldung stark erweiterten Umgangs ab. Beendet er das Wechselmodell, so endet automatisch auch die Alltagssorge des anderen Elternteils. Eine Einmischung desselben in die Sorgeausübung, die der Gesetzgeber mit §§  1687, 1687a BGB verhindern will, droht also nicht, sofern der sorgeberechtigte Elternteil mit einer solchen Einmischung nicht einverstanden ist. In der Festlegung oder Duldung umfassenden Aufent35 

Hierzu ausf. unter §  4 A. III. 2. a) bb) (ab S. 93). Ausf. und m. N. unter §  4 A. III. 1. b) aa) (S. 83). 37  Zu dieser Grenze unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256). 38  So die vom Gesetzgeber angedachte Auslegung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB, BT-Drucks. 13/4899, 108. 36 

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halts beim anderen Elternteil kann ein solches Einverständnis erblickt werden39. Die flexible Anwendung des §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB ist daher gegenüber einem Wechsel der Befugnis aus §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB insgesamt vorzugswürdig, führt doch nur diese Ansicht zu dem erwünschten Ergebnis, dass der nichtsorgeberechtigte Elternteil die notwendigen Entscheidungen treffen kann, die im Zeitraum seiner Betreuung anfallen. Der – nicht zu vernachlässigende – Unterschied zur Praktizierung eines Wechselmodells im Rahmen gemeinsamer Sorge liegt in der alleinigen Entscheidungsbefugnis des sorgeberechtigten Elternteils in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, denn §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB gilt unzweifelhaft bei Alleinsorge ebenso wenig wie §  1627 BGB. Soll der nichtsorgeberechtigte Elternteil auch an der Entscheidung dieser Angelegenheiten beteiligt werden oder sie gar allein treffen können, so lässt sich dies über eine Bevollmächtigung durch den sorgeberechtigten Elternteil erreichen40.

II. Begründung und/oder Absicherung eines Wechselmodells unter gerichtlicher Beteiligung Gerade im Falle der Alleinsorge bietet sich die rechtliche Absicherung eines Wechselmodells an, da dessen Praktizierung ansonsten im Belieben des sorgeberechtigten Elternteils steht. 1. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Eine Absicherung kann insbesondere wieder durch Aufnahme der Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich gemäß §  156 Abs.  2 FamFG (analog) (dazu unter a)) oder die Gestaltung der rechtlichen Ebene der Sorge mittels Begründung einer teilweise gemeinsamen Sorge (dazu unter b) aa)) bzw. mittels zeitlicher Aufteilung von Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrecht zwischen den Eltern (dazu unter b) bb)) erfolgen.

39 

Eine Abänderung des gesetzlichen Systems lässt sich auch unter einer rechtlichen Alleinsorge über §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  2 BGB mittels Beschränkung oder Aufhebung der Alleinentscheidungsbefugnis erreichen. 40  S. etwa AG Hannover FamRZ 2014, 1654: Bevollmächtigung des Vaters im Bereich schulischer Angelegenheiten; krit. Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1160, da der dem Wechselmodell zugrunde liegende Gedanke elterlicher Parität – im Rechtsstatus wie aus der Sicht des Kindes – in Vollmachten nicht voll zum Ausdruck komme; allg. zum Ungleichgewicht trotz Vollmacht unter §  4 B. II. 1. a) bb) (1) (b) (S. 170 f.).

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a) Tatsächliche Ebene von Sorge und Umgang Möglich ist – wie auch bei gemeinsamer Sorge41 – ein gerichtlich gebilligter Vergleich über einen ausgedehnten Umgang eines Elternteils mit dem Kind. Der Maßstab des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG sollte dergestalt ausgelegt werden, dass das Gericht die Umgangsregelung billigt, wenn dieser nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. Gleiches gilt für die Verfestigung einer Aufenthaltsregelung, die in Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts getroffen wird. §  156 Abs.  2 FamFG ist hierfür, da er de lege lata 42 ausdrücklich nur ein Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes erfasst, analog anzuwenden43. Mit der Aufenthaltsregelung verpflichtet sich der aufenthaltsbestimmungsberechtigte Elternteil, seine Rechtsposition mit dem Ergebnis eines Wechselmodells auszuüben. Der andere Elternteil verpflichtet sich entsprechend zur Aufnahme und Herausgabe des Kindes. Durch die gerichtliche Billigung erlangt die Regelung Vollstreckbarkeit (§§  86 Abs.  1 Nr.  2, 89 f. FamFG). Das Aufenthaltsbestimmungsrecht steht substanziell weiterhin dem sorgeberechtigten Elternteil allein zu. Seine Ausübung kann jedoch nur noch unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB geändert werden (§  166 Abs.  1 FamFG). Zwar ist es im Falle bestehender Alleinsorge deutlich unwahrscheinlicher, dass sich der sorgeberech­ tigte Elternteil freiwillig auf eine derartige Einengung seiner Rechtsposition einlässt. Andererseits könnte er sich hierzu veranlasst sehen, um einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts (mitsamt weiteren Teilen der Sorge) auf den anderen Elternteil allein nach §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  2 BGB oder zur gemeinsamen Sorge nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB zuvorzukommen. b) Rechtliche Ebene der Sorge aa) Begründung teilweise gemeinsamer Sorge (§  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB) Wenn auch die elternautonome Begründung teilweise gemeinsamer Sorge – begehrenswert insbesondere in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung – mittels Sorgeerklärungen de lege lata ausscheiden muss44, so bleibt doch der Weg dorthin über eine gerichtliche Entscheidung nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2

41 

S. unter §  4 B. I. 2. a) (ab S. 147). Zu dem Vorschlag, §  156 Abs.  2 FamFG de lege ferenda auf ein elterliches Einvernehmen in sämtlichen Fragen der Sorgeausübung auszudehnen, unter §  8 A. V. 1. (ab S. 309). 43  S. unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (ab S. 124). 44  S. unter §  6 A. I. 1. b) bb) (ab S.  266). 42 

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BGB45. Das Familiengericht kann die Übertragung danach ausdrücklich auf einen Teil der elterlichen Sorge beschränken46. Zwar soll diese mit dem SorgeRefG neu eingefügte Möglichkeit zur Begründung einer gemeinsamen Sorge primär dazu dienen, eine gemeinsame Sorgever­ antwortung auch ohne Zustimmung der Mutter zu erzielen47. Der Wortlaut der Norm setzt dergleichen jedoch nicht voraus. Der Weg über §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB muss mithin auch im Falle eines übereinstimmenden Elternwillens beschritten werden können48. Zwar wird hierdurch die Befassung des Gerichts mit einer unstrittigen Frage erforderlich; das Gleiche wäre jedoch der Fall, wenn die Eltern zunächst mittels Sorgeerklärungen die umfängliche gemeinsame Sorge begründen und sodann einen Antrag nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB stellen würden. Der Gesetzgeber provoziert dieses missliche Ergebnis zum einen durch die Aufrechterhaltung des überkommenen Grundsatzes, dass eine Übertragung bestehender Sorgerechtspositionen ausschließlich durch gerichtliche Entscheidung erfolgen kann49, insbesondere aber durch die Nichtzulassung von Teil-Sorgeerklärungen. Aufgrund der elterlichen Übereinstimmung und durch das Nichtvortragen entgegenstehender Gründe i. S. des §  1626a Abs.  2 S.  2 BGB durch die Mutter lässt sich der Gang dieses Weges sogar beschleunigen, da das Gericht in diesem Fall gemäß §  155a Abs.  3 S.  1 FamFG im vereinfachten Verfahren, in dem die Eltern lediglich schriftlich, nicht persönlich angehört werden,50 entscheiden soll. Auf das sodann gemeinsam bestehende Aufenthaltsbestimmungsrecht lässt sich zum einen eine Wechselmodellabrede gründen, die mit der Verbindlichkeit einer Elternvereinbarung ausgestattet ist51, mithin lediglich im Einvernehmen oder mittels gerichtlicher Entscheidung abgeändert werden kann. Darüber hinaus kommt eine rechtliche Abbildung des auf elterlichem Konsens gründenden Wechselmodells durch gerichtliche Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel über §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB in Betracht, deren Bewertung nicht anders ausfällt als oben im Rahmen der gemein45  Auch die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die erstmalige Begründung einer gemeinsamen Sorge; bestand eine solche bereits, richtet sich die Wiederherstellung der gemeinsamen Sorge nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, nicht nach §  1626a BGB (§  1626b Abs.  3 BGB). 46  S. §  1626a Abs.  2 BGB: „die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge“; Abs.  1 Nr.  3: „soweit“. 47  BT-Drucks. 17/11048, 1, 16 f. 48  Schumann FF 2013, 339, 340 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626a Rn.  10.2 a. E., 60; Palandt/Götz §  1626a Rn.  15. 49  Zum Vorschlag, dies de lege ferenda zu ändern, unter §  8 A. V. 4. (ab S. 313). 50  Hierzu BT-Drucks. 17/11048, 13; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626a Rn.  50. 51  Zur Bindungswirkung unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69).

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samen Sorge52. Hinsichtlich der Abweichung in den übrigen Kindesangelegenheiten – es gelten lediglich §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  1 S.  4 BGB – wird auf die obigen Ausführungen, insbesondere zur flexiblen Anwendung der zuletzt genannten Norm, hingewiesen53. bb) Zeitliche Aufteilung des Sorgerechts bzw. Aufenthaltsbestimmungsrechts (§  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB) Eine Aufteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder gar der Gesamtsorge in zeitlicher Hinsicht lässt sich – ohne den Umweg über eine gemeinsame Sorge beschreiten zu müssen – durch periodische Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Alleinsorge an den Vater erreichen. Rechtsgrundlage hierfür wäre, da eine Alleinsorge der Mutter bereits nach §  1626a Abs.  3 BGB besteht, §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB. Im Falle einer zeitweisen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts könnte jeder Elternteil im Zeitraum seiner Berechtigung den Kindesaufenthalt bei sich begründen, notfalls einen Heraus­ gabeanspruch aus §  1632 Abs.  1 BGB geltend machen und diesen nach §  1632 Abs.  3 BGB i. V. mit §§  89, 90 FamFG durchsetzen. Ein zeitweiser Wechsel der Gesamtsorge hätte – insbesondere je nach Anwendung des §  1687a BGB54 – ­positive Auswirkung für die Entscheidungsbefugnis des Vaters in den übrigen Kindesangelegenheiten. Sind sich die Eltern über die Praktizierung eines Wechselmodells einig, so steht der elterliche Regelungsprimat einer periodischen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Gesamtsorge durch das Gericht nicht entgegen55. Es gilt hinsichtlich der Begründung eines Wechselmodells jedoch ebenfalls das zur gemeinsamen Sorge Gesagte: Diese liegt in den Händen der Eltern, nicht des Gerichts. Übt ein Elternteil seine Rechtsposition nicht (mehr) wie vereinbart aus, so kommt das Wechselmodell zum Erliegen. Der Elternteil, der daran festhalten möchte, kann das Kind zwar in den Zeiträumen, in denen er aufenthaltsbestimmungsberechtigt ist, herausverlangen und diesen Anspruch auch durchsetzen; er kann den anderen Elternteil aber nicht zwangsweise zur Aufnahme des Kindes in den übrigen Zeiträumen veranlassen. Das Wechsel­ modell ist damit nicht vollständig, namentlich in beide Richtungen des Wechsels, vollstreckbar. Auch bei bestehender Alleinsorge führt der vorzugswürdige 52  Im Falle des elterlichen Konsenses ist eine solche gerichtliche Entscheidung ausnahmsweise als zulässig zu bewerten, s. unter §  4 B. I. 1. a) aa) und bb) (ab S. 109); anders im Falle elterlichen Konflikts, s. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (ab S. 192) und §  5 A. I. 2. a) bb) (ab S. 225). 53  Unter §  6 A. I. 2. (ab S. 268). 54  Hierzu unter §  6 A. I. 2. (S. 269 f.). 55  Zur gemeinsamen Sorge unter §  4 B. I. 1. a) aa) und bb) (ab S. 109).

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Weg zu einem rechtlich abgesicherten Wechselmodell daher über §  156 Abs.  2 FamFG (analog) und nicht über das materielle Recht. 2. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Eine Einwirkung auf die Entscheidungsbefugnisse in Kindesangelegenheiten, die nicht den Aufenthalt betreffen, ist, wie bei der gemeinsamen Sorge festgestellt56, dem Familiengericht nach §  1687 Abs.  2 BGB vorbehalten. §  1687a BGB nimmt auch diese Vorschrift in Bezug. Folge der Einschränkung oder des Ausschlusses der Alleinentscheidungsbefugnis aus §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  1 S.  4 BGB ist jedoch an dieser Stelle nicht die gemeinsame Sorge, sondern die volle Alleinsorge des sorgeberechtigten Elternteils; denn Ausgangslage des §  1687a BGB ist dessen Alleinsorge und nicht – im Unterschied zu §  1687 BGB – die gemeinsame Sorge i. S. von §§  1627, 1687 Abs.  1 S.  1 BGB. Mit einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  2 BGB würde ein Wechselmodell folglich kaum mehr handhabbar. Der Weg zu mehr Gemeinsamkeit führt hier über §  1626a BGB, der eine gemeinsame Sorge i. S. der §§  1626 ff., 1687 Abs.  1 BGB zur Folge hat, sodann gegebenenfalls über §  1687 Abs.  2 BGB, dessen Anwendung durch das Familien­ gericht zu einer umfassenden gemeinsamen Sorge beider Elternteile führen kann57.

III. Ergebnisse Ein wiederkehrend wechselnder Kindesaufenthalt lässt sich auch unter einer rechtlichen Alleinsorge festlegen, steht jedoch zur jederzeitigen Disposition des alleinsorgeberechtigten Elternteils. Eine Verbindlichkeit der Wechselmodellabrede, die auf einer Ausübung von Aufenthaltsbestimmungs- oder Umgangsrecht fußen kann, lässt sich am einfachsten durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich in (analoger) Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG erzielen. Soll durch Etablierung einer teilweise gemeinsamen Sorge der rechtliche Rahmen für eine bindende Elternvereinbarung oder eine gerichtliche Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB geschaffen werden, so bedarf es einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB; eine direkte zeitliche Aufteilung des Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrechts lässt sich über §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB erreichen. Elternautonom mittels Sorgeerklärungen kann ausschließlich die ungeteilte gemeinsame Sorge hergestellt werden. 56  57 

Unter §  4 A. III. 1. b) (ab S. 82). Hierzu unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171).

§  6 Alleinsorge eines Elternteils

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Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnisse in den übrigen Kindesangelegenheiten gilt §  1687a BGB. Danach hat der nichtsorgeberechtigte Elternteil die Befugnis zur Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung, die sich im Falle eines vereinbarten Wechselmodells auf all diejenigen Angelegenheiten erstreckt, die im Zeitraum der Betreuung zu entscheiden, jedoch nicht von erheblicher Bedeutung sind. Es wird folglich de lege lata sowohl bei gemeinsamer als auch bei Alleinsorge für eine flexible Anwendung von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB entsprechend der vereinbarten tatsächlichen Betreuung beider Elternteile plädiert. Eine Beschränkung dieser Befugnisse richtet sich nach §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  2 BGB, wird jedoch in aller Regel die Praktizierung des Wechselmodells gefährden. Für eine Ausweitung bedarf es der Herstellung gemeinsamer Sorge.

B. Elterndissens I. Regelung des Kindesaufenthalts im wiederkehrenden Wechsel Unabhängig davon, ob die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam oder einem Elternteil allein zusteht, ist die Festlegung des tatsächlichen Kindesaufenthalts und somit auch die Begründung eines Wechselmodells als wesentlicher Bestandteil der Pflege und Erziehung eines Kindes i. S. von Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG primär in die elterliche Verantwortung gelegt. Unter Verweis auf die obigen Ausführungen zur gemeinsamen Sorge58 ergibt sich daher für die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen mindestens eines Elternteils unter einer rechtlichen Alleinsorge das folgende Bild: – Die Gestaltung der rechtlichen Sorgeebene mittels gerichtlicher Zuweisung von Rechtspositionen vermag unmittelbar kein Wechselmodell hervorzu­ bringen, da die Rechtsposition nicht mit einer bestimmten Ausübungsweise gekoppelt ist und auch nicht gekoppelt werden kann. Mit der Zuweisung zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen, bisher nichtsorgeberechtigten Elternteil – etwa an den Vater gemäß §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  2 BGB59 – lässt sich durch das Gericht jedoch ein Impuls zugunsten der Praktizierung eines als kindeswohldienlich herausgestellten Wechselmodells setzen. Eine bloß periodische Zuweisung des Aufenthalts­ 58 

S. insb. die Ergebnisteile unter §  5 A. I. 2. a) cc) (ab S. 231) und §  5 A. IV. (ab S. 259). Beruht die Alleinsorge nicht auf §  1626a Abs.  3 BGB, sondern auf einer gerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB, so richtet sich die Zuweisung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB. 59 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

bestimmungsrechts oder der Gesamtsorge kommt lediglich in Betracht, wenn einzig die Entscheidung über die Wechselfrequenz des Kindesaufenthalts, nicht jedoch die wechselnde Betreuung als solche zwischen den Eltern in Frage steht. Stets ist es am aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil und nicht am Gericht, den konkreten Aufenthalt des Kindes festzulegen. – Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn kein Elternteil bereit oder in der Lage ist, einen dem Kindeswohl entsprechenden Aufenthalt desselben zu bestimmen. Dann ist der Staat aufgrund seines Wächteramts aus Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG zu einer Entscheidung berufen und kann unter den Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB – insbesondere also einer Erforderlichkeit dieses Schrittes – auch die tatsächliche Sorgeverantwortung ausüben. Dies ist jedoch bei einer bestehenden Alleinsorge, die in aller Regel mit einem Aufenthalt des Kindes beim berechtigten Elternteil einhergegangen sein dürfte, als noch deutlich unwahrscheinlicher einzustufen als bei gemeinsamer ­Sorge. – Die Anordnung (annähernd) gleich langer Betreuungszeiträume durch das Gericht lässt sich schließlich auch nicht als Umgangsregelung klassifizieren, weil das Institut des Umgangsrechts nicht dazu dient, die gleichberechtigte Teilhabe beider Eltern an der Erziehung des Kindes sicherzustellen. Eine solche Regelung höhlte das Aufenthaltsbestimmungsrecht aus und stellte sich damit – auf der einfach- wie der verfassungsrechtlichen Ebene60 – nicht bloß als Vermittlung zwischen den elterlichen Rechtspositionen, sondern als eigene Entscheidung des Gerichts dar; zu einer solchen ist der Staat bei Nichtvorliegen einer Kindeswohlgefährdung mangels Aktivierung seines Wächteramts und Berufung zum Erziehungsträger nicht befähigt.

II. Regelung der übrigen Entscheidungskompetenzen Für die Entscheidungsbefugnisse in Angelegenheiten des Kindes, die nicht dessen Aufenthalt betreffen, gilt §  1687a BGB i. V. mit dem anhand der tatsächlichen Betreuung flexibel auszulegenden §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB61. Ergebnis im Falle eines Wechselmodells ist eine zwischen den Elternteilen wechselnde Alltagssorge und damit – wie auch bei gemeinsamer Sorge – eine Art „parallele Elternschaft“. Dies erscheint auch im Falle bestehender Alleinsorge eines Elternteils angemessen, um Konflikten zwischen den Eltern, die eine wenn auch nicht rechtliche, so doch jedenfalls tatsächliche gemeinsame Sorge in Gestalt eines Wechselmodells mit sich bringen kann, vorzubeugen. Funktioniert die Wahrnehmung der Alltagssorgebefugnisse im Wechsel nicht, kann das Fami­ 60  61 

S. hierzu unter §  5 A. II. 2. b) bb) (3) (ab S. 253) und §  8 A. III. 2. (ab S. 301). S. unter §  6 A. I. 2. (ab S. 268).

§  6 Alleinsorge eines Elternteils

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liengericht nach §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  2 BGB einschreiten und die Befugnisse einschränken oder ausschließen. Dann dürfte jedoch das Wechselmodell in seiner Gesamtheit als gescheitert anzusehen sein.

§  7 Zusammenfassung der Ergebnisse de lege lata A. Gemeinsame elterliche Sorge Sind die Eltern gemeinsam sorge-, insbesondere aufenthaltsbestimmungsberechtigt, so können sie autonom bis zur Schwelle der Kindeswohlgefährdung jede Aufenthaltsregelung, folglich auch eine Wechselmodellabrede in Ausübung ihres gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrechts treffen. Gleiches gilt für eine entsprechende Regelung in Ausübung des Umgangsrechts eines Elternteils oder beider. Begehren die Eltern vorausschauend auf eine etwaige spätere Abkehr eines Elternteils vom Vereinbarten eine gerichtliche Absicherung, so bietet sich bereits de lege lata insbesondere die Aufnahme des Einvernehmens in einen gerichtlich gebilligten Vergleich an; das Gericht hat die Regelung gemäß bzw. – im Falle einer Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts – analog §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG zu billigen, wenn dieser nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen. Im Konsens ist auch eine Einwirkung auf die übrigen Entscheidungsbefugnisse möglich, sei es autonom insbesondere durch Bevollmächtigungen bzw. Ermächtigungen, sei es in Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung insbesondere nach §  1687 Abs.  2 BGB. Damit sind im Falle übereinstimmenden Elternwillens alle denkbaren Ausformungen eines Wechselmodells realisierbar. Sind sich die Eltern hingegen uneins, so begegnet das Gericht diesem Umstand durch die Vermittlung zwischen den elterlichen Rechtspositionen, sei es durch substanzielle Zuweisung von Alleinentscheidungsbefugnissen an einen Elternteil (§§  1628, 1671 Abs.  1, 1696 Abs.  1 BGB), Unterstützung bei einer Durchsetzung von Umgangsrechten (§  1684 Abs.  3 S.  1 BGB) oder Hinwirken auf ein elterliches Einvernehmen über die Ausübung von Sorge- oder Umgangsrechtspositionen (§  156 Abs.  1 und 2 FamFG). Die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils oder gar beider ist ausschließlich unter den Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB – als kindesschutzrechtliche Maßnahme entweder direkt nach dieser Vorschrift oder als Umgangsregelung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB unter Korrektur des Eingriffsmaßstabs – zulässig. Für die gemeinsame Sorge lässt sich somit abschließend zusammenfassen, dass ein Wechselmodell sowohl bei elterlichem Konsens als auch Dissens etab-

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

liert werden kann. In letzterem Falle ist, sofern das Gericht als Repräsentant des Staates die Entscheidung aus kindesschutzrechtlichen Gründen anstelle der Eltern übernehmen muss, zwar die hohe Hürde der Kindeswohlgefährdung zu nehmen. Das kindschaftsrechtliche Normengefüge lässt diese Entscheidung damit aber – wenn auch unter hohen Voraussetzungen – zu. Das deutsche Kindschaftsrecht erweist sich damit als abstrakt genug, um jedes Betreuungsmodell begründen und im Anschluss daran handhaben zu können. Es verschließt sich damit keineswegs der Etablierung oder Praktizierung eines Wechselmodells.

B. Alleinsorge eines Elternteils Auch unter dem Dach einer rechtlichen Alleinsorge lässt sich ein Wechselmodell etablieren und praktizieren. Verbindlichkeit erlangt es vor allem durch Aufnahme der einvernehmlichen Aufenthalts- oder Umgangsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich nach §  156 Abs.  2 FamFG (analog). Alternativ kann eine partielle gemeinsame Sorge in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung über eine gerichtliche Entscheidung nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB herbeigeführt werden, in deren Anschluss eine verbindliche Elternvereinbarung über den Kindesaufenthalt geschlossen werden kann. Die alltäglichen Entscheidungsbefugnisse in den übrigen Kindesangelegenheiten stehen im Falle eines durch elterliche oder ausnahmsweise gerichtliche Entscheidung begründeten Wechselmodells gemäß §§  1687a i. V. mit 1687 Abs.  1 S.  4 BGB beiden Elternteilen wechselnd mit dem Kindesaufenthalt zu.

§  8 Vorschläge de lege ferenda A. Gemeinsame elterliche Sorge Soeben gezogenes Fazit zur Begründung eines Wechselmodells im Falle gemeinsamer elterlicher Sorge de lege lata lässt bereits erahnen, dass der gesetzgeberische Handlungsbedarf – insbesondere im Kindschaftsrecht – als gering eingeschätzt wird. Lässt dieses Normengefüge die Etablierung und Praktizierung jedes Betreuungsmodells bereits zu, ist allenfalls an Klarstellungen, die dem Bürgerlichen Gesetzbuch jedoch an sich fremd sind, oder kleinere Korrekturen zu denken. Insoweit bietet sich eine Öffnung des Wortlauts von §  1687 Abs.  1 BGB (dazu unter IV.) ebenso an wie eine Ausweitung des gerichtlich gebilligten Vergleichs in §  156 Abs.  2 FamFG (dazu unter V. 1.). Wird jedoch eine konträre Ausgangslage zugrunde gelegt – das Wechselmodell sei dem Kindschaftsrecht fremd, lasse sich mit diesem nicht handhaben und insbesondere nicht gerichtlich begründen –‍, erscheint es nachvollziehbar, dem Gesetzgeber ungleich weiterreichende Änderungsvorschläge anzutragen. Diese reichen von der Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells (dazu unter II.) über die Bevorzugung desselben ex lege (dazu unter I.) bis hin zur Neustrukturierung des Kindschaftsrechts unter Aufhebung der Trennung von Sorge und Umgang mit dem Ziel, dem Gericht fortan eine Regelung der „Betreuung“ zu überantworten (dazu unter III.).

I. Wechselmodell als gesetzlicher Regelfall Zunächst ist die Forderung in den Blick zu nehmen, das Wechselmodell sei als gesetzlicher Regelfall der Nachtrennungssorge vorzusehen1. 1  So etwa die FDP zur Bundestagswahl 2017 (https://www.fdp.de/wp-modul/btw17wp-­a-119 [letzter Zugriff am 6.12.2017]) sowie die FDP in Bayern (http://fdp-bayern.de/ news/scheidungskinder-fdp-fuer-wechselmodell-als-regelfall [letzter Zugriff am 6.12.2017]) und Brandenburg (http://www.fdp-brandenburg.de/wp-content/uploads/2017/06/Beschluss_ Doppelresidenz.pdf [letzter Zugriff am 6.12.2017]): Ergänzung des §  1626 BGB um einen Abs.  4 mit dem Inhalt „Bei getrenntlebenden Eltern hat das Prinzip der Doppelresidenz Vorrang“; s. jüngst den Antrag einzelner Abgeordneter und der Fraktion der FDP v. 13.3.2018,

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

1. Erforderlichkeit und Zulässigkeit im deutschen Kindschaftsrecht Wasser auf die Mühlen der Befürworter könnte die Resolution 2079 (2015)2 des Europarates sein. Diese sei „ein weiterer wichtiger Schritt für einen Paradigmenwechsel vom starren Residenzmodell hin zu einem flexiblen Wechselmodell“3. Wenn auch keineswegs als Befürworter denn mit deutlichem Argwohn sieht auch Löhnig mit der Resolution das „Zeitalter der Pendelkinder“ eingeläutet, postuliere diese doch, „dass Kinder getrennt lebender Eltern zu gleichen Teilen bei beiden Eltern zu wohnen“ hätten4. Auch er erkennt einen sich abzeichnenden Paradigmenwechsel, allerdings „vom kindes- zum elternzentrierten Kindschaftsrecht“5. In der Resolution des Europarates, die zwar keine mit Sanktionen durchsetzbare Rechtsverbindlichkeit gegenüber dessen Mitgliedstaaten entfaltet6, die jedoch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bei der Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention herangezogen werden kann7, ruft der Europarat seine Mitgliedstaaten unter Punkt 5.5. dazu auf, das Prinzip der „shared residence“ im Anschluss an eine Eltern­ trennung und Ausnahmen hiervon nur für Fälle von Kindesmisshandlung bzw. ‑vernachlässigung oder häuslicher Gewalt vorzusehen; die Bestimmung der Zeit­abschnitte, die das Kind im Wechsel bei beiden Elternteilen verbringt, soll BT-Drucks. 19/1175, 3; gegen eine Festschreibung des Wechselmodells als Regelfall einzelne Abgeordnete und Fraktion DIE LINKE v. 13.3.2018, BT-Drucks. 19/1172, 3; für eine gesetzli­ che „Beweisumkehr“ zulasten des ein Wechselmodell verweigernden Elternteils ISUV-Presseerklärung 01/2017 v. 13.1.2017 (https://www.isuv.de/paradigmenwechsel-beim-kindschafts recht-­nach-trennung-und-scheidung-­wechselmodell-eine-gesellschaftliche-notwendigkeit [letzter Zugriff am 6.12.2017]). 2  Abrufbar unter: http://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-EN.asp?fileid =22220 (letzter Zugriff am 6.12.2017). 3  ISUV-Presseerklärung 32/2015 v. 9.10.2015: http://www.isuv-online.de/?p=151386 (letz­ter Zugriff am 6.12.2017); s. auch Presseerklärung 01/2017 v. 13.1.2017 (s. §  8 Fn.  1). 4  NJW-Editorial Heft 9/2016. 5  Löhnig NZFam 2016, 817; den Paradigmenwechsel dann doch verneinend ders. FF 2017, 429, 430 f.; eine „Betonung von Elternrechten auf Kosten des Kindeswohls“ fürchtet mit Blick auf Erfahrungen aus Australien auch Kostka Streit 2014, 147, 157; dort lasse sich ein Wechsel der Fokussierung vom Kindeswohl hin zu den Elterninteressen seit der „shared-parenting“-Reform von 2006 von den professionell am Verfahren Beteiligten wohl tatsächlich beobachten: Kaspiew/Gray/Weston et al., Evaluation of the 2006 family law reforms, 2009, 216 f.; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 330; s. auch McIntosh/Smyth/Wells/Long, Parenting arrangements post-separation, Part I, 2010, 77 f. 6  Winkler, Der Europarat und die Verfassungsautonomie seiner Mitgliedstaaten, 2005, 409 f.; Wittinger, Der Europarat: Die Entwicklung seines Rechts und der „europäischen Verfassungswerte“, 2005, 143. 7  Klocke EuR 2015, 148, 158 ff.

§  8 Vorschläge de lege ferenda

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allein an den Bedürfnissen und Interessen des Kindes ausgerichtet sein. Damit ist aber zunächst nichts anderes gesagt, als dass das Kind im Grundsatz Aufenthalt bei beiden Elternteilen nehmen soll. Der verwendete Terminus „shared residence“ meint nämlich keineswegs eine Aufenthaltsverteilung von (annähernd) 50 zu 50 Prozent, sondern umfasst auch solche beispielsweise von 30 oder 35 zu 70 bzw. 65 Prozent8. Das deutsche Recht, das die elterliche Wahl einer Betreuungsweise für ihr Kind in keiner Weise begrenzt und für den Konfliktfall die Anordnung von (erweitertem) Umgang zulässt, wird dieser Aufforderung bereits umfassend gerecht. Dass die Gesetze der Mitgliedstaaten die Anordnung paritätischer Betreuung im Regelfall vorsehen müssten, lässt sich der Resolu­ tion also nicht entnehmen. Nur in diesem Fall würde das deutsche Kindschaftsrecht versagen. Genau dieses „Versagen“ des deutschen Kindschaftsrechts ist jedoch keine durch Analogie des Rechtsanwenders oder Tätigwerden des Gesetzgebers ausfüllungsbedürftige Regelungslücke. Es ist vielmehr logische Konsequenz der Kompetenzverteilung zwischen Eltern und Staat, die vom Grundgesetz in Art.  6 Abs.  2 vorgegeben wird. Steht die Entscheidung darüber, wann das Kind von welchem der beiden Elternteile betreut wird, auch nach einer Trennung zuvörderst – Grenze ist diejenige des §  1666 Abs.  1 BGB – allein diesen und somit weder der Judikative noch Legislative zu, so kann das Bürgerliche Gesetzbuch gar keine verbindlichen Vorgaben über diese Frage enthalten. Solange nicht durch psychologische und soziologische Forschung belegt ist, dass die Erziehung eines Kindes im Anschluss an eine Trennung der Eltern in einem anderen Betreuungsmodell als dem Wechselmodell stets kindeswohlgefährdend ist, lässt sich die Elternautonomie nicht dergestalt begrenzen, dass die Praktizierung eines Wechselmodells gesetzlich vorgeschrieben wird. Dass diese im Einzelfall auch noch so kindeswohldienlich, die Wahl eines Residenzmodells hingegen an objektiven Kriterien gemessen relativ nachteilig sein kann, ist ohne Bedeutung. Das Grundgesetz nimmt einen solchen Nachteil in Kauf, um die Eltern weitestmöglich in der Verantwortung für ihr Kind zu belassen. Allenfalls denkbar erscheint daher die Aufnahme eines gesetzlichen Leitbildes, wie etwa §  1626 Abs.  2 BGB eines für die Einbeziehung des Kindes in elterliche Entscheidungen enthält9. Es könnte den Eltern eine gemeinsame, wenn auch nicht gemeinschaftliche tatsächliche Pflege und Erziehung ihres Kindes auch nach der Trennung nahelegen. Nicht zu verkennen ist jedoch die Gefahr, 8  S. etwa Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 477 unter (4): „the terms ‚shared residence‘ or ‚shared care‘ can be used to cover a very broad range of timeshare arrangements“; zu dem Begriff „shared parenting“ und seinen unterschiedlichen Bedeutungen Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 154 f. 9  BT-Drucks. 7/2060, 16; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626 Rn.  73.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

das Leitbild könnte, so es von den Eltern nicht verwirklicht wird, als Anhaltspunkt für eine negative Kindeswohlwahrung bis hin zur Kindeswohlgefährdung sein. Eine Absenkung des Maßstabs des §  1666 Abs.  1 BGB darf damit jedoch keinesfalls verbunden sein. Es ist ein Unterschied, ob das ohnehin aus der Verfassung resultierende Erfordernis einer (gewissen) Berücksichtigung des Kindeswillens losgelöst von einem konkreten Einzelfall (s. insbesondere §  1626 Abs.  2 BGB, aber auch §  1631a BGB) ins einfache Recht übertragen oder den Eltern eine konkrete Ausübungsweise ihrer Verantwortung vorgegeben (s. §§  1631 Abs.  2 S.  2, 1631c S.  1 BGB, die jedoch durch das Wächteramt legitimiert sind10) oder zumindest nahegelegt wird. Die Nichtbefolgung auch eines bloßen Leitbildes indiziert in gewisser Weise ein elterliches Fehlverhalten11. Ein solches kann in einer von Kindeswohlgesichtspunkten getragenen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts jedoch nicht erkannt werden. Sollte es lediglich bei einer in Bezug auf die Eltern bewusstseinsbildenden Wirkung bleiben, liegt eine Erwähnung des Wechselmodells (zumindest als eine Alternative elterlicher Betreuung) im Zusammenhang der Regelungen des SGB VIII zur Beratung der Eltern im Anschluss an deren Trennung nahe. Zu Recht dürfte jedoch ohnehin zu bezweifeln sein, „ob durch juristische Regelungen die tatsächliche Bereitschaft eines Elternteils, dem Kind eine verläßliche und feinfühlige Bezugsperson zu sein, garantiert wird“12. Der Gesetzgeber übte und übt damit zu Recht Zurückhaltung. Auch das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass weder aus Art.  6 Abs.  2 GG noch der dazu bislang ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung folge, dass der Gesetzgeber den Gerichten für die Zuordnung von Rechten und Pflichten getrennt lebender Eltern eine paritätische Betreuung als Regel vorgeben und eine abweichende gerichtliche Regelung als Ausnahme ausgestalten müsste13. 2. Erfahrungen aus anderen Rechtsordnungen mahnen zur Vorsicht Auch die in anderen Rechtsordnungen gemachten Erfahrungen sprechen dafür, den Eltern nicht ein bestimmtes Betreuungsmodell zu oktroyieren14. 10  Zu §  1631 Abs.  2 S.  1 BGB vgl. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1631 Rn.  16, zu §  1631c S.  1 BGB Staudinger/Salgo §  1631c Rn.  5. 11  Vgl. zu §  1626 Abs.  2 BGB BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626 Rn.  78. 12  Suess/Scheuerer-Englisch/Grossmann FPR 1999, 148, 156. 13  FamRZ 2015, 1585, 1586 Rn.  12; Nichtannahmebeschl. v. 22.1.2018 – 1 BvR 2616/17, juris Rn. 7 = FamRZ 2018, 593 (1. LS); s. auch Britz FF 2015, 387, 390. 14  Einen Überblick über Rechtslage und Forschungsstand in Australien, Belgien, Großbritannien und Schweden bieten auch die Wissenschaftlichen Dienste (Deutscher Bundestag), Das „Wechselmodell“, 16 ff.

