Das Vorbehaltsgut als Vermögen in § 1 KO: Anwendbarkeit konkursrechtlicher Grundsätze des Sicherungseigentums auf den Eigentumsvorbehalt? [1 ed.] 9783428464951, 9783428064953

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Das Vorbehaltsgut als Vermögen in § 1 KO: Anwendbarkeit konkursrechtlicher Grundsätze des Sicherungseigentums auf den Eigentumsvorbehalt? [1 ed.]
 9783428464951, 9783428064953

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RAINER M. MELLWIG

Das Vorbehaltsgut als Vermögen in § 1 KO

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 112

Das Vorbehaltsgut als Vermögen in § 1 KO Anwendbarkeit konkursrechtlicher Grundsätze des Sicherungseigentums auf den Eigentumsvorbehalt?

Von Dr. Rainer M. Mellwig

Duncker & Humblot . Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

MeIIwig, Rainer M.: Das Vorbehaltsgut als Vermögen in § 1 KO : Anwendbarkeit konkursrechtl. Grundsätze d. Sicherungseigentums auf d. Eigentumsvorbehalt? / Von Rainer M. Mellwig. - Berlin : Duncker u. Humblot, 1988 (Schriften zum Bürgerlichen Recht ; Bd. ll2) Zug\.: Köln, Univ., Diss., 1987 ISBN 3-428-06495-X NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Irma Grininger, Berlin 62 Druck: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06495-X

Vorwort Die Arbeit hat im Sommersemester 1986 der juristischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation vorgelegen. Das Manuskript war im wesentlichen im Herbst 1985 abgeschlossen. Rechtsprechung und Literatur sind mit Ausnahme von Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungs übertragung, Band VI, bis Anfang 1987 berücksichtigt. Eine Anregung gab die seit langem anhaltende Diskussion um die insolvenzrechtliche Reform der Mobiliarsicherheiten und die Perspektive, bereits auf dem 51. Deutschen luristentag erörterte Zielvorstellungen in das geltende Recht zu transformieren. Das wesentliche Anliegen besteht in der Wahrung der Systemstimmigkeit bei der konkursrechtlichen Behandlung von Eigentumsvorbehalt einerseits und Sicherungs übereignung andererseits. Ein Hinterfragen des Sicherungseigentums und seiner insolvenzrechtlichen Prinzipien ist heute überholt, nachdem der seit lahrzehnten erhobene Vorwurf des unzulässigen Ersatzes für ein besitzloses Pfand der Sicherungsübertragung ihre Stellung im Kreditsicherungsrecht bislang nicht hat streitig machen können. Aus diesem Grunde wurde die Zulässigkeit der Sicherungsübereignung mit dem sie im Konkurs verwirklichenden Umwandlungsprinzip als Axiom vorausgesetzt. Besonderen Dank schulde ich Herrn Professor Dr. M üller-Graff für die Betreuung der Dissertation und die angenehme Zeit, in der ich für ihn tätig war. Seine Anregungen und methodischen Hinweise stellten stets eine wertvolle Hilfe dar. Danken möchte ich ferner Herrn Professor Dr. Lieb, der mich ebenfalls an seinem Lehrstuhl beschäftigte. Köln, im Mai 1988

Rainer Mellwig

Inhaltsverzeichnis Einleitu ng .........................................•...............

I7

A. Hinführung zur Fragestellung

17

B. Gegenstand der Untersuchung

18

Erster Teil Der Vorbehaltskauf in § 17 KO Inkongruenz von wirtschaftlichen Zielvorstellungen und normativer Wirklichkeit

A. Ursprung und Entwicklung des Vorbehalts kaufes und seiner wirtschaftlichen Funktionen .................................................... I. Sicherungsfunktion des Eigentums - vertragliche Ausbildung einer

21

21

Mobiliarhypothek ...........................................

21

11. Haftungsfunktion der Käuferanwartschaft ......................

23

111. Wirtschaftliche Gesamtschau: Der Eigentumsvorbehalt als dingliche Vorzugshaftung .............................................

24

B. Wirkungsweise der Erfüllungsablehnung in § 17 KO .................

25

I. Meinungsstand

25

11. Stellungnahme

26

1. Begründung der herrschenden Meinung ......................

26

2 Die Erfüllungsablehnung in den Motiven .....................

27

3. Gesetzliche und systematische Anhaltspunkte für die rechtliche Auswirkung der Erfüllungsablehnung ...........................

29

a) Die Erfüllungsablehnung als die unmittelbare Folge der Konkurseröffnung im Verhältnis zu § 26 KO ......................

29

b) Untergang des Primäranspruches in § 17 Abs. 2 KO ........

31

aa) § 17 Abs. 2 KO als notwendiger Pendant zu §§ 325, 326 BGB

31

8

c.

In haltsverzeichnis

bb) Surrogationstheorie und "Erfüllbarkeit" des Primäranspruches .............................................

33

cc) Gleichstellung des Schweigens in § 17 Abs. 2 KO mit der ausdrücklichen Ablehnung .........•...................

34

4. Erfüllungsverweigerung auf dem Hintergrund schutzwürdiger Interessen .................................................

35

a) Interesse der Gläubigergemeinschaft ......................

35

b) Interesse des Gemeinschuldners ..........................

36

Die normative Erfassung des Vorbehaltskaufes im Konkurs ...........

37

I. Unbefriedigende Ergebnisse bei grammatikalischer Auslegung ......

37

1. Verkäuferkonkurs ........................................

38

2. Käuferkonkurs ...........................................

38

11. Korrekturversuche ..........................................

39

I. Verkäufer- und Käuferkonkurs umfassende Lösungsvorschläge ..

39

a) Erfüllung von Seiten des Verkäufers ......................

39

aa) Erfüllung ohne Eigentumsübergang ...................

40

(I) Erfüllung durch Vornahme der Leistungshandlung ...

40

(2) Die bedingte Übereignung als geschuldeter Leistungserfolg ..........................................

41

bb) Der Anwärter als Eigentümer.. . . . .. . .. . . . .. . . . . . . .. .

42

(I) Der Veräußerer als besitzloser Pfandgläubiger .......

42

(2) Der Veräußerer als "Anwärter eines Eigentumsrückfallrechtes" .......................................

43

b) Teleologische Normzweckreduktion des § 17 KO ...........

44

c) Die Argumentation aus § 161 BGB .......................

45

2. Auf den Verkäuferkonkurs beschränkter Ausschluß des § 17 KO.

46

a) Weitere Modifikation des Erfüllungsbegriffes ...............

46

b) Argument aus §§ 67, 154, 168 Ziff. 2 KO ..................

48

c) Analogie zu § 24 KO ...................................

49

d) Die der Anwartschaft unterstellte dingliche Rechtsnatur .....

50

e) Einzelfallgerechtigkeit in § 242 BGB ......................

51

D. Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung ..............

52

Inhaltsveneichnis

9

Zweiter Teil Entwicklung eines Lösungsmodells: Die Zuordnung des Kaufgegenstandes zum Haftungsvermögen des § 1 KO nach den ftir die fiduziarische Treuhand geltenden Grundsätzen

A. Vermögen und Haftung

55 56

I. Ausgleich der Sachwertinteressen ..............................

56

11. Der Lösungsansatz Raisers ...................................

57

1. Abgrenzung zur "ratenweisen Verdinglichung" und zum Miteigenturn ....................................................

57

2. "Eigentumsteilung auf Zeit" ................................

58

a) Gespaltenes Eigentum und materielle Rechtszuständigkeit ....

58

aa) Belastung mit beschränkten dinglichen Rechten .........

59

bb) Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung .........

59

cc) Vertauschbarkeit der Begriffe und Anwartschaft ........

60

b) Übernahme des Ansatzes der Vermögenszugehörigkeit .......

61

B. Die "konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit" in ihrem Bezug zu § 17 KO

61

I. Die Zugehörigkeit zu einem der Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögen i.S.d. § 1 KO ......................................

62

1. Die unmittelbaren Vermögensbestandteile in Abgrenzung zur Rechtszuständigkeit .......................................

63

2. Erheblichkeit dieser Differenzierung .........................

66

3. "Zugehörigkeit" i.S.d. § 1 KO ..............................

