Das erste Jahrhundert des Großen Clubs in Braunschweig. Memorabiilien auf den 1. November 1880

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Das erste Jahrhundert des Großen Clubs in Braunschweig. Memorabiilien auf den 1. November 1880

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der allen Bildungsgenüffen leidenschaftlich ergeben, ...
bessere Vorbereitung auf die Universitätsstudien, dem ...
Ebert, Schmidt, Zachariä, Zimmermann und ihren ...
müſſen. Immer nur gelegentlich erfolgt sie, wo und ...
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Ursprünglich und in erster Linie immer auf den ...
'Assembleen', welche beide Geschlechter dieser Kreise ...
stian Ribbentrop, in seiner vielgenannten „Beschrei- ...
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und aus den Kreisen des Civilbeamtenstandes, 15 ...
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grade in 4 aufgeht, werden von den überschießenden ...
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traten ein: traten aus: ...
berg bei, der nachmalige preußische Staatskanzler. ...
und jener Gräfin Sophie, die als kluge und uneigen- ...
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die Erkenntniß gewisser localer Richtungen und Ver- ...
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Staatsministeriums vom 13. März 1838 der Club für ...
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Frequenz und namentlich während der Meßzeiten auch ...
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zielle Lebensfähigkeit des Clubs nochmals hinzuhalten. ...
versammlung des Clubs. Demnach wurde beschlossen, ...
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Neigungen und Stimmungen nicht verfehlen können. ...
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Die Clubvorstände seit 1863. ...

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Das

erste

Jahrhundert

des

Großen

Clubs

in

Braunschweig.

Memorabilien , auf den 1. November 1880

zusammengetragen von Ludwig Hänselmann.

Braunschweig. Hof- Buchdruckerei von Julius Krampe. 1880.

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Das

erste

Jahrhundert des

Großen Clubg in

Braunschweig.

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auf den 1. November 1880 TA

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Ludwig Hänselmann.

Braunschweig. Hof-Buchdruckerei von Julius Krampe. 1880.

Dem Cypographen

entrichtet

– ſchlag um das Blatt! G

ſeines schuldigen,

jedoch auch tief empfundenen Dankes Zoll der Autor.

Braunschweig , November 1880.

Dem Freunde dies, der still in seiner Klauſe Sich hielt, wenn unbescheid'ne Correctur Gelung❜nen Satz mit gröblichem Gezauſe Verdarb, daß Schmitt *) entsetzt zusammenfuhr : Ergeben saß er da, und daß ihm grauſe, Derrieth uns keines Wimperzuckens Spur ; Sein Wahlspruch war : 'Das schöne Werk gelinge, Ob auch das Herz im Busen mir zerspringel' Und also ward's. Es ward, es ist gelungen, Und ha ! wie kündet seiner Zeilen Pracht Unisono mit Tausenden von Zungen Des Meisters Ruhm, der herrlich es vollbracht ! Der Preis, der lang' den Elzeviers erklungen Und ihrer Jünger Strebemuth entfachtVerstummen wird er, da mit solchen Critten Hier Julius Krampe in die Bahn geschritten.

'Wo ist ein Hänselmann, der meinen neuen Tagen Den Griffel leihe?' so wird wehmuthvoll Der Club im zwanzigsten Jahrhundert fragen. Getrost ! ein andrer Liebling des Apoll *) Herr Petrus von Frankfurt, impiger et indefessus hujusce officinae factor, ermeldter Officin gar wohlgeplagter, Sävitien im Blei gebührlich strafender, letztlich alles jedoch für und für zum Guten kehrender factor.

a

Wird beſſern Rechtes Ludwigs Lorbeer tragen. Doch ach, mag eifersücht'ger Götter Groll Zum andern Mal Euch einen Julius gönnen, Der dieſem gleich im Wollen und im Können ? Beglückter Club, zu deffen Ehrentage Ein solcher Typograph die Letter reiht! Dreimal beglückt der Autor, deffen zage Hochstil-Ergießung solche Kunst gefeit ! Wird andrer Autorruhm zur dunkeln Sage, Deckt beff're Namen die Vergessenheit Wird mich, o Julius, Dein Siegerwagen Mit Dir ohn' Ende durch die Nachwelt tragen. In jungen Jahren hielten wir zuſammen Bei mancher blöden Jugendeſelei. Dann schieden wir ; doch für die alten flammen Gottlob blieb unsrer Freundschaft Altar*) frei. Und jetzt, da allgemach des Alters Schrammen Uns sagen, daß dahin des Lebens Mai ― Beiſammen wiederum, treu, ohne Wanken, Und fordern die Aeonen in die Schranken ! *) Mit Hintansetzung aller proſodiſchen Bequemlichkeit würde der Gott tröst thn! hier auf die Emendation 'der felige Neuhoff Venus Altar' dringen. Allein auch ſachlich wäre er im Unrecht, wie leib. haftig zwei , weitab von den Schauplätzen unſeres Jugendmuthes ers rungene beſſere Hälften bezeugen, deren einer bei dieſem ſchicklichen Anlaß der Autor seinen tiefen Reverenz macht - das Genus verantworte Joh. Anton Leiſewitz: ſ. unten S. 41.

1780 — 1880.

I.

ine regelmäßige Geselligkeit unter den Angehörigen verschiedener Lebenskreise wird immer nur da sich entwickeln, wo eine gemeinsame Geistes- und Weltbildung den Einzelnen über die specifischen Neigungen, Gewohnheiten, Interessen und Vorurtheile feiner Standes und Berufsklasse hinaushebt. Erst in der neutralen Sphäre solcher Gemeinschaft können Höher- und Tiefergestellte zeitweilig als Gleichberechtigte zusammentreffen. In Braunschweig trat diese Vorbedingung bald nach der Mitte des 18. Jahrhunderts ein. Seit 1754 hielt Herzog Karl I hier Hof. Ein Fürſt, 1

der allen Bildungsgenüffen leidenschaftlich ergeben, jeder künstlerischen und wiſſenſchaftlichen Bestrebung mit warmer Theilnahme zugewandt war, und ſo , obwohl ursprünglich - wie dies die Zeit seiner Jugend nicht anders mit sich brachte ― nur an franzöſiſcher Bildung genährt, früher doch als irgend eins der gekrönten Häupter Deutschlands auch dem beginnenden Aufschwunge unseres nationalen Geisteslebens ein feinsinniges Verständniß entgegentrug. Ihm zur Seite seine Gemahlin Philippine Charlotte , die geistvolle und hochgebildete Schwester Friedrich's des Großen, auch sie dahin gestimmt, ihre höchsten Lebensfreuden im Verkehr mit den Boten und Verkündigern jenes anbrechenden Tages zu finden. Unmittelbar 30g diese Geistesrichtung der allerhöchsten Personen die vornehme Geſellſchaft in ihre Gleiſe. Um fruchtbarſten aber bewährte ſich ihr Ernſt und ihre Tiefe in jene.Schöpfung Herzog Karl's, deren eigentlicher Zweck die weitere Ausbreitung der Cultur dieses neuen Humanismus war.

Schon 1745 hatte das Collegium Carolinum feine Wirksamkeit begonnen. Es ist bekannt, wie diese nach dem von Jeruſalem entworfenen Plane dahin gerichtet war, nicht nur dem Nachwuchs der vier Facultäten eine

3 bessere Vorbereitung auf die Universitätsstudien, dem der übrigen höheren Berufsarten, künftigen Offizieren, Ingenieuren, Mechanikern, Landwirthen, forst- und Kaufleuten,eine zweckmäßigeFachbildung, sondern allen zugleich eine den Anforderungen eines verfeinerten Weltlebens genügende Erziehung, eben dasjenige zu gewähren, was Jerusalem in die Bezeichnung 'bon sens und guter Geschmack' zusammenfaſſte. Die glänzenden Erfolge dieſes hochſtrebenden Syſtems erregten mit Recht die Bewunderung der Zeitgenossen, und nicht zum wenigsten ward ſein Segen in nächſter Nähe offenbar. Ohne Uebertreibung darf man sagen : in Braunschweig hat es eine neue Epoche des geistigen und gesellschaftlichen Lebens hereingeführt, sein Werk vornehmlich war es, daß aus der Enge kleinbürgerlicher Befangenheit , büreaukratischen Rangbewuſſtseins, aristokratischen Standesdünkels, welche bis dahin mehr oder weniger streng auch die oberen Schichten der hiesigen Gesellschaft gegen einander abgeschloffen hatten, nunmehr allmählich die Elemente einer ' guten Geſellſchaft' im weitern und freiern Sinne ſich lösten. Schrittweis läßt dieſer Amalgamirungsproceß sich auch in seinem äußern Verlaufe verfolgen. Den Lehrern des Collegii Carolini , einem Jerusalem , Gärtner, 1*

Ebert, Schmidt, Zachariä , Zimmermann und ihren minder namhaften Genossen, eröffnet die achtungsvolle Gunst der Höchstgebietenden den Zutritt in die Hofgesellschaft und deren private Zirkel. Jhrerseits suchen und finden sie Anschluß in den geistig regsamen Kreiſen des Beamten- und des Kaufmannsſtandes. In ihren Häusern zuerst gewöhnt man sich beiderseits, zu zwangloser Geselligkeit zuſammenzutreffen, einer Geselligkeit, welche die altherkömmlichen Unterhaltungsmittel zwar nicht verschmäht, ihren eigentlichen Kitt aber in der gleichen Theilnahme für die literarischen, philoſophiſchen und politiſchen Tagesfragen, dem Wett= eifer eines geist- und gemüthvollen Gedankenaustausches findet. So besteht hier der humane Freifinn, deffen. Gedankenwelt dieſe Männer in ihrer öffentlichen Wirksamkeit, als Lehrer und Schriftsteller, aufbauen helfen, eine seiner praktischen Proben : im Umkreiſe ihrer persönlichen Beziehungen werden ſie ſelber auch thatsächlich die Vermittler des socialen Ausgleichs, welchen die neue Cultur fordert und möglich macht. Allerdings , die Möglichkeit einer freiern Begeg= nung verſchiedener Geburts- und Standesart iſt ſomit dargethan. Zunächst aber bleibt selbige doch noch an formen gebunden, die ihre volle Entfaltung einengen

müſſen. Immer nur gelegentlich erfolgt sie, wo und wann die Veranstaltung Einzelner es fügt, und immer ist es erst eine kleinere und mit behutsamer Vorsicht ausgewählte Zahl von Berechtigten, die daran theilhaben. Ein Schritt weiter auf dem Wege der Emancipation von dem Banne hergebrachter Anschauungen ist gethan , wenn ein Ort vereinbart wird , an dem Jeder, der seiner Bildung nach, und nur eben dieser wegen, Anspruch darauf hat , zu beliebiger Zeit ge= selligen Verkehr mit Seinesgleichen findet. Einen öffentlichen Sammelplatz der höheren Stände gab es hier schon vor dieser Zeit : das Große Kaffeehaus an der Breitenstraße , welches 1714 von Franz Heinrich Wegener gegründet war und 1766 von seinem gleichnamigen Sohne auf größern Fuß eingerichtet wurde. In den Morgenstunden von zehn bis ein Uhr und nachmittags von vier bis neun war täglich daselbst 'viel zusammenkunft einer hiesigen und auswärtigen hohen Noblesse, hiesiger und auswärtiger Herren Kaufleute, characterisirter Personen , Herren Beamten und sonstiger Honoratiores'. Allein wenn auch sonst Niemanden' der Zutritt verstattet war die Auswahl nach solchen rein äußerlichen Kategorien bot doch keinerlei Gewähr gegen den Zudrang von Ele-

menten, die einer Verschmelzung der einzelnen Gruppen widerstrebten, jeden engern Zuſammenſchluß ihrer geistesverwandten Glieder unmöglich machten. Auch dafür aber ward seit 1778 Rath.

II.

m 1. August dieses Jahres las man im 59. Stücke der Braunschweigiſchen Anzeigen folgende Bekanntmachung : 'Es wird hierdurch angezeigt, daß Herr Rüttger Heinrich Rönkendorff mit höchſter Erlaubniß sein auf der Breitenstraße hiefelbft belegenes Haus, welches seiner inneren Einrichtung wegen zur Aufnahme vornehmer Standesperſonen vorzüglich bequem, und mit nöthigen Stallungen und Wagenremise versehen ist, zu einer öffentlichen großen Auberge unter dem Namen Hôtel d'Angleterre habe einrichten laſſen, und können alle und jeder fremde, welche dieses Hôtel mit ihrem Zuspruch beehren wollen, der möglichsten besten Bewirtung darin sich jederzeit versichert halten.'

Ursprünglich und in erster Linie immer auf den Fremdenverkehr berechnet, gewann doch dieses Haus alsbald auch für die einheimische Geselligkeit eine Bedeutung, vermöge deren es dem Großen Kaffeehauſe erdrückende Concurrenz machte. Es war vergeblich, daß Franz Heinrich Wegener daſſelbe 1781 abermals mit schweren Kosten von Grund aus und nach erweitertem Plane umbauen ließ und ‘zu mehrerer und größerer Bequemlichkeit der Gesellschaften' einrichtete, die für jene Zeit recht bedeutende Zahl von dreizehn deutschen, holländischen und französischen Zeitungen und Zeitschriften auflegte, auch zwei Billards und verschiedenes andere Spielgeräth anbot - alles für ein Eintrittsgeld von zwei Thalern für den Einheimischen, sechszehn Gutengroschen für den Aus= wärtigen im Jahresabonnement, oder einem Gutengroschen täglich, bei voller freiheit , außerdem ' viel, wenig oder gar nichts zu verzehren' ; vergeblich auch daß er 'vereinigten Geſellſchaften besondere Zimmer zur Verfügung stellte'. Die geistige Auslese der Stadt fand sich gleichwohl an dieſem Orte nicht 'unter sich' ; sie wandte sich mehr und mehr von ihm ab und dem neuen Etabliſſement Rüttger Heinrich Rönkendorfs zu. Einen guten Namen machten demſelben zuerst die

Assembleen', welche beide Geschlechter dieser Kreise ' dort mehrmals in jedem Winter zu muſikaliſchen Aufführungen, Maskeraden, Conversation, Tanz und gemeinschaftlichen Mahlzeiten vereinigten. Daneben bildete sich an der Wirthstafel des Hauses allmählich eine regelmäßige Tischgesellschaft, welche von Allen die sich einer durchgeistigten und stets die formen des besten Tons wahrenden Unterhaltung gewachsen fühlten, darunter Männern wie Lessing und Leisewitz, mit Vorliebe gesucht wurde. Aus dieser freien Vereinigung ging im dritten Jahre nach Eröffnung des Hotel d'Angleterre der Große Club hervor. 'Der hiesige große Club hat seine Entstehung einer geschlossenen Gesellschaft von verschiedenen angesehe= nen Leuten aus hiesiger Stadt zu verdanken, welche, als das Hotel d'Angleterre zu einem öffentlichen Gasthofe eingerichtet war, von Zeit zu Zeit in demselben speiseten und bei dieser Gelegenheit den Wunsch äußerten, daß hier ein öffentlicher Club errichtet werden mögte. Da inzwischen die dazu erforderlichen Zimmer feleten, mußte ein anderer Plaz dazu ausfindig ge= macht werden. Dieser fand sich in den Hintergebäuden des Hotel d'Angleterre. Der Kaufmann Herr Johann Friedrich to der Horst übernam es, einen Riß ver-

10 fertigen zu laffen, nach welchem die künftigen Clubzimmer eingerichtet werden sollten. Sein Plan fand Beifal, und durch sein Bemühen vereinigten sich, um diese Unternemung zu Stande zu bringen, eine Anzal von mehr als hundert Perſonen der angeſehenſten Männer vom Hof- und Militärstande, der hiesigen Collegien und der Kaufmanschaft , welche an der Stiftung dieses Clubs Teil namen. Auf diese Art kam ein zum Vergnügen des hiesigen Publikums und der fremden gereichendes Etabliſſement zu Stande, welches nach dem Urteil aller derer, welche es beſuchen, unter vielen ähnlichen Einrichtungen inDeutſchland den Vorzug behauptet. Im October im Jahre 1780 wurde dieſer Club ganz eingerichtet, Präſident, Assistenten, ein beſtändiger Clubſecretär gewält, und Die Clubdie Gesetze wurden entworfen. zimmer bestehen aus einem 50 fuß langen, 24 Fuß breiten, und 20 Fuß hohen Saale, deſſen innere Verzierungen geschmackvoll sind, einem Zimmer von 26 Fuß lang und 14 Fuß breit (1) , einem Zimmer von 22 Fuß lang und 18 Fuß breit, einer Gallerie von 28 fuß lang und 9 fuß breit und einem kleinen Zimmer bei dem Saale.' So ein Zeitgenosse dieſer Gründung, Philip Chri-

stian Ribbentrop, in seiner vielgenannten „ Beschreibung der Stadt Braunschweig" (Braunſchw. 1791, Band II S. 352 ff.). Einiges Genauere ergiebt ſich aus anderen, dem Hergange noch näher stehenden Ueberlieferungen.

III.

unächst aus Leisewitz' Tagebüchern , von

3

denen grade die der letztern zwei Jahr vor förmlicher Constituirung des Clubs und der ersten fünf Monate seines Bestehens glücklich auf uns gekommen sind.

Nicht ohne Interesse ist die Thatsache, daß jene Tischgesellschaft im Hotel d'Angleterre als 'Club' ſich ſchon vor dieſem bezeichnete. Am 6. Januar 1779 merkt Leisewitz an : Abends im Club bei Rönkendorfs' ; und die gleiche Benennung gebraucht er noch mehrmals bei Erwähnung seiner Einkehr daselbst, die sich in diesem und im folgenden Jahre neben gelegentlichen Besuchen des Kaffeehauses ziemlich oft wiederholt. Einmal, am Nachdem die Hazard10. April 1779, fügt er hinzu : ' Spiele da abgeschafft ſind , wird viel Commerce ge=

13 spielt . Ein Fortschritt , den wir auch in den ersten Clubgesetzen werden innegehalten ſehen : den Anstoß dazu gab ohne Zweifel das veredelte Unterhaltungsbedürfniß dieser Stammgesellschaft. Wie deren tonangebende Mitglieder an Solchen deren Art ihnen nicht zusagte, mit aller Feinheit gelegentlich Kritik übten, veranschaulicht eine artige Anekdote, die Leiſewitz in folgender Aufzeichnung zum 31. Juli d. J. aufbewahrt hat: ' Mittags im Clubb bei Rönkendorfs. Saß bei dem Graf Marschall und dem Rittmeister v. Hoym , gegen mir über der Landdroſt G……… und der Vicepräſident *). Der erste — daß Leisewitz nicht Marschall sondern den Landdrost meint, erhellt weiterhin sagte gewaltig viel dumm Zeug. Einmal fing er ex abrupto an : “Jhre Hochwürden, sollte Alexander der Große wohl natürlichen Todes gestorben sein ?" und nachher brachte er ihm die Gesundheit zu : „ Ut vobis bene stet in diebus vestris". Ich hatte immer, sonderlich zu dem Grafen gesagt, ich wolle nach Nürnberg, der ſonderbaren Originale wegen; er hatte mir geantwortet, daß ich die näher, selbst am Tiſche haben könne ; und wie G .... gesprochen hatte, fragte er mich : "Wollen Sie noch nach Nürnberg?". *) Jeruſalem.

14 In diesen Tagen finden wir die Vorbereitungen zur Proclamirung des Clubs bereits im vollen Gange. Schon am 9. Juli war sehr viel' davon in einer Gesellschaft die Rede, wo Leisewitz und der Kaufmann Toderhorst sich trafen. Leisewitz selber, der solche Einrichtungen wohl schon in Hannover kennen gelernt hatte, wo in der "1Neuen Schenke" ein ähnlicher Club seit 1752 bestand, betheiligte sich eifrig an diesen Arbeiten; namentlich ward seine Mitwirkung mehrfach bei der Redaction der Gesetze in Anspruch genommen, deren erster Entwurf, wie es scheint, aus Coderhorsts feder floß. Wie immer in solchen Fällen hatten diese ehrenvollen Aufträge auch ihre Verdrießlichkeiten. Zum 25. September berichtet unser Tagebuch : Noch sprach ich mit dem Obrist von Warnstedt von dem Clubb. Er hatte dabei so vielerley und grade solche Dinge auszusetzen und zu überlegen , daß ich mich ordent lich ärgerte' ; und dem nämlichen Aerger über dessen 'critisches Auge und seine Sucht , an Allem etwas auszusetzen' , wird folgenden Tages abermals ein Denkmal errichtet. Auch die nothwendigen Localitäten waren inzwischen fertig geworden. Um 19. September, wenige Tage nach seiner Heimkunft von einer längern Reise

15

nach Meiningen und Weimar, sieht Leiſsewitz sich an der Ausführung des Vorsatzes, ‘in Rönckendorf's Hause den Clubbsaal zu besehen', durch ein Zusammentreffen mit Lessing und einigen Anderen gehindert ; am 26. nimmt ihn Toderhorſt dahin mit und zeigt ihm ‘allerley dorten im Clubbzimmer'. Dann lesen wir zum 18. October : 'Um 2 nach Rönckendorfs , wo heute die Gesetze regulirt werden und die Wahl seyn sollte. Ich kam hin, wie die Gesellschaft noch am Tiſch war, und es währte lange, ehe es zu einer Proposition kam, die endlich der General im Saale that. Ich laß die Gesetze vor , die mit wenigen Veränderungen durchgingen. Kuntſch und ich wurden acclamando ge= wählt. Der General schlug mich dazu vor, indem er mich bey der Hand nahm und der Gesellschaft praesentirte. Nachher wurden Marschall, Rhets, Eschenburg, Kalm zu Assistenten gewählt'. Tags darauf Man fand die erste Versammlung derselben statt. ' machte verschiedenes wegen der Gesetze , wegen des Contracts mit Rönckendorfs, wegen des Bedienten aus'. Leisewitz 'war nicht mit Allem zufrieden', und im gleichen falle befand sich Eschenburg, der ihm auf einem Spaziergange am 21. ' einige Zweifel gegen die fortdauer des Clubbs entdeckte'. Auch persönliche

16 Reibungen blieben nicht aus. 'Wie ich jetzt eine Gelegenheit ergreife , verdrießlich zu werden , und eine mir unangenehme Idee alle die anderen erweckt, so war es genug, daß mir Kuntſch heute in einem Billette sagte, daß er gewiſſe Dinge gethan hätte, von Denen ich glaubte, daß sie mir zukämen. ...... Ich ging um 4 zu einer angesetzten Conferenz in Rönkendorfs Hause und war noch bitterböse auf K. Allein wie ich Eschenburg und noch mehr Leute sprach, ward ich nach und nach munterer und war zuletzt mit den gemachten Einrichtungen recht gut zufrieden'. So am 23. October.