§  8 Vorschläge de lege ferenda

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Sehr erhellend ist der Blick auf die jüngere Entwicklung des australischen Kindschaftsrechts15, das 2006 wesentliche Anpassungen in Bezug auf die elterliche Sorge erfuhr16, die durch zahlreiche Forschungsarbeiten mittlerweile umfangreich evaluiert sind17. Zunächst sei vorangestellt, dass in dem hochsensiblen, da hochemotionalen Bereich der Betreuungszeitverteilung zwischen den Eltern größter Wert auf eine hieb- und stichfeste Gesetzesformulierung zu legen ist. Fällt diese zweideutig oder zu kompliziert aus, drohen – wie die australischen Erfahrungen beweisen – Missverständnisse und verheerende Folgen für das Wohl der betroffenen Kinder. So war Ansatz der dortigen Reformen eigentlich die Förderung der gemeinsamen Sorgeverantwortung („parental responsibility“)18, ins deutsche System übersetzt also die gemeinsame rechtliche Sorge: Für diese gilt seit 2006 eine gesetzliche Vermutung der Kindeswohldienlichkeit. Bei deren Zuweisung hat das Gericht die Anordnung gleicher („equal“)19 oder zumindest bedeutender („substantial and significant“)20 Zeit des Kindes mit jedem Elternteil zwar „zu erwägen“ („consider“); eine Vermutung diesbezüglich sieht das Gesetz indes – ausdrücklich21 – nicht vor. Oberster Maßstab im Rahmen der Erwägung gemeinsamer tatsächlicher Sorge ist das Kindeswohl („the best interests of the child“)22 , bei dessen Bestimmung das Gericht jedoch (primär) die Vorteile für das Kind zu berücksichtigen hat, die aus einer bedeutsamen Beziehung („meaningful relationship“)23 zu beiden Elternteilen resultieren. Diese komplizierte Verknüpfung einer Vermutung zur gemeinsamen recht15  Family Law Act 1975, Act No. 53 of 1975 as amended, Fassung vom 17.11.2016, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/C2016C01106 (letzter Zugriff am 6.12.­2017). 16  Ergänzung des Family Law Act 1975 durch den Family Law Amendment (Shared Responsibility) Act 2006, No. 46, 2006, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/ C2006A00046 (letzter Zugriff am 6.12.2017). 17  S. oben die Nachw. zur psychologischen und soziologischen Forschungslage unter §  4 A. II. 1. b) bb) (ab S. 26). 18  Family Law Act 1975 Section 61DA; zur Entwicklung der Begrifflichkeiten weg von juristisch bestimmten oder eindeutig bestimmbaren Termini Smyth Journal of Family Studies 2009, 36, 41: So wurde etwa aus „custody“ („Obhut“) zunächst „residence“ und nunmehr „lives with“, aus „access“ (unserem Umgang vergleichbar) wurden „contact“ und nun „spends time with“. 19  Family Law Act 1975 Section 65DAA (1). 20  Family Law Act 1975 Section 65DAA (2); mit „substantial and significant time“ ist Zeit gemeint, die es jedem Elternteil ermöglicht, am Alltag des Kindes, aber auch an Ereignissen desselben teilzuhaben, die von besonderer Bedeutung für Kind oder Eltern sind: McIntosh/ Chisholm Journal of Family Studies 2008, 37, 46. 21  S. die Anmerkung (Note) zu Section 61DA im Family Law Act 1975. 22  Family Law Act 1975 Section 65DAA (1) (a) m. Note 1. 23  Family Law Act 1975 Section 60CC (2) (a); s. zu diesem Terminus Smyth Journal of Family Studies 2009, 36, 43 f.

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

lichen Sorge mit den Vorgaben an den Richter für die Erwägung einer gemeinsamen tatsächlichen Sorge führte nicht nur in der Bevölkerung, sondern sogar in den mit den Regelungen befassten Professionen zu Verwirrung und letztlich zu dem Missverständnis, die gemeinsame tatsächliche Sorgetragung werde vom Gesetz vorgegeben 24. In der Folge wahrzunehmen war einerseits eine zwar unberechtigte Anspruchshaltung in Bezug auf eine hälftige Betreuung des Kindes25, die jedoch auf die Fehlvorstellung auch des anderen Elternteils traf, er müsse diesem Begehren aufgrund der neuen Gesetzeslage Folge leisten 26. Hierdurch kann das Wechselmodell plötzlich 27 – und ohne dass Gerichte mit der Sache befasst werden müssten 28 und eine Prüfung am Kindeswohl vornehmen könnten – vermehrt Einzug in Familien halten, die für ein solches bisher nicht gerade als „prädestiniert“ erschienen, die insbesondere (hoch‑)konflikthaft sind 29. Offenbar nahm die Zahl an Wechselmodellen gar in von häuslicher Ge-

24  Smyth/Caruana/Ferro, in: Smyth (Hrsg.), Parent-child contact and post-separation parenting arrangements, 2004, 19; Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 492 f.; Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 55, 60; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 330; Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 343; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 118 f., 145; Kostka Streit 2014, 147, 153. 25  Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 120, berichten plastisch von folgender gegenüber Mediatoren und Anwälten vielfach geäußerten Forderung von Vätern: „I’m here for my 50/50“; s. auch Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 493; Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 330. 26  Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 7; Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 55; zu den Auswirkungen gesetzlicher Vermutungsregeln betreffend die Verteilung der elterlichen Sorge auf die Verhandlungsstärke der Eltern außerhalb des Gerichts s. bereits Mnookin/ Kornhauser Yale L. J. 1978–1979, 950, 977 ff. 27  Ohne „Druck von außen“ erfolgt die Wahl eines Wechselmodells in der Regel selektiv, also durch Eltern, die Kriterien wie Kooperationsbereitschaft, geringe Wohndistanz und höheres Bildungsniveau aufweisen; dazu näher unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (bb) (S. 45 f.). 28  Einen deutlichen Anstieg gerichtlich angeordneter Wechselmodelle stellten noch Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 328, 330, fest; dieser Trend scheint sich jedoch umgekehrt zu haben: Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 136: Nach 10 % in den Jahren 2009–2010 entschieden die Gerichte 2011–2012 nur noch in 3 % der strittigen Fälle zugunsten eines Wechselmodells. 29  McIntosh Family Court Review 2009, 389, 393; Gleiches für Belgien feststellend Sodermans/Matthijs/Swicegood Demographic Research 2013, Vol. 28, 821, 837 f: Zusammenhänge zwischen Wechselmodell und geringem Elternkonflikt sowie höherer Bildung schwinden auch dort seit der gesetzlichen Bevorzugung des Wechselmodells.

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walt und Missbrauch geprägten Familien zu30. Als Hintergründe31 hierfür angegeben wurde zum einen die Furcht vor einer Auferlegung der Kosten des Verfahrens im Falle einer vermeintlichen Falschaussage32 , wenn der Beweis für die häusliche Gewalt nicht geführt werden konnte. Problematisch war zum anderen die sogenannte „friendly-parenting“-Regelung33, wonach als „unfreundlicher Elternteil“ zu gelten riskierte, wer sich einem Wechselmodell gegenüber verschloss, berechtigte Gründe hierfür – etwa abermals häusliche Gewalt – jedoch nicht zu beweisen vermochte; um zu verhindern, aufgrund der gerichtlichen Entscheidung als „unfreundlicher Elternteil“ selbst den Kontakt zum Kind zu verlieren, ließen diese Elternteile den Kontakt des Kindes zum gewaltbereiten Elternteil entsprechend dessen Wunsch zu. Der australische Gesetzgeber sah sich daher 2011 zu einer Nachjustierung des Family Law Act34 gezwungen, hob die beiden vorstehend beschriebenen Regelungen auf35 und erklärte das Ziel einer bedeutungsvollen Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen ausdrücklich für nachrangig gegenüber dem Schutz des Kindes vor physischen oder psychischen Schäden resultierend aus Missbrauch, Vernachlässigung oder häuslicher Gewalt36. Neben diesen negativen Auswirkungen der Reformen von 2006 wird andererseits aber auch berichtet, dass eine vermehrte Praktizierung von Wechselmodellen kaum zu verzeichnen sei, was insbesondere auf die Limitierung dieses Modells durch die finanziellen Anforderungen und die diesen Effekt noch verstärkende Weltwirtschaftskrise zurückgeführt wird 37. Zusammen30  Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 55, 60; Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 146; Kostka Streit 2014, 147, 153. 31  Bagshaw et al. Family Matters 2011, No. 86, 49, 54, 55, 60. 32  Family Law Act 1975 Section 117AB (2) in der Fassung des Family Law Amendment (Shared Responsibility) Act 2006. 33  Family Law Act 1975 Section 60CC (3) (c) in der Fassung des Family Law Amendment (Shared Responsibility) Act 2006: „the willingness and ability of each of the child’s parents to facilitate, and encourage, a close and continuing relationship between the child and the other parent“. Zur Gefahr von „friendly-parent-provisions“ s. auch Pruett/DiFonzo Famil­y Court Review 2014, 152, 157. 34  Durch den Family Law Legislation Amendment (Family Violence and Other Measures) Act 2011, No. 189, 2011, abrufbar unter: https://www.legislation.gov.au/Details/C2011A00189 (letzter Zugriff am 6.12.2017). 35  Family Law Legislation Amendment (Family Violence and Other Measures) Act 2011, Schedule 1, Part 1, No. 18 (zu Section 60CC [3] [c]), No. 40 (zu Section 177AB). 36  Family Law Act 1975 Section 60CC (2A). 37  Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 140 f.; Bedenken hinsichtlich der Maßgeblichkeit von Rechtsmaßstäben für die Verteilung der tatsächlichen Betreuung des Kindes zwischen den Eltern äußerten unter Verweis auf die in diesem Bereich wirkenden Kräfte kultureller, ökonomischer und biologischer Art bereits die amerikanischen Wissenschaftler Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1, 8 f.

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fassend zeigen die australischen Erfahrungen, dass die gesetzliche Vorgabe einer Betreuung im Wechselmodell, die nicht für sämtliche Familien ohne Ansehung der tatsächlichen Gegebenheiten, insbesondere aber ohne Ansehung des individuellen Kindes optimal ist38, dieses entweder in Familien trägt, die ihm nicht gewachsen sind, oder dass sie wirkungslos bleibt, weil Kriterien wie finanzielle Leistungsfähigkeit und Wohnortnähe nicht erfüllt sind oder die Gerichte den Schutz des Kindes vor Konflikten der Eltern weiterhin über deren Interesse an einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben des Kindes stellen 39. Auch in den USA, der „Geburtsstätte“ des Wechselmodells40, scheint eine Tendenz zur Zurückhaltung sowohl im Bereich der Gesetzgebung als auch der Rechtsprechung erkennbar. Viele Gerichte verweigern „shared parenting“, wenn eine elterliche Kooperation und Kommunikation nicht zu erwarten sind41. Eine in Kalifornien zuvor geltende umfassende Vermutung zugunsten gemeinsamer elterlicher Verantwortung wurde auf Fälle elterlichen Konsenses diesbezüglich beschränkt42. Zum bevorzugten Mittel, das öffentliche Ziel von häufigem und fortdauerndem Kontakt des Kindes mit beiden Eltern zu erreichen, hat sich in den USA das Instrument des „parenting plan“, also eines Sorge- oder Betreuungsplans, entwickelt; zahlreiche US-Staaten setzen einen solchen mittlerweile gar voraus43. Im Übrigen scheint der Fokus auch des US-amerikanischen Gesetzgebers derzeit eher auf dem Schutz von Eltern und Kindern vor häuslicher Gewalt als auf weiteren Bemühungen zur Verbreitung von Wechselmodellarrangements zu liegen44. Schwedische Gerichte haben seit 1998 die Befugnis, ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils anzuordnen45. Hieran änderte sich zwar auch 38 

S. die Erkenntnisse aus der psychologischen und soziologischen Forschung unter §  4 A. II. 1. b) bb) (ab S. 26). 39  Dass die australischen Gerichte informiert sind über die Forschungslage zum Wechsel­ modell und vor deren Hintergrund Zurückhaltung bei seiner Anordnung üben, vermuten Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 141, 145. 40  S. bereits § 1 (S. 4). 41  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 156. 42  California Family Code Section 3080, in Kraft seit 1.1.1994: „There is a presumption, affecting the burden of proof, that joint custody is in the best interest of a minor child, subject to Section 3011, where the parents have agreed to joint custody or so agree in open court at a hearing for the purpose of determining the custody of the minor child.“; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1158 Fn.  11. 43  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 157 f. 44  Von einer solchen „Nachjustierung“ („readjustment“) auch außerhalb Australiens berichtend Smyth/Chisholm/Rodgers/Son Law and Contemporary Problems 2014, Vol. 77 (2), 109, 120 m. N. 45  Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 38.

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im Anschluss an eine vom „National Board of Health and Welfare“46 in Auftrag gegebene Studie zur Erforschung der Vor- und Nachteile eines Wechselarrangements und seiner Auswirkungen auf das Kind nichts, obwohl diese für gerichtlich angeordnete Wechselmodelle überwiegend negative Ergebnisse hervorbrachte47. Die schwedische Regierung hob jedoch in einem Gesetz­entwurf vom 16. März 200648 hervor, dass ein Wechselmodell besondere An­forderungen an die Eltern stelle, diese wegen der in besonderem Maße vorausgesetzten Flexibilität in der Handhabe des Arrangements insbesondere die Fähigkeit zur Zusammenarbeit aufweisen müssten. Eine für Großbritannien in Auftrag gegebene und 2012 veröffentlichte Studie49 sprach sich ebenfalls gegen eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Wechselmodells aus. Der Gesetzgeber ergänzte Section 1 des „Children Act 1989“ durch den „Children and Families Act 2014“50 gleichwohl um die Maßgabe an das Gericht, grundsätzlich – solange nicht das Gegenteil bewiesen sei – davon auszugehen, dass die Teilhabe des antragstellenden Elternteils am Leben des Kindes dem Kindeswohl dient51. Die kritische Einschätzung der vorgenannten Studie hat allerdings doch Niederschlag im Gesetz gefunden: Als Elternteil i. S. der Norm ist nämlich nur derjenige zu verstehen, der am Leben des Kindes teilhaben kann, ohne das Kind dem – bewiesenen52 – Risiko einer Schädigung 46 

Behörde unter dem Ministerium für Gesundheit und Soziales (s. http://www.social styrelsen.se/english [letzter Zugriff am 6.12.2017]). 47  Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 41: Elterliche Kooperation vor wie nach der gerichtlichen Entscheidung kaum vorhanden, Wechselmodelle nicht sehr beständig. 48  Regeringens proposition 2005/06:99 (Nya vårdnadsregler = Neue Regelungen über die Sorge), abrufbar unter: http://www.regeringen.se/49bb63/contentassets/ecdb9fdf7e8b4f 348fdd8d60efe22be8/nya-vardnadsregler-prop.-20050699 (letzter Zugriff am 6.12.2017), 52 f.; s. auch das „fact sheet“ in englischer Sprache unter http://www.government.se/49b75c/con tentassets/b6e6c6b9cf8844d8a5d3930926a3c7ad/new-rules-for-the-custody-of-children (letz­ ter Zugriff am 6.12.2017), 1 a. E.; krit. Singer Utrecht Law Review 2008, 35, 43, 45 f.: Anordnungsmöglichkeit „schwer zu verstehen, geschweige denn zu rechtfertigen“ (Übersetzung d. Verf.). 49  Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 342 ff.; sich aufgrund der australischen Forschungsergebnisse zuvor bereits gegen eine gesetzliche Vermutung aussprechend Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 495. 50  Chapter 6, Part 2, No. 11: Welfare of the child: parental involvement. Abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2014/6/pdfs/ukpga_20140006_en.pdf (letzter Zugriff am 6.12.2017), 11. 51  Section 1 subsection (2A): „A court […] is as respects each parent within subsection (6) (a) to presume, unless the contrary is shown, that involvement of that parent in the life of the child concerned will further the child’s welfare.“. 52  Section 1 subsection (6) (b): „[… a parent of the child concerned] is to be treated as being within paragraph [6](a) unless there is some evidence before the court in the particular

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auszusetzen53. Außerdem stellt das Gesetz ausdrücklich klar, dass mit „Teilhabe“ am Leben des Kindes (im Original: „involvement in the life of the child“) eine jede, sei sie direkter oder indirekter Natur, gemeint ist; die Regelung hat also insbesondere nicht spezielle Zeitaufteilungen im Blick54. Zur Unterstreichung dieses Ansinnens hebt die Gesetzesbegründung nochmals hervor, dass die Regelung nicht darauf zielt, nach einer Trennung eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes zu befördern55. Das Kindeswohl bleibt allesüberstrahlender Entscheidungsmaßstab56. Damit dürfte der Inhalt der Gesetzesänderungen denjenigen des §  1626 Abs.  3 BGB kaum übersteigen. Abzuwarten bleiben freilich, wie die australischen Erfahrungen zeigen, die Auswirkungen der Regelungen auf die Eltern und die Anwendung in der gerichtlichen Praxis. In den Niederlanden besteht die gemeinsame rechtliche Sorge der Eltern wie hierzulande auch nach deren Trennung fort und wird lediglich auf Antrag durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben57. Die 2009 angedachte gesetzliche Vorgabe einer paritätischen tatsächlichen gemeinsamen Sorge scheiterte nach langen Diskussionen im Parlament58. Die dargestellten Erfahrungen anderer Rechtsordnungen mit dem Wechselmodell zeigen somit zum einen, dass dringend Vorsicht vor einer übereilten Gesetzgebung geboten ist; es ist insbesondere der Gefahr zu begegnen, dass die Praktizierung von Wechselmodellen in Familien Einzug hält, die von Konflikten, vielleicht sogar Gewalt geprägt sind. Zum anderen geht es den Rechtsordnungen, die die Anordnung von „shared care“ oder „shared residence“ zulassen, die dort regelmäßig bereits ab einer Zeitverteilung von 30 zu 70 Prozent als solche bezeichnet werden, in erster Linie um die Aufrechterhaltung eines bedeutsamen Kontakts des Kindes zu beiden Elternteilen, nicht dagegen eine Aufproceedings to suggest that involvement of that parent in the child’s life would put the child at risk of suffering harm whatever the form of the involvement.“. 53  Section 1 subsection (6) (a): „[… a parent of the child concerned] is within this paragraph if that parent can be involved in the child’s life in a way that does not put the child at risk of suffering harm.“. 54  Section 1 subsection (2B): „In subsection (2A) ‚involvement’ means involvement of some kind, either direct or indirect, but not any particular division of a child’s time.“. 55  Explanatory Notes. Abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2014/6/pdfs/ ukpgaen_20140006_en.pdf (letzter Zugriff am 6.12.2017), No. 105, S.  21: „[…] it is not the purpose of this amendment to promote the equal division of a child’s time between separated parents.“. 56  Explanatory Notes, No. 108 f., S.  21; vor einer Abwendung des Gesetzgebers von diesem Grundsatz warnten eindringlich Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 345 f. 57  Art.  251 Abs.  2 , 251a Abs.  1 BW Buch 1. 58  Spruijt/Duindam Journal of Divorce and Remarriage 2009, 65, 66.

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enthaltsverteilung von möglichst 50 zu 50 Prozent. Einen solch bedeutsamen Kontakt lässt das Bürgerliche Gesetzbuch mit den §§  1684 Abs.  3 S.  1, 1697a hierzulande bereits zu und legt ihn Eltern wie Gericht mit §  1626 Abs.  3 S.  1 sogar nahe. 3. Ergebnis zum Wechselmodell als gesetzlichem Regelfall Selbst wenn Art.  6 Abs.  2 GG einer bindenden gesetzlichen Vermutung zugun­ sten des Wechselmodells nicht entgegenstünde, fehlen derzeit mit Blick auf die große Zahl potenzieller Störfaktoren schlicht ausreichende Erkenntnisse dar­ über, dass dieses in jeder denkbaren Situation, insbesondere unabhängig von einer Kooperationsfähigkeit und ‑bereitschaft der Eltern sowie deren Konfliktniveau oder gar im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt oder Kindesmisshandlung, und ohne Ansehung des individuellen Kindes59 erfolgreich praktiziert werden kann60. Auch die Wirkung gesetzlicher Vermutungen oder Leitbilder gilt es – insbesondere mit Blick auf die australischen Erfahrungen – zu hinterfragen und noch zu erforschen: Tragen sie tatsächlich dazu bei, dass beide Elternteile in dem Wohl des Kindes förderlicher Weise an dessen Pflege und Erziehung teilhaben, oder oktroyieren sie nicht vielmehr (zumindest einem Teil der) Eltern eine Betreuungsweise, die sie zum Nachteil des Kindes in Konflikte stürzt oder dort belässt? Während ein Wechselmodell also unbestritten im Einzelfall die beste Betreuungsform darstellen kann, fehlen empirische Belege, die einen gesetzlichen Vorrang dieses Betreuungsmodells gegenüber anderen zu rechtfertigen vermöchten61, im Gegenteil: Die Forschungsergebnisse lassen seit geraumer Zeit Smart Critical Social Policy 2004, 484, 499, 500: „risk of celebrating the universal principles of equality and justice to the detriment of the more relevant individualized principle of recognition“; s. auch Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 495; Fortin/ Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, xiii f., xvii, xix, 343 f.; OLG Köln FamRZ 2012, 1885 (4 UF 258/11, 1. LS). 60  Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 161 f., 164, 168 (Consensus Point 10); s. auch McIntosh Family Court Review 2009, 389, 397, die es ebenfalls für erforderlich hält, die ideologisch angetriebene Debatte mit wissenschaftlichen Erkenntnissen anzureichern; Smart Critical Social Policy 2004, 484, 485; schon früh mangels hinreichender Forschungsergebnisse gegen eine gesetzliche Vermutung Steinman U.C. Davis L. Rev. 1982–1983, 739, 758; Maccoby/Mnookin FamRZ 1995, 1, 11. 61  So das Fazit von Fehlberg/Smyth/Maclean/Roberts International Journal of Law, Policy and the Family 2011, 318, 332; auch die Studie von Fortin/Hunt/Scanlan, Taking a longer view of contact, 2012, 343, vermöge eine gesetzliche Vermutung zugunsten des Wechselmodells nach eigenen Angaben der Autorinnen nicht zu stützen; ein Wechselmodell ebenfalls als eines unter mehreren, nicht jedoch als „das Rezept“ für eine gelingende Nachtrennungssorge begreifend Cashmore/Parkinson/Weston et al., Shared Care Parenting Arrangements 59 

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konstant vermuten, dass das Wechselmodell gerade nicht im Regelfall dem Kindeswohl dient62. Es ist damit schon äußerst fraglich, was – abgesehen von Druck durch gewisse Interessengruppen sowie Vorstellungen von Gerechtigkeit im Verhältnis der Elternteile63 – überhaupt zur Aufnahme einer solchen Vermutung ins Gesetz veranlassen sollte64.

II. Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells 1. Regelungslücke Vielfach wird die Anordnungsmöglichkeit eines Wechselmodells mit dem Hinweis auf das Fehlen einer Rechtsgrundlage verneint65. Entsprechend steht die Schaffung einer solchen zur Diskussion66. Es müsse dem Gericht von Verfassungs und Europäischer Menschenrechtskonvention wegen möglich sein, für den Fall, dass das Wechselmodell (offenkundig) die für das Kind beste Betreuungsform darstellt, dieses auch anzuordnen; die Verfassung gebiete dem Gesetzgeber, Regelungen vorzusehen, um zu der dem Kindeswohl zuträglichsten Betreuungsform zu gelangen67. Während since the 2006 Family Law Reforms, 2010, 137 a. E., 146; ebenso Trinder Child and Family Law Quarterly 2010, 475, 495; Fichtner/Salzgeber FPR 2006, 278, 284; Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2024 a. E.; ders./Bublath NZFam 2016, 837, 841; Kostka, in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 166, 188. 62  Kostka Streit 2014, 147, 148. 63  Löhnig FF 2017, 429, 430; Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 159 a. E.; Kostka Streit 2014, 147 f.; Wacker ZKJ 2012, 368. 64  Gleichfalls Kostka Streit 2014, 147, 149: „Forderung nach einem Wechselmodell als ‚Leitmodell‘ […] nicht nachvollziehbar“; dies., in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 166: „muss vor einer Einführung des Wechselmodells als Regelfall weiterhin deutlich gewarnt werden“; auch Kindler/Walper NZFam 2016, 820, 823, halten es für sinnvoller, auf einen „Appell- oder Grundsatz zu Gunsten des Wechselmodells“ zu verzichten, die Eltern vielmehr „ergebnis­ offen darin zu unterstützen, die für sie am besten passende Regelung zu finden“. 65  S. oben unter §  5 A. (S. 187) m. Fn.  2. 66  Antrag zum Bundesparteitag der SPD 2015 (https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Bundesparteitag_2015/20151113_antragsbuch_parteitag-data.pdf [letzter Zugriff am 6.12.2017]), I 89, S.  419; Petition 54103 v. 14.8.2014 an den Deutschen Bundestag (https:// epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2014/_08/_14/Petition_54103.nc.html [letzter Zugriff am 6.12.2017]); Petition 6933 v. 27.8.2009 an den Deutschen Bundestag (https://epetitionen. bundestag.de/petitionen/_2009/_08/_27/Petition_6933.html [letzter Zugriff am 6.12.2017]); Palandt/Götz, 76.  Aufl. 2017, §  1687 Rn.  2 weist zu Recht darauf hin, dass es zur Schaffung einer Rechtsgrundlage zunächst valider Daten zur Kindeswohldienlichkeit des Wechsel­ modells auch bei Elternkonflikt bedürfte. 67  Rixe, in: ISUV-Schriftenreihe, Bd. 7, 2013, 71, 75; Sünderhauf/Rixe FamRB 2014, 469, 470 f.

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der ersten Aussage entschieden entgegenzutreten ist, kann letzterer nur beigepflichtet werden; das deutsche Kindschaftsrecht sieht ebensolche Regelungen jedoch bereits vor. Das Bürgerliche Gesetzbuch legt die Bestimmung des Kindesaufenthalts und damit des Betreuungsmodells – unter Achtung des verfassungsrechtlichen Elternvorrangs – mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht in die Hände der Eltern (§  1631 Abs.  1 BGB). Dabei gewährt es diesen zum einen weitreichende Freiheit: Ob sie sich für ein Residenz-, Wechsel-, Nestmodell oder eine Zwischenform entscheiden, ist ihnen überlassen. Zum anderen weist es beiden Eltern­ teilen grundsätzlich die gleichen Rechtspositionen zu; keiner von ihnen hat mithin einen Vorsprung in der rechtlichen Verantwortung für das Kind. Von daher sind die Erwägungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 21.7.201068 über den Zugang von nicht miteinander verheirateten Eltern zur gemeinsamen Sorge anstellte und mit denen die Verfassungswidrigkeit von §§  1626a und 1672 BGB a. F. begründet wurde, keineswegs übertragbar69. War der Vater nach diesen Vorschriften bei Nichtvorliegen einer mütterlichen Zustimmung von der rechtlichen Sorgetragung ausgeschlossen, so geht es an dieser Stelle um die gemeinsame tatsächliche Sorgeausübung bei bestehender gemeinsamer rechtlicher Sorge. Die sorge- und umgangsrechtlichen Vorschriften setzen bei gemeinsamer Sorge nicht von vornherein einen Elternteil gegenüber dem anderen zurück und benachteiligen auch nicht gezielt den Vater im Verhältnis zur Mutter; ein Verstoß gegen Art.  6 Abs.  2 und Art.  3 Abs.  2 GG liegen somit nicht vor70. Resultat gerade dieser rechtlichen Gleichstellung von Mutter und Vater ist dann aber das Einigungserfordernis über die tatsächliche Sorge gemäß §  1627 BGB und können wiederum aus diesem folgende Konflikte – etwa betreffend das Betreuungsmodell – sein. Diesen begegnet das Bürgerliche Gesetzbuch – ebenfalls verfassungskonform – jedoch in erster Linie durch Konfliktlösungsregeln, nicht durch eine gerichtliche Entscheidung in der Sache. So lassen §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 und 1684 Abs.  3 S.  1 BGB im Falle eines elterlichen Streits über die Betreuung des Kindes die gerichtliche Vermittlung zwischen den elterlichen Rechtspositionen zu, ohne damit die Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes abschließend dem Gericht zu überantworten. Genügt diese Form gerichtlicher Intervention nicht, weil keiner der Elternteile zu einer kindeswohlgerechten Festlegung des 68 

FamRZ 2010, 1403. So aber Rixe, in: ISUV-Schriftenreihe, Bd. 7, 2013, 71, 77; Sünderhauf/Rixe FamRB 2014, 469, 471. 70  BVerfG FamRZ 2015, 1585, 1586 Rn.  10 ff. (zu Art.  6 Abs.  2 GG) und Rn.  17 (zu Art.  3 Abs.  2 GG); anders noch Rixe, in: ISUV-Schriftenreihe, Bd. 7, 2013, 71, 75 f.; Sünderhauf/ Rixe FamRB 2014, 469, 470. 69 

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Aufenthalts in der Lage ist, so ist der Staat als sekundärer Erziehungsträger aufgrund seines Wächteramts zu einer Sachentscheidung berufen; hier stehen ihm, namentlich dem Gericht, über §  1666 Abs.  1 BGB alle erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung. In sämtlichen Fällen ist das Kindeswohl alles überstrahlendes Entscheidungskriterium (§  1697a BGB). Eine gesetzliche Regelungslücke, die der Ausfüllung bedürfte, besteht somit nicht: Es ist nicht nur den gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, sondern auch dem Gericht in Anwendung der genannten sorge- und umgangsrechtlichen Regelungen bereits de lege lata möglich, zu der dem Kindeswohl zuträglichsten Betreuungsform zu gelangen – stets vorausgesetzt, dass es hierzu berufen ist. Eine Regelungslücke kann demzufolge nur insofern konstatiert werden, als eine abschließende gerichtliche Befugnis zur unmittelbaren Regelung des Kindesaufenthalts unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung nicht besteht. Diese Regelungslücke ist von Verfassungs wegen jedoch nicht zu schließen, sondern aufrechtzuerhalten. Das Grundgesetz verlangt eben nicht, dass der Staat die für das Kind beste Betreuungsform ermittelt und gegen (insoweit) erziehungsgeeignete Eltern durchsetzt, sondern nimmt – gerade umgekehrt – eine an objektiven Kriterien gemessene weniger kindeswohldienliche Betreuungsform und daraus etwaig resultierende Nachteile für das Kind in Kauf, solange diese Nachteile nicht zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen. Eltern und Staat konkurrieren in der Pflege und Erziehung eines Kindes nicht miteinander; solange mindestens ein Elternteil zu einer kindeswohlgerechten Entscheidung in der Lage ist, ist der Staat in derselben Frage nicht zur Entscheidung berufen. Wird dies nicht (mehr) für sachgerecht gehalten, so bedarf es nicht der Ergänzung des einfachen71, sondern der Änderung des Verfassungsrechts72. 2. Verortung und Ausgestaltung einer fakultativen Spezialvorschrift zur Anordnung eines Wechsel- bzw. Betreuungsmodells Kann somit eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke im Gesetz nicht festgestellt werden, wird aber zur Klarstellung der Handlungsfähigkeit der Gerichte gleichwohl die Schaffung einer speziellen Eingriffsgrundlage in die Elternautonomie erwogen, so stehen die systematische Verortung sowie die Ausgestaltung einer solchen Norm in Frage. 71 

Gleichfalls gegen die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Wechselmodells ohne entsprechenden Elternkonsens Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1167; Finke NZFam 2014, 865, 870; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 104 f., 106, 112 f. 72  Dass dies nicht als Ruf nach dem Verfassungsgeber misszuverstehen ist, wird deutlich bei der Lektüre der Ausführungen unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) b. (S. 208 f.).