67

11. Der Bezug zu § 17 KO .......................................

68

1. Leistungs- und Gegenleistungsobjekte als Haftungsvermögen .....

68

2. Die von § 17 KO vorausgesetzten Rechtszuständigkeiten ........

69

a) Verkäuferkonkurs ......................................

69

b) Käuferkonkurs ........................................

70

111. "Konkursrechtliche" Rechtszuständigkeiten der fiduziarischen Treuhand......................................................

70

IV. Überwindung des Synallagmas in § 17 KO ......................

71

D. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum .............

73

10

Inhaltsverzeichnis I. Funktionelle Vergleichbarkeit: Sicherungs- und Treuhandfunktion

74

1. Treuverhältnis zwischen den Vertragsparteien ..................

74

2. Sicherungseigentum zur Sicherung eines Rückgewähranspruches? .

75

3. Funktionelle Eingrenzung: Sicherung auf dem Hintergrund einer Kreditgewährung .........................................

79

11. Interessenlage ..............................................

81

1. Verkäuferkonkurs: Korrektur in § 1 KO aus Billigkeitserwägungen

81

a) Störung des Sicherungszweckes und Bindung der Rechtsmacht

81

b) Das Umwandlungsprinzip bei der auflösend bedingten Sicherungsposition .........................................

83

2. Käuferkonkurs: Verwirklichung des Sicherungsinteresses in § 48 KO

85

a) Absonderungs- statt Aussonderungsrecht ..................

86

aa) Unvereinbarkeit von Aussonderungsbefugnis und Erfüllungsanspruch .....................................

86

bb) Interessenlage im einzelnen ..........................

88

b) Absonderungsrecht des Veräußerers im Verhältnis zu § 455 BGB

90

aa) Erfüllungsablehnung in § 17 KO als der Sicherungsfall des § 455 BGB .......................................

91

bb) Vereitelung des Sicherungszweckes "Rückgewähr der Kaufsache"? ...........................................

92

D. Bestätigung der Funktions- und Interessenbewertung in Rechtsprechung und Lehre zum erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt im Abnehmerkonkurs .......................................................

93

I. Verarbeitungsklausel .........................................

93

11. Geschäftsverbindungsklausel ..................................

95

1. Absonderungsrecht als zwingender Rechtsbehelf - Zweckzusammenhang zwischen Vorbehaltsgut und den in die Sicherung einbezogenen Forderungen.. . .. . . .. . .. .. . . . . . . .. . .. . .. . . . . . . . . . . . .. . ...

95

2. Vollrechtsinhaberschaft und Absonderungsrecht ...............

97

a) Dogmatische Grundlage des "dinglichen Rechts zur Befriedigung aus der eigenen Sache" .................................

97

b) Einwand des numerus clausus der dinglichen Rechte .........

98

aa) Gegenargument Sericks aus § 1256 BGB ............... bb) Gegenargument Brauns aus § 398 HGB

99 100

Inhaltsverzeichnis

11

c) Verlust einer dinglichen Rechtsstellung durch "konkursbedingte Umstände"? ...........................................

102

aa) Beschränkung der Erfüllungswahl auf die Kaufpreisforderung ...........................................

102

bb) Neuzuordnung des Vorbehaltsgutes in § I KO als Folge der Kaufpreiszahlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103

3. Schlußfolgerung ..........................................

105

111. Die Brücke vom erweiterten und verlängerten zum einfachen Eigentumsvorbehalt ..............................................

105

E. Bewertungsmodell in Anlehnung an §§ 950, 951 BGB

107

Dritter Teil

Das Schuldverhältnis als Lösungsansatz A. Einwände systematischer Art und unter dem Aspekt der Sicherheit des Rechtsverkehrs ................................................. I. Schuldrechtlicher Einfluß auf die Güterzuordnung - eine für die Privat-

109 109

autonomie unüberwindliche systematische Schranke ...............

110

11. Der numerus c1ausus der Sachenrechte .........................

112

III. Das Unmittelbarkeitsprinzip ..................................

114

I. Der Aspekt der sachenrechtIichen Publizität ...................

115

2. Der systematisch-dogll]atische Aspekt: Schuldrechtliche Neuzuordnung von Haftungsmasse in § I KO .........................

116

a) Gefahren einer rein schuldrechtIich begründeten Treuhand - Notwendigkeit einer Einschränkung ..........................

117

aa) Die Herkunft des Treugutes und der Normzweck des § 137 BGB .............................................

117

bb) Mißbrauchsmöglichkeit als Vertrag zu Lasten Dritter .....

118

cc) "Beneflziarrecht" des VerschafTungsgläubigers ...........

119

b) Anwartschaft statt Unmittelbarkeitsprinzip .................

120

aa) Anwartschaft als Rechtfertigung und Grenze einer über ihren obligatorischen Charakter hinausgehenden Käuferposition

120

bb) Exkurs: Schuldrechtliche Zuweisung statt sachenrechtIichem Durchgangs- oder Direkterwerb ......................

122

c) Bestätigung einer schuldrechtIichen Neuzuordnung von Haftungsmasse in § I KO in Rechtsprechung und,Lehre zum erweiterten Eigentumsvorbehalt im Abnehmerkonkurs ..............

124

3. Zusammenfassung ........................................

125

12

Inhaltsverzeichnis

B. Rechte und Pflichten außerhalb des Konkurses - Sicherungstreuhand im Parteiwillen ....................................................

126

I. Befugnisse des Veräußerers als Sicherungsnehmer .................

127

I. Herausgabeanspruch und Verwertungsrecht bei Eintritt des Sicherungsfalles ...............................................

127

a) Ablehnende Stellungnahme des Bundesgerichtshofes .........

128

b) § 455 BGB als vertragliche Erleichterung des § 326 BGB .....

130

c) Entzug der Kaufsache bei Haftung des Käufers auf das positive Interesse als anerkannte Rechtsfolge ......................

131

2. Besonderheiten beim Abzahlungskauf ........................

132

11. Einzelzwangsvollstreckung ....................................

133

I. Rechtsbehelfe ............................................

133

2. Treuhandgedanke als dogmatische Grundlage der »Vollstreckung in die eigene Sache" .......................................

134

III. Auslegungsmaxime Leonhardts ................................

136

Vierter Teil Die konkursrechtliche Abwicklung

137

A. Abwicklung des bestehenden Kaufvertrages .........................

137

I. Verkäuferkonkurs ...........................................

137

11. Käuferkonkurs .............................................

138

I. Einlösungsrecht statt Erfüllungswahl .........................

138

2. Abwicklung im Dreipersonenverhältnis .......................

139

a) Sicherungshalber übertragene oder verpfändete Anwartschaft ..

139

b) Nachgeschalteter und weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt - Verkäufer- und Käuferkonkurs in einer Person ................

140

aa) Offen weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt ..............

141

(I) Erstkäuferkonkurs ..............................

141

(2) Zweitkäuferkonkurs .............................

143

bb) Nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt ..................

144

(I) Erstkäuferkonkurs ..............................

144

(2) Zweitkäuferkonkurs .............................

145

Inhaltsverzeichnis

13

B. Das Rückgewährschuldverhältnis im Konkurs .......................

145

I. Rechtslage nach Rücktritt ....................................

145

11. Abwicklung des Rückgewährschuldverhältnisses ..................

146

1. Verkäuferkonkurs

........................................

146

2. Käuferkonkurs ...........................................

147

Schlußbemerkung ...................................................

148

Literaturverzeichnis .................................................

