Das Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen: The Right of Property for Refugees and Displaced Persons [1 ed.] 9783428527977, 9783428127979

Die Fälle der osteuropäischen Deutschen und der Palästinenser zeigen, dass sich Flüchtlinge und Vertriebene in der zwisc

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Das Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen: The Right of Property for Refugees and Displaced Persons [1 ed.]
 9783428527977, 9783428127979

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Schriften zum Völkerrecht Band 183

Das Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen The Right of Property for Refugees and Displaced Persons

Von

Leopold von Carlowitz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

LEOPOLD VON CARLOWITZ

Das Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen

Schriften zum Völkerrecht Band 183

Das Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen The Right of Property for Refugees and Displaced Persons

Von

Leopold von Carlowitz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 30 Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0251 ISBN 978-3-428-12797-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Im Gedenken an Thomas Ziolkowski (y 2004)

Danksagung Mein erster Dank gilt meinem verstorbenen Kollegen und Freund Thomas Ziolkowski, dem die Aussöhnung Mitteleuropas mit seiner Geschichte ein großes Anliegen war und der mich während unserer gemeinsamen Tätigkeit bei der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo (1999–2001) zum Schreiben einer Doktorarbeit im Zusammenhang mit meiner Arbeit als Leiter des UNMIK Referats für Eigentumsfragen überzeugt hat. Großer Dank gebührt vor allem auch meinem Doktorvater Michael Bothe, dessen Interesse an der Zusammenführung von internationaler Friedenssicherungspraxis und Wissenschaft so groß war, dass er mich 2002 „vom Feld weg“ als Wissenschaftlichen Mitarbeiter in seine Forschungsgruppe „Internationale Organisation und die Herrschaft des Rechts“ bei der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) aufnahm. Die Zusammenarbeit mit Prof. Bothe gestaltete sich äußerst fruchtbar und seine Ratschläge bezüglich der Dissertation aber auch hinsichtlich anderer völkerrechtlicher oder beruflicher Fragen erwiesen sich als besonders hilfreich. Sehr dankbar bin ich natürlich auch der HSFK für ihre finanzielle, technische und bibliothekarische Unterstützung, die mir auch zu Zeiten einer gravierenden hessischen Haushaltskrise gewährt wurde. Daneben bin ich Lena Inowlocki zu Dank verpflichtet, die mich nicht nur bei der HSFK eingeführt hat, sondern mich während meiner Frankfurter Zeit persönlich sehr unterstützt und mir sozialwissenschaftliche Gepflogenheiten näher gebracht hat. Des Weiteren möchte ich Caroline Hinds danken, die mir zu Beginn der Arbeit erfahrene und entscheidende Impulse bei der inhaltlichen Grundkonzeptionalisierung der Dissertation gegeben hat. Darüber hinaus bedanke ich mich bei Tania Inowlocki für ihre kontinuierliche Bestärkung meiner wissenschaftlichen Fähigkeiten und Unterstützung entsprechender Tätigkeiten; bei meinen Praktikanten Bernadette Denzinger, Stefanie Engelbrecht, Sebastian Kraffzig, Stefan Liebig und Nina Pippart für umfassende Literaturrecherchen; bei Alexandra v. Jagow und Ingo Richter für die Mühen des Korrekturlesens und ihre wertvollen Anregungen beim Gegenlesen der Arbeit; bei Jan Henrik v. Dallwitz für die Neuformatierung des Textes mit Blick auf seine Veröffentlichung; sowie bei Jean Allain und Hart Journals Publishers für ihre Genehmigung zum Abdruck meines im Irish Yearbook of International Law (2006) 2008 erschienenen Aufsatzes „The Right to Property of Refugees and Displaced Per-

8

Danksagung

sons: On the Progressive Development of International Customary Law by the International Administrations in the Balkans“ als Zusammenfassung in englischer Sprache am Ende der vorliegenden Arbeit. Berlin, im Mai 2008

Leopold von Carlowitz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eigentumsfragen als Konfliktursache und Nachkriegsproblem . . . . . . . . . II. Eigentumsrechte und Interessenspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ein universelles Menschenrecht auf Eigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Fallauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Forschungszweck und Problematik des Völkergewohnheitsrechts . . . . . . VII. Eingrenzungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Gang und Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 15 17 19 22 23 24 27 29

A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht . . . . . . . . . . . . I. Fremdenrechtlicher Eigentumsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eigentumsschutz im humanitären Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eigentumsschutz im Flüchtlingsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 31 39 43

B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes . . . . . . . . . . I. Lockes Eigentumsphilosophie als Grundpfeiler der westlich-liberalen Staatsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die sozialistische Eigentumskonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte IV. Vorarbeiten zu einem Eigentumsrechtsartikel in den Menschenrechtspakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

C. Fehlender Eigentumsschutz in Flüchtlingskatastrophen nach dem Zweiten Weltkrieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historischer Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Flucht und Vertreibung der Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Flucht und Vertreibung der Palästinenser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Legalität und Opportunität von Bevölkerungsumsiedlungen . . . . . . . . . . . 1. Bevölkerungsumsiedlungen in der Zwischenkriegszeit und während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsauffassungen zu Bevölkerungsaustausch in der Zwischenkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsauffassungen zu Bevölkerungsumsiedlungen gegen und nach Ende des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 49 58 66 70 73 75 75 80 90 90 95 97

10

Inhaltsverzeichnis

III.

4. Opportunität von Bevölkerungsumsiedlungen in Zusammenhang mit der Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser a) Flucht und Vertreibung der Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Flucht bzw. Vertreibung der Palästinenser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten . . . . . 1. Deutsche Flüchtlinge und Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Palästinensische Flüchtlinge bzw. Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Fortentwicklung des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes auf universeller und regionaler Ebene und Wiederaufnahme der Diskussionen in der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antidiskriminierungsabkommen und -erklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übereinkommen zum Schutz von eingeborenen und in Stämmen lebenden Völkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen . . . . . . . . . 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention . . . . . . 2. Amerikanische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Afrikanische Menschenrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arabische und islamische Menschenrechtserklärungen . . . . . . . . . . . . III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in den ehemaligen sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas nach Zusammenbruch des Sozialismus IV. Fortführung der Beratungen in der Generalversammlung . . . . . . . . . . . . . E. Anerkennung der Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfestigung und Pönalisierung des Vertreibungsverbots . . . . . . . . . . . . . II. Das Recht auf Rückkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsetzung des Massenvertreibungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Menschenrechtliche Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückkehrrecht und Selbstbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einschlägige Resolutionspraxis der Vereinten Nationen . . . . . . . . . . . 5. Umfang des Rückkehrrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die bosnische Flüchtlingskatastrophe und das Daytoner Friedensabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mandat und Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schwierigkeiten bei der Vollstreckung der CRPC-Entscheidungen c) Keine Entschädigungszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103 103 109 115 116 124

140 140 140 143 152 153 159 160 163 165 186 197 198 200 201 201 203 203 208 209 209 210 210 216 220

Inhaltsverzeichnis IV.

11

Eigentumsschutz im Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 1. Ethnische Säuberungen im Kosovo und Sicherheitsratsresolution 1244 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Das Wohn- und Eigentumsdirektorat und die Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Mandat und Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 b) Das Verwaltungs- und Finanzproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 c) Vollstreckung und fehlende Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

V.

Fazit des Eigentumsschutzes in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

F. Standardsetzung durch die Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen zum Vertriebenenschutz und zum Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I.

Grundprinzipien und Leitlinien für das Recht auf Rechtsbehelf und auf Wiedergutmachung für schwere Verletzungen von internationalen Menschenrechten und humanitärem Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

II.

Eigentumsschutz im Rahmen eines Schutzregimes für Vertriebene . . . . 242

III.

Eigentumsrelevante Empfehlungen des Rassendiskriminierungsausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

IV.

Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene . . . . 248 1. Resolution der Unterkommission Nr. 1998/26 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 2. Studien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 3. Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 a) Grundprinzipien und übergeordnete Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Verfahren, Implementierung und Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . 260

G. Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 I.

Bildung von Völkergewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Induktiver Ermittlungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Deduktiver Ermittlungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 3. Ein allgemeines Menschenrecht auf Eigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 4. Gewohnheitsrechtlicher Eigentumsschutz für Flüchtlinge und Vertriebene durch internationale Friedenseinsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 5. Präzedenzwirkung von Verwaltungshandeln internationaler Friedensmissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 6. Relevanz des internationalen Eigentumsrechtsschutzes in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

II.

Eigentumsrechtliches Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

12

Inhaltsverzeichnis

The Right of Property for Refugees and Displaced Persons – English Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen . . . . . 301 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Personen- und Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338

Abkürzungsverzeichnis ADMR AEMR AMRK COHRE CRPC

DDR EGMR EMRK EU GUS HPCC HPD ILA ILC ILO IPbpR IPwskR KFOR KSZE NATO OHR OSZE PLIP SRSG UNCC UNCCP

Amerikanische Deklaration der Menschenrechte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Amerikanische Konvention über Menschenrechte Centre for Housing Rights and Evictions Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen (Commission for Real Property Claims of Refugees and Displace Persons) Deutsche Demokratische Republik Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Europäische Menschenrechtskommission Europäische Union Gemeinschaft Unabhängiger Staaten Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche (Housing and Property Claims Commission) Wohn- und Eigentumsdirektorat (Housing and Property Directorate) Vereinigung für internationales Recht (International Law Association) Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission) Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization) Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte (International Covenant for Civil and Political Rights) Internationaler Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (International Covenant for Economic, Social and Political Rights) Internationale Friedenstruppe im Kosovo (Kosovo Force) Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Nordatlantikvertrag-Organisation (North Atlantic Treaty Organisation) Amt des Hohen Repräsentanten des Daytoner Friedensabkommens (Office of the High Representative of the Dayton Peace Agreement) Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Restitutionsvollstreckungsplan (Property Law Implementation Plan) Sondergesandter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (Special Representative of the Secretary-General of the United Nations) Entschädigungskommission der Vereinten Nationen (United Nations Compensation Commission) Schlichtungskommission der Vereinten Nationen für Palästina (United Nations Conciliation Commission for Palestine)

14 UNHCR UNMIBH UNMIK

Abkürzungsverzeichnis Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (United Nations High Commissioner for Refugees) Friedensmission der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina (United Nations Mission in Bosnia and Herzegovina) Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo)

Einleitung I. Eigentumsfragen als Konfliktursache und Nachkriegsproblem Eigentumsfragen bezüglich Wohn- und Grundbesitz gehören bei vielen ethnopolitischen Konflikten sowohl zu den zentralen Konfliktursachen, als auch zu den größten Problemen bei der Befriedung und dem Wiederaufbau der Nachkriegsgesellschaften. Häufig führen großer demographischer Druck, Ressourcenknappheit, landwirtschaftliche Umstrukturierungen, die Ausbeutung von wertvollen Bodenschätzen, aber auch eine ungerechte Landverteilung zwischen unterschiedlichen Gruppen zu massiven Verletzungen von Eigentumsrechten.1 Da eine Eigentumsrechtsordnung auch die Kontrolle über das betreffende Territorium bezweckt, gehören Eigentumsfragen zu dem Kern vieler gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen ethnischen, nationalen oder anderen Gruppen.2 Am Ende seiner umfassenden Studie zu ethnischen Säuberungen im 20. Jahrhundert zieht Naimark den Schluss, dass obwohl die verschiedenen Vertreibungsmotivationen primär politischer und ideologischer Natur waren, wirtschaftliche Gründe trotz allem eine wichtige Rolle spielten.3 In allen untersuchten Fällen wurden die Opfer als wohlhabend wahrgenommen und es wurde ihnen vorgeworfen, ihren Reichtum durch Ausbeutung der zahlenmäßig dominanten Bevölkerungsgruppe erreicht zu haben. Seiner Ansicht nach verdienten es daher die Opfer in den Augen letzterer Gruppe, enteignet und ihres Eigentums beraubt zu werden.4 Verteilungsfragen spielen auch in Nachkriegsszenarien eine wichtige Rolle. Insbesondere nach weitflächigen Zerstörungen von Wohnraum zu Kriegszeiten und im Rahmen von massiven Bevölkerungsumsiedlungen wird der zurückgelassene Wohn- und Grundbesitz von Flüchtlingen und Vertriebenen (bzw. Umgesiedelten) in der Regel dazu benutzt, der bestehenden Nachkriegswohnungsnot und Obdachlosigkeit Abhilfe zu schaffen sowie um umgesiedelten Flüchtlingen und Vertriebenen eine neue Heimstätte zu geben.5 Gleichzeitig wird eine 1

Hurwitz/Studdard/Williams, S. 2. Abu Hussein/McKay, S. 1–2, 9; Blumenwitz (2001), S. 203; Waters, S. 520. 3 Naimark, S. 193. 4 Ibid., S. 193–194. Vgl. auch die Ausführungen zum Feindbild des „reichen Juden“ im Zusammenhang mit der Arisierung jüdischen Eigentums während des Nationalsozialismus: Aly, S. 358–359; Mönninghoff, S. 25–26. 5 Leckie (2003), S. 47–48; Benvenisti/Zamir, S. 324. 2

16

Einleitung

Rückgabe von zurückgelassenem Eigentum als eine der entscheidenden Voraussetzungen für die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre angestammten Gebiete betrachtet, was zunehmend als wichtiger Faktor zur Wahrung des internationalen Friedens angesehen wird.6 Am Verlust des eigenen Hauses und Landes manifestiert sich der durch Flucht oder Vertreibung bedingte Verlust der gewohnten Umgebung bzw. der Heimat, welcher zumeist zu großer Entwurzelung und Desorientierung und häufig zu einer ernsten Traumatisierung der betroffenen Personen führt.7 Insbesondere wenn der Eigentumsverlust Bestandteil von Massenvertreibungen ist, gehört eine Wiedergutmachung der Verletzung von Eigentumsrechten zu den wichtigen Komponenten der psycho-sozialen Befriedung bzw. der Versöhnung von Nachkriegsgesellschaften.8 Dies gilt insbesondere auch für nachfolgende Generationen, da nicht adäquat adressiertes historisches Unrecht für die Betroffenengruppen intergenerationell fortwirkt und zur ihrer Radikalisierung beitragen kann.9 Dabei geht es zum einen um die materielle Wiedergutmachung der entstandenen Schäden durch Eigentumsrestitution und/oder Entschädigung. Von großer Bedeutung für einen Versöhnungsprozess ist zum anderen, dass in der Eigentumsrestitution oder in Entschädigungszahlungen regelmäßig auch eine öffentliche Anerkennung für erlittenes Unrecht liegt, welche oftmals erst Folge eines schmerzlichen Vergangenheitsbewältigungsprozesses ist.10 Die Klärung bzw. Regularisierung von Eigentumsverhältnissen ist schließlich entscheidend für die (Wieder-)Herstellung von rechtsstaatlichen Verhältnissen in der Nachkriegsgesellschaft, die wiederum als Voraussetzung für eine wirtschaftliche Gesundung und Entwicklung gelten.11 Um Rechtssicherheit zu erreichen, sollte die eigentliche Klärung von Eigentumsrechten mittels politischer Prozesse und Streitbeilegungsmechanismen durch entwicklungspolitische Projekte komplimentiert werden, die die Registrierung bzw. Titulierung der Rechte unter Einschluss von gewohnheitsrechtlichen und gemeinschaftlichen Eigentumspositionen zum Ziel haben.12

6

Köhler, S. 259–268; Achermann, S. 225–227, 244–245. von Friesen, S. 35–37. Siehe auch: Diner, S. 68–69, der die Rückerstattung von Eigentum als Medium der Erinnerung an historisches Unrecht bezeichnet. 8 Versöhnung kann als vielschichtiger und intergenerationeller Prozess bezeichnet werden, in dem sich vormals bekämpfende Streitparteien allmählich zu friedlicher Koexistenz und Zusammenarbeit bewegen. Zum Versöhnungsbegriff, siehe: Bloomfield/ Barnes/Huyse (Hrsg.), S. 12. 9 von Carlowitz (2005), S. 558; Barkan, S. 389; Shapiro, S. 587. 10 von Carlowitz (2005), S. 555–556; Karadjova, S. 330; Barkan, S. 365–367; van Boven, S. 354. 11 van Banning, S. 337–357; de Soto, S. 44–68. 12 Hurwitz/Studdard/Williams, S. 18. 7

II. Eigentumsrechte und Interessenspolitik

17

II. Eigentumsrechte und Interessenspolitik Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat im August 2004 ausdrücklich anerkannt, dass die Beilegung von Eigentumsstreitigkeiten und die Wiederherstellung von verletzten Eigentumsrechten Grundkomponenten von Programmen künftiger Friedensoperationen zur Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und zur Aufarbeitung von vorherigem Unrecht in einer Nachkriegsgesellschaft sind bzw. sein sollen.13 Diese Entwicklung ändert freilich nichts an der Tatsache, dass Eigentumsfragen einschließlich konkreter Wiedergutmachungsmaßnahmen für Eigentumsverletzungen im Zusammenhang mit ethnischen Säuberungen oder ähnlichem historischen Unrecht in der Realität starken Machtinteressen unterworfen sind. Dabei spielen vor allem die Verteilung von Land und Gütern, die Verfügbarkeit von finanziellen Ressourcen für etwaige Entschädigungszahlungen sowie die demographischen Komposition des fraglichen Territoriums eine wichtige Rolle. Einer entsprechenden Wiedergutmachung im Rahmen von Friedensverhandlungen oder Versöhnungsprozessen geht im Idealfall ein komplizierter Prozess der Interessenaushandlung- und -abwägung voraus.14 Dazu gehört zuvorderst die Feststellung von vergangenem Unrecht sowie des Bestehens von Rechtspositionen seitens der Opfergruppen überhaupt. Des Weiteren ist die angemessene Form der Wiedergutmachung, also vor allem die Frage nach Restitution oder Entschädigung, zu entscheiden. Entscheidungserhebliche Gesichtspunkte in diesem Zusammenhang sind, inwieweit die Häuser bzw. Wohnungen von Flüchtlingen und Vertriebenen überhaupt noch vorhanden sind oder im Zuge der Kriegswirren oder der Vertreibungshandlungen zerstört worden sind. Weiterhin ist erheblich, ob der betreffende Wohnraum bzw. das Land von neuen Siedlern genutzt wird und inwieweit letztere gültige Eigentums- und Besitzrechte daran, z. B. durch gutgläubigen Erwerb oder wegen Vertrauensschutz nach langem Zeitablauf, begründet haben. Darüber hinaus kann in einer Nach(bürger)kriegssituation mit fortdauernden ethnischen oder nationalen Spannungen ein Restitutionsprogramm, welches die Massenrückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen bedingt, schwerwiegende innergesellschaftliche Stabilitätsprobleme mit sich bringen, weswegen aus Sicht des betroffenen Landes eine Entschädigungslösung bevorzugt wird. Gerade nach gewaltsamen ethnopolitischen Konflikten ist es im Allgemeinen nicht mehr möglich, den Status quo ante zum Beispiel durch Eigentumsrestitution wiederherzustellen. Auch die Zahlung von vollen, dem Verkehrswert entsprechenden Entschädigungen übersteigt in den allermeisten Fällen die Ressourcen einer Nachkriegsgesellschaft und würde unter Umständen den entsprechen13 UN Doc. S/2004/616, Report of the Secretary-General, The rule of law and transitional justice in conflict and post-conflict societies, 23. August 2004, Paras. 5, 24 und 54. 14 Barkan, S. 359.

18

Einleitung

den Friedensprozess aufgrund wirtschaftlicher Überforderung der Täterseite empfindlich belasten.15 Stattdessen kommen in dieser Situation geringere Ausgleichsleistungen und insbesondere bei lang zurückliegenden oder nicht dokumentierten Eigentumsverletzungen alternative Wiedergutmachungsformen wie öffentliche Entschuldigungen, symbolische Entschädigungen, Denkmäler und Museen oder die Einrichtung von Zukunftsfonds zugunsten der Nachkommen der unmittelbaren Opfergeneration in Betracht.16 Die Klärung der Eigentumsverhältnisse nach gewaltsamen ethnopolitischen Konflikten erfordert in den meisten Fällen ein großes Maß an schmerzhaften Kompromissen seitens der Streitparteien. Wie der 2004 vom Generalsekretär der Vereinten Nationen vorgelegte Friedensplan für Zypern („Annan-Plan“)17 oder die eigentumsrechtlichen Vorschläge der Genfer Initiative zur Lösung des Nahostkonflikts18 aus dem gleichen Jahr zeigen, kann ein solcher Kompromiss auch in komplexen Mischformen aus individualrechtlicher Eigentumsrückgabe und Entschädigung einerseits sowie aus freiwilligem Bevölkerungsaustausch andererseits bestehen. Dabei sollen die notwendigen Opfer auf beiden Seiten soweit wie möglich angemessen und ebenmäßig verteilt werden, was dazu führt, dass der erwähnte Aushandlungs- und Abwägungsprozess in der Grauzone zwischen Recht und Politik stattfindet. In diesem Rahmen stellen die Rechtsansprüche der Flüchtlinge und Vertriebenen lediglich einer von mehreren entscheidungserheblichen Faktoren dar.19 In seiner Theorie der Wiedergutmachung hat Brooks das Vorliegen einer gültigen Rechtsposition als eins von vier Elementen für eine erfolgreiche Wiedergutmachungskampagne genannt. Seiner Ansicht nach sind für ihren Erfolg neben dem Bestehen eines Rechtsanspruchs legislatives (statt gerichtlichem) Handeln, ein hohes Maß an politischem Druck, sowie ein starker Rückhalt zugunsten der Forderungen innerhalb der Opfergruppe notwendig.20 Shelton streicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Rechtmäßigkeit bzw. Rechtwidrigkeit der Handlungen zur Zeit ihrer Begehung heraus, auf denen das historische Unrecht basiert. Bei Forderungen, die auf (ursprünglich) nicht rechtswidrigem Handeln beruhen, bestehe die Problematik der rückwirkenden Anwendung von (späterem) Recht.21 Für solche Wiedergutmachungsansprüche, 15

Ibid., S. 372; Tomuschat (2000), S. 176. Vgl. Bloomfield/Barnes/Huyse, S. 148–149; Rigby, S. 10. 17 Annex VII of Basis for Agreement on a Comprehensive Settlement of the Cyprus Problem, February 2003, www.unannanplan.agrino.org/1revised_un_plan.pdf. Dazu siehe: Schoch, S. 6–13. 18 The Geneva Accord, Draft Permanent Status Agreement, zuerst veröffentlicht in Haaretz, 1. Dezember 2003, erhältlich unter: http://www.haaretz.com/hasen/pages/ ShArt.jhtml?itemNo=351461. Dazu siehe: Brumlik, S. 276–282. 19 Vgl. Rosand (2000a), S. 239–240. 20 Brooks, S. 6–7. 21 Shelton, S. 459–463. 16

III. Ein universelles Menschenrecht auf Eigentum?

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die auf eindeutig rechtswidriges Verhalten begründet sind, gäbe es weniger Probleme in der Forderungsdurchsetzung. In den anderen Fällen müsse zwischen den Interessen der Betroffenen abgewogen werden, wobei die (moralische) Überzeugungskraft der Forderungen, die Notwendigkeit zur Versöhnung der Konfliktparteien und praktische Fragen in Zusammenhang mit der Durchführung von Wiedergutmachungsleistungen von Bedeutung sind.22 Nach Sheltons Ansicht könnten Forderungen ohne harte rechtliche Begründung unter bestimmten Bedingungen und viel politischem Druck trotz allem in einem politischen Prozess durchgesetzt werden.23

III. Ein universelles Menschenrecht auf Eigentum? Thema der vorliegenden Arbeit ist die Frage, ob es ein universell anerkanntes Menschenrecht auf Eigentum überhaupt gibt, welches Flüchtlingen und Vertriebenen als Anspruchsgrundlage dienen könnte, ihr kriegs- bzw. vertreibungsbedingt verlorenes Eigentum wieder zurückzuerlangen. Wie die viel diskutierten Fälle der osteuropäischen Deutschen und der Palästinenser zeigen, konnten sich Flüchtlinge und Vertriebene in der zwischenstaatlich dominierten Welt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht erfolgreich auf einen menschenrechtlichen Eigentumsrechtsschutz berufen. Lange Zeit schützte das Völkerrecht das Eigentum nur als Fremdenrecht über die Regeln des diplomatischen Schutzes, nicht jedoch auch als für Aus- und Inländer geltendes universelles Menschenrecht.24 Da es im Kontext von Flucht oder Vertreibung zumeist nicht um die Entziehung ausländischen Vermögens geht, sondern Inländer bzw. Staatsangehörige betroffen sind, ist es allerdings gerade der menschenrechtliche Eigentumsschutz, den Flüchtlinge und Vertriebene unabhängig von der Unterstützung ihres Heimatlandes zur Wahrung ihrer Eigentumsrechte geltend machen können müssten. Zwar wird das Recht auf Eigentum in Artikel 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) erwähnt, den Vereinten Nationen gelang es indes nicht, das Eigentum in einen der die AEMR kodifizierenden Menschenrechtspakte aufzunehmen. Die fehlende Kodifizierung war vor allem dem Widerstand der damaligen sozialistischen osteuropäischen Staaten geschuldet, das Privat22

Ibid., S. 463. Als Bedingungen nennt Shelton, dass sowohl Täter als auch Opfer (oder ihre direkten Nachkommen) identifizierbar sind und noch leben, dass die Opfergruppe nicht zu groß ist, dass politischer Druck durch eine entschiedene und geschlossene Unterstützung auch innerhalb der Opfergruppe erzeugt wird, dass die Rechtsverletzungen ordentlich dokumentiert sind und dass das Unrecht noch fortwirkt. Ibid., S. 464. 24 Im Unterschied zum Fremdenrecht, wo ein Staat die Rechtsverletzungen seiner Staatsangehörigen gegenüber dem Verletzerstaat geltend machen kann, kommt es beim Menschenrechtsschutz nicht auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen an. Vgl. Doehring (2004), S. 432. 23

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eigentum als Grundlage für eine Staatsordnung zu sehen. Weiterhin schaffte es die Staatengemeinschaft nicht, Konsens darüber zu finden, ob das Recht auf Eigentum als Abwehrrecht im Sinne der ersten Generation der Menschenrechte im Pakt über bürgerliche und politische Rechte aufzunehmen sei, oder ob es nicht als Zugangsrecht der zweiten Generation der Menschenrechte in den Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte gehöre. Im Rahmen der Vereinten Nationen wurde die Diskussion über das Eigentum 1966 bis auf weiteres vertagt und das Eigentum zum Teil als „Problemkind“ innerhalb der Menschenrechtsfamilie eingestuft.25 Hinsichtlich einer völkergewohnheitsrechtlichen Geltung des Rechtes wird allgemein angenommen, dass schon zur Zeit der Verabschiedung der AEMR die internationale Rechtsüberzeugung bestand, dass zumindest das persönliche Eigentum, welches zum Überleben des Einzelnen notwendig ist, universellen menschenrechtlichen Schutz genießt.26 Ob und inwiefern dazu auch Wohnraum und dazugehöriger Grund und Boden zu rechnen ist, blieb jedoch unklar. Laut Kämmerer ist die menschenrechtliche Prägung des völkerrechtlichen Eigentumsschutzes insgesamt nur schwach ausgeprägt und insbesondere das menschenrechtliche Grundeigentum führt ein Schattendasein.27 Unklarheiten hinsichtlich seiner Begründung, seines Schutzzwecks und Regelungsumfangs sowie hinsichtlich seiner Beschränkungen haben bis in die jüngste Zeit lediglich einen schwachen internationalen Konsensus bezüglich des Bestandes und Umfangs des Menschenrechts auf Eigentum entstehen lassen.28 Nach Ansicht von Rosas besitzt das Eigentum im Völkergewohnheitsrecht lediglich „some standing“, wobei sich die Aufnahme des Eigentumsrechts in alle bislang existierenden regionalen Menschenrechtskonventionen positiv ausgewirkt hat.29 Tomuschat geht sogar noch weiter, indem er 1995 in einem Rechtsgutachten zu etwaigen eigentumsrechtlichen Ansprüchen der Sudetendeutschen gegen die Tschechische Republik behauptet hat, dass angesichts des Zögerns der internationalen Gemeinschaft, eine vertragliche Bindung (auf universeller Ebene) einzugehen, von einer weltweit geltenden gewohnheitsrechtlichen Norm menschenrechtlichen Eigentumsschutzes „noch heute nicht die Rede sein [kann].“30 Gleichwohl wird 25

Malfliet, S. 164. Vgl. Rosas, S. 144; Schermers, S. 579; Dolzer (1985), S. 127. Krause und Alfredsson stellen heraus, dass aus der Tatsache, dass das Eigentum nicht in die Menschenrechtspakte aufgenommen worden ist, nicht im Umkehrschluss geschlossen werden dürfe, dass das Recht auf Eigentum keinen Bestand als universelles Menschenrecht hat. Fraglich sei vielmehr seine Interpretation. Krause/Alfredsson, S. 365. 27 Kämmerer, S. 145. 28 Doehring (2003), S. 73–74; van Banning, S. 5. 29 Rosas, S. 144. Vgl. auch: Lillich (1984), S. 157. 30 Tomuschat (1996a), S. 28; auch: Keller, S. 122–123. Während Tomuschats Wertung primär auf den abwehrrechtlichen Aspekt des Eigentums gemünzt ist, schloss Schermes hinsichtlich eines etwaigen gewährleistungsrechtlichen Anspruchs auf ein 26

III. Ein universelles Menschenrecht auf Eigentum?

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allgemein anerkannt, dass der internationale menschenrechtliche Eigentumsschutz ein Rechtsgebiet ist, welches sich graduell weiterentwickelt und an Bestandskraft gewonnen hat.31 These dieser Arbeit ist, dass sich das Recht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen zu Beginn des 21. Jahrhunderts angesichts verschiedener rechtshistorischer Entwicklungen zu einem universellen Menschenrecht zumindest hinsichtlich seiner abwehrrechtlichen Komponente gewohnheitsrechtlich verfestigt hat. Dabei handelt es sich um einen besonderen Eigentumsschutz nach Flucht- und Vertreibungssituationen, der sich als Konkretisierung des allgemeinen Eigentumsrechts darstellt und als gegenwärtiger Minimalbereich des universellen menschenrechtlichen Eigentumsschutzes gelten kann. Zu diesen Entwicklungen gehört zum einen, dass das Eigentum zwar nicht in die universellen Menschenrechtspakte, aber neben dem europäischen Menschenrechtssystem nachfolgend in alle weiteren regionalen Menschenrechtsinstrumente und in verschiedene Antidiskriminierungsabkommen aufgenommen worden ist. Zum zweiten ist von großer Bedeutung, dass nach Ende des Kalten Krieges die vordem sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas, die eine Kodifizierung des Eigentumsrechts auf universeller Ebene verhindert hatten, ihren Widerstand gegen das Privateigentum aufgegeben und eigentumsfreundliche Verfassungen und Gesetzgebungen verabschiedet haben. Für den universellen Eigentumsschutz von Flüchtlingen und Vertriebenen ist zum dritten entscheidend, dass ihre Rückkehr- und Eigentumsrechte im Rahmen des verstärkten Eingreifens des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen seit Mitte der 1990er Jahre von robusten Friedenseinsätzen nicht nur proklamiert, sondern in anspruchsvollen Programmen der entsprechenden internationalen Übergangsverwaltungen auch tatsächlich durchgesetzt und geschützt worden sind. Parallel dazu hat die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen Beratungen zur Standardisierung von internationalen Strategien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution geführt und ihre Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte (Sub-Commission for the Promotion and Protection of Human Rights) im Sommer 2005 entsprechende universelle Prinzipien verabschiedet.32

Mindestmaß an Eigentum in ähnlicher Form, dass „we are still far from a general acceptance of a fundamental human right to have property“. Schermers, S. 184–185. 31 Vgl. Loukaides, S. 677; Malfliet, S. 186. ¯ 32 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/17, Final Report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro. Principles on housing and property restitution for refugees and displaced persons, 28. Juni 2005.

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IV. Forschungsstand Trotz der eingangs geschilderten großen Bedeutung des Eigentumsrechts gibt es vergleichsweise wenig Literatur zu seiner menschenrechtlichen Herleitung und seines Gehalts auf universeller völkerrechtlicher Ebene.33 Zwar existieren eine Vielzahl von Einzelstudien zu bestimmten eigentumsrechtlichen Aspekten besonders in Zusammenhang mit den Flucht- bzw. Vertreibungskatastrophen in Israel bzw. Palästina sowie in Bosnien und Herzegowina, es fehlt jedoch an allgemeineren Monographien, die die neuesten völkerrechtlichen Entwicklungen einschließlich der entsprechenden Praxis hinsichtlich des Rechts auf Eigentum zusammenführend und umfassend behandeln. Als positive Ausnahme ist Dolzers detailliert recherchierte Studie zu Eigentum, Enteignung und Entschädigung aus dem Jahr 1985 zu nennen, die sich allerdings primär mit dem fremdenrechtlichen Eigentumsschutz befasst und an Aktualität verloren hat, da sie die eigentumsrechtlichen Veränderungen nach Ende des Kalten Krieges nicht in die Untersuchung mit einschließt.34 In diesem Zusammenhang zu erwähnen ist ebenfalls die 2002 veröffentlichte Dissertation von van Banning zum Menschenrecht auf Eigentum, welche in umfassender Weise die Entstehung und den Umfang des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes mit besonderem Schwerpunkt auf das europäische Schutzsystem behandelt.35 Diese Abhandlung fokussiert jedoch vor allem auf die im Kontext von Flüchtlings- und Vertriebeneneigentum nur bedingt relevante Sozialfunktion des Eigentums sowie auf entwicklungspolitische Zusammenhänge und lässt die erwähnten jüngsten friedenspolitischen Entwicklungen außer Acht. In relativ umfassender Weise werden letztere in Leckies 2003 erschienenen Sammelband zur Wohn- und Grundbesitzrestitution von Flüchtlingen und Vertriebenen thematisiert.36 Unter weitgehender Nichtbeachtung der eigentumsrechtlichen Perspektive wird die in dieser Untersuchung angebotene normative Begründung für die internationale Restitutionspraxis jedoch primär aus dem Recht der Staatenverantwortlichkeit und dem Recht auf angemessene Behausung hergeleitet. Die vorliegende Dissertation trägt zur Schließung dieser Forschungslücke bei, in dem sie die bislang im Prinzip getrennt behandelten eigentumsrechtlichen Themenfelder der Kodifikationsgeschichte des Menschenrechts auf Eigentum einschließlich seiner philosophischen Grundlagen, der Fortentwicklung des Eigentumsschutzes nach Zusammenbruch der sozialistischen Staatenwelt und 33 van Banning nennt die Angst vieler Menschenrechtsexperten, im Fall der Beschäftigung mit dem Recht auf Eigentum für ausbeuterisch oder kapitalistisch gehalten zu werden, als potentiellen Grund für ihre weitgehende Nichtbeschäftigung mit dem Recht. van Banning, S. 7. 34 Dolzer, S. 127. 35 van Banning, S. 337–357. 36 Leckie (2003), S. 47–48.

V. Fallauswahl

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durch Standardisierungsbemühungen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, sowie des konkret umgesetzten Eigentumsschutzes nach Flucht- und Vertreibungsszenarien einschließlich einer Diskussion über die Praxis des Bevölkerungsaustauschs inhaltlich zusammenführt und analysiert. Neben der einschlägigen Fachliteratur sind in die Untersuchung auch die verfügbaren Primärquellen zu den internationalen Eigentumsrestitutionskörpern in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo sowie zu den o. g. Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution der Unterkommission der Menschenrechtskommission eingeflossen, die der Verfasser durch eigene Arbeitstätigkeit und durch Interviews während verschiedener Forschungsaufenthalte in Genf, Sarajewo und Pristina erlangen konnte.

V. Fallauswahl Hinsichtlich der internationalen Praxis zum Schutze von Flüchtlings- und Vertriebeneneigentum wird die Behandlung von Rückkehr- und Eigentumsfragen zur Zeit der Entstehung des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg den Eigentumsschutzmechanismen zum Ende des 20. Jahrhunderts gegenüber gestellt. Als Beispielfälle für die Staatenpraxis bzw. Rechtslage in den Jahren nach 1945 sind die Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser ausgewählt worden, die in der völkerrechtlichen Literatur die am meisten beachteten Fälle in diesem Zeitraum darstellen. Ausschlaggebendes Kriterium für erstere Gruppe war darüber hinaus das zahlenmäßige Ausmaß der Betroffenen, während die zweite Gruppe gemeinhin als der paradigmatischen Fall überhaupt für die weltpolitische Behandlung und Betrachtung von Flüchtlingsproblemen gilt.37 Bezüglich der Praxis und Rechtsauffassungen hinsichtlich Rückkehr- und Eigentumsfragen nach 1995 kommen die Fälle von Bosnien und Herzegowina und Kosovo in Betracht, da die internationale Gemeinschaft im Nachspann dieser Konflikte Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen mit Hilfe von internationalen Übergangsverwaltungen mit Druck durchgesetzt hat. Wie in den Schlussbemerkungen näher dargelegt, kann die Quasi-Staatenpraxis dieser internationalen Territorialverwaltungen als Indikator mit gesteigerter Aussagekraft für den Stand des gegenwärtigen Völkergewohnheitsrechts dienen. Die internationalen Eigentumsschutzregime im ehemaligen Jugoslawien sind daneben auch wegen ihrer großen Präzedenzwirkung für künftige Friedenseinsätze, sowie für potentielle Ansätze zur Lösung von bereits bestehenden Flüchtlings- und Vertriebenenproblemen ausgesucht worden. Zum Beispiel wird sich die im Januar 2004 von der irakischen Übergangsregierung gegründete Eigentumskommission, 37 Vgl. Brumlik, S. 252. Für weitere Erklärungen bezüglich der Fallauswahl, siehe Kapitel C.

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die Eigentumsforderungen in Zusammenhang mit Saddam Husseins Arabisierungsprogramm im Nordirak beilegen soll, an den von den internationalen Eigentumsrestitutionskörpern in Sarajewo und Pristina gemachten Erfahrungen orientieren.38 Elemente von quasi-gerichtlicher Massenstreitbeilegung finden sich des Weiteren auch in dem bereits erwähnten Annan-Plan für Zypern sowie in dem von der Genfer Initiative vorgeschlagenen Friedensplan zur Lösung des Nahostkonflikts.

VI. Forschungszweck und Problematik des Völkergewohnheitsrechts Die vorliegende Studie soll zum einen einen rechtshistorischen Überblick über die einschlägigen eigentumsrechtlichen Normen und besonders bedeutsame internationale Praxis geben. Zum anderen stellt die Untersuchung eine notwendige normative und empirische Vorarbeit für die endgültige Feststellung von eigentumsrechtlichem Völkergewohnheitsrecht dar. Angesichts der großen dogmatischen Schwierigkeiten und der unüberschaubaren Literaturfülle würde eine umfassende rechtstheoretische Arbeit zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht, die zur abschließenden völkerrechtlichen Beantwortung der Frage nach dem Bestand eines universellen Menschenrechts auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen eigentlich gehörte, den Rahmen dieser Dissertation sprengen. Gleichwohl enthalten die Schlussbemerkungen dezidierte Ausführungen zur Entstehung von Völkergewohnheitsrecht, die als eine Art Ausblick zur weiteren rechtsdogmatischen Forschung anregen sollen.39 Ausgangspunkt dieser Ausführungen ist die so genannte Words versus Action-Debatte, in anderen Worten die Frage, in wie weit menschenrechtliches Gewohnheitsrecht primär durch harte Staatenpraxis oder durch internationale Rechtsüberzeugung, welche vor allem anhand der Ratifikation von Menschenrechtsinstrumenten und von unverbindlichen Zielsetzungen internationaler Organisationen gemessen wird, begründet wird. Weitgehend an den von der Vereinigung für Internationales Recht (International Law Association – ILA) entwickelten Prinzipien zum Völkergewohnheitsrecht orientiert, wird in dieser Arbeit grundsätzlich ein konservativer Ansatz verfolgt, der das Vorliegen von konsistenter und dauerhafter Staatenpraxis für das Bestehen völkergewohnheitsrechtlicher Normen zusätzlich zu einer entsprechenden opinio iuris voraussetzt.40 Gleichzeitig ist diese Arbeit aber auch von dem Bewusstsein geleitet, dass neue theoretische Ansätze hinsichtlich der Bildung von Völkergewohnheitsrecht 38

Zu der Problematik, siehe: Human Rights Watch (2004), S. 63–77. Zu den Schwierigkeiten bei der Bestimmung der einschlägigen Regeln zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht, siehe: ILA (2000), Para. 2, S. 713. 40 Ibid., S. 712–776. 39

VI. Forschungszweck und Problematik des Völkergewohnheitsrechts

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angesichts der zunehmenden Anzahl von relevanten staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren auf internationaler Ebene seit 1945 notwendig sind. In diesem Zusammenhang ist zum einem das enorme zahlenmäßige Anwachsen von Staaten durch die Dekolonialisierung und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu nennen.41 Eine umfassende rechtsvergleichende Prüfung internationaler Staatenpraxis bezüglich einer bestimmten gewohnheitsrechtlichen Norm ist bei 185 Staaten weder von der Wissenschaft noch von den einschlägigen internationalen Gerichtshöfen zu bewältigen.42 Daher erscheint es notwendig, dass sich eine Prüfung bestimmter völkergewohnheitsrechtlicher Normen auf eine bestimmte Auswahl von Präzedenzfällen konzentrieren muss und somit (auch) subjektiven bzw. argumentativen Charakter besitzt.43 Im Zeitalter der Globalisierung hat zum anderen die Bedeutung von nichtstaatlichen Akteuren wie internationalen Organisationen, transnationalen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen in den Internationalen Beziehungen deutlich zugenommen.44 Diese Entwicklung beeinflusst auch die Bildung von politischen und rechtlichen Normen über den klassischen staatenzentrierten Kontext hinaus.45 Hinsichtlich der Entstehung von universellem Völkerrecht spielen insbesondere die Vereinten Nationen als einzige universell legitimierte Weltorganisation eine große Rolle.46 Wie die Seerechtskonvention von 1982 demonstriert, kodifizieren die Vereinten Nationen als Staatenforum im Rahmen internationaler Konferenzen nicht nur ganze Rechtsgebiete, einzelne ihrer Organe wie der Internationale Gerichtshof und der Sicherheitsrat (einschließlich einige seiner nachgeordneten Institutionen) setzen für Staaten bindendes Recht, welches eine hohe gewohnheitsrechtliche Präzedenzwirkung besitzt. Für die Kristallisierung von Völkergewohnheitsrecht besitzen darüber hinaus unverbindliche Resolutionen der Generalversammlung oder einschlägiger Sonderorganisationen oder Expertenforen als so genanntes soft law eine nicht unerhebliche Bedeutung.47 Vor allem im Bereich des menschenrechtlichen Gewohnheitsrechts ist eine strenge Fokussierung auf Staatenpraxis nicht dienlich. Denn das genannte Kapa-

41

Fidler, S. 216–217. Ibid., S. 203; D’Amato, S. 103. 43 Vgl. Kammerhofer, S. 524; Kolb, S. 133; Fidler, S. 203–204. 44 Hobe, S. 261–264. 45 Ein besonders markantes Beispiel für das Entstehen von internationalen Normen durch nichtstaatliche Regulierung ist das Recht der internationalen Finanzmärkte, welches fast ausschließlich ohne Beteiligung staatlicher oder supranationaler Akteure geschaffen wird. Vgl. Koven Levit, S. 125–209; ILA, Committee on International Securities Regulation, Working Session, 18. August 2004, Report of the Seventy-First Conference, Berlin, 2004, S. 481–482. 46 Higgins (1963), S. 2. Siehe auch: Alvarez, S. 1–3. 47 Bothe (1980), S. 79. 42

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zitätsproblem bei der Feststellung von einheitlicher Staatenpraxis ist in diesem Rechtsgebiet besonders gravierend. Während klassisch völkerrechtliche, zwischenstaatliche Beziehungen potentiell empirisch überprüfbar sind, ist dies aufgrund der Fülle von staatlichen Handlungen gegenüber den entsprechenden Staatsangehörigen im Bereich der Menschenrechte nicht mehr möglich.48 Nach klassischem Völkerrecht fällt darüber hinaus die Zuständigkeit zur Umsetzung internationaler Menschenrechtsnormen in die domaine réservé der Staaten, zu der der internationale Zugang besonders begrenzt ist.49 Um einschlägige Staatenpraxis und entsprechende Rechtsüberzeugung festzustellen, muss daher in diesem Zusammenhang ein größeres Gewicht auf die Ratifikation von relevanten Menschenrechtsinstrumenten und auf offizielle Stellungnahmen im Gegensatz zur Beachtung bestimmter menschenrechtlicher Normen im konkreten Einzelfall gelegt werden. Weiterhin sollte im Bereich der Menschenrechte vermehrt auf den normativen Gehalt bzw. die entsprechende internationale Rechtsüberzeugung im Gegensatz zu harter Menschenrechtspraxis einzelner Staatsorgane abgestellt werden, da Menschenrechtsverletzungen regelmäßig geschehen, ohne dass man ihren völkergewohnheitsrechtlichen Bestand in Zweifel ziehen würde.50 Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, in der vorliegenden Arbeit über die Bildung von eigentumsrechtlichem Völkergewohnheitsrecht hinsichtlich einschlägiger Staatenpraxis aufgrund ihrer besonderen Rolle im eigentumsrechtlichen Kodifikationsprozess vor allem auf die Rechtssysteme der sozialistischen bzw. post-sozialistischen Staatenwelt sowie auf bestehende regionale Menschenrechtsabkommen abzustellen. Als besonderer Indikator für den Stand des Völkergewohnheitsrechts bietet sich gleichzeitig das eigentumsrechtsbezogene Handeln von internationalen Übergangsverwaltungen mit Legislativ- und Exekutivbefugnissen über ein bestimmtes Territorium an, da hier harte QuasiStaatenpraxis mit der Kristallisationswirkung internationaler Organisationen hinsichtlich globaler Rechtsauffassung zusammenfällt.

48 Tomuschat (2003), S. 34. Die ILA versucht derzeit, dem Datenmangel bei der Feststellung der innerstaatlichen Umsetzung der Menschenrechte durch eine umfassende empirische Studie zur der Anwendung von Menschenrechtsnormen der vertraglichen Menschenrechtskörper der Vereinten Nationen in nationalen Gerichten in gewissem Maße abzuhelfen. ILA, Committee on International Human Rights Law and Practice, Interim Report on the Impact of the Work of the United Nations Human Rights Treaty Bodies on National Courts and Tribunals, Report of the Seventieth Conference, Neu Dehli, 2002, S. 507–509. 49 Simma/Alston, S. 83. 50 Österdahl, S. 14; Kolb, S. 124; Tomuschat (1993b), S. 353–360.

VII. Eingrenzungen und Definitionen

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VII. Eingrenzungen und Definitionen Angesichts der Komplexität des Eigentums und der unüberschaubaren Literaturfülle zu seinen verschiedenen Aspekten ist es notwendig, den Forschungsgegenstand angemessen einzugrenzen.51 Daher beschränkt sich die vorliegende Arbeit zum einen grundsätzlich auf den universellen menschenrechtlichen Eigentumsschutz. Das bedeutet, dass der regionale und der fremdenrechtliche Eigentumsschutz, sowie die eigentumsrechtliche Staatenpraxis lediglich ergänzend insoweit behandelt werden, als dass die Erörterung dieser Rechtsgebiete für die Diskussion um die Entstehung eines universellen Menschenrechts auf Eigentum erforderlich ist. Weiterhin ist das Recht der Staatenverantwortlichkeit nicht Thema dieser Arbeit. Als zweites fokussiert die Dissertation auf die Existenz des Eigentumsrechts an Wohn- und Grundbesitz von Privatpersonen. Dabei wird Eigentum als das gerichtlich durchsetzbare und vererbbare Recht des Eigentümers zur freien Nutzung und zur Disposition an dem betreffenden Immobiliarbesitz angesehen.52 Ausführungen zu beweglichem Eigentum, zu geistigem Eigentum oder zum Wirtschaftseigentum an Unternehmen o. ä., sowie etwaige Besonderheiten hinsichtlich des Eigentums juristischer Personen werden entweder überhaupt nicht oder nur ergänzend gemacht. Da es primär um den Bestand des Rechts an sich geht, werden die konkreten Rechtsfolgen der Eigentumsgarantie nur en passant und nicht erschöpfend behandelt.53 Neben einer genauen Bestimmung des Verhältnisses zwischen Restitution und Entschädigung gilt dies insbesondere für die Bestimmung eines universell anerkannten Entschädigungsstandards. Drittens beschränkt sich die Arbeit im Grundsatz auf den Schutz von Flüchtlingen und Vertriebenen gegen den Entzug ihres (schon bestehenden) Eigentums, weswegen der abwehrrechtliche Aspekt des Rechts einschließlich der Wiedergutmachung bei Verletzung des Rechts im Vordergrund steht. Besonders

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Zur Komplexität des Eigentumsrechts, siehe: van Banning, S. 2–3. Nach allgemeiner Ansicht besitzt das Völkerrecht keinen eigenständigen Eigentumsbegriff. Eigentums wird primär durch die jeweilige nationalstaatliche Gesetzgebung definiert. Letztere unterscheiden sich zum Teil erheblich. Dies gilt insbesondere für die unterschiedlichen Eigentumskonzeptionen des angelsächsischen Common Law und des auf romanische Rechtstraditionen zurückgehenden Bürgerlichen Rechts Kontinentaleuropas. Die unterschiedlichen dogmatischen Ansätze können bei der vorliegenden Arbeit außer Betracht gelassen werden, da die genannten drei Hauptelemente hinsichtlich des hier behandelten Immobiliareigentums von den Eigentumsdefinitionen beider Rechtskreise eingeschlossen werden. Für einen Überblick über die unterschiedlichen Konzeptionen und zum völkerrechtlichen Eigentumsbegriff, siehe: van Banning, S. 10–21; Siegrist/Sugarman, S. 23–26; Dolzer (1985), S. 140–170. 53 Aufgrund ihrer Präzedenzwirkung werden Ausführungen zu den Rechtsfolgen der Eigentumsgarantie vor allem in Kapitel E. in Zusammenhang mit den beiden internationalen Restitutionskörpern in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo gemacht. 52

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mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des universellen Menschenrechts können die negativen Aspekte der Eigentumsgarantie allerdings nur schlecht getrennt von den positiven Aspekten im Sinne eines potentiellen Anspruchs auf ein Mindestmaß an Eigentum behandelt werden, weswegen letztere im Rahmen der Schilderung der Kodifikationsbemühungen des Rechts auch adressiert werden.54 Die thematische Eingrenzung auf Eigentumsentzug hat zur Folge, dass eigentumsrechtliche Nutzungsbeschränkungen z. B. im Zuge von raumplanerischen oder umweltrechtlichen Maßnahmen im Prinzip nicht behandelt werden. Unter Eigentumsentzug wird sowohl die formelle als auch die tatsächliche Entziehung von Eigentum verstanden. Der formelle Eigentumsentzug wird in der Regel durch staatliche Enteignung unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften herbeigeführt und zielt auf die endgültige Übertragung der Rechtsposition des Eigentümers auf einen anderen Rechtsträger.55 Im Gegensatz dazu bleibt bei der tatsächlichen bzw. de facto Eigentumsentziehung die Rechtsträgerschaft des Eigentümers grundsätzlich unberührt. Der staatliche Eingriff hat in diesen Fällen aber eine solch starke Intensität, dass er sich de facto wie eine Enteignung auswirkt.56 Im Rahmen von ethnischen Säuberungen kann ein solcher Eingriff unter Umständen auch in der staatlichen Verweigerung von Rechtsschutz gegen Eigentumsverletzungen von nichtstaatlichen, paramilitärischen Gruppen liegen.57 Den Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution folgend, wird im vorliegenden Text eine weite Definition für Flüchtlinge und Vertriebene unabhängig von den einschlägigen juristischen Definitionen und unter Außerachtlassung der Natur und Umstände der Flucht oder Vertreibung angewandt.58 Kontextuel54 Vgl. Krause/Alfredsson, S. 378. Siehe auch: van Banning, S. 7, Rosas, S. 145, und Plant, S. 17, die den gemischten Charakter des Eigentumsrechts als Abwehr- und Gewährleistungsrecht herausstreichen. 55 Neben dem Begriff der Enteignung wird in diesem Zusammenhang auch häufig von Nationalisierungen und Konfiskationen gesprochen. Während Nationalisierungen Enteignungen im Rahmen der Verstaatlichung von Industrie- und Wirtschaftszweigen bezeichnen, wird der Begriff der Konfiskation für entschädigungslose Enteignungen verwandt. Vgl. von Danwitz, S. 239. Zu den verschiedenen Begrifflichkeiten siehe auch: Böckstiegel, S. 31–42. 56 von Danwitz, S. 240–241. 57 Zu Eigentumseingriffen im europäischen Menschenrechtssystem durch Unterlassen, siehe: van Banning, S. 90–91. Siehe auch die Ausführungen in Kapitel D. Für eine detaillierte Diskussion über die Zurechnung des Verhaltens privater Akteure zum Staat nach den Regeln der Staatenverantwortlichkeit, siehe: Ziegler, S. 163–165. 58 Artikel 1.2 der Prinzipien lautet: „The Principles on housing and property restitution for refugees and displaced persons apply equally to all refugees, internally displaced persons and to other similarly situated displaced persons who fled across national borders but who may not meet the legal definition of refugee . . . who were arbitrarily or unlawfully deprived of their

VIII. Gang und Aufbau der Untersuchung

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ler Schwerpunkt dieser Arbeit sind indes Flucht- und Vertreibungsszenarien im Zusammenhang mit ethnischen Säuberungen bzw. mit Vertreibungen oder Zwangsumsiedlungen zur Erreichung ethnischer Homogenität eines Territoriums. Auch vor dem Hintergrund ihrer fehlenden speziellen völkerrechtlichen Bedeutung werden letztere Begriffe austauschbar verwendet und bezeichnen entsprechend der von der ILA in ihrer Erklärung zu Massenvertreibungen benutzten Definition für Vertreibungen: „[A]n act, or a failure to act, by a State with the intended effect of forcing the departure of persons against their will from its territory for reasons of race, nationality, membership of a particular social group or political opinion. . . . ,[A] failure to act‘ may include situations in which authorities of a State tolerate, or even aid and abet, acts by its citizens with the intended effect of driving groups or categories of persons out of the territory of that State, or where the authorities create a climate of fear resulting in panic flight, fail to assure protection to those persons or obstruct their subsequent return.“59

VIII. Gang und Aufbau der Untersuchung Nachstehend werden in einem ersten kurzen Kapitel die eigentumsrechtlichen Bestimmungen und Entwicklungen des Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrechts umrissen, da diese Regime dem menschenrechtlichen Eigentumsschutz vorausgegangen sind und letzteres beeinflusst haben. Im zweiten Kapitel werden dann die Kodifikationsbemühungen der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hinsichtlich eines universellen Menschenrechts auf Eigentum nachgezeichnet und analysiert. Zum besseren Verständnis der entsprechenden Vorarbeiten ist dieser Schilderung eine kurze Gegenüberstellung der westlich-liberalen und der sozialistischen Eigentumskonzeption vorangestellt, welche angesichts ihrer besonderen Indikationswirkung auch einen Überblick über die sowjetische Eigentumsgesetzgebung enthält. Im Anschluss skizziert Kapitel C. die Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und Palästinenser gegen bzw. nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit besonderem Blick auf die Verletzung von Eigentumsrechten und beschreibt die vergeblichen Versuche der Betroffenen, ihr Eigentum wiederzuerlangen oder entsprechende Entschädigung zu erhalten. In diesem Rahmen werden auch damalige Rechtsauffassungen zur Praxis von Zwangsumsiedlungen mit besonderer Berücksichtigung des türkisch-griechischen Bevölkerungsaustausches Anfang der 1920er former homes, lands, properties or places of habitual residence, regardless of the nature or circumstances by which displacement originally occurred.“ Final Report, siehe FN 32. Für Erläuterungen zu juristischen Flüchtlings- und Vertriebenendefinitionen, siehe Kapitel F. 59 ILA (1986), S. 13. Für Ausführungen hinsichtlich der Benutzung der Begriffe Bevölkerungsumsiedlung, Vertreibung und ethnischen Säuberungen im Rahmen der Vereinten Nationen, siehe: Köhler, S. 6–8, 17–20, 75–78.

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Jahre diskutiert. Während dieses Kapitel weitgehend empirisch bzw. rechtshistorisch ausgerichtet ist, gibt das folgende vierte Kapitel einen juristischen Überblick über die Fortentwicklung des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes parallel zum bzw. nach Scheitern der Kodifikationsbemühungen der Vereinten Nationen um ein universelles Menschenrecht auf Eigentum. Neben der Erörterung der einschlägigen Antidiskriminierungsabkommen und regionalen Menschenrechtskonventionen fokussiert das Kapitel auf den eigentumsrechtlichen Umbruch in Mittel- und Osteuropa nach Fall der Berliner Mauer 1989 und bespricht die Wiederaufnahme der Verhandlungen zum Eigentumsrecht in den Vereinten Nationen etwa zur gleichen Zeit. Anschließend wird im eher empirisch-rechtshistorischen Kapitel E. die Entstehung und Umsetzung des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes für Flüchtlinge und Vertriebene im Rahmen der internationalen Friedenseinsätze in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo beschrieben und analysiert sowie einige Ausführungen zum allgemeinen Recht auf Rückkehr gemacht. In einem kürzeren sechsten Kapitel werden schließlich die Bemühungen der Menschenrechtskommission bzw. ihrer Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte (Sub-Commission for the Promotion and Protection of Human Rights)60 zur Standardisierung des Schutzes von Flüchtlingen und Vertriebenen mit Blick auf die Wahrung ihrer Eigentumsrechte behandelt, wobei besonderer Augenmerk auf die erwähnten Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution gelegt wird, die ausführlich besprochen werden. Wie oben schon angekündigt, enthalten die Schlussbemerkungen einige Ausführungen zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht und argumentieren für die Existenz eines gewohnheitsrechtlich anerkannten universellen Menschenrechts auf Eigentum für Flüchtlinge und Vertriebene.

60 Die Unterkommission hieß bis 1999 Unterkommission zur Verhinderung von Diskriminierung und zum Schutz der Minderheiten (Sub-Commission on the Prevention of Discrimination and the Protection of Minorities).

A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegsund Flüchtlingsrecht Traditionell waren Eigentumsrechte lediglich durch das Fremdenrecht, das humanitäre Völkerrecht und das Flüchtlingsrecht geschützt. Da der Eigentumsschutz in diesen Rechtsgebieten die Entwicklung des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes mitbeeinflusst hat, wird er nachfolgend in einem eigenen Kapitel kurz dargestellt.

I. Fremdenrechtlicher Eigentumsschutz Schon während des 19. Jahrhunderts hatte sich ein allgemeiner Konsens in der Staatengemeinschaft entwickelt, dass das Völkerrecht zwar Staaten Souveränität über ihre Rechts- und Wirtschaftsordnung zubilligt, die dahingehend ausgeübt werden konnte, den Erwerb von Eigentum durch Ausländer zu verbieten. Hatte ein Staat jedoch einmal seine Grenzen für fremdes Eigentum geöffnet, so war er völkerrechtlich verpflichtet, gewisse internationale Mindeststandards bei der Behandlung des Eigentums Fremder zu beachten, was die Zahlung einer Entschädigung bei Enteignungen beinhaltete.1 Während die Staatengemeinschaft vor 1917 generell privateigentumsfreundlich eingestellt war und einen vergleichsweise homogenen Eigentumsschutz gewährte, änderte sich dies mit der kommunistischen Revolution in Russland 1917, die u. a. die Abschaffung des Privateigentums in den sozialistischen Ländern zum Ziel hatte. Unter Berufung auf das Prinzip der Inländergleichbehandlung, wonach Ausländern der gleiche Schutz zu gewähren sei wie Inländern, sah sich die sozialistische Staatenwelt nicht an den fremdenrechtlichen Eigentumsschutz gebunden. Denn wenn ein Staat seinen Staatsangehörigen kein Privateigentum gewährte, brauchte er nach sozialistischer Auffassung dies auch bei Ausländern nicht zu tun.2 Die Auffassung der Länder Lateinamerikas ging in eine ähnliche Richtung. Unter Berufung auf den argentinischen Völkerrechtler Calvo beurteilten sie das Prinzip der Inländergleichbehandlung ausschließlich

1 Dolzer (1985), S. 2, 14–15. Neben dem Entschädigungserfordernis gehört zum internationalen eigentumsrechtlichen Mindeststandard vor allem, dass Enteignungen nicht willkürlich sein dürfen und auf Grundlage gesetzlicher Bestimmungen sowie im öffentlichen Interesse durchzuführen sind. Vgl. Jennings/Watts, S. 919–920. 2 Dolzer (1985), S. 18–19.

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

nach der Rechtsordnung des Gastlandes ohne Berücksichtigung internationaler Mindeststandards (sog. Calvo-Doktrin).3 Diese Entwicklungen bedeuteten indes nicht, dass sich ein internationaler Negativkonsens hinsichtlich des völkerrechtlichen Schutzes fremden Eigentums herausgebildet hätte. Vielmehr forderte der amerikanische Außenminister Hull 1938 von Mexiko hinsichtlich Amerikaner betreffende Enteignungen landwirtschaftlicher Flächen eine „sofortige, angemessene und effektive“ („prompt, adequate and effective“) Entschädigung, welche dem geltenden allgemeinen Völkerrecht entspreche.4 Die sog. Hull-Formel spiegelte zwar vor allem die Haltung der Industrieländer wieder, galt jedoch zumindest bis zum Zweiten Weltkrieg als allgemeiner völkergewohnheitsrechtlicher Standard für Enteignungen ausländischen Eigentums.5 Wie sich bei den Globalentschädigungsabkommen nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte,6 wurde der Entschädigungsmaßstab der Hull-Formel jedoch zumeist nicht in die Praxis umgesetzt und de facto ausgehöhlt.7 Diese Entwicklung wurde durch die zunehmende Anzahl sozialistischer Länder nach dem Zweiten Weltkrieg sowie durch die Dekolonialisierung vieler Entwicklungsländer in den 1950er und 1960er Jahren verstärkt. Vor allem versuchten viele der unabhängig gewordenen Staaten der sog. Dritten Welt sich gegen die traditionelle Völkerrechtsordnung, an deren Entstehen sie nicht mitgewirkt hatten, zu behaupten und ihre neu gewonnene Staatlichkeit unter Beweis zu stellen.8 Das Enteignungsrecht und die Berufung auf die ständige Hoheit über nationale Reichtümer spielten dabei eine große Rolle, da viele Entwicklungsländer sich durch Enteignungen von ausländischen Unternehmen ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Industrieländern bzw. ihren ehemaligen Kolonialherren entlefdigen wollten.9 Hinsichtlich des anwendbaren Entschädigungsstandards kam ihnen dabei eine Allianz mit den privateigentumsfeindlichen sozialistischen Ländern zu Pass. 3 4 5

Zur Calvo-Doktrin, siehe: Oschmann; Asante, S. 591–592. Zur Hull-Formel, siehe: Schäfer, Martin, S. 52–53; Jennings/Watts, S. 921–922. Schäfer, S. 52–53; Dolzer (1985), S. 20–21; kritisch: Schachter (1984), S. 121–

130. 6 Globalentschädigungsabkommen sind völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten, die Entschädigungs- oder Schadenersatzverpflichtungen für einen oder beide Vertragsparteien nach Saldierung der gegenseitigen Ansprüche regeln. In diesem Zusammenhang können die beteiligten Staaten auch Schadensersatzforderungen ihrer Staatsangehörigen geltend machen. Vgl. Sandrock, S. 112. Für eine umfassende Untersuchung über Globalentschädigungsabkommen bis 1975 bzw. bis 1987, siehe: Lillich/Weston (1988), S. 69–80; Lillich/Weston (1975). 7 Schäfer, Martin, S. 53. 8 Vgl. ibid., S. 58–61. Für eine Analyse des wirtschafts- und geschichtspolitischen Interesses der ehemaligen Kolonialstaaten an Entschädigungsfragen, siehe: Girvan, S. 149–157. 9 Norton, S. 478; Asante, S. 598–602.

I. Fremdenrechtlicher Eigentumsschutz

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Seit 1951 war die Frage der ständigen Hoheit über natürliche Reichtümer Gegenstand zahlreicher Sitzungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, in der die unterschiedlichen Auffassungen zum internationalen Enteignungsrecht diskutiert wurden.10 In der Erklärung über die Ständige Hoheit über Nationale Reichtümer aus dem Jahre 1962 (Resolution 1803) gelang es der Staatengemeinschaft fast einstimmig, einen Kompromiss hinsichtlich des völkerrechtlichen Entschädigungsmaßstabes zu formulieren, der eine „angemessene“ („appropriate“) Entschädigung als Mindeststandard forderte.11 Zwar machte die Erklärung deutlich, dass das Prinzip der Inländergleichbehandlung bzw. die Calvo-Doktrin grundsätzlich einem materiellen völkerrechtlichen Schutz des fremden Eigentums nicht entgegen gestellt werden konnte. Hinsichtlich des einschlägigen Entschädigungsmaßstabes war jedoch nur ein Formelkompromiss gefunden worden, der den Industrieländern erlaubte, weiterhin an der Hull-Formel festzuhalten, während andere Staaten von einem geringeren Maßstab ausgingen.12 Dass die Erklärung über die Ständige Hoheit über Nationale Reichtümer zu keiner nachhaltigen Einigung hinsichtlich des Enteignungsrecht geführt hatte, zeigte sich deutlich mit Resolution 3171 (XXVII), die 1973 ohne, hinsichtlich des Artikels über Enteignungen sogar gegen die Zustimmung der Industrieländer zeitgleich mit den Verhandlungen über eine neue Weltwirtschaftsordnung13 verabschiedet wurde.14 Im Gegensatz zur Erklärung sah Resolution 3171 keine zwangsläufige, sondern lediglich eine mögliche Entschädigung bei der Enteignung von fremden Vermögen vor, und enthielt keinen Hinweis mehr auf eine völkerrechtlich begründete Entschädigungspflicht.15 Zu den größten Auseinandersetzungen zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern kam es dann 10 Für einen umfassenden Überblick und eine Diskussion der einschlägigen Resolutionen, siehe: Brownlie (1979), S. 255–271. 11 UN Doc. A/Res/1803 (XVII), 14. Dezember 1962. Artikel 4 der Resolution lautet: „Nationalization, expropriation or requisitioning shall be based on grounds or reasons of public utility, security or the national interest which are recognized as overriding purely individual or private interests, both domestic and foreign. In such cases the owner shall be paid appropriate compensation, in accordance with the rules in force in the State taking such measures in the exercise of its sovereignty and in accordance with international law.“ Die Erklärung wurde mit 87 gegen 2 Stimmen bei 12 Enthaltungen angenommen. 12 Z. B. „fair“, „gerecht“ oder „effektiv“. Dazu siehe: O’Keefe, S. 262–270. 13 Zum Konzept der neuen Weltwirtschaftsordnung, siehe: Brownlie (1979), S. 262– 264. 14 Die Resolution wurde mit 108 zu 1 Stimmen bei 16 Enthaltungen angenommen, während der die Enteignung regelnde Artikel 3 in einer separaten Abstimmung 11 Gegenstimmen und 28 Enthaltungen hatte. 15 UN Doc. A/Res/3171 (XXVII), 17. Dezember 1973, Artikel 3 der Resolution lautet: „. . . Affirms that the application of the principle of nationalization carried out by states, as an expression of their sovereignty . . . implies that each state is entitled to determine the amount of possible compensation and the mode of payment, and any

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

1974 bei den Verhandlungen und der Abstimmung über die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten.16 Deren Artikel 2 (c) regelt die Entschädigungsfrage wie folgt: „Each State has the right: . . . (c) to nationalize or transfer ownership of foreign property in which case appropriate compensation should be paid by the State adopting such measures taking into account its relevant laws and regulations and all circumstances that the State considers pertinent. In any case where the question of compensation gives rise to a controversy, it shall be settled under the domestic law of the nationalizing State and by its tribunals, unless it is freely and mutually agreed by all States concerned that other peaceful means be sought on the basis of the sovereign equality of States and in accordance with the principle of free choice of means.“

Die Bestimmung wurde von den Entwicklungsländern mit Unterstützung der sozialistischen Länder in separater Abstimmung gegen den Willen der Industrieländer mit 104 gegen 16 Stimmen bei 6 Enthaltungen beschlossen.17 Ähnlich der Resolution 3171 begründete sie eine Entschädigungspflicht auf nationalstaatlicher Grundlage und unterwarf diesbezügliche Rechtsstreitigkeiten primär nationalen Streitbeilegungsmechanismen. Ein völkerrechtlicher Eigentumsschutz ist jedenfalls nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Ob Artikel 2 (c) der Charta die Relevanz des Völkerrecht für die Enteignung von ausländischem Vermögen damit negiert, oder ob die völkerrechtliche Entschädigungspflicht für die einschlägigen nationalstaatlichen Regelungen und Verfahren indirekt Bedeutung behält, wie u. a. der Leiter der mit der Ausarbeitung der Charta befassten Arbeitsgruppe, Castañeda, behauptete,18 mag für diese Arbeit dahin gestellt bleiben.19 Nach verbreiteter Meinung im Schrifttum haben weder Resolution 3171 noch die Charta der Wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten das Völkergewohnheitsrecht dahingehend verändert, dass eine völkerrechtlich begründete Entschädigungsverpflichtung nicht mehr besteht.20 Neben der dogmatischen Schwierigkeit, auf Resolutionen der Generalversammlung bei der Feststellung von Völkergewohnheitsrecht zurückzugreifen, spricht auch die vorherrschende Staatenpraxis gegen die ausschließliche Begründung einer Entschädigungsdisputes . . . should be settled in accordance with the national legislation of each state carrying out such measures.“ 16 UN Doc. A/Res/3281 (XXIX), 12. Dezember 1974. 17 Gegen die Bestimmung stimmten: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Japan, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Spanien, Schweden, USA und Vereinigtes Königreich. Der Stimme enthielten sich: Australien, Barbados, Finnland, Israel, Neuseeland und Portugal. 18 Vgl. Castañeda, S. 52–56. 19 Zur Darstellung des Streitstandes und zur Bedeutung von Artikel 2 (c) der Charta, ausführlich: Dolzer (1985), S. 30–33. 20 Vgl. Schäfer, Martin, S. 63–68, 75–82; Jennings/Watts, S. 924–926; Dolzer, (1985), S. 53–54.

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pflicht durch nationales Recht. Nicht nur die schon erwähnten Globalentschädigungsabkommen, sondern auch eine zunehmende Zahl von bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern enthalten Klauseln zum Schutz gegen entschädigungslose Enteignung von ausländischem Eigentum, wobei in den Investitionsschutzabkommen zumeist der Entschädigungsstandard der Hull-Formel enthalten ist.21 Des Weiteren betont Artikel 42 des 1966 in Kraft getretenen Washingtoner Übereinkommens zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten, dass neben dem anwendbaren nationalen Recht auch „such rules of international law as may be applicable“ anzuwenden.22 Einen wichtigen Schub für die Konsolidierung des fremdenrechtlichen Eigentumsschutzes gab auch die Einrichtung des Haager Iranisch-US-amerikanischen Schiedsgerichts (Iran-United States Claims Tribunal) und der Entschädigungskommission der Vereinten Nationen (United Nations Compensation Commission – UNCC). Das Haager Schiedsgericht war 1981 als Folge des Teheraner Geiseldramas vom November 1979, in dem die amerikanische Botschaft und Konsulate im Iran von bewaffneten Gruppen besetzt und die Botschafts- und Konsulatsangehörigen als Geiseln genommen wurden, im Rahmen der „Algier Accords“ zwischen den Vereinigten Staaten und der Islamischen Republik Iran eingerichtet worden.23 Die Verträge von Algier beinhalteten u. a. die Streitbeilegungserklärung (Claims Settlement Declaration), in welcher die internationale Rechtsnatur des Schiedsgerichts mit Zuständigkeit für verschiedene Forderungskategorien festgelegt war.24 Neben staatlichen Forderungen der Vereinigten 21

Verwey/Schrijver, S. 70–73. Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States vom 18. März 1965, International Legal Materials, Jg. 4, 1965, S. 539; zum Streitbeilegungsmechanismus allgemein, siehe: Augenblick/Ridgway, S. 78–80. 23 Zur Entstehungsgeschichte des Schiedsgerichts, siehe: Browner (1990), S. 133– 136. 24 Artikel II der Streitbeilegungserklärung (Declaration of the Government of the Democratic and Popular Republic or Algeria Concerning the Settlement of Claims by the Government of the United States of America and the Government of the Islamic Republic of Iran) vom 19. Januar 1981 lautet: „1. An International Arbitral Tribunal (the Iran-United States Claims Tribunal) is hereby established for the purpose of deciding claims of nationals of the United States against Iran and claims of nationals of Iran against the United States, and any counterclaim which arises out of the same contract, transaction or occurence that constitutes the subject matter of that national’s claim . . . and arise out of debts, contracts . . ., expropriations or other measures affecting property rights . . . 2. The Tribunal shall also have jurisdiction over official claims of the United States and Iran against each other arising out of contractual arrangements between them for the purchase and sale of goods and services. 3. The Tribunal shall have jurisdiction, as specified in Paragraphs 16–17 of the Declaration of the Government of Algeria of January 19, 1981, over any dispute as to the interpretation or performance of any provision of that declaration.“ 22

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

Staaten und Irans gegeneinander enthielt die Streitbelegungserklärung die völkerrechtliche Besonderheit, dass auch Individualpersonen vor dem Schiedsgericht auf Entschädigung ihres enteigneten oder beeinträchtigten Eigentums klagen durften.25 Im klassischen Völkerrecht besitzen lediglich Staaten Klagerecht vor internationalen Gerichtshöfen und Schiedsgerichten.26 Dass seine Zuständigkeit auch Individualpersonen umfasst, macht das Iranisch-US-amerikanische Schiedsgericht zu einem wichtigen Präzedenzfall im internationalen Entschädigungsrecht nach dem Zweiten Weltkrieg,27 der von Lillich bezüglich der Menge und des Umfangs der Klagen sowie ihrer Komplexität sogar als „most significant body in arbitral history“ bezeichnet worden ist.28 Das Prinzip, dass auch Einzelpersonen im völkerrechtlichen Fremdenrecht Eigentumsforderungen geltend machen können, wurde 1991 nach Ende des zweiten Golfkriegs zwischen Irak und der internationalen Gemeinschaft durch die UNCC wieder aufgenommen und weiterentwickelt.29 Durch Resolution 687 richtete der Sicherheitsrat die Kommission als Teil eines völkerrechtlichen Entschädigungsmechanismus ein „for any direct loss, damage . . . or injury to foreign Governments, nationals and corporations, as a result of Iraq’s unlawful invasion and occupation of Kuwait“.30 Zusätzlich gründete der Sicherheitsrat einen durch Irak zu leistenden Entschädigungsfonds, den die UNCC zu verwalDie Paragraphen 16 und 17 der Allgemeinen Erklärung der Verträge von Algier bestimmen die Streitigkeiten in Zusammenhang mit den US Verpflichtungen bezüglich der Rückführung des ehemaligen Schah-Vermögens und hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der Allgemeinen Erklärung. Vgl. Declaration of the Government of the Democratic and Popular Republic of Algeria vom 19. Januar 1981. Beide Erklärungen sind abgedruckt in: American Journal of International Law, Jg. 75, 1981, S. 418–425. Zur Zuständigkeit siehe auch: Skubiszewski (2000), S. 268–270. 25 Hinsichtlich der Individualforderungen unterschied das Schiedsgericht zwischen Forderungen mit einem Streitwert über und unter 250.000 US Dollar. Während Forderungen über diesem Betrag von den betroffenen Personen bzw. ihrer Prozessvertreter selbst geltend gemacht werden konnten, mussten Forderungen mit einem geringeren Streitwert durch den jeweiligen Staat eingeklagt werden. Vgl. Bederman, S. 47–48. Zur Problematik der Einklagbarkeit von individuellen Forderungen vor dem Schiedsgericht, siehe Bederman, S. 56–59; Jones, S. 51–76. 26 Vgl. Schlochauer, S. 222–223. 27 In der Zwischenkriegszeit wurde das bis dahin bestehende Prinzip, dass nur Staaten klagebefugt sind, dahingehend aufgeweicht, dass in der 1923 eingerichteten USmexikanischen Entschädigungskommission und vor dem oberschlesischen Gerichtshof auch Einzelpersonen Klagerecht besaßen. Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte jedoch wieder die zwischenstaatliche Praxis in Form von Globalentschädigungsabkommen vor. Vgl. Dolzer (1997), S. 438–439. 28 Lillich/Magraw, S. vii. 29 Für einen umfassenden Überblick über die Entstehung von individualrechtlichen Schadensersatzansprüchen wegen Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts, siehe: Fischer-Lescano, S. 299–381. 30 UN Doc. S/Res/687, 3 April 1991, Para. 16.

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ten hatte, was auch Entscheidungen über die Höhe der zu zahlenden Entschädigungen beinhaltete. In institutioneller Hinsicht ist die UNCC eine Mischung aus einem internationalen Schiedsgericht und einem politisch bestimmten Sanktionsmechanismus des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen.31 Diese beiden Streitbeilegungskörper haben gemeinsam, dass sie eine sehr große Menge an Klagen, die sich aus historisch umstrittenen Gegebenheiten ergaben, beizulegen hatten.32 Dabei ist charakteristisch, dass die entscheidenden historischen Grundwertungen vorab politisch entschieden und die daraus resultierenden Forderungen in bestimmten festgelegten Forderungskategorien in effizienter Weise beschieden wurden.33 Während das Verfahren vor dem Haager Schiedsgericht weitgehend der regulären schiedsgerichtlichen Praxis nach den

31 Die UNCC besteht aus einem 15 Mitglieder starken Verwaltungsrat (Governing Council), der in seiner Zusammensetzung die Mitglieder des Sicherheitsrats widerspiegelt, einer Anzahl von in Kammern arbeitenden Kommissionsmitgliedern (Commissioners), sowie dem Sekretariat der Kommission. Der Verwaltungsrat ist das die politischen Grundprinzipien der Kommission und über Entschädigungszahlungen bestimmende Entscheidungsorgan, während die quasi-schiedsgerichtlichen Kommissionsmitglieder, unterstützt durch das Sekretariat, die Forderungen verifizieren und Empfehlungen über die Höhe von Entschädigungszahlungen abgeben. Zur Organisation und Rolle der Kommission, siehe: Caron/Morris, S. 186–190; Wühler (1999), S. 252–253; Wassgren, S. 490–491. Kritischer: Schneider, S. 15–26. Auf die Rechtswidrigkeit der Kommission und die langfristige Ausbeutung Iraks hinweisend: Graefrath, 48–58. 32 Das Haager Schiedsgericht hatte über 3.800 Klagen mit einem Gesamtwert von ca. 50 Milliarden US Dollar zu bescheiden, während die UNCC über 2,6 Millionen Forderungen mit einem Gesamtwert von über 250 Milliarden US Dollar beizulegen hatte. Vgl. Wühler (1999), S. 254; Brunetti, S. 251; Malanczuk (1998), S. 230–238. 33 Für die Forderungskategorien des Haager Schiedsgerichts, siehe FN 25. Die UNCC teilte die zu bescheidenden Forderungen in sechs, nach ihren Schadenstypen differenzierte Kategorien ein: • Kategorie A: Schmerzensgeldforderungen mit einer Maximalhöhe von 2.500 US Dollar für Einzelpersonen bzw. von 5.000 US Dollar für Familien, die Kuwait oder Irak nach der Invasion in Kuwait bis zum Ende der irakischen Besatzung Kuwaits verlassen mussten. • Kategorie B: Schmerzensgeldforderungen mit einer Maximalhöhe von 2.500 US Dollar für Einzelpersonen und 10.000 US Dollar für Familien wegen schwerer Verletzung oder des Todes eines Angehörigen aufgrund der irakischen Invasion. • Kategorie C: Schadensersatzforderungen von Einzelpersonen bis zu einer Höhe von 100.000 US Dollar, u. a. wegen des Verlusts von beweglichem und unbeweglichem Eigentum. • Kategorie D: Schadenersatzforderungen von Einzelpersonen über eine Höhe von 100.000 US Dollar, u. a. wegen des Verlustes von beweglichem und unbeweglichem Eigentum. • Kategorie E: Schadensersatzforderungen von juristischen Personen wegen Nichterfüllung von Vertragspflichten, des Verlustes oder der Zerstörung von Firmenguthaben etc. • Kategorie F: Schadensersatzforderungen von Regierungen und internationalen Organisationen für humanitäre Leistungen und für Eigentums- und Umweltschäden. Für weitere Informationen zu den Forderungskategorien, siehe: Wühler (1999), S. 254– 258.

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

UNCITRAL Arbitration Rules folgte,34 besaß die UNCC ein Massenstreitbeilegungsverfahren, in welchem nicht nur Forderungsregistrierung und -verifizierung weitgehend standardisiert und computerisiert abliefen, sondern weitgehend ohne mündliche Verhandlung beschieden wurde.35 Mit diesem Verfahren stellt UNCC den institutionellen Vorläufer für die in Kapitel E. diskutierten Eigentumsstreitbeilegungskörper im früheren Jugoslawien dar. Das Haager Schiedsgericht und die UNCC haben beide durch ihre Arbeit in erheblichem Maß zur Weiterentwicklung des fremdenrechtlichen Eigentumsrechts beigetragen. Die reichhaltige Spruchpraxis des Schiedsgerichts ist von einem seiner langjährigen Richter als „gold mine for perceptive lawyers“ bezeichnet worden.36 Aber auch die UNCC hat wichtige Jurisprudenz zum internationalen Entschädigungsrecht, vor allem mit Hinblick auf mögliche Schadensformen, Zurechenbarkeitsfragen und Schadensberechnungen geliefert, die in internationalen Gerichtsverfahren, z. B. vor dem Internationalen Seegerichtshof, rezitiert worden ist.37 Für die vorliegende Arbeit kann dahingestellt bleiben, in wie weit die Rechtsprechung der beiden Spruchkörper tatsächlich im Detail Völkergewohnheitsrecht widerspiegeln. Unbestreitbar ist jedoch, dass sowohl das Haager Schiedsgericht als auch die UNCC von einer internationalen Entschädigungsverpflichtung für enteignetes Eigentum bzw. von einer internationalen Schadensersatzverpflichtung wegen kriegsbedingten Eigentumsschäden bzw. -verlusten ausging. Dabei bestimmte die UNCC den zu zahlenden Schadensersatz für den Verlust von Eigentum grundsätzlich auf Grundlage des vollen Wertes.38 Das Haager Schiedsgericht sprach im Regelfall ebenso eine Entschädigung in voller Höhe des enteigneten Eigentums zu, wobei es sich als Rechtsgrundlage zum Teil auf den US-iranischen Freundschaftsvertrag von 1955, aber auch mit Hinweis auf den in Resolution 1803 der Generalversammlung enthaltenen Standard der „angemessen“ Entschädigung auf Völkergewohnheitsrecht berief.39 Im Ergebnis lässt sich hinsichtlich des fremdenrechtlichen Eigentumsschutzes trotz der dargestellten Kontroversen über die ständige Hoheit über die natür34 Zum Verfahren des Haager Schiedsgerichts, siehe: Ameli, S. 263–279; Holtzmann (1999), S. 255–261; Briner, S. 41–51. Kritisch: Sandrock, S. 104–130. 35 Zu Massenstreitbeilegungsverfahren allgemein, siehe: Holtzmann (2000), S. 1–7. Zum Verfahren vor der UNCC: Heiskanen, S. 288–305, 357–383; Kazazi, S. 219–224; Schneider, S. 15–26. Für einen Vergleich zwischen Schiedsgericht und UNCC, siehe: Browner (1995), S. 15–27. 36 Skubiszewski (2000), S. 270–276; Fava, S. 742–743; Browner (1990), S. 227– 235. 37 von Brevern/von Carlowitz, S. 863–864; van Houtte/Das/Delmartino, S. 48–49. Kritisch hinsichtlich der Rechtsetzungskompetenz des Sicherheitsrats und der UNCC, siehe: Wassgren, S. 486; Schneider, S. 24–25. 38 Zur Bestimmung der Schadensersatzhöhe, siehe Heiskanen, S. 273–274. 39 Schäfer, Martin, S. 92–95; Skubiszewski (2000), S. 272.

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lichen Reichtümer sagen, dass eine internationale Pflicht zur Leistung einer Entschädigung nach Enteignung von ausländischem Eigentum besteht. Trotz der Rechtsprechung des Iranisch-US-amerikanischen Schiedsgerichts und der UNCC scheint jedoch zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern hinsichtlich des genauen Standards für die Höhe der Entschädigung weniger Einigkeit zu bestehen, wobei die in Resolution 1803 enthaltene Formel von der angemessenen Entschädigung nach wie vor als möglicher Kompromiss anzusehen ist.

II. Eigentumsschutz im humanitären Völkerrecht Das andere Rechtsgebiet, in dem Eigentumsrechte traditionell geschützt waren, ist das humanitäre Völkerrecht. Schon die Haager Landkriegsordnung von 1907 sah im Grundsatz einen zeitlich, räumlich und sachlich uneingeschränkten Schutz des in einem besetztem Gebiet befindlichen Eigentums vor, welcher allgemein als Völkergewohnheitsrecht gilt.40 Rechtsdogmatisch war dabei vor allem fremdes Eigentum gemeint, welches nicht der Besatzungsmacht gehörte oder zugehörig war.41 Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung lautet: „1. Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden. 2. Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden.“

Abs. 2 sieht einen umfassenden Schutz gegen die Enteignung von Privateigentum vor. Dem folgt, dass wenn konfisziertes Privateigentum weiterveräußert wird, der Erwerber keinerlei Rechte an dem Eigentum erwirbt und es ohne Entschädigungsanspruch an den Eigentümer zurückgeben muss.42 Dies bedeutet indes nicht, dass die Besatzungsmacht solches Eigentum nicht gemäß Artikel 52 der Haager Landkriegsordnung43 vorübergehend nutzen könnte, soweit dies für

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Gasser, S. 171; Loucaides, S. 678. Vgl. Dolzer (1985), S. 17–18; ähnlich: Kämmerer, S. 146. 42 Oppenheim/Lauterpacht, S. 403. 43 Artikel 52 der Haager Landkriegsordnung lautet: „1. Naturalleistungen und Dienstleistungen können von Gemeinden oder Einwohnern nur für die Bedürfnisse des Besatzungsheers gefordert werden. Sie müssen im Verhältnis zu den Hilfsquellen des Landes stehen und solcher Art sein, daß sie nicht für die Bevölkerung die Verpflichtung enthalten, an Kriegsunternehmungen gegen ihr Vaterland teilzunehmen. 2. Derartige Natural- und Dienstleistungen können nur mit Ermächtigung des Befehlshabers der besetzten Örtlichkeit gefordert werden. 3. Die Naturalleistungen sind so viel wie möglich bar zu bezahlen. Anderenfalls sind dafür Empfangsbestätigungen auszustellen; die Zahlung der geschuldeten Summen soll möglichst bald bewirkt werden.“ 41

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

die Bedürfnisse des Besatzungsheeres erforderlich ist und Entschädigung bezahlt wird.44 Weiterhin verbietet Artikel 23, Paragraph g), der Landkriegsordnung „die Zerstörung oder Wegnahme feindlichen Eigentums außer in den Fällen, wo diese Zerstörung oder Wegnahme durch die Erfordernisse des Krieges dringend erheischt wird.“ Artikel 53 des IV. Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten von 1949 konkretisierte diese Allgemeinbestimmung des Eigentumsschutzes in Besatzungsgebieten hinsichtlich der Zerstörung von Eigentum wie folgt: „Es ist der Besatzungsmacht untersagt, bewegliches oder unbewegliches Vermögen zu zerstören, das individuell oder kollektiv Privatpersonen oder dem Staat oder öffentlichen Körperschaften, sozialen oder genossenschaftlichen Organisationen gehört, außer in Fällen, in denen die Kampfhandlungen solche Zerstörungen unbedingt erforderlich machen.“

Darüber hinaus ist das Eigentum allgemein durch das in Artikel 25 der Landkriegsordnung enthaltene Verbot, „unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen“ geschützt. Dieses Verbot wurde in Artikel 59 des Ersten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte von 1977 weiterentwickelt, dessen Abs. 1 bestimmt, dass „unverteidigte Orte dürfen – gleichviel mit welchen Mitteln – von den am Konflikt beteiligten Parteien nicht angegriffen werden“. Kriegsrechtlichen Eigentumsschutz gewährt daneben das in Artikel 28 und 47 der Landkriegsordnung, Artikel 33 des IV. Genfer Abkommens und Artikel 4, Abs. 2 g) des Zweiten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte von 1977 stipulierte Plünderungsverbot.45

44 Vgl. Oppenheim/Lauterpacht, § 141–142, S. 403–404. Dass das Entschädigungserfordernis nicht nur für vorübergehend genutztes bewegliches, sondern auch unbewegliches Eigentum gilt, schließen: Jia, S. 145. Vgl. auch: Schwarzenberger, S. 269. 45 Die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung lauten: Artikel 28: „Es ist untersagt, Städte oder Ansiedlungen, selbst wenn sie im Sturme genommen sind, der Plünderung preiszugeben.“ Artikel 47: „Die Plünderung ist ausdrücklich untersagt.“ Artikel 33 des IV. Genfer Abkommens bestimmt: „2. Plünderungen sind untersagt. 3. Vergeltungsmaßnahmen gegen geschützte Personen und ihr Eigentum sind untersagt.“ Artikel 4, Abs. 1 und 2 g) des Zweiten Zusatzprotokolls der Genfer Abkommen lautet: „1. Alle Personen, die nicht unmittelbar oder nicht mehr an Feindseligkeiten teilnehmen, haben, gleichviel ob ihnen die Freiheit entzogen ist oder nicht, Anspruch auf Achtung ihrer Person, ihrer Ehre, ihrer Überzeugungen und ihrer religiösen Gepflogenheiten. Sie werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit und ohne jede nachteilige Unterscheidung behandelt. . . .

II. Eigentumsschutz im humanitären Völkerrecht

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Gemäß Artikel 3 der Haager Landkriegsordnung und Artikel 91 des Ersten Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen besteht eine zwischenstaatliche Schadensersatzpflicht bei Verletzung der Vorschriften der Landkriegsordnung bzw. der Genfer Abkommen und ihres Ersten Zusatzprotokolls.46 Eigentumsrechte werden schließlich auch strafrechtlich geschützt. Gemäß Artikel 147 des IV. Genfer Übereinkommens wird die „Zerstörung und Aneignung von Eigentum, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und in großem Ausmaß rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden,“ als schwere Verletzung des Übereinkommens bezeichnet, deren Täter gemäß Artikel 146 in universeller Zuständigkeit strafrechtlich verfolgt werden sollen. Das Internationale Kriegsverbrechertribunal von Nürnberg, die internationalen Strafgerichtshöfe für das frühere Jugoslawien und für Ruanda und der Internationale Strafgerichtshof ahnden in ihren Statuten die Plünderung von öffentlichem oder Privateigentum als Kriegsverbrechen.47,48 Der Jugoslawiengerichtshof und der 2. Unbeschadet der allgemeinen Gültigkeit der vorstehenden Bestimmungen sind und bleiben in bezug auf die in Absatz 1 genannten Personen jederzeit und überall verboten . . . g) Plünderung . . .“ 46 Die Schadensersatzpflicht besteht jedoch nur zwischenstaatlich. Privatpersonen haben generell keine Klagebefugnis. Vgl. Ronzitti, S. 39. 47 Artikel 6 (b) des Status für den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vom 8. August 1945 lautet: „Der durch das in Artikel 1 genannte Abkommen eingesetzte Gerichtshof zur Aburteilung der Hauptkriegsverbrecher der der europäischen Achse angehörigen Staaten, die als Einzelpersonen oder als Mitglieder einer Organisation oder Gruppe eines der folgenden Verbrechen begangen haben: Die folgenden Handlungen . . . stellen Verbrechen dar, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist. Der Täter solcher Verbrechen ist persönlich verantwortlich: . . . (b) Kriegsverbrechen: Nämlich: Verletzung der Kriegsgesetze oder -gebräuche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, . . . Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums, die mutwillige Zerstörung von Städten, Märkten oder Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigte Verwüstung.“ Artikel 2 (d) und 3 (e) des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien vom 25. Mai 1993 lauten: „Artikel 2. Das Internationale Gericht ist befugt, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die schwere Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 begehen oder anordnen, nämlich die nachfolgenden Handlungen gegen die nach den Bestimmungen des jeweiligen Genfer Abkommens geschützten Personen oder Güter: . . . (d) Zerstörung oder Aneignung von Eigentum, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und in großem Ausmaß rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden; . . .“ „Artikel 3. Das Internationale Gericht ist befugt, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges verstoßen. Hierzu gehören, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die folgenden Verstöße: . . . (e) die Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums.“ Artikel 4 (f) des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda vom 8. November 1994 lautet:

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

Internationale Strafgerichtshof verfolgen darüber hinaus schwere Verletzungen des IV. Genfer Übereinkommens einschließlich der genannten Zerstörung und Aneignung von Eigentum. Dabei können die Strafgerichtshöfe für das frühere Jugoslawien und für Ruanda und der Internationale Strafgerichtshof neben Haftstrafen auch die Rückgabe des Eigentums anordnen, welches der Verurteilte durch seine Kriegs- oder sonstige Verbrechen erhalten hat.49

„Das internationale Gericht für Ruanda ist befugt, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die schwere Verstöße gegen den gemeinsamen Artikel 3 der Genfer Abkommen vom 12. August 1949 zum Schutze der Kriegsopfer oder gegen deren Zusatzprotokoll II vom 8. Juni 1977 begehen oder anordnen. Hierzu gehören, ohne daß dies eine erschöpfende Aufzählung wäre, die folgenden Verstöße: . . . (f) Plünderung; . . .“ Artikel 8 des Römisches Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 lautet: „1. Der Gerichtshof hat Gerichtsbarkeit in Bezug auf Kriegsverbrechen, insbesondere wenn diese als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in grobem Umfang verübt werden. 2. Im Sinne dieses Statuts bedeutet ,Kriegsverbrechen‘ a) schwere Verletzungen der Genfer Abkommen vom 12. August 1949, nämlich jede der folgenden Handlungen gegen die nach dem jeweiligen Genfer Abkommen geschützten Personen oder Güter: . . . iv) Zerstörung und Aneignung von Eigentum in großem Ausmaß, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden; b) andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Gesetze und Gebräuche, nämlich jede der folgenden Handlungen: . . . v) der Angriff auf unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten und Gebäude, die nicht militärische Ziele sind, oder deren Beschießung, gleichviel mit welchen Mitteln; . . . xiii) die Zerstörung oder Beschlagnahme fremden Eigentums, sofern diese nicht durch die Erfordernisse des Krieges zwingend geboten ist; . . . xvi) die Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde; . . . e) andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche im bewaffneten Konflikt, der keinen internationalen Charakter hat, nämlich jede der folgenden Handlungen: . . . v) die Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung, selbst wenn sie im Sturm genommen wurde . . .“ 48 Für einen Überblick über die relevanten Entscheidungen des Nürnberger Kriegsverbrechertribunals und des Jugoslawiengerichtshofs hinsichtlich Plünderung, siehe: Jia, S. 146–151. 49 Vgl. Artikel 24, Absatz 3, des Status des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, Artikel 24, Absatz (3), des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, und Artikel 77, Absatz 2 (b) des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs; siehe auch: Malmström, S. 373–384.

III. Eigentumsschutz im Flüchtlingsrecht

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III. Eigentumsschutz im Flüchtlingsrecht Artikel 13 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) schützt das Recht auf Eigentum von Flüchtlingen wie folgt: „Die vertragsschließenden Staaten werden jedem Flüchtling hinsichtlich des Erwerbs von beweglichem und unbeweglichem Eigentum und sonstiger diesbezüglicher Rechte sowie hinsichtlich von Miet-, Pacht- und sonstigen Verträgen über bewegliches und unbewegliches Eigentum eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung gewähren, als sie Ausländern im allgemeinen unter den gleichen Umständen gewährt wird.“50

Eine identische Formulierung enthält Artikel 13 des Übereinkommens über die Rechtsstellung von Staatenlosen vom 28. September 1954.51 Beide Schutzvorschriften sind im Grunde Ausprägungen bzw. auf Flüchtlinge und staatenlose Personen bezogene Weiterentwicklungen des fremdenrechtlichen Eigentumsschutzes. In den travaux préparatoires der Genfer Flüchtlingskonvention wird ein menschenrechtlicher Begründungsansatz mit keinem Wort erwähnt.52 Hinsichtlich des Eigentums soll Flüchtlingen und Staatenlosen eine begünstigte Ausländergleichbehandlung zukommen, wobei sie auf eine Besserstellung im Vergleich zu sonstigen Ausländern keinen Anspruch haben.53 Die Formulierung streicht das Recht auf Erwerb von Eigentum sowie Mietund Pachtrechte besonders heraus. Im Gegensatz dazu ist der Bestand von Eigentum bzw. der Rechtsschutz gegen unrechtmäßigen Entzug und ein entsprechender Entschädigungsanspruch nicht ausdrücklich geregelt. Dieser abwehrrechtliche Aspekt des Rechts auf Eigentum könnte allerdings unter den Begriff der „sonstigen diesbezüglichen Rechte“ gefasst werden. Für diese Interpretation spricht, dass ein während der Vorarbeiten eingereichter französischer Textvor50

Die englische Originalversion lautet: „The Contracting States shall accord to a refugee treatment as favourable as possible and, in any event, not less favourable than that accorded to aliens generally in the same circumstances, as regards the acquisition of movable and immovable property and other rights pertaining thereto, and to leases and other contracts relating to movable and immovable property.“ 51 Artikel 13 lautet: „The Contracting States shall accord to a stateless person treatment as favourable as possible and, in any event, not less favourable than that accorded to aliens generally in the same circumstances, as regards the acquisition of movable and immovable property and other rights pertaining thereto, and to leases and other contracts relating to movable and immovable property.“ 52 Vgl. Weis, S. 110–115. Nur in der Kommentierung erwähnt Weis die eigentumsrechtlichen Bestimmungen der AEMR und des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK, die hinsichtlich der Einschränkungen des Erwerbsrechts von Eigentum für Ausländer von Bedeutung sein könnten. Vgl. S. 116. 53 Amann, S. 92–93.

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A. Eigentumsschutz im Fremden-, Kriegs- und Flüchtlingsrecht

schlag statt der den Eigentumserwerb herausstellenden Formulierung das Eigentumsrecht mit der Fassung „possession, acquisition, occupation and renting of all movable and immovable property“ beschrieb und diesbezüglich nicht auf Kritik stieß.54 Auch in der Kommentierung zur Flüchtlingskonvention umfassen die „sonstigen diesbezüglichen Rechte“ zusätzlich zu den besonders erwähnten Mietrechten, das Verkaufs-, Tausch- und Belastungsrecht, das Einkommen, sowie das Recht auf Entschädigung bei Enteignung.55 Hinzu kommt, dass die Genfer Flüchtlingskonvention im Prinzip vor allem bürgerliche und politische Rechte und damit Abwehrrechte für Flüchtlinge festschreibt.56

54 55 56

Vgl. Weis, S. 110. Ibid., S. 116. Alley, S. 84.

B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes Während in der internationalen Gemeinschaft nach Ende des Zweiten Weltkrieges grundsätzliches Einvernehmen über das Bestehen und die Grundprinzipien des fremden- und kriegsrechtlichen Eigentumsschutzes herrschte, zeichnete sich in den Diskussionen in der Menschenrechtskommission und der Generalversammlung hinsichtlich eines Menschenrechts auf Eigentum keine entsprechende Einigung über die Existenz des Rechts ab. Vielmehr trafen während der gesamten menschenrechtlichen Kodifizierungsbemühungen der Vereinten Nationen gegensätzliche eigentumsrechtliche Konzeptionen der westlich-liberalen und der sozialistischen Staatenwelt aufeinander und verhinderten einen universellen eigentumsrechtlichen Konsens.1 Zum besseren Verständnis der Bemühungen der Vereinten Nationen um eine Kodifikation eines Menschenrechts auf Eigentum werden zuvor die westlichliberale und die sozialistische Eigentumsphilosophie umrissen. Wie nachfolgend aufgezeigt wird, kommt positiv-rechtlichen Regelungen in der sozialistischen Menschenrechts- und Eigentumsphilosophie eine bedeutsamere Rolle zu als in der westlich-liberalen. Um ein angemessenes Grundverständnis über die tatsächliche Gewährung von Eigentumsrechten im Sozialismus zu erhalten, werden daher nachstehend auch die gesetzlichen Bestimmungen der Sowjetunion über den Bestand und Schutz von Eigentum in ihren Grundzügen dargestellt. Der Fragestellung dieser Arbeit entsprechend wird dabei vor allem auf das persönliche Eigentum von Wohnhäusern eingegangen, wobei verfassungs- oder zivilrechtliche Entwicklungen außer Acht bleiben, die nach Beschluss der Menschenrechtspakte 1966 stattgefunden haben.2 Nun könnte eingewandt werden, dass eine ausschließliche Fokussierung auf die eigentumsrechtliche Gesetzgebung der Sowjetunion die entsprechende Gesetzgebung der anderen sozialistischen Staaten vernachlässigt. Abgesehen davon, dass eine umfassende rechtsvergleichende Untersuchung den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde, erscheint es jedoch angemessen, sich auf die 1 Seidl-Hohenveldern (1988), S. 181. Für eine umfassende Untersuchung über den sozialistischen Einfluss auf das Menschenrechtsregime der Vereinten Nationen, siehe: Brinkmeier (2004). 2 Dementsprechend werden die sowjetische Verfassung von 1935, die Grundlagen der Zivilgesetzgebung der Sowjetunion vom 8. Dezember 1961 und das russische Zivilgesetzbuch vom 11. Juni 1964 berücksichtigt, während die sowjetische Verfassung vom 12. Juli 1978 nicht behandelt wird.

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

Sowjetunion als mächtigsten und einflussreichsten Staat der sozialistischen Welt zu konzentrieren. Besonders die Sowjetunion ging sehr konsequent daran, ihre Rechts- und Gesellschaftsdoktrin in die internationalen Menschenrechtsinstrumente zu übersetzen.3 Die anderen sozialistischen Staaten besaßen dem sowjetischen Rechtssystem ähnliche Rechtsordnungen und unterstützten im Prinzip die sowjetische Position.4 Besonderes Augenmerk auf das sowjetische Rechtssystem ist weiterhin sinnvoll, da die sozialistische Eigentumsphilosophie in der Sowjetunion ihren Ausgang nahm. Vor allem hinsichtlich des Eigentumsrechts gilt das sowjetische Rechtssystem als Prototyp der sozialistischen Rechts- und Gesellschaftsordnung.5 Dementsprechend haben die meisten sozialistischer Länder ihre Eigentumsgesetzgebung weitgehend nach dem Model der sowjetischen Gesetzgebung verabschiedet.6

I. Lockes Eigentumsphilosophie als Grundpfeiler der westlich-liberalen Staatsordnung Die westliche Eigentumsrechtsphilosophie geht im wesentlichen auf den englischen Philosophen Locke (1632–1704) zurück, der als Begründer der klassischen Eigentumstheorie von einem natürlichen Recht des Menschen auf Eigentum ausging.7 In seiner zweiten Abhandlung über die Regierung entwickelt er seine These vom Recht des Menschen auf Aneignung von Dingen, die er durch seine Arbeit geschaffen hat.8 Dieses Recht umfasst auch die Aneignung von Land und Bodenschätzen, wenn sie durch menschliche Arbeit produktiver gemacht bzw. veredelt werden.9 Für Locke bestand das Eigentumsrecht insoweit 3

Ermacora, S. 541. Zur sowjetischen Vormachtstellung und zum politischen Einfluss auf die mittelund osteuropäischen Satellitenstaaten, siehe: Feldbrugge, S. 22–25. Dies galt vor allem für die Ukraine und Weißrussland, die eine eigene Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen besaßen, obwohl sie Teilrepubliken der Sowjetunion waren. Laut Dallin taten diese Länder niemals einen von Moskau unabhängigen Schritt und dienten manchmal auch als „Strohmänner“, wenn die Sowjetunion es vorzog, ihre Positionen nicht ausdrücklich auszusprechen. Vgl. Dallin, S. 96. 5 Vgl. Sawicki, S. XX–XXI. 6 Von diesem Grundsatz kann auch ausgegangen werden, selbst wenn nicht alle sozialistischen Länder das Privateigentum vollständig aufhoben wie die Sowjetunion. Dies gilt vor allem für Polen, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien, die das Privateigentum in Ansätzen behielten. Vgl. Westen, S. 163. Mit der möglichen Ausnahme Jugoslawiens sind die Unterschiede in den Eigentumskonzeptionen nicht besonders bedeutsam. Vgl. Knapp, S. 43–45; van der Merwe, S. 193. 7 Für eine umfassende Analyse der Lockeschen Eigentumstheorie, siehe: Waldron, S. 137–252. 8 Locke, S. 17. 9 Ibid., § 32, S. 19–20. 4

I. Lockes Eigentumsphilosophie der westlich-liberalen Staatsordnung

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unbeschränkt, als dass es genossen und genutzt werden könne.10 Das schloss ausdrücklich auch solches Eigentum ein, welches über den persönlichen Gebrauch einer Person hinaus gebildet bzw. über das hinaus vergrößert wird, was der Person selbst und ihrer Familie zur reichlichen Versorgung dient.11 Hintergrund für diese Auffassung war der Gedanke, dass die Verwandlung von Bodenschätzen in Gebrauchsgüter und die Aneignung von Land für (land-)wirtschaftliche Zwecke den allgemeinen Reichtum nicht verringert, sondern vergrößert.12 Locke ging davon aus, dass es in der auf Natural- und Selbstversorgung aufbauenden Ursprungsordnung aufgrund des vorhandenen Ressourcenreichtums in Bezug auf das Eigentum und seine Begründung kaum zu Streitigkeiten kommen würde. Im Gegensatz zur Urgesellschaft müsse der Staat jedoch in der durch Güterknappheit gekennzeichneten Geldwirtschaft für ein geregeltes Zusammenleben der Menschen einschließlich des Schutzes des (durch Arbeit) begründeten Eigentums sorgen.13 Locke sah den Eigentumsschutz vor ungerechtfertigten bzw. willkürlichen Eingriffen durch andere Personen oder den Staat als Hauptaufgabe des modernen Verfassungsstaates an, was auch das Verbot einer Enteignung ohne Zustimmung der Betroffenen beinhaltete.14 Da das Eigentum, auch im Falle seiner Vererbung, durch menschliches Handeln begründet worden und damit historisch bedingt sei, dürfe es der Staat weder entziehen noch umverteilen, selbst wenn die Gesellschaft dies mehrheitlich für geboten hält.15 Nach dieser Auffassung ist das Eigentumsrecht vor allem ein Abwehrrecht, welches bestehendes Eigentum gegen fremde Eingriffe schützt. Nicht enthalten ist die Idee eines allgemeinen Anspruchs für jedermann auf den Besitz (eines bestimmten Maßes) an Eigentum. Allerdings kann Lockes Eigentumskonzeption dahingehend interpretiert werden, dass sie auch einen allgemeinen Anspruch auf Erhalt des zum Überleben notwendigen materiellen Minimums beinhaltet. Dieser Anspruch ist jedoch vom Recht auf Eigentum zu unterscheiden und nicht notwendigerweise aus Letzterem zu bestreiten.16 Insofern darf Lockes Verständnis des Rechts auf Eigentum als natürlichem Recht nicht derart verstanden werden, dass Eigentum ein angeborenes Recht wie das Recht auf Leben oder Freiheit ist. Eigentum ist vielmehr ein natürliches Recht in dem Sinne, dass es für den Eigentümer unabhängig von seiner 10 Zur möglichen Nutzung und zur Verderblichkeit von Eigentumsrechten: Waldron, S. 207–209. 11 Locke, § 48, S. 28–29. 12 Paffrath, S. 20. 13 Schild, S. 36. 14 Paffrath, S. 22–24. 15 Vgl. Waldron, S. 138. 16 Vgl. ibid., S. 139.

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

Gewährung durch die positive Rechtsordnung besteht.17 Selbst wenn das Recht auf Eigentum primär als Abwehrrecht gesehen wird, so hat doch jede Person einen Anspruch auf die Möglichkeit, selbst Eigentümer werden zu können. In anderen Worten umschließt das Eigentumsrecht auch die allgemeine Rechtsposition für jedermann, nicht aus dem Kreis der potentiellen Eigentümer ausgeschlossen zu werden, wie dies in der Vergangenheit z. B. bei Frauen oder Sklaven der Fall gewesen ist.18 Lockes Eigentumstheorie hat maßgeblichen Einfluss auf die als menschenrechtliche Ursprungstexte betrachteten „Virginia Bill of Rights“ von 1776 und die Französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 gehabt, in denen das Eigentum als angeborenes und unveräußerliches Naturrecht enthalten ist.19 Die relevante Passage der Virginia Bill lautet: „All men are by nature equally free and independent and have certain inherent rights, of which, when they enter into a state of society, they cannot by any compact deprive or divest their posterity; namely the enjoymenet of life and liberty, with the means of acquiring and possessing property and pursuing and obtaining happiness and safety.“20

Noch eigentumsfreundlicher sind die eigentumsrechtlichen Bestimmungen der Französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte formuliert: „Article 2. Le but de toute association politique est la conservation des droits naturels et imprescriptibles de l’homme. Ces droits sont la liberté, la propriété, la sûreté et la résistance à l’oppression. Article 17. La proprieté étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en être privé, si ce n’est lorsque la nécessité publiquement, légalement constatée, l’exige évidemment, et sous la condition d’une juste et préalable indemnité.“21

Da die westlichen Verfassungsordnungen sehr von diesen Texten beeinflusst worden sind, lässt sich behaupten, dass Lockes Eigentumstheorie zu den ideengeschichtlichen Grundpfeilern der westlichen Staaten und ihrer Eigentumskonzeptionen gehört.22 Das bedeutet, dass die westlichen Staaten im Prinzip in ihren Verfassungen den Bestand von vorhandenem Eigentum gewährleisten und das Eigentum als Institution schützen, nicht jedoch einen allgemeinen Anspruch jedermanns auf Eigentum enthalten.23 Allerdings gewähren einige sehr wohlhabende Gesellschaften, ihren Mitgliedern einen Anspruch auf materielle Mindestversorgung, der dem Lockeschen Anspruchs auf Lebenserhalt vergleichbar ist.24 17 18 19 20 21 22 23

Ibid., S. 17–20. Ibid., S. 20–21. Ishay, S. 94–98; siehe auch: Hartung, S. 15–20. Weiß, S. 44. Rials, S. 528. Macpherson, S. 13; Rittstieg, S. 76. Raiser, S. 124; Malfliet, S. 184–185.