Endlich am 31.: 'Schleunige Correctur der Clubgesetze' ; 'um noch eine Correctur der Clubgeſetze zu besorgen', ward Leisewitz nach Tiſch aus dem Club abgerufen. Um Tage zuvor hatte die ' Clubgesellschaft' ihren rechtskräftigen Vertrag mit Rütger Heinrich Rönkendorf abgeschlossen.

IV. uf fechs Jahre, bis zum 1. November 1786, 'falls der Club so lange dauern sollte', überließ ihr Rönkendorf den in seinem Hintergebäude neu erbauten Saal nebst den daran befindlichen drey Zimmern' für einen jährlichen Miethzins von 250 Thalern. Als recht ansehnlich ward dieſer Satz von Rönkendorf selbst anerkannt ; die Gesellschaft verwilligte ihn in Anbetracht der bedeutenden Kosten, die ihm der Saalbau verursacht hatte, und mit dem Vorbehalt, daß ihr zwar nach Ablauf

嘞 18 der Pachtzeit die Auffage freistehen, Rönkendorf hingegen keinerlei Kündigungsrecht haben und demnächſt ſich zu einer Ermäßigung der Miethgelder bereitwillig finden lassen sollte. Für die Heizung des Saales und der Zimmer in den sieben Wintermonaten ward eine Entschädigung von 100 Thalern vereinbart ; für die Erleuchtung, und zwar dergestalt, daß jedesmal im Saale acht, in jedem der Nebenzimmer zwei Kerzen brannten, wurden 130 Thaler verwilligt. Außerdem wurden dem Wirthe die Kartengelder überlassen : ' von 2 Karten mit 2 Lichtern 12 Ggr., von 1 Karte und 1 Licht 6 Ggr.' Wegen der Aufwartung verpflichtete sich die Gesellschaft , den Dienstleuten des Hauses zu jeder Weihnacht zehn Thaler zu verabreichen. So geschehen Braunschweig den 30. October 1780'. Besiegelt und unterzeichnet ist die Urkunde von J. v. Kunzsch als Präsidenten, Auguſt Wilhelm v. Rhetz, Johann Joachim Eschenburg, Auguſt Dietrich Graf Marschall , Leisewitz und Hans Heinrich Kalm als Aſſiſtenten des Clubs. Hundertzweiundvierzig Personen führt die erste Matrikel des Clubs als 'Inftituenten', d . h. Gründer und erste Mitglieder auf , darunter je 45 vom Udel

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und aus den Kreisen des Civilbeamtenstandes, 15 Militärpersonen und 37 Kaufleute. Ihrer einzeln mit Namen zu gedenken, wird der Stimmung dieſes erſten Jahrhunderttages entsprechen ; zu bequemerer Uebersicht seien sie nachstehend nach ihren Aemtern und Titeln gruppirt. Hofmarschall v. Aschersleben , Viceoberſtallmeister v. Bothmer, Oberhofmeister v. Preen, Kammerherren v. Hohneck, v. Kuntzsch und Graf Marschall , Kammerjunker v . Bötticher und v. Thielau. Generalmajor v. Rhet , Obristen v. Bode , v. Baumbach , v. Kniestedt , v. Riedesel, v. Warnstedt , v . Zweydorff , Obristlieutenant Schneller, Major v. Koppelow , Hauptleute v. Blücher , v. Düring , v . Guſſow , v. Girſewald , v. Voigts, Lieutenant v. Rasschow. Geheimräthe v. Kortüm , v . Münchhausen Exc. und Feronce v. Rothenkreuz Exc.; Legationsräthe v. Döring , Henneberg , v . Hille und v. Unger; Etatsrath Schwarz , Kammerräthe v. Gebhardi , v. Hoym und v . Schrader , Klosterrath v. Doigts. Hofräthe v. Bülow , fein , v . Hantelmann und 2*

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Lutterloh; Hofgerichtsaffefforen Biel , v. Brooke, Hartken und Kumme; Geh. Justizrath v. Unger, Justizrath Fredersdorff; Rath Schüler; Geh. Secretär Petersen , Secretär Reinecke. Landcommandeur (Comtur der Johannitercommende Lucklum) v. Hardenberg , Landdrost v. Grote und Drost v. Rhetz ; Propst v. Lobenthal. Schatzrath v. Veltheim , Landschafts-Secretär Leisewitz, Schatzeinnehmer Reiche , Landcommissär Möschell. Herren v. Burrowes *), v. Drake, v . Delon , v. Kalm , Baron v. Münchhausen , v . Siegenroth, Baron v. Schleunitz. Vicepräsident (des Consistoriums) Jerusalem , Hofprediger Schulze, Domprediger Feddersen. Professoren Hofrath Ebert , Eschenburg , Schmidt, Tünel und Zimmermann ; Medailleur Krull **) . Hofmedicus Duroy, Hofrath Dr. Sommer und *) Ein englischer Offizier, derzeit Studirender des Collegii Carolini. **) Bald darauf zum Münzcommissär ernannt , ein genialer Künstler, dem 1788 nach seinem frühen Code Konrector Heusinger zu Wolfenbüttel im Braunschw. Magazin", St. 47 ff., einen ehrenvollen Nachruf gewidmet hat.

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die Doctoren fein , Grübel , Hausmann , Reytemeyer und Schaper. Bürgermeister Pape , Syndiken Mahner und Niemeyer, Senator Reitemeyer. Procurator Edel , Advocat Niemeyer. Kaufleute Georg Wilh. Bierbaum , Eggeling , Joh. Heinr. und Chr. Jul. Gravenhorst , Steph. Heinr. Hausmann , Joh. Friedr. und Georg Wilh. to der Horst, J. C. und C. B. Krause , f. M. Löbbecke und L. Löbbecke jun. , J. F. Röncken = dorff, Behrend Scharnbeck, J. H. . und J. C. Thies und D. W. Winkelmann (Leisewitz' Schwager).

Dies die in Braunschweig Ansässigen. Auswärtige, oder wie sie damals genannt wurden, ' Ehrenmitglieder' waren Regierungsrath v. Blum in Blankenburg, Hofrath v. Meyern , Drost v . Döring , Baron v. Cramm, Herr v. Schleunitz , die Hofräthe Cramer und Lessing in Wolfenbüttel, Kammerjunker v. Steinberg , Rittmeister v. Hoym und Kaufmann Hausmann in Hannover, Hofrath Kuhn in Helmstedt , Berghauptmann v. Veltheim in Harbke, Oberhauptmann v. Bülow in Schlieſtedt, Drost v. Mahrenholz in Schwülper , Kammer-

22 ቀ junker v. Oberg in Oberg, Amtsrath Cleve in Süpplingenburg, Umtmänner Breymann in Harzburg, Mehner in Achim, Reiche in Grone, Commissär Amelung in Grünenplan, Herr Kamlah in Steterburg ; Kaufleute Lange , Lautier und Wegely in Berlin , Breuls und Verden in Eupen, Backhaus in Göttingen, Ahnsorge, Behrens , Elvers , Moll , Meyer , Spiegelberg , Schmeemann , Schulze in Hamburg, Schmiemann in Iserlohn, Dufour und Molly in Leipzig, Hagenbruch in Mühlhauſen, Wuppermann in Quedlinburg und Siemonis in Vervier. Den Protectorat des Clubs übernahm am 2. April 1781 'S. Durchlauchten Herr Ferdinand , Herzog zu Braunschweig und Lüneburg', Oheim des regierenden Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand , der hochberühmte und um ſeiner persönlichen Liebenswürdigkeit willen allverehrte Sieger von Crefeld und Minden, der seit 1766 während des Sommers auf seinem Landsitz zu Vechelde, während des Winters in ſeinem Schloffe auf der Burg zu Braunschweig residirte. Einer spätern Andeutung zufolge hätte er sich an der Gründung des Clubs von Anfang her lebhaft betheiligt : als 'Stifter' desselben wird Er, als 'Seine Pflanzung' der Club

$ 23 in dem weiterhin mitzutheilenden Gedichte auf den 4. februar 1814 gepriesen. Diese Angabe als pietätvolle fiction zu verdächtigen, liegt kein Grund vor ; ebenso wenig allerdings irgend welches gleichzeitige Zeugniß, das sie zu bekräftigen geeignet wäre.

V.

ene 'schleunige Correctur' am 31. October 1780 nöthigt zu der Annahme, daß die Clubgesetze damals bereits unter der Preſſe waren. Verhielt dies sich wirklich so, dann müssen im letzten Augenblicke Erwägungen eingetreten sein, die es rathsam erscheinen ließen, den Druck nochhintanzuhalten. Denn wie dieser jetzt vorliegt, trägt er im Titel die Jahreszahl 1781 ; und was noch entscheidender ist : am 21. Januar finden wir Leisewitz mit einer Umarbeitung der neuen Clubgesetze beschäftigt und abends in einer Conferenz mit Rhetz, Eschenburg, Marschall und Kalm, bei der man seinen Uenderungsvorschlägen

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in den meisten Stücken recht gab' . Noch am 26. fe bruar macht ihm diese Arbeit 'bald mehr bald weniger Mühe', und daß die so sich allmählich geftaltende definitive Redaction erst im April kann zum Abſchluß gebracht sein, ergiebt sich aus ihrem ersten Paragraphen, der Herzog Ferdinand bereits als Protector nennt. Dem praktischenBedürfniß ſcheint inzwiſchen einigermaßen Genüge geleistet zu sein, indem die am häufig= ſten in Frage kommenden Verfügungen handſchriftlich im Clublocal angeschlagen oder ausgelegt wurden. Eine gleichzeitige Copie solcher Nachrichtlichen Anzeige' hat sich erhalten ; sie umfaßt dreizehn Puncte, von denen die Mehrzahl auch in dem gedruckten Statute wiederkehrt. So die Bestimmungen (1 und 2) wegen des Beitrags der ordentlichen und der Ehrenmitglieder (Abſchnitt V §§ 4 u. 5 des Statuts : ſ. weiterhin S. 36 f.) und (3) wegen der Einführung fremder (IV § 3), diese hier noch in folgender Fassung : 'Die ordentlichen Mitglieder lassen sich zur Erhaltung der Ordnung des Clubs und in Befolgung des 12. Geſetzes nicht nur sämmtlich gefallen, keine Fremden in die Gesellschaft zu führen, ohne solchen vorhero dem Prä-

26 ቀ fidenten oder einem der Assistenten angezeigt, sondern auch deſſen Nahmen und Charackter schriftlich eingesandt und zur Einführung eine Contre Marque empfangen zu haben, welche demnächst an den Clubbedienten wieder abgegeben wird'. Ferner (4) die Bestimmung wegen des Zeitraums innerhalb deſſen ein dergestalt Eingeführter als ‘Fremder' zuzulaſſen (IV § 4) mit dem Zusatz : 'Wollte er sich der Erlaubniß, den Club zu besuchen, länger bedienen, so hat er sich als Ehrenmitglied zu melden und das Antrittsgeld mit Ducaten zu bezahlen' ; auch (5) die Ausschließung der Ehrenmitglieder von der Befugniß zur Einführung Fremder (III § 2) . Dann (8) die Anordnungen hinsichtlich der monatlichen Mittagstafel (VI §§ 2—5) folgendermaßen : 'Den ersten Montag im Monat wird jedesmal Mittagstafel gehalten, wofür die Perſon 16 ggr. bezahlt. Da aber Herrn Rönkendorf daran gelegen seyn muß, die Zahl der Speisenden einige Tage voraus zu wissen , so werden die ordentlichen Mitglieder ersucht, jedesmal Freytages zuvor absagen zu laſſen, falls diefelben nicht bey Tafel erscheinen wollen.

!

Die Ehrenmitglieder hingegen laſſen Hrn. Rönkendorf ebenfalls Freytages vorher wissen, ob sie mit speisen wollen'. Endlich (9, 10 u. 13) die Verbote wegen des

27 Tabakrauchens sowie der Mitnahme von Journalen und Zeitungen und die Anordnung einer Armen= collecte (VII §§ 2--4), letztere wiederum in der abweichenden Fassung : 'Bey der jedesmaligen Mittags= tafel des ersten Montags im Monat wird in einer verschlossenen Armenbüchse ein willkührlicher Beitrag gesammelt, welcher beym Schluß der Jahresrechnung an die Armenanstalten abgeliefert werden soll'. Eigenthümlich hingegen sind der ‘Nachrichtlichen Anzeige nachstehende vier Punctationen : (6) 'Auch haben sämmtliche Mitglieder der guten Ordnung wegen sich dazu einverstanden, dasjenige, was sie im Club verzehren, bey dem Empfang sogleich zu bezahlen'. (7) 'Während der Messe wird vom Freytag vor der Handelswoche bis zum Freytage nach der Handelswoche im Club des Abends warm geſpeiſet, außerdem aber nicht ; jedoch wird auch in der Messe, außer den ordentlichen und Ehrenmitgliedern, keiner zur Abendtafel zugelassen'. (1) 'Don Mittag 1 Uhr bis 12 Uhr Mitternacht sind die Zimmer geheitzt und erleuchtet, wie denn auch der Club nicht länger dauert'. ( 12) 'Da zur Aufnahme des Instituts beliebt worden, daß alle in dem hiesigen Lande wohnende Honoratiores nicht als Fremde in den Club eingeführt werden können :

‫ ܀‬28 so bleibt ihnen sämtlich frey, sich zu Ehrenmitgliedern vorschlagen zu lassen'. Diese Beliebung ist, anders ausgedrückt und fachlich in etwas ermäßigt, auch in dem definitiven Statut (IV § 2 : S. 35) enthalten; von den übrigen feiner. Soviel die angestellten Nachforschungen bisher ergeben haben, liegen diese gedruckten Gesetze nur noch in einem einzigen Eremplare vor, das aus C. Gesenius' Nachlaß an die Landschaftliche Bibliothek hieselbst übergegangen ist. Unverkürzter Mittheilung werden sie auch deshalb werth sein, weil sie in ihrer durchsichtigen Anordnung und knappen formulirung Vorzüge aufweisen, an denen Leisewitz' überarbeitende Hand wohl nicht den kleinsten Antheil hatte - Dorzüge überdies, welche jeder Versuch einer Kürzung nur verwischen könnte. Nachstehend also die ' Club-Gesetze. Braunschweig 1781.' in ihrem vollen Wortlaut.

VI. Gesetze und Einrichtungen des Clubs zu Braunschweig. Erster Abſchnitt. Verfassung der Gesellschaft. Beamte. Propositionstage. Ballotement. Veränderung der Gesetze. 1. ie Gesellschaft bestehet, unter dem gnä-

digsten Protectorat des Durchlauchtigsten Herzogs Ferdinand zu Braunschweig und Lüneburg, aus einem Präsidenten, vier Aſſiſtenten, einem Secretär, und einer uneingeschränkten Anzahl Mitglieder. 2.

Der Präsident und die vier Aſſiſtenten werden alle Jahr gewählet, und geben die Mitglieder ihre Stimmen zu diesen Wahlen schriftlich ab.

30 3. Der Secretär wird zwar auf eben die Weiſe, aber auf beständig, erwählet. 4.

Unter den Aſſiſtenten muß ſich immer einer vom Hofe, einer vom Militär, ein homme de robe oder des lettres, und ein Kaufmann befinden. 5. Den Beamten wird von der Gesellschaft die Schließung der Contracte mit dem Herrn vom Hauſe, den Bedienten, Aufwärtern, und was dahin gehöret, übertragen.

6. Der Assistent von den Kaufleuten hat die Kaſſe unter Händen, und führt die Rechnungen, welche alle Jahr an einem beſtimmten Tage der Geſellſchaft vorgelegt werden ; wie denn auch der Präsident die zu bezahlenden Rechnungen jedesmal zu unterſchreiben hat. 7. Wenn die Stimmen der sechs Beamten über verschiedene Meynungen in gleicher Anzahl getheilet sind ; so entscheidet die Stimme des Präsidenten.

31 8. Wahlen neuer Mitglieder, Veränderungen der Gefetze, und alle die ganze Gesellschaft betreffende Angelegenheiten, werden am ersten Montage in jedem Monat um fünf Uhr vorgenommen, und können dabey keine fremde zugegen sein. 9. Alle diese Angelegenheiten werden durch das Ballotement entschieden .

10. Bey einemBallotement müſſen wenigstens zwanzig Mitglieder votiren ; und die zu solchem Ende ausge= theilten Kugeln sogleich in den Ballotir-Kasten geworfen werden. Wie denn auch nur Eine Person zur Zeit in das Zimmer, wo der Ballotir-Kasten steht, eingelaſſen wird. 11. Sollten jedoch um die gesezte Zeit noch keine zwanzig Stimmen abgegeben ſeyn, ſo ſiſtiret der Präsident die Eröffnung des Kasters so lange, bis die erfoderliche Anzahl vorhanden ist.

32

12. Kein abwesendes Mitglied kann ein anderes zur Abgebung seiner Stimme bevollmächtigen.

13. Der Vorschlag zu einem neuen Gesetze wird acht Tage vorher durch einen Anschlag bekannt gemacht. Geht das neue Gesetz nicht einhellig durch, so ent= scheidet das Ballotement. 14. In allen Fällen, die nicht die Aufnahme neuer Mitglieder betreffen, entscheidet beym Ballotiren die Mehrheit der Stimmen.

Zweyter Abschnitt. Aufnahme neuer Mitglieder. 1. Der Name eines vorgeschlagenen neuen Mitgliedes wird acht Tage lang vor dem Ballotement durch einen Anschlag bekannt gemacht.

2. Der vierte Theil der verneinenden Stimmen, und was darüber ist, schließt aus. Wenn die Anzahl nicht

33 grade in 4 aufgeht, werden von den überschießenden zwey rückwärts, und die dritte vorwärts gerechnet ; auf folgende Art : Don 20. 21. 22. schließen aus 5. "/ 23. 24. 25. 26. "/ " 6. "/

27. 28. 29. 30.

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31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38.

7.

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8.

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9.

und so weiter. 3. Ein vorgeschlagenes Mitglied, das bey einem Ballotement nicht durchgegangen ist, kann in 6 Monaten nicht wieder vorgeschlagen, als fremder aber niemals eingeführt werden.

Dritter Abschnitt. Ehrenmitglieder.

1. Auswärtige können zu Ehrenmitgliedern aufgenommen werden ; wodurch sie das Recht erhalten, die Gesellschaft allezeit besuchen zu können. Neber ihre Aufnahme muß unterdeſſen völlig so, wie über die Aufnahme ordentlicher Mitglieder, ballotirt werden. 3

34 2.

Ehrenmitglieder haben beym Ballotement keine Stimme, und auch nicht das Recht, Fremde einzuführen. 3. Ordentliche Mitglieder, die in der folge von Braunschweig wegziehen, behalten als Ehrenmitglieder ihre Rechte. Wie denn auch solche, wenn sie auf's neue ihren Wohnsitz zu Braunschweig nehmen, ohne abermaliges Ballotement und Antritts-Gelder, die Gesellschaft als ordentliche Mitglieder besuchen können.

4. Ein auswärtiges Ehrenmitglied, das in der folge seinen Aufenthalt in Braunschweig nimmt, wird ohne weiteres Ballotement als ein würkliches Mitglied angenommen; doch hat es als ein solches die gewöhnlichen Antritts-Gelder zu bezahlen.

Vierter Abſchnitt. Fremde.

1. Keinem Mitgliede ist erlaubt , einen in Braunschweig wohnhaften Gaſt mitzubringen.

35 .. 2. fremde, die zu geſetzten Zeiten Geſchäfte in Braunschweig haben, wie z. B. Kaufleute, die gewöhnlich die Messe besuchen, imgleichen alle diejenigen, die nicht weiter als zwey Meilen von Braunschweig wohnen, können nicht als Fremde angeſehen, sondern nur als Ehrenmitglieder in den Club eingeführet werden. 3. Hingegen kann jedes ordentliche Mitglied einen oder mehr Fremde, für deren Betragen es einsteht, in die Geſellſchaft bringen ; doch muß der Name und Character des Fremden dem Präsidenten, oder einem der Assistenten schriftlich angezeiget, und zu dieſer Einführung eine Contremarque gefodert werden, die demnächst an den Clubbedienten abgegeben wird.

4. Ein sich hier aufhaltender fremder kann längstens einen Monat als fremd betrachtet werden.

3*

36 Fünfter Abschnitt.

Beyträge. 1. Ein ordentliches Mitglied erlegt zum Eintrittsgelde Louisd'or, und monatlich 8 Ggr. 2. Ein Ehrenmitglied bezahlt zum Eintritte, und jährlich, einen Ducaten. 3. Einem jeden ordentlichen Mitgliede stehet frey, den monatlichen Beytrag entweder für das ganze, halbe oder viertel Jahr, mit eins zu bezahlen, oder monatlich an den dazu bestellten Receptorem zu entrichten.

4. Die ordentlichen Mitglieder, welche nicht auf lange Zeit voraus bezahlen wollen, erlegen den monatlichen Beytrag den ersten Montag im Monate pränumerando ; und diejenigen, die an diesem Tage im Club erscheinen, werden ersucht, diesen Beytrag mitzubringen, und dem Clubbedienten gegen Quitung einzuhändigen.

5. Die Ehrenmitglieder hingegen bezahlen den jähr-

37 lichen Beytrag, mit auf einmal.

Ducaten, in der Sommermeſſe

6. Wer ein Jahr lang ſeinen Beytrag nicht bezahlt, verliert dadurch seine Rechte, die Geſellſchaft besuchen zu können, in so ferne, daß er das Eintritts- Geld noch einmal erlegen muß.

Sechster Abschnitt.

Die Tafel betreffend. 1. Gewöhnlich wird im Clubzimmer nicht warm gespeist. 2. Den ersten Montag im Monat wird jedesmal Mittagstafel gehalten, und dabey auch fremde zugelassen, wenn sie überhaupt als Fremde in den Club eingeführt werden können (S. den vierten Abſchnitt). 3. Da man voraussetzt, daß sich alle ordentliche Mitglieder dazu engagiret haben, so laſſen dieſe entweder einmal für allemahl, oder auf einen einzelnen Fall höchstens den Freytag vorher, absagen.

38

4. Wer nicht absagen läßt, bezahlt. 5. Die Ehrenmitglieder laffen hingegen Freytags vorher wissen, ob sie mitspeisen werden.

Siebenter Abschnitt. Verbote. 1. Hazard-Spiele dürfen im Club nicht gespielet werden, und wer gegen dieses Gesetz handelt, ist dadurch schon von der Gesellschaft ausgeschlossen. 2. Weder im Saale, noch in dem daran stoßenden Zimmer, wird Toback geraucht; auch kann nur in dem Tobackszimmer der Hut aufgesetzet werden. 3. Von den Journalen und Zeitungen, die im Club ge= halten werden, wird nichts mit nach Hause genommen.

39 4.

Außer einer bey Tafel herumgehenden ArmenBüchse werden ganz und gar keine Geld -Sammlungen von irgend einer Art im Club geſtattet.

Achter Abſchnitt. Ausschließung.