152

Abkürzungsverzeichnis aA. aaO. Abs. AbzG AcP a. E. a. F. AG ALR Anm. arg. Art. AT Aufl. BB Bd. BGB BGBI. BGH BGHLM

BGHSt BGHZ bzw. DB DGVZ d. h. DJT DJZ EG etc. f. ff. Fußn. gern. GG ggf. Gruch HGB h.M. i. E. i. d. R. i. S.

andere Ansicht am angegebenen Ort Absatz Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte vom 16.05.1894 Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Die Aktiengesellschaft Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Anmerkung argumentum Artikel Allgemeiner Teil Auflage Der Betriebsberater Band Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.08.1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Das Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier, Möhring u.a. Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen beziehungsweise Der Betrieb Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung das heißt Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Einführungsgesetz et cetera folgende fortfolgende Fußnote gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 gegebenenfalls Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot Handelsgesetzbuch vom 10.05.1897 herrschende Meinung im Ergebnis in der Regel im Sinne

Abkürzungsverzeichnis

i. S. d. i. S. v. JherJb JR JuS JW JZ KG KO KTS LG LindesZ LZ m. a. W. MDR MüKo-Bearbeiter n. F. NJW OLG RabelsZ Rdn. RGRK RGZ Rpfleger S. SJZ sog. Sp. StGB u.a. u.s.w. vgl. VerglO Vorbem. WM ZAkDR ZGR ZHR ZIP ZPO z. T. ZZP

15

im Sinne des im Sinne von Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kammergericht Konkursordnung vom 10.02.1877 Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Landgericht Zeitschrift für Zivilrecht und Prozeß, herausgegeben von Linde Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Oberlandesgericht Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Randnummer Das BGB, Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Richtern am BG H Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Der Deutsche Rechtspfleger Seite Süddeutsche Juristenzeitung sogenannt Spalte Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15.05.1871; neu bekanntgemacht am 25.08.1953 unter anderem und so weiter vergleiche Vergleichsordnung vom 26.02.1935 Vorbemerkung Zeitschrift für Wirtschaft und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen, Teil IV Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht (ab 124: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozeßordnung vom 30.0l.l877 in der Fassung vom 12.09.1950 zum Teil Zeitschrift für Zivilprozeß

Einleitung A. Hinführung zur Fragestellung Wird eine bewegliche Sache verkauft und übergeben, hat der Käufer einen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch auf Übereignung des verkauften Gegenstandes, der Verkäufer einen solchen auf Zahlung des Kaufpreises. Fällt eine der Parteien in Konkurs, steht es dem Konkursverwalter nach § 17 KO frei, die Erfüllung des Kaufvertrages zu wählen. Entscheidet er sich für die Nichterfüllung, erlöschen nach h.M. I die beiderseitigen Erfüllungsansprüche auch über das Verfahren hinaus. An ihre Stelle tritt ein einseitiger Anspruch des Vertragsgegners auf Schadenersatz, der als Konkursforderung geltend zu machen ist, § 26 KO. Im Verkäuferkonkurs kann der Konkursverwalter den Kaufgegenstand herausverlangen; im Käuferkonkurs steht dem Veräußerer ein Aussonderungsrecht gern. § 43 KO zu. Bei normativer Betrachtungsweise macht es keinen Unterschied, ob mit dem Kaufvertrag ein Eigentumsvorbehalt vereinbart wird und der Käufer eine sogenannte Anwartschaft erwirbt, die als "subjektives,,2, dem Eigentum angeblich "wesensgleiches"3 Recht bezeichnet wird. Die aufschiebende Bedingung des Eigentumsübergangs- die Tilgung der Kaufpreisforderung - kann nach dem Erlöschen der Erfüllungsansprüche nicht mehr eintreten. Der endgültige Bedingungsausfall vernichtet die Anwartschaft. Ist auf diese Weise der Anwartschaft im Hinblick auf Verkäufer- und Käuferkonkurs ein wesentlicher Teil ihrer Verkehrsfähigkeit genommen, erscheint es gleichwohl zweifelhaft, ein davon abweichendes Ergebnis allein auf dem Hintergrund von § 17 K 0 zu suchen. Letztlich maßgebend für jedes Konkursverfahren ist der von Raiser als Grundgedanke des gesamten Haftungsrechtes bezeichnete Satz, daß "alle zum Vermögen einer Person gehörenden Gegenstände den Gläubigem dieser Person zu haften haben"4.

Nachweise im Ersten Teil B.1.. BGHZ 10, 69; 20, 88. 3 Die Wendung vom "wesensgleichen Minus" zum Eigentum geht zurück auf Schwister, JW 1933, 1764, 2547; seit BGHZ 28, 21 stge. Rspr.; vgl. ferner: Staudinger/Berg, § 929 Anm.28c. 4 Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 91. I

2

2 Mellwig

18

Einleitung

Normativer Anknüpfungspunkt für die konkursrechtliche Zugehörigkeit zum Haftungsvermögen ist § 1 KO. Danach umfaßt die Konkursmasse das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners "wie es ihm selbst zusteht"s. § 1 KO knüpft damit an bereits vor Verfahrens eröffnung bestehende "Rechtszuständigkeiten,,6 an. Entsprechend bestimmt sich die Nichtzugehörigkeit zur Konkursmasse auf Grund eines "dinglichen oder persönlichen Rechts nach außerhalb des Konkursverfahrens geltenden Gesetzen", § 43 KO.

B. Gegenstand der Untersuchung Der wirtschaftlich realisierbare Vermögenswert "Kaufsache" ist als Befriedigungsobjekt nur einmal vorhanden. Das "haftungsrechtliche" Verhältnis zwischen Eigentum und Anwartschaft im Konkurs stellt sich demnach in erster Linie als eine Frage der Rechtszuständigkeiten im Hinblick auf den Kaufgegenstand dar. Auch § 17 KO kann letztlich nur eine Ausprägung dieses Rechtszuständigkeitsproblems sein und steht zweifellos in einem sinnvollen Bezug zu § 1 KO. Kommt es deshalb beim Eigentumsvorbehaltskauf auch im Konkurs darauf an, "den richtigen Ausgleich zwischen den Sachwertinteressen des Eigentümers einerseits, des Anwärters und seiner Gläubiger andererseits herzustellen,,7, muß dies auf dem Hintergrund von §§ 1 und 17 KO gleichermaßen geschehen. Die Rechtszuständigkeiten auf Grund eines "dinglichen oder persönlichen Rechts" - vgl. § 43 KO - sind beim Eigentumsvorbehalt de lege lata eindeutig. Einem Eigentümer steht der verkaufte Gegenstand "dem Rechte nach zu"s und gehört im Konkurs zu dessen Konkursmasse. Eine Anwartschaft i. S. eines dem Eigentum wesensgleichen, subjektiven Rechts kennt das Sachenrecht nicht. Dort findet sich lediglich die Unterscheidung zwischen Berechtigtem und Nichtberechtigtem, in diesem Fall zwischen Eigentümer und Nichteigentümer; tertium non datur 9• Nach dieser gesetzlichen Differenzierung "gehört" - i. S. d. § 1 KOdem Käufer nur der schuldrechtliche Übereignungsanspruch aus § 433 Abs. 1 BGB 10, welcher in seiner Durchsetzbarkeit gern. § 161 BGB geschützt ist. Dieser sogenannte Verschaffungsanspruch hat auf die Vermögenszugehörigkeit des geschuldeten Gegenstandes in § 1 KO grundsätzlich keinen Einfluß Il . Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 49. Jaeger/Lent, aaO. 7 Raiser, aaO., S. 91. 8 Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 51. 9 Schreiber, NJW 1966, 2333, 2334. '0 Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 51: Eine Sache gehört dem Eigentümer, eine Forderung dem Gläubiger. 5