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption

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Nach westlich-liberalem Verständnis schließt das Recht auf Eigentum ein, dass Enteignungen nur gegen in den jeweiligen Rechtsordnungen festgelegte Entschädigung vorgenommen werden dürfen.25 Die prinzipielle Gewährleistung von Privateigentum bedeutet freilich nicht, dass das Eigentum in westlich-liberal geprägten Staaten nicht auch Sozialverpflichtungen, wie z. B. in Artikel 14, Abs. 2, des Grundgesetzes festgeschrieben, beinhaltet. Eigentumsrechte werden in vielerlei Art und Weise im Interesse der Allgemeinheit durch Gesetz z. B. im Bau- und Bodenrecht eingeschränkt, was allerdings nicht die im Grundgesetz enthaltene Grundsatzentscheidung für das Privateigentum in Frage stellt.26

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption Der privateigentumsfreundlichen Philosophie des Westens stand die sozialistische Eigentumsphilosophie gegenüber, die vor allem auf Marx (1818–1883) zurückgeht. Ähnlich wie bei Locke nimmt das Eigentum in der sozialistischen Gesellschaftsordnung einen zentralen Platz ein und wird in einen Zusammenhang mit Freiheit und Selbstverwirklichung des einzelnen gesetzt. Nach sozialistischer Auffassung ist Eigentum jedoch weniger ein Abwehrrecht als ein Gewährleistungsrecht, wonach jeder Teilhabe am Produktionsmitteleigentum sowie ein gewisses Maß an materiellen Gegenständen zur Selbstverwirklichung haben sollte.27 Die Verwirklichung dieses Ziels setzte jedoch die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln voraus, da nach marxistischer Sicht die kapitalistische Produktionsweise und die mit ihr einhergehende Klassengesellschaft eine Verweigerung des Rechts auf Eigentum für die allermeisten bedeutete. Es wurde unterstellt, dass das Privateigentum sittlich verwerflich sei und die niedrigsten Interessen im Menschen anspreche und wecke.28 Das Privateigentum und der damit verbundene Besitzindividualismus führe zur Selbstentfremdung des Menschen von seinem Wesen, von seinen Produkten und seinem Mitmenschen. Diese Situation könne nur durch die positive Aufhebung des Privateigen24

Schermers, S. 569. Piettre, S. 55. 26 Vgl. Depenhauer, S. 109–213. Mit Blick auf die deutsche Eigentumsordnung sehen einige Autoren den Schutz des Privateigentums durch zunehmende Nutzungsbeschränkungen gefährdet bzw. untergraben: z. B. Engel, S. 9–107. 27 Marx/Engels, S. 388; Westen, S. 152 und 158. 28 Laut Engels erscheint das Aufkommen des Privateigentums zum Ende der Epoche der Urgesellschaft „als eine Degradation . . . als ein Sündenfall von der einfachen sittlichen Höhe der alten Gentilgesellschaft. Es sind die niedrigsten Interessen – gemeine Habgier, brutale Genusssucht, schmutziger Geiz, eigensüchtiger Raub am Gemeinbesitz –, die die neue, zivilisierte, die Klassengesellschaft einweihen; es sind die schmählichsten Mittel – Diebstahl, Vergewaltigung, Hinterlist, Verrat, die die alte klassenlose Gentilgesellschaft unterhöhlen und zu Fall bringen.“ Marx/Engels, S. 97. 25

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

tums überwunden werden, da dadurch der Widerspruch zwischen Individualund gemeinschaftlichem Interesse aufgelöst werden könne.29 Damit schaffe es der Sozialismus, das individuelle Wesen des Menschen (Subjektivität) mit seinem daneben bestehendem gesellschaftlichen Wesen (Intersubjektivität) zu vereinen, ohne dass zwischen beiden Momenten ein Widerspruch bestehe.30 Im Gegensatz zum westlich-liberalen Staatsverständnis sollte die sozialistische Gesellschaft nicht weitgehend frei vom Staat sein. Vielmehr sollte der Staat die Menschenrechte ihres „Formalcharakters“ entkleiden und aus ihnen durch positive Gewährleistung wirkliche Rechte und Freiheiten machen. Im Sozialismus sollte der Staat nicht lediglich negative Freiheiten dem einzelnen gegenüber beachten, sondern „positive Freiheit“ mit dem Ziel der tatsächlichen Umsetzung von realen Möglichkeiten gewähren.31 Insofern stellte sich die sozialistische Ordnung selbst als Menschenrechtsverwirklichung dar.32 Weil es in der Theorie keinen Gegensatz zwischen Einzel- und Gemeinschaftsinteresse gab, waren Menschenrechte im sozialistischen Staatsverständnis keine natürlichen Rechte, welche unabhängig vom Staat bestehen und deren Beachtung die Ausübung der Staatsgewalt einschränkt, sondern eher Grund- bzw. Bürgerrechte, die der Staat seinen Staatsangehörigen zugesteht und auch wieder wegnehmen bzw., wie im Fall der Klassenfeinde, nicht gestatten kann.33 Im Folgenden wird der Begriff Menschenrechte jedoch auch im Zusammenhang mit der sozialistischen Rechtsphilosophie weiter benutzt, um im Rahmen der Diskussionen in der Menschenrechtskommission um ein Menschenrecht auf Eigentum einheitliche Begriffe verwenden zu können. Wie sich in der Erklärung der Rechte des werktätigen und ausgebeuteten Volkes, die in der Verfassung der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik von 1918 enthalten ist, widerspiegelt, stand für die Gewährung von Menschenrechten die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Werktätigen im Vordergrund. Das bedeutete, dass sich der einzelne auf Menschenrechte nur dann berufen konnte, wenn er bestimmten gemeinschaftlichen Pflichten nachkam.34 So lautet Artikel 18 dieser Verfassung: „Die Russische Sozialistische Föderative Räterepublik erklärt die Arbeit als Pflicht aller Bürger der Republik und verkündet die Losung: ,Wer nicht schafft, soll nicht essen!‘“. Artikel 23 unterstreicht den Vorrang des Gemeinschaftsinteresses vor Individualrechten: „Von den Interessen der Arbeiterklasse in ihrer Gesamtheit geleitet, entzieht die R.S.F.S.R. einzelnen Personen und einzelnen Gruppen die Rechte, welche von 29 30 31 32 33 34

Paffrath, S. 26. Bärsch, S. 182–183. Ermocora, S. 317. Westen, S. 152. Tomasevski, S. 59–60; Szabó/Kovács, S. 60–61. Malfliet, S. 168.

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption

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ihnen zum Schaden der Interessen der sozialistischen Revolution ausgenutzt werden.“35 In diesem Sinne bestimmte die in Artikel 1 des Zivilgesetzbuches von 1922 enthaltene Generalklausel, dass die bürgerlichen Rechte durch das Gesetz geschützt werden, „mit Ausnahme der Fälle, in denen sie im Widerspruch zu ihrer sozial-wirtschaftlichen Bestimmung ausgeübt werden.“36 Diese Generalklausel diente als unmittelbare Rechtsgrundlage für staatliche Eingriffsmaßnahmen gegen den Einzelnen und erlaubte es dem Sowjetstaat, sich über positivrechtliche Vorschriften mit Berufung auf den Schutz der Interessen der „werktätigen Massen“ hinwegzusetzen.37 Die Betonung des Gemeinschaftsinteresses trat besonders deutlich beim Eigentum in Augenschein. Mit dem Ziel, die Ausbeutung der Arbeiterklasse abzuschaffen, wurde gemäß Artikel 3 der Verfassung von 1918 das Privateigentum an Grund und Boden aufgehoben, der gesamte Landfonds zu Volkseigentum38 erklärt, sowie Wälder, Bodenschätze und Gewässer sowie Produktions- und Transportmittel und Banken verstaatlicht.39, 40 Das Volkseigentum besaß den 35

Abgedruckt in: Ermacora, S. 329. In ähnlicher Form stipuliert Artikel 5 der Grundlagen der Zivilgesetzgebung von 1961: „Die bürgerlichen Rechte werden mit Ausnahme der Fälle durch das Gesetz geschützt, in denen sie im Widerspruch zur Bestimmung dieser Rechte in der sozialistischen Gesellschaft während der Periode des Aufbaus des Kommunismus ausgeübt werden. Bei der Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten haben die Bürger und Organisationen die Gesetze zu beachten und die Regeln des sozialistischen Gemeinschaftslebens und die Moralprinzipien der den Kommunismus bauenden Gesellschaft zu achten.“ Jakobs, S. 256, 277. 37 Vgl. Hause. 38 Statt des Begriffs Volkseigentum werden häufig auch die Bezeichnungen National- oder Staatseigentum verwendet. 39 Artikel 3 der Verfassung der Russischen Sozialistischen Föderativen Räterepublik vom 10. Juli 1918 lautet: „Im Bestreben, jede Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, jede Klassenteilung der Gesellschaft abzuschaffen, die Ausbeuter erbarmunslos zu unterdrücken, eine sozialistische Organisation der Gesellschaft und den Sieg des Sozialismus in allen Ländern zu befestigen, beschließt der 3. Allrussische Kongreß der Räte der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeputierten weiter: (a) Zur Verwirklichung der Landsozialisierung wird das Privateigentum an Grund und Boden aufgehoben und der gesamte Landfonds zum Volkseigentum erklärt und den Werktätigen auf Grundlage ausgleichender Landbenutzung ohne Entschädigung übergeben. (b) Alle Wälder, Bodenschätze und Gewässer von allgemein-staatlicher Bedeutung, sowie das gesamte lebende und tote Inventar, Mustergüter und landwirtschaftliche Unternehmungen werden als Nationaleigentum erklärt. (c) Als erster Schritt zum völligen Übergang der Fabriken, Werke, Bergwerke, Eisenbahnen und der übrigen Produktions- und Transportmittel ins Eigentum der Räterepublik der Arbeiter und Bauern wird das Rätegesetz über die Arbeiterkontrolle und den Obersten Volkswirtschaftsrat zur Sicherung der Herrschaft der Werktätigen über die Ausbeuter bestätigt. 36

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

zentralen Stellenwert in der sowjetischen Eigentumsordnung und wurde von staatlichen Organen oder Betrieben im vermeintlichen Interesse des Volkes verwaltet.41 Seit Einführung der Dreiteilung des Eigentums durch das sowjetische Zivilgesetzbuch von 1922 existierte neben dem Volkseigentum und dem unten noch näher zu behandelndem persönlichen Eigentum, die Eigentumsform des Kollektiveigentums (oder genossenschaftlichen Eigentums), wobei das Volkseigentum und das Kollektiveigentum in der Verfassung der Sowjetunion von 1936 auch als sozialistisches Eigentum bezeichnet wurden.42 Das Kollektiveigentum umfasste vor allem planwirtschaftliche Betriebe und Kolchosen einschließlich ihres Inventars und ihrer Baulichkeiten. Eigentümer waren die Betriebsangehörigen bzw. die Kollektivmitglieder, welche jedoch nicht über ihren Eigentumsanteil verfügen konnten, sondern ihn in einen unteilbaren Fonds einzubringen hatten. Bei dem Kollektiveigentum handelte sich faktisch um Volkseigentum, da es nicht nur bei Auflösung des Kollektivs an den Staat fiel, sondern Letzterer sich alle Verfügungsrechte über den Boden und die Produktion vorbehielt.43 Kennzeichnend für die sozialistische Eigentumsrechtsordnung war der Grundsatz der Funktionsbestimmung und Funktionsgebundenheit. Das bedeutete, dass Inhalt und Grenzen der Eigentümerbefugnisse an der Sache jeweils von deren

(d) Als ersten Vorstoß gegen das Internationale Bank- und Finanzkapital betrachtet der 3. Rätekongreß das Rätegesetz über die Annullierung der von den Regierungen des Zaren, der Gutsbesitzer und Bourgeoisie abgeschlossenen Anleihen und drückt die zuversichtliche Hoffnung aus, daß die Rätemacht diesen Weg bis zum völligen Sieg des internationalen Arbeiteraufstands gegen das Joch des Kapitalismus gehen wird. (e) Als eine der Bedingungen der Befreiung der Werktätigen vom Joch des Kapitals wird der Übergang aller Banken ins Eigentum des Staates der Arbeiter und Bauern bestätigt. (f) Zur Sicherung der gesamten Gewalt der Werktätigen und um jeder Möglichkeit der Wiederherstellung der Ausbeutermacht vorzubeugen, wird die Bewaffnung der Werktätigen, die Schaffung einer Sozialistischen roten Armee der Arbeiter und Bauern sowie die völlige Entwaffnung der besitzenden Klasse dekretiert.“ Abgedruckt in: Ermacora, S. 327. 40 Die Verfassung von 1918 legitimierte Enteignungsmaßnahmen, die unmittelbar nach der Machtergreifung wie z. B. durch das Dekret über Grund und Boden vom 26. Oktober 1917, das Dekret über die Verstaatlichung des Bankwesens vom 14. Dezember 1917 oder das Dekret über die Sozialisierung des Bodens vom 19. Februar 1918 verordnet wurden. Für einen weitergehenden historischen Überblick, siehe: Schroeder, S. 221–224. 41 Zur Problematik der operationellen Verwaltung, siehe: Knapp, S. 48–84. 42 Artikel 52 des Zivilgesetzbuchs der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik vom 31. Oktober 1922; Artikel 5 der Verfassung der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken vom 5. Dezember 1936. Abgedruckt in: Jakobs, S. 255 und 278. 43 Merl, S. 154.

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption

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normativ oder planmäßig gesetztem Zweck abhingen.44 Wenn z. B. das Kollektiveigentum an einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft mit der Aufgabe landwirtschaftlicher Güterproduktion betraut war, durfte es nicht für industrielle Zwecke umgewidmet werden.45 Anderenfalls wäre dies ein Verstoß gegen die Funktionsgebundenheit des sozialistischen Eigentums gewesen und hätte von staatlicher Seite geahndet werden können.46 Der Grundsatz der Funktionsbestimmung und -gebundenheit bestand in noch erheblicherem Maße für die dritte Eigentumsform, dem für den unmittelbaren Konsum bestimmten persönlichen Eigentum der einzelnen Person. Artikel 10 der Verfassung von 1936 bestimmt: „Das persönliche Eigentumsrecht der Bürger an ihren selbsterarbeiteten Einkünften und Ersparnissen, am Wohnhaus und an der häuslichen Nebenwirtschaft, an den Hauswirtschafts- und Haushaltungsgegenständen, an den Gegenständen des persönlichen Bedarfs und Komforts, ebenso wie das Erbrecht an dem persönlichen Eigentum der Bürger werden durch Gesetz geschützt.“47

Ob das persönliche Eigentum als Überbleibsel des zaristischen Privateigentums zu betrachten ist oder als eigenständige bzw. neu geschaffene Eigentumsform der sozialistischen Eigentumsordnung zu gelten hat, kann für die vorliegende Arbeit dahingestellt bleiben.48 Jedenfalls ist das persönliche Eigentum 44

Jakobs, S. 110. Vgl. Westen, S. 157. 46 Vgl. Genkin, S. 361–362, 375–376. 47 Jakobs, S. 255. Als Sonderform des persönlichen Eigentums in Zusammenhang mit der Kolchosewirtschaft bestimmt Artikel 7 Abs. 2 der Verfassung, „jeder Kolchosebauernhof hat außer dem Grundeinkommen aus der gesellschaftlichen, kollektiven Wirtschaft in persönlicher Nutzung ein kleineres Stück Hofland, und als persönliches Eigentum eine Nebenwirtschaft auf dem Hofland, ein Wohnhaus, Nutzvieh, Geflügel und landwirtschaftliches Kleininventar gemäß dem Statut des landwirtschaftlichen Artikels.“ Dazu siehe: Thomson, S. 74–85. 48 Dogmatische Unklarheit resultiert unter anderem daraus, dass das Zivilgesetzbuch von 1922 hinsichtlich der dritten Eigentumsform noch von Privateigentum spricht, während die Verfassung von 1936 und nachfolgende Gesetze den Begriff des persönlichen Eigentums verwenden. Nach Artikel 54 des Zivilgesetzbuches können Gegenstand des Privateigentums sein: „Nichtmunizipalisierte Gebäude, Handelsunternehmen, Industriebetriebe, deren Beschäftigtenzahl die gesetzlich vorgesehene Höchstziffer nicht überschreitet; Produktionsmittel und -geräte, Geld, Wertpapiere und sonstige Wertgegenstände, darunter Gold- und Silbermünzen und ausländische Valuta, Gegenstände der Hauswirtschaft und des persönlichen Bedarfs, Waren, deren Verkauf nicht gesetzlich untersagt ist sowie jegliches Vermögen, das dem Privatrechtsverkehr nicht entzogen ist.“ (siehe: Jakobs, S. 279). Die Verfassung von 1936 unterscheidet diese Gegenständen in unter gesetzlichen Schutz gestelltes persönliches Eigentum (Artikel 10) und die „kleine Privatwirtschaft von Einzelbauern und Kleingewerbebetreibenden“, die gemäß Artikel 9 zwar nicht „geschützt“, aber „gesetzlich zugelassen“ ist. Während das persönliche Eigentum vom sozialistischen Eigentum abgeleitet wird, steht die kleine Privatwirtschaft, selbst wenn sie aufgrund von steuerlichen und sonstigen Diskriminierungsmaßnahmen nahezu bedeutungslos geworden ist, im Widerspruch zur sozialistischen Eigentumsordnung und galt als Überbleibsel des zaristischen Eigen45

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

diejenige Eigentumsform, die dem westlich-liberalen individualrechtlichen Eigentumsverständnis am nächsten stand. Ähnlich wie bei Locke galt dabei die Arbeit als Grundlage des persönlichen Eigentums. Nach sozialistischer Auffassung leitete sich das persönliche Eigentum vom sozialistischen Eigentum insofern ab, als dass letztere Eigentumsform das Sozialprodukt überhaupt erst entstehen lasse und vermehre, was substantielle Voraussetzung für die Entstehung von persönlichem Eigentum sei.49 Während vor allem die Arbeit am genossenschaftlichen Eigentum als Erwerbsquelle für das persönliche Eigentum im Vordergrund stand, war es mit Einführung des Zivilgesetzbuches von 1922 auch möglich, Eigentum in Form von Erbschaft, Kauf oder Schenkung zu erwerben.50 In diesen Fällen wurden die betroffenen Güter indirekt von der Arbeit abgeleitet.51 Zweck des persönlichen Eigentums war die Befriedigung der persönlichen materiellen Bedürfnisse und der Überlebenssicherung.52 Explizit wurde dieser Grundsatz in Artikel 25 der Grundlagen der Zivilgesetzgebung von 1961 festgehalten: „Im persönlichen Eigentum der Bürger kann sich Vermögen befinden, das zur Befriedigung ihrer materiellen und kulturellen Bedürfnisse bestimmt ist. . . . Vermögen, das sich im persönlichen Eigentum der Bürger befindet, kann nicht zur Gewinnung arbeitslosen Einkommens benutzt werden.“53

Die Eigentumsgarantie bestand nur insoweit, wie das Eigentum diese Funktion erfüllte oder ihr entsprach. Eine Zweckentfremdung des persönlichen Eigentums wäre gewesen, wenn der Eigentümer sein Eigentum zu Produktionsoder sonstigen wirtschaftlichen Zwecken wie z. B. einer auf Gewinn ausgerichteten Vermietung einer Wohnung eingesetzt hätte.54 In einem solchen Fall konnte das persönliche Eigentum unter Berufung auf die oben erwähnte Generalklausel des Zivilgesetzbuches von 1922 eingezogen werden. Diese Vorschrift diente als Rechtsgrundlage für die Einziehung von Eigentum durch Verwaltumssystems. Vgl. Schroeder, S. 237; Knapp, S. 54–58. Anders Bilinsky, der das persönliche Eigentum als Relikt der Privateigentumsgesinnung ansieht: vgl. Bilinsky (1976), S. 77. 49 Westen, S. 159. 50 Thomson, S. 60–63, 68–74. 51 Westen, S. 159. 52 Merl, S. 154–155. 53 Artikel 25, Abs. 1, der Grundlagen der Zivilgesetzgebung der Sowjetunion vom 8. Dezember 1961, abgedruckt in: Jakobs, S. 259. Eine sehr ähnliche Formulierung enthält Art. 105 des Zivilgesetzbuchs der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik vom 11. Juni 1964. 54 Im Sowjetrecht war die Vermietung von privatem Wohnraum grundsätzlich möglich. Es galten jedoch Mietzinshöchstsätze, die so niedrig angesetzt waren, dass sie die Unterhaltungskosten für die Wohnungen der privaten Hausbesitzer nicht deckten. Vgl. Hastrich, S. 128.

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption

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tungsakt oder aufgrund eines Urteils in einem Strafverfahren.55 Dieses Prinzip wurde erst durch das Zivilgesetzbuch von 1964 konkretisiert.56 Für den Verkauf von Eigentum mit der Absicht der Gewinnerzielung bestand der Straftatbestand der Spekulation mit einer Strafdrohung von bis zu 7 Jahren Freiheitsstrafe zusätzlich zur Konfiskation des betreffenden Gegenstandes bzw. des Verkaufserlöses.57 Weiterhin existierten in den meisten Sowjetrepubliken so genannte Parasitengesetze, die für das „Ausweichen vor gesellschaftlich-nützlicher Arbeit“ und „parasitärer Lebensweise“, z. B. für die „Ziehung von nicht erarbeiteten Einkünften aus der Nutzung von Grundstücken, Automobilen und Wohnraum“ eine zwei- bis fünfjährige Verbannung vorsahen.58 Um die Wiederentstehung von Privateigentum und gesellschaftlicher Ungleichheit zu vermeiden, wurden die möglichen Güter, die in persönlichem Eigentum stehen konnten, insbesondere jedoch das Wohnhaus als das wertvollste Objekt genau umschrieben. Während das Zivilgesetzbuch von 1922 Hausbesitz auf 65 Jahre beschränkte, wurde mit dem Erlass des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. August 1948 „Über das Recht der Bürger zum Kauf und Bau von individuellen Wohnhäusern“ festgelegt, dass „jeder Bürger und jede Bürgerin der UdSSR das Recht [hat], in der Stadt oder auf dem Lande als persönliches Eigentum für sich ein Haus mit ein oder zwei Stockwerken und ein bis einschließlich fünf Zimmern zu kaufen oder zu erbauen.“59 Die zulässige Höchstgröße waren 75–80 qm. Zur Errichtung dieser Häuser konnte einem Bürger 300–600 qm Bauland in der Stadt bzw. 700–1200 qm in ländlichen Gegenden vom örtlichen Sowjet zugeteilt werden. Der Boden blieb Volkseigentum und

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Niedermeier, S. 70; Genkin, S. 395. Artikel 111 des russischen Zivilgesetzbuchs vom 11. Juni 1964: „1. Wenn ein im Eigentum eines Bürgers befindliches Wohnhaus, eine Datscha (ein Teil des Hauses, einer Datscha) oder ein anderer Vermögensgegenstand vom Eigentümer systematisch zur Gewinnung nicht erarbeiteter Einkünfte verwendet wird, unterliegt dieses Haus, die Datscha (der Teil des Hauses, der Datscha) oder der andere Vermögensgegenstand dementsprechend auf die Klage des Vollzugskomitees der örtlichen Sowjets der Deputierten der Werktätigen der entschädigungslosen Einziehung im gerichtlichen Verfahren. Das auf Grund der Entscheidung des Gerichts eingezogene Haus (die Datscha) oder der Teil des Hauses (der Datscha) wird dem Fonds des örtlichen Sowjets der Deputierten der Werktätigen einverleibt. 2. Die Regel des Abs. I dieses Artikels wird nicht angewandt in den Fällen der Vermietung von Wohnhäusern, Datschen und von Räumen in ihnen unter Einhaltung der in Art. 304 dieses Gesetzbuches vorgesehenen Bedingungen. 3. Bei der entschädigungslosen Einziehung des Wohnhauses (der Datscha) vom Eigentümer und deren Einverleibung in den Fonds des örtlichen Sowjets der Deputierten der Werktätigen werden die in Art. 109 Abs. III dieses Gesetzbuches festgesetzten Regeln angewandt.“ Abgedruckt in Jakobs, S. 267–268. 57 Artikel 154 des Strafgesetzbuchs der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik von 1960. 58 Schroeder, S. 246. 59 Thomson, S. 39. 56

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

wurde dem Bauwilligen zur unbefristeten Nutzung gegen eine Grundpacht zur Verfügung gestellt.60 Während diese Regelungen eine Entspannung nach der radikalen eigentumsfeindlichen Politik der Umbruchphase direkt nach der Revolution darstellten, verhärtete sich die Haltung der sowjetischen Führung zum persönlichen Eigentum und Hausbesitz unter Chruschtschow deutlich.61 In seiner Rede auf dem XXII. Parteitag der KPdSU gab Chruschtschow seiner Haltung Ausdruck: „Das persönliche Eigentum eines Werktätigen als Form des persönlichen Konsums widerspricht keineswegs dem kommunistischen Aufbau, solange es die vernünftigen Grenzen nicht überschreitet und sich nicht in einen Selbstzweck verwandelt. Das aufgeblasene persönliche Eigentum kann sich jedoch unter bestimmten Bedingungen in eine Bremse des gesellschaftlichen Fortschritts, in einen Herd von Privateigentumssitten verwandeln, – und so es sich tatsächlich verwandelt, kann zu einer bourgeoisen Wiedergeburt führen.“62

Vor diesem Hintergrund wurde die maximal zulässige Größe eines Eigenheims durch das Zivilgesetzbuch von 1964 auf 60 qm reduziert, wobei zusätzlicher Wohnraum einer großen Familie, deren Umfang jedoch nicht genauer geregelt war, gewährt werden konnte.63 Weiterhin hatten die folgenden Personengruppen Anspruch auf zusätzlichen Wohnraum von in der Regel 20 qm: 60

Merl, S. 156; van der Merwe, S. 193. Für einen umfassenden Überblick über die unterschiedlichen Regelungen und Maßnahmen der Stalin- und der Chuschtschow-Ära, siehe: Bilinsky (1980), S. 104– 112. 62 Zitiert in: ibid., S. 105. 63 Artikel 106 des russischen Zivilgesetzbuches vom 11. Juni 1964 lautet: „1. Im persönlichen Eigentum des Bürgers kann sich ein Wohnhaus (oder ein Teil eines Hauses) befinden. 2. Gemeinsam lebende Ehegatten und ihre minderjährigen Kinder können nur ein Wohnhaus (oder einen Teil davon) haben, das einem von ihnen zum persönlichen Eigentumsrecht gehört oder sich in ihrem gemeinsamen Eigentum befindet. 3. Das Eigentumsrecht eines oder mehrerer der in Abs. II dieses Artikels genannten Bürger an einem Teil eines Hauses nimmt den übrigen dieser Bürger nicht das Recht, einen anderen Teil (bzw. andere Teile) dieses Hauses im Eigentum zu haben. Jedoch können in einem Wohnblock eines Wohnungsbaukollektivs individueller Bebauer gemeinsam lebende Ehegatten und ihre minderjährigen Kinder nur eine Wohnung haben. 4. Das Höchstmaß des Wohnhauses oder seines Teiles (seiner Teile), welches einem Bürger in persönlichem Eigentum gehört, darf nicht 60 Quadratmeter Wohnfläche überschreiten. 5. Jedoch kann das Vollzugskommittee des Bezirks- oder Stadtsowjets der Deputierten der Werktätigen einem Bürger, der eine große Familie oder das Recht auf zusätzliche Wohnfläche hat, erlauben, ein Haus (Teil des Hauses) von größerem Ausmaß zu erbauen, zu erwerben oder im Eigentum zu behalten. In diesem Falle darf die Wohnfläche des Hauses (Teil des Hauses) das Ausmaß nicht überschreiten, das für die jeweilige Familie nach den Mietnormen in den Häusern der örtlichen Sowjets der Deputierten der Werktätigen unter Berücksichtigung des Rechts auf zusätzlichen Wohnraum festgesetzt ist. (Art. 316)“. Abgedruckt in: Jakobs, S. 265–266; siehe auch: Bilinsky (1976), S. 77–78. 61

II. Die sozialistische Eigentumskonzeption

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„1. kranke Personen, die an in besonderen Verzeichnissen aufgeführten Krankheiten leiden, 2. leidende Funktionäre staatlicher, Partei- und anderer Organe gemäß dem festgelegten Ämterverzeichnis, 3. Militärpersonen vom Oberst aufwärts, 4. Wissenschaftler, die den Grad eines Professors, Dozenten oder eines wissenschaftlichen Mitarbeiters höheren Ranges innehaben, 5. Schriftsteller, Komponisten, Kunstmaler u. ä., die Mitglieder des Schriftstellerverbandes oder anderer entsprechender sozialistischer Berufsverbände sind, 6. Urheber der für den Staat bedeutsamen Entdeckungen, Erfindungen und Rationalisierungsvorschläge, 7. Helden der Sowjetunion und Helden der sozialistischen Arbeit, 8. verdiente Wissenschaftler, Künstler und Techniker, Volks- und verdiente Schauspieler, Sänger, Lehrer, Ärzte mit Auszeichnungen usw., 9. Ärzte und Zahnärzte mit Privatpraxis gemäß dem durch die Exekutivkomitees der örtlichen Sowjets bestätigten Verzeichnis, 10. Ehrenpensionäre, Rentner mit Renten wissenschaftlicher Mitarbeiter u. ä.“64

Der Grundsatz, dass jeder Bürger bzw. jede Familie nur ein Wohnhaus als persönliches Eigentum besitzen konnte, stand in gewissem Widerspruch mit dem Erbrecht, welches durch die Verfassung von 1936 garantiert wurde.65 Wenn ein Eigentümer ein weiteres Haus geerbt hatte, besaß er nur das Recht, eines dieser Häuser nach freier Wahl zu behalten. Das andere Haus musste der Eigentümer binnen eines Jahres verkaufen, verschenken oder auf andere Weise veräußern. Nach Ablauf der Jahresfrist musste der Eigentümer sich entscheiden, welches Haus er behielt und welches auf Beschluss des Vollzugskomitees des örtlichen Sowjets zwangsverkauft werden sollte. Der Verkaufserlös wurde abzüglich der Zwangsversteigerungskosten an den ehemaligen Eigentümer gezahlt. Falls sich kein Käufer fand, wurde das Haus entschädigungslos in Volkseigentum überführt.66 64

Ibid., S. 77–78; Hastrich, S. 120. Artikel 10 der Verfassung. 66 Artikel 107 des russischen Zivilgesetzbuches von 1964 lautet: „1. Wenn auf gesetzlich zugelassener Grundlage mehr als ein Haus in das persönliche Eigentum eines Bürgers oder gemeinsam lebender Ehegatten und ihrer minderjährigen Kinder fällt, so ist der Eigentümer berechtigt, nach seiner Wahl eines dieser Häuser im Eigentum zu behalten. Das andere Haus (die anderen Häuser) hat der Eigentümer im Laufe eines Jahres zu verkaufen, zu verschenken oder auf andere Weise zu veräußern. 2. Die Jahresfrist für die freiwillige Veräußerung des Hauses (der Häuser) durch den Eigentümer wird von dem Tage des Eigentumserwerbs an dem zweiten Haus (den Häusern) an gezählt. 3. Wenn der Eigentümer innerhalb eines Jahres nicht ein Haus in irgendeiner Weise veräußert hat, so unterliegt dieses Haus auf Grund einer Entscheidung des Vollzugsko65

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte Die Formulierung des Eigentumsrechts in der AEMR erweckt den Anschein, einer westlichen Konzeption von Eigentum zu folgen. Artikel 17 der AEMR lautet: „1. Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben. 2. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.“67

Der in Artikel 17 vorgesehene Regelungsgegenstand ist weit und umfassend, da sowohl individuelles als auch kollektives Eigentum anerkannt wird und eigentumsbezogene Sozialverpflichtungen unbestimmt bleiben.68 In der dogmatischen Einordnung von Menschenrechtskategorien innerhalb der AEMR ist das Eigentumsrecht als bürgerliches Abwehrrecht gegen den Staat aufgelistet.69 Eigentum ist als ein unabhängig von gesetzlicher Gewährung bestehendes Menschenrecht formuliert und beinhaltet sowohl das Recht auf Eigentumserwerb als auch das Recht auf Achtung von bestehendem Eigentum.70 Ein allgemeiner Anspruch auf (ein bestimmtes Mindestmaß an) Eigentum ist nicht vorgesehen.71

mitees des Bezirks- oder Stadtsowjets der Deputierten der Werktätigen dem Zwangsverkauf in dem vom Zivilprozessgesetzbuch der RSFSR für die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen festgelegten Verfahren. Der aus dem Verkauf erzielte Erlös wird dem früheren Hauseigentümer unter Abzug der Kosten des Zwangsverkaufs ausgehändigt. 4. In den Fällen, in denen wegen des Fehlens von Käufern kein Zwangsverkauf des Hauses stattfindet, geht das Haus auf Grund einer Entscheidung des Vollzugskomitees des Bezirks- oder Stadtsowjets der Deputierten der Werktätigen entschädigungslos in das Eigentum des Staates über. 5. Die Regeln dieses Artikels finden entsprechende Anwendung in den Fällen, in denen auf gesetzlich zugelassener Grundlage in das persönliche Eigentum eines Bürgers oder gemeinsam lebender Ehegatten und ihrer minderjährigen Kinder fällt: (1) außer einem Haus ein Teil (Teile) eines anderen Hauses; (2) Teile verschiedener Häuser; (3) ein die in Art. 106 dieses Gesetzbuches genannten Ausmaße überschreitender Teil (bzw. Teile) eines Hauses; (4) mehr als eine Wohnung in einem Wohnblock eines Wohnungsbaukollektives individueller Erbauer.“ Abgedruckt in: Jakobs, S. 266. 67 Der englische Wortlaut lautet: „1. Everyone has the right to own property alone as well as in association with others. 2. No one shall be arbitrarily deprived of his property.“ 68 Krause/Alfredsson, S. 359 und 364. 69 Für die dogmatische Klassifizierung der in der AEMR enthaltenen Rechte, siehe: Tomuschat (2003), S. 26–29; Glendon, S. 172–191; Lohmann, S. 9–24. 70 Morsink, S. 149. 71 Auch wenn die französische Version diesen Schluss möglicherweise zulässt. Vgl. Malfliet, S. 165; Rosas, S. 137.

III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

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Zwar ist der Einfluss westlicher Staaten auf diese Formulierung deutlich erkennbar. Dieser Umstand verdeckt jedoch die kontrovers geführten Diskussionen in der Menschenrechtskommission und Generalversammlung der Vereinten Nationen um den Schutzzweck und den Regelungsumfang eines Menschenrechts auf Eigentum. Entgegen des Anscheins einer deutlich westlich geprägten, individualistisch ausgerichteten Eigentumskonzeption, besitzt Artikel 17 auch kommunitaristische Wurzeln, die häufig übersehen werden.72 Die Aufzeichnung der Entstehungsgeschichte des Artikels 17 und der in der Menschenrechtskommission geführten Diskussionen ermöglicht nicht nur, den Inhalt der Bestimmung näher zu definieren. Sie ist auch Voraussetzung dafür, die spätere Entwicklung des Menschenrechts auf Eigentum und die Schwierigkeiten bei seiner Durchsetzung zu erklären.73 Die Menschenrechtskommission wurde durch eine Entschließung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen am 16. Februar 1946 eingerichtet.74 Sie bestand aus Delegierten von 18 Staaten, die unter dem Gesichtspunkt einer gerechten geographischen Verteilung und aufgrund ihrer persönlichen Qualifikationen ausgewählt wurden.75 Zu ihren ersten Aufgaben gehörte die Entwicklung eines menschenrechtlichen internationalen Vertragswerks, der International Bill of Rights, das aus einer nicht bindenden Menschenrechtserklärung und einem verbindlichen Menschenrechtsübereinkommen bestehen sollte.76 In ihrer ersten Sitzungsperiode im Januar und Februar 1946 beauftragte die Menschenrechtskommission unter dem Vorsitz der amerikanischen Delegierten Roosevelt den kanadischen Professor Humphrey, eine erste Fassung einer Menschenrechtserklärung als Arbeitsgrundlage für den Entwurfsausschuss der Kommission zu erstellen.77 Für die Erledigung dieser Aufgabe griff der sozialdemokratisch geprägte Humphrey vor allem auf menschenrechtliche Konventionsentwürfe zurück, die während der Gründungskonferenz der Vereinten Nationen in San Franzisko von Panama, Cuba und Chile eingereicht worden waren und eine Eigentumsregelung vorsahen.78

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Morsink, S. 139. Krause/Alfredsson, S. 361. 74 ECOSOC Res. 5 (I), UN Doc. A/Conf. 32/6, 20. Juni 1967. 75 Zur Entstehung der Menschenrechtskommission, siehe: Glendon, S. 30–32. Die folgenden Staaten gehörten der ersten Menschenrechtskommission an: Ägypten, Australien, Belgien, Chile, China, Frankreich, Indien, Iran, Libanon, Jugoslawien, Panama, Philippinen, Sowjetunion, Ukraine, Uruguay, USA, Vereinigtes Königreich, Weißrussland. 76 Zu Begriff und Konzept der International Bill of Human Rights: Pechota, S. 33– 36. 77 Schabas, S. 139. Dem Entwurfsausschuß gehörten Australien, Chile, China, Frankreich, Libanon, die Sowjetunion, die USA und das Vereinigte Königreich an. 78 Morsink, S. 130–134. 73

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

Humphreys Vorschlag für einen Artikel zum Schutze des Eigentums versuchte, westliche und sozialistische Eigentumskonzepte zu vereinen: „1. Everyone has a right to own personal property; 2. His right to share in the ownership of industrial, commercial and other profitmaking enterprises is governed by the law of the State within which the enterprises are situated; 3. The State may regulate the acquisition and use of private property and determine those things that are susceptible of private appropriation; 4. No one shall be deprived of his property without just compensation.“79

Humphrey differenzierte zwischen verschiedenen Formen des Eigentums, die in wertungsmäßig absteigender Ordnung hintereinander aufgelistet wurden. Zuerst ist das Recht auf persönliches Eigentum genannt, welches als Abwehrrecht uneingeschränkt gelten und als Anspruchsrecht auf ein Mindestmaß an Eigentum gerichtet sein sollte. Danach wird das Recht auf Eigentumsanteile an gewinngerichteten Unternehmen erwähnt, dessen Existenz zwar vorab angenommen wird, jedoch durch Gesetz des Sitzstaates des Unternehmens näher geregelt werden soll. Privateigentum (an Produktionsmitteln) ist erst an dritter Stelle aufgeführt. Im Unterschied zur generellen Vermutung zugunsten einer Eigentümerschaft von Unternehmensanteilen wird die Gewährung des Privateigentums im Sinne eines Erlaubnisvorbehalts in das Ermessen der Staaten gestellt. Der letzte Paragraph adressiert alle Eigentumsformen zusammen und verwendet die Standardformel, wonach ein Staat Eigentum nur gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung enteignen darf.80 Während der ersten Sitzung des Entwurfsausschusses im Juni 1947 wurde der französische Delegierte Cassin mit der Anfertigung des ersten Entwurfes der Menschenrechtserklärung betraut.81 Seine Version des Artikels zum Eigentumsrecht hob sich von der Vorgängerversion Humphreys vor allem dadurch ab, dass er die Abfolge der Paragraphen änderte und die vorrangige Stellung der Unternehmensanteile gegenüber dem Privateigentum aufhob: „1. Every person has the right to own personal property. 2. No person shall be deprived of his property except in the public interest and in return for just compensation. 3. The state may determine the property capable of private appropriation and regulate the acquisition and use of such property. 4. The right to full or part ownership of any industrial, commercial or other profitmaking private or collective enterprise, is governed by the law of the country within which such enterprise is situated.“82 79 80 81

UN Doc. E/CN.4/AC.1/3, 4. Juni 1947. Morsink, S. 140–141. Schabas, S. 139.

III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

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Durch die Gleichstellung von privatem und kollektivem Eigentum an Produktionsmitteln versuchte Cassin, eine Entscheidung zugunsten der westlich kapitalistischen oder der sozialistischen Eigentumsphilosophie zu vermeiden, so lange bestimmte Mindeststandards, wie in Paragraph 2 formuliert, beachtet wurden.83 Allerdings behielt er die vorgeschlagene Trennung von persönlichem Eigentum und anderen Eigentumsformen (privat oder kollektiv) an Produktionsmitteln bei. In der anschließenden Diskussion war diese Trennung sowie die Behandlung von Kollektiveigentum Gegenstand besonderer Kontroversen. Auch vor dem Hintergrund, dass der Begriff des persönlichen Eigentums im angelsächsischen Recht in Abgrenzung zum Immobiliareigentum verwandt wird, schlug die USA vor, lediglich einen einzigen Satz wie „Everyone has the right to own real and personal property“ in die Menschenrechtserklärung aufzunehmen. Vor allem sei der vierte Paragraph des Entwurfs überflüssig und solle gestrichen werden.84 Im Endeffekt einigte sich der Entwurfsausschuss darauf, die besondere Hervorhebung des persönlichen Eigentums beizubehalten, jedoch den letzten Paragraphen zu streichen und den zweiten und dritten Paragraphen zu modifizieren: „1. Everyone has the right to own personal property. 2. No one shall be deprived of his property except for public welfare and with just compensation. 3. The state may determine those things, rights and enterprises, that are susceptible of private appropriation and regulate the acquisition and use of such property.“85

Dieser Text wurde zusammen mit der amerikanischen Stellungnahme, die sich weiterhin gegen die Verwendung des Begriffs des persönlichen Eigentums wandte, und einer Stellungnahme Australiens und des Vereinigten Königreichs, die sich für die Streichung des Artikels insgesamt aussprachen, an die Menschenrechtskommission weitergeleitet, die ihn in ihrer zweiten Sitzungsperiode nach einiger Diskussion zur weiteren Ausarbeitung in eine Arbeitsgruppe gab.86 Die USA übernahmen die Leitung der Arbeitsgruppe und setzten sich erneut für eine knappe und unkomplizierte Formulierung ohne Differenzierung der verschiedenen Eigentumsformen ein.87 Auch Panama sprach sich für ein Wegfallen 82 UN Doc. E/CN.4/AC.1/W.2/Rev.1, 19. Juni 1947; UN Doc. E/CN.4/21, Annex D, 1. Juli 1947. 83 Morsink, S. 142. 84 UN Doc. E/CN.4/AC. 1/SR.8, 19. Juni 1947, S. 9–12. 85 UN Doc. E/CN.4/21, Annex F, 1. Juli 1947. Die Arbeit der Kommission wurde auf drei Arbeitsgruppen verteilt, die zur Menschenrechtserklärung, zum Menschenrechtspakt und zu Umsetzungsmaßnahmen arbeiteten. Der Arbeitsgruppe zur Menschenrechtserklärung gehörten die Delegationen Frankreichs, Panamas, der Philippinen, der Sowjetunion, der USA und Weißrusslands an. Vgl. Morsink, S. 10. 86 Morsink, S. 143. 87 „No one shall be arbitrarily deprived of his property.“ UN Doc. E/CN.4/AC.2/ SR.8, 10. Dezember 1947, S. 2.

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

der besonderen Betonung des persönlichen Eigentums aus und schlug eine allgemeinere Formulierung vor: „Everyone has the right to own property under general law.“88 Entgegen der vorherrschenden Erwartung argumentierte auch die Sowjetunion in eine ähnliche Richtung. Der sowjetische Delegierte erinnerte daran, dass die Welt unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Systeme besitze, und dass es im Rahmen des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes, z. B. vor dem Hintergrund der weiten Verbreitung des Kollektiveigentums in der Sowjetunion unmöglich sei, sich ausschließlich auf das persönliche Eigentum zu konzentrieren. Daher würde er eine abstrakte Formulierung bevorzugen, die durch ausdrückliche Erwähnung des staatlichen Regelungsvorbehaltes den unterschiedlichen Sozialsystemen Rechnung trägt.89 Weiterhin bemerkte der Delegierte Panamas, dass dem Eigentum zwei unterschiedliche Konzeptionen zugrunde lägen, nämlich dem Eigentumsrecht als solchem, sowie dem Recht auf Schutz gegen seine (willkürliche) Entziehung, die beide Ausdruck in der Menschenrechtserklärung finden müssten.90 Das Ergebnis der Konsultationen in der Arbeitsgruppe war der so genannte „Genfer Entwurf“ mit der folgenden eigentumsrechtlichen Formulierung: „1. Everyone has the right to own property in conformity with the laws of the State in which such property is located. 2. No one shall be arbitrarily deprived of his property.“91

Der Text wurde anschließend in den Entwurfsausschuss weitergeleitet und Stellungnahmen der Staaten erbeten.92 Kurze Zeit später verabschiedete die Organisation Amerikanischer Staaten während einer Konferenz in Bogota am 2. Mai 1948 die Amerikanische Deklaration der Menschenrechte (ADMR), deren Artikel XXIII eine deutlich andere Konzeption des Eigentumsrechts enthält: „Every person has a right to own such property as meets the essential needs of decent living and helps to maintain the dignity of the individual and of the home.“

Während die Arbeitsgruppe der Menschenrechtskommission die Gewährung von Eigentum in das Belieben der Staaten stellte, versuchte die Organisation der Amerikanischen Staaten die Grenzen eines unabhängig von staatlicher Regelung bestehenden Menschenrechts auf Eigentum zu bestimmen. In der zweiten Sitzungsperiode des Entwurfsausschusses im Mai 1948 wandte sich Chile gegen den von der Arbeitsgruppe erarbeiteten Entwurf und schlug einen Text vor, der sich an Artikel XXIII der ADMR orientierte. Falls Eigentum als Menschenrecht zu gelten habe, sei es notwendig, dass die Staatenge88 89 90 91 92

Ibid., S. 3. Ibid., S. 2–3. Ibid., S. 2. Krause/Alfredsson, S. 362. Zu den verschiedenen Stellungnahmen, siehe Schabas, S. 141.

III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

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meinschaft einen eigentumsrechtlichen Minimalkonsens in Form des Schutzes des persönlichen Eigentums finde.93 Dieser Vorschlag stieß nicht nur bei der amerikanischen Delegation auf Ablehnung, die argumentierte, dass ein auf „essential needs“ beschränktes menschenrechtliches Eigentumsrecht zum einen den Anschein erwecke, andere Eigentumsformen auszuschließen, und zum anderen schwer bestimmbar sei. Auch Frankreich und die Sowjetunion standen dem Text kritisch gegenüber und befürworteten ein Festhalten am nationalen Gesetzesvorbehalt. China schlug sogar die Streichung des Artikels vor.94 Daraufhin erwiderte Chile auf diese Einwände, dass es vorliegend nur um die Definition des essentiellen Eigentumsrechts, nicht aber um die Einschränkung von staatlicher Regelungsmacht hinsichtlich anderer, weiter gefasster Eigentumsformen gehe. Im Endeffekt, beschloss der Entwurfsausschuss dann mit knapper Mehrheit die von Chile vorgeschlagene nachfolgende Fassung zur Vorlage an die Menschenrechtskommission weiterzuleiten:95 „Everyone has the right to own such property as meets the essential needs of decent living, that helps to maintain the dignity of the individual and of the home, and shall not be arbitrarily deprived of it.“

In ihrer dritten Sitzungsperiode im Juni 1948 lagen der Menschenrechtskommission darüber hinaus noch drei weitere Vorschläge vor: Die Sowjetunion plädierte weiterhin für eine dem „Genfer Entwurf“ ähnliche abstrakte Formulierung des Eigentumsrechts gemäß der Gesetze des Staates, in dem das Eigentum gelegen ist. Um den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen Rechnung zu tragen, schlug ihr Delegierter Pavlov vor, das Eigentumsrecht mit dem Zusatz „either alone (individually) or in community (association) with others“ zu versehen. Diese Formulierung zielte darauf ab, es den sozialistischen Staaten zu ermöglichen, durch Gesetz individuelles Eigentum auf persönliches Eigentum zu beschränken.96 Daneben unterbreiteten Indien und das Vereinigte Königreich eine weite und unpräzise Formulierung, nach der „everyone is entitled to protection from unreasonable interference with his property“.97 Schließlich machte Frankreich den Kompromissvorschlag, die in der chilenischen Fassung existierende Idee des natürlichen Menschenrechts auf Eigentum, wenn auch undefiniert, mit dem von der Sowjetunion geforderten staatlichen Regelungsvorbehalt zu kombinieren: „Property is a right. Its regulation shall conform with the laws

93 UN Doc. E/CN.4/AC.1/SR.38, 26. Mai 1948, S. 2–3; UN Doc. A/C.3/SR.126, 8. November 1948, S. 1–2. 94 UN Doc. E/CN.4/AC.1/SR.38, 26. Mai 1948, S. 4–5. 95 Morsink, S. 144–145. UN Doc. E/CN.4/95, 21. Mai 1948, S. 5; UN Doc. E/ CN.4/AC.1/SR.38, 26. Mai 1948, S. 7. 3 Stimmen gegen 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen stimmten für die Weiterleitung. 96 UN Doc. E/CN.4/SR.59, 10. Juni 1948, S. 3; UN Doc. E/CN.4/SR.61, 23. Juni 1948, S. 2–5. 97 UN Doc. E/CN.4/99, 24. Mai 1948, S. 4.

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

of the country where the property is situated. No one shall be arbitrarily deprived of his property“.98 Nach einiger Diskussion entschied sich die Kommission, einen aus den Delegierten Frankreichs, der USA, des Vereinigten Königreichs und der Sowjetunion bestehenden Unterausschuss zu beauftragen, eine konsensfähige Lösung zu erarbeiten, welche lautete: „1. Everyone has the right, alone as well as in association with others, to own property [in accordance with the laws of the country where the property is located]. 2. No one shall be arbitrarily deprived of his property.“99

Besonderer Streitpunkt in den anschließenden Konsultationen in der Kommission war der Bezug auf die nationalen Gesetze des jeweiligen Landes. Vor allem die Sowjetunion insistierte mit Unterstützung Weißrusslands, dass die in der Klammer befindliche Formulierung absolut notwendig sei und forderte darüber hinaus, dass hinter das Wort „arbitrarily“ der Zusatz „that is, contrary to law“ eingefügt werde. Dieser Zusatz würde gebraucht, um Missverständnissen hinsichtlich des Begriffs der Willkürlichkeit (arbitrariness) vorzubeugen.100 Besonders Frankreich und die USA wandten sich gegen diese legalistische Interpretation, wonach jede Enteignung gerechtfertigt sei, wenn sie denn nur per Gesetz angeordnet und durchgeführt sei, woraufhin die Kommission den Zusatz zurückwies.101 Aber auch der in Klammern befindliche nationalstaatliche Regelungsvorbehalt stieß auf Widerstand:102 Das Vereinigte Königreich hielt ihn für überflüssig, da der spätere Artikel 29 der AEMR ohnehin stipuliere, dass die Ausübung der Menschenrechte durch die Rechte der anderen und die Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Wohlfahrt in einer demokratischen Gesellschaft beschränkt ist, was kapitalistische Exzesse und Ausbeutung ausschließe. Auch Frankreich sprach sich für eine Streichung aus, da der Regelungsvorbehalt dazu intendiert gewesen sei, unterschiedliche Eigentumsformen zu gewährleisten, was nun aber durch die später hinzugekommene Passage „alone as well as in the association with others“ ohnehin der Fall wäre. Schließlich wurde über den in der Klammer befindlichen Text abgestimmt, welcher mit acht zu vier Stimmen mit zwei Enthaltungen gestrichen wurde. Anschließend wurde der verbleibende Teil des Vorschlags des Unterausschusses in der folgenden Fassung mit neun Stimmen und vier Enthaltungen angenommen:103

98

UN Doc. E/CN.4/82/Add. 8, 6. Mai 1948, S. 4. UN Doc. E/CN.4/107, 4. Juni 1948; UN Doc. E/CN.4/SR.61, 23. Juni 1948, S. 2. 100 Ibid., S. 2–3. 101 Ibid., S. 3–4. 102 Ibid., S. 3. 103 Ibid., S. 6. 99

III. Entstehungsgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

65

„1. Everyone has the right to own property alone as well as in association with others. 2. No one shall be arbitrarily deprived of his property.“

Wie schon erwähnt, erweckt diese Fassung den Eindruck eines unabhängig von staatlicher Gewährung existierenden doppelten Eigentumsrechts, d. h. alleine und in Verbindung mit anderen, welches lediglich durch die Generalklausel des Artikel 29 der AEMR beschränkt werden kann. Nachdem der Entwurf den Wirtschafts- und Sozialrat unproblematisch passierte, wurden im Ausschuss für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen der Generalversammlung (dritter Ausschuss) hauptsächlich Möglichkeiten der Beschränkung des Eigentumsrechts diskutiert. Insbesondere die Sowjetunion wiederholte ihren Vorschlag, das doppelte Eigentumsrecht mit einem Regelungsvorbehalt zu versehen. Anderenfalls erwecke die Menschenrechtserklärung den Anschein, einem Staat die Möglichkeit zu nehmen, das Privateigentum (an Produktionsmitteln) zu verbieten. Selbst wenn eine Privatperson auch in der Sowjetunion Haus und Habe besitzen könne, so würde dies nicht als Privateigentum, sondern als persönliches Eigentum gelten. Denn der Begriff Privateigentum würde mit Ausbeutung der Massen assoziiert, die mit sowjetischem Gesellschaftsverständnis nicht vereinbar sei.104 Die sowjetische Position wurde in etwas abgeschwächter Form von Panama geteilt, das den einschränkenden Zusatz „in accordance with general law“ einbrachte.105 Chile und Kuba schlugen ebenfalls Versionen vor, die ihrem Inhalt nach schon in der Menschenrechtskommission diskutiert worden waren: Sie lehnten sich an die Amerikanische Menschenrechtserklärung an und zielten auf eine universell verbindliche Definition des persönlichen Eigentums als natürliches Menschenrecht.106 Auch Haiti bemühte sich, das Eigentumsrecht durch den Zusatz „This right shall be exercised in conformity with the public interest“ einzugrenzen – ein Vorschlag, den auch Belgien in ähnlicher Weise machte.107 Keiner der Vorschläge konnte sich jedoch in den Konsultationen durchsetzen: Der dritte Ausschuss entschied sich mit 39 zu null Stimmen und einer Enthaltung für die ursprüngliche Version der Menschenrechtskommission. Die Sowjetunion machte allerdings deutlich, dass sie dem Artikel in dem Verständnis zugestimmt habe, dass das der Begriff willkürlich („arbitrarily“) gesetzeswidrig („illegal“) bedeute.108 Am 10. Dezember 1948 beschloss dann die Generalversammlung den Artikel ohne Änderung in der AEMR. 104

UN Doc. A/C.3/SR.126, 8. November 1948, S. 2. UN Doc. A/C.3/280, 11. Oktober 1948, S. 1. 106 UN Doc. A/C.3/232, 7. Oktober 1948; UN Doc. A/C.3/249, 9. Oktober 1948. 107 UN Doc. A/C.3/SR.126, 8. November 1948, S. 5; UN Doc. A/C.3/325, 9. November 1948. 108 UN Doc. A/C.3/SR.126, 8. November 1948, S. 13. 105

66

B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

IV. Vorarbeiten zu einem Eigentumsrechtsartikel in den Menschenrechtspakten Spätestens seit der ersten Sitzung des Entwurfsausschusses im Juni 1947 kristallisierte sich in der Menschenrechtskommission die Meinung heraus, dass das menschenrechtliche Vertragswerk aus einer Menschenrechtserklärung eher politischen Charakters und einem bindenden Menschenrechtsübereinkommen bestehen solle.109 Der vom Vereinigten Königreich eingebrachte Ursprungstext für den Menschenrechtspakt enthielt jedoch keinen Artikel zum Eigentumsrecht. Erst in der zweiten Sitzung des Entwurfsausschusses im Frühjahr 1948 schlugen die USA die Erwähnung des Eigentums in Zusammenhang mit dem Recht auf Lebe vor – ein Vorschlag der nach kurzer Diskussion jedoch wieder zurückgezogen würde.110 Während einer Sitzung im dritten Ausschuss der Generalversammlung zum Fortschritt bei der Entwicklung des Menschenrechtspakts sprachen sich allerdings die Niederlande, Afghanistan und die Philippinen für eine Einbeziehung des Eigentums in den Entwurf aus. Daraufhin schlugen die USA in der siebten Sitzungsperiode der Menschenrechtskommission 1951 erneut vor, dieses Mal mit einer an Artikel 17 der AEMR angelehnten Fassung, Eigentum in den Pakt aufzunehmen.111 Anschließend sprach sich Uruguay für eine genauere Bestimmung des möglichen Eigentumsentzugs und der dazugehörigen Entschädigung aus112 und die Sowjetunion argumentierte weiterhin für einen staatlichen Regelungsvorbehalt für das Eigentum aus.113 Diese Positionen fasste Frankreich schließlich in einer detaillierten Fassung zusammen.114 Mit Blick auf den gescheiterten Versuch, geeignete Beschränkungen des Eigentumsrechts während der Verhandlungen zur AEMR zu formulieren, gaben Chile und Dänemark zu 109

Schabas, S. 148. UN Doc. E/CN.4/AC.1/19, 3. Mai 1948, S. 5: „No one shall be deprived of his life, liberty or property, without due process of law.“ 111 UN Doc. E/CN.4/599, 3. Mai 1951; UN Doc. E/CN.4/SR.230, 29. Juni 1951, S. 17: „The states parties to the Covenant recognize the right of everyone to own property alone as well as in association with others and to be protected from arbitrary deprivation of property.“ 112 UN Doc. E/CN.4/603, 4. Mai 1951: „No one shall be deprived of this right except in cases of public necessity or utility established by law, due compensation being paid in every case.“ 113 UN Doc. E/CN.4/614, 5. Mai 1951. 114 UN Doc. E/CN.4/SR.231, 2. Juli 1951, S. 14: „1. The states parties to this Covenant recognize the right of everyone to own property alone as well as in association with others. 2. This right shall be subject to the laws of the country in which the property is situated. 3. No one shall be arbitrarily deprived of his property. Expropriation shall only occur in cases of public necessity or utility established by law and provided equitable compensation is made, account being taken if necessary of the origin of the property and the nature of the possessions expropriated.“ 110

IV. Vorarbeiten über Eigentumsrechtsartikel in die Menschenrechtspakte

67

bedenken, dass es der Kommission auch im Rahmen der Verhandlungen zum Menschenrechtspakt nicht gelingen werde, über die in Artikel 17 der AEMR enthaltene Allgemeinformulierung hinauszugehen.115 Die Kommission entschied danach mit zehn zu sechs Stimmen und zwei Enthaltungen zugunsten des dänischen Antrags, zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Artikel zum Eigentumsrecht in den Menschenrechtspakt aufzunehmen.116 In der achten Sitzungsperiode der Kommission 1952 war entschieden worden, statt eines einzigen Menschenrechtsübereinkommens einen Pakt über bürgerliche und politische Recht (IPpbR) und einen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) auszuarbeiten. Vor die Alternative gestellt, ob Eigentum als Abwehrrecht im Rahmen des IPpbR oder als Anspruchsrecht im Rahmen des IPwskR zu verhandeln sei, entschied sich die Menschenrechtskommission für letzteren Weg, obwohl ihr bewusst war, dass Eigentum auch den Charakter eines bürgerlichen Rechts hat.117 Frankreich versuchte nun mit dem nachfolgenden Kompromissvorschlag, die verschiedenen Positionen der vorherigen Sitzungsperiode zusammenzubringen: „1. The states parties to this Covenant undertake to respect the right of everyone to own property alone as well as in association with others. 2. This right shall be subject to the laws of the country in which the property owned is situated. 3. Expropriation may not take place except in cases of public necessity or utility in circumstances defined by law and subject to fair compensation.“118

Während Belgien und die USA dem französischen Vorschlag positiv gegenüber standen, argumentierten die sozialistischen Staaten Polen, Ukraine und die Sowjetunion, dass die Frage einer angemessenen Entschädigung für Eigentumsentzug ausschließlich in nationale Zuständigkeit falle. Weiterhin sei der Begriff „fair“ (angemessen) zu unbestimmt und könne zur Rechtfertigung der Ausbeutung von Entwicklungsländern dienen, die sich aus Knebelverträgen über ihre Boden- und Naturschätze unter Berufung auf ihr Selbstbestimmungsrecht befreien wollten.119 Ohne ein Ergebnis zu erreichen, beschloss die Kommission, die Debatte zu vertagen. In der zehnten Sitzungsperiode brachten die USA erneut das Eigentumsrecht in die Diskussion ein, jetzt in identischer Fassung mit Artikel 17 der AEMR. Gleichzeitig schwächten die USA ihre Verhandlungsposition, in dem sie angekündigten, den Menschenrechtspakt ohnehin nicht zu unterzeichnen. Eine eigen-

115 116 117 118 119

UN Doc. E/CN.4/SR.230, 29. Juni 1951, S. 18, 20–21. Schabas, S. 150–151. Rosas, S. 138. UN Doc. E/CN.4/L.66/Rev.1, 20. Mai 1952. Schabas, S. 151.

68

B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

tumsrechtliche Bestimmung sei allerdings notwendig, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass die schon in der AEMR bezogene Position durch den Menschenrechtspakt zurückgenommen werde.120 Danach zog Frankreich seinen seit der achten Sitzung noch schwebenden Vorschlag zurück und befand, dass auf internationaler Ebene nur das Recht an sich, nicht aber die genaue Ausgestaltung zu entscheiden sei.121 Dieser Ansatz wurde im Prinzip auch von den Philippinen geteilt, wobei sie mit Hinweis auf das Selbstbestimmungsrecht bezüglich natürlicher Reichtümer mit Zustimmung Pakistans und der Sowjetunion vorschlugen, den Zusatz „or illegally“ hinter das Wort „arbitrarily“ einzufügen.122 Demgegenüber sprachen sich Ägypten, Libanon und Indien mit Unterstützung Pakistans für eine, dem zurückgezogenen französischen Text ähnliche, detailliertere Fassung aus, welche auch die Enteignungs- und Entschädigungsthematik regelte.123 Des Weiteren plädierten auch Chile und Uruguay dafür, den amerikanischen Vorschlag durch einen Gewährungsvorbehalt durch das öffentliche Interesse und den sozialen Fortschritt einzuschränken.124 Um eine Aufnahme des Eigentums in den Menschenrechtspakt sicherzustellen, kamen die USA diesen Positionen durch die Gewährung des Eigentumsrechts vorbehaltlich „such reasonable restrictions and regulations as may be imposed by general law in the public interest“ entgegen.125 Allerdings mahnte Australien, dass im Gegensatz zur allgemein gefassten Eigentumsrechtsdefinition in der AEMR die Kodifizierung im Menschenrechtspakt präzise zu sein habe und gleichzeitig die sich derzeit weit reichend verändernden sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen des Eigentums bezeichnen solle. Insbesondere die Enteignungs- und Entschädigungsfrage sei problematisch, so dass nicht zu erwarten sei, dass sich viele Staaten diesbezüglich einem internationalen Regime unterwerfen würden.126 Auch das Vereinigte Königreich riet davon ab, den in nationale Zuständigkeit fallenden Begriff „fair compensation“ zu verwenden. Besser sei es, das Eigentumsrecht durch eine Bestimmung des Enteignungszwecks und die Aufnahme eines Gesetzesvorbehalts für die Enteignungs- und Entschädigungsvoraussetzungen einzugrenzen. Weiterhin wandte sich das Vereinigte Königreich gegen den Begriff „arbitrary“, der

120 UN Doc. E/CN.4/L.313, 24. Februar 1954; UN Doc. E/CN.4/SR.413, 17. März 1954, S. 4–5. 121 UN Doc. E/CN.4/SR.413, 17. März 1954, S. 4 und 10; UN Doc. E/CN.4/ SR.415, 12. März 1954, S. 10. 122 Schabas, S. 152. 123 UN Doc. E/CN.4/L.316, 26. Februar 1954. 124 UN Doc. E/CN.4/L.317, 26. Februar 1954; UN Doc. E/CN.4/SR.415, 12. März 1954, S. 4. 125 UN Doc. E/CN.4/SR.416, 20. März 1954, S. 6. 126 UN Doc. E/CN.4/SR.413, 17. März 1954, S. 8–9.

IV. Vorarbeiten über Eigentumsrechtsartikel in die Menschenrechtspakte

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keine völkerrechtliche Bedeutung habe.127 Griechenland gab zu Bedenken, dass es nicht möglich sein werde, eine Formulierung für die Begrenzung des Eigentums zu finden, die über Artikel 17 der AEMR hinausgehe,128 und Uruguay und China sprach sich aufgrund der Formulierungsschwierigkeiten nun gegen einen Eigentumsartikel im Menschenrechtspakt aus.129 Demgegenüber argumentierte Polen für den amerikanischen Vorschlag, sofern er mit einem staatlichen Regelungsvorbehalt versehen sei – ein Vorschlag, gegen den Belgien mit Hinweis auf zu befürchtende staatliche Willkür Einspruch erhob.130 Die Sowjetunion zeigte sich daraufhin bereit, eine aus dem Vorschlag Chiles und Uruguays sowie Ägyptens, Libanons und Indiens kombinierte Version zu akzeptieren, die sowohl einen staatlichen Regelungsvorbehalt aus öffentlichem Interesse und mit Blick auf den sozialen Fortschritt als auch eine Enteignungsmöglichkeit vorsah.131 Schließlich unterstrichen die Philippinen und Chile die fehlende Absolutheit des Eigentums: Die Philippinen forderten eine weit formulierte, staatliche Entschädigungsmöglichkeit, die auch Umverteilungsgesichtspunkten Rechnung trage,132 und Chile betonte die eigentumsrechtlichen Sozialverpflichtungen und die Möglichkeit der Kodifizierung des persönlichen Eigentums als Kompromissformel.133 Anschließend wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, um aus den verschiedenen Vorschlägen einen einzigen Text zu entwerfen, dem alle Delegationen zustimmen konnten.134 Die Fassung der Arbeitsgruppe lautete wie folgt: „1. The states parties to this Covenant undertake to respect the right of everyone to own property alone as well as in association with others. This right shall be subject to such limitations and restrictions as are imposed by law in the public interest and in the interest of social progress in the country concerned. 2. No one shall be deprived of his property without due process of law. Expropriation may take place only for considerations of public necessity or utility as defined by law and subject to such compensation as may be prescribed.“135

Die deutliche Mehrheit der Mitglieder der Arbeitsgruppe befürwortete diesen Text. Die USA und Frankreich reichten allerdings eigene Verbesserungsvorschläge ein und Chile begründete seine Enthaltung damit, dass der Text ledig-

127

Ibid., S. 10–11. UN Doc. E/CN.4/SR.414, 16. März 1954, S. 4–5. 129 Ibid., S. 5–6 und 9. 130 Ibid., S. 7. 131 UN Doc. E/CN.4/SR.416, 20. März 1954, S. 8. 132 UN Doc. E/CN.4/SR.414, 16. März 1954, S. 11. 133 UN Doc. E/CN.4/SR.416, 20. März 1954, S. 4–5. 134 Die Arbeitsgruppe bestand aus Vertretern Ägyptens, Chiles, Indiens, Libanons, der Philippinen, Polens, Uruguays und der USA. 135 UN Doc. E/CN.4/L.321, 1. März 1954, S. 3. 128

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes

lich bestehendes nationales Recht widerspiegele, anstatt einen internationalen Standard zu setzen.136 Am 18. März 1954 stimmte die Menschenrechtskommission dann über jeden Satz des Vorschlags der Arbeitsgruppe einzeln ab. Während das Eigentum allgemein als Menschenrecht formulierende erste Satz des ersten Paragraphen fast einstimmig mit 17 Stimmen und einer Enthaltung beschlossen wurde, nahm die Kommission die Eigentumsbegrenzungen definierenden anderen Bestimmungen mit deutlich weniger Konsens an.137 Die amerikanischen und französischen Verbesserungen wurden hingegen abgelehnt. In der Schlussabstimmung über den gesamten Artikel entschied sich die Kommission dann mit sieben zu sechs Stimmen und fünf Enthaltungen jedoch gegen einen Eigentumsartikel.138 Nach einiger Diskussion wurde beschlossen, die Verhandlungen über die Aufnahme des Artikels in den IPwskR auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Der Pakt wurde schließlich 1966 ohne Aufnahme des Eigentums beschlossen.

V. Zwischenergebnis Eine Analyse der Entstehungsgeschichte der AEMR und der Vorarbeiten zum Eigentumsrecht für den IPwskR zeigt, dass die ideologischen Differenzen zwischen dem Westen und den sozialistischen Ländern maßgeblich dazu beigetragen haben, dass es zu keiner verbindlichen Kodifizierung eines allgemeinen Menschenrechts auf Eigentum im Pakt kam.139 Entgegen der vom Berichterstatter der Interamerikanischen Menschenrechtskommission 1968 bei den Vorarbeiten der amerikanischen Menschenrechtskommission geäußerten Einschätzung, dass das Fehlen der Eigentumsklausel in den Pakten ausschließlich auf die Haltung der sozialistischen Staaten zurückzuführen sei,140 war die fehlende Einigung der Menschenrechtskommission indes auch Meinungsgegensätzen zwischen den USA und dem damals sozialistisch regierten Vereinigten Königreich und Australien geschuldet. Dabei wurde die Verhandlungsposition der Kodifikationsbefürworter vor allem auch dadurch nachhaltig geschwächt, dass die USA

136 Die USA schlugen folgende Veränderungen vor: „The right to property should be subject to ,reasonable‘ limits. No one shall be ,arbitrarily‘ deprived of property. ,Just‘ compensation shall be paid.“ Frankreich schlug den Zusatz vor: „Compensation should be prescribed by the law and by the general principles of international law“. Vgl. Schabas, S. 156. 137 Abs. 1 wurde mit 9 zu 1 Stimme mit 8 Enthaltungen angenommen; Abs. 2, Satz 1 mit 9 zu 3 Stimmen mit 6 Enthaltungen; Abs. 2, Satz 2, erster Teil (einschließlich der Worte „defined by law“) mit 12 zu 1 Stimme bei 5 Enthaltungen; und Abs. 2 insgesamt mit 6 zu 5 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Vgl. UN Doc. E/CN.4/SR.417, S. 13. 138 UN Doc. E/CN.4/SR.417, 19. März 1954, S. 14. 139 Brinkmeier (2004), S. 252–253; Tomuschat (1996b), S. 7; Dolzer (1985), S. 124. 140 Dolzer (1985), S. 102–103.

V. Zwischenergebnis

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als eigentumsrechtlicher Hauptstreiter in der zehnten Sitzungsperiode angekündigt hatte, den IPwskR nicht zu ratifizieren.141 Zwar bestand innerhalb der Kommission weitgehend Konsens darüber, dass individuelles Eigentum grundsätzlich als Menschenrecht zu gelten habe. Zu unterschiedliche Vorstellungen existierten jedoch hinsichtlich seines Schutzzwecks, Regelungsumfangs und vor allem hinsichtlich seiner Beschränkungen, um zu einer präzisen Formulierung zu gelangen, welche einem verbindlichen Menschenrechtsübereinkommen angemessen gewesen wäre.142 Mit etwas mehr Zeitaufwand hätte sich die Kommission auf eine Artikel 17 der AEMR entsprechenden generelle Formulierung hätte einigen können. Laut Schabas habe sie aber davon abgesehen, diesbezügliche Verhandlungen fortzuführen, weil eine solche Formulierung im Gegensatz zu anderen Menschenrechten zu unbedeutend und ineffizient gewesen sei, um die Arbeit der Kommission an der Formulierung anderer essentiellerer Menschenrechte wie dem Recht auf Leben oder dem Folterverbot zu verzögern.143 Neben Fragen der Entschädigungspflicht und der staatlichen Eingriffsbefugnis blieb insbesondere umstritten, ob die Eigentumsgarantie auch Privateigentum an Produktionsmitteln und an Grund und Boden umfasste oder lediglich, der sozialistischen Auffassung entsprechend, kraft staatlicher Gewährleistung das persönliche Eigentum schützte, dessen Umfang sich am persönlichen Bedarf des Einzelnen orientierte. Während westliche Völkerrechtsexperten betonten, dass die fehlende Kodifizierung des Eigentumsrechts nicht automatisch die Nichtanerkennung einer umfassenden Eigentumsgarantie auf internationaler Ebene bedeute, galt seine Nichtaufnahme aus östlicher Sicht als eindeutiger Beweis für den Niedergang der imperialistischen Konzeption und wurde als Zeichen für den von Marx angekündigten weltweiten Übergang zum Sozialismus gewertet.144 Angesichts der bestehenden dogmatischen und konzeptionellen Differenzen wurde auch das persönliche Eigentum nicht verbindlich kodifiziert, obwohl zur Zeit der Kodifizierung der Menschenrechtspakte schon grundsätzliche Einigkeit über seine Existenz bestand.145 Dementsprechend argumentierte Rosas zugunsten eines gewissen völkergewohnheitsrechtlichen Schutzes zumindest für das persönliche Eigentum und formulierte den potentiellen universellen eigentumsrechtlichen Minimalkonsens wie folgt.

141

Schabas, S. 158. Krause/Alfredsson, S. 365, Rosas, S. 144. 143 Schabas, S. 158–159. 144 Brinkmeier (2004), S. 252–253. 145 Morsink, S. 156; siehe auch Dolzer (1985), S. 127 (im Rahmen einer Analyse hinsichtlich der 1985 geltenden Rechtslage). 142

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B. Entstehung des eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutzes „In view of the foregoing, one can conclude that the right of property as a human right has some standing under general (customary) international law. The precise nature of this customarily binding norm is hard to establish, given the varying approaches to, and conceptions of, property, both in philosophical and political discourse and in existing international legal instruments. A minimum rule could rule out outright takings of property, especially so-called personal property, without compensation, unless there is a strong general interest.“146

Die in Abschnitt II.2. geschilderte detaillierte Normierung des persönlichen Eigentums durch das sowjetische Recht verdeutlicht, dass zumindest im sozialistischen Rechtskreis diese Eigentumsform sehr stark begrenzt war und als potentiell gefährlich angesehen wurde. Ein sich am persönlichen Eigentum orientierender universeller gewohnheitsrechtlicher Eigentumskonsens musste somit zur damaligen Zeit eng gefasst werden. In diesem Sinne hat Dolzer als absolutes Minimum des menschenrechtlich geschützten Eigentums die Summe all jener Güter im Eigentum einer Person bezeichnet, die zum Überleben notwendig sind.147 Ob und inwiefern dazu jedoch Wohnraum und dazugehöriger Grund und Boden zu rechnen ist, bleibt unklar. Für Flüchtlinge und Vertriebene, die ihren Grundbesitz im Zuge von Kriegswirren oder durch Vertreibungswellen verloren hatten, bedeutete die Nichtkodifizierung des Eigentumsrechts eine ernstzunehmende Schwächung ihrer Verhandlungsposition im Rahmen von Restitutions- bzw. Entschädigungsbemühungen. Weder konnten sie sich auf eine über den unverbindlichen und unbestimmten Wortlaut der AEMR hinausgehende umfassende Eigentumsgarantie stützen, noch sich ohne Schwierigkeiten auf ein gewohnheitsrechtlich verankertes persönliches Eigentum berufen, da die Grenzen seiner Geltung für Grundbesitz eng gesetzt und nicht eindeutig waren. Neben macht- und bevölkerungspolitischen Interessen kann der nicht bzw. nur sehr schwach ausgeprägte menschenrechtliche Eigentumsschutz in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg als ein möglicher Erklärungsansatz für die Durchführung oder der Tolerierung von entschädigungslosem Bevölkerungsaustausch bzw. Vertreibung dienen. Wie die Flucht bzw. Vertreibung der osteuropäischen Deutschen und der Palästinenser demonstrieren, haben solche Bevölkerungspolitiken als vermeintlich friedensdienliche und stabilitätsfördernde Mittel der Politik die Nachkriegsordnung maßgeblich mitgestaltet. Im nachfolgenden Kapitel werden nun diese Politiken mit besonderem Fokus auf die Behandlung von Eigentumsfragen beschrieben und die erfolglosen Restitutionsbemühungen der Interessenvertreter der Betroffenen dargestellt.

146 Rosas, S. 144. Demgegenüber geht Kämmerer davon aus, dass das Völkergewohnheitsrecht grundsätzlich keinen Schutz gegen entschädigungslose Enteignung von Inländern bietet. Kämmerer, S. 145. 147 Vgl. Dolzer (1985), S. 127.

C. Fehlender Eigentumsschutz in Flüchtlingskatastrophen nach dem Zweiten Weltkrieg Zur gleichen Zeit, als die Staatenvertreter über die AEMR berieten, fanden nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Zuge der Formierung einer staatlichen Neuordnung Europas und des Nahen Ostens zwei große und viel beachtete Flüchtlingskatastrophen bzw. Massenvertreibungen statt, deren Betroffene keinen effektiven Eigentumsschutz geltend machen konnten. Dabei handelt es sich um die Flucht und Vertreibung von ca. 14 Millionen Deutschen aus den Ostprovinzen des deutschen Reiches und anderen Teilen Ost- und Mitteleuropas 1945– 1947 sowie von ca. 600.000 bis 760.000 Palästinensern1 aus dem britischen Mandatsgebiet Palästina bzw. aus Israel 1947–1949.2 Im nachfolgenden Kapitel sollen diese beiden Flucht- bzw. Vertreibungskatastrophen als exemplarische Fälle mit großer völkergewohnheitsrechtlicher Indikationswirkung einschließlich der damals dazu vorherrschenden Rechtsauffassungen und -praxis kurz dargestellt werden. Dabei wird auf das damals gängige Konzept von Bevölkerungsumsiedlungen zur Lösung von Minderheitenproblemen eingegangen und die Versuche der Betroffenengruppen, zurückgelassenes Eigentum geltend zu machen, skizziert. In diesem Zusammenhang wird die These vertreten, dass diese Entwicklungen mit dem im vorherigen Kapitel geschilderten nur schwach ausgeprägten menschenrechtlichen Eigentumsschutz 1 Ursprünglich bezeichnete der Begriff „Palästinenser“ alle Bewohner Palästinas ohne Differenzierung nach ihrer ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit. Heute umfaßt der Begriff lediglich die arabische Bevölkerung Palästinas sowie die arabischen Flüchtlinge palästinensischer Herkunft, während die jüdische Bevölkerung Palästinas als Juden oder Zionisten und ab 1948 als Israelis bezeichnet werden. 2 Die genauen Betroffenenzahlen sind in beiden Fällen unklar bzw. umstritten. Hinsichtlich der Zahl der deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen gehen neuere Untersuchungen von ca. 14 Millionen Personen aus, von denen über 1,7 Millionen während Flucht oder Vertreibung den Tod fanden. Hinzu kommen ca. 1 Million seit 1941 nach Zentralasien deportierte Russlanddeutsche, von den ca. 300.000 Personen umkamen. Vgl. Reichling, S. 28–30; siehe auch: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Die deutschen Vertreibungsverluste. Bevölkerungsbilanzen für die deutschen Vertreibungsgebiete 1939/1950, Wiesbaden, 1958, S. 38, 45–46; Blumenwitz (1995), S. 53. Die Anzahl der durch den israelisch-arabischen Krieg von 1948 verursachten Flüchtlinge ist Gegenstand erheblicher Kontroversen. Während Israel ursprünglich von ca. 520.000 und die arabischen Staaten von ca. 900.000 Flüchtlingen ausgingen, liegen britische Schätzungen bzw. solche der Vereinten Nationen zwischen 600.000 und 760.000 Flüchtlingen. Vgl. Morris (2004), S. 602–604; Rempel, S. 279; UN Doc. A/ AC.25/6, Final Report of the United Nations Survey Mission for the Middle East (Part I), 28. Dezember 1949.

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C. Fehlender Eigentumsschutz nach dem Zweiten Weltkrieg

nach Ende des Zweiten Weltkriegs korreliert und die Staatengemeinschaft die entschädigungslose Eigentumsumwälzung zwar bedauert, aber de facto akzeptiert hat. Die vorliegende Arbeit intendiert nicht, potentielle Lösungsansätze des palästinensischen Flüchtlingsproblem oder die gegenwärtige deutsch-polnische bzw. deutsch-tschechische Kontroverse über mögliche Eigentumsforderungen der preußischen Treuhand bzw. über die Errichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen zu kommentieren.3 Hinsichtlich der juristischen Rückabwicklung von Eigentumsverhältnissen, die durch Vertreibungs- oder Enteignungsunrecht nach Ende des Zweiten Weltkriegs begründet sind, muss indes zumindest für den europäischen Kontext auf die in Kapitel D. behandelte ratione tempore-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang müssen auch die nach Ende des Zweiten Weltkriegs durchgeführten unfreiwilligen Bevölkerungsumsiedlungen erwähnt werden, die aufgrund von bilateralen Abkommen zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn und zwischen Ungarn und Jugoslawien, sowie die Aussiedlungsabkommen zwischen der Sowjetunion und Polen bzw. der Sowjetunion und der Tschechoslowakei durchgeführt wurden. Von diesen Umsiedlungen ist vor allem die Umsiedlung von 2,1 Millionen Ostpolen in die vom Deutschen Reich zugeschlagenen westpolnischen Provinzen von Bedeutung, wohingegen die übrigen Fälle zahlenmäßig deutlich weniger ins Gewicht fallen.4 Zur gleichen Zeit fand 1947 ein 14 Millionen Menschen betreffender de facto Bevölkerungsaustausch zwischen Indien und Pakistan statt.5 In diesem Zusammenhang können auch mehrere hunderttausend arabische Juden erwähnt werden, die nach Beginn des arabisch-israelischen Krieges zum Teil auf Druck oder nach Diskriminierung nach Israel ausgewandert sind und deren Grundbesitz von den arabischen Staaten als Feindstaatseigentum entschädigungslos eingezogen wurde.6 Ein detaillierteres Eingehen auf diese Fälle würde allerdings nicht nur den Rahmen dieser Arbeit sprengen, zumal nur sehr wenig Literatur in deutscher oder englischer Sprache zu diesen Geschehnissen auffindbar ist. Von einer Darstellung der erwähnten mittel- und osteuropäischen Bevölkerungsaustausche 3 Zu der deutsch-polnischen Kontroverse, siehe: Hess; Muszyn ´ski, S. 40–74. Zur deutsch-tschechischen Kontroverse, siehe: Blumenwitz (1998); Tomuschat (1996a), S. 1–69. Siehe auch die Webseite des Zentrums gegen Vertreibungen: http://www. z-g-v.de. 4 Der Bevölkerungsaustausch zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn bezog sich auf jeweils ca. 200.000 Ungarn und Slowaken; der Austausch zwischen Ungarn und Jugoslawien auf jeweils ca. 40.000 Ungarn und Serben bzw. Kroaten. Für einen Überblick, siehe: de Zayas (1998), S. 27. 5 Dazu: ibid., S. 30–31. 6 Fischbach (2003), S. 159–160; Benvenisti/Zamir, S. 301–305.

I. Historischer Überblick

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wird in dieser Arbeit auch deswegen abgesehen, da sie zum einen im Vergleich zu den geflohenen bzw. vertriebenen Deutschen zahlenmäßig deutlich weniger ins Gewicht fielen und auch weniger internationale Aufmerksamkeit genossen. Zum anderen wurden die betroffenen Personen – dem ursprünglich anvisierten Entschädigungsregime des griechisch-türkischen Bevölkerungsaustausch angelehnt – zumeist durch Zuteilung von Wohnraum, der vorher von der jeweiligen anderen Bevölkerungsgruppe bzw. den vertriebenen Deutschen bewohnt wurde, entschädigt wurden.7 Der griechisch-türkische Bevölkerungsaustausch wird unten in Abschnitt 2. eingehend diskutiert, weswegen auf eine detaillierte Behandlung seiner mittel- und osteuropäischen Nachfolgefälle verzichtet werden kann. Der indisch-pakistanische Bevölkerungsaustausch ist von der Flucht und Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser insoweit abzugrenzen, als dass ihm kein Regierungs- oder militärisches Handeln, sondern bürgerkriegsähnliche zivilgesellschaftliche Gewalt zugrunde lag.8 Schließlich wird das Schicksal der arabischen Juden deswegen nicht behandelt, weil es sich im Gesamtbild nicht als Massenflucht oder kriegsbedingtes Vertreibungsszenario, sondern eher als sukzessives freiwilliges Abwandern in eine neue jüdische Heimstätte darstellt. Da es in der vorliegenden Arbeit in diesem Zusammenhang um die Gegenüberstellung des weitgehend fehlenden Eigentumsschutzes für Flüchtlinge und Vertriebene nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem verstärkten eigentumsrechtlichen Eingreifen der internationalen Gemeinschaft nach Ende des Kalten Krieges geht, werden die späteren Flucht- und Vertreibungsszenarien nach den unmittelbaren Nachkriegsjahren bis zu den ethnischen Säuberungen im früheren Jugoslawien nicht thematisiert. Allerdings werden die palästinensischen Flüchtlinge bzw. Vertriebenen von 1967 im Zusammenhang mit der Behandlung der Flüchtlinge bzw. Vertriebenen von 1947–1949 beiläufig erwähnt.

I. Historischer Überblick 1. Die Flucht und Vertreibung der Deutschen Die Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen aus den deutschen Ostgebieten und anderen Teilen Ost- und Südosteuropas betraf zum einen Reichsdeutsche, die deutsche Staatsangehörige aus den Gebieten waren, die zur Zeit des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs zum Deutschen Reich gehörten. Dazu zählten vor allem Ostpreußen, Pommern, Ostbrandenburg, Schlesien und das Sudeten7 Zu der Zuteilung von vormals deutschem Wohnraum in Schlesien an umgesiedelte Ostpolen, siehe: Urban, S. 154–158. 8 Die pakistanische und indische Regierung schlossen lediglich notstandsmäßige Evakuierungsabkommen zu einer Zeit ab, als die Gewaltwelle schon in vollem Gange war, um weitere Gewalt zu verhindern und um Hungerkatastophen und Epidemien vorzubeugen. Vgl. de Zayas (1998), S. 31.

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land. Zum zweiten waren die so genannten Volksdeutschen betroffen, die Angehörige von deutschen Minderheiten in Ungarn, Jugoslawien, Rumänien und Altpolen waren, aber nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen.9 Da der Sachverhalt der Flucht bzw. Vertreibung einschließlich der mit ihr einhergehenden Menschenrechtsverletzungen und ihrer Vorgeschichte an anderer Stelle ausführlich beschrieben und dokumentiert worden ist, soll er hier nur in seinen Grundzügen kurz dargestellt werden.10 Den eigentlichen Vertreibungen ging die Flucht eines großen Teils der ostpreußischen Bevölkerung vor der Roten Armee im Winter 1944/1945 voraus.11 Diese war durch Berichte über Massenvergewaltigungen und Massaker der sowjetischen Armee im ostpreußischen Dorf Nemmersdorf im Oktober 1944, sowie über Deportationen (und damit verbundenen vielfachen Tod) von Volksdeutschen in Südosteuropa zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion aufgeschreckt und zur Flucht veranlasst worden.12 Mit dem Einmarsch der Roten Armee begannen dann die eigentlichen Vertreibungen, die in drei Phasen eingeteilt werden können.13 Die erste Phase bezeichnet die so genannten „wilden Vertreibungen“ in der Zeit vor dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945, auf welches unten näher eingegangen wird. Ermutigt durch einen generellen Beschluss der Alliierten zur Verschiebung der polnischen Westgrenze und bestimmter Bevölkerungsumsiedlungen auf der Krim-Konferenz im Februar 1945, begannen die von der Sowjetunion eingesetzten polnischen Behörden, die in den Gebieten östlich von Oder und Neiße ansässige deutsche Bevölkerung ohne westliche Zustimmung, aber mit Genehmigung der Sowjetunion schonungslos zu vertreiben. Diese Vertreibungen waren auch dem Ziel geschuldet, die Alliierten hinsichtlich der künftigen Grenzziehung Polens möglichst vor vollendete Tatsachen zu stellen.14 Nach der 9

Köhler, S. 304. Eine umfassende Beschreibung der Vertreibung findet sich insbesondere in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Zur Vorgeschichte der Vertreibung siehe die ausführliche Darstellung von: Brandes. 11 Hunderttausende Ostpreußen flohen unter zum Teil starkem Beschuss durch die Rote Armee entweder über See oder in „Trecks“ über Land oder über das zugefrorene frische Haff. In diesem Zusammenhang kam es u. a. zur Versenkung von Schiffen wie der „Wilhelm Gustloff“, die mit tausenden Flüchtlingen beladen waren, sowie zum Massensterben von Flüchtlingen, die über das durch Tieffliegerangriffe durchlöcherte Ostsee-Haff zu entkommen versuchten. Vgl. de Zayas (2005), S. 102–125. 12 Zu den Deportationen der Volksdeutschen in Ungarn, Jugoslawien und Rumänien, siehe: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bd. II, S. 42–44; Bd. III, S. 75–80; Bd. V, S. 93–97. 13 de Zayas (2005), S. 158–159. Zu einer anderen Einteilung kommt Brumlik, S. 30, der die Deportation osteuropäischer Juden (erste Phase), die Evakuierung der deutschen Bevölkerung durch die zurückweichende Wehrmacht (zweite Phase) und die Flucht eines großen Teils der ostpreußischen Bevölkerung vor der Roten Armee (dritte Phase) der eigentlichen Vertreibung der Deutschen voranstellt. 10

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deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 begannen auch die tschechoslowakischen Behörden mit der Vertreibung der Sudetendeutschen. Der aufgestaute Hass über die menschenverachtende Kriegs- und Besatzungspolitik des nationalsozialistischen Deutschlands führte dazu, dass diese Vertreibungen vor allem in der Tschechoslowakei mit großer Brutalität einschließlich Vergewaltigungen, Plünderungen, Internierungen und Massakern einher ging.15 Nach Schätzungen verließen bis zum Potsdamer Abkommen ca. 5 Millionen Deutsche die deutschen Ostgebiete aufgrund von Flucht oder Vertreibung.16 Die zweite Vertreibungsphase begann nach der Legitimierung des Gedankens einer „geregelten und humanen“ Zwangsaussiedlung durch die Alliierten auf der Potsdamer Konferenz ab August 1945 unter Umgehung des in Potsdam beschlossenen Moratoriums der Zwangsumsiedlungen. In der Brutalität ihrer Durchführung ähnelte diese Phase den wilden Vertreibungen vor dem Potsdamer Abkommen.17 Erst Anfang 1946 begann eine dritte Phase der „geregelten“ Zwangsumsiedlung, in der die Deutschen entsprechend des Potsdamer Protokolls und unter allmählicher Beachtung der vom Alliierten Kontrollrat herausgegebenen Richtlinien zur Umsiedlung in geordneterer Weise mit Sammeltransporten außer Landes gebracht wurden. Zwar mag sehr bezweifelt werden, ob diese Umsiedlungen „geregelt und human“ verliefen, die deutliche Reduzierung der Sterberate der Umgesiedelten erlaubt jedoch den Schluss, dass die dritte Vertreibungsphase die Situation der Vertriebenen trotz allem verbesserte.18 Während die Vertreibung bzw. Zwangsumsiedlung der Deutschen aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße und dem Sudetenland in ihrer Hauptsache 1947 abgeschlossen war, begann die Rückführung von Facharbeitern in den 1950er Jahren, die von Polen und der Sowjetunion zur Zwangsarbeit deportiert und zurückbehalten worden waren.19 Insgesamt belief sich die Anzahl der Deutschen, die von Flucht oder Vertreibung bzw. Deportation betroffen waren, auf ca. 14 Millionen Menschen, von denen über 1,7 Millionen im Zuge der Flucht bzw. Vertreibung umgekommen waren. Flucht und Vertreibung gingen mit dem entschädigungslosen Verlust des Eigentums der Betroffenen einher. In Polen begann dieser Prozess im Ganzen eher uneinheitlich. Zwar hatte das pro-sowjetische Polnische Komitee der Nationalen Befreiung („Lubliner Komitee“) bereits am 6. September 1944 eine 14

Urban, S. 112. Vgl. Naimark, S. 115–116, 127; de Zayas (2005), S. 159–163. 16 Dazu gehörten jeweils 700.000–800.000 Deutsche, die durch polnische und tschechoslowakische Behörden „wild“ vertrieben wurden, sowie ca. 3,5 Millionen Flüchtlinge, die vor der Roten Armee geflohen waren. Vgl. Naimark, S. 111; Köhler, S. 305. 17 Trautmann, S. 75. 18 De Zayas (2005), S. 179. 19 Ibid., S. 184; Trautmann, S. 75. 15

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Bodenreform beschlossen, nach der u. a. ländliche Grundstücke im Eigentum von Deutschen oder polnischen Staatsbürgern deutscher Nationalität „unverzüglich und unentgeltlich“ in polnisches Staatseigentum übergingen.20 Die Umsetzung dieser Bodenreform geschah jedoch dezentral durch die neu geschaffenen polnischen Regionalbehörden mittels selbstständiger Erlasse, wie z. B. des Woiwoden von Schlesien am 29. Januar 1945, durch die sämtliche Bauernhöfe und landwirtschaftlichen Geräte Deutscher in polnisches Staatseigentum überführt wurden. Am 2. März 1945 enteignete die polnische Regierung dann per Dekret das gesamte Eigentum der deutschen Bevölkerung in den „wiedererlangten“ Gebieten östlich von Oder und Neiße.21 Dieses Dekret wurde durch das Gesetz über verlassenes und aufgegebenes Eigentum vom 6. Mai ergänzt, wonach der Besitz von Flüchtlingen und Vertriebenen in das Eigentum des polnischen Staates verwandelt wurde.22 Beim Grenzübertritt an der Oder bzw.

20 Artikel 2 des Dekrets des Polnischen Komitees der Nationalen Befreiung vom 6. September 1944 über die Durchführung der Bodenreform lautet: „Art. 2 (1) Für die Zwecke der Bodenreform werden ländliche Grundstücke bestimmt: . . . die Eigentum von Angehörigen des Deutschen Reiches nichtpolnischer Nationalität sowie von polnischen Staatsbürgern deutscher Nationalität sind; die Eigentum von Personen sind, welche wegen Hochverrat, Fahnenflucht, Wehrdienstverweigerung, wegen einer für den Staat oder Ortsbevölkerung schädlichen Zusammenarbeit mit dem Okkupanten bzw. wegen einer im Dekret des Polnischen Komitees der Nationalen Befreiung . . . über den Schutz des Staates . . . aufgeführten strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden; die aus irgendwelchen anderen rechtlichen Gründen konfisziert wurden; die im Eigentum oder Miteigentum von natürlichen oder juristischen Personen stehen, wenn ihr Ausmaß insgesamt entweder 100 ha Gesamtfläche oder 50 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und im Gebiet der Wojewodschaften Posen, Pommerellen und Schlesien ihr Umfang auf die Größe des landwirtschaftlich genutzten Bodens 100 ha Gesamtfläche überschreitet. . . . Alle landwirtschaftlichen Grundstücke, die in den Punkten b, c, d und e des ersten Absatzes dieses Artikels genannt sind, gehen unverzüglich und uentgeltlich in ihrer Gesamtheit in das Eigentum des Staates mit der in Art. 1 Abs. 2 genannten Zweckbestimmung über. . . .“ Abgedruckt in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bd. I/3, S. 27. 21 Urban, S. 114–115. 22 Die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vom 6. Mai 1945 über das verlassene und aufgegebene Vermögen lauten: „Artikel 2 § 1. Jegliches bewegliche und unbewegliche Vermögen, das im Eigentum oder Besitz des deutschen Staates stand und im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Dekrets noch nicht von Staats- oder Selbstverwaltungsorganen übernommen wurde, sowie das Vermögen deutscher Staatsangehöriger oder von Personen, die zum Feinde übergelaufen sind, ist aufgegebenes Vermögen im Sinne dieses Gesetzes. § 2. Das in § 1 bezeichnete Vermögen wird auch dann als aufgegeben angesehen, wenn es sich im Besitz oder in der Verwaltung dritter Personen befindet. . . . Artikel 3 . . . § 2. Ungültig sind alle Rechtsgeschäfte, die aufgegebenes Vermögen betreffen und seine Übernahme durch die staatliche Verwaltung verhindern sollen.

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Neiße wurden viele Flüchtlinge bzw. Vertriebene von polnischen Soldaten dazu gezwungen, eine Erklärung zu unterschreiben, auf der vermerkt war, dass die betreffenden Personen das Land freiwillig verließen, keinerlei Ansprüche an den polnischen Staat stellten und versprächen, niemals zurückzukommen.23 Im Vergleich zur polnischen Herangehensweise war die tschechoslowakische Vertreibungs- und Enteignungspolitik stärker bürokratisch und (schein-)rechtsstaatlich ausgerichtet.24 Kurz nach der deutschen Kapitulation erließ der tschechoslowakische Präsident Benesˇ am 19. Mai 1945 ein Dekret „über die Ungültigkeit einiger vermögensrechtlicher Rechtsgeschäfte aus der Zeit der Unfreiheit und über die nationale Verwaltung der Vermögenswerte der Deutschen, der Madjaren, der Verräter und Kollaborateure und einiger Organisationen und Anstalten“. Durch das Dekret wurde auf tschechoslowakischem Gebiet befindliches Vermögen von „staatlich unzuverlässigen Personen“, zu denen auch alle Personen deutscher und madjarischer Volkszugehörigkeit gehörten, unter nationale Verwaltung gestellt und den Eigentümern entzogen.25 Am 21. Juni 1945 folgte das Dekret „über die Konfiskation und beschleunigte Aufteilung des landwirtschaftlichen Vermögens der Deutschen, Madjaren wie auch der Verräter und Feinde des tschechischen und des slowakischen Volkes“, durch welches mit „augenblicklicher Wirksamkeit und entschädigungslos“ das landwirtschaftliche Vermögen im Eigentum „aller Personen deutscher und madjarischer Nationalität, ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit“ entzogen wurde. Dieses Dekret Artikel 5 Zur Durchführung der Verwaltung des verlassenen und aufgegebenen Vermögens wird beim Ministerium für Finanzen ein Hauptamt für die Vorläufige Staatliche Verwaltung gebildet . . .“ Abgedruckt in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bd. I/3, S. 65–66. 23 Urban, S. 118. 24 Brumlik, S. 77; Glotz, S. 193–195. 25 Die relevanten Bestimmungen des Dekrets vom 19. Mai 1945 lauten: „§ 2(1) Das im Gebiet der Tschechoslowakischen Republik befindliche Vermögen der staatlich unzuverlässigen Personen wird gemäß den weiteren Bestimmungen dieses Dekrets unter nationale Verwaltung gestellt. . . . § 4 Als staatlich unzuverlässige Personen sind anzusehen: a) Personen deutscher oder madjarischer Nationalität. b) Personen, die eine gegen die staatliche Souveränität, Selbstständigkeit, Integrität, die demokratisch-republikanische Staatsform, die Sicherheit und die Verteidigung der Tschechoslowakischen Republik gerichtete Tätigkeit entfaltet haben, die zu einer solchen Tätigkeit aufreizten oder andere Personen dazu zu verleiten suchten und planmäßig auf irgendeine Weise die deutschen oder madjarischen Okkupanten unterstützten, . . . § 20(1) Rechtshandlungen der Eigentümer, Besitzer und Verwalter der Vermögen, die unter nationale Verwaltung fallen, sind ungültig, wenn sie die Substanz dieser Vermögen betreffen und nach Inkrafttreten dieses Dekretes vorgenommen wurden. (2) Die bisherigen Eigentümer, Besitzer und Verwalter der Vermögen, die unter nationale Verwaltung gestellt wurden, sind verpflichtet, jeglichen Eingriff in die Geschäftsführung des nationalen Verwalters zu unterlassen.“ Abgedruckt in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bd. 4/I, S. 204, 208.

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nahm allerdings solche Personen von der Enteignung aus, „die sich aktiv am Kampf für die Wahrung der Integrität und die Befreiung der Tschechoslowakischen Republik beteiligt“ hatten.26 Am 25. Oktober 1945 erließ Benesˇ schließlich das dritte enteignende Dekret „über die Konfiskation des feindlichen Vermögens und die Fonds der nationalen Erneuerung, aufgrund dessen das restliche deutsche oder ungarische Vermögen entzogen wurde. Ähnlich zu dem vorherigen Dekret wurden solche Personen nicht enteignet, „die nachweisen, dass sie der Tschechoslowakischen Republik treu geblieben sind, sich niemals gegen das tschechische und slowakische Volk vergangen haben und sich entweder aktiv am Kampfe für deren Befreiung beteiligt oder unter dem nazistischen oder faschistischen Terror gelitten haben.“27 Mit anderen Worten wurden alle Angehörigen deutscher oder ungarischer Volkszugehörigkeit durch die BenesˇDekrete kollektiv in Haftung genommen und enteignet. Diesem Schicksal konnten sich Einzelpersonen jedoch entziehen, wenn ihnen nicht der Makel der „Illoyalität“ zur Tschechoslowakei anhaftete, wobei sie dafür allerdings die Beweislast trugen.28 2. Die Flucht und Vertreibung der Palästinenser Die Flucht und Vertreibung der Palästinenser aus dem britischen Mandatsgebiet begann mit Verkündung der Teilungsresolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen für Palästina am 29. November 1947.29 Nachdem das Vereinigte Königreich angekündigt hatte, das britische Verwaltungsmandat niederzulegen, wurde der Teilungsplan durch einen Sonderausschuss der Vereinten Nationen für Palästina (United Nations Special Committee on Palestine) entwickelt, um den durch den Zusammenbruch des osmanischen Reiches angefachten Konflikt um die palästinensische oder jüdische Vorherrschaft in Palästina beizulegen.30 Der bestehenden Besiedlung weitgehend entsprechend, sollten nach 26 § 1 des Dekrets vom 21. Juni 1945, abgedruckt in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, S. 225. 27 § 1 des Dekrets vom 25. Oktober 1945, abgedruckt in: Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, S. 263–264. 28 Vgl. Tomuschat (1996a), S. 14. 29 UN Doc. A/Res/181 (II), 29. November 1947. 30 Palästina gehörte bis zum Ersten Weltkrieg zum osmanischen Reich, wurde während dieses Krieges aber vom Vereinigten Königreich erobert und 1922 vom Völkerbund unter britisches Verwaltungsmandat gestellt. Dieses Mandat legitimierte völkerrechtlich die erstmals in der Balfour-Erklärung 1917 international ausgedrückte Intention, eine permanente jüdische Heimstätte auf palästinensischem Boden zu schaffen. Als Mandatsmacht wurde das Vereinigte Königreich damit betraut, die Bedingungen für einen jüdischen Staat bei gleichzeitiger Achtung bürgerlichen und religiösen Rechte der arabisch-palästinensischen Bevölkerung zu schaffen. Im Anschluss kam es immer wieder zu palästinensischen und jüdischen Aufständen gegen die Mandatsmacht und die gegnerische Partei und Zivilbevölkerung. Die britischen Friedensbemühungen

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diesem Plan 56% des Mandatsgebiets einem jüdischen Staat und 43% einem palästinensischen (arabischen) Staat zugesprochen und die Städte Jerusalem und Bethlehem unter internationale Kontrolle gestellt werden.31 Während zionistische Politiker den Plan als ersten Schritt zur Staatlichkeit begrüßten, lehnte ihn die palästinensische Führung kategorisch ab.32 Im Anschluss an einen palästinensischen Generalstreik kam es zu einem Bürgerkrieg, indem palästinensische Kampfeinheiten mit Unterstützung von Freiwilligen aus den arabischen Nachbarstaaten jüdische Untergrundorganisationen und die Haganah bekämpften.33 Unter dem Eindruck der wachsenden Gewalt kam es in der Anfangsphase des Bürgerkriegs zu einer ersten Fluchtbewegung von Dezember 1947 bis März 1948, in der vor allem die palästinensische Mittel- und Oberschicht in der Erwartung das Land verließ, bald zurückkehren zu können. Danach verließen andere Schichten das Land in verschiedenen Phasen, die dem Fortgang der Kampfhandlungen entsprachen.34 Dabei ereignete sich die Hauptflucht- bzw. Vertreibungswelle in den Wochen vor und nach dem endgültigen Abzug der britischen Besatzungsmacht und der Unabhängigkeitserklärung Israels am 14. Mai 1948, woraufhin die arabischen Nachbarstaaten Israel den Krieg erklärten.35 Erst mit dem Abschluss von Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und den verschiedenen arabischen Kriegsteilnehmerstaaten im Frühjahr und Sommer 1949 wurde der erste israelisch-arabische Krieg beendet und kamen die Fluchtbewegungen bzw. Vertreibungshandlungen bis zu ihrem Wiederaufflammen im Jahr 1967 zu einem vorläufigen Ende. Im Zuge der Kampfhandlungen verließen Palästinenser nicht nur den laut Teilungsplan der jüdischen Bevölkerung zugesprochenen Teil Palästinas, sondern in den späteren Kriegsphasen auch Gebiete, die von den Vereinten Nationen zwar der arabischen Bevölkerung zugeteilt, im Kriegsverlauf aber von Israel erobert worden waren. Die Mehrheit der insgesamt 600.000 bis 760.000 palästinensischen Flüchtlinge schlugen fehl und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung wurde immer schwieriger. Gleichzeitig wurden die wirtschaftlichen und moralischen Kosten der britischen Palästinapolitik angesichts des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts zu teurer, so dass das Vereinigte Königreich Ende des Zweiten Weltkriegs das Verwaltungsmandat an die Vereinten Nationen zurückgab. Für einen Überblick über die Entstehung und den Fortgang des Konfliktes bis 1948, siehe: Schulze, S. 1–12. 31 Innerhalb des jüdischen Staates hätten 498.000 Juden und 497.000 Palästinenser gelebt, im arabischen Staat 10.000 Juden und 725.000 Palästinenser. Rempel, S. 279. 32 Schulze, S. 11. 33 Die Hagenah war die Vorgängerorganisation der israelischen Armee (Israeli Defence Force). Bei den Untergrundorganisationen handelte es sich um die extremen zionistischen paramilitärischen Gruppen Irgun Zvai Leumi und Lehi. Zu dem Beginn des Bürgerkrieges, siehe: Morris (2004), S. 65–68. Zur Haltung der zionistischen und arabischen Führung bezüglich der Teilungsresolution, siehe: Flapan, S. 13–79. 34 Morris (2004), S. 590–598. 35 Zu diesen Staaten gehörten Ägypten, Syrien, Libanon, Transjordanien, SaudiArabien und Irak.