Da es doch immer möglich ist, daß jemand durch sein Betragen in oder außer der Gesellschaft es nothwendig machen könnte, ihn von derselben auszuschließen, so haben die Beamte dieses Recht, ohne verbunden zu seyn, die Ursachen ihres Entschlusses anzugeben.

2. Doch müssen sie diesen Entschluß einhellig faffen ; und wenn der Ausgeschlossene sich nicht dabey be ruhigen will, so sind die Beamten verbunden, die Sache an die ganze Gesellschaft zu bringen, und das Ballotement entscheiden zu lassen ; bis dahin darf aber der Ausgeschloffene den Club nicht beſuchen.

VII. m . November 1780 waren die neuen Gesellschaftsräume wirklich eröffnet. Der natürliche Wunsch, von dem hier alsdann sich entfaltenden Leben eine concrete Unschauung zu gewinnen , findet für die nächsten Monate noch einige Befriedigung in Leisewitz' Tagebüchern. In den oberen Räumen des Hauses

war an jenem ersten Tage ein Ball. Ob ausschließlich für die Angehörigen der Clubmitglieder und etwa zur Feier der Tagesbegebenheit , wird nicht gesagt ; jedenfalls aber nahm Leisewitz daran Theil. Zuvor jedoch war er auch im Club, wo er längere Zeit sich mit Lessing unterhielt, der diese Tage von einer Reise

41 nach Hamburg zurückgekehrt war. Dann hatte er ein kleines Abenteuer. Der Hofmarschall Aschersleben führte einen Engländer herein , der sich ennuyirte, weil er kein Deutsch verstand . Ich hatte Gelegenheit ihm einige englische Journale zu geben. A. geftel dieses ungemein, und weil ihm die Gefälligkeit außerordentlich vorkam, so fragte er mich, ob ich aus dem Hause wäre. Ich nannte ihm meinen Nahmen. Er machte einen tiefen Reverenz. "Sie sind also der berühmte Verfaffer des Trauerspiels" ..... nun konnte er sich auf den Nahmen des berühmten Trauerspiels nicht besinnen. Ich hatte meine dicke Lust daran und ließ ihn ein paarmahl den Saal auf- und niedergehen, ehe ich ihm einhalf'. — Einen Verdruß bereitete ihm sein Schwager, der Kaufmann Winkelmann , indem er den Kammerdirector einführte, entgegen der Bestimmung des Statuts , welche einheimische Nichtmitglieder vom Gaſtrecht ausschloß ; und als er ſpäter am Abend noch einmal im Club vorsprach , gerieth er mit einem ſeiner Mitaſſiſtenten über deſſen Vorschlag an einander , eine Armenbüchse aufzustellen, was schließlich , wie die Nachrichtliche Anzeige' und das Statut uns belehrten, allerdings doch durchging. Seitdem gehört der Clubbesuch mit seltener Unter-

42 brechung zu Leisewitz' täglichen Lebensgewohnheiten. Am 2. November , bei starker Frequenz , gefällt es ihm dort ungemein ; andern Tages dagegen divertirt er sich nicht sonderlich, und dieser Wechsel des Eindrucks wiederholt sich zum öftern, je nachdem er angenehme Gesellschaft antrifft oder nicht, wie letzteres z. B. am 4. Februar 1781 der Fall ist, wo er sich ‘beynahe so gut als allein' findet, indem zuletzt alles außer ihm und dem Procurator Edel an den Spieltiſchen ſitzt. Meistens sucht er seine Unterhaltung beim Schachspiel oder in der Conversation, ziemlich regelmäßig ist er auch unter der monatlichen Tischgesellschaft. So gleich am 6. November, wo er darüber anmerkt : 'Die Gesellschaft war sehr ansehnlich, über 50 Personen. Ich saß zwiſchen Schrader und Krull , ſtand aber zuweilen auf und ging an den lustigen Ende, wo Kuntsch, Eschenburg, Warnſtedt , Veltheim , Leſſing und so weiter saßen. Auch war heute der närriſche Bernstorf da' 1 ein fremder Gast ; als ordentliches Mitglied ward ein Graf v. Bernstorf erst am 2. December 1782 aufgenommen - 'der sich einige Zeit mit mir unterhielt..... Ich unterhielt mich mit verſchiedenen Leuten in dem großen Wirrwar , unter andern mit Veltheim .... Kuntſch ſetzte mich noch

43 in große Verlegenheit, indem er noch durchaus eine feyerliche Seffton halten wollte. Eschenburg und ich ſuchten es zu verhindern, weil uns die Sache an ſich lächerlich und nur noch die kleinste Anzahl von Mitgliedern da war - allein es half nichts, man ſetzte einen Tisch hin und die Herren Beamten umher ; die anderen standen. Ich laß verschiedene Dinge vor, war in der lächerlichsten Verlegenheit, ward einmal böſe, wie Kalm meinte , ich wollte aus der Sache Scherz machen , da ich doch gerne zufrieden war, wenn ſie andere Leute ernsthaft nahmen'. Zu anderen Malen findet er auch bei der Tafelrunde selbst seine Rechnung nur in mäßigem Grade. 'Wir machten eine kleine Gesellschaft an dem Nebentiſche , im Nebenzimmer : Lessing, Kuntsch, Warnstedt, Eschenburg, Zimmermann, Jerusalem, Biel, Schrader ; allein es wollte doch nicht recht ziehen', schreibt er am 8. Januar ; und am 5. März : 'Die Gesellschaft war klein und es wollte mit der Luftigkeit nicht recht fort'. Neben der Clubgeselligkeit nahmen im Hotel

d'Angleterre während des Winters auch die üblichen Bälle und Aſſembleen der Honoratiores ihren regelmäßigen fortgang. Leiſewitz ist öfters dabei und hat gelegentlich dann wohl keinen ganz leichten Stand

44 der zuthunlichen Neugier gegenüber, die irgend eine schöne Partnerin dem Clubtreiben zuwendet. Von dergleichen berichtet er am 29. November 1780 : "Ich war nur eine kurze Zeit auf der Assemblée und nachher meistens im Club. Abends da gegessen und die Töchter des Cammerdirectors in den Clubb- Saal geführt. Ich wollte nicht gerne daran ; da er mich aber darum bat . Schwerer indeß trug er an ſeinem Verdruß über die Störungen, die der ordnungsmäßige Gang des Clublebens durch den Eigenwillen Einzelner und das Widerstreben der Verhältnisse erlitt. Sehr leicht nahmen manche Mitglieder namentlich die Verfügungen über den Zulaß von Fremden. Hat er dies, wie wir hörten, schon in gewöhnlicher Zeit an seinem eigenen Schwager erleben müssen, so geht es vollends erst während der Meſſe einigermaßen drunter und drüber. Um so strenger hält er für ſeine Perſon auf die bestehenden Ordnungen : ohne zu wanken, so unangenehm es ihm iſt , versagt er am 30. Januar auf Grund jener 12. Beliebung der Nachrichtlichen Anzeige' (S. 27) einem sonst durchaus wohlanſtändigen Stadtfremden den Eintritt. Dahingegen kränkt es ihn, wenn ein andrer, der sich um die Aufnahme bewirbt, ohne ersichtlichen Grund ausballotirt wird, und ſehr

45 mißfällig bemerkt er auch das 'wunderliche Betragen' 'einfältig und niederträchtig' nennt er es ein ander Mal ―― welches einer von ſeinen Mitaſſiſtenten gegen die ordnungsmäßig eingeführten fremden annimmt. Und auch sonst bereitet dieser selbige ihm allerlei Kummer. Am 3. März z. B. hat er wieder ' dummes Zeug' gemacht, und muß ihn Leisewitz deswegen 'constituiren', wobei dann dieſem der Aerger den Appetit zum Abendessen verdirbt. Soviel etwa läßt sich an Einzelzügen aus den ersten Tagen des Clubs einer hundertjährigen Vergessenheit entreißen. Mit Leiſewitz' Tagebuch brechen sie am 22. März 1781 ab. Von da an beschränkt unsere Kunde sich mit wenigen Ausnahmen auf das Allgemeinſte .

VIII.

as älteste Mitgliederverzeichniß des Clubs reicht durch die Zeit von 1780 bis 1806 und weist von Jahr zu Jahr einen lebhaften Ab- und Zugang, im Ganzen jedoch ein starkes Ueberwiegen des letztern aus. Das erste Ballotement am 4. Decem= ber 1780 führte der Gesellschaft noch 12 Mitglieder zu ; weiterhin dann traten ein: traten aus: •

1782

39 28

11

• •

50

12





29





46

22223

1781 •

1783 1784 1785

19

traten ein: traten aus: 1786





32

17

1787





19 25

34





12

39

1788

17

1789



1790





16

15

1791





14

18



39

12 22

1792 1793





1794





29 67



18

19



29



1798

9 28

24 7

1799

24

1795

1796 1797



11

3 4 338 ;

insgesammt 553 Ersterer Summe den Stamm vom 1. November und die 12 Neulinge vom 4. December 1780, letzterer die 11 zugezählt, deren Ausſcheiden undatirt angemerkt iſt, stellt sich die Mitgliederzahl zu Anfang des Jahres 1800 auf 357 heraus. Nur vier von den bis dahin Abgegangenen wurden ' gestrichen', d . h. von der Gesellschaft aufgegeben ; alle übrigen schieden nach eigener Wahl oder durch ihren tödtlichen Hintritt aus.

48 Die namentliche Aufzählung aller ordentlichen und Ehrenmitglieder dieser zwanzig Jahr verbietet deren bedeutende Anzahl. Abgesehen von einer langen Reihe mehr oder minder bemerkenswerther fremden, würde fie nicht viel weniger als ein vollständiges Verzeichniß aller damaligen Notabilitäten in Stadt und Land darstellen. Nur einzelne also, die augenfälligsten Namen, seien hier hervorgehoben. Von den Mitgliedern des herzoglichen Hauses gehörten dem Club neben dem Durchlauchtigsten Pro-

tector noch zwei an, beide als Ehrenmitglieder : seit dem 3. December 1789 Herzog friedrich Karl Ferdinand von Bevern, Dompropft zu St. Blasien und dänischer Feldmarschall (geb. 1729, gest. 1809), der Vetter Herzog ferdinands; seit August 1789 ein Bruder des regierenden Herzogs, Herzog Friedrich (geb. 1740, gest. 1805), der, mit einer Prinzessin von Wirtemberg-Oels vermählt, 1792 seinem Schwiegervater in der Regierung des Fürstenthums Oels nachfolgte. Und wie schon unter den Inftituenten des Clubs die drei höchsten Beamten des Landes sich finden ließen, so gesellte sich diesen alsbald nach seinem Eintritt in den braunschweigischen Staatsdienst, am 3. Juni 1782, auch Graf Karl August von Harden =

49 berg bei, der nachmalige preußische Staatskanzler. Unter den Mitgliedern aus dem Militärſtande be= gegnet seit dem 2. December 1783 Generalmajor v. Riedesel , der bekannte Oberbefehlshaber unserer Truppen während des Feldzuges in Amerika. Ein nicht unerheblicher Antheil an der jährlichen Ab- und Zunahme der Mitgliederzahl fällt auf junge fremde von Stand, die im Club für die Zeit ihres Studiums am Collegium Carolinum Aufnahme fanden. Mehrere fürstliche Personen auch unter ihnen : von April 1785 bis August 1787 die Prinzen Victor Karl Friedrich und Wilh. Ludwig von Anhalt- Schaumburg, von denen ersterer (geb. 1767, geſt. 1812) als letzter Stammhalter dieſer Nebenlinie des jüngern Hauses Bernburg seinem Vater 1806 in der Regierung folgte, der andere (geb. 1771) in dem siegreichen Treffen fiel, das 1799 Erzherzog Karl den Franzosen unter Jourdan bei Stockach in Baden lieferte ; von September 1788 bis februar 1790 Prinz Ernst Konstantin von Hessen - Philippsthal (geb. 1771, geft. 1849), nachmals, 1816, regierender Fürst ; von October 1794 bis 1796 die Prinzen Auguſt und Christian ron Neuwied , deren ersterer 1802 zur Regierung kam und 1806 mediatisirt wurde. Auch des

4

50 Grafen Ludwig Heinrich zur Lippe - Biesterfeld werde hier gedacht. K. P. Hauptmann und seit 1786 mit einer Dame bürgerlicher Herkunft vermählt, die 1792 in den Reichsgrafenstand erhoben und Stammmutter der Grafen zur Lippe- falkenflucht wurde, kam er 1788 als Begleiter ſeines Neffen nach Braunschweig, des Grafen Karl Wilhelm Ferdinand zur Lippe-Alberdiffen, welcher damals ebenfalls Studiofus des Collegii Carolini war und 1809 bei Aspern ſeinen frühen Tod finden sollte. Dieſen jungen Herrn nennt die Clubmatrikel nicht ; sein Oheim wird darin vom September 1788 bis Juni 1790 geführt. Einigermaßen auffällig ist die schwache Bethei= ligung am Club von Seiten der sehr zahlreichen Ungehörigen des niedern deutſchen Adels , welche das Collegium Carolinum damals nach Braunschweig zog. DieHannoveraner Ernst Graf von Bernstorf, 1782 Dec. bis 1784 Mai, Friedrich Graf v. Oeynhausen, 1785 Oct. bis 1787 April, der Hildesheimer Friedrich Wilhelm Graf v. Westphalen , seit October 1796, Carl Joseph v. Spiegel aus Borlinghausen bei Paderborn, ſeitNov. 1795, und Graf Karl v. Coudenein

hɔven aus Mainz, 1790 Dec. bis 1792 März

Sohn des Erboberjägermeisters der lüttichſchen Lande

51 und jener Gräfin Sophie, die als kluge und uneigennützige Beratherin des Vetters ihrer Mutter, Kurfürst Friedrich Karls, als Vertraute des Freiherrn v. Stein und als Gönnerin Johanns v. Müller in ehrenvollem Andenken steht ― mehr als diese fünf find es nicht, die den studirenden Adel während des bewußten Zeitraums in der Clubgeſellſchaft vertraten. Auffällig wenig zumal im Vergleich mit der be-

deutenden Anzahl von Ausländern, die das Collegium Carolinum ihr zuführte. Wir finden darunter einen Ruſſen, den Lieutenant Nicolaus v. Zienowieff , 1783 Febr. bis 1784 October ; ' einen Esthländer, den Offizier Peter August v. Koskul , 1781 Juni bis 1782 Apr.; zwei Liefländer, den Baron v. Löwenwolde , 1795 November bis 1797, und Guſtav Reinhard Baron v. Stackelberg feit December 1797 ; zwei Kurländer, Hermann Friedrich v. Behr , 1789 November bis 1791 Mai, und Carl Georg v. Rahden ſeit Sept. 1797 ; einen Schweden, August Baron v. Arnfeld , ebenfalls Offizier, 1785 Nov. bis 1786 Oct.; zwei Franzosen, den Grafen Hippolyte de Chateaugiron , 1789 Nov. bis 1791 Juli, und Cesar de Constant de Rebecque , Offizier der Holländischen Garden, 1796 Jan. bis Apr.; einige dreißig Engländer endlich,

4*

52 etwa zur Hälfte Offiziere, darunter mehre klangvolle Namen : einen Drummond , William Henry, 1783 November bis 1785 Mai, einen Clive , Edward Bolton, 1784 Oct. bis 1785 Nov., einen Campbell, Henry Frederik, seit Mai 1799 ; unter den anderen zwei Mitglieder der Pairie : Lord Christoph Down, 1782 Juli bis 1784 Apr., und Lord George Aug. Chichester, 1787 Oct. bis 1790 Apr. Engländer -die Matrikel nennt ihrer insgesammt 89 — stellten in dieſen Jahren überhaupt die Mehr-

zahl der landfremden Mitglieder des Clubs, auch derer die nicht als Studirende nach Braunschweig kamen . In ihrer Reihe fallen besonders noch ins Auge ein Lord fitzgerald , 1783 December bis 1784 Mai, ein Graf Plymouth , von August bis Ende des Jahres 1796 , und ein Macaulay , 1794 Juli bis 1795 — mit Ausnahme Januar. An namhaften Franzosen des Barons Constant , jenes berühmten Benjamin Henri , der von 1788 bis 1795 in herzoglichen Hofdiensten stand und dem Club seit April 1788 ange = hörte, sowie des Holländischen Generalmajors, Barons de Constant Villars , Mitgliedes seit dem 4. februar 1796, sind es solche die von den Stürmen der großen Revolution in diese stille Bucht verschlagen

53 wurden - der General de Chamborant, der Commandant von Valenciennes, Baron de Pujol, und der Marquis de la Maisonfort , von denen die ersten beiden 1795 am 5. februar und 2. April aufgenommen wurden, der dritte am 6. April 1797. Am 9. Mai 1799 trat auch der kaiserlich Russische Geh. Rath Ulopeus ein : ob der ältere des Namens, Baron Maximilian, welcher bis 1795 bevollmächtigter Minister am Berliner Hofe geweſen und derzeit Gesandter beim Reichstage in Regensburg war , oder sein jüngerer Bruder Daniel , der nachmals in den Grafenstand erhoben und 1809 Gesandter am Schwe= dischen Hofe wurde, läßt sich vorläufig nicht feststellen.

IX. ie meisten dieser ausländischen Mitglieder ließen zunächst sich als Gäste in den Club einführen und begegnen demnach auch in dem 'Gedenkbuche', welches von Anbeginn über den fremdenbesuch geführt wurde. Es reicht ebenfalls bis zum Jahre 1799 und giebt in noch höherm Maße als die Matrikel eine Vorstellung von der mannichfaltigen Landes- und Standesart, mit welcher der einheimische Stamm der Gesellschaft fort und fort in Be= rührung kam . Am meisten allerdings ward seine Gastlichkeit, wie natürlich , von Ankömmlingen aus der nähern und fernern umgegend, dem Herzogthum selbst, den Hannoverschen und anderen deutschen Nachbargebieten in Anspruch genommen; im Widerspruch mit den Club-

55 geſetzen ließ man gelegentlich wohl gar gute Bekannte aus der Stadt ſelbſt, aus Wolfenbüttel und ſonſt nächſter Nähe als Fremde zu. Mehr oder weniger jedoch finden wir im Laufe dieser zwanzig Jahr auch alle anderen Länder nicht nur Deutſchlands ſondern Europa's überhaupt, vereinzelt fogar Amerika und Afrika hier vertreten. Allein je zahlreicher dieser verschiedenartige Zuspruch war, desto nothwendiger wiederum die Beschränkung auf einige wenige der namhaftesten Beiſpiele. Gleich in seinem ersten Jahre sah der Club in seiner Mitte mehrere Notabilitäten der damaligen Literatur. Im Februar 1781 Johann Georg Jacobi, der damals und bis er 1784 feine Profeffur in Freiburg antrat, als Kanonikus zu St. Bonifacii und Mauritii in Halberstadt lebte; im März Heinrich Chriſtian Boie, den Mitstifter und Kritiker des Hainbundes, damals schon dänischen Landvoigt zu Meldorf; im März den Münzdirector Leffing aus Breslau , der in dieſen Tagen zur Regulirung der Nachlaſſenſchaft ſeines großen Bruders , dem er nachmals das erste biographische Denkmal ſetzte, nach Braunschweig gekommen war ; im Auguſt den alten Gleim aus Halberstadt ; im September den bekanntenPopularphilosophen Christian

56

Garve aus Breslau. 1787 30gen des Weges und sprachen im Club ein die Historiker Prof. Christoph Meiners und Ludw. Timoth. v. Spittler aus Göttingen, der Hamburger Publicist Joh. Georg Busch und der Berliner Bibliothekar Joh. Erich Biester, einflußreich durch die von ihm herausgegebene 'Berliner Monatsschrift' ; 1789 Dr. G. Gatterer , ein Sohn des berühmten Joh. Christoph : als Assessor Instituti Historici Regii Goettingensis, der von seinem Vater gegründeten historischen Lehranstalt, trug er sich ins fremdenbuch ein; 1794 Dr. Joh. Samuel Ersch aus Jena, Begründer der neuern deutschen Bibliographie, in weiteren Kreisen bekannt durch die von ihm in Verbindung mit Gruber 1818 begonnene 'Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste', damals nach Hamburg unterwegs, wo er bis 1800 die Neue Hamburger' Zeitung redigirte ; 1795, auf der Heimkehr aus seinem Amsterdamer Hauslehrereril, der Kritiker, Sprachforscher und Dichter U. W. v. Schlegel ; 1797 der Theologe Dr. Jul. Aug. Ludw. Wegscheider, deffen künftige Bedeutung als Protagonisten des Rationalismus derzeit freilich wohl noch Niemand ahnte. Sehr häufig gehen im Club fremde Offiziere aus und ein : neben deutschen aus anderer Herren Ländern

57

besonders viel englische und niederländische, vereinzelt auch Russen, Polen und Franzosen, einer im Dienst der jungen Vereinigten Staaten von Nordamerika. Außer den nahen Beziehungen des Hauses Braunschweig zu den Welfen in England und den Oraniern Beziehungen der Verwandtschaft und in Holland der Waffenbrüderschaft ---· zog manchen dieser Gäste wohl auch der militäriſche Ruhm Herzog Ferdinands und seines regierenden Neffen nach Braunschweig. Anderen Umständen verdankt es der Club , daß ſein Fremdenbuch einige Soldatennamen aufweist, die historisch bedeutsamer find als alle übrigen. Um 25. Jan. 1793, auf dem Rückmarſch aus dem Feldzuge in der Champagne , raftete hier ' Obrist v . Blücher ', der Marschall Vorwärts', mit ihm die Lieutenants spätere ' v. Kazler, derschneidige Reiterführer in den Freiheitskriegen, v. Kamecke, v. Wolky und v. d. Schulenburg, auch die Cornets v. Blücher , des Obersten Sohn, und Graf v. d. Goltz , welcher nachmals als Blüchers Adjutant in Gemeinſchaft mit dem Kriegsrath Ribbentrop die von seinem Chef in jenem unerfreulichen Feldzuge geführten Tagebücher herausgab. Andere Fremde ziehen den Blick durch ihre vornehmen Namen auf sich. So unter den alljährlich in

58 ziemlicher Anzahl hier einsprechenden Engländern die Lords Morton 1781, Carmarthen, Bruce und King 1795 , Runsdale 1798 , Holland 1799 ; letzterer der demnächſtige Staatsmann, welcher derzeit noch auf der üblichen Bildungstour durch Europa begriffen war, Lord Bruce wohl ein Sohn des 1794 verstorbenen Afrikareisenden. Waren es noch Umstände der gewöhnlichen Art, die aus Frankreich 1785 einen Chevalier de St. Ours , 1788 einen Marquis de Mariscotti , 1789 einen Mr. J. Moët, conseiller du Roy, d'Epernay en Champagne, hieher führten, so darf man wohl den Comte O' Mahony und Mr. Toscani , ancien officier d'artillerie de Paris, ſchon für den Vortrab des Emigrantenschwarms nehmen, der seit 1795 über Braunschweig hereinbrach und mit den Ducs de Montmorency und de Guiche sowie einer langen Reihe von Comtes, Vicomtes, Marquis, Chevaliers und Abbés sich auch im Club spüren ließ. Die Aristokratie des übrigen Welttheaters jener Zeit repräsentirten hier 1781 Graf Kolowrat , 1783 fürst Dolgoruci aus Berlin , 1786 Conte Zenobio aus Venedig , 1789 Philippo Conte Colonna aus Breslau, 1790 ein Spanischer Edelmann, der Chevalier d'Orozeo, 1793 der Däne Graf Danneskiold =