6

B. Gegenstand der Untersuchung

19

Ebenso eindeutig sind de lege lata die Rechtszuständigkeiten auf dem Hintergrund einer Sicherungsübereignung. Wie beim Vorbehalts kauf ist der Sicherungsnehmer sachenrechtlich Eigentümer, während dem Sicherungsgeber ein schuldrechtlicher Übereignungsanspruch zusteht. Trotz dieser eindeutigen Trennung zwischen relativen und absoluten Rechtspositionen erfährt die Zugehörigkeit zum Haftungsvermögen in § I KO eine gegenteilige Wertung: Im Treuhänderkonkurs gehört das Treugut konkursrechtlich nicht zu dem Vermögen i. S. d. § I KO, im Treugeberkonkurs ist es Bestandteil der Konkursmasse l2 • Offensichtlich werden hier bestimmte, der Sicherungsübereignung zu Grunde liegende Zweckbestimmungen bei der konkursrechtlichen Wertung in § I KO berücksichtigt. Soweit diese konkursrechtliche Bewertung der Vermögenszugehörigkeit in § 1 KO auch beim Vorbehalts kauf zu interessengerechten Ergebnissen führt und beiden Mobiliarsicherheiten vergleichbare Interessen und Funktionen zu Grunde liegen, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit konkursrechtlicher Grundsätze der Sicherungsübereignung auf den Eigentumsvorbehalt. Da beim Eigentumsvorbehalt nach § 161 BGB Wirkungen eines dinglichen Rechtsgeschäfts erst mit der Bedingung eintreten, bleibt als Anknüpfungspunkt für eine von der dinglichen Rechtslage abweichende Entscheidung in § I KO nur die schuldrechtliche Beziehung zwischen Vorbehaltsverkäufer und -käufer. Inwieweit das relativ wirkende, dispositive Schuld recht auf die grundsätzlich dem absolut wirkenden, zwingenden Sachenrecht vorbehaltende Güterzuordnung in § 1 KO Einfluß nehmen kann, ist letztlich eine systematische Frage, die sich an der Sicherheit des Rechtsverkehrs und an den schutzwerten Belangen Dritter orientiert. Im Ersten Teil soll unter~ucht werden, ob sich die dem Vorbehaltskauf zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Zweckbestimmungen bei einer rein normativen Betrachtungsweise im Konkurs realisieren lassen. Sofern das abstrakte Normensystem keine befriedigende Lösungsmöglichkeit bietet, stellt sich vor allem im Hinblick auf die Rechtsprechung die Frage nach einer Korrektur über § 242 BGB. Eine sich an den Interessen des Einzelfalles orientierende Entscheidung auf dem Hintergrund des § 242 BGB kann dem Vorbehaltskauf letztlich kaum gerecht werden, sofern er als Typus keine Entscheidung im Einzelfall erfordert, sondern ein das Falltypische erfassende Lösungsmodell. Dieses zu entwickeln ist Aufgabe des Zweiten Teils. Hier wird zunächst dargestellt, daß die für das Sicherungseigentum im Insolvenzverfahren aufgestellten Regeln grundsätzlich geeignet sind, durch eine konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit des Vorbehaltsgutes den § 17 KO zu überwinden. Alsdann ist die Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum als pfandrechtsähnliche Sicherungsrechte zu erörtern. 11 12

2*

Jaeger/Lent, § 43 KO Anm. 3. Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 21.

20

Einleitung

Der Dritte Teil beschäftigt sich vornehmlich mit systematischen Einwänden gegen eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum, die sich aus dem Einfluß eines schuldrechtlichen Treuhandverhältnisses auf die dem Sachenrecht vorbehaltene Güterzuordnung ergeben könnten. Schließlich bleibt zu prüfen, ob das Verständnis des Vorbehaltskaufes als Sicherungstreuhand auch außerhalb des Konkurses eine Stütze im Parteiwillen findet. Der Vierte Teil behandelt die konkursrechtliche Abwicklung des der Sicherungstreuhand gleichgestellten Vorbehalts kaufes.

Erster Teil

Der Vorbehaltskauf in § 17 KO Inkongruenz von wirtschaftlichen Zielvorstellungen und normativer Wirklichkeit Bevor sich eine Diskrepanz zwischen den mit dem Vorbehaltskaufverknüpften Zielvorstellungen und seiner normativen Erfassung im Konkurs aufzeigen läßt, ist vorab die wirtschaftliche Funktion des Vorbehaltskaufes zu skizzieren. Grundlegend für die normative Erfassung des Eigentumsvorbehaltes im Konkurs ist die Wirkungsweise des § 17 KO, wobei vor allem der Frage nach dem Einfluß der Erfüllungsablehnung auf den Bestand der gegenseitigen Erfüllungsansprüche entscheidende Bedeutung zukommt. Im Anschluß daran ist zu untersuchen, ob die bei grammatikalischer Auslegung des § 17 KO erzielten Ergebnisse in Ansehnung der wirtschaftlichen Zielvorstellungen interessengerecht sind bzw. die in großer Zahl angebotenen Lösungsvorschläge eine Korrektur erlauben.

A. Ursprung und Entwicklung des Vorbehaltskaufes und seiner wirtschaftlichen Funktionen Die den Vorbehaltskauf prägenden wirtschaftlichen Funktionen treten in erster Linie bei der historischen Entwicklung dieses Institutes zu Tage. Diese Entwicklung wird im folgenden zunächst für das vorbehaltene Eigentum und die Anwartschaft getrennt dargestellt, um sie anschließend in einer wirtschaftlichen Gesamtschau zusammenfassend zu würdigen. I. Sicherungsfunktion des Eigentums vertragliche Ausbildung einer Mobiliarhypothek

Der wirtschaftliche Vorläufer des heutigen Eigentumsvorbehaltes, das pactum reservati dominii 1, fand in der deutschen Rechtspraxis ab dem 16. Jahrhundert anfänglich fast ausschließlich bei Immobiliengeschäften Verwendunl. Die I

2

Thiemann, Die Entwicklung des Eigentumsvorbehalts, S. 30. Thiemann, aaO., S. 30, 38; vgl. auch Sponer, Das Anwartschaftsrecht, S. 33.

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

Rezeption des römischen Pfandrechtssystems hatte die Entwicklung eines besitzlosen deutschrechtlichen Pfandrechtes abgebrochen, ohne dieses durch ein gleichwertiges Kreditsicherungsmittel ersetzen zu können. Das römische Recht kannte zwar die besitzlose "hypotheca", die jedoch wegen gesetzlicher, mit Rangprivilegien ausgestatteten Generalhypotheken und Spezialpfandrechte als Kreditsicherungsmittel zu unsicher und damit praktisch wertlos war3• Die Praxis schloß diese Lücke im Kreditsicherungssystem durch die Ausbildung des Eigentumsvorbehaltes auf vertraglicher Grundlage4 • Die wirtschaftliche Funktion des Eigentumsvorbehaltes als "Restkaufgeldhypothek" trat bei seiner ersten gesetzlichen Ausgestaltung deutlich hervor: Die Chursächsische Prozeßordnung von 1622 stellte das vorbehaltene Eigentum in der Rechtsfolge einem Pfandrecht gleich 5 • Die partikularrechtliche Hypothekengesetzgebung schließlich löste den Eigentumsvorbehalt im Liegenschaftsrecht ab. Durch die Eintragung einer Restkaufgeldhypothek konnte sich der Veräußerer gefahrlos sichern 6• Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Kreditkauf beweglicher Sachen zunehmend an Bedeutung gewann, hatte die Partikulargesetzgebung das besitzlose Pfand bereits weitgehend ausgeschaltet. Die Reichsjustizgesetzgebung 7 schließlich entwertete die noch vereinzelt vorkommende Mobiliarhypothek völlil. Auf diesem Hintergrund befriedigte die Praxis das Sicherungsbedürfnis der Warenkreditgeber wiederum mit Hilfe des Eigentumsvorbehaltes, dessen Anwendungsbereich sich nun auf den Kaufbeweglicher Sachen beschränkte9 • Obwohl sich der Gesetzgeber des BGB des Widerspruches zwischen der bedingten Eigentumsübertragung und dem Verbot der Mobiliarhypothek bewußt war IO, legalisierte er in § 455 BGB die bestehende Praxis. Vgl. im einzelnen Thiemann, aaO., S. 45 fT.. Vgl. Thiemann, aaO., S. 48. 5 Titel 42: "Also auch wann einer bei Verkauffung des Guts wegen Bezahlung des Kaufgeldes nicht so sehr auf den Käuffer als auf dasselbe Gutt sich davon zu erholen, gesehen und ihme derowegen ... das Eigenthumb daran vorbehalten thete, so würde er in einem solchen Falle, wann gleich keiner Verpfändung dameben gedacht were, vor allen anderen Gläubigern billig davon bezahlt" (nach Duncker, Rheinisches Museum für Jurisprudenz Bd. 5, S. 183). 6 Vgl. etwa § 15 des Bayerischen Hypothekengesetzes vom 01.01.1819: "Der bei der Veräußerung einer Sache bedungene Eigentumsvorbehalt berechtigt den Gläubiger, dafür auf die veräußerte Sache eine Hypothek eintragen zu lassen". 7 Art. 14 EG zur KO versagte dem besitzlosen Pfand im Konkurs ein Absonderungsrecht; § 709 Abs. 22. Alt. ZPO a.F. schloß das Recht zur vorzugsweisen Befriedigung aus. 8 Thiemann, aaO., S. 56 ff. • Soweit gesetzliche Regelungen dem Eigentumsvorbehalt entgegenstanden - vgl. § 262 des ALR -, entwickelte sich der "Möbelleihvertrag", nach dem der Käufer das Eigentum erwarb, sobald die Mietzahlungen die Höhe der Kaufsumme erreicht hatten. 10 Auf diesen Widerspruch machte insbesondere Leist, Die Sicherung von Forderungen, S. 106 ff., in seiner Kritik am I. Entwurf aufmerksam und schlug ein von den allgemeinen Verboten auszunehmendes besitzloses Mobiliarpfand vor, aaO. S. 107 f.; zum anderen führten die Protokolle der Kommission für die 2. Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches aus, daß es sehr wohl gerechtfertigt sein könne, die Bedingung bei der Eigentumsübertragung auszuschließen: Gehe ein Recht davon aus, daß eine bewegliche Sache nur dann zur Sicherung 3