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bzw. Vertriebenen ließ sich im Westjordanland und im Gazastreifen nieder, während ca. ein Drittel der Betroffenen in die arabischen Nachbarstaaten, vor allem nach Jordanien, Syrien und in den Libanon, sowie nach Europa und Nordamerika, zog.36 Der genaue Ablauf der Ereignisse zwischen Dezember 1947 und Mitte 1949 war lange Zeit umstritten und die politische Diskussion um eine Beilegung des Konfliktes einschließlich des Flüchtlingsproblems wird immer noch von zwei unterschiedlichen historischen Narrativen bestimmt. Aus palästinensischer Sicht hatte eine systematische Vertreibung der palästinensisch-arabischen Urbevölkerung Palästinas durch Israel bzw. jüdisch-zionistische Kampfeinheiten stattgefunden. Dabei wird das zionistische Handeln als Implementierung des im nächsten Abschnitt behandelten Gedankens des unfreiwilligen Bevölkerungsaustauschs angesehen. Besondere Relevanz in diesem Zusammenhang besitzt der von der Hagenah erlassene Plan D (oder „Dalet“), welcher im Frühjahr 1948 angesichts des bevorstehenden britischen Abzugs als Strategiepapier ausgearbeitet wurde. Der Plan hatte zum Ziel, die laut Teilungsplan Israel zugewiesenen Gebiete zu erobern und abgelegene jüdische Siedlungen vor einem arabischen Angriff durch Sicherung der durch palästinensisches Gebiet gehenden Zugangsstraßen zu verteidigen.37 Laut Morris beinhaltete der Plan die folgende militärische Strategie: „The battle against the local and foreign irregulars had to be won first if there was to be a chance of defeating the invading regular Arab armies. To win the battle of the roads, the Haganah had to pacify the villages and towns that dominated them and served as belligerency: Pacification meant the villages’ surrender or depopulation and destruction.“38

Aus palästinensischer Perspektive begründete Plan D die operativ-strategische Grundlage für eine umfassende zionistische Vertreibungspolitik der palästinensischen Bevölkerung durch die Hagenah und später die israelische Armee.39 Eine Politik der ethnischen Homogenisierung sei von Israel auch durch das Massaker von Deir Yassin betrieben worden, in den nach palästinensischen Angaben ca. 250 Palästinenser von jüdischen Untergrundorganisationen getötet worden waren.40 Das Massaker sei gezielt zur Verursachung von Angst durchgeführt worden, um die palästinensische Zivilbevölkerung zur Flucht zu bewegen.41 36

Zu den Flüchtlingszahlen, siehe FN 2. Vgl. Shlaim (2000), S. 31. Plan D war der vierte einer Reihe von grundlegenden militärischen Strategiepapieren der Hagenah seit 1945, die unterschiedlichen Szenarien angepaßt der israelischen Staatlichkeit dienen bzw. sie verteidigen sollten. Zu den vorgehenden Plänen, siehe: Masalha (1992), S. 177. Der Text des Plans ist abgedruckt in: Khalidi, S. 24–33. 38 Morris (2004), S. 163–164. 39 Vgl. Masalha (1992), S. 177–178. 40 Laut Morris wurden allerdings lediglich 100–120 Palästinenser während des Massakers getötet. Morris (2004), S. 238. 37

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Im Gegensatz dazu hatten die Palästinenser aus zionistischer Sicht Palästina freiwillig bzw. ohne aktives Zutun Israels verlassen. Palästinensische bzw. arabische Führer hätten die palästinensische Zivilbevölkerung zum vorübergehenden Verlassen des Landes aufgerufen, um jüdische (Bürger-)Kriegsverbrechen wie das Massaker von Deir Yassin propagandistisch mit dem Ziel auszuschlachten, dass ein friedliches Zusammenleben von Juden und Palästinensern unmöglich sei, und um einen unproblematischen Einmarsch der Truppen der arabischen Nachbarstaaten zu ermöglichen.42 Weiterhin seien viele Palästinenser aus Angst vor israelischer Vergeltung von palästinensischen Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen geflohen.43 Mit Öffnung von britischen und israelischen Archiven gelang es in den 1980er Jahren einer Gruppe von israelischen „neuen Historikern“, ein mittlerweile weitgehend anerkanntes Verständnis über das Kriegsgeschehen einschließlich der Entstehung des Flüchtlingsproblems zu etablieren.44 Entgegen der bis dahin vorherrschenden zionistischen Geschichtsauffassung stellten sie in Bezug auf das Flüchtlingsproblem heraus, dass die Palästinenser nicht ausschließlich freiwillig und ohne zionistisches bzw. israelisches Zutun geflohen waren, sondern teilweise auch von der Hagenah bzw. der israelischen Armee sowie von zionistischen Untergrundorganisationen vertrieben worden waren. Zwar hatten die wohlhabenden palästinensischen Familien nach der Verkündung des Teilungsplans anfänglich weitgehend aus freien Stücken das Land verlassen. Die nachfolgenden Flüchtlingswellen waren aber hauptsächlich wegen eines komplexen und uneinheitlichen Zusammenwirkens von Angst sowie direktem und indirektem Zwang zustande gekommen. Dabei spielten verschiedene Faktoren wie der Fortgang der Landeselite und eine gravierende Verschlechterung der Lebensumstände, aber auch die Angst vor einem völligen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung nach Abzug der britischen Verwaltungsmacht sowie vor Angriffen der Hagenah bzw. der israelischen Armee eine wichtige Rolle und wirkten kumulativ zusammen.45 Darüber hinaus war es auf der operativen Ebene auf Grundlage des Plan D auch zu verschiedenen israelischen Vertreibungshandlungen gekommen, die wiederum die palästinensische „Fluchtpsychose“ erhöhte.46 Gleichzeitig hatten die palästinensische Führung 41

Hadawi, S. 80. Siehe auch: Rubenberg, S. 11. Dershowitz, S. 81–82; Shlaim (1999), S. 172–173; Schulze, S. 16. Die Existenz arabischer Evakuierungsbefehle wird von Khalidi bestritten und als israelische Propaganda bezeichnet. Khalidi, S. 8–9. 43 Dershowitz, S. 80. 44 Die Hauptvertreter dieser neuen Geschichtsschreibung sind u. a. Bennie Morris, Ilan Pappé, Avi Shlaim und Simha Flapan. Allgemein zum Historikerstreit, siehe: Schäfer, Barbara; Pappé (1999), S. 1–7; Schulze, S. 17–19. 45 Vgl. Morris (2004), S. 598. 46 Allain, S. 102–104. 42

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und arabische Offiziere zu Beginn des arabisch-israelischen Krieges zum Teil die Evakuierung von bestimmten palästinensischen Dörfern befohlen, um den Einmarsch der arabischen Armeen zu ermöglichen.47 Entsprechend eines Berichts des Nachrichtendienstes des israelischen Militärs vom Juni 1948 sind ca. 55% der Flüchtlinge auf direkte jüdische Militäroperationen und 15% auf paramilitärische Operationen von zionistischen Untergrundorganisationen, einschließlich ihrer psychologischen Wirkung zurückzuführen. Demgegenüber sind lediglich 5% der palästinensischen Dörfer aufgrund von arabischen und nur 2% aufgrund von israelischen Räumungsbefehlen verlassen worden.48 Am Ende seiner ausführlichen Untersuchung kommt Morris zu dem Schluss, dass es weder einen systematischen israelischen Masterplan zur Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung, noch einen allgemeinen Aufruf zum Verlassen der Städte und Dörfer durch die palästinensische bzw. arabische Führung gegeben hatte. Stattdessen stellte er fest, „that war and not design, Jewish or Arab, gave birth to the Palestinian refugee problem.“49 Allerdings widersprechen andere neue (israelische) und palästinensische Historiker dieser Schlussfolgerung und stellen den palästinensischen Exodus in stärkeren Zusammenhang mit dem zionistischen Interesse an ethnischer bzw. religiöser Homogenisierung und der kolonialistischen Ideologie des Zionismus.50 In Anbetracht aller Umstände erscheint es angemessen davon auszugehen, dass sowohl Flucht und Vertreibung ursächlich für den palästinischen Exodus waren. Unabhängig von den Umständen, die zum Verlassen Palästinas geführt haben, kann als „retroaktive“ Umsiedlung bzw. Vertreibung die Mitte Juni 1948 vom israelischen Kabinett beschlossene Politik gewertet werden, palästinensischen Flüchtlingen bzw. Vertriebenen die Rückkehr in ihre angestammten Gebiete durch eine Vielzahl von Maßnahmen unmöglich zu machen.51 Laut Morris war das Ziel dieser Politik, dass „refugees would have nowhere, and nothing, to return to.“52 Dazu gehörten die Zerstörung von palästinensischen Siedlungen, das Unterbinden der Kultivierung und die Zerstörung von palästinensischen 47

Morris (2004), S. 591–592. Morris (1999), S. 198–200. Diesem Befund entspricht, dass die palästinensische Führung in ähnlicher Weise feststellte, dass Militäroperationen auf die Palästinenser „were designed to frighten them into departing.“ 49 Morris (2004), S. 588. 50 Z. B. Masalha (1999), S. 211–220; Pappé (2000), S. 63–93; Khalidi, S. 4–5. Siehe auch: Allain, S. 104–105. 51 Der Begriff „retroaktive“ Umsiedlung tauchte u. a. in einem Memorandum mit dem Titel „Retroactive Transfer. A Scheme for the Solution of the Arab Question in the State of Israel“ auf, das Joseph Weitz Anfang Juni 1948 an David Ben Gurion übergab und welches verschiedene Strategien der Verhinderung der Flüchtlingsrückkehr vorschlug. Fischbach (2003), S. 12. Siehe auch: Allain, S. 106; Rempel, S. 283; Morris, (2004), S. 589; Flapan, S. 108. 52 Morris (2004), S. 341. 48

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landwirtschaftlichen Nutzflächen, sowie die Ansiedlung von jüdischen Flüchtlingen in Gebieten, die vormals von Palästinensern bewohnt waren. Gleichzeitig wurden zurückkehrende Palästinenser als unrechtmäßige „Eindringlinge“ (infiltrators) behandelt und an den Grenzen abgewiesen.53 Um eine Rückkehr bzw. ein Eindringen zu verhindern, machte die israelische Armee von Minen und Sprengladungen Gebrauch und gab Schießbefehle an den Waffenstillstandslinien. Des Weiteren gewährte Israel denjenigen Soldaten Straffreiheit, die palästinensische Rückkehrer getötet, gefoltert oder vergewaltigt hatten, und führte ab 1949 vereinzelt Vergeltungsaktionen zur Abschreckung und Bestrafung in solchen Regionen durch, aus denen „Eindringlinge“ kamen.54 In Anbetracht dieser Umstände ist Israels Politik auch als ein de facto Bevölkerungsaustausch bezeichnet worden, bei dem die palästinensische Bevölkerung zu einem bedeutsamen Teil mit jüdischen Einwanderern und Siedlern ersetzt worden ist.55 Dass die Flucht und Vertreibung auch umfassende eigentumsrechtliche Folgen haben würde, sah Weitz bereits kurz nach Beginn des arabisch-israelischen Krieges voraus und sprach in seinem Tagebuch von einer „complete territorial revolution“, in welcher der Staat Israel dazu bestimmt sei, das Flüchtlingseigentum zu enteignen.56 In der Anfangsphase des Konfliktes übernahmen viele jüdische Flüchtlinge bzw. Siedler in wilder und ungeordeneter Weise verlassene palästinensische Häuser und Wohnungen. Die Wohnraumbesetzung ging mit der gleichzeitigen Plünderung palästinensischen Eigentums einher.57 Um diesen Prozess in geordnetere Bahnen zu lenken, erließ die israelische Führung ab Juni 1948 eine Reihe von Notstandsverordnungen, auf deren Grundlage wilde Übernahmen gestoppt werden sollten und palästinensisches Flüchtlings- bzw. Vertriebeneneigentum durch Israel bzw. israelische Staatsbürger in geregelter Weise vorübergehend genutzt werden konnte. Mit der Verordnung „über verlassenes Eigentum“ vom 21. Juni 1948 wurden spontane Inbesitznahmen palästinensischen Landes verboten.58 Drei Tage danach am 24. Juni 1948 erließ die israelische Übergangsregierung eine Verordnung „über verlassene Gebiete“, die die vorübergehende Nutzung dieser Flächen durch Israel legitimierte.59 Als verlassenes

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Fischbach (2003), S. 79–80. Für einen detaillierten Überblick über die israelischen Verteidigungsmaßnahmen, siehe: Morris (1997), S. 118–184. 55 Lawand, S. 541. 56 Zitiert in: Fischbach (2003), S. 7. 57 Fischbach (2003), S. 9–10, 14. 58 Verordnung über verlassenes Eigentum Nr. 12 (Abandoned Property Ordinance), 21. Juni 1948; vgl. Fischbach (2003), S. 19. 59 Verordnung über verlassene Gebiete (Abandoned Areas Ordinance), 24. Juni 1948, The Laws of the State of Israel, Bd. I, 1948, S. 25–26. 54

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(abandoned) Gebiet konnten alle eroberten, über- oder aufgegebenen palästinensischen Flächen erklärt werden. Die einschlägige Definition lautete wie folgt: „,Abandoned area‘ means any area or place conquered by or surrendered to armed forces or deserted by all or part of its inhabitants, and which has been declared by order to be an abandoned area.“60

Diese Verordnung erlaubte es Israel, einen Großteil des palästinensischen Landes einschließlich der auf ihm befindlichen Gebäude und des beweglichen Eigentums unter seine Kontrolle zu stellen und zu beschlagnahmen.61 Am 11. Oktober 1948 folgte die Notstandsverordnung „über die Kultivierung von Brachland und den Gebrauch von ungenutzten Wasserquellen“, mit Hilfe derer das israelische Landwirtschaftsministerium unkultivierte Flächen als Brachland deklarieren und die landwirtschaftliche Nutzung dieser Felder zuerst für maximal zwei Jahre und elf Monate und ab 1949 für fünf Jahre anordnen durfte.62 Dabei konnten auch vorherige wilde Inbesitznahmen rückwirkend legalisiert werden. Waren diese Maßnahmen zumindest ihrem Prinzip nach lediglich auf die vorübergehende Nutzung von Flüchtlings- und Vetriebeneneigentum gerichtet und dienten der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, änderte sich die israelische Eigentumspolitik Ende 1948 deutlich zugunsten einer endgültigen Landnahme vormals palästinensischen Eigentums. Am 2. Dezember 1948 erließ die israelische Regierung die Notstandsverordnung „über das Eigentum abwesender Personen“, womit die Konfiszierung von Grundbesitz und sonstigem Vermögen nicht mehr an den Status des Landes, sondern des (vormaligen) Eigentümers gebunden wurde.63 Die Definition einer „abwesenden Person“ (absentee) war sehr weit gefasst: Dazu gehörten solche Personen, die am oder nach dem 29. November 1947, dem Tag der Verkündung der Teilungsresolution der Vereinten Nationen, Staatsangehörige eines arabischen Staates waren,64 oder sich für einen beliebigen Zeitraum in den arabischen Nachbarstaaten oder außerhalb des Israel zugesprochenen Bereichs Palästinas oder an einem anderen 60

Ibid., § 1 (a). Ibid., § 2 (b). 62 Notstandsverordnung über die Kultivierung von Brachland Nr. 36, (Emergency Regulations Ordinance (Cultivation of Waste Land)) 11. Oktober 1948; Notstandsverordnung über die Kultivierung von Brachland und den Gebrauch von ungenutzten Wasserquellen (Emergency Regulations for the Cultivation of Waste Land and the Use of Unexploited Water Sources), 6. Januar 1949; The Laws of the State of Israel, Bd. 2, 1948–1949, S. 70–77. Für weitere Ausführung über die Notstandsverordnungen, siehe: Abu Hussein/McKay, S. 81–82. 63 Notstandsverordnung über das Eigentum abwesender Personen (Emergency Regulation on Absentees’ Property), 2. Dezember 1948, vgl. Fischbach (2003), S. 21. 64 Das war besonders für die in das Westjordanland geflüchteten Palästinenser relevant, da sie im Zuge der Annexion des Gebietes durch Jordanien automatisch jordanische Staatsbürgerschaft erhielten. Quigley (1999), S. 162. 61

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Ort als dem eigenen Wohnort, selbst wenn dieser innerhalb der von Israel besetzten Gebiete lag, aufhielten.65 Im Ergebnis zählten nach dieser Verordnung alle Personen, die während des (Bürger-)Krieges ihren Wohnort – sei es auch nur für einen Tag – verlassen hatten, zu dem Personenkreis, deren Eigentum von Israel beschlagnahmt werden konnte. Der betroffene Grundbesitz in- und außerhalb Israels fiel auf unbestimmte Zeit unter die treuhänderische Verwaltung einer neu gegründeten israelischen Behörde (Custodian of Absentee Property), die ihn u. a. mit sechsjährigen Pachtverträgen zur Nutzung an jüdische Siedler, teilweise auch zur nachträglichen Legalisierung von wilden Aneignungen, verteilte.66 Auch um einen umfassenden Landverkauf an den Jüdischen Nationalfonds bewerkstelligen zu können, wurde diese Regelung im Frühjahr 1950 durch Gesetz formalisiert und auf den endgültigen Übergang des Eigentumstitels ausgeweitet. Das Gesetz „über das Eigentum abwesender Personen“ vom 14. März 1950 behielt im wesentlichen die in der Notstandsverordnung verwandten Definition einer „abwesenden Person“ bei, beschränkte sie jedoch etwas hinsichtlich palästinensischer Abwesender, die nunmehr ihren Wohnort für einen Ort innerhalb Palästinas unter feindlicher Kontrolle oder vor September 1948 außerhalb Palästinas verlassen haben mussten.67 Dabei war die Feststellung der Identität der abwesenden Person keine notwendige Voraussetzung für die Verwaltung 65

Hadawi, S. 85. Vgl. Fischbach (2003), S. 23; Abu Hussein/McKay, S. 72. 67 Gesetz über das Eigentum abwesender Personen (Law on Absentees’ Property), 14. März 1950, The Laws of the State of Israel, Bd. 3, 1949–1950, S. 68–82. Artikel 1 lautet: „1. A person, who at any time during the period between the . . . (29th September 1947) and the day on which a declaration is published . . . that the state of emergency declared by the Provisional Council of State on the . . . (19th May 1948) has ceased to exist, was a legal owner of any property situated in the area of Israel or enjoyed or held it, whether by himself or through another, and who, at any time during the said period – (i) was a national or citizen of the Lebanon, Egypt, Syria, Saudi-Arabia, Trans-Jordan, Iraq or the Yemen, or (ii) was in one of these countries or in any part of Palestine outside of the area of Israel, or (iii) was a Palestinian citizen and left his ordinary place of residence in Palestine (a) for a place outside Palestine before the . . . (1st September 1948); or (b) for a place in Palestine held at the time by forces which sought to prevent the establishment of the State of Israel or which fought against it after its establishment.“ Der in Gemeinschaftseigentum stehende islamische Grundbesitz (Waqf) wurde ebenfalls als das Eigentum abwesender Personen mit dem Argument behandelt, dass die Mitglieder des obersten Rates der Muslime zu einem Großteil als Flüchtlinge bzw. Vertriebene das Land verlassen hatten. Dass ein bedeutsamer Teil der Begünstigten des islamischen Waqf-Besitzes in Israel verblieben war, war unerheblich. Zur Ermittlungspraxis und den begrenzten Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich der abwesenden Personen, siehe: Abu Hussein/McKay, S. 73–78. 66

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bzw. Beschlagnahme des Eigentums.68 Das Gesetz erlaubte es der erwähnten Landverwaltungsbehörde, den Grundbesitz und das sonstige Vermögen der Abwesenden zu enteignen und an eine neu gegründete jüdische Entwicklungsbehörde (Development Authority) zu verkaufen.69 Das Gesetz erhielt des Weiteren Bestimmungen, die die Liquidation des betreffenden Eigentums durch die abwesenden Personen verhindern sollten und entsprechende Eigentumsgeschäfte für nichtig erklärten.70 Die Entwicklungsbehörde wurde am 31. Juli 1950 per Gesetz eingerichtet und ermächtigt, von der Landesverwaltungsbehörde „[to] buy, rent, take or lease, take in exchange or otherwise acquire property“ und „[to] sell or otherwise dispose of, let, grant leases of, and mortgage property“ an Dritte.71 Allerdings durfte die Entwicklungsbehörde den Grundbesitz der Abwesenden im Prinzip lediglich an den Staat, den jüdischen Nationalfonds oder bestimmte Institutionen mit staatlicher Genehmigung, nicht jedoch an Privatpersonen verkaufen.72 Ein großer Anteil des Landes wurde im Folgenden vom jüdischen Nationalfonds gekauft, der laut seiner Satzung das zumeist mit Hilfe von Spendengeldern aus der jüdischen Diaspora gekaufte Land nicht weiterveräußern durfte, sondern es zeitlich unbegrenzt für das jüdische Volk besitzen und an jüdische Siedler lediglich langfristig verpachten sollte.73 Die Verpachtung war mit der Auflage verknüpft, das Land nicht an Nichtjuden weiter- bzw. zurückzuverpachten.74 Das letzte einschlägige Eigentumsgesetz war das Gesetz über den Landerwerb vom 10. März 1953, mit dem frühere Beschlagnahmen von Land innerhalb Israels, welche israelische Behörden für Entwicklungs-, Siedlungs- oder Sicherheitszwecke für notwendig erachtet hatten, nachträglich legitimiert werden konnten.75 Nach diesem Gesetz konnten in Israel lebende Palästinenser Entschädigungen für ihren Eigentumsverlust erhalten.76

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Ibid., § 5. Ibid., § 19 (a.1); dazu siehe Fischbach (2003), S. 53–58. 70 Für eine detaillierte Kommentierung des Gesetzes, siehe: Fischbach (2003), S. 25–26. 71 Gesetz über die Entwicklungsbehörde (Development Authority (Transfer of Property) Law), 31. Juli 1950, The Laws of the State of Israel, Bd. 4, 1949–1950, S. 151– 153; § 3 (1) und (4). 72 Ibid., § 3 (4a). 73 Die Mittel für den Landerwerb wurden entweder durch Kredite oder Spendengelder aus der jüdischen Diaspora aufgebracht. Fischbach (2003), S. 59–60. Zur derzeitigen Diskussion in Israel, ob das nationalisierte Land an Privatpersonen weiterveräußert werden sollte, siehe: Abu Hussein/McKay, S. 5–6. 74 Zum Konzept und der Verwaltungspraxis hinsichtlich des nationalisierten Landes („Israel Land“) sowie der diesbezüglichen Ausgrenzung der palästinensischen Bevölkerung, siehe: Abu Hussein/McKay, S. 143–198. 75 Gesetz über den Landerwerb (Land Acquisition (Validation of Acts and Compensation) Law), 10. März 1953, The Laws of the State of Israel, Bd. 7, 1952–1953, 69

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Zu Kriegsende hatte Israel über 70% des ehemaligen Mandatsgebiets – ca. ein Viertel mehr als laut Teilungsplan der Vereinten Nationen vorgesehen – unter seine Kontrolle gebracht.77 Die israelische Eigentumspolitik ermöglichte es, dass insgesamt ca. ein Drittel der jüdischen Einwanderer, die während der Hauptimmigrationswelle Ende der 1940er Jahre bzw. Anfang der 1950er Jahre nach Israel kamen, Wohnraum in ehemals palästinensischen Behausungen fand.78 1951 lebten ca. ein Viertel aller Israelis auf verlassenem Land; 1954 waren es sogar ein Drittel.79 Innerhalb des neu gegründeten Staates Israels verschlechterte sich die Situation der verbliebenen Palästinenser weiter. Die palästinensische Bevölkerung wurde bis 1966 unter Kriegsrecht gestellt, was den israelischen Behörden ermöglichte, palästinensisches Land als militärisches Gebiet zu erklären, das mit Zugangsbeschränkungen belegt werden konnte.80 Zwischen 1948 und dem Sechstagekrieg 1967 wurden zehntausende Palästinenser innerhalb Israels umgesiedelt81 oder außer Landes vertrieben und ihres Grundbesitzes entledigt.82 Während des Sechstagekrieges wurden schließlich 400.000 weitere Palästinenser aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen zu Flüchtlingen bzw. Vertriebenen und verloren ihr Eigentum.83 Gleichzeitig begann Israel Teile der besetzen Gebiete mit jüdischen Siedlern zu besiedeln.84 2001 hatte Israel ca. 85% des ursprünglichen Mandatsgebietes besiedelt bzw. sich angeeignet.85

S. 43–45, § 2. Zur Enteignungspraxis zu öffentlichen Zwecken und den begrenzten Rechtsschutzmöglichkeiten, siehe: Abu Hussein/McKay, S. 86–96. 76 Gesetz über den Landerwerb, § 3. 77 Rempel, S. 294; Hadawi schätzt sogar knapp 78% des Landes, siehe: Hadawi, S. 81. 78 Fischbach (2003), S. 11; Abu Hussein/McKay, S. 82. 79 Arzt/Zughaib, S. 1424; Fischbach (2003), S. 73. 80 Abu Hussein/McKay, S. 80–84. 81 Von den ursprünglich ca. 150.000 in Israel verbliebenen Palästinensern wurden ca. ein Viertel innerhalb Israels umgesiedelt. Abu Hussein/McKay, S. 69. 82 Rempel, S. 280. Bis Anfang der 1960er Jahre wurde ca. die Hälfte des Grundbesitzes der in Israel verbliebenen Palästinenser enteignet. Ibid., S. 292–293. 83 Rempel, S. 281. Zur israelischen Eigentumsgesetzgebung in den besetzten Gebieten, siehe: ibid., S. 287–288. 84 2001 lebten geschätzte 386.000 jüdische Siedler in den besetzten Gebieten. Ibid., S. 294. 85 Ibid., S. 295.

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II. Legalität und Opportunität von Bevölkerungsumsiedlungen 1. Bevölkerungsumsiedlungen in der Zwischenkriegszeit und während des Zweiten Weltkrieges Diese beiden Fälle von Flucht und Vertreibung müssen im Licht der damaligen Zeit betrachtet werden. Nach Ende des Ersten Weltkrieges hatte es in den 1920ger Jahren zweimal einen Bevölkerungsaustausch mit einschneidenden Folgen für die betroffene Bevölkerung gegeben. Im Anschluss an die zahlreichen Flucht- und Vertreibungsbewegungen, die die bewaffneten Konflikte im Zusammenhang mit dem Niedergang des ottomanischen Reiches begleiteten, wurde die Trennung von ethnischen bzw. nationalen Gruppen in Gebieten mit heterogenem Bevölkerungsanteil als eine nachhaltige Friedensstrategie angesehen.86 Im Friedensvertrag von Neuilly-sur-Seine beschlossen die Alliierten und ihre Verbündeten 1919 mit Bulgarien, dass „Bulgaria undertakes to recognise such provisions as the Principle Allied and Associated Powers may consider opportune with respect to the reciprocal and voluntary emigration of persons belonging to racial minorities.“87 Im Anschluss daran schlossen Griechenland und Bulgarien ein Abkommen zum gegenseitigen freiwilligen Bevölkerungsaustausch unter der Aufsicht einer Gemischten Kommission und mit Unterstützung des Völkerbundes im Zuge dessen ca. 46.000 Griechen aus Bulgarien und ca. 92.000 der 139.000 in Griechenland lebenden Bulgaren freiwillig in das jeweils andere Staatsgebiet umsiedelten. Die Durchführung des Austausches lief größtenteils auf freiwilliger Grundlage und unter humanen Bedingungen ab und Eigentumsrechte konnten durch die Umgesiedelten geltend gemacht werden.88 Weitaus gravierender für die Betroffenen war der Bevölkerungsaustausch zwischen der Türkei und Griechenland auf Grundlage des Vertrags von Lausanne vom 30. Januar 1923. Der Vertrag war eine Reaktion auf die Massentötungen und Flucht von hunderttausenden Griechen aus Kleinasien gegen Ende des griechisch-türkischen Krieges nach der griechischen Niederlage in Smyrna im September 1922. Der Vertrag versuchte die Katastrophe zu entschärfen und weitere Gewalt zu unterbinden, in dem er den unfreiwilligen Bevölkerungsaustausch von insgesamt ca. 1,3 Millionen Griechen aus Kleinasien und ca. 390.000 Türken aus Griechenland beschloss bzw. legitimierte.89 Der Austausch 86

de Zayas (1998), S. 18. Artikel 56, Para. 2, des Vertrags von Neuilly-sur-Seine vom 27. November 1919. Abgedruckt in: Parkes, S. 795. 88 de Zayas (1998), S. 18. 89 Die Zahlen basieren auf statistischen Daten der Gemischten Kommission, vgl. Meindersma (1997a), S. 346. Artikel 1 des Vertrags von Lausanne lautet: „As from 1 May 1923, there shall take place a compulsory exchange of Turkish nationals of the Greek orthodox religion established in Turkish territory, and of 87

II. Legalität und Opportunität von Bevölkerungsumsiedlungen

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hatte in geordneter Art und Weise unter Überwachung durch den Völkerbund zu erfolgen. Anders als beim griechisch-bulgarischen Bevölkerungsaustausch enthielt der Vertrag von Lausanne keine Bestimmung für einen Nationalitätenwechsel für den Fall, dass Betroffene das Land und ihr Haus nicht verlassen wollten. Der Vertrag beinhaltete allerdings eine detaillierte Regelung zu Eigentumsrechten der Umgesiedelten. Das Übereinkommen stipulierte zum einen das Recht der Betroffenen, bewegliches Eigentum ohne Abgabenzahlungen mitnehmen zu können. Darüber hinaus sollte unbewegliches und zurückgelassenes bewegliches Eigentum durch eine aus Vertretern Griechenlands, der Türkei und des Völkerbunds bestehende Gemischte Kommission evaluiert und liquidiert werden. Die Höhe des Erlöses sollte zwecks späterer Entschädigung den betroffenen Eigentümern mitgeteilt werden. Die Aufrechnung und Abwicklung dieser Entschädigungsansprüche sollte zwischenstaatlich nach Berechnung der Gesamtschulden erfolgen und die betroffenen Personen durch ihren Aufnahmestaat mit gleichwertigem Eigentum entschädigt werden.90 Greek nationals of the Moslem religion established in Greek territory; these persons shall not return to live in Turkey or Greece respectitvely without the authorisation of the Turkish Government or of the Greek Government respectively.“ League of Nations Treaty Series, Bd. 32, S. 75. 90 Die Bestimmungen des Vertrags von Lausanne hinsichtlich unbeweglichen Eigentums lauten wie folgt: „Article 9 1. Immovable property, whether rural or urban, belonging to emigrants, or to the communities mentioned in Article 8, and the movable property left by these emigrants or communities, shall be liquidated in accordance with the following provisions by the Mixed Commission provided for in Article 11. 2. Property situated in the districts to which the compulsory exchange applies and belonging to religious or benevolent institutions of the communities established in a district to which the exchange does not apply, shall likewise be liquidated under the same conditions. Article 10 1. The movable and immovable property belonging to persons who have already left the territory of the High Contracting Parties and are considered . . . as being included in the exchange of populations, shall be liquidated in accordance with Article 9. This liquidation shall take place independently of all measures of any kind whatever which, under the laws passed and the regulations of any kind made in Greece and in Turkey since the October 18, 1912, or in any other way, have resulted in any restriction on rights of ownership over the property in question, such as confiscation, forced sale, etc. In the event of this property mentioned in this article or in Article 9 having been submitted to a measure of this kind, its value shall be fixed by the Commission provided for in Article 11, as if the measures in question had not been applied. 2. As regards expropriated property, the Mixed Commission shall undertake a fresh valuation of such property, if it has been expropriated since the October 18, 1912, having previously belonged to persons liable to the exchange of populations in the two countries, and is situated in the territories to which the exchange applies. The Commission shall fix for the benefit of the owners such compensation as will repair

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the injury which the Commission has ascertained. The total amount of this compensation shall be carried to the credit of these owners and to the debt of the Government on whose territory the expropriated property is situated. 3. In the event of any persons mentioned in Articles 8 and 9 not having received the income from property, the enjoyment of which they have lost in one way or another, the restoration of the amount of this income shall be guaranteed to them on the basis of the average yield of the property before the war, and in accordance with the methods to be laid down by the Mixed Commission. . . . 5. The Mixed Commission provided for in Article 11 shall be entrusted with the duty of executing these provisions. Article 11 1. Within one months from the coming into force of the present Convention a Mixed Commission shall be set up in Turkey or in Greece consisting of four members representing each of the High Contracting Parties, and of three members chosen by the Council of the League of Nations from among nationals of Powers which did not take part in the war of 1914–1918. The Presidency of the Commission shall be exercised in turn by each of these three neutral members. . . . Article 12 1. The duties of the Mixed Commission shall be to supervise and facilitate the emigration provided for in the present Convention, and to carry out the liquidation of the movable and immovable property for which provision is made in Articles 9 and 10. 2. The Commission shall settle the methods to be followed as regards the emigration and liquidation mentioned above. 3. In a general way the Mixed Commission shall have full power to take the measures necessitated by the execution of the present Convention and to decide all questions to which this Convention may give rise. 4. The decisions of the Mixed Commission shall be taken by a majority. 5. All disputes relating to property, rights and interests which are to be liquidated shall be settled definitely by the Commission. Article 13 1. The Mixed Commission shall have full power to cause the valuation to be made of the movable and immovable property which is to be liquidated under the present Convention, the interested parties being given a hearing or being duly summoned so that they may be heard. 2. The basis for the valuation of the property to be liquidated shall be the value of the property in gold currency. Article 14 1. The Commission shall transmit to the owner a declaration stating the sum due to him in respect of the property of which he has been dispossessed, and such property shall remain at the disposal of the Government on whose territory it is situated. 2. The total sums due on the basis of these declarations shall constitute a Government debt from the country where the liquidation takes place to the Government of the country to which the emigrant belongs. The emigrant shall in principle be entitled to receive in the country to which he emigrates, as representing the sums due to him, property of a value equal to and of the same nature as that which he has left behind. 3. Once every six months an account shall be drawn up of the sums due by the respective Governments on the basis of the declarations as above. 4. When the liquidation is completed, if the sums of money due to both sides correspond, the accounts relating thereto shall be balanced. If a sum remains due from

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Die Durchführung der eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Vertrages war jedoch sehr schwierig. Insbesondere gelang es der Gemischten Kommission nicht, den Wert von zurückgelassenem Eigentum auf individueller Basis zu schätzen und zu liquidieren, was im Endeffekt dazu führte, dass die eigentumsrechtsbezogenen Vorschriften im Einzelfall gar nicht mehr beachtet wurden.91 In einem griechisch-türkischen Zusatzabkommen von 1930 entschieden die beiden Staaten schließlich, das bewegliche und unbewegliche zurückgelassene Eigentum jeweils auf den Herkunftsstaat zu übertragen und anschließend an Umgesiedelte zu verteilen. Ein Kommentator fasste das Unvermögen der beteiligten Staaten, das Eigentum der Betroffenen schützen, wie folgt zusammen: „Theoretically, the Convention of Lausanne was drawn up with scrupulous regard to the rights of exchangeables, but practically the rights so granted were of no real value. No Convention of the sort could be put in practice in a satisfactory manner unless, coincident with the departure of an emigrant, he received the value of the property abandoned by him. In order that this should be possible, the two contracting countries must be at peace, and no pressure to bring about an exchange must exist. In other words, the scheme could work only at a time when it is improbable that anyone would think of putting it into practice.“92

Neben Eigentumsfragen war die Umsetzung des Vertragswerks auch in anderen Aspekten mit großen Schwierigkeiten behaftet. Dazu zählten die Feststellung der Anwendbarkeit des Vertrags auf bestimmte zu schützende Minderheitengruppen, sowie den ordnungsgemäßen Ablauf der Umsiedlungen an sich.93 Der damalige britische Außenminister Lord Curzon war sich der schwerwiegenden Folgen für die beteiligte Zivilbevölkerung bewusst und bedauerte die Schaffung der zwanghaften Umsiedlung zutiefst:

one of the Governments to the other Government after a balance has been struck, the debit balance shall be paid in cash. If the debtor Government requests a postponement in making this payment, the Commission may grant such postponement, provided that the sum due be paid in three annuities at most. The Commission shall fix the interest to be paid during the period of postponement. 5. If the sum to be paid is fairly large and requires longer postponement, the debtor Government shall pay in cash a sum to be fixed by the Mixed Commission, up to a maximum of 20 per cent of the total due, and shall issue in respect of the balance loan certificates bearing such interest as the Mixed Commission may fix, to be paid off within 20 years at most. The debtor Government shall assign to the service of these loans pledges approved by the Commission, which shall be administered and of which the revenues shall be encashed by the International Commission in Greece and by the Council of the Public Debt in Constantinople. In the absence of agreement in regard to these pledges, they shall be selected by the Council of the League of Nations.“ Ibid., S. 81–83. Für detaillierte Ausführungen zu diesen Bestimmungen, siehe: Höxter, S. 39–40. 91 Meindersma (1997a), S. 345; Koufa/Svolopoulos, S. 302–303. 92 Eddy, S. 228. 93 Höxter, S. 41–46.

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C. Fehlender Eigentumsschutz nach dem Zweiten Weltkrieg „[He] deeply regretted that the solution now being worked out should be the compulsory exchange of populations – a thoroughly bad and vicious solution, for which the world would pay a heavy penality for a hundred years to come.“94

Dass der Vertrag von Lausanne einen wichtigen Präzedenzfall für unfreiwilligen Bevölkerungsaustausch geschaffen hatte, zeigte sich alsbald u. a. in der Minderheiten- und Umsiedlungspolitik des nationalsozialistischen Deutschlands.95 Zum einen wurden ca. 600.000 so genannte Volksdeutsche auf Grundlage von Optionalverträgen aus den verschiedenen Ländern Ost- und Südosteuropas sowie aus Südtirol „heim ins Reich“ geholt. Zum anderen wurden ca. 650.000 Polen aus dem für die Neuansiedlung von rückgeführten Volksdeutschen aus Osteuropa bestimmten Warthegau, sowie ca. 100.000 französische Elsässer aus dem Elsass vertrieben.96 Des Weiteren ist in diesem Kontext die direkte und indirekte Vertreibung der deutschen und in vom Deutschen Reich besetzten Gebieten lebenden Juden vor dem Plan ihrer Vernichtung zu nennen.97 Auch die Sowjetunion betrieb während des Zweiten Weltkriegs eine umfangreiche zwangsweise Umsiedlungspolitik ihrer Minderheiten und Nationalitäten. Dieses betraf vor allem schätzungsweise über 4 Millionen Personen, die innerhalb der Sowjetunion bzw. innerhalb der von ihr besetzten Länder aus ihren angestammten Siedlungsgebieten zumeist nach Sibirien bzw. Mittelasien vertrieben bzw. deportiert wurden.98 Die Flucht bzw. Vertreibung der Deut94

Zitiert in: de Zayas (1998), S. 19. Bei diesen Optionalverträgen erhielten die betroffenen Bevölkerungsgruppen das Wahlrecht zu entscheiden, ob sie als Volksdeutsche ins Deutsche Reich umgesiedelt werden oder lieber in ihrer angestammten Heimat mit der Nationalität des Heimatstaates verbleiben wollten. Dazu siehe: de Zayas (1975), S. 247–249. 96 de Zayas (2005), S. 50. 97 Dazu siehe: Naimark, S. 62–76. 98 Zuverlässige Daten über die sowjetischen Deportationen sind kaum vorhanden. Das Zentrum gegen Vertreibungen schätzt die folgenden Opferzahlen: 800.000– 900.000 Polen, Ukrainer und Juden aus der Westukraine und dem westlichen Weißrussland (1940–1941); 450.000 Finnen aus Westkarelien nach Finnland (1940); 61.000 Esten, 34.000 Letten und 38.000 Litauer (1940–1941); 900.000 Wolgadeutsche (1941– 1942); 93.000–134.000 Kalmücken (1943); 70.000–76.000 Karatschaier (1943); 500.000–520.000 Tschetschenen und Inguschen (1944); 140.000 Ukrainer (1944); 43.000–60.000 Balkaren (1944); 260.000 Krim-Tataren (1944); 42.000 Griechen, Armenier und Bulgaren aus der Krim-Halbinsel (1944); 120.000–200.000 Mescheten und Kurden aus Georgien (1944); 32.000 rumänische Modawier (1944); 30.000 Esten, 120.000 Letten und 260.000 Litauer (1944–1945); sowie die Deportationen von ca. 250.000 Finnen aus Westkarelien und 1.530.000 Polen aus der Westukraine und dem westlichen Weißrussland von 1944 bis 1948–1949. Vgl. Zentrum gegen Vertreibungen, Chronik der Vertreibungen europäischer Völker im 20. Jahrhundert, http://www. z-g-v.de/aktuelles/?id=59. Siehe auch die Schätzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Need for international condemnation of crimes in totalitarian communist regimes, Explanatory memorandum by Mr. Lindblad, Doc. 10765, 16. Dezember 2005, Para. 38. Für eine Darstellung der Deportationen der Tschetschenen, Inguschen und Krimtartaren, siehe: Naimark, S. 85–107. 95

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schen und der Palästinenser nach Ende des Zweiten Weltkriegs folgten dieser Politik. 2. Rechtsauffassungen zu Bevölkerungsaustausch in der Zwischenkriegszeit Im Gegensatz zu dem heutigen Vertreibungsverbot bzw. der heute allgemein anerkannten Rechtswidrigkeit von unfreiwilligen Bevölkerungsumsiedlungen,99 wurden Bevölkerungsumsiedlungen in der Zwischenkriegszeit generell für völkerrechtlich vertretbar gehalten. Hinsichtlich des freiwilligen Bevölkerungsaustausches zwischen Griechen und Bulgarien war dies unproblematisch.100 Der unfreiwillige griechisch-türkische Austausch rief jedoch zur damaligen Zeit eine erhebliche völkerrechtliche Diskussion über seine Rechtsmäßigkeit hervor. Dabei wurde die Unmenschlichkeit des Bevölkerungsaustauschs für die beteiligte Zivilbevölkerung in den Vordergrund gestellt und häufig als Verstoß gegen die „internationale Moral“ oder als „kulturwidriges Verhalten“ bezeichnet. So schrieb zum Beispiel Hecker über den Vertrag von Lausanne: „Beurteilt man den Vertrag über den zwangsweisen Bevölkerungsaustausch vom Standpunkte internationaler Moral, . . . so gelangt man zu der Erkenntnis, dass die Staaten, zum mindesten aber die Türkei, sich beim Abschluss des Austauschvertrages von ethischen Gesichtspunkten keineswegs haben leiten lassen. . . . Während also Griechenland für eine freiwillige Auswanderung sich einsetzte und damit einem jeden Entschluss- und Handlungsfreiheit lassen wollte, drang die Türkei mit ihrer kulturwidrigen Lösung dieses Menschheitsproblems durch. Ob man trotzdem der griechischen Delegation den Vorwurf machen muss, ,der griechisch-nationalen Tradition und der Enormität der Idee des Menschenaustausches überhaupt nicht genügend Rechnung getragen zu haben‘, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht erörtert werden. Es muss hier jedoch noch darauf hingewiesen werden, wie sehr der Bevölkerungsaustauschvertrag der so laut von Wilson verkündeten Idee der Wahrung der Menschenrechte ins Gesicht schlägt! . . . So ist der Zwangsaustausch, der sich innerstaatlich als ein Missbrauch staatlicher Macht darstellt, zwischenstaatlich, völkerrechtlich gesehen, geradezu ein Beweis für das Vorhandensein unmoralischer völkerrechtlicher Verträge in der Gegenwart.“101

Aus der „Kultur- und Moralwidrigkeit“ des Vertrages wurde jedoch nicht auf dessen gleichzeitige Völkerrechtswidrigkeit geschlossen. Dabei wurde zum einen auf die Freiwilligkeit des völkerrechtlichen Rechtsgeschäfts zwischen Griechenland und der Türkei sowie auf eine fehlende Verletzung der gegenseitigen Vertragsverpflichtungen hingewiesen.102 Zum anderen wurde argumentiert, dass 99

Zum heutigen Vertreibungsverbot, siehe Kapitel E. I. Höxter, S. 50. 101 Hecker, S. 6–7. Ähnlich äußerte sich Streit, S. 58–60. 102 Hecker, S. 13; Höxter, S. 51–52. 100

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das damalige Völkerrecht zwischenstaatlicher Natur war und das unterentwickelte Menschen- und Minderheitenrechtssystem damals noch nicht einen ausreichenden Rechtsschutz bot, um der Praxis von obligatorischen Bevölkerungsaustauschen Grenzen zu ziehen.103 In diesem Sinne schrieb Höxter: „Vom Standpunkt des geltenden Rechts ist jedoch dem Individuum die völkerrechtliche Rechtspersönlichkeitsstellung versagt, und wenn manche Schriftsteller der Auffassung sind, dass dem Individuum gewisse unmittelbar auf Völkerrecht beruhende allgemeine Menschenrechte zustünden, wie etwa das Recht auf Unverletzlichkeit und Freiheit der Persönlichkeit, auf Freiheit der Nationalitätswahl oder der Auswanderung, so muss dies als Zukunftsmusik bezeichnet werden. Es gibt im Völkerrecht keine allgemeinen Menschenrechte. Das Individuum, soweit es Interessen auf völkerrechtlichem Gebiete hat, kann nur Objekt des Völkerrechts. . . . Bedenken gegen den Bevölkerungsaustausch in der Hinsicht, ob im Völkerrecht begründetet allgemeine Menschenrechte der Ausgetauschten verletzt werden, können folglich nicht ernsthaft erhoben werden.“104

Einen Verstoß gegen geltendes Völkerrecht sah Höxter auch nicht aufgrund von Sittenwidrigkeit. Mit Hinweis auf friedens- und stabilitätspolitische Erwägungen schrieb er dazu: „Von der Sittenwidrigkeit eines völkerrechtlichen Rechtsgeschäftes kann nur dann gesprochen werden, wenn das Geschäft sich nach Inhalt, Zweck und Beweggrund als der guten Sitte zuwiderlaufend darstellt. Zugegebenermaßen ist die Ausweisung eigener Untertanen etwas, was dem Rechtsempfinden widerstrebt. . . . Das fremdethnische Element in einem Staate wird oft nie zur Ruhe kommen und auch den Staat nicht zur Ruhe gelangen lassen. Es kann deshalb nicht bezweifelt werden, dass in besonders krass liegenden Fällen eine Vereinbarung von Staaten, die auf eine Befriedung um jeden Preis abzielt, als durchaus gerechtfertigt angesehen werden muss. Vergessen werden darf dabei nicht, dass eine Lösung der Minderheitenfragen, wie sie der Bevölkerungsaustausch bringt, nur als ,ultimum refugium‘ zu betrachten ist. Wenn aber im Einzelfall eine solche Lösung sowohl im Interesse der Staaten als auch der fraglichen Minderheiten als die allein zweckmäßige erscheint, darf ihr nicht das Odium der Sittenwidrigkeit angehängt werden. In diesem Zusammenhang ist nicht uninteressant, dass auch der Völkerbund beim griechisch-türkischen Bevölkerungsaustausch keinerlei Bedenken in dieser Hinsicht gehegt hat.“105

Trotz der massiven Not der betroffenen Bevölkerung wurde das Instrument des unfreiwilligen Bevölkerungsaustauschs politisch von vielen Politikern als innovatives und optimales Mittel zur Lösung von interethnischen Konflikten angesehen.106 Selbst wenn es auch kritische Stimmen zum Vertrag von Lausanne 103 Vgl. Streit, S. 62–63; siehe auch: de Zayas (1997), S. 33; Meindersma (1997a), S. 347. 104 Höxter, S. 52–53. 105 Ibid., S. 54. 106 Rosand (1998), S. 1116; de Zayas (1990–1991), S. 19; Ladas, S. 725–726. Etwas anderer Ansicht: Meindersma (1997b), S. 650, die argumentiert, dass der Vertrag

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gab, lässt sich aus der Billigung des Völkerbunds und der alliierten Staaten auf die damals vorherrschende Rechtsüberzeugung der Staatengemeinschaft schließen, dass die unfreiwillige Umsiedlung einschließlich der Massenvertreibung eigener Staatsangehöriger zumindest nicht verboten war.107 De Zayas fasste diese Auffassung wie folgt zusammen: „This compulsory population exchange was not seen by the international community as the brutal uprooting of hundreds of thousands of persons from their homeland; instead it was hailed by many as a legal measure intended to bring peace on the basis of an international treaty and under the auspices of the League of Nations. Thus, State interests were given priority over human rights and mass expulsions gained international respectability as a legitimate solution of demographic problems; in fact, the principle of compulsory population transfers was seen by many as a panacea, a final solution to the troublesome minority problem.“108

3. Rechtsauffassungen zu Bevölkerungsumsiedlungen gegen und nach Ende des Zweiten Weltkrieges Angesichts der Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands und der Schrecken des Zweiten Weltkrieges veränderte sich die Sichtweise auf Bevölkerungsumsiedlungen zumindest in rechtlicher Hinsicht etwas. Während die Haager Landkriegsordnung kein ausdrückliches Vertreibungsverbot enthielt, wurde nun im Kriegsrecht ein generelles Verbot und Pönalisierung von Vertreibungen und unfreiwilligen Bevölkerungsumsiedlungen kodifiziert.109 1945 wurden diese Maßnahmen unter dem Begriff der Deportationen durch Artikel 6 (b) und (c) des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafbar gemacht.110 Auf dieser Grundlage von Lausanne trotz seiner Formalisierung als völkerrechtlicher Vertrag nie als ein völkerrechtskonformes Instrument gerechtfertigt worden wäre. 107 Köhler, S. 287. 108 de Zayas (1998), S. 20. 109 Allerdings wird vertreten, dass Vertreibungen gegen mehrere Vorschriften der Haager Landkriegsordnung verstoßen, aus denen sich indirekt ein Vertreibungsverbot ableitet. Angeführt werden vor allem Artikel 43, der die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und die Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens unter Beachtung der Landesgesetze durch die Besatzungsmacht vorsieht, Artikel 45, der einen zwangsweise eingeholten Treueeid der Bevölkerung auf die Besatzungsmacht untersagt, sowie der in Kapitel A. II. zitierte Artikel 46 zum Schutz der Zivilbevölkerung einschließlich ihres Privateigentums, sowie das in Artikel 50 enthaltene Verbot der Kollektivstrafe für das Handeln von verantwortlichen Einzelpersonen. Insofern kann behauptet werden, dass das Vertreibungsverbot schon seit der Haager Landkriegsordnung kriegsrechtliches Gewohnheitsrecht war. Vgl. Köhler, S. 223–225; de Zayas (1975), S. 210–212. Für eine umfassende Kommentierung der in diesem Abschnitt erläuternden Bestimmungen, siehe: Köhler, S. 195–223; Henckaerts, S. 143–156. 110 Artikel 6 (b) und (c) des Statuts für den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vom 8. August 1945 lautet:

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wurden die nationalsozialistischen Vertreibungen verurteilt und mit der Todesstrafe bestraft.111 Mit Resolution 95 (I) billigte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Verurteilung der Vertreibungspolitik durch den Nürnberger Militärgerichtshof ausdrücklich.112 Des Weiteren wurden Zwangsumsiedlungen und Massenvertreibungen durch Artikel 49 des IV. Genfer Abkommens zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten von 1949 grundsätzlich verboten.113 Nur aus Gründen der Sicherheit der Bevölkerung oder aus zwingenden militärischen Gründen darf eine Besatzungsmacht eine bestimmte besetzte Gegend räumen.114 Dieses Verbot gilt nach vorherrschender Ansicht gemäß dem „. . . Die folgenden Handlungen . . . stellen Verbrechen dar, für deren Aburteilung der Gerichtshof zuständig ist. . . . (b) Kriegsverbrechen: Nämlich: Verletzung der Kriegsgesetze oder -gebräuche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, Mord, Mißhandlungen, oder Deportation zur Sklavenarbeit oder für irgendeinen anderen Zweck, von Angehörigen der Zivilbevölkerung von oder in besetzten Gebieten, . . . Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums, die mutwillige Zerstörung von Städten, Märkten oder Dörfern oder jede durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigte Verwüstung; (c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Nämlich: Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung vor oder während des Krieges, Verfolgung aus politischen, rassistischen oder religiösen Gründen, begangen in Ausführung eines Verbrechens oder in Verbindung mit einem Verbrechen, für das der Gerichtshof zuständig ist, und zwar unabhängig davon, ob die Handlung gegen das Recht verstieß, in dem sie begangen wurde, oder nicht.“ Abgedruckt in: Ahlbrecht, S. 402. 111 Für eine Kommentierung des Deportierungsverbots und des Nürnberger Prozessgeschehens hinsichtlich der nationalsozialistischen Umsiedlungs- und Vertreibungspolitik, siehe: Köhler, S. 288–303; Henckaerts, S. 154–156. 112 UN Doc. A/Res/95 (I), „Affirmation of the Principles of International Law Recognized by the Charter of the Nuremberg Tribunal“, 11. Dezember 1946. 113 Dabei wird angenommen, dass die Konvention lediglich bereits bestehendes Völkergewohnheitsrecht kodifiziert hat. Vgl. Köhler, S. 283. 114 Artikel 49 der IV. Genfer Konvention vom 12. August 1949 lautet. „Artikel 49 [Deportation, Umsiedlung] Einzel- oder Massenzwangsverschickungen sowie Verschleppungen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet nach dem Gebiet der Besatzungsmacht oder dem irgendeines anderen besetzten oder unbesetzten Staates sind ohne Rücksicht auf deren Beweggrund untersagt. Jedoch kann die Besatzungsmacht eine vollständige oder teilweise Räumung einer bestimmten besetzten Gegend durchführen, wenn die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe es erfordern. Solche Räumungen dürfen keinesfalls die Verschleppung von geschützten Personen in Gegenden außerhalb des besetzten Gebietes zur Folge haben, es sei denn, dies ließe sich aus materiellen Gründen nicht vermeiden. Unmittelbar nach Beendigung der Feinseiligkeiten in der betreffenden Gegend wird die so verschickte Bevölkerung in ihre Heimat zurückgeführt. . . . Die Schutzmacht wird von Verschickungen und Räumungen verständigt, sobald sie stattgefunden haben. Die Besatzungsmacht kann geschützte Personen nicht in einer besonders den Kriegsgefahren ausgesetzten Gegend zurückhalten, sofern nicht die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe dies erfordern.

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gemeinsamen Artikel 3 des Genfer Abkommens im Prinzip auch für Zeiten des Bürgerkriegs.115 Im Gegensatz zum Kriegsrecht sind unfreiwillige Bevölkerungsumsiedlungen und Massenvertreibungen im Friedensrecht nicht ausdrücklich geregelt bzw. verboten. Die Tatbestände der Umsiedlung und der Vertreibung werden weder in der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide) vom 9. Dezember 1948 noch in der AEMR erwähnt. Angesichts der Tatsache, dass Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen in vielen Fällen den massenhaften Tod oder körperliche sowie seelische Verletzungen von Angehörigen der betroffenen Gruppe mit sich bringen, kann die Völkermordkonvention allerdings anwendbar sein. Dadurch könnte eine Bevölkerungsumsiedlung bzw. Vertreibung zu Kriegs- und Friedenszeiten als internationales Verbrechen pönalisiert werden, falls die Absicht bestanden hat, eine nationale, ethnische, rassistische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.116 Daneben verletzen unfreiwillige Bevölkerungsaustausche oder Vertreibungen eine Vielzahl der in der AEMR genannten Menschenrechte.117 In ihrer Erklärung über die völkerrechtlichen Prinzipien hinsichtlich Massenvertreibungen hat die ILA die Verletzung von AEMR-Bestimmungen durch Vertreibungen in Prinzip 1 wie folgt definiert: „Principle 1 By expelling its own nationals, a Government violates not only such movementrelated rights of the Universal Declaration of Human Rights as the right to leave and return to one’s country (Article 13) and the right to be free from ,arbitrary arrest, detention or exile‘ (Article 9), but also any rights, whatever their legal sources, that are to any extent dependent for their full and effective enjoyment on the person’s being able to live in his own country. Since the full and effective enjoyDie Besatzungsmacht darf nicht Teile ihrer eigenen Zivilbevölkerung in das von ihr besetzte Gebiet verschleppen oder verschicken.“ 115 Vgl. Lehmler, S. 268–279; Köhler, S. 226–228; Meindersma (1994), S. 54; de Zayas (1975), S. 220–221. 116 Vgl. Meindersma (1975), S. 62; de Zayas (1990–1991), S. 26–27. Artikel II (a) und (b) der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords vom 9. Dezember 1948 lautet: „Artikel II In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassistische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: (a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe; (b) Verursachung von schwerem körperlichen oder seelischen Schaden an Mitgliedern der Gruppe; . . .“ 117 Für einen Überblick über die einzelnen Bestimmungen, siehe: UN Doc. E/CN.4/ Sub.2/1997/23, Human Rights and Population Transfer, Final Report of the Special Rapporteur, Mr. Al-Khasawneh, 27. Juni 1997, Annex I, S. 23. Siehe auch: Lee, Luke, S. 538–539.

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ment of all articles in the Universal Declaration presupposes a person’s ability to live in his own country if he so chooses, the State that turns him into a refugee is in violation of all the articles of the Declaration.“118

Dass Bevölkerungsumsiedlungen bzw. Vertreibungen regelmäßig auch eine massive Verletzung von Eigentumsrechten mit sich bringen, hat Naimark in seiner Studie über die europäischen ethnischen Säuberungen des 20. Jahrhunderts festgestellt und behauptet, dass zusätzlich zu der politischen und ideologischen Motivation zumeist auch wirtschaftliche Gründe für Vertreibungsunrecht eine Rolle spielen.119 Darüber hinaus ist die Verletzung von Eigentumsrechten häufig nicht nur Ziel, sondern auch wichtiges Mittel der ethnischen Säuberung.120 Es bleibt festzuhalten, dass nach Ende des Zweiten Weltkrieges Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen vor allem in Kriegszeiten, indirekt aber unter Umständen auch in Friedenszeiten als Verbrechen nach internationalem Recht pönalisiert wurden. Des Weiteren wurde die Rechtsstellung und das Rechtsschutzbedürfnis des Einzelnen durch Verabschiedung der AEMR im Vergleich zur Vorkriegszeit allgemein anerkannt und verbessert, selbst wenn die AEMR, wie in Kapitel G. I. noch weiter ausgeführt, als unverbindliche Erklärung der Generalversammlung keinen bindenden Rechtsschutz für die betroffenen Bevölkerungsgruppen entfalten konnte. Diese Entwicklungen nahmen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung von Bevölkerungsaustauschen, die 1952 Thema der Siena-Tagung des Institut de droit international (Internationales Institut für Völkerrecht) waren.121 Die vorherrschende Meinung der beteiligten Völkerrechtler war, dass Bevölkerungsaustausche massive Menschenrechtsverletzungen einschließen und nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie auf freiwilliger Grundlage stattfinden.122 Freiwilligkeit bedeute laut Berichterstatter Balladore Pallieri, dass die betroffenen Personen die Option zum Verbleib in ihrem Land bekommen müssten, was in der Realität bedeute, dass den Betroffenen die Umsiedlung so schmackhaft gemacht werden müsse, dass sie dazu ihr Einverständnis geben.123 Im Gegensatz zum freiwilligen Bevölkerungsaustausch sah das Institut für Völkerrecht mehrheitlich unfreiwillige Bevölkerungsumsiedlungen kategorisch als nicht völkerrechtskonform an. 118

ILA (1986), S. 14. In allen untersuchten Fällen war die Opfergruppe generell wohlhabender als die Täterbevölkerung, welche ersterer vorwarf, sie ausgebeutet zu haben, weswegen es in ihren Augen der Opferbevölkerung Recht geschah, enteignet oder beraubt zu werden. Naimark, S. 193–195. 120 Blumenwitz (2001), S. 203. 121 Siehe den sogenannten Balladore Pallieri-Bericht: Institut de Droit International, Annuaire, 44. Jg., Bd. II, Session de Sienne, 1952, S. 138–199. 122 Vgl. de Zayas (1975), S. 223–224. 123 Institut de Droit International, S. 150. 119

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Allerdings gab es auch Stimmen, die auch Zwangsumsiedlungen in außergewöhnlichen Umständen für rechtmäßig hielten. Zum Beispiel strich Baron van Asbeck in seinem Kommentar zum Balladore Pallieri-Bericht heraus, dass es bei der rechtlichen Beurteilung von Bevölkerungsaustauschen weniger auf die Freiwilligkeit als darauf ankomme, ob die Umsiedlung im Interesse der betroffenen Bevölkerung oder generell friedensdienlich ist: „Quel devrait être le point de départ? 1. Que le transfert d’une population est une mesure tellement révolutionnaire en elle-même, et tellement cruelle dans ses conséquences, qu’il n’apparaît licite qu’en des circonstances exceptionnelles de menaces pour la paix de la population ou pour la paix générale. 2. Que le transfert donc constitue une mesure d’ordre public dont l’exécution ne peut en dernière instance dépendre du libre consentement des intéressés, tout en reconnaissant qu’elle ne doit être décidée qu’après mûre réflexion et eu égard à tous les intérêts en cause, et qu’elle doit être exécutée avec tous les soins et ménagements possibles pour en adoucir la cruauté.“124

Gleichzeitig schlug er vor, dass die Entscheidung über Bevölkerungsumsiedlungen nicht uneingeschränkt bei den beteiligten Regierungen liegen, sondern die Zustimmung einer internationalen Autorität eingeholt werden solle, die auch die Durchführung der Umsiedlung überwacht.125 Den Gedanken, dass eine Zwangsumsiedlung in Extremfällen aus Gründen des ordre public oder durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sein kann, haben auch andere Völkerrechtler vorgetragen. In diesem Sinne schrieb Rolin: „Il ne semble pas qu’on puisse à priori rejeter comme inadmissible l’intervention de législateurs étatiques instituant le transfert obligatoire pour des raisons d’ordre public our de bien-être général. . . . Il faudra donce que toute loi ou tout accord décrétant le transfert se réclame expressément de considérations d’ordre public our de bien-être général. Mais je ne pense pas qu’il soit possible de déterminer de façon plus précise les cas de justification. Je pense même que dans les case où les décisions prises sont régulières en la forme, c’est seulement en recourant à la notion de détournement our dépassement de pouvoir et seulement dans les cas graves et flagrants qu’il sera possible de contester devant l’Autorité internationale la légitimité des mesures prises. (Je n’exclus pas qu’exceptionnellement dans certaines régions le transfert de populations puisse apparaître comme indispensable pour éliminer les causes de conflit.)“126

Auch de Visscher sah Zwangsumsiedlungen unter Umständen aus friedenspolitischem Interesse legitimiert:

124 125 126

Ibid., S. 160. Ibid. Ibid., S. 174–175.

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„L’intérêt de la communauté internationale constitue une justification suffisante des accords de transfert de populations, lorsqu’il est reconnu qu’aucune autre méthode n’est practicable ni susceptible de donner l’apaisement.“127

Winiarski ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er das Institut des unfreiwilligen Bevölkerungsaustauschs als Phänomen der Moderne bezeichnete: „Le transfert international obligatoire des populations a jusqu’ici présenté une caractère absolument exceptionnel; il accompagnait les cataclysmes sans précédent dans le monde moderne. D’une manière générale, je suis d’accord sur les conclusions du [Pallieri-]rapport qui se fondent sur les intérêts vitaux des Etats et l’intérêt majeur de la paix entre nations. Les règles de civilisation et les règles conventionnelles relatives aux droits de l’homme doivent adoucir les rigueurs de ces opérations dans toute la mesure du possible.“128

Diese Stellungnahmen machen deutlich, dass sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs trotz einer beachtlichen (Fort-)Entwicklung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte hinsichtlich unfreiwilliger Bevölkerungsumsiedlungen noch kein eindeutiger Konsens hinsichtlich ihres Verbots herausgebildet hatte.129 Dieser Schluss ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die AEMR zwar gemäß Artikel 9 ausdrücklich die Ausweisung aus dem eigenen Land, vor dem Hintergrund der zur zeitgleichen Flucht bzw. Vertreibung der Ostdeutschen bzw. der Palästinenser nicht aber ein Vertreibungsverbot regelt.130 Wäre die Rechtslage bezüglich Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen nach Ende des Zweiten Weltkriegs eindeutig gewesen, hätte es der späteren vielfachen Bemühungen um die Kodifikation des Vertreibungsverbots nicht bedurft.131 Hinzu kommt, dass selbst wenn man von einem eindeutigen Verbot von Zwangsvertreibungen zur damaligen Zeit ausgeht, Unklarheiten hinsichtlich der Abgrenzung von freiwilligen und unfreiwilligen Bevölkerungsumsiedlungen bestehen.132 Fraglich ist vor allem, ob es bei der Freiwilligkeit in erster Linie auf 127

Ibid., S. 190. Ibid., S. 191–192. 129 Etwas anderer Ansicht ist Tomuschat, der den Schluss zieht, dass schon 1945 ein Vertreibungsverbot außerhalb des kriegsrechtlichen Kontextes existierte, wobei er der völkerrechtlichen Rechtslage angesichts der entgegengesetzten Potsdamer Beschlüsse eine „gewisse Widersprüchlichkeit“ attestiert. Tomuschat (1996a), S. 33–35. 130 Henckaerts, S. 9. 131 Siehe z. B. die folgenden Vorschläge der Unterkommission der Menschenrechtskommission zur Verabschiedung eines internationalen Rechtsinstruments zur Regulierung von Bevölkerungsumsiedlungen und Massenvertreibungen: Draft Declaration on Population Transfer and the Implantation of Settlers, in: Human Rights and Population Transfer. Final Report, siehe FN 117, Annex II, S. 26. Siehe auch: Meindersma (1994), S. 82; de Zayas (1990–1991), S. 39. 132 In Übereinstimmung mit dem internationalen Institut für Völkerrecht (SiennaTagung) kommt es für die herrschende Meinung bei einem freiwilligen Bevölkerungsaustausch vor allem auf die Zustimmung der betroffenen Bevölkerung an, vgl.: Human Rights and Population Transfer. Final Report, siehe FN 117, Para. 64; Drew, S. 138; 128

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die Einwilligung der betroffenen Bevölkerungsgruppen oder der beteiligten Staaten ankommt. Des Weiteren ist fraglich, ob eine internationale Nachkriegsverwaltung die Einwilligung in einen Bevölkerungsaustausch anstelle der verwalteten Bevölkerung abgeben kann, insbesondere wenn das IV. Genfer Abkommen nicht anwendbar ist. 4. Opportunität von Bevölkerungsumsiedlungen in Zusammenhang mit der Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser Dass die Rechtslage hinsichtlich Zwangsumsiedlungen zu Friedenszeiten ambivalent war, erlaubte den Alliierten und sonst beteiligten Staaten, Flucht bzw. Vertreibung „um des lieben Frieden willens“ in Erwägung zu ziehen und schließlich in die Tat umzusetzen.133 Wie nachfolgend im Zusammenhang mit der Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser aufgezeigt wird, wurde die Idee, Zwangsumsiedlungen als Mittel zur Erlangung von internationaler Stabilität durch ethnisch homogene Staaten zu erreichen, auch gegen Ende des Zweiten Weltkriegs noch von vielen Staatsmännern, Wissenschaftlern und Journalisten befürwortet.134 a) Flucht und Vertreibung der Deutschen Der tschechische Exilpräsident Benesˇ wird gemeinhin als derjenige bezeichnet, der schon im Herbst 1941 als erster Staatsmann die Zwangsumsiedlung ca. 3 Millionen Sudentendeutschen vorschlug: „I accept the principle of the transfer of populations . . . If the problem is carefully considered and wide measures are adopted in good time, the transfer can be made amicably under decent human conditions, under international control and with international support.“135

Am 7. Juli 1942 ließ daraufhin der britische Außenminister Eden den tschechischen Exilpräsidenten wissen, dass „his colleagues agree with the principle of transfer“.136 Knapp ein Jahr später gaben auch die sowjetische und die ame-

Meindersma (1994), S. 40; de Zayas (1975), S. 246–247. Mittlerweile wird aber zunehmend auf die in Zusammenhang mit indirekten Vertreibungen auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Bevölkerungsumsiedlung hingewiesen und in erster Linie auf die Einwilligung der beteiligten Staaten abgestellt, vgl. Köhler, S. 40; Palley, S. 225; Henckaerts, S. 131. 133 de Zayas (2005), S. 42–44. 134 Siehe den umfassenden Überblick über diesbezügliche Äußerungen: Schechtman, S. 455–460. 135 Zitiert in: de Zayas (1989), S. 7. 136 Ibid.

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rikanische Regierung ihre Zustimmung zu dem Plan.137 Der Umsiedlungsplan richtete sich ursprünglich lediglich gegen „illoyale“ Volksdeutsche tschechischer Staatsangehörigkeit, der so genannten „Fünften Kolonne“, die unter Führung des Leiters der Sudetendeutschen Partei, Henlein, mit dem nationalsozialistischen Deutschland vor Ausbruch des Kriegs kollaboriert hatten.138 Die Idee des Transfers der potentiellen volksdeutschen Kollaborateure wurde alsbald auch für andere mittel- und osteuropäische Staaten einschließlich der so genannten „Lebensraum-Siedler“ in Betracht gezogen, die während der nationalsozialistischen Umsiedlungspolitik in bestimmte polnische und jugoslawische Gebiete neu angesiedelt worden waren.139 Das Kriterium der Illoyalität war allerdings nur schwer bestimmbar, was in Verbindung mit einer Beweislastumkehr zu Ungunsten der betroffenen Volksdeutschen dazu führte, dass der Gedanke der Umsiedlung immer weiter gezogen wurde und allmählich die gesamte deutsche Minderheitsbevölkerung umfasste. Das Prinzip der Zwangsumsiedlung machte nicht vor den Grenzen des Deutschen Reiches halt. Schon zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schlug die polnische Exilregierung der britischen und amerikanischen Regierung vor, nach einer deutschen Niederlage aus Stabilitätsgesichtspunkten Ostpreußen Polen zuzuschlagen – ein Vorschlag, mit dem sich sowohl London als Washington einverstanden zeigten. Auch die Sowjetunion stand dem Vorschlag positiv gegenüber, zumal er sich dazu eignete, Polen mit deutschem Territorium für den Verlust Ostpolens zu entschädigen, welches die Sowjetunion aufgrund des RibbentropMolotow-Paktes von 1939 erhalten hatte. Als die polnische Exilregierung von der sowjetischen Intention erfuhr, die von ihr besetzten ostpolnischen Gebiete nicht zurück zu geben, drängte sie die westlichen Alliierten vermehrt zur Kompensation durch deutsches Territorium im Westen. Vor allem die britische Regierung sah sich in polnischer Schuld, da sie mit dem Ziel zur Wahrung der polnischen Unversehrtheit in den Krieg eingetreten waren. Der entschädigungslose Zuspruch von einem größeren polnischen Gebiet an die Sowjetunion, als Russland es nach der dritten polnischen Teilung erhalten hatte, wäre einer Kapitulation des Westens vor totalitärer Gewalt gleichgekommen.140 Auf der Konferenz von Teheran im November bzw. Dezember 1943 wurde die Entschädigung Polens für den Verlust Ostpolens durch Zuschlagung von deutschem Territorium von den Alliierten beschlossen, wobei ursprünglich lediglich an Ostpreußen, Danzig und Oberschlesien gedacht war. Vor allem die Weigerung der polnischen Exilregierung, diesem Plan zuzustimmen, führte im 137

Trautmann, S. 24–25. Zur Henlein-Bewegung, siehe: Brumlik, S. 48–52; Glotz, S. 116–120. Zum Begriff der Fünften Kolonne, siehe: de Zayas (2005), S. 39. 139 de Zayas (2005), S. 43. 140 Ibid., S. 83–85. 138

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Laufe des Folgejahres dazu, dass das deutsche Kompensationsgebiet dann bis zur Oder-Neiße-Linie ausgeweitet wurde und Pommern, Ostbrandenburg und ganz Schlesien miteinschloss. Dass die Westverschiebung Polens gleichzeitig massive Zwangsumsiedlungen mit sich bringen würde, nahmen die Alliierten billigend in Kauf. Millionen Deutsche sollten nach Westen in die deutschen Besatzungszonen umsiedeln, um den aus Ostpolen nachrückenden polnischen Umsiedlern in dem kriegszerstörten Gebiet Platz zu machen und um den jungen polnischen Staat nicht durch eine illoyale deutsche Minderheitsbevölkerung zu destabilisieren.141 Viele alliierte Staatsmänner zogen in diesem Zusammenhang den Vergleich zum türkisch-griechischen Bevölkerungsaustausch.142 Ein Auszug aus der Rede des britischen Premierministers Churchill vor dem britischen Unterhaus am 15. Dezember 1944 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Grenzverschiebung und Bevölkerungsaustausch bzw. Vertreibung und verdeutlicht darüber hinaus die damals positive Wertung des Vertrags von Lausanne: „The transference of several millions of people would have to be effected from the East to the West or North, as well as the expulsion of the Germans – because that is what is proposed: the total expulsion of the Germans – from the area to be acquired by Poland in the West and the North. . . . For expulsion is the method which, so far as we have been able to see, will be the most satisfactory and lasting. There will be no mixture of populations to cause endless trouble as in Alsace-Lorraine. A clean sweep will be made. I am not alarmed of the disentanglement of population, nor am I alarmed by these large transferences, which are more possible in modern conditions than they ever were before. The disentanglement of populations which took place between Greece and Turkey after the last war . . . was in many ways, a success, and has produced friendly relations between Greece and Turkey ever since.“143

Zumindest in dieser Rede vor dem britischen Unterhaus zeigte sich Churchill nicht in besonderer Weise über das Ausmaß und die Konsequenzen der anstehenden Zwangsumsiedlungen beeindruckt.144 Die Umsiedlungspolitik wurde anschließend auf der Krim-Konferenz im Februar 1945 bestätigt, wobei der genaue Verlauf der polnischen Westgrenze zunächst offen blieb. Wie oben geschildert fanden ab Frühjahr 1945 bereits große 141

Ibid., S. 132. Henke, S. 55–56. 143 Parliamentary Debates, House of Commons, Official Report, Bd. 406, 15. Dezember 1944, S. 1484. 144 Allerdings sollte diese Rede als harter rhetorischer Ausbruch mit innenpolitischer Zielsetzung zu einer Zeit verstanden werden, als das Kriegsgeschehen aus britischer Sicht nicht erfolgreich verlief. Nachdem die Vertreibungen bereits im vollem Gange waren, äußerte sich Churchill (z. B. während der Potsdamer Konferenz) auch hinsichtlich des Schicksals der Vertriebenen wesentlich sachlicher und besorgter. Vgl. de Zayas (2005), S. 129–130. 142

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wilde Vertreibungswellen in den deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland statt, welche den Druck auf die Alliierten erhöhten, auf der Konferenz in Potsdam im Juli 1945 zu einer verbindlichen Einigung über die Umsiedlungen zu gelangen. Sowohl die Vereinigten Staaten als auch das Vereinigte Königreich beabsichtigten allerdings, lediglich begrenzten Umsiedlungen, keinesfalls jedoch einer allgemeinen Zwangsaussiedlung, zuzustimmen.145 Im Gegensatz dazu drängten der sowjetische Generalsekretär Stalin sowie die tschechische Regierung und das Lubliner Komitee, welches im Januar 1945 als kommunistische polnische Übergangsregierung eingesetzt worden war, darauf, eine möglichst umfassende Zwangsumsiedlung der Deutschen völkerrechtlich legitimieren zu lassen. Da den westlichen Alliierten keine Zahlen über die noch im Sudetenland und den deutschen Ostgebieten verbliebenen Deutschen vorlagen, gelang es Stalin und der polnischen Übergangsregierung durch die tatsachenwidrige Behauptung, dass die meisten Deutschen bereits geflohen seien, auf der Konferenz von Potsdam das britische und amerikanische Einverständnis zur OderNeiße-Linie und zum Vorhaben der Zwangsaussiedlung der Deutschen zu erhalten.146 Artikel XIII des Potsdamer Protokolls vom 2. August 1945 lautet wie folgt: „The three Governments having considered the question in all its aspects, recognize that the transfer to Germany of German populations, or elements thereof, remaining in Poland, Czechoslovakia and Hungary, will have to be undertaken. They agree that any transfers that take place should be effected in an orderly and humane manner.“147

Zwei Monate nach der Konferenz lieferte der amerikanische Außenminister Byrnes die westliche Interpretation dieses Artikels wie folgt: „We should also point out that Potsdam Agreement only recognized that the transfer of German populations or elements thereof would have to be undertaken. So far as we were concerned we wished to slow down indiscriminate and disorderly expulsions and avoid unnecessary hardships on the transferees and unnecessary burdens on the zones to which the transfers were to be made. We recognized that certain

145 Die britische und die amerikanische Regierung intendierten lediglich, demjenigen Ausmaß an Umsiedlung zuzustimmen, das benötigt wurde, um den umzusiedelnden Ostpolen angemessenen Platz in den vormals deutschen Gebieten zu verschaffen, vgl. Ibid., S. 132. 146 In der Diskussion über die polnische Westgrenze behauptete Stalin, dass die meisten der 9 Millionen deutschen Bewohner der Gebiete an Oder und Neiße getötet oder geflohen seien und dass sich kein einziger Deutscher mehr auf dem an Polen bereits übergebenen Territorium aufhalte. Eine diesbezügliche polnische Stellungsnahme bezifferte die noch im Oder-Neiße Gebiet verbliebenen Deutschen auf anderthalb Millionen. In Wirklichkeit lebten in den umstrittetenen Gebieten noch mindestens vier Millionen Deutsche und eine Million versuchte, dorthin zurückzukehren. Vgl. Ibid., S. 134–135. Einen zusammenfassenden Überblick über die amerikanische, britische und polnische Verhandlungspositionen bietet: Hartenstein, S. 92–99. 147 Abgedruckt in: von Münch, S. 42.

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transfers were unavoidable, but we did not intend at Potsdam to encourage or commit ourselves to transfers in cases where other means of adjustment were practicable.“148

Um die Umsiedlung so reibungslos und human wie möglich verlaufen zu lassen, sollte sie nach Vorstellung der westlichen Alliierten in enger Zusammenarbeit mit den ausweisenden Ländern und nach einem vom Alliierten Kontrollrat ausgearbeiteten Zeitplan und dessen Methoden erfolgen.149 Darüber hinaus sollten die Umsiedlungen nach und nach durchgeführt und an die Transportund Aufnahmekapazität der deutschen Besatzungszonen angepasst werden. Kurzzeitig bestand sogar die Überlegung die Umgesiedelten zu entschädigen – ein Gedanke, was jedoch von der polnischen Exilregierung abgelehnt wurde.150 Entgegen vor allem tschechischem Drängen, die Zwangsumsiedlungen so schnell wie möglich zu genehmigen und durchzuführen, bestanden die westlichen Alliierten auf der Potsdamer Konferenz auf ein Moratorium der Zwangsumsiedlungen, bis der Alliierte Kontrollrat die bestehende Flüchtlingssituation in den deutschen Besatzungszonen geprüft und die genaue Verteilung der Umzusiedelnden bestimmt hatte.151 Doch der Versuch der (westlichen) Alliierten, die Umsiedlung durch ein Moratorium zu kontrollieren, wurde von den tatsächlichen Vorgängen eingeholt und schlug vollkommen fehl. Die wilden Vertreibungen dauerten an und – ähnlich der mangelhaften Umsetzung der individualrechtlichen Schutzbestimmungen des Vertrags von Lausanne – blieb auch der Gedanke einer geregelten und humanen Umsiedlung der Deutschen eine Wunschvorstellung. Wie oben beschrieben, waren die Folgen ein unglaubliches Chaos, massives Elend und Leid der vertriebenen Bevölkerung sowie der entschädigungslose Verlust ihres Eigentums. 148

Zitiert in: de Zayas (1989), S. 89. de Zayas (2005), S. 128. 150 Ibid., S. 48. 151 Artikel XIII, Abs. 2 und 3, des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945 lautet: „2. Since the influx of a large number of Germans into Germany would increase the burden already resting on the occupying authorities, they consider that the Allied Control Council in Germany should in the first instance examine the problem with special regard to the question of the equitable distribution of these Germans among the several zones of occupation. They are accordingly instructing their respective representatives on the Control Council to report to their Governments as soon as possible the extent to which such persons have already entered Germany from Poland, Czechoslovakia and Hungary, and to submit an estimate of the time and rate at which further transfers could be carried out, having regard to the present situation in Germany. 3. The Czechoslovak Government, the Polish Provisional Government and the Control Council in Hungary are at the same time being informed of the above, and are being requested meanwhile to suspend further expulsions pending the examination by the Governments concerned of the report from their representatives on the Control Council.“ Abgedruckt in: von Münch, S. 42–43. 149

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Selbst wenn die westlichen Alliierten sich für eine „geregelte und humane“ Aussiedlung der Deutschen einsetzten, änderte das nichts an ihrer allgemeinen Zustimmung zum Prinzip der Bevölkerungsumsiedlungen an sich. Naimark beschrieb den diesbezüglichen internationalen Konsens wie folgt: „In the end, there was virtually no difference between noncommunist and communist politicians on the issue of the expulsion of the Germans in postwar Czechoslovakia or Poland. When it came to the issue of the forced deportation of the Germans, Benes and Gottwald, Mikolajczyk and Bierut, Stalin and Churchill all danced to the same tune.“152

Auch wenn der Umfang und die Art der Durchführung der Vertreibungen hauptsächlich polnischem, tschechoslowakischem und sowjetischem Handeln und Beharren geschuldet ist, tragen doch auch die westlichen Mächte laut de Zayas ihr Maß an Verantwortung, da sie – entgegen der sich damals herausbildenden Rechtsauffassungen bezüglich eines Vertreibungsverbotes auf der Potsdamer Konferenz – „der Vertreibung ein Mäntelchen von Legalität und Berechtigung umhängte[n]“.153 Hinzu kommt, dass sie tschechoslowakischen und polnischen Umsiedlungsplänen recht frühzeitig ihre prinzipielle Zustimmung gaben und somit das Geschehen beschleunigten und später stillschweigend billigten.154 Weiterhin muss eine gewisse Naivität des Westens hinsichtlich der realen Durchführbarkeit einer geregelten und international überwachten Umsiedlung gegen Ende eines Weltkrieges, der durch bis dato ungekannten Schrecken und Zerstörung gekennzeichnet war, festgestellt werden.155 Jedenfalls scheint das bekannte Unvermögen des Völkerbunds, die individualrechtlichen Schutzbestimmungen des Vertrags von Lausanne in die Tat umzusetzen, trotz aller sonstigen Berufung auf die positive Präzedenzwirkung des Vertrags nicht in das Bewusstsein der Alliierten getreten zu sein. Dass die Umstände damals aber durchaus bekannt waren, zeigt die folgende Analyse des Roten Kreuzes: „Au reste, si l’on se rappelait que la repatriement des quelque quinze cent mille Grecs d’Asie-Mineure, après la première guerre mondiale, avait exigé plusieurs années et nécessité de vastes actions de secours, on pouvait aisément prévoir que la transplantation accélérée, dans une Europe affamée et détruite, de quatorze millions d’être humains soulèverait un nombre considérable de problèmes d’ordre humanitaire.“156

152 Naimark, S. 113. Klement Gottwald und Boleslav Bierut waren die Führer der tschechoslowakischen bzw. polnischen kommunistischen Partei. Bierut war darüber hinaus auch Vorsitzender des Lubliner Komitees. Edvard Benesˇ und Stanislav Mikolajczik waren die Präsidenten der westlich orientierten Exilregierungen. 153 de Zayas (2005), S. 139. 154 Vgl. Hartenstein, S. 124–126; Rosand (2000), S. 238; Henke, S. 69. 155 de Zayas (2005), S. 48–49. 156 Comité international de la Croix-Rouge, Rapport sur son activité pendant la seconde guerre mondiale (1. septembre 1939–30. juin 1947), Bd. I, 1948, S. 702.

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b) Flucht bzw. Vertreibung der Palästinenser Die Auffassung, dass Palästinenser und Juden nicht friedlich in einem gemeinsamen Staat zusammenleben könnten und dass die Gründung eines jüdischen Staates die Umsiedlung von Palästinensern mit sich bringen müsste, reicht zurück in das zionistische Denken des 19. Jahrhunderts. Schon 1895 schrieb z. B. der zionistische Vorkämpfer Herzl in sein Tagebuch: „We must expropriate gently . . . We shall try to spirit the penniless population across the border by procuring employment for it in the transit countries, while denying it any employment in our country.“157

Allerdings fixierten zionistische Führer ihre Gedanken zu einer (freiwilligen oder unfreiwilligen) Umsiedlung zumeist nicht schriftlich und vermieden es, sie öffentlich zu diskutieren, um die palästinensische Bevölkerung nicht zu reizen und um die Umsiedlungspolitik nicht frühzeitig zu verhindern.158 Die offizielle zionistische Position war, dass Palästina genügend Platz für ein friedliches Zusammenleben von Juden und Palästinensern biete. Während die zionistische Praxis anfänglich von mikroskopischen Bevölkerungstransfers gekennzeichnet war, bei denen die palästinensische oder nomadische Bevölkerung ihre Dörfer gegen Entschädigungszahlungen zugunsten von jüdischen Siedlungen verließ, gingen zionistische Überlegungen im 20. Jahrhundert vermehrt hin zu einer strategischen und massiveren Umsiedlung der palästinensischen Bevölkerung aus dem Gebiet des künftigen Judenstaats.159 Dabei wurde allgemein eine freiwillige Umsiedlung auf Grundlage einer Einigung zwischen der zionistischen Führung und den arabischen Nachbarstaaten befürwortet, die den Kauf von Land und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen für die umzusiedelnde Bevölkerung in den Transferländern einschließen sollte. In diesem Zusammenhang war eine nicht unerhebliche Erwägung, dass die Palästinenser Anfang des 20. Jahrhunderts nicht als eigenes Volk, sondern allgemein als Araber angesehen wurden. Nach zionistischer Vorstellung sollte den Palästinensern eine Umsiedlung und Integration in ein arabisches Nachbarland bei gleichzeitigen Entschädigungszahlungen zumutbar sein, auch weil sie nicht ihr Heimatland verlassen müssten.160 Wie die zitierte Passage aus Herzls Tagebuch

157

Tagebucheintrag vom 12. Juni 1895, zitiert in: Morris (2004), S. 41. Khalidi, S. 10; Morris (2004), S. 41; 159 Vgl. Morris (2004), S. 42. Für einen detallierten Überblick über zionistische Einstellungen und Äußerungen zum Thema Bevölkerungsaustausch, siehe: Simons, S. 3–86; Masalha (1992). 160 Morris (2004); Masalha (1992), S. 20. Diese Einstellung wird zum Teil noch heute vertreten, siehe: Einhorn, S. 16, http://www.acpr.org.il/english-nativ/issue1/ einhorn-1.htm. Als potentielle Aufnahmeländer wurden Transjordanien, Irak, Syrien und Saudi-Arabien diskutiert. 158

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deutlich macht, sollte die palästinensische Bevölkerung mit einer Mischung aus Anreiz und Druck zu einem Einverständnis gebracht werden. Im Anschluss an die Balfour-Erklärung, mit der die Idee einer jüdischen Heimstätte auf palästinensischem Boden erstmals internationale Legitimität erlangte, kam es 1919 zu einem ersten Versuch der zionistischen Führung, mit arabischen Führern zu einer Einigung über eine freiwillige Umsiedlung zu kommen: Unter britischer Schirmherrschaft schlossen der spätere Präsident der zionistischen Weltorganisation und Staatspräsident Israels, Weizmann, und der arabische Nationalführer und spätere irakische König Feisal I. eine Abmachung, in der Feisal die jüdische Immigration nach Israel (bei stillschweigender Akzeptanz der Umsiedlung der Palästinenser in einen arabischen Staat) befürwortete. Im Gegenzug versprach Weizmann, Feisal als pan-arabischen Führer zu unterstützen und jüdische Wirtschaftsexperten zum arabischen Staatsaufbau zu entsenden.161 Aufgrund gegenläufiger allgemeiner arabischer Auffassung änderte Feisal jedoch wenige Monate später seine pro-zionistische Haltung und nahm Abstand von der Abmachung.162 Andere Versuche, zu einer Einigung zu gelangen, scheiterten in ähnlicher Weise oder wurden gar nicht erst zur Sprache gebracht.163 Stattdessen suchte die zionistische Führung vermehrt die Unterstützung der britischen Mandatsmacht dahingehend, dass letztere die Umsiedlungspläne als Friedenslösung selbst vorschlagen und propagieren sollte.164 Während die britische Regierung entsprechende zionistische Vorschläge wie den Weizmann-Plan Anfang der 1930er Jahre noch ablehnte, brachten die palästinensischen Gewaltausbrüche 1936 einen Umschwung in der britischen Haltung mit sich. Auf die Anfrage des damaligen Präsidenten der jüdischen Interessenvertretung in Palästina (Jewish Agency) und späteren israelischen Premierministers, Ben-Gurion, bezüglich eines möglichen palästinensischen Bevölkerungstransfers nach Transjordanien, befand der britische Hochkommissar, Wauchope, den Plan als „a good idea“, vorausgesetzt Israel zahle Entschädigungen oder stelle alternatives Land in Transjordanien bereit.165 Ben-Gurions Anregung wurde ein Jahr später in ihren Grundzügen in den Teilungsplan der Peel-Kommission aufgenommen.166 Die Kommission schlug vor, das palästinensische Mandatsgebiet unter einem jüdischen Staat, der über 20% des Gebietes umfassen sollte, und Transjordanien aufzuteilen, das das ver161

Masalha (1992), S. 21. Shlaim (2000), S. 8. 163 Masalha (1992), S. 22–23. 164 Ibid., S. 30–38; Morris (2004), S. 44. 165 Simons, S. 10. 166 Die Peel-Kommission war eine britische Regierungskommission, die die Gründe des palästinensischen Aufstandes von 1936 untersuchen sollte. 162

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bleibende Gebiet bis auf einen unter britischer Kontrolle zu bleibenden, Jerusalem und Bethlehem umfassenden Korridor erhalten sollte.167 Die ca. 250.000 Palästinenser, die im Gebiet des zu bildenden jüdischen Staats ansässig waren, sollten mit den ca. 1.500 Juden außerhalb dieser Zone ausgetauscht werden.168 Grundsätzlich sollte der Bevölkerungsaustausch freiwillig und mit Entschädigungszahlungen erfolgen. Hinsichtlich bestimmter Gebiete, in denen eine freiwillige Umsiedlung nicht zu erwarten war, nahm die Kommission aber auch einen unfreiwilligen Austausch in Kauf: „But as regards the Plains, including Beisan, and as regards all such Jewish colonies as remained in the Arab State when the Treaties come into force, it should be part of the agreement that in the last resort the exchange would be compulsory.“169

Wie im Vorfeld des Potsdamer Abkommens führten britische Regierungsvertreter auch in diesem Fall den Bevölkerungsaustausch zwischen Griechen und Türken als positiven Präzedenzfall mit friedensdienlicher Wirkung als Argument an: „Before the [exchange] operation the Greek and Turkish minorities had been a constant irritant. Now the ulcer had been cleaned out, and Greco-Turkish relations, we understand, are friendlier than they have ever been before.“170

Obwohl der Völkerbund indizierte, dem Teilungsplan unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass der Bevölkerungsaustausch mit der notwendigen Sorgfalt durchgeführt werde, verwarf die britische Regierung den Plan wegen des starken palästinensischen bzw. arabischen Widerstands.171 Der Einfluss des Teilungsplans vor allem auf das zionistische Denken war jedoch immens. Zum ersten Mal kam der Gedanke des nicht ausschließlich freiwilligen Bevölkerungsaustauschs von internationaler Seite und nicht von Zionisten und war als erwägenswerte Politik legitimiert worden. Dieser Umstand löste unter Zionisten eine große Diskussion über die Zukunft Palästinas aus und führte bei vielen zu einer veränderten Haltung hinsichtlich einer unfreiwilligen Umsiedlung der Palästinenser. Ben-Gurions Reaktion auf den Peel-Plan kann als besonders starker Ausdruck des Meinungsumschwungs gelten. Während er anfänglich bei erster Durchsicht des Plans der Idee eines unfreiwilligen Austauschs sehr zurückhaltend gegenüberstand („It is difficult for me to believe in a compulsory transfer, 167

Morris (2004), S. 46. Arzt/Zughaib, S. 1420. 169 Palestine Royal Commission Report (Peel Commission Report), Juli 1937, zitiert in: Simons, S. 126. Der Report erwähnte die Möglichkeit eines zwangsweisen Bevölkerungsaustauschs in einer weiteren Passage: „If an arrangement could be made for the transfer, voluntary or otherwise, of land and population, Parliament should be asked to make a grant to meet the cost of the aforesaid scheme.“ Ibid. 170 Peel Commission Report, zitiert in: Morris (2004), S. 47. 171 Ibid., S. 49. 168

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and it is difficult for me to believe in a transfer by agreement.“),172 erkannte er doch bald dessen Vorzüge für die zionistische Bewegung und bemerkte kurze Zeit später in seinem Tagebuch: „We should not assume that it is definitely impossible. If we put it into effect, it would be of tremendous advantage to us . . .“173 Ben-Gurion war sich der Fraglichkeit einer tatsächlichen britischen Implementierung des Transferplans bewusst und erkannte den günstigen Zeitpunkt für eine Implementierung des Vorhabens. Er schrieb in sein Tagebuch: „We must insist on the implementation of this proposal with all our strength, heart and soul, since of all the proposals of the Commission, this is the [only] one which compensate us for the amputation of the remaining parts of Palestine.“174

Trotz der späteren britischen Abkehr von dem Plan, behielt er seine positive Grundhaltung in den Folgejahren bei und machte sich für eine Aufnahme des Gedankens der unfreiwilligen Umsiedlung in das zionistische Grundsatzprogramm stark: „I support compulsory transfer. I don’t see in it anything immoral.“175 Auch wenn die meisten zionistischen Politiker und Institutionen einen freiwilligen Bevölkerungstransfer bevorzugten, teilten oder stellten sie sich zumindest nicht gegen Ben-Gurions Argumentation für eine unfreiwillige Umsiedlung insbesondere für den Fall einer Implementierung durch die britische Mandatsmacht.176 Verschiedene jüdische Persönlichkeiten, wie der Leiter der Entwicklungsabteilung des Jüdische Nationalfonds, Weitz, und der amerikanische Philantroph, Norman, schlugen in der Folgezeit andere Umsiedlungspläne vor, wobei die Judenverfolgung in Europa der Schaffung einer jüdischen Heimstätte besondere Dringlichkeit gab.177 Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden verschiedene Vorschläge zur Lösung des Palästinaproblems mit dem Mittel des Bevölkerungsaustauschs aber auch von britischer und amerikanischer Seite gemacht. So diskutierte z. B. der 172

Zitiert in: Simons, S. 12. Ibid. 174 Ibid., S. 14. 175 Morris (2004), S. 50. Für weitere Zitierungen von Ben-Gurions positiver Befürwortung eines unfreiwilligen Transfers der palästinensischen Bevölkerung, siehe: Rubenberg, S. 10. 176 Morris (2004), S. 50; Simons, S. 211; Masalha (1992), S. 2. 177 1940 schlug Joseph Weitz einen Transfer aller Palästinenser nach Transjordanien, Syrien und in den Irak vor, welcher aus Mitteln der jüdischen Diaspora finanziert werden sollte. Ende der 1930er Jahre entwickelte Edward Norman ein Umsiedlungskonzept für die Palästinenser in den Irak, der zu der damaligen Zeit Zuwanderung benötigte. Der Bevölkerungstransfer sollte freiwillig sein, was einschloss, dass den Palästinensern ausreichend Land im Irak unentgeltlich zur Verfügung gestellt und die Umzugskosten übernommen werden sollte. Das Projekt sollte mit einer umfassenden Informationskampagne verbunden werden, mit deren Hilfe die Palästinenser für die Umsiedlung gewonnen werden sollten. Vgl. Simons, S. 60–64 und 83–84. 173

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britische Orientalist und Berater des saudischen Königs, St. John Philby, ob die Palästinenser nicht auf Kosten der Juden aus Palästina ausgesiedelt werden könnten und im Gegenzug alle arabischen Länder des Mittleren Ostens (außer Aden) Unabhängigkeit erlangen sollten.178 Auch auf amerikanischer Seite wurde der Gedanke der Umsiedlung bzw. des Bevölkerungsaustauschs von hohen Staatsmännern gut geheißen. Der ehemalige amerikanische Präsident Hoover und der damalige Präsident Roosevelt sprachen sich beide für einen Bevölkerungstransfer der Palästinenser in den Irak aus.179 Zur Finanzierung des Vorhabens schlug Roosevelt vor, dass die jüdische Gemeinschaft, das Vereinigte Königreich und die USA jeweils ein Drittel der Entschädigungskosten tragen sollten. Dass Roosevelt eine freiwillige Umsiedlung nicht für notwendig hielt, machte seine Forderung Anfang der 1940er Jahre deutlich, einen Zaun um Palästina zu bauen, um das Land „araberfrei“ zu halten.180 Trotz dieser Vorschläge verfolgte die britische Regierung allerdings eine andere, nicht-zionistische Politik auf Grundlage des Weißbuchs von 1939. In diesem wurde Abstand von Teilungsplänen genommen, der jüdische Minderheitenstatus innerhalb des neu zu gründenden Staates festgeschrieben und stark begrenzte Immigrationsquoten für Palästina trotz der Verfolgung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland aufrecht erhalten.181 Ab 1943 zeichnete sich angesichts der nationalsozialistischen Vertreibungs- und Vernichtungspolitik allmählich eine Veränderung der offiziellen britischen Haltung bezüglich Palästinas ab. Nicht nur nahmen allmählich britische Militärs den Gedanken eines jüdischen Staates und der Teilung Palästinas wieder auf.182 Auch das britische Kabinett und die britische Opposition sprachen sich für diesen Kurs aus. Im April 1944 verabschiedete die britische Labour-Partei sogar eine Resolution, in der eine Aufhebung der jüdischen Einreisequoten und ein freiwilliger Bevölkerungsaustausch einschließlich der Zahlung von Entschädigungen empfohlen wurde: „In Palestine surely is a case, on human grounds and to promote a stable settlement, for transfer of population. Let the Arabs be encouraged to move out as the Jews move in. Let them be compensated handsomely for their land and their settlement elsewhere be carefully organised and generously financed.“183

Zur gleichen Zeit befürworteten auch verschiedene arabische Politiker eine Umsiedlung der Palästinenser, sofern ein jüdischer Staat gegründet werden 178

Ibid., S. 107; Masalha (1992), S. 155–156. Ibid., S. 87–93. 180 Ibid., S. 89; Arzt/Zughaib, S. 1419–1420. 181 Zur britischen Palästinapolitik siehe: Schulze, S. 7–9. 182 Morris (2004), S. 56. 183 Simons, S. 185. Allerdings nahm die Labour-Partei 1945 von der Resolution Abstand, nachdem sie zur Regierungspartei gewählt worden war. 179

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sollte. Dabei wurde davon ausgegangen, dass nur eine Teilung Palästinas einschließlich der jüdischen und palästinensischen Bevölkerung einen dauerhaften Frieden bringen könnte. Dabei hatte besonders Transjordanien ein Interesse an einer Aufteilung Palästinas in einen jüdischen Staat und es selbst.184 Inwieweit das zionistische und weit verbreitete internationale Transferdenken ursächlich für die Flucht und Vertreibung der Palästinenser von 1947 bis 1949 war, ist einer der Streitpunkte des oben erwähnten Historikerstreites. Palästinensische Historiker gehen von einem direkten Zusammenhang zwischen zionistischer Ideologie und dem palästinensischen Exodus aus und unterstellen Israel, wie Marsalha prototypisch schreibt, Intention: „Nonetheless, the general support they [die Transferpläne] received and the attempts to promote them by mainstream officials and Labor Zionists, particulary those leaders who were to play decisive roles in 1948 – Ben-Gurion, Weizmann, Shertok, Kaplan, Golda Meyerson, Weitz, and so on – highlight the ideological intent that made the Palestinian refugee exodus in 1948 possible.“185

Morris als Hauptvertreter der „neuen Historiker“ mit Blick auf die Entstehung des palästinensischen Flüchtlingsproblems, verneint zwar einen systematischen Zusammenhang zwischen Zionismus und der Flucht bzw. Vertreibung, streicht aber gleichzeitig die breite Akzeptanz der Idee des Bevölkerungstransfers in der jüdischen Bevölkerung heraus: „My feeling is that the transfer thinking and near-consensus that emerged in the 1930s and early 1940s was not tantamount to preplanning and did not issue in the production of a policy or master-plan of expulsion. . . . But transfer was inevitable and inbuilt into Zionism. . . . By 1948, transfer was in the air . . . so that, as it occurred, few voiced protest or doubt; it was accepted as inevitable and natural by the bulk of the Jewish population.“186

Selbst wenn man der zionistischen Führung bzw. Israel nicht den Vorwurf der zielgerichteten Vertreibung macht, hat die positive Grundhaltung in der israelischen Politik und weiten Teilen der Bevölkerung gegenüber dem Prinzip des Bevölkerungsaustauschs die anschließende Verhinderung der Rückkehr maßgeblich unterstützt und ermöglicht.187 Äußerungen zur Akzeptanz des de facto Bevölkerungstransfers kamen auch von britischer und amerikanischer Seite. Kurz nach der Hauptwelle der Flucht bzw. Vertreibung der Palästinenser schrieb z. B. der britische Außenminister Bevin im Juli 1948 dass „on a long term view . . . there may be something to be

184

Vgl. Morris (2004), S. 57–59. Masalha (1992), S. 165. 186 Morris (2004), S. 60. 187 Für einen Überblick über kritische Reaktionen zur Umsiedlungspolitik in der israelischen Opposition und Gesellschaft, siehe: Flapan, S. 108–117. 185

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten

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said for an exchange of populations between the areas assigned to the Arabs and the Jews respectively.“188 Denn, so Bevin ein paar Tage später: „It might be argued that the flight of large numbers of Arabs from the territory under Jewish administration had simplified the task of arriving at a stable settlement in Palestine since some transfers of population seems to be an essential condition for such settlement.“189

In ähnlicher Form gingen auch der britische Geheimdienst und das amerikanische Außenministerium davon aus, dass ein ethnisch bzw. religiös homogener Staat ohne eine fünfte Kolonne eine unabdingbare Voraussetzung für einen stabilen Frieden darstelle und folglich die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen nicht in ihre Häuser zurückkehren könnten.190

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehrund Eigentumsrechten Sowohl die vertriebenen Deutschen als auch die Palästinenser versuchten nach ihrer Flucht bzw. Vertreibung ihre Rückkehr- und Eigentumsrechte geltend zu machen. Beiden Gruppen war bei diesen Bemühungen jedoch nicht viel Erfolg beschieden, was auch mit der Tatsache erklärt werden kann, dass das Menschenrechtsregime sich damals erst zu entwickeln begann und noch keine bindenden Menschenrechtspakte existierten.191 Wie im vorherigen Kapitel beschrieben, war das Menschenrecht auf Eigentum besonders umstritten. Zwar galt das Recht auf persönliches Eigentum als völkergewohnheitsrechtlich verankert, aber seine Konturen blieben unklar. Ein allgemeiner menschenrechtlicher Schutzstandard hinsichtlich der Gewährung des Eigentums bestand nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch nicht. Hinzu kommt, dass das damalige Völkerrechtssystem noch ausschließlich zwischenstaatlicher Natur war und Privatpersonen oder Betroffenengruppen keine Ansprüche direkt geltend machen konnten. Wie in Kapitel A. I. erwähnt, wurden Eigentumsforderungen wenn überhaupt im Rahmen von Globalentschädigungsabkommen geregelt. Die Durchsetzung von individuellen Rechtspositionen im Rahmen einer neu zu gestaltenden Nachkriegsordnung war auch dadurch erschwert, dass man zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich von einem negativen Friedensbegriff ausging, wonach Frieden vor allem die Abwesenheit von zwischenstaatlicher Gewalt bedeutete. Eine diesem Friedensbegriff verpflichtete Friedenspolitik war primär an zwischenstaatlichen Stabilitätsinteressen ausgerichtet und ließ innerstaatliche und individualrechtliche Belange wie die Achtung von Menschen188 189 190 191

Zitiert in: Morris (2004), S. 39. Ibid. Ibid., S. 39–40. Rosand (1998), S. 1116.

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C. Fehlender Eigentumsschutz nach dem Zweiten Weltkrieg

rechten weitgehend außer Betracht.192 Wie unten in Kapitel V. ausgeführt, brachte erst die neue Interventionspolitik nach dem Ende des Kalten Krieges eine Wendung zum positiven Friedensbegriff mit sich, der auch die Bekämpfung von Gewaltursachen einschließlich der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte als internationale Friedensstrategie umfasste.193 1. Deutsche Flüchtlinge und Vertriebene Angesichts der unermesslichen Schrecken des vom Deutschen Reich begonnenen Zweiten Weltkrieges einschließlich seiner vor allem in Ost- und Mitteleuropa begangenen Verbrechen an der Zivilbevölkerung überrascht es nicht, dass den vertriebenen Deutschen trotz ihrer Leiden kaum Mitgefühl seitens der internationalen Gemeinschaft zu Teil wurde.194 1946 stellte das Rote Kreuz in einem Bericht mit Bedauern „une certaine inertie enfin et un manque d’intérêt à l’égard des minorités transférées, de la part de peuples trop longtemps opprimés et persécutés“ fest.195 Die Abtretung der deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße sollte, wie oben geschildert, Polen für den Verlust Ostpolens an die Sowjetunion entschädigen. Darüber hinaus sahen viele den Verlust der Heimat und des Eigentums der Vertriebenen als gerechte Kollektivstrafe für die deutschen Verbrechen an.196 Polnische und tschechische Juristen rechtfertigten die entschädigungslose Enteignung des Vertriebeneneigentums zuweilen als deutsche Reparationsleistungen für Kriegs- und Besatzungsschäden in Polen und der Tschechoslowakei.197 In einem Gespräch mit dem sowjetischen Außenminister Molotov am 14. Dezember 1943 formulierte Benesˇ den Zusammenhang zwischen Eigentumsverlust der Vertriebenen und deutschen Reparationsleistungen wie folgt: „Aber ich will, dass die Reparationen so durchgeführt werden, dass das Eigentum der von uns ausgesiedelten Deutschen auf die tschechoslowakische Regierung übergeht. Die Deutschen erhalten von uns eine Bestätigung, mit der sie sich dann wegen einer Entschädigung an die deutsche Regierung wenden können. Ich will nichts von der Art wie die Reparationen nach dem vergangenen Krieg.“198 192 Simma (1991), Artikel 33, RN 13, S. 475; Artikel 39, RN 6–8, S. 562–563. Erst in seiner 2. Auflage wird der positive Friedensbegriff verwandt: Simma (2002), Artikel 33, RN 13, S. 586. 193 Für eine umfassende Diskussion des negativen und des positiven Friedensbegriffes, siehe: Ramsbotham, S. 170–175; Fetherston, S. 93–95. 194 Barkan, S. 188. 195 Comité international de la Croix-Rouge, S. 703. 196 de Zayas (2005), S. 49–50. 197 Barkan, S. 190; Mauszyn ´ ski, S. 73; ähnlich: Rumpf, S. 98–100, der die Bestimmungen des Potsdamer Abkommens hinsichtlich der Reparationen für Osteuropa umfassend analysiert. 198 Zitiert in: Glotz, S. 177.

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten

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Im nächsten Satz stellte er dann heraus, dass die Enteignung des deutschen Vertriebeneneigentums als Auftakt zu einer allgemeinen sozialistischen Eigentumsreform zu verstehen sei: „Das ist einfach, eine einfache Form und es ist auch radikal. Wir werden den Landbesitz, die Fabriken, die Gruben, die Hütten und die Banken der Deutschen konfiszieren. An Einzelpersonen kann ich das nicht geben, damit daraus keine unmöglichen Kämpfe entstehen, so übernimmt alles der Staat, es wird nationalisiert. Und wenn ich das mit dem deutschen Eigentum gemacht habe, dann muss ich das Gleiche von den Tschechen verlangen.“199

Auch in Polen ging die Enteignung der deutschen Vertriebenen Hand in Hand mit der allgemeinen sozialistischen Bodenreform und der allgemeinen Abschaffung des Privateigentums.200 Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass für die Bundesrepublik Deutschland bis 1955 ein Besatzungsstatut galt, welches ihre außenpolitischen Befugnisse beschränkte, ist es verständlich, dass bis zum Zusammenbruch der sozialistischen Regime Mittel- und Osteuropas weder die Bundesrepublik noch die Vertriebenenverbände versuchten, die ausstehenden Eigentumsforderungen aktiv geltend zu machen.201 Stattdessen verkündeten die Vertreter der Vertriebenen 1950 die Charta der Heimatvertriebenen, in der die Heimatvertriebenen ausdrücklich auf Rache und Vergeltung verzichteten und auf ihre Mithilfe bei der Schaffung eines geeinten Europas hinwiesen. Daneben forderten sie (auch) für sich die Anerkennung und Verwirklichung ihres Heimatrechts,202 wobei sie in der Zwischenzeit aktiv am Wiederaufbau Deutschlands und Europas teilnehmen wollten. Konkrete Forderungen stellten die Vertriebenen indes nicht an Polen oder die Tschechoslowakei, sondern lediglich an die Bundesrepublik hinsichtlich ihrer Behandlung. An die internationale Gemeinschaft wurde in vergangenheitspolitisch nicht unproblematischer Weise der Appell gerichtet, „ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen [zu] empfinden“ und zu „handeln, wie es ihren christlichen Pflichten und ihrem Gewissen entspricht.203

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Ibid. Vgl. Dekret des Polnischen Komitees der Nationalen Befreiung über die Durchführung der Bodenreform, siehe FN 20. 201 Rosand (1998), S. 1117. Dieses änderte freilich nichts an der Vehemenz, mit der Vertriebenenorganisationen ihr Recht auf Heimat einforderten und das ihnen angetane Unrecht beklagten. Beispielhaft siehe dazu: Urbanek, S. 6. Zum Besatzungsregime der Allierten, siehe: Schweisfurth, S. 584–587. 202 Der Begriff des Heimatrechts ist vor allem im Zusammenhang mit den deutschen Vertriebenen benutzt worden, während in anderen Flucht- und Vertreibungssituationen zumeist vom Rückkehrrecht („right to return“) gesprochen wird. Für nähere Erläuterungen, siehe Kapitel E. 200

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C. Fehlender Eigentumsschutz nach dem Zweiten Weltkrieg

Da das Potsdamer Abkommen Ostpreußen, Schlesien, Ostbrandenburg und Pommern lediglich unter sowjetische und polnische Übergangsverwaltung gestellt und die endgültige Festlegung der polnischen Westgrenze von einem abschließenden Friedensvertrag abhängig gemacht hatte,204 bestand für die Vertrie203

Die Charta der Heimatvertriebenen vom 5. August 1950 lautet: „Im Bewußtsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen, im Bewußtsein ihrer Zugehörigkeit zum christlich-abendländischen Kulturkreis, im Bewußtsein ihres deutschen Volkstums und in der Erkenntnis der gemeinsamen Aufgabe aller europäischen Völker, haben die erwählten Vertreter von Millionen Heimatvertriebenen nach reiflicher Überlegung und nach Prüfung ihres Gewissens beschlossen, dem deutschen Volk und der Weltöffentlichkeit gegenüber eine feierliche Erklärung abzugeben, die die Pflichten und Rechte festlegt, welche die deutschen Heimatvertriebenen als ihr Grundgesetz und als unumgängliche Voraussetzung für die Herbeiführung eines freien und geeinten Europas ansehen. 1. Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluß ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat. 2. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können. 3. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschlands und Europas. Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten. Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Daher fühlen wir uns berufen zu verlangen, daß das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird. So lange dieses Recht für uns nicht verwirklicht ist, wollen wir aber nicht zur Untätigkeit verurteilt beiseite stehen, sondern in neuen, geläuterten Formen verständnisvollen und brüderlichen Zusammenlebens mit allen Gliedern unseres Volkes schaffen und wirken. Darum fordern und verlangen wir heute wie gestern: 1. Gleiches Recht als Staatsbürger nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch in der Wirklichkeit des Alltags. 2. Gerechte und sinnvolle Verteilung der Lasten des letzten Krieges auf das ganze deutsche Volk und eine ehrliche Durchführung dieses Grundsatzes. 3. Sinnvollen Einbau aller Berufsgruppen der Heimatvertriebenen in das Leben des deutschen Volkes. 4. Tätige Einschaltung der deutschen Heimatvertriebenen in den Wiederaufbau Europas. Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden. Die Völker sollen handeln, wie es ihren christlichen Pflichten und ihrem Gewissen entspricht. Die Völker müssen erkennen, daß das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen wie aller Flüchtlinge, ein Weltproblem ist, dessen Lösung höchste sittliche Verantwortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung fordert. Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird.“ Abgedruckt in: Jacobsen, S. 74. Für eine kritische Analyse der vergangenheitspolitischen Aspekte der Charta, siehe: Brumlik, S. 92–100. 204 Artikel IX, Abs. b) des Potsdamer Abkommens; abgedruckt in: von Münch, S. 42.

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten

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benengruppen die Hoffnung, zumindest in einen Teil der genannten Gebiete zurückkehren zu können.205 Dabei wurde die Verwirklichung des Rückkehrrechtes als Voraussetzung für die Wiedererlangung des verlorenen Eigentums angesehen. Ein Friedensvertrag hätte darüber hinaus auch Gelegenheit gegeben, ausstehende Eigentumsfragen mit der Sowjetunion und der Tschechoslowakei zu klären. In der Ostpolitik verfolgte die Bundesrepublik eine Doppelstrategie. Auf der einen Seite gaben westdeutsche Politiker in offiziellen Erklärungen ihrem Wunsch Ausdruck, in künftigen Friedensverhandlungen soviel wie möglich von dem Land östlich von Oder und Neiße wiederzuerhalten, und wiederholten ihre Forderung nach einer Rückkehrmöglichkeit für Flüchtlinge und Vertriebene. Auf der anderen Seite war sich die Adenauersche Bundesregierung jedoch insgeheim über den unwiederbringlichen Verlust der deutschen Ostgebiete bewusst und betrieb eine durch Marshall-Plan und Lastenausgleich gestützte Integrationspolitik der betroffenen Personengruppen in die westdeutsche Gesellschaft.206 Demgegenüber war die Politik der Deutschen Demokratischen Republik auf die Anerkennung des Status Quo gerichtet. 1950 schlossen die DDR und Polen den Görlitzer Vertrag über die „endgültige Friedens- und Freundschaftsgrenze“ an Oder und Neiße.207 In der Bundesrepublik begannen u. a. kirchliche Kreise Mitte der 1960er Jahre, sich für einen deutschen Verzicht auszusprechen und auch das Heimatrecht der neu angesiedelten Polen anzuerkennen.208 Diese Entwicklung fand dann ihren Ausdruck in der Brandtschen Ostpolitik und dem Abschluss des Warschauer Vertrags zwischen der Bundesrepublik und Polen im Dezember 1970, in welchem gegen den Widerstand der Vertriebenenverbände und der christdemokratischen Opposition die Unverletzlichkeit der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens festgestellt wurde.209 Die endgültige Anerkennung der Grenze erfolgte dann durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag, mit dem sich das wiedervereinigte Deutschland dazu verpflichtete, keine Gebietsansprüche hinsichtlich der Gebiete östlich von Oder und Neiße zu erheben, und durch den deutsch-polnischen Grenzvertrag im November 1990.210 Dieses Abkommen so205

Naimark, S. 125; Lehmann, S. 112. Urban, S. 164–169. 207 Präambel, Abkommen zwischen der Republik Polen und der Deutschen Demokratischen Republik über die Markierung der festgelegten und bestehenden deutschpolnischen Staatsgrenze vom 6. Juli 1950 (Görlitzer Vertrag), abgedruckt in: von Münch, S. 497–499. 208 Urban, S. 169–170. 209 Artikel 1, Abs. 1, des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen vom 7. Dezember 1970 („Warschauer Vertrag“); abgedruckt in: Jacobsen, S. 222–223. Zur „Neuen Ostpolitik“ siehe: Hartenstein, S. 198–202. 210 Artikel 1, Abs. 1–3, des Vertrags über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990; abgedruckt in: Bundesministerium für inner206

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wie die zwischen der Bundesrepublik und Polen bzw. der Tschechoslowakei 1991 bzw. 1992 geschlossenen Nachbarschaftsverträge und die deutsch-tschechische Erklärung von 1997 regelten jedoch nicht die ausstehenden Vermögensfragen.211 Während die Bundesrepublik de facto eine Politik des Status Quo betrieb, vermied sie es, ausdrücklich auf etwaige Eigentumsansprüche deutscher Flüchtlinge und Vertriebener zu verzichten. Gleichzeitig forderte der Deutsche Bundestag 1998 eine Einbeziehung der Vertriebenen in die politische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und ihren östlichen Nachbarn und unterstützte 2002 durch einen Beschluss die Gründung des Zentrums gegen Vertreibungen zur Dokumentation von und Erinnerung an Vertreibungsunrecht mit besonderem Fokus auf die deutschen und andere europäische Vertriebenen.212 Die Vertriebenen brachten Rückkehr- und Eigentumsrechte allerdings nicht nur im Zusammenhang mit der endgültigen Anerkennung der polnischen Westgrenze zur Sprache, sondern auch in Verbindung mit der Rechtswidrigkeit der Vertreibung als solcher. Dabei beriefen sie sich auf das oben zitierte Vertreibungsverbot und verstanden das im nachfolgenden Kapitel näher behandelte Recht auf Rückkehr als ein kuratives Recht zur Wiedergutmachung der unrechtmäßigen Aussiedlung.213 Hinsichtlich der in den ehemaligen Reichsprovinzen angesiedelten Reichsdeutschen argumentierten die Alliierten, dass die Haager Landkriegsordnung einschließlich des kriegsrechtlichen Vertreibungsverbots nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands nicht einschlägig gewesen sei, weil Deutschland 1945 durch debellatio vollständig unterworfen worden sei.214 Laut eines Gutachtens der amerikanischen Regierung aus dem Jahre 1946 sei die Besatzung Deutschlands eine occupatio sui generis, in der das kriegsrechtliche Besatzungsdeutsche Angelegenheiten, S. 270–271; Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über die Bestätigung der zwischen ihnen bestehenden Grenze vom 14. November 1990; abgedruckt in: Jacobsen, S. 544–545. 211 Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991; abgedruckt in: Jacobsen, S. 546–555. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland zu der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 27. Februar 1997; erhältlich unter: http:// www.deutsche-botschaft.cz/DE/POLITIK_PRESSE/BILAT_BEZ/bstvertrag92_dt.html; Deutsch-tschechische Erklärung über die gegenseitigen Beziehungen und deren künftige Entwicklung vom 21. Januar 1997; erhältlich unter: http://www.bundestag.de/ cgibin/druck.pl Zur rechtlichen Bedeutung, siehe: Blumenwitz (1992), S. 110–113; Tomuschat (1996a), S. 48–49. Anderer Ansicht ist Doehring, der von einem endgültigen deutschen Verzicht ausgeht, vgl. Doehring/Fehn/Hockerts, S. 19–20. 212 Vgl. Urban, S. 175–176. Zum Zentrum gegen Vertreibungen, siehe: Hartenstein, S. 220–224. 213 Vgl. Achermann, S. 133. 214 Vgl. Gutachten der Völkerrechtsabteilung des Heeresministeriums der Vereinigten Staaten zur Anwendbarkeit der Haager Landkriegsordnung und Genfer Konvention

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten

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recht nicht anwendbar sei, sondern u. a. Grenzveränderungen und Eingriffe in Eigentumsrechte durchgeführt werden könnten.215 Weiterhin wurde argumentiert, dass die Alliierten die oberste Regierungsgewalt und die uneingeschränkte Verfügungsgewalt für das besiegte Deutsche Reich innegehabt hätten, die es ihnen erlaubt habe, Deutschland zu annektieren oder aufzuteilen.216 Hinsichtlich der Bevölkerungsumsiedlungen wurde argumentiert, dass die Besatzungsmächte das Einverständnis des Deutschen Reiches ersetzt hätten, weswegen das Potsdamer Abkommen auch als rechtmäßiger Umsiedlungsvertrag angesehen werden könne.217 Ohne Differenzierung zwischen den „wilden“ und „geregelten“ Vertreibungen behaupteten vor allem polnische und tschechoslowakische Juristen, dass das Potsdamer Abkommen als Vertrag zugunsten Polens bzw. der Tschechoslowakei die Vertreibungen (nachträglich) legitimiert habe.218 Von angelsächsischen Völkerrechtlern ist darüber hinaus vorgebracht worden, dass Zwangsumsiedlungen als Sanktionen und Maßnahmen der kollektiven Selbstverteidigung zur Verhinderung eines Wiederaufflammens der Gewalt gerechtfertigt werden können.219 Von deutscher Seite wurde diese Argumentation verworfen und erwidert, dass Deutschland nach dem Willen der Siegermächte gerade nicht als Völkerrechtsauf das besetzte Deutschland, 10. Dezember 1946, abgedruckt in: Laun/von Mangoldt, S. 303–304. Siehe auch: Kelsen, S. 519–521. Zu den unterschiedlichen Interpretationen von Debellatio, siehe: Meyn, S. 969–971. 215 Vgl. Gutachten der Völkerrechtsabteilung, ibid. S. 304. Die folgende Passage spiegelt die Auffassung der Vereinigten Staaten wieder: „Nevertheless, it appears from the many pronouncements made before surrender as well as from the actions of the Allies in Germany afte surrender that the victors did not intend to be bound by the status of a belligerent occupant in dealing with a conquered nation. They intended to transfer some German territory to other nations and to reorganize and reform the political governmental and social structure of what was left in order to create a new State which would meet with the victor’s approval. To accomplish such a purpose the Allies realized long before surrender that it would be necessary to alter the laws, to interfere with rights of private property, and to impregnate the people who inhabited the area with a new political ideology. Plans to accomplish these objectives were laid in advance which were so far reaching in effect as to go beyond the powers of a belligerent occupant as defined by authorities on international law.“ S. 304. 216 Allerdings hatten die Siegermächte mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 ihren Willen zum Ausdruck gebracht, von einer Annektion abzusehen und den Fortbestand des Deutschen Reiches zu wahren. Gleichzeitig wünschten sie, Gestaltungsfreiheit bei der Umformung des eroberten Reichsgebietes zu behalten. Vgl. Skubiszewski, (1985), S. 32–33; Gelberg, S. 590–591. Siehe auch die zusammenfassenden Erörterungen von: de Zayas (1975), S. 230–234; Uschakow, S. 114– 118. 217 Vgl. Wiewióra, S. 72–73, 117, 128; Klafkowski, S. 66–68, 224–225. 218 Wiewióra, S. 126–129; Luz ˇa, S. 277–280; Gelberg, S. 590–591; Klafkowski, S. 250–260. Klafkowski betont insbesondere, dass die meisten Deutschen vor Kriegsende geflohen seien, wofür Polen keine Verantwortung zu übernehmen habe. 219 Brownlie (1990), S. 591; Oppenheim/Lauterpacht, S. 603–604.