59 Samsöe , 1799 Mr. Morris , der Gouverneur von New York. Zwischendurch dann in bunter Reihe eine Anzahl andrer Celebritäten höherer und niederer Ordnung : die Profeſſoren v. Schwartz aus Moskau und Paul

1 Csaszári aus Csurgó 1782, ein Mr. de Schröet , peintre de l'academie Royale d'Hongrie und Joh. Alb. Dietrichs, deutscher Schauspieldirector, 1786 dieſer das Haupt der vereinigten 'Deutſchen Schauspieler- Gesellschaft', die ihre Bühne hier am 27. Juli d. J. von neuem eröffnete ―- Joseph Janko , Contrabassist aus Wallerſtein 1790, - er ließ sich am 24. April und 1. Mai in den Concerten der hiesigen "Liebhaber-Gesellschaft' hören,

Friedrich Mädel,

Sänger und Schauſpieler aus Erfurt 1795, der Spanische Bergdirector Hoppensack 1796. Auch Nicolas François Blanchard ſprach im Club ein, während er in der Sommermeſſe von 1788 dem Braunschweiger Publicum das Schauſpiel einer Luftfahrt gab und mit seinen Künsten hier wie anderwärts in allen Kreisen enthuſiaſtiſchen Beifall erntete. Von den sachlichen und persönlichen Erfolgen dieser Vorstellung hat er selber dem Herausgeber des Courier du Bas-Rhin Bericht erstattet, in einem Schreiben vom 12. August, welches

60

im 36. Stücke des Braunschw. Magazins' von 1788 nachgedruckt wurde und den Profeffor Leiste in Wolfenbüttel veranlasste, einige der ruhmredigsten Behaup= tungen des Franzosen auf das Maß wissenschaftlicher Besonnenheit zurückzuführen. ,,Mare transivit Blanchard": mit dieser tönenden Devise hat er sich auch im Gedenkbuche des Clubs verewigt. An drei Stellen wird die geschäftsmäßige Eintönigkeit dieser Namenreihen durch unhöfliche Zwischenreden guten oder übeln Humors unterbrochen. Einem Charles fane, der sich 1798 als officer of English ſervice einführte,hängte eine andere Hand das Zöpfchen an: ,,A cockney from the city of London". Und als im Jahre drauf ein John T. Jolliffe seinen Namen mit dem Prädicat English zierte, ertheilte ein zweiter Kritiker ihm palam folgende Censur : ,,A Frenchman. The man who wrote this, is a damned fool and a blockhead". Noch übler endlich ist der einzigen Dame mitgespielt, die 1793 , allerdings etwas auffälliger Maßen, dieser masculinen Gesellschaft ihren Anblick gegönnt hat, der Comtesse de Mérode, née Princesse de Grimberghe. ,,Quelle jolie saloppe, la princesse Dongnyes de Grimberghe" ! so hat ein Bewunderer ihre Inscription freimüthig glossirt.

61 Zwei Einträge weist das Gedenkbuch auf, deren jeder einzig in seiner Art dasteht. Der erste ein Arabischer mit der hinzugefügten Uebersetzung : „ Reis Ibrahim Argelino, Capitaine d'une Chebeque au Service du Bey d'Alger, et Muhammed Bel Aly, remercient toute la Societé du Club de la Complaisance à les admettre à sa Compagnie. à Brunsvic ce 10. Mars 1789". Die andere, vom Jahre 1790, lautet folgendermaßen : 'Dux de Cavallo, Miirsa Tartarus, Medico-Philosophus, Poëta P. P. L. L. &c. Civis Cellensis Luneburgicus, Patricius Pomeranus Suecicus, Constantinopolitanus &c. &c. &c. Brunopolis die 16. Jan. 1790, Regnante Augustissimo Duce Carolo-Gulielmo-Ferdinando, Sultano meo gratiosissimo . Ecclamatio venerabunde (!) exultationis.

Aria. Carlo ! Io ben comprendo, Che Duca sei e Chano, De' Fatti tuoj il Piano Fâ gran stupore a me. Scipione l'Affricano, Il grande Tamerlano, Cesare nella Farsalia, Il Grand Luigi in Gallia Pari a te non ê."

62 ቁ Alles in einer pomphaft verschnörkelten Handschrift, darunter ein großes Siegel, das ein bekröntes und von Roßschweifstandarten umgebenes Wappenschild mit dem strahlenden Gottesauge und der Mondsichel in der Mitte, einem Pferde oben, einem aufgeſchlagenen Buche unten und die concentrischen Umschriften zeigt: DVX MURfa. Dominus de Monte Cavallo, Medicus, Phil. Poëta &c. Regner c'eft Philofopher. Philofopher c'eft Regner. Ueber jene Algierschen Würdenträger ist sonst keine Nachricht auf uns gekommen. Mirsa Cavallo hingegen hat eine förmliche Literatur hervorgerufen. Er war ein närrischer Abenteurer dunkler Herkunft, der verbreitetsten Annahme nach vordem Mönch eines armenischen Kloſters und dieſem mit seinem Schatze durchgegangen. Propheta et augur : auch diese Titel hatte er zu allen übrigen sich noch zugelegt. Auf seiner unftäten Wanderung kam er zu Anfang des Jahres 1790 von Celle nach Braunschweig, nahm seine Wohnung in einer Herberge untergeordneten Ranges, zu den 'Drei Lilien' auf der Friesenstraße, trat übrigens jedoch als großer Herr auf, ſuchte und fand Zutritt in einigen Zirkeln der guten Geſellſchaft, sang den Herzog und sein Haus in allerlei Zungen, stets aber

65 . mit gleich elenden Verſen an und vollführte zu vielen anderen Collheiten auch ein Augurium, aus dem Karl Wilhelm Ferdinand als künftiger König von Polen hervorging. Als der Augur aber im folgenden Jahre nach Celle zurückkehrte, wo er 1805 starb, hinterließ er hier, unter anderm in Gestalt eines schmutzigen Proceſſes, einen Ruhm , deſſen Derjenige keinesfalls sich versehen hatte, welcher ihn in den Club eingeführt.

X.

is 1806 ist in der Matrikel von Jahr zu Jahr auch die wechselnde Beamtenschaft des Clubs eingetragen . In das Präsidium wurde 1781 nochmals Kammerherr v. Kuntzsch gewählt. Diesem folgten dann 1782 Generalmajor v. Rhet, 1783-91 Geh. Kammerrath v. Bötticher , 1792-94 Bürgermeister Pape, 1795-1800 Legationsrath Henneberg, 1801-1806 Geh. Kammerrath v. Gebhardi. Von den Assistenten des Jahres 1780

wurde Kammerherr Graf Marschall 1781 durch den Oberhofmeister v. Preen abgelöst. Auch dieſer aber und ſein unmittelbarer Nachfolger, Geh. Kammerrath

J

65 v. Bötticher, behaupteten sich jeder nur ein Jahr an dieser Stelle , die dann 1783–85 Vice-Oberstallmeiſter v. Thielan, 1786-91 Kammerherr v . Thunderfeld, 1792 und 93 Kammerherr B. v. Conſtant , 1794 ein zweiter Herr v. Thielau , 1795-98 Kammerjunker v. Cramm, 1799-1804 Kammerherr und Kammerrath v. Deltheim , 1805 und 6 wieder der nunmehr wirkliche Oberstallmeister v . Chielau einnahm. An Stelle des Generalmajors v. Rhetz trat im dritten Jahre und bis 1787 Major v. Knieſtedt , dann 1788 Major Gerlach , 1789--93 Major Mau villon , 1794 Major Knoche , 1795 Oberstlieutenant v. Pöllnitz , 1796-98 Oberstlieutenant v. Doigts, 1799 und 1800 Hauptmann Duroi , 1801 Major v. Cramm, der aber schon nach vier Wochen, im December d. J., refignirte und für die Zeit von da bis 1806 den Rittmeiſter Schönwaldt zum Nachfolger erhielt. Professor Eschenburg blieb von 1780 elf Jahr lang, bis 1791, im Umte. Seine drei Nachfolger waren 1792-94 Profeffor Neuron , 1795-1802 Hofrath Duroi, 1803-1806 Geh. Kammerſecretär Bokel in an n. Kaufmann Kalm ging zu Ende des Jahres 1782 5

66 ab, und nach drei Jahren, 1783—85, auch sein Nachfolger, Kaufmann Thies. Dann aber, mit Ausnahme der Jahre 1801 und 2, in denen die Stelle des Affistenten aus dem Kaufmannsstande, wie es den Anschein hat , unbesetzt blieb , versah dieselbe bis 1806 der Kaufmann Eggeling. Der Secretär war ſtatutenmäßig einer jährlichen Neuwahl nicht unterworfen (Abschn. II §. 2 des St.) : nur auf seinen eigenen Antrag also kann es geschehen sein, daß Leisewitz seines Amtes zu Ende des Jahres 1788 entbunden wurde. Gleich lange etwa wie er, von November 1788 bis März 1797, fungirte darin Advocat Niemeyer ; drei andere Nachfolger hingegen lösten alsdann während der nächsten neun Jahre einander ab : Kammersecretär Hugo , 1797 bis 1800, Klosterraths-Secretär v. Kalm, 1801 und 2, Kammerraths-Secretär Hofmeister , 1803-1806.-

Den Horizont geistiger Interessen, denen der Club in jenen Tagen Befriedigung schaffte, enthüllt seine damals entstandene , neuerdings der Stadtbibliothek überwiesene Sammlung periodischer Literatur. Außer den tonangebenden kritischen und politischen Zeitschriften enthält sie einige, die längst verschollen und anderswo schwerlich aufbewahrt, immerhin jedoch für

67 die Erkenntniß gewisser localer Richtungen und Verhältnisse nicht ohne Werth sind. Nachstehend die Titel des ganzen Bestandes nach der Reihenfolge der Unfangsjahre. Magazin des Buch- und Kunsthandels, Leipzig 1780-1782. Mercure de France, Paris 1781-1800. Hannoversche Anzeigen und H. Magazin 1781—1806 . Politiſches Journal, Hamburg 1781–1828 . Gelehrte Beyträge zu den Braunschweigiſchen Anzeigen 1761 bis 1787 und seine Fortsetzung unter dem Titel 'Br. Magazin'. Gothaische gelehrte Zeitungen 1781–1802. Büschings Wöchentliche Nachrichten von neuen Landcharten, Hamburg 1781-1787. Der Teutsche Merkur, Weimar 1782-1810. Staatsanzeiger, Göttingen 1782 bis93. Journal de lecture, (Gotha et Paris) 1783. Hiſtorisches Portefeuille, Wien, Breslau, Leipzig, Berlin 1784 bis 88. Cahiers de lecture, (s. 1.) 1784–89. Journal von und für Deutſchland, Fulda 1785 bis 92. Journal der moden, Weimar 1786 und 87 sammt deffen fortsetzungen : J. des Lurus und der Moden 1787 bis 1812 und J. für Literatur, Kunſt und Mode 1814—26. Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande, Hannover 1787–92. Braunschweigiſches Journal 1789 bis 1791, von da ab fortgesetzt als 'Schleswigiſches 5*

68 Journal', Altona 1792 und 93. Biesters Berlinische Monatsschrift 1789-96 (Berl. Blätter 1797 u. 98, Neue Berl. Monatsschrift 1799 u. 1800). The British Mercury , Hamburgh 1790 u. 91. Neue Literatur: und Völkerkunde, Leipzig 1790. Neues Göttingisches histo= risches Magazin, Hannover 1792-94. Wiener Zeit-

schrift 1792. Minerva, Berlin 1792-1844. Politische Annalen, Berlin 1793 u. 94. Der Reichsanzeiger 1793 bis 1806. Historisch politisches Magazin, Hamburg 1793 bis 1795. Der Genius der Zeit, Altona 1794-1800 (B. des neunzehnten Jahrhunderts 1801 u. 1802). Le Mercure universel 1795-98. Berlinisches Archiv der Zeit und ihres Geschmacks 1795-1800. L'abeille ou le Journal Littéraire et Politique de Brunsvic 1795. Europäische Annalen, Tübingen 1796-1806. Staatsarchiv, Helmstedt u. Leipzig 1796-1806. Allgemeiner litterarischer Anzeiger 1798-1801 . London und Paris, Weimar 1798-1803 , Halle 1803-1808. Historisches Journal, Berlin 1799 u. 1800. Sechsundzwanzig Jahr lang hat der Club , wie er nach Zweck und Verfassung von seinen Stiftern bestellt war, keinerlei Abwandlung erfahren. Ein im zehnten Jahre seines Bestehens, 1790, veranstalteter Neudruck der Clubgesetze unterscheidet sich von dem

69 Drucke des Jahres 1781 nur durch ein als Neunter Abschnitt angehängtes 'Verzeichniß sämtlicher Ordentlicher und Ehren-Mitglieder'. Einige neue Züge aber zu dem Bilde , das von dem damaligen Leben des Clubs aus den voraufgegangenen Mittheilungen zu gewinnen war, liefern zwei andere, gleichfalls noch durch den Druck auf uns gebrachte Denkmäler. Als am 3. December 1787 Herzog Ferdinand nach längerm Krankenlager zum ersten Mal wieder im Club erschien, feierte man dieses Ereigniß durch ein Festmahl, bei dem ein auf hellblaues Atlasband ge= drucktes Poem zur Vertheilung gelangte. Und als in gleicher Weise am 1. Auguſt 1791 der zweiunddreißigſte Jahrestag feines Sieges bei Minden begangen ward, tummelte wiederum einer von den Dichtern des Clubs seinen Pegasus , diesmal auf zwei Blättern Druckpapier , deren erhaltene Exemplare mit Goldschnitt in rosafarbenen Pappdeckeln vorliegen. Den höchsten Schwung des deutschen Genius ihrer Zeit erreicht keins dieser Gedichte, beide sind Dithyramben von jener wohltemperirten Ueberschwänglichkeit, die einer damals bereits verflossenen Epoche angehört und unsern Pulsschlag vollends nicht mehr zu beschleunigen vermag. Daß aber die so sich ergießende

70 Empfindung gleichwohl doch, und auch da wo ihre hohen Worte uns den Eindruck einer erkünftelten Glut machen, von echter Wärme war, dafür bürgt eben das lichte Cha= rakterbild des Gefeierten, wie es in der unbestochenen Geschichtschreibung fortlebt. Und einen Platz auf diesen Gedenkblättern verdienen beide Gedichte schon als Proben von der Väter Art'.

(XI. )

UNSERM GNÄDIGSTEN PROTECTOR DES HERZOGS FERDINAND ZU BRAUNSCHW . LÜNEB. HOCHF. DURCHLAUCHT

VON DEM GROSSEN CLUB

IM

HOTEL

D'ANGLETERRE.

D. III. DEC. MDCCLXXXVII.

72

An DICH, an Deinen milden Blick, ERHABNER FÜRST, gewöhnt,

Wie herzlich hat nach DIR zurück Sich Lieb' und Wunſch gefehnt ! Nach Deinem Blick, der rings umher

Gefelligkeit ergiefst ! Drum fey zu Deiner Wiederkehr Mit frohem Dank gegrüſst !

DICH leitet der GENESUNG Hand

-J In unfern Kreis zurück;

Und nun fey lange, FERDINAND, Sein Schutz, fein Stolz, fein Glück! O! labte jedes Mahl, durch DICH Zum Göttermahl geweiht, Mit neuer Lebensftärke DICH, Wie uns mit Heiterkeit !

73

BEI DER IHRE M DURCHLAUCHTIGSTEN

PROTECTOR VON DEN MITGLIEDERN DES CLUB'S GEWIDMETEN

GEDÄCHTNISSFEIER DES VOR ZWEI UND DREISSIG JAHREN ERFOCHTENEN GLORREICHEN SIEGES BEI MINDEN.

BRAUNSCHWEIG, DEN 1. AUGUST, 1791 .

Noch nicht verhallt, tönt der Gefang Des Sieges heut aufs neu, Wie er auf Minden's Wahlftatt klang, Erhaben, muthig, frei!

Noch freier, hehrer, muthiger Ström er die Lipp' hinab! Denn zahlreich ift der Segen Heer, Die jener Sieg uns gab.

Der Sieger lebe ! Scholl es dort; Er lebt! fo fchallt es nun; Lebt lange, fährt noch immer fort Zu fegnen, wohlzuthun !

75 Wie manche grofse, fchöne That Von gleichem Sternenglanz, Flocht, feit Er Minden's Feld betrat, Sich noch in Seinen Kranz !

Und doch erlosch vor all dem Licht, Das Seine Schläf ' umkränzt, Die köftlichfte der Perlen nicht, Die mehr, als Lorbeern, glänzt.

Ihr Nam' ift Menschlichkeit ! Der Held, Dem fie den Lorbeer fchmückt, Siegt fort, wenn längst fein Siegesfeld Saat, ftatt der Waffen, drückt. Mild, wie die Saat, beglückt, erfreut Sein Eifer, wohlzuthun ; Im Schoofs erkämpfter Sicherheit Darf fo der Sieger ruhn.

Willkommner, als Triumphgefang, Der dort Ihn einſt umſcholl, Ift Ihm beglückter Bürger Dank, Gerührter Herzen Zoll,

76 Auch uns hat Dank und Rührung hier Zum Feiermahl vereint; Neu huld'gen Deinem Schutze wir, Erhabner Menfchenfreund !

Und rühmen's laut, dafs Dir, durch Muth Und Sieg bewährter Held ! Des Friedens Glück, der Eintracht Gut, Und unser Kreis gefällt.

O! Freunde, füllt die Becher hoch Mit Moft, am Rhein geprefst : "" Nach achtzehn Jahren feir' ER noch ,, Des Sieges Jubelfeft!"

XII. er Wunsch dieser letzten Zeilen sollte nicht in Erfüllung gehen. Nur nochsiebenMonat, und HerzogFerdinand war (am 2.Juli 1792) aus diesem Leben geschieden. Jhn als Protector des Clubs zu ersetzen, hätte naturgemäß nur einer von den anderen beiden Angehörigen des herzoglichen Hanses, die der Club zu seinen Mitgliedern zählte, berufen ſein können ; beide aber waren sie thatsächlich in Braunschweig so gut wie fremd, indem der Herzog von Bevern faſt ausschließlich zu Glücksburg, Herzog Friedrich August ſeit Ende des Jahres 1792 in seinem Fürstenthum Oels residirte. So blieb denn. Ferdinands Ehrenfitz, jener schwarze, reich vergoldete Seffel, der unter allem Wechsel des Clubinventars bis

78 auf diesen Tag sich erhalten hat , durch zwei Jahrzehnte erledigt. Noch vierzehn Jahr indeffen nahm der Club, wenn vielleicht auch in seiner äußern Erscheinung weniger glänzend, so doch im ganzen noch ohne Abnahme seinen gedeihlichen fortgang. Dann griff verwirrend und zersetzend in sein Getriebe die Katastrophe ein, die keins von den überkommenen Instituten der Stadt und des Landes unberührt ließ. Nichts geringeres als eben diese Katastrophe hat auch bewirkt, daß mit dem Jahre 1806 Matrikel und Fremdenbuch des Clubs abbrechen ; wie fie nachmals nie wieder in Gebrauch genommen sind, bezeichnen die leeren Blätter darin den Riß, welcher zwischen den ersten fünf Eustren des Clubs und seiner Herstellung zu der alten Weise sich ausdehnt. Man wird nicht sagen wollen : dieser Riß hätte vermieden werden können. Denn von dem persönlichen Wohlwollen der feindlichen Fremdlinge, die sieben Jahr lang als Gebieter im Lande schalteten, hing in der Chat doch zuviel ab, als daß Die an welche täglich die Pflicht herantrat, sie zu möglichster Schonung zu stimmen, ihre Aufgabe nicht durch gesellige Liebenswürdigkeiten sich hätten erleichtern dürfen und müssen. So konnte denn eine Invasion auch dem Club nicht erspart bleiben :

79

die Spitzen der Franzöſiſchen und demnächst der Westphälischen Civil- und Militärbehörden sammt ihrem untergeordneten Anhange von Offizieren und Admi= niſtrativbeamten ſah man in feinen Räumen während der ganzen Dauer der Occupation sich als die Herren vom Hause gebehrden - mit Geschmack und Grazie die einen, mit dem ganzen anmaßlichen Applomb des Eroberers die anderen. Die Wirkung aber konnte immer nur eine höchst störende ſein. Gab es wohl auch unter dem alteinheimischen Bestande dieser Gesellschaft eine starke Fraction, welcher kosmopolitiſche Neigungen, der Reiz des Neuen und fremdartigen, vielleicht selbst noch weniger achtbare Motive dieſen veränderten Stand der Dinge erträglich oder gar anziehend machten, so war er den Uebrigen doch nur um so widerwärtiger und peinvoller. Und wenn wohlerwogene Rücksichten nur den Wenigsten erlaubten, sich allzu angenfällig zurückzuziehen oder gar völlig auszuscheiden - durch das feindselige Mißtrauen der Fremden , welches allerwärts Worte und Mienen wog, war auch hier dem Verkehre ein Zwang auferlegt, der jede Behaglichkeit ausschloß. Nur inſolcher Allgemeinheit hat die mündliche Ueberlieferung das Andenken an diese Episode erhalten ;

80 Einzelheiten derselben sind nicht überliefert. Auch nicht die Namen der Eindringlinge, da eine Matrikel und ein fremdenbuch während jener Jahre entweder überhaupt nicht geführt wurden, oder aber - was allerdings wahrscheinlicher ist — falls sich dergleichen nicht irgendwo etwa noch in Privatbesitz findet, inzwischen verloren gegangen sind.

Die Schlacht bei Leipzig machte dieser unerfreulichen Epoche nach mehrmonatlichem Schwanken zwischen Hoffnung und furcht für immer ein Ende. Als am 1. November 1813, wenige Tage bevor Major Olfermann mit den Vollmachten Herzog Friedrich Wilhelms in Braunschweig erschien, der Club abermals sein jährliches Stiftungsfest beging , hatte das Blatt sich ge= wandt und waren Diejenigen wieder am Wort, welche aus freudigem Herzen in das hier nachfolgende, von dem damaligen Mairie-Secretär, nachmaligen Hofrath C. Geitel gedichtete Festlied einstimmen konnten. *) *) Ein Originaldruck desselben liegt nicht vor; doch findet es sich in einem Sedez - Heftchen ('Erste Sammlung') Geitel'scher Gedichte wiederholt, das unter dem Titel: 'Deutsche Gedichte in Stereotypen gegossen von C. F. W. Reichard' 1818 in Braunschweig erschien und als erste Probe der neuen Technik den Herzögen Carl und Wilhelm gewidmet war.