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A. Ursprung - Entwicklung - wirtschaftliche Funktion

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11. Haftungsfunktion der Käuferanwartschaft Die Käuferanwartschaft i. S. einer wirtschaftlich relevanten Rechtsposition kannte man bei Kodifizierung des BGB noch nicht. Wenn sich auch bereits die 2. Kommission auf die Bezeichnung "Anwartschaft" festgelegt hatte H , so normierte der Gesetzgeber doch lediglich die schon in der gemeinrechtlichen Bedingungslehre anerkannten 12 "Schwebewirkungen". Systematisch bedeutete dies keine Neuerung. Der Schutz des § 161 BGB änderte nichts an der vollen EigentümersteIlung des Veräußerers und gab insbesondere dem Käufer kein dingliches Recht an die Hand 13. Systematisch war der Anwärter nichts anderes als ein Forderungsgläubiger 14 mit einer durch § 161 BGB geschützten Aussicht auf Erwerb des Forderungsgegenstandes. Den entscheidenden Impuls, die Anwartschaft als verkehrsfähige, vermögenswerte Rechtsposition auszugestalten, gaben die Interessen der Käufergläubiger. Mit zunehmender Verbreitung des Eigentumsvorbehaltes wuchs auch das Bedürfnis, den Vorbehaltsgegenstand der Zwangsvollstreckung zugänglich zu machen, zumal der Schuldner häufig keine anderen Haftungsobjekte besaß 15. Dies forcierte die Auffassung, daß die Käuferposition einen Vermögenswert darstellte, der in dem Maße wuchs, wie sich die Restschuld des Käufers verminderte 16. Um den Käufergläubigem ein durch die Anwartschaft verkörpertes Haftungsobjekt zur Verfügung stellen zu können, welches in seinem Wert dem vom Käufer bereits bezahlten Kaufpreisteil entsprach 17, war wegen des untrennbaren Zusammenhangs von Pfändbarkeit und Übertragbarkeit eine rechtliche Verselbständigung der Anwartschaf~ erforderlich geworden. Die Übertragbarkeit schließlich eröffnete der Anwartschaft ihren Anwendungsbereich als Kreditsicherungsmittel 18 • Wurde anfangs die Rechtsposition des Käufers noch in Form der Forderungsabtretung übertragen 19, sah man bald "die Anwartschaft selbst" als Gegenstand der Übertragung an 20 und erklärte die Vorschriften des Mobiliardes Gläubigers dienen könne, wenn sie sich in seinem Besitz finde, so entfalle dieses Moment, sobald der Gläubiger den Gegenstand dem Schuldner übertrage, Prot. 11, S. 78 f. 11 Prot. I, S. 181. 12 Ausführlich Thiemann, aaO., S. 85 ff. 13 Mot. I, S. 255. 14 Vgl. RGZ 95, 105 ff.: Übertragung der Käuferposition gern. § 398 BGB. 15 Vgl. Thiemann, aaO., S. Ill. 16 Lazarus, Das Recht des Abzahlungsgeschäfts, S. 121 ff.; Frommherz, ZZP 38, 49; RG JW 1907,842. 17 Vgl. Thiemann, aaO., S. Il 2. 18 Vgl. Hopp, Eigentumsvorbehalt, S. 154; Sponer, aaO., S. 82; Letzgus, Die Anwartschaft, S.3. 19 RGZ 95, 105 ff. 2Il RGZ 140, 223 ff.

1. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

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sachenrechts für anwendbar21 . Der Bundesgerichtshof verzichtete schließlich auf das Erfordernis der Zustimmung des Vorbehaltsverkäufers beim Eigentumsübergang auf den Erwerber einer Anwartschaft, der das Eigentum ohne Durchgangserwerb des Käufers "direkt" vom Veräußerer erhalten sollte22 • III. WirtschaftHche Gesamtschau: Der Eigentumsvorbehalt als dingliche Vorzugshaftung

In einer Reihe von Einzelfallentscheidungen trat demnach eine Entwicklungstendenz zu Tage, die im Ergebnis darauf abzielte, die Anwartschaft funktionell dem Eigentum anzunähern, dem vorbehaltenen Eigentum dagegen einen pfandrechtsähnlichen Inhalt zu geben 23 . Dies zeigt sich insbesondere in der Zwangsvollstreckung, wo eine sich an § 1249 BGB orientierende Rechtslage angestrebt wurde 24 , nach der die Ablösung des Kaufgegenstandes durch Zahlung des Restkaufpreises den Käufergläubiger in die Lage versetzte, das Vorbehaltsgut als Befriedigungsobjekt in Anspruch nehmen zu dürfen. Konstruktiv hätte dies in letzter Konsequenz die Zulässigkeit der Sachpfändung gern. § 808 ZPO unter vorzugsweiser Befriedigung des Veräußerers gern. § 805 ZPO bedeutee5• Wenn sich auch statt dessen die Theorie der "Doppelpfändung"26 durchsetzte, steht doch in der Einzelzwangsvollstreckung der Anwärter im praktischen wirtschaftlichen Ergebnis wie ein haftender Eigentümer da, "dessen" Sache aus der Vorzugshaftung für den Veräußerer durch Zahlung des Restkaufpreises abgelöst werden kann. Während hier die Stellung des Veräußerers als "Restkaufgeldhypothekar" und die dem Eigentum angenäherte Position des Anwärters zumindest im Ergebnis konstruktiv verwirklicht werden konnten 27 , scheinen entsprechende Ergebnisse in der Gesamtvollstreckung an der eingangs erwähnten Kollision mit § 17 KO zu scheitern28 . § 17 KO ergreift das zwischen Veräußerer und Käufer bestehende Schuldverhältnis und knüpft damit an einen Umstand an, über den alle am Sachenrecht orientierten Systematisierungsversuche29 bis heute nicht hinwegzuhelfen vermögen: Die Anwartschaft ist und bleibt zumindest in dem Sinne ein 21 RGZ 140, 223, 229.

BGHZ 20, 88. Thiemann, aaO., S. 123; Heitmann, Das Anwartschaftsrecht des Käufers, S. 29 ff. 24 Thiemann, aaO., S. 130. 2S SO v. Tuhr, Bd. I, S. 180 ff.; Raiser, aaO., S. 90 ff.; Rosenberg, Lehrbuch des dt. Zivilprozeßrechts, S. 1032; Bauknecht, NJW 1954, 1749; Schmidt, MDR 1955,448. 26 VgI. statt aller BGH NJW 1954, 1325. 27 Vgl. dazu auch Wieacker, ZAkDR 1938,590 ff.: "Der Eigentumsvorbehalt als dingliche Vorzugs haftung" . 28 Thiemann, aaO., S. 132: "Die Rechtsfortbildung hat bis heute der VorbehaltskäufersteIlung in einem wesentlichen Punkt (sc.: im Konkurs) eine Verselbständigung versagt." 29 Überblick bei Thiemann, aaO., S. 115 ff. 22 23

B. Wirkungsweise der Erflillungsablehnung in § 17 KO

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schuldrechtliches Gebilde, als sie mit dem ihr zu Grunde liegenden Kaufvertrag steht und fällt.