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subjekt untergehen und nicht annektiert werden sollte, weswegen die Besatzungsmächte sich an das gewohnheitsrechtlich verankerte Vertreibungsverbot hätten halten müssen.220 Im April 1947 nahmen die deutschen Völkerrechtslehrer auf ihrer ersten Tagung diesbezüglich wie folgt Stellung: „1. Das Deutsche Reich ist auch nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht und der Besetzung ein Staat mit eigenen Staatsangehörigen und ein Rechtssubjekt im Sinne des allgemeinen Völkerrechts. ... 3. Die allgemeinen Grundsätze des in der Haager Landkriegsordnung geregelten Besatzungsrechts gelten für das ganze Gebiet der Völkerrechtsgemeinschaft, daher auch für Deutschland, und können durch partikularen Rechtswillen einzelner Staaten nicht außer Kraft gesetzt werden. ... 5. Das Recht der persönlichen Freiheit, das zu den allgemeinen Menschenrechten gehört, umfaßt auch das Recht, in der Heimat zu leben und nicht gewaltsam aus ihr vertrieben zu werden. 6. Massenausweisungen der einheimischen Bevölkerung aus besetztem feindlichem Gebiet sind völkerrechtswidrig.“221

In ähnlicher Weise äußerte sich die Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht auf ihrer ersten Tagung im April 1950: „4. Für die Zuweisung eines Gebietes ist der Wille der heimatberechtigten Bevölkerung ein entscheidender Gesichtspunkt. Die Trennung der angestammten Bevölkerung von ihrem Heimatboden ohne ihren Willen widerspricht bisher allgemein anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts. Daher sollte bei der Kodifikation der Grundrechte des Menschen das Recht auf den Verbleib in seiner Heimat ausdrücklich aufgezählt werden.“222

Weiterhin argumentierten deutsche Völkerrechtler, dass die Vertreibungen eine völkerrechtswidrige Repressalie gewesen seien und aus einem Vertrag zu Lasten Dritter keine Verpflichtungen für den nicht beteiligten Staat erwachsen können.223 Die Vertreibung und entschädigungslose Einziehung des Flüchtlingsund Vertriebeneneigentums wurde als unrechtmäßige Kollektivhaftung und Bestrafung der deutschen Zivilbevölkerung eingestuft, die nicht mit dem Rechtsgrundsatz der individuellen und persönlichen strafrechtlichen Haftung zu vereinbaren sei.224

220

Vgl. Blumenwitz (1995), S. 54. Abgedruckt in: Laun/von Mangoldt, S. 6. 222 Abgedruckt in: Krüger/Erler, S. 71–72. 223 Blumenwitz (1987), S. 51–54; Urbanek, S. 29; siehe auch die umfassende Analyse von Tomuschat (1996a), S. 37–47. 224 Blumenwitz (1987), S. 55. 221

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Allerdings vermochte sich diese Rechtsauffassung zumindest in ihrer Konsequenz bis dato international nicht durchzusetzen, weswegen das Argument der Legitimierung der Vertreibungen durch das Potsdamer Abkommen als herrschende Meinung gilt.225 Ob die Vertreibung der Deutschen einschließlich der entschädigungslosen Enteignung des Flüchtlings- und Vertriebeneneigentums nun der Ausfluss reiner Machtpolitik der Siegermächte war oder auch rechtlicher Unklarheit hinsichtlich der Zulässigkeit von Bevölkerungsumsiedlungen und des menschenrechtlichen Schutzumfangs von Eigentumsrechten geschuldet ist, mag dahingestellt bleiben.226 Festzuhalten bleibt, dass die internationale Gemeinschaft die Zwangsumsiedlungen in ihrer tatsächlichen Form einschließlich der entschädigungslosen Enteignung de facto akzeptiert hat und diesbezüglich untätig geblieben ist. Ungeachtet des fehlenden ausdrücklichen Verzichts auf deutsche Eigentumsforderungen, blieb auch die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der angekündigten Restitutionsklagen der Preußischen Treuhand untätig.227 Letztere sammelt seit ihrer Gründung Ende 2000 als Kommanditgesellschaft Kapital für die Vorbereitung und Finanzierung entsprechender Prozesse vor polnischen Gerichten, dem EMGH und/oder für Sammelklagen nach amerikanischem Recht.228 Die Bundesregierung erklärte mehrfach gegenüber Polen, dass sie die Klagen, denen im Übrigen kaum Erfolgschancen zugebilligt werden, nicht unterstützt und ihnen keinen diplomatischen Schutz zukommen lassen wird.229 Daneben hat sich auch die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen und des Zentrums gegen Vertreibungen mehrfach deutlich von den Aktivitäten der Preußischen Treuhand distanziert.230 Angesichts dieser Umstände kann davon ausgegangen werden, dass mittlerweile sowohl die Bundesregierung als auch die Hauptinteressenvertreter der Vertriebenengruppen den vertreibungsbedingten Eigentumsverlust als geschichtliches Faktum hinnehmen und ruhen lassen möchten. 225

Uschakow, S. 114. Auf eine völkerrechtswidrige Real- bzw. Machtpolitik der Alliierten hinweisend: Tomuschat (1996a), S. 37; Palley, S. 242. 227 Vgl. Hartenstein, S. 229–232. 228 Vgl. den Internetauftritt der Gesellschaft: http//:www.preussischetreuhand.de.vu 229 Dies taten insbesondere Bundespräsident Johannes Rau bei seinem Besuch in Danzig Ende Oktober 2003 und Bundeskanzler Gerhard Schröder während seines Staatsbesuches anläßlich der 60. Jahrestages des Warschauer Aufstandes im August 2004. Etwaige Klagen würden gegen Polen wegen Ungleichbehandlung in der polnischen Restitutionsgesetzgebung erhoben werden. Dabei wird erwartet, dass der EGMR entsprechende Klagen wegen ratione temporis abweist (vgl. die Ausführungen in Kapitel D. II. 1. und dass die amerikanische Regierung in einem statement of interest amerikanischen Gerichten von einer Rechtsverfolgung abrät. Dazu siehe: Hess, S. 1–16; Hartensein, S. 234–236. 230 Vgl. Pressemitteilung des Zentrums gegen Vertreibungen vom 30. September 2005, erhältlich unter: http://www.z-g-v.de/aktuelles/index.php3?id=482 226

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2. Palästinensische Flüchtlinge bzw. Vertriebene Anders als beim Fall der Deutschen nahmen sich die Vereinten Nationen der Flüchtlings- bzw. Vertriebenenproblematik der Palästinenser von Anbeginn an und setzten sich für eine Beachtung von Rückkehr- und Eigentumsrechten ein. Schon in der Teilungsresolution (Resolution 181 (II)) schlug die Generalversammlung ein Verbot von entschädigungslosen Enteignungen von Mitgliedern der jeweils anderen religiösen bzw. nationalen Zugehörigkeit vor: „No expropriation of land owned by an Arab in the Jewish State [or by a Jew in the Arab State] shall be allowed except for public purposes. In all cases of expropriation full compensation as fixed by the Surpreme Court shall be paid previous to dispossession.“231

Nach Ausbruch des israelisch-arabischen Krieges im Mai 1948 schickten die Vereinten Nationen den schwedischen Graf zu Bernadotte als Vermittler nach Palästina, der in Folge einen umfassenden Friedensplan ausarbeitete.232 In seinem Bericht wandte er sich gegen die Flucht bzw. Vertreibung der Palästinenser und forderte internationale Anerkennung und Unterstützung der palästinensischen deren Rückkehr- und Eigentumsrechte: „The right of the Arab refugees to return to their homes in Jewish-controlled territory at the earliest possible date should be affirmed by the United Nations, and their repatriation, resettlement and economic and social rehabilitation, and payment of adequate compensation for the property of those choosing not to return, should be supervised and assisted by the United Nations . . .“233

Im Dezember 1948 nahm die Generalversammlung die Empfehlungen Bernadottes auf und bekräftigte die palästinensischen Rechte in Resolution 194 (III) wie folgt: „11. Resolves that the refugees wishing to return to their homes and live at peace with their neighbours should be permitted to do so at the earliest practicable date, and that compensation should be paid for the property of those choosing not to return and for loss of or damage to property which, under principles of international law or in equity, should be made good by the Governments or authorities responsible.“234

231

UN Doc. A/Res/181 (II), 29. November 1947, Abschn. C, Kap. 2, Para. 8. UN Doc. A/Res/186 (II), 14. Mai 1948. 233 UN Doc. A/648, Progress Report of the United Nations Mediator on Palestine, 16. Sept. 1948, S. 32. Einen Tag nach Veröffentlichung des Berichts wurde Bernadotte von jüdischen Extremisten ermordet. 234 UN Doc. A/Res/194 (III), 11. Dezember 1948, Para. 11. In der Abstimmung stimmten 35 Staaten gegen 15 Staaten bei 8 Enthaltungen. Während die europäischen Staaten und die Vereinigten Staaten für die Resolution stimmten, waren die kommunistischen und islamischen Staaten dagegen. Asiatische und lateinamerikanische Staaten enthielten sich. Vgl. Neff (1995), S. 71. 232

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Paragraph 11 stipuliert sowohl ein Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen in kollektiver Form, als auch konkreten Eigentumsschutz auf individueller Basis. Dabei werden ausdrücklich lediglich Entschädigungsansprüche im Fall der (gewollten) Nichtrückkehr erwähnt, während die Wiedererlangung des Besitzes im Falle der Rückkehr impliziert ist.235 Obwohl Resolution 194 (III) aufgrund ihrer Anerkennung Israels anfänglich von den arabischen Staaten abgelehnt wurde, bildet sie bis heute den Hauptbezugspunkt für Rückkehr- und Eigentumsansprüche der Palästinenser.236 Allerdings ist die Auslegung des Wortlauts von Paragraph 11 bis heute strittig. Zum einen wird der Anspruchscharakter des Paragraphen diskutiert. Angesichts der Formulierung „should be permitted“ verneinen einige Autoren einen rechtlichen Anspruch der palästinensischen Flüchtlinge aus Resolution 194 (III). Hätte die Generalversammlung wirklich ein Recht auf Rückkehr aussprechen wollen, hätte sie nach dieser Ansicht ein solches Recht explizit genannt und die Formulierung „must be permitted“ gewählt.237 Dieser Argumentation werden jedoch die Vorarbeiten zur Resolution entgegen gehalten, aus denen sich ergibt, dass Paragraph 11 von dem Vereinigten Königreich, das den Resolutionsentwurf vorgelegt hatte, als „precise directive“ bezeichnet worden ist und dass kein Staat außer Israel die Anspruchsqualität des Paragraphen in Frage gestellt hat.238 Grundsätzliche Einigkeit herrscht in der Literatur hingegen gegenüber dem Prinzip, dass Resolutionen der Generalversammlung an sich keine völkerrechtliche Bindungswirkung entfalten, so dass aus ihnen grundsätzlich auch kein verbindlicher rechtlicher Anspruch abgeleitet werden kann.239 Ob Resolution 194 (III) ein ohnehin existierendes allgemeines Rückkehrrecht deklariert, auf welches sich die Palästinenser unabhängig von Paragraph 11 berufen können, wird in Kapitel V. 2. diskutiert.240 Neben der Anspruchsqualität ist fraglich, inwieweit die Resolution Bedingungen für die Verwirklichung von Rückkehr- und Eigentumsrechten setzt. So haben Israel-freundliche Autoren aus der Formulierung „wishing to live in peace with their neighbours“ geschlossen, dass Rückkehr- bzw. Eigentumsrechte der 235 Zum Verhältnis vom Recht auf Rückkehr und dem Recht auf Eigentum, siehe unten Kapitel V. 236 Arzt/Zughaib, S. 1437. 237 Radley, S. 601; Lapidoth, S. 116. 238 Parameswaran, S. 8; Quigley (1998a), S. 189; siehe auch die umfassende Analyse der Formulierung von: Miller, Tina, S. 322–328. 239 Über die Unverbindlichkeit von Resolutionen der Generalversammlung im Zusammenhang mit Resolution 194 (III), siehe: Tadmor, S. 414–415; Ziegler, S. 256– 257; Parameswaran, S. 16–21; Allain, S. 117; Lawand, S. 146. 240 Dabei kommt jedoch lediglich eine spätere Kristallisierung des allgemeinen Rückkehrrechts zum Völkergewohnheitsrecht aufgrund einer kontinuierlichen Bestätigung von Resolution 194 (III) in Betracht. In den Dekaden unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bestand entsprechendes Gewohnheitsrecht jedenfalls noch nicht.

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Palästinenser lediglich unter der aufschiebenden Bedingung Wirkung entfalten könnten, dass sie zu einer friedlichen Eingliederung und zu einem Leben unter israelischer Herrschaft bereit seien. Da der Großteil der Palästinenser Israel ablehnte und einen eigenen Staat haben wollte, bestünde keine umsetzbare palästinensische Rechtsposition.241 Demgegenüber argumentieren Befürworter des Rückkehrrechts, dass sich die betreffende Formulierung eher auf das Wahlrecht der Palästinenser, nach Israel zurückzukehren oder Entschädigung zu erhalten, beziehen würde und dass israelische Sicherheitsbedenken bei der Rückführung von der Schlichtungskommission, die unten noch näher behandelt wird, zu berücksichtigen waren. Gegen eine aufschiebende Bedingung wird des Weiteren vorgebracht, dass die Formulierung während der Beratungen in der Generalversammlung nicht erörtert wurde und ihr daher keine entscheidende Bedeutung zukommen sollte, zumal sie in Folgeresolutionen nicht mehr erwähnt wurde.242 Weiterhin ist umstritten, ob Paragraph 11 eine zeitliche Qualifikation enthält. Die Formulierung „at the earliest practicable date“ wird von pro-israelischen Autoren so verstanden, dass eine Rückkehr nicht unmittelbar, sondern erst bei Abschluss eines umfassenden Friedensvertrages zwischen Israel und den arabischen Staaten zu gewähren sei. Die verschiedenen Paragraphen der Resolution 194 (III), einschließlich derer die die Streitpartien zu Verhandlungen über einen abschließenden Friedensvertrag aufrufen, seien systematisch aufeinander abgestimmt und dürften nicht unabhängig voneinander gelesen und angewandt werden.243 Die pro-palästinensische Gegenmeinung hält dieser Interpretation entgegen, dass Guatemala in den Vorarbeiten der Resolution vorgeschlagen hat, eine Repatriierung der Flüchtlinge und Vertriebenen von der Verkündung eines Friedensabkommens abhängig zu machen, was jedoch von den beratenden Staaten mit eindeutiger Mehrheit abgelehnt worden ist.244 Auch vor dem Hintergrund des von der englischen Version divergierenden französischen Wortlauts, der von „le plus tôt possible“ spricht, gehen diese Autoren von einem unmittelbaren Rückkehrrecht aus, das unter Berücksichtigung der organisatorischen und logistischen Probleme so schnell wie möglich umgesetzt werden sollte.245 241 Vgl. Radley, S. 602; Lapidoth, S. 116. Siehe auch: Tadmor, S. 423, 425–426, der das Vorliegen der Bedingung in Israels Ermessen stehen sieht. 242 Parameswaran, S. 10–11; Quigley (1998a), S. 187. 243 Lapidoth, S. 117; ähnlich Radley, S. 602. Die einschlägigen Paragraphen von Resolution 194 (III), siehe FN 234, lauten: „5. Calls upon the Governments and authorities concerned to extend the scope of the negotiations . . . and to seek agreement by negotiations conducted either with the Conciliation Commission or directly, with a view to the final settlement of all questions outstanding between them; 6. Instructs the Conciliation Commission to take steps to assist the Government and authorities concerned to achieve a final settlement of all questions between them . . .“ 244 Parameswaran, S. 11; Quigley (1998a), S. 185–187; Miller, Tina, S. 328. 245 Quigley (1998a), S. 188. Die französische Formulierung entsprach der ursprünglichen englischen Version, die später wegen israelischer Sicherheitsbedenken von

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Schließlich wird diskutiert, ob die Generalversammlung in ihren Folgeresolutionen der 1950er und 1960er Jahre von ihrer Forderung nach einer Flüchtlingsbzw. Vertriebenenrepatriierung zugunsten einer Ansiedlung in arabische Drittstaaten abgekehrt ist. Im Gegensatz zu dem in Resolution 194 (III) enthaltenen Fokus auf eine Rückkehr nach Palästina bzw. Israel, wurde in späteren Resolutionen zwar weiterhin auf Resolution 194 (III) verwiesen, daneben aber auch die Notwendigkeit der Reintegration der Flüchtlinge bzw. Vertriebenen entweder durch Rückkehr oder Ansiedlung in den arabischen Nachbarstaaten betont. Letztere wurden zu Hilfs- und Integrationsprogrammen aufgerufen.246 Vor dem Hintergrund dieser veränderten Resolutionspraxis ist argumentiert worden, dass die Generalversammlung nachträglich deutlich gemacht habe, dass ein Recht auf Rückkehr nicht existiere, sondern die Lösung des Flüchtlings- bzw. Vertriebenenproblems vor allem durch eine Ansiedlung in den arabischen Drittstaaten bzw. durch Entschädigungszahlungen zu erreichen sei.247 Nach dieser Auffassung habe auch der Sicherheitsrat die Nichtexistenz eines allgemeinen Rückkehrrechts mit seinen Resolutionen 242 und 338 bestätigt, die von einer gerechten Lösung des Flüchtlingsproblems („just settlement“) anstatt ausdrücklich von einer Flüchtlingsrückkehr sprechen.248 Auf diese Argumentation ist erwidert worden, dass die kontinuierliche Bekräftigung von Resolution 194 (III) deutlich mache, dass die Förderung einer Ansiedlung der Flüchtlinge und den Vertriebenen lediglich eine Ergänzung bzw. eine Zwischenlösung zur Erreichung des Ziels der Flüchtlings- bzw. Vertriebenenrückkehr sei. Weiterhin könne aus den „possible“ zu „practicable“ verändert wurde. Die Veränderung des englischen Wortlauts wurde während der Vorarbeiten jedoch nicht so gravierend erachtet, dass eine entsprechende Änderung des französischen Wortlauts notwendig gewesen wäre. 246 Siehe vor allem UN Doc. A/Res/393 (V), 2. Dezember 1950 und UN Doc. A/ Res/513 (VI), 26. Januar 1952. Auf diese beiden Resolutionen ist bis 1971 jährlich immer wieder verwiesen worden. Radley, S. 604. Die einschlägigen Paragraphen von Resolution 393 (V) lauten: „4. Considers that, without prejudice to the provisions of paragraph 11 of General Assembly resolution 194 (III) of 11 December 1948, the reintegration of the refugees into the economic life of the Near East, either by repatriation or resettlement, is essential in preparation for the time when international assistance is no longer available, and for the realization of conditions of peace and stability in the area; 5. Instructs the Agency to establish a reintregation fund which shall be utilized for projects requested by any government in the Near East and approved by the Agency fort he permanent re-establishment of refugees and their removal from relief.“ Die einschlägigen Paragraphen von Resolution 513 (VI) lauten: „1. Commends the United Nations relief and Works Agency for the development of a constructive programme which will contribute effectively to the welfare of the refugees; 2. Endorses, without prejudice to the provisions of paragraph 11 of resolution 194 (. . .) to reintegration either by repatriation or resettlement . . .“ 247 Köhler, S. 388; Benvenisti/Zamir, S. 327–328. Siehe auch: Radley, S. 604; Arzt/ Zughaib, S. 1438, die allerdings zu keiner abschließenden Wertung kommen. 248 UN Doc. S/Res/242 (XXII), 22. November 1967, und UN Doc. S/Res/338 (IIXXX), 22. Oktober 1973.

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genannten Sicherheitsratsresolutionen kein gegenteiliger Schluss gezogen werden, da die sich nicht allein mit den Rechten der Palästinenser befasst, sondern eine Gesamtlösung für die Beendigung des arabisch-israelischen Krieges angestrebt habe.249 Vom Streit um die Bindungswirkung und Auslegung der Resolution 194 (III) unberührt war die ebenfalls von Bernadotte vorgeschlagene Einrichtung einer Schlichtungskommission der Vereinten Nationen für Palästina (United Nations Conciliation Commission on Palestine – UNCCP), die als Unterorgan der Generalversammlung die Streitparteien auch zu einer Lösung des Flüchtlingsproblems einschließlich der ausstehenden Eigentumsfragen bringen sollte.250 Hinsichtlich der palästinensischen Eigentumsrechte wies die Generalversammlung die UNCCP in Resolution 394 (V) an, „to continue consultations with the parties concerned regarding measures of protection of the rights, property and interests of the refugees.“251 Die Kommission bestand aus Vertretern der Vereinigten Staaten, Frankreichs und der Türkei und diente bis zu ihrer faktischen Auflösung 1967 als Hauptforum für diesbezügliche Verhandlungen.252 Der zentrale Streitpunkt der Verhandlungen betraf die Rückkehr der Flüchtlings- bzw. Vertriebenen nach Israel, die für Israel noch nicht einmal als Verhandlungsgegenstand in Betracht kam. Aus israelischer Sicht standen nicht nur Sicherheitsbedenken einer Rückkehr entgegen, sondern auch die Tatsache, dass Israel den Krieg gewonnen und in seinen Augen zum Behalt des Landes berechtigt sei.253 Stattdessen war Israel lediglich zur Zahlung von Entschädigungen unter bestimmten Bedingungen bereit. Hauptzweck der Leistungen sollte die Ermöglichung der Ansiedlung der palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen in die arabischen Nachbarstaaten sein. Als Bedingung für israelische Entschädigungszahlungen forderte Israel, dass etwaige eigene Leistungen nicht auf individueller Basis, sondern auf Grundlage eines Globalentschädigungsabkommens im Rahmen eines endgültigen Friedensvertrages mit den arabischen Nachbarstaaten gezahlt werden und mit arabischen und deutschen Kriegsreparationen sowie mit Entschädigungen für den Verlust jüdischen Eigentums in arabischen Ländern verbunden bzw. verrechnet werden sollten.254 Weiterhin bot Israel le249

Parameswaran, S. 14–15; Quigley (1998a), S. 191. Hinsichtlich Rückkehr- und Eigentumsfragen besaß die Kommission den Auftrag „to facilitate the reparations, resettlement and economic and social rehabilitation of the refugees and the payment of compensation . . .“ Resolution 194 (III), siehe FN 234, Para. 11. 251 UN Doc. A/Res/394 (V), 14. Dezember 1950, Para. 2 (c). 252 Zur Entstehung der Kommission, siehe: Forsythe, S. 19–34. 253 Zur israelischen Position, siehe: Forsythe, S. 47, 100–101. 254 Entschädigungszahlungen auf Individualbasis kamen für Israel auch deswegen nicht in Betracht, weil es von einem wirksamen Eigentumsübergang von den Flüchtlingen bzw. Vertriebenen auf den Staat Israel, den Jüdischen Nationalfonds oder anderer jüdische Institutionen ausging. Fischbach (2003), S. 87. Zu den israelischen Ge250

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diglich an, Entschädigung für Land, das tatsächlich landwirtschaftlich oder anderweitig genutzt worden war, im Gegensatz zu bloßem Brachland zu zahlen. Für die palästinensische Seite und die arabischen Staaten war die Befassung mit der Flüchtlingsfrage hingegen Voraussetzung für die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Grundsätzlich beharrten sie auf eine Rückkehr und Eigentumsrestitution gemäß Paragraph 11 der Resolution 194 (III) und verlangten ein Ende der israelischen Beschlagnahmen von palästinensischem Grundbesitz. Außerdem standen sie Verhandlungen über Kompensationszahlungen misstrauisch gegenüber, da diese zum einen für die Ansiedlung in den arabischen Ländern verwandt werden sollten und zum anderen Unklarheit bestand, inwieweit Kompensationen eine Rückkehr ausschließen sollten. Die Interessenvertreter der nicht besitzenden palästinensischen Bevölkerung zeigten sich allerdings aufgeschlossener gegenüber kollektiver Entschädigungszahlungen im Rahmen von Globalentschädigungsabkommen als wohlhabende Palästinenser und die arabischen Nachbarstaaten.255 Obwohl die UNCCP unabhängig von ihren Mitgliedstaaten handeln sollte, wurde ihre Arbeit maßgeblich durch ihr stärkstes Mitglied, den USA, bestimmt.256 Während sich die USA anfänglich – ihrer Unterstützung für Resolution 194 (III) entsprechend – noch für eine Rückkehr der Flüchtlinge bzw. Vertriebenen aussprachen und von Israel Entgegenkommen in der Flüchtlings- und Eigentumsfrage verlangten, änderte sich die amerikanische Position ab Frühjahr 1949 ihrem Grundtenor nach deutlich zugunsten einer Entschädigungslösung. 1948 hatten die USA mit Unterstützung Bernadottes Israel dazu gedrängt, als Initialzündung für erfolgreiche Friedensverhandlungen einen deutlichen Schritt in Zusammenhang mit der Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr zu tun. Dabei forderte die amerikanische Regierung von Israel, mindestens 250.000 Flüchtlinge und Vertriebene nach Israel zurückkehren zu lassen, während der Rest in arabischen Anreinerstaaten angesiedelt werden sollte.257 Nachdem sich Israel kompromisslos zeigte,258 versuchten die USA, Israel durch Drohungen mit dem Zurückhalten von Aufbaukrediten zu diesem Schritt zu bewegen. Im Juni 1949 gab Präsident Truman jedoch jüdischem Drängen nach, verzichtete auf Sanktionen und gab sich mit dem israelischen Angebot zufrieden, 65.000 bis 70.000 Flüchtlinge bzw. Vertriebene als Teil einer umfassenden Friedenslösung „zurückzunehmen“ („100.000-Angebot“).259 Auch wenn die arabische Seite dieses genforderungen vor allem gegen Ägypten und Jordanien sowie zur Verbindung der Kriegsreparationen mit den palästinensischen Forderungen, siehe: ibid., S. 156–191; Benvenisti/Zamir, S. 301–305; Miller, Tina, S. 41–44. 255 Ibid., S. 95 und 102. 256 Fischbach (2002), S. 36. 257 Morris (2004), S. 599–600. 258 Israel hatte allerdings 8.000 Palästinensern die Rückkehr aus Gründen der Familienzusammenführung erlaubt. Quigley (1998a), S. 183–184.

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Angebot kategorisch ablehnte und die amerikanische Führung es als ungenügend und zu spät bewertete, ließen die USA Israel trotz aller Kritik gewähren. Eine Lösung des Flüchtlingsproblems wurde darüber hinaus von den arabischen Staaten erschwert, da sie (im Gegensatz zu palästinensischen Flüchtlingsvertretern und -gruppen) eine Aufrechterhaltung des Zustandes für Schuldzuweisungen an Israel machtpolitisch nutzen konnten.260 Seit Juni 1949 verfolgten die USA in der UNCCP fortan eine Politik, die mit der israelischen Position nicht unvereinbar war, was vor allem eine Politik bedeutete, die auf Entschädigung und Umsiedlung im Gegensatz zu Rückkehr und Eigentumsrestitution ausgerichtet war.261 Dabei sollten die Entschädigungszahlungen, die zu einem Großteil von der internationalen Gemeinschaft aufzubringen sein würden, zweckgebunden zur Ansiedlung und Integration der Flüchtlinge bzw. Vertriebenen in den arabischen Nachbarstaaten dienen.262 Diese Grundhaltung wurde zum roten Faden amerikanischer Politik in der Palästinafrage und beeinflusste in der Folge die Arbeit der UNCCP maßgeblich. Nach einigen Monaten ergebnisloser israelisch-arabischer Verhandlungen zu verschiedenen strittigen Punkten entschied die UNCCP im August 1949, eine Feldmission in den Nahen und Mittleren Osten („Clapp-Mission“) mit dem Auftrag zu entsenden, die wirtschaftlichen Eckdaten für einen regionalen Wirtschaftsplan zur Unterstützung der Ansiedlung der Flüchtlinge und Vertriebenen in den arabischen Anreinerstaaten zu sammeln. Der amerikanischen Haltung entsprechend, sollten der Wirtschaftsplan und die Entschädigungszahlungen an Flüchtlinge und Vertriebene als Ausgleich für deren Nichtrückführung nach Palästina bzw. Israel dienen. In ihrem Abschlussbericht an die UNCCP empfahl die Mission hinsichtlich der Entschädigungsthematik, dass entsprechende Leistungen losgelöst von einem umfassenden Friedensabkommen geregelt und auf Grundlage eines Globalentschädigungsabkommens getätigt werden könnten. Daneben schlug die Mission vor, einen Verwalter für das Flüchtlingseigentum einzusetzen, der u. a. mit Grundbesitzevaluierung und Auszahlungsempfehlungen befasst sein sollte.263 Die UNCCP befand die Vorschläge allerdings als zu ehrgeizig und erwähnte sie in ihrem eigenen Bericht über die Mission nicht. Statt mit diesen großen Fragen befasste sich die UNCCP daraufhin mit spezifischeren Eigentumsfragen und gab ein Gutachten in Auftrag, ob ein Entschädigungsregime das gesamte ehemalig palästinensische Land oder lediglich, wie von Israel angeboten, das vormals bewirtschaftete Land umfassen sollte.264 259 260 261 262 263 264

Neff (1988), S. 106–107. Ähnlich: Fischbach (2003), S. 101. Forsythe, S. 97–99; Shlaim (2000), S. 49; Fischbach (2003), S. 319–320. Fischbach (2002), S. 45. Fischbach (2003), S. 88. Fischbach (2002), S. 38. Ibid.

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Indem die UNCCP entgegen dem Wortlaut der Resolution 194 (III) weder eine Flüchtlings- bzw. Vertriebenenrückkehr noch Eigentumsrestitution als ernsthafte Konfliktlösungsmöglichkeiten ansah und auch in der Entschädigungsfrage keine Einigkeit zwischen Streitparteien erzielen konnte, kam sie nach einer weiteren erfolglosen Konferenz 1951 in Paris zu dem Schluss, dass eine erfolgreiche Streitschlichtung einstweilen nicht möglich sei: „The Commission is of the opinion . . . that the present unwillingness of the parties fully to implement the General Assembly resolutions under which the Commission is operating, as well as the changes which have occurred in Palestine during the past three years, have made it impossible for the Commission to carry out its mandate, and this fact should be taken into consideration in any further approach to the Palestine problem.“265

Dabei wies sie sowohl auf Israels Weigerung hin, den Rückkehrgedanken gemäß Paragraph 11 der Resolution 194 (III) umzusetzen, als auch auf die Unwilligkeit der arabischen Staaten, zu einer abschließenden und umfassenden Friedensregelung zu gelangen.266 Anstelle aktiver Streitschlichtung, wie es ihr eigentliches Mandat war, übernahm die UNCCP ab 1951 eher eine Hintergrundrolle und kümmerte sich vor allem um die Klärung von technischen Fragen. Dazu gehörten die Ausarbeitung eines Entschädigungsplans einschließlich der Identifizierung und Schätzung des zu entschädigenden Vermögens („global estimate“) und Überlegungen zur Schaffung eines Entschädigungsfonds.267 Der 1964 veröffentlichte Bericht der UNCCP stieß allerdings bei den arabischen Staaten vor allem wegen fehlender Berücksichtung der kollektiven und gemeindlichen Flächen auf Kritik, stellt aber bis heute den umfassendsten und verlässlichsten Versuch der Bewertung des verloren gegangenen palästinensischen Eigentums dar.268 Während die technische Arbeit allmählich zu ihrem Abschluss kam, unternahm die UNCCP 1961 und 1962 noch mal einen Versuch der aktiven Streitschlichtung mit Hilfe eines Sondergesandten, des ehemaligen Präsidenten der Carnegie Stiftung, Johnson. Nach zwei Feldmissionen legte dieser weit reichende Empfehlungen vor, die u. a. ein Wahlrecht der Flüchtlinge und Vertriebenen zwischen Repatriierung und Entschädigung sowie Vorschläge zur Höhe und den Modalitäten eines Entschädigungsregimes einhielten. Diese Empfehlungen 265

UN Doc. A/6/1985, UNCCP Progress Report, 20. November 1951, Para. 87. Ibid., Paras. 84–85. 267 Vgl. Fischbach (2002), S. 39–43. 268 Vertreter der arabischen Staaten kritisieren vor allem die weitgehende Nichteinbeziehung von kollektivem und kommunalem Grundbesitz sowie dazugehörigen öffentlichen Einrichtungen wie Kraftwerke und Eisenbahnstrecken. Weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Bewertung von beweglichem Eigentum und Gebäuden in ländlichen Gebieten. Hinsichtlich der Schätzungsmethode wurde der UNCCP vorgeworfen, ortsfremde Maßstäbe ohne Berücksichtung des in der Region geltenden Vertragsrechts angewandt zu haben. Vgl. Hadawi, S. 96–102; Fischbach (2003), S. 320–326. 266

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stießen jedoch auf solch starken Widerstand Israels und in geringerem Maße auf Ablehnung der arabischen Staaten, die das Flüchtlingsproblem nicht losgelöst von einem Gesamtfriedensabkommen regeln wollten, dass die USA ihre Unterstützung für den Plan zurücknahmen und von einer Veröffentlichung absahen.269 Im Anschluss trat Johnston verbittert und frustriert von seinem Amt zurück. Nach Scheitern der Johnston-Mission und nach Abschluss ihrer technischen Arbeit stellte die UNCCP 1966 ihre Tätigkeit de facto ein und das gesammelte Material einschließlich einer umfassenden Datenbank mit Katasterauszügen und Eigentumstiteln wurde im Archiv der Vereinten Nationen in New York eingelagert.270 Mit dem Sechstagekrieg 1967 verhärtete sich ein Jahr später die Haltung in der Generalversammlung gegenüber Israel.271 In Resolution 2452 (XXIII), der ersten Resolution zur Situation der palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen seit Ende des Sechstagekrieges, bedauerte die Generalversammlung die Nichtimplementierung von Resolution 194 (III) ausdrücklich272 und wandte sich mit Bezug auf Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Sechstagekrieg in scharfem Ton direkt an Israel: „Convinced that the plight of the displaced persons could best be relieved by their speedy return to their homes and to the camps which they formerly occupied, Emphasizing consequently, the requirement for their speedy return, 1. Calls upon the Government of Israel to take effective and immediate steps for the return without delay of those inhabitants who have fled the areas since the outbreak of hostilities.“273

Des Weiteren sprach die Generalversammlung in ihren nachfolgenden Resolutionen seither ausdrücklich von den sich aus der Satzung der Vereinten Nationen und der AEMR ergebenden unveräußerlichen Rechten, womit sie den Anspruchscharakter der palästinensischen Rückkehr- und Eigentumsrechte unterstrich.274 Gleichzeitig rief der Sicherheitsrat die Streitparteien zu einer gerechten Lösung des Flüchtlingsproblems auf, ohne allerdings ausdrücklich ein Rückkehrrecht der Palästinenser zu nennen.275 Während der Sicherheitsrat seinen Tenor nach dem Yom-Kippur-Krieg von 1973 beibehielt,276 nahm die Ge-

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Fischbach (2003), S. 283–287. Siehe auch Forsythe, S. 130–140. Zu den Diskussionen innerhalb der Vereinten Nationen über eine Wiederbelebung oder weitgehende Reduzierung der Aktivitäten der Schlichtungskommission, siehe: Fischbach (2003), S. 302–307. 271 Für eine umfassende Analyse der Resolutionspraxis der Generalversammlung, siehe: Miller, Tina, S. 360–399; Ziegler, S. 255–267. 272 UN Doc. A/Res/2452 B (XXIII), 19. Dezember 1948, Präambel. 273 UN Doc. A/Res/2452 A (XXIII), 19. Dezember 1968, Präambel, Para. 1. 274 Dazu siehe Kapitel E. II. 4. 275 UN Doc. S/Res/242 (XXII), 22. November 1967. 270

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neralversammlung in Resolution 3236 (XXIX) noch entschiedener zugunsten der Palästinenser Stellung. Ohne wie vorher zwischen den Flüchtlingen und Vertriebenen von 1947–1949 und von 1967 zu unterscheiden, bekräftigte sie ausdrücklich „the inalienable right of the Palestinians to return to their homes and property from which they have been displaced and uprooted, and calls for their return“.277 In dieser Resolution forderte sie eine Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen, ohne dass sie gleichzeitig wie in den Vorgängerresolutionen die Möglichkeit einer Ansiedlung in den arabischen Nachbarstaaten erwähnte. Hinsichtlich der Eigentumsproblematik forderte die Generalversammlung den Generalsekretär 1981 in Resolution 36/146 C sogar zu konkreten Schutzmaßnahmen einschließlich der Schaffung eines treuhänderischen Fonds für die Einnahmen, die aus dem Vermögen der Flüchtlinge und Vertriebenen erzielt worden waren, auf.278 Trotz dieser deutlichen Stellungnahmen und Forderungen zugunsten der Palästinenser besonders seitens der Generalversammlung, gelang es nicht, den Rückkehr- und Eigentumsrechten der Flüchtlinge und Vertriebenen Wirksamkeit zu verschaffen. Angesichts der zunehmenden Internationalisierung des Konfliktes trat das Flüchtlings- bzw. Vertriebenenproblem nach dem Sechstagekrieg hinter den allgemeineren Friedensansatz entsprechend der Formel „Land gegen Frieden“ zurück und konnte bis heute nicht gelöst werden.279 Zwar wurde das Problem im Camp David-Abkommen,280 im Friedensvertrag zwischen Israel 276 Vgl. UN Doc. S/Res/338 (IIXXX), 22. Oktober 1973, Para. 2, in der die Streitparteien zur Implementierung von Resolution 242 aufgerufen werden. 277 UN Doc. A/Res/3236 (XXIX), 22. November 1974, Präambel. 278 UN Doc. A/36/146 C, 16. Dezember 1981, Präambel und Para. 1: „Considering that the Palestinian Arab refugees are entitled to their property in conformity with the principles of justice and equity, Recalling, in particular, its resolution 394 (V) of 14 December 1950, in which it directed the United Nations Conciliation Commission for Palestine . . . to prescribe measures for the protection of the rights, property and interests of the Palestinian Arab refugees . . . 1. Requests the Secretary-General to take all appropriate steps, in consultation with the United Nations Conciliation Commission for Palestine, for the protection and administration of Arab property, assets and property rights in Israel, and to establish a fund for the receipt of income derived therefrom, on behalf of their rightful owners.“ 279 Fischbach (2002), S. 48. 280 Die Camp David Accords vom 17. September 1978 wurden von den ägyptischen, isrealischen und amerikanischen Präsidenten Muhammed Adwar al-Sadat, Menachem Begin und Jimmy Carter unterschrieben und dienen als Grundlage für den israelisch-ägyptischen Friedensvertrag vom 26. März 1979. Die Passage zum Flüchtlingsproblem lautet wie folgt: „A. West Bank and Gaza, . . . 4. Egypt and Israel will work with each other and with other interested parties to establish agreed procedures for a prompt, just and permanent implementation of the resolution of the refugee problem.“ Erhältlich unter: http://www.weltpolitik.net/texte/policy/israel/Camp_David_1978.pdf

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und Jordanien281 und in der Osloer Prinzipienerklärung282 erwähnt, seine tatsächliche Behandlung wurde jedoch jeweils auf Nachfolgeverhandlungen vertagt.283 Im Jahr 2000 scheiterte der Versuch, den Osloer Friedensprozess in Camp David zu retten u. a. an der Flüchtlings- bzw. Vertriebenenfrage.284 Ein Fortschritt gelang erst in den Gesprächen von Taba im Januar 2001. Dabei eiIm Friedensvertrag (Art. VIII) stimmten die Parteien überein, eine Eigentumskommission einzurichten, durch die gegenseitige Forderungen beigelegt werden sollten. Angesichts fehlender offizieller Unterstützung wurde allerdings kein effektives bilaterales Verfahren eingerichtet und nach offiziellen Angaben auch keine Restitutionsoder Entschädigungsansprüche gestellt. Vgl. Fischbach (2003), S. 329. Der Text des Friedensvertrages ist erhältlich unter: http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/ Peace/egypt-israel_treaty.html 281 Artikel 8 des Friedensvertrags vom 26. Oktober 1994 lautet: „ARTICLE 8 Refugees And Displaced Persons 1. Recognising the massive human problems caused to both Parties by the conflict in the Middle East, as well as the contribution made by them towards the alleviation of human suffering, the Parties will seek to further alleviate those problems arising on a bilateral level. 2. Recognising that the above human problems caused by the conflict in the Middle East cannot be fully resolved on the bilateral level, the Parties will seek to resolve them in appropriate forums, in accordance with international law, including the following: 1. in the case of displaced persons, in a quadripartite committee together with Egypt and the Palestinians: 2. in the case of refugees, i. in the framework of the Multilateral Working Group on Refugees; ii. in negotiations, in a framework to be agreed, bilateral or otherwise, in conjunction with and at the same time as the permanent status negotiations pertaining to the territories referred to in Article 3 of this Treaty; 3. through the implementation of agreed United Nations programmes and other agreed international economic programmes concerning refugees and displaced persons, including assistance to their settlement.“ Erhältlich unter: http://www.ariga.com/treaties/isrjor.shtml 282 Die Prinzipienerklärung ist das erste Dokument des Osloer Friedensabkommens zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Siehe: UN Doc. A/48/486, Declaration of Principles, 13. September 1993, Artikel V: „Article V Transitional Period And Permanent Status Negotiations ... 3. It is understood that these negotiations [i. e. die permanent status negotiations, die innerhalb von drei Jahren aufgenommen werden sollten] shall cover remaining issues, including: Jerusalem, refugees, settlements, security arrangements, borders, relations and cooperation with other neighbours, and other issues of common interest.“ 283 Für einen Überblick über die Friedensverträge und Erklärungen, siehe: Miller, Tina, S. 61–74. 284 Der Hauptstreitpunkt betraf den israelisch-amerikanischen Vorschlag, einen internationalen Entschädigungsfonds einzurichten, der aus internationalen Mitteln Flüchtlinge und Vertriebene entschädigen und zur Integrierung an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort beitragen sollte. Darüber hinaus blieb umstritten, ob die Beilegung der palästinensischen Rückkehr- und Eigentumsansprüche mit den Ansprüchen der arabischen Juden zusammen behandelt werden könnten. Vgl. Fischbach (2003), S. 352– 353; Hanieh, S. 82.

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nigten sich die palästinensische Befreiungsorganisation PLO und Israel grundsätzlich darauf, einen Teil der Flüchtlinge und Vertriebenen in das ehemalige Mandatsgebiet einschließlich Israels zurückzuführen und den anderen Teil in arabischen Nachbarstaaten anzusiedeln. Während dieser Verhandlungen wurden auch Fragen im Zusammenhang mit Entschädigungszahlungen und einem Erlöschen von Rückkehr- und Eigentumsansprüchen im Falle einer entsprechenden Vereinbarung geklärt. Keine Einigung konnte allerdings in der entscheidenden Frage erzielt werden, wie viele Flüchtlinge tatsächlich nach Israel zurückkehren dürfen sollen.285 Schließlich sieht der im September 2002 vom so genannten 285 Diese Einigung wurde in einem vom EU Sondergesandten Moratinos fertiggestellten „Nonpaper“ als künftige Verhandlungsgrundlage festgehalten. Die relevanten Passagen lauten wie folgt: „3. Refugees Nonpapers were exchanged, which were regarded as a good basis for the talks. Both sides stated that the issue of the Palestinian refugees is central to the Israeli-Palestinian relations and that a comprehensive and just solution is essential to creating a lasting and morally scrupulous peace. Both sides agreed to adopt the principles and references that could facilitate the adoption of an agreement. Both sides suggested, as a basis, that the parties should agree that a just settlement of the refugee problem in accordance with UN Security Council Resolution 242 must lead to the implementation of UN General Assembly Resolution 194. ... 3.2 Return, Repatriation, and Relocation and Rehabilitation Both sides engaged in a discussion of the practicalities of resolving the refugee issue. The Palestinian side reiterated that the Palestinian refugees should have the right of return to their homes in accordance with the interpretation of UNGA Resolution 194. The Israeli side expressed its understanding that the wish to return as per wording of UNGA Resolution 194 shall be implemented within the framework of one of the following programs: A. Return and repatriation 1. to Israel 2. to Israel swapped territory 3. to the Palestine state. B. Rehabilitation and relocation 1. Rehabilitation in host country. 2. Relocation to third country. . . . The Palestinian side stressed that the above shall be subject to the individual free choice of the refugees and shall not prejudice their right to return homes in accordance with its interpretation of UNGA Resolution 194. The Isreali side, informally, suggested a three-track fifteen-year absorption program, which was discussed but not agreed upon. The first track referred to the absorption to Israel. No numbers were agreed upon, but with a nonpaper referring to 25,000 in the first three years of this program (40,000 raised verbally). The second track referred to the absorption of Palestinian refugees into the Israeli territory that shall be transferred to Palestinian sovereignty, and the third track referr[ed] to the absorption of refugees in the context of a family reunion scheme. The Palesinian side did not present a number, but stated that the negotiations could not start without an Israeli opening position. . . . 3.3 Compensation Both sides agreed to the establishment of an International Commission and an International Fund as a mechanism for dealing with compensation in all its aspects. Both sides agreed that ,small-sum‘ compensation shall be paid to the refugees in the ,fast-

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Nahostquartett ausgearbeitete Friedensplan („Road-Map“) eine „einvernehmliche, gerechte, faire und realistische Lösung des Flüchtlingsproblems“ in seiner dritten und letzten Phase im Rahmen einer endgültigen Einigung beider Konfliktparteien vor.286 Aufgrund der zweiten Intifada und der harten Haltung der Sharon-Regierung wurde der fest umrissene Zeitplan jedoch nicht eingehalten und der Friedensplan bislang nicht durchgeführt. Zu der fehlenden Implementierung der Rückkehr- und Eigentumsrechte hat neben der unkonstruktiven Haltung der arabischen Staaten auch Israels langjährige Weigerung geführt, seine (Mit-)Verantwortlichkeit für die Flucht bzw. Vertreibung der Palästinenser und einen palästinensischen Rechtsanspruch offiziell anzuerkennen.287 Flapan hat den Zusammenhang zwischen der traditionellen zionistischen Geschichtsschreibung von der freiwilligen Flucht der Palästinenser und Israels fehlender Übernahme von Verantwortung zur Erreichung einer einvernehmlichen Lösung des Flüchtlings- bzw. Vertriebenenproblems wie folgt dargestellt: „The myth of voluntary exodus became Israel’s major argument against accepting even partial responsibility for the refugee problem, not to mention consideration of the refugees’ right to repatriation. Moreover, the refusal to permit the refugees to return helped create the impression among Israelis that the Palestinian problem would gradually disappear.“288

Da Israel sich nicht zur Repatriierung oder Entschädigung der Flüchtlinge und Vertriebenen verpflichtet sah, wurden etwaige Zugeständnisse aus israelitrack‘ procedure, claims of compensation for property losses below a certain amount shall be subject to ,fast-track‘ procedures. There was also progress on Israeli compensation for material losses, land and assets expropriated, including agreement on a payment from an Israeli lump sum or proper amount to be agreed upon that would feed into the International Fund. . . .“ Abgedruckt in: The Taba Negotiations (January 2001), Journal of Palestine Studies, Jg. 31, 2002, S. 79–89. 286 Zum Nahostquartett gehören die Vereinten Nationen, die Vereinigten Staaten, die Europäische Union und die Russische Föderation. Der Friedensplan wurde im September 2002 vorgelegt, den Konfliktparteien am 30. April 2003 übergeben und danach vom Sicherheitsrat als Resolution 1515 verabschiedet; vgl. UN Doc. S/Res/1515, 19. November 2003. Für den Text des Friedensplans, siehe: UN Doc. S/2003/529, 7. Mai 2003. 287 Vgl. Hanieh, S. 82; Neff (1995), S. 67–68; Miller, Tina, S. 99. 288 Flapan, S. 118. Flapan behauptet, dass die Geschichtsauffassung hinsichtlich der freiwilligen Flucht der Palästinenser ein wichtiger Bestandteil des israelischen Selbstbildes war, u. a. um die rücksichtslosen Methoden der Vertreibung und der entschädigungslosen Enteignung im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels zu verdecken und um entsprechende Schuldgefühle zu verdrängen. Weiterhin diene der Mythos der freiwilligen Flucht als politische Waffe, mit der sich argumentieren ließ, dass sich die Palästinenser in der gesamten arabischen Region ansiedeln könnten und die Juden die wahre heimatliche Verbundenheit zu Palästina bzw. Israel besäßen. Ibid., S. 117. Siehe auch: Hanieh, S. 82.

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scher Sicht lediglich als freiwilliges Entgegenkommen an die palästinensische Seite bewertet. Es bleibt indes zu vermuten, dass diese politische Grundhaltung allmählich durch die differenziertere neue israelische Geschichtsschreibung beeinflusst und gemildert wird. Hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung der palästinensischen Rückkehrund Eigentumsrechte ist trotz allem festzuhalten, dass die fortgesetzte Nichtanerkennung bzw. Nichteinigung über einen Repatriierungs- bzw. Entschädigungsmodus sich tendenziell zu Ungunsten der Palästinenser auswirkt. Zwar kommt wohl eine Verjährung bzw. Verwirkung aufgrund der kontinuierlichen Einforderung der Rückkehr- und Eigentumsansprüche seitens der palästinensischen und arabischen Seite und vor dem Hintergrund der aktiven Rückkehrverhinderung Israels nicht in Betracht.289 Trotzdem wird mit zunehmendem Zeitverlauf die palästinensische Position aus verschiedenen Gründen geschwächt. Besonders bei der Nichtverwirklichung der Rückkehr- und Eigentumsrechte über mehrere Generationen besteht eine steigende Tendenz der Betroffenen zu einer Neuansiedlung anderswo und zur gleichzeitigen Aufgabe des Rückkehrwunsches bzw. zur Erodierung der Verbindung zum Ursprungsland.290 Dies gilt prinzipiell auch für die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen, auch wenn die arabischen Nachbarstaaten ihre Integration aus politischen und wirtschaftlichen Gründen in bedeutsamer Weise verhindert haben und ein Großteil der Betroffenen noch in Flüchtlingslagern lebt. Hinzu kommt, dass mit der Neubesiedlung der Gebiete zumindest aus israelischer Sicht neue Heimat- und Eigentumsrechte begründet worden sind, deren Inhaber mit der Zeit zunehmend Vertrauen auf ihren Bestand aufgebaut haben.291 Ob diese Rechte völkerrechtlich schützenswert sind oder ob der Grundsatz ex iniuria non ius oritur gilt, sollte auch davon abhängen, ob sie nach einer freiwilligen Flucht oder aufgrund einer völkerrechtswidrigen Vertreibung begründet worden sind.292 Darüber hinaus ist in vielen Fällen die Herstellung des status quo ante auch aufgrund von vielfacher Zerstörung der ursprünglichen Häuser und Wohnungen nicht mehr 289

Vgl. Ziegler, S. 303–304; Lawand, S. 557. Lawand, S. 556. 291 Nach israelischer Sichtweise, hat die jüdische Bevölkerung gültige Besitz- und Eigentumrechte an dem „verlassenen“ Grundbesitz erworben. Die Palästinenser gehen allerdings davon aus, dass der jüdische Rechtserwerb unwirksam war und die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen weiterhin Eigentümer sind. 292 Hinsichtlich der Flucht bzw. Vertreibung käme allenfalls ein Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung und ein völkergewohnheitsrechtliches Vertreibungsverbot in Kriegszeiten in Betracht. Zum Vertreibungsverbot vor 1949, siehe: Köhler, S. 272– 315; de Zayas (1975), S. 211–212. Benvenisti und Zamir gehen allerdings davon aus, dass Vertrauensschutz auch hinsichtlich solcher Eigentumsrechte bestehen kann, denen ein Völkerrechtsbruch zugrunde liegt, wenn das örtlich anwendbare Recht entsprechende Bestandserwartung geschaffen hat. Vgl. Benvenisti/Zamir, S. 329. Siehe auch die Erörterungen zum Umfang des allgemeinen Rückkehrrechts in Kapitel E. 290

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C. Fehlender Eigentumsschutz nach dem Zweiten Weltkrieg

möglich.293 Je lockerer die Verbindung zwischen den Flüchtlingen und Vertriebenen zu ihrem Ursprungsland wird und je länger und intensiver sich letzteres verändert hat, desto schwieriger wird die politische Durchsetzbarkeit des Rückkehrrechts einschließlich der Wiederinbesitznahme des ursprünglich bewohnten Grundbesitzes. Im Fall der Palästinenser ist sehr fraglich, ob Rückkehr und Restitution 60 Jahre nach der Flucht bzw. Vertreibung überhaupt noch möglich sind. Entgegen der zumindest ursprünglichen formulierten palästinensischen Forderungen kämen als Alternative dann lediglich Entschädigungszahlungen (in ungeklärter Höhe) oder teilweise Ansiedlung der Flüchtlinge in den besetzten Gebieten oder ungenutzten (und nicht gewollten) Teilen Israels in Betracht. Im Gegensatz zu ihren Forderungen in der Generalversammlung und zu einem geringeren Maße auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat ein wesentlicher Teil der internationalen Gemeinschaft diese Situation bislang toleriert und die Nichtimplementierung der palästinensischen Rückkehr- und Eigentumsrechte de facto akzeptiert. Statt wie von vielen Entwicklungsländern gefordert, Israel entschlossen zu größerem Entgegenkommen in der Repatriierungsfrage zu bringen und entschiedeneren Druck auf die Streitparteien hinsichtlich einer tatsächlichen Beachtung von Eigentumsrechten auszuüben, haben vor allem die USA und ihre europäischen Partner die Palästinenser dazu gedrängt, auf Flüchtlings- und Vertriebenenrechte zugunsten einer politischen Lösung für den Nahost-Konflikt zu verzichten.294 Wie oben im Zusammenhang mit der UNCCP geschildert, aber auch z. B. im Rahmen der Osloer Friedensverhandlungen, haben besonders die USA eine pro-israelische rückkehrausschließende Politik mit dem Ziel der Verhinderung einer Flüchtlings- bzw. Vertriebenenrückkehr betrieben.295 Aber auch der Europarat hat sich mit Hinweis auf den langen Zeitablauf gegen die palästinensische Position und für eine Ansiedlung der Flüchtlinge und Vertriebenen außerhalb Israels ausgesprochen.296 In scharfer Weise hat Allain die Haltung der internationalen Gemeinschaft verurteilt, der er vorwirft, es vorsätzlich zugelassen zu haben, dass die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen in ewigem Exil leben müssen.297 Den 293

Quigley (1998a), S. 226. Vgl. Rempel, S. 303. 295 Für eine detaillierte Analyse der amerikanischen Haltung bezüglich des Flüchtlingsproblems, siehe: Neff (1995), S. 55–82. 296 Europarat, Beratende Versammlung, Resolution 1156, 23. April 1998. Die einschlägigen Paragraphen lauten wie folgt: „3. The Assembly accepts that United Nations General Assembly Resolution 194 (1948) refers to the right of return for all refugees to their homes and compensation for those choosing not to do so, but that after fifty years this will be politically and practically difficult to achieve. 4. The Assembly also accepts that the present situation of [the refugees] must be resolved by resettlement to permanent accommodation . . .“ 297 Allain, S. 125. 294

III. Versuchte Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsrechten

139

internationalen Beitrag zum palästinensischen Schicksal fasst er wie folgt zusammen: „An unwillingness by the international community to see its legal pronouncements upheld has meant that where the Palestinian Refugees are concerned, few laws hold, be they refugee law, human rights law, or humanitarian law. This legal vacuum, which has enveloped Palestinian Refugees, has meant that their ultimate fate is to be decided through a political outcome in which their rights are negotiable, their wishes inconsequential, and their physical well-being negligiable. . . . Palestinian Refugees have seen their rights as refugees abandoned by the international community that has been unwilling to apply or enforce international legal obligations on their behalf.“298

Es scheint, als habe der damalige israelische Außenminister Shertok mit seiner Äußerung von 1948 gegenüber Bernadotte, dass „the world, which understood the uprooting of the Sudeten from Czecheslowakia would also understand this“, die internationale Haltung bis dato richtig eingeschätzt.299

298 299

Ibid., S. 101. Morris (2004), S. 324.

D. Fortentwicklung des menschenrechtlichen Eigentumsschutzes auf universeller und regionaler Ebene und Wiederaufnahme der Diskussionen in der Generalversammlung Trotz des Scheiterns der Kodifikationsbemühungen um ein Menschenrecht auf Eigentum auf universeller Ebene und entgegen der Tendenz nach dem Zweiten Weltkrieg, Eigentumsverletzungen, die durch kriegsbedingte Flüchtlings- oder Vertreibungswellen hervorgerufen wurden, nicht rückgängig zu machen bzw. individuell zu entschädigen, entwickelte sich der menschenrechtliche Eigentumsschutz für Flüchtlinge und Vertriebene auf verschiedenen internationalen Ebenen weiter. Zum einen verabschiedeten die Vereinten Nationen bzw. ihre Sonderorganisationen verschiedene Antidiskriminierungsabkommen und -erklärungen, die das Eigentumsrecht erwähnen. Zum anderen wurde das Recht auf Eigentum in allen existierenden regionalen Menschenrechtskonventionen eingeschlossen und durch die Einführung des Privateigentums und die Durchführung von Restitutions- und Privatisierungsprogrammen in den ehemaligen sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas gestärkt. Des Weiteren nahm die Generalversammlung 1986 ihre Beratungen über ein universelles Menschenrecht auf Eigentum wieder auf, die 1954, wie im Kapitel C. beschrieben, auf unbestimmte Zeit vertagt worden waren. Schließlich waren die Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen in mehrerlei Hinsicht Gegenstand von Verhandlungen in der Menschenrechtskommission und deren Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte. Aus Gründen der chronologischen Darstellung der eigentumsrelevanten internationalen Entwicklungen wird dieser letzte Bereich in einem eigenen Kapitel nach der Schilderung der einschlägigen Praxis des Sicherheitsrates und internationaler Friedensmissionen behandelt.

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 1. Antidiskriminierungsabkommen und -erklärungen Das Recht auf Eigentum wurde in mehreren Übereinkommen bzw. Erklärungen zur Beseitigung von verschiedenen Formen der Diskriminierung und zum Schutz von bestimmten Personengruppen behandelt. Das erste und prägnanteste dieser Instrumente ist das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 141

Form von Rassendiskriminierung vom 7. März 1966, das in Artikel 5, Abs. d (v) und (vi) verbietet, zwischen verschiedenen Rassen hinsichtlich des Eigentums- und Erbrechts zu diskriminieren:1 „Im Einklang mit den in Artikel 2 niedergelegten grundsätzlichen Verpflichtungen werden die Vertragsstaaten die Rassendiskriminierung in jeder Form verbieten und beseitigen und das Recht jedes einzelnen, ohne Unterschied der Rasse, der Hautfarbe, des nationalen Ursprungs oder des Volkstums, auf Gleichheit vor dem Gesetz gewährleisten; dies gilt insbesondere für folgende Rechte: . . . d) sonstige Bürgerrechte, insbesondere . . . (v) das Recht, allein oder in Verbindung mit anderen Vermögen als Eigentum zu besitzen, (vi) das Recht zu erben, . . .“2

Dem Modell und der Struktur des Rassendiskriminierungsübeinkommens folgte das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979.3 Artikel 16, Abs. 1 (h) des Übereinkommens behandelt das Eigentumsrecht von Frauen wie folgt: „Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau in Ehe- und Familienfragen und gewährleisten auf der Grundlage der Gleichberechtigung von Mann und Frau insbesondere folgende Rechte: ... (h) gleiche Rechte beider Ehegatten hinsichtlich des Eigentums an Vermögen und dessen Erwerb, Bewirtschaft, Verwaltung und Nutzung sowie der Verfügung darüber, gleichviel ob unentgeltlich oder gegen Entgelt.“4

Darüber hinaus erwähnt Paragraph 11 der Erklärung der Generalversammlung über die Rechte der Behinderten vom 9. Dezember 1975 das Eigentumsrecht: 1 Zur Entstehungsgeschichte und Struktur der Rassendiskriminierungskonvention, siehe: Banton, S. 50–67. 2 Die englische Originalfassung des Artikel 5, Abs. d (v) und (vi) lautet: „In compliance with the fundamental obligations laid down in Article 2 of this Convention, States Parties undertake to prohibit and to eliminate racial discrimination in all its forms and to guarantee the right of everyone, without distinction as to race, colour, or national or ethnic origin, to equality before the law, notably in the enjoyment of the following rights: . . . (d) Other civil rights, in particular: . . . (v) The right to own property alone as well as in association with others; (vi) The right to inherit . . .“ 3 Nanda/McKnight, S. 285; zur Entstehungsgeschichte des Übereinkommens, siehe: Fraser, S. 77–93. 4 Die englische Originalversion lautet: „States Parties shall take appropriate measures to eliminate discrimination against women in all matters relating to marriage and family relations and in particular shall ensure, on a basis of equality of men and women: . . . (h) The same rights for both spouses in respect of the ownership, acquisition, management, administration, enjoyment and disposition of property, whether free of charge or a valuable consideration.“

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

„11. Behinderte müssen qualifizierte Rechtshilfe in Anspruch nehmen können, falls sich dies für den Schutz ihrer Person und ihres Eigentums als unerlässlich erweist. . . .“5

Schließlich schützt Artikel 7 in Verbindung mit Artikel 15 der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom 18. Dezember 1990 die Eigentumsrechte wie folgt:6 „Artikel 7 Jeder Vertragsstaat dieser Konvention verpflichtet sich gemäß den internationalen Instrumenten über die Menschenrechte, die in dieser Konvention niedergelegten Rechte zu achten und sie allen in seinen Hoheitsgewalt unterstehenden Wanderarbeitnehmern und ihren Familienangehörigen zu gewähren, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Weltanschauung, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler, ethnischer oder sozialer Herkunft, Staatsangehörigkeit, Alter, wirtschaftlichen Verhältnissen, Vermögen, Familienstand, Geburt oder sonstigem Stand. ... Artikel 15 Wanderarbeitnehmer und ihre Familienangehörigen dürfen nicht willkürlich ihres Eigentums beraubt werden, gleichviel ob sie dieses allein oder in Gemeinschaft mit anderen innehaben. Wenn Wanderarbeitnehmer oder ihre Familienangehörigen nach den im Beschäftigungsstaat geltenden Rechtsvorschriften ganz oder teilweise enteignet werden, haben sie Anspruch auf eine gerechte und angemessene Entschädigung.“7 5 UN Doc. A/Res. 3447 (XXX), 9. Dezember 1975, Para. 11, lautet in der englischen Originalfassung: „Disabled persons shall be able to avail themselves of qualified legal aid when such aid proves indispensable for the protection of their persons and property.“ 6 Die Konvention ist als Antidiskriminierungsabkommen eingeordnet, weil es eine besondere Personengruppe, die Wanderarbeitnehmer, gegen Benachteiligung schützt. Gemäß Artikel 2, Abs. 1, der Konvention sind Wanderarbeitnehmer „jede Person, die in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht hat, eine Tätigkeit gegen Entgelt ausüben wird, ausübt oder ausgeübt hat.“ Im Gegensatz zu den vorher aufgelisteten Antidiskriminierungsinstrumenten verfolgt die Wanderarbeiterkonvention neben dem Bemühen um Nichtdiskriminierung auch das weitere Ziel, die allgemeinen Bemühungen zum Schutz von Wanderarbeitnehmern durch insbesondere die ILO durch ein Übereinkommen anzuerkennen und illegaler Migration durch Gleichstellung von illegalen und legal Migranten entgegenzuwirken. Vgl. Cholewinski, S. 145–147. Obwohl die Konvention die Rechte von Ausländern schützt, wird sie nicht im fremdenrechtlichen Teil dieser Arbeit behandelt. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit anderen Antidiskriminierungsabkommen und der Anwendbarkeit der Menschenrechte auch auf Nichtstaatsangehörige wird die Konvention hier wie allgemein üblich als menschenrechtliches Schutzabkommen betrachtet. Vgl. Cholewinski, S. 47–67. 7 Die englische Originalfassung lautet: „Article 7 States Parties undertake, in accordance with the international instruments concerning human rights, to respect and ensure to all migrant workers and members of their families within their territory or subject to their jurisdiction the rights provided

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 143

Es fällt auf, dass das Recht auf Eigentum in den vier Antidiskriminierungsinstrumenten unterschiedlich behandelt worden ist. Das Rassendiskriminierungsabkommen führt das Eigentumsrecht ausdrücklich in einer Liste von bürgerlichen Rechten auf und fokussiert damit auf die abwehrrechtliche Komponente des Eigentums. In eindeutigerer Weise stipuliert dies die Wanderarbeiterkonvention und entwickelt sogar die Formulierung des Artikel 17 AEMR weiter, in dem die Zahlung einer Entschädigung im Falle des Eigentumsentzugs gefordert wird. Wenngleich weniger explizit, schützt die Erklärung über die Rechte von Behinderten das Eigentum ebenfalls als Abwehrrecht. Im Gegensatz dazu spricht das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau in umfassenderer Weise auch vom Recht auf Eigentumserwerb, welches auch ein gewährleistendes Element beinhaltet. Auch wenn die Erwähnung des Eigentumsrechts in den genannten Antidiskriminierungstexten auf das Bewusstsein in der Staatengemeinschaft über die allgemeine Bedeutung des Eigentums schließen lässt, so muss doch erkannt werden, dass die relevanten Bestimmungen darauf abzielen, der Diskriminierung verschiedener Bevölkerungs- bzw. Personengruppen auch hinsichtlich des Eigentums entgegenzuwirken, sollte dieses Recht im jeweiligen nationalen Kontext bestehen. Artikel 7 der Wanderarbeiterkonvention benennt dies ausdrücklich. Nicht intendiert in diesem Zusammenhang war hingegen die originäre Begründung eines Menschenrechts auf Eigentum.8 2. Übereinkommen zum Schutz von eingeborenen und in Stämmen lebenden Völkern Eigentumsrechte wurden daneben in umfassender Weise in den Übereinkommen Nr. 107 und Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über den Schutz und die Eingliederung eingeborener Bevölkerungsgruppen oder anderer in Stämmen lebender oder stammesähnlicher Bevölkerungsgruppen in unabhängigen Ländern vom 26. Juni 1957 (ILO Konvention Nr. 107) und über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern vom for in the present Convention without distinction of any kind such as to sex, race, colour, language, religion or conviction, political or other opinion, national, ethnic or social origin, nationality, age, economic position, property, marital status, birth or other status. ... Article 15 No migrant worker or member of his or her family shall be arbitrarily deprived of property, whether owned individually or in association with others. Where, under the legislation in force in the State of employment, the assets of a migrant worker or a member of his or her family are expropriated in whole or in part, the person concerned shall have the right to fair and adequate compensation.“ 8 Vgl. Rosas, S. 139. Für eine umfassende Diskussion über die Bedeutung der Gruppen- bzw. Völkerrechte in den Übereinkommen, siehe: Falk, S. 17–37.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

27. Juni 1989 (ILO Konvention Nr. 169) geregelt. Im Unterschied zu den im vorherigen Abschnitt behandelten Konventionen schützen diese Übereinkommen nicht die Rechte einzelner Personen, sondern Kollektivrechte von Bevölkerungsgruppen bzw. Völkern.9 Hinsichtlich der Schutzpolitik und des Schutzumfangs entwickelt das Übereinkommen Nr. 169 die Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 110 weiter, was sich besonders auch beim Eigentumsschutz bemerkbar macht. Während das Übereinkommen Nr. 110 generell die Integration bzw. Assimilation eingeborener Bevölkerungsgruppen in die nationalen Gesellschaften intendierte, zielt das Übereinkommen Nr. 169 darauf ab, die Lebensgewohnheiten und Kultur der eingeborenen Gruppen in ihrer Verschiedenheit zu respektieren und entsprechend dem Willen der betroffenen Gruppen zu bewahren oder fortzuentwickeln.10 Der Schutz von Eigentums- bzw. Landrechten spielt dabei eine solch zentrale Rolle, dass beide Übereinkommen dieses Thema in eigenen Abschnitten behandeln. Den unterschiedlichen Zielsetzungen der Übereinkommen entsprechend, gewährte das Übereinkommen Nr. 107 einen eher kurzfristigen Eigentumsschutz (bis zur endgültigen Integration) in allgemeinerer Sprache, wohingegen das Übereinkommen Nr. 169 Eigentumsrechte in sehr detaillierter Weise mit potentiellem Langzeitbestand zu schützen beabsichtigt.11 In beiden Übereinkommen werden Eigentumsrechte von indigenen Bevölkerungsgruppen bzw. Völkern ausdrücklich anerkannt. Dabei handelt es sich nicht um staatlich gewährte Rechte, sondern um eigene Rechte, die den betroffenen Gruppen bzw. Völkern zustehen.12 Artikel 11 des Übereinkommens Nr. 107 bestimmt: „Artikel 11 Die Eigentumsrechte der Angehörigen der genannten Bevölkerungsgruppen an dem von ihnen von alters her besiedelten Land sind anzuerkennen, gleichviel ob es sich um kollektive oder individuelle Rechte handelt.“13

Diese Regelung wurde durch den entsprechenden Artikel des Übereinkommens Nr. 169 wie folgt erweitert:

9

Anaya, S. 59. Für einen Überblick über die unterschiedlichen Zielsetzungen der Übereinkommen Nr. 107 und Nr. 169, siehe: Swepston, S. 334–343. 11 Ibid., S. 348. 12 Ulfstein, S. 24. 13 Der englische Originaltext lautet wie folgt: „Article 11 The right of ownership, collective or individual, of the members of the populations concerned over the lands which these populations traditionally occupy shall be recognised.“ 10

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 145 „Artikel 14 1. Die Eigentums- und Besitzrechte der betreffenden Völker an dem von ihnen von alters her besiedelten Land sind anzuerkennen. Außerdem sind in geeigneten Fällen Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht der betreffenden Völker zur Nutzung von Land zu schützen, das nicht ausschließlich von ihnen besiedelt ist, zu dem sie aber im Hinblick auf ihre der Eigenversorgung dienenden und traditionellen Tätigkeiten von alters her Zugang haben. Besondere Aufmerksamkeit ist diesbezüglich der Lage von Nomadenvölkern und Wanderfeldbauern zu schenken. 2. Die Regierungen haben, soweit notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um das von den betreffenden Völkern von alters her besiedelte Land zu bestimmen und um den wirksamen ihrer Eigentums- und Besitzrechte zu gewährleisten. 3. Im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsordnung sind angemessene Verfahren festzulegen, um Landforderungen der betreffenden Völker zu regeln.“14

Indem das zu schützende Rechtsgut des Eigentums um Besitzrechte erweitert wurde, trug das Übereinkommen Nr. 169 der Tatsache Rechnung, dass indigene Bevölkerungsgruppen oder Völker in vielen Fällen in ihren traditionellen Rechtssystemen keine formalen Eigentumsrechte, sondern lediglich Besitzrechte kennen.15 Durch diese Erweiterung sollte sichergestellt werden, dass formale und faktische Rechte an Grund und Boden von indigenen Völkern durch die staatlichen Autoritäten umfassend geschützt werden.16 Dabei macht die Formulierung „von alters her besiedeltes Land“ in ihrer Präsensform deutlich, dass im Prinzip nur solche Eigentums- und Besitzrechte Schutz genießen, die die indigene Bevölkerung gegenwärtig inne hat. Aus der in Abs. 3 geforderten staatlichen Verpflichtung zur Regelung von Landforderungen ergibt sich, dass jedoch auch bereits verlorene Eigentums- und Besitzrechte wieder eingefordert werden können, sofern ein gewisser Gegenwartsbezug besteht.17 Artikel 14 des Übereinkommens Nr. 169 entwickelt den in Artikel 11 des Übereinkommens Nr. 107 14 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 14 1. The rights of ownership and possession of the peoples concerned over the lands which they traditionally occupy shall be recognised. In addition, measures shall be taken in appropriate cases to safeguard the right of the peoples concerned to use lands not exclusively occupied by them, but to which they have traditionally had access for their subsistence and traditional activities. Particular attention shall be paid to the situation of nomadic peoples and shifting cultivators in this respect. 2. Governments shall take steps as necessary to identify the lands which the peoples concerned traditionally occupy, and to guarantee effective protection of their rights of ownership and possession. Adequate procedures shall be established within the national legal system to resolve land claims by the peoples concerned.“ 15 Vgl. Swepston, S. 352. 16 Ulfstein, S. 19–21. 17 Swepston, S. 353–354. Im Gegensatz dazu legt Anaya Artikel 14, Abs. 3, dahingehend aus, dass auch solche Forderungen geltend gemacht werden können, die auf weit zurückliegende Ereignisse gegründet sind, siehe Anaya, S. 144.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

enthaltenen Eigentumsschutz für die betroffenen Gruppen auch durch ausdrücklich erwähnte positive staatliche Verpflichtungen weiter. Dazu gehören Maßnahmen zur Bewahrung von Nutzungsrechten an nicht ausschließlich von indigenen Gruppen oder Völkern besiedelten Gebieten, Maßnahmen zur Identifizierung der tatsächlich besiedelten Flächen und zum effektiven Rechtsschutz einschließlich des Verfahrens zur Regelung von Landforderungen. Den Gedanken, dass indigene Eigentumsformen besonders zu schützen sind, auch wenn sie dem nationalen Eigentumsrecht nicht entsprechen, greifen auch die Bestimmungen über die Anerkennung von indigenen Eigentumsübertragungsformen auf. Artikel 13 des Übereinkommens Nr. 107 regelt: „Artikel 13 1. Die auf dem Gewohnheitsrecht der genannten Bevölkerungsgruppen beruhenden Verfahren der Übertragung von Grundeigentums- und Bodennutzungsrechten sind im Rahmen der innerstaatlichen Gesetzgebung in Geltung zu belassen, soweit sie den Bedürfnissen dieser Gruppen entsprechen und ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung nicht aufhalten. 2. Es sind Maßnahmen zu treffen, um zu verhüten, dass Personen, die nicht den genannten Bevölkerungsgruppen angehören, diese Gewohnheitsrechte oder die Gesetzesunkenntnis von Angehörigen dieser Bevölkerungsgruppen ausnützen, um Eigentums- oder Nutzungsrechte an deren Grund und Boden zu erwerben.“18

Die entsprechende Vorschrift des Übereinkommens Nr. 169 geht noch weiter: „Artikel 17 1. Die von den betroffenen Völkern festgelegten Verfahren für die Übertragung von Rechten an Grund und Boden unter Angehörigen dieser Völker sind zu achten. 2. Die betreffenden Völker sind zu konsultieren, wenn ihre Befugnis geprüft wird, ihr Land zu veräußern oder auf andere Weise ihre Rechte daran an Personen außerhalb ihrer eigenen Gemeinschaft zu übertragen. 3. Personen, die diesen Völkern nicht angehören, sind daran zu hindern, deren Bräuche oder deren Gesetzesunkenntnis auszunützen, um Eigentums-, Besitz- oder Nutzungsrechte an deren Grund und Boden zu erwerben.“19 18 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 13 1. Procedures for the transmission of rights of ownership and use of land which are established by the customs of the populations concerned shall be respected, within the framework of national laws and regulations, in so far as they satisfy the needs of these populations and do not hinder their economic and social development. 2. Arrangements shall be made to prevent persons who are not members of the populations concerned from taking advantage of these customs or of lack of understanding of the laws on the part of the members of these populations to secure the ownership or use of the lands belonging to such members.“ 19 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 17 1. Procedures established by the peoples concerned for the transmission of land rights among members of these peoples shall be respected.

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 147

Diese Vorschriften sind zusammen mit Artikel 7 des Übereinkommens Nr. 107 und Artikel 8 des Übereinkommens Nr. 169 zu lesen, nach denen bei der Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der betroffenen Gruppen deren Gewohnheitsrecht zu berücksichtigen ist. Die oben genannten unterschiedlichen Zielsetzungen der beiden Übereinkommen zeigen sich bei den Bestimmungen über die Übertragbarkeit von indigenem Grund und Boden besonders deutlich: Während Artikel 13, Abs. 1, des Übereinkommens Nr. 107 zwar indigene Veräußerungsverfahren prinzipiell respektiert und mit der staatlichen Rechtsordnung in Einklang zu bringen trachtet, erlaubt diese Vorschrift doch der staatlichen Regelungsmacht in einem von ihr zu definierenden Fall, nämlich bei einem entgegenstehenden indigenen Bedürfnis und zum Zweck ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, Veränderungen im indigenen Eigentumsübertragungssystem vorzunehmen. Daneben geht Artikel 13 generell von einer Veräußerbarkeit der von alters her besiedelten Gebiete durch die betroffenen Gruppen oder Völker aus, wobei gemäß Abs. 2 Schutzmaßnahmen zur Verhütung eines Missbrauchs des indigenen Gewohnheitsrechts zu treffen sind. Die Schutzmaßnahmen sind auch im Falle der Rechtunkenntnis der betroffenen Gruppen durchzuführen. Im Gegensatz dazu relativiert Artikel 17, Abs. 1, des Übereinkommens Nr. 169 die grundsätzliche Anerkennung von indigenen Eigentumsübertragungsformen nicht durch mögliche gesetzliche Eingriffe, sondern nimmt Erstere als gegeben hin. Hinsichtlich der Veräußerbarkeit von indigenem Land spiegelt Artikel 17 eine vorsichtigere Herangehensweise wider, als die Vorgängerfassung des Artikels 13 des Übereinkommens Nr. 107. Zwar konnten sich bei den Verhandlungen über das Übereinkommen Nr. 169 indigene Interessen vertretende Nichtregierungsorganisationen nicht mit ihrer Forderung nach einer generellen Unveräußerlichkeit von indigenem Land durchsetzen. Artikel 17, Abs. 2, enthält aber eine besondere Schutzklausel, die eine staatliche Prüfungspflicht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer Übertragung von indigenem Land einschließlich eines Konsultationsverfahrens mit der betroffenen Bevölkerung vorsieht.20 Schließlich bestimmt Abs. 3 eine der Vorgängerfassung des Artikels 13, Abs. 2, ähnliche staatliche Verpflichtung zu verhindern, dass das Gewohnheitsrecht oder die potentielle Unkenntnis der betroffenen Gruppen bei Eigentums- und Besitzgeschäften ausgenützt wird. Die unterschiedliche Philosophie des Übereinkommens Nr. 169 mit Blick auf den Respekt und die Bewahrung indigener Lebensformen zeigt sich auch an 2. The peoples concerned shall be consulted whenever consideration is being given to their capacity to alienate their lands or otherwise transmit their rights outside their own community. Persons not belonging to these peoples shall be prevented from taking advantage of their customs or of lack of understanding of the laws on the part of their members to secure the ownership, possession or use of land belonging to them.“ 20 Vgl. Swepston, S. 361.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

drei weiteren Bestimmungen, die keine Parallelvorschriften im Übereinkommen besitzen. In der Allgemeinvorschrift des Artikel 13 des Übereinkommens Nr. 169 wird zu Anfang des eigentumsrechtlichen Abschnitts die zu achtende besondere Bedeutung der indigenen Bevölkerungsgruppen bzw. Völker zu ihrem Land herausgestellt, die laut Abs. 1 ausdrücklich über ein wirtschaftliches Interesse hinaus auch kulturelle und spirituelle Aspekte umfasst sowie kollektive Aspekte einschließt. Einen weiten Schutzbereich bestimmt auch Abs. 2, nach dem der Ausdruck „Land“ weit verstanden wird, indem nicht nur der bloße Boden, sondern auch die gesamte Umwelt der betroffenen Flächen geschützt werden soll: „Artikel 13 1. Bei der Durchführung der Bestimmungen dieses Teils des Übereinkommens haben die Regierungen die besondere Bedeutung, die die Bezeichnung der betreffenden Völker zu dem von ihnen besiedelten oder anderweitig genutzten Land oder den von ihnen besiedelten oder anderweitig genutzten Gebieten, oder gegebenenfalls zu beiden, für ihre Kultur und ihre geistigen Werte hat, und insbesondere die kollektiven Aspekte dieser Beziehung, zu achten. 2. Die Verwendung des Ausdrucks „Land“ in den Artikeln 15 und 16 schließt den Begriff der Gebiete ein, der die gesamte Umwelt der von den betreffenden Völkern besiedelten oder anderweitig genutzten Flächen umfasst.“21

Ebenfalls ohne Parallelvorschrift im Übereinkommen Nr. 107 ist Artikel 15 des Übereinkommens Nr. 169, das den eigentumsrechtlichen Schutzbereich, entsprechend der gerade erwähnten weiten Auslegung des Artikels 13, ausdrücklich auch auf die natürlichen Reichtümer bezieht. Damit folgt das Übereinkommen Nr. 169 dem in Kapitel A. I. thematisierten Gedanken der ständigen Hoheit über nationale Reichtümer, dass die Landesressourcen (zumindest auch) den betreffenden Völkern bzw. Ansässigen zu Gute kommen sollen. Daher sieht Artikel 15 besondere Beteiligungs- und Teilhaberechte für die indigene Bevölkerung an der Nutzung und dem Bestand der Reichtümer wie folgt vor:22

21 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 13 1. In applying the provisions of this Part of the Convention, governments shall respect the special importance for the cultures and spiritual values of the peoples concerned of their relationship with the lands or territories, or both as applicable, which they occupy or otherwise use, and in particular the collective aspects of this relationship. 2. The use of the term ,lands‘ in Articles 15 and 16 shall include the concept of territories, which covers the total environment of the areas which the peoples concerned occupy and otherwise use.“ 22 Für eine Darstellung des Kompromisscharakters der Vorschrift, siehe: Swepston, S. 355–357; Ulfstein, S. 26–31.

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 149 „Artikel 15 1. Die Rechte der betreffenden Völker an den natürlichen Ressourcen ihres Landes sind besonders zu schützen. Diese Rechte schließen das Recht dieser Völker ein, sich an der Nutzung, Bewirtschaftung und Erhaltung dieser Ressourcen zu beteiligen. 2. In Fällen, in denen der Staat das Eigentum an den mineralischen und unterirdischen Ressourcen oder Rechte an anderen Ressourcen des Landes behält, haben die Regierungen Verfahren festzulegen oder aufrechtzuerhalten, mit deren Hilfe sie die betreffenden Völker zu konsultieren haben, um festzustellen, ob und in welchem Ausmaß ihre Interessen beeinträchtigt werden würden, bevor sie Programme zur Erkundung oder Ausbeutung solcher Ressourcen ihres Landes durchführen oder genehmigen. Die betreffenden Völker müssen wo immer möglich an dem Nutzen aus solchen Tätigkeiten teilhaben und müssen einen angemessenen Ersatz für alle Schäden erhalten, die sie infolge solcher Tätigkeiten erleiden.“23

Als drittes Prinzip, das nicht im Übereinkommen Nr. 107 enthalten war, schreibt Artikel 18 die strafrechtliche Verfolgung von unerlaubten Eindringlingen oder Nutzern von indigenem Land vor. Kern der eigentumsrechtlichen Kapitel sind die Bestimmungen über den Entzug von Grundeigentum, die das Übereinkommen Nr. 107 wie folgt regelt: „Artikel 12 1. Die genannten Bevölkerungsgruppen dürfen nicht ohne ihre freiwillige Zustimmung aus den Gebieten, in denen sie ansässig sind, ausgesiedelt werden, es sei denn, dass dies im Einklang mit den Landesgesetzen aus Gründen der Landessicherheit, im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes oder der Gesundheit dieser Bevölkerungsgruppen geschieht. 2. Erweist sich in solchen Fällen eine Aussiedlung ausnahmsweise als unumgänglich, so ist den Betroffenen als Ersatz für ihren früheren Landbesitz Grund und Boden von mindestens gleich guter Beschaffenheit zuzuweisen, dessen Ertrag ihre Bedürfnisse deckt und ihre künftige Entwicklung sicherstellt. Bestehen andere Beschäftigungsmöglichkeiten und zieht die beteiligte Bevölkerung eine Entschädigung in Gestalt von Geld- oder Sachleistungen vor, so ist ihnen eine solche Entschädigung unter Gewährung angemessener Garantien zuzusprechen. 23 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 15 1. The rights of the peoples concerned to the natural resources pertaining to their lands shall be specifically safeguarded. These rights include the right of these peoples to participate in the use, management and conservation of these resources. 2. In cases in which the State retains the ownership of mineral or sub-surface resources or rights to other resources pertaining to lands, governments shall establish or maintain procedures through which they shall consult these peoples, with a view to ascertaining whether and to what degree their interests would be prejudiced, before undertaking or permitting any programmes for the exploration or exploitation of such resources pertaining to their lands. The peoples concerned shall wherever possible participate in the benefits of such activities, and shall receive fair compensation for any damages which they may sustain as a result of such activities.“

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

3. Den auf diese Weise Ausgesiedelten ist für jeden ihnen durch die Aussiedlung entstehenden Verlust oder Schaden voller Ersatz zu leisten.“24

Demgegenüber bestimmt Artikel 16 des Übereinkommens Nr. 169: „Artikel 16 1. Vorbehaltlich der nachstehenden Absätze dieses Artikels dürfen die betreffenden Völker aus dem von ihnen besiedelten Land nicht ausgesiedelt werden. 2. Falls die Umsiedlung dieser Völker ausnahmsweise als notwendig angesehen wird, darf sie nur mit deren freiwilliger und in voller Kenntnis der Sachlage erteilter Zustimmung stattfinden. Falls ihre Zustimmung nicht erlangt werden kann, darf eine solche Umsiedlung nur nach Anwendung geeigneter, durch die innerstaatliche Gesetzgebung festgelegter Verfahren, gegebenenfalls einschließlich öffentlicher Untersuchungen, stattfinden, die den betreffenden Völkern Gelegenheit für eine wirksame Vertretung bieten. 3. Wann immer möglich, müssen diese Völker das Recht haben, in ihr angestammtes Land zurückzukehren, sobald die Umsiedlungsgründe nicht mehr bestehen. 4. Ist eine solche Rückkehr nicht möglich, wie einvernehmlich oder mangels Einvernehmens durch geeignete Verfahren festgestellt, ist diesen Völkern in allen in Frage kommenden Fällen als Ersatz für ihren früheren Landbesitz Grund und Boden von mindestens gleich guter Beschaffenheit und mit mindestens gleich gutem Rechtsstatus zuzuweisen, dessen Ertrag ihre gegenwärtigen Bedürfnisse deckt und ihre künftige Entwicklung sicherstellt. Ziehen die betreffenden Völker eine Entschädigung in Form von Geld- oder Sachleistungen vor, so ist ihnen eine solche Entschädigung unter Gewährung angemessener Garantien zuzusprechen. 5. Den auf diese Weise umgesiedelten Personen ist für jeden durch die Umsiedlung entstandenen Verlust oder Schaden voller Ersatz zu leisten.“25 24 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 12 1. The populations concerned shall not be removed without their free consent from their habitual territories except in accordance with national laws and regulations for reasons relating to national security, or in the interest of national economic development or of the health of the said populations. 2. When in such cases removal of these populations is necessary as an exceptional measure, they shall be provided with lands of quality at least equal to that of the lands previously occupied by them, suitable to provide for their present needs and future development. In cases where chances of alternative employment exist and where the populations concerned prefer to have compensation in money or in kind, they shall be so compensated under appropriate guarantees. 3. Persons thus removed shall be fully compensated for resulting loss or injury.“ 25 Der englische Originaltext lautet: „Article 16 1. Subject to the following paragraphs of this Article, the peoples concerned shall not be removed from the lands which they occupy. 2. Where the relocation of these peoples is considered necessary as an exceptional measure, such relocation shall take place only with their free and informed consent. Where their consent cannot be obtained, such relocation shall take place only following appropriate procedures established by national laws and regulations, including

I. Eigentumsschutz in Antidiskriminierungsübereinkommen und -erklärungen 151

Schon das Übereinkommen Nr. 107 enthielt in Artikel 12, Abs. 1, ein generelles Verbot der Aussiedlung von indigenen Bevölkerungsgruppen gegen ihren Willen aus ihren Gebieten. Allerdings erlaubte die Vorschrift eine Aussiedlung aus Gründen der nationalen Sicherheit, aus wirtschaftlichen Gründen und wegen gesundheitlicher Bedenken, was zu der allgemeinen Kritik führte, dass die Vorschrift indigene Interessen nur ungenügend schütze und in vielen Fällen zu staatlichem Regelungsmissbrauch führe.26 Zwar bestimmte Abs. 2, dass eine Aussiedlung nur ausnahmsweise zu erfolgen habe, und durch Ersatz in Landbesitz von nicht schlechterer Beschaffenheit oder, falls gewünscht und bei Vorliegen von ausreichenden Beschäftigungsmöglichkeiten, durch pekuniäre Entschädigung oder durch Sachleistungen ausgeglichen werden müsse. Weiterhin musste nach Abs. 3 voller Schadensersatz für die durch die Aussiedlung entstandenen Schäden geleistet werden. Der Intention, die indigene Landbezogenheit zu achten, stand jedoch vor allem in westlichen Rechtskulturen eine Tendenz gegenüber, indigene Landrechte automatisch mit Entschädigungszahlungen abzugelten.27 Um dem wachsenden Entzug von indigenem Land entgegen zu wirken, wurde nicht nur wie oben erwähnt die besondere Bedeutung des Landes herausgehoben und der eigentumsrechtliche Schutzbereich des Übereinkommens Nr. 169 hinsichtlich der Umwelt und der Bodenressourcen erweitert, sondern gerade auch ein erschwertes Verfahren für den Entzug von indigenem Land eingeführt. Anders als die Vorgängervorschrift enthält der Verbotsparagraph der Aussiedlung, Artikel 16, Abs. 1, keine Ausnahmetatbestände für eine mögliche Aussiedlung indigener Völker gegen ihren Willen mehr. Stattdessen erlaubt Abs. 2 lediglich ihre ausnahmsweise Umsiedlung, vorausgesetzt die betroffenen Gruppen bzw. Völker wurden umfangreich informiert und haben freiwillig zugestimmt. Kann eine solche Zustimmung trotz eines ernsthaften Versuches nicht erlangt werden, darf eine Umsiedlung nur im Rahmen eines gesetzlich geregelten Verfahrens stattfinden, das öffentliche Untersuchungen einschließen kann und die betreffenden Völker in den Entscheidungsprozess mit einbezieht.28 public inquiries where appropriate, which provide the opportunity for effective representation of the peoples concerned. 3. Whenever possible, these peoples shall have the right to return to their traditional lands, as soon as the grounds for relocation cease to exist. 4. When such return is not possible, as determined by agreement or, in the absence of such agreement, through appropriate procedures, these peoples shall be provided in all possible cases with lands previously occupied by them, suitable to provide for their present needs and future development. Where the peoples concerned express a preference for compensation in money or in kind, they shall be so compensated under appropriate guarantees. 5. Persons thus relocated shall be fully compensated for any resulting loss or injury.“ 26 Vgl. Swepston, S. 357. 27 Anaya, S. 142. 28 Vgl. Swepston, S. 359.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

Im Gegensatz zum in Artikel 12 des Übereinkommens Nr. 107 enthaltenen Konzept der Aussiedlung intendiert die Umsiedlung keinen endgültigen Landverlust, sondern im Prinzip lediglich einen vorübergehenden Verlust. Daher führt Artikel 16, Abs. 3, des Übereinkommens Nr. 169 ein Rückkehrrecht der betroffenen Völker in ihre angestammten Gebiete ein, das zu dem Zeitpunkt entsteht, zu dem die Umsiedlungsgründe (z. B. Gesundheitsgefährdung) nicht mehr bestehen.29 Gemäß Abs. 4 muss einvernehmlich oder nach einem gescheiterten Versuch, einen Konsens mit den betroffenen Völkern herzustellen, durch ein geeignetes Feststellungsverfahren bestimmt werden, ob eine Rückkehr der umgesiedelten Völker in ihre angestammten Länder möglich ist oder nicht. Falls nicht, treten die schon durch Artikel 12, Abs. 2, des Übereinkommens Nr. 107 geregelten Rechtsfolgen des Ausgleichs mit mindestens gleich gutem Alternativland – wobei hier die gemäß Artikel 13, Abs. 2, des Übereinkommens Nr. 169 einbezogenen Umweltfaktoren eine wichtige Rolle spielen – sowie die Rechtsfolgen des Ausgleichs durch andere Entschädigungsleistungen und des Schadensersatzes für durch die Umsiedlung erlittenen Schäden in Kraft.

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen Im Gegensatz zu den internationalen Menschenrechtspakten wurde das Recht auf Eigentum in die verschiedenen regionalen Menschenrechtsübereinkommen und -erklärungen aufgenommen. Deren eigentumsrechtliche Regelungen werden im folgenden Abschnitt kurz dargestellt, wobei sich die Arbeit auf eine Darstellung der einschlägigen Bestimmungen unter Einbeziehung der wesentlichen Sekundärliteratur konzentriert. Eine umfassende Analyse der umfangreichen Rechtsprechung vor allem des EGMR zu verschiedenen Aspekten des Eigentumsschutzes würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten und ist an anderer Stelle bereits geleistet worden.30 Allerdings werden die Hauptfälle herangezogen, insoweit sie für ein Grundverständnis des Rechtsschutzes notwendig und für die Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen direkt relevant sind. Im Vergleich zum EGMR existiert nur wenig eigentumsrelevante Rechtsprechung des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofes, die im Übrigen in erste Linie indigene Eigentumsrechte betrifft. Relevante Präzedenzfälle aus anderen regionalen Menschenrechtssystemen sind bislang nicht bekannt.31

29 30 31

Ibid., S. 360. Siehe z. B.: van Banning, S. 80–125; Çoban, S. 143–216. van Banning, S. 80–81.

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

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1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention Ähnlich wie während der Beratungen in der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission war die Aufnahme eines Menschenrechts auf Eigentum in die EMRK sehr umstritten.32 In der Beratenden Versammlung des Europarates und ihres Rechtsausschusses wurden vergleichbare Fragen nach der Notwendigkeit bzw. Zweckmäßigkeit der Kodifizierung des Eigentumsrechts überhaupt, nach einem über das persönliche Eigentum hinausgehenden Schutzumfangs des Rechts, nach seiner abwehr- oder zugangsrechtlichen Rechtsnatur, sowie hinsichtlich der notwendigen Beschränkungen, staatlichen Eingriffsbefugnisse und entsprechenden Entschädigungsverpflichtungen gestellt.33 In der ersten Beratungsphase 1949 war erwogen worden, eine an den Wortlaut des Artikel 17 der AEMR angelehnte bzw. auf Artikel 17 verweisende Norm in die EMRK aufzunehmen, was mit der Grundidee des europäischen Menschenrechtssystems, sich auf den Schutz der Menschenrechte der ersten Generation zu beschränken übereingestimmt hätte.34 Insbesondere die sozialistisch regierten Staaten Vereinigtes Königreich und Schweden standen jedoch einer Aufnahme des Rechts auf Eigentum in die EMRK kritisch gegenüber. Ihrer damaligen Auffassung nach stellt das Eigentumsrecht auch ein wirtschaftliches und soziales Recht dar, auf das der Einzelne einen positiven Anspruch habe. Sie argumentierten, dass es zu einem dogmatischen Ungleichgewicht führe, wenn man das Eigentumsrecht in eine Konvention aufnähme, die ausschließlich bürgerliche und politische Menschenrechte regelt. Weiterhin befürchteten sie, dass eine Eigentumsgarantie mit den zu dieser Zeit vorgenommenen Nationalisierungen und steuerlichen Umverteilungsmaßnahmen nicht kompatibel sei. Im Gegensatz dazu argumentierten vor allem die katholischen Länder, dass das Eigentum ein negatives Freiheitsrecht sei, dessen positiver Gehalt sich im Prinzip auf die Gewährleistung der Möglichkeit jedes Einzelnen zum Eigentumserwerb und -genuss beschränkt.35 Allerdings empfanden auch diejenigen Staaten, die eine Aufnahme des Eigentums generell befürworteten, dass die Regelung des Artikels 17 der AEMR zu grobmaschig sei und eine detailliertere Formulierung wünschenswert sei. Obwohl der Rechtsausschuss daraufhin eine aussagekräftigere Fassung erarbeitete, die von der Beratenden Versammlung zur Aufnahme in die Konvention empfohlen wurde, verabschiedete der Ministerrat im August 1950 die EMRK ohne Eigentumsartikel und beschloss das Eigentumsrecht in einem Zusatzprotokoll zu regeln.36 32 Für einen umfassenden Überblick über die Diskussionen in der Beratenden Versammlung, siehe: Böckstiegel, S. 11–16; van Banning, S. 64–76. 33 Vgl. Çoban, S. 124. 34 Dolzer (1985), S. 95. 35 Ibid., S. 130–133. 36 Böckstiegel, S. 15–17.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

Besonderer Diskussionspunkt in den anschließenden Beratungen des zur weiteren Ausarbeitung eingesetzten Expertenausschusses war die Entschädigungspflicht für den Entzug von Privateigentum für öffentliche Zwecke. Während die Mehrzahl der Delegierten eine ausdrückliche und verbindliche Entschädigungsregelung befürwortete, lehnte die britische Delegation dies mit dem Argument ab, dass die Entschädigungsverpflichtung nicht für alle denkbaren Situationen gelten dürfe und dass es unzulässig sei, wenn internationale Organe über nationale Entschädigungsfragen entscheiden könnten.37 Nach erneuter Beratung wurde in der Frage ein Kompromiss gefunden, indem das Entschädigungserfordernis nicht mehr ausdrücklich genannt, sondern indirekt durch einen Verweis auf die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts, die bei Eigentumsentzug zu gelten haben, behandelt wurde.38 Nach herrschender Meinung umfasst dieser Verweis jedoch lediglich die fremdenrechtliche Entschädigungsverpflichtung für den Entzug von Eigentum von Ausländern.39 Die endgültige Fassung des Artikel 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK vom 20. März 1952 lautet: „Artikel 1 zum Schutz des Eigentums 1. Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den im Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. 2. Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung oder Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“40 37

Çoban, S. 134. Dolzer (1985), S. 97; Seidl-Hohenveldern (1988), S. 181. 39 Çoban, S. 139–140; Seidl-Hohenveldern (1988), S. 182. Mit Schreiben vom 10. Juli 1951 machte die deutsche Delegation allerdings deutlich, dass sie das Zusatzprotokoll nur in dem Verständnis unterzeichnen würde, dass der Verweis auf die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts dahingehend zu verstehen sei, dass eine Entschädigungsverpflichtung auch für den Entzug von Eigentum von Inländern zu gelten habe. Diese Aussage wurde jedoch in dem anschließenden Bericht des Expertenausschusses wieder relativiert und der Begriff der allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts, in Einklang mit einer Äußerung der schwedischen Delegation, lediglich auf das Fremdenrecht bezogen. Vgl. Çoban, S. 140. 40 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 1 1. Every natural or legal person is entitled to the peaceful enjoyment of his possessions. No one shall be deprived of his possessions except in the public interest and subject to the conditions provided for by law and by the general principles of international law. 2. The preceding provisions shall not, however, in any way impair the right of a State to enforce such laws as it deems necessary to control the use of property in accordance with the general interest or to secure the payment of taxes or other contributions or penalties.“ 38

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

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Absatz 1, Satz 1, regelt eine Bestandsgarantie für bestehendes Eigentum.41 In mehreren Fällen hat der EGMR festgestellt, dass diese Eigentumsgarantie eine unabhängige Bedeutung von den in Abs. 1, Satz 2 und Abs. 2 geregelten Eigentumsbegrenzungen besitzt.42 Im Rahmen des europäischen Menschenrechtsschutzes wird das Recht auf Eigentum vor allem als negatives Freiheitsrecht der ersten Menschenrechtsgeneration gesehen. Dies schließt freilich nicht seine mögliche Einordnung als wirtschaftliches und soziales Menschenrecht der zweiten Generation aus, das jedoch nicht im Zusatzprotokoll geregelt ist. Artikel 1 des Zusatzprotokolls gibt dem Einzelnen jedenfalls weder einen Anrecht auf Erlangung eines Mindestmaßes an Eigentum, noch einen Anspruch auf Zahlungen von Sozialleistungen. Positive staatlichen Verpflichtungen ergeben sich aus Artikel 1 aber insofern, als dass die Vertragsstaaten ein Rechtssystem einrichten bzw. aufrechterhalten müssen, das das Privateigentum schützt und die Vollstreckung entsprechender Gerichtsentscheidungen garantiert.43 Im Sporrong und Lönnrath-Fall hat der EGMR Artikel 1 des Zusatzprotokolls dahingehend interpretiert, als dass er drei getrennte Normen beinhalte. Neben der allgemeinen Eigentumsgarantie des Abs. 1, Satz 1, als erste Regel, bestimme die zweite Regel in Gestalt des Abs. 1, Satz 2, dass Eigentumsentziehungen nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sind. Die dritte in Abs. 2 enthaltene Regel gibt den Vertragsstaaten u. a. die Befugnis, die Nutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse zu regeln.44 Um einen umfassenden Eigentumsschutz zu gewährleisten, hat der EGMR eine dritte Form des Eigentumseingriffs anerkannt: den nicht von der zweiten und dritten Regel erfassten Substanzeingriff, der unter den allgemeinen Schutz der Eigentumsgarantie fällt.45 Im James-Fall konkretisierte der Gerichtshof das Verhältnis zwi41 Die Formulierung im englischen Originaltext „peaceful enjoyment of his possessions“ lässt offen, inwieweit formale Eigentumsrechte im Gegensatz zu bloßen Besitzund Vermögensrechten von der Eigentumsgarantie umfasst werden. Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR fällt lediglich das formale Eigentum unter den Schutz des Artikel 1 des Zusatzprotokolls. Allerdings deckt sich der Eigentumsbegriff des Zusatzprotokolls nicht notwendigerweise mit den verschiedenen nationalen Eigentumskonzeptionen. Hinsichtlich des materiellen Schutzumfangs des Zusatzprotokolls ist es hier ausreichend festzustellen, dass jedenfalls das Eigentum an Haus- und Grundbesitz unter die Eigentumsgarantie fällt. Für eine umfassende Diskussion über den Inhalt des Eigentumsrechts, siehe: Çoban, 144–162; van Banning, S. 82–89. 42 Rosas, S. 142, mit Zitierungen der einschlägigen Urteile. 43 Für eine umfassende Darstellung der Rechtsnatur des Rechts sowie der dazugehörigen staatlichen Verpflichtungen siehe: Çoban, S. 162–170. 44 Fall Sporrong und Lönnrath gegen Königreich Schweden, Urteil vom 23. September 1982, Europäische Grundrechte Zeitung, Jg. 10, 1983, S. 525. 45 Unter Eigentumsentzug ist die Übertragung oder die Zerstörung von Eigentum zu verstehen, was sowohl bei formellen Enteignungen oder Nationalisierungen als auch bei de facto Eigentumsverlust aufgrund von staatlichem Handeln gegeben sein kann. Im Gegensatz dazu lässt die Nutzungsbeschränkung den Eigentumsbestand an sich bestehen, begrenzt aber die Verfügungsbefugnis des Eigentümers in bestimmten Aspek-

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

schen den drei Normen insofern, als dass die zweite und dritte Regel sich mit spezifischen Begrenzungen des Rechts auf Achtung des Eigentums beschäftigen und daher im Lichte des allgemeinen Grundsatzes gemäß der ersten Regel ausgelegt werden sollen.46 Der Thematik der Arbeit entsprechend, wird im Folgenden lediglich auf den Eigentumsentzug eingegangen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass die drei Eingriffsformen zum Teil schwer von einander abgrenzbar sind, weswegen der EGMR keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der konkreten Eingriffsvoraussetzungen macht.47 Damit ein Eingriff zulässig ist, muss er zum einen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und den im Gesetz bestimmten Bedingungen entsprechen. Das bedeutet, dass sowohl die Norm als auch der Normvollzug rechtsstaatlichen Anforderungen genügen müssen, was gegeben ist, wenn die Rechtsgrundlage für den Eigentumsentzug ausreichend zugänglich, bestimmt und in ihrer Anwendung vorhersehbar ist. Als zweite Zulässigkeitsvoraussetzung verlangt Artikel 1, dass der Eigentumsentzug ein legitimes Ziel verfolgen bzw. aus Gründen des Gemeinwohls geschehen muss. Insbesondere für die Bestimmung des legitimen Allgemeininteresses besitzt der Staat einen weiten Ermessenspielraum.48 Als dritte Voraussetzung muss der Eingriff verhältnismäßig sein. Im Sporrongund Lönnroth-Fall bestimmte der EGMR die Verhältnismäßigkeit bzw. den Grundsatz des gerechten Gleichgewichts (fair balance) zwischen dem Allgemeininteresse der Gemeinschaft und der Bedeutung des Eingriffs für den Einzelnen.49 Dabei wird verlangt, dass der Eingriff angemessen und notwendig zur Erreichung des Allgemeininteresses ist und der Schaden des einzelnen nicht den Nutzen für die Allgemeinheit übersteigt (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne).50 Im James-Fall hat der Gerichtshof den Grundsatz des angemessenen Gleichgewichts wie folgt weiterentwickelt:

ten. Ein substantieller Eigentumseingriff ist gegeben, wenn Eigentumsrechte wesentlich beeinträchtigt werden, ohne dass die Eigentümerschaft verloren geht oder die Nutzung beschränkt wird. Zu den verschiedenen Eingriffsformen, siehe: van Banning, S. 103–109; Anderson, S. 553–554; McBride (1996), S. 40–50. 46 Fall James u. a. gegen Vereinigtes Königreich, Urteil vom 21. Februar 1986, Europäische Grundrechte Zeitung, Jg. 15, 1988, S. 343. 47 Klein, S. 67–91; siehe auch: Çoban, S. 191 und 194, der die Tendenz des EGMR betont, der Klassifizierung der Eingriffstypen wenig Aufmerksamkeit zu schenken, und auf seine fehlende Unterscheidung zwischen den in Abs. 1 und 2 des Artikel 1 verwandten Begriffen des öffentlichen Interesses und des Allgemeininteresses hinweist. 48 van Banning, S. 195. 49 Fall Sporrong und Lönnroth, siehe FN 44, S. 526. 50 Çoban, S. 204–205. Zur Verhältnismäßigkeit siehe auch: Peukert, S. 797–809.

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

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„Eine Enteignungsmaßnahme muss nicht nur in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dem ,öffentlichen Interesse‘ dienen, vielmehr muss darüber hinaus ein vernünftiger Verhältnismäßigkeitsmaßstab zwischen den angewandten Mitteln sowie dem verfolgten Zweck eingehalten worden sein. . . . Das erforderliche Gleichgewicht wird gestört, wenn der betroffenen Person ,eine besonders und unmäßige Last‘ aufgebürdet wurde.“51

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung kommt der Entschädigung eine entscheidende Bedeutung zu. Wie oben erwähnt, sieht der Wortlaut des Artikel 1, Abs. 1, des Protokolls eine Entschädigung im Prinzip nur für Ausländer vor, da unter den „allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts“ ein Hinweis auf das fremdenrechtliche Entschädigungsrecht zu verstehen ist. Im Gudmundsson-Fall hat die EGMR die Ungleichbehandlung zwischen Ausländern und Inländern hinsichtlich einer Entschädigungsverpflichtung mit der erhöhten Schutzbedürftigkeit der Ausländer gegenüber dem nationalen Recht gerechtfertigt und bestimmt, dass Artikel 1 des Protokolls Entschädigungszahlungen nur dann für Inländer vorsehe, wenn der Eigentumsentzug nicht vom öffentlichen Interesse gedeckt ist und nicht aufgrund von Gesetzen vorgenommen wurde.52 Mit Ausnahme des Falls von Willkür oder Gesetzlosigkeit der Entzugsmaßnahme kann nach dieser Entscheidung ein Staat Inländern ihr Eigentum ohne Zahlung einer Entschädigung entziehen. Zwar ist der EGMR von dieser Dogmatik nicht vollkommen abgerückt. Jedoch hat er im James-Fall und im Lithgow-Fall die Unterscheidung zwischen Inländern und Ausländern hinsichtlich der Entschädigungsverpflichtung weitgehend obsolet gemacht, indem er feststellte, dass auch der entschädigungslose Entzug von Eigentum von Inländern im Normalfall nicht mit Artikel 1 des Protokolls vereinbar ist.53 Für Inländer ergibt sich die Entschädigungspflicht nicht aus den in Artikel 1 des Protokolls genannten „allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts“, sondern aus dem Übermaßverbot.54 Im Regelfall soll sich die Höhe der Entschädigung am Wert des entzogenen Gegenstandes orientieren.55 Artikel 1 des Protokolls garantiert laut Gerichtshof jedoch nicht unter allen Umständen eine volle Entschädigung. Wie im Broniowski-Fall ausgeführt, kommt eine geringere Entschädigung insbesondere bei „solche[n] grundlegenden Veränderungen des Systems eines Landes wie dem Übergang von einem totalitären 51

Fall James, siehe FN 46, S. 345. Fall Gudmundsson gegen Island, Entscheidung vom 20. Dezember 1960, Yearbook of the European Convention on Human Rights, 1960, S. 422–423. 53 Fall James, siehe FN 46, S. 346; Fall Lithgow u. a. gegen Vereinigtes Königreich, Urteil vom 8. Juli 1986, ibid., S. 357–358. Zur Auslegung des Gerichtshofs: Danwitz, S. 255–256. 54 Milczewski, S. 149–150. 55 Zur Entschädigungshöhe, siehe Peukert, S. 810–817; Anderson, David, S. 556– 558, der für die Doktrin der legitimen Erwartungen als Bemessungsgrundlage für die Entschädigungshöhe plädiert. 52

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Regime zu einer demokratischen Regierungsform und [der] Reform der politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Struktur eines Staates, Phänomene, die unausweichlich die Verabschiedung wirtschaftlicher und sozialer Gesetzgebungsvorhaben großen Ausmaßes mit sich bringen“ in Betracht.56 Im Ehemaliger König von Griechenland-Fall stellte der EGMR fest, dass ein Eigentumsentzug im öffentlichen Interesse nur unter außergewöhnlichen Umständen ohne Zahlung einer Entschädigung zu rechtfertigen ist, was bislang aber noch in keinem Fall gerichtlich überprüft worden ist.57 Trotz seiner tendenziell weit reichenden Rechtsprechung zum Schutz des Eigentums hat der EGMR hinsichtlich der Massenenteignungen im Zuge der kommunistischen Bodenreformen in Ländern Mittel- und Osteuropas nach dem Zweiten Weltkrieg eine zurückhaltende Position bezogen. Der Gerichtshof wies eine Vielzahl in diesem Zusammenhang eingereichter Klagen auf Restitution oder Entschädigung mit dem Argument ratione temporis ab.58 Das Hauptargument ist, dass der Gerichtshof nicht über Forderungen befinden kann, die auf Tatsachen beruhen, die vor Inkrafttreten des Protokolls geschehen bzw. entstanden sind. Dabei wird der Eigentumsentzug durch Enteignung grundsätzlich als unmittelbarer Akt verstanden, der keine fortdauernde Rechtsbeeinträchtigung hervorruft.59 Von einer fortdauernden Eigentumsverletzung ist der EGMR lediglich im Loizidou-Fall, im Vasilescu-Fall und im Zypern-Fall ausgegangen.60 In diesen Fällen lag aber laut Gerichtshof kein Eigentumsentzug im Sinne des Artikel 1, Abs. 1, Satz 2, des Protokolls, sondern ein durch de facto Eigentumsentzug gegebener Substanzeingriff nach Satz 1 vor, der zu einem Zeitpunkt vorlag, als der beklagte Staat bereits das Protokoll ratifiziert hatte.61 In ähnlicher Weise ist 56 Fall Jerzy Broniowski gegen Polen, Urteil vom 22. Juni 2004, Europäische Grundrechte Zeitung, Jg. 31, 2004, S. 476. 57 Fall Ehemaliger König von Griechenland u. a. gegen Griechenland, Urteil vom 23. November 2000, Europäische Grundrechte Zeitung, Jg. 28, 2001, S. 402. So entschied der EGMR im Broniowski-Fall, dass die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von lediglich 2% der ursprünglich zu leistenden Entschädigung nicht durch die anerkanntermaßen außergewöhnlich schwierige Situation Polens hinsichtlich der Regelung seiner Eigentumsverhältnisse nach Ende des Kommunismus zu rechtfertigen sei, siehe FN 56, S. 480. 58 Peukert, S. 779–780. 59 van Banning, S. 123; Meyer-Ladewig, S. 337–338. 60 Fall Loizidou gegen Türkei, Urteil vom 18. Dezember 1996, Europäische Grundrechte Zeitung, Jg. 24, 1997, S. 561–562; Fall Vasilescu gegen Rumänien, Urteil vom 22. Mai 1998, ECHR Reports of Judgements and Decisions, 1998-III, S. 1077–1079; Fall Zypern gegen Türkei, Urteil vom 10. Mai 2001, ECHR Reports, 2001-IV, S. 70– 71. Darüber hinaus hat der EGMR im Broniowski-Fall zu erkennen gegeben, dass unter Umständen auch ein Unterlassen bei Vorliegen einer Gewährleistungsverpflichtung einen Verstoß gegen Artikel 1 des Protokolls bedeuten kann, siehe FN 56, S. 475. 61 Zum Problem der Konsistenz in der EGMR-Rechtsprechung, siehe: Çoban, S. 188–189.