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a) Verortung in §  1671 BGB oder §  1628 BGB Abzulehnen ist vor soeben dargestelltem Hintergrund die Verortung einer Anordnungsbefugnis in §  1671 BGB. Eine solche wird insbesondere von Sünderhauf73 vorgeschlagen. Durch Einfügung eines Absatzes 2a solle „das Gericht, wenn die Eltern keine einvernehmliche Betreuungsregelung vorlegen, den alternierenden Aufenthalt des Kindes bei seinen Eltern (Wechselmodell) anordnen“ können (Satz  1)74. Konkreter solle es gar die Aufgabe des Gerichts sein, einen Betreuungsplan festzulegen, „der den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes und seiner Eltern am besten entspricht“ (Satz  2)75. Unter Wechselmodell ist möglichst eine Aufenthaltsverteilung zwischen den Eltern von 50 zu 50 Prozent zu verstehen (Satz  3 HS 1)76. Einzige Eingriffsvoraussetzung in die Elternautonomie wäre damit das Nichtvorhandensein eines elterlichen Einvernehmens hinsichtlich des Aufenthalts des Kindes. Sodann erhielte das Gericht eine umfassende Befugnis zur Gestaltung der elterlichen „Betreuung“77 des Kindes. Damit würde die im Gesetz vorhandene Trennung von Eingriffsgrundlagen, die zur Vermittlung zwischen den Elternrechten dienen – insbesondere §§  1628, 1671 Abs.  1 BGB –‍, und solchen, die das Gericht zu einem Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht mittels eigener Sachentscheidung berechtigen – insbesondere §§  1666 ff. BGB –‍, aufgegeben. Die unterschiedlichen Regelungsgegenstände – Zurücksetzung des einen Elternrechts zugunsten des anderen bzw. Zurücksetzung beider Elternrechte zugunsten des staatlichen Wächteramts – sind aber an gänzlich verschiedene Eingriffsmaßstäbe geknüpft: In Abhängigkeit von der Eingriffsintensität, die ungleich höher ist, wenn das Gericht die Entscheidung nicht einem Elternteil allein zuweist, sondern diese unmittelbar selbst trifft, setzt letztere Entscheidung das Erreichen der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung als Ausdruck der elterlichen Disqualifikation voraus. Stattdessen den Maßstab des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB oder gar keine Eingriffsvoraussetzungen78 vorzusehen, verstieße gegen den Elternprimat aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und wäre verfassungswidrig. Wechselmodell, 2013, 492 ff.; dies./Rixe FamRB 2014, 469, 471 ff. Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 493. 75  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 493. 76  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 493. 77  Das Kindschaftsrecht verwendet diesen Begriff nur einmal, und zwar in §  1688 Abs.  2 BGB im Zusammenhang mit dem Achten Buch Sozialgesetzbuch. Ansonsten spricht das BGB von elterlicher Sorge als der Pflicht und dem Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen (§  1631 Abs.  1 BGB). Zu Bestrebungen, von den Begriffen Sorge und Umgang wegzukommen und diese in einer „Betreuung“ oder „Elternverantwortung“ zu vereinen, unter §  8 A. III. (ab S. 299). 78  S.  1 der von Sünderhauf vorgeschlagenen Regelung (S.  493) enthält keinen Eingriffs73  74 

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Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

Darüber hinaus wäre die systematische Verortung verfehlt. Ihr liegt die Fehlvorstellung zugrunde, das Familiengericht könne über §  1671 Abs.  1 BGB unmittelbar79 ein Residenzmodell begründen80. Regelungsgegenstand des §  1671 Abs.  1 BGB ist jedoch allein die Zuweisung von Rechtspositionen, nicht hingegen deren Ausübung81. Zu einer gerichtlichen Sachentscheidung berechtigt die Vorschrift also nicht, und dies kann sie de constitutione lata mit ihrem niedrigen Eingriffsmaßstab auch gar nicht. Die unmittelbare Festlegung des konkreten Kindesaufenthalts in Form eines Wechsel- oder Residenzmodells ist daher ebenso wenig Regelungszweck von §  1671 BGB wie etwa die Bestimmung eines Ausbildungsweges oder einer medizinischen Behandlung des Kindes. Es geht einzig und allein um die Zuweisung der Alleinentscheidungsbefugnis im gesamten oder in einem abgrenzbaren Verantwortungsbereich der elterlichen Sorge an einen Elternteil unter Verdrängung des anderen. An dieser Stelle eine konkrete Sachentscheidungskompetenz des Gerichts zu implementieren, mag sie auch mit dem korrekten Eingriffsmaßstab (§  1666 Abs.  1 BGB) versehen sein, könnte möglicherweise Verwirrung hinsichtlich des Regelungsmechanismus des §  1671 BGB insgesamt stiften. Da die von Sünderhauf in ihrem Gesetzesvorschlag begehrte Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht zusammenfassend weder rechtstechnisch mit dem Mechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB noch von Verfassungs wegen mit dessen Eingriffsmaßstab vereinbar ist, scheidet diese Norm als Umfeld für eine gerichtliche „Betreuungsregelung“ aus. Gleiches gilt für §  1628 BGB, der ebenfalls keine Sachentscheidung des Gerichts zulässt82. b) Verortung und Ausgestaltung in §  1631 BGB Hinsichtlich des sachlichen Zusammenhangs der Aufenthaltsbestimmung liegt für die Verortung einer Rechtsgrundlage §  1631 BGB näher, der in Abs.  1 das Recht, den Aufenthalt zu bestimmen, als Bestandteil und damit Inhalt der Personensorge ausweist. Zwar enthält §  1631 BGB bislang keine Eingriffsgrundlamaßstab; es würde damit derjenige des §  1697a BGB Anwendung finden („dem Wohl des Kindes am besten entspricht“). Der in S.  2 vorgesehene Maßstab (Betreuungsplan, „der den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes und seiner Eltern am besten entspricht“) bezieht sich auf die Ausgestaltung des „Betreuungsplans“, mithin auf das „Wie“ und nicht das „Ob“ einer Regelung. 79  Dass die gerichtliche Entscheidung mittelbar freilich sehr wohl Einfluss auf elterliche Entscheidungen zu nehmen vermag, wurde unter §  5 A. I. 2. a) aa) (ab S. 220) dargestellt. 80  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 377. 81  S. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (ab S. 190). 82  S. unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (S. 86 f.).

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ge des Familiengerichts in das den Eltern zugewiesene Aufenthaltsbestimmungsrecht; das Gericht hat gemäß Abs.  3 bloß die Aufgabe, die Eltern in geeigneten Fällen auf Antrag bei der Ausübung der Personensorge zu unterstützen. Die gerichtliche Entscheidung über den konkreten Kindesaufenthalt ließe sich aber als Folge des elterlichen Überschreitens einer „Grenze der Personensorge“ – dies wäre das Unvermögen, den Aufenthalt in nicht kindeswohlgefährdender Weise zu bestimmen – unter die Überschrift des §  1631 BGB subsumieren. Auch in den auf §  1631 BGB folgenden Vorschriften, die den Inhalt der Personensorge weiter spezifizieren, weist das Bürgerliche Gesetzbuch dem Familiengericht Entscheidungsbefugnisse zu: Zu nennen ist etwa das Genehmigungserfordernis des §  1631b Abs. 1 BGB im Falle einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung, das letztlich ebenfalls einen speziellen Eingriff in die Eltern­autonomie zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung enthält83; gemäß §  1632 Abs.  3 BGB entscheidet das Familiengericht über Streitigkeiten betreffend die Herausgabe des Kindes oder die Umgangsbestimmung. Da die in Rede stehende Rechtsgrundlage das Gericht ermächtigen soll, unter Verdrängung des elterlichen Entscheidungsrechts den konkreten Kindesauf­ enthalt abschließend festzulegen, ist die gerichtliche Entscheidung vom Überschreiten der allgemeinen Kindesschutzgrenze abhängig zu machen. Vorauszusetzen ist also eine Kindeswohlgefährdung i. S. des §  1666 Abs.  1 BGB. Vorgeschlagen wird demzufolge die Einfügung eines Satzes 2 in Abs.  3 mit folgendem Wortlaut: „Können sich die Eltern über den Aufenthalt des Kindes nicht einigen und wird hierdurch das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet, so trifft das Familiengericht diejenige Entscheidung, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht, sofern diese Entscheidung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist.“. Als allgemeine Grenze der Aufenthaltsbestimmung enthält der Vorschlag keine Begrenzung auf Fälle elterlichen Getrenntlebens i. S. des §  1671 BGB. Auch stünde dem Gericht jede Aufenthaltsbestimmung losgelöst von Aufenthaltsmodellen offen; ein Grund, speziell die Anordnung eines Wechselmodells zu regeln, hinsichtlich der Anordnung eines Residenz- oder eines anderen Modells jedoch zu schweigen, ist nicht ersichtlich. Der Eingriffsmaßstab für das „Ob“ der Maßnahme ist derjenige des §  1666 Abs.  1 BGB, namentlich die Kindeswohlgefährdung. Der letzte Halbsatz bringt die Subsidiarität der Eingriffs83 

BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1631b Rn.  6.

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grundlage insbesondere gegenüber einer Anwendung des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB zum Ausdruck: Ist mindestens ein Antrag nach dieser Vorschrift gestellt und würde die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den Antragsteller den elterlichen Streit beenden und die Kindeswohlgefahr abwenden, so wäre diese Entscheidung gegenüber einer eigenen Sachentscheidung des Gerichts vorrangig. Gleiches muss aber auch für den Fall gelten, dass kein Antrag nach §  1671 BGB gestellt ist: Die Zuweisung der Alleinentscheidungsbefugnis an einen Elternteil geht vor, sofern das Gericht davon ausgehen darf, dass der begünstigte Elternteil durch Ausübung seiner Rechtsposition die Kindeswohlgefährdung beenden wird. Der Maßstab hinsichtlich des gerichtlichen Auswahlermessens, also hinsichtlich des „Wie“, ist derjenige des §  1697a BGB84; die Verteilung des Aufenthalts ist also am Kindeswohl auszurichten. c) Verortung und Ausgestaltung in §  1666 BGB Für eine Verortung ebenfalls geeignet ist die „Zentralvorschrift des zivilrechtlichen Kindesschutzes“85, §  1666 BGB. Die Bestimmung des Kindesaufenthalts könnte als spezielle gerichtliche Maßnahme in den Katalog von Abs.  3 aufgenommen werden. Unter Verschiebung der derzeitigen Nr.  6 (teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge) um eine Stelle nach hinten könnte Nr.  6 n. F. wie folgt lauten: „die Bestimmung des Aufenthalts des Kindes,“. Der Eingriffsmaßstab würde sich aus §  1666 Abs.  1 BGB ergeben, der Maßstab für die konkrete Verteilung des Aufenthalts zwischen den Eltern aus §  1697a BGB, der stets gilt, sofern ein spezieller Maßstab nicht vorgesehen ist. Durch die Verortung in §  1666 BGB würde besonders deutlich, dass es sich um eine kindesschutzrechtliche Maßnahme handelt und die Bestimmung des Kindes­ aufenthalts im Übrigen, wie §  1631 Abs.  1 BGB zeigt, allein im Verantwortungsbereich der Eltern liegt. Unberührt blieben §  1671 Abs.  1 BGB, also die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil allein, sowie §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB zur Entscheidung über den Aufenthalt des Kindes im Rahmen von Umgang.

84  Dieser Passus ließe sich also streichen, da der allgemeine Entscheidungsmaßstab des §  1697a BGB ohnehin zu berücksichtigen ist, wenn für eine gerichtliche Entscheidung kein spezieller Entscheidungsmaßstab vorgesehen ist; zur Unterscheidung zwischen Entscheidungsmaßstab und Eingriffslegitimation s. BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1697a Rn.  1. 85  Staudinger/Coester §  1666 Rn.  1.

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Durch diese Regelung würde sich am Rechtszustand nichts ändern. Sie würde jedoch den Streit um die Anordnungsmöglichkeit eines Wechselmodells entscheiden und hätte damit eine wertvolle deklaratorische Wirkung. d) Verortung in §  1684 BGB Da es sich bei einer gerichtlichen Aufenthaltsbestimmung von (annähernd) 50 zu 50 Prozent bei beiden Elternteilen nicht um eine Umgangsregelung handelt, vielmehr im Ergebnis das Aufenthaltsbestimmungsrecht entleert wird86, scheidet eine Verortung in §  1684 Abs.  3 BGB nach hier vertretener Ansicht aus. Mag es de lege lata unter Korrektur des Eingriffsmaßstabs auch ausnahmsweise als vertretbar erscheinen, durch eine Regelung von „Umgang“ zu einem Wechselmodell zu gelangen87, so sollte §  1684 BGB de lege ferenda wieder auf seinen ursprünglichen Sinngehalt zurückgeführt werden. 3. Ergebnis zur Schaffung einer Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Anordnung eines Wechselmodells Zwar existiert eine spezielle Rechtsgrundlage zur Anordnung eines Wechselmodells nicht. Ein solches lässt sich jedoch bereits de lege lata in Anwendung der Instrumente des Sorge- und Umgangsrechts auch gerichtlich begründen. Soll gleichwohl eine Spezialvorschrift geschaffen werden, so wird eine modellneutrale Regelung in §  1631 BGB oder §  1666 BGB vorgeschlagen, wobei letztere vorzugswürdig ist. Eingriffslegitimation gibt stets nur die Kindeswohl­ gefährdung, der Entscheidungsmaßstab hinsichtlich des Auswahlermessens ergibt sich aus §  1697a BGB.

III. Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang Teilweise wird das gesamte Kindschaftsrecht mit seiner Differenzierung zwischen Regeln zur elterlichen Sorge einerseits und zum Umgang andererseits als zu unflexibel empfunden, um der modernen Vielfalt tatsächlicher Betreuungsweisen noch gerecht werden zu können; ins Spiel gebracht wird folglich die Überführung des überkommenen Systems in „allgemeine Regelungen zur gerichtlichen Gestaltung der Betreuung (das heißt auf der Ebene der Ausübung der elterlichen Sorge)“88. Hinter diesem Vorschlag verbirgt sich die Intention, den Regelungsmechanismus des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB – denn nur der befähigt das 86 

Dazu unter §  5 A. II. 2. b) bb) (1) (ab S. 249). S. unter §  5 A. II. 3. b) (S. 258). 88  Hammer FamRZ 2014, 1002, 1003; sehr deutlich auch ders. FamRZ 2015, 1433, 1444: „Gerichtliche Regelungen sollten […] lediglich auf der Ebene der Ausübung der elterlichen 87 

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Gericht zu einem Durchgriff auf die Ausübungsebene der Sorge89 – auch auf andere gerichtliche Entscheidungen über die Elternverantwortung, jedenfalls aber auf die Frage der Aufenthaltsbestimmung, zu übertragen. Zweck ist es also, „unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung […] eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Anordnung eines Wechselmodells“90 zu schaffen. Hierdurch soll die vermeintliche Schwierigkeit, das Wechselmodell mit den Instrumenten des Sorge- und Umgangsrechts zu handhaben, überwunden werden und sich die – zugegeben: nicht einfache – Grenzziehung91 zwischen noch zulässiger staatlicher Regelung von Umgang und schon unzulässiger gerichtlicher Ausübung von Sorgebefugnissen anstelle der Eltern erübrigen. Sollen die Materien von Sorge und Umgang miteinander verschmolzen werden, so erhebt sich in erster Linie die Frage, wie die Mechanismen der derzeitigen Eingriffsgrundlagen fortzuschreiben sind. Bevor darauf eingegangen wird, warum sich die Regelungsbefugnis des Gerichts aus §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB nicht so einfach ausdehnen lässt, sollen dessen Mechanismus und sein besonderer Charakter im Kindschaftsrecht in Abgrenzung zu den sorgerechtlichen Eingriffsgrundlagen noch einmal in Erinnerung gerufen werden. 1. Ausnahmecharakter von §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB im kindschaftsrechtlichen Normengefüge Bislang bildet die Entscheidungsmacht, die §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB dem Gericht verleiht, eine Ausnahme im kindschaftsrechtlichen Normengefüge: Im Unterschied zu einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB oder §  1628 BGB beschränkt sich die zwischen den elterlichen Rechtspositionen vermittelnde Regelungsbefugnis des Gerichts nicht auf die Ebene der Inhaberschaft an dem Recht; das Gericht kann im Rahmen der Umgangsbestimmung vielmehr den Ort des Umgangs und damit den Aufenthalt des Kindes unmittelbar selbst bestimmen. Was sollte den Gesetzgeber nun daran hindern, diese Ausnahme bei einer Neuregelung des Kindschaftsrechts anders auszugestalten, mithin weiter zu ziehen und die Regelung der elterlichen Betreuungsleistungen im (einfachen) Konfliktfall in die Hände des Gerichts zu legen? Die Antwort auf diese Frage lässt sich nicht mehr auf der Ebene des einfachen Rechts suchen, denn dieses steht ja gerade zur Disposition. Es gilt somit, die Regelungsmechanismen, die bislang die §§  1671 Abs.  1, 1628 BGB einerseits und §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB andererSorge erfolgen“; s. auch Stellungnahme des DFGT zum Wechselmodell FF 2017, 182, 183 f. = FamRZ 2017, 584, 585. 89  Hierzu unter §  5 A. II. 1. (ab S. 242). 90  Dies gelte es laut Hammer FamRZ 2014, 1002, 1003, jedenfalls zu problematisieren. 91  Zu dieser unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256).

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seits auszeichnen, nochmals92 aus dem Blickwinkel des Verfassungsrechts zu beleuchten und von dieser Ebene ausgehend die Sinnhaftigkeit eines neuen einfachgesetzlichen Systems zu bewerten. Die Regelungen sowohl der §§  1671 Abs.  1, 1628 BGB als auch des §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB sind einfachgesetzliche Ausprägungen des staatlichen Schlichteramts93. Dies wird im Bereich der elterlichen Sorge besonders deutlich: Mit der Entziehung der einfachgesetzlichen Rechtsposition (Aufenthaltsbestimmungsrecht) bei einem Elternteil wird diesem eine Befugnis zur Ausübung seiner Elternverantwortung genommen, während spiegelbildlich die Befugnis des anderen, nunmehr alleinentscheidungsberechtigten Elternteils gestärkt aus der Entscheidung hervorgeht. Auch durch die Regelung von Umgang und damit einhergehend konkretem Kindesaufenthalt bringt das Gericht ein Elternrecht, das andernfalls zu verkümmern drohte, wäre Kind und betroffenem Elternteil die Aufrechterhaltung eines angemessenen Kontakts und der zwischen ihnen gewachsenen Beziehungen durch Rechtsausübung des anderen Elternteils verwehrt, stärker zur Geltung, indem es das andere verkürzt. So stellt sich die gerichtliche Entscheidung, obwohl sie eine solche in der Sache ist, als geringstmöglicher Eingriff in die Elternverantwortung beider Elternteile dar: Das Gericht löst durch lediglich schlichtenden Akt eine Kollision der Elternrechte, ohne sich unter Verdrängung beider an deren Stelle zu setzen und selbst als Träger von Erziehung zu gerieren. Art.  6 Abs.  2 GG gestattet damit auch unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung ausnahmsweise eine gerichtliche Sachentscheidung, wenn diese erforderlich ist zu verhindern, dass das Elternrecht eines Elternteils in Kollision mit demjenigen des anderen als bloße Rechtsposition ohne Ausübungsmöglichkeit – gleichsam als leere Hülse – verkümmert. De lege lata dient hierzu das einfachgesetzliche Umgangsrecht. 2. Übertragung auf ein neues einfachgesetzliches System elterlicher Verantwortung Geht das Umgangsrecht de lege ferenda gemeinsam mit der elterlichen Sorge in einer elterlichen „Betreuung“94, „Pflege und Erziehung“ oder „Elternverantwortung“95 auf und soll diese Rechtsmasse die gerichtliche Befugnis zur Anord92 

S. ausf. unter §  5 A. II. 2. b) aa) und bb) (ab S. 246). Zu diesem ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) (ab S. 200). 94  Gegen diesen Begriff lässt sich bereits die Verwechselungsgefahr mit dem Institut der „Rechtlichen Betreuung“ (§§  1896 ff. BGB) anführen. 95  Hiergegen spricht sich die Gesetzesbegründung zum KindRG (BT-Drucks. 13/4899, 58) aus, weil auch im Falle der Alleinzuweisung von elterlicher Sorge der andere Elternteil nicht völlig aus seiner Verantwortung entlassen werde (z. B. hinsichtlich seiner Unterhaltspflicht). 93 

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nung eines Wechselmodells unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung bereithalten, so müsste diese gerichtliche Aufenthaltsbestimmung auf verfassungsrechtlicher Ebene96 ebenfalls nicht Sachentscheidung, sondern Vermittlung zwischen den Elternrechten sein. Dies setzt, wie soeben festgestellt, allerdings voraus, dass das Elternrecht ausgehöhlt würde, könnte sein Träger nicht in tatsächlicher Hinsicht in gleichem Umfang an der Betreuung des Kindes teilhaben wie der andere Elternteil. Nur dann wäre das Gericht von Verfassungs wegen berechtigt und verpflichtet, zur Durchsetzung dieses Interesses das Elternrecht des anderen mittels Sachentscheidung zu verkürzen. Unterstellt, die rechtliche Verantwortung eines nicht hauptsächlich betreuenden Elternteils für die Pflege und Erziehung seines Kindes würde – wovon ausgegangen werden darf – de lege ferenda nicht geringer ausfallen als derzeit bei gemeinsamer Nachtrennungssorge, so kann von einer Aushöhlung keineswegs die Rede sein. Es bliebe in jedem Fall die Mitentscheidung in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (s. §  1687 Abs.  1 S.  1 BGB), sowie die Alleinentscheidung in Ange­ legenheiten der tatsächlichen Betreuung während des Kontakts mit dem Kind (s. §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB). Die Möglichkeit einer Betreuungsregelung entsprechend einer derzeitigen Umgangsregelung würde ebenfalls fortbestehen, weil dies von Verfassungs wegen geboten ist. Dagegen erfordern Art.  6 Abs.  2 GG und die „Einbeziehung aller leiblichen Eltern in [dessen] Schutzbereich“ nicht, „daß allen leiblichen Müttern und Vätern die gleichen Rechte im Verhältnis zu ihrem Kind eingeräumt werden müssen“97. „Weil die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung nach einer Trennung eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen erfordert“, so das Bundesverfassungsgericht weiter, „obliegt es dem Gesetzgeber, den einzelnen Elternteilen bestimmte Rechte und Pflichten zuzuordnen, wenn die Voraussetzungen für eine gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung fehlen“98. Das Elternrecht, das nicht den Eltern­ interessen zu dienen bestimmt ist, sondern einzig und allein „zum Nutzen und zum Schutze des Kindes“99 besteht, verlangt somit im Konfliktfall keine Gleichstellung der Eltern in der rechtlichen Verantwortung für ihr Kind; dies muss erst 96 

Einfachrechtlich wird es sich immer um eine Sachentscheidung handeln, da neben der gerichtlichen Entscheidung keine elterliche mehr Platz hat, ja gerade nicht haben soll. 97  BVerfGE 92, 158, 178 = FamRZ 1995, 789, 792; E 107, 150, 169 = FamRZ 2003, 285, 287; FamRZ 2015, 1585, 1586. 98  FamRZ 2015, 1585, 1586; s. auch BVerfGE 92, 158, 178 f. = FamRZ 1995, 789, 792; E 107, 150, 169 = FamRZ 2003, 285, 287. 99  Ossenbühl DÖV 1977, 801, 806; zur elterlichen Gewalt als „ein dem Interesse des Kindes dienendes Schutzverhältnis“ BGH FamRZ 1976, 446, 447.

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recht für die Verantwortung in tatsächlicher Hinsicht gelten. Folglich droht umgekehrt nicht dadurch eine Aushöhlung des Elternrechts, dass sein Träger nicht eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben des Kindes erzwingen kann, solange er nur in einem Mindestmaß sowohl in rechtlicher als auch tatsächlicher Verantwortung für sein Kind bleibt. Die Veränderungen, die eine Verschmelzung von elterlicher Sorge und Umgangsrecht brächte, wären somit rein begrifflicher Natur. Eine gerichtliche Befugnis zur Regelung der elterlichen Betreuung in einem Wechsel-, Residenzoder sonstigen Betreuungsmodell ist von Verfassungs wegen an die Schwelle der Kindeswohlgefährdung geknüpft. Unterhalb dieser Schwelle lässt sich die Autonomie beider Elternteile oder eines Elternteils, die aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG und nicht dem einfachen Recht folgt, nicht dergestalt einschränken, dass neben der gerichtlichen Entscheidung keine von dieser nicht antizipierte elter­ liche Bestimmung von Aufenthalt oder Betreuungsleistungsverteilung mehr möglich wäre. Die besondere Regelungsmacht, die §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB dem Gericht de lege lata gewährt, lässt sich nicht beliebig ausweiten; mit den in der fachgerichtlichen Rechtsprechung als „erweiterter Umgang“ definierten Umgangsregelungen ist eine Grenze gefunden, die dem umgangsberechtigten Elternteil eine Teilhabe am Leben seines Kindes und damit eine Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlich garantierten Elternverantwortung ermöglicht, ohne die Aufenthaltsbestimmung abschließend der elterlichen Verantwortung zu entziehen und damit erheblich in die Elternverantwortung des anderen bzw. beider Elternteile einzugreifen100. 3. Ergebnis zur Aufgabe der Trennung zwischen Sorge und Umgang Zusammenfassend gilt damit: De constitutione lata liegt die Begründung eines Betreuungsmodells grundsätzlich in der alleinigen Verantwortung der Eltern oder eines Elternteils. Etwas anderes gilt lediglich, wenn kein Elternteil zu einer nicht kindeswohlgefährdenden Aufenthaltsbestimmung in der Lage ist. Änderungen des einfachen Rechts vermögen hieran nicht zu rütteln. Die Grenze des §  1666 Abs.  1 BGB ist keine wahllos einfachgesetzlich festgelegte, sondern Ausdruck der im Grundgesetz verankerten Kompetenzverteilung zwischen Eltern und Staat. Das teilweise begehrte Mehr an gerichtlicher Regelungsbefugnis – Sachentscheidung über den konkreten Kindesaufenthalt unterhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung – lässt sich folglich auch nicht durch eine radikale Änderung des einfachen Gesetzesrechts erreichen.

100 

So i.Erg. auch Johannsen/Henrich/Jaeger §  1684 Rn.  28a.

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IV. Öffnung des Wortlauts von §  1687 Abs.  1 BGB Ist der gesetzgeberische Handlungsbedarf im Bereich des Kindschaftsrechts somit bisher als gering zu bewerten, so erscheint doch eine Änderung des §  1687 Abs.  1 BGB angezeigt. Dieser lässt zwar auch eine Anwendung seiner Vorschriften auf ein Wechselmodell zu101 und erreicht eine gewisse Flexibilität ­seines Regelungsmodells aufgrund der gerichtlichen Regelungsbefugnis in Abs.  2102. Die Formulierung von Abs.  1 S.  2 („Der Elternteil, bei dem sich das Kind […] gewöhnlich aufhält“) und damit auch von S.  4 („dem anderen Elternteil“) erscheint jedoch zu sehr auf das Residenzmodell zugeschnitten, weshalb eine Klarstellung der Anwendbarkeit des Alltagssorgerechts auch auf ein Wechselmodell zu begrüßen wäre. Vorgeschlagen wird folgender Wortlaut: „§  1687 BGB Entscheidungsbefugnisse gemeinsam sorgeberechtigter Eltern bei Getrenntleben (1)  Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. (2)  1Hält sich das Kind mit Einwilligung des einen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung überwiegend bei dem anderen Elternteil auf, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (Alltagssorge). 2Ist ein überwiegender Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil nicht feststellbar, so hat jeder Elternteil, bei dem sich das Kind rechtmäßig aufhält, die Alltagssorge während des Aufenthalts allein inne. 3Entscheidungen der Alltagssorge sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes oder die Pflege und Erziehung durch den jeweils anderen Elternteil beeinträchtigenden Auswirkungen haben. (3)  Solange sich das Kind mit Einwilligung des zur Alltagssorge berechtigten Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. (4)  §  1629 Abs.  1 Satz  4 und §  1684 Abs.  2 Satz  1 gelten entsprechend.

101 

102 

S. unter §  4 A. III. 2. a) bb) (ab S. 93). Hierzu unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171).

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(5)  1Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Abs.  2 Satz  1 und 2 sowie nach Abs.  3 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. 2Einem Antrag, die Befugnisse nach Abs.  2 Satz  1 oder 2 sowie nach Abs.  3 einzuschränken oder auszuschließen, ist stattzugeben, soweit der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Einschränkung oder dem Ausschluss.“. Die Vorschrift erhält eine neue Struktur; die Absätze 1 bis 3‑E widmen sich je einer der (inhaltlich unverändert) abgestuften Entscheidungsbefugnisse. 1. Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist (Abs.  1‑E) Die Ausübung der gemeinsamen Sorge in gegenseitigem Einvernehmen gilt ohne Veränderung fort in und beschränkt sich ex lege auf Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist. 2. Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (Alltagssorge, Abs.  2‑E) In Angelegenheiten des täglichen Lebens ist die Entscheidungsbefugnis nunmehr eindeutig stets einem Elternteil allein zugewiesen (Abs.  2 S.  1 und 2‑E). Der Vorschlag erfasst sämtliche denkbaren Aufenthaltsverteilungen zwischen den Eltern und verzichtet daher auf Legaldefinitionen von Betreuungsmodellen. Abs.  2 S.  1‑E gilt für das Residenzmodell, Abs.  2 S.  2‑E für das (annähernd) paritätische Wechsel- oder Nestmodell sowie für Zwischenformen, bei denen eine überwiegende Betreuungsleistung eines Elternteils nicht feststellbar ist. Die Anknüpfung an den „gewöhnlichen“ Aufenthalt wird aufgegeben. Eine eindeutige Definition dieses Begriffs hat sich bisher nicht herausgebildet103. Sie soll jedoch nach den Vorstellungen des Gesetzgebers derjenigen der „Obhut“ entsprechen104. Diese erkennt der Bundesgerichtshof in seiner Wechselmodellrechtsprechung zu §  1629 Abs.  2 S.  2 BGB105 – für dessen Zweck sicherlich zutreffend, für die Verteilung von Sorgekompetenzen nach §  1687 Abs.  1 BGB aber zu starr und unflexibel – lediglich bei dem Elternteil, „bei dem der Schwer103 

Zu den Definitionsversuchen unter §  4 A. III. 2. a) bb) (1) (a) (ab S. 94). In der Gesetzesbegründung zum KindRG werden die Begriffe „gewöhnlicher Aufenthalt“ und „Obhut“ synonym verwendet: BT-Drucks. 13/4899, 1, 61. 105  FamRZ 2014, 917 f. Rn.  16; in seiner Entscheidung zum Umgangsrecht konnte der BGH auf seine Definition des Wechselmodells als „einer etwa hälftigen Aufteilung der Betreuung zwischen den Eltern“ Bezug nehmen, da der Vater ebendiese begehrte: FamRZ 2017, 532, 536 Rn.  2, 34. 104 

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punkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt“, wobei sich ein solcher Schwerpunkt dann nicht ermitteln lasse, „wenn die Eltern ihr Kind in der Weise betreuen, dass es in etwa gleich langen Phasen abwechselnd jeweils bei dem einen und dem anderen Elternteil lebt“. Dies sei wiederum schon dann nicht der Fall, „wenn bei [einem] Elternteil ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge für das Kind vorliegt“106. Bei einer Verteilung des Kindesaufenthalts von beispielsweise 45 zu 55 Prozent wäre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs also von einer Obhut bei dem zu 55 Prozent betreuenden Elternteil, folglich von einem gewöhnlichen Aufenthalt i. S. des §  1687 BGB bei diesem auszugehen mit der Folge, dass diesem allein die Alltagssorge zustünde, obwohl der andere Elternteil zu 45 Prozent und damit wesentlich zur Pflege und Erziehung des Kindes beiträgt. Zwar knüpft der Bundesgerichtshof seine Definition von Wechselmodell und Obhut ausdrücklich an den Normzweck des §  1629 Abs.  2 S.  2 BGB107, sodass sie einer weitergehenden Auslegung des Begriffs des gewöhn­lichen Aufenthalts in §  1687 Abs.  1 BGB nicht entgegenstehen dürfte. Aufgrund der Einheit der Rechtsordnung sollte de lege ferenda jedoch ein anderer Begriff gewählt werden, der eine flexiblere Handhabe der elterlichen Entscheidungsbefugnisse in Kindesangelegenheiten zulässt und dies auch zum Ausdruck bringt. Vorgeschlagen wird der Begriff des „überwiegenden Aufenthalts“. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt eine ähnliche Wendung in §  1786 Abs.  1 Nr.  1, wonach ein Elternteil, welcher zwei oder mehr Kinder überwiegend betreut, die Übernahme einer Vormundschaft ablehnen kann108. Ablehnungsberechtigt ist somit nur derjenige Elternteil, der das Kind nicht hauptsächlich der Betreuung des anderen überantwortet109. Zwar kann es sich in der Konstellation des §  1786 Abs.  1 Nr.  1 BGB ergeben, dass beide Elternteile das Kind überwiegend betreuen und deshalb eine Vormundschaft ablehnen dürfen, da die Auslegung des Begriffs in dieser Norm nicht an einen Vergleich mit dem Anteil an Betreuung durch den anderen Elternteil anknüpft, sondern an den Aufwand, der einem Elternteil durch die Betreuung entsteht110. Dass es in §  1687 BGB jedoch gerade um eine Relation der elterlichen Betreuungsleistungen geht, bringt die Norm klar zum Ausdruck. Die Grenze der überwiegenden Betreuung, bei deren Erreichen der betreuende Elternteil gänzlich allein zur Entscheidung der Alltags­angelegen­ 106 

BGH FamRZ 2014, 917, 918 Rn.  17. BGH FamRZ 2014, 917, 918 Rn.  17. 108  Eingefügt durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz – BtG) v. 12.9.1990, BGBl. I, 2002; zur Begründung s. BT-Drucks. 11/4528, 204: strikte Gleichbehandlung von Mann und Frau. 109  MüKoBGB/Spickhoff §  1786 Rn.  3. 110  BeckOGK BGB/Hoffmann (09.2017) §  1786 Rn.  7; MüKoBGB/Spickhoff §  1786 Rn.  3. 107 

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heiten berufen ist (§  1687 Abs.  2 S.  1-E), sollte der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien definieren. Vorgeschlagen wird eine Mindestbetreuungszeit von neun von 14 Tagen; übernimmt der andere Elternteil hingegen an mehr als fünf von 14 Tagen111 die Betreuung, so wäre ein überwiegender Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil nicht feststellbar112. Bei einem bloßen erweiterten Umgang, den ein Gericht nach §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1697a BGB anzuordnen berechtigt ist, bliebe es somit bei der Alleinentscheidungsbefugnis des umgangsberechtigten Elternteils lediglich in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung nach gewöhnlicher Auslegung (§  1687 Abs.  3‑E), während dem überwiegend betreuenden Elternteil die Alltagssorge allein zustünde (§  1687 Abs.  2 S.  1‑E). Kommt es hingegen zu einer elterlichen Einigung auf ein Wechselmodell oder – in seltenen Ausnahmefällen113 – zu einer gerichtlichen Anordnung eines solchen, so griffe die Regelung des §  1687 Abs.  2 S.  2‑E mit der Folge einer mit dem Kind wechselnden Alltagssorge. Hierdurch würde zum einen beiden Elternteilen, sofern sie tatsächlich nicht nur unerheblich zur Pflege und Erziehung ihres Kindes beitragen, die entsprechende Rechtsposition zugewiesen; zum anderen wäre sichergestellt, dass, sofern ein Schwerpunkt in der Betreuungsleistung (noch) festgestellt werden kann, auch nur dieser Elternteil einen Vorsprung in der Entscheidungsfindung hätte. Zur Vereinfachung des Wortlauts wird die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens zur „Alltagssorge“ zusammengefasst und als solche „legaldefiniert“; Abs.  2 S.  2 und 3‑E sowie Abs.  3‑E nehmen Bezug auf diese Legaldefinition. Gleichfalls zur Vereinfachung ist in Abs.  2 S.  2‑E der Aufenthalt, der wegen der Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung ein rechtmäßiger ist, lediglich mit letztgenanntem Attribut versehen. Die bisher in Abs.  1 S.  3 enthaltene Legaldefinition der Angelegenheiten des täglichen Lebens wird erweitert, um durch die eigene Alltagssorgeausübung im Wechselmodell ausgelöste Beeinträchtigungen des anderen Elternteils in seiner Alltagssorge zu vermeiden. Entscheidungen, die Auswirkungen auch auf die Alltagssorge des anderen entfalten, sind also nach Abs.  1‑E von den Eltern gemeinsam zu entscheiden. Insoweit wird der Anwendungsbereich des Abs.  1‑E in einem Wechselmodell behutsam erweitert, ohne den Eltern ein wenig praktikabel erscheinendes Einigungserfordernis in sämtlichen Angelegenheiten aufzuerlegen114. 111 

Fünfeinhalb Tage würden etwa einen Betreuungszeitanteil von knapp 40 % darstellen. Zu dieser Grenze unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256). 113  S. oben – zu §  1666 BGB – unter §  5 A. I. 2. b) (ab S. 234) und – zu §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB – unter §  5 A. II. 3. b) (S. 258). 114  So aber Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 495 f.; wohl auch Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 109 ff. 112 

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3. Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung (Abs.  3‑E) Die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung hat stets derjenige Elternteil inne, dem die Alltagssorge (gerade) nicht zusteht, solange sich das Kind rechtmäßig bei ihm aufhält. Die Entscheidungsbefugnis besteht somit auch in einem Wechselmodell, wenn sich das Kind (etwa nach Absprache bei Krankheit oder tatsächlicher Verhinderung eines ­Elternteils) entgegen der üblichen Wechselfrequenz oder – insbesondere bei ­längeren Aufenthaltsintervallen – im Rahmen von Umgang beim gerade nicht alltagssorgeberechtigten Elternteil aufhält. 4. Notvertretungsrecht, gerichtliche Eingriffsbefugnis (Abs.  4 und 5‑E), Überschrift Abs.  4 ‑E entspricht dem derzeitigen Abs.  1 S.  5. Abs.  5 S.  1‑E nimmt bisherigen Abs.  2 unverändert auf. Die Regelungsbefugnis des Gerichts (Einwirkung auf die Inhaberschaft an der Alltagssorge bzw. an der Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung) wird in S.  2‑E jedoch mit Blick auf die Elternautonomie aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG entsprechend §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 und Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB an den übereinstimmenden Elternwillen gebunden, sofern kein Widerspruch des mindestens 14-jährigen Kindes vorliegt115. Begehren die Eltern mithin die uneingeschränkte gemeinsame rechtliche Sorge, so hat das Gericht diese durch einen Ausschluss der Alleinentscheidungsbefugnisse (wieder‑)herzustellen; es bleibt dann bei den §§  1627, 1628 BGB. Da §  1687 BGB nach diesem Vorschlag auf die Sorgerechtsbefugnisse eindeutiger substanziell einwirkt, ist die Überschrift unter Orientierung an den Überschriften der §§  1687a–1688 BGB angepasst.

V. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung elternautonomer Vereinbarungen Das System des Kindschaftsrechts steht in der Kritik, „dem Fehlempfinden der involvierten und insoweit vulnerablen Eltern als ein solches von Machtzuteilung und ‑entzug Vorschub“ zu leisten116. In der Tat stehen im Zentrum der Regelungen des Kindschaftsrechts zur Nachtrennungssorge solche zur Zuteilung

115 

Zur Korrektur des in Geltung befindlichen §  1687 Abs.  2 BGB unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 116  Heilmann NJW 2015, 3346, 3348.

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der elterlichen (Pflicht‑)Rechtspositionen (§§  1671, 1687 BGB117), wohingegen das Bürgerliche Gesetzbuch zu Elternvereinbarungen über die Ausübung dieser grundsätzlich weiterhin beiden Elternteilen zustehenden Rechte weitgehend schweigt; nur beiläufig und doch als wesentliche Voraussetzung findet das elterliche Einvernehmen über den Aufenthalt des Kindes Erwähnung in §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB („mit Einwilligung“). Das Bürgerliche Gesetzbuch missbilligt solche Einigungen keineswegs, setzt sie vielmehr in der ihm üblichen Prägnanz als selbstverständlich voraus. Mit steigender Relevanz solcher Ausübungsvereinbarungen – die gemeinsame Sorge ist faktisch zum Regelfall geworden118, Streitigkeiten der Eltern verlagern sich also von der Ebene der In­ haberschaft einer Rechtsposition auf diejenige der Ausübung selbiger – wächst jedoch das Bedürfnis nach einem gewissen rechtlichen Rahmen, insbesondere was Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit anbelangt. Bevor der Kodifizierung der Ausübungsvereinbarung im BGB das Wort geredet wird (unter 3.), sei zunächst auf die als dringlicher empfundene Erweiterung von §  156 Abs.  2 FamFG eingegangen (unter 1.). Ob es zur Herbeiführung elterlichen Einvernehmens weiteren gesetzgeberischen Handelns bedarf, ist darüber hinaus (unter 2.) ebenso zu prüfen wie eine Erweiterung des Rechtsinstituts der Sorgeerklärungen i. S. von §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB auf jegliches elterliches Einvernehmen über die Veränderung des Sorgestatus (unter 4.). 1. Erweiterung und Änderung von §  156 Abs.  2 FamFG Der wichtigste gesetzgeberische Handlungsbedarf wird in §  156 Abs.  2 FamFG gesehen. Nicht nur die psychologische Forschung119 belegt, dass ein Wechselmodell vor allem dann dem Kindeswohl dient und Bestand hat, wenn die Eltern sich freiwillig auf dieses geeinigt haben. Gerade auch die rechtliche Ausgangslage, die die Wahl eines Betreuungsmodells grundsätzlich allein in die Hände der Eltern legt, lässt es zur Schlichtung oder Verhütung von Konflikten als sinnvoll erscheinen, diese Ausübung der Elternverantwortung einer gewissen Verrechtlichung und damit Absicherung zugänglich zu machen. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu §  156 Abs.  2 FamFG sprach sich der Bundesrat für die Erstreckung der Figur des gerichtlich gebilligten Vergleichs 117 

Zur Eigenschaft des §  1687 Abs.  1 BGB als die Sorgerechtsinhaberschaft gestaltende Regelung unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (ab S. 84). 118  Laut Statistischem Bundesamt blieb das Sorgerecht 2013 bei 96 % aller Scheidungen, bei denen gemeinschaftliche minderjährige Kinder betroffen waren, bei beiden Elternteilen: Zahl der Woche vom 12. Mai 2015: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Presse mitteilungen/zdw/2015/PD15_020_p002pdf.pdf?__blob=publicationFile (letzter Zugriff am 6.12.2017). 119  Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) bb) (ab S. 26).

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auf alle Kindschaftssachen des §  156 Abs.  1 FamFG, namentlich die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht sowie die Herausgabe des Kindes, aus120. Die Bundesregierung lehnte dies mit der – wie gesehen: nicht durchgreifenden121 – Begründung ab, die Beteiligten könnten über die elterliche Sorge und das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht disponieren122. Ebenso wie in Bezug auf das Umgangsrecht darf es bei einer Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG auf Fragen der elterlichen Sorge aber nicht um die substanzielle Einwirkung auf die Rechtsposition gehen, die allein dem Familiengericht obliegt; dieses würde lediglich eine elterliche Ausübung von Sorgerechtskompetenzen, welche wiederum allein zur Disposition der Eltern steht, am Kindeswohl überprüfen und im Anschluss an seine Billigung in einen Vergleich aufnehmen. Da der Erweiterung des §  156 Abs.  2 S.  1 FamFG somit dogmatisch nichts entgegensteht, diese – im Gegenteil – zur Schließung der bestehenden Regelungslücke angezeigt ist, könnte sie wie folgt erfolgen: „Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über die Ausübung des Umgangsrechts oder der elterlichen Sorge, insbesondere über den Aufenthalt oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich).“. Um in Bezug auf die gerichtliche Eingriffslegitimation einen Gleichklang von §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB sicherzustellen, sollte der Maßstab des §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG wie folgt modifiziert werden: „Das Gericht billigt die Regelung, wenn dieser nicht triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe entgegenstehen.“. Mit der so ausgestalteten Norm wäre es dem Gericht möglich, ein Wechselmodell gegen eine einseitige Aufkündigung bis zur Schwelle des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abzusichern und vor allem vollstreckbar zu machen. Insbesondere letzt­ genannter Umstand lässt sich allein über die gerichtliche Einwirkung auf die Sorgeausübung erzielen, ist die bloße Zuweisung einer Rechtsposition mangels 120  BT-Drucks. 16/6308, 376; ebenfalls für eine Erweiterung: Gottschalk/Heilmann ZKJ 2017, 181, 183; Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 88 f., 112; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1161, 1166 f.; Hilbig-Lugani, in: FS für Dieter Martiny, 2014, 89, 96 m. Fn.  63; Jokisch FuR 2013, 679, 683; Hammer FamRZ 2011, 1268 f.; Coester FF 2010, 10, 12 a. E.; ders., in: Staudinger §  1671 Rn.  50, 61; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  40, 40.1, §  1696 Rn.  12 a. E.; für eine direkte Anwendbarkeit bereits de lege lata Hammer FamRZ 2015, 1433, 1437 f. 121  Unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (bb) (ab S. 126, insb. S. 131 f.). 122  BT-Drucks. 16/6308, 414.

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eindeutiger Handlungspflicht des begünstigten Elternteils schließlich nicht durchsetzbar. Da die gerichtliche Einwirkung auf die Sorgeausübung unterhalb der Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB ohne einen entsprechenden übereinstimmenden Elternwillen jedoch ausgeschlossen ist, ist die Anwendung des §  156 Abs.  2 FamFG auf die Aufenthaltsbestimmung ein bedeutender Schritt in der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der elterlichen Autonomie und des staatlichen Wächteramts in Bezug auf die Begründung und Praktizierung eines Betreuungsmodells. 2. Förderung der Herbeiführung elterlichen Einvernehmens Liegt der Schlüssel zu einem (funktionierenden) Wechselmodell somit im Elternkonsens, so sollten etwaige staatliche Bemühungen, die Praktizierung von Wechselmodellen zu befördern, auf die Herbeiführung eines entsprechenden übereinstimmenden Elternwillens gerichtet sein123. Diese Art der Betreuung muss den Eltern also gegebenenfalls erst zur Kenntnis gebracht und sie müssen in die Lage versetzt werden, dieses auch zum Wohle des Kindes zu praktizieren. Diese Aufgaben übernimmt in erster Linie das Jugendamt. Gegen dieses steht den Eltern ein Rechtsanspruch124 auf Beratung aus §  17 Abs.  1 Nr.  3 SGB VIII zu, um im Fall der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen. Nach §  17 Abs.  2 SGB VIII hat das Jugendamt die Eltern bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung zu unterstützen. Wenden sich die Eltern nicht an das Jugendamt, sondern im Zuge ihres Scheidungsverfahrens an das Familiengericht, so unterrichtet dieses die Behörde nach §  17 Abs.  3 SGB VIII über die Rechtshängigkeit der Scheidungssache, damit das Jugendamt mit seinem Leistungsangebot auf die Eltern zugehen kann. Gegenstand der Beratung sollte, sofern diese in Betracht kommt, auch die Praktizierung eines Wechselmodells sein125. Kommt es zur Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts über die Ausübung der Nachtrennungssorge, so erübrigt sich die Anrufung des Gerichts126. Das Konzept kann gemäß §  17 Abs.  2 HS 2 123  Treichel NZFam 2016, 1128, 1130, 1132; für die USA Pruett/DiFonzo Family Court Review 2014, 152, 167 (Consensus Point 7). 124  Auf Vorschlag des Bundesrates mit Zustimmung der Bundesregierung als solcher ausgestaltet: BT-Drucks. 13/4899, 163, 173. 125  Hierfür Bergmann ZKJ 2013, 489; zu Recht weisen jedoch Suess/Scheuerer-Englisch/­ Grossmann FPR 1999, 148, 150, 155 f., darauf hin, dass die Beratung im Scheidungsfall „unter dem Primat der Konfliktreduzierung und nicht unter dem Primat bestimmter Sorgerechtsmodelle stattzufinden“ hat. 126  Bergmann ZKJ 2013, 489.

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SGB VIII aber auch als Grundlage für einen gerichtlich gebilligten Vergleich dienen. Wenden sich die Eltern also mit ihrem zusammen mit dem Jugendamt gefundenen Konzept an das Familiengericht, so liegt unter den Voraussetzungen des §  156 Abs.  2 FamFG die Billigung und Übernahme in einen gerichtlich gebilligten Vergleich nahe. Ist keine Beratung durch das Jugendamt vorausgegangen, so kann das Gericht die Eltern gemäß §  156 Abs.  1 S.  2 FamFG auf die Beratungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe hinweisen. Es kann jedoch auch selbst versuchen, ein elterliches Einvernehmen zu erzielen, hat es auf dieses doch nach §  156 Abs.  1 S.  1 FamFG in allen Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Gelingt die Herstellung elterlichen Einvernehmens nicht, kann das Gericht noch nach §  156 Abs.  1 S.  3 FamFG anordnen, dass die Eltern an einem Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung teilnehmen. Einer richterlichen Entscheidung – gegebenenfalls zunächst in Form einstweiliger Anordnung (§§  156 Abs.  3, 49 ff. FamFG) – sollte somit ein erhebliches Bemühen um die Herstellung elterlichen Konsenses vorausgehen. Mit dem KindRG, das den Wegfall des „Zwangsverbunds“127 von Scheidungs- und Sorgeverfahren unter gleichzeitiger Betonung freiwilliger Beratungs- und Hilfsangebote128 zur Folge hatte, und der Weiterführung des hiermit verfolgten Ansatzes, die Konfliktlösungskompetenz der Eltern zu stärken, durch das FamFG129 hat sich der Schwerpunkt staatlicher Aktivität also bereits von der richterlichen Entscheidung über die elterliche Sorge hin zu Beratungsangeboten für die Eltern betreffend die Wahl „ihres“ Sorgerechtsmodells sowie die Unterstützung bei dessen Entwicklung und praktischer Umsetzung verlagert130. Gesetzliche Grundlagen, die die Rolle des Staates bei der Findung von Kindesaufenthalt und Betreuungsmodell nach einer Elterntrennung und damit die Ausübung seines Wächteramts unter Achtung der Elternautonomie ausgestalten, sind somit hinreichend vorhanden. Im Fokus stehen das Kindeswohl und die Herbeiführung elterlicher Übereinstimmung zur bestmöglichen Wahrung desselben. Stehen die Akteure – Kind, Eltern, Jugendamt, Familiengericht – dem Wechselmodell unvoreingenommen gegenüber, so kann dieses ebenso Resultat des elterlichen Einigungsprozesses oder des gerichtlichen Verfahrens sein 127 

BT-Drucks. 13/4899, 61 ff. BT-Drucks. 13/8511, 64; BT-Drucks. 13/4899, 75. 129  Wiesner/Struck, SGB VIII, §  17 Rn.  8a. 130  Wiesner/Struck, SGB VIII, §  17 Rn.  5. 128 

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wie ein Residenzmodell. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf im SGB VIII oder über die Erweiterung des §  156 Abs.  2 hinausgehender im FamFG ist somit nicht ersichtlich131. 3. Kodifizierung der Elternvereinbarung Teilweise wird der Gesetzgeber dazu aufgefordert, den Regelungsprimat gemeinsam sorgeberechtigter, aber getrenntlebender Eltern durch die Zurverfügungstellung rechtsverbindlicher Regelungsinstrumente unter Konkretisierung der rechtlichen Verbindlichkeit auszugestalten132. Beispielhaft genannt wird die Schaffung eines „Rechtsinstitut[s] elterlicher Sorgerechtsvereinbarungen“; gemeint sind hiermit Ausübungsvereinbarungen133. Die zu solchen Elternvereinbarungen insbesondere in der Lehre, aber auch der Rechtsprechung entwickelten und oben134 dargestellten Grundsätze könnten also einer Kodifizierung – etwa im Umfeld der §§  1627, 1628 BGB – zugeführt werden. Dies ist zwar nicht zwingend erforderlich, würde aber Rechts­sicherheit schaffen. Im Zuge dessen sollte erneut über die Erstreckung der Bindungswirkung des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB auch auf die elternautonome Vereinbarung nachgedacht werden135. In Ergänzung dazu würde der gerichtliche Billigungsakt am Maßstab des Kindeswohls die Vereinbarung unter Festschreibung eindeutiger Handlungspflichten um die Eigenschaft der Vollstreckbarkeit anreichern (§§  156 Abs.  2, 86 Abs.  1 Nr.  2, 88 f. FamFG). Ein auf diese Weise rechtlich verfestigtes Wechselmodell könnte sich einem einseitigen Abänderungsbegehren – mit Blick auf den erhöhten Maßstab des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB – sowohl in rechtlicher als auch – wegen der Durchsetzbarkeit – in tatsächlicher Hinsicht erwehren. 4. Erweiterung des Rechtsinstituts der Sorgeerklärungen i. S. von §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB Die elterliche Gestaltungsfreiheit im Bereich des Sorgestatus, die de lege lata nur unvollkommen verwirklicht ist, könnte ebenfalls ausgebaut werden. Derzeit 131  Dagegen für die Einführung eines „verpflichtenden Sorgeplans“, der im Rahmen eines sozialpädagogischen Verfahrens mit fachlicher Unterstützung der Eltern unter Beteiligung des Kindes erarbeitet werden soll, Kostka, in: FS für Ludwig Salgo, 2016, 159, 172 ff. 132  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1166. 133  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1166 Fn.  93 u.V. auf Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 306 ff. 134  Unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69); zur gerichtlichen Abänderung einer elternautonomen Vereinbarung unter §  9 B. (ab S. 321). 135  Hierzu unter §  4 A. II. 1. b) cc) (2) (b) (aa) (ab S. 71).

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legt das BGB die Einwirkung auf die Sorgerechtssubstanz vor allem in die Hände des Richters (zum Beispiel §§  1630 Abs.  3, 1671 Abs.  1 und 2, 1666 Abs.  1, 3 Nr.  6, 1696 Abs.  1 und 2 BGB) oder nimmt diese – anknüpfend etwa an ein elterliches Getrenntleben – selbst vor (zum Beispiel §  1687 Abs.  1 S.  2 BGB136). Nur ausnahmsweise entfaltet ein entsprechender übereinstimmender Elternwille unmittelbar (§  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB) oder wenigstens mittelbar (§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB) gestaltende Wirkung. Wie bereits dargestellt137, sollte jedenfalls diese mittelbare Gestaltungswirkung eines das Gericht bindenden übereinstimmenden Elternwillens auch auf Abänderungsentscheidungen (§  1696 Abs.  1 S.  1 BGB) sowie die Einschränkung oder den Ausschluss der Alleinentscheidungsbefugnisse aus §  1687 Abs.  1 S.  2 und 4 BGB nach dessen Abs.  2 erstreckt werden. De lege ferenda bietet sich also eine Ergänzung dieser Vorschriften entsprechend dem Mechanismus von §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB an. Einen Schritt weiter gehen würde die Ausdehnung des Instituts der Sorgeerklärungen, das derzeit ausschließlich die elternautonome Begründung gemeinsamer Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern nach §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB zulässt, auf die Übertragung von Sorgerechtspositionen. Dieser Vorschlag, die Sorgeerklärungen auch in §§  1671, 1696 BGB zu integrieren, wurde dem Gesetzgeber bereits vor dem KindRG unterbreitet138, blieb aber folgenlos. Er soll wieder aufgegriffen und dem Gesetzgeber erneut angetragen werden. Das Entscheidungsmonopol des Staates im Bereich des Sorgestatus ist nicht von Verfassungs wegen geboten, sondern Rudiment „überkommene[r] Tendenzen zur obrigkeitlichen Restriktion und Bevormundung“139. Mit der Bindung des Gerichts an den übereinstimmenden Elternwillen in §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB ist der erste Schritt hin zu einer elternautonomen Gestaltung ihrer Sorgerechtspositionen bereits getan; die familiengerichtliche Entscheidung, der allein die Prüfung auf eine Kindeswohlgefährdung vorangehen darf (§§  1671 Abs.  4 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB), erscheint als bloße Förmelei und „Absegnung“ des elterlichen Vorschlags, dessen Hintergründe für den Richter ohnehin kaum nachzuvollziehen sind. Einer etwaigen Kindeswohlgefährdung ließe sich eben136  Zur Einordnung dieser Vorschrift als die Sorgerechtsinhaberschaft gestaltende unter §  4 A. III. 1. b) bb) (1) (ab S. 84). 137  Unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (ab S. 171). 138  Coester RdJB 1996, 430, 436; ders. FamRZ 1996, 1181, 1186 f.; ders. DEuFamR 1999, 3, 10, 13; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 339, 340; für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Sorgeerklärungen auf alle Fälle der Rückkehr zur gemeinsamen Sorge Hammer, Elternvereinbarungen, 2004, 60; s. auch FamRefK/Rogner §  1626b Rn.  8; Rauscher, Familienrecht, Rn.  971a. 139  Coester FamRZ 1996, 1181, 1187.

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so durch ein Verfahren nach §  1666 BGB begegnen. Kenntnis erlangte das Gericht durch das Jugendamt, das seinem Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gemäß §  8a Abs.  2 S.  1 SGB VIII durch Anrufung des Familiengerichts gerecht wird; das Jugendamt selbst erführe als beurkundende Stelle140, jedenfalls aber aufgrund der in Bezug zu nehmenden Mitteilungspflicht aus §  1626d Abs.  2 BGB vom Inhalt der Sorgeerklärungen. Der bereits eingeschlagene Weg sollte weiter beschritten werden; §  1671 Abs.  1 BGB könnte hierzu wie folgt geändert werden: „1Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so können sie die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge einem Elternteil allein übertragen, indem sie entsprechende Sorgeerklärungen abgeben; §§  1626b Absatz 1, 1626c bis 1626e gelten entsprechend. 2 Das Familiengericht überträgt die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge auf Antrag einem Elternteil allein, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.“. Des Abs.  1 S.  2 Nr.  1 bedürfte es nicht mehr, die (teilweise) Auflösung der gemeinsamen Sorge im elterlichen Konsens fände durch die Sorgeerklärungen statt, die nach §  155a Abs.  5 FamFG auch zur Niederschrift des Familiengerichts abgegeben werden können. Letztgenannte Norm müsste eine Entsprechung im FamFG für Verfahren nach §§  1630 Abs.  3, 1671 Abs.  1 und 2, 1687 Abs.  2, 1696 Abs.  1 S.  1 BGB finden. Einer Erweiterung von §  1671 Abs.  4 BGB bedürfte es nicht, da sich das Recht und die Pflicht des Familiengerichts, gegen eine aus Sorgeerklärungen resultierende kindeswohlgefährdende Sorgerechtsverteilung einzuschreiten, unmittelbar aus §  1666 BGB ergäbe und ein gerichtliches Verfahren, das zu beenden wäre, von den Eltern regelmäßig nicht eingeleitet würde. Die §§  1630 Abs.  3, 1687 Abs.  2, 1696 Abs.  1 S.  1 BGB wären in gleicher Weise zu ergänzen, §  1626b Abs.  3 BGB wäre zu streichen.

VI. Fazit Das materielle Kindschaftsrecht erweist sich als deutlich flexibler, als es häufig dargestellt wird. Als entsprechend gering wird der gesetzgeberische Handlungsbedarf in diesem Bereich eingeschätzt. Von einer grundlegenden Reform zwecks Überführung von elterlicher Sorge und Umgang in ein neues Institut von „Elternverantwortung“, „elterlicher Betreuung“ oder ähnlichem ist abzura140 

BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1626d Rn.  1.

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ten; zu schmal ist der Grat, der eine zulässige gerichtliche Betreuungsregelung von einer nicht mehr vom staatlichen Wächteramt gedeckten trennt. Das gesetzliche Zusammenspiel von Sorge- und Umgangsrecht als den einfachrechtlichen Ausprägungen der Elternrechte und die hierzu ergangene bundesverfassungsund fachgerichtliche Rechtsprechung stecken diesen Grat ab und sollten nicht leichtfertig aufgegeben werden. Die Schaffung einer speziellen Rechtsgrundlage zur Anordnung konkreten Kindesaufenthalts im Falle einer sonst drohenden Kindeswohlgefährdung erscheint zur Klarstellung ratsam, jedoch aufgrund vorhandener Generalklauseln nicht zwingend. Besonders nahegelegt wird dem Gesetzgeber eine Änderung des §  1687 Abs.  1 BGB, um Zweifel über dessen Anwendbarkeit auf ein Wechselmodell zu beseitigen. Um dem für ein Wechselmodell so wichtigen Elternkonsens auch im Gesetz deutlicheren Ausdruck zu verleihen, sollte zudem eine Kodifizierung der Elternvereinbarung sowie deren Bindungswirkung zwischen den Eltern und gegenüber dem Familiengericht in Betracht gezogen werden. Gleiches gilt für eine Stärkung der Elternautonomie im Bereich des Sorgestatus. Allem voran als unverzichtbar erscheint jedoch eine Erstreckung des gerichtlich gebilligten Vergleichs auf sämtliche Fragen der Sorgeausübung mittels Änderung des §  156 Abs.  2 FamFG, um dessen Anwendbarkeit zu sichern und ein unter Umständen labiles Wechselmodell auf eine sichere rechtliche Basis stellen zu können.

B. Alleinsorge eines Elternteils I. Schaffung einer Möglichkeit zur Begründung einer Teilsorge über das Rechtsinstitut der Sorgeerklärungen Dem Vorschlag des Bundesrates zum SorgeRefG 2013141, die Begründung auch einer bloß teilweise gemeinsamen Sorge mittels Sorgeerklärungen zuzulassen, ist beizutreten. Sofern durch eine entsprechende Beratung beim Notar oder Jugendamt sichergestellt ist, dass sich die Sorgeerklärungen inhaltlich decken, kann im Hinblick auf die Sicherheit des Rechtsverkehrs kein Unterschied festgestellt werden zwischen einer teilweisen Sorge, die auf Sorgeerklärungen beruht, und einer solchen, die vom Familiengericht begründet wurde142. Der Ge141  BT-Drucks. 17/11048, 27: Ergänzung des §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB um die Worte „ganz oder in Teilbereichen“; zust. Coester FamRZ 2012, 1337, 1344; ders., in: Staudinger §  1626a Rn.  60; M. Lipp FamRZ 1998, 65, 72 f.; Stellungnahme des DFGT zum KindRG FamRZ 1997, 337, 338. 142  So aber die Befürchtung der Bundesregierung: BT-Drucks. 17/11048, 30.

§  8 Vorschläge de lege ferenda

317

fahr nicht praktikabler Sorgeaufteilungen kann ebenfalls auf diese Weise sowie durch das staatliche Wächteramt, wahrgenommen vom Familiengericht in Anwendung des §  1666 BGB, begegnet werden. Das von der Bundesregierung143 weiter vorgebrachte Gegenargument, der Umfang der elterlichen Sorge stehe nicht zur Disposition der Eltern, trägt nur noch bedingt, da die gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB nahezu rein formeller Natur ist und ein gerichtliches Abweichen vom übereinstimmenden Elternwillen – wegen §  1626a Abs.  2 S.  2 BGB gilt dies auch für den Fall des §  1626a Abs.  1 Nr.  3 BGB – eher eine theoretische Option bleiben als jemals von praktischer Relevanz werden wird. Der Gesetzgeber sollte daher seine Entscheidung, dem Vorschlag des Bundesrates nicht zu folgen, korrigieren und §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB – angelehnt an den Wortlaut von §  1626a Abs.  2 S.  1 BGB sowie §  1671 Abs.  1 und 2 BGB – wie folgt fassen: „wenn sie erklären, dass sie die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),“. Eine zu Recht geforderte144 Gleichbehandlung verheirateter und heiratender Eltern würde mit der dem Gesetzgeber bereits oben145 angetragenen Erstreckung der Sorgeerklärungen auch auf die Begründung und Abänderung einer (teilweisen) Alleinsorge erreicht. Wurde die Ehe bereits vor der Geburt des Kindes geschlossen, so könnten solche Sorgeerklärungen ebenfalls pränatal abgegeben werden (§  1626b Abs.  2 BGB) mit der Folge, dass die gemeinsame Sorge von Anfang an bloß teilweise bestünde. Für den weniger wahrscheinlichen Fall, dass heiratende Eltern die gemeinsame Sorge nicht vollständig über §  1626a Abs.  1 Nr.  2 BGB erlangen wollen, könnte eine Regelung aufgenommen werden, dass vorehelich abgegebene Sorgeerklärungen, die auf eine bloß teilweise gemeinsame Sorge zielten, durch die Eheschließung unberührt bleiben.

II. Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung elternautonomer Vereinbarungen Die oben146 bereits vorgeschlagene Erstreckung der Figur des gerichtlich gebilligten Vergleichs i. S. des §  156 Abs.  2 FamFG auf alle Kindschaftssachen des §  156 Abs.  1 FamFG käme auch nicht gemeinsam sorgeberechtigten Eltern zu143 

BT-Drucks. 17/11048, 30. MüKoBGB/Huber, 6.  Aufl. 2012, §  1626a Rn.  9. 145  Zu diesem Vorschlag de lege ferenda unter §  8 A. V. 4. (S. 314 f.). 146  Unter §  8 A. V. 1. (ab S. 309). 144 

318

Teil 2:  Begründung und Absicherung eines Wechselmodells

gute. Auf sie soll daher auch an dieser Stelle noch einmal mit Nachdruck hingewiesen werden.

III. Änderung von §  1687a BGB Sollte §  1687 BGB – etwa in der oben147 vorgeschlagenen Weise – eine eindeutige Erstreckung auch auf ein Wechselmodell erfahren, so sollte diese Regelung durch §  1687a BGB in Bezug genommen werden, um auch dem an sich nicht sorgeberechtigten, jedoch in tatsächlicher Hinsicht erheblich mitsorgenden Elternteil die notwendigen Entscheidungsbefugnisse zuteilwerden zu lassen.

147 

Unter §  8 A. IV. (ab S. 304).

Teil 3

Abänderung eines Wechselmodells

§  9 Elternautonom begründetes Wechselmodell A. Elternautonome Abänderung Haben sich die Eltern autonom auf ein Wechselmodell geeinigt, so können sie es jederzeit auch wieder einvernehmlich abändern. Können die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ein solches Einvernehmen aufgrund von Konflikten nicht mehr herstellen, so wird ihre Vereinbarung nicht bereits durch einseitiges Abrücken eines Elternteils hinfällig. Vielmehr sind beide Elternteile an diese bis zum Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung – je nachdem, ob das Wechselmodell auf einer Ausübung der Aufenthaltsbestimmungs- oder Umgangsrechtspositionen beruht – nach §  1671 Abs.  1 BGB oder §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB gebunden; im Rahmen dieser Entscheidung hat das Gericht die Elternvereinbarung, die zwar keine Bindungswirkung i. S. des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, wohl aber eine gewichtige Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit entfaltet, in der Regel zu berücksichtigen1. Steht die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu, so ist die Wechselmodell­ abrede nicht bindend, unabhängig davon, ob sie auf einer Ausübung des Aufenthaltsbestimmungs- oder Umgangsrechts beruht2. Der alleinsorgeberechtigte Elternteil kann sie jederzeit autonom abändern; in diesem Falle ist es am umgangsberechtigten Elternteil, eine gerichtliche Sorgerechts- oder Umgangsentscheidung zu erwirken.

B. Abänderung unter gerichtlicher Beteiligung Die soeben bereits angesprochenen gerichtlichen Entscheidungen können keine konkrete Aufenthaltsregelung zur Folge haben, die auf ein abgeändertes Wechselmodell hinauslaufen würde. Mit einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB kann das Gericht lediglich einem der beiden Elternteile das Aufenthaltsbestimmungsrecht zuwei1  2 

Zur Bindungswirkung einer Elternvereinbarung unter §  4 A. II. 1. b) cc) (ab S. 69). Hierzu unter §  6 A. I. 1. a) (ab S. 263).