81

Am Stiftungstage des Großen zu

Club ş

Braunschweig

am 1. November 1813.

Mel.: Gaudeamus etc. Wie der Strom, der Felsen wälzt, Wie das Lied der Sieger, Schalle, kühner festgesang ! Preise beim Trompetenklang Deutschlands brave Krieger ! Zu des Rheins Gestade wehn, fliegen unsre Fahnen, Und mit Ziethens Eiſenarm Jagen sie den Frankenschwarm, Würdig ihrer Ahnen. Wie die Todesengel rings Ihre Beute raffen ! Der Erlösungstag erscheint, Und der Deutschen alter Feind fällt durch eig❜ne Waffen.

2 82 ቁ Sein verlass'ner Feuerschlund Brüllt in seine Glieder; Auf den Schützen fliegt der Pfeil, Durch den eignen Donnerkeil Stürzt der Adler nieder. Held von Roßbach, sieh herab ! Frankreich ist geschlagen! Abgestreift das fremde Joch; Friedrich Wilhelm siehst du noch Deinen Loorbeer tragen.

Unser Schutzgeist Ferdinand Schwebt vom Himmel nieder. Alte deutsche Capferkeit Bringt die alte, gold'ne Zeit, Seine Zeit uns wieder.

XIII. leich in den allerersten Tagen dieses Umschwungs schritt man zu einer neuen Redaction der Clubgesetze, die dann auch 1813 noch als 'Statuten des großen Clubs zu Braunschweig. Dritte revidirte Auflage.', bei Friedrich Vieweg gedruckt wurde. Sie enthält, wennschon in etwas anderer Reihenfolge, die gleichen acht Abſchnitte wie die Clubgesetze von 1780 und 1791, zählt aber, abweichend von dieſen, die Einzelſatzungen fortlaufend als 'Artikel I-XLIV' . Gänzlich in Wegfall gekommen ist nur eine der ursprünglichen Bestimmungen (VII § 4 : f. S. 39) ; nahezu alle aber sind neu formulirt 6*

1

84 einzelne auch sachlich mehr oder weniger abgewandelt, wirkliche Neuerungen indeffen nur einige wenige hinzugekommen, darunter — mit einer Ausnahme vielleicht (Art. XXVII : S. 88) - keine von gerade erheblicher Bedeutung.

So gleich Art. I : 'Der Zweck dieser Gesellschaft ist angenehme und nützliche Unterhaltung, wissenschaftliche Belehrung und geselliges Vergnügen', was 1781 nicht so ausdrücklich gesagt, stillschweigend jedoch ohne Zweifel auch damals schon anerkannte Meinung war. Neu ferner Art. III : 'Die Zimmer der Gesellschaft sind jeden Tag von 9 Uhr morgens bis 1 Uhr und Nachmittags 4 Uhr bis Abends 10 Uhr geöffnet neu freilich auch dies nur in den gedruckten Gesetzen : auf eine gewisse Dauer, die Stunden von 1 Uhr Mittags bis Mitternacht, war die tägliche Clubgeselligkeit schon durch § 11 der Nachrichtl. Unzeige ' von 1780 gesetzt (S. 27). Die in Abschnitt I § 1 der Gesetze von 1781 ausgesprochene Unbeschränktheit der Mitgliederzahl er= läutert Art. II der Statute dahin, daß 'Jeder welcher sich zur Reception meldet und an und für sich selbst zu dieser Gesellschaft geeignet ist, .... darin aufgenommen werden kann'. Die Zusammensetzung des Vor

85 standes, wie sie Abschn. I § 1 der Gesetze angeordnet war, bleibt diefelbe, doch wird der bislang ſtändig geweſene Secretär (I § 3) nunmehr ebenfalls einer jährlichen Neuwahl unterſtellt, und für die Stimmabgabe bei allen Vorstandswahlen die Anwendung gedruckter formulare vorgeschrieben (Art. IV : vgl. I § 2 der Gesetze). Als die vier , je in einem der Aſſiſtenten vertretenen 'Stände' bezeichnet Art. V jetzt den Adel , das Militär, den Civilstand und die Kaufmannschaft (vgl. I § 4 der Gesetze) ; als function der Beamten detaillirter als Abschn. I §§ Art. VI und 6 der ― Gesetze die Adminiſtration des Vermögens der Geſellſchaft, die Einziehung und Berechnung der Receptionsgelder und Jahresbeiträge, die Annahme und Entlaffung der Domeſtiken, die Abſchließung der Contracte, die Anschaffung des erforderlichen Mobiliars und der Lectüre, alles dasjenige ferner 'was der äußere Anstand der Gesellschaft erfordert', und die Aufsicht auf Befolgung der Gesetze und auf die Erhaltung der guten Ordnung'. Genauer auch als in Abschn. I § 6 der Geſetze wird in Art. IX nun feſtgeſetzt , daß der kaufmännische Aſſiſtent ſeine Rechnungen alljährlich mit dem 1. Nov. schließen und bis zum 31. Dec. dem Secretär zur Revision einreichen , dessen Monita beantworten

86 und der Entscheidung des Directoriums unterbreiten, die revidirte Rechnung acht Tage lang ausgelegt wer den, jedes Mitglied der Gesellschaft zu schriftlichen Erinnerungen berechtigt sein, über deren Erheblichkeit wiederum das Directorium entscheiden , und schließlich der Präsident Decharge ertheilen soll. Was ferner in den Gesetzen (f. I §§ 8 ff.) ebenfalls nicht besonders gesagt, aber als selbstverständlich vorausgesetzt war : daß Statutenänderungen, Erhöhung oder Herabsetzung der Beiträge und Receptionsgelder, auch Unschaffungen zu denen keine Baarmittel vorhanden, ebenso wie die Wahl neuer Mitglieder zur Beschlußnahme der Generalversammlung zu verstellen, kommt hier nun in Art.VII auch zu völligem Ausdruck. Von den ersten Montagen in jedem Monat (Abschn. I § 8 der Gesetze) werden die Generalversammlungen auf die folgenden Donnerstage verlegt (Art. X) ; ' stimmt die Anzahl der Ballottirzeichen nicht mit der Anzahl der votirenden Mitglieder überein, so wird das Ballottement nicht für geschehen erachtet' (Art. XIII). Die sonst wesentlich unverändert gelassenen Anordnungen über die Aufnahme neuer Mitglieder (Abschnitt II in den Statuten wie in den Gesetzen von 1781) werden durch zwei neue erweitert : ' Wer sich

87 zur Aufnahme gemeldet und deſſen (1) Namen acht Tage an der Tafel gehangen, kann am Ballottementstage fich nicht abnehmen lassen' (Art. XVI) ; 'Wer dreimal ausgeschlossen wird, ist beständig excludirt' (Art. XIX). Wesentlich unverändert ist auch der dritte Abschnitt, der von den ‘auswärtigen Mitgliedern', wie nunmehr die ‘Ehrenmitglieder' der bisherigen Gesetze heißen, und ihren Rechten handelt. Der vierte Abschnitt der Statuten, 'von Entsagung und Verlust der Mitgliedſchaft', welcher dem achten der Gesetze von 1781 entspricht, beginnt mit folgenden neuen Bestimmungen. Art. XXIV: 'Wer aus der Gesellschaft einmal ausgetreten ist, hat seine Rechte zur Mitgliedschaft verloren und kann darin ohne Ballotte= ment nicht wieder aufgenommen werden, es sei denn, daß sein Austritt aus erheblichen und nicht in seinem freien Entſchluſſe beruhenden Gründen geschehen wäre, 3. B. wegen Versetzung an einen andern Ort im herrschaftlichen Dienst, und beimMilitär wegenVeränderung der Garnison. In diesen Fällen kann derselbe bei ſeiner Rückkehr ohne nochmalige Reception wieder eintreten, wenn er seine Erklärung binnen 4 Wochen abgiebt, und von Zeit ſeiner Zurückkunft nach Braunschweig den monatlichen Beitrag entrichtet. Ein solches Sub-

88 ject behält auch das Recht, bei einer kurzen Anwesenheit, als fremder eingeführt zu werden' ; Art. XXV : 'Der Tod eines Mitgliedes hebt die Verpflichtungen völlig auf, wenn der Beitrag für den Sterbe-Monat berichtigt ist . In Uebereinstimmung mit Abschn. V § 6 der älteren Gesetze bedroht Art. XXVI mit Derlust der Mitgliedschaft durch Beschluß der Direction' Den welcher ' ein Jahr lang seinen Beitrag auf Erinnerung des Rechnungsführers nicht entrichtet hat' ; den Zusatz der ältern formulirung : 'insofern daß er das Eintrittsgeld noch einmal erlegen muß', machte an dieser Stelle die generelle Bestimmung in Art. XXIV überflüssig ; außerdem aber wird hier nun ausdrücklich auch ein Klagerecht wegen der nicht gezahlten Beiträge vorbehalten. In etwas eingeschränkt sind die Befugnisse des Directoriums bei Ausschließung eines Mitgliedes wegen unwürdiger Haltung in und außer der Gesellschaft. Während nach VIII §§ 1 u. 2 der Gesetze ein einhelliger Beschluß der Beamten allein schon zu solcher Maßregel ausreichte, eine Verpflichtung der selben zur Angabe der Ursachen ihrer Entschließung mit ausdrücklichen Worten in Abrede gestellt war, wird nun durch Art. XXVII ihnen im Gegentheil auferlegt, dem Excludenden diese ihre Beweggründe

89 vorzuhalten und seine Erklärung zu fordern, ob er sich freiwillig darein fügen wolle oder auf ein Ballotement der Generalversammlung beſtehe , der für Renitenzfälle allerdings auch vorher schon die endgültige Entſcheidung vorbehalten war. Der fünfte Abſchnitt, Art. XXVIII-XXXI, wiederholt die Anordnungen des vierten der Gesetze von 1781 hinsichtlich der Einführung fremder mit folgenden Neuerungen. Art. XXIX : 'Verweigert der Beamte, von welchem das Entrée-Billet verlangt worden, dessen Ertheilung, so steht es dem, der es verlangt, frei, fich deshalb an das ganze Directorium zu wenden, welches über den Vorfall zu deliberiren und zu entscheiden hat, und bei deſſen Entscheidung sich Jeder beruhigen muß' ; Art. XXXI, im Anschluß an die Beschränkung des Zutritts der also Eingeführten auf die Zeit von vier Wochen (Art. XXX) : ' Jft jedoch sein temporärer, aber über einen Monat dauernder Aufenthalt durch außergewöhnliche, auf den bisherigen Wohnort desselben Bezug habenden Vorfälle veranlaßt,` und diese der Grund seines ferneren Hierbleibens, so wird dem einführenden Mitgliede gestattet, gegen Erlegung Eines Thalers monatlich, ein zweites EntréeBillet und so ferner von Monat zu Monat ein ähn-

90 liches Billet für den fremden bei dem Rechnungsführer der Clubbkaſſe auszulösen'. Wegen der Beiträge und Eintrittsgelder beläßt es der sechste Abschnitt bei den 1781 (Abschn. V der Gesetze) normirten Sätzen und facultativen Zahlungsfristen. Wird neben den Eintrittsgeldern nun noch 'eine willkührliche Gabe behuf der hiesigen Armenanstalten' gefordert (Art. XXXIV), so verlautet da= gegen hier nichts mehr von dem Umgehen einer Armenbüchse bei Tafel, wie solches 1781 (VII § 4 der Gesetze) von dem Verbot aller sonstigen Geldsammlungen ausgeschlossen wurde. Eben dieses ist von den hergebrachten 'Verboten' das einzige, welches im siebenten Abschnitte, der auch hier von diesem Capitel handelt, nicht wiederkehrt. Das Tabakrauchen (Art. XXXVI) wird nur im Clubsaale, der Hut auf dem Kopfe hingegen in allen Zimmern untersagt (vergl. VII § 2 der Gesetze). Das absolute Verbot der Mitnahme von Journalen und Zeitungen (ebd. VII § 3) ermäßigt Art. XLI dahin, daß keinerlei Lectüre eher als bis sie vier Wochen lang im Lesesaal ausgelegen, ältere Journale und Zeitungen nur gegen Ausstellung eines Scheins sollen mitgenommen werden, der dem die specielle Aufsicht

91 über die Lectüre führenden Beamten aus dem Civilstande zuzustellen iſt und den Ausſteller für das fehlende Journal, Buch oder Zeitungsblatt sowie für jede Beschädigung daran haftbar macht. Neue Verordnungen sind : 'Hunde dürfen überall nicht mitgebracht werden, und sind solche im Aebertretungsfalle sogleich hinauszujagen' (Art. XXXIX) und ‘Jeder der in einem Buche, Journale oder Zeitung geleſen hat, iſt dafür zu sorgen verbunden, daß dasselbe an den gehörigen Ort, wo es andere Leser suchen, wieder hingelegt werde' (Art. XL). 'Gesellschaftliche Mahlzeiten' ist der achte Abschnitt des neuen Statuts überſchrieben, der dem sechsten der älteren Gesetze, die Tafel betreffend', entspricht. Hieß es dort § : ' Gewöhnlich wird im Clubzimmer nicht warm gespeist', ſo beſagt hier nun, u. a. auf die 6. Beliebung der Nachrichtlichen Anzeige' von 1780 (s. S. 27) zurückgreifend, Art. XLII : 'Jedem Mitgliede der Gesellschaft, so wie dem eingeführten Fremden, ist es erlaubt, sich zu jeder Zeit mit kalten Speisen und warmen oder kalten Getränken, gegen baare Be= zahlung bei deren Empfange, versehen zu laſſen '. An Stelle der monatlichen Mittagstafel (f. VI §§ 2 5 der Gesetze) tritt eine Abendmahlzeit zum Preise von

92 höchstens 10 Ggr. an jedem Donnerstage der sieben Wintermonate, sofern darauf mindestens zwölf Personen bis 11 Uhr Mittags subscribiren (Art. XLIII). Zu feststehender Ordnung endlich erhebt Art. XLIV ein gemeinschaftliches, durch Subscription zu veranstaltendes Mittagseffen an dem jährlichen Stiftungstage des Clubs mit der Bestimmung, daß auch fremde daran theilnehmen können.

XIV . inen Protector kennen die Statuten von 1813 noch nicht. Als aber, wenige Monate nach ihrem Erlaß eine Möglichkeit eintrat, den Club auch in diesem Stücke auf seinen ersten Fuß wieder herzustellen, säumte man nicht, sie zu benutzen. Am 22. December 1813 hatte Herzog Friedrich Wilhelm persönlich von seinem Lande Besitz ergriffen, am 12. Januar 1814 kehrte auch sein älterer Bruder, Herzog August heim, der seit 1806 in Glücksburg bei Friedrich Karl Ferdinand von Bevern eine Zuflucht gefunden. Schon in den nächſten Wochen trat er dem Club als Mitglied bei, und bei dem aus dieſem Anlaß am 4. Februar 1814 gefeierten Feſte war

94 es, daß der Club ihm die Erbschaft seines Großoheims Ferdinand durch den Mund eines ungenannten Poeten antrug, deſſen Herzenserguß wie folgt im Druck ausging und unter die festgenossen vertheilt wurde.

SEINER DURCHLAUCHT DEM HERZOGE

AUGUST ZU BRAUNSCHWEIG - LÜNEBURG

UNTERTHÄNIGST DER GROSSE CLUB ZU BRAUNSCHWEIG .

BRAUNSCHWEIG, DEN 4. FEBRUAR 1814 .

GEDRUCKT BEI JOH. HEINR. MEYER.

95

Als Braunschweigs grosser Club entstand , Schützt ihn sein Stifter FERDINAND, Und des BESCHÜTZERS Herzensgüte, Trieb SEINE Pflanzung schnell zur Blüthe. Schon lange sahn wir IHN nicht mehr, Und der Protectorstuhl blieb leer, Denn*) Niemand kam, dem er gebühret, Der Platz, den FERDINAND gezieret. Doch fanden wir Ersatz für IHN, Als SEINES NEFFEN SOHN erschien. Ja, THEURER FÜRST ! wir dürfens wagen, DIR SEINEN Posten anzutragen . Wer uns durch seinen Eintritt ehrt, Hält uns auch seines Schutzes werth, Wird uns in diesen frohen Tagen Die erste Bitte nicht versagen. Das Beste, was er bieten kann, Beut Dir der Club mit Ehrfurcht an. Nimm Platz auf DES VERKLÄRTEN Sitze, Und was ER gründete, beschütze !

*) Im Originaldruck 'Wenn'.

96 Herzog August gewährte dieſe Bitte und warseitdem in den Clubräumen kein ganz seltener Gast. Erschien er dann hier, wie immer in Begleitung seines Cavaliers, des Oberst v. Mayern , so ließ er, während dieser eine Partie Whiſt ſpielte, ſeinen Seſſel an eine Ecke des Spieltiſches rücken, und dort ſaß er ſein Stündchen, aus einer gewöhnlichen langen Pfeife mit Porzellankopf rauchend und mit Denen sich unterhaltend, welche er an der Stimme erkannte ; denn wie bekannt, war der hohe Herr vollständig erblindet. Auch der Gunſt feines regierenden Bruders konnte der Club in diesen Tagen sich rühmen. Als er am 22. December 1814 den ersten Jahrestag der Heimkehr Herz. FriedrichWilhelms festlich beging, sah man dieſen zu Angusts Seite ebenfalls an der Tafelrunde. Seines Aufbruchs warteten abends am Portal des Hotel d'Angleterre acht Postillons in Gala mit der Bitte, dem herzoglichen Wagen vorreiten zu dürfen ; und alſo geschah es dann. Mit froher Rührung aber haben die Zeugen beobachtet, wie zart= finnig Friedrich Wilhelm auch bei dieſer Gelegenheit seinen Bruder in den Vordergrund zu nöthigen wußte, indem er zu ihm einstieg und bis zum Bevernschen Schloffe, wo Herzog Auguſt reſidirte, ſeinen eigenen Wagen nachfolgen ließ, damit das ihm zugedachte

97 Ehrengeleit auch dem Bruder, und diefem als ersten zu Theil würde.

Nur zu bald jedoch sollten diese Freudentage der neuen Epoche des Clubs ihr Ende finden. Schon im sechsten Jahr nach dem Heldentode Friedrich Wilhelms, am 18. December 1820, ward auch Herzog August zu ſeinen Vätern verſammelt. Von da bis auf dieſen Tag hat die sella protectorialis feinen Inhaber mehr, und nur die von der Wand des kleinen Lesezimmers herabblickenden Portraits der Herzöge Karl, Karl Wilhelm Ferdinand, Ferdinand, Auguſt und Friedrich Wilhelm erinnern die heutige Generation des Clubs noch an eine Zeit, da dieser mit dem herzoglichen Hause auch unmittelbar, durch engste persönliche Beziehungen, ver knüpft war.

XV. ütger Heinrich Rönkendorf starb im Alter von 85 Jahren am 18. October 1818. Ein Jahr früher schon hatten die Gebrüder August und David Brauns das Hotel d'Angleterre übernommen : zunächst nur als Pächter, erst 1829 erwarben sie dasselbe von den Rönkendorf'schen Erben eigenthümlich. Der Contract vom 31. October 1780 war nach Ablauf der ersten sechsjährigen Pachtzeit und zu wiederholten Malen auch in der folge erneuert worden. Jedesmal auf sechs Jahr, wie daraus hervorgeht, daß mit dem October 1834 abermals ein Turnus ablief. Urkundlich liegt erst die alsdann folgende Stipulation

99 wieder vor ; aus den noch vorhandenen Jahresrech nungen des Clubs aber laſſen ſich wenigstens einige der inzwischen beliebten Abänderungen des Vertrages erkennen. Entsprechend jenem Vorbehalte von 1780 (S. 17) finden wir die Zimmermiethe 1815/16 — die Rechnungen der Vorjahre fehlen — auf 200 Thlr. ermäßigt ; für Heizung und Beleuchtung hingegen ſtatt der anfangs vereinbarten 230 ſeitdem 440 Thlr., und außerdem alljährlich noch einen geringern Posten von wechselndem Betrage - 1815 bis 23 zwiſchen 5 % und 31½ Chaler — für Wachslichte , die der Club demnachmuthmaßlich für das Leſezimmer - besonders einzukaufen hatte, in Rechnung gestellt. Bei diesem Stande der Dinge waren an Rönkendorfs Stelle die Gebrüder Brauns in den Contract eingetreten, und dabei blieb es auch nach deſſen nächſter Erneuerung im October 1822. Anders aber kam man 1828 überein. Für das Local ſind von da ab wieder 250 Thaler, für ‘Heizung, Erleuchtung, auch Aufwartung beim Billard' in einer Poſition 630 Thaler angesetzt, die sich 1832/33 durch eine Vergütung für ersparte Wachslichte auf dem Kronleuchter im Billardfaale' auf 612¹½, 1833/34 ohne solche Motivirung auf 537 Thaler ermäßigt zeigen. **

100 Wieder auf andere Bedingungen schloß der Club mit den Gebrüdern Brauns für die Zeit bis Ende Octobers 1840 am 24. September 1834 ab. Unverändert, zu 250 Thaler, bleibt der bisherige Miethzins bestehen. Die hierfür dem Club zu alleinigem Gebrauch überlassenen Localitäten, immer noch in dem Seitengebäude des Hotel d'Angleterre auf dem Hofe zur Linken belegen, umfassen jetzt, wie aller Wahrscheinlichkeit nach schonseit längerer Zeit, mehr Räum lichkeiten als 1780 : das sogenannte Tabakzimmer gleich beim Eintritt, das daranstoßende, mit zwei Säulen gestützte Spielzimmer, die dahinter belegene Kammer nebst Cabinet, den großen Saal, die Bedientenstube und das Lesezimmer daneben sammt einem kleinen, in den Garten hinausgehenden Saal. Auch der Garten selbst wird der Gesellschaft zur Verfügung gestellt — alles mit dem einzeln aufgeführten , den Vermiethern gehörigen und von diesen zu unterhaltenden Mobiliar. Für die Heizung des kleinen Saales und des Tabakzimmers von 9 Uhr morgens bis 11 Uhr abends, der übrigen Zimmer von 1-11 Uhr, werden den Wirthen 190 Thaler jährlich, für die Erleuchtung des Zugangs 10 Thaler zugebilligt. Wegen der Spielzimmer wird verabredet, daß die Commerce-Tische je mit einer, die