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

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denkbar, dass ein Wiedergutmachungshandeln gegen Artikel 1 verstößt, wenn es auf eine vor dem Inkrafttreten des Protokolls eingetretene Eigentumsverletzung bezogen ist, aber zwischen unterschiedlichen Gruppen ohne sachlichen Grund diskriminiert.62 2. Amerikanische Menschenrechtskonvention Dem Beispiel des europäischen Menschenrechtsschutzes folgend, verabschiedeten die amerikanischen Staaten am 22. November 1969 die Amerikanische Konvention über Menschenrechte (AMRK), deren Artikel 21 das Recht auf Eigentum schützt: „Artikel 21 1. Jeder hat das Recht, sein Eigentum zu nutzen und zu genießen. Das Recht kann die Nutzung und den Genuss des Eigentums den Interessen der Gesellschaft unterordnen. 2. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, außer gegen Zahlung einer gerechten Entschädigung, zu Zwecken der öffentlichen Versorgung oder des sozialen Interesses und in den gesetzlich festgelegten Fällen und entsprechend den gesetzlichen Verfahren. 3. Wucher und jede andere Form der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen sind gesetzlich verboten.“63

Anders als die in Kapitel B. III. erwähnte ADMR geht die Konvention über den Schutz des persönlichen Eigentums hinaus und beabsichtigt, das Recht auf Eigentum in umfassender Weise zu schützen. In den Vorarbeiten zu der AMRK versuchten zwar einige lateinamerikanische Staaten entsprechend ihren Positionen in der Generalversammlung und in der Menschenrechtskommission eine Begrenzung auf jene Formen des Eigentums zu erreichen, die zur Entwicklung der Persönlichkeit eines jeden Menschen erforderlich sind, hatten damit jedoch 62 Vgl. Loukaides, S. 688. Eine entsprechende Klage von Betroffenen durch die von ¯ der sowjetischen Besatzungsmacht durchgeführte Bodenreform von 1945–1949 hat der Gerichtshof allerdings als unzulässig abgelehnt. von Maltzan u. a. gegen Deutschland, Urteil vom 31. März 2005, Große Kammer, Nr. 71916/01, 71917/01, 10260/02, CEDH/ECHR 2005-V. Kritisch hinsichtlich der Ungleichbehandlung durch das Bundesverfassungsgericht: Kempen/Dorf, S. 64–71. Allgemein zum Diskriminierungsverbot: Uerpmann-Wittzack, S. 88–92. 63 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 21 1. Everyone has the right to the use and enjoyment of his property. The law may subordinate such use and enjoyment to the interest of society. 2. No one shall be deprived of his property except upon payment of just compensation, for reasons of public utility or social interest, and in the cases and according to the forms established by law. 3. Usury and any other form of exploitation of man by man shall be prohibited by law.“

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

keinen Erfolg.64 Allerdings wurde der in der Vorversion enthaltene Begriff des „Privateigentums“ mit dem Ausdruck „Recht, sein Eigentum zu nutzen und zu genießen“ ersetzt, was auf eine Relativierung des liberalen Eigentumsbegriffs nach Lockeschem Verständnis hindeutet.65 Weiterhin spricht das in Abs. 3 enthaltene Wucher- und Ausbeutungsverbot, das in keiner anderen regionalen Menschenrechtskonventionen ausdrücklich geregelt ist, für eine Betonung der Sozialbindung des Eigentums trotz der Erweiterung des Schutzbereiches über das persönliche Eigentum hinaus. Artikel 21 folgt dem Lockeschen Verständnis des Eigentums als natürlichem (Abwehr-)Recht, das weder vom Staat noch von Privatpersonen entzogen oder beeinträchtigt werden darf.66 Allerdings kann seine Nutzung und sein Genuss durch Gesetz dem Allgemeinwohl untergeordnet werden. Wie das Erste Zusatzprotokoll der EMRK verwendet Artikel 21, Abs. 2, nicht den Begriff der „Enteignung“, sondern benutzt den Begriff des „Eigentumsentzugs“, so dass auch solche Maßnahmen unter die Vorschrift fallen, die das Eigentum entziehen ohne die formelle Eigentumsposition anzutasten.67 Eigentumsentzug ist nur rechtmäßig zu gesetzlich festgelegten Zwecken oder zum Zweck der öffentlichen Versorgung und des sozialen Interesses, wobei der Entzug einem gesetzlichem Verfahren folgen und eine gerechte Entschädigungsleistung einschließen muss. 3. Afrikanische Menschenrechtskonvention Als dritte regionale Menschenrechtskonvention regelt die afrikanische Menschenrechtskonvention, die Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker vom 27. Juni 1981, den Eigentumsschutz in Artikel 14 wie folgt: „Artikel 14 Das Recht auf Eigentum wird gewährleistet. Der Eingriff ist nur im öffentlichen Interesse oder im Interesse des Gemeinwohls zulässig und muss mit den Vorschriften der Enteignungsgesetze übereinstimmen.“68

Im Vergleich zu den entsprechenden Bestimmungen des europäischen und vor allem des amerikanischen Menschenrechtsschutzsystems, erweckt Artikel 14 der Banjul Charta den Anschein, weniger umfassenden Eigentumsschutz zu gewähren.69 So enthält Artikel 14 keine ausdrückliche positive Nutzungs- und 64

van Banning, S. 59–60; Dolzer (1985), S. 103. van Banning, S. 60. 66 Davidson, S. 276. 67 Dolzer (1985), S. 104. 68 Die englische Originalfassung lautet wie folgt: „Article 14 The right to property shall be guaranteed. It may only be encroached upon in the interest of public need or in the general interest of the community and in accordance with the provisions of appropriate laws.“ 65

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

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Verfügungsbefugnis des Eigentümers über sein Eigentum, sondern lediglich eine nicht weiter bestimmte staatliche Garantie des Rechts auf Eigentum. Laut Dolzer wird letztere Garantie jedoch auch im afrikanischen Kontext das grundsätzliche Recht des Eigentümers, sein Eigentum entsprechend seinen eigenen Vorstellungen zu nutzen, beinhalten.70 Im Gegensatz zu den europäischen und amerikanischen Parallelbestimmungen scheint Artikel 14 nicht dem Lockeschen Verständnis eines natürlichen Menschenrechts auf Eigentum, sondern eher der sozialistischen Konzeption eines Eigentumsrechts zu entsprechen, das erst durch staatliche Hand gewährleistet wird.71 Nicht unähnlich dem sozialistischen Menschenrechtsverständnis wird auch im afrikanischen Rechtsraum weniger zwischen Individual- und Gemeinschaftsinteresse im Bereich der Menschenrechte unterschieden.72 Im Bereich der Eigentumsrechte zeigt sich die enge Verwobenheit von Einzel- und Allgemeininteressen an der weiten Verbreitung von gemeinschaftlichem Eigentum73 und wird innerhalb des afrikanischen Menschenrechtssystems durch die Artikel 13, Abs. 3, und 21 betont, die das Recht des Einzelnen auf gleichen Zugang zu öffentlichem Eigentum sowie das Recht der Völker auf freie Nutzung ihrer Naturreichtümer stipulieren.74 69

Vgl. Orlu Nmehlielle, S. 119. Dolzer (1985), S. 104. 71 Vgl. auch: van Banning, S. 61. 72 Für diese Aussage spricht, dass im afrikanischen Rechtsverständnis traditionelle individuelle Rechte der ersten und zweiten Generation mit Gruppenrechten der dritten Generation der Menschenrechte für untrennbar verbunden gehalten werden, was sich auch in der Aufnahme von Rechten der Völker in der Banjul Charta widerspiegelt. Vgl. Hansungule, S. 288–292. 73 Dazu siehe: van Banning, S. 60–61. 74 Artikel 13, Abs. 3, lautet: „Artikel 13 . . . 3. Every individual shall have the right of access to public property and services in strict equality of all persons before the law.“ In diesem Zusammenhang sollte auch auf die weite Verbreitung von traditionellen gemeinschaftlichen Eigentumsformen in Afrika hingewiesen werden. Dazu siehe: Fitzpatrick, Daniel, S. 449–476; Ülgen, S. 131–154; Plant, S. 26–29. Artikel 21 lautet: „Article 21 1. All peoples shall freely dispose of their wealth and natural resources. This right shall be exercised in the exclusive interest of the people. In no case shall a people be deprived of it. 2. In case of spoliation the dispossessed people shall have the right to the lawful recovery of its property as well as to adequate compensation. 3. The free-disposal of wealth and natural resources shall be exercised without prejudice to the obligation of promoting international economic cooperation based on mutual respect, equitable exchange and the principles of international law. 4. States Parties to the present Charter shall individually and collectively exercise the right to free disposal of their wealth and natural resources with a view to strengthening African unity and solidarity. 70

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

Artikel 14 lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass die in der Banjul Charta verkörperte afrikanische Eigentumsrechtsphilosophie ähnlich dem sozialistischen Verständnis notwendigerweise auch ein Teilhaberecht eines jeden auf ein Mindestmaß an Eigentum einschließt. Zu der Charta existieren zwar keine travaux préparatoires, aus denen auf die zugrunde liegende Ratio geschlossen werden könnte; jedoch spricht für die hier vertretene Interpretation der uneindeutige Wortlaut des Artikels 14 sowie seine Einordnung zwischen den bürgerlichen und politischen Rechten (Artikel 3–13) und den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (Artikel 15–18).75 Artikel 14, Satz 2, enthält einen relativ weiten Gesetzesvorbehalt, mit dem Eigentumsrechte zum Wohl der Allgemeinheit auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden können. Die Unbestimmtheit dieses Vorbehalts hat Kritik hinsichtlich einer möglichen staatlichen Willkür bei Enteignungsmaßnahmen hervorgerufen.76 Weiterhin enthält die Vorschrift keine ausdrückliche Aussage zu den Rechtsfolgen einer Enteignung, insbesondere keine Erwähnung einer Entschädigungsgarantie, obwohl Artikel 21, Abs. 2, ein Rückgaberecht bzw. die Zahlung einer angemessenen Entschädigung für Opfer von Plünderungen vorsieht.77 Natürlich würde es dem in Artikel 14 enthaltenen prinzipiellen Vorrang der Eigentümerinteressen gegenüber den Interessen der Allgemeinheit und dem Grundsatz des Eigentumsschutzes an sich widersprechen, wenn man davon ausginge, dass die Nichterwähnung eines Entschädigungserfordernisses im Umkehrschluss die entschädigungslose Enteignung im afrikanischen Rechtsraum erlaubt.78 Jedoch muss in diesem Zusammenhang konstatiert werden, dass entschädigungslose Enteignungen bzw. gravierende Verletzungen von Eigentumsrechten in verschiedenen afrikanischen Ländern durchgeführt bzw. nicht verhindert werden.79 Die jüngsten Landreformen in Zimbabwe gingen sogar mit der gewaltsamen Vertreibung von weißen Farmern einher.80 Weiterhin besteht in vielen afrikanischen Ländern kein oder kaum Eigentumsschutz für Frauen.81

5. States parties to the present Charter shall undertake to eliminate all forms of foreign exploitation particularly that practised by international monopolies so as to enable their peoples to fully benefit from the advantages derived from their natural resources.“ 75 Vgl. Rosas, S. 145. 76 Siehe z. B.: Acheampong, S. 199; Ankumah, S. 142; Orlu Nmehielle, S. 119–120. 77 Siehe FN 74. 78 Vgl. Dolzer (1985), S. 105. 79 van Banning, S. 62. 80 International Crisis Group (2004); Human Rights Watch (2002). 81 Grant Bowman/Kuenyehia, S. 65–85, 128–166.

II. Eigentumsschutz in regionalen Menschenrechtskonventionen

163

4. Arabische und islamische Menschenrechtserklärungen Das Recht auf Eigentum wird auch in den verschiedenen Menschenrechtserklärungen der islamischen bzw. der arabischen Staaten geschützt. Auf das problematische Verhältnis zwischen dem völkerrechtlichen Menschenrechtssystem und dem islamischen Recht muss in der vorliegenden Arbeit nicht eingegangen werden, da anerkannt ist, dass das Privateigentum in islamisch ausgerichteten Rechtsordnungen eine ähnliche Bedeutung und Schutz besitzt bzw. genießt wie in den westlichen Rechtsordnungen.82 Eigentumsrechte in islamischen Rechtsordnungen gehen im Wesentlichen auf zivilrechtliche oder angelsächsische Rechtstraditionen zurück, so dass von einer spezifisch islamischen Eigentumskonzeption nicht gesprochen werden sollte. Als eines von fünf im Islam verankerten natürlichen Rechten wird das Recht auf privaten Eigentumserwerb – dem Lockeschen Verständnis nicht unähnlich – als unveräußerliches Recht des Einzelnen verstanden, welches durch den Staat geschützt werden muss.83 Dieses Grundverständnis spiegelt sich in allen arabischen bzw. islamischen Menschenrechtsinstrumenten ohne Rücksicht auf den Grad ihres religiösen Impetus wieder. Dabei gilt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Islam, die am 19. September 1981 vom nichtstaatlichen Islamrat verabschiedet wurde, als Ausdruck eines konservativen islamischen Rechtsverständnisses, da sie in traditioneller Sprache mit Koranverweisen gehalten ist und die Menschenrechte als Ausfluss des Islam sieht. Die von der Organisation der Konferenz Islamischer Staaten verabschiedete Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam vom 5. August 1990 kann als ihr zwischenstaatliches Pendant bezeichnet werden, das auf Koranzitate verzichtet. Die Kairoer Erklärung sieht sich als Ausprägung einer spezifisch islamischen Ausformung der Menschenrechte und enthält einen so genannten „Scharia-Vorbehalt“, der das islamische Recht als ausschließlichen Ableitungs- und Referenzrahmen interpretiert.84 Demgegenüber kommt die Arabische Charta der Menschenrechte vom 15. September 1994 eher aus einer säkularen Tradition, die einen klaren normativen Bezug zum Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen enthält, die Prinzipien des Islams und der anderen Offenbarungsreligionen sowie die zivilisatorischen Errungenschaften des arabischen Kulturraums aber als zusätzlichen Bezugsrahmen nennt.85 Allen drei Instrumenten ist gemein, dass sie nicht bindend sind.

82

Anderson, J. Norman D., S. 103. Zum Verhältnis zwischen islamischem Recht und den Menschenrechten, siehe: Kuhn-Zuber, S. 307–331. 83 Dolzer (1985), S. 114. 84 Zur Entstehungsgeschichte und zur Bedeutung der islamischen Menschenrechtserklärungen, siehe: Mayer, S. 21–22; Würth, S. 36–40. 85 Ibid., S. 35; Mattes, S. 95.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam schützt das Recht auf Eigentum wie folgt: „Artikel 16: Das Recht auf Schutz des Eigentums Eigentum, das aus erlaubtem Erwerb hervorgegangen ist, darf nur zum allgemeinen Wohle enteignet werden. „Verzehrt nicht euer Vermögen untereinander in betrügerischer Weise“ (Koran 2, 1988); und gegen gerechte Entschädigung des Eigentümers: „Wer ohne Recht etwas vom Boden wegnimmt, wird in ihm am Tag der Auferstehung bis zur tiefsten Hölle versinken“ (. . .) Die Unverletzlichkeit des öffentlichen Eigentums steht am höchsten; die Strafe für die Verletzung desselben ist am härtesten, denn es ist ein Angriff auf die ganze Gesellschaft und ein Treubruch gegen die Umma insgesamt: . . .“

Die Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam behandelt das Recht auf Eigentum in Artikel 15: „Artikel 15 a) Jeder hat das Recht auf Eigentum, das auf legitime Weise erworben wurde, und soll das Recht auf Besitz haben, ohne Nachteil für sich selbst, andere oder die Gesellschaft im Allgemeinen. Enteignung ist nicht erlaubt, es sei denn aufgrund von Erfordernissen des öffentlichen Interesses und gegen Bezahlung einer unmittelbaren und fairen Entschädigung. b) Die Konfiszierung und Beschlagnahme von Eigentum ist verboten, es sei denn aus durch Gesetz geregelten Gründen.“

Schließlich bestimmt Artikel 25 der Arabischen Charta der Menschenrechte, dass Eigentumsrechte wie folgt geschützt werden sollen: „Artikel 25 Jedem Staatsbürger wird das Recht auf Privateigentum gewährleistet. Unter keinen Umständen darf einem Staatsbürger willkürlich oder widerrechtlich ganz oder teilweise sein Eigentum entzogen werden.“

Zwar wird die individuelle Nutzungsbefugnis des Eigentümers lediglich in der Kairoer Erklärung explizit benannt. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten und angesichts der deutlichen Schutzbestimmungen ist jedoch davon auszugehen, dass auch die Allgemeine Erklärung und die Arabische Charta von einem individuellen Nutzungsrecht des Eigentümers ausgehen. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die beiden islamischen Erklärungen auf die Notwendigkeit eines legitimen Eigentumserwerbs hinweisen und die Allgemeine Erklärung das öffentliche Eigentum ausdrücklich als schützenswerteste Eigentumsform bezeichnet. Vor allem die islamischen Erklärungen enthalten schärfere Formulierungen gegen einen willkürlichen Eigentumsentzug, als dies in den anderen regionalen Menschenrechtsinstrumenten der Fall ist. In der Allgemeinen Erklärung wird der ungerechtfertigte Eigentumsentzug sogar stark verurteilt. Hinsichtlich der Enteignungs- bzw. Entzugsvoraussetzungen schreiben die beiden islamischen

III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in Mittel- und Osteuropa

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Erklärungen den Zweck zum allgemeinen Wohl bzw. des öffentlichen Interesses sowie die Zahlung einer Entschädigung vor. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage ist jedoch nur in der Kairoer Erklärung verlangt. Im Gegensatz zu den islamischen Menschenrechtsinstrumenten ist der Eigentumsschutz der Arabischen Charta weniger klar. Zwar weisen die Worte „unter keinen Umständen“ darauf hin, dass die Charta einem Eigentumsschutz an sich sehr verpflichtet ist. Die konkreten Entziehungsvoraussetzungen sind jedoch nicht ausformuliert, sondern nur im Rückschluss von einem Verbot des willkürlichen oder widerrechtlichen Eigentumsentzugs zu erschließen, das an Artikel 17, Abs. 2, der AEMR angelehnt ist.

III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in den ehemaligen sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas nach Zusammenbruch des Sozialismus Nach Zusammenbruch des Sozialismus symbolisiert durch den Fall der Berliner Mauer im Herbst 1989 begannen auch die Staaten Mittel- und Osteuropas (einschließlich der Gemeinschaft unabhängiger Staaten) drastische Veränderungen hinsichtlich ihrer Eigentumsordnung vorzunehmen. Am 21. November 1990 bekannten sich die Staats- und Regierungschefs der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) in der „Charta von Paris über ein neues Europa“ zu Demokratie und Menschenrechtsschutz, was auch „das Recht: . . . allein oder in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben und selbstständig Unternehmen zu betreiben“ beinhaltete.86 Damit hatten sich auch die 86 Charta von Paris über ein neues Europa. Erklärung des Pariser KSZE-Treffens der Staats- und Regierungschefs vom 21. November 1990. Die vollständige Textpassage lautet: „Wir die Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, sind in einer Zeit tiefgreifenden Wandels und historischer Erwartungen in Paris zusammengetreten. . . . Nun ist die Zeit gekommen, in der sich die jahrzehntelang gehegten Hoffnungen und Erwartungen unserer Völker erfüllen: unerschütterliches Bekenntnis zu einer an Menschenrechten und Grundfreiheiten beruhenden Demokratie, Wohlstand durch wirtschaftliche Freiheit und soziale Gerechtigkeit und gleiche Sicherheit für alle unsere Länder. . . . Die zehn Prinzipien der Schlussakte werden uns in diese im Zeichen hoher Aufgaben stehende Zukunft leiten, so wie sie uns in den vergangenen fünfzehn Jahren den Weg zur besseren Beziehungen gewiesen haben. Die volle Verwirklichung aller KSZE-Verpflichtungen muß die Grundlage für die Initiativen bilden, die wir nun ergreifen, um unseren Nationen ein Leben zu ermöglichen, das ihren Wünschen gerecht wird. Wir verpflichten uns, die Demokratie als die einzige Regierungsform unserer Nationen aufzubauen, zu festigen und zu stärken. In diesem Bestreben werden wir an folgendem festhalten: Menschenrechte und Grundfreiheiten sind allen Menschen von Geburt an eigen; sie sind unveräußerlich und werden durch das Recht gewährleistet. Sie zu schützen und zu fördern ist vornehmste Pflicht jeder Regierung. Ihre Achtung ist wesentlicher Schutz gegen staatliche Übermacht. Ihre Einhaltung und uneingeschränkte Ausübung

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

vormals sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas auf das westliche Menschenrechtskonzept festgelegt und erkannten das Privateigentum als Institution prinzipiell an.87 Dies schloss auch diejenigen Staaten, wie die Sowjetunion, die Ukraine und Polen ein, die während der Verhandlungen in der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission dazu beigetragen haben, die Kodifizierung eines Menschenrechts auf Eigentum zu verhindern. Mit Ausnahme Weißrusslands ratifizierten anschließend alle ehemaligen sozialistischen Länder der Region das Erste Protokoll der EMRK88 und verpflichteten sich zum in Abschnitt 2 a) geschilderten Schutz des Privateigentums.89 Die in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zusammengeschlossenen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion verabschiedeten am 26. Mai 1995 eine Konvention über die Rechte und Grundfreiheiten der Menschen, deren Artikel 26 den Schutz des Privateigentums betrifft:90 „1. Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Eigentum. Niemandem darf sein Vermögen entzogen werden außer im öffentlichen Interesse, auf gerichtlichem Wege und unter Beachtung der Bedingungen, die in den innerstaatlichen Gesetzen und durch die allgemein anerkannten Grundsätze des Völkerrechts vorgesehen sind. 2. Die voranstehenden Bestimmungen berühren jedoch in keiner Weise das Recht einer Vertragsschließenden Partei, solche Gesetze zu erlassen, die sie für die Kontrolle über die Nutzung von Gegenständen für erforderlich hält, die im staatlichen und öffentlichen Interesse aus dem allgemeinen Verkehr ausgenommen sind.“91

Artikel 26, Abs. 1, beinhaltet eine deutliche Abkehr von der sozialistischen Eigentumskonzeption, indem er das Recht auf Eigentum von Individualpersonen ausdrücklich benennt und die in Artikel 17 der AEMR enthaltene Formulierung gegen willkürlichen Eigentumsentzug dem westlichen Eigentumsverständnis entsprechend fortentwickelt. Abs. 2 relativiert die in Abs. 1 festgelegten Grundsätze jedoch insofern, als dass die Nutzung bestimmter Güter gesetzlich bilden die Grundlage für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. . . . Wir bekräftigen, . . . jeder hat auch das Recht: . . . allein oder in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben und selbstständig Unternehmen zu betreiben, . . .“ 87 Schlotter, S. 180; Karaosmanog ˘lu, S. 66. 88 Im Dezember 1994 gehörten dazu: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Estland, Georgien, Kasachstan, Kroatien, Kirgisien, Lettland, Litauen, Mazedonien, Moldawien, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Tadschikistan, Tschechien, Turkmenistan, Ukraine und Usbekistan. 89 Vgl. Sagel-Grande, S. 63–65. 90 Im Juni 2004 hatten die Russische Föderation, Weißrussland, Kirgisien und Tadjikistan die Konvention ratifiziert und Armenien, Georgien und Moldawien unterschrieben. Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan, und die Ukraine haben die Konvention nicht unterschrieben. Information erhalten von Rechtsanwältin Olga Ametistova, Zschunke Rechtsanwälte, Berlin, 21. November 2005. 91 Abgedruckt in: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 575–586.

III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in Mittel- und Osteuropa

167

eingeschränkt werden kann, über die im Interesse der Allgemeinheit nicht im freien Wirtschaftsverkehr verfügt werden soll. Insoweit zu solchen Gütern Gegenstände wie z. B. Waffen oder bestimmte industrielle Anlagen gehören, die sicherheits- oder umweltgefährdend sind, ist kein Widerspruch zur in Abs. 1 gewährten grundsätzlichen Eigentumsgarantie festzustellen. Problematischer ist, wenn in sozialistischer Tradition unter den Regelungsvorbehalt auch der allgemeine Grund und Boden fällt, der nicht am Wirtschaftsverkehr teilhaben soll. Wie unten noch erörtert wird, sind jedoch in den meisten GUS-Staaten indes auch Landreformen im Gange, im Zuge derer auch der Grund und Boden auch an Einzelpersonen privatisiert wird bzw. werden soll. Im Einklang mit den einschlägigen regionalen Menschenrechtsinstrumenten haben die meisten der ehemaligen sozialistischen Staaten in den 1990er Jahren neue Verfassungen verabschiedet, die das Recht auf Privateigentum auch als Individualrecht schützen. Dies gilt insbesondere für die Russische Föderation, deren Verfassung vom 12. Dezember 1993 bestimmt: „Artikel 35 1. Das Recht des Privateigentums ist durch das Gesetz geschützt. 2. Jeder ist berechtigt, Eigentümer von Vermögen zu sein, es zu besitzen, zu nutzen und darüber zu verfügen, und zwar sowohl als Einzelperson als auch gemeinsam mit anderen Personen. 3. Niemandem darf sein Vermögen entzogen werden, es sei denn aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Eine Zwangsenteignung von Vermögen für staatlichen Bedarf kann nur unter der Voraussetzung der vorherigen und gleichwertigen Entschädigung vorgenommen werden. 4. Das Recht auf Vererbung wird garantiert. Artikel 36 1. Die Bürger und ihre Vereinigungen sind berechtigt, Privateigentümer von Boden zu sein. 2. Der Besitz und die Nutzung des Bodens und der anderen natürlichen Ressourcen sowie die Verfügung über diese werden von deren Eigentümern frei gestaltet, soweit dies die Umwelt nicht schädigt und die Rechte und rechtmäßigen Interessen anderer Personen nicht verletzt. 3. Die Bedingungen und die Ordnung der Bodennutzung werden aufgrund eines Bundesgesetzes festgelegt.“92

In der russischen Verfassung ist das Privateigentum eine von mehreren geschützten Eigentumsformen. Gemäß Artikel 8, Abs. 2, werden in der Russischen Föderation „die private, staatliche, munizipale und andere Eigentumsformen in gleicher Weise anerkannt und geschützt.“ Nach Artikel 9, Abs. 2, kön-

92

Abgedruckt in: Roggemann (1999), S. 785.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

nen sich der Boden und die natürlichen Ressourcen „in der privaten, staatlichen und munizipalen Form oder in anderen Formen des Eigentums befinden.“93 In hartem Gegensatz und in bewusster Abkehr zu dem in Kapitel C. II. geschilderten sozialistischen Eigentumskonzept erkennt und schützt die postsozialistische russische Verfassung das Eigentum ohne Einschränkung durch eine Zweckbindung als subjektives Grundrecht und als objektive Einrichtungsgarantie.94 Die für das sozialistische System typische Hierarchisierung der Eigentumsformen wurde aufgehoben und alle Eigentumsformen einschließlich des Privateigentums gleichgestellt. Weiterhin wurde das persönliche Eigentum als eigenständige Kategorie abgeschafft und durch das Privateigentum ersetzt.95 Gemäß Artikel 35, Abs. 2, der Verfassung darf Eigentum nur aufgrund eines Gerichtsbeschlusses entzogen werden und muss in diesem Fall entschädigt werden. Im Vergleich zu westlichen Enteignungsvorschriften reicht diese Vorschrift weniger weit, da die russische Verfassung trotz ihrer liberalen Eigentumsphilosophie kein Enteignungsverfahren auf gesetzlicher Grundlage, sondern lediglich gerichtliche Einzelfallentscheidungen als Rechtsgrundlage vorsieht. Allerdings muss festgestellt werden, dass diese Bestimmung im Vergleich zur Enteignungspraxis der Sowjetunion einen großen Fortschritt für die Rechtssicherheit und den Schutz des Privateigentums darstellt.96 In ähnlich drastischer Weise veränderten die folgenden Staaten ihre vorherige sozialistische Rechtsordnung: Albanien,97 Bulgarien,98 Estland,99 Georgien,100

93

Abgedruckt: Ibid., S. 779–780. Brunner, S. 32; Roggemann (1997), S. 233. 95 Vgl. Butler, S. 346–347. 96 Vgl. Ausführungen in Kapitel B. II. 97 Die einschlägigen eigentumsbezogenen Artikel der albanischen Verfassung vom 22. November 1998 lauten: „Artikel 11 1. Das Wirtschaftssystem der Republik Albanien beruht auf dem privaten und öffentlichen Eigentum sowie auf der Marktwirtschaft und der Freiheit wirtschaftlicher Betätigung. 2. Das private und öffentliche Eigentum werden gleichermaßen durch das Gesetz geschützt. ... Artikel 41 1. Das Recht auf Eigentum ist gewährleistet. 2. Das Eigentum kann durch Schenkung, durch Erbschaft, durch Kauf oder jede andere im Zivilkodex vorgesehene klassische Weise erworben werden. 3. Das Gesetz kann Enteignungen oder Beschränkungen in der Ausübung des Eigentumsrechts alleine im öffentlichen Interesse vorsehen. 4. Enteignungen oder Beschränkungen des Eigentumsrechts, die einer Enteignung gleichkommen, sind nur gegen eine gerechte Entschädigung gestattet. 5. Wegen Streitigkeiten im Zusammenhang mit den Entschädigungsmaßnahmen kann Klage bei Gericht erhoben werden. 94

III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in Mittel- und Osteuropa

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Artikel 42 1. In die Freiheit, das Eigentum und die anderen in der Verfassung und im Gesetz anerkannten Rechte kann nicht ohne ein geregeltes gesetzliches Verfahren eingegriffen werden. . . .“ Abgedruckt: Roggemann (1999), S. 329, 336. 98 Die einschlägigen Artikel der bulgarischen Verfassung vom 12. Juli 1991 lauten: „Artikel 17 – Eigentum 1. Das Eigentum und Erbrecht werden gesetzlich gewährleistet und geschützt. 2. Es gibt privates und öffentliches Eigentum. 3. Das Privateigentum ist unantastbar. 4. Die Rechtslage der Gegenstände des staatlichen und des kommunalen Eigentums wird durch Gesetz festgelegt. 5. Eine Enteignung für staatliche und kommunale Zwecke darf nur auf der Grundlage eines Gesetzes erfolgen, unter der Bedingung, daß diese Bedürfnisse nicht auf andere Weise befriedigt werden können, und nach vorheriger gleichwertiger Entschädigung erfolgen. Artikel 21 – Bodenrecht 1. Der Boden ist ein grundlegender nationaler Reichtum, der den besonderen Schutz des Staates und der Gesellschaft genießt. 2. Der anbaufähige Boden wird nur für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Eine Änderung seiner Zweckbestimmung ist ausnahmsweise bei Nachweis von Bedarf und unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen und nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren zulässig. Artikel 22 1. Die Ausländer und ausländischen juristischen Personen dürfen kein Eigentum an Boden erwerben, außer bei gesetzlicher Erbfolge. In diesem Fall müssen sie ihr Eigentum übertragen. 2. Unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen dürfen die Ausländer und ausländischen juristischen Personen ein Nutzungsrecht, ein Baurecht und andere dingliche Rechte erwerben.“ Abgedruckt: Ibid., S. 376–377. 99 Artikel 32 der estnischen Verfassung vom 28. Juni 1992 lautet: „Artikel 32 1. Das Eigentum jedes Menschen ist unverletzlich und geschützt. Eigentum kann ohne Zustimmung des Eigentümers nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen und Verfahren im Interesse der Allgemeinheit gegen gerechte und sofortige Entschädigung enteignet werden. Jeder, dessen Eigentum ohne seine Zustimmung enteignet wurde, hat das Recht, sich an ein Gericht zu wenden und die Enteignung, die Entschädigung sowie ihren Umfang anzufechten. 2. Jeder hat das Recht, sein Eigentum frei zu verwalten, zu nutzen und darüber zu verfügen. Einschränkungen sind durch Gesetz festzulegen. Eigentum darf nicht entgegen allgemeinen Interessen genutzt werden. 3. Durch Gesetz können im Allgemeininteresse die Arten von Gütern bestimmt werden, welche nur im Eigentum von estnischen Staatsbürgern, einiger Arten von juristischen Personen, örtlichen Selbstverwaltungskörperschaften oder des estnischen Staates sein dürfen. 4. Das Erbrecht wird gewährleistet.“ Abgedruckt: Ibid., S. 416–417. 100 Artikel 21 der georgischen Verfassung vom 24. August 1995 lautet: „Artikel 21 1. Das Eigentum und das Erbrecht werden anerkannt und gewährleistet. Unzulässig ist die Aufhebung des allgemein anerkannten Rechts auf Eigentum, dessen Erwerb, Veräußerung oder Vererbung. 2. Eine zum Wohle der Allgemeinheit nötige Einschränkung der im ersten Absatz aufgeführten Rechte ist nur in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig.

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Kasachstan,101 Kirgisien,102 Kroatien,103 Lettland,104 Litauen,105 Makedo-

3. Eine zum Wohl der Allgemeinheit nötige Enteignung ist nur in den durch Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen, durch Gerichtsentscheidung oder in den vom Organgesetz bestimmten Fällen und gegen entsprechende Entschädigung möglich.“ Abgedruckt: Ibid., S. 453–454. 101 Artikel 6 und 26 der Verfassung von Kasachstan vom 30. August 1995 lauten: „Article 6 1. The Republic of Kazakhstan shall recognize and by the same token protect state and private property. 2. Property shall impose obligations, and its use must simultaneously benefit the society. Subjects and objects of ownership, the scope and limits of the rights of proprietors, and guarantees of their protection shall be determined by law. 3. The land and underground resources, waters, flora and fauna, other natural resources shall be owned by the state. The land may also be privately owned on terms, conditions and within the limits established by legislation. Article 26 1. Citizens of the Republic of Kazakhstan may privately own any legally acquired property. 2. Property, including the right of inheritance, shall be guaranteed by law. 3. No one may be deprived of his property unless otherwise stipulated by a court decision. Forcible alienation of property for the public use in extraordinary cases stipulated by law may be exercised on condition of its equivalent compensation. 4. Everyone shall have the right to freedom of entrepreneurial activity, and free use of his property for any legal entrepreneurial activity. Monopolistic activity shall be regulated and limited by law. Unfair competition shall be prohibited by law.“ Erhältlich unter: http://www.washlaw.edu/forint/asia/kazakhstan.htm 102 Die einschlägigen Bestimmungen der kirgisischen Verfassung vom 5. Mai 1993 lauten: „Article 4 1. In the Kyrgyz Republic, state, communal, private, and other forms of property shall be recognized and protected. The Kyrgzy Republic guarantees diversity of forms of property and their equal legal protection. 2. The land, its underlying resources, air space, forests, flora and fauna, and other natural resources in the Kyrgyz Republic shall be used as the basis of life and activity of people of Kyrgyztan and shall have special protection of the state. 3. The land may be in state, communal, private, or other type of property. Limits to and procedure for execution of rights by land owners and guarantees of their protection shall be set forth in law. 4. The Kyrgyz Republic shall protect the rights of ownership of its citizens and juridical persons to property, and also their property and ownership located within territories of other governments. Article 16 1. In the Kyrgyz Republic, basic human rights and freedoms are recognized and guaranteed in accordance with universally accepted norms and principles of international law, international treaties and agreements concerning human rights which are ratified by the Kyrgyz Republic. 2. Every person in the Kyrgyz Republic has the right: . . . to own property and to possess, use and dispose of it at one’s own discretion; . . . Article19 1. Private ownership in the Kyrgyz Republic is recognized and guaranteed as an inalienable human right, as a natural source of one’s welfare, business and creative ability, and as a guarantor of one’s economic and personal independence.

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2. Property is inviolable. No person can be deprived of his/her property arbitrarily; Confiscation against the will of the owner is allowed by decision of a court. 3. In the Kyrgyz Republic the right of inheritance is guaranteed and protected by law.“ Erhältlich unter: http://www.washlaw.edu/forint/asia/kyrgyzstan.htm 103 Die einschlägigen Vorschriften der kroatischen Verfassung vom 22. Dezember 1990 lauten: „Artikel 48 1. Das Recht auf Eigentum wird gewährleistet. 2. Das Eigentum verpflichtet. Die Träger des Eigentumsrechts und deren Nutznießer sind verpflichtet, hiermit zum allgemeinen Wohl beizutragen. 3. Eine ausländische Person kann das Eigentumsrecht unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen erwerben. 4. Das Erbrecht wird gewährleistet. Artikel 50 1. Durch Gesetz kann im Interesse der Republik Kroatien und zu einer dem Marktwert entsprechenden Entschädigung Eigentum eingeschränkt oder entzogen werden. 2. Unternehmerfreiheit und Eigentümerrechte können ausnahmsweise durch Gesetz zum Schutz der Interessen und der Sicherheit der Republik Kroatien, der Natur, der Umwelt oder der Gesundheit der Menschen eingeschränkt werden.“ Abgedruckt: Roggemann (1999), S. 494–495. 104 Artikel 105 der am 31. März 1995 neu verkündeten lettischen Verfassung vom 15. Februar 1922 lautet: „Artikel 105 Jeder hat das Recht auf Eigentum. Das Eigentum darf nicht entgegen den Interessen der Gesellschaft genutzt werden. Die Eigentumsrechte dürfen allein gemäß einem Gesetz eingeschränkt werden. Eine Zwangsenteignung für die Bedürfnisse der Gesellschaft ist nur in Ausnahmefällen aufgrund eines besonderen Gesetzes gegen eine gerechte Entschädigung zulässig.“ Abgedruckt: Ibid., S. 528. 105 Artikel 23 und 47 der litauischen Verfassung vom 25. Oktober 1992 lautet: „Artikel 23 1. Das Eigentum ist unverletzlich. 2. Die Rechte des Eigentums werden durch die Gesetze geschützt. 3. Eigentum darf nur in einem durch Gesetz festgelegten Verfahren für die Bedürfnisse der Gesellschaft und gegen eine gerechte Entschädigung entzogen werden. Artikel 47 1. Boden, Binnengewässer, Wälder und Parks können nur Staatsbürgern der Republik Litauen oder dem Staat zu Eigentum gehören. 2. Selbstverwaltungen, anderen nationalen Subjekten sowie denjenigen in Litauen eine Wirtschaftstätigkeit ausübenden ausländischen Subjekten, die durch ein Verfassungsgesetz gemäß den Kriterien der von der Republik Litauen gewählten europäischen und transatlantischen Integration bestimmt sind, kann es erlaubt werden, Grundstücke für nichtlandwirtschaftliche Zwecke zu Eigentum zu erwerben, die notwendig sind, um für ihre unmittelbare Tätigkeit bestimmte Gebäude und Anlagen zu errichten und zu nutzen. Das Verfahren, die Voraussetzungen und die Beschränkungen für den Erwerb solcher Grundstücke zu Eigentum bestimmt ein Verfassungsgesetz. 3. Grundstücke können gemäß gesetzlich festgelegten Verfahren und Bedingungen – für die Schaffung seiner diplomatischen und konsularischen Einrichtungen – einem ausländischen Staat zu Eigentum gehören. 4. Zum ausschließlichen Eigentum der Republik Litauen gehören: der Erdkörper sowie die Binnengewässer, die Wälder, die Parks, die Wege und die Objekte der

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

nien,106 Moldawien,107 Montenegro,108 Polen,109 Rumänien,110 Serbien,111 Slo-

Geschichte, der Archäologie und der Kultur, die für den Staat von Bedeutung sind. . . .“ Abgedruckt: Ibid., S. 534–535, 540–541. 106 Artikel 8, 30 und 31 der makedonischen Verfassung vom 17. November 1991 lauten: „Artikel 8 Die Grundwerte der verfassungsmäßigen Ordnung der Republik Makedonien sind: . . . rechtlicher Schutz des Eigentums, . . . Artikel 30 1. Das Eigentum und das Erbrecht werden garantiert. 2. Das Eigentum schafft Rechte und Pflichten uns soll dem Wohl des Einzelnen und der Gemeinschaft dienen. 3. Das Eigentum und die daraus hervorgehenden Rechte dürfen nur im gesetzlich festgelegten öffentlichen Interesse entzogen oder eingeschränkt werden. 4. Im Falle der Enteignung des Eigentums oder im Falle der Einschränkung des Eigentums wird eine angemessene Entschädigung garantiert, die nicht unter dem Marktwert liegen darf. Artikel 31 Ein Ausländer kann in der Republik Makedonien unter gesetzlich festgelegten Voraussetzungen Eigentum erwerben.“ Abgedruckt: Ibid., S. 572, 577. 107 Die einschlägigen Vorschriften der moldawischen Verfassung vom 29. Juli 1994 lauten: „Artikel 9 – Wesentliche Grundsätze betreffend das Eigentum 1. Das Eigentum ist öffentlich oder privat. Es besteht aus materiellen und geistigen Gütern. 2. Das Eigentum darf nicht zum Schaden der Rechte, der Freiheiten oder der Würde des Menschen gebraucht werden. 3. Der Markt, die freie wirtschaftliche Initiative und der lautere Wettbewerb sind die Grundfaktoren der Wirtschaft. Artikel 46 – Das Recht auf Privateigentum und der Schutz desselben 1. Das Eigentumsrecht sowie die schuldrechtlichen Ansprüche gegen den Staat sind gewährleistet. 2. Niemand darf enteignet werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Nutzens, die durch Gesetz bestimmt wurden und gegen gerechte und vorherige Entschädigung. 3. Rechtmäßig erworbenes Vermögen darf nicht konfisziert werden. Die Rechtmäßigkeit des Erwerbs wird vermutet. 4. Gegenstände und Werte, die zu einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sind, dazu benutzt werden oder daraus herrühren, dürfen nur unter den gesetzlich geregelten Bedingungen eingezogen werden. 5. Das private Eigentumsrecht verpflichtet zur Beachtung der Obliegenheiten betreffend den Umweltschutz und die Sicherstellung einer guten Nachbarschaft, sowie zur Beachtung der anderen Obliegenheiten, denen der 6. Eigentümer gemäß dem Gesetz unterliegt. 6. Das Recht, Privateigentum zu erben, ist gewährleistet. Artikel 128 – Das Eigentum der fremden Staatsbürger und der Staatenlosen 1. In der Republik Moldau wird das Eigentum anderer Staaten, internationaler Organisationen, fremder Staatsbürger und Staatenloser geschützt. 2. Die Art und Weise der Bedingungen der Ausübung des Eigentumsrechts der ausländischen natürlichen und juristischen Personen sowie der Staatenlosen auf dem Staatsgebiet der Republik Moldau werden gesetzlich geregelt.“ Abgedruckt: Ibid., S. 610, 620, 642.

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108 Artikel 45 und 46 der montenigrischen Verfassung vom 12. Oktober 1992 lauten: „Artikel 45 – Eigentum 1. Das Eigentumsrecht wird gewährleistet. 2. Niemandem darf das Eigentumsrecht entzogen oder eingeschränkt werden, es sei denn aufgrund eines gesetzlich festgelegten öffentlichen Interesses oder aufgrund eines Gesetzes und gegen Entschädigung nicht unter dem Marktwert. Artikel 46 – Erbrecht Das Erbrecht wird gewährleistet.“ Abgedruckt: Ibid., S. 658–659. 109 Die einschlägigen Bestimmungen der polnischen Verfassung vom 2. April 1997 lauten: „Artikel 20 Die auf Freiheit wirtschaftlicher Tätigkeit, das Privateigentum sowie die Solidarität, den Dialog und die Zusammenarbeit der Sozialpartner gestützte soziale Marktwirtschaft bildet die Grundlage des wirtschaftlichen Aufbaus in Polen. Artikel 21 1. Die Republik Polen gewährleistet das Eigentum und das Erbrecht. 2. Eine Enteignung ist allein dann zulässig, wenn sie zu öffentlichen Zwecken und gegen eine angemessene Entschädigung vorgenommen wird. Artikel 64 1. Jeder hat das Recht auf Eigentum und auf andere Vermögensrechte sowie das Recht zur Vererbung. 2. Eigentum, andere Vermögensrechte und das Recht zur Vererbung unterliegen dem gleichen Rechtsschutz für alle. 3. Eigentum darf nur im Gesetzeswege und nur in dem Umfange beschränkt werden, im welchem dies nicht das Wesen des Eigentumsrechts verletzt.“ Abgedruckt: Ibid., S. 679, 687–688. 110 Artikel 41 und 42 der rumänischen Verfassung vom 21. November 1991 lauten: „Artikel 41 – Der Schutz des Privateigentums 1. Das Eigentumsrecht sowie die schuldrechtlichen Ansprüche gegen den Staat sind gewährleistet. Inhalt und Schranken dieser Rechte werden durch Gesetz bestimmt. 2. Das Privateigentum wird ohne Ansehen des Inhabers vom Gesetz in gleicher Weise geschützt. Fremde Staatsbürger und Staatenlose können kein Eigentumsrecht an Grund und Boden erwerben. 3. Niemand darf enteignet werden, es sei denn aus Gründen des öffentlichen Nutzens, die durch Gesetz bestimmt worden sind und gegen gerechte und vorherige Entschädigung. 4. Für Arbeiten im Allgemeininteresse kann die öffentliche Gewalt den Untergrund jeglichen Liegenschaftseigentums nutzen, es trifft sie die Pflicht zur Entschädigung des Eigentümers für Schäden, die dem Boden, der Bepflanzung und den Bauwerken zugefügt wurden, sowie für sonstige den Behörden zurechenbare Schäden. 5. Die in den Absätzen 3 und 4 vorgesehene Entschädigung wird in gegenseitigem Einvernehmen mit dem Eigentümer, oder im Falle von Uneinigkeit von den Gerichten festgesetzt. 6. Das Eigentumsrecht verpflichtet zur Beachtung der Obliegenheiten betreffend den Umweltschutz und die Sicherstellung einer guten Nachbarschaft sowie zur Beachtung der anderen Obliegenheiten, denen der Eigentümer gemäß Gesetz oder Herkommen unterliegt. 7. Rechtmäßiges erworbenes Vermögen darf nicht konfisziert werden. Die Rechtmäßigkeit des Erwerbs wird vermutet. 8. Gegenstände und Werte, die zu einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sind, dazu benutzt werden oder daraus herrühren, dürfen nur unter den gesetzlich geregelten Bedingungen eingezogen werden.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

wakei,112 Slowenien,113 Tschechische Republik,114 Tadschikistan,115 TurkmeArtikel 42 – Das Erbrecht Das Erbrecht ist gewährleistet. Artikel 135 – Das Eigentum 1. Der Staat schützt das Eigentum. 2. Das Eigentum ist öffentlich und privat. ... 6. Unter den gesetzlich geregelten Bedingungen ist das Privateigentum unverletzlich.“ Abgedruckt: Ibid., S. 746–747, 771. 111 Artikel 34 der serbischen Verfassung vom 28. September 1990 lautet: „Artikel 34 1. Das Recht auf Eigentum und die Freiheit des Unternehmertums werden im Einklang mit der Verfassung gewährleistet. 2. Das Erbrecht wird in Einklang mit dem Gesetz gewährleistet. 3. Jeder kann eine Stiftung gründen. Artikel 56 1. Das gesellschaftliche, staatliche, private und genossenschaftliche Eigentum sowie andere Eigentumsformen werden gewährleistet. 2. Alle Eigentumsformen genießen den gleichen Rechtsschutz. Eine ausländische Person kann das Eigentumsrecht unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen erwerben. Artikel 60 1. Die Naturreichtümer und Güter im Allgemeingebrauch, die Güter von allgemeinem Interesse sowie das städtische Bauland sind im staatlichen und gesellschaftlichen Eigentum. 2. Einzelne Güter im Allgemeingebrauch können sich unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen auch in Privateigentum befinden. 3. Zu den gesetzlich festgelegten Bedingungen kann an Gütern von allgemeinem Interesse und an städtischem Bauland ein Nutzungsrecht erworben werden. ... 6. Durch Gesetz wird die Zahlung der Entschädigung für die Nutzung der Güter von allgemeinem Interesse sowie für die städtischen Baugrundstücke festgelegt. Artikel 61 Den Bürgern wird das Eigentum an den landwirtschaftlichen Grundstücken und an anderen unbeweglichen und beweglichen Sachen sowie an Wäldern und Waldgrundstücken in den gesetzlich festgelegten Grenzen gewährleistet. Artikel 62 Die natürlichen und juristischen Personen verwirklichen die Eigentumsrechte an Liegenschaften entsprechend deren Natur und Bestimmung und im Einklang mit dem Gesetz. Artikel 63 Die Liegenschaften können zu einer angemessenen Entschädigung, die nicht unter dem Marktpreis liegen darf, enteignet werden, oder das Eigentum an ihnen kann begrenzt werden, wenn es das auf der Grundlage eines Gesetzes festgelegte allgemeine Interesse erfordert.“ Abgedruckt: Ibid., S. 826, 831–832. 112 Artikel 20 der slowakischen Verfassung vom 16. September 1992 lautet: „Artikel 20 1. Jeder hat das Recht, Eigentum zu besitzen. Das Eigentumsrecht aller Eigentümer hat den gleichen gesetzlichen Inhalt und unterliegt dem gleichen gesetzlichen Schutz. Das Erbrecht ist gewährleistet. 2. Ein Gesetz bestimmt, welches weitere Eigentum, neben dem in Artikel 4 dieser Verfassung aufgeführten, nur im Eigentum des Staates, der Gemeinde oder bestimmter juristischer Personen stehen kann, weil es unentbehrlich ist zur Sicherung der

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Bedürfnisse der Gesellschaft, der Entwicklung der Volkswirtschaft und aus Gründen des öffentlichen Interesses. Ein Gesetz kann auch bestimmen, daß gewisse Sachen nur im Eigentum von Bürgern oder juristischen Personen mit Sitz in der Slowakischen Republik stehen können. 3. Eigentum verpflichtet. Es darf nicht zur Schmälerung der Rechte anderer oder im Widerspruch zu allgemeinen Interessen, die durch Gesetz geschützt werden, mißbraucht werden. Die Wahrnehmung des Eigentumsrechtes darf nicht die menschliche Gesundheit, die Natur, die Kulturdenkmäler und die Umwelt über ein durch Gesetz bestimmtes Maß hinaus schädigen. 4. Enteignung und erzwungene Einschränkung des Eigentumsrechtes ist nur in unvermeidlichem Ausmaß und im öffentlichen Interesse möglich, und das auf Grundlage eines Gesetzes und gegen angemessene Entschädigung.“ Abgedruckt: Ibid., S. 860. 113 Die einschlägigen Vorschriften der slowenischen Verfassung vom 23. Dezember 1991 lauten: „Artikel 33 – Recht auf Privateigentum und Erbrecht Das Recht auf Privateigentum und das Erbrecht sind gewährleistet. Artikel 67 – Eigentum 1. Die Art des Eigentumserwerbs und der Nutznießung des Eigentums wird gesetzlich geregelt, so daß dessen wirtschaftliche, soziale und ökologische Funktion gewährleistet wird. 2. Das Gesetz bestimmt die Art und die Voraussetzungen der Erbfolge. Artikel 68 – Eigentumsrecht der Ausländer 1. Ausländer können das Eigentumsrecht an unbeweglichem Vermögen unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen oder wenn dies ein von der Staatsversammlung ratifizierter internationaler Vertrag bestimmt, erwerben, sofern Reziprozität gegeben ist. . . . Artikel 69 – Enteignung Das Eigentumsrecht an unbeweglichem Vermögen darf im öffentlichen Interesse und unter den gesetzlich festgelegten Bedingungen gegen Naturalersatz oder Entschädigung entzogen oder eingeschränkt werden. “ Abgedruckt: Ibid., S. 907, 913– 914. 114 Artikel 11 der Charta der Grundrechte und -freiheiten der tschechischen Republik vom 16. Dezember 1992 lautet: „Artikel 11 1. Jeder hat das Recht, Eigentum zu besitzen. Das Eigentumsrecht aller Eigentümer hat den gleichen gesetzlichen Inhalt und unterliegt dem gleichen gesetzlichen Schutz. Das Erbrecht ist gewährleistet. 2. Ein Gesetz bestimmt, welches für die Sicherung der Bedürfnisse der ganzen Gesellschaft, der Entwicklung der Volkswirtschaft und für das öffentliche Interesses unentbehrliche Eigentum nur im Besitz des Staates, der Gemeinde oder bestimmter juristischer Personen sein darf; ein Gesetz kann auch bestimmen, daß bestimmte Sachen nur im Besitz der Bürger oder juristischer Personen mit Sitz in der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik sein können. 3. Eigentum verpflichtet. Es darf nicht zur Schmälerung der Rechte anderer oder im Widerspruch zu allgemeinen Interessen, die durch das Gesetz geschützt werden, mißbraucht werden. Sein Gebrauch darf die menschliche Gesundheit, die Natur und die Umwelt nicht über das im Gesetz bestimmte Maß beschädigen. 4. Enteignung und erzwungene Einschränkung des Eigentumsrechtes ist im öffentlichen Interesse zulässig, und zwar auf Grundlage eines Gesetzes und gegen eine Entschädigung.

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nistan,116 Ukraine,117 Ungarn,118 Usbekistan,119 Weißrussland.120

5. Steuern und Abgaben können nur auf Grundlage eines Gesetzes auferlegt werden.“ Abgedruckt: Ibid., S. 965–966. 115 Die einschlägigen Artikel der tadschikischen Verfassung vom 6. November 1994 lauten: „Article 12 The economy of Tajikistan is based on various forms of ownership. The state will guarantee freedom of economic activity, entrepreneurship, equality of rights, and the protection of all forms of ownership including private ownership. Article 13 Land, bowels of the earth, water, airspace, animal and vegetable kingdoms, and other natural resources are owned by the state, and the state guarantees their effective use in the interests of the people. Article 32 Every person has the right to ownership and inheritance. No one is permitted to suspend and limit the individual’s right to ownership. The property of an individual is taken away only on the basis of the law, with the consent of the owner and to meet the requirements of the state and society, and with the state paying full compensation. Any material and spiritual damage inflicted on an individual as a result of illegal actions by state bodies, social associations, or individuals will be compensated in accordance with the law.“ Erhältlich unter: http://www.washlaw.edu/forint/asia/tajikistan.htm 116 Artikel 9 der turkmenischen Verfassung vom 18. Mai 1992 lautet: „Article 9 Turkmenistan affirms the right to own private property such as the means of production, land, and other material and intellectual items of value. They may be owned likewise by the government and associations of citizens. The law establishes objects which may only be the property of the government. The government guarantees equal protection and equal conditions for the development of all types and forms of property. Confiscation of property is not allowed, except for property which is acquired in an unlawful manner. Forced uncompensated estangement of property is allowed only in situations enumerated by law.“ Erhältlich unter: http://www.washlaw.edu/forint/asia/turkmenistan.htm 117 Die einschlägigen Artikel der ukrainischen Verfassung vom 28. Juni 1996 lauten: „Artikel 13 1. Der Boden, die Bodenschätze, die Atmosphäre, die Gewässer und die anderen auf dem Territorium der Ukraine vorhandenen natürlichen Ressourcen, die natürlichen Ressourcen ihres Festlandsockels und der ausschließlichen (Meeres-)Wirtschaftszone sind Gegenstand des Eigentumsrechts des Ukrainischen Volkes. Im Namen des Ukrainischen Volkes üben die Organe der Staatsgewalt und der örtlichen Selbstverwaltung die Rechte des Eigentümers in dem durch die vorliegende Verfassung bestimmten Rahmen aus. 2. Jeder Bürger hat das Recht, natürliche Objekte des Eigentumsrechtes des Volkes gemäß dem Gesetz zu nutzen. 3. Eigentum verpflichtet. Das Eigentum darf nicht zum Schaden des Menschen und der Gesellschaft genutzt werden. Der Staat gewährleistet allen Subjekten des Eigentumsrechtes und der Wirtschaft Rechtsschutz und die soziale Ausrichtung der Wirtschaft. Alle Subjekte des Eigentumsrechtes sind vor dem Gesetz gleich. Artikel 14 1. Der Boden ist der wichtigste nationale Reichtum, der unter dem besonderen Schutz des Staates steht.

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Diese Staaten führten ein subjektives Recht auf Eigentum und eine Eigentumsgarantie einschließlich der Notwendigkeit eines gesetzlich geregelten Ent2. Das Eigentumsrecht am Boden ist garantiert. Dieses Recht wird von den Bürgern, den juristischen Personen und vom Staat ausschließlich gemäß dem Gesetz erworben und ausgeübt. Artikel 41 1. Jeder hat das Recht, sein Eigentum und die Ergebnisse seiner intellektuellen schöpferischen Tätigkeit zu besitzen, zu nutzen und darüber zu verfügen. 2. Das Recht auf Privateigentum wird nach dem durch ein Gesetz bestimmten Verfahren erworben. 3. Die Bürger können zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse Rechtsobjekte staatlichen und kommunalen Eigentums gemäß dem Gesetz nutzen. Niemandem darf rechtwidrig das Eigentumsrecht entzogen werden. 4. Das Recht des Privateigentums ist unantastbar. 5. Die zwangsweise Enteignung von Rechtsobjekten privaten Eigentums kann nur als Ausnahme aus Gründen gesellschaftlicher Notwendigkeit auf der durch ein Gesetz bestimmten Grundlage und nach dem darin bestimmten Verfahren und unter der Bedingung vorheriger und voller Erstattung ihres Wertes angewendet werden. Die zwangsweise Enteignung solcher Objekte mit nachfolgender voller Erstattung ihres Wertes ist nur unter den Bedingungen des Kriegs- oder Ausnahmezustandes statthaft. 6. Die Beschlagnahme von Vermögen kann ausschließlich auf Gerichtsbeschluß in den durch Gesetz bestimmten Fällen, in dem darin bestimmten Umfang und nach dem darin bestimmten Verfahren erfolgen. 7. Die Nutzung des Eigentums darf nicht die Rechte, die Freiheiten und die Würde der Bürger, die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigen und die ökologische Situation und die natürliche Qualität des Bodens nicht verschlechtern.“ Abgedruckt: Roggemann (1999), S. 979, 987. 118 Die einschlägigen Paragraphen der am 24. August 1990 neu bekannt gemachten ungarischen Verfassung vom 20. August 1949 lauten: „§ 9.1 Die Wirtschaft Ungarns ist eine Marktwirtschaft, in der öffentliches und privates Eigentum gleichberechtigt sind und gleichen Schutz genießen. . . . § 10.1 Das Eigentum des ungarischen Staates ist nationales Vermögen. 2. Den Bereich des ausschließlichen Staatseigentums und der ausschließlichen staatlichen Wirtschaftstätigkeit bestimmt das Gesetz. § 13.1 Die Republik Ungarn gewährleistet das Recht auf Eigentum. 2. Das Eigentum darf nur ausnahmsweise und im öffentlichen Interesse in den im Gesetz geregelten Fällen und auf gesetzlich geregelte Weise und bei voller, bedingungsloser und sofortiger Entschädigung enteignet werden. § 14 Die Verfassung gewährleistet das Erbrecht.“ Abgedruckt: ibid., S. 1034–1035. 119 Die einschlägigen Artikel der usbekischen Verfassung vom 8. Dezember 1992 lauten: „Article 36 Everyone shall have the right to own property. The privacy of bank deposits and the right to inheritance shall be guaranteed by law. Article 53 1. The economy of Uzbekistan, evolving towards market relations, is based on various forms of ownership. The state shall guarantee freedom of economic activity, entrepreneurship and labor with due regard for the priority of consumers’ rights, as well as equality and legal protection of all forms of ownership. 2. Private property, along with the other types of property, shall be inviolable and protected by the state. An owner may be deprived of his property solely in the cases and in accordance with the procedure prescribed by law.

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eignungsverfahrens und einer Entschädigungsverpflichtung für Eigentumsentzug ein.121 Auch wenn viele der Verfassungen ausdrücklich eine Sozialbindung des Eigentums vorsehen und das Eigentum staatlich gewährleisten,122 wird das Article 54 An owner shall possess, use and dispose of his property. The use of any property must not be harmful to the ecological environment, nor shall it infringe on the rights and legally protected interests of citizens, juridical entities and the state. Article 55 The land, its minerals, fauna and flora, as well as other natural resources shall constitute the national wealth, and shall be rationally used and protected by the state. Erhältlich unter: http://www.washlaw.edu/forint/asia/uzbekistan.htm 120 Die einschlägigen Artikel der weißrussischen Verfassung vom 15. März 1994 lauten: „Artikel 13 1. Das Eigentum kann staatliches oder privates Eigentum sein. 2. Der Staat gewährt allen die gleichen Rechte für die Ausübung wirtschaftlicher oder anderer Tätigkeiten, außer den durch Gesetz verbotenen, und garantiert den gleichen Schutz und gleiche Bedingungen für die Entwicklung aller Eigentumsformen. ... 6. Die Bodenschätze, Gewässer und Forsten sind ausschließliches Eigentum des Staates. Der für landwirtschaftliche Zwecke genutzte Grund und Boden ist Staatseigentum. 7. Durch Gesetz können auch andere Objekte bestimmt werden, die sich nur im Eigentum des Staates befinden dürfen oder für die ein besonderes Verfahren des Übergangs in Privateigentum festgelegt ist, sowie das ausschließliche Recht des Staates zur Ausübung einzelner Tätigkeiten verbrieft werden. ... Artikel 44 1. Der Staat garantiert jedem das Eigentumsrecht und fördert seinen Erwerb. 2. Der Eigentümer hat das Recht, allein oder gemeinsam mit anderen Personen Vermögen zu besitzen, zu nutzen und darüber zu verfügen. Die Unantastbarkeit des Eigentums und das Erbrecht werden durch Gesetz geschützt. Eigentum, das auf rechtmäßige Weise erworben wurde, wird durch den Staat geschützt. 3. Der Staat fördert und schützt die Ersparnisse der Bürger und schafft Garantien für die Rückerstattung der Spareinlagen. 4. Die zwangsweise Enteignung von Vermögen ist nur aus Gründen gesellschaftlicher Erfordernisse bei Einhaltung der durch Gesetz bestimmten Bedingungen und des durch Gesetz bestimmten Verfahrens und bei rechtzeitiger und voller Kompensation des Wertes des enteigneten Vermögens sowie entsprechend einem Gerichtsbeschluß zulässig. 5. Die Verwirklichung des Eigentumsrechts darf die Umwelt und die historischen und kulturellen Werte nicht schädigen und die Rechte und die gesetzlich geschützten Interessen anderer Personen nicht beeinträchtigen.“ Abgedruckt: Roggemann (1999), S. 1073, 1079–1080. 121 Für eine Analyse der Verfassungen, siehe: Roggemann (1996), S. 42–43. 122 Vgl. Artikel 32, Abs. 2., der estnischen Verfassung; Artikel 48, Abs. 2, der kroatischen Verfassung; Artikel 105 der lettischen Verfassung; Artikel 30, Abs. 2, der makedonischen Verfassung; Artikel 56, Abs. 5, der moldawischen Verfassung; Artikel 20 der polnischen Verfassung; Artikel, 41, Abs. 6, der rumänischen Verfassung; Artikel 20, Abs. 3, der slowakischen Verfassung; Artikel 67, Abs. 1, der slowenischen Verfas-

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Recht auf Eigentum auch als bürgerliches Recht im Sinne der ersten Generation der Menschenrechte angesehen.123 Über die Hälfte der Verfassungen der aufgelisteten Staaten enthält jedoch Einschränkungen für die Erwerbsmöglichkeit von Eigentum durch Ausländer124 oder Beschränkungen bezüglich der privaten Eigentümerschaft an Grundeigentum.125 Nach ca. 60 Jahren in den ehemaligen sowjetischen Satellitenstaaten Mittelund Osteuropas bzw. über 80 Jahren praktiziertem Staatssozialismus staatssozialistischem Eigentumsrecht und Eigentumsdenken ist es nicht verwunderlich, dass die geschilderten Verfassungsreformen noch nicht vollständig der Rechtswirklichkeit entsprechen, sondern sozialistisches Eigentumsrecht und Eigentumsdenken in seinen Formen und Folgen zum Teil noch wirksam sind.126 Neben einem hinter den Reformen zurückbleibenden Rechtsbewusstsein ist problematisch, dass für viele der eigentumsrechtlichen Verfassungsbestimmungen die entsprechenden einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen noch nicht verabschiedet worden sind. Dazu gehört nicht nur eine Reform des entsprechenden Zivilrechts und Kataster- und Grundbuchwesens, sondern auch Bemühungen um eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse durch Privatisierung oder Restitution von staatlichem oder öffentlichem Eigentum einschließlich der notwendige Übergangs- und Transformationsvorschriften.127

sung; Artikel 11, Abs. 3, der tschechischen Grundrechtscharta; Artikel 13, Abs. 3, der ukrainischen Verfassung und Artikel 44, Abs. 5, der weißrussischen Verfassung. 123 Djajic, S. 363. 124 Artikel 32, Abs. 3, der estnischen Verfassung; Artikel 48, Abs. 3, der kroatischen Verfassung; Artikel 31 der makedonischen Verfassung; Artikel 128, Abs. 2, der moldawischen Verfassung; Artikel 56, Abs. 3, der serbischen Verfassung; Artikel 20, Abs. 2, der slowakischen Verfassung und Artikel 11, Abs. 2, der tschechischen Grundrechtscharta stellen den Eigentumserwerb durch Ausländer unter einen staatlichen Regelungsvorbehalt. Artikel 22, Abs. 1, der bulgarischen Verfassung; Artikel 47, Abs. 1, der litauischen Verfassung und Artikel 41, Abs. 2, der rumänischen Verfassung verbieten sogar, daß Ausländer oder Staatenlose Eigentum an Grund und Boden erwerben können. Für eine eingehendere Analyse der Bestimmungen, siehe Brunner, S. 43–51. 125 Artikel 21 der bulgarischen Verfassung; Artikel 6, Abs. 3, der kasachischen Verfassung und Artikel 13, Abs. 1, und Artikel 14 der ukrainischen Verfassung stellen das Eigentum an Grund und Boden (und der natürlichen Ressourcen) unter besonderen staatlichen Schutz und verbieten grundsätzlich eine Umwidmung von landwirtschaftlich genutzen Flächen (Bulgarien) bzw. stellen den Eigentumserwerb an Grund und Boden unter staatlichen Regelungsvorbehalt (Kasachstan und Ukraine). Artikel 13 der tadschikischen Verfassung und Artikel 13, Abs. 6, der weißrussischen Verfassung gehen noch weiter, in dem sie (landwirtschaftlich genutzten) Boden ausschließlich in Staatseigentum zulassen. Auch in Serbien können Privatpersonen prinzipiell nicht Eigentümer von Naturreichtümern und städtischem Bauland sein, wobei die Verfassung neben Nutzungsrechten auch Ausnahmemöglichkeiten für Privateigentum an den genannten Sachen vorsieht (vgl. Artikel 60, Abs. 1–3, der serbischen Verfassungen). 126 Roggemann (1999), S. 99. 127 Dazu allgemein: Roggemann (1997), S. 234–235.

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Wie in Kapitel B. eingangs ausgeführt, würde eine rechtsvergleichende Analyse des einfachgesetzlichen Eigentumsrechts der ehemals sozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas den Rahmen dieser Arbeit sprengen. In Kontinuität zum in Kapitel B. gewählten Fokus auf die Sowjetunion, soll im vorliegenden Abschnitt lediglich ein kurzer Überblick über das postsozialistische russische Eigentumsrecht gegeben werden, da Russland der Nachfolgestaat der Sowjetunion und flächen- und bevölkerungsmäßig der größte Staat der Region ist. Die Anfänge einer neuen Eigentumsordnung wurden 1990 und 1991 noch in der Sowjetunion durch ein neues sowjetisches Eigentumsgesetz und durch neue Grundlagen der Zivilgesetzgebung gemacht, durch die das Privateigentum und ein einheitlicher Eigentumsbegriff einführt wurde. Zur gleichen Zeit erließ auch Russland ein neues Eigentumsgesetz, begann mit der Privatisierung von staatlichen und kommunalen Betrieben und Wohnungen128 und verabschiedete Bodengesetze, die in die gleiche Richtung zielten.129 Eigentumstransaktionen an Grund und Boden waren indes de facto kaum möglich, u. a. weil es an einem funktionierenden Eigentumsregistrierungssystem fehlte und 1993 wesentliche Teile des Bodenkodexes durch Präsidialerlass außer Kraft gesetzt wurden.130 Die Einführung von Privateigentum an landwirtschaftlich genutztem Grund und Boden war darüber hinaus schwer durchzusetzen. Dies lag sowohl an der Tatsache, dass das Vorhaben den Interessen der mächtigen russischen Agrarnomenklatura entgegenlief, als auch weil weite Teile der ländlichen Bevölkerung sich an bäuerliches Kollektiveigentum gewöhnt hatten und einer individualistischen Landverteilung kritisch gegenüber standen.131 Ende der 1990er Jahre wurden jedoch Fortschritte bei der Schaffung des einfachgesetzlichen rechtlichen Rahmens für eine Privatisierung von Grund und Boden gemacht. Von 1995 bis 2000 trat das neue russische Zivilgesetzbuch in drei Teilen in Kraft, welches ein neues marktwirtschaftlich orientiertes Rechtssystem für bewegliches und unbewegliches Eigentum beinhaltete.132 Daneben 128 Die Privatisierung in Russland begann mit dem Privatisierungsgesetz von 1991, durch das staatliche und kommunale Unternehmen in private Eigentümerschaft durch eine Vielzahl von Privatisierungsverfahren wie die Umwandlung in und der anschließende Verkauf von Unternehmensbeteiligungen überführt werden sollten. Kolchosen bzw. Solchosen wurden ab 1992 in private Unternehmen umgewandelt oder an die Mitglieder der Kollektivwirtschaft aufgeteilt. Schließlich sah das Wohnungsprivatisierungsgesetz von 1991 vor, dass staatliche oder kommunale Wohnungen mit Ausnahme von Gemeinschafts- und Dienstwohnungen an ihre Bewohner übereignet werden sollten. Für einen Überblick über den russischen Privatisierungsprozess, siehe: Splitsa, S. 220–234; Sondhof, S. 233–240; Frydman/Rapaczynski, S. 4–82; Feldbrugge, S. 239– 242. Allgemein zu den verschiedenen Elementen und Zielen von Privatisierungsprozessen, siehe: Bornstein, S. 283–302. 129 Für einen Überblick über die frühen Reformen, siehe: Feldbrugge, S. 234–249. 130 Vgl.: Gerasin, S. 2; Breig, S. 189–190. 131 Brunner, S. 35. Zur Agarlobby, siehe auch: Pleines, S. 8. Zur Einstellung der russischen Bevölkerung zum Privateigentum, siehe: Merl, S. 135–159.

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wurde 1997 das Grundbuch und 2000 das Kataster eingeführt, womit die Grundlage für eine effiziente institutionelle Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Registrierungsvoraussetzung beim Erwerb von Grundeigentum gelegt wurde.133 Nach mehreren Reformversuchen134 wurde schließlich 2001 ein neues Bodengesetzbuch verabschiedet, das u. a. die Entstehung, das Erlöschen, den Inhalt und den Schutz von privaten Rechten an Grund und Boden regelt.135 Zu der Reform gehört auch der Versuch, das bislang getrennte Eigentum an Boden und Gebäuden durch Umwandlung von bestehenden permanenten Nutzungsrechten in Eigentumsrechte zusammenzubringen. Aufgrund der politischen Brisanz ist der Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen allerdings in einem zusätzlichen Gesetz „über den Rechtsverkehr von landwirtschaftlichem Grund und Boden“ (Grundstücksverkehrsgesetz) von 2002 geregelt. Es bestimmt nicht nur, dass Ausländer landwirtschaftlich genutzten Boden lediglich pachten dürfen, sondern sieht auch ein vereinfachtes Verfahren für die Herauslösung von Grundstücksanteilen aus dem Gesamtgrundstücksbestand einer Kolchose vor, das jedoch wegen gesetzlicher Unabgestimmtheiten mit den allgemeinen Registrierungsverfahren bislang nicht in die Praxis umgesetzt werden konnte.136 Der russische Eigentumsrechtsexperte Gerasin fasst die Rechtslage hinsichtlich der Privatisierung von Grund und Boden wie folgt zusammen: „Die russische Bodengesetzgebung entwickelt sich allmählich in Richtung einer Liberalisierung des Grundstückmarktes und verbessert dabei schrittweise die Gesetze zur Registrierung von Rechten. Allerdings gibt es in den Gesetzen weiterhin eine Vielzahl von Widersprüchen und Lücken und die Bodengesetzgebung ist in vieler Hinsicht technisch unvollkommen, was ihre Anwendung erschwert. Ein normaler Handel mit landwirtschaftlichem Boden zum Beispiel kann aus diesen Gründen weiterhin nicht stattfinden. Eine gängige Rechtssprechung hat sich in vielen Fragen noch nicht etablieren können. In nächster Zeit ist deshalb mit einer Reihe von Gesetzesentwürfen zu rechnen, die die bestehende Bodengesetzgebung verändern und ergänzen sollen.“137

Während die Unterschiede zwischen Russland und den übrigen GUS-Staaten einerseits und den westlicher orientierten Staaten Mittel- und Osteuropas andererseits bei der Schaffung eines marktwirtschafts- und privateigentumsfreundlichen Rechtssystems sowie der Privatisierung von öffentlichem Vermögen als graduell bezeichnet werden können, besteht eine grundsätzliche Divergenz hinsichtlich der Behandlung von Eigentumsfragen im Zusammenhang mit Vermögen, das im Zuge der sozialistischen Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse 132 Für eine umfassende Analyse der eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches, siehe: Lametti, S. 29–47; Solotych, S. 37–40. 133 Gerasin, S. 2; Breig, S. 211–212. 134 Siehe dazu: Breig, S. 191–211. 135 Gerasin, S. 2–3. 136 Ibid., S. 3. 137 Ibid., S. 4.

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oder im Rahmen der Vertreibungs- und Minderheitspolitik enteignet wurde. Zwar haben die Russische Föderation und die Ukraine 1991 ein Rehabilitationsgesetz für Opfer der politisch motivierten Strafverfolgung und deren Erben ersten Grades verabschiedet, das auch die Rückgabe von konfisziertem Vermögen einschließen kann.138 Jedoch haben weder Russland noch ein anderer GUSStaat Maßnahmen zur Restitution oder Entschädigung der ehemaligen Eigentümer von verstaatlichtem Haus- und Grundbesitz innerhalb ihrer Privatisierungsreformen ergriffen. Dieses Unterlassen ist auch Schwierigkeiten bei der Feststellung etwaiger Restitutions- oder Entschädigungsansprüche, die sich aus den Enteignungen nach der Oktoberrevolution und in der Zwischenkriegszeit ergeben und sich somit auf lang zurückliegende Ereignisse stützen, sowie fehlenden Eigentumsregistrierungssystemen geschuldet.139 Einen anderen Weg haben die Staaten Mittel- und Osteuropas beschritten, die ihre sozialistischen Eigentums- und Landreformen erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt haben. Entsprechend dem Grundsatz ex iniuria ius non oritur haben fast alle diese Staaten Programme zur Restitution oder Entschädigung für den Verlust von enteignetem Eigentum eingeleitet. Anders als bei den auf wirtschaftliche Belebung ausgerichteten Reformen zur Privatisierung von Staats- oder anderem öffentlichen Eigentum steht bei den Restitutions- bzw. Reprivatisierungsvorhaben sowie entsprechender Entschädigungsregeln die Wiedergutmachung von vergangenem eigentumsrechtsbezogenen Unrecht im Vordergrund.140 Für die Wiedergutmachung haben die verschiedenen Staaten Mittel- und Osteuropas unterschiedliche Formen gewählt, wobei die meisten Staaten der Restitution des während der sozialistischen Eigentumsumverteilung entschädigungslos enteigneten Eigentums den Vorrang gegeben haben. Zu diesen Staaten gehören Albanien,141 Bulgarien,142 Estland,143 Lettland,144 Litauen,145 Makedo138 Spitsa, S. 222–223; weitere Informationen über das ukrainische Rehabilitationsgesetz sind auf der Seite zu Vermögensfragen (Bürgerservice) des österreichischen Außenministeriums erhältlich: http://www.bmaa.gv.at. 139 Tomuschat (1996b), S. 9–10; Karadjova, S. 328; Brunner, S. 52–53. 140 Karadjova, S. 327. 141 Gesetz 9235 über die Rückgabe und Entschädigung von Eigentum vom 8. Juni 2004, das die Restitution von Immobilien und Grundeigentum, bei landwirtschaftlich genutzten Flächen allerdings nur bis zu einer Größe von 60 Hektar, regelt. Für weitere Informationen, siehe die Webseite zu Vermögensfragen des österreichischen Außenministeriums: http://www.bmaa.gv.at 142 Gesetz über das Eigentum an und die Nutzung von landwirtschaftlichen Böden vom 28. Februar 1991; Gesetz zur Wiederherstellung von verstaatlichtem Grundeigentum vom 21. Februar 1992. Für weitere Informationen siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin; Miller, Leland Rhett, S. 75– 88. 143 Gesetz Nr. 27, Pos. 391 über die Grundlagen der Eigentumsreform vom 13. Juni 1991 i. d. F. vom 7. April 1997; sowie das Gesetz über die Bodenreform Nr. 41, Pos.

III. Eigentumsrechtliche Veränderungen in Mittel- und Osteuropa

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nien,146 Montenegro,147 Rumänien,148 Slowenien149 und die Tschechoslowakei bzw. Tschechischen Republik,150 die Gesetze verabschiedet haben, die es den ehemaligen Eigentümern ermöglichen soll, wieder in Besitz ihrer Häuser, Ländereien und anderer Vermögenswerte bzw. Teilen davon zu kommen. Im Rahmen dieser Restitutionsverfahren kann es nur in Ausnahmefällen zu einer Entschädigungsverpflichtung kommen, wenn die Rückgabe von Grundbesitz nicht möglich ist, z. B. weil er zu öffentlichen Zwecken genutzt wird. Im Gegensatz dazu optierten Kroatien151 und Ungarn152 ausschließlich für eine Entschädigungslösung. Eine Mischung aus Restitution und Entschädigung hat die Bundesrepublik Deutschland für das Territorium der ehemaligen Deut796 vom 17.10.1991 i. d. F. vom 12. Juni 1996. Für weitere Informationen, siehe: Arnold, S. 27–33. 144 Gesetz Nr. 49, Pos. 778 über die Bodenreform in ländlichen Gebieten vom 21. November 1990; Gesetz Nr. 46, Pos. 488 zur Denationalisierung von Hauseigentum vom 30. Oktober 1991; Gesetz Nr. 49/50, Pos. 524 über die Bodenreform in den Städten vom 20. November 1991. Für weitere Informationen, siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin, S. 5; Frydman/Rapaczynski/Earle, S. 227–229. 145 Gesetz Nr. 21, Pos. 545 zur Wiederherstellung der Eigentumsrechte vom 18. Juni 1991; Gesetz Nr. 24, Pos. 635 über die Bodenreform vom 25. Juli 1991. Für weitere Informationen, siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin, S. 4–5; Levits, S. 25–28. 146 Gesetz über die Denationalisierung vom 21. April 1998; Gesetz über die Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Denationalisierung vom 28. April 2000. Für weitere Informationen, siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin, S. 6–7. 147 Gesetz Nr. 21/04 über die Rückgabe der enteigneten Eigentumsrechte und über Entschädigung vom 23. März 2004. Für weitere Informationen, siehe die Webseite zu Vermögensfragen des österreichischen Außenministeriums: http://www.bmaa.gv.at 148 Bodengesetz Nr. 18/1991 novelliert durch Gesetz Nr. 1/2000 vom 12. Januar 2000; Häuserrückgabegesetz Nr. 112/1995 vom 18. Januar 1997; Gesetz Nr. 10/2001 über die Restitution von während 1945 bis 1989 nationalisiertem Eigentum vom 8. Februar 2001. Für weitere Informationen, siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin, S. 9–10. 149 Gesetz über die Denationalisierung vom 20. November 1991 (RS/I27-1094/ 1991). 150 Gesetz Nr. 403/1990 über die Linderung der Folgen einiger vermögensrechtlicher Unrechtstaten vom 2. Oktober 1990; Gesetz Nr. Nr. 87/1991 über die außergerichtliche Rehabilitation vom 21. Februar 1991; Gesetz Nr. 229/1991 über die Regelung der Eigentumsverhältnisse am Boden und an anderem landwirtschaftlichem Vermögen vom 21. Mai 1991 geändert durch Gesetz Nr. 93/1992 vom 18. Februar 1992; Gesetz Nr. 116/1994 zur Rückerstattung von jüdischem Eigentum vom 30. April 1994; Gesetz Nr. 212/2000 über die Milderung von einigem durch den Holocaust verursachtem Vermögensunrecht vom 23. Juni 2000. Für weitere Informationen, siehe: Landesamt zur Regelung offenener Vermögensfragen, Landesausgleichsamt Berlin, S. 7–9; Karadjova, S. 330–332. 151 Gesetz Nr. 92/1996 über die Entschädigung für das während der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft entzogene Vermögen vom 11. Oktober 1996 i. d. F. vom 5. Juli 2002. Für weitere Informationen siehe: Brunner, S. 63.

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schen Demokratischen Republik (DDR) eingeführt. Zur Wiedergutmachung von entschädigungslosen Enteignungen durch die DDR in der Zeit von 1949 bis 1989 hatten die Geschädigten ein Wahlrecht zwischen Restitution und Entschädigung.153 Für die während der sowjetischen Besatzungszeit von 1945 bis 1949 durchgeführte Bodenreform, durch die die flächenmäßig größte sozialistische Umverteilung der Eigentumsverhältnisse durchgeführt wurde, übernahm die Bundesrepublik keine Verantwortung. Aus Billigkeitsgründen regelt sie jedoch die Leistung von Ausgleichszahlungen, die allerdings deutlich unter dem Betrag der für die Enteignungen nach 1945 bestimmten Entschädigungen liegen.154 Bislang untätig geblieben sind Polen und Serbien. Polen verweist Alteigentümer auf den zivilen Rechtsweg, was sich in der Praxis aufgrund überlasteter Gerichte, Beweisführungsschwierigkeiten und hoher Verfahrenskosten sehr schwierig gestaltet.155 Mittlerweile gibt es allerdings Überlegungen im polnischen Parlament, ein Entschädigungsgesetz zu erlassen, auf Grundlage dessen Zahlungen in Höhe von 15% des Wertes des verloren gegangenen Vermögens zu leisten sind.156 Auch in Serbien laufen Vorbereitungen für ein Restitutionsgesetz, die im Juni 2005 zur Verabschiedung eines Anmeldegesetzes geführt haben, das den serbischen Behörden einen Überblick über den Umfang des für eine Restitution bzw. Entschädigung beanspruchten Vermögens verschaffen soll.157 In vielen dieser Fälle sind Wiedergutmachungsleistungen in Form der Grundbesitzrestitution an die eigene Staatsangehörigkeit geknüpft. In Bulgarien, Rumänien und Litauen geschieht dies indirekt, indem ein Erwerb von Eigentum an Grund und Boden durch Ausländer generell untersagt ist.158 In anderen Ländern diskrimiert die Restitutions- bzw. Entschädigungsgesetzgebung selbst gegen 152 Gesetz Nr. XXV/1991 zur Regelung der Eigentumsverhältnisse und über die teilweise Entschädigung von Schäden, die dem Eigentum von Staatsbürgern durch den Staat ungerechterweise zugefügt worden sind,vom 26. Juni 1991; Gesetz Nr. XXIV/ 1992 zur Regelung der Eigentumsverhältnisse und über die teilweise Entschädigung von Schäden, die dem Eigentum von Staatsbürgern durch den Staat unter Anwendung von in der Zeit zwischen dem 1. Mai 1939 und dem 8. Juni 1949 erlassenen Rechtsvorschriften ungerechterweise zugefügt worden sind, vom 7. April 1992. Für weitere Informationen, siehe: Brunner, S. 60–63; Karadjova, S. 323–333. 153 Rodenbach/Löffler, S. 47–62. 154 Ibid., S. 111–125; Tomuschat (1996b), S. 11. Zu den verfassungsrechtlichen Problemen hinsichtlich der Ungleichbehandlung mit den Enteignungen nach 1949, siehe: Wagner, S. 131–154, 165–177. 155 Zur polnischen „Untätigkeitslösung“ siehe: Brunner, S. 64–66. 156 Siehe Informationen zu Polen auf der Webseite zu Vermögensfragen des österreichischen Außenministeriums: http://www.bmaa.gv.at 157 Gesetz Nr. 45 über die Anmeldung und die Evidenz von enteignetem Vermögen vom 31. Mai 2005, abgedruckt in: http://ww.vloe.at/donauschwaben/presse/205/ 20050011.htm 158 Vgl. FN 98, 105, 110.

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Ausländer, in dem bestimmte Nationalitäten von dem persönlichen Schutzbereich der Gesetzgebung nicht erfasst werden.159 Eine Ungleichbehandlung anderer Art besteht in einigen Staaten hinsichtlich der Behandlung unterschiedlicher Betroffenengruppen. In der Tschechischen Republik besteht die Möglichkeit zur Restitution grundsätzlich lediglich für seit der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 enteignetes Eigentum. Erst nach großem politischem Druck wurde die eigentumsrechtliche Wiedergutmachung auch auf jüdisches Eigentum ausgeweitet, das im Rahmen der Arisierung von 1938 bis 1945 enteignet worden und in Staatshand gefallen war. Keine Rückgabe oder Entschädigung kann hingegen die große Mehrheit der 1945 vertriebenen Sudetendeutschen verlangen, die als Verräter bzw. Kollaborateure mit dem nationalsozialistischen Besatzungsregime bezeichnet werden.160 Auch in der ursprünglichen Entschädigungsgesetzgebung Ungarns sollten lediglich die durch das kommunistische Regime nach Juni 1949 verfügten Enteignungen behandelt werden. Erst nach einem entsprechenden Urteil des ungarischen Verfassungsgerichts wurden auch Enteignungen seit Mai 1939 umfasst, die allerdings Arisierungsmaßnahmen aus dem Jahre 1938 nach wie vor nicht umfassen.161 Wie schon erwähnt, besteht auch für das Territorium der ehemaligen DDR eine unterschiedliche Wiedergutmachungspolitik hinsichtlich der Enteignungen, die während des Nationalsozialismus und der DDR-Zeit durchgeführt wurden, und solcher, die während der sowjetischen Besatzungszeit zwischen 1945 und 1949 stattfanden.162 Im Kontext der Begrenzungen von Restitutions- und Entschädigungsprogrammen soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass in vielen Ländern eine Diskrepanz zwischen der Gesetzgebung und seiner Umsetzung in die Praxis gegeben ist. Dies kann sowohl an fehlenden finanziellen Ressourcen oder an Implementierungsschwierigkeiten liegen.163

159 Dies ist z. B. in Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien der Fall. Einen Überblick über die Thematik gibt Karadjova, S. 348–352. Auch das geplante polnische Restitutionsgesetz soll solchen Personen keinen Rechtsschutz gewähren, die ihr Eigentum infolge von völkerrechtlich verankerten Grenzveränderungen verloren haben. Dies trifft vor allem auf die aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten vertriebenen Deutschen zu. Vgl. die Webseite zu Vermögensfragen des österreichischen Außenministeriums: http://www.bmaa.gv.at 160 Zur tschechischen Restitutionsproblematik, siehe: Karadjova, S. 330–332; Kritz, S. 569–587; Kubu|˚/Kuklík, S. 169–204; Brumlik, S. 55–76. 161 Vgl. Karadjova, S. 332–333; Kritz, S. 680–683. 162 Ibid., S. 640–641. 163 Vgl. Brunner, S. 57; Miller, Leland Rhett, S. 75–88.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

IV. Fortführung der Beratungen in der Generalversammlung Nach über 30 Jahren Reflexionspause nahm die Generalversammlung 1986 in ihrer 41. Sitzungsperiode ihre Beratungen über ein Menschenrecht auf Eigentum unter dem Tagungsordnungspunkt „Alternative approaches and ways and means for improving the effective enjoyment of human rights and fundamental freedoms within the United Nations“ wieder auf. Die USA brachten einen Resolutionsentwurf ein, der die Bedeutung des Privateigentums für die wirtschaftliche und ökonomische Entwicklung ohne Hinweis auf eigentumsrechtliche Begrenzungen und soziale Funktionen hervorhob.164 Dieser Entwurf ging gegen den allgemeinen Trend in der Generalversammlung, wirtschaftliche und soziale Rechte sowie Kollektivrechte wie das Recht auf Entwicklung zu diskutieren und rief viel Kritik seitens vieler sozialistischer Staaten und Entwicklungsländer hervor.165 Obwohl der amerikanische Resolutionsentwurf u. a. mit einem dezidierten Hinweis auf verschiedene Eigentumsformen, einschließlich gemeinschaftlichen und staatlichen Eigentums, sowie mit einer ausdrücklichen Erwähnung des freien Verfügungsrechts der Völker über ihre Naturreichtümer ergänzt wurde, enthielten sich immer noch 41 Staaten, die zumeist der sozialistischen Welt oder Afrikas oder Asiens angehörten, bei der Abstimmung über Resolution 41/132 der Stimme.166 164

UN Doc. A/C.3/41/L.42, 6. November 1986. van Banning, S. 51–52. 166 UN Doc. A/Res/41/132, 4. Dezember 1986. Die relevanten Passagen lauten: „The General Assembly, . . . Bearing in mind also that all peoples may, for their own ends, freely dispose of their natural wealth and resources without prejudice to any obligations arising out of international economic co-operation, based upon the principle of mutual benefit and upon international law, and that in no case may a people be deprived of its means of subsistence, . . . Convinced that the full enjoyment by everyone of the right to own property alone as well as in association with others contributes to securing the goals of economic and social development enshrined in the Charter of the United Nations, Convinced further that the right of everyone to own property alone as well as in association with others . . . is of particular significance in fostering widespread enjoyment of other basic human rights, . . . 1. Recognizes that there exist in Member States many forms of legal property ownership, including private, communal, and state forms, each of which should contribute to ensuring effective development and utilization of human resources through the establishment of sound bases of political, economic and social justice; . . . 5. Requests the Secretary-General to prepare a report, taking into account the views of Member States, specialized agencies and other competent bodies of the United Nations system, within existing resources, on: (a) The relationship between the full enjoyment by individuals of human rights and fundamental freedoms, in particular the right of everyone to own property alone as well as in association with others, as set forth in article 17 of the Universal Declaration of Human Rights, and the economic and social development of Member States; (b) The role of the right of everyone to own property alone as well as in association with others, as set forth in article 17 of the Universal Declaration of Human 165

IV. Fortführung der Beratungen in der Generalversammlung

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Durch die Resolution wurde der Generalsekretär beauftragt, einen Bericht über das Verhältnis zwischen dem Recht auf Eigentum und der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Mitgliedsstaaten sowie über die Rolle des Eigentumsrechts bezüglich der vollständigen und freien Teilnahme von Einzelpersonen in den Wirtschafts- und Sozialsystemen der Staaten anzufertigen. In der Resolution wurden alle Mitgliedsstaaten, Sonderorganisationen und andere kompetenten Organe der Vereinten Nationen aufgefordert, dem Generalsekretär ihre Sichtweise zur Thematik darzulegen. Daneben schlug die Generalversammlung der Menschenrechtskommission vor, ihre Beratungen zum Recht auf Eigentum wieder aufzunehmen. In der anschließenden Diskussion während der 43. Sitzungsperiode der Menschenrechtskommission brachten die USA einen Resolutionsentwurf mit dem Titel „Respect for the right of everyone to own property alone as well as in association with others and its contribution to the economic and social development of Member States“ ein, der das Recht auf Eigentum einschließlich des Rechts auf Schutz gegen seine willkürliche Entziehung betonte. Der Entwurf enthielt auch einen Paragraphen, der die Rolle unterschiedlicher Eigentumsformen anerkannte, die eine vernünftige Grundlage für politische, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit schaffen und dadurch zu effektiver Entwicklung beitragen sollten.167 Im Entwurf wurde auf den ausstehenden Bericht des Generalsekretärs verwiesen und es wurde beschlossen, die Eigentumsthematik in der nächsten Sitzungsperiode weiter zu beraten. Einem ähnlichen Abstimmungsmus-

Rights, in ensuring the full and free participation of individuals in the economic and social systems of States; . . . 11. Invites the Commission on Human Rights . . . to resume consideration of the right of property alone as well as in association with others; . . . “ 167 Commission on Human Rights Res. 1987/17, 10. März 1987. Die relevanten Passagen lauten: „The Commission on Human Rights, . . . Determined to promote full implementation of existing provisions under relevant international and regional instruments concerning the right of everyone to own property alone as well as in association with others and of the right not to be arbitrarily deprived of one’s property, . . . 1. Recognizes that there exist in Member States many forms of legal property ownership, including private, communal, social and State forms, each of which should contribute to ensuring effective development and utilization of human resources through the establishment of sound bases for political, economic and social justice; 2. Considers that further measures may be appropriate at the national level to ensure respect for the right of everyone to own property alone as well as in association with others and the right not to be arbitrarily deprived of one’s property, as set forth in article 17 of the Universal Declaration of Human Rights; 3. Urges States, therefore, in accordance with their respective constitutional systems, and in accordance with the Universal Declaration of Human Rights, to provide, where they have not done so, adequate constitutional and legal provisions to protect the right of everyone to own property alone as well as in association with others and the right not to be arbitrarily deprived of one’s property; . . .“

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

ter wie in der Generalversammlung folgend, wurde die entsprechende Resolution 1987/17 mit 30 Stimmen bei 11 Enthaltungen beschlossen, wobei die sozialistischen Staaten und einige Entwicklungsländer sich der Stimme enthielten.168 Letztere verliehen ihrer Auffassung in einem von der DDR eingereichten Resolutionsentwurf mit dem Titel „The impact of property on the economic and social development of Member States“ Ausdruck, der ein Menschenrecht auf Eigentum nicht explizit anerkannte. Stattdessen wurde in dem Entwurf die Neue Weltwirtschaftsordnung, die Charta für wirtschaftliche Rechte und Pflichten der Staaten, sowie die Erklärung der Generalversammlung über sozialen Fortschritt und Entwicklung erwähnt.169 Darüberhinaus wurde auf den möglichen Missbrauch von Privateigentum durch multinationale Firmen hingewiesen und deren Zusammenarbeit mit dem südafrikanischen Apartheidregime verurteilt.170 Auch wenn dieser Entwurf große Kritik hervorrief, wurde er als Resolu-

168 Argentinien, Australien, Bangladesh, Belgien, Brasilien, Costa Rica, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Gambia, Indien, Irland, Italien, Japan, Jugoslawien, Kolumbien, Lesotho, Mexiko, Norwegen, Österreich, Pakistan, Peru, Philippinen, Ruanda, Senegal, Somalia, Sri Lanka, USA, Vereinigtes Königreich, Venezuela und Zypern stimmten für die Resolution, während sich Äthiopien, Algerien, Bulgarien, China, DDR, Irak, Kongo, Mozambik, Nicaragua, Sowjetunion und Weißrußland der Stimme enthielten. Commission on Human Rights, Report of 43rd Session, UN Doc. E/CN.4/1987/60, 2. Februar–13. März 1987. 169 UN Doc. A/Res/2542 (XXIV), 11. Dezember 1969, Declaration on Social Progress and Development. Hinsichtlich der Charta und der Erklärungen zur Neuen Weltwirtschaftsordnung, siehe oben Kapitel A. 170 Commission on Human Rights Res. 1987/18, 10. März 1987. Die relevanten Passagen der Resolution lauten: „The Commission on Human Rights, . . . Recalling General Assembly resolutions 3201 (S-VI) and 3202 (S-VI) of 1 May 1974, containing the Declaration and the Programme of Action on the Establishment of a New International Economic Order, 3281 (XXIX) of 12 December 1974, containing the Charter of Economic Rights and Duties of States, 3362 (S-VII) of 16 September 1975, on development and international economic co-operation, and 35/56 of 5 December 1980, the annex to which contains the International Development Strategy for the Third United Nations Development Decade, Recognizing further that the right of peoples to self-determination includes the exercise of their inalienable right to full sovereignty over all their natural wealth and resources, Convinced that social justice is a prerequisite for lasting peace and that man can achieve complete fulfilment of his aspirations only within a just social order, . . . Reaffirming, in accordance with article 6 of the Declaration on Social Progress and Development, that social progress and development require the establishment, in conformity with human rights and fundamental freedoms and with the principles of justice and social function of property, of forms of ownership of land and of the means of production which preclude any kind of exploitation of man, ensure equal rights to property for all and create conditions leading to genuine equality among people, . . . 2. Recognizes that there exist in Member States many forms of legal property ownership, including private, communal and State forms, each of which should contribute to ensuring the effective development and utilization of human resources through the establishment of sound bases for political, economic and social justice;

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tion 1987/18 mit 28 Stimmen gegen 11 bei zwei Enthaltungen beschlossen, wobei die Industriestaaten geschlossen gegen die Resolution stimmten.171 Beide Resolutionen wurden in der nächsten Sitzungsperiode der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission diskutiert und Anschlussresolutionen verabschiedet.172 Dabei bezogen sich die von den westlichen Staaten unterstützten Resolutionen unter dem Tagungsordnungspunkt „Respect for the right of everyone to own property alone as well as in association with others and its contribution to the economic and social development of Member States“ auf Artikel 17 der AEMR. Darin wurden die Mitgliedsstaaten, Sonderorganisationen und anderen kompetenten Organe der Vereinten Nationen dazu aufgerufen, ihre Kommentare für den ausstehenden Bericht des Generalsekretärs einzureichen. Demgegenüber strichen die von den sozialistischen Staaten und einigen Entwicklungsländern unterstützten Resolutionen unter dem Tagungsordnungspunkt „The impact of property on the enjoyment of human rights and fundamental freedoms“ den Anspruch nach Artikel 28 der AEMR auf eine angemessene Sozial- und Internationalordnung zur vollen Verwirklichung aller Menschenrechte heraus und forderten den Generalsekretär dazu auf, in seinem Bericht Resolution 1987/18 der Menschenrechtskommission zu berücksichtigen. In ihrer 43. Sitzungsperiode unterbreitete dann der Generalsekretär 1988 der Generalversammlung einen Bericht, der einen kurzen Überblick über die internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumente enthielt und die Kommentare von 35 Staaten und Organisationen wiedergab.173 Die GeneralverCalls upon States to ensure that their national legislation with regard to all forms of property precludes any impairment of the enjoyment of human rights and fundamental freedoms, without prejudice to their right freely to choose and develop their political, social, economic and cultural systems; Urges transnational corporations to ensure that their activities do not adversely affect the process of implementing human rights in developing countries; Vigorously condemns the transnational corporations which maintain or continue to increase their collaboration with the racist régime of South Africa, thus encouraging that régime to persist in its inhuman and criminal policy of brutal oppression of the peoples of southern Africa and denial of their human rights and becoming accomplices in the inhuman practices of racial discrimination, colonialism and apartheid; . . .“ 171 Australien, Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Japan, Norwegen, Österreich, USA und das Vereinigte Königreich stimmten gegen die Resolution, während Äthiopien, Algerien, Argentinien, Brasilien, Bulgarien, China, DDR, Gambia, Indien, Irak, Jugoslawien, Kolumbien, Kongo, Lesotho, Mexiko, Mozambik, Nicaragua, Pakistan, Peru, Philippinen, Ruanda, Senegal, Somalia, Sri Lanka, Sowjetunion, Venezuela, Weißrussland und Zypern dagegen stimmten. Bangladesh und Costa Rica enthielten sich der Stimme. Commission on Human Rights, Report of the 43rd Session, siehe FN 168. 172 UN Doc. A/Res/42/114 und 42/115, 7. Dezember 1997; Commission on Human Rights Res. 1988/18 und 1988/19, 7. März 1988. 173 UN Doc. A/43/739, Report of the Secretary-General, Alternative Approaches and Ways and Means within the United Nations System for Improving the Effective Enjoyment of Human Rights and Fundamental Freedoms. Respect for the right of

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sammlung bemerkte daraufhin, dass in dem Bericht relativ wenig Aufmerksamkeit der Rolle des Eigentumsrechts hinsichtlich der Sicherstellung einer vollen und freien Teilnahme des Einzelnen an den staatlichen Wirtschafts- und Sozialsystemen gewidmet sei. Sie beauftragte sodann den Generalsekretär mit der Anfertigung eines weiteren Berichts, der die Sichtweise der Staaten und relevanten Sonderorganisationen und Organe der Vereinten Nationen zu den „means whereby and the degree to which the right to own property alone as well as in association with others contributes to the development of individual liberty and initiative, which serve to foster, strengthen and enhance the exercise of other human rights and fundamental freedoms“ einschließen sollte. Hierbei sollte zwischen persönlichem Eigentum einschließlich des Wohnhauses und wirtschaftlichem Produktiveigentum einschließlich landwirtschaftlichem, Handels- und Industrieeigentum differenziert werden.174 Während der zweite Bericht des Generalsekretärs geschrieben wurde, fiel 1989 die Berliner Mauer, was erklären mag, dass diesmal kein sozialistischer Staat seine Kommentare zu der Eigentumsthematik einreichte. In der 45. Sitzungsperiode beriet die Generalversammlung 1990 über den unterbreiteten Bericht, der eine Zusammenfassung der von 20 Staaten und Organisationen eingereichten Kommentare enthielt.175 Die beiden Berichte des Generalsekretärs tragen indes nicht wesentlich zu einer weiteren Klärung über die Bedeutung und Grenzen des Rechts auf Eigentum bei, dienen aber gleichwohl als nützliche Zusammenstellung von relevanter Staatenpraxis.176 Die politischen Veränderungen in der Sowjetunion ermöglichten es, dass 1989 die USA und die Sowjetunion gemeinsam einen Resolutionsentwurf in der 45. Sitzungsperiode der Generalversammlung einbrachten, der sowohl eine ausdrückliche Referenz zum Recht auf Eigentum einschließlich seines Schutzes gegen willkürliche Enteignung enthielt, als auch eine Eigentumserwerbsmöglichkeit durch jedermann anerkannte, die durch konkrete Wirtschaftshilfe für Entwicklungsländer zu fördern sei. Die ohne Abstimmung beschlossene Resolution forderte die Staaten auf, Gesetzes- bzw. Verfassungsänderungen zum adäquaten Schutz des Eigentums, soweit noch nicht geschehen, herbeizuführen.177 Gleicheveryone to own property alone as well as in association with others and its contribution to the economic and social development of Member States, 27. Oktober 1988. Für Information über die kommentierenden Staaten und Organisationen, siehe Paras. 9 und 10. 174 UN Doc. A/Res/43/123, Paras. 5 und 6, 8. Dezember 1988. 175 UN Doc. A/45/523, Report of the Secretary-General, Alternative Approaches and Ways and Means within the United Nations System for Improving the Effective Enjoyment of Human Rights and Fundamental Freedoms. Respect for the right of everyone to own property alone as well as in association with others and its contribution to the economic and social development of Member States, 22. Oktober 1990. Für Informationen über die kommentierenden Staaten und Organisationen, siehe Para. 4. 176 van Banning, S. 53.

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zeitig forderte sie die Menschenrechtskommission auf, sich unter dem Tagungspunkt der Verwirklichung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten mit der Rolle des Eigentums für die Entwicklung von persönlicher Freiheit und Initiative zu befassen.178 Daraufhin beauftragte die Menschenrechtskommission einen unabhängigen Experten, Rodríguez, mit der Anfertigung einer entsprechenden Studie.179 Im Anschluss an eine vorläufige Studie180 legte der unabhängige Experte seine Studie in der 49. Sitzungsperiode der Menschenrechtskommission Ende 1992 vor.181 Die Studie enthält neben einem kurzem Überblick über die historischen und philosophischen Wurzeln des Eigentums und einer Auflistung der relevanten universellen und regionalen Menschenrechtserklärungen und -übereinkommen vor allem eine Zusammenfassung der Staatenpraxis auf Grundlage der eingereichten Kommentare von Staaten und Organisationen mit Blick auf verschiedene eigentumsrechtliche Themen. Dazu gehörten die Anerkennung von unterschiedlichen Eigentumsformen, der Schutz des geistigen Eigentums, Gesetzgebung zur Bodenplanung und -nutzung sowie zur Enteignung, das Recht 177

UN Doc. A/Res/45/98, 14. Dezember 1990. Die relevanten Passagen lauten: „The General Assembly, . . . Recognizing also in this context the importance of enabling everyone to acquire property, alone or in association with others, by taking practical actions that assist the economic development of developing countries, . . . 3. Considers that further measures may be appropriate at the national level, consistent with national policies, to ensure respect for the right of everyone to own property alone as well as in association with others and the right not to be arbitrarily deprived of one’s property, as set forth in article 17 of the Universal Declaration of Human Rights, so as to protect and preserve these rights in relation to the following types of property: (a) Personal property, including the residence of one’s self and family; (b) Economically productive property, including property associated with agriculture, commerce and industry; 4. Urges States, therefore, in accordance with their respective constitutional systems and the Universal Declaration of Human Rights, to provide, where they have not done so, adequate constitutional and legal provisions to protect the right of everyone to own property alone as well as in association with others and the right not to be arbitrarily deprived of one’s property; . . .“ 178 Ibid., Para. 5. 179 Commission on Human Rights Res. 1991/19, 1. März 1991. 180 UN Doc. E/CN.4/1992/9, Preliminary Report on the means whereby the right of everyone to own property alone as well as in association with others fosters, strengthens and enhances the exercise of other human rights and fundamental freedoms, prepared by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent Expert appointed in accordance with Commission on Human Rights resolution 1991/19, 23. Januar 1992. 181 UN Doc. E/CN.4/1993/15, The right of everyone to own property alone as well as in association with others. Final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 18. Dezember 1992; UN Doc. E/CN.4/1994/19/Add.1, Completed final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 1. Februar 1994. Die Abschlussfassung wurde nach Einarbeitung einiger spät eingereichter Staatenkommentare erst in der 50. Sitzungsperiode vorgelegt.

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D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

auf angemessene Behausung, die Tendenz zur Privatisierung von Staatseigentum, das Verhältnis zwischen Eigentum und dem Prinzip der Nichtdiskriminierung, sowie anderer Fragen hinsichtlich der Einschränkungen des Eigentumsrechts. Der Experte bemerkte kritisch, dass lediglich ca. 40 Staaten und Organisationen der Bitte um Information und Kommentar nachgekommen seien.182 Dazu gehörten Staaten aus allen Weltregionen, mit Ausnahme der ehemaligen sozialistischen Länder Mittel- und Osteuropas, die keine einzige Antwort eingereicht hatten.183 Rechtsdogmatisch enthielt die Studie nicht viel Neues. Hinsichtlich der Frage, ob das Recht auf Eigentum eher ein bürgerliches Recht im Sinne der ersten Generation der Menschenrechte oder ein wirtschaftliches und soziales Recht in Sinne der zweiten Generation der Menschenrechte sei, stellte der Experte fest, dass die Vereinten Nationen widersprüchlich mit der Thematik umgegangen sind: Während das Recht auf Eigentum in der AEMR, dem Rassendiskriminierungsübereinkommen und den regionalen Menschenrechtskonventionen als bürgerliches Recht eingeordnet ist, wurde das Eigentum von der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission im Rahmen der Verwirklichung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten diskutiert.184 Eine dogmatische Einordnung vermied der Experte, in dem er auf die Unteilbarkeit und gegenseitige Abhängigkeit der zivilen und politischen und der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte als Teil der modernen Zivilisation hinwies. Weiterhin machte er deutlich, dass „An individual’s freedom is violated not only when he is physically or morally attacked, but also when he is deprived of the means to live with dignity and is denied the material circumstances that are indispensable for a full existence.“185 Des Weiteren beinhaltete die Studie eine Zusammenfassung der Kommentare der Staaten und Organisationen über die Beziehung des Eigentumsrechts auf Eigentum zur vollen und freien Teilnahme des Einzelnen im staatlichen Wirtschafts- und Sozialsystem und kam zu dem Schluss, dass: „It may be concluded that no other right is subject to more qualifications and limitations in order to allow the State to act in the general interest, to prevent discimination or abuse of property or to promote a just and equitable distribution of wealth than the right to own property. Clearly, time and again, a balance has to be struck

182

Completed final report, ibid., Para. 5. Ibid., Para. 198. Zu den Staaten, die Kommentare eingereicht haben, gehörten: Ägypten, Algerien, Argentinien, China, Costa Rica, Deutschland, Griechenland, Haiti, Irak, Italien, Jugoslawien, Kamerun, Kanada, Kolumbien, Kenia, Kuba, Luxemburg, Marokko, Mexiko, Namibia, Nepal, Niederlande, Pakistan, Panama, Portugal, Qatar, Saudiarabien, Schweden, Senegal, Südafrika, Sudan, Syrien, Thailand, Türkei, Venezuela, Vereinigtes Königreich, USA. Ibid., Para. 64. 184 Ibid., Para. 98. 185 Ibid., Para. 117. 183

IV. Fortführung der Beratungen in der Generalversammlung

193

between the individual interest, on the one hand, and the interests of society, on the other hand.“186

Während diese Diskussion keine wesentliche Klärung hinsichtlich des Bestandes und Grenzen des Eigentumsrechts brachte,187 beinhaltete die Studie allerdings einen Abschnitt über den Zusammenhang zwischen Eigentum und Friedenssicherung. Im Rahmen der Diskussionen über ein Menschenrecht auf Eigentum in Generalversammlung und Menschenrechtskommission war dieser Aspekt neu. Der Experte stellte fest, dass während der Dauer eines bewaffneten Konfliktes und damit zusammenhängender massiver Menschenrechtsverletzungen kein wirklicher Respekt für das Eigentum bestehe und führte als Beispiele die Eigentumsverletzungen im Rahmen der ethnisch-nationalen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, Palästina und Zypern an.188 Darüber hinaus erwähnte der Experte die Rückführung von rechtswidrig ausgeführten nationalen Geldern und Gütern durch die nach massiven Menschenrechtsverletzungen geflohenen Diktatoren der Philippinen und Haitis und strich die Bedeutung von Eigentumsrechten für bewaffnete Konflikte im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Umverteilung heraus.189 Den Abschnitt zur Friedenssicherung beendete der Experte schließlich mit dem Hinweis, dass voller Eigentumsschutz auch der internationale Gemeinschaft diene, indem er internationalen Handel und Investitionen fördere, und betonte: „In relation to civil, political, legal, economic, social and cultural aspects of overall growth and development, the future of the world’s former socialist and developing countries depends on full respect for private property rights throughout the world, in every Member State and across all international boundaries.“190

In seinen Schlussbemerkungen bemerkte der Experte, dass das Recht auf Eigentum als Mittel zur Förderung von wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung und zum Genus der Menschenrechte und Grundfreiheiten eine extrem komplexe Thematik sei, die verschiedenste Aktivitäten berühre und in vielerlei Beziehung zu anderen Menschenrechten stehe. Das Eigentumsrecht sei allerdings wesentliche Grundlage eines jeden Wirtschaftssystems. Das Recht des Einzelnen, Eigentum zu besitzen und es zu seinem vollen wirtschaftlichen Potential zu entwickeln, könne als ein wesentliches Menschenrecht und als Grundfreiheit gelten. Dieses Recht sei sowohl ein Einzel- als auch ein Kollektivrecht, das durch die 186

Ibid., Para. 472. Vgl. van Banning, S. 54–55, der die inhaltliche und analytische Begrenztheit der Studie u. a. mit der fehlenden personnellen Austattung des Sekretariats der Menschenrechtskommission und mit einer Präokkupation der Staaten mit konkreten und gegenwärtigen Menschenrechtsverletzungen zu Lasten von eher langfristigen Themen wie dem Eigentumsschutz erklärt. 188 Completed final report, siehe FN 181, Paras. 121–131. 189 Ibid., Paras. 132–152. 190 Ibid., Para. 153. 187

194

D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

Gesetzgebung der meisten Staaten als rechtliche Institution und als Grundrecht anerkannt sei.191 So hätten die Mehrheit der Staaten erklärt, sich dem Prinzip der vollen Anerkennung und des Schutzes verschiedener Eigentumsformen einschließlich des Privateigentums verpflichtet zu fühlen, wobei das Phänomen des absoluten Eigentums in keinem Wirtschaftssystem existiere und Eigentum im Interesse des öffentlichen Nutzens, Sicherheit und Gesundheit gesetzlich beschränkt werden könne.192 Des Weiteren wurde in der Studie darauf hingewiesen, dass die „Demokratisierung“ des Eigentums eine gerechtere und fairere Wohlstandsverteilung fördern würde. Mit Hilfe des Privateigentums suche der Einzelne ein gewisses Maß an Freiheit und Sicherheit und wolle seine Persönlichkeit entfalten. In dieser Hinsicht würde das zur Befriedigung der Bedürfnisse des Einzelnen und seiner Familie notwendige und für bestimmte Notfälle einzusetzende Eigentum zunehmend anerkannt. Die Konzentration von Produktionseigentum und unbegrenzte Akkumulation des Wohlstands in den Händen einiger weniger führe jedoch zu tiefen Klassenspaltungen zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden. Der Anhäufung von Großgrundbesitz in den Händen von privilegierten gesellschaftlichen Gruppen könne durch Bodenreformprogramme mit Blick auf die soziale Funktion des Eigentums abgeholfen werden. In diesem Zusammenhang sei das Kollektiveigentum bis zu einem gewissen Grade Schaden begrenzend gewesen und mittlerweile universell und als wichtiger Entwicklungsfaktor anerkannt. Seiner sozialen Funktion wegen, würden Staaten auch die Nutzung des Eigentums gesetzlich regeln und Eigentum besteuern, wobei Letzteres nicht in einen exzessiven Übergang von Vermögen in Staatshand münden dürfe. Schließlich stellte die Studie fest, dass nach der Gesetzgebung der meisten untersuchten Staaten niemand seines Eigentums beraubt werden dürfe, außer dies geschehe im rechtlich nachgewiesenen öffentlichen Interesse und gegen Zahlung einer, dem Gesetz entsprechenden Entschädigung.193 Trotz dieser im Ergebnis positiven Würdigung der Bedeutung des Eigentumsrechts, kam der Experte allerdings zu einem eher negativen Schluss hinsichtlich des Bestandes eines universellen Menschenrechts auf Eigentum: „However, given the enormous variety of forms of property and their social importance, it is extremely difficult to establish a universal human right to individual private property in terms that one can substantiate as requiring incorporation in the national law of all States and capable of being given the same weight to in domestic courts.“194

191 192 193 194

Ibid., Ibid., Ibid., Ibid.,

Paras. 473–475. Para. 479. Paras. 479–486. Para. 475.