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Teil 3:  Abänderung eines Wechselmodells

sen, der im Anschluss daran die Aufenthaltsregelung unter Ausschluss des anderen ändern kann. Mit einer Umgangsentscheidung nach §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1697a BGB kann das Gericht zwar über den konkreten Kindesaufenthalt im Rahmen des Umgangs entscheiden; eine gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile an der Pflege und Erziehung ihres Kindes geht jedoch weit über das hinaus, was einfachrechtlich als „Umgang“ verstanden und – gestützt auf das verfassungsrechtliche Umgangsrecht – dem einfachrechtlichen Sorge- und verfassungsrecht­lichen Elternrecht des anderen entgegengesetzt werden kann. Ergebnis einer Umgangsentscheidung kann daher allenfalls ein erweiterter Umgang von bis zu fünf von 14 Tagen sein.3 Entschieden entgegenzutreten ist mit Blick auf diese begrenzte gerichtliche Regelungsbefugnis einer Entscheidung des Amtsgerichts Hannover aus dem Jahr 20014. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hielt sich das Kind seit eineinhalb Jahren in halbwöchentlichem Wechsel bei jeweils einem Elternteil auf: Montag nach dem Kindergarten ging es bis Donnerstagabend zur Mutter, Donnerstagabend bis Montagmorgen verbrachte es beim Vater. Von beiden Elternteilen gestellte, jeweils auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts gerichtete Anträge nach §  1671 Abs.  1 BGB wies das Gericht als unbegründet zurück, da es die Einwirkung auf die Rechtspositionen zum damaligen Zeitpunkt nicht als dem Kindeswohl am besten entsprechend ansah5; die Parteien hätten die Aufenthaltsregelung über mehr als zwei Jahre hin praktiziert, ohne dass sich ihre Beziehung verändert oder schädlich auf das Kind und den Wohnungswechsel ausgewirkt hätte6. Da das Gericht es jedoch nicht für kindeswohl- (oder vielleicht doch eher: elternwohl‑)gerecht7 hielt, dass das Kind seine Wochenenden ausschließlich mit dem Vater verbrachte, „modifizierte“ es – und das, obwohl die Mutter „nicht eindeutig erklärt [habe], dass […] eine Änderung der Aufenthaltsregelung hilfsweise beantragt werde“8 – die elterliche Aufenthaltsregelung „geringfügig“ dahingehend, dass das Kind in jeder vierten Woche das Wochenende – erneuter Wechsel9 am Freitagmittag nach dem Kin3 

Zu dieser Grenze unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256). JAmt 2001, 557, 558: Beschluss im Hauptsacheverfahren v. 10.8.2001; FamRZ 2001, 846, und FamRZ 2002, 563 (LS m. Anm. d. Red. zur Hauptsache): Beschluss zum Erlass einer einstweiligen Anordnung v. 13.10.2000. 5  AG Hannover JAmt 2001, 557. 6  AG Hannover JAmt 2001, 557, 558. 7  Das AG Hannover JAmt 2001, 557, 558 a. E., achtet darauf, dass sich die Wochenauf­ teilung von annähernd 50 % für jeden Elternteil nur geringfügig ändert, „auch wenn es auf mathematische Genauigkeit nicht ankommen kann“. 8  AG Hannover JAmt 2001, 557, 558. 9  Das Entstehen eines erneuten Wechsels sieht das AG Hannover, hält dieses jedoch für gerechtfertigt: JAmt 2001, 557, 559. 4 

§  9 Elternautonom begründetes Wechselmodell

323

dergarten – bei seiner Mutter verbringen sollte10. Hierzu sah es sich als befugt an, da es in den Anträgen der Eltern auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als „rechtliches Weniger“ einen Antrag auf Abänderung der bestehenden elterlichen Regelung des tatsächlichen Kindesaufenthalts erkannte11. Schließlich umfasse das Alleinentscheidungsrecht zum Aufenthalt doch die „Möglichkeit, dann die bestehende Regelung vollständig zu ändern“12. Dass ebendiese Möglichkeit dann jedoch dem Elternteil zusteht, scheint das Gericht übersehen zu haben. Die dogmatische Herleitung, die wohl auch dem Prozessbevollmächtigten des Vaters nicht ganz stimmig erschien13, geht fehl. Der Eingriff in eine bestehende elterliche Aufenthaltsregelung dergestalt, dass nicht einem Elternteil das Recht zur Abänderung zugewiesen, sondern diese unmittelbar vom Gericht selbst vorgenommen wird, kann keineswegs als rechtliches „Weniger“ gegenüber einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sondern muss umgekehrt gerade als rechtliches „Mehr“ oder als „aliud“ bezeichnet werden: Das Amtsgericht Hannover nahm hiermit eine eigene Sachentscheidung vor, zu der es allenfalls bei Überschreiten der allgemeinen kindesschutzrechtlichen Grenze des §  1666 Abs.  1 BGB befugt gewesen wäre. Schädliche Auswirkungen der Aufenthaltsregelung auf den „gesundheitlichen Zustand [des Kindes], die geistige und seelische Entwicklung sowie auf seine psychische Befindlichkeit“ hat das Gericht jedoch ausdrücklich abgelehnt14. Eine selbstständige Abänderung der Elternvereinbarung verbot sich damit vor dem Hintergrund der Elternrechte aus Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG. Hieran hätte auch ein „hilfsweiser Antrag“ der Mutter nichts geändert: Die Entscheidungsbefugnis des Gerichts nach §  1671 Abs.  1 BGB reicht nicht so weit, eine Entscheidung in der Sache zu treffen und damit eine Sorgebefugnis selbst auszuüben, ob dies von einem Elternteil nun beantragt sein mag oder nicht. Das staatliche Wächteramt i. S. des Art.  6 Abs.  2 S.  2 GG war mangels Kindeswohlgefährdung nicht aktiviert, und das Schlichteramt des Staates, das bereits unterhalb der Schwelle einer Kindeswohlgefährdung zum Tragen kommt, ermöglichte dem Gericht, um klare Verhältnisse zwischen den Eltern zu schaffen, lediglich die Zuweisung der strittigen Rechtsposition an einen Elternteil allein, damit dieser autonom den

10 

AG Hannover JAmt 2001, 557, 559. AG Hannover JAmt 2001, 557, 558. 12  AG Hannover JAmt 2001, 557, 558. 13  AG Hannover JAmt 2001, 557, 558: Das Gericht weist darauf hin, dass der Prozessbevoll­ mächtigte des Antragsgegners eine Änderung der Aufenthaltsregelung durch das Gericht „nicht für prozessual möglich hält“. 14  AG Hannover JAmt 2001, 557 f. 11 

324

Teil 3:  Abänderung eines Wechselmodells

Konflikt hätte beenden und die dem Kindeswohl am besten entsprechende Lösung hätte finden können15. Um zu einer aus gerichtlicher Sicht gebotenen Abänderung eines Wechselmodells zu gelangen, ohne dieses zu beenden16, bleibt dem Gericht, sofern nicht eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, die nur durch eine Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB beseitigt werden kann, also lediglich die Möglichkeit, demjenigen Elternteil, der für die Abänderung eintritt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zuzuweisen. Eine Garantie, dass dieser Elternteil dann aber auch entsprechend von seiner Rechtsposition Gebrauch macht, besteht ebenso wenig wie eine Möglichkeit, den anderen Elternteil zur Mitwirkung an dem abgeänderten Wechselmodell zu verpflichten; weigert sich dieser, das Kind in der veränderten Wechselfrequenz zu betreuen, so bleibt dem aufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteil letztlich nur die Rückkehr zum vorherig Vereinbarten oder zur Begründung eines Residenzmodells bei sich. Einen stärkeren Einfluss sowohl auf die Ausgestaltung als auch die spätere tatsächliche Verwirklichung des Wechselmodells erhält das Gericht, indem es mit Nachdruck auf ein Einvernehmen der Eltern i. S. des §  156 Abs.  1 FamFG hinwirkt und diesen zu einem gerichtlich gebilligten Vergleich rät. Nur auf diese Weise erlangt die Wechselmodellabrede Vollstreckbarkeit und damit eine rechtliche Absicherung, die geeignet ist, ständigen Konflikten um den Kindesaufenthalt vorzubeugen.

15 

Ausf. zum Verhältnis der Elternrechte zum staatlichen Wächter- und Schlichteramt unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ab S. 196). 16  Zur Beendigung eines Wechselmodells s. Teil 4 (ab S. 329).

§  10 Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell Ist ein Wechselmodell unter gerichtlicher Beteiligung zustande gekommen, so bedarf es zur Abänderung stets einer erneuten gerichtlichen Entscheidung unter den Voraussetzungen des §  1696 BGB. Haben sich die Eltern im Vorfeld oder im Zuge eines gerichtlichen Verfahrens auf ein Wechselmodell verständigt, das sodann Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs nach bzw. – im Falle einer Regelung über die Sorgeausübung – analog §  156 Abs.  2 FamFG wurde, so ist dieser gemäß §  166 Abs.  1 FamFG (analog) unter den Voraussetzungen von §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, mithin dann zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Solche triftigen Gründe sind weder bereits aufgrund eines geänderten Kindeswillens noch des geänderten Willens eines Elternteils gegeben17; der Änderungsgrund kann vielmehr insbesondere in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegen18 und muss von solcher Bedeutung sein, dass er den Grundsatz der Erziehungskontinuität und die mit der Änderung verbundenen Nachteile für die Entwicklung des Kindes deutlich überwiegt19. Dabei rechtfertigen das Interesse des Kindes an der Stabilität seiner Lebensverhältnisse und sein Bedürfnis nach Kontinuität, soweit es um einen Obhutswechsel des Kindes geht, sogar eine strenge Handhabung dieses ohnehin bereits strengen Maßstabs20. Begehren die Eltern dagegen abermals übereinstimmend eine Abänderung, so hat das Gericht dem Folge zu leisten; unter Heranziehung des die Stärkung der Elternautonomie bezweckenden Grundgedankens aus §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB ist in dem übereinstimmenden elterlichen Abänderungsbegehren ein triftiger Grund zu erkennen 21. Gegen den übereinstimmenden Elternwillen kann das Familiengericht von 17 

BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  13. Zahlreiche Beispiele bei BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  17 ff. 19  BVerfGK 19, 295, 301 = FamRZ 2012, 1127, 1129; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  14 m. zahlr. N. 20  BVerfG FamRZ 2015, 210, 211; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  14 a. E. 21  Zur Korrektur des Maßstabs von §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB im Falle eines übereinstimmenden Elternwillens bereits unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (S. 174 f.). 18 

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Teil 3:  Abänderung eines Wechselmodells

Amts wegen eine Änderung des gerichtlich gebilligten Vergleichs hingegen nur unter den Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB vornehmen 22. Ohnehin muss gelten, dass dem Gericht auch bei Vorliegen der Voraussetzungen von §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB nicht eine beliebige Abänderung des Vereinbarten offensteht. Die Abänderungsentscheidung muss sich, wie dies bei §  1696 BGB stets der Fall ist23, innerhalb der Gestaltungsgrenzen halten, die der Vorentscheidung gezogen waren. Da die Vorentscheidung lediglich eine Billigung des elterlichen Einvernehmens zum Gegenstand hatte und sich auf die von Verfassungs wegen zuvörderst den Eltern obliegende Ausübung von Sorgekompetenzen bezog, kann eine inhaltliche Abänderung durch das Gericht wiederum nur im Falle e­ lterlicher Übereinstimmung erfolgen; denn das Gericht hätte auch in der Vorentscheidung nicht seine Sichtweise über die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an die Stelle der elterlichen setzen und in den Vergleich aufnehmen können. Liegt eine elterliche Übereinstimmung zur Abänderung nicht vor, kann und muss das Gericht, sofern ein Elternteil vom Vereinbarten abrückt und triftige Gründe für eine Abänderung vorliegen, den Vergleich insofern abändern, als es ihn insgesamt oder hinsichtlich der nunmehr (wieder) in Streit stehenden Fragen aufhebt. Fehlt es sodann an einer Aufenthaltsregelung und sind die Eltern zur Findung einer neuen außerstande, so bedarf es – entsprechende Anträge vorausgesetzt – einer Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht, dieses Mal jedoch die Substanz der Rechtsposition betreffend nach §  1671 Abs.  1 BGB. Beruht die gerichtlich gebilligte Aufenthaltsregelung auf der Ausübung von Umgangsrechtspositionen, so ist das Gericht nur in dem Umfange zu einer inhaltlichen Abänderung befugt, wie §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB als einfachgesetzliche Norm zur Ausgestaltung und Verwirklichung des verfassungsrechtlich garantierten Umgangsrechts der Eltern es gestattet; diesbezüglich kann auf die oben24 gezogene Grenze zwischen einer zulässigen Umgangsregelung und einer unzulässigen Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht verwiesen werden. Daraus folgt jedoch auch, dass Ergebnis einer gerichtli­ chen Abänderung des Vergleichs kein – etwa hinsichtlich der Wechselfrequenz – verändertes Wechselmodell, sondern lediglich „gewöhnlicher“ oder „erweiterter“ Umgang sein kann 25; dann wird aber regelmäßig die Hauptbetreuungsperson

22 

BT-Drucks. 16/6308, 346. Staudinger/Coester §  1696 Rn.  40. 24  Unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256). 25  Triftige Gründe für eine Abänderung des gerichtlich gebilligten Vergleichs über einen monatlich wiederkehrenden Umgang von einer ganzen Woche und damit eine Beendigung des „zumindest teilweise praktizierte[n] sog. Wechselmodell[s]“ ablehnend OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125. 23 

§  10 Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell

327

in Frage stehen und wiederum eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach §  1671 Abs.  1 BGB vonnöten sein. Beruht das Wechselmodell ausnahmsweise mittelbar auf einer familiengerichtlichen Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB, mit der den wechselmodellwilligen, lediglich hinsichtlich der Wechselfrequenz uneinigen Eltern die Gesamtsorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht im wiederkehrenden Wechsel zugewiesen wurde, so richtet sich die Änderung ebenfalls nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB26. Auch im Rahmen dieser Abänderung darf das Gericht jedoch nicht seine Sichtweise über die dem Kindeswohl am besten entsprechende Aufenthaltsverteilung an die Stelle der elterlichen setzen. Von Amts wegen darf das Gericht mithin nur unter den Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB in die letztlich von elterlichem Konsens getragene Regelung eingreifen. Begehrt mindestens ein Elternteil die Abänderung, so ist das Gericht an den „Antrag“ bzw. die Anregung gebunden, es darf die Wechselfrequenz also nur entsprechend dem elterlichen Begehren abändern oder dieses insgesamt zurückweisen. Erging die Anordnung eines Wechselmodells ausnahmsweise gegen den Willen mindestens eines Elternteils zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung durch gerichtliche Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB (gegebenenfalls i. V. mit Abs.  3 Nr.  6, §  1909 Abs.  1 S.  1 BGB) oder nach §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB, so hat das Gericht seine Entscheidung gemäß §  166 Abs.  2 FamFG in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen und gemäß §  1696 Abs.  2 BGB aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Von einer Abänderung der kindesschutzrechtlichen Maßnahme ist in §  1696 Abs.  2 BGB ausdrücklich zwar keine Rede. Es ist jedoch anerkannt, dass eine sich an die Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung anschließende schärfere oder weniger eingreifende kindesschutzrechtliche Maßnahme nicht ausgeschlossen ist27. Dem Gericht muss es also auch möglich sein, seine eigene Aufenthaltsregelung nachzujustieren, sofern diese immer noch zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung erforderlich, jedoch etwa aufgrund tatsächlicher Veränderungen – beispielsweise die berufliche Situation oder die Wohnorte betreffend – an diese anzupassen ist. Auch eine solche Änderung ist somit über §§  1696 Abs.  2 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB möglich. 26  Gleiches gilt für ein Wechselmodell, das derjenige Elternteil durchzusetzen in der Lage war, dem das Gericht nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zugewiesen hatte; eine Abänderung dieser Entscheidung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, sprich die Zuweisung der Rechtsposition an den anderen Elternteil, wird jedoch regelmäßig die Beendigung, nicht die Abänderung des praktizierten Wechselmodells zur Folge haben. 27  Erman/Döll §  1696 Rn.  10 a. E.; NK-BGB/Harms §  1696 Rn.  45; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  34.

Teil 4

Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells Die Beendigung und Aufrechterhaltung eines bereits bestehenden Wechsel­ modells ist von besonderer praktischer Relevanz, da es den Eltern im Anschluss an die Trennung oftmals noch gelingt, sich autonom unbefristet oder – gerade bei jungen Kindern – auf eine vorübergehende Praktizierung eines Wechsel­ modells zu verständigen, sie jedoch dann der gerichtlichen Unterstützung bedürfen, wenn sich ein Elternteil – sei es aufgrund von Konflikten mit dem anderen, sei es wegen beruflicher oder familiärer Veränderungen – gegen die bisherige Praxis wendet. Die bereits ausführlich dargestellten (begrenzten) Regelungsbefugnisse des Gerichts hinsichtlich der (aktiven) Anordnung eines Wechselmodells lassen sich auf diese Fallgestaltung weitgehend übertragen. Bisher unbehandelt und daher in diesem Abschnitt von besonderem Interesse ist jedoch die Frage, ob sich das Gericht im Falle eines einseitigen elterlichen Beendigungsbegehrens schlicht passiv zeigen und es damit bei der bisherigen Aufenthaltsregelung, mithin dem praktizierten Wechselmodell, belassen darf oder ob es zwingend eine Regelung zum Aufenthalt(sbestimmungsrecht) treffen muss.

§  11 Elternkonsens Unbehelligt bleibt die Rechtsprechung von Fällen, in denen sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nach der einvernehmlichen Begründung eines Wechselmodells in gleicher Weise wieder von diesem lösen. Die autonome Beendigung des aufgrund bloßer Elternvereinbarung praktizierten Wechselmodells im Konsens steht den Eltern ebenso offen wie die Begründung1 und Abänderung2 desselben. Steht die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu, so ist die Wechselmodellabrede nicht bindend, kann also jederzeit durch den alleinsorge­ berechtigten Elternteil einseitig aufgelöst und das Wechselmodell beendet werden3. Ist der Konsens der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht auf die Beendigung, sondern die Aufrechterhaltung des Wechselmodells gerichtet, beantragt gleichwohl ein Elternteil die gerichtliche Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder gar der Gesamtsorge nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB, um von Auseinandersetzungen mit dem anderen befreit zu werden oder im Falle eines späteren Konflikts über den Aufenthalt des Kindes dieses rechtmäßig zu sich nehmen zu können, so ist dieser Antrag als unbegründet zurückzuweisen: Da die Eltern in Bezug auf den Kindesaufenthalt weiterhin kooperationsbereit und ‑fähig sind, entspricht bereits die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht am besten4. Etwaigen Auseinandersetzungen in anderen Fragen kann hierdurch nicht begegnet werden, da Bedürfnis und Pflicht zu Kommunikation und Kooperation bei einem Wechselmodell aus dessen tatsächlicher Praktizierung resultieren und somit losgelöst vom rechtlichen Konstrukt einer gemeinsamen oder Alleinsorge bestehen5. Die gemeinsame Sorge darf, soweit die Eltern zu einer Einigung (noch) in der Lage sind, also nicht zu dem Zweck 1 

Dazu unter §  4 A. I. 1. (S. 21 f.). Dazu unter §  9 A. (S. 321). 3  S. unter §  6 A. I. 1. a) (ab S. 263). 4  BVerfG FF 2009, 416, 419; OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1714; KG FamRZ 2006, 1626; allg. zur Unerheblichkeit eines Absicherungsbedürfnisses OLG Celle FamRZ 2008, 637; OLG Köln FamRZ 2003, 1950, 1952; FamRZ 2003, 1492, 1493; Staudinger/Coester §  1671 Rn.  260, 138. 5  KG FamRZ 2006, 1626, 1627; s. auch unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (S. 40 f.). 2 

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

(teilweise) aufgelöst werden, Konfliktpotenzial aus der Elternbeziehung zu nehmen und etwa der Dominanz des einen Elternteils in tatsächlicher Hinsicht durch die Zuweisung einer Rechtsposition an den anderen ein rechtliches Gegengewicht gegenüberzustellen6. Einer Übertragung nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB steht dies freilich nicht entgegen. Wurde das Wechselmodell – unabhängig davon, ob die Eltern gemeinsam oder ein Elternteil allein sorgeberechtigt sind bzw. ist – durch einen gerichtlich gebilligten Vergleich gemäß §  156 Abs.  2 FamFG (analog) abgesichert, so bedarf es auch bei Übereinstimmung der Eltern über die Beendigung des Arrangements einer Abänderungsentscheidung unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB (§  166 Abs.  1 FamFG). Hierfür gilt das zur Abänderung Ge­ sagte7 entsprechend; insbesondere ist in dem übereinstimmenden Elternwillen regelmäßig der von §  1696 BGB vorausgesetzte triftige Grund für eine Abänderung zu erkennen8. Soll im Anschluss daran das den Eltern bisher gemeinsam zustehende Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die Gesamtsorge auf einen Elternteil allein übertragen werden, so richtet sich diese Entscheidung unabhängig davon, ob der Vergleich die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder einer bzw. beider Umgangsrechtsposition(en) zum Gegenstand hatte, nach §  1671 Abs.  1 (S.  2 Nr.  1) BGB und nicht nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB, denn der gerichtlich gebilligte Vergleich lässt die Sorgesubstanz stets unberührt9. Hat das Gericht eine periodische Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Gesamtsorge – im Falle gemeinsamer Sorge nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB, im Falle alleiniger Sorge eines Elternteils nach §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB – vorgenommen, so richtet sich die Änderung dieser Entscheidung wiederum nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB. Hat das Gericht den wechselmodellwilligen, zuvor lediglich hinsichtlich der Wechselfrequenz uneinigen Eltern ausnahmsweise nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 bzw. Abs.  2 S.  2 Nr.  2 BGB die Gesamtsorge oder das Aufenthaltsbestimmungsrecht im wiederkehrenden Wechsel zugewiesen und begehren die Eltern nunmehr eine Abänderung, so erfolgt diese ebenfalls nach Maßgabe des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB. Beruhte das Wechselmodell unmittelbar auf gerichtlicher Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB (gegebenenfalls i. V. mit Abs.  3 Nr.  6, §  1909 Abs.  1 S.  1 BGB) oder ausnahmsweise nach §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB, so wird eine Einigung der Eltern über den Kindesaufenthalt die von dem Streit ausgegangene Kindeswohlgefährdung regelmäßig entfallen las6 

BVerfG FF 2009, 416, 419. Unter §  10 (ab S. 325). 8  Zur Korrektur des Maßstabs von §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB im Falle eines übereinstimmenden Elternwillens bereits unter §  4 B. II. 1. a) bb) (2) (S. 174 f.). 9  Hierzu unter §  4 B. I. 1. b) aa) (2) (b) (bb) (bbb) (ab S. 130). 7 

§  11 Elternkonsens

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sen und das Gericht zu einer Abänderung bzw. Aufhebung seiner Entscheidung nach §  1696 Abs.  2 BGB zwingen. Eine sich gegebenenfalls anschließende Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil allein unterläge den Voraussetzungen des §  1671 Abs.  1 (S.  2 Nr.  1) BGB. Ein dem übereinstimmenden Elternwillen zuwiderlaufendes gerichtliches Eingreifen von Amts wegen, sei es auf die Beendigung, sei es auf die Aufrechterhaltung des Wechselmodells gerichtet, kommt ausschließlich im Falle einer – spiegelbildlich durch die Aufrechterhaltung bzw. Beendigung des Wechselmodells ausgelösten – Kindeswohlgefährdung in Betracht.

§  12 Elterndissens Nachfolgend sind die Fallgestaltungen in den Blick zu nehmen, in denen die Eltern hinsichtlich der Beendigung des Wechselmodells oder der weiteren Betreuung des gemeinsamen Kindes uneins sind. Die Uneinigkeit kann sich also zum einen bereits auf die Beendigung des Wechselmodells beziehen: Dem Beendigungsbegehren des einen Elternteils steht das Fortsetzungsbegehren des anderen gegenüber. Sie kann sich zum anderen auf die Fortsetzung der (recht­ lichen und/oder tatsächlichen) gemeinsamen Sorge im Anschluss an die übereinstimmend gewollte Beendigung des Wechselmodells beziehen: Beide Elternteile sehen das Wechselmodell als gescheitert an und begehren den Kindesaufenthalt (samt Rechtsposition zur Festlegung desselben) jeweils allein bei sich.

A. Elternautonom begründetes Wechselmodell Beruht das Wechselmodell auf einer autonomen Vereinbarung der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile, so ändert eine einseitige Aufkündigung an deren Bindungswirkung zunächst nichts; hierzu bedarf es vielmehr einer gerichtlichen Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB oder, sofern die Abrede den Umgang betraf, nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB. Sind sich die Eltern zwar über die Beendigung des Wechselmodells einig, ist die Elternvereinbarung also beidseitig aufgekündigt und damit beseitigt, beanspruchen sie jedoch die Alleinsorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht je für sich, so bedarf es ebenfalls einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB sowie gegebenenfalls einer zusätzlichen Umgangsentscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB. Sind die Beendigung des Wechselmodells und die Bestimmung des fortan hauptsächlich betreuenden Elternteils unstreitig, steht jedoch der Umfang des vom anderen Elternteil wahrzunehmenden Umgangs zur Diskussion, genügt eine gerichtliche Entscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB. Steht die Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht einem E ­ l­­ternteil allein zu, so entfaltet die Wechselmodellabrede, wie bereits festgestellt1, 1 

Unter §  6 A. I. 1. a) (S. 263).

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

keine Bindungswirkung; der (insoweit) alleinsorgeberechtigte Elternteil kann sie also einseitig auflösen. Beruht die Alleinsorge auf §  1626a Abs.  3 BGB, so kann der Vater zwecks Aufrechterhaltung des Wechselmodells oder Begründung eines Residenzmodells bei sich die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts oder der Gesamtsorge nach §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  2 BGB beantragen. Ist die Alleinsorge dagegen Folge einer Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB, so kann der nichtsorgeberechtigte Elternteil deren Abänderung nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB anregen.

I. Aufrechterhaltung des Wechselmodells Von besonderem Interesse ist freilich die Konstellation, in der das Gericht – etwa gestützt auf den ausdrücklich erklärten Kindeswillen oder Ausführungen von Sachverständigen – im praktizierten Wechselmodell die dem Kindeswohl am besten entsprechende Betreuungsweise erkennt und diese gegen den Willen eines Elternteils oder beider aufrechtzuerhalten gedenkt. 1. Unmittelbar durch gerichtliche Entscheidung In Betracht kommt zunächst eine unmittelbare Festlegung des Wechselmodells mit der bereits praktizierten oder einer abweichenden Wechselfrequenz. Hier wird von den Gerichten eine Sorgerechtsregelung nach §  1671 BGB2 ebenso in Erwägung gezogen wie eine Umgangsregelung3. Diese wären auch gegen den erklärten Willen beider Elternteile – mithin im Falle einer beidseitig aufgekündigten Elternvereinbarung – denkbar. Es muss jedoch an dieser Stelle ebenso wie bei der originären Begründung eines Wechselmodells gelten, dass dessen unmittelbare Festlegung mit Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG zuvörderst in die Hände der Eltern und nicht des Gerichts gelegt ist. Dieses darf das Wechselmodell also weder durch eine sorgerechtliche noch durch eine Umgangsentscheidung verfügen, es sei denn, diese Betreuungsweise stellt die einzige dar, die das Kindeswohl nicht gefährdet. Denn sofern das 2  Zu §  1671 Abs.  1 BGB OLG Schleswig (5. FamS) SchlHA 2014, 456: „Regelung der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der vom Familiengericht […] getroffenen Weise“; hiergegen zu Recht OLG Schleswig (2. FamS) SchlHA 2017, 145, 150 = FamRZ 2016, 1945 (2. LS). 3  OLG Braunschweig FamRZ 2015, 61; OLG Hamburg FamRZ 2016, 909, 911; FamRZ 2016, 912, 913; KG FamRZ 2012, 886 (zu dieser Entscheidung sogleich ausf.); FamRZ 2010, 1169, 1170 (unter gleichzeitiger Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den V ­ ater); AG Heidelberg FamRZ 2015, 151; AG Hannover FamRZ 2014, 1212 (einstw. AO); offengelassen vom KG FamRZ 2014, 50, 51 f.; abl. OLG Brandenburg FF 2012, 457; Beschl. v. 3.7.2015 – 10 UF 173/14, juris Rn.  21 = FamRZ 2015, 1818 (LS).

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Wechselmodell aus gerichtlicher Sicht lediglich eine „bessere“ Art der Pflege und Erziehung des Kindes ermöglicht als ein Residenzmodell, verbietet sich mangels Aktivierung des Wächteramts eine gerichtliche Anordnung4. Dass das Wechselmodell die einzige das Kindeswohl nicht gefährdende Betreuungsweise darstellt, wird, wie oben bereits festgestellt5, nur ganz ausnahms­ weise der Fall sein. Eine solche Ausnahme ist jedoch eher vorstellbar, wenn die Eltern das Wechselmodell bereits praktiziert haben. In dieser Zeit kann es sich bewährt haben, und vor allem der Wille des Kindes, das sich mit dem Wechsel und seinen Auswirkungen vertraut machen konnte, gewinnt an Aussagekraft und damit Relevanz für die Bestimmung seines Wohls6. So hat das Kammer­ gericht7 in einem ausdrücklich als in einem Ausnahmefall ergangen und als Einzelfallentscheidung betitelten Beschluss das bereits praktizierte Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils zwecks Streitschlichtung im Wege einer Umgangsregelung verfügt, weil dieses dem Wohl des Kindes am besten entspreche und – dies als entscheidendes Kriterium für das angeordnete Wechselmodell herausstellend – mit seinem geäußerten Willen übereinstimme. Wendet das Gericht auch offensichtlich den Maßstab der §§  1684 Abs.  3 S.  1, 1697a BGB an, so klingt in seiner Begründung gerade im Hinblick auf die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung des Kindeswillens doch auch die Möglichkeit einer Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal der Kindeswohlgefährdung i. S. des §  1666 Abs.  1 BGB an: Die Nichtbeachtung des klar geäußerten Willens – gar der „eindeutige[n] Anweisung des Kindes, dass alles so zu lassen sei, wie es ist“, das bereits praktizierte Wechselmodell also bestehen zu lassen – würde, so die Sachverständige und der sich anschließende Senat, „ein erhebliches Problem darstellen […], weil sich dann [das Kind] nicht mehr hinreichend wahrgenommen fühlen würde“ und daher „die Gefahr einer Schwächung der kindlichen Selbstwirksamkeitserwartung“ bestünde8. In einem – zumindest den veröffentlichten Sachverhaltsangaben und Gründen nach zu urteilen – vergleichbaren Fall bejahte das Oberlandesgericht Brandenburg9 eine Kindeswohlgefährdung, weil der unaufhörliche Streit der Eltern über den Kindesaufenthalt und das Betreuungsmodell sowie eine Übergehung des gleichfalls klar auf ein 4  Zu den von Verfassungs wegen begrenzten Entscheidungsbefugnissen des Gerichts im Bereich der elterlichen Sorge ausf. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ddd) (S. 211 f.), im Bereich der Umgangsbestimmung unter §  5 A. II. 2. b) bb) (2) (S. 251 ff.). 5  Unter §  5 A. I. 2. b) (S. 235). 6  Zu diesem Aspekt unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (f) (S. 55). 7  FamRZ 2012, 886. 8  KG FamRZ 2012, 886, 887; ähnlich OLG Hamburg FamRZ 2016, 909, 912: „Nichtbeach­ tung des Willens des zwölfeinhalb Jahre alten Kindes […] birgt die Gefahr der Kindeswohlschädigung“; FamRZ 2016, 912, 914: „weitreichende negative seelische Auswirkungen“. 9  NJW-RR 2010, 872.

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Wechselmodell gerichteten Willens des Kindes eine Schädigung des­selben befürchten ließen. Auch im vom Kammergericht entschiedenen Fall ­hätte der Weg zum verordneten Wechselmodell dogmatisch über §  1666 Abs.  1 BGB führen müssen und – darauf deuten die Ausführungen zur Übergehung des als relevant herausgestellten Kindeswillens zumindest hin – tatsächlich auch ­können. Doch teils sicherlich berechtigter, zum Teil aber auch überzogener Respekt10 vor der allgemeinen Kindesschutzgrenze dürften diesen Weg verstellt haben, der schwerwiegend, aber – die Verdrängung der Eltern bei der Entscheidung über den Kindesaufenthalt als solche bezeichnend – wenigstens offen in die elterliche Erziehung eingreift und sich im Einzelfall durchaus auf das staatliche Wächteramt stützen lässt. Es sei an dieser Stelle klargestellt, dass keinesfalls für eine Absenkung oder Aufweichung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung plädiert wird, ganz im Gegenteil. Die Maßnahme – Anordnung eines Betreuungsmodells – greift aber nicht dadurch weniger in die Elternverantwortung ein und genießt nicht deshalb eine geringere Rechtfertigungslast, weil auf einfachrechtlicher Ebene insbesondere mit §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB oder §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB eine Rechtsgrundlage zur Anwendung gebracht wird, die nicht nur einen gänzlich anderen Zweck verfolgt, sondern auch zur Rechtfertigung solcher Maßnahmen vor der Verfassung gar nicht taugt. Maßgebend ist einzig und allein, ob das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung, wie sie auch immer formuliert und welcher einfachrechtlichen Ausprägung der Elternverantwortung (Sorge oder Umgang) sie auch zugewiesen sein mag, auf verfassungsrechtlicher Ebene eine Verdrängung beider Elternrechte ist oder ob die Entscheidung über die Pflege und Erziehung des Kindes in der Sache weiterhin den Eltern oder zumindest einem Elternteil überlassen, der Elternvorrang also gewahrt bleibt. Ist ersteres der Fall, verbietet die gerichtliche Entscheidung in ihrem Anwendungsbereich also eine elterliche, so folgt der Maßstab für das gerichtliche Einschreiten, da der Staat nunmehr – wissentlich oder auch nicht – als Erziehungsträger tätig wird, nicht aus einfachrechtlichen Vorschriften, sondern aus der Verfassung selbst, und diese verlangt eine Vernachlässigung des Kindes11, ein Versagen der Eltern12 , einfachrechtlich ausgedrückt: eine Kindeswohlgefähr­ dung durch das elterliche Handeln oder Unterlassen. Wird nun eine kindesschutz­ rechtliche Maßnahme über Rechtsgrundlagen erlassen, die eine Kindeswohl­ erforderlichkeit oder gar ‑dienlichkeit genügen lassen, so findet damit – bewusst oder ohne dies überhaupt zu erkennen – eine Absenkung der Eingriffsvoraus10  Die historisch bedingte Zurückhaltung bei staatlichen Interventionen in das Eltern-­ Kind-Verhältnis als teilweise nicht mehr nachvollziehbar bezeichnend Salgo FuR 1990, 363. 11  BVerfGE 24, 119, 143 = FamRZ 1968, 578, 584. 12  BVerfGE 24, 119, 144 = FamRZ 1968, 578, 584.