101 übrigen Spieltische je mit zwei Wachskerzen versehen, und für jeden der ersteren bei Verwendung alter Karten 4 Ggr., für jeden der letzteren 16, 12 oder 8 Ggr. entrichtet werden, je nachdem darauf nämlich zwei Spiele neuer Karten, oder eins alter und eins neuer, oder aber zwei Spiele alter Karten aufgelegt werden anderweitigeVereinbarungen auf den Fall vorbehalten, daß der Verkauf alter Karten gesetzlich verboten oder die Karten- und Lichtpreiſe erhöht würden, und unter genauer Feststellung der beanspruchten Beschaffenheit alter Karten sowie des damit ſeitens der Wirthe und der Clubbedienten zu beobachtenden Verfahrens. Von einer Beleuchtung der übrigen Räume ist überall in dem Contracte keine Rede mehr : die Geſellſchaft übernahm dieſe nunmehr — wie vielleicht auch vorher schon - auf eigene Rechnung. Nachdem 1834/35 dafür nochmals 210 Pfund Wachslichte zum Preiſe von rund 114 Thaler aufgewandt waren , ging man im folgenden Jahre zur Oehllampe über, was freilich keine Ersparniß war, da für Brennöhl ſchließlich ca. 150 Thaler aufliefen. Eigene Dienerschaft Gehilfen

einen Bedienten und deffen

hatte der Club schon 1815/16 gehalten :

der Aufwand für ihre Besoldung und Livrée, in jenem

102

Jahre rund 150 Chlr., war 1818/19 auf 170, 1820/21 auf 248, 1822/23 auf 272 Thlr. gestiegen, von da ab jedoch mit geringeren Schwankungen ziemlich constant auf 258 Thlr. eingeschränkt geblieben. Von den Vermiethern brauchte demnach nur noch ein Marqueur zur Aufwartung bei dem der Gesellschaft gehörigen Billard angestellt zu werden, für dessen Unterhaltung ihnen 70 Thlr. bewilligt wurden, mit der Verpflichtung, den Mann an jedem Alltage von 10-1 Uhr vor und von 4-10 Uhr nach Tisch, falls aber an Sonntagen schon um 2 Uhr nachmittags und 'bei etwa stattfindenden Abendessen noch nach 10 U. abends die Gesellschaft zu einem Billard- Spiele Vergnügen finden' sollte, auch für diese Stunden zur Verfügung zu halten. Wegen der Bewirthung verpflichteten sich die Gebrüder Brauns, für die Gesellschaft in ihrem Locale, so oft dergleichen gewünscht würde, Mittags- und Abendeffen zu veranstalten, und zwar erstere zu dem Preise von 18 Ggr. für die Person. Kaffee soll für 3 , Chee für 2 Ggr. die Portion, ein Glas Grog für 2, ein Glas Kalteschaale mit Wein für 5, ohne Wein für 3, eine Bouteille Duckstein mit Zucker für 2, ohne Zucker für

Ggr. , und für diesen Preis auch eine Flasche Bier gereicht werden -- alles wiederum bis zu ander=

103 weitiger Feststellung bei etwa eintretenden Erhöhungen der Marktpreise. Nach eingehenden Stipulationen hinsichtlich der

regelmäßigen Reinigung des Locals und der vorfallenden Reparaturen, deren der Club nur die nöthige Neuvermalung von Wänden und Decken auf sich nimmt, heißt es § 11 des Contracts : 'Obgleich nun dieser Miethcontract eigentlich bis zum 1. November 1840 abgeschlossen ist, so behält sich jedoch die Direction des Clubbs ein halbjähriges, in den Zahlungsterminen . . . . jedes Jahres vorzunehmendes Kündigungsrecht vor, wenn der Clubb während der ſtipulirten Miethzeit ein eigenes , für den Clubb paßliches Haus acquiriren würde, oder wenn der Clubb sich wider Erwarten auflösen sollte. In diesen beiden Fällen soll den Herren Vermiethern der oben in § 3 bezeichnete Betrag der Miethe zu 250 Chaler annoch von dem ganzen, nach Ablauf der geschehenen Kündigungszeit folgenden halben Jahre unverkürzt gezahlt werden ; die Vergütung für Heitzung, Licht und einen Marqueur fällt aber sodann nach Ablauf der Kündigungsfrist von selbst weg, weil die Herren Vermiether in einem solchen falle keine Ausgaben und Kosten mehr haben.'

104 Dieser Vorbehalt berührte eine Eventualität, die innerhalb der Gesellschaft schon längere Zeit ins Auge gefaßt war und wenige Jahre später in der That auch ins Werk gesetzt wurde.

XVI.

chon vor 1820

muthmaßlich 1817/18, da

die Rechnung dieses Jahres allein fehlt und die der nächſtfolgenden beiden Jahre sowenig wie die der nächstvorhergehenden irgend welche Andeutung über solche hatte der Club selbst Thatsache enthält eine Verschönerung und einen Ausbau seiner Localitäten beschafft, deren Koſten durch eine auf 4 %-Actien zu je 50 Thlr. bei den Mitgliedern begebene Anleihe gedeckt wurden. In der Zeit von 1820—27 waren alljährlich sechs dieſer Actien im Wege der Ausloosung getilgt. Ihre Gesammtzahl ist nicht mehr zu ermitteln ; unter den ausgelooften Stücken aber wird Nr. 62 aufgeführt, und nach der Ausloofung

106 von 1827 blieben neun noch rückständig. Dürfte man annehmen, daß 1818/19 und 1819/20 ebenfalls schon je sechs amortifirt wären, wovon die Rechnungen dieser Jahre allerdings nichts besagen , so wären ihrer 63 zum Betrage von 3150 Thlr. ausgegeben gewesen. Keinesfalls aber hatten die gegebenen Localitäten sich mit diesen Mitteln in solchen Stand setzen laſſen, daß sie auch nur bescheidene Ansprüche völlig befriedigten. Wie sie inmitten eines Complexes hochragender Häuser einmal dalagen, von Luft und Sonne ziemlich abgeschnitten, boten sie nach wie vor, namentlich in den Frühlings- und Herbstzeiten, keine Stätte rechten Behagens : eine merkliche Abnahme der Frequenz gehörte zu den regelmäßigen Erscheinungen dieser Tage. Trotz aller contractmäßigen Cautelen kam noch hinzu, daß auch die Bewirthung und Aufwartung in manchen Stücken allerlei zu wünschen übrig ließ. So war denn vielfältig seit Jahren schon der Wunsch laut geworden, für den Club ein eigenes Haus erworben und dieses durch einen eigenen Oeconomen verwaltet zu sehen, wie dergleichen Einrichtungen von ähnlichen Gesellschaften anderer und zum Theil viel kleinerer Städte längst durchgeführt waren. Eine günstige Aussicht eröffnete sich diesem Wunsche,

107 als 1837 das dem Hotel d'Angleterre unmittelbar benachbarte, früher Glümerſche Grundstück an der Kaffeetwete, deffen geräumige Area voraussichtlich für alle Zukunft jede nur irgend wünschenswerthe Erweiterung der Localitäten ermöglichte, wegen Insolvenz seines dermaligen Besitzers, eines Tapezierers Weidlich, zur Subhastation kam und von herzoglichem Leihhause als Hypothekgläubiger erſtanden wurde. In Anbetracht daß der Club ein gemeinnütziges, ' gewiffermaßen fast die meisten von den gebildeten Ständen der Stadt intereffirendes' Institut, hoffte man dieses Haus für den Preis von 16000 Thlr. käuflich erwerben und zugleich noch die Begünstigung erlangen zu können, daß das ganze Kaufgeld ohne die üblichen Abträge mit 3¹2 Proc. verzinslich zur ersten Hypothek daran creditirt würde. Die zum innern Ausbau des Hauſes und zu einer nothwendigen Vergrößerung gewisser Räumlichkeiten sowie zur Anschaffung eines eigenen Inventars erforderlichen Mittel waren allerdings dann wieder durch eine Anleihe herbeizuschaffen ; dochzweifelte man nicht, daß die Clubkaſſe auch die hieraus erwachſenden neuen Verpflichtungen unbedenklich noch würde übernehmen können, falls die Monatsbeiträge der ordentlichen Mitglieder von 12 auf 16 Ggr., die Jahresbeiträge der

108 auswärtigen von 2 auf 2 % Thaler erhöht werden. dürften. Mitte Septembers wurden diese Meinungen in einer Vorstandsconferenz eingehend erörtert und ge= gründet befunden, am 18. die entsprechenden Vorschläge mit einem das Einrichtungsproject erläuternden Riffe bei der Gesellschaft in Umlauf gesetzt ; in der auf den 26. anberaumten Generalversammlung dann der Hauskauf und die beantragte Erhöhung der Beiträge genehmigt, das Directorium auch zum Abschluß des Kaufvertrages auf die möglich günstigsten Bedingungen und zu allen sonst noch erforderlichen Maßnahmen bevollmächtigt. Allerdings nicht grade mit imposanter Majorität. Von den 266 ſtimmfähigen Mitgliedern waren nur 143 erschienen, und von diesen stimmten 93 für , 50 gegen die Directorialanträge. Die alsbald eröffnete Unterhandlung mit Herzoglicher Leihhauscommission schien anfänglich zu keinem annehmbaren Ergebniß führen zu wollen. Die ersten. Eröffnungen der Behörde liefen auf die forderung von 17000 Thaler, eines sofortigen Abtrags darauf, der Verzinsung des Restes mit 40% und seiner fernern Amortifirung mit 10% p. a. hinaus. Das Clubdirectorium acceptirte die erste derselben, ward wegen der

109 übrigen aber, unter Berufung auf die 'an der Errichtung und dem glücklichen Fortbestehen des Clubs zu Tage gelegte so allgemeine Theilnahme des hieſigen höhern Publicums', dahin vorstellig, daß einerseits die beabsichtigten Meliorationen den Werth des Grundstücks anschlagsmäßig um 6800 Thlr. erhöhen, und das Leihhaus demnach auch bei Creditirung des ganzen Kaufpreises kein regelwidriges Riſico übernehmen, andrerseits die Aufnahme einer zweiten Hypothek mit vielfachen, das Project gefährdenden Schwierigkeiten verknüpft sein würde. Mit Recht durfte man seitens der Gesellschaft auf das Wohlwollen an höchster Stelle rechnen : seiner Einwirkung war es zu verdanken, daß das Leihhaus jene forderungen in einigen wesentlichen Puncten zuletzt noch ermäßigte. Am 17. November 1837 konnte der Geh. Rath Graf v.Veltheim, derzeit Affiſtent des Clubs, feinen Collegen im Directorium brieflich anzeigen, daß S. Durchlaucht in heutiger Sitzung aus beſonderer Rücksicht auf die Annehmlichkeiten der Clubbgeſellſchaft zu genehmigen geruht, daß das Haus qu. dem Clubb für 17000 Chlr. überlassen werde'. Am 30. erfolgte eine Resolution der Leihhauscommiſſion des Inhalts, daß das ganze Capital zunächst drei Jahr lang gegen Verzinsung

1100 mit 312 Procent zur Hypothek an dem Hause stehen bleiben und während dieser Zeit auch keine Umortisation beansprucht werden solle, 'unter der Bedingung jedoch, daß das Haus in dem Gerichtsbuche auf den Namen des Leihhauses stehen bleibe und dessen ge richtliche Tradition nicht eher gefordert werde, als bis eine den bestehenden Grundsätzen gemäße Ab schlagszahlung geleistet worden, das Eigenthum also bis dahin dem Leihhause vorbehalten werde'. Den fernern Vorbehalt, daß der Club die Abfindung der gegenwärtigen Miether wegen berechtigter Meliorationsforderungen auf sich nehme, ließ das Leihhaus demnächst auf Reclamation des Clubdirectoriums insoweit fallen, daß es die Abfindung selbst übernahm und nur deren Ersatz zur Hälfte vom Club ausbedang. Auf diese Vereinbarung trat der Club zu Ostern 1838 den factischen Besitz seines Hauses an. Ueber die bedungenen drei Jahr hinaus, bis Ostern 1842, blieb er von jeder Mahnung an die schuldigen Abzahlungen verschont. Als hierauf das Leihhaus von sich hören ließ, remonstrirte die Direction abermals mit dem Hinweis auf die erhöhte Sicherheit der Hypothek und mit Anrufung wohlwollender Rücksichten 'auf fernern flor und Gedeihen des jedenfalls nicht

III unwichtigen Instituts', im Uebrigen aber mit Gründen, die mehr für die forderung des Leihhauses als für die angehängte Bitte um fernerweiten Verzicht darauf sprachen. 'Zu dem Ausbau des Hauses' heißt es in der bezüglichen Eingabe vom 22. Juli 1842, ‘ und zur Vervollständigung deffen Inventars war ein Unlehen von 8000 Chaler erforderlich, welches auf Actien zu je 100 Thaler von den Mitgliedern der Gesellschaft gegen Ende des Jahres 1837 aufgenommen wurde. Hierbei war Bedingung, daß jedes Jahr mindestens zwei Actien ausgelooft und deren Beträge sammt Zinsen aus den Ueberschüssen der Clubkasse bezahlt werden sollten. Es hat sich nun dieſe letztere aber so gut gestellt , und befindet sich das Vermögen der Geſellſchaft , unerachtet der immerwährenden Verbesserungen des Hauſes und mancher in letzter Zeit vorgenommenen Ausgabe für zweckmäßigere Einrichtung der Localitäten, in einem so guten Zustande, daß wir während der verfloſſenen vier Jahre ſtatt 800 Chlr. 1400 Thaler von den Actien abbezahlt haben. Um nun unseren Verpflichtungen gegen die Actionäre getreulich nachzukommen (sic !), würden wir sehr in Verlegenheit gerathen, wenn wir auf Abschlagszah= lungen von den Hauskaufgeldern unsern jährlichen

112 Kassenbestand erschöpften und gegen die obigen Gläubiger das nicht erfüllten, was wir ihnen versprochen haben'. Nicht unfüglich lautete die Entgegnung der Leihhauscommission dahin , daß nach allem Angeführten. und da eine Verpflichtung zur Rückzahlung von mehr als zwei Actien nicht bestehe, ein jährlicher Abtrag auf seine Hypothekforderung die Clubkasse nicht wohl derangiren könne. Gleichwohl wurde dem Club des weitern noch wenigstens das Zugeständniß gemacht, von Michaelis d. J. ab statt der vertragsmäßigen 170 nur 100 Thlr. alljährlich abzahlen zu dürfen. In dieser Einschränkung fand der Anspruch des Leihhauses dann seine Sicherung in dem erst am 15. October 1842 förmlich abgeschlossenen Contracte. Der Vorbehalt seines Eigenthumsrechtes wurde darin folgendermaßen formulirt : 'Bis dahin, daß diese Kaufsumme bis auf zwei Drittel ihres ursprünglichen Betrages , mithin bis auf 11333 Thlr. 8 Ggr. getilgt sein wird, reservirt fich Herzogl. Leihhauscommission das Eigenthum des Hauses, und soll dasselbe daher auch erst dann dem großen Club gerichtlich verlassen werden' 2c. Im Zusammenhange mit dieser Besitzerwerbung geschah es auch, daß mittels Rescripts des Herzoglichen

113 Staatsministeriums vom 13. März 1838 der Club für ein öffentliches Inftitut erklärt , und die gesetzlichen Rechte und Befugnisse eines solchen ihm beigelegt wurden, was Herzogliche Kreisdirection im 12. Stücke der Gesetz- und Verordnungs-Sammlung am 16. zur allgemeinen Kenntniß brachte.

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XVII. nzwischen zu höheren Würden aufgestiegen, hilft das Säcularfest des Clubs - nur mit einem kleinen Häuflein der anderen Ge= noffen jener Tage, er aber noch im Vollbesitz seiner genuinen Freudigkeit - der Mann begehen, welcher den ersten Ausbau des Clubhauses vdllführt hat : der damalige Kammer-Bauconducteur Friedrich Krahe. Sobald man dem Hauskaufprojecte näher getreten, schon in den ersten Monaten des Jahres 1837, hatte das Directorium ihn mit der Ausarbeitung eines Pla= nes und Kostenanschlags der erforderlichen Umbauten und Neuanlagen beauftragt ; am 24. April reichte er beides ein. Neben allen übrigen Mängeln des bisherigen Locals wurde bei jeder irgend ungewöhnlichen

115 Frequenz und namentlich während der Meßzeiten auch deſſen Beschränktheit peinlichst empfunden. Für jene anderen Unzuträglichkeiten ergab sich die Abhülfe aus der günstigern Lage des in Aussicht genommenen Hauses von selbst ; nicht so leicht aber war es, darin auch die jetzt schon wünſchenswerthen und bei jeder fernern Zunahme der Gesellschaft unbedingt nothwendigenRäumlichkeiten zu gewinnen. Da nämlich nach dem neuen Haushaltsplane das Erdgeschoß und das dritte Stockwerk auch in Zukunft vermiethet werden mußten, so galt es, sich im Hauptgeschosse allein auskömmlich einzurichten. Durch zweckmäßigen Umban des vorhandenen Gelaſſes und einen neuen Saalbau nach Hof und Garten hinaus - Anlagen, die dem Hauſe in dieser Etage die mit geringen Veränderungen noch heute bestehende Gestalt gaben - wußte Krahe seine Aufgabe zu lösen. Nachdem ihm laut Contracts vom 31. Januar 1858 die Ausführung in Verding gegeben war, begannen am 19. April die Arbeiten seiner Werkleute, und zur angesetzten Zeit, am 25. Oct., übergab er dem . Directorium die Schlüſſel, ſo daß der Club ſeinStiftungsfest dies Jahr schon im eigenen Hause feiern konnte. Der anfänglich ins Auge gefaßten Anstellung eines eigenen Oekonomen blieb man überhoben.

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116 Bereits am 11. October 1837 , ehe noch der bestehende Contract ihm gekündigt war, hatte D. Brauns - sammt seinem inzwischen verstorbenen Bruder war er am 5. Mai 1835, mit Verzicht auf jedes Stimmrecht und auf die Befugniß zur Einführung Fremder, unter die Mitglieder des Clubs aufgenommen - eine an= nehmbare Combination in Vorschlag gebracht : miethweis erbot er sich die disponibeln Cheile des Clubhauses, als Unternehmer wie bisher, doch mit einiger Modification der Bedingungen, die Bewirthung und Bedienung der Gesellschaft zu übernehmen.

Die auf Grund dieser Anerbietungen gepflogenen Verhandlungen führten zu einer Uebereinkunft, welche contractmäßig auf zehn Jahr, von Michaelis 1838 bis Michaelis 1848, ebenfalls am 31. Januar 1838 festge= stellt wurde. Als Miethzins für das erste und das dritte Stockwerk sammt Zubehör, von denen ersteres mit dem Hotel d'Angleterre auf gemeinschaftliche Kosten durch einen directen innern Zugang in Verbindung gesetzt wurde, bedang die Clubdirection 400 Thlr. aus. Für die Heizung eines Lesezimmers sowie des Conver= fations- und des Billardzimmers, auch der Garderobe von 10 Uhr morgens bis 10 Uhr abends, des zweiten Lesezimmers , des runden Spielzimmers, des großen

112 Saales und des Privé von 4 Uhr nachmittags an und für die Reinigung sämmtlicher Geſellſchaftsräume verwilligte fie 200, für die herkömmliche Bedienung des Billards 70 Thlr., für Beleuchtung und Ausstattung der gewöhnlichen Spieltiſche nach Maßgabe der 1834 unterschiedenen Fälle je 20, 14 oder 9, der Taroctische je 18, der Commercetiſche je 4 Ggr. Die Verpflichtung des Wirths zur Lieferung von Mittags- und Abendeffen ward an die Bedingung geknüpft , daß sich je= weilig mindestens 12 Perſonen daran betheiligten, die Vereinbarung über den Preis der jedesmaligen Tiſchgesellschaft überlaſſen. Hinsichtlich der Getränkspreiſe endlich behielt es unter den früheren Vorbehalten bei dem Tarife von 1834 sein Bewenden.

In diesen Contract trat vorgesehener Maßen 1839 nach D. Brauns' Tode der neue Eigenthümer des Hotel d'Angleterre , Joh. Friedr. Reuter , 1844 deſſen Nachfolger, Friedr. Wilh. Neubert und 1848 Heinr. Wilh. Becker ein. Unverändert ward mit letzterm auch 1848 nach Ablauf der ersten Periode auf nochmals 10 Jahr wieder abgeschloffen.

XVIII .

icherlich gingen manche, ja wohl die meisten der Erwartungen, mit denen der Club 1838 sein neues Heim bezogen hatte, ohne Rest in Erfüllung. Hatte man aber den erzielten Verbesserungen eine ſtarke Anziehungskraft beigemessen, so blieb in diesem Stücke wenigstens die Enttäuschung nicht aus. Statt des erwarteten raſchen Steigens der Mitgliederzahl brachte die folgezeit vielmehr, und zwar mehr als zwei Jahrzehnte hindurch, eine unaufhaltsame Abnahme derselben. Mit 357 Mitgliedern hatte der Club die Schwelle

des Jahrhunderts überschritten, und in gleicher Stärke. etwa, mit 272 ordentlichen und 70 auswärtigen Mitgliedern, stand er nach Ausweis der Jahresrechnung noch 1815/16 da. fünf Jahr später war seine Zahl

119 auf 294 + 96 *), 1825/26, nach einer geringen Abnahme in der Zwischenzeit, auf 302 + 98, im nächsten Jahre gar auf 314 +105 gestiegen. Nachdem sie bis 1833/34 abermals auf 258 + 6 hinuntergegangen war, folgte eine neue Periode mäßiger Zunahme, die ihren Höhepunct mit 294 + 63 eben im Jahre 1838/39 erreichte. Seitdem aber von Jahr zu Jahr, ohne jeden Rückschlag, eine beständige Abnahme bis auf 188 +49 1852/53 ; und noch rapider wiederholte sich die nämliche Erscheinung, nachdem im folgenden Jahre, mit plötzlichem Aufschwung, deſſen Ursachen weiterhin noch erhellen werden, der Club wieder einmal zu 248 +63 Mitgliedern gerathen war. Mit 177 +40, einer ge= ringeren Zahl als jemals zuvor, schloß 1860/61 seine Rechnung ab. Was aber war es nur, das allem wodurch man ſein Gedeihen bestens verbürgt hielt, dermaßen entgegenwirkte? Zu einem Theil ohne Zweifel jene Erhöhung der Beiträge und die Besorgniß vor den noch größeren Anforderungen, welche die neuen Veranstaltungen in weiterer folge etwa mit sich bringen konnten. Hatte *) Die zweite, kleinere Zahl immer von den außerordentlichen Mitgliedern zu verstehen.