IV. Fortführung der Beratungen in der Generalversammlung

195

Die Studie schließt mit einer Reihe von Empfehlungen an die Staatengemeinschaft, die vor allem erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlich eigentumsrechtlicher Diskriminierung und verbesserte Implementierungsmechanismen auf regionaler und staatlicher Ebene beinhalteten.195 Hinsichtlich des Menschenrechts auf Eigentum wurde keine weitere Kodifizierung im Rahmen der Vereinten Nationen 195

Die Empfehlungen der Studie lauteten: „492. It would be advisable that any mechanism of consideration of this issue should not be at the expense of the effective functioning of other areas of the human rights system, especially at a time of considerable financial constraints. 493. Therefore, it seems to be appropriate to retain this question as an agenda item of the General Assembly and the Commission on Human Rights and to consider in more detail basic aspects of this issue, preferably on a biennial basis. 494. There is a need to maintain the clear link between the right to own property, the right to adequate housing and other relevant human rights during consideration of the realization of economic, social and cultural rights. 495. The Committee on the Elimination of Racial Discrimination should pay particular attention to the measures aimed at inadmissibility of discrimination in the matter of the right to own property. In this respect, due regard should be given to consider seriously the communications alleging violations of the rights contained in article 5 (d)(v) of the Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination. 496. The Committee on the Elimination of Discrimination against Women should consider adopting a concise statement or assessment concerning the discrimination faced by women in many countries regarding the exercise of their right to own property. Special attention should be paid to methods aimed at eradicating such discrimination. 497. The independent Expert is in favour of developing other regional mechanisms similar to that established under the European Convention of Human Rights and the First Protocol thereto. 498. There is a need to systematize or even to create a case law/jurisprudence database, containing compilations of the relevant data, decisions and views of international, regional and national bodies. 499. The continuing property rights reforms in ex-socialist States and some developing countries should be supported and assisted. In the course of these reforms, States should ensure that socially disadvantaged groups do not suffer disproportionately from the measures employed. 500. The convening of a seminar on the ensuring of the right to own property in one of the Eastern European countries would be advisable. 501. It is also important that States declare their commitment at the universal level to the principle concerning full recognition and protection of all types of property, including private property. 502. Much of Government’s role in a democratic society arose from the need to regulate competing claims to property among individuals and groups. Governments should promote the creation of assets and the acquisition of property by individuals to produce a social climate of hope and opportunity in which ambitious persons engage in constructive pursuits to the benefit of all of society. 503. All Member States must observe the principles and standards contained in article 28 of the Universal Declaration of Human Rights which states that „everyone is entitled to a social and international order in which the rights and freedoms set forth in this Declaration can be fully realized“. 504. The most effective implementation of human rights requires domestic commitment. The routine provision of remedies by the local courts, administrative tribunals and other organs of authority should become the effective guarantee, among others, of this particular right.“

196

D. Eigentumsschutz auf universeller und regionaler Ebene

empfohlen, sondern die Staaten lediglich dazu aufgefordert, auf universeller Ebene ihrem Bestreben Ausdruck zu geben, alle Eigentumsformen einschließlich des Privateigentums vollständig anzuerkennen und zu schützen. Des Weiteren empfahl der Experte, die Eigentumsthematik auf der Tagungsordnung der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission zu behalten, um sie in zweijährigem Rhythmus in größerem Detail zu diskutieren. Auch weil die USA 1993 das Interesse an der Thematik wegen der häufigen Betonung der sozialen Aspekte des Eigentums verloren hatten, folgte die Menschenrechtskommission der Empfehlung des unabhängigen Experten nicht, das Thema Eigentum auf der Tagungsordnung zu lassen, sondern beschloss in ihrer 50. Sitzungsperiode 1994 die Beratungen zu beenden.196 Auch die Generalversammlung nahm die Thematik seither nicht mehr auf.

196 Vgl. van Banning, S. 54; Commission on Human Rights Res. 1994/13, 25. Februar 1994.

E. Anerkennung der Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschäftigte sich die internationale Flüchtlingspolitik vor allem mit gegenwarts- und zukunftsorientierten Fragen der humanitären Versorgung und der Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen in die Aufnahmegesellschaften.1 Vergangenheitsbezogene Themen wie die Rückkehr in ihr Herkunftsland oder die Restitution von enteignetem oder zurückgelassenem Eigentum standen nicht im Vordergrund des internationalen Interesses und Handelns. Bei Bevölkerungsumsiedlungen oder Flüchtlingskatastrophen wurde Flüchtlings- und Vertriebeneneigentum, wie in Kapitel C. III. exemplarisch aufgezeigt, bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zumeist nicht zurückgegeben, sondern auf Grundlage eines entsprechenden Vertrags oder als Kriegsbeute an neu anzusiedelnde Flüchtlinge oder Umsiedler verteilt.2 Diese Situation spiegelte sich in der rechtwissenschaftlichen Forschung zum Recht auf Heimat bzw. Recht auf Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre angestammten Wohnstätten wider. Vor allem das angloamerikanische und französische Schrifttum schwieg zu dieser Thematik lange, insbesondere mit Blick auf etwaige Rechtspositionen der deutschen Vertriebenen.3 Angesichts der deutschen Betroffenheit überrascht es nicht, dass der Trend im deutschen Schrifttum gegenläufig war. Bereits während ihrer ersten Nachkriegstagung proklamierten die deutschen Völkerrechtslehrer 1947 „das Recht, in der Heimat zu leben und nicht gewaltsam aus ihr vertrieben zu werden.“4 Vor allem von polnischer Seite wurde den deutschen Erwägungen entgegengehalten, dass das Recht auf Heimat eine Erfindung der deutschen Rechtswissenschaft sei, welche kein Fundament im geltenden Recht besitze.5 In der Tat ist der Begriff des Heimatrechts vor allem im Zusammenhang mit den deutschen Vertriebenen benutzt worden, während in anderen Flucht- und Vertreibungssituationen zumeist vom Rückkehrrecht (right to return) gespro1 Achermann, S. 54–56. Für den palästinensischen Fall hat diese Aussage insofern Bestand, als dass die internationale Gemeinschaft unter Führung der USA, wie in Kapitel C. III. aufgezeigt, entgegen des Sinngehalts der Resolution 194 (III) vor allem auf eine Neuansiedlung der Flüchtlinge und Vertriebenen in die arabischen Nachbarstaaten hingearbeitet und de facto ihre Nichtrückkehr unterstützt hat. 2 Benvenisti/Zamir, S. 221–224. 3 Tomuschat (1989), S. 186–187. 4 Für einen Überblick über die einschlägige Literatur, siehe: Ibid., S. 184–186. 5 Vgl. Kimminich, S. 16.

198

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

chen wird. Um eine einheitliche Begrifflichkeit und den inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Fall der deutschen Vertriebenen und anderen Fluchtund Vertreibungsfällen her- bzw. herauszustellen, wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff des Rückkehrrechts benutzt. Dabei ist das Heimatrecht als das Primär- oder Stammrecht anzusehen, wonach ein Mensch an seinem angestammten Ort verbleiben und nicht willkürlich vertrieben werden darf.6 Eine Verletzung des Heimatrechts zieht als Rechtsfolge die Gewährung des Rückkehrrechts nach sich. Insofern können beide Rechte als unterschiedliche rechtliche Konstruktionen bezeichnet werden, die jedoch den gleichen Bezugspunkt haben.7 Wie anhand der vertriebenen bzw. geflohenen Deutschen und Palästinenser geschildert, gelang es den Betroffenen bis heute nicht, ihre Rückkehr- und Eigentumsrechte wirksam geltend zu machen und durchzusetzen. Erst zum Ende des Kalten Krieges gab es Veränderungen hinsichtlich der juristischen Bewertung und Implementierung entsprechender Flüchtlings- und Vertriebenenrechte. Diese Entwicklung hing zum einen mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staatensysteme in Mittel- und Osteuropa und dem damit einhergehenden Schub für die Menschenrechte liberaler Prägung einschließlich der Institution des Privateigentums einher.

I. Verfestigung und Pönalisierung des Vertreibungsverbots Zum anderen veränderte sich der Blick auf das Rückkehrrecht und die Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen vor dem Hintergrund einer Verfestigung des Vertreibungsverbotes und seiner Pönalisierung auch zu Friedenszeiten. 1986 verurteilte die ILA in ihrer Erklärung zu Massenvertreibungen Zwangsumsiedlungen kategorisch und schloss ausdrücklich Umsiedlungen aufgrund eines Bevölkerungsaustauschvertrages mit ein.8 Auch der Sonderberichterstatter der Unterkommission der Menschenrechtskommission zur Vermeidung von Diskriminierung und Schutz der Minderheiten (Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities), Al-Khasawneh, hat mehrfach klargestellt, dass Bevölkerungsaustausche grundsätzlich verboten und nur in engen Ausnahmefällen bei Zustimmung der betroffenen Bevölkerung zuläs6

Tomuschat (1989), S. 188. Parameswaran, S. 4–5. Siehe auch: Henckaerts, S. 184–185, nach dem das Heimatrecht sich aus dem Massenvertreibungsverbot zu Friedenszeiten und dem Rückkehrrecht zusammensetzt. 8 Prinzip 14 der Declaration of Principles of International Law on Mass Expulsion lautet: „Compulsory transfer or exchange of population on the basis of race, religion, nationality or a particular social group or political opinion is inherently objectionable, whether effected by treaties or by unilateral expulsion.“ ILA (1986), S. 17. 7

I. Verfestigung und Pönalisierung des Vertreibungsverbots

199

sig sind.9 Ohne Differenzierung zwischen Kriegs- und Friedenszeiten fasste er seine Überlegungen zu unfreiwilligem Bevölkerungsaustausch wie folgt zusammen: „Forcible population transfer, save in areas when derogation or military necessity permits, are prima facie internationally wrongful acts. In circumstances when the purpose or method of transfer constitutes genocide, slavery, racial or systematic discrimination and torture, the transfer may qualify as a crime within the meaning of article 19 (part I) of the International Law Commission’s draft articles on State responsibility and carry all the consequences for internationally wrongful acts and, in addition, those normally associated with crimes. Within this purview fall acts such as ,ethnic cleansing‘, dispersal of minorities or ethnic populations from homeland within the State, and the implantation of settlers amounting to the denial of self-determination.“10

In diesem Kontext ist des Weiteren der Entwurf der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission – ILC) für einen Kodex über Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit zu nennen, der willkürliche Verschleppung und unfreiwillige Bevölkerungsumsiedlungen als Verbrechen gegen die Menschlichkeit auflistet.11 Beide Tatbestände fallen sowohl zu Kriegs- als auch zu Friedenszeiten in die Zuständigkeit der Internationalen Strafgerichtshöfe für das frühere Jugoslawien und für Ruanda und des Internationalen Strafgerichtshofs.12 Sie sind mehrfach strafrechtlich verfolgt und von verschiedenen Organen der Vereinten Nationen einschließlich des Sicherheitsrats verurteilt worden.13 Als Konsequenz dieser Entwicklungen gewann das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen größere Bedeutung und internationale Anerkennung. Als völkerrechtliches Delikt verpflichten Massenvertreibung und Zwangsumsiedlung den Vertreiberstaat zur Wiedergutmachung gegenüber den durch Flüchtlings- bzw. Vertriebenenströme beeinträchtigten Staaten dergestalt, dass den Flüchtlingen und Vertriebenen die Rückkehr an ihren ursprünglichen Wohn-

9 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1994/18, The human rights dimensions of population transfer, including the implantation of settlers“, Progress report prepared by Mr. Awn Shawhat Al-Khasawneh, Special Rapporteur, 30. Juni 1994, Paras. 131–134; UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1997/23, Human rights and population transfer, Final report of the Special Rapporteur, Mr. Al-Khasawneh, 27. Juni 1997, Paras. 10, 64–65. 10 Ibid., Progress Report, Para. 132. 11 Artikel 18 (g), Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind. Abgedruckt in: ILC. 12 Artikel 7, Abs. 1 (d), des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs; Artikel 5 (d) des Statuts des internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien; Artikel 3 (d) des Statuts des internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda. 13 Für einen Überblick hinsichtlich der internationalen Strafverfolgung und Verurteilung von ethnischen Säuberungen im früheren Jugoslawien, siehe: de Zayas (1997), S. 56–68.

200

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

ort zu gestatten ist.14 In diesem Zusammenhang hat auch der Eigentumsschutz praktisch und rechtlich an Bedeutung gewonnen. Nachstehend folgen kurze Erörterungen zur rechtlichen Herleitung des Rückkehrrechts einschließlich eines kurzen Überblicks über die diesbezügliche Resolutionspraxis der Generalversammlung und des Sicherheitsrats und über relevante friedenspolitische Entwicklungen. Danach werden in größerem Detail die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft beschrieben, Rückkehr- und Eigentumsrechten von Flüchtlingen und Vertriebenen in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo Wirksamkeit zu verleihen. Zusätzlich zu ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Mandat wird dabei vor allem auch die Funktionsweise und tatsächliche Aufgabenerfüllung der beiden internationalen Streitbeilegungskörper zum Schutz von Eigentumsrechten von Flüchtlingen und Vertriebenen in Bosnien und im Kosovo dargestellt. Dabei ist nicht unerheblich, dass die Eigentumsfrage sowohl für das internationale Engagement in Bosnien unter Führung (des Amts) des Hohen Repräsentanten des Daytoner Friedensabkommens (Office of the High Representative of the Dayton Peace Agreement – OHR) als auch für die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo – UNMIK) zu einem der Prüfsteine für die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft wurde, umfassende Verwaltungsfunktionen in einer Nachkriegsgesellschaft zu übernehmen.15 Dieses Bemühen steht in starkem Kontrast zu dem im Vertrag von Lausanne enthaltenen Lippenbekenntnis zum Schutze des Eigentums sowie zu der dargestellten Nichtbeachtung von Eigentumsrechten im Zusammenhang mit der Flucht bzw. Vertreibung der Deutschen und der Palästinenser nach dem Zweiten Weltkrieg.

II. Das Recht auf Rückkehr Trotz verschiedener Appelle hat das Recht auf Rückkehr auf universeller Ebene bislang keine ausdrückliche Anerkennung und Kodifikation gefunden.16 Zwar gibt es in den drei regionalen Menschenrechtskonventionen jeweils Bestimmungen, die das Recht für Staatsangehörige anerkennen und die Massenausweisung von Ausländern verbieten.17 Auf universeller Ebene wird es jedoch 14 Tomuschat (1989), S. 194; Köhler, S. 373–378; Progress Report, siehe FN 9, Paras. 91–95; Final Report, ibid., Para. 60. 15 Zur Übernahme von Verwaltungsfunktionen von Friedensmissionen, siehe: Chesterman; de Wet, S. 291–340; Caplan (2002); Wilde (2001a), S. 583–606; Matheson, S. 76–85; Frowein (2001), S. 43–54; Korhonen, S. 495–529; Chopra. 16 Vgl. Final Report, siehe FN 9, Para. 70; de Zayas (1990–1991), S. 39. 17 Artikel 3 und 4 des Vierten Zusatzprotokolls der EMRK lauten: „Artikel 3 1. Niemand darf aus dem Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, durch eine Einzel- oder eine Kollektivmaßnahme ausgewiesen werden.

II. Das Recht auf Rückkehr

201

aus verschiedenen Rechtsquellen hergeleitet und aus dem völkerrechtlichen Gesamtzusammenhang der Menschenrechte bestimmt.18 1. Umsetzung des Massenvertreibungsverbots Zum einen wird das Rückkehrrecht als die positive Umsetzung des Verbots von Massenvertreibung und der Seßhaftmachung von Siedlern angesehen.19 Dabei ist das Recht als Konsequenz des Verbotstatbestands zu schützen, um rechtwidrige Folgen eines Verstoßes wieder gut zu machen.20 2. Menschenrechtliche Begründung Als zweiter Rechtsgrund werden die Menschenrechte diskutiert. Auf universeller Ebene kommen dabei vor allem Artikel 13, Absatz 2, der AEMR, wonach jeder das Recht hat, „jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren“, und Artikel 12, Abs. 4, des IPbpR in Betracht, der stipuliert, dass „niemand . . . willkürlich das Recht entzogen werden [darf], in sein eigenes Land einzureisen.“21 Darüber hinaus nennt Artikel 5, Abs. d (ii), des Rassendiskriminierungsabkommens das Recht des Einzelnen, in sein eigenes Land zurückzukehren, hinsichtlich dessen die Verpflichtung der Staaten zur Beseitigung von Rassendiskriminierung besonders zu beachten ist. 2. Niemand darf das Recht entzogen werden, in das Hoheitsgebiet einzureisen, dessen Staatsangehöriger er ist. Artikel 4 Kollektivausweisungen ausländischer Personen sind nicht zulässig.“ Artikel 22, Abs. 5 und 9, der Amerikanischen Menschenrechtskonvention lauten: „5. Niemand darf aus dem Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, ausgewiesen, oder des Recht auf Einreise in diesen Staat beraubt werden. . . . 9. Die Kollektivausweisung von Ausländern ist nicht erlaubt.“ Artikel 12, Abs. 2 und 5, der Afrikanischen Menschenrechtskonvention lautet: „2. Jedermann hat das Recht, jedes Land einschließlich des eigenen zu verlassen sowie in sein Land zurückzukehren. Dieses Recht darf nur durch Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Volksgesundheit oder Sittlichkeit eingeschränkt werden. . . . 5. Die Massenausweisung von Ausländern ist verboten. Damit ist die gegen nationale, rassische, ethnische oder religiöse Gruppen gerichtete Ausweisung gemeint.“ 18 Heintze (2001), S. 93. 19 Parameswaran, S. 41–44; Köhler, S. 385; de Zayas (1997), S. 40; Tomuschat (1989), S. 193–194. 20 Vgl. Henckaerts, S. 185–186. 21 Die englische Originalfassung des Artikel 13, Abs. 2, der AEMK und des Artikel 12, Abs. 4, des IPbpR lauten: Art. 13 (2): „Everyone has the right to leave any country, including his own, and to return to his country.“ Art. 12 (4): „No one shall be arbitrarily deprived of the right to enter his own country.“

202

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Umstritten ist, ob die genannten Bestimmungen lediglich für Einzelpersonen oder auch im Kontext von Massenvertreibungen anwendbar sind. Obwohl gegen Ende des Zweiten Weltkrieges große Fluchtbewegungen und Vertreibungen stattfanden, ist die Frage, ob Artikel 13, Abs. 2, auch auf Massensituationen anwendbar sei, weder während der Entstehungsgeschichte der AEMR noch des IPbpR diskutiert worden.22 Dies lag auch daran, dass das Rückkehrrecht vor allem als Verstärkung des allgemeinen Ausreiserechts intendiert war.23 Angesichts des individualrechtlichen Hintergrunds der beiden Menschenrechtsinstrumente sowie der Notwendigkeit, politische Lösungen zur Befriedung von Vertreibungsunrecht zu finden, verneint ein Teil der Literatur zum Rückkehrrecht eine Anwendbarkeit auf Situationen der Massenvertreibung.24 Demgegenüber bejaht der andere Teil ein allgemeines Rückkehrrecht auch für Flüchtlinge und Vertriebene mit dem Argument, dass das gleiche Recht für Einzel- und für Massenfälle gelten müsse, und verweist auf eine entsprechende internationale Resolutionspraxis.25 Weiterer Streitpunkt ist der persönliche Schutzbereich der erwähnten menschenrechtlichen Bestimmungen. Dabei wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass Artikel 12, Abs. 4, des IPbpR und Artikel 13, Abs. 2, der AEMR Staatsangehörigen einen Rückkehranspruch „in ihr Land“ zugestehen.26 Besonders mit Blick auf die palästinensischen Flüchtlinge bzw. Vertriebenen interpretieren einige Autoren die Vorschriften allerdings weiter und bejahen einen Rückkehranspruch auch für Staatenlose sowie für Personen mit ständigem Wohnsitz in oder mit besonderer emotionaler Bindung zu dem betreffenden Land, sofern eine genügend enge Beziehung zwischen den betroffenen Personen und dem Herkunftsland (genuine link) existiert.27 Dieser Ausweitung widersprechen jedoch andere Autoren und halten an einer eng an das Kriterium der Staatsangehörigkeit orientierten Auslegung der Vorschriften fest.28

22

Tomuschat (1989), S. 190. Rosand (2000a), S. 237; 24 Benvenisti/Zamir, S. 325; Hannum (1987), S. 59–60; Lapidoth, S. 114; Jagerskiold, S. 1980. 25 Nowak, S. 288; Parmeswaran, S. 36–37; Rosand (2000a), S. 238; Quigley (1998b), S. 75–82; Lawand, S. 548–558; Tomuschat (1989), S. 191–192; Hofmann, S. 36; Heintze (2001), S. 97; wohl auch: Miller, Tina, S. 192. 26 Goodwin-Gill, S. 101. 27 Nowak, S. 287–289; Parmeswaran, S. 27–29; Köhler, S. 380–381; Tomuschat (1989), S. 192; Arzt/Zughaib, S. 1445. 28 Lapidoth, S. 114; Radley, S. 613; Higgins (1973), S. 350; Quigley (1998b), S. 88. Letzterer diskutiert allerdings gleichzeitig die staatliche Verpflichtung zur Gewährung der Staatsangehörigkeit für Flüchtlinge. 23

II. Das Recht auf Rückkehr

203

3. Rückkehrrecht und Selbstbestimmungsrecht Als dritte Rechtsquelle für das Recht auf Rückkehr wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker genannt.29 Im Gegensatz zu den rückkehrrechtlichen Bestimmungen des IPbpR und der AEMR ist das Selbstbestimmungsrecht ein kollektives Recht, welches sich vor allem auf die Prinzipienerklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen über freundliche Beziehungen zwischen Staaten (Friendly Relations Declaration)30 sowie die ersten Artikel des IPbpR und der IPwskR begründet.31 Dabei werden Rückkehrrecht und Selbstbestimmungsrecht jeweils für die Verwirklichung des anderen Rechts als Voraussetzung gesehen.32 Ein aus dem Selbstbestimmungsrecht abgeleitetes Rückkehrrecht gilt unproblematisch auch für Nichtstaatsangehörige, sofern sie Angehörige eines geflohenen oder vertriebenen Volkes sind, welches kulturell eine im weitesten Sinne homogene Struktur aufweist, ein abgrenzbares Territorium bewohnt (hat) und seine kulturelle Homogenität zu erhalten sucht.33 4. Einschlägige Resolutionspraxis der Vereinten Nationen Als vierte Rechtsquelle für das Recht auf Rückkehr wird seine gewohnheitsrechtliche Verankerung herangezogen.34 Es wird davon ausgegangen, dass eine Vielzahl von Resolutionen der Generalversammlung und des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen einschließlich der aufgrund solcher Resolutionen erfolgten Verwaltungspraxis der Vereinten Nationen und des UNHCR dem Recht auf Rückkehr allmählich völkergewohnheitsrechtliche Qualität hat zukommen lassen.35

29 Blumenwitz (1995), S. 50–52; Parmeswaran, S. 44–47; Tomuschat (1989), S. 194– 203; Kimminich, S. 169–184; Miller, Tina, S. 168–176. Allgemein zum Selbstbestimmungsrecht, siehe: Crawford (2001a), S. 7–68; Heintze (1993); Tomuschat (1993a); für weitere Literaturhinweise zum Selbstbestimmungsrecht, siehe: Kimminich, S. 173, FN 478. 30 UN Doc. A/Res/2625 (XXV), Declaration on Principles of International Law Concerning Friendly Relations and Co-operation among States in Accordance with the Charter of the United Nations, 24. Oktober 1970. 31 Artikel 1, Abs. 1, des ICbpR und des ICwskR lauten: „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung.“ 32 Zum Verhältnis zwischen den beiden Rechten: Lawand, S. 541–543. 33 Vgl. Doehring (1974), S. 7–56. 34 Vgl. Allain, S. 118; Parmeswaran, S. 30–35; Köhler, S. 387; Lawand, S. 544– 546; Henckaerts, S. 185. 35 Für eine Diskussion einschließlich eines rechtsdogmatischen Ansatzes über die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht durch die Resolutions- und Verwaltungspraxis der Vereinten Nationen (in Zusammenhang mit einem Menschenrecht auf Eigentum) wird auf die Schlussbemerkungen verwiesen.

204

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Dabei wird zum einen auf die in Kapitel C. III. diskutierte Resolution 194 (III) der Generalversammlung zum palästinensischen Flüchtlingsproblem verwiesen. Ob die Resolution selbst ein Recht auf Rückkehr stipuliert oder ursprünglich als unverbindliche Stellungnahme politisch-moralischer Natur und humanitärer Zielsetzung gedacht war, ist für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht nicht entscheidend.36 Eine Verhärtung des erwähnten Rückkehrrechts zu Völkergewohnheitsrecht wird vor allem aufgrund der jährlichen Bekräftigung von Resolution 194 (III) durch Folgeresolutionen der Generalversammlung angenommen.37 Ab 1969 erwähnen letztere in ihren Präambeln auch die sich aus der Satzung der Vereinten Nationen und der AEMR ergebenden unveräußerlichen Rechte der Palästinenser (inalienable rights) und betonen folglich den Anspruchscharakter u. a. des Rückkehrrechts.38 Die ILA hat in ihrer Erklärung

36 Die fehlende Anspruchsqualität der Resolution ist u. a. von den nachfolgenden Autoren argumentiert worden: Ziegler, S. 256–261; Lapidoth, S. 116; Radley, S. 601– 602. Andere Autoren interpretieren Resolution Nr. 194 (III) derart, dass sie ein gewohnheitsrechtlich begründetes Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge ausspricht: z. B. Parmeswaran mit Verweis auf die Entstehungsgeschichte der Resolution, S. 8–9, 21; Miller, Tina, S. 331–336. 37 Für eine umfassende Kommentierung und Analyse der nachfolgenden Resolutionen bzgl. des palästinensischen Rückkehr- bzw. Selbstbestimmungsrechts, siehe: Ziegler, S. 255–267: UN Doc. A/Res/394, 14. Dezember 1950, Präambel; UN Doc. A/Res/818 (IX), 4. Dezember 1954, Präambel, Para. 2; UN Doc. A/Res/916 (X), 3. Dezember 1955, Para. 4; UN Doc. A/Res/1018, 28. Februar 1957, Präambel; UN Doc. A/Res/1191, 12. Dezember 1957, Präambel; UN Doc. A/Res/2452 A (XXIII), 19. Dezember 1968, Präambel; UN Doc. A/Res/2535 B (XXIV), 10. Dezember 1969, Präambel, Para. 1; UN Doc. A/Res/2963 C (XXVII), 13. Dezember 1972, Präambel; UN Doc. A/Res/ 2963 D (XXVII), 13. Dezember 1972, Para. 1, 4; UN Doc. A/Res/3005 (XXVII), 15. Dezember 1972, Para. 2; UN Doc. A/Res/3089 C (XXVIII), 7. Dezember 1973, Para. 3; UN Doc. A/Res/3236 (XXIX), 22. November 1974, Paras. 1, 2; UN Doc. A/Res/ 3331 D (XXIX), 17. Dezember 1974, Para. 1; UN Doc. A/Res/3376 (XXX), 10. November 1975, Para. 2; UN Doc. A/Res/3419 C (XXX), 8. Dezember 1975, Para. 1; UN Doc. A/Res/33/28 A, 7. Dezember 1978, Para. 2; UN Doc. A/Res/33/112 F, 18. Dezember 1978, Para. 1; UN Doc. A/Res/33/113 C, 18. Dezember 1978, Para. 5; UN Doc. A/Res/34/52 E, 23. November 1979, Para. 1; UN Doc. A/Res/34/65 A, 29. November 1978, Para. 2; UN Doc. A/Res/35/13 E, 3. November 1980, Para. 1; UN Doc. A/Res/36/120 D, 10. Dezember 1981, Para. 1; UN Doc. A/Res/36/146 B, 16. Dezember 1981, Para. 1; UN Doc. A/Res/36/147 C, 16. Dezember 1981, Para. 7; UN Doc. A/Res/37/120 F, 16. Dezember 1982, Para 1; UN Doc. A/Res/38/83 G, 15. Dezember 1983, Para. 1; UN Doc. A/Res/40/161 D, 16. Dezember 1985, Para. 8; UN Doc. A/ Res/46/47 A, 9. Dezember 1991, Para. 7; UN Doc. A/Res/48/158, 20. Dezember 1993, Präambel. 38 Siehe vor allem Resolution 2535 B (XXIV) vom 10. Dezember 1969, deren Präambel die folgende Passage enthält: „Recognizing that the problem of the Palestine Arab refugees has arisen from the denial of their inalienable rights under the Charter of the United Nations and the Universal Declaration of Human Rights.“ Im operativen Teil wird diese Erklärung durch die Formulierung „Reaffirms the inalienable rights of the people of Palestine“ verstärkt und der Sicherheitsrat zur Sicherstellung der Umsetzung der entsprechenden Resolutionen aufgefordert. Paras. 1, 3. Das Rückkehrrecht

II. Das Recht auf Rückkehr

205

über die völkerrechtlichen Prinzipien hinsichtlich Massenvertreibungen die völkergewohnheitsrechtliche Verhärtung des Rückkehrrechts wie folgt ausgedrückt: „Principle 5 The reaffirmation by the General Assembly each year of resolution 194 (III), paragraph 11 of 11 December 1948, which identifies certain matters as governed by ,principles of international law . . . or equity‘, has over time imbued those matters with legal quality. This paragraph reads in part: The General Assembly, Resolves that the refugees wishing to return to their homes at peace with their neighbors should be permitted to do so at the earliest practicable date, and that compensation should be paid for the property of those choosing not to return and for the loss or damage to property which, under principles of international law or in equity, should be made good by the Governments or authorities responsible . . .“39

Angesichts der kontinuierlichen und ausdrücklichen Bekräftigung des palästinensischen Rückkehrrechts vermag die von einigen Autoren geäußerte Auffassung nicht zu überzeugen, dass die Generalversammlung von ihrer Forderung nach Verwirklichung eines Rechts auf Rückkehr mit einigen Folgeresolutionen seit 1951 abgerückt sei, in denen sie die arabischen Zufluchtsstaaten zur Aufnahme und Integrierung der palästinensischen Flüchtlinge aufforderte.40 Denn im Rahmen eines Gesamtfriedensabkommens ist es nicht undenkbar, dass ein Teil der Flüchtlinge von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch macht, während ein anderer Teil sich in arabischen Nachbarstaaten permanent niederlässt und integriert. Neben den das palästinensische Flüchtlingsproblem betreffenden Resolutionen wird eine gewohnheitsrechtliche Begründung des Rückkehrrechts aus einer Vielzahl weiterer Resolutionen der Generalversammlung und des Sicherheitsrats hergeleitet, die andere Sachverhalte betreffen. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, hat die Generalversammlung zusätzlich zu den Palästinensern das Rückkehrrecht von Flüchtlingen bzw. Vertriebenen aus Ungarn,41 Alselbst wird zum ersten Mal ausdrücklich in Resolution 3089 D (XXVIII) vom 7. Dezember 1973 genannt: „3. Declares that full respect for and realization of the inalienable rights of the people of Palestine, particularly its right to self-determination, are indispensable for the establishment of a just and lasting peace in the Middle East, and that the enjoyment by the Palestine Arab refugees of their right to return to their homes and property, recognized by the General Assembly in resolution 194 (III) of 11 December 1948 which has been repeatedly reaffirmed by the Assembly since that date, is indispensible for the achievement of a just settlement of the refugee problem and for the exercise by the people of Palestine of its right to self-determination.“ 39 ILA (1986), S. 15. 40 Z. B. Ziegler, S. 260–261; Benvenisti/Zamir, S. 326–329; Radley, S. 604. Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Problematik, siehe: Parameswaran, S. 13–16. 41 UN Doc. A/Res/1127 (XI), 21. November 1956, Para. 2; UN Doc. A/Res/1130 (XI), 4. Dezember 1956, Präambel.

206

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

gerien,42 Zypern,43 Kambodscha,44 Afghanistan,45 Kroatien46 und Ruanda47 bekräftigt und seine Verwirklichung eingefordert. Wie zuvor schon hinsichtlich Zyperns48 und Südafrikas (Namibia),49 hat sich nach Ende des Kalten Krieges auch der Sicherheitsrat der Thematik verstärkt angenommen und das Rückkehrrecht im Rahmen der Situation in Bosnien und Herzegowina,50 Kroatien,51 Afghanistan,52 Ruanda,53 Tadschikistan,54 Georgien (Abchasien),55 Kosovo56 und

42

UN Doc. A/Res/1672 (XVI), 18. Dezember 1961, Präambel, Para. (b). UN Doc. A/Res/3212 (XXIX), 1. November 1974, Para. 5; UN Doc. A/Res/34/ 30, 20. November 1979, Para. 7; UN Doc. A/Res/37/235, 13. Mai 1983, Para. 11. 44 UN Doc. A/Res/35/6, 22. Oktober 1980, Präambel; UN Doc. A/Res/36/5, 21. Oktober 1981, Präambel; UN Doc. A/Res/37/6, 28. Oktober 1982, Präambel; UN Doc. A/Res/38/3, 27. Oktober 1983, Präambel; UN Doc. A/Res/39/5, 30. Oktober 1984, 30. Oktober 1984, Präambel; UN Doc. A/Res/40/7, 5. November 1985, Präambel; UN Doc. A/Res/41/6, 21. Oktober 1986, Präambel; UN Doc. A/Res/42/3, 24. November 1987, Präambel; UN Doc. A/Res/43/19, 3. November 1988, Präambel; UN Doc. A/Res/44/22, 3. November 1988, Präambel. 45 UN Doc. A/Res/ES-6/2, 14. Januar 1980, Para. 5; UN Doc. A/Res/35/37, 20. November 1980; Para. 4; UN Doc. A/Res/46/23, 5. Dezember 1991; Paras. 7, 11; UN Doc. A/Res/53/165, 9. Dezember 1998, Para. 10. 46 UN Doc. A/Res/50/193, 22. Februar 1995, Präambel, Para. 12. 47 UN Doc. A/51/114, 12. Dezember 1996, Präambel, Para. 7, 14, 15. 48 UN Doc. S/Res/361, 30. August 1974. 49 UN Doc. S/Res/366, 17. Dezember 1974, Para. 5; UN Doc. S/Res/385, 30. Januar 1976, Para. 11. 50 UN Doc. S/Res/724, 15. Dezember 1991, Para. 8; UN Doc. S/Res/752, 15. Mai 1991, Paras. 6, 7; UN Doc. S/Res/787, 16. November 1992, Para. 2; UN Doc. S/Res/ 820, 17. April 1993, Präambel, Para. 7; UN Doc. S/Res/836, 4. Juni 1993, Präambel, Para. 6; UN Doc. S/Res/859, 24. August 1993, Para. 6; UN Doc. S/Res/900, 4. März 1994, Präambel; UN Doc. S/Res/959, 19. November 1994, Präambel; UN Doc. S/Res/ 1031, 15. Dezember 1995, Para. 8; UN Doc. S/Res/1034, 21. Dezember 1995, Para. 18; UN Doc. S/Res/1088, 12. Dezember 1996, Para. 4; UN Doc. S/Res/1174, 15. Juni 1998, Präambel, Para. 1. 51 UN Doc. S/Res/779, 6. Oktober 1992, Präambel, Para. 5; UN Doc. S/Res/981, 31. März 1995, Präambel; UN Doc. S/Res/1009, 10. August 1995, Para. 2; UN Doc. S/Res/1019, 9. November 1995, Para. 7; UN Doc. S/Res/1037, 15. Januar 1996, Para. 10, 11; UN Doc. S/Res/1079, 15. November 1996, Para. 4; UN Doc. S/Res/1120, 14. Juli 1997, Präambel, Para. 3; UN Doc. S/Res/1174, 15. Juni 1998, Präambel. 52 UN Doc. S/Res/1193, 28. August 1998, Präambel, Para. 11. 53 UN Doc. S/Res/997, 9. Juni 1995, Präambel; UN Doc. S/Res/1011, 16. August 1995, Präambel; UN Doc. S/Res/1029, 12. Dezember 1995, Präambel, Para. 2; UN Doc. S/Res/1050, 8. März 1995, Präambel. 54 UN Doc. S/Res/999, 16. Juni 1995, Paras. 8, 13; UN Doc. S/Res/1030, 14. Dezember 1995, Para. 14. 55 UN Doc. S/Res/876, 19. Oktober 1993; UN Doc. S/Res/896, 31. Januar 1994, Para. 11; UN Doc. S/Res/937, 21. Juli 1994, Präambel, Para. 3, 9; UN Doc. S/Res/ 971, 12. Januar 1995, Präambel, Para. 5; UN Doc. S/Res/1036, 12. Januar 1996, Präambel, Para. 5, 8; UN Doc. S/Res/1065, 12. Juli 1996, Para. 6; UN Doc. S/Res/1096, 30. Januar 1997, Paras. 8, 11, 12; UN Doc. S/Res/1124, 31. Juli 1997, Para. 11; UN Doc. S/Res/1150, 30. Januar 1998, Para. 7; UN Doc. S/Res/1187, 30. Juli 1998, Para. 3. 43

II. Das Recht auf Rückkehr

207

Ost-Timor57 proklamiert und eingefordert. In den 1990er Jahren, ist die Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen darüber hinaus in zahlreichen Friedensabkommen in Kambodscha, Mozambique, Ruanda, Guatemala, Bosnien und Herzegowina und zwischen Äthiopien und Eritrea geregelt worden.58 Weiterhin ist das Recht durch zahlreiche Repatriierungabkommen zwischen dem Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Herkunfts- und dem Aufnahmestaat (tripartite agreements) oder bilateral zwischen dem UNHCR und dem Herkunftsstaat von Flüchtlingen geschützt und umgesetzt worden.59 Schließlich haben sich verschiedene regionale Konferenzen auf Aktionspläne u. a. zur Umsetzung von Rückkehrrechten geeinigt.60 Selbst wenn das Recht in zentralen internationalen Friedensprozessen, wie in Kapitel C. geschildert, aber auch z. B. in Zypern, bis dato nicht implementiert oder adäquat adressiert worden ist, lassen doch alle diese Instanzen auf eine nach Ende des Kalten Krieges bestehende internationale Anerkennung des Rechts auf Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen schließen.61

56 UN Doc. S/Res/1199, 23. September 1998, Präambel, Paras. 4, 5; UN Doc. S/ Res/1244, 10. Juni 1999, Präambel, Paras. 9, 11, 13. 57 UN Doc. S/Res/1264, 15. September 1999, Präambel, Para. 8. 58 Pariser Friedenskonferenz zur Lösung des Konfliktes in Kambodscha (Agreement on a Comprehensive Political Settlement of the Cambodia Conflict, Paris Agreement), 23. Oktober 1991; Drittes Zusatzprotokoll zum Friedensvertrag in Mozambique (Protocol III of the 1992 Comprehensive Peace Agreement in Mozambique, General Peace Agreement for Mozambique), 4. Oktober 1992; Friedensvertrag von Arusha (Arusha Peace Agreement), Ruanda, 4. August 1993; Übereinkommen zur Umsiedlung der aufgrund des bewaffneten Konflikt entwurzelten Bevölkerung (Agreement on Resettlement of the Population Groups Uprooted by the Armed Conflict), Guatemala, UN Doc. A/48/954-S/1994/751, 17. Juni 1994; Friedensabkommen von Guatemala (Agreement on the Identity and Rights of Indigenous Peoples, Guatemala Peace Accords), UN Doc. A/49/882-S/1995/256, 31. März 1995; Annex 7 des Rahmenübereinkommens für Frieden in Bosnien und Herzegowina (General Framework Agreement for Peace in Bosnia and Herzegovina, Annex 7 Agreement on Refugees and Displaced Persons), 14. Dezember 1995; Übereinkommen zwischen Äthiopien und Eritrea (Agreement between the Government of the Federal Republic of Ethiopia and the Government of the State of Eritrea), 12. Dezember 2000. Die relevanten Passagen sind abgedruckt in: Leckie (2003), S. 15–19. 59 Zu dieser Praxis siehe: Ibid., S. 13–14; Achermann, S. 271–274; Quigley (1998b), S. 86. 60 Internationale Konferenz über Flüchtlingshilfe in Afrika (International Conference on Assistance to Refugees in Africa), April 1981 und Juni 1984, Declaration and Programme of the 2. ICARA, UN Doc. A/39/402, Annex G, 22. August 1984; Internationale Konferenz über mittelamerikanische Flüchtlinge (International Conference on Central American Refugees), Mai 1989, Declaration and Concerted Plan of Action in Favour of Central American Refugees, Returnees and Displaced Persons, UN Doc. A/44/527, Annex I, 3. Oktober 1989; Internationale Konferenz über indochinesische Flüchtlinge (International Conference on Indo-Chinese Refugees), Juni 1989, Declaration and Comprehensive Plan of Action, 14. Juni 1989, abgedruckt in: International Journal of Refugee Law, Jg. 5, 1993, S. 617–624. Siehe dazu: Achermann, S. 64–69.

208

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

5. Umfang des Rückkehrrechts Allerdings sind der exakte Umfang und die Bedingungen für die Umsetzung des Rückkehrrechts noch unklar.62 In der Literatur wird allgemein anerkannt, dass das Recht keinen absoluten Bestandsschutz genießt und in bestimmten Situationen nicht verwirklicht werden kann. Als Hauptgründe für die Nichtgewährung des Rückkehrrechts werden ernsthafte Sicherheitsbedenken sowie die Neuansiedlung auf dem Gebiet der geflohenen oder vertriebenen Bevölkerung genannt.63 Zwar gilt auch in diesem Zusammenhang der Grundsatz ex iniuria ius non oritur, trotzdem wird diskutiert, inwieweit er nach Ablauf größerer Zeitspannen aufweicht und ob Rückkehrrechte einer Verjährung unterliegen.64 Eine diesbezüglich einheitliche Auffassung hat sich bislang weder in Forschung noch Praxis herausgebildet, kann im Rahmen dieser Arbeit über Eigentumsrechte aber auch dahingestellt bleiben. Weitgehende Einigkeit scheint aber dahingehend zu bestehen, dass sich ein Staat nicht auf Verjährung berufen kann, wenn er zuvor die Rückkehr aufgrund willkürlicher oder diskriminierender Praktiken langfristig verhindert hat.65 Weiterhin wird davon ausgegangen, dass im Fall der Unmöglichkeit einer Gewährung des Rückkehrrechts Entschädigung verlangt werden kann.66 Den Grundsätzen über die Staatenverantwortlichkeit entsprechend konnten Rückkehr- und Eigentumsrechte lange Zeit lediglich zwischenstaatlich geltend gemacht werden.67 Hinsichtlich direkter Ansprüche der Betroffenen gegen den Verursacherstaat stellte der Sonderberichterstatter Al-Khasawneh in diesem Sinne 1994 noch fest, dass „in spite of many general writings on the position of the individual in international law, to date the issue of the entitlement of individuals to such remedies in international law has not been sufficiently clari-

61 Rosand (1998), S. 1117–1121. In einem späteren Aufsatz betont Rosand allerdings die häufig fehlende Implementierung des Rückkehrrechts: Rosand (2000a), S. 238–239. 62 Lawand, S. 544. 63 Ziegler, S. 305–307; Köhler, S. 411–413; Quigley (1998b), S. 112–120; Parameswaran, S. 38–41. 64 Vgl. Lawand, S. 555–557; Ziegler, S. 303–304; Köhler, S. 408–411. Siehe auch: Progress Report, siehe FN 9, Para. 96. 65 Lawand, S. 554; Ziegler, S. 304. Ähnlich auch: Allain, S. 118. Eine andere Ansicht scheinen Benvenisti und Zamir zu vertreten, die behaupten, dass Vertrauensschutz auch hinsichtlich solcher Eigentumsrechte bestehen kann, denen ein Völkerrechtsbruch zugrunde liegt, wenn das örtlich anwendbare Recht eine entsprechende Bestandserwartung geschaffen hat. Vgl. Benvenisti/Zamir, S. 329. 66 Ziegler, S. 306–307; Köhler, S. 374–376; Parameswaran, S. 59; Henckaerts, S. 187; allgemein zum Recht auf Entschädigung für Flüchtlinge: Lee, Luke T., S. 532– 567; Rosand (2000b), S. 147–158, der die fehlende Implementierung des Entschädigungsrechts heraushebt. 67 Vgl. Ziegler, S. 692–695; Köhler, S. 376–378.

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

209

fied.“68 Wie in Kapitel A. I. in Zusammenhang mit dem Haager Schiedsgericht und der UNCC sowie nachstehend anhand der internationalen Restitutionsprogramme in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo aufgezeigt, besteht mittlerweile jedoch eine Tendenz in der völkerrechtlichen Praxis zur individuellen Geltendmachung von Rückkehr- und Eigentumsansprüchen. Diese Entwicklung deutet daraufhin, dass das Rückkehrrecht heute nicht mehr lediglich als höchstpolitisches Kollektivrecht dahingehend verstanden wird, die Rückkehr in die angestammte Heimat bzw. das ursprüngliche Herkunftsland zu ermöglichen. Vielmehr beinhaltet das Recht auch einen individualrechtlichen Aspekt, der auf Rückkehr in die ursprüngliche Wohnstätte gerichtet ist.69 Insofern kann das Eigentumsrecht am eigenen Haus oder der eigenen Wohnung als eigenständiges Teilrecht des allgemeinen Rechts auf Rückkehr für Flüchtlinge und Vertriebene angesehen werden, welches, wie die Restitutionspraxis in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo zeigt, auch von dem allgemeinen Rückkehrrecht abgetrennt werden kann und im Kontext der Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr eine eigenständige Bedeutung erlangt.70 Dabei wird die Eigentumsrestitution zum einen als notwendiges Mittel zur Schaffung der Bedingungen für eine freiwillige Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr und zum anderen als Wiedergutmachung für vorangegangenes Vertreibungsunrecht gerechtfertigt.71

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina 1. Die bosnische Flüchtlingskatastrophe und das Daytoner Friedensabkommen Nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Bosnien und Herzegowina von der Bundesrepublik Jugoslawien am 6. März 1992 folgten fast vier Jahre Krieg einschließlich massiver „ethnische Säuberungen“, die in unterschiedlicher Intensität alle der vorrangigen bosnischen Volksgruppen, d. h. der Bosniaken, Kroaten und Serben, als Täter und Opfer betrafen. Vertreibungen, die Zerstörung von Häusern, sowie unfreiwilliger Bevölkerungsaustausch und Zwangsverkäufe von Eigentum hatten eine multi-ethnische Gesellschaft in ein geteiltes Land verwandelt, in dem jede Volksgruppe in eigenen abgetrennten Bereichen lebte. Am Ende des Krieges im Dezember 1995 existierten ca. 1,3 Millionen

68

Progress Report, siehe FN 9, S. 88. Williams, S. 453–454; Garlick, S. 68. Anders z. B. de Zayas, der nur vom Recht zur Rückkehr ins Heimatland, nicht zur individuellen Wohnstätte spricht: de Zayas (1990–1991), S. 34–35. 70 Vgl. Williams, S. 461; Philpott (2006), S. 75; Achermann, S. 277. 71 Williams, S. 451–452. 69

210

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Flüchtlinge und fast ebenso viele Vertriebene innerhalb des Landes bei einer Gesamtvorkriegsbevölkerung von über 4,3 Millionen.72 Das Friedensabkommen von Dayton baute auf diese ethnische Trennung und schuf zwei voneinander weitgehend unabhängige Entitäten, die die meisten legislativen und exekutiven Befugnisse innerhalb der Republik Bosnien und Herzegowina selbständig ausüben: die hauptsächlich von Bosniaken und Kroaten bewohnte Föderation von Bosnien und Herzegowina, sowie eine serbisch dominierte Republik, Republika Srpska. Angesichts der Tatsache, dass eine große Menge des vorhandenen Wohnbestands im Krieg zerstört worden war und sich ethnische Spannungen häufig in Gewalt entluden, hatten die örtlichen Verwaltungen kaum Interesse, Häuser oder Wohnungen, die während oder nach dem Krieg durch Angehörige der vorherrschenden Mehrheitsvolksgruppe bezogen oder besetzt worden waren, zu Gunsten von zurückkehrenden Eigentümern, die in der jeweiligen Gegend zur Minderheit gehörten, räumen zu lassen. Diese Situation wurde durch das große Ausmaß an Entwurzelung und Mehrfachinbesitznahme, ein disfunktionales Kataster- und Grundbuchsystem und durch eine große Parteilichkeit der Gerichtsbarkeit hinsichtlich der Volkszugehörigkeit der Streitparteien erschwert.73 2. Die Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen a) Mandat und Funktionsweise Die internationale Gemeinschaft begegnete dem Flüchtlingsproblem während der Daytoner Friedensverhandlungen, indem sie eine eigenständige Übereinkunft über Flüchtlinge und Vertriebene (Agreement on Refugees and Displaced Persons) in die Friedensverhandlungen einführte.74 Die Übereinkunft stipulierte das Rückkehrrecht sowie den dazugehörigen Eigentumsschutz in Artikel I, Abs. 1, wie folgt: „All refugees and displaced persons have the right freely to return to their homes of origin. They shall have the right to have restored to them property of which they were deprived in the course of the hostilities since 1991 and to be compensated for any property that cannot be restored to them. . . .“75

Am 14. Dezember 1995 wurde die Übereinkunft als Annex 7 des Daytoner Friedensabkommens von der Republik Bosnien und Herzegowina, sowie den 72

Hastings, S. 222. Garlick, S. 66–67. 74 Zu diesem Prozess: Szasz, S. 301–316. 75 Artikel I.1 des Annexes 7 zum Daytoner Friedensabkommen (Agreement on Refugees and Displaced Persons) vom 14. Dezember 1995. Abgedruckt unter: http:// www.ohr.int/dpa/default.asp?content_id=375. 73

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

211

beiden Entitäten unterzeichnet. Die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland, die Russische Föderation sowie der Verhandlungsführer der Europäischen Union bezeugten diese Zeremonie und verpflichteten sich zur Überwachung seiner Implementierung.76 Die Übereinkunft beinhaltete auch die Errichtung einer Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen (Commission for Real Property Claims of Refugees and Displaced Persons – CRPC),77 die als international überwachter administrativer Streitbeilegungskörper Klagen auf Restitution oder Entschädigung für Grundbesitz entscheiden sollte, der während oder nach dem Krieg verloren gegangen war.78 Hinsichtlich ihrer Rechtsnatur handelt es sich bei der CRPC um eine öffentliche internationale Institution, die durch eine internationale Rechtsquelle als „denationalisierte“ Institution dazu ermächtigt wurde, (quasi-)gerichtliche Aufgaben für Privatpersonen auszuüben, die sonst von nationalen Gerichten durchgeführt werden.79 Das Mandat der CRPC lautete gemäß Artikel XI des Annexes 7 wie folgt: „Article XI The Commission shall receive and decide any claims for real property in Bosnia and Herzegovina, where the property has not voluntarily been sold or otherwise transferred since April 1, 1992, and where the claimant does not now enjoy possession of that property. Claims may be for return of the property or for just compensation in lieu of return.“80

Obwohl nach Artikel I, Abs. 1, des Annexes 7 Entschädigung nur für solches Eigentum gezahlt werden sollte, welches nicht zurückgegeben werden konnte, lässt der Wortlaut des Artikel XI („in lieu of“) darauf schließen, dass den Antragstellern die gleichberechtigte Wahl zwischen Rückgabe und Entschädigung zukommen sollte. Während das Restitutionsrecht dazu intendiert war, eine multiethnische Gesellschaft (wieder) aufzubauen bzw. die Rückkehr von Minderheiten zu fördern, zielte die Option der Entschädigung lediglich darauf ab, massive Menschenrechtsverletzungen wiedergutzumachen. Bis zu einem gewissen Grad unterminierte die Entschädigungsoption die primäre Zielsetzung des Annex 7 in Form der Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr in ihre Vorkriegswohnstätten, da sie notwendiges Startkapital für eine Neuansiedlung in Gebieten lieferte, wo die betreffenden Personen zur Mehrheitsbevölkerung gehörten.81 76 Hinsichtlich der Rechtsnatur des Daytoner Friedensabkommens, siehe: Gaeta, S. 147–163. 77 In Annex 7 wird die Kommission als Commission for Displaced Persons and Refugees bezeichnet. Ihr Name ist kurze Zeit später in Commission for Real Property Claims of Refugees and Displaced Persons umbenannt worden. 78 Zur Rechtsnatur als administrativer Streitbeilegungskörper im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit, siehe: Das, S. 436. 79 van Houtte (1998), S. 552. 80 Siehe FN 75.

212

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Der in diesem Kontext verwandte Eigentumsbegriff war weit gefasst. Er umfasste sowohl Wohnraum als auch landwirtschaftlich oder sonst kommerziell genutztes Privateigentum. Darüber hinaus beinhaltete er eigentumsähnlichen Besitzrechte an in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungen (socially owned apartments). Die Konstruktion des Gemeinschaftseigentums in Jugoslawien war in der sozialistischen Staatenwelt eine rechtliche Besonderheit, insofern als die Wohnungsinhaber sehr weit reichende Rechte im Sinne eines „Quasi-Eigentums“ besaßen.82 Während die Wohnung formalrechtlich im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaft blieb, konnte der Rechtsinhaber, dem die Wohnung aufgrund seines Arbeitsverhältnisses in einem in Staats- oder Gemeinschaftseigentum betriebenen Unternehmen auf unbestimmte Zeit zugeteilt worden war, die Wohnung vermieten, verändern, tauschen und an Verwandte vererben. Zusätzlich zu einem Teil der Betriebskosten musste er, einem Eigentümer unähnlich, eine geringe Miete an Wohnungsgesellschaft bezahlen. Dass Besitzrechte an in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungen als Eigentumsrecht (im Sinne des Zusatzprotokolls zur EMRK) zu sehen sind, haben die durch das Daytoner Friedensabkommen eingerichteten Ombudsperson und Menschenrechtskammer (Human Rights Chamber) in vielen Entscheidungen bestätigt.83 Begrifflicher Klarheit wegen werden im Folgenden diese Besitzrechte auch als Eigentumsrechte bezeichnet. Die CRPC bestand aus neun Mitgliedern, von welchen vier von der Föderation, zwei von der serbischen Teilrepublik und die verbleibenden drei als internationale Mitglieder vom Präsidenten des EGMR ernannt wurden. Der Vorsitzende gehörte den internationalen Mitgliedern an.84

81

Rosand (2000b), S. 130–131; Cox (1998), S. 612. Popovic, S. 148; van Houtte (2000), S. 36. 83 Für einen umfassenden Überblick über die Zuständigkeit und eigentumsrechtliche Spruchpraxis der Ombudsperson und der Menschenrechtskammer, siehe: Englbrecht, S. 83–142. Hinsichtlich der Qualität als Eigentumsrecht von Besitzrechten an in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungen, siehe insbesondere: Ombudsperson for Bosnia and Herzegovina, Fall Ivica Kevesˇevic gegen Föderation von Bosnien und Herzegowina, III E(64), 19. März 1997, http://www.ohro.ba/1997/0319-0212.e.htm; Human Rights Chamber for Bosnia and Herzgovina, Fall M. J. gegen Republika Srpska, Nr. CH/96/28, 7. November 1997 und Fall Medan et al. gegen Föderation von Bosnien und Herzegowina, Nr. CH/96/3, 8&9, 3. November 1997, International Human Rights Reports, Jg. 6, 1999, S. 567–568, 596–597. Im Gegensatz zur Ombudsperson und der Menschenrechtskammer hat der EGMR hinsichtlich in Gemeinschaftseigentum stehender Wohnungen größere Zurückhaltung bewahrt. In dem Fall Blecˇic´ gegen Kroatien hat der Gerichtshof die Frage, ob ein entsprechendes Besitzrecht materiell von der Eigentumsschutzgarantie des Zusatzprotokolls der EMRK umfasst wird, offengelassen. Urteil vom 8. März 2006, § 73, erhältlich unter: http://www.echr.coe.int Gegen eine Einstufung von entsprechenden Besitzrechten als Eigentum argumentiert: McBride (2000), S. 4. 84 Annex 7, Artikel XI.1. 82

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

213

Die Entscheidungsbefugnisse der CRPC waren weit reichend und das Verfahren nach Effizienzgesichtspunkten gestaltet. So besaß sie die Kompetenz, „any illegal property transaction, including any transfer that was made under duress, in exchange for exit permission or documents, or that was otherwise in connection with ethnic cleansing“ für nichtig zu erklären.85 Ungeachtet dieser Möglichkeit, in Zusammenhang mit ethnischen Säuberungen stehende Eigentumsgeschäfte für ungültig zu betrachten, war die CRPC generell dazu verpflichtet, ihre Entscheidungsfindung im Prinzip auf nationales bzw. das örtlich anwendbare Recht, wie zu Beginn des Krieges galt, zu stützen.86 Nachfolgende Kriegsund Nachkriegsgesetzgebung sollte beachtet werden, soweit sie nicht gegen Annex 7 und internationale Menschenrechtsstandards verstieß. Die CRPC machte von ihrer Befugnis, nationale Gesetzgebung über kriegsbedingte Eigentumsübertragungen für nichtig zu betrachten, derart Gebrauch, dass sie mit Hilfe einer Beweislastumkehr von der Ungültigkeit einer Eigentumsübertragung während Kriegszeiten ausging, ohne die Kausalität zwischen ethnischer Säuberung und der Eigentumsübertragung im Einzelfall nachzuweisen.87 CRPC-Entscheidungen sind für die Parteien bindend und unanfechtbar und setzen widersprechende Entscheidungen örtlicher Gerichte oder Verwaltungen außer Kraft.88 Eine Wiederaufnahmemöglichkeit des Verfahrens besteht in Ausnahmefällen, wenn neue Beweismittel verfügbar wurden, die die ursprüngliche CRPC-Entscheidung in ihrer Substanz hätte anders ausfallen können. Antragstellung, Beweissammlung und -prüfung sowie die Entscheidungsfindung der CRPC waren in zwei Verfahrensordnungen (Books of Regulations) niedergelegt.89 Zu Beginn ihrer Arbeit wurde allgemein davon ausgegangen, dass die CRPC mit ca. 60.000 bis 100.000 Anträgen zu rechnen habe, deren Hauptteil innerhalb einer Zeitspanne von 5 Jahren beizulegen sei. Um diese Antragsflut bewältigen zu können, wurde das Verfahren als Massenstreitbei85

Annex 7, Artikel XII.3. Vgl. Annex 7, Artikel XV. 87 van Houtte (2000), S. 35–36. Diese Regelung wurde später abgemildert, in dem Streitparteien erlaubt wurde, die freiwillige Eigentumsübertragung nachträglich schriftlich bestätigen zu lassen. Philpott (2006), S. 53. 88 Artikel XII.7 des Annex 7 lautet: „Commission decisions shall be final, and any title, deed, mortgage, or other legal instrument created or awarded by the Commission shall be recognized as lawful throughout Bosnia and Herzegovina.“ 89 Verfahrensordnung hinsichtlich der Bestätigung von Besitzrechten von Vertriebenen und Flüchtlingen (Book of Regulations on Confirmation of Occupancy Rights of Displaced Persons and Refugees), 8. Oktober 2002; Verfahrensordnung für die Beilegung von Eigentumsrestitutionsforderungen von Vertriebenen und Flüchtlingen (Book of Regulations on the Conditions and Decision Making Procedure for Claims for Return of Real Property of Displaced Persons and Refugees), 8. Oktober 2002. Erhältlich unter: http://www.law.kuleuven.ac.be/ipr/eng/CRPC_Bosnia/CRPC/new/en/html/ laws/lawsbookofregulations.htm 86

214

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

legungsverfahren mit besonderer Betonung einer genauen Antragsregistrierung und effizienten digitalen Datenverarbeitung durchgeführt. Um sicherzustellen, dass alle potentiellen Antragsteller trotz der andauernden sicherheitsbedingten Einschränkungen der Reisefreiheit inner- oder außerhalb Bosnien und Herzegowinas an dem Verfahren teilnehmen konnten, richtete die CRPC Niederlassungen im ganzen Land verteilt sowie in einigen ausländischen Städten mit besonders hoher Zahl bosnischer Flüchtlinge ein. Während der Antragstellung bzw. -registrierung wurden Antragsteller ausführlich durch einen CRPC-Mitarbeiter interviewt.90 In späteren Verfahrensstufen wurde dann aus Effizienzgesichtspunkten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Die CRPC entschied weitgehend auf Grundlage des während des Interviews ausgefüllten detaillierten und standardisierten Antragsformulars sowie der vorgelegten schriftlichen Beweismittel, die unverzüglich nach Erhalt in die elektronische Datenbank eingegeben wurden.91 Falls Antragsteller keine urkundlichen Beweismittel vorlegen konnten, was durch vielerlei Dokumentenzerstörung während des Krieges sowie ein veraltertes Kataster- und Grundbuchsystem keine Seltenheit war, mussten alle sonst vorhandenen Informationen über die zurückgeforderte Wohnung oder das Grundstück vorgelegt werden, anhand derer CRPC-Mitarbeiter den geltend gemachten Anspruch durch Inaugenscheinnahme der Wohnung bzw. des Grundstücks und durch Aufsuchen des einschlägigen Katasteramts nachprüfen konnten.92 Ein Juristenteam am CRPC-Sitz in Sarajevo überprüfte die Ansprüche und bereitete sie zur Entscheidung durch die eigentliche Kommission vor, wobei zumindest anfänglich Restitutionsansprüchen Vorrang eingeräumt wurde. Trotz der Möglichkeit zur Bildung von Kammern, entschied die CRPC zumeist in ihrer Gesamtheit und versuchte bei ihren Entscheidungen Konsens herzustellen, entschied zum Teil aber auch einfacher Mehrheit.93 Die Vollstreckung der CRPC-Entscheidungen fiel in die Verantwortlichkeit der beiden bosnischen Entitäten, die gemäß Artikel VIII des Annexes 7 zur Zusammenarbeit mit der CRPC einschließlich der Anerkennung und Vollstreckung verpflichtet waren, was, wie unten noch näher beschrieben, zur Hauptschwierigkeit der Arbeit der CRPC wurde.94

90

Für detailliertere Information über den praktischen Ablauf, siehe: Garlick, S. 73–

74. 91

Vgl. Cox/Garlick, S. 73. Zur Beweiswürdigung durch die CRPC, siehe: Das, S. 438–439. 93 van Houtte (1998), S. 557. 94 Artikel VIII des Annex 7 lautet: „Cooperation The Parties shall cooperate with the work of the Commission, and shall respect and implement its decisions expeditiously and in good faith, in cooperation with relevant international and nongovernmental organizations having responsibility for the return and reintegration of refugees and displaced persons.“ 92

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

215

Nach Kriegsende war die CRPC der einzige vorhandene institutionelle Mechanismus, mit dessen Hilfe Flüchtlinge und Vertriebene ihre Eigentumsrechte geltend machen konnten. 1998 verabschiedeten die Entitäten jedoch neue Gesetzgebung, die alternative Methoden zur Feststellung von Eigentumsrechten einführte. Für Ansprüche auf Rückübertragung von Privateigentum mussten Kläger nicht erst alle örtlichen Rechtsmittel ausschöpfen, bevor die CRPC zuständig war. Die Antragstellung bei der CRPC hatte zur Folge, dass ein vom selben Antragsteller initiiertes Verfahren nach der örtlichen Prozedur hinsichtlich derselben Wohnung bzw. desselben Grundstücks ausgesetzt wurde. Für die Bestätigung von Besitzrechten an in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungen mussten Antragsteller im Prinzip erst den örtlichen Rechtsweg ausschöpfen, bevor sie einen Restitutions- oder Entschädigungsantrag bei der CRPC als zweite Instanz einreichen konnten.95 Die fehlende Koordination zwischen den Institutionen führte in der Praxis allerdings zu einer gravierenden Doppelarbeit.96 Mit der Ernennung der neun Kommissionsmitglieder und eines (internationalen) Geschäftsführers nahm die CRPC im März 1996 ihre Arbeit auf. Trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen im bosnischen Nachkriegsgebiet und einem anfänglich sehr knappen Budget, gelang es der CRPC innerhalb von zehn Monaten, vier Niederlassungen aufzubauen und mit der Antragsregistrierung zu beginnen. Nach 18 Monaten waren bereits sechs Büros funktionsfähig und über 40.000 Klagen gesammelt. Nachdem die Antragsregistrierung und Entscheidungsvorbereitung optimiert und Präzedenzfälle hinsichtlich der Beweiswürdigung und Auslegung bestimmter nationaler Rechtsvorschriften geschaffen waren, hatte die CRPC im Dezember 1997 eine beachtliche Schnelligkeit in ihrer Entscheidungsfindung erreicht. Als die CRPC Ende 2002 keine Anträge mehr annahm, waren über 240.000 Anträge zu fast 320.000 Wohnungen bzw. Grundstücken eingereicht und ca. 245.000 Entscheidungen mit einer Rate von 5.000 bis 7.000 Entscheidung pro Kommissionssitzung verkündet. Zu Mandatsende am 31. Dezember 2003 war die Zahl der CRPC-Entscheidungen auf fast 312.000 angestiegen.97 Auf Basis eines Überleitungsvertrages mit den Parteien zu Annex 7 wurde vereinbart, dass die verbleibenden Anträge von den zuständigen örtlichen Behörden mitentschieden werden sollten. 95 UNHCR, Trainingsmaterial, „Property and Housing Issues in the Context of Chapter 2 of Annex 7“, 1998, S. 7. 96 Für eine kritische Analyse der Rolle der CRPC nach Einrichtung der örtlichen Restitutionsverfahren, siehe: Philpott (2005), S. 16–17. Philpott argumentiert, dass die CRPC nach Beginn der Implementierung nach örtlichem Verfahren keine Bedeutung mehr besessen habe. Statt sich als zweite Instanz für schwierige Fälle eine Nische zu profilieren, habe die CRPC mit ihrem Massenstreitbeilegungsverfahren zur Doppelbescheidung tausender Fälle geführt und im Friedensprozess anderweitig einsetzbare Ressourcen unnötiger Weise verbraucht. Siehe auch Williams, S. 507–508. 97 CRPC, „End of Mandate Report“, 1996–2003.

216

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

b) Schwierigkeiten bei der Vollstreckung der CRPC-Entscheidungen Die Vollstreckung der Entscheidungen der CRPC wurde in beiden bosnischen Entitäten durch Kriegsgesetzgebung über den Gebrauch von verlassenem Eigentum verhindert.98 In der Föderation konnten die Gemeinden Privateigentum für verlassen erklären und seine vorübergehende Nutzung an dritte Personen genehmigen.99 Die Gemeinden sollten die vorübergehende Nutzung beenden, wenn die eigentlichen Eigentümer ihre Rückkehrintention bekannt gegeben hatten. In Wirklichkeit wurden die betroffenen Wohnungen oder Häuser jedoch nicht geräumt, wenn der Eigentümer zu einer Volksgruppe gehörte, die in der jeweiligen Gegend in der Minderheit war. Hinsichtlich in Gemeinschaftseigentum stehender Wohnungen war die Situation noch schlechter, da die Föderation Ende 1995 ein Gesetz verabschiedet hatte, nach welchem eine Wohnung als dauerhaft verlassen anzusehen sei, wenn der Rechtsinhaber die Wohnung nicht innerhalb von sieben Tagen, falls er Flüchtling war innerhalb von 15 Tagen, nach Kriegsende wieder in Besitz nahm.100 Natürlich hatte die große Mehrheit der Flüchtlinge und Vertriebenen entweder von dieser Regelung keine Kenntnis erlangt oder schaffte es nicht, innerhalb der vorgesehenen Frist zurückzukehren, was dazu führte, dass die jeweiligen Personen ihre Besitzrechte verloren. In der serbischen Teilrepublik war 1996 ähnliche Gesetzgebung mit dem Zusatz verabschiedet worden, dass die Eigentümer oder Rechtsinhaber ihr Haus oder ihre Wohnung nicht wieder in Besitz nehmen durften, wenn der vorübergehende Nutzer nicht in sein Ursprungshaus oder -wohnung zurückgezogen oder für den Verlust eine gerechte Entschädigung erhalten hatte.101 Diese Bestimmung führte de facto zu einer unbegrenzten Suspendierung von Eigentumsrechten von Flüchtlingen und Vertriebenen, da Serben im Allgemeinen nicht in ihre Vorkriegswohnstätten zurückziehen wollten, wenn diese in der Föderation lagen, und da keine Entschädigungen gezahlt wurden. Vordergründiges Ziel dieser Gesetzgebung war es, der großen Wohnungsnot durch Wohnraumverteilung an Bedürftige effektiv zu begegnen und gleichzeitig die Eigentumsrechte der Flüchtlinge und Vertriebenen den Umständen angemessen zu wahren. In der Realität hatten die Gesetze jedoch zur Folge, das Ergeb98 Für eine Kommentierung der jeweiligen Gesetzgebung, siehe: Popovic, S. 145– 154. Für einen umfassenden Überblick über örtliche Obstruktionstaktiken und die internationalen Vollstreckungsbemühungen, siehe: Hastings, S. 226–249; Shapiro, S. 560–573. 99 Gesetz über verlassenes Privateigentum (Law on Abandoned Real Property Owned by Citizens), Gesetzesblatt von Bosnien und Herzegowina, Nr. 11/93, § 231. 100 Gesetz über verlassene Wohnungen (Law on Abandoned Apartments), Gesetzesblatt von Bosnien und Herzegowina, Nr. 6/92, 8/92, 13/94, 36/94, 9/95, 33/95), § 10. 101 Gesetz über die Nutzung von verlassenem Wohnraum in der serbischen Teilrepublik (Law on the Use of Abandoned Property of the Republika Srpska), Gesetzesblatt von Bosnien und Herzegowina, Nr. 3/96, § 47.

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

217

nis der ethnischen Säuberungen entgegen dem Sinn und Zweck von Annex 7 zu legitimieren und den Fortzug von Minderheitengruppen zu beschleunigen.102 Die Gesetzgebung ermöglichte es darüber hinaus den Gemeindeverwaltungen, nicht nur Obdachlose mit einer Behausung zu versehen, sondern freie Wohnungen auch zum Zweck der politischen Patronage zu benutzen. Die nationalistischen Behörden in beiden Entitäten konnten Personen mit bestimmten politischen oder familiären Bindungen belohnen, um deren Loyalität auf Grundlage von persönlicher Bereicherung zu erlangen.103 Diese Politik machte es nicht nur für Minderheiten angehörende Flüchtlinge oder Vertriebene unmöglich, in ihre Wohnstätten zurückzukehren, sondern vergrößerte auch die vorherrschende Wohnungsknappheit, da viele Personen oder Familien zusätzlich zu ihrer eigenen Wohnung bzw. Haus zusätzlichen Wohnraum nutzten (multiple occupancy). Das OHR, die CRPC und die anderen am Friedensprozess beteiligten internationalen Organisationen104 übten Druck auf die Entitäten aus, diese Gesetzgebung zu verbessern und Verfahren zur Wiedererlangung des Wohn- und Grundbesitzes einzurichten. Als sich allmählich herausstellte, dass die Entitäten ihren entsprechenden Zusicherungen alleine nicht nachkommen würden, unterbreitete das OHR im Frühjahr 1997 den lokalen Parteien neue Gesetzesentwürfe, auf deren Grundlage die Entitäten legislativ tätig werden sollten. Diese Entwürfe beinhalteten Bestimmungen, die die oben erwähnten Gesetze über verlassenen Wohn- und Grundbesitz aufhoben, Eigentümern bzw. Vorkriegsrechtsinhabern eine Rückübertragungsmöglichkeit unter Zuhilfenahme von nationalen Prozeduren einräumte, und die Gemeinden zur Bereitstellung von Ersatzbehausungen für solche Personen verpflichtete, die zurückgeforderten Wohnraum freigeben mussten.105 Als die Entitäten die internationalen Vorgaben ignorierten und ihre Gesetzgebungsverfahren weiterhin verschleppten, setzte ihnen das OHR eine Frist zur Verabschiedung entsprechender Gesetze bis zum 1. März 1998, nach welcher Zwangsmaßnahmen wegen Verletzung ihrer Kooperationspflichten nach Annex 7 angedroht wurden. Nach intensiven und langwierigen Verhandlungen mit dem OHR und dem UNHCR verabschiedete die Föderation das erforderte Gesetzespaket schließlich im April und die serbische Teilrepublik im Dezember 1998.106 102

Waters, S. 537. Madsen, S. 9. 104 Für weitere Ausführungen zur internationalen Verwaltungsstruktur in Bosnien und Herzegowina, siehe die Schlussbemerkungen. 105 Vgl. Hastings, S. 228–249; Philpott (2005), S. 3–5. 106 Die Föderation verabschiedete die folgenden Gesetze: Gesetz zur Einstellung der Anwendung des Gesetzes über verlassene Wohnungen (Law on the Cessation of the Application of the Law on Abandoned Apartments), Gesetzesblatt der Föderation, Nr. 11/98, § 78; Gesetz über die Einstellung der Anwendung des Gesetzes über vorübergehend verlassenes Privateigentum (Law on the Cessation of the Application of the Law on Temporary Abandoned Real Property Owned by Citizens), Gesetzesblatt 103

218

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Trotz der neuen Eigentumsgesetze setzten die örtlichen Behörden einschließlich der Polizei ihre Obstruktionspolitik fort und verhinderten die Vollstreckung von Restitutionsentscheidungen. Besonders problematisch war in diesem Zusammenhang, die richtige Balance zwischen dem Rückkehrrecht des Eigentümers bzw. Vorkriegsrechtsinhabers und den Besitzrechten gegenwärtiger Nutzer zu finden, wobei zu letzterer Gruppe sowohl Bedürftige mit legitimen humanitären Ansprüchen als auch Mehrfachnutzer ohne ebensolche gehörten. Dem Sinn und Zweck von Annex 7 zuwider unterstützten die örtlichen Behörden im Allgemeinen die Position der gegenwärtigen Nutzer und erließen keine Vollstreckungsbescheide.107 Aber selbst wenn eine Räumung angeordnet war, weigerte sich die örtliche Polizei in vielen Fällen die Räumungen durchzuführen bzw. sie sicherheitstechnisch zu unterstützen. 1999 veränderte die internationale Gemeinschaft ihren Ansatz und beschloss einen umfassenden Umsetzungsplan, den Property Law Implementation Plan (PLIP), auf dessen Grundlage alle am Friedensprozess beteiligten internationalen Organisationen in eng koordinierter, kohärenter und nachhaltiger Weise an der Vollstreckung der Restitutionsgesetzgebung begannen zusammen zu arbeiten. Neben dem OHR und der CRPC gehörten das UNHCR, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Friedensmission der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina (UNMIBH) dazu.108 Der PLIP beinhaltete eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie die Einrichtung von im ganzen Land verteilten Eigentumskommissionen zur Ermittlung der Vorkriegswohnstätten von gegenwärtigen Nutzer von Restitutionsobjekten; einem systematischen Monitoring der Restitutionsprozesse; disziplinarische oder strafrechtlicher Maßnahmen gegen Rückkehr behindernde öffentliche Bedienstete; der Aus- und Fortbildung und ausreichenden Finanzierung von örtlichen Wohnungsämtern und ihrer Angestellten; sowie einer groß anlegten Informationskampagne über die Handlungsmöglichkeiten von gegenwärtigen Nutzern von Restitutionsobjekten.109 der Föderation, Nr. 11/98, § 79; Gesetz zur Übernahme des Wohnrechtsgesetzes (Law on the Take Over the Law on Housing Relations), Gesetzesblatt der Föderation, Nr. 11/ 98, § 78. Für eine weitere Analyse dieser Gesetze der Föderation siehe: Waters, S. 550–552. Die serbische Teilrepublik verabschiedete das Gesetz zur Einstellung der Anwendung des Gesetzes zur Nutzung von verlassenem Eigentum (Law on the Cessation of the Application of the Law on the Use of Abandoned Property), Gesetzesblatt der Republika Srpska, Nr. 38/98, 12/99, § 1559. Dieses Gesetz enthielt aber auch weiterhin Bestimmungen, die Rückkehr von Eigentümern und Vorkriegsberechtigten verhinderten. 107 Phuong, S. 177–178. 108 Für einen detaillierten Überblick über die beteiligten lokalen und internationalen Akteure, siehe: Philpott (2005), S. 5–8. 109 Vgl. PLIP, Inter-Agency Framework Document, Oktober 2000, erhältlich unter: http://www.oscebih.org/human_rights/download/plip_engl.pdf

III. Eigentumsschutz in Bosnien und Herzegowina

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Sich auf seine ihn auf der Bonner Friedenskonferenz im Dezember 1997 zugesprochenen besonderen Eingriffsbefugnisse berufend (so genannte „Bonn Powers“),110 verbesserte das OHR im Oktober 1999 die Restitutionsgesetze in beiden Entitäten, um eine effiziente Vollstreckung der Restitutionsansprüche zu gewährleisten und um sicherzustellen, dass Rückkehr- bzw. Rückforderungsrechte gegenüber Besitzrechten vorrangig waren, die gegenwärtigen Nutzern während des Krieges zugesprochenen worden waren.111 In diesem Zusammenhang wurde auch eine Definition von (nichtanspruchsberechtigten) Mehrfachnutzern geregelt und Kriterien entwickelt, nach denen gegenwärtige Nutzer einen Anspruch auf Ersatzwohnraum hatten.112 Im Anschluss an den Erlass von Räumungsrichtlinien für die örtliche Polizei verabschiedete das OHR ein weiteres Gesetz, welches die Gemeinden ausdrücklich dazu verpflichtete, auch CRPC-Entscheidungen im Rahmen eines besonders geregelten Verfahrens zu vollstrecken.113 Im November 1999 entließ das OHR darüber hinaus 22 Gemeindeangestellte, von denen sich 19 geweigert hatten, die bestehende Restitutionsgesetzgebung zu implementieren oder sonst wie versucht hatten, die Rückkehr von zu Minderheitengruppen gehörenden Flüchtlingen und Vertriebenen zu verhindern.114 Diese Maßnahmen zeigten Wirkung: Die Verwaltungen begannen Vollstreckungsbescheide anzuordnen und durchzusetzen und die örtliche Justiz erkannte sogar in besonders nationalistischen Gegenden CRPC-Entscheidungen an. Eigentumskommissionen wurden im ganzen Land eingerichtet und mit ausreichenden Ressourcen versehen. Der anhaltende internationale Druck und die verbesserte internationale Koordination hinsichtlich der Implementierung der Eigentumsgesetzgebung resultierten in einem ständigen Ansteigen der Wiederinbesitznahmen durch Vorkriegseigentümer. Im Juli 1999 waren ca. 140.000 Restitutionsansprüche bei den nach örtlichem Verfahren zuständigen Wohnungs-

110 Während der Bonner Friedensimplementierungskonferenz im Dezember 1997 stattete der Implementierungsrat des Daytoner Friedensabkommens das OHR mit weitreichenden Befugnisses aus, um die Implementierung des Abkommens zu gewährleisten. Zu diesen Befugnissen zählten u. a. die Möglichkeit, Übergangsrechtsvorschriften im Fall einer fehlenden Einigung der Entitäten zu erlassen, sowie Disziplinarmaßnahmen einschließlich der Kündigung von internationalen Maßnahmen zuwider handelnden öffentlichen Funktionsträgern zu bewerkstelligen. Cox (1998), S. 607. 111 Für einen Überblick über die örtlichen Restitutions- bzw. Vollstreckungsverfahren siehe: Williams, S. 503–507. 112 Hastings, S. 244. 113 Gesetz über die Vollstreckung von Entscheidungen der Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen (Law on Implementation of the Decisions of the Commission for Real Property Claims of Displaced Persons and Refugees), Gesetzesblatt der Föderation, Nr. 43/99, 51/00; Gesetzesblatt der Republika Srpska, Nr. 31/99, 18/00, 39/00. 114 Hastings, S. 244–245.

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E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

ämtern eingereicht und über 27.000 Vollstreckungsbescheide angeordnet, jedoch nur 6.000 Wiederinbesitznahmen statistisch festgestellt.115 Ende 2000 waren ca. 250.000 Ansprüche eingereicht, über 110.000 Entscheidungen verkündet und fast 52.000 Wiederinbesitznahmen festgestellt. Der Entscheidungs- und Implementierungsprozess machte derartige Fortschritte, dass Ende 2002 die International Crisis Group bemerkte, dass „the international community’s focus on creating a procedure for repossessing property under local law and ensuring its implementation has been both unprecedented and amazingly successful.“116 Als die CRPC Ende 2003 ihre Arbeit beendete, hatten die zuständigen örtlichen Behörden über 200.000 von insgesamt ca. 220.000 Fällen entschieden oder für erledigt erklärt (92,48%).117 Unter den ungelösten Fällen waren auch ca. 3.000 unentschiedene Fälle der CRPC, welche von den zuständigen Behörden auf Grundlage eines Überleitungsvertrages zwischen den Vertragsparteien zu Annex 7 geschlossen wurde.118 c) Keine Entschädigungszahlungen Im Gegensatz zur Eigentumsrestitution ist die zweite, in Annex 7 enthaltene Anspruchsoption der Entschädigung nicht in die Tat umgesetzt worden. Entgegen der Versprechung, einen Fonds zur Entschädigung für verloren gegangenes Flüchtlings- und Vertriebeneneigentum einzurichten, blieben diesbezüglich sowohl internationale als auch nationale Akteure untätig.119 Dieser Fonds sollte 115 In diese Statistik fallen sowohl Restitutionsklagen an die nach nationalem Verfahren örtlich zuständigen Wohnungsämter als auch Anträge auf Vollstreckung von bereits ergangenen CRPC-Entscheidungen. Als Entscheidungen in diesem Zusammenhang wurden sowohl die materiell-rechtliche Feststellung eines Eigentums- oder Besitzanspruchs, als auch eine Entscheidung über seine Vollstreckbarkeit unter Berücksichtigung der Rechte der gegenwärtigen Nutzer verstanden. Vgl. PLIP Statistics Guidelines, 25. November 2002. 116 International Crisis Group (2002), S. 39; siehe auch die Wertung der European Stability Initiative, S. 2. 117 PLIP Statistics, 31. Dezember 2003. Ein Fall wurde als erledigt behandelt, wenn die Wohnung bzw. das Haus von dem gegenwärtigen Nutzer verlassen, von der zuständigen Behörde versiegelt, und der Eigentümer bzw. rechtmäßige Besitzer von der Möglichkeit zur Wiederinbesitznahme benachrichtigt wurde. Vgl. PLIP Statistics Guidelines, 25. November 2002. 118 von Carlowitz (2004b), S. 605. 119 Vgl. Artikel I.1, XI, XII.6 und XIV des Annex 7. Artikel XIV lautet: „1. A Refugees and Displaced Persons Property Fund (the „Fund“) shall be established in the Central Bank of Bosnia and Herzegovina to be administered by the Commission. The Fund shall be replenished through the purchase, sale, lease and mortgage of real property which is the subject of claims before the Commission. It may also be replenished by direct payments from the Parties, or from contributions by States or international or nongovernmental organizations. 2. Compensation bonds issued pursuant to Article XII (6) shall create future liabilities on the Fund under terms and conditions to be defined by the Commission.“

IV. Eigentumsschutz im Kosovo

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entweder durch Verkauf, Vermietung oder Hypothekenbelastung von (Gemeinschafts-)Eigentum, welches Gegenstand des CRPC-Streitbeilegungsverfahrens war, oder durch direkte Zahlungen der Entitäten oder der internationalen Gemeinschaft finanziert werden. Während die Entitäten sich auf Geldmangel beriefen, zögerten auch die internationalen Geber angesichts der ohnehin schon hohen Wiederaufbaukosten und ihres Wunsches nach gradueller Kostenreduzierung.120 Wie oben schon angesprochen, kam auf internationaler Seite eine gewisse Ambivalenz hinsichtlich eines Entschädigungssystems an sich hinzu, da es für den Sinn und Zweck des Annexes 7, eine multiethnische Gesellschaft (wieder) aufzubauen und Minderheitenrückkehr zu fördern, gegenläufig angesehen wurde.121 Eine Finanzierung des Entschädigungsfonds durch Eigentumsgeschäfte, welche durch die CRPC genehmigt worden wären, hätte ähnliche Bedenken hervorgerufen. Die Ermöglichung des Austausches von Wohn- und Grundbesitz über ethnische Grenzen hinweg hätte dazu geführt, dass der Eigentumssektor die durch ethnische Säuberungen hervorgerufenen demographischen Veränderungen widergespiegelt und gebilligt hätte. Darüber hinaus hätte ein solches Entschädigungs- und Maklersystem für eine primär juristisch arbeitende Institution mit begrenzten finanziellen Ressourcen wie die CRPC eine kaum zu bewältigende Verwaltungsaufgabe bedeutet. Obwohl die CRPC den Klägern bei Klageeinreichung eindeutig erklärte, dass eine Entschädigung höchstwahrscheinlich nie gezahlt würde, entschieden sich trotzdem 25% der Kläger für die zweite Klageoption der Entschädigung.122 In Ermangelung des Entschädigungsfonds, stellte die CRPC eine amtliche Bestätigung über den Bestand eines bestimmten Eigentums- oder Besitzrechts aus.

IV. Eigentumsschutz im Kosovo 1. Ethnische Säuberungen im Kosovo und Sicherheitsratsresolution 1244 Eigentumsfragen im Kosovo waren ähnlich problematisch wie in Bosnien und Herzegowina. In der Dekade vor Intervention der NATO im Frühjahr 1999 hatte die serbische Verwaltung die albanische Mehrheitsbevölkerung des Kosovo in vielfacher Hinsicht ethnisch diskriminiert, was sich besonders auch bei der Verteilung von Wohn- und Grundbesitz ausdrückte. Anfang der 1990er Jahre hatte die serbische Regierung eine Reihe von Gesetzen verabschiedet und die dazugehörigen Verwaltungsmaßnahmen durchgeführt, um die politische und so-

120 121 122

Garlick, S. 80. Cox (1998), S. 612. Zahlen vom Dezember 1999; van Houtte (2000), S. 35.

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E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

ziale Vorherrschaft der serbischen Minderheit im Kosovo zu untermauern.123 In diesem Zusammenhang wurden in Gemeinschaftseigentum stehende Wohnungen Albanern weggenommen und Serben zugeteilt. Diese Maßnahmen kamen in Vergeltung für albanische Massenstreiks als Protest gegen die Aufhebung der Autonomie Kosovos am 23. März 1989, als das von Belgrad gesteuerte kosovarische Parlament Verfassungsänderungen zustimmte, aufgrund derer die serbische Regierung Kosovos interne Angelegenheiten kontrollieren konnte.124 Darüber hinaus standen Eigentumsübertragungen im Kosovo unter Genehmigungsvorbehalt der serbischen Regierung, welche in Fällen, in denen Albaner von Serben Wohn- oder Grundsbesitz kaufen wollten, grundsätzlich keine Genehmigung erteilte. Die Mehrheit der Kosovo-Albaner akzeptierte diese Maßnahmen nicht, sondern umging die Gesetzgebung durch informelle Eigentumsgeschäfte, was in vielen Fällen zu Mehrfachansprüchen hinsichtlich desselben Eigentums führte.125 1998 hatte sich ethnische Diskriminierung in einen ethnischen Konflikt zwischen der serbischen Regierung und kosovo-albanischen Separatisten gewandelt. Als Konsequenz flohen Anfang 1999 fast 20% der Kosovo-Albaner in das Ausland.126 Die Flüchtlingskrise und ein Ansteigen der Gewalt gegen die albanische Zivilbevölkerung führte schließlich zu den Friedensverhandlungen von Rambouillet/Paris, wo die Westmächte und die Russische Föderation ein Friedensabkommen zwischen der jugoslawischen Regierung und Vertretern der Kosovo-Albaner zu vermitteln versuchten. Nach dem Scheitern der Konferenz begann die NATO Jugoslawien mit der Begründung zu bombardieren, eine humanitäre Katastrophe und eine unmittelbar bevorstehende Massenvertreibung der Kosovo-Albaner abwenden zu müssen.127 Am 10. Juni 1999 wurde der Krieg durch Sicherheitsratsresolution 1244 beendet und die Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo – UNMIK) mit weit reichenden Legislativ- und Exekutivbefugnissen einrichtete. UNMIK wurde u. a. damit beauftragt, eine sichere und unbehinderte Rückkehr aller Flüchtlinge und Vertriebenen in ihre Heimstätten im Kosovo sicherzustellen.128 Geschätzte 860.000 Kosovo-Albaner hatten das Land verlassen oder waren in Nachbarstaaten deportiert worden, von denen ein Großteil nach Machtübernahme der NATO in das Kosovo zurückkehrte. Aus Angst vor albanischer Ver123 Für einen guten Überblick über die diskriminierende serbische Gesetzgebung und ihrer Umsetzung, siehe: HPD/CC (Hrsg.), Collection of Basic Texts: Housing and Property Rights in Kosovo, 1. Aufl., Pristina, Dezember 1999, S. 6–10. 124 Malcolm, S. 344. 125 von Carlowitz (2004b), S. 606. 126 Petritsch/Kaser/Pichler, S. 267. 127 Ibid., S. 344–351; siehe auch: Greenwood (1999), S. 141–175. 128 UN Doc. S/Res/1244, 10. Juni 1999, Para. 11 (k).

IV. Eigentumsschutz im Kosovo

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geltung flohen zur gleichen Zeit insgesamt ca. 230.000 Kosovo-Serben und andere nichtalbanischen Minderheitengruppen aus dem Kosovo.129 Ungefähr die Hälfte des vorhandenen Wohnraums war während des bewaffneten Konflikts von 1998 bis 1999 zerstört worden und hunderttausende Kosovaren waren obdachlos. Diese Situation führte zu einem schnellen Ansteigen von unrechtmäßigen Hausbesetzungen und einer generellen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Nachkriegsprovinz. Massen an Flüchtlingen kehrten ins Kosovo zurück, ohne in ihre anderweitig besetzten Wohnstätten einziehen zu können, was dazu führte, dass sie nun ihrerseits alternativen Wohnraum suchen mussten. 2. Das Wohn- und Eigentumsdirektorat und die Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche Unter Druck richtete der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (Special Representative of the Secretary-General of the United Nations – SRSG) am 15. November 1999 ein Wohn- und Eigentumsdirektorat und eine Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche (Housing and Property Directorate and Claims Commission – HPD/CC) ein, welche Eigentumsansprüche in bestimmten Forderungskategorien entgegennehmen und beilegen sollten, die aus der umrissenen ethnischen Diskriminierung gegen Kosovo-Albaner nach 1989 sowie der Massenflucht in Folge der NATO-Bombardierung resultierten.130 Ähnlich wie die CRPC in Bosnien und Herzegowina sollte das HPD/CC der Verwirklichung des Rückkehrrechts für Flüchtlinge und Vertriebene dienen. Zu einer Zeit großer ethnischer Spannungen und nach Zusammenbruch des Justizsystems gab es keinen unabhängigen und unparteilichen Streitbeilegungsmechanismus, der Wohn- und Eigentumsstreitigkeiten in einer fairen und ethnisch ausgewogenen Art und Weise hätte regeln können. Hinzu kam, dass das Katastersystem in einem noch schlechteren Zustand als in Bosnien war, ein Grundbuch nicht existierte und viele Eigentumsdokumente vernichtet oder von den zurückweichenden serbischen Behörden mitgenommen worden waren.131

129 Schätzungen des UNHCR erhältlich unter: http://www.unhcr.ch/cgi-bin/texis/ vtx/balkans-country?country=kosovo&display=background 130 UNMIK Verordnung Nr. 1999/23 über die Errichtung des Wohn- und Eigentumsdirektorats und der Kommission für Wohn- und Eigentumsfragen (UNMIK Regulation No. 1999/23 on the Establishment of the Housing and Property Directorate and Housing and Property Claims Commission), 15. November 1999. UNMIK Verordnungen sind auf der folgenden Webseite erhältlich: http://www.unmikonline.org/regulati ons/index.htm 131 Zur Kataster- und Grundbuchreform: von Carlowitz (2004a), S. 315–318.

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a) Mandat und Funktionsweise UNMIK Verordnung Nr. 1999/23 gab dem HPD/CC das Mandat, Eigentumsforderungen in drei bestimmten Forderungskategorien in Verbindung mit ethnischer Diskriminierung und Massenflucht beizulegen.132 Die ersten beiden Forderungskategorien zielten darauf ab, eigentumsrechtliches Unrecht zu bereinigen, das im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Kosovo-Albaner in der vorangegangenen Dekade begangen worden war. Die erste Forderungskategorie betraf Restitutionsansprüche für verloren gegangene Besitzrechte an in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnungen, die nach dem 23. März 1989, dem Tag, an dem die serbische Regierung einseitig Kosovos Status als autonome Provinz aufgehoben hatte, aufgrund von diskriminierender Gesetzgebung entzogen worden waren. Die zweite Forderungskategorie erlaubte Anträge auf Legalisierung von Eigentumsgeschäften, die wegen diskriminierender Gesetzgebung zum Zweck der Verhinderung von serbischer Abwanderung auf dem Kosovo (formal) rechtsunwirksam waren. UNMIK erachtete diese Legalisierungsmöglichkeit für notwendig, um den weitgehend informellen Eigentumssektor Kosovos zu formalisieren und allgemeinen und verbindlichen Regeln zu unterwerfen. Die dritte Forderungskategorie ähnelte der Zielsetzung der CRPC, Flüchtlingsund Vertriebenenrückkehr durch Restitution von während Krieg oder Vertreibung verloren gegangenem Wohn- und Grundbesitz zu ermöglichen. Während die ersten beiden Forderungskategorien vor allem albanischen Interessen dienten, schützte die dritte Forderungskategorie vor allem die Eigentumsrechte von serbischen Flüchtlingen und Vertriebenen. Angesichts einer fehlenden unabhängigen und effizienten Gerichtsbarkeit im Kosovo und der Tendenz albanischer Extremisten zu ethnischen Säuberungen an Kosovo-Serben benötigten serbische Flüchtlinge und Vertriebene internationalen Schutz weitaus mehr als ihre albanischen Gegenüber. Zusätzlich zu seinen Streitbeilegungsfunktionen hatte das 132

Artikel 1.2 der UNMIK Verordnung Nr. 1999/23, siehe FN 130, lautet: „1.2 As an exception to the jurisdiction of the local courts, the Directorate shall receive and register the following categories of claims concerning residential property including: (a) Claims by natural persons whose ownership, possession or occupancy rights to residential real property have been revoked subsequent to 23 March 1989 on the basis of legislation which is discriminatory in its application or intent; (b) Claims by natural persons who entered into informal transactions of residential real property on the basis of the free will of the parties subsequent to 23 March 1989; (c) Claims by natural persons who were the owners, possessors or occupancy right holders of residential real property prior to 24 March 1999 and who do not now enjoy possession of the property, and where the property has not voluntarily been transferred. The Directorate shall refer these claims to the Housing and Property Claims Commission for resolution or, if appropriate, seek to mediate such disputes and, if not successful, refer them to the Housing and Property Claims Commission for resolution.“

IV. Eigentumsschutz im Kosovo

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HPD/CC des Weiteren die Aufgabe, UNMIK hinsichtlich bestimmter Eigentumsfragen zu beraten, eine Datenbank über verlassenes Eigentum aufzubauen und die Vergabe von leerem Wohnraum für humanitäre Zwecke durch die Gemeinden zu überwachen.133 Im Gegensatz zur CRPC, umfasste die Zuständigkeit des HPD/CC im Grundsatz nur Wohneigentum einschließlich in Gemeinschaftseigentum stehender Wohnungen sowie Grundstücke, die mit ihm eine Einheit bildeten (associated property).134 Dass wirtschaftlich genutztes Eigentum nicht von der HPD/CCZuständigkeit erfasst wurde, lag u. a. an der Organisationsstruktur der UNMIK und ihrer internen Aufgabenverteilung.135 Was den eigentumsrechtlichen Ansatz der UNMIK angeht, ist das HPD/CC jedoch in einer Einheit mit den nachfolgend kurz skizzierten UNMIK-Verordnungen über wirtschaftlich genutztes Eigentum zu sehen. Daraus ergibt sich, dass die UNMIK nicht nur persönliches Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen einschließlich eines Wohnhauses 133

Artikel 1.1 der UNMIK Verordnung Nr. 1999/23 lautet: „1.1 The Housing and Property Directorate (the „Directorate“) shall provide overall direction on property rights in Kosovo until the Special Representative of the Secretary-General determines that local government institutions are able to carry out the functions entrusted to the Directorate. In particular, the Directorate shall: (a) Conduct an inventory of abandoned private, state and socially owned housing; (b) Supervise the utilization or rental of such abandoned property on a temporary basis for humanitarian purposes; rental monies of abandoned private and socially owned property shall be recorded in a separate account in trust for the rightful owner, subject to deduction of relevant expenses; (c) Provide guidance to UNMIK, including CIVPOL and UNHCR, as well as KFOR on specific issues related to property rights; and (d) Conduct research leading to recommend policies and legislation concerning property rights.“ 134 Vgl. Artikel 1 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60 über Wohneigentumsforderungen und die Verfahrensordnung des Wohn- und Eigentumsdirektorats und der Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche (UNMIK Regulation on Residential Property Claims and the Rules of Procedure and Evidence of the Housing and Property Directorate and Housing and Property Claims Commission), 31. Oktober 2000, der „associated property“ als „land and buildings owned or used by the claimant, which form a unit with a residential property“ definiert. Einer offiziellen Klarstellung des SRSG zufolge schließt diese Kategorie auch landwirtschaftliche oder kommerziell genutzte Flächen ein, wenn sie zu dem gleichen Grundstück wie die Wohnstätte gehören. Vgl. Klarstellung des SRSG bzgl. UNMIK Regulation No. 2000/60, Doc. UNMIK/REG/2000/60-Clarification, 12. April 2001. 135 Als weiteren Grund für die anfänglich zögerlichere Behandlung von wirtschaftlich genutztem Eigentum im Vergleich zu Wohneigentum kann die anfängliche Unklarheit über den Umfang der Rechtsetzungsbefugnis der internationalen Übergangsverwaltung besonders hinsichtlich endgültiger Regelungen über jugoslawisches öffentliches Eigentum im Kosovo genannt werden. In ihrer Anfangszeit fehlte der Mission darüber hinaus das Bewusstsein, dass im juristisch sozialistisch geprägten Kosovo ein bedeutsamer Teil der wirtschaftlich genutzten Flächen in (häufig nicht registriertem) Privateigentum stand und nicht Teil von öffentlichen Betrieben oder Agrargenossenschaften waren. Für einen detaillierten Überblick zur rechtlichen Eingriffsbefugnis internationaler Verwaltungen, siehe: von Carlowitz (2003), S. 336–393.

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als schützenswert ansah, sondern in ihrem Exekutiv- und Legislativhandeln einen umfassenden Schutz (und Förderung) von Privateigentum anstrebte. Zusätzlich zum Büro des SRSG bestand UNMIK aus vier verschiedenen Pfeilern („pillars“), die neben der von den Vereinten Nationen betriebenen Zivilverwaltung aus drei weiteren Pfeilern bestanden, die von verschiedenen internationalen Organisationen als Implementierungspartner geführt wurden: das UNHCR war zuständig für humanitäre Angelegenheiten, die OSZE für Institutionenaufbau und Demokratisierung und die Europäische Union (EU) für Wiederaufbau und Entwicklung.136 Die UNMIK-Zivilverwaltung war vor allem für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich des Schutzes von Menschenrechten und der Sicherstellung einer sicheren und unbehinderten Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr verantwortlich, was auch die Einrichtung eines speziellen Streitbeilegungsmechanismus zum Schutz der Wohnstätten von Flüchtlingen und Vertriebenen beinhaltete. Demgegenüber besaß der EU-Pfeiler u. a. Zuständigkeit für wirtschaftspolitische Fragen, die sich bei der Transformation der weitgehend noch sozialistisch geprägten kosovarischen Volkswirtschaft in eine westlich geprägte Marktwirtschaft stellten. Zentrale Bedeutung in diesem Zusammenhang besaß die Privatisierung von Staatsund in Gemeinschaftseigentum stehenden Betrieben und eine entsprechende Reform des Eigentumsrechts. Im Zentrum dieser Reform stand die Gründung der Kosovo Treuhandanstalt (Kosovo Trust Agency), die nach mehrjähriger Analyse- und Beratungszeit im Sommer 2002 eingerichtet wurde und für die Verwaltung und Privatisierung der Staatsbetriebe und sonstigem wirtschaftlich genutzten öffentlichem Eigentum zuständig war.137 In diesem Zusammenhang auftretende Streitigkeiten sollten durch eine eigens eingerichtete Sonderkammer beim obersten Gerichtshof beigelegt werden.138 Von dieser Reform nicht umfasst waren jedoch die in Privateigentum stehenden landwirtschaftlich oder sonst kommerziell genutzten Flächen, hinsichtlich diesbezüglicher Streitigkeiten die ordentliche Zivilgerichtsbarkeit zuständig blieb. Wie schon erwähnt waren die ordentlichen Gerichte jedoch wenig funktionsfähig, parteiisch und überlastet, weswegen insbesondere Flüchtlinge und 136 Der vom UNHCR geleitete erste Pfeiler wurde im Dezember 1999 aufgelöst; ein neuer erste Pfeiler für Polizei und Justiz wurde im Mai 2001 eingerichtet. Die Zivilverwaltung der Vereinten Nationen wird als zweite, der OSZE-Pfeiler als dritter und der EU-Pfeiler als vierter Pfeiler bezeichnet. 137 UNMIK Verordnung über die Einrichtung der Kosovo Treuhandanstalt (UNMIK Regulation No. 2002/12 on the Establishment of the Kosovo Trust Agency), 13. Juni 2002. Dazu siehe: Rapp, S. 167–171. 138 UNMIK Verordnung Nr. 2002/13 über die Einrichtung eines Sonderkammer des obersten Gerichtshofs für im Zusammenhang mit der Kosovo Treuhand auftretende Streitigkeiten (UNMIK Regulation No. 2002/13 on the Establishment of a Special Chamber of the Supreme Court of Kosovo on Kosovo Trust Agency Related Matters), 13. Juni 2002.

IV. Eigentumsschutz im Kosovo

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Vertriebene, die Minderheitengruppen angehörten, ihre Forderungen kaum durchsetzen konnten. Um Abhilfe zu schaffen, richtete UNMIK schließlich im März 2006 ein Amt für Eigentumsfragen in Kosovo (Kosovo Property Agency) ein, welches als Nachfolgeinstitution des im Februar 2006 aufgelösten HPD/CC dient. Als international überwachter Massenstreitbeilegungskörper ist dieses Amt der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorgeschaltet und ist zuständig für Eigentumsforderungen an landwirtschaftlichem oder sonst kommerziell genutztem Eigentum, die im Zusammenhang mit dem ethnischen Konflikt stehen.139 Das HPD/CC bestand aus zwei selbstständigen Organen, dem für Verwaltungsangelegenheiten und rechtliche Unterstützung zuständigen Direktorat (HPD) und der Kommission als quasi-gerichtlichem Streitbeilegungskörper (HPCC). Die HPCC bestand aus zwei internationalen und einem lokalen Mitglied, die von dem SRSG ernannt wurden. Den Vorsitz stellte ein internationales Kommissionsmitglied.140 Die Befugnisse der HPCC waren derjenigen der CRPC ähnlich. Hinsichtlich der beschriebenen Forderungskategorien besaß die HPCC im Verhältnis zu den örtlichen Gerichten ausschließliche Zuständigkeit einschließlich der Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz für die Dauer der Tatsachenermittlung oder bis zur Entscheidung über einen Anspruch anzuordnen.141 HPCC-Entscheidungen sind bindend, unanfechtbar und vollstreckbar und haben Vorrang vor entgegenstehendem örtlichem Recht.142 Wie bei der CRPC, besaß auch die HPCC ein Verfahren zur Wiederaufnahme des Verfahrens bei Fällen, in denen neues Beweismaterial aufgetaucht, ein materiell-rechtlicher Fehler ergangen, oder ein Dritter mit rechtlichem Interesse zu Unrecht von der Teilnahme am Verfahren ausgeschlossen worden war.143

139 UNMIK Verordnung Nr. 2006/10 über die Beilegung von Forderungen über Privateigentum einschließlich landwirtschaftlich und sonst wirtschaftlich genutztem Eigentum (UNMIK Regulation No. 2006/10 on the Resolution of Claims Relating to Private Immovable Property, Including Agricultural and Commercial Property), 4. März 2006. Die Zuständigkeit des Amts für Eigentumsangelegenheiten bestimmt sich nach Artikel 2.1 der Verordnung: „2.1 The Kosovo Property Agency shall have the competence to receive, register and assist the courts in resolving the following categories of conflict-related claims resulting from the armed conflict that occurred between 27 February 1998 and 20 June 1999: (a) Ownership claims with respect to private immovable property, including agricultural and commercial property, and (b) Claims involving property use rights in respect of private immovable property, including agricultural and commercial property. Where the claimant is not now able to exercise such property rights.“ 140 Ibid., Artikel 2.2. 141 Ibid., Artikel 2.5. 142 Ibid., Artikel 2.7 und 4. 143 Artikel 14 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60, siehe FN 134.