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setzungen ins elterliche Erziehungsrecht statt, die auch Konsequenzen für andere Fallgestaltungen zeitigen könnte. 2. Mittelbar aufgrund gerichtlicher Entscheidung Hält ein Elternteil am Wechselmodell fest, so kann das Gericht dessen Aufrechterhaltung durch Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an diesen Elternteil nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 bzw. Abs.  2 S.  2 Nr.  2 BGB (dazu unter a)) oder schlicht durch Zurückweisung des Antrags des residenzmodellwilligen Elternteils bzw. beider Anträge (dazu unter b)) begünstigen. In beiden Fällen beruht das Wechselmodell (lediglich) mittelbar auf der gerichtlichen Entscheidung; unmittelbare Grundlage findet es in der Entscheidung des dann alleinaufenthaltsbestimmungsberechtigten Elternteils bzw. in der fortbestehenden Elternvereinbarung. Unzulässig ist dagegen eine als rechtliches Minus deklarierte Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts im wiederkehrenden Wechsel. Da sich das Gericht durch die konkrete zeitliche Aufteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts in die unmittelbare Nähe einer eigenen Entscheidung in der Sache begibt und gezielt die tatsächliche Ebene der Sorge durch die Gestaltung der rechtlichen antizipiert, ist eine solche auf ein Aliud hinauslaufende Entscheidung weder mit §  1671 BGB noch Art.  6 Abs.  2 GG vereinbar13. a) Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den wechselmodellwilligen Elternteil Die Aufrechterhaltung des Wechselmodells lässt sich zum einen durch gerichtliche Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an denjenigen Elternteil positiv beeinflussen, der diese Form der Betreuung fortzusetzen gedenkt14. Die Entscheidung zu seinen Gunsten lässt sich mit dem Wunsch und der Bereitschaft begründen, auch den anderen Elternteil möglichst intensiv in die Betreuung und Versorgung des Kindes einzubinden und die Kooperation zu verbessern15. Stößt dieser Elternteil jedoch bei der Durchsetzung in tatsächlicher Hinsicht auf Widerstand, verwehrt sich der andere Elternteil also einer fortdauernden wechselweisen Betreuung des Kindes, so vermag auch das alleinige Innehaben des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht darüber hinwegzuhelfen: Eine Hand13 

S. unter §  5 A. I. 2. a) bb) (ab S. 225, insb. S. 228). So gehandhabt vom OLG Jena, Beschl. v. 22.8.2011 – 2 UF 295/11, juris Rn.  16, 21; AG Duisburg FamRZ 2015, 1305, 1306 (einstw. AO); zwischen diesem Weg und einer Umgangsregelung schwankend, letztlich aber offenlassend wegen Umzugs eines Elternteils OLG Brandenburg, Beschl. v. 6.5.2016 – 10 UF 7/16, juris Rn.  26 = FamRZ 2016, 1945 (LS). 15  OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256, 257. 14 

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lungspflicht trifft allenfalls den Inhaber des Pflichtrechts, nicht aber den anderen Elternteil; erzwungen werden kann im Anschluss an die Ausübung der Rechtsposition mithin allein die Herausgabe des Kindes von letzterem, nicht aber die Aufnahme und Betreuung durch diesen16. Die Eventualität, dass die Fortsetzung des Wechselmodells scheitert, muss das Gericht im Rahmen seiner Prognose berücksichtigen. Steht der wechselmodellwillige Elternteil nämlich aus zeitlichen oder sonstigen Gründen für eine Betreuung des Kindes im Residenzmodell nicht zur Verfügung, so ist der Kindesaufenthalt nach der gerichtlichen Entscheidung ebenso ungeklärt wie zuvor und kann folglich die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn dem Kindeswohl nicht am besten entsprechen. Für eine sichere Aufenthalts­ regelung steht damit letztlich stets nur derjenige Elternteil ein, der das Kind – wenn auch bloß nachrangig – im Residenzmodell betreuen würde. b) Zurückweisung des Antrags oder der Anträge auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts Eine „echte“ Aufrechterhaltung der bisherigen Wechselmodellpraxis läge in der schlichten Zurückweisung des Antrags des residenzmodellwilligen Elternteils bzw. – sofern auch der wechselmodellwillige vorsorglich einen gestellt hat – beider Anträge auf Übertragung zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1671 Abs.  1 BGB17. Teils wird jedoch vertreten, das Gericht müsse im Falle eines Streits über das Betreuungsmodell und gestellter Anträge zwingend eine Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts vornehmen und sei aus Rechtsgründen daran gehindert, beide Anträge zurückzuweisen und das Wechselmodell so bestehen zu lassen18. Mit einer solchen Entscheidung würde einem Elternteil die Fortset16  Hierzu bereits ausf. unter §  4 B. I. 1. a) cc) (2) (b) (ab S. 119); zur Durchsetzbarkeit eines gerichtlich gebilligten Vergleichs – zur Sorge – unter §  4 B. I. 1. b) aa) (1) (a) (ab S. 121) und – zum Umgang – §  4 B. I. 2. a) bb) (ab S.  148). 17  Nicht vergleichbar ist an dieser Stelle die Situation des einen Antrag nach §  1671 Abs.  2 BGB stellenden nichtsorgeberechtigten Vaters auf Übertragung zumindest des Aufenthaltsbestimmungsrechts; dieser wird bei Zurückweisung seines Antrags nicht an einer Vereinbarung festgehalten, da diese ohnehin keine Bindungswirkung entfaltet, sodass die Zurückweisung dogmatisch unproblematisch möglich ist. 18  So OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256 m. zust. Anm. Soyka FuR 2011, 416; ebenso ­Hammer FamRZ 2015, 1433, 1436: Streit bliebe sonst unentschieden, es sei denn, die Eltern erzielten noch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung Einigkeit; Finke NZFam 2014, 865, 870; Heiß/Castellanos/Heiß, Gemeinsame Sorge und Kindeswohl nach neuem Recht, 2013, §  2 Rn.  543; für den Regelfall KG FamRZ 2012, 886, 887; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  30; s. auch OLG Koblenz FamRZ 2015, 1911 (einstw. AO); zu einer „beantragten“ Umgangsregelung BGH FamRZ 2017, 532, 533 Rn.  10, der die Anordnung eines Wechsel­

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zung der Wechselbetreuung aufgezwungen, wofür die gesetzlichen Vorschriften jedoch keine Ermächtigungsgrundlage enthielten19. Eine Überschreitung der gerichtlichen Regelungskompetenz liege also nicht nur in der expliziten Anordnung eines Wechselmodells, sondern auch in der Zurückweisung von Sorgerechtsanträgen, die zum Zwecke der Beendigung eines praktizierten Wechselmodells von einem oder beiden Elternteilen gestellt werden 20. Dem ist nur zum Teil zuzustimmen. Die Aufrechterhaltung eines Wechselmodells durch Zurückweisung der Sorgerechtsanträge kann nicht unbesehen mit der Anordnung eines Wechselmodells gleichgesetzt werden. Denn im erstgenannten Fall ist es nicht das Gericht, das das Wechselmodell unmittelbar festlegt, dieses beruht vielmehr weiterhin auf der – solange bloß einseitig aufgekündigt: fortbestehenden – Elternvereinbarung21. Einer gesonderten Ermächtigungsgrundlage bedarf es damit ebenso wenig wie des Vorliegens der strengen Voraussetzungen von §  1666 Abs.  1 BGB. Die Bindungswirkung einer Elternvereinbarung kann jedoch nicht grenzenlos sein. Sind die Eltern zu einer einvernehmlichen Beseitigung nicht mehr in der Lage, so stellt die Anrufung des Gerichts die einzige Möglichkeit dar, sich vom Erklärten zu lösen. Der Staat, namentlich das Gericht, ist in diesem Falle zur Wahrung des Rechtsfriedens und im durch den elterlichen Streit gefährdeten Interesse des Kindes zu einer Entscheidung berufen 22. In seiner Rolle als Schlichter trifft ihn damit nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den Elternstreit zum Wohle des Kindes aufzulösen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht zur Verwirklichung des Kindeswohls berechtigt oder verpflichtet wäre23. Diese modells über §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB für möglich hält; a. A. OLG Köln, Beschl. v. 6.1.2016 – 10 UF 162/15, juris Rn.  7, 9 f.: Zurückweisung des Antrags der Mutter wegen jahrelang funktionierenden Praktizierens eines Wechselmodells trotz „heilloser Zerstrittenheit“; NJW-RR 2008, 1319, 1320; OLG Naumburg FamRZ 2014, 1860; OLG Frankfurt FamFR 2013, 500; OLG Bamberg FamRZ 2001, 1310 (einstw. AO); AG Hannover FamRZ 2001, 846 (einstw. AO), JAmt 2001, 557 (Hauptsache); Damljanovic, Wechselmodell, 2016, 91 f.; Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1163, 1167; Jokisch FuR 2013, 679, 683 f.; Soergel/ Runge-Rannow §  1671 Rn.  43; Heilmann/Keuter §  1671 Rn.  25 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  85: „nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen“; wohl auch OLG Dresden FamRZ 2017, 896, 897, wenngleich iErg. das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragend. 19  OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256, 257; in Bezug auf den Einzelfall zust., wenngleich insofern krit., als aus der Entscheidung ein allumfassender Grundsatz hergeleitet würde, Horndasch FuR 2011, 593, 596: „allüberstrahlend“ gelte, dass das Wohl des Kindes alleinige Richtschnur jeder Entscheidung sein müsse; s. auch dens. FuR 2016, 558, 559. 20  OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256, 257. 21  Kinderrechtekommission des DFGT FamRZ 2014, 1157, 1163; Heilmann/Keuter §  1671 Rn.  25 f. 22  S. unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ccc) a. (S. 200) m. zahlr. N. in §  5 Fn.  61. 23  Zur Bedeutung des Kindeswohls in Bezug auf die elterliche und die staatliche Verant-

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Aufgabe trifft wegen Art.  6 Abs.  2 S.  1 GG weiterhin zuvörderst die Eltern. Aufgabe des Gerichts ist es, diese – notfalls einen allein – wieder in die Lage zu versetzen, ihrer bzw. seiner Verantwortung gerecht werden zu können. Das Kindeswohl dient dem Gericht mithin (lediglich) als Auswahlkriterium im elterlichen Streit um den Erziehungsvorrang, ohne dass er selbst in diesen als Partei eintreten würde24. Daraus folgt einerseits, dass das Gericht die Anträge der Eltern nicht schon deshalb zurückweisen darf, weil es selbst die Pflege und Erziehung des Kindes im Wechselmodell für die dessen Wohl am besten entsprechende Betreuungsweise hält. Daraus folgt aber anderseits auch, dass das Gericht die einfach- wie verfassungsrechtliche Rechtsposition eines Elternteils zugunsten des anderen nur dann verkürzen darf, wenn dies auch wirklich erforderlich ist. Ausschließlich dann, wenn sich die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern in einzelnen Angelegenheiten, einer bestimmten Art von Angelegenheiten oder in Teilbereichen der elterlichen Sorge nicht (mehr) auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können, ist im Umfang des Dissenses die Übertragung der alleinigen Verantwortung auf einen Elternteil geboten 25. Umgekehrt kann und muss eine Übertragung unterbleiben, wenn und soweit sich die Eltern noch einigen können, das heißt objektive Kooperationsfähigkeit und subjektive Kooperationsbereitschaft der Eltern bzw. eine tragfähige soziale Beziehung zwischen diesen fortbestehen 26. Insoweit kann ein im Wesentlichen zur Zufriedenheit der Beteiligten praktiziertes Wechselmodell ein Anzeichen für ein Mindestmaß an Übereinstimmung sein 27. Problematisch an diesen Kategorien ist jedoch, dass sie zum einen schwer zu bestimmen, zum anderen einfach zu manipulieren sind. Eine fehlende Kooperation lässt sich durch ein Heraufbeschwören von Konflikten gezielt herbeiführen. Als Gründe für die Aufhebung der gemeinsamen Sorge seien zwar bloße Verständigungsprobleme ebenso wenig ausreichend wie der Wunsch, Ruhe vor dem jeweils anderen zu haben, oder die Behauptung, nicht mehr miteinander reden zu können; erforderlich seien vielmehr konkrete Kommunikationsschwierigkeiten oder die Unfähigkeit, in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung eine Einigung zu erzielen 28. Diese Abgrenzungskriterien taugen allerdings letztlich nur in Bezug auf die Aufhebung der gemeinsamen wortung für die Pflege und Erziehung des Kindes unter §  5 A. I. 1. a) aa) (2) (b) (aa) (ddd) (ab S. 209). 24  Jestaedt DVBl. 1997, 693, 697. 25  OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256, 257. 26  BVerfG FF 2009, 416, 419; KG FamRZ 2006, 1626, 1627; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  49, 55 m. zahlr. w. N. aus der Rspr.; Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  36 f. 27  BVerfG FF 2009, 416, 419 m. Anm. Giers FamFR 2009, 28; OLG Köln, Beschl. v. 6.1.2016 – 10 UF 162/15, juris Rn.  10. 28  BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  49 a. E., 51.

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Sorge insgesamt. Verwehrt sich ein Elternteil vehement der Praktizierung eines bestimmten Betreuungsmodells, so liegt mit dem Streit über die Aufenthaltsbestimmung dagegen stets ein solcher über eine erhebliche Angelegenheit vor29, der regelmäßig die Aufhebung der gemeinsamen Sorge in diesem Bereich der elterlichen Sorge zur Folge haben müsste30. Die Lösung des Problems, dass sich ein Elternteil gezielt – etwa aus verfahrenstaktischen Gründen31 – einer Kooperation mit dem anderen verschließen könnte, um eine gerichtliche Entscheidung zu erzwingen und mit dieser die Alleinverantwortung zu erhalten, ist letztlich in der Beweislast zu suchen. Diese trifft, da die von den Eltern noch in Übereinstimmung getroffene Vereinbarung über die Betreuung ihres Kindes im Wechselmodell die Vermutung zulässt, dass sie dem Kindeswohl entspricht32 , denjenigen Elternteil, der sich vom Vereinbarten nun lossagt. Es ist mithin an ihm zu begründen, warum seine in der ursprünglichen Vereinbarung zum Ausdruck gebrachte Einstellung zum Kindeswohl nicht zutreffend war oder es nicht mehr ist33. Ähnlich wie nach §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB kann die bloße Änderung des Willens ohne zusätzliche Veränderung der äußeren Verhältnisse dazu schwerlich genügen; dieser geänderte Elternwille muss vielmehr Ausdruck einer inzwischen eingetretenen Entwicklung sein, die im Interesse des Kindes dringend eine Änderung verlangt34. Denn entscheidendes Gewicht für die (teilweise) Aufhebung der gemeinsamen Sorge haben nicht die Spannungen oder Streitigkeiten der Eltern an sich; es kommt vielmehr darauf an, welche Auswirkungen eine fehlende Einigung bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird 35. Kann der Elternteil, der sich von der Wechselmodellpraxis los­ sagen möchte, also keine Veränderungen tatsächlicher Art – etwa den Wohnort oder den Beruf betreffend – vorbringen, die seinen geänderten Willen erklären36, und entspricht die Praktizierung des Wechselmodells nachweislich wei29 

BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1687 Rn.  16.2. Johannsen/Henrich/Jaeger §  1671 Rn.  36a a. E. 31  OLG Naumburg FamRZ 2014, 1860, 1861. 32  Zu dieser „gewichtigen Indizwirkung“ BGH FamRZ 2011, 796, 801 Rn.  78; näher unter §  4 A. II. 1. b) cc) (2) (b) (bb) (ab S. 72) m. w. N. 33  Staudinger/Coester §  1671 Rn.  62, 86; a. A. MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  45. 34  OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1046, 1047; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  13 a. E., 30. 35  OLG Brandenburg FamRZ 2014, 1714; KG FamRZ 2006, 1626: Der Wunsch nach einer Befreiung des Elternteils von kleinlichen Auseinandersetzungen mit dem anderen sowie von der persönlich als belastend empfundenen Situation ist also nicht maßgeblich. 36  Die Motive für die nunmehrige Ablehnung des Wechselmodells und die zu erwartenden Auswirkungen der Betreuungsänderung auf das Kindeswohl sind also genau zu untersuchen: Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 384; dies. FamRB 2013, 290, 293; ebenso Jokisch 30 

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

terhin dem Kindeswohl37 – bei dessen Bestimmung wird der Wille des Kindes ebenso eine gewichtige Rolle spielen wie der Gesichtspunkt der Kontinuität38 –‍, so ist die Indizwirkung der Elternvereinbarung als kindeswohldienlich nicht widerlegt, die Vereinbarung folglich aufrechtzuerhalten. Das Gericht kann dann nicht nur, es muss sogar die Anträge der Eltern zurückweisen und es im Bereich der Aufenthaltsbestimmung bei der gemeinsamen Sorge und deren vereinbarter Ausübung im Wechselmodell belassen. Die Konstruktion der Indizwirkung liefe leer, müsste das Gericht im Falle seiner Anrufung zwingend eine die strittige Elternvereinbarung beseitigende Entscheidung treffen. Hieraus folgt auch keine Verstärkung der Bindungswirkung der Elternvereinbarung. Eine solche wäre problematisch, wird doch der Elternstreit letztlich vom Gericht nicht verbindlich entschieden, die Eltern vielmehr nur angemahnt, sich zu ihrem früheren Konsens zu bekennen. Widersetzt sich der eine Elternteil der Wechselmodellpraxis auch weiterhin, sind erneute Anträge jedoch abermals am Maßstab des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB und nicht des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB zu messen39. In einem solchen Falle ist das Wechselmodell wohl endFuR 2013, 679, 684; Horndasch FuR 2011, 593, 595, 596: Wunsch nach mehr Freizeit etwa nicht ausreichend; ders. FuR 2016, 558, 559 f.; s. auch OLG Koblenz FamRZ 2010, 738, 739, das den Antrag der Kindesmutter auf Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch oder eigennützige Motive prüft; AG Hannover JAmt 2001, 557, 558: elterliche Beziehung unverändert. 37  Das AG Hannover JAmt 2001, 557, 558, beließ es beim gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrecht (zur dogmatisch zweifelhaften Abänderung der Elternvereinbarung unter §  9 B. [S. 322 ff.]), da die Eltern das Wechselmodell über mehr als zwei Jahre hin praktizierten, ohne dass sich ihre Beziehung verändert oder diese schädlich auf das Kind und den Wohnungswechsel gewirkt hätte; dagegen teilte das OLG Düsseldorf ZKJ 2011, 256 f., zwar ebenfalls die Einschätzung der Sachverständigen und des Familiengerichts, dass die Beibehaltung des Wechselmodells dem Kindeswohl am zuträglichsten wäre, da dessen Umsetzung reibungslos funktioniere und es zu keinerlei Belastungen für das Kind führe, und erwartete daher mit einer Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts keine Verringerung des Streitpotenzials der Eltern oder eine Entlastung des Kindes, nahm diese jedoch aus Rechtsgründen gleichwohl vor; zu einer Entscheidung sah sich auch das KG FamRZ 2012, 886, 887 f., gezwungen, obwohl die anderthalbjährige Praktizierung des Wechselmodells dem Kind gut getan und seine Entwicklung gefördert habe, und traf diese im Bereich des Umgangs; das OLG Brandenburg NJOZ 2003, 3041, übertrug, obwohl sich „die Kinder [im Wechselmodell] völlig unauffällig entwickelt haben und keine Entwicklungsstörungen aufweisen“ (S.  3043), zudem „in der Vergangenheit alles recht reibungslos funktioniert hat“ (S.  3045), das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter, weil gesicherte Erkenntnisse über die Auswirkungen eines länger praktizierten Wechselmodells auf das Kind fehlten. 38  Jokisch FuR 2013, 679, 683 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  85 a. E.; zweifelhaft OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.4.2002 – 10 UF 13/02, juris Rn.  13 = FamRZ 2003, 1949 (LS), das den Willen des Kindes, das den wechselnden 14-tägigen Aufenthalt jedes Mal als ein „Stückchen Urlaub“ erlebe und daran festhalten wolle, übergeht, weil die Kontakte zu den Eltern nicht spielerischer Natur sein dürften, sondern einer stärkeren Regulierung bedürften. 39  Staudinger/Coester §  1696 Rn.  55 m. Bsp.  4; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  41.

§  12 Elterndissens

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gültig als gescheitert anzusehen. Die Weigerungshaltung samt Gründen hierfür können vom Gericht dann freilich bei der Frage zu berücksichtigen sein, welchem Elternteil die Alleinsorge (in Bezug auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht) zuzuweisen ist. Eine Elternvereinbarung, in der sich die verfassungsrechtlich garantierte Elternautonomie niederschlägt, erwehrt sich damit nicht nur des Zugriffs durch den Staat – dieser hat gegen den übereinstimmenden Elternwillen unterhalb der Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB kaum Handhabe (s. nur §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4 BGB) –‍, sondern auch des einseitigen Abrückens durch einen Elternteil, sofern dieses nicht von Gründen des Kindeswohls getragen ist. Denn die Elternrechte bestehen nicht um ihrer selbst willen, sie schützen nicht ein willkürliches Verhalten der Eltern, sondern bestehen in erster Linie zum Nutzen und zum Schutze des Kindes. Dies kann es rechtfertigen, einen Elternteil an seiner früheren Entscheidung, die noch am Kindeswohl ausgerichtet war, zulasten einer Willensänderung, die es nicht mehr ist, festzuhalten. Ein unzulässiges gerichtliches Handeln liegt hierin nicht. Es ist die korrekte Anwendung des §  1671 Abs.  1 BGB40 und wird dem staatlichen Schlichteramt gerecht, jedenfalls sofern das Gericht davon ausgehen darf, der residenzmodellwillige Elternteil werde sich „fügen“. 3. Vermittlung durch das Gericht und Aufnahme der Aufenthaltsregelung in einen gerichtlich gebilligten Vergleich (§  156 Abs.  1 und 2 FamFG) Der optimale Weg verläuft freilich über die (Wieder‑)Herstellung elterlichen Einvernehmens in der Frage der Aufenthaltsbestimmung. Gelingt es dem Gericht, durch seine Vermittlungsbemühungen nach §  156 Abs.  1 FamFG auf ein solches hinzuwirken, so kann die Regelung im Anschluss Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs i. S. von §  156 Abs.  2 FamFG (analog) werden41.

II. Beendigung des Wechselmodells Gelangt das Gericht in Übereinstimmung mit einem Elternteil oder beiden dagegen zu der Überzeugung, dass die Beendigung des Wechselmodells dem Kindeswohl am besten entspricht, so hebt es, sofern das Fehlen von objektiver Kooperationsfähigkeit und subjektiver Kooperationsbereitschaft der Eltern bzw. 40  Dass dessen Anwendung generell eine gemeinsame (rechtliche) Sorge wider Willen eines Elternteils oder gar beider hervorbringen kann, wurde bereits unter §  4 B. II. 1. a) aa) (3) (S. 164) festgestellt. 41  Zu diesem ausf. – zur Sorge – unter §  4 B. I. 1. b) aa) (ab S. 121) und – zum Umgang – §  4 B. I. 2. a) (ab S. 147).

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen diesen festgestellt ist, die gemeinsame Sorge zumindest in Bezug auf die Aufenthaltsbestimmung auf. Vorausgesetzt, ein entsprechender Antrag42 nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB des zu begünstigenden Elternteils ist gestellt, überträgt das Gericht die (Teile der) Sorge anhand der üblichen Kriterien – Erziehungseignung der Eltern, Förderungs- und Kontinuitätsprinzip, Bindungen und Wille des Kindes43 – auf denjenigen Elternteil, der für die dem Kindeswohl am besten entsprechende Betreuung, namentlich ein Residenzmodell, einsteht44. Das Förderprinzip streitet dabei für denjenigen Elternteil, der dem Kind den Übergang in die veränderte Lebenssituation besser gewährleisten kann bzw. eher die Gewähr dafür bietet, dass das bisher praktizierte Wechselmodell beendet wird45. Entscheidend für die Beurteilung des praktizierten Wechselmodells als kindeswohldienlich oder ‑abträglich sind die Auswirkungen desselben auf das konkrete Kind; das Gericht darf sich also nicht unter Verweis auf seine Spruchpraxis oder die des Oberlandesgerichts in vergleichbaren Fällen etwa von Erwägungen leiten lassen, ein vierzehntäglicher Wochenendumgang sei „normal“ oder „generell kindeswohlgeeigneter“ als eine Betreuung im Wechselmodell46. Herrscht über den Umgang ebenfalls Uneinigkeit, so kann das Gericht über diesen in einem gesonderten Verfahren auf elterliche Anregung oder von Amts wegen nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB entscheiden. 42 

Zum Antragserfordernis unter §  5 A. I. 2. a) aa) (1) (b) (S. 222). BGH FamRZ 2017, 532, 535 Rn.  25; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  61 ff. 44  OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.9.2012 – 13 UF 9/11, juris Rn.  9, 47, 49 = ZKJ 2013, 31 (LS): Bindungstoleranz und – wegen der fast zwei Jahre später ergangenen Entscheidung über die Beschwerde – Umgebungskontinuität zugunsten der Mutter ausschlaggebend; FamRZ 2008, 1474, 1475 f.: ausgeprägtere Bindungstoleranz der Mutter, Zurückstellung eigener Interessen; OLG Dresden, Beschl. v. 8.12.2008 – 21 UF 0400/08, aufgehoben durch BVerfG FamRZ 2009, 1389, 1390: mangelnde Bindungstoleranz der Mutter nicht hinreichend belegt; AG Sangerhausen, Beschl. v. 1.9.2008 – 2 F 96/08 SO, juris Rn.  23: Bindungstoleranz des Vaters, Kooperationsbereitschaft, Gewähr für nötiges stabiles Umfeld und konstante häusliche Verhältnisse; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.6.2012 – 10 UF 42/12, juris Rn.  56 (einstw. AO): Kontinuität; ebenso OLG Köln FamRZ 2013, 47 (LS; einstw. AO); OLG Hamm FamRZ 2009, 1757, 1758; OLG Brandenburg FamFR 2010, 547: Bindung zur Mutter; OLG Köln FamRZ 2010, 138 (LS): Bindung zur Halbschwester, Mutter nicht auf Fremdunterbringung angewiesen; OLG Dresden FamRZ 2017, 896, 897 f.: Wille des Kindes. 45  OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1759, 1761; OLGR 2004, 142; NJOZ 2003, 3041, 3044 f. = FamRZ 2003, 1949 (LS); Gutjahr FPR 2006, 301, 302; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1671 Rn.  61.1 a. E. 46  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 395 u.V. auf die Rspr. des BVerfG zur Ausgestaltung einer Umgangsregelung: FamRZ 1993, 662, 663; K 10, 519, 522 = FamRZ 2007, 1078; s. auch FamRZ 1995, 86, 87; gegen eine Regelung von Wochenendumgang und für eine Zwischenschaltung zusätzlicher Umgangstermine Bergmann ZKJ 2013, 489, 491. 43 

§  12 Elterndissens

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Sind keine Anträge nach §  1671 Abs.  1 BGB gestellt, wendet sich gleichwohl ein Elternteil zwecks Auflösung des Wechselmodells an das Gericht, so kann dieses ausschließlich eine Umgangsregelung treffen; in dem Herantreten ans Gericht kann eine Anregung nach §  24 FamFG erkannt werden. Mit einer Umgangsregelung kann das Gericht zwar, sofern das Kindeswohl durch das Wechselmodell nicht gefährdet wird, nicht eine Aufenthaltsbestimmung der Eltern, die auf der Ausübung ihres Aufenthaltsbestimmungsrechts beruht, zu Fall bringen; dazu bedarf es vielmehr wiederum einer elterlichen Ausübung dieser Rechtsposition, sei es durch beide gemeinsam oder einen Elternteil allein aufgrund seiner durch gerichtliche Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB gewonnenen Alleinentscheidungsbefugnis47. Das Gericht könnte jedoch von einer auf ein Wechselmodell hinauslaufenden Umgangsregelung der Eltern48, die spätestens mit dem Herantreten ans Gericht einseitig aufgekündigt wurde, durch Entscheidung nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB abweichen, indem es den (annähernd) hälftigen Umgang eines Elternteils auf das einem Residenzmodell entsprechende Maß reduziert. Auch hier ist jedoch die gewichtige Indizwirkung der vorangegangenen Elternvereinbarung vom Gericht zu berücksichtigen. Erscheint eine Abweichung danach gleichwohl angezeigt, so ist mit der Regelung von Umgang jedoch noch nicht über den Kindesaufenthalt im Übrigen entschieden. Können die Eltern keine Einigung darüber erzielen, wer Hauptbetreuungselternteil sein oder ob es überhaupt einen geben soll, so muss eine gerichtliche Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht getroffen werden. Einen entsprechenden Antrag wird – zumindest nach gerichtlichem Hinweis – mindestens ein Elternteil stellen. Hat der bisher nichtsorgeberechtigte Vater zwecks Beendigung des Wechselmodells einen Antrag nach §  1671 Abs.  2 BGB gestellt, so kann das Gericht diesem unter den Voraussetzungen von S.  2 Nr.  2 stattgeben49.

47 

OLG Brandenburg FF 2012, 457, 459. Dass ein Wechselmodell durch die Eltern auch in Ausübung ihrer Umgangsrechtspositionen begründet werden kann, wurde bereits festgestellt unter §  4 A. II. 2. b) aa) (ab S. 76) und §  4 B. I. 2. a) aa) (ab S. 147); tritt ein Elternteil ans Gericht heran, ohne eine Sorgerechtsregelung zu beantragen, muss das Gericht vom Vorliegen einer Umgangsregelung ausgehen dürfen. 49  S. AG Hannover FamRZ 2014, 1654: Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den Vater nach sechsmonatiger Erprobung eines Wechselmodells, weil das 16-jährige Kind den klaren Willen äußerte, fortan allein bei diesem leben zu wollen. 48 

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

B. Unter gerichtlicher Beteiligung begründetes Wechselmodell Beruhte das Wechselmodell bereits auf einer gerichtlich gebilligten Aufenthaltsbzw. Umgangsregelung, so ist der Vergleich zwecks Beendigung des Wechselmodells unter den Voraussetzungen des §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB abzuändern (§  166 Abs.  1 FamFG [analog]). Da die Bindungswirkung eines gerichtlich gebilligten Vergleichs diejenige der Elternvereinbarung noch übersteigt, bedarf es in jedem Fall einer Veränderung der äußeren Verhältnisse, wohingegen die bloße Änderung des Elternwillens nicht genügt50. Erging die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen mindestens eines Elternteils zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung durch gerichtliche Entscheidung nach §  1666 Abs.  1 BGB oder ausnahmsweise nach §§  1684 Abs.  3 S.  1 i. V. mit 1666 Abs.  1 BGB, so hat das Gericht seine Entscheidung gemäß §  166 Abs.  2 FamFG in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen und gemäß §  1696 Abs.  2 BGB aufzuheben, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich das Wechselmodell aus Sicht des Kindes doch nicht bewährt hat, ein Übergehen seines zuvor ausdrücklich auf ein Wechselmodell gerichteten Willens und eine daraus resultierende Gefährdung seines Wohls folglich nicht mehr drohen. Mit Wegfall der kindesschutzrechtlichen Maßnahme steht die gemeinsame Sorge den Eltern wieder ungeschmälert und zur freien Ausübung zu. Nahe liegen hier freilich (erneute) Anträge nach §  1671 Abs.  1 BGB, welche regelmäßig die Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil zur Folge haben dürften.

50  OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1046 f.; BeckOK BGB/Veit (11.2017) §  1696 Rn.  13, 30; triftige Gründe verneinend OLG Karlsruhe FamRZ 2014, 1124, 1125, das in einer gerichtlich gebilligten Umgangsregelung von einer ganzen Woche pro Monat ein „zumindest teilweise praktizierte[s] sog. Wechselmodell“ erkennt.

§  13 Ergebnisse Zusammenfassend soll noch einmal ein Überblick über die Ergebnisse zur Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines zuvor elternautonom begründeten Wechselmodells bei nunmehr divergierendem Elternwillen gegeben werden, da diese Konstellation in der Praxis von besonderer Bedeutung ist. §  1671 Abs.  1 BGB und §  1684 Abs.  3 BGB bieten keine Rechtsgrundlage zur unmittelbaren Aufrechterhaltung der Wechselmodellpraxis. Eine solche ist vielmehr allenfalls unter der Voraussetzung des §  1666 Abs.  1 BGB, namentlich bei Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung, zulässig. Besondere Relevanz kann in dieser Konstellation der geäußerte Kindeswille erlangen. Ist dieser als beachtlich zu qualifizieren – das Kind wird also ein gewisses Alter aufzuweisen haben1 – und auf die Weiterführung des Wechselmodells gerichtet, kann die Übergehung dieses Willens im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung begründen. Ließe sich diese lediglich durch eine Aufrechterhaltung des Wechselmodells verhindern, insbesondere weil kein Elternteil durch ein Residenzmodell bei sich für einen dem Kindeswohl entsprechenden Aufenthalt sorgen könnte, käme eine entsprechende gerichtliche Anordnung nach §  1666 Abs.  1 BGB oder eine Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach §  1666 Abs.  1, 3 Nr.  6 BGB und Übertragung auf einen Ergänzungspfleger in Betracht. Ist eine Kindeswohlgefährdung zu verneinen, kommt allein eine mittelbare Aufrechterhaltung des Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung in Betracht. Eine wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an beide Elternteile muss zwar ausscheiden. Das Gericht kann – einen entsprechenden Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB vorausgesetzt – die genannte Rechtsposition jedoch zum einen demjenigen Elternteil allein zuweisen, der die Fortsetzung der Wechselmodellpraxis befürwortet; es wäre dann an diesem gestärkt aus dem Sorgerechtsverfahren tretenden Elternteil, den anderen zum Einvernehmen über die Fortsetzung des Wechselmodells zu bewegen. In rechtlicher Hinsicht stärkeren Einfluss auf die Weiterführung des Wechselmodells kann das Gericht zum anderen nehmen, indem es den Antrag bzw. die Anträge nach 1  Ausf. zur Heranbildung des kindlichen Willens über die Zeit Balloff FPR 2002, 240, 241 f.

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Teil 4:  Beendigung bzw. Aufrechterhaltung eines Wechselmodells

§  1671 Abs.  1 BGB mit der Begründung zurückweist, die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder die Zuweisung an einen Elternteil allein entspreche dem Kindeswohl nicht am besten (S.  2 Nr.  2). Es bleibt dann bei der bestehenden Elternvereinbarung über die Pflege und Erziehung des Kindes im Wechselmodell. Da diese – auch im Falle einseitiger Aufkündigung – eine Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit entfaltet, trägt der nunmehr eine Abänderung begehrende Elternteil die Beweislast dafür, dass sich die tatsächlichen Umstände geändert haben und sein früherer, auf die Wechselmodellpraxis gerichteter Wille für ihn nicht mehr haltbar ist. Eine bloße Willensänderung genügt dagegen nicht. Zeichnet sich jedoch ab, dass die Ablehnung des Wechselmodells nicht zu überwinden sein wird, hat das Gericht eine Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu treffen, um den Elternstreit zu schlichten.