120 man doch allem Anschein nach auch vor diesem schon die leidige Wahrnehmung machen müssen, daß die Beiträge schwer eingingen, und daß nicht ganz wenige unter den Zahlungspflichtigen nach langer fristung sich ihnen gänzlich mittels des Vorwandes zu entziehen suchten, der Gesellschaft längst nicht mehr angehört zu haben. Denn gegen dergleichen Mißbrauch offenbar war es gerichtet, wenn eine Generalversammlung am 12. December 1833 zwei statutarische Verfügungen erließ *), kraft deren erstens die Beiträge fortan alle drei Monate pränumerando entrichtet werden sollten, und zweitens jedes Mitglied welches auszuscheiden beabsichtigte, dem Vorstande dies schriftlich anzeigen, hierüber eine als Legitimationsdocument geltende Bescheinigung in Empfang nehmen, widrigenfalls aber als Mitglied noch weiter sollte angesehen werden. Be= zeichnend genug auch die verhältnißmäßig doch nur recht schwache Zustimmung, mit der am 26. Sept. 1837 jene folgenreiche Entscheidung getroffen war. Mochten immerhin aber Erwägungen und Stimmungen wie die der Minorität dieses Tages auch bei jenem Rückgange der nächsten Jahre mit im Spiel sein - dauern*) Sie sind beschlußmäßig dem damals veranstalteten Neudruck der Statuten von 1813 als Nachtrag angehängt.

0 121 der und in höherm Maße wirkte jedenfalls doch ein anderer Umstand dahin. Das Institut des großen Clubs möchte wegen der seltenen Einmüthigkeit, in welcher . . . die verſchiedenen Stände sich hier neben einander bewegen, ſehr wenige seines Gleichen haben ; der Ton hält sich allerdings in der beſtimmten Sphäre der höheren Gefellschaft, jedoch ohne irgend eine Färbung von steifer Etikette, sondern verbindet Wohlanſtändigkeit und GeDa müthlichkeit auf die angenehmste Weiſe . hier übrigens Gebildete aus so vielen Ständen sich treffen, so ist es gewiß nicht zuviel geſagt, wenn man behauptet, daß dieſer Verein, wenn auch weniger auffallend, doch auf vielfache Weise einen bedeutenden und günstigen Einfluß auf die Verhältniffe ausübt, und überhaupt zu der oft von unserer Stadt gerühmten Intelligenz das Seinige fortwährend beigetragen hat'. So schrieb ein weltkundiger Mann 1841 *). Sein Lob war aufrichtig und wohlbegründet. Allein unter dem worin er und Viele mit ihm die besten Vorzüge des Clubs erkannten, ſank einiges in weiteren Kreiſen allmählich im Preise. *) Pastor Witting in dem Buche Dr. H. Schröders und Dr. W.Ufmanns : 'DieStadt Braunschweig. Ein hiſtoriſch-topographisches Handbuch für Einheimische und Fremde. Braunſchw. 1841.'

122 Erinnere man sich, welche Gährung der Geister um die Wende des vierten und fünften Decenniums unseres Jahrhunderts aller Orten auch in Deutschland um sich zu greifen begann. Seit den Befreiungskriegen war zwanzig Jahr durch und länger das Idyll des deutschen Bürgerlebens von den Stößen der Zeitgeschichte sogut wie unberührt geblieben ; hier in Braunschweig insbesondere hatten die Aufregungen der Septembertage von 1830 eine zwar heftige, aber nur kurze Wallung hervorgebracht, und nach dem glücklichen Abschluß dieser Episode, bei der berechtigten Sicherheit, mit der man die öffentliche Wohlfahrt seitdem in den allerbesten Händen wußte, war hier nur um so gründlicher wieder das ganze Behagen beschaulichen Phäakenthums eingekehrt. Diese ruhselige Tage gingen nunmehr gemachsam zur Neige. Die Literatur, bis dahin den Tagesbegebenheiten nur in seltenen Fällen und selten auch anders als mit kühler Objectivität zugewandt, warf unerschöpflich immer neue brennende Fragen auf, wissenschaftliche und politische, die jeden Einzelnen persönlich bis ins Innerste erregten ; in jede Geselligkeit begann die Debatte einzudringen. Der neue Trank der Baierischen Braubütte lieferte den derb und volksthümlich aufschäumenden Geistern dieser

C

123 neuen Epoche ihr homogenes Stimulans : der Biertisch trat seine Culturmission an. Begreiflich, daß eine Gesellschaft von der Struktur und dem Geiste des damaligen Clubs gegen all folche Strömungen sich spröde verschloß. Seine Häupter und Glieder waren zur weitaus überwiegenden Mehrzahl hochgebildete Männer von humanstem Freiſinn, jedem vernünftigen Fortschritt von Herzen zugethan ; gegen die Art und Weiſe aber , wie deſſen Propheten und Adepten die Elbogen gebrauchten, empörte sich ihre Natur und Gewöhnung. Für Viele unter ihnen hatten die Gegenstände der allgemeinen Discuffion gewiſſermaßen auch eine amtliche Seite, und das exoterische Gerede darüber, öfter als billig von haarsträubendem Unverstande, durfte auf beſondere Werthſchätzung bei ihnen nicht rechnen : mit seinen Wortführern sich auf Erörterungen einzulaſſen , widerrieth ihnen der gute Geschmack so sehr wie die Amtspflicht. Gemeinsam aber war diesen und den meisten der übrigen Clubgenoffen der Anspruch, nach vollbrachtem Tagewerk abends auch ihre Ruhe zu haben ; gemeinsam ferner der Widerwille gegen die formen rücksichtsloser Erregtheit, in die der Natur der Sache nach jeder Austausch auf den neuerschloffenen Gebieten der Unter-

124 haltung immer nur zu leicht verfiel

formen die

mit dem bewußten, 'Wohlanständigkeit und Gemüthlichkeit auf die angenehmste Weise verbindenden Tone der höhern Gesellschaft' allerdings nicht zum besten harmoniren konnten. Ein Spielchen, eine neutrale Conversation, eine durch keinen ſubjectiven Aufschrei ge= störte Zeitungslectüre : das waren und blieben die Ansprüche, welche die herrschende Generation an den Club stellte und deren Befriedigung sie mit wachſamer Selbstzucht sich strengstens zu sichern wußte.

Wem das engherzig und unerfprießlich däuchte, der trat aus und warnte Seinesgleichen vor dem Eindringen in diesen Tempel senatorischer Gelassenheit. Und gleiche Wirkung äußerten sodann auch die Gepflogenheiten der materiellen Existenz, welche an dieser Stätte sich mehr und mehr zu ausschließlicher Geltung brachten. Während draußen ein Geschlecht nachwuchs, das zu einer gewissen fülle des Consums , dem belebten Schoppenwechsel des Kneiptisches neigte, drang man im Club allmählich bis in die Vorhalle idealer Bedürfnißlosigkeit vor. Hier konnte, wie lange nachher noch unter den diſſentirenden Zeitgenossen erzählt ward , das Phänomen eines Butterbrots peinliches Aufsehen erregen, ein Aufsehen , dem die jedesmal

郵 $25 hinzutretende Präsumtion heimlichen Käseaufschnitts, soweit es die Höflichkeit gestattete, zu rhinoplastischem Ausdruck zu verhelfen pflegte. Bairisch Bier lag lange Zeit völlig im wefenlosen Scheine ; auch Grog, Kaffee, Thee, ja selbst Kalteſchale mit oder ohne Wein wurden allgemach schier zur Mythe : ein Glas Waſſer, deſſen luxurirende Absicht das geleitende Stück Kandies zum Preise von vier Pfennig, später einem Gutengroschen, mehr ſymboliſch als handhaftig gewährleistete , war ſchließlich allein noch das kanoniſche Genußmittel des echten und gerechten Clubiſten. So die mündliche Tradition, der man etwas Uebertreibung immerhin mag zu gute halten müſſen. Gegen die Augenzeugen aber konnte am Ende dieſes Zeitabschnitts ein Betheiligter das Kurze und Lange über die dermaligen Meriten des Clubs also zuſammenfaffen : 'Die Einrichtungen des großen Clubs bieten im Grunde nichts weiter als im ganzen genommen angenehme Räumlichkeiten, die auch zur Winterszeit gut durchwärmt sind, ein Leſezimmer in welchem sich etliche Zeitungen aufhalten , ein durchaus zweckentsprechendes Spielzimmer und ſchließlich die Möglichkeit, zu jeder Zeit ein frisches, kaltes Glas Waſſer, auch etwas Kandies , zu erhalten , während alle übrigen

126 Traktamente nur gegen theure Preise und mitunter nur in schlechter Qualität zu haben sind.' Trotz diesem ward 1859 mit Becker abermals ab-

geschlossen: ein Zeugniß, wenn nicht für dessen Untadelhaftigkeit , so jedenfalls doch für die Thatsache, daß die Genügsamkeit der maßgebenden Kreise nichts Erhebliches an ihm auszusetzen fand. Damals erhielt in seinen Preisnotirungen das typische Glas Zuckerwasser seinen legitimen Platz. Daneben freilich nunmehr auch Lagerbier, hiesiges und Baierisches; und bei den Contractsverhandlungen nahm die Direction sich des Wunsches an, daß solches künftig in besserer Qualität geliefert werde als bisher. Soweit also hatte man auch hier doch dem Zeitgeschmäcklein neuerdings eine Concession machen müssen. Doch das waren nur die ersten Wehen der herannahenden Wiedergeburt. Zu völligem Verzicht auf die Exclusivität seiner Haltung sah der Club sich wenige Jahr später unter dem Drange einer Nothwendigkeit gebracht, die ihn kurzweg vor die Alternative des Sein oder Nichtseins stellte.

XIX .

en ersten Einblick in die Vermögensverhältnisse des Clubs gewährt die Rechnung des Jahres 1815/16, welche bei einer Einnahme von rund 1593 und einer Ausgabe von 1123 Thlr. mit 830 Chlr. Kaffenbestand abschließt. Demnächst, trotz stätigem Anwachsen der Ausgaben sowohl wie der Einnahmen, gestaltete doch die Bilanz sich immer nur günstiger : den größten Ueberschuß, 1568 Thlr. (3245-1676) brachte das Jahr 1820/21 . Weiterhin freilich macht sich ein langsamer Rückgang bemerkbar, der einmal, im Jahre 1826/27 - demselben welches jene ungewöhnliche Vermehrung der Mitgliederzahl eintrug (1. S. 119) -- durch einen Ansatz zum bessern wohl

嘞 128 萬 unterbrochen wird , im ganzen jedoch unaufhaltsam fortschreitet und 1829/30 bei dem Tiefftande eines Kassenvorraths von 693 Thlr. anlangt. Dann wieder einige Jahre des Aufschwungs, dergestalt daß 1834/35 977 Thaler erübrigtsind. Die nächstjährigen Rechnungen fehlen ; genug aber, daß ihre Ergebnisse dem Hauskauf und was an kostspieligen Aufwendungen drum und drang hing, nicht widerriethen. Das Jahr 1837/38, in welchem jene Actienanleihe von 8000 Chaler und die daraus bestrittenen Einrichtungskosten zur Verrechnung kamen, hinterließ 930 Thaler Vorrath, welcher in den folgenden drei Jahren auf 307 Thlr. hinabging, dann bis 1847/48 wieder bis zu 860 Thlr. anwuchs. Von da ab jedoch ein rapider fall: bis auf den kümmerlichen Rest von 1 Ggr. 5 Pf. 1851/52, und hierauf unaufhaltsam weiter , über den Gleichstandspunkt hinaus ins Deficit, bis 1854/55 . In diesem Jahre bis zu dem Belaufe von 493 Thlr. angewachsen, ist dasselbe 1858/59 allerdings wieder auf 336 Thlr. zurückgegangen , und im Jahre darauf hat es sogar wieder einem kleinen Ueberschuffe, 12 Thalern, Platz gemacht, der weiter dann langsam zunimmt, 1862/63 bis zu 166 Chlr. Dergestalt war es denn möglich gewesen, die finan-

129 zielle Lebensfähigkeit des Clubs nochmals hinzuhalten. Möglich durch Einschränkungen in seinem Haushalt und umsichtigste Dispofitionen an allen Enden. Wie lange indeß diese Mittel ausreichen würden , das war eine frage, an die man im Hinblick auf die seit zwanzig Jahren und länger schon chronisch gewordene Abnahme des Mitgliederbestandes nur mit Bangigkeit rühren konnte. Und wie wollte man bei dieſem Stande der Dinge fich vollends erst gegen irgendwelche unberechenbare Möglichkeit gedeckt finden ! In folge eines Ehrenhandels zwischen Herrn v. Schorlemer, Lieutenant im Herzogl. Husarenregimente, und dem Baron von Herzeele hatten 1844 sämmtliche Mitglieder vom Militär ihren Austritt erklären müſſen, da bei der äußerst verwickelten Sachlage zu Herzeele's Ausſchließung für den Club in seiner Gesammtheit kein Anlaß vorlag ; nur durchHerzeele's freiwilliges Ausscheiden war in letzter Stunde der Bruch noch vermieden worden. Hätte damals aber der Club ſolchen Anstoß allenfalls noch ohne die äußerste Gefährdung überstanden

wie es jetzt

um ihn bestellt war, bei einem Beſtande von 177 Mitgliedern, mußte jeder Fall dieser oder ähnlicher Art ihn vor die Existenzfrage stellen. Die Nothwendigkeit, dem Club neue Lebenskräfte 9

130 zuzuführen , war in der That längst anerkannt , ein Versuch in dieser Richtung auch vor zehn Jahren be= reits unternommen. 'In folge mehrseitig geäußerter Wünsche' hatte 1853 das Comité der hier bestehenden Casinogesellschaft beim Directorium des Clubs die Eventualität einer Vereinigung beider Geſellſchaften in Anregung ge= bracht. Voraussetzung war, daß der Club zu bestimmen ſein würde, in Zukunft auch den Familien ſeiner Mitglieder diejenigen geselligen Unterhaltungen zu gewähren, welche bisher Zweck des Casino waren : in jedem Winter drei oder vier Bälle und vier bis fünf kleinere Abendgesellschaften. Auch auf eine Betheiligung von Seiten des Militärclubs glaubte man in dieſem Falle rechnen zu können , sofern deſſen Angehörige je nach ihrem Belieben entweder unter den gleichen Bedingungen wie die des Caſino als ordentliche Mitglieder in den großen Club aufgenommen, oder als außerordentliche Mitglieder bei den Winterfesten zugelaſſen würden. Die dienlichen Vorſchläge, wie ſie aus dieſen Besprechungen hervorgingen und in einer Directorialconferenz am 15. November 1853 formulirt wurden, fanden am 1. December die Zustimmung der General-

131 versammlung des Clubs. Demnach wurde beschlossen, aus deffen Mitteln auf die gedachten Bälle und Geſellschaften soviel zu verwenden wie nach Bestreitung der regelmäßigen Bedürfniſſe disponibel ſein würde, die männlichen Mitglieder der Caſinogeſellſchaft in corpore und von dem Militärclub diejenigen, welche ihren Eintritt bis dahin angemeldet hatten, ohne specielles Ballotement und unter Erlaß der ſtatutenmäßigen Eintrittsgelder als ordentliche Mitglieder in den Club aufzunehmen, den übrigen Mitgliedern des Militärclubs aber, sowie auch den ſelbſtändigen Damen der Caſinogesellschaft als außerordentlichen Mitgliedern die Theilnahme an den Feſtabenden freizustellen, und zwar gegen einen jährlichen Beitrag von 2 Thlr. für ihre Perſon, von 1½ Thlr. für ihre Angehörigen. Auf letztern Satz wurde auchder Beitrag für die Angehörigen der ordent= lichen Mitglieder des großen Clubs feſtgeſtellt, die für ihre Personen von jedem besondern Beitrage zu den Kosten der Erleuchtung, Musik, Bedienung und Be= wirthung frei blieben. Auswärtige Gäfte sollte jeder Theilnehmer gegen Entrichtung von jedesmal 12 Ggr. für die Perſon einführen dürfen. Die Einzelheiten der erforderlichen Anordnung wurden einem von dem Directorium zu bestellenden Comité überlaſſen, mit der Wei9*

132 ſung jedoch, die bereiten Mittel dabei nicht zu überſchreiten. Eine Abänderung der Statuten, wie ſolche durch die mit dieser Uebereinkunft gegebene Erweiterung der Zwecke des Clubs angezeigt war, verschob man bis dahin, daß nach dem Verlauf der Sache sich bestimmter herausgestellt hätte, was derart etwa nothwendig und nützlich. Die Casinogesellschaft führte dem Club 51 ordentliche und 3 auswärtige Mitglieder, als außerordentliche 11 Damen zu. Aus dem Militärclub traten zunächſt nur 4 ordentliche Mitglieder bei, während 30 ihre Betheiligung an den Bällen und Abendgesellschaften anmeldeten. Mit 248 ordentlichen und 63 auswärtigen Mitgliedern (ſtatt der 188 + 49 des Vorjahrs) trat der Club in das Jahr 1853/54 ein. Mit dem Hotelwirth war auf den Fall , daß die geplante Fusion sich verwirklichen sollte, alles Erforderliche bereits am 24. November contractmäßig verabredet. Für Beleuchtung und Heizung der beiden Säle ſowohl wie der übrigen Clubräume und für die Bewirthung der Anwesenden mit Chee und Backwerk vor und nach Tisch wurden ihm auf jeden Ballabend 25, auf jeden Geſellſchaftsabend 20 Thlr. zugesichert, der Preis des Couverts an ersteren, für zwei Voreſſen,

133 Braten und Deſſert zu 12, an letzteren, für ein Voreffen, Braten, Butter und Käse zu 8 Ggr., das Kar tengeld für die Abendgäste zu 12 und 8 Ggr. vereinbart. Denjenigen Mitgliedern des Clubs , welche an den Gesellschaften nicht theilnehmen würden, verpflichtete sich Becker vier Zimmer im Hotel d'Angleterre erwärmt und beleuchtet ohne weitere Entschä= digung als das gewöhnliche Kartengeld einzuräumen ; auch übernahm er, noch vor dem ersten Gesellschaftsabende eine Verbindung zwischen dem großen Saale und dem hofwärts belegenen Theile seines Hotels herſtellen und den Durchgang anständig decoriren zu laffen alles, mit Ausnahme der neuen Thür im Saale, auf seine Kosten. Nicht ohne Meinungskampf hatte das Directorium

zu dieser Neuerung die Hand geboten. Gab seine Mehrheit sich der Hoffnung hin, der Club werde dabei in dem Maße seine Rechnung finden, daß die Jahresabschlüsse hinfort mindestens wieder ohne Deficit ausgingen, so warnte von Anfang an doch eine Stimme vor solcher Speculation schon nach Maßgabe des anschläglich Berechenbaren

zu geschweigen der Mög-

lichkeit, daß eine Anzahl älterer Mitglieder von den zu erwartenden Störungen ihrer Gewohnheiten Anlaß

134 oder Vorwand zum Austritt hernahmen . Der Erfolg gab dieser Stimme Recht. Vier Bälle und sechs Geſellſchaftsabende wurden im Laufe des Winters 1853/54 veranstaltet. Die Kosten beliefen sich auf 878 Chlr. gegen 471 Thlr. Einnahme. Demzufolge die neue Einrichtung fofort wieder fallen zu laſſen, hätten Billigkeitsrücksichten gegen die mit der Aussicht auf dergleichen eben erst gewonnenen neuen Mitglieder unter allen Umständen verbieten müſſen; doch glaubte man auch für die Folge, bei vervollkomm= neten Anordnungen und nachdem manches Nothwendige ein- für allemal bestritten war, auf vortheilhaftere Ergebnisse rechnen zu dürfen. So wurde denn am 5. October 1854 in der Generalversammlung beschlossen, die bisherigen Einrichtungen in Betreff der Wintergesellschaften bis auf weiteres fortbestehen zu lassen ; abgelehnt dagegen der Antrag, die Direction zu ermächtigen, anständige tanzende junge Männer gegen einen Beitrag von 2 Thaler für die Saison bei den Bällen zuzulassen' — eine Liberalität, die ſich nach Annahme der Sanguiniker direct durch reichliche Zuſchüſſe und indirect durch namhafte Belebung des Familienintereſſes an den Bällen glänzend belohnt haben würde. Auch so freilich fanden die Winterfeste immer noch An-

135 ራ klang genug, um die Malcontenten zum Schweigen zu bringen ; von den verheißenen Segnungen jedoch ließ, abgesehen von den Ergötzlichkeiten die ihre Liebhaber davon trugen, sich keine verſpüren. Schon im zweiten Jahre ihres flors zeigte die Clubmatrikel wieder die bewußte Tendenz zum Sinken, bei der ſie dann hartnäckig beharrte ; das Deficit aber schnellte zum mehr als Dreifachen des vorjährigen auf, und auch hierin, wie wir ſchon wiſſen , brachten die folgenden Jahre feine irgendwie hoffnungsvolle Beſſerung. Noch ein drittes Jahr ließ man dem Dinge seinen Lauf; dann überwog alle Rückſichten undIlluſionen die Erkenntniß, daß es so nicht mehr weiterging : im Winter 1856/57 gab der Club das Wohlgefallen seiner Familiencomplemente dran und keine Wintergeſellſchaften mehr. Und alſo war dieser Versuch einer Neubelebung gründlichst fehlgeschlagen. Nicht minder mißrieth, womit man nach Beschluß der Generalversammlung vom 2. October 1856 das Verhängniß zu beschwören und namentlich ein Gegengewicht gegen die nach jener nothgedrungenen Beschränkung vorauszusehenden Einbußen der Matrikel herzustellen suchte : der Verzicht auf den beschwerlichen Friedrichsd'or Antrittsgebühr. Hielt in dem folgenden

136 Jahre wenigstens die Zahl der ordentlichen Mitglieder sich, bei einem Zugange von neun, noch auf der Höhe des vorjährigen Bestandes, ſo deckten die zehn, welche 1857/58 Aufnahme ſuchten, grade nur ein Viertel des Abgangs, da in eben diesem Jahre die Zahl der ordentlichen Mitglieder von 217 auf 197, die der auswärtigen von 49 auf 39 herabging. Unaufhaltſam ſchien der Club der Endschaft seiner Tage entgegenzuwanken. Da, nach drei Jahren dieſer Agonie , brachte die Rettung ein Anstoß , der unter anderen Umſtänden als zum Glück damals eintraten, ihm leicht den Rest hätte geben können.

XX. evor unser Bericht dieser Wendung folgt, bleibt erstlich noch der Männer zu gedenken, die während des bisher zur Darstellung gelangten Zeitraums den Club geleitet haben. Die Namen der Beamten während der Jahre 1806 bis 1826 verbirgt jene Lücke in den Aufzeichnungen des Clubs ; von da erst hebt das Protocollbuch an, das von den Vorstandswahlen der folgezeit bis 1862 ohne Unterbrechung wieder Kunde giebt.

Meistentheils in ihren Aemtern je auf eine längere oder kürzere Reihe von Jahren immer wieder bestätigt, gingen daraus hervor als Präsidenten seit 1826 *) Karl Dietrich £ öbbecke , seit 1832 Kauf-

*) Jedesmal vom 1. November des Jahres an, wo nicht ein anderer Anfangstermin ausdrücklich angegeben wird.