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E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

UNMIK Verordnung Nr. 2000/60 regelte sowohl die Verfahrensordnung des HPD/CC als auch die wesentlichen materiell-rechtlichen Entscheidungsprinzipien. Nach dem ersten Prinzip blieb jedes Eigentumsrecht wirksam, das gemäß dem zum Erwerbszeitpunkt geltenden Recht rechtmäßig erworben worden war.144 Dieses Prinzip war notwendig, um die große Rechtsunsicherheit zu klärten, die zu Beginn der internationalen Übergangsverwaltung hinsichtlich des anwendbaren Rechts und solcher Eigentumsgeschäfte, die während der Postautonomieperiode nach 1989 unternommen waren, bestand. Denn UNMIK hatte auf Druck der kosovo-albanischen Richter, die sich mit Blick auf vorherige ethnische Diskriminierung und Unrechtmäßigkeit der Gesetzgebung nach dem serbischen Entzug kosovarischer Autonomie weigerten, Vorschriften anzuwenden, die nach März 1989 verabschiedet worden waren, verordnet, dass das am 22. März 1989 anwendbare Recht wieder anwendbar sei. Substantiell neue Regelungen der post-1989 Gesetze hatte UNMIK unter einen allgemeinen Prüfungsvorbehalt gestellt, ohne dafür jedoch eine entsprechende Prozedur zu regeln.145 Das zweite Prinzip stipulierte, dass eine Person, die ihren Wohn- oder Grundbesitz nach dem 23. März 1989 wegen ethnischer Diskriminierung verloren hatte, ein Recht auf Rückgabe oder im Fall des gutgläubigen Erwerbs durch einen Dritten ein Recht auf Entschädigung hat.146 Bei einer in Gemeinschaftseigentum stehenden Wohnung war die Situation komplizierter, wenn ein neuer Mitarbeiter eines wohnungsbesitzenden Betriebs, der zumeist der serbischen Volksgruppe angehörte, eine Wohnung im Rahmen des in den 1990er Jahren eingeleiteten Privatisierungsprozesses erworben hatte. Dieser Prozess war Teil der politischen Strategie Serbiens, den serbischen Bevölkerungsanteil im Kosovo durch Neuansiedlung von serbischen Flüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina und aus Kroatien zu erhöhen, indem diesen Personen vormals albanische Wohnungen zu sehr günstigen Konditionen zum Erwerb angeboten wurden.147 In diesem Fall durfte der Kläger entweder die Wohnung von dem Erwerber unter gleichgünstigen Bedingungen kaufen oder bekam ein Recht auf Entschädigung.148 Als drittes Grundprinzip galt, dass jede Eigentumsrechtsübertragung nach dem 23. März 1989, die allein aufgrund von diskriminierendem Recht unwirksam war, als gültig anzusehen ist.149 Viertens hatte jeder Flüchtling und Vertriebene, der seinen Wohn- und Grundbesitz verloren hatte, ein Recht auf Rück-

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Ibid., Artikel 2.1. UNMIK Verordnung Nr. 1999/24 über das anwendbare Recht im Kosovo (UNMIK Regulation No. 1999/24 on the Applicable Law in Kosovo), 12. Dezember 1999. 146 Artikel 2.2 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60, siehe FN 134. 147 Das, S. 434. 148 Artikel 4.2 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60, siehe FN 134. 149 Ibid., Artikel 2.3. 145

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kehr und Wiederinbesitznahme, durfte ihn aber auch im Einklang mit dem geltenden Recht veräußern.150 Das Massenstreitbeilegungsverfahren der CRPC diente dem HPD/CC als Modell für die Anspruchsregistrierung, Datenverarbeitung, Beweissammlung und -überprüfung sowie die Entscheidungsfindung.151 Anfänglich wurde geschätzt, dass die HPCC zwischen 60.000 und 100.000 Ansprüche zu bescheiden habe. Um diese Masse an Anträgen bewältigen zu können, war das HPD/CC-Verfahren wie bei der CRPC im Prinzip ausschließlich ein schriftliches Verfahren. Mündliche Verhandlungen konnten nur in Ausnahmefällen durch Beschluss der HPCC zugelassen werden.152 Eine sorgfältige Anspruchsregistrierung einschließlich ausführlicher Interviews der Antragssteller sowie ein standardisiertes Entscheidungsverfahren charakterisierten das Verfahren. Zu Beginn eines Verfahrens versuchte das HPD, Streitigkeiten durch gütliche Einigung bzw. Vergleich zwischen den Parteien beizulegen.153 Falls dies nicht möglich war, wurde der Antrag zur Entscheidung der HPCC vorgelegt, die alle zwei Monate tagte. Ein besonders Problem der HPD/CC-Entscheidungsfindung bestand darin, den Tatbestand der ethnischen Diskriminierung zu bestimmen, da die Betriebe, die albanische Arbeiter nach den Massenstreiks 1989 entlassen und ihre Wohnungen eingezogen hatten, keine schriftliche Begründungen für ihr Handeln hinterlassen hatten. Um dieses Problem zu bewältigen, führte die HPCC Beweiserleichterungen ein, die auf generelle Umstände gestützt waren, die während relevanter Zeitspannen hinsichtlich bestimmter Betriebe vorherrschten.154 Anders als im Nachkriegsbosnien, wo die Entitäten für Exekutivaufgaben auch im Eigentumssektor hauptverantwortlich waren, regelte UNMIK Verordnung Nr. 2000/60 die Vollstreckung von HPCC-Entscheidungen durch ein eigenes HPD-Räumungsteam (eviction officers), das mit Unterstützung der offiziellen Vollstreckungsorgane unrechtmäßige Besitzer aus zurückgeforderten Wohnungen oder Häusern räumen konnte.155 Anfänglich unterstützten dabei die internationale Polizei und die NATO-geführte militärische Präsenz, KFOR. Später wurde die Vollstreckungshilfe allmählich von der neu aufgebauten kosovarischen Polizei unter Überwachung der internationalen Polizei durchgeführt. Neben internationaler Unterstützung beim Wiederaufbau und der Bereitstellung von Notunterkünften versuchte das HPD das Problem der Ersatzbehausung für von Räumungsmaßnahmen betroffene Personen mit einem Programm zur 150

Ibid., Artikel 2.4. Für einen Überblick über das Verfahren vor dem HPD/CC, siehe: Dodson/Heiskanen, S. 234. 152 Ibid., Artikel 19. 153 Ibid., Artikel 10.1. 154 Interview mit einem HPD-Mitarbeiter, 30. September 2003. 155 Artikel 12.6 und 13.4 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60, siehe FN 134. 151

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vorübergehenden Nutzung von verlassenem Wohnraum zu lösen.156 In diesem Zusammenhang konnten zeitlich begrenzte Wohnscheine für unter HPD-Verwaltung stehenden Wohnraum verteilt werden, wenn bestimmte humanitäre Kriterien vorlagen, die in Zusammenarbeit mit UNMIK und dem UNHCR, erarbeitet worden waren.157 Wohnraum konnte unter HPD-Verwaltung durch Parteivereinbarung, auf Antrag des Klägers oder bei Leerstand, wenn der gegenwärtige Nutzer keine Eigentumsrechte geltend machte, gestellt werden. Dieses System wurde durch die Gemeinden unter Aufsicht des HPD durchgeführt, war allerdings abhängig von ausreichend verfügbarem Wohnraum. b) Das Verwaltungs- und Finanzproblem Das HPD/CC wurde als unabhängige Institution konzipiert, die trotz allem Teil der weiteren UNMIK-Struktur war. Wegen der Komplexität von Eigentumsfragen hatte der SRSG dem Zentrum für Wohn- und Siedlungswesen (United Nations Centre for Human Settlements, Habitat) beauftragt, UNMIK bei Aufbau und der Durchführung eigentumsbezogener Projekte rechtlich und technisch zu unterstützen.158 Hinsichtlich des HPD/CC wurde Habitat als Implementierungspartner mit Verantwortlichkeit für das institutionelle Management, Personalangelegenheiten und die fachliche Koordination zwischen den verschiedenen betroffenen lokalen und internationalen Akteuren eingesetzt. UNMIK hingegen sollte die politischen Grundlinien bestimmen, die Arbeit des HPD/CC überwachen und entsprechendes Monitoring durchführen, unter Berücksichtigung der eigenen Kapazitäten das HPD/CC logistisch unterstützen, und sich gemeinsam mit Habitat um Drittmittel bemühen.159 Obwohl das HPD/CC eigenständig operieren sollte, fehlte der Institution eine eigene Verwaltungskapazität. Die Verwaltung ihres Budgets hing davon ab, ob internationale oder lokale Aspekte der Arbeit des HPD/CC betroffen waren. Mit einigen Ausnahmen wurden Geldmittel zur Bezahlung von internationalen Mitarbeitern und örtlichen Experten durch Habitat verwaltet. Allerdings wurde der Großteil der örtlichen Mitarbeiter nicht als Experten, sondern als öffentliche Angestellte eingestuft, die durch den öffentlichen Haushalt Kosovos (Kosovo Consolidated Budget) bezahlt wurden, der von dem EU-Pfeiler für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet wurde. Die Beschaffung des Arbeitsmaterials wurde von Habitat unternommen, was dazu führte, dass Anträge des HPD auf 156

Ibid., Artikel 12. Vgl. HPD/CC, „Allocation Policy: Allocating Temporary Accommodation“ und „Guidelines for Allocating Temporary Accommodation“, 2001. 158 Für weitere Informationen über diese Zusammenarbeit, siehe: von Carlowitz (2004), S. 308. 159 Memorandum of Understanding zwischen UNMIK und Habitat, 14. Januar 2000. 157

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Beschaffung bestimmter Güter an das Habitat Kosovo-Büro gestellt werden mussten, welcher sie anschließend über den Habitat-Sitz in Nairobi an die dortige Verwaltung der Vereinten Nationen leitete. Ähnlich kompliziert war es, wenn das HPD logistische Unterstützung von UNMIK bekommen wollte: Entsprechende Anträge mussten durch mehrere Büros innerhalb der UNMIK-Zivilverwaltung und bei wesentliche Dingen wie der Zuteilung von Büroraum oder Fahrzeugen zusätzlich durch die Verwaltungsabteilung des SRSG geleitet werden. Diese komplizierte Verwaltungsstruktur war sehr ineffizient und zeitaufwendig und verlangte vom internationalen Kernpersonal des HPD zu viel Aufmerksamkeit, die eigentlich in die Erfüllung seiner substantiellen Aufgaben hätte fließen sollen.160 Schwierigkeiten, eine ausreichende Finanzierung zu erlangen, verschlechterten die Situation. Obwohl allgemein anerkannt war, dass das HPD/CC Kernaufgaben der Friedenssicherung übernahm, war die Institution doch auf freiwillige Beitragszahlungen der internationalen Gebergemeinschaft angewiesen. Nur ein kleiner Teil des HPD/CC-Budgets wurde von Kosovos öffentlichem Haushalt bestritten. Obwohl Habitat und UNMIK gemeinsam und alleine versuchten, ausreichend Geldmittel aufzutreiben, blieb die Finanzierung des HPD/CC äußerst knapp. Dies lag u. a. daran, dass Geberländer bevorzugten, ihre Beiträge an das reguläre UNMIK-Budget oder die internationalen Organisationen, die eigene UNMIK-Pfeiler stellten, zu zahlen. Dass Habitat keine ursprünglich festgeschriebene Rolle in der UNMIK-Struktur besaß, behinderte die Organisation, eigene Mittel für ihre Programmaktivitäten in Kosovo (einschließlich des HPD/ CC) zu besorgen, da die Geber ohnehin schon sehr hohe Summen an UNMIK und seine „konstitutionellen“ Implementierungspartner zahlten. Hinzu kam, dass der UNMIK-Haushalt durch den EU-Pfeiler verwaltet wurde, was die Finanzierung von Projekten der Vereinten Nationen wie das HPD/CC schwieriger machte, zumal wenn sie für die Zivilverwaltung de facto eine geringere Priorität als die zivile Registrierung, die Wahlen und der Aufbau der kosovarischen Selbstverwaltungsorganisationen und der Justiz hatten.161 Schließlich war es für das HPD/CC schwieriger als für die CRPC genügend finanzielle Mittel zu bekommen, da die USA als Hauptgeber der CRPC das HPD/CC in der Anfangszeit finanziell überhaupt nicht förderten.162 Statt ein paar wenigen großen und regelmäßigen Beitragszahlungen musste das HPD/CC im Jahr 2001 mit 11 verschiedenen bescheidenen Gebertöpfen umgehen, die alle ihre eigenen und unterschiedlichen Haushaltsvorschriften besaßen.163 Diese Situation erschwerte nicht nur eine verantwortliche und nachhaltige strategische Planung und Personalma160

von Carlowitz (2004b), S. 609–610. Ibid. 162 Zu dem damaligen US Förderungsansatz hinsichtlich Justiz- und Rechtsstaatsprojekten in Nachkriegsgebieten siehe: Flournoy/Pan, S. 120–121. 163 Memorandum des HPD/CC an UNMIK, 17. Oktober 2001. 161

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nagement, sondern führte auch zu einer Ressourcenverschwendung des hauptsächlich juristischen Personals. Ein weiterer Faktor, der die Arbeit der HPD/CC erschwerte, war die Tatsache, dass das vorgeschriebene Gehaltsniveau der nicht als Experten eingestellten örtlichen öffentlichen Angestellten extrem niedrig im Vergleich zum Privatsektor oder den von internationalen Organisationen gezahlten Gehältern für örtliche Angestellte waren. Folge dieses Missverhältnisses war, dass ausreichend qualifizierte Angestellte nur sehr schwer angeworben werden konnten und eine Tendenz zur Abwanderung nach Erhalt der HPD-internen Ausbildung bestand.164 Die vollständige Umsetzung der HPD/CC-Aufgaben verlief aufgrund dieser Verwaltungsschwierigkeiten und Finanzprobleme wesentlich langsamer als erwartet. Sieben Monate nach seiner Einrichtung begann das HPD mit der Anspruchsregistrierung an seinem Sitz in Pristina im Juni 2000. Kurz darauf ernannte der SRSG die Kommissionsmitglieder und verabschiedete die Verfahrensordnung (UNMIK Verordnung Nr. 2000/60). Die HPCC verkündete ihre ersten Entscheidungen im Januar 2001. Während diese Anfangsbilanz durchaus positiv zu werten ist, galt dies nicht für andere Angelegenheiten in der Folgezeit. Vor allem die Rekrutierung des HPD-Geschäftsführers verzögerte sich bis Juli 2001 – über ein einhalb Jahre nach Gründung der Organisation. Obwohl als Frist zur Einreichung von Anträgen ursprünglich der 1. Dezember 2001 festgesetzt war,165 hatten bis Ende 2001 HPD-Niederlassungen lediglich in vier der fünf Regionen Kosovos eröffnet und blieben schlecht versorgt mit geringer logistischer Unterstützung. Weiterhin hatte die wichtige Anspruchsregistrierung durch mobile Teams in Kernserbien erst im Dezember 2001 und in Montenegro erst im Frühjahr 2002 auf Grundlage einer zwischen Habitat und der Bundesrepublik Jugoslawien geschlossenen Vereinbarung begonnen.166 In Mazedonien starteten die Operationen sogar erst Anfang 2003. Im November 2001 hatte das HPD lediglich ca. 6.000 Anträge registriert und knapp 350 Fälle gelöst, wobei 150 davon durch gütliche Einigung bzw. Vergleich und 200 durch HPCC-Entscheidung beigelegt worden waren.167 Dieser langsame Fortschritt verärgerte die kosovarische Bevölkerung. Als das HPD/CC 164 Zur Gehalts- und Motivationsproblematik der örtlichen Angestellten, siehe: von Carlowitz (2003), S. 380–381. 165 Artikel 3.2 der UNMIK Verordnung Nr. 2000/60, siehe FN 134. Diese Frist wurde später bis zum 1. Juni 2003 verlängert. 166 Memorandum of Understanding between the Federal Government of the Federal Republic of Yugoslavia, the Government of the Republic of Serbia and the Coordination Center for Kosovo and Metohija and Habitat on the Establishment of a Habitat Programme Office in Belgrade and the Federal Republic of Yugoslavia, 1. November 2001. 167 HPD/CC Statistik, 26. Oktober 2001.

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auch nach der Anfangszeit nicht vollständig funktionsfähig blieb, versuchten viele Antragsteller ihre Eigentums- und Besitzrechte durch die örtlichen Zivilgerichte geltend zu machen, die 2001 mit ihrer subsidiären Zuständigkeit für Eigentumsstreitigkeiten begannen, die ausschließliche Spezialzuständigkeit der HPCC hinsichtlich der drei genannten Forderungskategorien zu verletzen. Der SRSG reagierte auf diese Situation mit einer offiziellen Klärung des Verhältnisses zwischen den beiden Jurisdiktionen und richtete einen Beratungsmechanismus zwischen der UNMIK-Justizabteilung und dem HPD/CC zur Lösung von Zuständigkeits- und anderen Fragen ein.168 Der spärliche Arbeitsfortschritt des HPD/CC erregte auch das Missfallen der Geber, die als Konsequenz Geldmittel mit dem Argument zurückbehielten, dass die HPCC ihren Entscheidungstakt erheblich steigern und das Verwaltungssystem zur personellen und logistischen Unterstützung des HPD/CC geändert werden müsse. Am 10. Dezember 2001 trat der Verfassungsrahmen für die vorläufige Selbstverwaltung im Kosovo (Constitutional Framework for Provisional Self-Government in Kosovo) in Kraft, welcher UNMIK’s Verantwortlichkeit für das HPD/CC im Rahmen der in ausschließlicher UNMIK-Zuständigkeit verbleibenden Aufgabenfeldern (reserved powers) feststellte.169 Unter Handlungsdruck erhöhte UNMIK danach seine logistische Unterstützung des HPD und verzichtete auf die Einhaltung bestimmter Beschaffungsrichtlinien, um eine zügige Einrichtung der für das Massenstreitbeilegungsverfahren notwendigen digitalen Datenbank zu ermöglichen. Gleichzeitig hatte Habitat seine Entscheidungskompetenz hinsichtlich des HPD/CC von seinem Hauptsitz in Nairobi nach Kosovo verlagert und somit Verwaltungswege deutlich verkürzt. Daneben begannen UNMIK und Habitat mit formellen Verhandlungen über ihre beidseitigen Verpflichtungen hinsichtlich des HPD/CC.170 Während die Verhandlungen andauerten, lief das HPD/CC in ein so großes Haushaltsdefizit, dass die Hälfte seiner internationalen Mitarbeiterschaft entlassen und seine Aktivitäten beträchtlich reduziert werden mussten. In der Zwischenzeit stellten Evaluierungsberichte von Gebern fest, dass das HPD/CCMandat gut entworfen und das HPD-Personal ausgezeichnet qualifiziert und motiviert war. Weiterhin befanden Geber, dass sich der HPCC-Entscheidungsprozess, einem Massenstreitbeilegungsverfahren entsprechend, von individueller Anspruchsbearbeitung und Systementwicklung zu einer standardisierten Klagebearbeitungs- und Entscheidungsverfahren wandeln müsse. Die Hauptkritik richtete sich auf die geringe institutionelle, administrative und finanzielle Unter168

von Carlowitz (2004b), S. 611. Artikel 8.1 (t) und 11.1 (g) der UNMIK Verordnung Nr. 2001/9 über den Verfassungsrahmen für die vorläufige Selbstverwaltung in Kosovo (UNMIK Regulation No. 2001/9 on a Constitutional Framework for Provisional Self-Government in Kosovo), 15. Mai 2001. 170 von Carlowitz (2004b), S. 611. 169

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E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

stützung der Institution durch UNMIK und Habitat.171 Im Juli 2002 schlossen die beiden Organisationen schließlich eine Vereinbarung, die das HPD/CC zu einer unabhängigen juristischen Person mit eigenen Rechtsfähigkeit und administrativer und finanzieller Kapazität erklärte.172 Darüber hinaus wurde beschlossen, dass die Unterstützung durch UNMIK erheblich erhöht, und dass Habitat seine Verantwortlichkeit zur Implementierung an das HPD/CC mit Ausnahme der Aktivitäten in der Bundesrepublik Jugoslawien (außer Kosovo) übertragen würde.173 Nach diesen Veränderungen fuhr die Gebergemeinschaft mit ihrer Unterstützung fort und die Effizienz des HPD/CC stieg merklich an. Als Habitat seine Aufgaben dem HPD/CC im November 2002 übertrug, hatte das HPD/CC fast 22.000 Anträge gesammelt und über 1.400 Fälle entschieden, wobei die digitale Datenbank einen Entscheidungstakt von 650 Entscheidungen pro Monat schuf.174 Zum Zeitpunkt des Fristablaufs für die Antragstellung am 1. Juli 2003, waren knapp 29.000 Anträge eingereicht, von denen 94% zu der dritten Forderungskategorie gehörten. 2004 hatte das HPCC seinen Entscheidungstakt auf ca. 1.500 Entscheidungen pro Sitzungsperiode erhöht und im Februar 2006 alle bis auf ein paar wenige komplexere Fälle entschieden.175 c) Vollstreckung und fehlende Entschädigung Die ersten Räumungen fanden mit Hilfe von KFOR im Juni 2001 statt. In Ermangelung von genügend Räumungspersonal war deren Anzahl während der Anfangsphase jedoch sehr niedrig. Außerdem gestaltete sich die notwendige Unterstützung der offiziellen Vollstreckungsorgane als sehr unsicher. Gelegentlich sprang KFOR ein, argumentierte aber, dass die Räumung von Hausbesetzern nicht in die Zuständigkeit des Militärs, sondern der internationalen Polizei falle. Während das obere Management der Polizei dem HPD Unterstützung zusagte, wurde diese Politik auf der operativen Ebene nicht immer befolgt. Die tatsächliche Praxis war von Polizei- zu Polizeikontingent und in den unterschiedlichen Regionen verschieden. Diese Unregelmäßigkeiten hörten erst mit Unterzeichnung einer Vereinbarung zwischen dem HPD und der internationalen Polizei Ende 2001 auf.176 171 Siehe z. B. Swiss Agency for Development and Cooperation, Evaluierungsreport des HPD/CC, 20.–24. März 2002; Wühler (2002). 172 Memorandum of Understanding between UNMIK and Habitat, 2. Juli 2002, Artikel I. 173 Ibid., Artikel II, IV, Abs. 3 (c). 174 Habitat, The Kosovo Experience, Informationsbroschüre, Februar 2003. 175 Interview mit HPD-Mitarbeiter, 19. April 2004 und 1. November 2005; HPD Statistics, Februar 2006, siehe: http://www.hpdkosovo.org/stat_cat.asp 176 von Carlowitz (2004b), S. 612.

IV. Eigentumsschutz im Kosovo

235

Im November 2002 war in 412 Fällen geräumt worden mit einer durchschnittlichen Rate von drei Räumungen pro Tag. Im März 2003 hatte sich der Takt auf 60 Räumungen pro Woche und insgesamt 574 Räumungen erhöht.177 Als bekannt wurde, dass HPCC-Entscheidungen tatsächlich vollstreckt wurden, zogen viele unrechtmäßigen Nutzer entweder freiwillig aus, nachdem sie eine entsprechende Benachrichtigung durch das HPD erhalten hatten, oder bemühten sich um eine gütliche Einigung mit den Eigentümern oder sonstigen Rechtsinhabern z. B. über den Verkauf oder Vermietung des betreffenden Wohnraums. Um einer Plünderung entgegenzuwirken, wenn der Anspruchsteller den freigewordenen Wohnraum nicht unverzüglich wieder in Besitz nahm, beantragten viele Antragsteller, dass ihr Wohn- oder Grundbesitz unter HPD/CC-Verwaltung gestellt würde, um vorübergehend für humanitäre Zwecke genutzt zu werden. Dieser Mechanismus war sehr hilfreich für die Implementierung von HPCCEntscheidungen, da das HPD in seiner Verwaltung stehende Wohnungen auch als vorübergehende Behausung an von Vollstreckungsmaßnahmen betroffene Personen verteilen konnte. Des Weiteren war der Mechanismus nützlich für solche Gebiete, die für eine organisierte Flüchtlingsrückkehr vorgesehen waren, indem er ermöglichte, die Rückkehr mit Räumungsmaßnahmen und der Bekämpfung von Obdachlosigkeit zu koordinieren.178 Im September 2003 befanden sich über 3.000 Wohnungen in HPD-Verwaltung und bezüglich weiterer 7.000 wurden entsprechende Ermittlungen mit Blick auf möglichen Einschluss in den Mechanismus durchgeführt.179 Im Februar 2006 war die unter HPD-Verwaltung stehende Zahl an Wohnungen auf über 6.500 angestiegen.180 Der verfügbare Wohnraum schien die bestehenden eng definierten humanitären Bedürfnisse zu befriedigen, da die Rückkehr von Minderheiten bis dato weitgehend ausblieb und viele unrechtmäßige Besitzer von städtischem Wohnraum auf dem Land eine Ersatzbehausung besaßen. Waren im April 2004 noch nur fast 1.600 Fälle beigelegt, stieg die Implementierungsrate so kontinuierlich, dass im Februar 2006 über 25.000 Fälle (87%) beigelegt waren.181 Die verbleibenden Fälle werden durch das oben erwähnte Amt für Eigentumsfragen bearbeitet bzw. vollstreckt.182 Das Amt übernahm nicht nur die Mitarbeiterschaft und Sachvermögen des HPD, sondern auch seine Funktionen hinsichtlich der vorübergehenden Verwaltung von verlassenem Wohnraum.183

177

Interview mit HPD-Mitarbeiter, 16. April 2004. Interview mit UNHCR-Mitarbeiter (Returns Officer), 6. Januar 2003. 179 Interview mit HPD-Mitarbeiter, 30. September 2003. 180 HPD Statistics, Februar 2006, siehe: http://www.hpdkosovo.org/adm_prop2.asp 181 Interview mit HPD-Mitarbeiter, 20. April 2004; HPD Statistics, Februar 2006; siehe: http://www.hpdkosovo.org/newimplemented.asp 182 Artikel 19 der UNMIK Verordnung Nr. 2006/10, siehe FN 139. 183 Artikel 16–18 der UNMIK Verordnung Nr. 2006/10, ibid. 178

236

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

Während Anspruchsbescheidung und Vollstreckung eine Frage der Zeit zu sein scheinen, bleibt die Frage der Entschädigungszahlungen wie in Bosnien und Herzegowina nach wie vor ungelöst. Weder sind die Berechnungsmethode und Zahlungsmodalitäten noch die Finanzierung angemessen diskutiert worden.184 Vor dem Hintergrund, dass lediglich 1.059 Klagen unter der potentielle Entschädigungszahlungen vorsehenden ersten Forderungskategorie eingereicht worden sind, wird der einzurichtende Entschädigungsfonds überschaubar bleiben, was die Hoffnung auf künftige Entschädigungszahlungen bestehen lässt.

V. Fazit des Eigentumsschutzes in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo Sowohl die CRPC als auch das HPD/CC sind dafür kritisiert worden, dass ihre Arbeit nicht oder in nur ungenügendem Maße zur Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen bzw. zur (Wieder-)Einrichtung einer multi-ethnischen Gesellschaft geführt haben.185 Zwar sind laut UNHCR-Statistik ca. 1.012.000 registrierte Flüchtlinge und Vertriebene in ihre Ursprungsgemeinden zurückgekehrt, wovon über 454.000 Personen Minderheitengruppen in der jeweiligen Gemeinde angehören.186 In diesem Zusammenhang ist die Eigentumsrestitution als ein wesentlicher Motivationsfaktor für die individuelle Rückkehrentscheidung anzusehen.187 Die positiven Rückkehrstatistiken für Bosnien und Herzegowina spiegeln sich jedoch nicht im Kosovo wieder, wo die Unruhen im März 2004 eine Umkehr von dem dem positiven Trend zur Rückkehr von nichtalbanischen Minderheiten, der sich zu diesem Zeitpunkt abzeichnete, herbeiführten. Während die geschätzten 860.000 geflohenen Kosovo-Albaner nach Ende des Krieges 1999 zurückgekehrt waren, waren im Februar 2005 lediglich 8.000 der über 230.000 nichtalbanischen Flüchtlinge und Vertriebenen in das Kosovo zurückgekommen. Die März-Unruhen hatten darüber hinaus 4.000 zusätzliche Vertriebene geschaffen.188 Eigentumsrestitution ist zwar ein zentraler und unverzichtbarer Schritt im Prozess der Flüchtlings- und Vertriebenenrückkehr, jedoch nicht die einzige Strategie für die Umsetzung des Rückkehrrechts.189 Fragen der persönlichen Sicherheit, der Diskriminierung bei der Teilhabe an öffentlichen Diensten und Leistungen und der Bewegungsfreiheit allgemein sind weitere wesentliche Fak184

Das, S. 442. Siehe z. B.: Smit, S. 63–88; Philpott (2005), S. 17–19; Heimerl, S. 377–390. 186 UNCHR Statistik, 31. Januar 2006, erhältlich unter: http://www.unhcr.ba/return/ index.htm 187 Belloni, S. 442. 188 von Carlowitz (2005), S. 553. 189 Zu unterschiedlichen Rückkehrstrategien, siehe: Cox (1999), S. 226–236. 185

V. Fazit des Eigentumsschutzes

237

toren für eine Rückkehr. Eine entscheidende Rolle spielen auch wirtschaftliche Perspektiven, die angesichts der hohen Arbeitslosigkeit weder in Bosnien und Herzegowina noch im Kosovo gegeben sind.190 Schließlich kann das Ziel des Wiederaufbaus einer multiethnischen Gesellschaft in einer Nachkriegsgesellschaft mit extrem verfeindeten Volksgruppen an sich zu idealistisch sein. Viele Flüchtlinge und Vertriebene kommen nur zurück, um ihr Eigentum zu verkaufen und um sich in einer Gegend, in der sie zur Mehrheitsbevölkerung gehören, neu anzusiedeln.191 Verlässliche Zahlen, wie viele Rückkehrer tatsächlich ihre zurückgegebene Wohnstätte bewohnen oder sie verkaufen, sind weder für Bosnien und Herzegowina noch für Kosovo vorhanden. Im Rahmen der PLIP-Statistiken wurde eine Wiederinbesitznahme schon dann festgestellt, wenn der Anspruchsinhaber den Schlüssel für sein Haus oder seine Wohnung entgegennahm.192 Daten über anschließende Verkäufe existieren nicht. Hinsichtlich der PLIP-Statistiken über die Implementierung von Restitutionsansprüchen hat Philpott der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina sogar vorgeworfen, sie als Selbstzweck und Realitätsverschleierung über die tatsächliche Lage von rückkehrenden Flüchtlingen und Vertriebenen sowie für den Zweck zu benutzen, sich nicht um die rückkehrverhindernden wirtschaftlichen und sozialen Faktoren kümmern zu müssen.193 Selbst wenn die tatsächliche Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen in ihre Vorkriegswohnstätten das Primärziel des Annex 7 gewesen ist und auch für UNMIK eine wesentliche Aufgabe darstellt, orientiert sich das internationale Engagement in der Realität doch an dem politisch Machbaren. Um die Kooperation der Entitäten bei den Restitutionsvorhaben zu fördern bzw. zu erreichen, veränderte die internationale Gemeinschaft in Bosnien allmählich ihren Ansatz: Nachdem sie anfänglich versuchte, Eigentumsrestitution mit tatsächlicher und langfristiger Rückkehr zu koppeln, indem sie z. B. den Weiterverkauf von restituierten Wohnungen, die in Gemeinschaftseigentum standen, für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Wiederinbesitznahme verbot, hob sie entsprechende Regelungen 2001 auf und fokussierte zunehmend ausschließlich auf das Funktionieren des Restitutionsverfahrens.194 Auch wenn die kollektive Verwirklichung des allgemeinen Rückkehrrechts die zugrunde liegende Philosophie blieb, ersetzten juristische Verfahren zur Geltendmachung von individuellen Eigentumsrechten von Flüchtlingen und Vertriebenen umfassende politische Versuche, in Bosnien und Herzegowina eine multiethnische Gesellschaft entsprechend des 190 191 192 193 194

Heimerl, S. 384–385. Chandler, S. 319–320. Philpott (2006), S. 50. Philpott (2005), S. 18–19. Vgl. Philpott (2006), S. 50–54; Williams, S. 508–540.

238

E. Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen

status quo ante wieder aufzubauen und durchzusetzen. In abgeschwächter Form ist eine ähnliche Tendenz auch im Kosovo erkennbar. Während die Vollstreckung der HPCC-Entscheidungen voranschreitet, bleibt die Thematik der Rückkehr von nichtalbanischen Flüchtlingen und Vertriebenen zwar Gegenstand der politischen Diskussion und der Verhandlungen mit der Regierung von Serbien und Montenegro über den künftigen Status Kosovos. Diese Situation scheint jedoch nichts an einer Verfestigung der weitgehend monoethnischen kosovoalbanischen Gesellschaft zu ändern. Wenn in Nachkriegsgesellschaften, in denen die Voraussetzungen für eine sichere und ungehinderte Rückkehr kaum gegeben sind, die Restitution von Eigentum fortschreitet bzw. unbestrittene Eigentumstitel ausgestellt werden, besteht eine Tendenz zum massenhaften Verkauf von Flüchtlings- und Vertriebeneneigentum und zur Konsolidierung von ethnischer Segregation.195 Weitere Folge dieses Prozesses ist die Schaffung eines regen Eigentumsmarktes, der die Mittel für Entschädigungszahlungen bereit zu stellen scheint, die im Rahmen der eigentlich dafür intendierten Mechanismen bzw. Entschädigungsfonds bis dato nicht aufzutreiben waren. Es mag bedauert werden, dass die Restitutionsprogramme in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo bislang nicht zu einem Wiederaufleben von multiethnischen Gesellschaften geführt haben und dass das bevölkerungspolitische Resultat von „ethnischen Säuberungen“ nicht einfach ungeschehen gemacht werden kann. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die international durchgeführte bzw. unterstützte Eigentumsrestitution den betroffenen Flüchtlingen und Vertriebenen die Möglichkeit zur Rückkehr in ihre angestammten Wohnstätten gegeben hat, welche in vielen Fällen auch positiv genutzt worden ist.196 Daneben haben die Restitutionsprogramme, zwar nicht wie institutionell intendiert, eine de facto Entschädigungsmöglichkeit geschaffen, die den Betroffenen eine zweite Handlungsoption zur Verfügung gestellt hat, mit Hilfe derer sie sich anderweitig eine neue Existenz aufbauen bzw. einen gewissen Abstand zu dem Geschehenen erlangen konnten. Selbst wenn Eigentumsverkäufe in dieser Situation häufig deutlich unter Wert getätigt worden sind, stellt sich das beschriebene Rückgabeverfahren im Vergleich zu den in Kapitel C. geschilderten Fällen der vertriebenen bzw. geflohenen Deutschen und Palästinenser als rechtlicher und tatsächlicher Quantensprung hinsichtlich des internationalen Schutzes eines Menschenrechts auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen dar.

195 196

Philpott (2005), S. 19. Vgl. auch Williams, S. 553.

F. Standardsetzung durch die Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen zum Vertriebenenschutz und zum Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution Parallel zu dem beschriebenen Friedensengagement der internationalen Gemeinschaft fanden in der Menschenrechtskommission und anderen Menschenrechtsorganen der Vereinten Nationen Verhandlungen zur Setzung von internationalen Standards zum Schutz von Flüchtlingen und Vertriebenen statt.1 In diesem Rahmen wurden Eigentumsrechte vor allem in Zusammenhang mit einem internationalen Schutzregime für Vertriebene und von der Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte2 unter dem Tagungsordnungspunkt Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene (Housing and property restitution in the context of the return of refugees and internally displaced persons) diskutiert. Diese Beratungen waren durch eine weitere Diskussion der Menschenrechtskommission über ein Wiedergutmachungsrecht für Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen (right to restitution, compensation and rehabilitation for victims of gross violations of human rights and fundamental freedoms) sehr beeinflusst.3

I. Grundprinzipien und Leitlinien für das Recht auf Rechtsbehelf und auf Wiedergutmachung für schwere Verletzungen von internationalen Menschenrechten und humanitärem Völkerrecht Der Sonderberichterstatter van Boven hatte 1993 der Menschenrechtskommission einen Bericht vorgelegt, der in diesem Zusammenhang Grundprinzipien und Richtlinien vorschlug, wonach Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen wie Genozid, Sklaverei, Deportation oder Zwangsumsiedlung einen individualrechtlichen Anspruch auf Wiedergutmachung geltend machen können sollen.4 Als Formen der Wiedergutmachung nannte der Berichterstatter die Wiederherstellung des status quo ante einschließlich der Restitution von verlorenem 1 Für einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Initiativen und Schutzforen, siehe: Stavropoulou, S. 515–554. 2 Die Unterkommission hieß bis 1999 Unterkommission zur Verhinderung von Diskriminierung und zum Schutz der Minderheiten (Sub-Commission on the Prevention of Discrimination and Protection of Minorities). 3 Leckie (2003), S. 8–9.

240

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

Eigentum, soweit wie möglich, sowie Entschädigungszahlungen, Rehabilitationsmaßnahmen, Genugtuungsmaßnahmen und Erklärungen der Nichtwiederholung.5 Die von van Boven vorgeschlagenen Grundprinzipien und Richtlinien wurde nach Beratungen in der Kommission und Unterkommission mehrmals überarbeitet6 und schließlich 2005 in der 61. Sitzungsperiode von der Menschenrechtskommission mit dem Titel „Grundprinzipien und Richtlinien für das Recht auf Rechtsbehelf und auf Wiedergutmachung für schwere Verletzungen von internationalem Menschenrecht und humanitärem Völkerrecht“ (Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Gross Violations of International Human Rights Law and Serious Violations of International Humanitarian Law) beschlossen und Staaten zur Berücksichtigung empfohlen.7 Der einschlägige Paragraph zur Wiederherstellung lautet: „19. Restitution should, whenever possible, restore the victim to the original situation before the gross violations of international human rights law or serious violations of international humanitarian law occurred. Restitution includes, as appropriate: restoration of liberty, enjoyment of human rights, identity, family life and citizenship, return to one’s place of residence, restoration of employment and return of property.“8 4 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1993/8, Study concerning the right to restitution, compensation and rehabilitation for victims of gross violations of human rights and fundamental freedoms. Final report submitted by Mr. Theo van Boven, Special Rapporteur, 2. Juli 1993, Para. 137, Subparas. 1 und 6. 5 Ibid., Para. 137, Subparas. 8–11. 6 Siehe: UN Doc. E/CN.4/1997/104, Note prepared by the former Special Rapporteur of the Sub-Commission, Mr. Theo van Boven, in accordance with paragraph 2 of Sub-Commission resolution 1996/28, 13. Januar 1997; UN Doc. E/CN.4/2000/62, The right to restitution, compensation and rehabilitation for victims of gross violations of human rights and fundamental freedoms. Final report of the Special Rapporteur, Mr. M. Cherif Bassiouni, submitted in accordance with Commission resolution 1999/33, 18. Januar 2000; UN Doc. E/CN.4/2005/59, Report of the Third Consultative Meeting on the „Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Violations of International Human Rights and Humanitarian Law“ (Geneva, 29 September–1 October 2004), Chairperson-Rapporteur: Mr. Alejandro Salinas, 21. Dezember 2004. Für eine zusammenfassende Darstellung der Entstehungsgeschichte der Prinzipien, siehe: Shelton, S. 143–147. 7 UN Doc. E/CN.4/2005/35, Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Gross Violations of International Human Rights Law and Serious Violations of International Humanitarian Law, 19. April 2005. Für einen Überblick über den Inhalt der Prinzipien, siehe: Shelton, S. 147–152. 8 Ibid., Para. 19. Die vorhergehenden Bestimmungen der Grundprinzipien und Leitlinien zur Wiedergutmachung lauten: „15. Adequate, effective and prompt reparation is intended to promote justice by redressing gross violations of international human rights law or serious violations of international humanitarian law. Reparation should be proportional to tthe gravity of the violations and the harm suffered. In accordance with its domestic laws and international legal obligations, a State shall provide reparation to victims for acts or omissions which can be attributed to the State and constitute gross violations of international human rights law or serious violations of international humanitarian law. In cases

I. Grundprinzipien und Leitlinien für das Recht auf Rechtsbehelf

241

Danach schließt die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ausdrücklich die Rückkehr zur ursprünglichen Wohnstätte und die Rückgabe von Eigentum ein. In der Präambel wird betont, dass die Grundprinzipien und Richtlinien keine neuen völkerrechtlichen oder nationalen Verpflichtungen mit sich bringen, sondern lediglich Verfahren und Methoden identifizieren, die bereits bestehende menschenrechtliche oder humanitäre Normen implementieren sollen.9 Ob die Grundprinzipien tatsächlich existierendes Völkerrecht widerspiegeln, ist allerdings umstritten. Während einige Autoren von einem völkergewohnheitsrechtlich erhärteten individuellen Klagerecht bei schweren Menschenrechtsverletzungen oder bei schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ausgehen,10 bestreiten andere Autoren dies mit Hinweis auf eine ungenügende Staatenpraxis, das Fehlen eines individuellen Klagerechts in den ILC-Artikeln zur Staatenverantwortlichkeit sowie mit Blick auf die Zurückhaltung der Staatengemeinschaft bezüglich individueller völkerrechtlicher Klagemöglichkeiten angesichts der potentiellen Höhe der Entschädigungszahlungen.11 Die völkergewohnheitsrechtliche Geltung der Grundprinzipien und Richtlinien zum (allgemeinen) Recht auf Rechtsbehelf und Wiedergutmachung bei schweren Verletzungen der Menschenwhere a person, a legal person, or other entity is found liable for reparation to a victim, such party should provide reparation to the victim or compensate the State if the State has already provided reparation to the victim. 16. States should endeavour to establish national programmes for reparation and other assistance to victims in the event that the party liable for the harm suffered is unable or unwilling to meet their obligations. 17. States shall, with respect to claims by victims, enforce domestic judgements for reparation against individuals or entities liable for the harm suffered and endeavour to enforce valid foreign legal judgements for reparation in accordance with domestic law and international legal obligations. To that end, States should provide under their domestic laws effective mechanisms for the enforcement of reparation judgements. 18. In accordance with domestic law and international law, and taking into account of individual circumstances, victims of gross violations of international human rights law and serious violations of international humanitarian law should, as appropriate and proportional to the gravity of the violation and the circumstances of each case, be provided with full and effective reparation, as laid out in principles 19 to 23, which include the following forms: restitution, compensation, rehabilitation, satisfaction and guarantees of non-repetitition.“ 9 Ibid., Präambel: „Emphasizing that the Principles and Guidelines do not entail new international or domestic legal obligations but identify mechanisms, modalities, procedures and methods for the implementation of existing legal obligations under international human rights law and international humanitarian law which are complementary though different as to their norms; . . .“ Siehe auch: van Boven, S. 350–351. 10 Z. B. Fischer-Lescano, S. 299–381; Shelton, S. 151 und 465; Brinkmeier (2002), S. 538–539; Traßl, S. 58–110. 11 Hofmann, S. 779–780; Tomuschat (2000), S. 160–160, 173–174; Tomuschat (1999), S. 18–25.

242

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

rechte oder des humanitären Völkerrechts kann hier aufgrund des speziellen eigentumsrechtlichen Fokus der vorliegenden Arbeit dahingestellt bleiben, zumal auf die gewohnheitsrechtliche Verankerung des Eigentumsrechts in den Schlussfolgerungen eingegangen werden wird. Hinsichtlich des allgemeinen Rechts auf Rechtsbehelf und Wiedergutmachung bleibt in diesem Zusammenhang jedoch festzuhalten, dass das Recht in die Beratungen der Menschenrechtskommission und ihrer Unterkommission über den Eigentumsschutz von Flüchtlingen und Vertriebenen maßgeblich eingeflossen ist.

II. Eigentumsschutz im Rahmen eines Schutzregimes für Vertriebene Auf Anfrage der Menschenrechtskommission erstellte der Generalsekretär 1992 einen Bericht zur Vertriebenenproblematik, der die Gründe für Vertreibung und deren Konsequenzen untersuchte und der Frage nach ausreichendem menschenrechtlichem Schutz für Vertriebene nachging.12 Der Generalsekretär kam u. a. zu dem Schluss, dass das gegenwärtige Völkerrecht kein eindeutiges menschenrechtliches Schutzinstrument für Vertriebene besitze, sondern aus einem Flickwerk von vertrags- und gewohnheitsrechtlichen Bestimmungen bestehe, welches zwischen verschiedenen Vertriebenengruppen hinsichtlich des Vertreibungsgrundes diskriminiere.13 Er empfahl, diese ungenügende Situation durch die Entwicklung von Richtlinien über Vertriebenenrechte zu verbessern.14 Eigentumsrechte wurden bis auf eine kurze Nennung in Verbindung mit der Interamerikanischen Menschenrechtskommission hingegen nicht erwähnt.15 In ihrer 48. Sitzungsperiode würdigte die Menschenrechtskommission 1992 den Bericht und beauftragte den Generalsekretär, Francis M. Deng als Beauftragten für Vertriebenenangelegenheiten (Representative on internally displaced persons) zu ernennen.16 Dessen erste Aufgabe war die Erstellung einer umfassenden Studie über verschiedene menschenrechtliche Aspekte beim Vertriebenenschutz.17 1996 legte der Beauftragte der Kommission eine Studie mit dem Titel „Compilation and Analysis of Legal Norms“ vor, die eine Zusammenstellung und Analyse des bestehenden Schutzregimes für Vertriebene und der entsprechenden staatlichen und internationalen Verpflichtungen beinhaltete.18 Die Studie enthielt eine umfassende Untersuchung über die relevanten menschen12 UN Doc. E/CN.4/1992/23, Analytical report of the Secretary-General on internally displaced persons, 14. Februar 1992. 13 Zu dem Verhältnis von menschen-, flüchtlings- und humanitärrechtlichen Normen bei Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen, siehe: Fitzpatrick, Joan, S. 3–25. 14 Analytical report, siehe FN 12, Para. 103. 15 Ibid., Para. 90. 16 Commisson on Human Rights Res. 1992/73, 5. März 1992. 17 Für das Mandat und die Rolle des Beauftragten, siehe: Weiss, S. 363–373.

II. Eigentumsschutz im Rahmen eines Schutzregimes

243

und kriegsrechtlichen Bestimmungen sowie über die einschlägigen Vorschriften des analog auf Vertriebene angewandten Flüchtlingsrechts und kam zu dem Schluss, dass trotz des partiell gegebenen materiellen Rechtsschutzes für Vertriebene einige bedeutsame Gebiete nicht adäquat rechtlich abgedeckt sind. Hinsichtlich eines Restitutions- bzw. Entschädigungsrechts für zurückgelassenes und besetztes Eigentum bemerkte der Beauftragte, dass es einen gewissen Trend zu seiner Anerkennung in den allgemeinen Menschenrechtsinstrumenten im Zusammenspiel mit der progressiven Weiterentwicklung des Völkerrechts gäbe.19 Unter Zitierung des in Abschnitt 1. behandelten van Boven-Berichts zum Recht auf Wiedergutmachung bei schweren Menschenrechtsverletzungen berief sich der Beauftragte dabei auf das in Artikel 8 der AEMR und Artikel 10 der AMRK enthaltene Recht auf wirksamen Rechtsbehelf sowie Entscheidungen des EGMR, des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs und der UNCC sowie dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, die Opfern von Menschenrechtsverletzungen Entschädigungen zusprachen bzw. zuspricht.20 Nichtsdestotrotz fasste die Studie den Regelungsmangel hinsichtlich des Eigentumsschutzes für Vertriebene wie folgt zusammen: „While a right to property for internally displaced persons is mainly protected by regional human rights conventions and by humanitarian law, the right to restitution of property lost as a consequence of displacement or compensation for its loss is not fully recognized and, therefore, should be addressed by a future international instrument.“21

Im Anschluss an diese Studie beauftragten die Menschenrechtskommission und die Generalversammlung den Beauftragten für Vertriebenenangelegenheiten mit der Ausarbeitung eines angemessenen rechtlichen Rahmens für den Schutz und die Unterstützung von Vertriebenen.22 Nach Vorlage einer zweiten Studie über den Schutz gegen willkürliche Umsiedlung23 verabschiedete die Men18 UN Doc. E/CN.4/1996/52/Add.2, Report of the Representative of the SecretaryGeneral, Mr. Francis M. Deng, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1995/57, Compilation and Analysis of legal norms, 5. Dezember 1995. 19 Ibid., Para. 275. 20 Ibid., FN 368. 21 Ibid., Para. 284. Siehe auch Para 415 (f), wie folgt: „Areas of insufficient protection where a general norm exists but a corollary, more specific right relevant for the protection of particular needs of internally displaced persons has not been articulated are numerous: . . . (f) Regarding property-related needs, the right to restitution of property lost as a consequence of displacement or to compensation for its loss is not fully recognized; there is a clear gap in situations of armed conflict, whether internal or international.“ 22 UN Doc. A/Res/50/195, 22. Dezember 1995; UN Doc. E/CN.4/1996/52, 19. April 1996. 23 UN Doc. A/CN.4/1998/53/Add.1, Compilation and Analysis of Legal Norms, Part II: Legal Aspects Relating to the Protection against Arbitrary Displacement, 11. Februar 1998.

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

schenrechtskommission 1998 entsprechende Leitprinzipien zum Vertriebenenschutz (Guiding Principles on Internal Displacement).24 Durch Auflistung der vorhandenen Rechte und Schutzpflichten sollen diese Prinzipien die besonderen Bedürfnisse von Vertriebenen weltweit adressieren, wobei der Sonderbeauftragte ausdrücklich festestellte, dass die Prinzipien allgemein anerkannte menschenrechtliche Standards und existierendes humanitäres Völkerrecht widerspiegeln.25 Die Leitprinzipien sollen den Staaten und relevanten Organisationen Anleitung beim Umgang mit der Vertriebenenproblematik geben. Neben allgemeinen Prinzipien wie z. B. dem Verbot der Diskriminierung wird dabei zwischen konkreten Leitprinzipien unterschieden, die dem Schutz vor Vertreibung dienen (Prinzipien 5–9), die den Schutz während der Vertreibung behandeln (Prinzipien 10–23), die Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Rahmen der humanitären Hilfe regeln (Prinzipien 24–27), und die Rückkehr- und Wiedereingliederungsfragen betreffen (Prinzipien 28–30). Die erste Gruppe von Leitprinzipien differenziert zwischen verbotenen (willkürlichen) Vertreibungen und erlaubten (rechtsstaatlichen) Umsiedelungen. Prinzip 6 regelt das Recht auf Schutz gegen willkürliche Umsiedlung und nennt verschiedene diesbezügliche Fallkonstellationen: „1. Every human being shall have the right to be protected against being arbitrarily displaced from his or her home or place of habitual residence. 2. The prohibition of arbitrary displacement includes displacement: (a) When it is based on policies of apartheid, „ethnic cleansing“ or similar practices aimed at/or resulting in altering the ethnic, religious or racial composition of the affected population; (b) In situations of armed conflict, unless the security of the civilians involved or imperative military reasons so demand; (c) In cases of large-scale development projects, which are not justified by compelling and overriding public interests; (d) In cases of disasters, unless the safety and health of those affected requires their evacuation; and (e) When it is used as a collective punishment. 3. Displacement shall last no longer than required by the circumstances.“

Für den Fall der Unvermeidbarkeit bestimmt Prinzip 7, dass Umsiedlungen nur dann nicht rechtswidrig sind, wenn der verantwortliche Staat, soweit wie möglich, ausreichenden Ersatzwohnraum zur Verfügung stellt. Weiterhin wird stipuliert, dass Umsiedlungen in anderen Situationen, als Notfälle in Verbin24 UN Doc. E/CN.4/1998/53/Add.2, Guiding Principles on Internal Displacement, 11. Februar 1998. Für einen umfassenden Überblick über die Entstehungsgeschichte und eine Kommentierung der Leitprinzipien, siehe: Cohen, S. 76–85; Mooney, 161– 166. 25 Guiding Principles, ibid., Para. 9.

II. Eigentumsschutz im Rahmen eines Schutzregimes

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dung mit einem bewaffneten Konflikt oder natürlichen Umweltkatastrophen, ein rechtsstaatliches Umsiedlungsverfahren einschließlich Entschädigungszahlungen und der Möglichkeit zur Einlegung von Rechtsmitteln voraussetzen.26 In dem Abschnitt der Leitprinzipien, der den Schutz während der Vertreibung behandelt, werden verschiedene Rechte der Vertriebenen, wie das Recht auf Leben oder das Recht auf angemessenen Lebensstandard aufgelistet. In Bezug auf das Eigentum regelt Prinzip 21, dass: „1. No one shall be arbitrarily deprived of property and possessions. 2. The property and possessions of internally displaced persons shall in all circumstances be protected, in particular, against the following acts: (a) Pillage; (b) Direct or indiscriminate attacks or other acts of violence; (c) Being made the object of reprisal; and (d) Being destroyed or appropriated as a form of collective punishment. 3. Property and possessions left behind by internally displaced persons should be protected against destruction and arbitrary and illegal appropriation, occupation or use.“27

Abs. 1 des Prinzips 21 ist am Wortlaut des Artikels 17, Abs. 2, der AEMR orientiert. Zwar bestätigt er nicht erneut ausdrücklich das Recht auf Eigentum entsprechend des Artikel 17, Abs. 1, der AEMR. Angesichts der an Abs. 2 angelehnten Formulierung kann jedoch die a priori Annahme eines bestehenden

26

Das Prinzip 7 lautet: „1. Prior to any decision requiring the displacement of persons, the authorities concerned shall ensure that all feasible alternatives are explored in order to avoid displacement altogether. Where no alternatives exist, all measures shall be taken to minimize displacement and its adverse effects. 2. The authorities undertaking such displacement shall ensure, to the greatest practicable extent, that proper accommodation is provided to the conditions of safety, nutrition, health and hygiene, and that members of the same family are not separated. 3. If displacement occurs in situations other than during the emergency stages of armed conflicts and disasters, the following guarantees shall be complied with: (a) A specific decision shall be taken by a State authority empowered by law to order such measures; (b) Adequate measures shall be taken to guarantee to those to be displaced full information on the reasons and procedures for their displacement and, where applicable, on compensation and relocation; (c) The free and informed consent of those to be displaced shall be sought; (d) The authorities concerned shall endeavour to involve those affected, particularly women, in the planning and management of their relocation; (e) Law enforcement measures, where required, shall be carried out by competent legal authorities; and (f) The right to an effective remedy, including the review of such decisions by appropriate judicial authorities, shall be respected.“ 27 Siehe dazu: Bagshaw, S. 209–223.

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

(universellen) Eigentumsrechts vorausgesetzt werden. Die Abs. 2 und 3 des Prinzips 21 enthalten Regelungen, die die in Kapitel A. I. beschriebenen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts zum Schutz des Eigentums in besetzten Gebieten widerspiegeln.28 Gemäß der Prinzipien 3 und 25, Abs. 1, der Leitprinzipien wird festgestellt, dass die primäre Verantwortlichkeit für Vertriebenenschutz und humanitäre Hilfe bei den Staaten liegt, wobei internationale Hilfsorganisationen und andere Akteure sie nach Prinzip 25, Abs. 2, unterstützen können. Auch wenn keine Pflicht zur Akzeptanz eines internationalen Hilfsangebots besteht, soll der betreffende Staat seine Einwilligung zum internationalen Tätigwerden nicht willkürlich zurückhalten.29 Gemäß Prinzip 27 sollen internationale Hilfsorganisationen und andere Akteure bei der Erledigung ihrer humanitären Aufgaben sich nach den Bedürfnissen und Menschenrechten der Vertriebenen richten und dabei einschlägige internationale Standards und Verhaltensvorschriften beachten.30 Bezüglich der Umsetzung des Rückkehrrechts stipulieren die Leitlinien in Prinzip 28 die Verantwortlichkeit der zuständigen Behörden, die Bedingungen zu schaffen und Mittel bereitzustellen, um den Vertriebenen entweder eine freiwillige Rückkehr zu ihren Häusern und gewohnten Aufenthaltsorten oder ein freiwilliges Sich-Niederlassen an einem anderen Ort in dem betreffenden Staat zu ermöglichen. Gemäß Prinzip 29, Abs. 2, haben die Behörden die Pflicht, soweit wie möglich, zurückgekehrten oder umgesiedelten Vertriebenen bei der Wiedererlangung ihres Eigentums behilflich zu sein oder, falls dies unmöglich

28

Vgl. Kälin (2000), S. 53–54. UN Doc. E/CN.4/1998/53/Add.2; Prinzip 25 lautet: „1. The primary duty and responsibility for providing humanitarian assistance to internally displaced persons lies with national authorities. 2. International humanitarian organizations and other appropriate actors have the right to offer their services in support of the internally displaced. Such an offer shall not be regarded as an unfriendly act or an interference in a State’s internal affairs and shall be considered in good faith. Consent thereto shall not be arbitrarily withheld, particularly when authorities concerned are unable or unwilling to provide the required humanitarian assistance. 3. All authorities shall grant and facilitate the free passage of humanitarian assistance and grant persons engaged in the provision of such assistance rapid and unimpeded access to the internally displaced.“ Dazu siehe: Cohen, S. 81. 30 Ibid., Prinzip 27 lautet: „1. International humanitarian organizations and other appropriate actors when providing assistance should give due regard to the protection needs and human rights of internally displaced persons and take appropriate measures in this regard. In so doing, these organizations and actors should respect relevant international standards and codes of conduct. 2. The preceding paragraph is without prejudice to the protection responsibilities of international organizations mandated for this purpose, whose services may be offered or requested by States.“ 29

III. Empfehlungen des Rassendiskriminierungsausschusses

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ist, eine angemessene Entschädigung oder andere Form der Wiedergutmachung zu zahlen bzw. sie bei entsprechenden Bemühungen zu unterstützen: „2. Competent authorities have the duty and responsibility to assist returned and/or resettled internally displaced persons to recover, to the extent possible, their property and possessions which they left behind or were dispossessed of upon their displacement. When recovery of such property and possessions is not possible, competent authorities shall provide or assist the these persons in obtaining appropriate compensation or another form of just reparation.“31

III. Eigentumsrelevante Empfehlungen des Rassendiskriminierungsausschusses Kurz vor Beschluss der Leitprinzipien zum Vertriebenenschutz durch die Menschenrechtskommission hatte der Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (Committee on the Elimination of Racial Discrimination) 1996 in seiner 49. Sitzungsperiode eine allgemeine Empfehlung (Nr. 22) zu Artikel 5 des Rassendiskriminierungsübereinkommens mit Blick auf Flüchtlinge und Vertriebene verabschiedet.32 In dieser Empfehlung wurde auf den Zusammenhang zwischen Konflikten und ethnisch motivierten Flüchtlingsströmen und Vertreibungen hingewiesen und das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre angestammten Häuser einschließlich eines Restitutions- bzw. Entschädigungsrechts für entzogenes Eigentum wie folgt proklamiert: „The Committee on the Elimination of Racial Discrimination, Conscious of the fact that foreign military, non-military and/or ethnic conflicts have resulted in massive flows of refugees and the displacement of persons on the basis of ethnic criteria in many parts of the world, . . . 2. Emphasizes in this respect that: (a) All such refugees and displaced persons have the right freely to return to their homes of origin under conditions of safety; (b) States parties are obliged to ensure that the return of such refugees and displaced persons is voluntary and to observe the principle of non-refoulement and non-expulsion of refugees; (c) All such refugees and displaced persons have, after their return to their homes of origin, the right to have restored to them property of which they were deprived in the course of the conflict and to be compensated appropriately for any such property that cannot be restored to them. Any commitments or statements relating to such property made under duress are null and void; . . .“

31

Ibid., Prinzip 29, Abs. 2. Dazu: Kälin (2000), S. 72–73. UN Doc. A/51/18, CERD General Recommendation XXII, Article 5 and refugees and displaced persons, 24. August 1996. 32

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

Ein Jahr später sprach sich der Rassendiskriminierungsausschuss 1997 in ähnlicher Weise in seiner allgemeinen Empfehlung Nr. 23 zum Schutz von Eigentumsrechten von indigenen Völkern aus.33 Auf eine Anregung der Vorsitzenden der vertraglichen Menschenrechtsorgane,34 entschied der Rassendiskriminierungsausschuss im gleichen Jahr der Unterkommission der Menschenrechtskommission das Thema „Rückgabe von Flüchtlings- oder Vertriebeneneigentum“ als eins von neun Themen zur Erstellung entsprechender Studien vorzuschlagen. In diesem Zusammenhang bemerkte der Ausschuss: „The flight of hundreds of thousands of refugees or displaced persons who leave their homes and properties empty, as a result of an armed conflict, frequently results in such property being occupied by non-authorized people. Such is at present the case in the Great Lakes region, Bosnia and Herzegovina, Cyprus and elsewhere. After their return to their homes of origin all such refugees and displaced persons have the right to have restored to them property of which they were deprived in the course of the conflict and to be compensated for any such property that cannot be restored. Furthermore, any commitments or statements relating to such property made under duress should be null and void. The magnitude of this problem is such that it requires a study on the basis of international law and existing international instruments in the field of human rights.“35

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene 1. Resolution der Unterkommission Nr. 1998/26 Die Unterkommission nahm diesen Vorschlag in ihrer 49. Sitzungsperiode auf36 und verabschiedete in der 50. Sitzungsperiode im August 1998 eine Resolution, die den Schutz gegen unrechtmäßige Besetzung von zurückgelassenem Eigentum wie im Prinzip 21, Abs. 3, der Leitprinzipien artikuliert, weiterzuentwickeln beabsichtigte. In Resolution 1998/26 mit dem Titel „Wohn- und Grund33 UN Doc. A/52/18, CERD General Recommendation No. 23 on indigenous people, 18. August 1997. Die relevante Passage lautet: „5. The Committee especially calls upon States parties to recognize and protect the rights of indigenous peoples to own, develop, control and use their communal lands, territories and resources and, where they have been deprived of their lands and territories traditionally owned or otherwise inhabited or used without their free and informed consent, to take steps to return those lands and territories. Only when this is for factual reasons not possible, the right to restitution should be substituted by the right to just, fair and prompt compensation. Such compensation should as far as possible take the form of lands and territories.“ 34 UN Doc. A/51/482, Para. 53, 11. Oktober 1996. 35 Sub-Commission Res. 1997/31, 28. August 1997. 36 Sub-Commission Dec. 1997/112, 27. August 1997.

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

249

besitzrestitution“ bekräftigte die Unterkommission das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre angestammten Wohnstätten und zu ihrem Grundbesitz im Ursprungsland. Daneben bestätigte sie, dass die Verabschiedung oder Anwendung von Gesetzen, die den Verlust oder Entzug von Miet-, Nutzungs- und Eigentumsrechten an Wohnraum oder Grundbesitz beabsichtigen oder herbeiführen, ernsthafte Hindernisse für die Rückkehr von gesellschaftliche Wiedereingliederung von Flüchtlingen und Vertriebenen sowie für den Wiederaufbau von und die Versöhnung in Nachkriegsgesellschaften darstellt. Gleiches gelte für den aktiven Entzug von Niederlassungsrechten an einem bestimmten Ort oder für Gesetze über die Aufgabe von Wohn- oder Grundbesitz, die gegen Flüchtlinge und Vertriebene angewandt werden. Des Weiteren drängte die Unterkommission alle Staaten, eine freie und faire Ausübung des Rückkehrrechtes sicherzustellen und dafür effektive und zweckmäßige juristische, administrative and andere Verfahren einschließlich fairer und effizienter Mechanismen zur Lösung von Problemen in Zusammenhang mit Wohn- und Grundbesitz zu entwickeln.37 Mit Resolution 1998/26 beabsichtigte die Unterkommission, die Menschenrechtskommission dazu zu bringen, das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene durch eine eigene Resolution als internationale Norm weiter zu etablieren.38 Der von Georgien eingebrachte Vorschlag stieß jedoch in der 55. Sitzungsperiode der Kommission vor allem bei Österreich und den USA auf Widerstand.39 Angesichts der unwägbaren Konsequen37 Sub-Commission Res. 1998/26, 26. August 1998. Die relevanten Passagen lauten: „The Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities, . . . 1. Reaffirms the right of all refugees, as defined in relevant international legal instruments, and internally displaced persons to return to their homes and places of habitual residence in their country and/or place of origin, should they so wish; 2. Reaffirms also the universal applicability of the right to adequate housing, the right to freedom of movement and the right to privacy and respect for the home, and the particular importance of these rights for returning refugees and internally displaced persons wishing to return to their homes and places of habitual residence; 3. Confirms that the adoption or application of laws by States which are designed to or result in the loss or removal of tenancy, use, ownership or other rights connected with housing and property, the active retraction of the right to reside within a particular place, or laws of abandonment employed against refugees or internally displaced persons pose serious impediments to the return and reintegration or refugees and internally displaced persons and to reconstruction and reconciliation; 4. Urges all States to ensure the free and fair exercise of the right to return to one’s home and place of habitual residence by all refugees and internally displaced persons and to develop effective and expeditious legal, administrative and other procedures to ensure the free and fair exercise of this right, including fair and effective mechanisms designed to resolve outstanding housing and property problems; . . .“ 38 Thiele, S. 4. 39 UN Doc. E/CN.4/1999/SR.39, 21. April 1999.

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

zen einer Proklamierung eines allgemeinen Restitutionsrechts wurde befunden, dass die Unterkommission das Rückkehrrecht einschließlich der Eigentumsrestitution weiter beraten und die diesbezüglichen Probleme genauer definieren sollte. Entgegen der Erwartung der Unterkommission nahm die Kommission in Resolution 1999/47 daher lediglich Kenntnis von Resolution 1998/26 und regte die Unterkommission an, ihre Arbeit zu der Thematik fortzuführen.40 2. Studien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskatastrophe im Kosovo stellte daraufhin die Unterkommission 1999 die zunehmende Bedeutung des Restitutionsrechts für Flüchtlinge und Vertriebene fest und entschied der Menschenrechtskommission zu empfehlen, Resolution 1998/26 durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen mit der Bitte um Kommentar an die Mitgliedsstaaten, den Beauftragten für Vertriebenenangelegenheiten, das UNHCR und andere Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen zu verteilen.41 Die Bemühungen der Unterkommissionen um eine Normierung des Eigentumsschutzes für Flüchtlinge und Vertriebene wurden durch den Beauftragten für Vertriebenenangelegenheiten unterstützt, der in seinem Bericht an die Menschenrechtskommission die Thematik der Wohn- und Grundbesitzrestitution als ein Gebiet bezeichnete, welches über die bereits unternommenen Forschungen hinaus zusätzlicher Untersuchung bedürfe.42 In ihrer 53. Sitzungsperiode beauftragte die Unterkommission den Sonderberichterstatter Pinheiro mit der Erstellung eines Arbeitspapiers über die Rückgabe von Flüchtlings- oder Vertriebeneneigentum, auf dessen Grundlage die Unterkommission über die Anfertigung einer umfassenden Studie zur Thematik entscheiden wollte.43 In diesem Arbeitspapier erläuterte der Sonderberichterstatter, dass die Bezeichnung „housing and property“ sowohl Wohnungen, als auch Grund und Boden umfasst.44 Im Zusammenhang mit der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre Häuser oder gewöhnlichen Aufenthaltsorte sei der Begriff der Eigentumsrestitution durch den Zusatz „housing“ erweitert worden, um ihn von Eigentumsrestitution in anderen Kontexten mit weniger internationaler Aufmerksamkeit abzugrenzen und weil die Wiederherstellung von Wohn- und Eigentumsrechten bei der Gewährleistung einer freiwilligen, siche40

Sub-Commission Res. 1999/47, 27. April 1999, Präambel. Sub-Commission Res. 1999/108, 25. August 1999. 42 UN Doc. E/CN.4/2000/83, Report of the Representative of the Secretary-General, Mr. Francis M. Deng, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1999/47, 26. Januar 2000, Para. 74. 43 Sub-Commission Dec. 2001/122, 18. August 2001. 44 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2002/17, Working paper submitted by Mr. Paulo Sérgio Pinheiro pursuant to Sub-Commission decision 2001/122, 12. Juni 2002, Para. 9. 41

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

251

ren und würdevollen Rückkehr eine einzigartige Rolle spiele.45 Nach Ansicht des Sonderberichterstatters spiegele der Zusatz „housing“ des Weiteren auch das Recht auf angemessene Unterkunft wieder, welches völkerrechtlich stärker als das Recht auf Eigentum verankert und im Rahmen einer Wohn- und Grundbesitzrestitution mit Blick auf eventuelle unrechtmäßigen Besitzer zu beachten ist.46 Der Begriff „restitution“ bezeichne einen angemessenen Rechtsbehelf bzw. eine Form der restaurativen Gerechtigkeit, durch den bzw. die ursprüngliche Situation des Geschädigten vor Schadenseintritt soweit wie möglich wiederhergestellt würde, was auch die Rückgabe von willkürlich oder unrechtmäßig enteignetem Wohn- und Grundbesitz einschließt. In diesem Zusammenhang machte der Sonderberichterstatter deutlich, dass die Restitution von Wohn- und Grundbesitz von Flüchtlingen und Vertriebenen sowohl als internationales Menschenrecht für Flüchtlinge und Vertriebene als auch als Schlüsselelement für die Umkehrung von Vertreibungsunrecht immer mehr anerkannt werde.47 Die Wohnund Eigentumsrückgabe sei notwendig, um das Rückkehrrecht für Flüchtlinge und Vertriebene zu implementieren, welches mittlerweile nicht mehr lediglich eine Rückkehr in das Ursprungsland, sondern auch in das spezifische Haus einschließe.48 Das Arbeitspapier enthielt eine erste Zusammenstellung der einschlägigen rechtlichen Grundlagen, zeigte verschiedene, in der Praxis bedeutsame Aspekte für die Wohn- und Grundbesitzrestitution auf, und empfahl die weitere Erforschung der Thematik.49 Die Unterkommission und die Menschenrechtskommission nahmen die Empfehlung des Sonderberichterstatters auf und beauftragten ihn mit der Erstellung einer Studie zur Wohn- und Grundbesitzrestitution im Kontext der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen.50 In der 55. Sitzungsperiode der Unterkommission legte der Sonderberichterstatter 2003 einen ersten Bericht vor, der einen kurzen Überblick über verschiedene Flüchtlings- und Vertreibungsszenarien und der dazugehörigen Eigentumsrestitutionsprogramme gab.51 Dazu stellte er die 45

Ibid.; siehe auch: Leckie (2003), S. 3, FN 1. Working Paper, siehe FN 44, Para. 10 und 48. Das Recht für angemessene Behausung wird von dem Recht zu einem angemessenen Lebensstandard (Artikel 25, Abs. 1, der AEMR und Artikel 11, Abs. 1, des IPwskR) abgeleitet. Für eine detaillierte Interpretation des Rechts, siehe: Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Allgemeine Bemerkung (General Comment) Nr. 7, UN Doc. E/1992/23, 13. Dezember 1991. 47 Ibid., Para. 11. 48 Ibid., Paras. 22 und 29. 49 Ibid., Para. 68. 50 Sub-Commission Res. 2002/7, 14. August 2002; Commission on Human Rights Dec. 2003/109, 24. April 2003. 51 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2003/11, Preliminary Report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro, submitted in accordance with Sub-Commission resolution 46

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

Schwierigkeiten dar, die sich bei der Durchführung der Restitutionsprogramme herausgestellt hatten. Dazu gehörte die Besetzung des zurückzugebenden Wohnraums durch Unberechtigte, die Zerstörung von Eigentum, den Verlust oder die Vernichtung von Kataster- bzw. Grundbuchauszügen, uneffiziente Streitbeilegungsmechanismen, sowie restitutionsimmanente Diskriminierung gegen bestimmte Gruppen.52 Schließlich beschrieb der Berichterstatter den Zusammenhang zwischen Eigentumsrestitution und Friedenssicherung und die Rolle der internationalen Gemeinschaft bzw. der Vereinten Nationen bei der Entwicklung, Überwachung und Durchführung der Restitutionsprogramme.53 Angesichts der unterschiedlichen Ergebnisse von Restitutionsprogrammen, die auch einer fehlenden internationalen und konsistenten Strategie bzw. konzeptionellen Fehlern, Befangenheit und institutionellem Unvermögen geschuldet seien, empfahl der Sonderberichterstatter der Unterkommission, universelle Prinzipien und Richtlinien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene, sowie ein entsprechendes Modelrestitutionsverfahren zu entwickeln.54 Die Unterkommission begrüßte den Bericht und folgte der Empfehlung.55 3. Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene In Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Staaten, internationalen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen mit einschlägiger Praxiserfahrung entwickelte der Sonderberichterstatter daraufhin Prinzipien und einen dazugehörigen Kommentar zur Wohn- und Grundbesitzrestitution, die er der Unterkommission 2004 in einem Zwischenbericht und 2005 in seinem Abschlussbericht zur Erörterung vorlegte.56 Dabei wurde deutlich gemacht, dass die Prinzipien lediglich weithin akzeptierte internationale menschen-, flüchtlings- und humanitärrechtliche Normen reflektieren und keineswegs dahingehend ausgelegt werden sollten, bestehendes Völkerrecht zu begrenzen oder zu verändern.57 2002/7, 16. Juli 2003. Der Report beinhaltet Informationen zu Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Ruanda, Georgien, Guatemala und Kosovo (Paras. 12–44). 52 Ibid., Paras. 45–56. 53 Ibid., Paras. 57–65. 54 Ibid., Para. 80. 55 Sub-Commission Res/2003/18, 56 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2004/22, Progress report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro, submitted in accordance with Sub-Commission resolution 2002/7, 2. Juni 2004; UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2004/22/Add.1, Addendum. Commentary on the Draft Principles on Housing and Property Restitution for Refuees and Displaced Persons, 8. Juni 2004; UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/17, Final Report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro. Principles on housing and property restitution for refugees and displaced persons, 28. Juni 2005; UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/ 17/Add.1, Addendum. Explanatory Notes on the Principles on Housing and Property Restitution for Refugees and Displaced Persons, 11. Juli 2005.

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

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In Resolution 2005/21 billigte („endorses“) die Unterkommission in ihrer 57. Sitzungsperiode die Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene und regte die Staatengemeinschaft, Regierungsorganisationen und andere relevante Akteure zur Anwendung und Implementierung der Prinzipien an.58 Gleichzeitig drängte sie die Staaten, dass Recht aller Flüchtlinge und Vertriebenen auf Rückkehr und Rückgabe von willkürlich oder unrechtmäßig entzogenem Wohnraum, Land und/oder (sonstigem) Eigentum zu gewährleisten und effektive und zweckmäßige juristische, administrative und sonstige Verfahren einzurichten, um eine freie und faire Rechtsausübung und seine tatsächliche faire und wirksame Umsetzung sicherzustellen. Daneben betonte die Unterkommission erneut, dass kein Staat Gesetze verabschieden oder anwenden solle, die den Restitutionsprozess beeinträchtigen, und bekräftigte, dass Flüchtlinge und Vertriebene ein Recht auf volle und wirksame Entschädigung als integralen Bestandteil des Restitutionsprozesses besitzen.59 57 Ibid., Final Report, Para. 8 und Artikel 23 der Prinzipien. Keller argumentiert allerdings, dass die Prinzipien hinsichtlich des Eigentumsschutzes und des allgemeinen Rechts auf Wiedergutmachung über bestehendes Völkergewohnheitsrecht hinausgegangen sind. Vgl. Keller, S. 121–123. 58 Sub-Commission Res. 2005/21, 11. August 2005, Para. 5. Der operative Teil der Resolution lautet: „The Sub-Commission on the Promotion and Protection of Human Rights, 1. Urges States to ensure the right of all refugees and displaced persons to return and have restored to them any housing, land and/or property of which they were arbitrarily or unlawfully deprived, and to develop effective and expeditious legal, administrative and other procedures to ensure the free and fair exercise of this right, including fair and effective mechanisms designed to implement this right; 2. Reiterates that States should neither adopt nor apply laws that prejudice the restitution process, in particular through arbitrary, discriminatory, or otherwise unjust abandonment laws or statutes of limitations; 3. Affirms that all refugees and displaced persons have the right to full and effective compensation as an integral component of the restitution process; 4. Welcomes the final report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro, on housing and property restitution in the context of the return of refugees and internally displaced persons (. . .), containing the Principles on Housing and Property Restitution for Refugees and Displaced Persons as well as the explanatory notes on the Principles (. . .); 5. Endorses the Principles on Housing and Property Restitution for Refugees and Displaced Persons and encourages their application and implementation by States, intergovernmental organizations and other relevant actors; 6. Requests Mr. Pinheiro to compile and update the study on housing and property restitution for refugees and internally displaced persons so that it can be published in one volume as part of Human Rights Study Series, in all the official languages of the United Nations; 7. Decides to request the Secretariat to transmit the Principles on Housing and Property Restitution (. . .) and the Explanatory Notes to the Principles (. . .) to the Committee on the Elimination of Racial Discrimination and other United Nations treaty monitoring bodies and to regional human rights bodies, so as to ensure their wide dissemination; . . .“ 59 Ibid., Paras. 1–3.

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

a) Grundprinzipien und übergeordnete Prinzipien In Artikel 1 der Prinzipien wird als Sinn und Zweck der Grundprinzipien bestimmt, dass sie alle relevanten nationalen und internationalen Akteuren bei den rechtlichen und technischen Problemen der Wohn- und Grundbesitzrestitution in Situationen unterstützen sollen, in denen Personen ihrer Häuser, Ländereien, Eigentums oder gewohnten Aufenthaltsorte durch Flucht oder Vertreibung willkürlich oder unrechtmäßig beraubt worden sind. Weiterhin wird erklärt, dass die Prinzipien für alle ihrem Eigentum beraubten Flüchtlinge oder Vertriebenen ungeachtet der einschlägigen juristischen Definitionen und unter Außerachtlassung der Natur und Umstände der Flucht oder Vertreibung gilt.60 Artikel 2 beschreibt den Kern der Prinzipien, das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution, wie folgt: „2. The right to housing and property restitution 2.1 All refugees and displaced persons have the right to have restored to them any housing, land and/or property of which they were arbitrarily or unlawfully deprived, or to be compensated for any housing, land and/or property that is factually impossible to restore as determined by an independent, impartial tribunal. 2.2 States shall demonstrably prioritize the right to restitution as the preferred remedy for displacement and as a key element of restorative justice. The right to restitution exists as a distinct right, and is prejudiced neither by the actual return nor non-return of refugees and displaced persons entitled to housing, land and property restitution.“

60 Artikel A.2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert Flüchtling als eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren will.“ Demgegenüber stellen Leitprinzipien zum Vertriebenenschutz nicht auf den außerstaatlichen Aufenthalt des Vertriebenen ab und erweitern die Gründe für Flucht bzw. Vertreibung: „. . . internally displaced persons are persons or groups of persons who have been forced or obliged to flee or to leave their homes or places of habitual residence, in particular as a result of or in order to avoid the effects of armed conflict, situations of generalized violence, violations of human rights or natural or humanmade disasters, and who have not crossed an internationally recognized State border“. Guiding Principles, siehe FN. 24, Introduction. Im Kommentar macht der Sonderberichterstatter deutlich, daß das Restitutionsrecht auch für Personen gilt, die weder unter den Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention noch der Leitprinzipien zum Vertriebenenschutz fallen, deren faktische Situation der Entwurzelung jedoch ähnlich ist. Dies gilt insbesondere für Personen, die außerhalb des Landes getrieben worden sind, ohne daß die nach der Genfer Flüchtlingskonvention erforderliche „Fluchtmotivation“ besitzen. Vgl. Explanatory Notes, siehe FN 56, Para. 3.

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

255

Im dazugehörigen Kommentar verweist der Sonderberichterstatter auf das Restitutionsrecht, wie es in den oben in Abschnitt 1. beschriebenen Grundprinzipien und Richtlinien für das Recht auf Rechtsbehelf und auf Wiedergutmachung enthalten ist, durch welches Geschädigte soweit wie möglich in die Situation wiedereinsetzt werden sollen, die vor dem Verlust oder Schaden bestand.61 Entsprechend dieser Logik benennt Artikel 2, Abs. 2, das Recht auf Restitution als den vorrangigen Rechtsbehelf bei Flucht bzw. Vertreibungsunrecht und als Schlüsselfaktor für die wiederherstellende Gerechtigkeit. Das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution wird als eigenständiges Recht bezeichnet, das unabhängig von der faktischen Rückkehr der Geschädigten besteht. Die vorrangige Stellung der Restitution erlangt Bedeutung vor allem im Verhältnis zur Entschädigung, welche in Artikel 21 der Prinzipien geregelt ist: „21. Compensation 21.1 All refugees and displaced persons have the right to full and effective compensation as an integral component of the restitution process. Compensation may be monetary or in kind. States shall, in order to comply with the principle of restorative justice, ensure that the remedy of compensation is only used when the remedy of restitution is not factually possible, or when the injured party knowingly and voluntarily accepts compensation in lieu of restitution, or when the terms of a negotiated peace settlement provide for a combination of restitution and compensation. 21.2 States should ensure, as a rule, that restitution is only deemed factually impossible in exceptional circumstances, namely when housing, land and/or property is destroyed or when it no longer exists, as determined by an independent, impartial tribunal. Even under such circumstances the holder of the housing, land and/or property right should have the option to repair or rebuild whenever possible. In some situations, a combination of compensation and restitution may be the most appropriate remedy and form of restorative justice.“

Abs. 1 entwickelt das in Artikel 2 stipulierte Grundprinzip der Priorität der Restitution fort und erlaubt die Entschädigung von durch Flucht und Vertreibung verlorenem Wohn- und Grundbesitz nur in eng gesetzten Grenzen, wenn die Restitution faktisch unmöglich ist, der Geschädigte wissens- und willentlich Entschädigungszahlungen der Restitution vorzieht, oder wenn ein Friedensabkommen eine Kombination aus Restitution und Entschädigung vorsieht. Abs. 2 stellt die Regel auf, dass Staaten sicherstellen sollen, dass Restitution nur dann als faktisch unmöglich betrachtet wird, wenn gerichtlich festgestellt ist, dass der betreffende Wohn- oder Grundbesitz zerstört wurde oder nicht mehr existiert, wobei der Geschädigte sich selbst dann noch für Restitution entscheiden können soll. Auch wenn Artikel 21 bestimmt, dass das Recht auf volle und tatsächliche Entschädigung integraler Bestandteil eines Restitutionsprozesses ist und

61

Ibid., Paras. 4–7.

256

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

eine Kombination aus Restitution und Entschädigung in einigen Fällen die angemessenste Lösung sein kann, macht der Kommentar deutlich, dass Entschädigung nicht als gleichberechtigte Alternative zur Restitution zu betrachten ist, sondern nur in den bezeichneten Ausnahmefällen verwandt werden soll.62 Die in Abs. 2 benutzte Formulierung „should“ im Gegensatz zum Verb „shall“ drückt allerdings lediglich eine Sollnorm aus und ist nicht Ausdruck einer bindenden Verpflichtung.63 In einem dritten Abschnitt mit dem Überbegriff „Overarching Principles“ werden verschiedene übergeordnete Prinzipien des Flüchtlings-, Menschen- und humanitären Rechts aufgelistet, die bei der Wohn- und Grundbesitzrestitution zu beachten sind bzw. deren Grundlage bilden: das Diskriminierungsverbot, die Gleichheit von Mann und Frau, das Vertreibungsverbot, das Recht auf Privatsphäre, das Recht auf Eigentum, das Recht auf angemessene Unterbringung und das Recht auf Bewegungsfreiheit.64 Hinsichtlich des Eigentumsrechts ist auffällig, dass sich Artikel 7 der Prinzipien an der Formulierung des Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls der EMRK orientiert, während die Vorgängerversion des Artikel 6 des Zwischenberichts den Wortlaut des Artikel 17 der AEMR aufnahm. Artikel 7 der Prinzipien lautet: „7. The right to peaceful enjoyment of possessions 7.1 Everyone has the right to the peaceful enjoyment of his or her possessions. 7.2 States shall only subordinate the use and enjoyment of possessions in the public interest and subject to the conditions provided for by law and by the general principles of international law. Whenever possible, the „interest of society“ should be read restrictively, so as to mean only a temporary or limited interference with the right to peaceful enjoyment of possessions.“

Demgegenüber besagte die Vorgängerversion: „6. The right to be free from the arbitrary deprivation of one’s property 6.1 All persons have the right to the use and peaceful enjoyment of their property. The law may only subordinate the use and enjoyment of property to the interest of society and with due process protections. 6.2 No one shall be arbitrarily or unlawfully deprived of their housing or property. This protection shall extend to individual housing and property, communal housing and property, as well as to lands traditionally held or used by indigenous communities.“65

62 63 64 65

Ibid., Paras. 69–70. Vgl. Shelton, S. 147. Artikel 2–9 der Prinzipien, siehe FN 56. Artikel 6 des Prinzipienentwurfs, Progress Report, siehe FN 56, S. 9.

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Trotz dieses Unterschieds enthalten die jeweiligen Kommentare bzw. Erläuterungen keine unterschiedlichen Begründungen des Eigentumsrechts. Der Kommentar zum Abschlussbericht und zum Zwischenbericht erläutern beide, dass unter dem Begriff „Eigentum“ im Zusammenhang mit den Prinzipien hauptsächlich unbewegliches Eigentum, und dabei vor allem, aber nicht ausschließlich Wohnraum und Land, gemeint ist.66 Darüber hinaus enthalten die Kommentare hinsichtlich des Eigentums lediglich Zitierungen der einschlägigen eigentumsrechtlichen Bestimmungen der AEMR, der regionalen Menschenrechtskonventionen und des Übereinkommens Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation.67 Nach Informationen der an der Erstellung der Grundprinzipien beteiligten Genfer Nichtregierungsorganisation COHRE ist die veränderte Formulierung darauf zurückzuführen, dass in den entsprechenden Beratungen von Staatenvertretern darauf hingewiesen wurde, dass eine an Artikel 1 des ersten Zusatzprotokolls angelehnte Formulierung einen weiteren und detaillierteren Schutz als eine an Artikel 17 der AEMR orientierte Formulierung bedeute.68 Weiterhin tauchen die abwehrrechtlichen Aspekte der früheren Formulierung, vor allem das Verbot des willkürlichen oder unrechtmäßigen Eigentumsentzugs, in abgewandelter Form im Rahmen des in Artikel 5 der Prinzipien stipulierten Vertreibungsverbots auf: „5. The right to be protected from displacement 5.1 Everyone has the right to be protected against being arbitrarily displaced from his or her home, land or place of habitual residence. 5.2 States should incorporate protections against displacement into domestic legislation, consistent with international human rights and humanitarian law and related standards, and should extend these protections to everyone within their legal jurisdiction or effective control. 5.3 States shall prohibit forced eviction, demolition of houses and destruction of agricultural areas and the arbitrary confiscation or expropriation of land as a punitive measure or as a means or method of war. 5.4 States shall take steps to ensure that no one is subjected to displacement by either State or non-State actors. States shall also ensure that individuals, corporations, and other entities within their jurisdiction or effective control refrain from carrying out or otherwise participating in displacement.“69 66 Vgl. Commentary, siehe FN 56, Para. 20; Explanatory Notes, siehe FN 56, Para. 30. Die entscheidende Passage in letzteren lautet: „30. ,Property‘ within the context of the Principles refers primarily to real and/or immovable property, most notably, but not exclusively, housing and land. . . .“ 67 Ibid., Explanatory Notes, Paras. 29–33; Commentary, Para. 20. 68 Interview mit Natalie Mivalez, COHRE Juristin, 18. Oktober 2005. 69 Der entsprechende Artikel des im Zwischenbericht enthaltenen Prinzipienentwurfs lautete: „4. The right to be free from forced eviction 4.1 All persons have the right to be protected from arbitrary, unlawful or other

258

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

Als zweites Grundprinzip der Prinzipien benennt Artikel 10 das Recht von Flüchtlingen und Vertriebenen auf freiwillige Rückkehr in ihre früheren Häuser, Ländereien oder gewohnten Wohnstätten: „10. The right to voluntary return in safety and dignity 10.1 All refugees and displaced persons have the right to return voluntarily to their former homes, lands or places of habitual residence, in safety and dignity. Voluntary return in safety and dignity must be based on a free, informed, individual choice. Refugees and displaced persons should be provided with complete, objective, up-to-date, and accurate information, including on physical, material and legal safety issues in countries or places of origin. 10.2 States shall allow refugees and displaced persons who wish to return voluntarily to their former homes, land or places of habitual residence to do so. This right cannot be abridged under conditions of State succession, nor can it be subject to arbitrary or unlawful time.

... 10.4 States should, when necessary, request from other States or international organizations the financial and/or technical assistance required to facilitate the effective voluntary return, in safety and dignity, of refugees and displaced persons.“

Im Kommentar weist der Sonderberichterstatter darauf hin, dass das in Kapitel E. II. besprochene Recht von Flüchtlingen auf Rückkehr zunehmend dahingehend ausgelegt wird, dass nicht es nicht nur die Rückkehr in das eigene Land, sondern auch zum eigenen individuellen Zuhause umfasst.70 Dieses fort-

forced eviction from their homes and/or land which they occupy, defined as the permanent or temporary removal against their will of individuals, families and/or communities from the homes and/or land which they occupy, without the provision of, and access to, appropriate forms of legal or other protection (hereinafter ,forced eviction‘). 4.2. States shall incorporate protections against forced evictions into domestic legislation, consistent with international standards, and shall extend these protections to all persons within their jurisdiction. States shall take steps to ensure that persons are not subjected to forced evictions by either State or non-State actors. States shall also ensure that individuals, corporations and other entities within their legal jurisdiction refrain from carrying out or otherwise participating in forced evictions, whether within the country or abroad. 4.3 States shall ensure that, in cases where lawful evictions (evictions consistent with international standards, hereinafter ,evictions‘) are deemed justifiable and unavoidable, evictions are carried out in a manner which is compatible with international human rights standards, including principles of non-discrimination, reasonableness and proportionality. States shall also ensure that persons subjected to eviction do not become homeless as a result of the eviction, that all legal recourses and remedies are available to them, and that they are given an opportunity for genuine consultation throughout eviction processes. 4.4 Forced eviction, demolition of houses and agricultural areas for the production of foodstuffs, and the arbitrary confiscation or expropriation of land as a punitive measure or as a strategy of war are prohibited. Private property must be respected and cannot be confiscated by a military authority over the territory of a hostile State.“

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

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entwickelte Rückkehrrecht sei von der internationalen Gemeinschaft als eigenständiges anerkannt und durch viele Resolutionen der Generalversammlung, des Sicherheitsrates und anderer Organe der Vereinten Nationen anerkannt worden.71 Die Förderung der Verwirklichung des Rückkehrrechts einschließlich Maßnahmen zur Eigentumsrestitution sei darüber hinaus Bestandteil des Mandats des UNHCR im Rahmen der willentlichen Flüchtlingsrepatriierung in ihr Heimatland.72 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen den angesprochenen Prinzipien und dem Menschenrecht auf Eigentum. Die Prinzipien benennen das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution und das Recht auf Rückkehr als die beiden Hauptprinzipien bzw. -rechte. Da beide Prinzipien auf die konkrete Rückkehr bzw. Rückkehrmöglichkeit von Flüchtlingen oder Vertriebenen in ihren zurückgelassenen Wohn- und Grundbesitz abzielen und ungerechtfertigten Eigentumsentzug verhindern sollen, wird in der Literatur kaum zwischen ihnen differenziert.73 Der Unterschied zwischen den beiden Prinzipien erscheint vor allem in der Akzentuierung der involvierten Aspekte und in den rechtlichen Begründung zu liegen. Während das Rückkehrrecht in frühere Häuser sich aus dem in Kapitel E. diskutierten allgemeinen Rückkehrrecht in das Herkunftsland entwickelt hat und neben der Eigentumsproblematik auch Repatriierungsfragen der Freiwilligkeit der Rückkehr und der Sicherheit und Nichtdiskriminierung im Rückkehrgebiet betrifft, speist sich das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution neben dem Recht auf Eigentum auch aus dem allgemeinen Recht auf Rechtsbehelf und dem Recht auf angemessene Behausung. Weiterhin kann man die Wohn- und Grundbesitzrestitution als nachgeordnetes Mittel zur Verwirklichung des Rückkehrrechts ansehen.74 Fraglich ist auch das Verhältnis zwischen dem Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution und dem als übergeordnetes Prinzip (overarching principle) aufgeführten Recht auf Eigentum (Artikel 7). Aus dem Begriff der übergeordneten Prinzipien, zu dem der Kommentar keine weitere Erklärung gibt, ist zu schließen, dass die Wohn- und Grundbesitzrestitution unter Beachtung der übergeordneten Prinzipien stattzufinden hat. Mit Blick auf den Eigentumsschutz für Flüchtlinge und Vertriebene erscheint es auf den ersten Blick seltsam, zwischen dem Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution und dem als übergeordnetes Prinzip aufgeführten Recht auf Eigentum zu unterscheiden. Denn die Rückgabe von ungerechtfertigt entzogenem Eigentum ist eines der Hauptelemente des Ei70

Explanatory Notes, siehe FN 56, Para. 42. Ibid., Paras. 42–46. 72 Ibid., Paras. 47–49. 73 Vgl. Rosand (2000b), S. 140–141; siehe auch: Cox/Harland, S. 253. 74 So spricht Cox z. B. von Eigentumsrestitutionskörpern als administrativem Prozess zur Umsetzung bzw. Ermöglichung des Rückkehrrechts: Cox (1999), S. 234–235. 71

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F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

gentumsrechts bzw. der sich aus einer Eigentumsverletzung ergebende sekundärrechtliche Anspruch. Hinsichtlich des Eigentumsrechts erscheint die Differenzierung eher politischer als rechtlicher Natur. Das Prinzip der Wohn- und Grundbesitzrestitution ist in den Prinzipien als eigenständiges, vom allgemeinen Recht auf Eigentum unterscheidbares Recht entwickelt worden, um neben den Eigentumsrechten von Flüchtlingen und Vertriebenen auch rechtmäßige Besitzrechte, wie z. B. Nutzungsrechte an genossenschaftlichem Wohneigentum, einzuschließen. Der Zusatz „housing“ soll auch deutlich machen, dass die Rückgabe von Eigentum oder rechtmäßigen Besitz an Flüchtlinge oder Vertriebene auch das Recht auf angemessene Unterkunft der unrechtmäßigen Besitzer im Rahmen einer angemessen und fairen Wohnungs- und Räumungspolitik berücksichtigen muss. Weiterhin ist der Bezug auf das Recht auf Unterkunft und das Recht auf Eigentum intendiert, um mit einer weiten Auslegung Eigentums- und Besitzrechte in allen formellen und informellen Rechtssystemen der Welt umfassen zu können.75 Natürlich wäre es juristisch auch möglich gewesen, die verschiedenen Aspekte der Wohn- und Grundbesitzrestitution im Rahmen einer ausschließlich eigentumsrechtlichen Begründung durch Gleichstellung von Besitzrechten und durch bestimmte Beschränkungen mit Blick auf die Rechte von unrechtmäßigen Besitzern zu berücksichtigen. Die Entwicklung eines vermeintlich neuen Menschenrechts auf Wohn- und Grundbesitzrestitution unter Berufung auf das völkerrechtlich unproblematischere Recht auf angemessene Unterkunft half allerdings zu vermeiden, als Hauptbegründung die schwierige Diskussion um das Menschenrecht auf Eigentum führen zu müssen.76 Im Rahmen der in dieser Arbeit behandelten völkergewohnheitsrechtlichen Begründung eines universellen Eigentumsrechts für Flüchtlinge und Vertriebene sind die Prinzipien zur Wohnund Grundbesitzrestitution trotz ihrer dogmatischen Unklarheit, soweit sie Eigentumsrechte betreffen, jedoch voll zu berücksichtigen. b) Verfahren, Implementierung und Verantwortlichkeit Nach Nennung des Zwecks und der einschlägigen Rechtsprinzipien behandeln die Prinzipien in einem fünften und sechsten Abschnitt Verfahrens-, Implementierungs- und Verantwortlichkeitsfragen mit dem Ziel, konkrete Richtlinien für die bestmögliche Umsetzung von Wohn- und Grundbesitzrestitution sicherzustellen.77 Artikel 11 fordert die Staaten auf zu gewährleisten, dass die Verfah75 Vgl. Leckie (2003), S. 1, FN 1; Leckie (2005), S. 9–10. Scott Leckie ist der Geschäftsführer des COHRE, welches die Unterkommission und den Sonderberichterstatter bei Erstellung der Berichte und der Entwicklung der Prinzipien maßgeblich unterstützt hat. 76 Interview mit Natalie Mivalez, siehe FN 68. 77 Vgl. ibid., Para. 51.

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261

ren und Institutionen zur Wohn- und Grundbesitzrestitution mit internationalem Menschen-, Flüchtlings- und Kriegsrecht vereinbar sind und das Recht auf freiwillige Rückkehr beachtet wird. In diesem Zusammenhang spielen die im vorherigen Unterabschnitt aufgelisteten übergeordneten Prinzipien eine wichtige Rolle, um neue Menschenrechtsverletzungen z. B. in Bezug auf die Vermeidung von Obdachlosigkeit der unrechtmäßigen gegenwärtigen Besitzer eines zurückzugebenden Hauses zu verhindern und um die Prinzipien ohne erneuten Rechtsstreit effektiv umzusetzen. Artikel 12 beschreibt die Aufgabe der Staaten, ausgewogene, rechtzeitige, transparente und nicht-diskriminierende Verfahren, Institutionen und Mechanismen zur Entscheidung und Vollstreckung von Restitutionsforderungen einzurichten und mit ausreichenden finanziellen, personellen und sonstigen Ressourcen auszustatten.78 Im Falle eines allgemeinen Zusammenbruchs von Rechtsstaatlichkeit oder staatlichem Unvermögen beim Aufbau von Restitutionsverfahren und mechanismen sollten Staaten die technische Hilfe und Zusammenarbeit von einschlägigen internationalen Organisationen suchen, um Übergangsrestitutionsregime einzurichten, die Wohn- und Eigentumsrechte der betroffenen Parteien in gerechter und rechtszeitiger Weise schützen. Die Lösung von Wohn- und Eigentumsfragen sollte in Friedens- und Flüchtlingsrückführungsabkommen beinhaltet werden, wobei der Wohn- und Eigentumsrestitution im Verhältnis zu anderen Rechtsmitteln der Vorrang eingeräumt werden sollte.79 In Artikel 22 wird die Rolle der internationalen Gemeinschaft behandelt, welche das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution und auf freiwillige Rückkehr fördern und schützen soll. In mehreren Absätzen werden verschiedene Handlungsrichtlinien für verschiedene Tätigkeitsbereiche der internationalen Zusammenarbeit oder bei internationalen Friedenseinsätzen aufgelistet. So werden internationale Finanz-, Handels-, Entwicklungshilfe- und ähnliche Institutionen dazu aufgefordert, das Verbot der unrechtmäßigen oder willkürlichen Umsiedlung bei ihren Entscheidungen zu berücksichtigen.80 Internationale Organisationen sollen mit nationalen Regierungen bei der Entwicklung von Wohnund Grundbesitzrestitutionsprogrammen eng zusammenarbeiten und deren Implementierung und Vereinbarkeit mit internationalen menschen-, flüchtlingsund humanitärrechtlichen Standards überwachen und sind dazu angehalten, sich für die Aufnahme von restitutionsrelevanten Bestimmungen in Friedens- und Flüchtlingsrückführungsabkommen einzusetzen.81 Des Weiteren sollen internationale Friedensmissionen durch die Herstellung eines sicheren und stabilen Umfelds zur Umsetzung und Vollstreckung von Restitutionsprogrammen und 78 79 80 81

Ibid., Ibid., Ibid., Ibid.,

Artikel Artikel Artikel Artikel

12.1–4 der Prinzipien. 12.5–6 der Prinzipien. 22.2 der Prinzipien. 22.3–4 der Prinzipien.

262

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

-entscheidungen beitragen und bei letztgenannter Aufgabe unter Umständen sogar aktiv teilnehmen, was idealer Weise ausdrücklich durch das vom Sicherheitsrat vergebene Einsatzmandat gedeckt sein sollte.82 Schließlich sollen es internationale Organisationen und Friedensmissionen und ihre Angestellten vermeiden, flucht- oder vertreibungsbedingt verlassenen Wohn- und Grundbesitz ohne Zustimmung des Berechtigten zu besetzen, anzumieten oder zu kaufen und so direkt oder indirekt Restitutionsprogramme zu unterminieren.83 Die Artikel 13–20 spiegeln konkrete Erfahrungen mit Restitutionsprogrammen vor allem in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo wieder und geben Staaten bzw., soweit zuständig, der internationalen Gemeinschaft konkrete Richtlinien zur Durchführung der Programme an die Hand. Dabei regelt Artikel 13 den allgemeinen Grundsatz, dass es jedem, der seines Wohn- und Grundbesitzes willkürlich oder unrechtmäßig beraubt worden ist, möglich sein soll, innerhalb einer bestimmten Frist seine Rückgabe- oder Entschädigungsklagen bei einem unabhängigen und neutralen Streitbeilegungskörper einzureichen und entscheiden zu lassen.84 Dieses gilt für alle Flüchtlinge oder Vertriebene ohne Rücksicht auf ihren Wohnort während der Zeit der Flucht oder Vertreibung. Um alle Betroffenen auch in den Aufnahmeländern zu erreichen und ihre Teilnahme am Restitutionsprozess zu ermöglichen, sollen Informationskampagnen durchgeführt, Büros oder mobile Teams zur Klageeinreichung in allen relevanten Gebieten eingerichtet und die Möglichkeit zur Klageeinreichung per Post oder durch einen Vertreter gegeben werden.85 In Artikel 15 wird bestimmt, dass Restitutionsprogramme mit einer Reform des Kataster- oder sonstigen Eigentumsregistrierungssystem verbunden und die entsprechenden Restitutionsentscheidungen dort eingetragen werden sollen.86 In Fällen der unzureichenden Dokumentenlage werden die Staaten auf die Möglichkeit der Einführung einer Beweislastumkehr hingewiesen, indem solche Personen für Restitutions- oder Entschädigungsberechtigte gehalten werden, die ihre Wohnstätten während einer bestimmten, durch Gewalt oder Katastrophe gekennzeichneten Zeitspanne verlassen haben und von denen angenommen wird, dass sie dies aus Gründen taten, die mit der Zwangslage zusammenhingen.87 Nicht anerkannt werden sollen Wohn- oder Grundstücksgeschäfte, die unter direktem oder indirekten Zwang oder entgegen internationaler menschenrechtlicher Standards abgeschlossen worden sind.88 82

Ibid., Artikel 22.5–6 der Prinzipien. Ibid., Artikel 22.7 der Prinzipien. 84 Ibid., Artikel 13.1 und 7 der Prinzipien. 85 Ibid., Artikel 13.4–5 der Prinzipien. 86 Zur Katasterreform in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo siehe: Garlick, S. 74–75; von Carlowitz (2004a), S. 315–318. 87 Artikel 15.7 der Prinzipien, siehe FN 56. 88 Ibid., Artikel 15.8 der Prinzipien. 83

IV. Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene

263

Gemäß Artikel 16 sollen die Besitzrechte von Mietern oder Nutzern von Gemeinschaftseigentum in Restitutionsprogrammen berücksichtigt und diese Personengruppen soweit wie möglich formalen Eigentümern im Rückkehr- und Rückgabeprozess gleich behandelt werden. Weiterhin sollen gemäß Artikel 17 auch unrechtmäßige Besitzer gegen willkürliche oder unrechtmäßige Zwangsräumungen bzw. Vertreibungen geschützt werden. Räumungen zum Zwecke der Wohn- und Grundbesitzrestitution sollen in einem ordentlichen Verfahren durchgeführt werden, welches eine Anhörung, eine Räumungsaufforderung mit adäquater und vernünftiger Fristsetzung und mögliche Rechtsbehelfe einschließt.89 Bei der Durchführung eines solchen Verfahrens soll allerdings das Recht der Eigentümer und rechtmäßigen Besitzer auf rechtzeitige Wiederinbesitznahme nicht beeinträchtigt werden. Die relevanten Passagen der Prinzipien lauten: „17. Secondary occupants 17.1 States should ensure that secondary occupants are protected against arbitrary or unlawful forced eviction. States shall ensure, in cases where evictions of such occupants are deemed justifiable and unavoidable for the purposes of housing, land and property restitution, that evictions are carried out in a manner that is compatible with international human rights law and standards, such that secondary occupants are afforded safeguards of due process, including an opportunity for genuine consultation, adequate and reasonable notice, and the provision of legal remedies, including opportunities for legal redress. 17.2 States should ensure that the safeguards of due process extended to secondary occupants do not prejudice the rights of legitimate owners, tenants and other rights holders to repossess the housing, land and property in question in a just and timely manner. . . .“

Nach Räumungen von unrechtmäßigen Besitzern sind die Staaten gehalten, positive Maßnahmen zur Abwendung von Obdachlosigkeit der betreffenden Personen im Falle ihrer Mittellosigkeit zu unternehmen. Zu diesen Maßnahmen gehört z. B. die vorübergehende Bereitstellung von alternativem Wohnraum oder Land, wobei ausdrücklich klar gestellt ist, dass der Mangel an solchem nicht zur unnötigen Verzögerung der Vollstreckung der einschlägigen Restitutionsentscheidungen führen soll: „17.3 In cases where eviction of secondary occupants are justifiable and unavoidable, States should take positive measures to protect those who do not have the means to access any other adequate housing other than that which they are currently occupying from homelessness and other violations of their right to adequate housing. States should undertake to identify and provide alternative housing and/or land for such occupants, including on a temporary basis, as a means of facilitating the timely restitution of refugee and displaced persons’ housing, land and property. Lack of such alternatives, however, should not unnecessarily delay the implementa-

89

Ibid., Artikel 17.1 der Prinzipien.

264

F. Standardsetzung durch Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen

tion and enforcement of decisions by relevant bodies regarding housing, land and property restitution. . . .“

Im Falle des gutgläubigen Erwerbs von Wohn- oder Grundbesitz an Dritte schlägt Artikel 17, Abs. 4, im Einklang mit dem Prinzip des Vorrangs der Restitution für den geflohenen oder vertriebenen Eigentümer oder rechtmäßigen Besitzer vor, den gutgläubigen Erwerber durch Entschädigungszahlungen zu befriedigen. Allerdings kann das Ausmaß einer Vertreibung so große Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erwerbs aufkommen lassen, dass ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen werden muss. Artikel 18 und 19 der Prinzipien beinhalten Richtlinien zu einschlägigen Gesetzesreformen, wobei Artikel 18 Staaten dazu veranlassen soll, das Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution für Flüchtlinge und Vertriebene im nationalen Rechtssystem eindeutig und konsistent zu verankern, während nach Artikel 19 willkürliche, diskriminierende oder sonst wie ungerechte Gesetze, die zurückgelassenen Wohn- und Grundbesitz für herrenlos erklären oder dessen Rückforderung verjähren lassen und dem Restitutionsprozess entgegenstehen, nicht verabschiedet oder angewandt werden sollen. Solche Gesetze sollten unverzüglich aufgehoben und dadurch Geschädigte entschädigt werden. Artikel 20 behandelt das Vollstreckungsverfahren, wobei gesetzlich besonderes Augenmerk auf die tatsächliche Vollstreckung der Restitutionsentscheidungen und die Vermeidung von diesbezüglicher Amtsverweigerung gelegt werden soll.

G. Schlussbemerkungen Lässt sich aus den aufgezeigten Entwicklungen nun der Schluss ziehen, dass ein universelles Menschenrecht auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen völkergewohnheitsrechtlich begründet worden ist? In diese Richtung argumentierte der Hohe Repräsentant des Daytoner Friedensabkommens, Ashdown, als er behauptete, dass die internationale Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina ein Menschenrecht auf Rückkehr in das eigene Heim (im Gegensatz zu einer bloßen Rückkehr in das eigene Land) erschaffen hätte.1

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht Die Beantwortung dieser Frage erfordert einen Rückgriff auf die völkerrechtliche Rechtsquellenlehre, wobei es zum Zwecke dieser Dissertation ausreichend ist, sich auf einige wesentliche Erkenntnisse der breit gefächerten Debatte zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht zu stützen.2 Artikel 38, Abs. 1 (b) des Statuts des Internationalen Gerichtshofs bezeichnet das Gewohnheitsrecht „als Ausdruck einer allgemeinen, als Recht erkannten Übung“. In objektiver Hinsicht erfordert dies eine einheitliche Staatenpraxis mit Blick auf eine bestimmte Norm und als subjektive Komponente eine entsprechende Rechtsüberzeugung (opinio iuris), zur Beachtung der Norm rechtlich verpflichtet zu sein.3 Die Notwendigkeit des Vorliegens beider Elemente ist vom Internationalen Gerichtshof in den Nordsee-Festlandsockel-Fällen und seither immer wieder bestätigt worden.4

1

International Crisis Group (2002), S. 39. Als orientierender Leitfaden wird in diesem Zusammenhang auf die sehr gehaltvolle Stellungnahme der ILA zum Gewohnheitsrecht hingewiesen: ILA (2000), S. 712– 776. 3 Vgl. auch die ILA-Arbeitsdefinition, ibid., Artikel 1 (i), S. 719: „[A] rule of customary international law is one which is created and sustained by the constant and uniform practice of States and other subjects of international law in or impinging upon their international legal relations, in circumstances which give rise to a legitimate expectation of similar conduct in the future.“ 4 Internationaler Gerichtshof, Nordseefestlandsockel-Fälle (North Sea Continental Shelf Cases (Federal Republic of Germany vs. Denmark and the Netherlands)), ICJ Reports, 1969, Para. 77, S. 44. Siehe auch: Festlandsockel-Fall (Continental Shelf Case (Libyan Arab Jamahiriya vs. Malta)), ICJ Reports, 1985, Para. 27, S. 29–30; Nicaragua-Fall (Military Activities in and against Nicargua (Nicaragua vs. USA)), ICJ Reports, 1986, Paras. 183–184, S. 87–88. 2

266

G. Schlussbemerkungen

1. Induktiver Ermittlungsansatz Nach traditioneller Auffassung wird Völkergewohnheitsrecht grundsätzlich mit Hilfe eines induktiven Ansatzes ermittelt, der auf Grundlage eines positiven empirischen Befunds von bereits bestehender Staatenpraxis auf die normative Gültigkeit der betreffenden Prinzipien schließt. Wenn ausreichend einheitliche und repräsentative Praxis vorliegt, kann von einer eigenständigen Prüfung der opinio iuris abgesehen und ihre Existenz impliziert werden.5 Nach dieser Ansicht wird der Rechtsüberzeugung im Gegensatz zur Staatenpraxis lediglich sekundäre Bedeutung zur Unterscheidung von Rechtsverpflichtungen und unverbindlichen Courtoisien oder Sitten zugemessen.6 Als einschlägige Übung zählt vor allem das tatsächliche Handeln der staatlichen Legislativ-, Judikativ- und Exekutivorgane. Daneben können aber auch mündliche Stellungnahmen der zuständigen Staatsorgane im Rahmen von internationalen Verhandlungen oder Konferenzen als relevante Übung berücksichtigt werden, wobei deren Bedeutung im Vergleich zur „harten“ Staatenpraxis deutlich weniger ins Gewicht fällt („talk is cheap“).7 Eine Kernfrage bei der Entstehung von Völkergewohnheitsrecht ist, wie umfassend die erforderliche Staatenpraxis sein muss. Nicht notwendig ist in diesem Zusammenhang, dass die Staatenpraxis universell in dem Sinne ist, dass alle Staaten die betreffende Norm tatsächlich anwenden.8 Vielmehr genügt das Vorliegen einer „allgemeinen“ Übung, wenn die überwiegende Mehrheit der Staaten den Rechtserzeugungsprozess trägt.9 Problematisch ist weiterhin, wie lange ein bestimmtes Verhalten von der Staatengemeinschaft ausgeübt worden sein muss, bevor sich die dahinter stehenden Prinzipien zu Gewohnheitsrecht verhärten. Auch auf diese Frage gibt es keine klaren Antworten, außer dass zuvor eine bestimmte Dichte der Übung erreicht worden sein muss.10 Nach traditioneller Auffassung ist es folglich ausgeschlossen, dass schon eine einmalige Übung für das Entstehen einer völkerge5 ILA Statement, siehe FN 2, Part III., Introductory Remarks, Para. 5, S. 742–743; Ipsen, S. 224–225. 6 Malanczuk (1997), S. 44. 7 ILA Statement, siehe FN 2, Art. 3 und 4, S. 724–725. Zu den verschiedenen Formen von Staatenpraxis, siehe auch: Zemanek (1995), S. 298–299. 8 ILA Statement, ibid., Art. 14 (i), Commentary, Para (a), S. 735. 9 Herdegen (2005), S. 133; Paust, S. 151. 10 Vgl. ILA Statement, siehe FN 2, Art. 12 (ii), Commentary, Para. (b), S. 731. Der Internationale Gerichtshof hat sich im Nordseefestlandsockel-Fall zu der Problematik wie folgt geäußert: „Although the passage of only a short period of time is not necessarily, or of itself, a bar to the formation of a new rule of customary international law on the basis of what was originally a purely conventional rule, an indispensable requirement would be that within the period in question, short though it might be, State practice, including that of States whose interests are specifically affected, should

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

267

wohnheitsrechtlichen Regel im Sinne des „spontanen“ Gewohnheitsrechts (instant customary law) ausreichen kann.11 Allerdings hat die ILA befunden, dass „[i]t appears that . . . a substantial manifestation of acceptance (. . .) by States that a customary rule exists may compensate for a relative lack of practice, and vice versa.“12 2. Deduktiver Ermittlungsansatz Besonders im Bereich der Menschenrechte ist der traditionelle, induktive Ansatz vor allem von amerikanischer Seite als unzureichend angegriffen worden.13 Angesichts des in der Einleitung geschilderten Ermittlungsproblems einschlägiger Praxis und einer allgemeinen Veränderungsfeindlichkeit dieses Ansatzes, fordern die „Modernisten“ in der so genannten „Words versus Action-Debatte“ weniger auf harte Staatenpraxis als auf das Vorliegen einer allgemeinen und umfassenden Rechtsüberzeugung als wahren Geltungsgrund des Gewohnheitsrechts abzustellen.14 Damit wird ein deduktiver Ansatz verfolgt, der aus der Proklamierung bestimmter Normen auf den gewohnheitsrechtlichen Bestand der jeweiligen Norm schließt.15 Trotz seiner (formellen) Betonung des notwendigen Vorliegens des objektiven und subjektiven Elements hat der Internationale Gerichtshof im Nicaragua-Fall die modernistische Auffassung gestärkt, indem er deduktiv vorgegangen ist und vom Nachweis tatsächlicher Staatenpraxis angesichts des eindeutigen Vorliegens einer internationalen Rechtsüberzeugung abgesehen hat.16 have been extensive and virtually uniform in the sense of the provision invoked . . .“ ICJ Reports, 1969, Para. 74, S. 43. 11 Zur Thematik des sofortigen Völkergewohnheitsrechts, siehe: Cheng, S. 23–48; Stein/von Buttlar, S. 46–47. 12 ILA Statement, siehe FN 2, Art. 19, S. 751. Siehe auch: Kirgis, S. 149–150. 13 Vgl. Lillich (1995/1996), S. 12–14. 14 Meron (1992), S. 99; Seidl-Hohenveldern (1994), S. 101. 15 Roberts, S. 758. 16 Internationaler Gerichtshof, Nicaragua-Fall, siehe FN 4, Paras. 183–193, S. 87– 104. Wie die nachfolgende Passage verdeutlicht, hat sich der Gerichtshof bei der Prüfung der gewohnheitsrechtlichen Geltung der kollektiven Selbstverteidigung nicht auf Staatenpraxis, sondern auf die Satzung der Vereinten Nationen und Resolutionen der Generalversammlung berufen: „193. . . . [T]he Court must express a view on the content of the right of self-defence . . . First, with regard to the existence of this right, it notes that in the language of Article 51 of the United Nations Charter, thte inherent right (or ,droit naturel‘) which any State possesses in the event of an armed attack, covers both collective and individual self-defence. Thus, the Charter itself testifies to the existence of the right of collective self-defence in customary international law. Moreover, just as the wording of certain General Assembly declarations adopted by States demonstrates their recognition of the principle of the prohibition of force as definitely a matter of customary international law, some of the wording in those declarations operates similarly in respect of the right of self-defence (both collective and individual). Thus, in the declara-

268

G. Schlussbemerkungen

Für die Feststellung der Rechtsüberzeugung von Staaten, zu einem bestimmten menschenrechtlichen Verhalten verpflichtet zu sein, kommt zum einen eine Analyse der jeweiligen nationalen Verfassungen in Betracht. Wenn ein Staat ein bestimmtes Recht in seine Verfassung aufgenommen hat, kann im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass er sich auch zur Beachtung und Durchsetzung des Rechts verpflichtet sieht.17 Des Weiteren können einschlägige multilaterale Verträge entweder Ausdruck von bestehendem Gewohnheitsrecht sein oder zu seiner Kristallisierung beitragen, wenn sie auf eine allgemeine Ordnung eines bestimmten Rechtsbereichs zielen und allen Staaten offen stehen.18 Um als Nachweis für die Existenz einer bestimmten opinio iuris dienen zu können, darf der Vertrag allerdings nicht nur deswegen geschlossen worden sein, weil die Vertragsparteien davon ausgingen, dass die vertraglich geregelte Materie gerade nicht gewohnheitsrechtlich gilt.19 Darüber hinaus werden Resolutionen von internationalen Organisationen als Indiz zur Feststellung von bestimmten internationalen Rechtsüberzeugungen herangezogen.20 In diesem Kontext kommt der Generalversammlung als universell legitimiertem und zusammengesetztem Beschlussforum besondere Bedeutung zu. Ihre Resolutionen können die Rechtsauffassung der abstimmenden Staaten widerspiegeln, sofern der Wortlaut der betreffenden Resolution diesen Schluss zulässt. Dabei stellen sich die Resolutionen als Hilfsmittel zur Feststellung von gewohnheitsrechtlichen Normen hinter den Generalversammlungsbeschlüssen dar, die selbst bloßen Empfehlungscharakter besitzen.21 Allerdings kommt es nur in seltenen Ausnahmefällen vor, dass eine Resolution als Aussage de lege lata zu verstehen ist. Dafür ist notwendig, dass diese Resolutionen tion quoted above on the Principles of International Law concerning Friendly Relations and Co-operation among States in accordance with the Charter of the United Nations, the reference to the prohibition of force is followed by a paragraph stating that: ,nothing in the foregoing paragraphs shall be construed as enlarging or diminishing in any way the scope of the provisions of the Charter concerning cases in which the use of force is lawful‘. This resolution demonstrates that the States represented in the General Assembly regard the exception to the prohibition of force constituted by the right of individual or collective self-defence as already a matter of customary international law.“ Zur Interpretation des Urteils mit Bezug auf die Entstehung von Gewohnheitsrecht, siehe auch: Kirgis, S. 147–149; Meron (1992), S. 25–36. 17 Bleckmann, S. 43; Doehring (2003), S. 74; Schachter (1991), S. 336–337. Auf die Bedeutung der liberalen Verfassungen für die Entstehung von menschenrechtlichem Gewohnheitsrecht hinweisend: Henkin, S. 39–41. 18 ILA Statement, siehe FN 2, Art. 24 und 26, S. 757, 760. Siehe auch: Herdegen (2005), S. 140; Scheuner, S. 421–424. 19 Doehring (2004), S. 140. 20 Higgins (1963), S. 2. 21 Simma (1981), S. 50–51. Darüber hinaus können solche Resolutionen als Auslegung der überkommenen Rechtsquellen herangezogen werden. Vgl. Graf Vitzthum, S. 74–75.