B. Wirkungsweise der Erfüllungsverweigerung in § 17 KO Ob die Erfüllungsverweigerung i. S. d. § 17 KO der Anwartschaft ihren schuldrechtlichen Boden entzieht, hängt vor allem von dem Verständnis und der Wirkungsweise dieser Vorschriftl ab. Entscheidend ist, ob die Erfüllungsablehnung eine Vernichtung der gegenseitigen vertraglichen Erfüllungsansprüche nach sich zieht. Nur dann kann die Anwendung des § 17 KO einen endgültigen Bedingungsausfall und damit die Vernichtung der Anwartschaft begründen. I. Meinungsstand

Die h.M., nach der als Folge der Erfüllungsverweigerung die gegenseitigen Ansprüche auch über das Konkursverfahren hinaus erlöschen und durch einen einseitigen Anspruch des Vertragsgegners auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung ersetzt werden2, wird neuerdings zunehmend in Zweifel gezogen. N ach einer im Vordringen begriffenen Gegenmeinung3 tangiert die Erfüllungsablehnung den Bestand der Erfüllungsansprüche nicht. § 17 KO legitimiere lediglich den Konkursverwalter, die ausstehende Leistung des Gemeinschuldners, welche an sich nur Konkursforderung ist, zur Masseschuld aufzuwerten, um so den Vertrag mit dem vorgesehenen Leistungsaustausch abwickeln zu können. In keinem Fall aber könne der Konkursverwalter durch einseitigen Akt die Erfüllbarkeit gegenseitiger Verträge beseitigen. Eine besondere konkursrechtliche Problematik des Vorbehaltskaufes stellt sich nach dieser Auffassung 1 Dazu jetzt ausführlich und mit umfangreichen Nachweisen: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 52 ff. 2 Jaeger / Lent, § 17 KO Anm. 41 f.; Mentzel/Kuhn /Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 36; Kilger, § 17 KO Anm. 4 c; Hess/Kropshofer, § 17 KO Rz. I; BGHZ 68,379,380; BGH NJW 1982, 768; BGH ZIP 1983,709,710; BGHZ 98,160,169; BGH NJW 1987, 1702f. Auch BGHZ 89, 189 und BG H KTS 1984, 288, die von Hencke1 als Belege für ein gewandeltes Verständnis von § 17 KO angeführt werden, vgl. Henckel, JZ 1987,359,360, gehen nach wie vor davon aus, daß die Erfüllungsablehnung des Konkursverwalters zwar keine Vertragsaufbebung bewirkt, das Rechtsverhältnis aber eine Umgestaltung in der Weise erfährt, daß an die Stelle des gegenseitigen Schuldverhältnisses ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung tritt - vgl. BGHZ 89, 189, 195; BGH KTS 1984,288,290. 3 So vor allem: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 77; ders., Das Anwartschaftsrecht, S. 76ff.; ders., JZ 1977,552 ff.; Musie1ak, AcP 179, 189 ff.; Pletzsch, Die Erfüllungsverweigerung, S. 55 ff.; Stürner, ZZP 94, 263, 298 ff.; Henckel, JZ 1987,359,360; ders., ZZP 99, 419 ff.; Jaeger/Henckel, § 17 KO Rdn.53, 115, 149ff.; Pflug, AG 1986,305,310; vgl. auch schon Flume, AcP 161, 385, 404 ff., und neuerdings - abweichend von der Vorauflage Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn.36.

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1. Teil: Der Vorbehaltskauf in § 17 KO

nicht. Sowohl im Verkäufer- als auch im Käuferkonkurs bleibt der Bedingungseintritt nach Erfüllungsablehnung möglich und kann auch gegen den Willen des Verwalters herbeigeführt werden, im ersten Fall durch den Käufer selbst, im Käuferkonkurs durch Dritte, die die Anwartschaft vor Verfahrenseröffnung erworben hatten4 • 11. Stellungnahme 1. Begründung der herrschenden Meinung

Letzterer Auffassung ist zuzugeben, daß die h.M. in ihrer Begründung, soweit eine solche überhaupt angeführt wird 5, nicht überzeugt:

§ 17 KO mag die Erfüllungsablehnung als mögliche Alternative zur Erfüllung voraussetzen 6, einen Schluß auf das Schicksal der gegenseitigen Erfüllungsansprüche läßt diese Überlegungjedoch nicht zu 7• Auch ist schwerlich einzusehen, warum bei gegenseitigen Verträgen ein Bedürfnis bestehen soll, diese Schuldverhältnisse, soweit sie die Masse bei Erfüllung schädigen können, im Interesse der Gläubigergemeinschaft aufzulösen 8 • Deren Interessen sind durch § 14 KO hinreichend geschützt 9: Obwohl nach h.M. das Vertragsverhältnis durch die Konkurseröffnung in einen "Schwebezustand" versetzt und bis zur Erklärung des Verwalters nicht vom Konkurs erfaßt wird 10, ist der Vertragsgegner auf das konkursmäßige Befriedigungsverfahren verwiesen und darf nicht im Wege der Einzelzwangsvollstreckung vorgehen 11. Sofern aber ohnehin nicht erfüllt werden muß, kann nicht ein darüber hinausgehendes Erlöschen der Erfüllungsansprüche die Masse vor der Erfüllung der sie schädigenden Vertragsverhältnisse schützen.

4 Vgl. Marotzke, Das Anwartschaftsrecht, S. 78, 82 ff.; Jaeger /Henckel, § 17 KO Rdn. 52, 57 ff. S Zu diesem Vorwurf: Musielak, AcP 179, 189, 192; Pletzsch, aaO., S. 37. 6 Völderndorff, Konkursordnung, S. 225; Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 40; Offtermatt, Wahlrecht des Konkursverwalters, S. 13. 7 Musielak, AcP 179, 189, 197. 8 Vgl. Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 40; Sperling, Die Einwirkung des Konkurses, S. 31. 9 Musielak, AcP 179, 189, 198. 10 MentzeI/Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 38; Hess/Kropshofer, § 17 KO Rz. 18; zu diesem "Schwebezustand" bereits Demburg, Bd. 2 § 118, S. 310; Jaeger, 1. Aufl., § 17 KO Anm. 54; RGZ 11, 49, 51. Der Ausdruck "Schwebezustand" wurde früher allerdings i.S. einer schwebenden Unwirksamkeit gebraucht, während die heute h.M. eher eine schwebende Wirksamkeit meint. Zu dem zweifelhaften dogmatischen Wert dieser Konstruktion: Pletzsch, aaO., S. 37ff.; Musielak, aaO., S. 196. Abweichend jetzt Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn.38. 11 MentzeI/Kuhn/Uhlenbruck, aaO. Eine Inkonsequenz ist darin zu sehen, daß ein vom Konkurs unberührtes Vertragsverhältnis auch keinen konkursmäßigen Beschränkungen unterliegen dürfte.

B. Wirkungsweise der Erflillungsablehnung in § 17 KO

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2. Die Erftillungsablehnung in den Motiven

Die neuere Auffassung bezieht sich in ihrer Begründung auf die Motive zur Konkursordnung l2 • Dort wird die "Nichterfüllung" als die "unmittelbare Folge der Konkurseröffnung" angesehen, bei der es der Verwalter durch seine Erfüllungsverweigerung i. S. d. § 17 KO "beläßt,,13. Unterschiedliche Ansichten bestehen indessen im Hinblick auf Bedeutung und Tragweite dieser Motivstelle. Einerseits wird davon ausgegangen, der Gesetzgeber habe falschlicherweise als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung eine rechtliche Nichterfüllung angenommen l4 • Die h.L. vertrete deshalb in Anlehnung an diese mißverstandene Zielvorstellung im Falle der Erfüllungsverweigerung einen Untergang der Erfüllungsansprüche l5 • Einem solchen Gestaltungsrecht des Verwalters fehle aber jegliche Legitimation, das Ablehnungsrecht sei daher nicht mehr als die jedem Schuldner gegebene Möglichkeit, pflichtwidrig die Erfüllung zu verweigern l6 • bemgegenüber vertritt Marotzke die Ansicht, mit der Nichterfüllung als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung habe der Gesetzgeber nur das Verhältnis der Konkursgläubiger untereinander - i. S. einer verfahrens mäßigen Beschränkung - gemeint, keinesfalls aber eine Nichterfüllung im technischen Sinne l7 • Dabei ändere die Tatsache, daß alle Ansprüche lediglich konkursmäßig erfüllt werden, nichts an den zwischen Gemeinschuldner und Gläubigern bestehenden Obligationen. Respektiere man diesen Willen des Gesetzgebers, regele § 17 KO ausschließlich, wann der Verwalter einen Anspruch, der bereits bei Verfahrenseröffnung begründet war, ausnahmsweise mit Massemitteln befriedigen darf. Ein über die allgemeinen verfahrensmäßigen Beschränkungen der §§ 3 Abs. 1, 12, 61 ff., 138 ff., 149 ff. KO hinausgehendes Recht zur Nichterfüllung gäbe es dagegen nicht l8 • Nach der gesetzgeberischen Vorstellung belasse es der Verwalter insoweit bei den verfahrensmäßigen Beschränkungen, welche aber die Erfüllungsansprüche in ihrem Bestand nicht tangieren.