138 mann Grassau , s. 1845 Friedrich £ öbbecke , s. 1850 Hofjägermeister Graf v. Deltheim ; als Assistenten 'vom Hofe' ('vom Udel') ſeit 1826 Hofjägermeister (1831-47 Geh. Rath) Graf v. Veltheim , seit 1847 Oberlandesgerichtsrath (der spätere Staatsminister) r. Campe, s. 1849 Dec. 6 wieder Graf v. Veltheim, seit 1850 Oberst v. Specht , seit 1859 Hauptmannn v. Holy ; 'vom Militär' ſ. 1826 Capitän (demnächſtMajor und Oberstlieutenant) Berner, 1859 Oberst v . Röder , f. 1860 Oberst v. Bernewitz ; 'rom gelehrten Stande' seit 1826 Kammerrath Mahner , 1831 Pastor Söllig , f. 1832 Prof. Haupt— da Schleiter in mann Schleiter, seit 1844 Nov. 7 Folge der Herzeele'schen Händel (S. 129) außer der Zeit abtrat - ·Baurath Voigt , der 1855 die Wiederwahl ablehnte, weil er die Mitverantwortung für das gegen sein Votum unternommene Wagniß der Wintergesellschaften nicht länger tragen mochte, worauf zunächst Dr. Lemcke , seit 1859 Medizinalrath Otto an seine Stelle trat ; 'von der Kaufmannschaft' s. 1826 Chr. Grabenhorst , 1831 A. Alsfaffer , ſeit 1832 der nachmalige

139 ቀ StadtrathHinke , welcher nachseiner Wiederwahl 1849 schon am 5. December reſignirte und für 1849/50 W. nachdem W. Degener J. Heinzmann , s. 1850 die Wahl abgelehnt hatte

den Apotheker (spätern

Stadtrath) J. N. Grote , f. 1859 J. H. Graß zu Nachfolgern hatte; als Secretäre ſeit 1826 Notar Grotrian, ſ. 1849 Juſtizamtmann (demnächst Kreisgerichtsdirector) Riesell , seit 1854 Obergerichtsadvocat Hornig, f. 1859 Obergerichts= advocat Breithaupt.

Ein besonderes Mitgliederverzeichniß ist beim Club in der Zeit von 1806 bis 1841 nicht geführt worden oder doch nicht auf uns gekommen . Seit 1815 indeſſen läßt sich seine Matrikel, mit einigen Lücken freilich, aus den Rechnungen zusammenstellen, die den jeweiligen Personalbestand der Geſellſchaft und die während der einzelnen Jahre neu eingetretenen Mitglieder namentlich aufführen. Nach wie vor sind in diesen Reihen die besten Namen der Stadt und des Landes vereinigt; ein Zug der älteren aber fehlt ihrer Physiognomie, wie der der höhern Geſellſchaftskreise Braunschweigs überhaupt, seit dem Umschwunge von 1813 ſogut wie gänzlich: jene starke Beimischung ausländiſcher Ele-

140 mente. Auf wenige Zeilen, wenn dies irgend welches erhebliche Intereffe böte, könnten die wenigen Ausnahmen zusammengedrängt werden, die sich im Laufe der nächsten vierzig Jahr hier noch zusammenfinden ; das Gepräge localen Stilllebens, welches der Große Club seitdem trug, vermochten fie in keiner Weise zu alteriren. Auch nicht der fremdenbesuch dieses Zeitraums. Ist das 1836 angelegte Album nicht bald wieder sehr ungenau geführt, so war er kaum nennenswerth: 31 im Jahre 1836, 19 1837, 14 1840, 12 1839 - das sind seine höchsten Ziffern ; am nächsten kommt dann das Jahr 1838 mit 6, in allen übrigen bis 1861 geht die Zahl der Einträge zwischen 5 und o herauf oder hinab. Daß einzelne Gäste aus sehr entlegenen fernen dazu beitrugen, will für diese Zeiten des beginnenden Weltverkehrs nicht viel besagen ; weittönende Namen find darunter keine mehr. -

XXI.

m februar 1862 ward hier das 'Programm zur Gründung eines literariſchen Muſeums' in Umlauf gesetzt. Der projectirten Gesellschaft sollte die Aufgabe gestellt ſein, einestheils in ihren Leſezimmern und eventuell in gut organisirten Lesezirkeln einen möglich größten Vorrath politischer, wissenschaftlicher und belletriſtiſcher Zeitſchriften und Bücher, anderntheils in einer Reihe mit mannichfaltigen Unterhaltungsmitteln wohl ausgestatteter Gesellschafts- und durch einen eigenen Oekonomen zu versorgender Restaurationszimmer bequeme und behag= liche Gelegenheiten zu geselligem Verkehr darzubieten. Alles, unter Voraussetzung lebhafter Theilnahme, für

142 den mäßigen Jahresbeitrag von 6 Thaler von jedem Mitgliede. Mit dieser Voraussetzung aber glaubten die Urheber des Planes auf Grund der Wahrnehmung rechnen zu dürfen, daß alle hier schon vorhandenen Institute ähnlicher Tendenz sich theils zu exclusiv auf ein= zelne Stände, theils nur auf den einen oder andern der in Aussicht genommenen Zwecke beschränkten, theils auch durch die Höhe ihrer Beitragssätze eine allgemeine Betheiligung ausschlossen, und demzufolge längst auch hier schon das Verlangen nach einem gemeinsamen Mittelpuncte des geselligen und geistigen Lebens laut geworden, wie es dergleichen in vielen anderen Städten bereits gab und das 'Literarische Museum' solchen nun auch für Braunschweig zu schaffen gemeint war. Von den Unterzeichnern dieses Programms : Landsyndicus Oesterreich , Prof. Dr. Blasius , Kreisrichter Bode, Dr. H. Meyer, Prof. Dr. Aßmann, Hofmedicus Dr. Günther, Dr. jur. Dedekind , f. Jacobsen, G. Westermann , Obergerichtsadvocat Häusler und Kammerrath Uhde, gehörten

咳 nur drei, Blasius, Dedekind und Jacobsen, dem Großen Club bisher nicht an. Ohne Zweifel ward durch ihren Plan die so schon auf schwachen füßen stehende Eristenz des Clubs vollends sehr bedrohlich gefährdet ;

143 handgreiflich aber war zugleich die Erwägung, daß eine Rivalität zwiſchen zwei wesentlich gleichartigen Gesellschaften auf dem engen felde einer Stadt wie Braunschweig auch die stärkere leicht um den rechten Erfolg bringen konnte. Und ein Ausweg lag nahe genug. In dem Hauſe des Großen Clubs mit ſeinen Hof- und Gartenräumen war ein Local gegeben, wie es das ‘Literarische Muſeum' auch bei günſtigſtem Verlauf der Dinge sobald zu erwerben schwerlich Aussicht hatte : gelang es, den Club für solche Statutenänderungen zu gewinnen, die eine Vereinigung mit ihm ermöglichten, so war beiden Theilen geholfen. Dieses Ziel faßten von vornherein denn auch die Unternehmer des Literarischen Muſeums ins Auge. Ein günstiger Umstand war, daß der Ablauf des

vor zwei Jahren erneuerten Contracts mit dem Wirth des Hotel d'Angleterre schon auf Michaelis 1862 be= vorstand. Durch die damit nähertretende Möglichkeit neuer Anordnungen war bereits 1861 die Frage angeregt worden, ob und wie ſich dadurch etwa dem chronischen Hinsiechen des Clubs werde entgegenwirken laſſen. Eine beim Directorium eingereichte Denkschrift hatte den Hauptgrund dieſer bedauerlichen Erscheinung in der Thatsache nachgewiesen, daß die seit dreißig

144 bis vierzig Jahren kaum irgend veränderten Einrichtungen des Clubs dem modernen Geſchmack und Bedürfniß nicht mehr genügten ; als unerläßliche Anforderungen deſſelben hatte sie gute Bewirthung zu billigen Preisen, angenehme Räumlichkeiten, eine reichhaltige Auswahl guter Journal- und Zeitungslectüre, zulängliche Gelegenheit für Billard-, Schach- und Kegelspieler bezeichnet. Wesentlich also eben dasjenige was auch im Programm des 'Literarischen Muſeums' vorgesehen war. Und ebenso nahe berührte ſich mit diesem die Denkschrift, indem fie als Mittel zum Zweck die Unstellung eines eigenen Oekonomen, einen Ausbau des Clubhauses und die Heranziehung möglich zahlreicher, ihrem Stande und ihrer geſellſchaftlichen Stellung nach geeigneter Personen anempfahl. Als im August 1861 dem Wirthe ſein Contract aufgefagt wurde, geschah es nochmals mit dem Erbieten, ihm das Erdgeschoß des Clubhauses fernerweit pachtmäßig zu überlaſſen ; noch im September machte das Directorium sich über die veränderten Bedingungen schlüssig. War bis dahin also jener Anregung noch keine folge gegeben, so hatte demnächst doch das auftauchende Project des Literariſchen Mufeums' seinen heilsamen Druck auf die widerstrebenden

145 Neigungen und Stimmungen nicht verfehlen können. Schon in deffen Programm durfte ein günstiges Ergebniß der Unterhandlungen mit dem Clubdirectorium in Aussicht gestellt werden. Nachdem inzwiſchen für das 'Literarische Muſeum' mit rüftiger Werbung eine ansehnliche Theilnehmerzahl gewonnen war, hielt die Einigung über alle wesentlichen Puncte, wie ſie demnächst dannin einem Statutenentwurfezuſammengefaßt wurden, nicht allzuschwer mehr. Am 15. Mai konnten bei der Generalversammlung des Clubs die Entschei= dungsfragen gestellt werden. Von den ſtimmfähigen Mitgliedern erſchienen dazu allerdings noch nicht voll die Hälfte : 82 von 177 ; unter dieſen aber brachte es die abgeneigte Minorität nur auf vier Stimmen. Dergestalt also ward beschlossen, die Mitglieder des Museums in corpore in den Club aufzunehmen, die vom Directorium mit dem Muſeumscomité vereinbarten Statuten für den Club zu adop= tiren, die darin bezeichneten Einrichtungen und Anlagen auszuführen, wenn wenigstens 150 Mitglieder des Museums in den Club mit übertreten und ſoweit dessen Mittel alsdann reichen würden, die jährlichen Beiträge endlich für alle Mitglieder der vereinigten Gesellschaft auf ſechs Thaler festzusetzen.

10

146 Die praktischen Einzelheiten der damit genehmigten Reorganisation des Clubs, und so namentlich auch die Bestimmung des Zeitpunktes, wann die Vereinigung erfolgen sollte, blieb den ferneren gemeinsamen Ueberlegungen der Clubdirection und des Muſeumscomité überlaſſen. Als das Jahr 1862 zu Ende ging, war alles Erforderliche zwischen ihnen vereinbart, von der Generalversammlung genehmigt und soweit als möglich ins Werk gerichtet.

Der Zutritt im Club wurde allen Museumsmit= gliedern thatsächlich alsbald freigegeben ; formell voll30g sich die Fuſion beider Geſellſchaften am 1. Juli. Von den statutenmäßigen Eintrittsgeldern blieben, wie die des 'Literarischen Museums', so auch die bis Michaelis noch zutretenden neuen Mitglieder befreit. Als Vorstand des reorganisirten Clubs fungirte bis dahin auch ferner das alte Directorium in Verbindung mit den drei Vertretern des ‘Literariſchen Museums' : Oesterreich , Bode und Dedekind. Drei vom Vorſtande ernannte Commiſſionen traten in Thätigkeit : eine Baucommiſſion, (Kreisbaumeiſter Krahe, Stadtbaumeister Tappe , Bauconducteur £ 11y), eine literarische (Graf v. Veltheim , Buchhändler Westermann , Dr. Lemcke , Dr. Dede-

142 kind) und eine Oekonomiecommiſſion (v. Holy, Oesterreich, Hornig). Schon am 31. Juli legte erſtere ihre Pläne vor, zu deren Ausführung anſchlagsmäßig 6000 Chlr. erforder= lich waren. Sie wurden genehmigt und die nothwendigsten baulichen Einrichtungen ſofort, noch während des Sommers, in Angriff genommen. Als Leſezimmer dienten, vorläufig erst in provisorischer Ausstattung, das bisherige und der anstößende runde Spielſaal : hier lag seit dem 1. Juli eine reiche Sammlung deutſcher und fremdsprachiger Zeitungen, Broschüren, Wochen*und Monatsschriften aus. Nachdem zu Michaelis der Beckersche Contract abgelaufen und demnach die unteren Räume des Hauses frei geworden waren, konnte auch zur Bestellung einer eigenen Clubwirthschaft ge= schritten werden. Um 12. November schloß der Vorstand mit seinem gewählten Oekonomen, Gastgeber Broesecke aus Oschersleben, den dienlichen Contract ab ; in der nächsten Zeit wurden die Restaurationszimmer, zwei Billardsääle und die Kegelbahn wirklich eröffnet, und von da ab entwickelte sich hier, zu ebener Erde des Hauses, ein geselliges Treiben, wie der alte Club seit den Tagen seiner ersten Jugend keins mehr gesehen hatte. Freilich in Haltung und Farbe grund-

148 verschieden von dem welches die trümmerhaften Spuren in Leisewitz' Tagebüchern uns zu einiger Anschauung bringen, doch dieſem an Lebensfrische sicherlich mindestens ebenbürtig. Zur Deckung der Kosten dieser neuen Einrichtungen wurden zwei Anleihen gemacht. Da die alte Hauskaufschuld vom Jahre 1838 inzwiſchen bis auf 14000 Thlr. abgetragen und seitdem auch der Werth der Grundstücke überhaupt und des Clubgrundstücks insbesondere erheblich gestiegen war, ließ im October Herzogl. Leihhaus sich zu einer fernerweiten Beleihung deſſelben mit 4000 Thaler gegen Verzinsung mit 4 % und einen jährlichen Capitalabtrag von 1638 Thaler willig finden. Gleichzeitig mit der Eintragung dieser Hypothek erfolgte dann auch die immer noch rückständige Verlaffung des Clubhauses. Den Rest des Bedarfs deckte wiederum eine 4 % -Actienanleihe bei den Mitgliedern in Theilen von je 50 Thaler und zu dem Gesammtbe trage von 5200 Thaler, von denen alljährlich mindeſtens vier mittels Auslooſe zur Rückzahlung kommen ſollten . Die Neuwahlen am 4. December erhielten den bis herigen Vorstand auch für das nächste Jahr. Die alte ständische Gliederung der Gesellschaft war durch deren Neugestaltung aufgelöst, und auch der Vorstand mußte

149 nunmehr ſich anders organiſiren. Es geschah dies, indem er am 17. December eine Geschäftstheilung vereinbarte. Wie bisher blieb Vorsitzender Graf v . Velt = heim , Schatzmeister Kaufmann J. H. Graß, Secretär Obergerichtsadvocat Breithaupt ; neue functionen waren die Stellvertretung im Vorsitz, mit der Ge= neral von Bernewitz und Landſyndicus O efterreich, sowie die Aufsicht über Bibliothek und Leſe= zimmer, mit der Dr. Dedekind beauftragt wurde. Als Commission zur Ueberwachung der Restauration und des Billards, zum Einkauf der Weine, zur Bestimmung der von dem Oekonomen zu haltenden Biersorten 2c. constituirten sich Oesterreich, Hauptmann v. Holy und Medizinalrath Otto. Alſo trat mit dem 1. Januar 1863 unser Club den Gang an, in welchem er bis auf den heutigen Tag noch begriffen ist.

XXII. iesem Gange in all seinen Wendungen zu folgen, zu berichten, was mit dem vollen Recht des Lebendigen, gelobt und getadelt, gepflegt und bekämpft, sich vor den eigenen Augen und mit dem eigenen Antheil wohl der Mehrzahl aller gegenwärtigen Clubgenoffen vollzogen hat und täglich vollzieht - das kann die gleichmüthige Historiographie heute noch nicht als ihre Aufgabe erkennen. Auf geraume Zeit vielmehr wird dies alles noch der actuellen Kritik anheimgegeben sein, und an dem Tage, welchem dieses Büchlein gewidmet ist , wird ohne Zweifel auch sie das Wort gutwillig abtreten an den Panegyricus.

151 Dem aber wird es nicht schwer fallen, ſeines Amtes zu warten. Er wird die heutigen Statuten des Clubs ansehen und wird finden, daß sie den Kern der alten Gesetze zugleich pietätvoll bewahrt und einſichtig abgewandelt, entwickelt und fortgebildet haben, dergeſtalt daß kein geſunder Gedanke der Väter beiſeit gesetzt oder abhanden gekommen ist, und doch auch keins von den Bedürfnissen eines vielfältig anders gerichteten Geselligkeitstriebes unbefriedigt und leer dabei ausgeht. Er wird die Jahresmatrikeln ins Auge faffen und erkennen, daß diese Gesellschaft, welche beim Antritt ihres einundachtzigsten Jahres unheilbarem Altersschwunde verfallen ſchien, am Schluffe dieſes ſelben Jahres aus einem glückhaften Verjüngungsproceſſe neubelebt, mit mehr als verdoppelter Stärke (462 +44) hervorgegangen, bis 1869 dann zu dem Hochſtande von 55693 gediehen und dabei im letzten Decennium ihres ersten Jahrhunderts mit mäßiger Abnahme er: halten ist, wie sie denn nunmehro ihren hundertſten JahrestaginderGesammtzahl von 550 begehen kann. Er wird den Vermögensſtand und die Rechnungsabſchlüſſe des Clubs überblicken und anführen, daß deſſen regelmäßige Ausgaben, 1862 noch wenig mehr als 10,000 Mark, im Jahre 1879 ſich auf beinah 18,000 beliefen,

152 noch ungleichstärker aber als feine Bedürfniſſe —von ca. 10,800 auf 38,600 Mark 11 inzwischen auch seine Einnahmen gewachsen und so aus den etwa 300 Mark Ueberschüssen von 1862 in dem letztvergangenen Jahre über 20,000 geworden sind, während sich gleichzeitig ſeine Hypothekschuld von c. 61,000 Mark auf c. 41,000, die Actienschuld aus dem Jahre 1862 von 15,600 auf 3600 gemindert hat, die ältere von 1838 in dem jetzt laufenden Jahre völlig wird abgetragen ſein. Dieſes dann wie jenes erſte erwägend, wird der Panegyricus ſagen können, daß der heutige Club nicht etwa bloß der lachende Erbe des alten, daß er vielmehr deſſen rechter Palingenet und Vollender , und demnach sein Recht jeder Anfechtung überhoben ist, wenn er den hundertſten Geburtstag des Großen Clubs als ſeinen eigenen feiert. Und nach dem allen wird er ſchließlich dem dankbaren Andenken der Nachwelt die Führer empfehlen, deren Namen mit dieſer geſegneten jüngſten Aera des Clubs unzertrennlich verknüpft sind. *) Nach aber fünfzig oder hundert Jahren wird dann ein anderer Historiograph dies alles und was weiterhin noch im Schoße der Zukunft ruht, ausführlicher und wie es dem Hellblick eines erleuchtetern Jahr-

*) Jhre Namen zum Schluß.

153 ቀ hunderts sich darſtellt, einer andern Feftrunde zu ſchildern wissen. Einzelne Farben in dem lichten Bilde des Panegyricus von heute vielleicht abtönend, ge= laffener Hand aber auch über manchen Schatten hinfahrend, auf welchen zur Stunde der Kritiker den Finger mit wichtiger Miene legt ; und das Ganze wird er ohne Zweifel mit den Refleren jener versöhnlichen Jronie anhauchen, welche der Lebende den kleinen Werken vergangener Geschlechter widmen darf, sofern er nur fein Thun dem gleichen Recht Derer unterwirft die nach ihm lachen werden. Mit lächelnder Nachsicht wird dieſer zukünftige Historiograph des Clubs auch auf das hinſehen was vorstehend mit der frommen Einfalt unseres Jahrhunderts, in ungelenken und lückenhaften Umriſſen, ſein Amtsvorfahr hingeworfen hat. Und so ruft denn der Schreiber dieser Zeilen jenem seinem unbekannten Nachfolger, dem Sohne eines noch ungebornen Vaters, über die dunkle Kluft der Zwischenjahre, die vor deffen Auge alsdann in den hellen Lichtern eigner und fremder Erinnerungen daliegen wird, ein fröhliches Salve! ent= gegen. Zwar nicht ohne löblichen Neid, sofern er die lockende Aufgabe die jenes andern warten, die Fülle der Ueberlieferung die ihm zu Gebote ſtehen, und endlich die

154 gereiftere Klio dié ſeinen Griffel führen wird, nachdenklich in Betrachtung zieht. Um nichts weniger jedoch mit herzlicher Freude an der Gunſt des Geſchicks, die uns verstattet, alſo an dieſem Tage ohne Vermeſsenheit ausschauen zu dürfen wohin vor achtzehn Jahren Niemand auszuschauen gewagt hätte : nach der zweiten Säcularfeier deß Großzen Clubs.

Die Clubvorstände seit 1863.

Im Präsidium find dem Grafen v. Veltheim 1867 Landsyndicus Oesterreich , seit 1873 der damalige Handelsgerichtsdirector, jetzige Obergerichtsrath Bode gefolgt. Schatzmeister blieb bis zu seinem Tode Fabrikant Graß; ihm folgten 1869 Particulier S. Jüdel und nachdem auch dieſer verstorben, ſeit 1879, Kaufmann Otto Gierlings. Als Sekretär fungirt an Stelle des Obergerichtsadvocaten Breithaupt ſeit 1873 der damalige Staatsanwalt, jetzige Landgerichtsdirector Koch. Zu Assistenten wurden gewählt für den General v. Bernewitz 1867 General Ludovici , und nach dessen sowie seiner nächsten beiden -1869 Generals v. Girsewald, 1872

Nachfolger

Oberstlieutenants v. Holy – tödtlichem Hintritt, seit 1879 Oberstlieutenant Kuhlwein v. Rathenow ;

156 für den damaligen Hauptmann v. Holy, der alsdann bis 1872 aus dem Vorstande schied , seit 1864 Finanzrath Wolf; für den Medizinalrath Otto 1864 Kaufmann Buchler , seit 1873 Advocat Semler; für den Landsyndicus Oesterreich 1867, bei dessen Uebergange ins Präsidium, Finanzrath v. SchmidtPhiseldeck , dem seit 1876 Kammerrath Baum = garten gefolgt ist ; für den Handelsgerichtsdirector Bode bei gleichem Anlaß 1873 Oberpostdirector Schottelius ; für Dr. Dedekind nach dessen Versetzung aus Braunschweig 1865 Finanzsecretär Schrader; als auch dieser von hier verzogen, 1872 Oberlehrer Gif= horn und nach dessen Tode seit 1875 Kammersecretär Eyferth.