Teil 5

Schluss Entspricht die gemeinsame Versorgung des Kindes durch beide Eltern dem Kindeswohl am besten, oder wird dieses hierdurch nicht eher gefährdet? Sollte die gemeinsame Versorgung des Kindes im Gesetz als Regelfall vorgesehen oder zumindest als Ausnahme aufgenommen werden? Müsste der Gesetzgeber Voraussetzungen für die Begründung der gemeinsamen Versorgung des Kindes formulieren oder dies den Gerichten im Einzelfall überlassen? Diese Fragen scheinen auf das Wechselmodell gemünzt zu sein. Sie sind es nicht. Sie prägten den Diskurs, der in Bezug auf die Einführung einer gemeinsamen – rechtlichen – Sorge insbesondere in den 1980er- und 1990er-Jahren geführt wurde1. Heute steht die gemeinsame rechtliche Sorge nicht mehr in Frage, weder in der Gesellschaft2 noch im Gesetz. In letzterem ist sie mittlerweile zum Leitbild 3 erhoben und als – zumindest normtechnischer4 – Regelfall verwirklicht. Die Befürworter5 der gemeinsamen Sorge sollten also am Ende über die Skeptiker triumphieren. Das Wechselmodell lässt sich in gewisser Weise als eine „konsequente Fortentwicklung der Schaffung des gemeinsamen Sorgerechts“6 verstehen: Es ermöglicht ein Höchstmaß an Gemeinsamkeit und womöglich gar Gemeinschaftlichkeit, wie es ohne ein Zusammenleben der Eltern noch praktizierbar ist. Gleichsam als nächste Stufe in der Evolution der gemeinsamen Trennungssorge, die vom verbotenen Modell über den selten gebliebenen Ausnahmefall bis hin zum Regelfall reicht, erscheint es prima facie also konsequent, dem Wechsel1  Zur Kindeswohldienlichkeit bzw. ‑gefährdung Fehmel FamRZ 1980, 758, 760 f.; zur Regel-/Ausnahme-Diskussion Schütz ZfJ 1987, 189 m. w. N. und 191 f.; Zenz, in: Ständige Deputation des DJT (Hrsg.), Referat zum 59. DJT, 1992, M 9, 16 ff.; zur Formulierung gesetzlicher Voraussetzungen Coester EuGRZ 1982, 256, 263 f.; Lempp ZfJ 1984, 305, 307 f. 2  S. §  8 Fn.  118. 3  BT-Drucks. 17/11048, 12, 17. 4  Hierzu ausf. unter §  4 B. II. 1. a) aa) (3) (S. 165) und Fn.  719. 5  Dazu zählte etwa auch der Verein „Väter für Kinder“, der damals die Möglichkeit forderte, das gemeinsame Sorgerecht gegen den Willen eines Elternteils anzuordnen, sofern es dem Kindeswohl entsprach: Breithaupt KJ 1993, 419, 434. 6  So über die Befürworter des Wechselmodells Wissenschaftliche Dienste (Deutscher Bundestag), Das „Wechselmodell“, 26.

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Teil 5:  Schluss

modell das gleiche Schicksal zu prognostizieren7. Dass es das Kindeswohl gefährdet, wird ihm in dieser Pauschalität bereits seit langem nicht mehr unterstellt. Vielmehr kann die Pflege und Erziehung eines Kindes im Wechselmodell im Einzelfall zweifellos die beste Variante darstellen. Damit verbleibt die Frage nach seiner (zukünftigen) rechtlichen Ausgestaltung: gerichtliche Anordnung? Gesetzlicher Regelfall? Wenigstens Leitbild? Auf der Evolutionsleiter der Eltern­ autonomie würde dies einen bedauerlichen Rückschritt bedeuten. Während die Elternautonomie im Laufe der vergangenen Jahrzehnte eine Stärkung im einfachen Recht erfuhr, wird mit der Wechselmodell-Diskussion nunmehr ihre Einschränkung gefordert. Denn in rechtlicher Hinsicht sind die Anordnung von gemeinsamer rechtlicher und gemeinsamer tatsächlicher Sorge grundverschieden. Zu Unrecht werden daher von Wechselmodell-Befürwortern Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts für ihre Ziele angeführt8. Das Bundesverfassungsgericht9 und der die Entscheidungen „umsetzende“ Gesetzgeber haben zwar sukzessive dafür gesorgt, dass den Eltern nicht gegen ihren Willen die gemeinsame Sorge vorenthalten oder einem Elternteil der Zugang zur gemeinsamen Sorge gegen den Widerstand des anderen verwehrt wird. Gegenstand der Entscheidungen und Gesetze war jedoch stets nur die Verteilung von Sorgerechtspositionen zwischen den Eltern. Insoweit kann die Gemeinsamkeit heute als im Gesetz (nahezu10) verwirklicht angesehen werden: In der Regel sind beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt, oder ihnen steht zumindest der Weg dorthin offen. Zu keinem Zeitpunkt Gegenstand bundesverfassungsgerichtlichen oder gesetzgeberischen Handelns in diesem Zusammenhang war hingegen eine Entscheidung darüber, wie diese Sorgerechtspositionen dann von den gemeinsam sorgeberechtigten Eltern auszuüben seien11. Hier gilt §  1627 7 

Heute streiten allen voran der Verein „Väteraufbruch für Kinder“ (http://www.vaeter aufbruch.de/index.php?id=9 [letzter Zugriff am 6.12.2017]) und der „Interessenverband ­Unterhalt und Familienrecht“ (ISUV) (s. dessen Grundsatzprogramm: https://www.isuv.de/ diskussion-zum-grundsatzprogramm-isuv-2013 [letzter Zugriff am 6.12.2017]) für eine Möglichkeit zur Anordnung der gemeinsamen Sorge in Form eines Wechselmodells. 8  Laut Rixe, in: ISUV-Schriftenreihe, Bd. 7, 2013, 71, 77, seien etwa die Gründe des BVerfG zum Zugang des nichtehelichen Vaters zur Sorgetragung für sein Kind (FamRZ 2010, 1403) „ohne weiteres auf die vorliegende Fragestellung [Anm.: Wechselmodell und Verfassung] zu übertragen“. 9  BVerfGE 61, 358 = FamRZ 1982, 1179: gemeinsame Sorge geschiedener Eltern; E 84, 168 = FamRZ 1991, 913: gemeinsame Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (übereinstimmender Elternwille); E 127, 132 = FamRZ 2010, 1403: gemeinsame Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern (kein übereinstimmender Elternwille). 10  Zu Vorschlägen, die Elternautonomie in Bezug auf die gemeinsame Sorge im BGB weiter zu stärken, unter §  8 A. V. 4. (ab S. 313). 11  Auch die mit §  1687 Abs.  1 ins BGB eingefügte Regelung belässt den Eltern alle Entscheidungsmacht und stellt damit keine staatliche Sachentscheidung dar.

Teil 5:  Schluss

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BGB. Die Eltern üben ihre gemeinsame Sorge im Einvernehmen aus, legen auf diese Weise insbesondere auch den Aufenthalt des Kindes fest (§  1631 Abs.  1 BGB). Sind sie hierzu nicht in der Lage, so steht mangels Kooperationsfähigkeit eher die gemeinsame Sorge in Frage, als dass der Staat unter Aufrechterhaltung derselben die in Rede stehende Entscheidung selbst träfe. Ebendies – eine Entscheidung über den konkreten Aufenthalt des Kindes in Form eines Wechselmodells – soll nun aber durch gerichtliche Entscheidung getroffen werden können oder gar von Gesetzes wegen vorgegeben werden. In der irrigen Vorstellung, es gehe um dieselbe Gemeinsamkeit, die in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten vorangetrieben wurde, kehrt sich das elterliche Begehren gewissermaßen um: Die Eltern richten sich nicht gegen den Staat, um dessen Eingriff in ihr Eltern- und Sorgerecht abzuwehren, sondern sie erbitten einen solchen geradezu. Sie streiten nicht für umfassende Rechtspositionen und eine größtmögliche Freiheit in der Wahrnehmung derselben, sondern für ihre Entbindung von der Aufgabe, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Darin läge eine Verkehrung des gesamten Systems: Der Staat würde zwecks Streit­ schlichtung nicht mehr einen Elternteil gegenüber dem anderen in seiner Rechtsposition stärken, damit jener dann allein entscheiden kann; der Staat würde vielmehr, um nur ja die gemeinsame Sorge aufrechtzuerhalten, eine eigene Sachentscheidung treffen. Dahinter steht ein Leitbild von gemeinsamer Sorge, das so weder vom einfachen Recht verfolgt noch mit dem Verfassungsrecht vereinbar ist.

§  14 Gefahren einer speziellen Rechtsgrundlage zur Wechselmodellanordnung Dass das Grundgesetz die Anordnung eines Wechselmodells als Regelfall jedenfalls nicht voraussetzt, hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden1. Dass die Anordnung eines Wechselmodells aus verfassungsrechtlicher Perspektive – im Gegenteil – gar äußerst heikel ist, wurde in dieser Arbeit umfassend dargestellt und soll nachfolgend nochmals auf den Punkt gebracht werden.

A. §  1671 BGB: Veränderung des Regelungsgegenstands Als verfassungsrechtlich bedenklich einzuschätzen ist die Eröffnung einer Möglichkeit zur wechselweisen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bzw. der Alleinsorge oder eine entsprechende Anwendung des bestehenden §  1671 Abs.  1 BGB, sofern ein Wechselmodell bisher nicht praktiziert wurde und ein Elternteil dieses ablehnt. Eine solche wechselweise Zuweisung einer Rechtsposition an beide Eltern­ teile vermag zum einen das Problem, den das Wechselmodell ablehnenden ­Elternteil zur Mitpraktizierung dieser Betreuungsweise zu verpflichten, nicht abschließend zu lösen: Zwar kann davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende gerichtliche Entscheidung als hoheitlicher Akt vielfach Eindruck auf die Eltern machen und sie zur „Befolgung“ motivieren wird. Einen „zu befolgenden“ Inhalt enthält die Entscheidung allerdings gar nicht, denn eine Einschränkung der elterlichen Handlungsfähigkeit kann sie schon von Verfassungs wegen unterhalb der Schwelle des §  1666 Abs.  1 BGB nicht bewirken; die Ausübung des auch wechselweise zugewiesenen Aufenthaltsbestimmungsrechts bleibt gemäß §  1631 Abs.  1 BGB in der Verantwortung und im Ermessen des jeweils zeitweise berechtigten Elternteils. Mangels eindeutiger Handlungspflicht fehlt es der Entscheidung damit vor allem auch am vollstreckbaren In1  FamRZ 2015, 1585, 1586 Rn.  12; Nichtannahmebeschl. v. 22.1.2018 – 1 BvR 2616/17, juris Rn. 7 = FamRZ 2018, 593 (1. LS).

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Teil 5:  Schluss

halt. Und ohne Vollstreckbarkeit ist die gerichtliche Entscheidung gegen einen das Wechselmodell vehement ablehnenden Elternteil letztlich wertlos. Dass die Entscheidung gleichwohl Druck auf die Eltern ausüben, der Richter ihnen würde vor Augen führen dürfen, wie sie aus seiner Sicht ihr Kind zu pflegen und zu erziehen haben, und sich der einzelne Elternteil letztlich vor die Wahl gestellt sähe, das Kind entweder entsprechend der gerichtlichen Entscheidung oder gar nicht mehr betreuen zu können, zeigt zum anderen die kaum zu bewältigende Gratwanderung zwischen einer zulässigen Zuweisung von Sorgekompetenz und einer unzulässigen gerichtlichen Sachentscheidung. Erstere ist einzig vertretbares Ziel. Das Dilemma ist jedoch: Letztere ist gewollt! Wechselmodellwillige Eltern wie Befürworter einer Anordnungsmöglichkeit streiten ja gerade dafür, dass das Gericht das Wechselmodell anordnet und die Eltern an diese Anordnung gebunden sind; andernfalls erübrigt sich schließlich eine gerichtliche „Anordnung“. In der Festlegung des Kindesaufenthalts liegt jedoch – dies zeigt nicht zuletzt §  1687 Abs.  1 BGB, dessen Regelungsmechanismus von dieser Festlegung abhängt – die grundlegendste Entscheidung der Nachtrennungssorge überhaupt: Wer darf/muss das Kind wann und wo betreuen? Sie ist Resultat der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, sie ist Resultat der Ausübung von Elternverantwortung. Soll diese Entscheidung durch das Gericht erfolgen, so gehört die hierzu erforderliche Kompetenz – so man sie nicht bereits in §  1666 BGB verortet2 – offen und mit dem dazu erforderlichen Eingriffsmaßstab ins Gesetz. Maßstab müsste jedoch, da der Staat anstelle der Eltern entscheiden soll, nicht derjenige des §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB oder §  1697a BGB, sondern derjenige des §  1666 Abs.  1 BGB sein. Eine Regelung dagegen, die etwas bezweckt, das sie nicht als Rechtsfolge zu gewähren, sondern allenfalls in einer Vielzahl der Fälle aufgrund der staatlichen Autorität zu erreichen vermag, kann kaum als Fortschritt bezeichnet werden. Eine Regelung, die eine – weil als unzulässig erkannt: verkappte – Sach­ entscheidung des Gerichts mit einem dafür nicht ausreichenden Eingriffsmaßstab hervorbringen soll, kann kaum Ziel einer Reform des Kindschaftsrechts sein. Die Oberlandesgerichte haben dies ganz überwiegend erkannt und die Begrenzung ihrer eigenen Kompetenz herausgestellt. Hierin kommt keine von konservativem Denken bestimmte Ablehnung des Wechselmodells zum Ausdruck3; die Begrenzung ist vielmehr Ergebnis einer ausführlichen und zutreffenden Analyse von Gesetzes- und Verfassungsrecht. Auch dem Gesetzgeber ist 2 

Hierzu unter §  5 A. I. 2. b) (ab S. 234). Den Richtern „Vorurteile gegen das Wechselmodell“ vorwerfend Sünderhauf FamRB 2013, 290 ff. und 327 ff. 3 

§  14 Gefahren einer speziellen Rechtsgrundlage zur Wechselmodellanordnung

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zur Zurückhaltung zu raten. Zu nah würde die durch das Gericht festgelegte zeitliche Begrenzung der jeweiligen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an einen Elternteil an die abschließende Festlegung des Aufenthalts durch das Gericht reichen. Zu weit entfernt wäre eine solche Entscheidung von der nach §  1671 Abs.  1 BGB zulässigen Zuweisung von Rechtspositionen an einen Elternteil (vollständig) allein. Mit diesem Regelungsmechanismus kann §  1671 BGB niemals taugliche Rechtsgrundlage zur „Anordnung“ eines Wechselmodells sein.

B. §  1684 Abs.  3 BGB: Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts Gleiches gilt für §  1684 BGB. Zwar lässt dieser eine Aufenthaltsbestimmung des Gerichts zu, dies jedoch nur, um eine Verkümmerung des Elternrechts des weiterhin Kontakt zum Kind begehrenden Elternteils zu verhindern. Eine abschließende Entscheidung des Gerichts über den Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen führte zu einer Aushöhlung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und damit zu einem ungerechtfertigten Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgten Elternrechte. Der Umstand, dass hier eine Vollstreckung in Betracht kommt, verstärkt den Eingriff in die Elternautonomie sogar noch gegenüber der vorstehend dargestellten und insoweit mit einem „Mangel“ behafteten Entscheidung nach §  1671 Abs.  1 BGB. Eine geringere Eingriffsintensität kann hierin mithin keineswegs erkannt werden4.

C. §  1666 Abs.  1 BGB: Absenkung der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung? Die abschließende und verbindliche Festlegung des Kindesaufenthalts – und nur hierdurch wird ein Wechselmodell wirklich unmittelbar, nämlich auf der tatsächlichen Ebene der Sorge, begründet – kann als konkrete Entscheidung über die Pflege und Erziehung des betreffenden Kindes von staatlichen Institutionen nur unter den Voraussetzungen des §  1666 Abs.  1 BGB und damit getroffen werden, wenn beide Elternteile auch jeweils allein nicht in der Lage sind, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, ohne dieses zu gefährden.

4 

So aber der BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  22.

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Teil 5:  Schluss

Dies wird nur in seltenen Ausnahmefällen überhaupt in Betracht kommen, namentlich bei älteren Kindern, die sich einen beachtlichen Willen gerichtet auf die Fortführung des bereits praktizierten Wechselmodells gebildet haben, dessen Übergehung zu einer Gefährdung des Kindeswohls führen würde. §  1666 Abs.  1 BGB lässt eine die Aufrechterhaltung des Wechselmodells bewirkende Entscheidung des Gerichts bereits zu. Ob es einer neuen, speziellen Regelung mit dem Maßstab des §  1666 Abs.  1 BGB im Gesetz bedarf, ist zwar fraglich, erscheint die Konstellation doch letztlich als für eine kindesschutzrechtliche Maßnahme zu speziell und außergewöhnlich; sie würde jedoch der Klarstellung dienen. In jedem Fall wäre sicherzustellen, dass die – wie aufgezeigt wurde: für einige Vertreter in Literatur und Rechtsprechung wenig bedenkliche – Anordnungsmöglichkeit eines Wechselmodells nicht zu einer generellen Absenkung des Maßstabs der Kindeswohlgefahr führt5.

5 

Vgl. auch Staudinger/Coester §  1666 Rn.  95.

§  15 Behutsame Fortschreibung geltenden Rechts Die bestehenden Mittel des Kindschaftsrechts reichen überwiegend, und zwar sowohl für die Eltern als auch das Gericht, zur Bewältigung der durch eine Wechselmodellpraxis aufgeworfenen tatsächlichen wie rechtlichen Fragen und Probleme aus. Insbesondere lässt sich §  1687 Abs.  1 BGB auch auf diese Form der Betreuung anwenden und erleichtert so ihre Praktizierung, indem er ständige Ab­ sprachen der Eltern über Alltagsangelegenheiten überflüssig macht. De lege lata vorzugswürdig gegenüber einem Wechsel der Alleinentscheidungsbefugnis aus Abs.  1 S.  2 ist eine variable Anwendung von Abs.  1 S.  4. De lege ferenda ist eine klarstellende Öffnung des Wortlauts von §  1687 Abs.  1 BGB mit Blick auf das Wechselmodell angezeigt, um Eltern und Rechtsverkehr Sicherheit über die Verteilung der elterlichen Entscheidungs- und Vertretungskompetenzen zu verschaffen. Um die Absicherung eines übereinstimmend gewollten Wechsel­ modells vor einem (erneuten) Aufkeimen von Konflikten zwischen den Eltern zu erreichen, sollte §  156 Abs.  2 FamFG auf (weitere) Angelegenheiten der Sorgeausübung ausgedehnt werden1. Nur auf diesem Wege kann am Ende für eine Vielzahl der Fälle ein durchsetzbares Wechselmodell als Ergebnis stehen. Zwecks (Unterstützung bei der) Begründung eines Wechselmodells gibt §  1671 Abs.  1 BGB dem Gericht die Möglichkeit, durch Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an denjenigen Elternteil, der ein Wechselmodell wünscht, und Herausstellung dieser Praxis als dem Kindeswohl am besten entsprechend begünstigenden Einfluss auf die tatsächliche Etablierung des Wechselmodells zu nehmen. Ansonsten besteht zumindest die gerichtliche Kompetenz zur Anordnung von erweitertem Umgang nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB. Die Grenze zwischen einer zulässigen Anordnung von Umgang und einer unzulässigen Aushöhlung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts verläuft dort, wo durch die gerichtliche Entscheidung der Lebensmittelpunkt des Kindes verändert oder aufgehoben wird, da hierzu gerade das Aufenthaltsbestimmungsrecht dient. Die Grenze des Zulässigen sollte hinter fünf von 14 Tagen gezogen werden2. 1  2 

Hierzu ausf. unter §  8 A. V. 1. (ab S. 309). Zu dieser Grenzziehung unter §  5 A. II. 2. b) cc) (ab S. 256).

§  16 Definition und Wesen des Wechselmodells Dieser Grenzverlauf zwischen einer überwiegenden Betreuung durch einen Elternteil und der (annähernd) gleichberechtigten Teilhabe beider an der Pflege und Erziehung des Kindes kann überdies zur abschließenden Definition des Wechselmodells herangezogen werden. Bis hierher wurde das Wechselmodell bereits damit umschrieben, dass es dem Kind einen Lebensmittelpunkt bei jedem Elternteil verschaffe, indem der tatsächliche Aufenthalt des Kindes regelmäßig wechsele. Ein solcher Lebensmittelpunkt bei jedem Elternteil und damit ein Wechselmodell sind zu bejahen bei einer Betreuungszeit beider Elternteile an mehr als fünf von 14 Tagen. Letztlich ist diese Definition – im Gegensatz zu der ihr zugrunde liegenden Grenzziehung – jedoch überflüssig. Das Wechselmodell als Figur ist lediglich eine Form der tatsächlichen Ausübung von Sorge- bzw. Umgangsrechtsposi­ tionen, wie das Residenzmodell auch. Es ist kein Rechtsinstitut, es gehört damit auch nicht konkret als solches ins Gesetz. Das Wechselmodell ist wie alle anderen denkbaren Betreuungsweisen mit den vorhandenen Mitteln von Sorge und Umgang hinreichend zu bewältigen. Der entscheidende Fehler bei Leugnung dieses Umstands liegt darin anzunehmen, das Gericht könne das Residenz­ modell anordnen1, dann müsse dies doch für das Wechselmodell gleichfalls ­gelten. Diese zunächst logisch anmutende Schlussfolgerung lässt sich – zugegeben: taktisch klug – noch untermauern: Wird am Ende nahezu jede Betreuungsweise mit einer nicht unerheblichen Beteiligung des umgangsberechtigten Elternteils und werden damit auch solche Betreuungsweisen – rechtlich 2 – als Wechsel­modell definiert, die zweifellos bereits de lege lata als (erweiterter) Umgang angeordnet werden können3, so erscheint es in der Tat als willkürlich und 1 

Diese Fehlvorstellung klingt nun auch beim BGH FamRZ 2017, 532, 534 Rn.  19, an. Nicht gemeint ist die in der psychologischen Forschung vorherrschende Definition des Wechselmodells als Zeitverteilung ab 30:70 % (s. nur Salzgeber FamRZ 2015, 2018, 2019), denn diese taugt nicht als Vergleichspunkt zum erweiterten Umgang und damit auch nicht für einen Rückschluss auf eine gerichtliche Anordnungsmöglichkeit. 3  Sünderhauf, Wechselmodell, 2013, 61 ff., Fazit auf S.  76: mind. 30:70 %; dies. FamRB 2013, 290, 291; ebenso der von Sünderhauf geleitete Arbeitskreis 7, in: Deutscher Familiengerichtstag e. V. (Hrsg.), 20. DFGT, 2014, 124 f. These 1; a. A. Vorstand des DFGT FF 2014, 2 

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Teil 5:  Schluss

kaum mehr vertretbar, ausgerechnet „das Wechselmodell“ nicht anordnen zu können4. Der springende Punkt ist jedoch folgender: Im einfachen Elternstreit kann das Gericht weder das Wechsel- noch das Residenzmodell – verbindlich – anordnen. Und hier kommt die Besonderheit des Wechselmodells ins Spiel, die diesem immanent ist, ja sein ganzes Wesen ausmacht. Ein Residenzmodell kann durch einen Elternteil allein verwirklicht werden, weil der andere von der Betreuung weitgehend ausgeschlossen wird. Ein Wechselmodell erfordert dagegen ein Tätigwerden beider, darum geht es ja gerade; beide Elternteile müssen das Kind zu vorher festgelegten Zeiten betreuen. Mag das Sorgerecht noch als „Recht am Kind“ funktionieren, so scheitert es doch als „Recht am anderen Elternteil“. Widersetzt sich dieser vehement einem Wechselmodell, so helfen Rechtspositionen, die zur Pflege und Erziehung des Kindes berechtigen und verpflichten, mithin schlicht nicht weiter, um diesen Elternteil zu einer bestimmten Handlung zu zwingen. Aus diesem Grunde genügt – und das ist der wesentliche Unterschied zum Residenzmodell – eine bloße Verteilung oder gerichtliche Zuweisung von Rechtspositionen nicht, ein Wechselmodell gegen den Widerstand eines Elternteils in tatsächliche Praxis zu überführen. Staatliche Hilfe könnte hier nur noch erfolgreich sein, wenn sie selbst auf die tatsächliche Ebene der Sorge und damit die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gerichtet wäre. Diese Spezialität des Wechselmodells ist es, die seine Anordnung durch staatliche Gewalt im bloßen Elternstreit – mithin bei Aktivierung lediglich des Schlichter-, nicht des Wächteramts – verhindert. Denn hier gilt: Können die Eltern ein Einvernehmen nach §  1627 BGB nicht herstellen, so ist die Entscheidung einem allein zuzuweisen, sei es nach §  1628 BGB, sei es nach §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB. Die Widersetzung des Elternteils gegenüber der aus gerichtlicher Sicht kindeswohldienlichsten Entscheidung wird danach vom Gericht mit der Entziehung der Entscheidungsmacht, nicht mit der Vorgabe der Entscheidung „geahndet“. Dies hat zur Folge, dass die Sachentscheidung am Ende einem Elternteil zufallen muss, der – wenn auch bloß hilfsweise – für ein Residenzmodell bei sich bereitsteht, denn mit einem Scheitern des beabsichtigten Wechselmodells muss auch im Anschluss an eine gerichtliche Entscheidung viel eher gerechnet werden als mit dem Scheitern eines Residenzmodells.

46: „kein Anlass […], ein nur erweitertes Umgangsrecht begrifflich gleichfalls als Wechselmodell einzuordnen“; MüKoBGB/Hennemann §  1671 Rn.  23: „mindestens fast hälftig“. 4  Deutlich wird dieses Ansinnen bei Sünderhauf/Rixe FamRB 2014, 418, 422: „Bei der Anordnung asymmetrischer Wechselmodellbetreuung sieht kein Gericht ein Problem“.

§  17 Abschließendes Fazit Wie einleitend in die Thematik aufgezeigt1, wird das Wechselmodell vielfach als „Problemkind“ gesehen, das sich ins geltende Kindschaftsrecht nicht eingliedert. Eine große Reform dieses Regelungskomplexes bis hin zum Aufgehen der Kategorien von Sorge und Umgang in einer dann auch einfachrechtlichen „Elternverantwortung“ wird gleichwohl nicht gefordert; nicht, weil sie ohnehin nicht zu erwarten wäre, sondern weil sie nicht erforderlich ist. Das Kindschaftsrecht beschränkt sich weit überwiegend auf die Verteilung von Rechtspositionen zwischen den Eltern und bleibt damit – dem Wesen des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend – abstrakt. Ausnahmsweise Vorgaben zur Ausübung dieser Rechtspositionen beschränken sich auf Leitbilder, die ebenfalls abstrakt formuliert sind und nicht einer konkreten Sachentscheidung gegenüber einer anderen den Vorzug einräumen (s. etwa §  1626 Abs.  2 BGB: Berücksichtigung des Kindeswillens; §  1631a BGB: Berücksichtigung von Eignung und Neigung des Kindes), oder sie sind als Sachentscheidung aufgrund abstrakt drohender Kindeswohlgefährdung durch das staatliche Wächteramt legitimiert (so etwa §  1631 Abs.  2 BGB: Verbot von Gewalt; §  1631c BGB: Verbot der Sterilisation). Demgegenüber wäre die Vorgabe einer konkreten Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit dem Resultat eines Wechsel­ modells, sofern nicht – was letztlich ein Widerspruch in sich wäre – an eine Kindeswohlgefährdung geknüpft, als staatliche Sachentscheidung verfassungswidrig und überdies mit der dem Bürgerlichen Gesetzbuch eigenen Abstraktion nicht vereinbar. Als diejenige Rechtsmasse, die das Verhältnis des Kindes einerseits zu seinen Eltern, andererseits zum Staat (gegen seine Eltern) ausgestaltet, muss sich das Kindschaftsrecht in den Grenzen halten, die ihm Art.  6 Abs.  2 GG vorzeichnet. Der herausgeschälte Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs, dass den Eltern – im Konfliktfall einem Elternteil allein – die Entscheidung auch und gerade über die Betreuungsweise zukommt, ist kein überkommenes Modell, das es zu modernisieren gilt. Es ist Resultat der Grundsatzentscheidung, dass primär die Eltern am besten wissen, was gut für ihr Kind ist; immerhin sind sie es, die es 1 

§  1 (S. 3).

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Teil 5:  Schluss

von Geburt an pflegen und erziehen. Der staatlichen Verantwortung wiederum entzieht sich die Frage, wie das Kind am besten zu pflegen und zu erziehen ist, von vornherein. Dies umfasst aber auch die Entscheidung, in welchem Betreuungsmodell das Kind zu pflegen und zu erziehen ist. Mag das Wechselmodell auch zweifellos im Einzelfall die bessere Betreuungsweise sein, so verbietet sich seine Anordnung gleichwohl. Der Umstand, dass sich eine gerichtliche wie gesetzgeberische Entscheidung über das „Wie“ der Pflege und Erziehung eines Kindes unterhalb der Schwelle zur Kindeswohlgefährdung verbieten, zwingt das Kindschaftsrecht geradezu in seine Abstraktion. Ebendiese erweist sich aber auch als seine größte Stärke. So hält das Gesetz bereits die notwendigen Mittel bereit, um auch zunächst nicht bedachter oder wenig beachteter Konstellationen Herr zu werden. Das Wechselmodell ist somit kein Fremdkörper, auch wenn der Gesetzgeber der Kindschaftsrechtsreform von 1997/98 es für praktisch irrelevant gehalten haben mag. Von den Eltern kann es ebenso vereinbart werden wie das Residenzmodell, Nest­ modell oder Zwischenformen. Vom Gericht kann es durch Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts an den entsprechenden Elternteil ebenso wie das Residenzmodell ansatzweise begünstigt oder verhindert werden. Droht eine Kindeswohlgefahr, stehen dem Gericht vielfältige Maßnahmen offen. Das Wechselmodell sollte daher nicht länger „mit Samthandschuhen“ angefasst werden. Es ist nichts anderes als eine unter mehreren Formen der Betreuung eines Kindes durch seine Eltern nach deren Trennung. Es erfordert keine besonderen Formeln, Maßstäbe oder Rechtskenntnisse. Das Wechselmodell ist kein spezielles Rechtsinstitut, sondern fügt sich als Erscheinung der tatsächlichen Sorge in die rechtlichen Kategorien von Sorge und Umgang ein: So kann es Resultat der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, im Falle elterlichen Konsenses aber auch ihrer Umgangsrechtspositionen sein; zudem kann auch in einem Wechselmodell (mit längeren Aufenthaltsperioden) ein Umgang des jeweils anderen Elternteils tatsächlich wie rechtlich sinnvoll sein. Und doch markiert es eine Grenze zwischen noch zulässiger Aufenthaltsregelung durch staatliche Gewalt einerseits, damit keines der Elternrechte leerläuft, und unzulässiger Aushöhlung des elterlichen Rechts zur Aufenthaltsbestimmung andererseits. Die daraus abzuleitende fehlende Kompetenz des Gerichts zur Anordnung eines Wechselmodells im bloßen Elternstreit mag zwar eine L ­ ücke im Gesetz darstellen; diese ist jedoch weder ausfüllungsbedürftig noch der Ausfüllung fähig. Sie ist keine Schwäche des Gesetzes, sondern Ausdruck einer Stärke: Sie hält den Staat aus der Erziehung eines Kindes durch seine dazu fähigen Eltern heraus; und Eltern, die sich über den Aufenthalt ihres Kindes nach einer Trennung streiten, sind nicht zur Pflege und Erziehung desselben außerstande.

§  17 Abschließendes Fazit

365

Die Bewältigung des elterlichen Konflikts über den Kindesaufenthalt sollte in diesem Falle alleiniges Bestreben staatlichen Handelns sein 2. Die Lösung ist damit in einer konsequenten Anwendung der bereits vorhandenen Normen des SGB VIII zur Arbeit mit den Eltern zu suchen, damit diese (wieder) in die Lage versetzt werden, Einvernehmen über die für ihr Kind beste Form der Betreuung herzustellen. Denn der Schlüssel liegt letztlich im elterlichen Konsens, nicht in dessen Ersetzung in Form staatlichen Oktroyierens. Dies ist auch die Erfahrung, für die der Blick in andere Rechtsordnungen lohnt: Nicht das angeordnete Wechselmodell funktioniert dort, sondern die im Konsens, und sei es in der Mediation, gefundene Lösung3. Nicht die Mechanismen ausländischer Regelvermutungen und Anordnungsnormen sind zu übernehmen, sondern die damit in der Praxis gemachten Erfahrungen nutzbar zu machen. Der Staat sollte seinen begrenzten Aufgabenbereich, das Kind lediglich vor Gefahren zu schützen, nicht aus den Augen verlieren und keinesfalls der Versuchung erliegen, ihm ein besserer, da professioneller und emotionsloser, Entscheidungsträger zu sein als die Eltern. Dem jüngeren Gesetzgeber ist dies gelungen; war seine Zurückhaltung gegenüber der gemeinsamen rechtlichen Sorge auch korrekturbedürftig, seine (bisherige) Zurückhaltung gegenüber einer Anordnung von Betreuungsweisen ist es nicht. Als eine unter mehreren Formen der tatsächlichen Pflege und Erziehung eines Kindes ist das Wechselmodell damit gar nicht (mehr) so besonders. Es ist aber jedenfalls auch kein „Problemkind“.

So schon zur gemeinsamen rechtlichen Sorge Dickmeis ZfJ 1989, 57, 59: „Staatliches Handeln muß sich […] daran ausrichten, der sich in der Krise befindenden Familie den Weg zur Eigenlösung nicht zu verbauen; staatlicher Einsatz dient der Mithilfe bei der Findung der zur Selbsthilfe führenden Ressourcen.“. 3  S. nur die aktuelle Meta-Analyse von Baude/Pearson/Drapeau Journal of Divorce & Remarriage 2016, 338, 341, 355 m. w. N.; s. auch unter §  4 A. II. 1. b) bb) (3) (b) (bb) (S. 43 ff.). 2 

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Sachverzeichnis Die Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt. Abänderung – Elternvereinbarung, einer  s. dort, →    Abänderung – gerichtlich gebilligten Vergleichs, eines  s. dort, →  Abänderung – Wechselmodells, eines  321 ff.   – gerichtlich gebilligtes  325 f.   – gerichtlich angeordnetes  327 Abdingbarkeit  s. →    Disposition Absicherung eines vereinbarten Wechselmodells durch – Einwirkung auf die Alleinentscheidungsbefugnisse nach §  1687 Abs.  1 S.  2–4 BGB (§  1687 Abs.  2 BGB)  171 ff., 179 ff. – Feststellung der Sorgerechtsausübung  s. dort – gerichtlich gebilligten Vergleich  s. dort – wechselweise Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  108 ff.   – §  1671 Abs.  2 S.  2 Nr.  1 BGB  273 f. – s. a. →  Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils Alleinsorge  263 ff. – Abänderung eines Wechselmodells  321 – Beendigung eines Wechselmodells  331, 335 f. – Begründung (teilweise) gemeinsamer Sorge   – „alles-oder-nichts-Prinzip“  266   – elternautonom  264 ff., 314   – gerichtlich nach §  1626a Abs.  1 Nr.  3, Abs.  2 BGB  271 ff.   – statuskonkretisierender Akt  265   – Verzicht auf Alleininhaberschaft  265   –  Wiederherstellung  174 f.