12 Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 4: Die gesamten Materialien zur Konkursordnung. 13 Mot., aaO., S. 67: "Ist einerseits der Verwalter nicht verpflichtet, die persönlichen Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners, andererseits aber berechtigt, die Forderungen desselben ... zur Ausführung zu bringen, so ist damit das Wahlrecht ... gegeben, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen oder es bei der Nichterfüllung desselben zu belassen. Des letzteren braucht das Gesetz nicht in Erwähnung zu thun; die Nichterfüllung ist die unmittelbare Folge der Konkurseröffnung. « 14 Musielak, AcP 179, 189, 194; Pletzsch, aaO., S. 40 ff. 15 Vgl. Pletzsch, aaO., S. 114 ff. 16 Musielak, AcP 179, 189, 212. 17 Vgl. Marotzke, JZ 1977,552,553; ders., Gegenseitige Verträge,S. 76: Wahlrecht zwischen "vollständiger vertragsmäßiger Erfüllung einerseits und bloß konkursquotenmäßiger Erfüllung andererseits." Vgl. ferner Pflug, AG 1986,305,308. 18 Marotzke, JZ 1977, 552, 554; ähnlich Huber, BB 1964, 731, 735.

I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

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Beiden Auffassungen ist zuzugeben, daß die Nichterfüllung als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung keine Nichterfüllung i. S. d. §§ 325, 326 BGB darstellen kann. Abgesehen davon, daß andernfalls die Tatsache der Konkurseröffnung es gestatten würde, den Gemeinschuldner mit Schadensersatzansprüchen zu überziehen, ist eine solche Vorstellung auch mit § 164 KO und § 17 KO selbst unvereinbar. Gern. § 164 KO können nicht befriedigte Konkursgläubiger nach Beendigung des Verfahrens ihre nicht konkursmäßig festgestellten Forderungen mit dem ursprünglichen Inhalt geltend machen. Gegen den Gemeinschuldner bestehende Ansprüche sind dann aber als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung nur in ihrer Durchsetzbarkeit und nicht in ihrem Bestand tangiert 19. Auch hätte der Verwalter nicht mehr die Möglichkeit, Erfüllung zu wählen, wenn schon die Konkurseröffnung als solche einen Untergang sämtlicher Erfüllungsansprüche bewirken würde. Zweifelhaft ist jedoch, ob die Motive zur Konkursordnung, auf deren unterschiedliches Verständnis Musielak und Marotzke ihre im Ergebnis übereinstimmende Auffassung stützen, überhaupt als Argument für oder gegen ein Erlöschen der Erfüllungsansprüche - sei es als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung oder als Konsequenz der Erfüllungsverweigerung - herangezogen werden können. Die Frage nach dem Untergang bzw. dem Bestand der Erfüllungsansprüche stellte sich für den Gesetzgeber der Konkursordnung nicht. Nach der aus dem Gemeinen Recht stammenden Lehre von der Identität zwischen Erfüllungs- und Ersatzanspruch 20 stellte sich jeder Ersatzanspruch lediglich als unselbständige Modifikation der primären Leistungspflicht dar21 • Die Primärleistungspflicht bestand deshalb in jedem Fall fort, unabhängig davon, ob mit der Nichterfüllung in den Motiven lediglich eine verfahrensmäßige Beschränkung oder eine Schadensersatzforderung gemeint war22 • Der Gesetzgeber hatte deshalb keinerlei Veranlassung, dahingehend zu differenzieren, ob oder wann Erfüllungsansprüche in ihrem Bestand tangiert sind. Es genügte die Feststellung, daß Verbindlichkeiten jedenfalls insofern nicht erfüllt werden sollen, als "das Gesetz die Herausgabe von Sachen, welche zur gemeinschaftlichen Masse gehören, für unzulässig erklärt" 23.

Vgl. Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 69; Musielak, AcP 179, 189, 194 fT. Vgl. Windscheid/Kipp, Bd. 2, S. 94 Anm. 7. Der Ursprung der Identitätslehre geht zurück auf den römischen Formularprozeß, bei dem mangels weiterer KlagformeIn Ersatz-und Erfüllungsanspruch mit der gleichen actio geltend gemacht werden mußten; vgl. im einzelnen: Meincke, AcP 171, 19,27. 21 Meincke, aaO. 22 Auch in den Motiven zum BGB - Mot. 11, S. 50 - findet sich "diese wichtige Annahme" des Fortbestandes der Obligation wieder, wenn sie auch als "nicht ganz unbedenklich" charakterisiert wird. 23 Mot., aaO., S. 87 zu § 21 KO a.F. = § 26 KO n.F. 19

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B. Wirkungsweise der Erfiillungsablehnung in § 17 KO

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Wenn in den Motiven weiter ausgeführt wird, "zufolge des Gesetzes ändere sich nur die Erfüllungsart"24, während dem Gemeinschuldner gegenüber das ursprüngliche Verhältnis bestehen bleibe25 , lassen sich diese Aussagen deshalb weder eindeutig i. S. einer bloßen verfahrens mäßigen Beschränkung, noch i. S. einer Umwandlung in Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung interpretieren. Sofern man dem Gesetzgeber aber keine rechtlichen Wertungen unterstellen will, die sich nicht eindeutig belegen lassen, erscheint es sinnvoll, die in den Motiven erwähnte "Nichterfüllung" in ihrer Bedeutung auf eine rein faktische Nichterfüllung - die Unzulässigkeit der Herausgabe massezugehöriger Gegenstände - zu beschränken. Die Ausführungen zu der Erfüllungsablehnung in den Motiven haben dann nur die Tragweite, welche für die Nichterwähnung des Ablehnungsrechts im Gesetz erforderlich ist: Die Möglichkeit, Befriedigung in einem über die gewöhnliche konkursrechtliche Beschränkung hinausgehenden Maße rechtmäßig zu verweigern, hat der Konkursverwalter ohne besondere gesetzliche Ermächtigung. Ob über diese faktische Nichterfüllung hinaus die gegenseitigen Erfüllungsansprüche als rechtliche Folge der Erfüllungsablehnung i. S. d. § 17 KO sogar erlöschen, lassen die Motive offen26 • 3. Gesetzliche und systematische Anhaltspunkte für die rechtliche Auswirkung der Erfüllungsablehnung

Während die Motive zur Konkursordnung keine näheren Anhaltspunkte für die rechtlichen Auswirkungen der Erfüllungsablehnung enthalten, ergeben sich solche aus dem Gesetz selbst. a) Erjüllungsablehnung als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung im Verhältnis zu § 26 K 0

Zweifel an der Auffassung, die Erfüllungsverweigerung belasse es lediglich bei den unmittelbaren Folgen der Verfahrenseröffnung, müssen aufkommen, wenn man sich diese Folgen vergegenwärtigt und sie in Relation zu § 26 KO setzt. Als unmittelbare Folge der Verfahrenseröffnung darf der Vertragsgegner überhaupt nichts erhalten, sofern er nicht bereit ist, gegen konkursmäßige Befriedigung voll in die Masse zu leisten: Der Vertrags gegner hat zwar die Möglichkeit, seinen vertraglichen Anspruch zur Tabelle anzumelden, dieser würde aber mit Recht bestritten werden, weil er selbst die ihm obliegende Gegenleistung noch nicht vollständig erbracht hat. Eine Masseschuld kann schon deshalb nicht vorliegen, weil kein masseverpflichtendes Verhalten des Verwalters einen 24 25 26

Mot., aaO. Vgi. Mot., aaO., S. 292 zu § 62 KO a.F. = § 69 KO n.F. I. E. ebenso: Huber, BB 1964, 731, 734, Fußn. 34.