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

269

(fast) einstimmig und mit dem eindeutigen Willen der abstimmenden Staaten zur Rechtsverbindlichkeit der betreffenden Regelung beschlossen worden ist.22 Zumeist sind Resolutionen internationaler Organisationen, die weder innerorganisatorische Verwaltungsangelegenheiten bestimmen, noch bloße politische Wünsche artikulieren, als Aussage de lege ferenda dahingehend zu deuten, dass sie der Staatengemeinschaft eine bestimmte, für notwendig oder wünschenswert gehaltene Rechtsentwicklung nahe legen und empfehlen.23 In diesem Fall haben die Resolutionen einen doppelten politischen Effekt.24 Auf der einen Seite formulieren sie im Rahmen des Beratungs- und Beschlussprozesses konkrete Erwartungshaltungen hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen und erzeugen somit politischen Druck im Sinne der Resolution auf die Staaten, die sie beschlossen haben. Zum anderen können aber auch diejenigen Staaten, die keinen Anteil an der Verabschiedung einer Resolution gehabt oder sich sogar dagegen ausgesprochen haben, durch eine Resolution zur Einhaltung ihrer Bestimmungen gedrängt werden. Je mehr Staaten eine bestimmte Resolution unterstützen und je politisch bedeutsamer das beschließende Organ ist, desto mehr wird die internationale Öffentlichkeit mobilisiert, die es auf die Dauer auch für ausdrückliche Gegner einer Resolution politisch schwierig macht, gegen die dort enthaltenen Prinzipien zu verstoßen. Hinzu kommt, dass sich Staaten in vielen Fällen scheuen, eine Rechtsbindung durch Vertrag einzugehen, jedoch gleichwohl vorhaben, die in der unverbindlichen Resolution beschlossenen Prinzipien zu befolgen bzw. zu testen.25 Für die Kristallisierung von internationaler Rechtsüberzeugung im Bereich der Menschenrechte ist auch die Normierung von bestimmten Verhaltensstandards durch die Menschenrechtskommission bzw. ihre Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte oder durch Sonderorganisationen der Vereinten Nationen von gewissem Einfluss.26 Jedoch spielen entsprechende Beschlüsse oder Erklärungen eine geringere Rolle als inhaltlich vergleichbare Resolutionen der Generalversammlung, da unter- bzw. nachgeordnete Fachgremien und -organisationen weniger politische Bedeutung besitzen und folglich weniger Regelbefolgungsdruck aufbauen können. Festzuhalten ist, dass unverbindliche Resolutionen oder Verhaltenskodexe internationaler Organisationen als „weiches“ Recht (soft law) zum allmählichen Heranreifen von gewohnheitsrechtlichen Normen beitragen können.27 Selbst 22

ILA Statement, siehe FN 2, Artikel 32, S. 772; siehe auch: Schwebel, S. 510–

511. 23

Vgl. Wolfke, S. 84. Siehe auch: Simma (1981), S. 72–73. Vgl. Bothe (1980), S. 77–78. 25 Malanczuk (1997), S. 54; Bothe (1980), S. 91–92. 26 Zur standardsetzenden Praxis der ILO, der Menschenrechtskommission und ihrer Unterkommission siehe: Meron (1986), S. 251–253, 272–279. 24

270

G. Schlussbemerkungen

wenn es an einschlägiger „harter“ Staatenpraxis noch fehlt,28 verdeutlichen entsprechende Resolutionen oder Standardisierungen aktuelle völkerrechtliche Entwicklungstendenzen und erlauben nach modernistischer Auffassung wichtige Rückschlüsse auf die internationale Anerkennung bestimmter Regelungen zu ziehen.29 3. Ein allgemeines Menschenrecht auf Eigentum? Aus Sicht der Modernisten ist es unschwer möglich, anhand der in der vorliegenden Arbeit geschilderten eigentumsrechtlichen Entwicklungen zu dem Schluss zu gelangen, dass sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein universelles allgemeines Menschenrecht auf Eigentum gewohnheitsrechtlich herausgebildet hat, auf welches sich Flüchtlinge und Vertriebene unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft zur Geltendmachung ihrer Forderungen berufen können. Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass das Eigentumsrecht mittlerweile in allen einschlägigen regionalen Menschenrechtsinstrumenten kodifiziert worden ist. Vor diesem Hintergrund erschien es Dolzer bereits 1985 vertretbar, „angesichts der neueren regionalen Entwicklung vom menschenrechtlichen Charakter des Eigentumsschutzes außerhalb des sozialistischen Rechtskreises auszugehen.“30 Dass nach dem Fall der Berliner Mauer die ehemaligen sozialistischen Länder Mittel- und Osteuropas fast alle eine eigentumsrechtsfreundliche Verfassung und Gesetzgebung erhalten haben, vervollständigt nach Ansicht verschiedener Autoren die regionale Geltung des Eigentumsrechts zugunsten seiner universellen Anerkennung.31 Dass genau die Staaten, die eine Kodifikation des Eigentumsrechtes in den internationalen Menschenrechtspakten verhinderten, ihren Widerstand gegen einen menschenrechtlichen Eigentumsschutz aufgegeben haben, kann man als einen wichtigen Wendepunkt in der Rechtsüberzeugung der Staatengemeinschaft bezüglich eines universellen Menschenrechts auf Ei27 Dabei kann die jährliche Wiederholung von Empfehlungen oder Aufforderungen zu einem bestimmten Verhalten eine Verhärtung zu Gewohnheitsrecht beschleunigen. Vgl. Herdegen (2005), S. 150; Meron (1992), S. 92. Siehe auch: Simma (1981), S. 72– 73. 28 Natürlich sollten Stellungnahmen und Willensabgaben der Staatenvertreter im Rahmen der entsprechenden internationalen Verhandlungen auch als Staatenpraxis werden. Wie in Abschnitt 1. (a) erwähnt, fallen sie als bloße „Worte“ im Vergleich zu den eigentlich geforderten „Taten“ weniger ins Gewicht. Vgl, ILA Statement, siehe FN 2, Artikel 4, und Commentary zu Artikel 19, Para. (b). 29 Thürer, S. 458–460; Zemanek (2000), S. 858–859; Lee, Roy, S. 574–575; Schachter (1991), S. 85–86. 30 Dolzer (1985), S. 128. 31 Schmidt-Jorzig, S. 2; Paunovic ´ , S. 16. In etwas vorsichtigerer Weise auf die internationale Bedeutung des eigentumsrechtlichen Umbruchs in der sozialistischen Staatenwelt hinweisend: Karadjova, S. 334; Doehring (2003), S. 74–76; Tomuschat (1996b), S. 7–8.

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

271

gentum werten. Einem deduktiven Ermittlungsansatz folgend fällt vor diesem Hintergrund die Tatsache nicht so sehr ins Gewicht, dass der tatsächlich umgesetzte Eigentumsschutz in einigen Staaten bislang hinter den in den Verfassungen oder regionalen Menschenrechtskonventionen stipulierten Schutzverpflichtungen zurückbleibt. Ähnliches trifft auf die eigentumsrechtlichen Bestimmungen des Rassendiskriminierungsabkommens, der Frauenkonvention und den ILO-Übereinkommen Nr. 107 und Nr. 169 zu. Für die Weiterentwicklung des internationalen Eigentumsschutzes wird in diesem Zusammenhang dem Übereinkommen Nr. 169 zum Teil eine besondere Bedeutung zugesprochen.32 Zugunsten einer universellen gewohnheitsrechtlichen Anerkennung des Eigentums spricht aus modernistischer Sicht auch die verbreitete Annahme einer allmählichen Verfestigung von verschiedenen Bestimmungen der AEMR zu Völkergewohnheitsrecht.33 Dabei wird die AEMR als autoritative Interpretation der Artikel 55 und 56 der Satzung der Vereinten Nationen angesehen.34 In seiner Studie zum Schutz des Eigentums erklärte der von der Menschenrechtskommission beauftragte unabhängige Experte Rodriguez, dass die in der AEMR enthaltenen Standards „became rules of customary international law and which as such were regarded as mandatory in the doctrine and practice of international law.“35 Gleichwohl schloss der Experte, dass das Recht auf Eigentum (noch) nicht universell anerkannt sei.36 Mit Bezug auf diese Widersprüchlichkeit in der Expertenstudie hinsichtlich des Artikel 17 der AEMR, befand Hannum, dass „[n]onetheless, it would seem difficult to maintain that a state’s power to expropriate or seize individual property is wholly unlimited“.37 Mit ähnlichem Tenor behauptete die Unterkommission der Menschenrechtskommission in den Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution von Flüchtlingen und Vertriebenen ausdrücklich, dass in den Prinzipien ausnahmslos bereits bestehende menschenrechtliche Normen auf die besonderen Umstände in Flucht- und Vertreibungssituationen angewandt worden seien – ein Umstand, der auch für das Recht auf Eigentum gilt.38 32

Plant, S. 20; Anaya, S. 144. Für die gewohnheitsrechtliche Verfestigung der AEMR bzw. der meisten ihrer Bestimmungen argumentierend: Hannum (1995/1996), S. 317–354; Schachter (1991), S. 337–339; Riedel, S. 28. 34 Bleckmann, S. 47; Meron (1992), S. 84–85. 35 UN Doc. E/CN.4/1993/15, The right of everyone to own property alone as well as in association with others. Completed final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 1. Februar 1994, Para. 180. 36 Ibid., Paras. 97 und 474. 37 Hannum (1995/1996), S. 347. In den meisten anderen Auflistungen von in der AEMR enthaltenen Menschenrechte, die sich zu Gewohnheitsrecht verhärtet haben sollen, wird das Eigentum jedoch nicht erwähnt. 38 Vgl. die Ausführungen in Kapitel F. IV. 3. Siehe auch: Kälin (2005), S. 29–30. 33

272

G. Schlussbemerkungen

In einem Gedankenspiel zur Bildung von eigentumsrechtlichem Völkergewohnheitsrecht hat Döhring die Argumentation zu Gunsten eines allgemeinen Menschenrechts auf Eigentum wie folgt zusammengefasst: „Man könnte nun sagen, hier dokumentiere sich das Interesse der Staatengemeinschaft, d. h. also wohl der Mehrheit der Staaten, an der Etablierung und Verfestigung eines Menschenrechts auf Eigentum, gerichtet auch gegen den eigenen Staat. Es wäre also die Schlussfolgerung denkbar, dass zwar nicht die Verträge allein schon Gewohnheitsrecht gebildet haben, dass aber hinzukommende und völkerrechtlich allein nicht bindende Erklärungen und das auch in den Verfassungen manifestierte Interesse der Staatengemeinschaft nun die Vertragsbestimmungen auch für Nichtpartner [der Menschenrechtskonventionen] als Gewohnheitsrecht begründet haben. . . . So ist wohl heute ein weltweites Interesse am Schutz des Privateigentums gewachsen und damit auch – vorsichtig ausgedrückt – die Chance, das Eigentumsrecht auch über die Verträge hinaus als Menschenrecht anzuerkennen.“39

Anhänger des traditionellen induktiven Ansatzes werfen den Modernisten vor, völkerrechtliche Grundprinzipien zu verletzen und sich durch die Betonung von „Papierpraxis“ von der gelebten Staatenrealität zu entfernen.40 Da Staaten die in internationalen Menschenrechtsinstrumenten und nationalen Verfassungen proklamierten Regeln in der Wirklichkeit häufig nicht befolgen oder umsetzen, könne in vielen Fällen nicht von tatsächlich rechtsverbindlichen Normen gesprochen werden.41 Weiterhin gelte ein Beweis des ersten Anscheins dagegen, dass eine vertraglich kodifizierte Norm gleichzeitig völkergewohnheitsrechtlichen Bestand besitzt.42 Denn vielfach könne angenommen werden, dass multilaterale Verträge gerade dann geschlossen werden, wenn in der gleichen Rechtsmaterie Gewohnheitsrecht sich nicht gebildet hat, oder man von diesem abweichen will.43 Ob eine Vertragsbestimmung eine bestehende gewohnheitsrechtliche Norm kodifizieren soll, mithin Geltung auch für Nichtvertragsparteien verlangt, erfordere den besonderen Nachweis einer entsprechenden Rechtsüberzeugung der Staatengemeinschaft.44 Einem induktiven Ansatz folgend, kann diese als gegeben angesehen werden, wenn sich auch vertragsfremde Völkerrechtssubjekte entsprechend den vertraglichen Geboten verhalten und alle Beteiligten der Überzeugung sind, zu dieser Verhaltensweise rechtlich verpflichtet zu sein.45 Neben 39

Doehring (2003), S. 75–76. Simma/Alston, S. 88–89. 41 Bleckmann, S. 31; Weisburd, S. 106, 140, der sich auf eine Untersuchung der internationalen Befolgung des IPbpR, des Frauenabkommens und der Antifolterkonvention stützt. Neumayer argumentiert indes, dass je demokratischer ein Staat ist, desto mehr eine Tendenz zur Implementierung der Verpflichtungen aus Menschenrechtsverträgen besteht. Vgl. Neumayer, S. 950–951. 42 Ipsen, S. 220. 43 Doehring (2004), S. 139. 44 Doehring (2003), S. 72. 40

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

273

dem Vorliegen von ausreichender Staatenpraxis kommt es in diesem Zusammenhang auf das Interesse der Staatengemeinschaft an einem gewohnheitsrechtlichen Bestand bestimmter Vertragsnormen an.46 Die Feststellung eines universellen Interesses ist jedoch problematisch bei regionalen Menschenrechtsverträgen, die ausdrücklich nur für einen bestimmten örtlichen Bereich gelten. Fraglich ist auch der Befund des gewohnheitsrechtlichen Bestands eines allgemeinen Menschenrechts auf Eigentum anhand von menschenrechtlichen Spezialabkommen, die lediglich einen rechtlichen Partikularbereich regeln. Etwas anderes kann angenommen werden, wenn die Menschenrechtsverträge mit Blick auf das Eigentum universelle Staatenpraxis widerspiegeln. Eine entsprechende umfassende Untersuchung ist im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht durchgeführt worden. Zwar wurden in Kapitel D. die post-sozialistischen Verfassungen und Restitutionsgesetze analysiert, denen große Bedeutung bezüglich der Herausbildung eines allgemeinen Eigentumsrechts zugemessen werden muss. Trotzdem bleibt auch in der ehemaligen sozialistischen Staatenwelt die tatsächliche Umsetzung der Eigentumsbestimmungen durch Exekutive und Judikative fraglich. Ähnliche Zweifel bestehen hinsichtlich der eigentumsrechtlichen Praxis vieler Entwicklungsländer, selbst wenn sie ihre Verfassungen eigentumsfreundlich gestaltet haben oder sie Vertragspartei zu einem regionalen Menschenrechtsabkommen sind. Weiterhin ist problematisch, inwieweit sich Staaten durch ihre Verfassungen überhaupt völkerrechtlich gebunden sehen oder in ihnen lediglich innerstaatliche Materie zu regeln intendieren, die nicht zu den allgemeinen Menschenrechten zählt. Gerade das Eigentumsrecht wurde lange Zeit als ausschließlich innerstaatliches Rechtsgebiet angesehen und die Existenz eines eigenständigen völkerrechtlichen Eigentumsbegriffs bestritten.47 Auf der anderen Seite können die Menschenrechte als internationale Weiterentwicklung der in nationalen Verfassungen festgeschriebenen Grundrechte verstanden werden.48 Darüber hinaus stehen nationale Verfassungs- und Völkerrechtstexte in einem Korrespondenzverhältnis des wechselseitigen Lernens und der gegenseitigen Rezeption, weswegen behauptet werden kann, dass sich ein Menschenrecht auf Eigentum aus den verschiedenen nationalen Eigentumsbegriffen gewohnheitsrechtlich gebildet hat.49 Ob das Eigentumsrecht gewohnheitsrechtlich auch universell verankert ist, bleibt indes auch angesichts dieses Befunds zweifelhaft. 45

Ipsen, S. 220. Ein solches Interesse kann z. B. bei solchen Abkommen gegeben sein, die eine allgemeine Ordnung für einen bestimmten Bereich des Völkerrechts regeln, der im Interesse der ganzen Staatengemeinschaft lieft und größtenteils geltendes Gewohnheitsrecht wiedergibt. Vgl. Stein/von Buttlar, S. 55; Doehring (2003), S. 71–72. 47 Vgl. ibid., S. 76; Dolzer (1985), S. 148. 48 Henkin, S. 40. 49 Vgl. Kotzur, S. 59; Dolzer (1985), S. 171. 46

274

G. Schlussbemerkungen

Kritik an dem vorstehenden modernistischen Ansatz, der die in Kapitel D. geschilderten Entwicklungen zur Feststellung eines universellen Menschenrechts auf Eigentum genügen lässt, kann auch mit dem Argument der fehlenden breiten und repräsentativen Beteiligung der Staatengemeinschaft geübt werden. Selbst wenn man verschiedene konsekutive Menschenrechtsabkommen und den eigentumsrechtlichen Umbruch in der ehemaligen sozialistischen Staatenwelt ohne eine umfassende Prüfung von „harter“ Staatenpraxis für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht ausreichen lässt, bleibt doch festzustellen, dass die genannten Entwicklungen den asiatisch-pazifischen Rechtsraum nicht abdecken und dass die arabische und islamische Menschenrechtserklärung nicht bindend sind. Zwar sind die in Kapitel D. aufgeführten Antidiskriminierungsabkommen prinzipiell universell, sie begründen jedoch mit Ausnahme der ILO-Konventionen ein Eigentumsrecht nicht. Letztere haben allerdings bislang nur wenige Vertragsparteien und können folglich nicht als repräsentativ gelten.50 Der Universalismusanspruch der modernistischen Position ist mithin nicht vollständig eingelöst worden. Dieser Befund wäre entkräftet, wenn man, wie oben ausgeführt, die AEMR in den Stand des Völkergewohnheitsrecht erhebt. Diese Argumentation verkennt indes, dass weder Staaten noch Gerichte von einer rechtlichen Bindungswirkung der Erklärung zu Zeiten ihrer Verabschiedung oder zum heutigen Zeitpunkt ausgingen bzw. ausgehen.51 Nach vorherrschender Meinung ist die AEMR „only of moral authority“ und war lediglich als nicht rechtsverbindliches Aktionsprogramm gedacht.52 Jennings fasste die Kritik der Anhänger eines induktiven Ansatzes an der modernistischen Position mit den Worten zusammen: „Most of what we perversely persist in calling customary international law is not only not customary law: it does not even faintly resemble a customary law.“53 In anderen Worten sprengt nach traditioneller Auffassung die deduktive Bestimmung von menschenrechtlichem Gewohnheitsrecht anhand von vermeintlich festgestellter internationaler Rechtsüberzeugung das theoretische Konzept des Völkergewohnheitsrechts.54 Dieser Ansatz sei zu vermeiden, da „,Pseudo-law‘ can be the worst enemy for the Rule of Law“.55 Als Zwischenergebnis ist festzustellen, dass man zwar deduktiv auf Grundlage des vorhandenen empirischen Materials für die Herauskristallisierung eines 50 Im August 2007 haben 18 Staaten die ILO-Konvention Nr. 107 und 17 Staaten die ILO-Konvention Nr. 169 ratifiziert. Siehe: http://www.ilo.org/public/english/indi genous/standard/index.htm 51 Schachter (1991), S. 337; Doehring (2004), S. 136; MacGibbon, S. 23. 52 Bothe (1980), S. 77. 53 Jennings, S. 5. 54 D’Amato, S. 101–105. 55 MacGibbon, S. 26.

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

275

allgemeinen universellen Menschenrechts auf Eigentum argumentieren kann, das Recht nach traditioneller induktiver Sichtweise jedoch nicht eindeutig zu ermitteln ist. Festzuhalten bleibt allerdings eine deutlich eigentumsfreundlichere Situation nach Zusammenbruch der sozialistischen Staatenwelt, welcher sich für den konkreten Eigentumsschutz für Flüchtlinge und Vertriebene im Rahmen von internationalen Friedenseinsätzen positiv ausgewirkt hat. 4. Gewohnheitsrechtlicher Eigentumsschutz für Flüchtlinge und Vertriebene durch internationale Friedenseinsätze In diesem Bereich könnte sich mithin ein besonderes Eigentumsrecht herausgebildet haben, welches anhand der in Kapitel E. geschilderten Praxis des Sicherheitsrates bzw. der von ihm legitimierten Friedenseinsätze bestimmt werden kann. Im Gegensatz zu internationalen Vertragsabschlüssen und den unverbindlichen Resolutionen der Generalversammlung oder anderer Organe der Vereinten Nationen, kann dem Sicherheitsrat kaum der Vorwurf eines Papiertigers gemacht werden. Denn seine Resolutionen sind gemäß Artikel 25 der Satzung der Vereinten Nationen bindend und damit Recht setzend, besonders wenn sie Zwangsmaßnahmen nach Kapitel G. beinhalten, die weit in die staatliche domaine réservé eingreifen. Entsprechendes Handeln des Sicherheitsrats (oder seiner Unterorgane wie Friedensmissionen) ist insofern einzigartig, als dass in ihm „harte“ Praxis mit der Kristallisationswirkung internationaler Organisationen hinsichtlich globaler Rechtsauffassung zusammenfällt. Damit kann ihm eine herausragende Indikationswirkung für den Stand des Völkergewohnheitsrechts zugeschrieben werden. Hinsichtlich gesetzgeberischer Aktivitäten des Sicherheitsrats wird in der Literatur zwar darauf hingewiesen, dass dem Rat im Gegensatz zur Generalversammlung keine quasi-legislativen Befugnisse zukommen sollten.56 Angesichts seiner exklusiven Mitgliedschaft und der Möglichkeit zur Einlegung eines Vetos durch seine fünf ständigen Mitglieder könnten Sicherheitsratsresolutionen nicht analog zum Fall der Generalversammlung dahingehend interpretiert werden, dass sie die allgemeine Rechtsüberzeugung der Staatengemeinschaft widerspiegeln.57 Des Weiteren wird argumentiert, dass Sicherheitsratsresolutionen im Prinzip nur einzelfallbezogen sind und gerade nicht die für Rechtssetzung typische abstrakt-generelle Bindungswirkung besitzen.58 Schließlich wird herausgestellt, dass der Sicherheitsrat ein höchst politisches Organ ist, welches sich nur

56 57 58

Harper, S. 150–154. Siehe auch: Perrin de Brichambaut, S. 269. Gowlland-Debbas, S. 300. Vgl. Nolte, S. 321.

276

G. Schlussbemerkungen

bedingt an juristischen Diskursen orientiert, sondern auf ad hoc-Basis machtpolitische Entscheidungen trifft.59 Trotz dieser Argumente wird jedoch allgemein anerkannt, dass Sicherheitsratsresolutionen in der Praxis eine wichtige, über den Einzelfall hinausgehende Präzedenzwirkung haben, die zur Bildung von Völkergewohnheitsrecht in nicht unerheblichem Maße beiträgt.60 Zwar kommt in Entscheidungen des Sicherheitsrats weder automatisch die universelle opinio iuris hinsichtlich einer bestimmten Norm zum Ausdruck, noch entfalten sie für den Rat eine eigentliche Präzedenzwirkung derart, dass er zur Beachtung des entsprechenden Rechtssatzes in künftigen gleich gelagerten Situationen verpflichtet wäre.61 Dennoch richten sich Staaten und ihre Rechtsexperten laut Alvarez in ihrer Suche nach dem tatsächlich anwendbaren Völker(gewohnheits)recht häufig nach dem Sicherheitsrat, der in genereller Abwesenheit einer zwingenden internationalen Gerichtsbarkeit das einzige internationale Organ ist, das auf universeller Ebene zugleich kollektiv legitimiert ist und bindende Entscheidungen verordnen kann.62 Wie Österdahl herausgestellt hat, kann sich der Sicherheitsrat aus Ressourcen- und Kapazitätsgründen bei der Vermeidung von schweren Menschenrechtsverletzungen nicht durchgängig konsistent verhalten.63 Gleichwohl wird in der Staaten- und Völkerrechtsgemeinschaft – zumindest solange seine Legitimität nicht durch kontinuierliche selektive Rechtsanwendung, einseitige Interessenspolitik oder Ineffizienz erschüttert ist – angenommen oder behauptet, dass der Sicherheitsrat im Einklang mit dem geltenden Völkerrecht handelt und gleiche Fälle künftig auch gleich behandeln wird.64 Insofern können Sicherheitsratsresolutionen als autoritative internationale Praxis gelten, die Aufschluss über den aktuellen Stand des Völkergewohnheitsrechts geben.65 5. Präzedenzwirkung von Verwaltungshandeln internationaler Friedensmissionen Diese Bindungs- und Präzedenzwirkung muss im Prinzip auch angenommen werden, wenn dem Sicherheitsrat untergeordnete Organe, wie Friedensmissionen tätig werden.66 In diesem Zusammenhang ist allerdings wichtig, dass Frie59

Vgl. Eitel, S. 60; Bianchi, S. 269–272. Alvarez, S. 194–195; Österdahl, S. 13. 61 Österdahl, S. 13–14; Herdegen (1998), S. 31. 62 Alvarez, S. 188–189. 63 Österdahl, S. 10. 64 Alvarez, S. 195; Higgins (1963), S. 5. Zum Reformbedarf und zur Delegitimationsproblematik des Sicherheitsrats, siehe: Alvarez, S. 199–217; Bourantonis, S. 4–11. Zur Rechtsbindung und Rechtskontrolle des Sicherheitsrats, siehe: Herdegen (1998), S. 25–31; Gowlland-Debbas, S. 304–311; Oosthuizen, S. 549–563; Akande, S. 309– 343; Martenczuk, S. 119–187; Gill, S. 61–138. 65 Österdahl, S. 16. 60

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

277

densmissionen nicht nur in ihrer traditionellen Rolle als Puffer zwischen den Streitparteien oder als humanitäre Hilfsorganisation agieren, die mit Einwilligung des betroffenen Staates operieren.67 Für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht ist vielmehr notwendig, dass Friedensoperationen mit Exekutiv- und Legislativbefugnissen ausgestattet werden und als internationale Territorialverwaltungen in Nachkriegsgesellschaften staatliche Aufgaben wahrnehmen.68 Dabei handeln sie in einer Doppelfunktion zum einen zum Zweck der internationalen Friedenssicherung und zum anderen als Treuhänder für die lokale Bevölkerung bis zur (Wieder-)Herstellung demokratischer Regierungs- und Verwaltungsstrukturen.69 Für die Ermittlung von Staatenpraxis im Menschenrechtsbereich sind diese internationalen Verwaltungen besonders interessant, weil sie nicht nur aktiven Menschenrechtsschutz in den betroffenen Ländern betreiben, sondern dort auch demokratische und rechtsstaatliche Institutionen aufbauen bzw. aufzubauen helfen.70 Mit Berufung auf Kapitel G. der Satzung der Vereinten Nationen greifen diese Friedensmissionen weit in Regelungsbereiche ein, die unter normalen Umständen dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten sind.71 Insofern kann behauptet werden, dass die Legislativ- und Exekutivpraxis dieser Friedensmissionen als quasi-staatliche Praxis bei der Ermittlung von Staatenpraxis für Völkergewohnheitsrecht einzubeziehen ist. Entsprechend den Sicherheitsratsresolutionen selbst, kann die menschenrechtliche Praxis solcher Friedensmissionen als Indikator mit gesteigerter Aussagekraft für die Feststellung bestimmter völkergewohnheitsrechtlicher Normen verwandt werden. Wenn Friedensmissionen von den Vereinten Nationen durchgeführt werden, richtet sich der im Nachkriegsgebiet stattfindende Rechtsstaatsaufbau und Menschenrechtsschutz primär nach dem allgemeinen, universellen Menschenrechtsregime, welches durch die Vereinten Nationen gesetzt worden ist und zumindest in der Theorie von der gesamten Weltgemeinschaft vertreten wird.72 Zwangsweise Eingriffe in die staatliche Souveränität zur internationalen Friedenssicherung sollen dadurch legitimiert werden, dass im Rahmen der Ver66 de Wet, S. 311, 337. Dabei operieren Friedensmissionen als untergeordnete Organe gemäß Artikel 29 bzw. 98 der Satzung der Vereinten Nationen. Allgemein zur Errichtung und Handlungsbefugnis von Unterorganen: Sarooshi, S. 413–478; 67 Zu den verschiedenen Generationen von Friedensoperationen, siehe: von Carlowitz (2003), S. 349–351; Kühne, S. 359–360. 68 Allgemein zu internationalen Territorialverwaltungen, siehe: de Wet, S. 291–340; Wolfrum, S. 649–696; Bothe/Marauhn, S. 223–224; Caplan (2002); Wilde (2001a), S. 583–606; Kohonen, S. 495–529; Ruffert, S. 613–631. 69 de Wet, S. 330; von Carlowitz (2003), S. 365; Wilde (2001b), S. 255–256. 70 Wolfrum, S. 680–693; Caplan (2002), S. 30–46. 71 de Wet, S. 296–306; von Carlowitz (2003), S. 336–345. 72 UN Doc. S/2004/616, Report of the Secretary-General. The Rule of Law and Transitional Justice in Conflict and Post-Conflict Societies, 23. August 2004, Para. 9, S. 5.

278

G. Schlussbemerkungen

einten Nationen alle Staaten der Welt weitgehend gemeinsam Strategien zur Friedenskonsolidierung in den international verwalteten Gebieten verfolgen. In eine ähnliche Richtung argumentiert vor allem Paris aus politikwissenschaftlicher Sicht, dass die internationalen Verwaltungen einen Staats- und Institutionenaufbau in den betroffenen Gesellschaften betreiben, der weniger auf partikularen als auf globalen, wenn auch stark westlich geprägten, liberalen Werten beruht.73 Im Vergleich zu Entscheidungen des Sicherheitsrates an sich ist der an der Durchführung der Friedensmission beteiligte Staatenkreis grundsätzlich weniger exklusiv, sondern spiegelt im Prinzip die gesamte Staatengemeinschaft wider. Denn Friedensmissionen der Vereinten Nationen werden zwar vom Sicherheitsrat autorisiert, ihre Organisation und Programme einschließlich solcher, die für einen effizienten Menschenrechtsschutz unabdinglich sind, müssen jedoch von der Generalversammlung budgetiert und genehmigt werden.74 Weiterhin sind alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen gehalten, an der Mandatsdurchführung durch finanzielle Beiträge und bilaterale Entwicklungs- und Demokratisierungshilfe mitzuhelfen.75 Der Entscheidungsgewalt des SRSG (oder in Bosnien dem OHR) unterworfen, unterstützt tatsächlich eine erheblich Anzahl von Staaten die Durchführung des internationalen Mandats und erweckt so den Anschein, hinter der Zielsetzung der Friedensoperation und ihrer Verwaltungspraxis zu stehen. Insofern lässt sich behaupten, dass sich in dem von der Friedensmission umgesetzten Menschenrechtsschutz eine entsprechende Rechtsüberzeugung der internationalen Gemeinschaft herauskristallisiert und manifestiert. Für die Feststellung von menschenrechtlichem Gewohnheitsrecht ist die Verwaltungspraxis dieser Missionen besonders hilfreich, da in ihr die entsprechende internationale opinio iuris mit tatsächlicher Praxis zusammenfällt. 6. Relevanz des internationalen Eigentumsrechtsschutzes in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo Internationale Territorialverwaltungen hat es seit Ende des Kalten Krieges in verschiedenen Formen gegeben. Während die Friedensmissionen in Kambodscha und Somalia nur begrenzte Legislativ- und Exekutivbefugnisse hatten, besaßen die Verwaltungen in Ost-Slawonien, Kosovo und Ost-Timor fast unumschränkte Gesetzgebungs- und Exekutivgewalt.76 Eine Sonderstellung nimmt

73

Paris, S. 441–173. Zur Finanzierung von Friedensmissionen der Vereinten Nationen, siehe: Bothe (2000), S. 688–690. 75 Zur Problematik der Einwerbung finanzieller Ressourcen für den Wiederaufbau von Nachkriegsgesellschaften, siehe: Patrick, S. 35–42. 76 Für weiterführende Literatur zu internationalen Verwaltungen, siehe FN 68. 74

I. Bildung von Völkergewohnheitsrecht

279

das Engagement der internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina ein. Dort stellen nicht die Vereinten Nationen das Kernstück der internationalen Verwaltung, sondern eine breite Staatenkoalition, die im Rahmen eines Friedensvollzugsrats (Peace Implementation Council) dem mit weitgehenden Exekutiv- und Legislativkompetenzen ausgestatteten OHR politisch anleitet.77 Allerdings ist das internationale Eingreifen in Form und Substanz ausdrücklich vom Sicherheitsrat nachträglich gebilligt worden und das OHR ist gehalten, dem Sicherheitsrat monatlich über seine Aktivitäten zu berichten.78 Das Rückkehrrecht von Flüchtlingen und Vertriebenen in ihre angestammten Häuser zu ermöglichen, zu unterstützen oder sicherzustellen, und damit einen effektiven Eigentumsschutz zu gewährleisten, war Teil des Mandates aller erwähnten Friedensmissionen.79 Für das Vorliegen von ausreichender internationaler Praxis ist allerdings auch notwendig, dass die internationalen Verwaltungen den eigentumsrechtlichen Menschenrechtsschutz auch aktiv betrieben bzw. Institutionen zu seiner Umsetzung aufgebaut haben. Von den fünf einschlägigen Missionen haben jedoch lediglich die internationalen Verwaltungen in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo einschneidende Maßnahmen zum Schutze des Eigentums von Flüchtlingen und Vertriebenen unternommen. Diese Tatsache könnte zur Annahme dienen, dass die für die Bildung von Völkergewohnheitsrecht notwendige konsistente Praxis noch nicht einmal in den vier einschlägigen Friedensmissionen mit voller Legislativ- und Exekutivgewalt gegeben ist. Dieses Argument kann jedoch mit dem Befund entkräftet werden, dass die internationalen Verwaltungen in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo die einzigen internationalen Verwaltungen sind, die über einen ausreichend langen Zeithorizont verfügen, um effektive Eigentumsrechtsschutzmaßnahmen durchführen 77 Oellers-Frahm, S. 192–193. Zu den sogenannten „Bonn Powers“ des OHR, siehe: Cox (1998), S. 607. Siehe auch die kritischen Anmerkungen von: Caplan (2004), S. 53–65; Knaus/Martin, S. 60–74. 78 UN Doc. S/Res/1031, 15. Dezember 1995, Paras. 25–28. Siehe auch: OellersFrahm, S. 208–209; Frowein (2003), S. 136. 79 Die internationalen Verwaltungen bzw. Missionen in Kambodscha, in Somalia, in Bosnien und Herzegowina, in Ost-Slawonien und im Kosovo und hatten alle einen klares Mandat zur Umsetzung und Unterstützung der Rückkehr- und Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen, vgl. Pariser Friedenskonferenz zur Lösung des Konfliktes in Kambodscha (Agreement on a Comprehensive Political Settlement of the Cambodia Conflict), 23. Oktober 1991, Artikel 20, Abs. 1, und Annex 4 i.V. m. UN Doc. S/Res/745, 28. Februar 1992, Paras. 2 und 9; UN Doc. S/Res/814, 26. März 1993, Paras. 4 (b) und 12; Daytoner Friedensvertrag, 14. Dezember 1995, Artikel 1; UN Doc. S/Res/1037, 15. Januar 1996, Para. 11 (d); Annex 7; UN Doc. S/Res/1244, 10. Juni 1999, Para. 11 (k). Die der internationalen Verwaltung in Ost-Timor zugrundeliegende Resolution bekräftigt in ihrer Präambel ebenfalls ausdrücklich die Rechte der Flüchtlinge und Vertriebenen, umfasst die entsprechende eigentumsrechtliche Schutzverpflichtung allerdings nur indirekt im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der humanitären Hilfe und Wiedereingliederung, vgl. UN Doc. S/Res/1272, 25. Oktober 1999, Präambel und Para. 2.

280

G. Schlussbemerkungen

zu können.80 Das Mandat für beide Verwaltungen ist langfristig angelegt und ein im Prinzip offenes, während die Übergangsverwaltungen in Ost-Slawonien und Ost-Timor nur für ein bzw. zwei Jahre bis zur Übernahme der Regierungsverantwortung durch die kroatische bzw. ost-timoresische Regierung volle Exekutiv- und Legislativkompetenzen hatten. Gegen eine Bildung von universellem Völkergewohnheitsrecht bezüglich eines Menschenrechtes auf Eigentum von Flüchtlingen und Vertriebenen durch die Friedensmissionen in Bosnien und Herzegowina und Kosovo könnte angeführt werden, dass beide Mission lediglich das europäisches Menschenrecht auf friedliche Nutzung von Eigentum gem. Artikel 1 des Ersten Zusatzprotokolls der ERMK implementiert hätten. Sowohl das OHR als auch UNMIK sind ermächtigt, im Rahmen von anerkannten internationalen menschenrechtlichen Standards auch die EMRK anzuwenden und durchzusetzen.81 Gegen die Annahme einer ausschließlichen Anwendbarkeit von europäischem Menschenrecht im Bereich der Eigentumsrechte spricht allerdings, dass sowohl in Bosnien und Herzegowina als auch im Kosovo als konzeptioneller Grundbestandteil der Friedenseinsätze eine über den europäischen Kontext hinausgehende universelle Legitimierung des internationalen Eingriffs vorgesehen war. So hat die internationale Staatenkoalition unter Führung der USA (und nicht Europas) große, von Erfolg gekrönte Anstrengungen unternommen, auch nicht westliche Staaten zu einer Unterstützung des Daytoner Friedensabkommen und seiner Implementierung zu bewegen.82 Die nachträgliche Legitimierung des Abkommens und der Berichte des OHR durch die Vereinten Nationen spricht ebenfalls für den Willen der internationalen Gemeinschaft das Eingreifen in Bosnien und Herzegowina universell und nicht lediglich europäisch zu legitimieren. Eine ähnliche Wertung ergibt sich für das internationale Eingreifen im Kosovo angesichts der Tatsache, dass nicht die OSZE sondern die Vereinten Nationen zum Kernstück der internationalen Verwaltung im Kosovo gemacht worden sind.83 Wie in dem Bericht des Generalsekretärs zum (Wieder-)Aufbau 80

von Carlowitz (2004a), S. 207. UNMIK Verordnung Nr. 1999/24 über das anwendbare Recht im Kosovo (UNMIK Regulation No. 1999/24 on the Applicable Law in Kosovo), 12. Dezember 1999, Artikel 1.3; Annex 4 (Constitution of Bosnia and Herzegovina), Artikel II, Abs. 2, Annex 6 (Agreement on Human Rights), Artikel I, und Annex 10 (Agreement on Civilian Implementation) des Daytoner Friedensabkommens, Artikel II und V. 82 Zum amerikanischen Einfluss auf das Daytoner Friedensabkommen, siehe: Cox (1998), S. 609; Gaeta, S. 150; Szasz, S. 306. Der Versuch, eine möglich breite internationale Unterstützung für das Abkommen zu gewinnen, zeigt sich an der Mitgliedschaft des Implementierungsrats, dem 42 Staaten und 13 internationale Organisationen angehören und dessen Vorsitz von den G-8 Staaten, der EU und der europäischen Kommission, sowie der Organisation der islamischen Konferenz gebildet wird. Vgl. Oellers-Frahm, S. 192–193. 83 Besonders Russland sprach sich gegen die OSZE als Trägerorganisation für die internationale Übergangsverwaltung aus. Russland warf der OSZE vor, sich zu sehr an 81

II. Eigentumsrechtliches Fazit

281

von Rechtsstaatlichkeit in Nachkriegsgesellschaften vom August 2004 deutlich gemacht, stützen die Vereinten Nationen ihren Menschenrechtsschutz vor allem auf das im Rahmen ihrer Organisation entwickelte Menschenrechtsregime, d. h. auf universelles bzw. überregionales Menschenrecht.84 Auch deuten die in Kapitel F. behandelten Diskussionen über die Entstehung von gewohnheitsrechtlichem Eigentumsrechtsschutzes für Flüchtlinge und Vertriebene in der Unterkommission der Menschenrechtskommission darauf hin, dass es sich hier um universelles und nicht bloß europäisches Menschenrecht handelt.

II. Eigentumsrechtliches Fazit Anhand der oben stehenden Ausführungen erscheint die These vom Bestand eines universellen Menschenrechts auf Eigentum für Flüchtlinge und Vertriebene gut vertretbar, zumal sie durch die Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution von Flüchtlingen und Vertriebenen der Unterkommission für Menschenrechte bestätigt wird. Zwar begründet sich diese These nicht auf ein für alle Menschen geltendes allgemeines Eigentumsrecht. Außer man wendet einen deduktiven, modernistischen Ansatz an, kann ein solches Recht noch nicht ermittelt werden, obgleich die internationale Rechtsentwicklung seit 1989 wesentlich eigentumsfreundlicher im Vergleich zu den vorherigen Jahrzehnten geworden ist. Vielmehr erlaubt die vorliegende Untersuchung von einem besonderen Eigentumsschutz nach Flucht- und Vertreibungssituationen auszugehen, auf den sich die Betroffenen berufen können. Dabei gestaltet sich dieser als eine gewohnheitsrechtlich feststellbare Konkretisierung des allgemeinen Eigentumsrechts, welche als gegenwärtiger Minimalbereich des universellen menschenrechtlichen Eigentumsschutzes gelten kann. Bei der Prüfung von gewohnheitsrechtlichem Eigentumsschutz zugunsten von Flüchtlingen und Vertriebenen besteht folglich keine Notwendigkeit, die Position der Modernisten in der Words versus Action-Debatte einzunehmen, die vor allem auf die internationale Rechtsüberzeugung abstellt, die anhand der Ratifizierung von Menschenrechtsverträgen und dem soft law internationaler Organisationen gemessen wird. Zumindest im vorliegenden Fall kann eine solche Umgehung des klassischen, auf Staatenpraxis abstellenden Prüfungsansatzes vermieden werden, indem man neben dem postsozialistischen eigentumsfreundlichen Umschwung verstärkt auf die internationale Territorialverwaltungen abstellt, bei denen die den Vereinten Nationen zugeschriebene Kristallisationswirkung für staatliches Handeln mit handfester Legislativ- und Exekutivpraxis zu-

NATO-Positionen zu orientieren und im Rahmen der Kosovo Verification Mission eine Mitverantwortung für den Ausbruch des Kosovo-Krieges zu tragen. Vgl. Matwejew, S. 67–90. 84 UN Doc. S/2004/616, siehe FN 72, Para. 9, S. 5.

282

G. Schlussbemerkungen

sammenfällt. Die internationalen Eingriffe zum Schutze des Eigentums in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo stellen sich als so markante Beispielsfälle nicht nur für die Quasi-Staatenpraxis der internationalen Friedenseinsätze, sondern auch für die Kristallisierung von internationaler Rechtsüberzeugung dar, dass sie als Einzelfälle für die Feststellung von Völkergewohnheitsrecht große Aussagekraft besitzen und als Anzeiger für die aktuelle Rechtslage gelten können. Im Gegensatz zu der Rechtslage kurz nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Eigentumsschutz nicht mehr nur auf das persönliche Eigentum beschränkt, sondern umfasst prinzipiell auch den Wohn- und Grundbesitz von Flüchtlingen und Vertriebenen. Ein Vergleich mit den rigiden Beschränkungen der sowjetischen Gesetzgebung hinsichtlich des persönlichen Eigentums, die als früherer eigentumsrechtlicher Minimalkonsens gelten können, werden die Eigentumsrechte von Flüchtlingen und Vertriebenen heutzutage wesentlich weiter verstanden als 1945, selbst wenn ein Nachkriegsrestitutionssystem wie im Kosovo bislang lediglich Wohneigentum und mit ihm verbundene Grundstücke einschließt.85 Wenn in dieser Arbeit für die Existenz eines universell anerkannten Eigentumsrechts für Flüchtlinge und Vertriebene argumentiert wird, bezieht sich diese Annahme jedoch nur auf die abwehrrechtliche Komponente des Eigentums. Die Rechte von unrechtmäßigen Besitzern zur Vermeidung von Obdachlosigkeit im Falle einer restitutionsbedingten Räumung sind sowohl nach Praxis als auch den Prinzipien für Wohn- und Grundbesitzrestitution nicht eigentumsrechtlich, sondern über das Recht auf angemessene Behausung geschützt. Um eine entsprechende Aussage über den gewohnheitsrechtlichen Bestand einer gewährleistungsrechtlichen Komponente des Eigentums zu machen, hätte die Untersuchung über ihr Schwerpunktthema des Flüchtlings- und Vertriebeneneigentums hinaus in umfassender Form entsprechende staatliche Eigentumsgesetzgebung analysieren müssen. Nach der vorliegenden begrenzten Recherche, die über den Flucht- und Vertreibungskontext hinaus aber immerhin die vorhandenen universellen und regionalen Menschenrechtsinstrumente sowie die postsozialistischen Verfassungen und Restitutionsregime untersucht hat, scheint es allerdings nicht genügend Praxis zur Annahme einer universell anerkannten gewährleistungsrechtlichen Komponente des Eigentums zu geben. Zwar ist das Menschenrecht auf Eigentum in den Beratungen der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission weitgehend im Zusammenhang mit der Verwirklichung von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten diskutiert worden, was auch auf die Anerkennung eines gewährleistungsrechtlichen Aspektes des Eigentums hindeutet. Entsprechende Elemente sind auch im Frauenübereinkommen, in den ILO-Übereinkommen Nr. 107 und Nr. 169 sowie in der afrikanischen Menschenrechtskonvention enthalten. Weiterhin besitzen verschiedene postsozialis85

Vgl. Kapitel E. IV. 2. a).

II. Eigentumsrechtliches Fazit

283

tische Verfassungen gewährleistungsrechtliche Bestimmungen. Im Gegensatz dazu fehlen jedoch Hinweise auf eine staatliche Leistungspflicht mit Blick auf ein Mindestmaß an Eigentum in der AEMR, im Rassendiskriminierungsabkommen sowie in den verbleibenden regionalen Menschenrechtsinstrumenten, die ausschließlich auf den Schutz von schon bestehendem Eigentum abzielen. Zum Teil ist argumentiert worden, dass die abwehr- und gewährleistungsrechtlichen Seiten des Eigentums nur schwer unabhängig voneinander diskutiert werden könnten.86 Vor dem Hintergrund der geschilderten eigentumsrechtlichen Entwicklungen ist es zu Beginn des 21. Jahrhunderts jedoch zumindest im Kontext von Flüchtlingskatastrophen und Vertreibungsunrecht nicht mehr haltbar, den Betroffenen universellen Eigentumsschutz mit dem Argument zu verwehren, dass die internationale Gemeinschaft noch keinen Konsens gefunden hat, wie der abwehrrechtliche Eigentumsschutz der Besitzenden mit Erwägungen sozialer Gerechtigkeit zu vereinbaren ist.87 Eine universelle Anerkennung des negativen Eigentumsschutzes für Flüchtlinge und Vertriebene unter einstweiligem Beiseitelassen etwaiger positiver eigentumsrechtlicher Leistungspflichten und einer eindeutigen Definierung der eigentumsrechtlichen Schranken entspricht im übrigen der politikwissenschaftlichen These vom Siegeszug des westlichen Liberalismus. Dieser trachtet, die Menschenrechte der ersten Generation weltweit durchzusetzen, während diejenigen der zweiten und dritten Generation in diesem Kontext keine unmittelbare Priorität besitzen.88 Aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten mag es bedauerlich sein, nur von einem gewohnheitsrechtlichen Bestand des abwehrrechtlichen Eigentumsschutzes auszugehen. In optimistischerer Sichtweise könnte man die universelle gewohnheitsrechtliche Anerkennung des negativen Eigentumsschutzes freilich auch als ersten Schritt in Richtung einer umfassenderen gewohnheitsrechtlichen Verhärtung des Eigentums verstehen, welche auch positive bzw. gewährleistungsrechtliche Eigentumsverpflichtungen einschließt. In einer sich immer weiter globalisierenden Welt erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass Fragen der Verteilungsgerechtigkeit in Zukunft vermehrt diskutiert und umkämpft werden. Während die aufgezeigten Entwicklungen Anlass geben, vom Bestand eines universellen Rechts auf Eigentum für Flüchtlinge und Vertriebene auszugehen, liegt jedoch nicht genügend einheitliche Praxis vor, um zu eindeutigen Aussagen über die tatsächlichen Rechtsfolgen von Eigentumsentzug zu kommen. Zwar nennen die Prinzipien für Wohn- und Grundbesitz die Rückgabe des Ei86 Krause/Alfredsson, S. 378. In ähnlicher Weise stellen Rosas und Plant den „gemischten“ Charakter des Eigentums heraus, der aus abwehr- und gewährleistungsrechtlichen Aspekten besteht. Rosas, S. 145; Plant, S. 17. 87 Für eine Trennbarkeit der negativen und positiven Komponenten des Eigentums im Kontext einer gewohnheitsrechtlichen Anerkennung argumentieren auch: van Banning, S. 192 und Malfliet, S. 185–186. 88 Paris, S. 637–656. Siehe auch: Barkan, S. 351–353; Leckie (2003), S. 26.

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G. Schlussbemerkungen

gentums als zu bevorzugende Rechtsfolge und stipulieren ein Recht auf volle und tatsächliche Entschädigung. Die Prinzipien an sich sind jedoch lediglich als nicht bindende Empfehlungen für die Staatengemeinschaft formuliert und sprechen hinsichtlich der Ermessensbeschränkung bei der Feststellung einer unmöglichen Rückgabe, mithin der naheliegendsten Form des Restitutionsausschlusses, nur in unverbindlicher Sollsprache.89 Auch kann der genannte Standard einer vollen und tatsächlichen Entschädigung alleine schon angesichts der fehlenden Umsetzung der Entschädigungsbestimmungen der eigentumsrechtlichen Hauptpräzedenzfälle in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo deutlich als gewohnheitsrechtlich nicht erhärtet betrachtet werden. Wie in der Einleitung bereits diskutiert, ist der Umgang mit vergangenem Unrecht auch politische Verhandlungssache, was besonders für die Restitutionsund Entschädigungsmodalitäten zutrifft. Anders als mit Blick auf die Existenz des Eigentumsrechts als solchem, zeigen sich bei den Rechtsfolgen die Grenzen einer völkerrechtlichen Regelbarkeit. Wie die Zurückhaltung der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich der ethnischen Säuberungen im Sudan demonstriert, bleibt die Umsetzung von angemessenem Eigentumsschutz ein schwieriges internationales Kapazitäts- und Ressourcenproblem.90 Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Prinzipien für Wohn- und Grundbesitzrestitution in der Praxis tatsächlich angewandt werden. In einer realistischen Betrachtung der Dinge erscheint es jedoch nicht verfehlt anzunehmen, dass es in vielen Flucht- und Vertreibungsfällen zu keinem vollen Eigentumsschutz kommen wird. Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Eigentumsverletzung ist insofern der allgemeinen Ansicht zuzustimmen, dass der völkerrechtliche Eigentumsschutz weitgehend dispositiver Natur ist.91 Gleichwohl erscheint es angemessen, als verbindliche Rechtsposition für Flüchtlinge und Vertriebene zumindest eine Verfahrensgarantie bei künftigem flucht- oder vertreibungsbedingtem Verlust ihres Eigentums festzustellen. Im Vergleich zur Situation nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist damit für die Betroffenen schon viel gewonnen.

89 Vgl. Artikel 21, Abs. 2, der Prinzipien für Wohn- und Grundbesitzrestitution. Siehe Kapitel F. IV. 3. 90 von Carlowitz (2004a), S. 307–308; King’s College London, S. 34. Mit Blick auf Entschädigungen: Tomuschat (2000), S. 176. 91 Doehring (2004), S. 433; Schermers, S. 566; Muszyn ´ ski, S. 55; Dolzer (1985), S. 118, 137–138.

The Right of Property for Refugees and Displaced Persons?: On the Progressive Development of Customary Law by the International Administrations in the Balkans* – English Summary – The last century has been termed the century of ethnic cleansing.1 There are, however, no indications that the Twenty-first century will see fewer massive refugee flows and mass expulsions in the course or aftermath of ethnic or national conflicts. Property issues often play an important role in the development of these conflicts, as property regimes are designed to control land and resources and can be subject to political agitation by one group against another.2 In a post-conflict situation, the resolution of property issues is crucial to successful reconstruction and for reconciliation of the conflicting parties. In many cases, the property rights of refugees and internally displaced persons (IDPs) have to be weighed against the needs of the post-conflict society often characterised by a massive housing crisis and homelessness. In the context of postconflict peacebuilding, property issues are extremely sensitive and complex matters whose settlement is replete with legal difficulty and questions of legislative legitimacy.3 After violent ethno-political conflicts, it is generally impossible to return to the status quo ante by means of property restitution. Moreover, the payment of full compensation would in most cases exceed the resources of a post-conflict society and might significantly hamper a peace process by putting excessive economic burden on the perpetrators’ side. For the sake of reconciliation, it should be considered to claim more moderate compensation payments or to make use of alternative forms of reparations such as public apologies, memorials or ‘future-funds’ for the victims’ descendents, in particular where the violation of property rights is undocumented or dates back a long time.4

* This article was originally published in The Irish Yearbook of International Law, Vol. 1, 2006 (2008), pp. 225–238. 1 For example: Brumlik, p. 167. 2 Waters, p. 520. 3 For an overview of the different issues involved, see: von Carlowitz (2004a), pp. 307–331. 4 For an overview of different forms of reparations, see: Bloomfield/Barnes/Huyse (eds), pp. 145–147.

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Right of Property for Refugees and Displaced Persons – English Summary

Resolving property issues in post-conflict societies requires, in general, many painful compromises on behalf of the quarrelling parties. As the plan for a United Nations Comprehensive Settlement Plan for Cyprus (‘Annan-Plan’)5 or the Model Israeli-Palestinian Peace Agreement (‘Geneva Accord’)6 demonstrate, such property-related compromise may also consist of a complex mix of individual property restitution and compensation and elements of voluntary population exchange. In these instances, it is necessary to distribute needed sacrifices on both sides in a fair and well-proportioned manner. Finding the appropriate solution involves a process of negotiation and balancing of interests in the grey zone between law and politics in which property claims of refugees and IDPs are only one of several factors. In his theory of redress, Brooks found that the existence of a valid legal position is only one of four elements required for a successful reparations campaign. Besides a legal claim, he maintains, that legislative (in contrast to judicial) action, a high degree of political pressure and strong support for the campaign within the victim group is required for realising redress.7 In the context of international human rights law, Shelton emphasises the relevance of whether a historical injustice is based on legal or illegal conduct at the time of its commitment.8 Claims that relate to actions that were originally not seen as illegal face the problem of retroactive application of (later) law. Different thereto, reparation claims founded on clearly illegal action involve less difficulty in their implementation. In the first situation, Shelton argues, cases would have to be judged taking into account various factors including the (moral) persuasiveness of the claim, the need for reconciliation between the conflicting parties and practical issues relating to the implementation of remedies. According to her, claims not based on clear legal grounds can nevertheless be successfully advanced in a political process if certain conditions including most notably much political pressure are met.9 In this essay the question will be explored whether refugees and IDPs possess a legal claim for the protection of their property. In principle, the study will be limited to universal human rights law. Regional human rights conventions and in particular the extensive property-related jurisprudence of the European 5 United Nations Comprehensive Settlement Plan for Cyprus, see at: www.un.org/ Depts/dpa/annanplan/annanplan.pdf 6 Model Israeli-Palestinian Peace Agreement, available at: www.geneva-accord.org/ Accord.aspx?FolderID=33&lang=en. 7 Brooks, pp. 6–7. 8 Shelton, pp. 459–463. 9 As conditions to be met, Shelton lists that both perpetrators and victims (or their direct descendents) are identifiable and still alive; that the victim group is not too large; that political pressure is also mobilized through decisive and cohesive support within the victims group; that the human rights violations are properly documented; and that the injustices are ongoing. Shelton, p. 464.

Right of Property for Refugees and Displaced Persons – English Summary

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Court of Human Rights concerning the communist expropriations in Central and Eastern Europe after the Second World War are only addressed in passing. The issue of a universal human right to property remains relevant for such postconflict situations like Palestine, Northern Iraq or Afghanistan where claimants cannot make use of a regional human rights regime, or like with regard to many African States, where the regional system is not effectively implemented. That refugees and IDPs possess a right to housing and property restitution has recently been stipulated by the UN Sub-Commission for Promotion and Protection of Human Rights in a Declaration of Principles in 2005.10 The SubCommission calls upon States to establish and support the required institutions, procedures and mechanisms to assess and enforce restitution claims and notes that “the international community [also] has a responsibility to act in ways which promote and protect the right to housing and property restitution [. . .]”.11 Although this declaration is not binding, it is nevertheless a significant step in the history of the protection of property rights. The cases of the Palestinian refugees and of the German expellees from Central and Eastern Europe demonstrate that this was not the international position after the Second World War. At this time, refugees and IDPs could neither effectively reclaim their properties left behind or taken away, nor demand individual compensation for it. While their fate might have been deplored internationally, the international community de facto followed a stability-oriented approach focused on a negative peace aiming at the absence of war between the States involved and not at pursuing individual rights. The creation of ethnically homogenous territories was seen as a suitable means to reach that goal.12 Only in some cases, for example with respect to Poland’s territorial shift to the West initiated by the Soviet Union, property issues were considered collectively in the course of exchanges of territories – a policy influenced by the 1923 Treaty of Lausanne which legitimised the involuntary population transfer between Greeks and Turks. On the international level, there was, however, no room for individual property claims – a situation that is not surprising in the light of a human rights system that was only just emerging. 10 The Sub-Commission includes in its terminology a reference to the right of housing to remind that any restitution scheme needs to take into account the housing rights of present occupants. The term ‘housing and property restitution’ is also used to indicate the special urgency that restitution rights of refugees and IDPs possess in comparison to other restitution cases. Compare: UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2002/17, Working Paper submitted by Mr. Paulo Sérgio Pinheiro pursuant to Sub-Commission decision 2001/122, 12 June 2002, para. 9. See also: Leckie (2003), p. 3 FN 1. 11 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/17, Final report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro. Principles on housing and property restitution for refugees and displaced persons, 28 June 2005. 12 For the international stance towards the Palestinians and the German expellees, see: Allain, p. 101; and de Zayas (1989), pp. 6–9.

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In this essay, I will first give a brief overview of the international efforts to codify a human right of property. In this context, I will also mention significant developments at the regional and national level. I will then shortly review the mandate and performance of the two international (quasi-)judicial bodies meant to settle property claims in Bosnia and Herzegovina (BiH) and in Kosovo, (i. e.: the Commission for Real Property Claims of Refugees and Displaced Persons and the Housing and Property Directorate and Claims Commission). Finally, I will argue that the High Representative of the Dayton Peace Agreement (DPA), Paddy Ashdown, was right when claiming that the international community created, with its engagement, a human right to return for individuals to their former homes after a war.13 It can thus be argued that the practice of the international administration in BiH (and in Kosovo) crystallised an international consensus recognising an emerging universal human right of property for refugees and IDPs. In this context, property is understood as the private property of individuals to their homes and land lost or taken in the course of a war and/or ethnic cleansing. Property-Related International Codification and Regional Developments Traditionally, only foreign property was protected by the law of diplomatic protection which is not of much use for refugees and IDPs. A human right of property applying to nationals and non-nationals alike did not exist. It is true that Article 17 of the Universal Declaration of Human Rights includes the right of property.14 However, this right was not included in either of the international Covenants that codify the non-binding principles contained in that Declaration. The UN General Assembly and the Commission on Human Rights disagreed on the status of private property: Whereas the Western States regarded property as the foundation of the modern State, the Socialist States rejected private property in principle except in the very limited form of personal property which covered things for personal usage only. Moreover, consensus could not be reached on whether the right of property was a negative right of the ‘haves’ being part of the first generation of human rights, or a positive right of the ‘have nots’ entitling everyone to (a minimum amount of) property in the sense of the second or third generation.15 The International Covenant on Civil and Political Rights 13 International Crisis Group, ‘The Continuing Challenge of Refugee Return in Bosnia and Herzegovina’, ICG Balkans Report 137, 13 November 2002, at 39. 14 Art. 17 of the UDHR reads: ‘Everyone has the right to own property alone as well as in association with others. No one shall be arbitrarily deprived of his property.’ 15 Malfliet, p. 185; Rosas, p. 133; For an overview of the drafting history, see: Schabas, pp. 135–170.

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merely included a general right to choose one’s residence which was interpreted to comprise the right of refugees to return to their country of origin (but not to the individual home).16 Despite its non-codification in the international Covenants, the right of property and its protection against unlawful expropriation was, however, subsequently included in various regional human rights systems, (i. e.: the American Convention on Human Rights,17 the First Protocol to the European Convention on Human Rights and Fundamental Freedoms (ECHR),18 and the African Charter on Human Rights and Peoples’ Rights19). The protection of property rights has been a central issue in many cases before the European Court of Human Rights.20 In addition, property rights are mentioned in the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination,21 the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women,22 and the International Labour Organization Convention (No. 169) Concerning Indigenous and Tribal Peoples in Independent Countries.23 With the fall of the Berlin Wall in 1989, the right of property received a further boost when most of the formerly Soviet States, which had worked against the codification of a liberal right of property in the Commission on Human Rights four decades earlier, adopted new constitutions that included private property protection as against arbitrary interference by the State or third parties.24 Many of these States also engaged in restitution and privatisation processes concerning property expropriated during previous Socialist land reforms.25 In parallel thereto, the UN General Assembly had resumed its considerations of the right to property in the late 1980s, which led to the issuance of an independent expert report in 1994 that analysed, in detail, the existing property-related State practice with a view to its contribution to economic and social development. Given the variety of forms of property and their social importance, the independent expert, Mr. Luis Valencia Rodríguez, found that “it is 16

See Article 12. See Article 23. 18 See Article 1. 19 See Article 14. 20 For an analysis of the ECHR jurisprudence: van Banning, pp. 80–125; Çoban, pp. 143–216. To a lesser extent and mainly concerning collective property rights of indigenous people, property rights have also been subject before the Inter-American Court of Human Rights. 21 See Article 5 (d), (v) and (vi). 22 See Article 16 (1)(h). 23 See Article 14. The predecessor ILO Convention No. 107 also contained a provision to recognize collective and individual property rights of indigenous people but did not include a positive obligation to protect these rights (Article 11). 24 Malfliet, p. 171; Sagel-Grande, pp. 59–60. 25 For an overview, see: Karadjova, pp. 325–363. 17

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extremely difficult to establish a universal human right to individual private property in terms that one can substantiate as requiring incorporation in the national law of all States and capable of being given the same weight to in domestic courts.”26 Irrespective of this inconclusive finding, the South African post-apartheid Government decided in the same year to restore property rights or to provide equitable redress to those persons and communities that had been dispossessed after 1913 on the basis of racially discriminatory laws or practices. It thereby set an important precedent for the international response to the refugee crisis that was to follow in BiH in 1995. International Property Restitution in Post-Conflict BiH and Kosovo With more than half of the Bosnian population fled or displaced after the war,27 the crisis was so serious that the international community decided to improve significantly the legal position of refugees and IDPs that had been international standard so far. Also influenced by the penalization of mass expulsions and ethnic cleansing by the two ad hoc criminal tribunals for the former Yugoslavia and Rwanda, Annex 7 of the DPA granted refugees and IDPs an individual right to freely return to their homes of origin.28 The Commission for Real Property Claims of Refugees and Displaced Persons (CRPC) was established to safeguard these rights internationally in a post-conflict situation characterized by a serious housing shortage, ethnic hatred, and the lack of an impartial judiciary and law enforcement agencies. The CRPC operated as an internationally supervised institution mandated to receive and decide any claims for restitution or compensation of lost real property that was not voluntarily sold or otherwise transferred since the outbreak of the war in 1992. The CRPC consisted of six local members and three international members including the Chairman. The CRPC was a hybrid institution with mixed local and international staff that applied in its mass claims procedure both national property legislation and international human rights law.29 At the end of its mandate on 31 December 2003, the CRPC had issued nearly 312,000 decisions with 99% of all cases closed. In line with the general distri-

26 UN Doc. E/CN.4/1994/19/Add.1, ‘The Right of Everyone to Own Property Alone as well as in Association with Others’, Completed final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 1 February 1994, para. 475. 27 At the end of the war, there were approximately 1.3 million refugees and nearly 1.3 million IDPs out of a total prewar population of over 4.3 million. 28 See Article 1 (1). 29 For an overview of the CRPC mandate and procedures, see: von Carlowitz (2004b), pp. 601–603.

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bution of international and local responsibilities prescribed by the DPA, enforcement responsibility for CRPC decisions fell on the Bosnian entities, the Federation of BiH and the Republika Srpska. The reliance on local implementation became, however, the major challenge and pitfall of the CRPC’s work, as the entities and their nationalistic administrations refused to implement the decisions for several years.30 Only new legislation adopted under pressure from the High Representative, as well as a concerted monitoring and coordination effort by all relevant international organizations operating in BiH brought about an enforcement policy in late 1999.31 To effect this change in local attitude and policy, it was important for the entities to adopt their own ‘parallel’ procedures for the confirmation of property rights that did not involve any CRPC decisionmaking. On the one hand, this led to considerable duplication of work, but on the other hand it allowed the enforcement of CRPC decisions (as well as local decisions) in the restitution process.32 At the end of the armed conflict in Kosovo in 1999 with more than half of Kosovo’s population fled or displaced,33 the international community protected property claims of refugees and IDPs in a similar way as in BiH. Invoking Chapter VII of the UN Charter, the Security Council mandated the UN Interim Administration in Kosovo (UNMIK), inter alia, to protect and promote human rights and to ensure the safe and unimpeded return of all refugees and IDPs to their homes in Kosovo.34 For this purpose, UNMIK established the Housing and Property Directorate and Claims Commission (HPD/CC) to resolve property claims resulting from ethnic discrimination in Kosovo’s post-autonomy period after 1989 and from the mass flight after NATO bombardment. Institutionally modelled after the CRPC, the HPD/CC also operated as a mixed local and international mass claims adjudication body with two international and one local Commission members. However, in contrast to BiH, the HPD/CC was also responsible for the execution of its decisions – through eviction of illegal occupants with the support of the law enforcement authorities. Initially, the HPD/CC’s work was significantly delayed by considerable funding shortages and administrative problems.35 Only when it was made an inde30

Ibid. pp. 603–605. See also: Garlick, pp. 76–80. Hastings, pp. 226–249. 32 Philpott argues the CRPC should have used a niche as a second instance for difficult cases, once domestic restitution procedures had been established. By continuing with its mass claims process, the CRPC wasted international resources by duplicating restitution work. Philpott (2005), pp. 16–17. See also: Williams, pp. 507–508. 33 An estimated 860,000 Kosovo Albanians of a total population of approximately 2 million Kosovars had fled or were deported during the armed conflict. Shortly thereafter, about 230,000 Kosovo Serbs and other non-Albanian Kosovars fled the province as a result of reprisals. 34 Security Council Resolution No. 1244, 10 June 1999, para. 11 (j) and (k). 35 von Carlowitz (2004b), pp. 609–612. 31

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pendent legal entity with its own legal, administrative and financial capacity late in 2002, did its efficiency increase in claims processing and resolution. As of the deadline for filing claims on 1 July 2003, nearly 29,000 claims had been filed. When the HPD/CC terminated its activities, all but a few complex cases had been decided. The newly established Kosovar-run Kosovo Property Agency is to settle those cases. In 2003, the HPD/CC had evicted over 900 occupants. This number was lower than expected due to many voluntary evacuations of property. Also, evictions were delayed where the owner was not ready to reoccupy immediately – in order to avoid destruction or reoccupation of properties following an eviction. Moreover, many successful claimants asked the HPD/CC to place their properties under administration to use as humanitarian housing, for example for evicted occupants in need of accommodation, until they had been given greater clarity about their return.36 As procedures improved and more staff were employed, the implementation rate increased continuingly. Whereas, in April 2004, only 1,600 cases had been settled, over 25,000 cases (87% of the decided claims) had been regularised and implemented by February 2006 when the HPD/CC was dissolved and partly transformed into the Kosovo Property Agency.37 Taking into account the lack of precedents for international legal intervention and the serious operational obstacles involved with international administration, overall, the CRPC, together with the domestic repossession procedures, and the HPD/CC can be marked as an international success, in as far as they safeguarded the property rights of refugees and IDPs in a post-conflict environment with continuing ethnic tensions. In this context, it should be noted, however, that the alternative to property restitution in BiH – compensation – remained unfulfilled due to a lack of funds and that, particularly in Kosovo, minority returns remain the exception. Instead of returning to their homes of origin once they could reclaim their properties, many refugees and IDPs decide to sell their property and to continue with their new life elsewhere. Although not intended, the restitution programmes created a viable property market that seems to set free the means for compensation payments that could not be raised otherwise.38 International property rights protection in BiH and Kosovo has since served as a model worthy of emulating with regard to refugee and displacement issues in other conflict scenarios, most notably with regard to the ‘Annan Plan’ for Cyprus and in the context of redressing property-related wrongs emerging from Saddam Hussein’s ‘Arabization’ programme in Northern Iraq.39 36

Ibid., p. 612. Interview with HPD staff, 20 April 2004; HPD Statistics February 2006, available at: http://www.hpdkosovo.org/newimplemented.asp. 38 Compare: Philpott (2005), p. 21; Williams, p. 553. 37

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Progressive Development of Property-Related Customary International Law Have these developments transformed customary international law in such way that there nowadays exists a universal human right of property for refugees and IDPs, as Ashdown’s above-cited remark suggests? New norms of international custom emerge with a sufficient amount of consistent State practice confirmed by corresponding opinio juris.40 A sound determination of sufficient practice and opinio juris is, however, very difficult to make. Due to a lack of capacity and resources, international courts and legal writing mostly avoid broad comparative studies on particular legal principles that would normally be required to prove the existence of practice and opinio iuris.41 Exacerbated by the growing number of relevant state and non-state actors in a globalising world, there is also a large array of dogmatic ambiguities with respect to the elements and the development of international custom. For example, it is unclear how much state practice and for how long it needs to exist to qualify as sufficient. If the existence of a customary norm cannot be examined in the practice of all States, a selective approach focussing on particular precedents seems to be unavoidable. Consequently, the determination of customary norms does not only involve objective and empirical aspects but also subjective elements.42 Further, uncertainty exists as to whether and how the increasing relevance of international organizations, transnational companies and non-governmental organizations in the process of creating international norms should be taken into account when assessing customary international law.43 With respect to the development of universal custom, the role of the UN as the only universal [or universally legitimised] Organization is particularly important.44 As an interState forum, the UN does not only codify entire legal areas (such as the law of the sea), some of its organs such as the International Court of Justice and the Security Council may set law that is binding on States and serves as important precedents for international custom. Moreover, non-binding resolutions of the General Assembly and specialised agencies may contribute over time to the formation of customary international law.45

39

See eg: Das, pp. 429–444. Compare: Article 38 I (b) of the ICJ Statute. 41 Fidler, pp. 216–217. 42 Kammerhofer, p. 524; Kolb, p. 133. 43 Hobe, pp. 261–264. 44 Higgins (1963), p. 2. See also: Alvarez, pp. 1–3. 45 Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v United States of America), Merits (1986) ICJ-Reports, pp. 87–104, paras. 183–193. 40

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A rigid focus on (predominantly) State practice is particularly problematic in the area of human rights. Whereas traditional international legal relations between States could potentially be examined empirically, this is impossible in the area of human rights given the abundance of State actions towards its citizens.46 According to classical international law, the implementation of human rights belongs to the domaine réservé of States to which international access is especially limited. To determine State practice and opinio juris in this context, greater focus needs to be put on the ratification of relevant human rights treaties and to official statements rather than on States’ observance of human rights norms in concrete inner-State relations. Furthermore, given the fact that human rights violations frequently occur without their status as customary law being questioned, one should concentrate more on the normative content of particular human rights norms and the corresponding international opinio iuris than on the ‘hard’ practice of particular State organs.47 This consideration lies at the heart of the so called ‘words versus action’ debate.48 Asserting that talk is cheap, traditionalists argue that the relevant gauge for determining customary law remains ‘hard’ State practice despite the mentioned difficulties in measuring national implementation of international human rights standards.49 In contrast to this inductive approach, modernists allow that State practice and opinio juris may be deduced from ratified international human rights treaties and national constitutions and laws that are human rights friendly.50 They argue that opinio juris (and not ‘hard’ practice) forms the real basis of international customary law. They also claim that, despite of its formal insistence on both the subjective and the objective element of custom, the International Court confirmed in the Nicaragua case the modernist stance by applying a deductive approach and abstaining from a proof of existing state practice in the light of a definite international opinio iuris.51 In this context, resolutions of international organisations and conferences play an important role, as they can set international soft law which crystallises under certain circumstances the opinio iuris of States.52 Traditionalists counter that the modernist approach not only violates basic principles of international law but also runs the danger of separating itself from the actual realities on the ground.

46

Tomuschat (2003), p. 34. Österdahl, p. 14; Tomuschat (1993b), pp. 353–360. 48 A good summary of the debate is provided by: Roberts, pp. 757–760. 49 Simma/Alston, p. 83; Weisburd, p. 140. 50 See for example: Lillich (1995/1996), pp. 12–14; Meron, p. 99; Schachter, p. 336. 51 See supra, FN 51. 52 See for example: R Lee, pp. 574–575; Meron (1986), pp. 272–279; Bothe, pp. 75– 79. See also: International Law Association (2000), pp. 28–33, 55–66. 47

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Such approach should be avoided because ‘“pseudo-law” can be the worst enemy for the Rule of Law’.53 Development of Property-Related Custom That the right of property is meanwhile codified in all existing regional human rights conventions may be counted as growing State practice and opinio juris in support of the right. It is also relevant for the right’s universal recognition that the formerly Socialist States of Central and Eastern Europe changed their position on property rights entirely and adopted market-friendly property legislation and often introduced restitution and/or compensation programmes after 1989. That precisely these States had been critical in the Commission on Human Rights with respect to the codification of a human right of property, and whose systems had been built on large-scale expropriations of the proptertyclasses without compensation, shifted to a liberal approach must be seen as an important turning point at the universal level. This tendency towards increasing property-friendly state practice and an emerging opinio juris of the international community supporting a human right of property was strengthened by other developments, such as the restitution programme instituted in post-apartheid South Africa and elsewhere. There is also significant practice of the UN and other international organizations in support of a right of property for refugees and IDPs. Numerous resolutions by the General Assembly, the Commission on Human Rights and its SubCommission have called for the protection of property rights in concrete cases and in general terms, and thereby shape a corresponding international opinio iuris.54 However, these resolutions only serve as non-binding recommendations for further state action. Despite their contribution as soft law to the crystallization of international custom, it is undisputed that non-binding resolutions of international organizations cannot outweigh a lack of state practice. In contrast to potential criticism of the General Assembly and many other UN organs and agencies, the UNSecurity Council can hardly be reproached for being a ‘paper tiger’. Its resolutions are binding and can order compulsory measures in accordance with Chapter VII. It therefore possesses regulatory powers that can penetrate deeply into a State’s domaine réservé. It is true that the Security Council was not intended to have ‘quasi-legislative’ powers like the General Assembly.55 In principle, its resolutions address particular cases and do not possess general and abstract normative effect.56 Moreover, its exclusive mem53 54 55 56

MacGibbon, p. 26. Leckie (2003), pp. 9–12. Harper, pp. 150–154. Nolte, p. 321.

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bership and the veto power of the five permanent members make it doubtful whether Security Council action can represent general international opinio juris.57 Notwithstanding these considerations, it is recognised that Security Council resolutions do form, in practice, important precedents whose effects can exceed far beyond the particular case and which thereby contribute significantly to the development of customary law. In particular Alvarez pointed out that, though States are not obliged legally, they often do revert to the practice of the Security Council in their search for the actually applicable (customary) law. In the absence of a compulsory international judiciary, the Council is the only international organ on the universal level that is both legitimised collectively and able to adopt binding decisions.58 Even if the Council is not always acting in a consistent manner as regards serious human rights violations because of a lack of resources and capacity, it is nevertheless presumed that it is acting in accordance with the applicable law and will treat similar cases similarly.59 Therefore, it is appropriate to use Security Council resolutions as an indication of the current state of international custom.60 In principle, this effect should also be assumed when subsidiary organs of the Council such as international tribunals and administrations engage in regulatory activity. Since the end of the Cold War, international administrations have been established in different forms. Whereas the UN peace operations in Cambodia and Somalia were still only authorised to use limited executive and legislative powers, the administrations in East Timor East Slavonia, and Kosovo possessed a full executive and legislative mandate.61 The international engagement in BiH holds a special position as the central administrative role is not performed by the United Nations but by a broad coalition of States. Within a Peace Implementation Council, this coalition oversees the activities of the High Representative of the Dayton Peace Accords who is endowed with far-reaching executive and legislative competences.62 However, the Security Council has expressly endorsed the intervention in form and substance expressly and requires that the High Representative submits monthly reports on his work.63

57

Gowlland-Debbas, p. 300. Alvarez, p. 188–189. 59 This applies at least until the Council’s legitimacy is not challenged in the face of continuous selectivity of norms application, one-sided power politics and/or inefficiency. Compare Alvarez, p. 195 60 Österdahl, p. 16. 61 de Wet, pp. 296–306. For a general overview of international administrations, see: Wilde (2001a), pp. 583–603. 62 On the composition and powers of the Peace Implementation Council, see: Oellers-Frahm, pp. 192–193. On the ‘Bonn Powers’, see: Cox (1998), p. 607. 63 UN Doc. S/Res/1031, 15 December 1995, paras. 25–28. 58

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International administrations with governance functions are characterised by a functional duality in the sense that they serve an international mandate to maintain peace and security, and a local mandate to govern a particular territory.64 Their operations are particularly relevant for the determination of human rights-related customary international law, as they actively protect and promote human rights and engage in the building of democratic institutions and the rule of law in the territories concerned.65 Authorised by Chapter VII of the UN Charter, the international administrators perform governance functions that have a direct impact on the local population and normally fall within the domaine réservé of a sovereign State.66 Therefore, their legislative and executive activities may be regarded as ‘quasi-State practice’. The practice of international administrations in the area of human rights may be interpreted as reflecting the human rights standards that are underpinned by international consensus. If a peace operation is run by the UN, its activities to protect human rights and foster the rule of law primarily follow universal human rights standards that, at least in theory, are shared by the whole international community.67 The same applies for the international engagement in BiH carried out by a multi-regional coalition of States with the support of the UN. In principle, international law only legitimizes interventions in national sovereignty for the purpose of maintaining peace and security by international peace operations under UN auspices in which the various contributing states follow uniform, (i. e.: universal) standards and practices. In a similar vein, Paris argued that international administrations engage in state and institution building as ‘mission civilisatrice’ following less particular but global values and norms characterized by an expanding Western liberalism.68 Promoting or protecting the right to return (including property rights protection) of refugees and IDPs was part of the mandate of all mentioned peace operations.69 To count as ‘hard’ practice it is necessary that the international 64

Wilde (2001b), pp. 255–256. Wolfrum, pp. 680–693; Caplan (2002), pp. 30–46. 66 von Carlowitz (2003), pp. 336–345. 67 Compare: UN Doc. S/2004/616, ‘The rule of law and transitional justice in conflict and post-conflict societies’, Report of the Secretary-General, 23 August 2004, para. 9. For an outline of the relevant human rights treaties, see: White (2005a), pp. 6–7. 68 Paris (2003), p. 442; Paris (2002), pp. 637–656. See also: Barkan (2000), pp. 309–311. 69 The international presences in Cambodia, Somalia, BiH, East Slavonia and Kosovo all had a clear mandate to promote and protect return rights of refugees and IDPs. See: Agreement on a Comprehensive Political Settlement of the Cambodia Conflict, 23 October 1991, art. 20 (I) and Annex 4 in connection with UN Doc. S/Res/ 745, 28 February 1992, paras. 2 and 9; UN Doc. S/Res/814, 26 March 1993, paras 4 (b) and 12; Dayton Peace Agreement, 14 December 1995, art 1 and Annex 7 in connection with UN Doc. S/Res/1031, 15 December 1995, para. 8; UN Doc. S/Res/1037, 15 January 1996, para. 11 (d); UN Doc. S/Res/1244, 10 June 1999, para. 11 (k). 65

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administrations also actively engaged in protecting and implementing these rights. Of the four missions with full governance powers only the administrations in BiH and in Kosovo actually established institutions and undertook programmes for the enforcement of property rights. This fact could lead to the conclusion that consistent practice in support of property rights of refugees and IDPs does not even exist within the relevant peace operations with legislative and executive powers. However, this argument can be countered with the finding that it has only been the administrations in BiH and in Kosovo that possessed a sufficiently wide mandate to carry out serious and effective measures to protect property rights.70 Whereas their mandate is long-lasting and somewhat open-ended, the administrations in East Slavonia and in East Timor were only set up for an interim period of one and two years respectively until the Croatian and Timorese governments took over full governance functions. Among the many forms of international conduct, it is maintained that the quasi-State practice of international administrations is in the rare position to combine ‘hard’ action with the crystallisation of international opinio juris typically attributed to international organizations. The approach is able to reconcile traditionalist and modernist positions contended in the ‘words versus action’ debate concerning the role international organizations play in the determination of customary international law. A further argument for a crystallizing effect of the legislative and executive activities by international administrations can be drawn from an analogy with the jurisprudence of the Yugoslav and Rwanda tribunals that were also set up as subsidiary organs of the Security Council. These Tribunals based their jurisdiction, it has been argued, in part on criminal norms for which no consistent State practice existed previously.71 To avoid a violation of the principle nullum crimen, nulla poena sine lege, it is generally argued that the tribunals materialised an existing international opinio iuris concerning certain criminal norms to customary law.72 The International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia confirmed this view in the Celebici case and the International Court of Justice used the statutes of the criminal tribunals for the determination of customary international law in the Arrest Warrant case.73 A similar argumentation may be applied for the regulatory activities of Slightly different thereto, the resolution that established the international administration in East Timor reaffirmed the return rights of refugees and IDPs in its preamble, but contains the corresponding obligation to protect only indirectly in the context of maintaining public law and order and providing humanitarian and rehabilitation assistance. UN Doc. S/Res/1272, 25 October 1999, preamble, para. 2 (a) and (d). 70 von Carlowitz (2004a), p. 207. 71 Greenwood (1998), p. 132. 72 Cryer, pp. 169 and 240; Tomuschat (2003), p. 287. 73 Prosecutor vs. Delalic, Mucic, Delic and Landzo, ICTY, IT-96-21-A, Appeals Chamber, paras. 107–181; Arrest Warrant of 11 April 2000 (Democratic Republic of the Congo vs. Belgium), Merits, (2002) ICJ Reports, para. 58, p. 21.

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international administration, in particular if quasi-judicial mass claims proceedings are involved. Therefore, it is put forward that the efforts to protect property rights by the international administrations in BiH and in Kosovo hold a primary role as indicators of the present state of property-related international custom. Conclusion Of course, these ideas on a human right of property as well as on new ways of establishing international custom through international governance require much more reflection and theoretical development which exceeds the scope of this essay. The purpose of this essay has been to portray, in broad terms, that and how the international protection of property rights of refugees and IDPs has increased over the years, in particular in contrast to the situation shortly after the Second World War. In the latter context, it should be emphasised that the essay does not intend to take sides or render support to certain propertyrelated positions taken in ongoing controversies on past expulsions or expropriations. Reference should be made, though, to the jurisprudence of the European Court of Human Rights concerning the Socialist expropriations in Central and Eastern Europe. In several cases the Court ruled out ratione temporis any claims based on facts which occurred prior to the entry into force of the European Convention on Human Rights with respect to the State concerned. The deprivation of property is seen in principle as an instantaneous act that does not produce a continuing situation of deprivation of rights.74 While the outlined developments assume the existence of a human right of property for refugees and IDPs on a universal level, there is less clarity with respect to the legal consequences of conflict-related expropriations and other violations of property rights. The relevant cases in the context of racial discrimination, ethnic cleansing and expulsion demonstrate that dealing with past (property-related) injustices is subject to serious political negotiations especially with respect to the modalities of any restitution and/or compensation regime. It nevertheless does not seem to be mistaken to ascertain a right to a remedy as a minimum legal position for refugees and IDPs whose property was taken or lost in the course of ethnic cleansing or war. Time will demonstrate how far specific standards such as those contained in the Principles on housing and property restitution by the Sub-Commission on Human Rights will be implemented in future peacebuilding efforts following violent ethno-political conflicts. By arguing that (future) refugees and IDPs can base their claims on an emerging universal human right of property, this essay only addresses the negative aspect of the right that protects existing property against unlawful interference 74

See also van Banning, pp. 123–125.

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by the State or third parties. In this discussion, a statement has neither been made with respect to any potential positive obligation of a State to guarantee a minimum amount of property nor with respect to the social aspects of existing property. It is maintain, however, that at the beginning of the Twenty-first century any disagreements the international community might have as to the appropriate ways of reconciling property rights protection with considerations of social justice no longer prevent the universal recognition of a human right of property for refugees and IDPs. For considerations of justice it might be regretable to limit this consideration to property-related custom to the ‘haves’. On the other hand, the acknowledgement of the customary legal existence of the negative aspects of property might also be interpreted as a first step towards a more comprehensive crystallisation of property-related custom including the right’s positive and social aspects. It is certainly not unlikely in a globalising world that concerns relating to a fair distribution of resources and in relation to social aspects of property rights remain an issue and will be contested more fiercely.75 Ultimately, even if the right of property remains highly political, it has become more difficult and less acceptable for States to appropriate the property of particular groups by means of expulsion and expropriation, to declare such policy as serving the interests of peace, and to sit out potential property claims of the affected populations.

75 For an interesting discussion on the implications of recent American (Western) legal policies, see: Carty, pp. 247–270.

Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen Travaux préparatoires zu Artikel 17 der AEMR UN Doc. E/CN.4/AC.1/3, 4. Juni 1947 UN Doc. E/CN.4/AC.1/W.2/Rev.1, 19. Juni 1947 UN Doc. E/CN.4/AC.1/SR.8, 19. Juni 1947 UN Doc. E/CN.4/21, Annex D und F, 1. Juli 1947 UN Doc. E/CN.4/AC.2/SR.8, 10. Dezember 1947 UN Doc. E/CN.4/82/Add.8, 6. Mai 1948 UN Doc. E/CN.4/95, 21. Mai 1948. UN Doc. E/CN.4/99, 24. Mai 1948 UN Doc. E/CN.4/AC.1/SR.38, 26. Mai 1948 UN Doc. E/CN.4/107, 4. Juni 1948 UN Doc. E/CN.4/SR.59, 10. Juni 1948 UN Doc. E/CN.4/SR.61, 23. Juni 1948 UN Doc. A/C.3/232, 7. Oktober 1948 UN Doc. A/C.3/249, 9. Oktober 1948 UN Doc. A/C.3/280, 11. Oktober 1948 UN Doc. A/C.3/SR.126, 8. November 1948 UN Doc. A/C.3/325, 9. November 1948

Travaux préparatoires zu einem Eigentumsartikel in den Menschenrechtspakten UN Doc. E/CN.4/AC.1/19, 3. Mai 1948 UN Doc. E/CN.4/599, 3. Mai 1951 UN Doc. E/CN.4/603, 4. Mai 1951 UN Doc. E/CN.4/614, 5. Mai 1951 UN Doc. E/CN.4/SR.230, 29. Juni 1951 UN Doc. E/CN.4/SR.231, 2. Juli 1951 UN Doc. E/CN.4/L.66/Rev.1, 20. Mai 1952

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Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen

UN Doc. E/CN.4/L.313, 24. Februar 1954 UN Doc. E/CN.4/L.316, 26. Februar 1954 UN Doc. E/CN.4/L.317, 26. Februar 1954 UN Doc. E/CN.4/L.321, 1. März 1954 UN Doc. E/CN.4/SR.413, 17. März 1954 UN Doc. E/CN.4/SR.414, 16. März 1954 UN Doc. E/CN.4/SR.415, 12. März 1954 UN Doc. E/CN.4/SR.416, 20. März 1954 UN Doc. E/CN.4/SR.417, 19. März 1954

Berichte der Menschenrechtskommission und ihrer Unterkommission zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte UN Doc. E/CN.4/1987/60, Report of the 43rd Session, 2. Februar–13. März 1987 UN Doc. E/CN.4/1996/52, Human Rights, Mass Exoduses and Displaced Persons, Report of the Representative of the Secretary-General, Mr. Francis M. Deng, submitted pursuant to Human Rights Commission resolution 1995/57, 22. Februar 1996 UN Doc. E/CN.4/1997/104, Annex, 13. Januar 1997 UN Doc. E/CN.4/1992/9, Preliminary report on the means whereby the right of everyone to own property alone as well as in association with others fosters, strengthens and enhances the exercise of other human rights and fundamental freedoms, prepared by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent Expert appointed in accordance with Commission on Human Rights resolution 1991/19, 23. Januar 1992 UN Doc. E/CN.4/1992/23, Analytical report of the Secretary-General on internally displaced persons, 14. Februar 1992 UN Doc. E/CN.4/1993/15, The right of everyone to own property alone as well as in association with others. Final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 18. Dezember 1992 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1993/8, Study concerning the right to restitution, compensation and rehabilitation for victims of gross violations of human rights and fundamental freedoms. Final report submitted by Mr. Theo van Boven, Special Rapporteur, 2. Juli 1993 UN Doc. E/CN.4/1994/19/Add.1, Completed final report submitted by Mr. Luis Valencia Rodríguez, independent expert, 1. Februar 1994 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1994/18, The human rights dimensions of population transfer, including the implantation of settlers, Progress report prepared by Mr. Awn Shawhat Al-Khasawneh, Special Rapporteur, 30. Juni 1994

Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen

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UN Doc. E/CN.4/1996/52/Add.2, Report of the Representative of the Secretary-General, Mr. Francis M. Deng, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1995/57, Compilation and Analysis of legal norms, 5. Dezember 1995 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1997/23, Human rights and population transfer, Final report of the Special Rapporteur, Mr. Al-Khasawneh, 27. Juni 1997 UN Doc. A/CN.4/1998/53/Add.1, Compilation and Analysis of Legal Norms, Part II: Legal Aspects Relating to the Protection against Arbitrary Displacement, 11. Februar 1998 UN Doc. E/CN.4/1998/53/Add.2, Guiding Principles on Internal Displacement, 11. Februar 1998 UN Doc. E/CN.4/2000/62, The right to restitution, compensation and rehabilitation for victims of gross violations of human rights and fundamental freedoms. Final report of the Special Rapporteur, Mr. M. Cherif Bassiouni, submitted in accordance with Commission resolution 1999/33, 18. Januar 2000 UN Doc. E/CN.4/2000/83, Report of the Representative of the Secretary-General, Mr. Francis M. Deng, submitted pursuant to Commission on Human Rights resolution 1999/47, 26. Januar 2000 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2002/17, Working paper submitted by Mr. Paulo Sérgio Pinheiro pursuant to Sub-Commission decision 2001/122, 12. Juni 2002 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2003/11, Preliminary Report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro, submitted in accordance with Sub-Commission resolution 2002/7, 16. Juli 2003 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2004/22, Progress report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro, submitted in accordance with Sub-Commission resolution 2002/7, 2. Juni 2004 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2004/22/Add.1, Addendum. Commentary on the Draft Principles on Housing and Property Restitution for Refuees and Displaced Persons, 8. Juni 2004 UN Doc. E/CN.4/2005/59, Report of the Third Consultative Meeting on the „Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Violations of International Human Rights and Humanitarian Law“ (Geneva, 29 September–1 October 2004), Chairperson-Rapporteur: Mr. Alejandro Salinas, 21. Dezember 2004 UN Doc. E/CN.4/2005/35, Basic Principles and Guidelines on the Right to a Remedy and Reparation for Victims of Gross Violations of International Human Rights Law and Serious Violations of International Humanitarian Law, 19. April 2005 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/17, Final report of the Special Rapporteur, Paulo Sérgio Pinheiro. Principles on housing and property restitution for refugees and displaced persons, 28. Juni 2005 UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2005/17/Add.1, Addendum. Explanatory Notes on the Principles on Housing and Property Restitution for Refugees and Displaced Persons, 11. Juli 2005

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Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen

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UN Doc. A/Res/40/7, 5. November 1985 UN Doc. A/Res/40/161 D, 16. Dezember 1985 UN Doc. A/Res/41/6, 21. Oktober 1986 UN Doc. A/Res/41/132, 4. Dezember 1986 UN Doc. A/Res/42/3, 24. November 1987 UN Doc. A/Res/42/114, 7. Dezember 1987 UN Doc. A/Res/42/115, 7. Dezember 1987 UN Doc. A/Res/43/19, 3. November 1988 UN Doc. A/Res/43/123, 8. Dezember 1988 UN Doc. A/Res/44/22, 3. November 1988 UN Doc. A/Res/45/98, 14. Dezember 1990 UN Doc. A/Res/46/23, 5. Dezember 1991 UN Doc. A/Res/46/47 A, 9. Dezember 1991 UN Doc. A/Res/48/158, 20. Dezember 1993 UN Doc. A/Res/50/193, 11. März 1996 UN Doc. A/Res. 50/195, 11. März 1996 UN Doc. A/Res/53/165, 9. Dezember 1998

Berichte und Resolutionen des Sicherheitsrats UN Doc. S/1994/751, Annex I, Agreement on the Resettlement of the Population Groups Uprooted by the Armed Conflict, 17. Juni 1994 UN Doc. S/1995/256, Annex, Agreement on Identity and Rights of Indigenous People, 31. März 1995 UN Doc. S/2003/529, Annex, Performance-based road map to a permanent two-State solution to the Israeli-Palestinian conflict, 7. Mai 2003 UN Doc. S/2004/616, Report of the Secretary-General, The rule of law and transitional justice in conflict and post-conflict societies, 23. August 2004 UN Doc. S/Res/242 (XXII), 22. November 1967 UN Doc. S/Res/338 (IIXXX), 22. Oktober 1973 UN Doc. S/Res/361, 30. August 1974 UN Doc. S/Res/366, 17. Dezember 1974 UN Doc. S/Res/385, 30. Januar 1976 UN Doc. S/Res/687, 3. April 1991 UN Doc. S/Res/724, 15. Dezember 1991 UN Doc. S/Res/745, 28. Februar 1992

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Verzeichnis zitierter Resolutionen und Berichte der Vereinten Nationen

UN Doc. S/Res/752, 15. Mai 1991 UN Doc. S/Res/779, 6. Oktober 1992 UN Doc. S/Res/787, 16. November 1992 UN Doc. S/Res/814, 26. März 1993 UN Doc. S/Res/820, 17. April 1993 UN Doc. S/Res/836, 4. Juni 1993 UN Doc. S/Res/859, 24. August 1993 UN Doc. S/Res/876, 19. Oktober 1993 UN Doc. S/Res/896, 31. Januar 1994 UN Doc. S/Res/900, 4. März 1994 UN Doc. S/Res/937, 21. Juli 1994 UN Doc. S/Res/959, 19. November 1994 UN Doc. S/Res/971, 12. Januar 1995 UN Doc. S/Res/1050, 8. März 1995 UN Doc. S/Res/981, 31. März 1995 UN Doc. S/Res/997, 9. Juni 1995 UN Doc. S/Res/999, 16. Juni 1995 UN Doc. S/Res/1009, 10. August 1995 UN Doc. S/Res/1011, 16. August 1995 UN Doc. S/Res/1019, 9. November 1995 UN Doc. S/Res/1031, 15. Dezember 1995 UN Doc. S/Res/1029, 12. Dezember 1995 UN Doc. S/Res/1030, 14. Dezember 1995 UN Doc. S/Res/1034, 21. Dezember 1995 UN Doc. S/Res/1036, 12. Januar 1996 UN Doc. S/Res/1037, 15. Januar 1996 UN Doc. S/Res/1065, 12. Juli 1996 UN Doc. S/Res/1079, 15. November 1996 UN Doc. S/Res/1088, 12. Dezember 1996 UN Doc. S/Res/1096, 30. Januar 1997 UN Doc. S/Res/1120, 14. Juli 1997 UN Doc. S/Res/1124, 31. Juli 1997 UN Doc. S/Res/1150, 30. Januar 1998 UN Doc. S/Res/1174, 15. Juni 1998

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UN Doc. S/Res/1187, 30. Juli 1998 UN Doc. S/Res/1193, 28. August 1998 UN Doc. S/Res/1199, 23. September 1998 UN Doc. S/Res/1244, 10. Juni 1999 UN Doc. S/Res/1264, 15. September 1999 UN Doc. S/Res/1515, 19. November 2003

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Personen- und Sachwortregister Al-Khasawneh, Awn Shawhat 198, 208 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Allgemein 20, 73, 99, 100, 132, 204, 271, 274, 283 – Artikel 8 und 10 243 – Artikel 9 102 – Artikel 13, Abs. 2 201–202 – Artikel 17 19, 58–59, 66–67, 69, 71, 143, 153, 165–166, 245, 256–257, 271 – Artikel 29 64 – Entstehungsgeschichte des Artikel 17 60–65 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Islam 163–164, 274 Allgemeines Ausreiserecht 202 Amerikanische Erklärung der Menschenrechte 62, 65, 159 Amerikanische Konvention der Menschenrechte 159–160, 243 Amt für Eigentumsfragen im Kosovo 227, 235 Aneignung feindlichen Eigentums 40– 42 Annan-Plan (Friedensplan der Vereinten Nationen für Zypern) 18, 24 Annex 7 des Daytoner Friedensabkommens 210–211, 213–218, 220 Arabische Charta der Menschenrechte 163–165, 274 Arisierung jüdischen Vermögens 15, 185 Ashdown, Paddy 265 Balfour-Erklärung 110 Balladore-Pallieri, Giorgio 100–102 Banjul Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker 160–162 Benes, Edvard 79–80, 103, 116–117

Ben-Gurion, David 110–112 Bernadotte, Graf Folke zu 124, 129, 139 Besitzrechte von gegenwärtigen Nutzern 218–219 Bevin, Ernest 114–115 Bevölkerungsaustausch siehe Bevölkerungsumsiedlungen Bevölkerungsumsiedlungen – Allgemein 15, 29, 72, 103, 197–199, 209, 243–244 – Griechisch-bulgarischer Bevölkerungsaustausch 90, 95 – Griechisch-türkischer Bevölkerungsaustausch 74, 90–93, 95–96, 105, 111 – Indisch-pakistanischer Bevölkerungsaustausch 74, 75 – Nationalsozialistische Umsiedlungspolitik 94 – Rechtmäßigkeit 95–103 – Sowjetische Umsiedlungspolitik 94 – Zionistische Umsiedlungspolitik in Palästina 84–85, 109–114 – Zwangsaussiedlung der Deutschen 77, 103–108, 121–123 – Zwangsumsiedlungen in Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg 74 Beweislastumkehr bzw. Beweiserleichterung 213, 229 Bonner Eingriffsbefugnisse (\;Bonn Powers\() 219 Boven, Theo van 239–240, 243 Bund der Vertriebenen 123 Byrnes, James 106 Calvo-Doktrin 32 Camp David-Abkommen 133–134 Cassin, Réné 60

Personen- und Sachwortregister Centre for Housing Rights and Evictions 257 Charta der Heimatvertriebenen 117 Charta von Paris über ein neues Europa 165 Chruschtschow, Nikita 56 Churchill, Winston 105 Clapp-Mission 130 Curzon, Lord George 93 Daytoner Friedensabkommen 209–218, 220, 265, 280 Debellatio 120 Deir Yassin, Massaker von 82–83 Deng, Francis M. 242 Deutsche Gesellschaft für Völkerrecht 122 Deutsch-polnischer Grenzvertrag 119 Eden, Anthony 103 Eigentum – Abwehr- und Zugangsrecht 20–21, 27, 47, 67, 143, 153, 155, 160, 192, 282– 283 – Geistiges Eigentum 27 – Gemeinschaftseigentum bei Wohnungen 212, 224, 228 – Kollektiveigentum 52, 58, 61–62 – Konflikt und Eigentum 15–16, 193, 283 – Machtinteressen 17 – Mindestmaß an Eigentum 28, 47–48, 155, 283 – Nutzungsbeschränkungen 28 – Persönliches Eigentum 20, 53–57, 61– 63, 69, 71, 115, 159, 168, 225, 282 – Wirtschaftseigentum 27, 71, 225 Eigentumsentzug 28, 64, 66, 68–69, 77– 80, 85–88, 116–117, 122, 123, 154– 160, 162, 164–165, 168, 182–185, 190, 209, 257–259, 283 Enteignung siehe Eigentumsentzug Entitäten (Bosnien und Herzegowina) 210–211, 212, 215–220

339

Entschädigung 17, 31–39, 49, 66–68, 91–93, 107, 109, 110, 113, 124–131, 135–136, 138, 143, 153–154, 157–158, 160, 162, 182–185, 194, 211, 216, 220–221, 228, 236, 238, 240, 241, 245, 247, 253, 255, 284 Entschädigungskommission der Vereinten Nationen 35–38, 209, 243 Entschädigungsstandard 27, 32, 38, 131, 157–158, 284 Ethnische Säuberungen 15, 29, 209, 213, 217, 221–224, 238, 284 Europäische Menschenrechtskonvention – Allgemein 153, 280 – Erstes Zusatzprotokoll 154–159, 212, 256, 280 Europäische Union 226, 230–231 Europäischer Menschenrechtsgerichtshof – Allgemein 74, 123, 152, 243 – Broniowski-Fall 157 – Gudmundsson-Fall 157 – James-Fall 155–157 – König von Griechenland-Fall 158 – Lithgow-Fall 157 – Loizidou-Fall 158 – Präsident 212 – Sporrong und Lönnrath-Fall 155–156 – Vasilescu-Fall 158 – Zypern-Fall 158 Europarat 138, 153 Ex iniuria ius non oritur 137, 182, 208 Feisal I., König von Irak 110 Flucht und Vertreibung siehe Flüchtlinge und Vertriebene Flüchtlinge und Vertriebene – Bosnische Flüchtlinge und Vertriebene 209, 216–220 – Definition 28, 254 – Deutsche Flüchtlinge und Vertriebene 23, 75–80, 107–108, 116–123, 197, 200 – Integration 117, 119, 127, 130, 137, 197

340

Personen- und Sachwortregister

– Kosovarische Flüchtlinge und Vertriebene 222–224 – Neuansiedlung 127, 128, 130, 135, 138, 208, 211 – Palästinensische Flüchtlinge und Vertriebene 23, 80–85, 124–130, 132– 139, 200, 202, 205 – Repatriierung 131, 136, 197–198, 235, 259, 261 – Rückkehrhindernisse 125–126, 137– 138, 236–238 – Wiederinbesitznahme von Wohnraum 220, 237 Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen 203, 207, 217–218, 226, 230, 236, 259 Französische Erklärung der Menschenund Bürgerrechte 48 Friedenseinsätze siehe internationale Verwaltungen Friedensmission der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina 218 Friedensvertrag zwischen Israel und Jordanien 133–134 Friedensvollzugsrat des Daytoner Friedensabkommens 279 Fünfte Kolonne 104, 115 Gemeinschaft unabhängiger Staaten 165–167 Generalsekretär der Vereinten Nationen 17, 133, 187, 189–190, 242, 250, 280 Generalversammlung der Vereinten Nationen – Allgemein 45, 59, 65–66, 98, 125, 126, 132, 138, 140, 186–193, 196, 200, 203–205, 243, 259, 268–269, 275, 278, 282 – Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten 34, 188 – Erklärung über die Ständige Hoheit über Nationale Reichtümer 33, 38–39 – Prinzipienerklärung über freundliche Beziehungen zwischen Staaten 203

– Resolution 194 (III) 124–129, 131, 132, 203–205 – Teilungsresolution für Palästina 80, 81, 82, 89, 124 Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte, Erstes Zusatzprotokoll 40 Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte, Zweites Zusatzprotokoll 40 Genfer Flüchtlingskonvention 43–44 Genfer Initiative zur Lösung des Nahostkonflikts 18, 24 Globalentschädigungsabkommen 32, 115, 128, 130 Görlitzer Vertrag 119 Grundprinzipien und Leitlinien für das Recht auf Rechtsbehelf und auf Wiedergutmachung für schwere Verletzungen von internationalen Menschenrechten und humanitärem Völkerrecht 239–242 Gutgläubiger Erwerb 17, 228, 264 Haager Landkriegsordnung 39–40, 97, 120, 122 Haager Schiedsgericht 35–38, 209 Hagenah 82–83 Hausbesetzungen 210, 223 Henlein, Konrad 104 Herzl, Theodor 109 Hoher Repräsentant des Daytoner Friedensabkommens 200, 217–219, 265, 278–280 Hoover, Herbert C. 113 Hull-Formel 32 Humphrey, John 59–60 Interamerikanische Menschenrechtskommission 70, 242 Interamerikanischer Menschenrechtsgerichtshof 152, 243 International Crisis Group 220

Personen- und Sachwortregister Internationale Arbeitsorganisation, Übereinkommen Nr. 107 und Nr. 169 143– 152, 271, 274, 282 Internationale Friedenstruppe im Kosovo (KFOR) 229, 234 Internationale Verwaltungen siehe auch Hoher Repräsentant des Daytoner Friedensabkommens und Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo 21, 23, 26, 275, 276–280, 281 Internationaler Gerichtshof 25, 265, 267 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 20, 67, 201–203 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 20, 67, 70–71 Internationaler Strafgerichtshof 41–42, 199 Internationaler Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien 41–42, 199, 243 Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda 41–42, 199 Internationales Institut für Völkerrecht 100 Internationales Kriegsverbrechertribunal von Nürnberg 41, 97–98 Internationales Übereinkommen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter 142, 143 Intifada 136 Investitionsschutzabkommen 35 Irakisches Arabisierungsprogramm 23– 24 Iranisch-US Amerikanisches Schiedsgericht siehe Haager Schiedsgericht Johnson, Joseph E. 131–132 Jüdische Entwicklungsbehörde 88 Jüdischer Nationalfonds 87–88, 112 Kairoer Erklärung über Menschenrechte im Islam 163–164 Kataster- und Grundbuchwesen 132, 179–181, 210, 214, 223, 252, 262

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Kommission für Eigentumsansprüche von Flüchtlingen und Vertriebenen – Allgemein 200, 223–225, 227, 229, 231, 236 – Entschädigung 211, 220–221 – Funktionsweise 211–212 – Mandat 213–215 – Vollstreckung 216–220 Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa 165 Konferenz von Jalta 105 Konferenz von Potsdam 107 Konferenz von Teheran 104 Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes 99 Kosovo Treuhandanstalt 226 Kriegsreparationen 116, 128 Lastenausgleich 119 Leitprinzipien zum Vertriebenenschutz 244–247, 248 Locke, John 46–49, 160–161, 163 Lubliner Komitee 77, 106 Marshall-Plan 119 Marx, Karl 49 Massenausweisung von Ausländern 200 Massenstreitbeilegungsverfahren 38, 213–215, 229, 233–234 Massenvertreibungsverbot siehe Vertreibungsverbot Mehrfachansprüche 222 Mehrfachinbesitznahme von Wohnraum 210, 217, 219 Menschenrechtskammer (Bosnien und Herzegowina) 212 Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen 21, 23, 45, 59–65, 66– 70, 140, 187–193, 196, 239–244, 249, 250, 269, 282 Nachbarschaftsverträge (Deutschland und Polen bzw. der Tschechoslowakei) 120 Nemmersdorf, Massaker von 76

342

Personen- und Sachwortregister

Neue Historiker (Israels) 83–84, 114, 137 Nordatlantisches Verteidigungsbündnis 222–223, 229 Notunterkünfte, Bereitstellung von 229, 235 Oder-Neiße Linie 105, 106, 116, 119 Ombudsperson (Bosnien und Herzegowina) 212 Organisation Amerikanischer Staaten 62 Organisation der Konferenz Islamischer Staaten 163 Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa 218, 226, 280 Osloer Friedensverhandlungen 134, 138 Palästinensische Befreiungsorganisation 135 Pinheiro, Paulo Sérgio 250 Plünderungsverbot 40 Post-sozialistische Verfassungen 167– 179, 270, 273–274 Potsdamer Abkommen 106, 111, 118 Preußische Treuhand 74, 123 Prinzipien zur Wohn- und Grundbesitzrestitution 21, 23, 252–264, 271, 281– 283 Privatisierung 179–181, 192, 226, 228 Rambouillet/Paris, Friedensverhandlungen von 222 Rassendiskriminierung – Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung 247–248 – Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung 140–141, 143, 201, 247, 271, 283 Ratione temporis 74, 158 Recht auf angemessene Unterkunft 22, 251, 256, 260, 282 Recht auf Heimat 197–198

Recht auf Rechtsbehelf 239–242, 243, 255, 259 Recht auf Rückkehr 119–120, 124–139, 197–210, 223, 228, 236–237, 246, 249–253, 258–259, 261, 265, 279 Recht auf Wohn- und Grundbesitzrestitution siehe Restitution von Eigentum Regionale Menschenrechtsinstrumente 20–21, 26, 140, 152–165, 200, 270, 273, 274, 283 Restitution von Eigentum 16, 119, 123, 124–125, 130, 158, 179, 182–185, 197, 209, 211, 215, 224, 229, 236– 238, 239–241, 246–247, 249–255, 262–264, 283–284 Ribbentrop-Molotov-Pakt 104 Road-Map (Friedensplan des Nahostquartetts) 136 Rodríguez, Luiz Valencia 191–196, 271 Roosevelt, Eleanor 59 Roosevelt, Theodore 113 Rückgabe von Eigentum siehe Restitution von Eigentum Rückkehrverhinderung 137 Rückwirkung von späterem Recht 18 Russische Föderation – Eigentumsrecht 167–168, 180–182 – Verfassung 167–168 Schlichtungskommission der Vereinten Nationen für Palästina 126, 128–132, 138 Sechstagekrieg 89, 132, 133 Selbstbestimmungsrecht der Völker 203 Sesshaftmachung von Siedlern 201 Sharon, Ariel 136 Shertok, Moshe 139 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 21, 25, 36, 127–128, 132, 138, 199– 200, 203, 259, 275–276, 277–278, 279 Sonderausschuss der Vereinten Nationen für Palästina 80 Sozialismus – Bodenreform 158, 182, 184

Personen- und Sachwortregister – Eigentumskonzeption 46, 49, 51–57, 61, 65, 161–162, 167–168 – Menschenrechtsverständnis 50 Sowjetunion – Abschaffung des Privateigentums 31, 50–51, 65 – Einfluss und eigentumsrechtliche Verhandlungspositionen 46, 62–66, 70, 188–190, 192, 282 – Minderheitenpolitik 94 – Verfassungen 50–51 – Zusammenbruch 25, 165, 190, 275 Staatenverantwortlichkeit 208, 241 Stalin, Joseph 106 Status quo ante 17, 137, 238–239 St. John Philby, Harry 113 Taba, Gespräche von 134 Teilungsplan für Palästina – Peel-Kommission 110–112 – Vereinte Nationen 80, 81, 82, 89, 124 Traumatisierung durch Entwurzelung 16 Truman, Harry S. 129 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau 141, 143, 271 Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo – Allgemein 200, 222, 225–227, 230– 234, 237, 280 – Sondergesandter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen 223, 226, 231–233, 278 Unterkommission zum Schutz und zur Förderung von Menschenrechten 21, 140, 198, 248–253, 269, 271, 281 Vereinigung für internationales Recht – Erklärung zu Massenvertreibungen 29, 99–100, 198–199, 205 – Prinzipien zum Völkergewohnheitsrecht 24, 267

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Verjährung 137, 208 Versöhnung 16–17 Vertrag von Lausanne 90, 96, 105, 107, 108, 200 Vertrag von Neuilly-sur-Seine 90 Vertrauensschutz 17, 137 Vertreibung – Allgemein 19, 29, 72, 199, 242, 244, 247, 254, 271, 282 – Bosnien und Herzegowina 209 – Deutsches Reich 75–77, 105–108, 121–123 – Kosovo 222 – Palästina 81–82, 84–85 Vertreibungsverbot 97–103, 120–122, 198–199, 201, 257 Vertriebene siehe Flüchtlinge und Vertriebene Viertes Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten 40, 42, 98, 103 Virginia Bill of Human Rights 48 Völkergewohnheitsrecht – Akteursvielfalt 25 – Globalisierung 25 – Kristallisationswirkung von multilateralen Verträgen und Resolutionen internationaler Organisationen 26, 268– 270, 272–273, 275, 278, 281 – Menschenrechtliche Besonderheiten 26, 267, 273, 277–278, 280–281 – Opinio iuris, Feststellung von 24, 267–270, 272–273, 278 – Quasi-Staatenpraxis von internationalen Verwaltungen 277, 278, 282 – Recht auf Rückkehr, gewohnheitsrechtliche Geltung 203–207 – Soft law 25, 269, 281 – Staatenpraxis, Feststellung von 24–26, 266–267, 273–275, 277–278 – Words versus Action-Debatte 24, 267, 281 Völkerrechtskommission 199, 241

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Personen- und Sachwortregister

Warschauer Vertrag 119 Wauchope, Arthur 110 Weitz, Joseph 85, 112 Weizmann, Chaim 110 Wiedergutmachung siehe auch Entschädigung und Restitution von Eigentum 18, 159, 182–185, 199, 201, 239–242, 243, 247, 255 Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen 59, 64 Wohnraumverteilung an Bedürftige 216 Wohn- und Eigentumsdirektorat und Kommission für Wohn- und Eigentumsansprüche – Allgemein 238 – Funktionsweise 227–235

– Mandat 224–227 – Vollstreckung 234–236 Yom-Kippur-Krieg 132 Zentrum für Wohn- und Siedlungswesen der Vereinten Nationen (Habitat) 230– 234 Zentrum gegen Vertreibungen 120 Zerstörung feindlichen Eigentums 40–42 Zwangsräumungen von Wohnraum 218– 220, 229, 235, 263 Zwangsumsiedlungen siehe Bevölkerungsumsiedlungen Zwei-plus-Vier-Vertrag 119