– Festlegung eines Wechselmodells  263 ff. – Reformvorschläge  316 ff. – Regelung der übrigen Entscheidungs­ befugnisse  268 ff., 274, 276 f. Alleinvertretungsrecht  90, 92, 100 – Wechsel  96 Alltagssorge  s. →    Angelegenheiten des täglichen Lebens Alter des Kindes – heranwachsende Kinder  52, 59, 238 f. – Kleinst- und Kleinkinder  49 ff. alternierende Personensorge  s. →  Aufenthaltsbestimmungsrecht, →  Wechsel Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung – Alleinentscheidungsbefugnis   – Übertragung  104 f.   – Wechsel  99 f., 269 f. – Alleinvertretungsrecht  100 – flexible Auslegung  99 f., 102, 261, 269 f., 273, 275, 276, 359 – Gleichlauf mit Alltagssorge  99, 269 – Reformvorschlag  308 Angelegenheiten des täglichen Lebens  80, 85 f., 92 ff., 103 ff., 256 – Alleinentscheidungsbefugnis   – Einschränkung und Ausschluss  172 ff., 178   – Übertragung  104 f.   – Wechsel  96, 269 f. – Alleinvertretungsrecht  90, 92, 100 – Ermächtigung  103 – Feststellungsentscheidung des Gerichts  181 – Reformvorschlag  305 ff., 318 – Vollmacht  103 Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung

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Sachverzeichnis

– Alleinentscheidungsbefugnis   – Alleinsorge, bei  270   – Ermächtigung, elterliche  98, 103 f.   – gerichtliche Begründung und Übertragung  177 f. – Erheblichkeitsschwelle, keine Absenkung der  104, 106 – Feststellungsentscheidung des Gerichts  181 – Reformvorschlag  305 Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils (durch) – einen Elternteil gegenüber dem anderen  192 – gerichtliche Entscheidung nach   – §  1628 BGB  218   – §  1666 BGB  219, 234 ff., 258, 260, 276, 337 f., 357 f., s. a. →  Kindeswohlgefährdung    –  Abänderung  327, 332 f., 348   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB  189 ff., 219 ff., 355 ff.    –  Abänderung  327, 332   – §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB  240 ff., 258, 260, 357    –  Abänderung  327, 332 f., 348   – §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB  218 – Rechtsgrundlage, Schaffung einer speziellen  292 ff. – s. a. →  Absicherung eines vereinbarten Wechselmodells – s. a. →  Begünstigung eines Wechsel­ modells Anpassungsleistung des Kindes  50, 60, 62 Antrag auf Begründung eines Wechsel­ modells  221 ff. – Bindung des Gerichts  222, 234 – Doppelnatur des Antrags nach §  1671 Abs.  1 BGB  222 Aufenthaltsbestimmungsrecht – Aushöhlung   – wechselweise Zuweisung, durch  232, 339   – Umgangsregelung in Form eines Wechselmodells, durch  249 f., 276, 357 – Ausübung  25 f., 91 ff., 234, 257, 263   – Feststellung der  143 ff.

  – gerichtlich gebilligten Vergleichs, Gegenstand eines  124 ff., 231, 271, 310, 332, 345   – Grenze: Kindeswohlgefährdung  22, 26 ff. – Bedeutung  16 – Disposition  s. →  Unverzichtbarkeit des Sorgestatus – gerichtlich gebilligter Vergleich  s. dort, →  Gegenstand, →  Aufenthaltsbestimmungsrechts, Ausübung des – Grenze: Umgangsrecht  243 – Pflicht zur eigenen Betreuung, keine  119 f., 193, 223 – ungleich Aufenthalt  119 f., 177, 193, 217 – Wechsel  23, 108 ff., 192 ff., 220 ff., 272 f., 273, 332, 339, 355   – Abänderung  327, 332   – Aliud, nicht Minus  228, 339   – Alleinsorge, bei  273   – Auswirkungen auf die übrigen Entscheidungsbefugnisse  223   – Grenze gerichtlicher Regelungsbefugnis  229 f.   – Schlichtung des Elternstreits, keine  226 f. – zeitliches und örtliches Element  229 f. – Zuweisung an wechselmodellwilligen Elternteil  191 f., 220, 232 f., 275, 339 f., 359   – Abänderung  327 Fn.  26 Aufgabenteilung  98 Auflage  195 Aufrechterhaltung eines Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung – mittelbar (Antragszurückweisung)  340 ff. – unmittelbar  336 ff. Aushöhlung – Aufenthaltsbestimmungsrechts, des  s. →  Aufenthaltsbestimmungsrecht, →  Aushöhlung; →  Umgangsrecht, →  Aushöhlung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts – Elternrechte, der  s. dort, →  Aushöhlung außergerichtliche Konfliktbeilegung  312 Ausübungsbindung  226 f., 265 f.

Sachverzeichnis Ausübung und Substanz von Sorge  15 f., 22, 25, 84 ff., 124, 130 f., 143, 147, 171, 190, 195, 215 ff., 243, 296 – gerichtlich gebilligten Vergleichs, Sorgeausübung als Gegenstand eines  130 f., 147, 179 f., 271, 310, 332 – Regelungsmechanismus des §  1671 Abs.  1 BGB  190 ff., 296, 323, 357 Beendigung eines Wechselmodells  329 ff., 345 ff. – elternautonom  331 – gerichtliche Entscheidung, durch  331 ff., 345 ff. – s. a. →  Aufrechterhaltung eines Wechselmodells durch gerichtliche Entscheidung Befangenheit des Richters  188 Fn.  3 a. E. Begründung eines Wechselmodells – mittelbar  220 ff., 275, 339 ff., 359 – unmittelbar   – s. →  Anordnung eines Wechsel­ modells gegen den Willen eines Elternteils   – s. →  Aufenthaltsbestimmungsrecht, →  Ausübung   – s. →  Umgangsrecht, →  Ausübung Begünstigung eines Wechselmodells  220 ff., 275, 339 ff., 359 Beratungsanspruch gegen Jugendamt  311 Betreuungsmodelle – Struktur  13 ff. – Überblick  11 f. – s. a. →  Nestmodell, →  Residenzmodell, →  Wechselmodell Betreuungsplan  s. →  Sorgeplan Bevollmächtigung zur Alleinentscheidung – in Angelegenheiten des täglichen Lebens  103 ff. – in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung  98, 103 f. – Übermachtstellung  170 Bildungsniveau der Eltern  63 f. Bindung – der Eltern an   – Elternvereinbarung  s. dort, →  Bindung der Eltern   – gerichtliche Entscheidung nach

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   – §  156 Abs.  2 FamFG  122 f., 149, 181    – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  116 f.    – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. m. §  256 ZPO analog  144 – des Gerichts   – an Antrag nach §  1671 Abs.  1 BGB  222, 234   – an übereinstimmenden Elternwillen zur Ausübung von Sorge-/Umgangsrecht  s. →  Elternvereinbarung, →  Bindung des Gerichts   – an übereinstimmenden Elternwillen zur Statusänderung  s. →  übereinstimmender Elternwille, →  Bindung des Gerichts   – verfassungsrechtlich nicht zwingend  136, 141, 176 Bindungen  30, 49 ff., 346 Bindungstoleranz  61, 68, 346 Fn.  44 Bindungsverhalten  50 deeskalierende Wirkung  30, 43 f., 47 Definition – gewöhnlicher Aufenthalt  94 – Kindeswohlgefährdung  235 – Nestmodell  11 f. – Residenzmodell  5, 11 – Umgang  247 f. – Wechselmodell  3, 9 f., 11, 16, 361 f. Disposition – Durchsetzbarkeit/Vollstreckbarkeit als die elterliche Dispositionsbefugnis beeinflussendes Kriterium  129, 130, 139 f. – elterliche Sorge  s. →  Unverzichtbarkeit des Sorgestatus – Regelungsmodell des §  1687 Abs.  1 BGB  80 ff., 98, 154 f., 166 – Umgang  s. →  Umgangsrecht, →  Disposition Durchsetzung – einer Aufnahme des Kindes  119 f., 122, 144, 148, 192, 194, 242, 273, 340 – einer Elternvereinbarung  73 ff., 79, 118 – einer gerichtlichen Entscheidung nach   – §  156 Abs.  2 FamFG  121 f., 148 f., 180 f., 271   – §  1666 BGB  236 m. Fn.  181, 237

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Sachverzeichnis

  – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  118 ff.   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB i. V. m. §  256 ZPO analog  144   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB  193 ff., 355 f.   – §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB  242 – einer Herausgabe des Kindes  74 f., 118, 121 f., 141 f., 144, 148, 192, 194, 242, 273, 340 – eines Wechselmodells  119   – durch einen Elternteil  119, 193 f.   – durch das Gericht  194 ff. – Kindeswohldienlichkeit  148 f. Elternautonomie  s. →  Elternrechte, →  Autonomie Elternprimat  197, 252, 253, 296 – Ausschließungsbefugnis gegenüber Sorgekonkurrenten  198 – Vorrangstellung, Hintergrund  197 f., 253 Elternrechte – Aushöhlung  247, 250, 302   – Rechtsposition ohne Ausübungs­ möglichkeit  247, 301   – Versagung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben des Kindes, nicht durch  302   – s. a. →  Aushöhlung – Autonomie  19 ff., 114 f., 136, 140, 148, 196 f., 345   – Grenzen  136 ff.   – Rückschritt, drohender  352   – Stärkung  137, 176, 325, 352 – effektiver Schutzgleichlauf von Elterngrundrecht und Kindesgrund­ rechten  204 Fn.  80 – Eingriffscharakter staatlicher Maßnahmen trotz Kindeswohlgefährdung durch Eltern  199 – Entstehungsgeschichte  213 f. – fiduziarischer Charakter  20 f., 193, 302, 345 – Grundrecht im klassischen Sinne  213 – Interpretationsprimat  197 – Kindeswohl als Bezugspunkt  209 ff. – Legitimierung und Limitierung durch das Kindeswohl  21, 210, 302 – Pflichtrecht  20 f., 24, 193, 196 f.

– schwindende  204 Fn.  84 – staatsgerichtet  209 – Umgangsrecht als Ausprägung der  243 – Verhältnis zum Kindeswillen  54, 205, 284 – Vorrangstellung, Hintergrund  197 f., 253 – Wesensgehalt  21 Elternverantwortung  15, 20 f., 196 ff. – Grenze: wachsende Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes  204 Fn.  84 – Kindeswohl als Bezugspunkt  209 ff. – s. a. →  Elternrechte Elternvereinbarung (zur Ausübung von Sorge-/Umgangsrecht) – Abänderung   – Änderungsschwelle  73, 117   – elternautonom  69, 116, 321, 331   – gerichtliche Entscheidung, durch  69 ff., 116, 335    –  Sachentscheidung, keine  321 ff. – Abweichung von gerichtlicher Entscheidung im Konsens  123, 227 Fn.  163, 249 Fn.  229 – Alleinsorge, bei  264 ff. – Ausbau gesetzlicher Regelungsinstrumente zur Verfestigung einer  308 ff. – Bindung   – der Eltern  69 f., 75, 78 f., 116, 335, 341 ff.    – bei Alleinsorge  263 ff., 272, 321, 331, 335 f.   – des Gerichts im Rahmen des    –  §  156 Abs.  2 FamFG  134 ff., 150 ff.    – §  1628 BGB oder §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  2 BGB  70 ff., 321    – §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB  137, 151, 153, 321 – Darlegungslast  72, 73, 75, 117, 189, 233, 343 – Durchsetzung  73 ff., 79, 118 – Erforderlichkeit  22 – Förderung der Herstellung von Einvernehmen  311 ff. – gerichtliche Überprüfung am Kindeswohl, zulässige  137 – Grenze  22, 26 ff. – Grundlage gerichtlicher Entscheidung nach

Sachverzeichnis   – §  156 Abs.  2 FamFG  121 ff., 147 ff., 309 ff.   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  108 ff. – Herausgabeanspruch  s. →  Durch­ setzung einer Herausgabe des Kindes – Indizwirkung der Kindeswohldienlichkeit  72 f., 75, 79, 117, 122, 153, 233, 321, 343 f., 347   – Variabilität  73, 117 – Kodifizierung  313 – Rechtfertigung eines Eingriffs in Elternautonomie, keine  168 ff. – Reformvorschlag: Kodifizierung  313 – Rückführungsanspruch  74 f. – Vollstreckbarkeit  73 ff., 79, 118 – Widerlegungslast  72, 73, 75, 117, 189, 233, 343 – Zulässigkeit  19 ff. – s. a. →  übereinstimmender Elternwille Elternwille, übereinstimmender  s. →  übereinstimmender Elternwille EMRK (Europäische Menschenrechts­ konvention)  260, 282 Ermächtigung zur Alleinentscheidung in Angelegenheiten – des täglichen Lebens  103 ff. – von erheblicher Bedeutung  98, 103 f. Ermessen zur Sorgerechtsausübung  118, 119, 194, 219, 355 – Reduzierung auf Null  225 Erziehungseignung, ‑fähigkeit  61, 68 f., 346 Erziehungskonzept  62 Erziehungsplan  s. →  Sorgeplan Erziehungsstil(e)  39 – autoritativer  47 f. – unterschiedliche  61 f. Europaratsresolution  s. →  Resolution des Europarates Faktoren, das Kindeswohl beeinflussende  33 ff., s. a. →  Kindeswohl Festlegung eines Wechselmodells  s. →  Begründung eines Wechselmodells Feststellung der Sorgerechtsausübung  143 ff., 183 f. – Bindungswirkung  144 – Durchsetzbarkeit  144

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– Feststellungsinteresse  143 f. – Maßstab der Billigungsentscheidung  145, 183 – s. a. →  gerichtlich gebilligter Vergleich Feststellung nach §  1687 Abs.  2 BGB  181 finanzielle Leistungsfähigkeit  64 f., 287 Flexibilität des – Betreuungsarrangements  67 f., 123, 289 – Kindes  53 Förderungsprinzip  346 gemeinsame Sorge – Aufspaltung, gesetzliche  s. →  Nach­ trennungssorge, →  Aufspaltung – Ausnahme  s. →  gemeinsame Sorge, →  Regelfall – Begründung  s. →  Alleinsorge, →  Begründung (teilweise) gemeinsamer Sorge – Dilemma, gesetzgeberisches  162 – KindRG, vor dem  157 ff. – Konzept für die Wahrnehmung (§  17 Abs.  2 SGB VIII)  311 f. – Leitbild  162 Fn.  710, 163 Fn.  711, 351 – reduzierte  166, 167, s. a. →  Aufspaltung – Regelfall  160, 162 ff.   – faktischer  309   – normtechnischer  165, 351 – Taktik, rechtspolitische  163 Fn.  711 – Trennung, nach  s. →  Nachtrennungssorge – Vermutung, keine gesetzliche  162 – volle  80, 106 f., 156 ff.   – Einigungszwang  167   – rechtlich etabliert  171 ff.   – tatsächlich gelebt  155 Fn.  677, 159 Fn.  697, 168 ff. – Vorrang gegenüber Alleinsorge, kein  162 – Wiederherstellung  174 f. gerichtlich gebilligter Vergleich – Abänderung   – amtswegig (§  1666 BGB)  137 f., 151, 325 f.   – auf Anregung/Antrag (§  1696 BGB)  325, 332, 348   – Inhalt der Entscheidung, zulässiger  326

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Sachverzeichnis

– Abweichung der Eltern im Konsens  123 – Alleinsorge, bei  271 – Bindungswirkung  122 f., 149, 181 – Doppelnatur  127, 133 – Durchsetzbarkeit  121 f., 148 f., 180 f., 271   – Auswirkung auf Dispositionsbefugnis der Eltern  129, 139 f. – Förderung der Herstellung von Einvernehmen  311 ff. – Gegenstand   – Aufenthaltsbestimmungsrechts, Ausübung des  124 ff., 231, 271, 310, 332, 345   – Ausübung, nicht Substanz von Rechtspositionen  129, 131, 147, 179 f., 271, 310, 332   – Herausgabe  124   – Konzept für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge (§  17 Abs.  2 SGB VIII)  312   – Reformvorschlag  309 ff., 317 f., 359   – übrigen Entscheidungsbefugnisse, Ausübung der  179 ff.   – Umgang  78, 125, 129, 147 ff., 271 – konstitutive Wirkung  127, 128 f. – Maßstab der Billigungsentscheidung   – amtswegige Abänderung nur nach §  1666 BGB  137 f., 151, 325 f.   – Gleichklang von §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  141 f.    –  Reformvorschlag  310   – triftige, das Kindeswohl nachhaltig berührende Gründe  142, 152, 183, 271, 310   – Übertragung des Maßstabs von    – §  1632 Abs.  3 BGB  141 f.    – §§  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, Abs.  4, 1666 BGB  134 ff., 182   – verfassungskonforme Auslegung, keine  141, 152   – Widerspruch zum Kindeswohl  134, 137 f., 142, 152, 182 f. – Reformvorschlag  309 ff., 317 f., 359 – Regelungslücke  125, 310 – Titel  121, 148 – Verfahrensfähigkeit des Kindes  133, 149 – Zustimmung

  – der Eltern für das Kind  133 Fn.  592   – des Kindes  132 ff., 146, 149, 179   – weiterer Verfahrensbeteiligter  134, 146, 149 gewöhnlicher Aufenthalt – Begriff  94 – doppelter  95 – Reformvorschlag  305 f. Gleichklang von – §  156 Abs.  2 FamFG mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  141 f.   –  Reformvorschlag  310 – §  1626a Abs.  1 Nr.  1 BGB mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  268 – §  1687 Abs.  2 BGB mit §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  176, 178   – Reformvorschlag  308, 314 – §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB mit § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB  174 f., 325, 332   – Reformvorschlag  314 Grenze – Aufenthaltsbestimmungsrechts, des  243 – Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, der  22, 26 ff. – Elternautonomie, der  136 ff. – Elternverantwortung, der  204 Fn.  84 – gerichtlicher Regelungsbefugnis nach §  1671 Abs.  1 BGB  229 f., 323 – Umgangsrechts, des  249 f., 254 – Zulässigkeit von Elternvereinbarungen, der  22, 26 ff. – zwischen flexibler und konventioneller Anwendung von §  1687 Abs.  1 S.  4 BGB  102 – zwischen primärer Elternverantwortung und subsidiärer Staatsverantwortung  210 – zwischen Residenzmodell mit erweitertem Umgang und Wechselmodell  256 f., 303, 307, 322, 326, 359 – zwischen zulässiger Umgangsregelung und unzulässiger Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch das Gericht  256 f., 300, 303, 322, 326, 359, 364 grundgesetzliches Kompetenzgefüge  196 ff. – einfachgesetzliche Übersetzung  215 ff.

Sachverzeichnis Grundrechte des Kindes  204 f., 208 Fn.  99, 209 – elterngerichtet, nicht  206 f. – Recht auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung  206 Fn.  94 – spezielle ins GG  208 – staatsgerichtet  206 Fn.  94 u. 95 Grundrechtsmündigkeit  204 Fn.  83 Grundrechtsreife  204, 209 häusliche Gewalt  34, 48, 286 f., 288, 291 Herausgabeanspruch  s. →  Durchsetzung einer Herausgabe des Kindes Hochstrittigkeit  41 ff., 55 f. Interpretationsprimat  197 Jugendamt – Beratungsanspruch gegen das  311 – „Dauerschiedstelle“, keine  25, 131 Fn.  582 – Pfleger, als  237 – Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung  315 – Sorgeerklärungen, Beratung zu  316 – Zustimmung zu gerichtlich gebilligtem Vergleich  134 Kinderrechtskonvention  260 Kindesschutzregime des Grundgesetzes  207 (Fn.  96) Kindeswohl  21, 26 ff. – Alter des Kindes  s. dort – Anpassungsleistung  50, 60, 62 – Auswahlkriterium im elterlichen Streit um den Erziehungsvorrang  202, 342 – Bezugspunkt von Elternverantwortung und Wächteramt  209 ff. – Bindungen  30, 49 ff., 346 – Bindungsverhalten  50 – Faktoren, beeinflussende  33 ff. – Grundrechte des Kindes  s. dort – „grundrechtsdogmatisches Gravitations­ zentrum“  210 – Indizwirkung einer Elternvereinbarung  72 f., 75, 79, 117, 122, 321, 343 f., 347   – Variabilität  73, 117, 189 Fn.  6 – Inkaufnahme von Nachteilen durch das GG  212, 283, 294

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– Kontinuität  s. dort – Legitimierung und Limitierung des Elterngrundrechts  210 – Menschenwürde  21 – Mindeststandard  212 – psychologischer und soziologischer Forschungsstand  26 ff. – Qualität der Eltern-Kind-Beziehung vs. Quantität der Betreuungszeit  47 f. – Übernachtungen  49 ff. – Wille des Kindes  s. dort – Würde des Kindes  210 Kindeswohlgefährdung – Absenkung der Eingriffsschwelle, drohende  357 f. – Ausdruck der im GG verankerten Kompetenzverteilung zwischen Eltern und Staat  303 – Definition  235 – Schutzauftrag des Jugendamts (§  8a Abs.  2 S.  1 SGB VIII)  315 – Verhältnismäßigkeit einer Wechsel­ modellanordnung zur Gefahrenabwehr  235 ff. – Wächteramtsaktivierung  198 f., 258, 338 Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft  37 ff., 67 f., 164, 291, 331, 342 – Anhaltspunkt für Vorhandensein  164 – Beweislast  343 – Konflikthaftigkeit, Hochstrittigkeit  41 ff., 55 f. – Maß  38 ff. – Verfahrenstaktik  343 Kontinuität  30 f., 60, 63, 109, 111 f., 123, 160 f., 325, 344 – Kontinuitätsprinzip  161, 346 Kosten – Nestmodell  12 – Wechselmodell  58, 65 Lebensstil  60, 62 f. Leitbild, gesetzliches – gemeinsame Sorge  s. dort, →  Leitbild – Indiz für elterliches Fehlverhalten  284 – Wechselmodell  283 f., 291 Loyalitätskonflikt  28, 32 f., 55 – Hyper-Loyalität  32

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Machtbalance  33, 191 Fn.  12 multilokalitätserleichternde Kompetenzen des Kindes  52 Nachtrennungssorge – Aufspaltung  156 f.   – Elternautonomie, Eingriff in  156 ff., 168, 171   – Rechtfertigung des Eingriffs  166 ff., 262   – verfassungskonforme Auslegung von §  1687 Abs.  2 BGB  s. dort   – s. a. →  Nachtrennungssorge, →  gesetzliches Regelungsmodell des §  1687 Abs.  1 BGB, →  Modifizierung der gemeinsamen Sorge – Dilemma, gesetzgeberisches  162 – Einigungszwang  s. →  gemeinsame Sorge, →  volle – Elternautonomie   – Eingriff in  115, 156 ff., 168, 171   – Rechtfertigung des Eingriffs  166 ff., 262 – gesetzliches Regelungsmodell des §  1687 Abs.  1 BGB   – Abbildung des Residenzmodells, vermeintliche  96, 304   – Absenkung der Erheblichkeitsschwelle, keine  104, 106   – Alleinvertretungsrecht  90, 92, 100   – Auffangtatbestand  81   – Ausübungshindernis  89   – Disposivität  80 ff., 98, 154 f., 166   – gewöhnlicher Aufenthalt beim Wechselmodell  94 f.   – Letztentscheidungsbefugnis  166, 168   – Modifizierung der gemeinsamen Sorge  84, 85 f., 90, 156 f.   – Reformvorschlag  304 ff.   – Sorgesubstanz  84 ff., 308   – vorgelagerte Entscheidung über Kindesaufenthalt  91 ff., 102   – Wirkungsweise  84 ff., 156, 171   – Zweck  83, 89, 98   – zwingend  82 f., 90 – Konzept für die Wahrnehmung (§  17 Abs.  2 SGB VIII)  311 f.

– parallele Elternschaft, „parallel parenting“  s. dort – Rechtslage vor dem KindRG  157 ff. – Rollenverteilung, elterliche  93 – volle gemeinsame  s. →  gemeinsame Sorge, →  volle Negativkontrolle  114 Fn.  510 Nestmodell  11 f., 51, 75, 124 Fn.  543, 159, 305 Obhut  94, 305 f. örtliche Nähe der Elternwohnsitze  s. →  Wohnortnähe parallele Elternschaft, „parallel parenting“  14, 42, 80, 106, 262, 276 Persönlichkeit des Kindes  53 f. Pflichtrecht – Aufenthaltsbestimmungsrecht  119 f., 193, 339 f. – Elternverantwortung  20 f., 24, 193, 196 f. – Umgangsrecht  128 psychologischer und soziologischer Forschungsstand  26 ff., 291 f., 309, s. a. →  Kindeswohl Qualität der Eltern-Kind-Beziehung vs. Quantität der Betreuungszeit  47 f. Rechtsschutzbedürfnis  112 ff., 190, 233 rechtsvergleichende Eindrücke  284 ff. – Australien  285 ff. – Großbritannien  289 f. – Niederlande  290 – Schweden  288 f. – USA  288 Reformvorschläge – Elternvereinbarungen, Ausbau von Regelungsinstrumenten zur Verfestigung von  308 ff., 317 f. – Gefahren  355 ff. – Öffnung des Wortlauts von §  1687 Abs.  1 BGB  304 ff., 359 – Rechtsgrundlage zur Anordnung eines Wechselmodells, Schaffung einer speziellen   – Regelungslücke  292 ff.

Sachverzeichnis   – Verortung und Ausgestaltung  294 ff. – Regelfall, Wechselmodell als  281 ff. – Unterscheidung zwischen Sorge und Umgang, Aufgabe der  299 ff. Regelfall – gemeinsame Sorge  s. dort, →  Regelfall – Wechselmodell  281 ff. Regelungslücke – gerichtliche Anordnungsbefugnis im einfachen Elternstreit  9, 283, 292 ff., 364 – Sorgeausübung als Gegenstand eines gerichtlich gebilligten Vergleichs  125   – Reformvorschlag  310 Relocation  61 Residenzmodell – Definition  5, 11 – gesetzliche Abbildung  96, 304 Resolution des Europarates  282 Rollenverteilung – elterliche  93 – traditionelle  48 Rückführungsanspruch  s. →  Durch­ setzung einer Herausgabe des Kindes Sachentscheidung des Gerichts – keine  86 f., 138 f., 150, 167, 181, 195, 215 ff., 218, 242, 259, 293, 339   – §  1628 BGB  86 f., 216, 296   – §  1671 Abs.  1 BGB  194 ff., 215 ff., 296, 323 – Kompetenz-Kompetenz  87 – nach §  1666 Abs.  1 BGB  235 ff., 276, 294, 298 – nach §  1684 Abs.  3 S.  1 BGB  242 ff., 253 ff. – Reformvorschläge  295 f., 301 ff., 355 ff. – Verhinderung der Verkümmerung eines Elternrechts, zwecks  246 ff., 301, 357 – verkappte  356 Sachprüfung des Gerichts, ohne  114, 118 f. Schlichteramt des Staates  200 ff., 215 f., 245, 301 – einfachgesetzliche Übersetzung  215 f., 253 ff. – Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht, kein  201 f., 211, 245 – Kindeswohls, Bedeutung des  202, 246, 251, 252, 341 f.

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– Kollision   – Elternrechte, der  200 ff., 246   – tatsächlicher Eltern- und Kindesinteressen  205   – von Kindesgrundrechten und Elternrecht(en), keine  203 ff. – praktische Konkordanz  201 f., 205 – Rechtfertigungslast, geringere  200 f., 203, 238, 245 – „Schiedsrichter“, Staat als  202 – Umgangsentscheidung als Akt der Schlichtung  246 f., 301 Selektionseffekte  45 ff., 286 Fn.  27 Sicherheitsbedenken  42 Sorgeerklärungen  265 – Begründung teilweise gemeinsamer Sorge  266 ff., 316 f. – pränatal  317 – Reformvorschlag   – Begründung teilweiser gemeinsamer Sorge, Ermöglichung der  316 f.   – Erweiterung auf die Übertragung von Sorgerechtspositionen  314 f. – statuskonkretisierender Akt  265 Sorgeplan  67, 288, 295 Sorgestatus  15 f., 22, 108 ff., 190 ff., 265 – Disposition  s. →  Unverzichtbarkeit des Sorgestatus – „kontrollierter Dispositionsakt“  113 Fn.  501 – mittelbare Gestaltungsmacht der Eltern  25, 113, 130, 314 – zeitliche Aufspaltung, Zulässigkeit  109 ff. – Zergliederung, Gefahr der  111 – s. a. →  Ausübung und Substanz von Sorge Stetigkeit  s. →  Kontinuität Stich-Entscheid  87 übereinstimmender Elternwille (zur Statusänderung) – Bindung des Gerichts im Rahmen des   – §  1671 Abs.  1 S.  2 Nr.  1 BGB  114, 135 f., 267   – §  1687 Abs.  2 BGB  173 ff., 178    – Reformvorschlag  308, 314   – §  1696 Abs.  1 S.  1 BGB  174 f., 314, 325, 332

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– Elternautonomie, Eingriff in  115, 156 ff., 168, 171   – Rechtfertigung nicht durch Möglichkeit einer Ausübungsvereinbarung  168 ff. – gemeinsame Sorge   – Begründung  272   – volle  171 ff.   – Wiederherstellung  174 f. – Kindeswohldienlichkeit, Vermutung der  114, 115, 135, 167 f. – Vorrang  114, 138 – s. a. →  Elternvereinbarung Übernachtungen  49 ff. Umgangsbestimmungspfleger  239 Umgangsbestimmungsrecht  180 Umgangspfleger  239 Umgangsrecht – Alleinentscheidungsbefugnisse  78, 93 f., 255, 256, s. a. →  Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung – Amtsverfahren  128 – Aufenthaltsbestimmungsrechts, Verkürzung des  243 – Aushöhlung des elterlichen Aufenthaltsbestimmungsrechts  249 f., 276, 357 – Ausübung  76 f., 263 f.   – gerichtlich gebilligten Vergleichs, Gegenstand eines  78, 125, 147 ff., 271   – Regelungsbefugnis des Gerichts  241, 300 – Definition(en)  247 f. – Disposition  76, 126 ff.   – materiell-rechtliche Dispositions­ befugnis  128 f.   – verfahrensrechtliche Dispositions­ befugnis  128 – Durchsetzung  79, 148 f., 242   – Kindeswohldienlichkeit  148 f. – einstweilige Umgangsregelung, (Un‑)Anfechtbarkeit  240 Fn.  198 – Elternrecht, Wurzel im  243, 256 – gerichtliche Entscheidung (§  1684 Abs.  3 S.  1 BGB)  240 ff.   – Abweichung durch Eltern im Konsens  227 Fn.  163, 249 Fn.  229   – Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht, unzulässiger  250, 259, 276

  – Grenzziehung zwischen zulässiger Umgangsregelung und unzulässiger Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts  256 f., 300, 303, 322, 326, 359, 364   – Kindeswohl als Maßstab (§  1697a BGB)  241 f., 251   – Sachentscheidung auf einfachrechtlicher Ebene  243 f., 300    – Ausweitung de lege ferenda, keine beliebige  303   – Schlichtungsakt auf verfassungsrechtlicher Ebene  247, 301 – gerichtlich gebilligter Vergleich  78, 125, 147 ff., 271 – Grenze: Aufenthaltsbestimmungsrecht  249 f., 254 – Regelumgang, kein  241 – Restbestandteil des Personensorgerechts, kein  243 Fn.  210 – Vereinbarungsfreiheit  77 – Zweck von Umgang   – gleichberechtigte Teilhabe beider Elternteile am Leben des Kindes, keine  248 ff., 256, 276, 322   – Verhinderung eines Kontaktabbruchs  246 ff., 256, 301 UN-KRK (Kinderrechtskonvention)  260 Unverzichtbarkeit des Sorgestatus  24, 103, 113 f., 130, 171, 265 – Begründung gemeinsamer Sorge  264 ff., 314 – Kritik  114 Fn.  512, 272, 314 – materiell-rechtliche Dispositionsbefugnis der Eltern  130 f. verfassungskonforme Auslegung von – §  156 Abs.  2 S.  2 FamFG, keine  141, 152 – §  1687 Abs.  2 BGB  171 ff., 178, 184   – Reformvorschlag  308 verfassungsrechtlicher Rahmen  s. →  grundgesetzliches Kompetenzgefüge Vergleich, gerichtlich gebilligter  s. →  gerichtlich gebilligter Vergleich Verhältnismäßigkeitsgrundsatz  89, 221, 226, 235, 258 Vollstreckung  s. →  Durchsetzung

Sachverzeichnis Wächteramt des Staates  21, 52, 135, 166, 182, 198 ff., 276, 338 – Akzessorietät  198 – Ausschließlichkeitsverhältnis zur Elternverantwortung  210 f. – einfachgesetzliche Übersetzung  215 – Eingriff ins elterliche Erziehungsrecht  199, 245 – Erziehungsrecht, kein eigenes  199, 251 – Fremdbestimmung des Erziehungs­ standards, keine  215 – Gewährleistung optimaler Erziehung, keine  211, 251, 294 – Inkaufnahme von Nachteilen zulasten des Kindes  212, 252 f., 283, 294 – Kindeswohl als Bezugspunkt  209 ff., 251   – Mindeststandard; negativer, nicht positiver Standard  212, 252, 254 – Rechtfertigungslast, hohe  238, 338 – Subsidiarität  198 – s. a. →  Schlichteramt des Staates Wechselfrequenz, ‑rhythmus  26, 36, 41, 59 f., 67, 231, 276, 327, 332 Wechselmodell – Abänderung  s. dort – Abgrenzung  11 f. – Absicherung  s. →  Absicherung eines Wechselmodells – Alleinsorge, bei  263 ff. – Anordnung  s. →  Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils

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– Begünstigung durch gerichtliche Entscheidung  s. →  Begünstigung eines Wechselmodells – deeskalierende Wirkung  30, 43 f., 47 – Definition, Wesen  3, 9 f., 11, 16, 361 f. – Faktoren, das Kindeswohl beeinflus­ sende  33 ff. – gesetzlicher Regelfall, als  281 ff. – gewöhnlicher Aufenthalt  94 f. – Herkunft  4 f., 288 – Kompromissmodell  34, 35 – Kosten  58, 65 – Motivation der Eltern  33 ff. – „One-size-fits-all-Modell“, kein  48 – Organisationsaufwand  41, 58, 64 f. – Rechtsinstitut, kein  361, 364 – Risiken  30 ff. – Sorgeregelung, als  25 ff., 124 ff., 143 ff., 183 ff., 189 ff., 263, 271, 275 f., 276 – Umgangsregelung, als  76 ff., 125, 147 ff., 240 ff., 263 f., 271 – Ursprung  4 f., 288 – Vater-Kind-Beziehung  28 f. – Verbreitung  6 – Vorteile  26 ff. Widerspruchsrecht des Kindes  54, 114, 133, 135, 145, 146, 308 Wille des Kindes  52, 54 ff., 238, 240, 284, 337 f., 344, 346, 349 Wohnortnähe  57 ff., 288 Wohnortwechsel  61