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

Anspruch begründet hat, vielmehr nur die bereits vor Verfahrenseröffnung begründete vertragliche Forderung besteht. Schließlich kommen auch keine Bereicherungsansprüche wegen bereits erbrachter Ratenzahlungen in Betracht; läßt die Ablehnungserklärung die Erfüllungsansprüche in ihrem Bestand unberührt, besteht auch der Rechtsgrund für die empfangenen Leistungen unverändert fort. 27 Abweichend von diesen unmittelbaren Folgen der Konkurseröffnung hat der Vertragsgegner jedoch nach § 26 KO die Möglichkeit, nicht den bestreitbaren Erfüllungsanspruch, sondern von vornherein eine Forderung wegen Nichterfüllung anzumelden, die § 26 KO ausdrücklich zur Konkursforderung erklärt. Aus dem Wortlaut des § 26 KO ergibt sich, daß der Gesetzgeber trotz der damals herrschenden Identitätsauffassung sehr wohl zwischen einer faktischen Nichterfüllung i. S. einer verfahrensmäßigen Beschränkung und einer rechtlichen Nichterfüllung i. S. d. §§ 325, 326 BGB zu unterscheiden wußte. Terminologisch wird in § 26 KO differenziert zwischen der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens und der Forderung wegen Nichterfüllung. Schon diese Gegenüberstellung macht deutlich, daß mit einer Forderung wegen Nichterfüllung, welche einer Konkursforderung gleichgestellt ist, nicht solche Forderungen gemeint sein können, die schon vor Verfahrenseröffnung bestanden haben und nun - da es sich nur um Konkursforderungen i. S. d. § 3 KO handelt - infolge des Konkurses unerfüllt bleiben. 28 Andernfalls würde man dem Gesetzgeber in § 26 KO die völlig sinnlose Wiederholung einer Selbstverständlichkeit unterstellen, die bereits in § 3 KO als der allgemeinen Bestimmung Ausdruck fand, daß nämlich die wegen der Verfahrenseröffnung unerfüllt bleibenden Ansprüche nur Konkursforderungen sind. Eine sinnvolle Gegenüberstellung von der infolge der Konkurseröffnung eintretenden Nichterfüllung einer Verbindlichkeit und der Forderung wegen Nichterfüllung ergibt sich nur dann, wenn man ersteres als den konkursmäßig zu befriedigenden Primäranspruch, letzteres dagegen als Sekundäranspruch versteht, welcher aus Handlungen des Verwalters resultiert, die dieser entweder in der Abwicklung nicht näher bestimmter zweiseitiger Verträge, § 17 KO, oder in §§ 18 ff. KO näher bestimmter Schuldverhältnisse vorgenommen hat. Ändert sich aber selbst nach der Identitätsauffassung durch den Übergang vom Primärzum Sekundäranspruch zumindest der Leistungsinhalt, mußte in § 26 KO klar27 Inkonsequent ist es insoweit, wenn Henckel als Folge der Erfüllungsablehnung § 323 Abs.3 i.V.m. §§ 812 ff. BGB anwenden will- Jaeger /Henckel, § 17 KO Rdn. 81: "Steht also fest, daß der Vertrag von beiden Seiten nicht mehr erfüllt zu werden braucht (sc.: Nach Erfüllungsablehnung), so muß er nach den Regeln abgewickelt werden, die für die Fälle gelten, in denen beide Vertragspartner von ihrer Leistungspflicht frei geworden sind." Wird einerseits darauf beharrt, daß die Erfüllungsablehnung die Ansprüche in ihrem Bestand unberührt läßt, erscheint es andererseits wenig folgerichtig, sich - wenn auch in analoger Rechtsanwendung auf Regelungen zu berufen, die beim Untergang von Erfüllungsansprüchen eingreifen. 28 V gl. bereits Jaeger /Lent, § 26 KO Anm. 16: Der zweite Satz des § 26 gebraucht den Ausdruck "Nichterfüllung" in einem engeren Sinne als der erste; ähnlich Oetker, ZZP 14,48 ff.

B. Wirkungsweise der Erftillungsablehnung in § 17 KO

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gestellt werden, daß diese auf ein Handeln des Verwalters zurückzuführende Veränderung keine Masseschuld begründet, sondern auch der Sekundäranspruch nur eine Konkursforderung darstellt. Hat andererseits der Vertragspartner die Möglichkeit, statt des im Synallagma verhafteten Primäranspruches einen einseitigen Sekundäranspruch geltend zu machen, stellt sich die Frage, ob der Bestand des Primäranspruches in diesem Fall nicht schon aus systematischen Gründen ausgeschlossen ist. Dem BGB jedenfalls ist eine Koexistenz von Primär- und Sekundäranspruch fremd. Der Sekundäranspruch ist i. d. R. schon in seinen Voraussetzungen von dem Untergang des Primäranspruches abhängig; so setzt etwa § 325 BGB den Untergang der Primärleistungspflicht nach § 275 BGB voraus. Ist eine solche Koexistenz denkbar, wird sie ausdrücklich ausgeschlossen, vgl. §§ 326Abs. I Satz 2, 2. Halbsatz, 283 BGB. 29 Es besteht keine Veranlassung, das Verhältnis von Primär- und Sekundäranspruch im Konkurs anders zu beurteilen 30• b) Untergang des Primäranspruches in § 17 Abs. 2 KO

Eine dahingehende Bestätigung findet sich in § 17 Abs. 2 KO. Danach kann Erfüllung nicht mehr verlangt werden, wenn sich der Konkursverwalter der Aufforderung des anderen Teils verschweigt. Die Vorschrift dient dem Schutz des Vertragsgegners 31 und weist eine deutliche Parallele zu § 326 Abs. 1 BGB auf: aa) § 17 Abs. 2 KO als notwendiges Pendant ·zu §§ 325, 326 BGB Außerhalb des Konkurses kann jeder Gläubiger gegen seinen leistungsunwilligen oder -unfähigen Schuldner nach §§ 325, 326 BGB vorgehen und auf diese Weise eine sofortige und endgültige Lösung des unmöglich oder zweifelhaft gewordenen Austauschverhältnisses erzwingen. Im Konkurs ist diese Möglichkeit erheblich eingeschränkt. Die Unfähigkeit des Gemeinschuldners mit Wirkung für und gegen die Masse zu leisten, kann schwerlich als Unmöglichkeit i. S. d. §§ 323 ff. BGB aufgefaßt werden, indem man eine vorläufige, für den Zeitraum des Verfahrens bestehende

Zum Ganzen: Meincke, AcP 171, 19, 24 ff. Die Motive zur Reforrnierung der KO gingen davon aus, daß als Folge der Erfüllungsverweigerung "selbstverständlich an die Stelle des Erftillungsanspruches ein Anspruch auf Schadenersatz tritt." Eine ausdrückliche Regelung wurde deshalb für entbehrlich gehalten vgl. Mot, Bd. 2, S. 41. JI Huber, BB 1964, 731,734. 29 JO

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

Unmöglichkeit einer endgültigen gleichstellt 32 • In diesem Zusammenhang ist nicht auf die Person des Gemeinschuldners, sondern auf die des Verwalters abzustellen, der statt des Gemeinschuldners erfüllen kann. Die Erfüllungsablehnung des Verwalters ist keine Unmöglichkeit in der Person des Gemeinschuldners, sondern bleibt Leistungsverweigerung33• Auch ein nach Verfahrenseröffnung eintretender, zur Abwicklung nach § 326 BGB berechtigender Verzug ist kaum denkbar. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 284 BGB ist die "Wirksamkeit der Forderung" 34. Verzug tritt deshalb dann nicht ein, wenn der Schuldner aus irgendeinem Grund nicht zu leisten braucht 35 • Nach Konkurseröffnung aber können sämtliche Gläubiger ihre Forderungen nur noch nach Maßgabe der Vorschriften für das Konkursverfahren verfolgen, § 12 KO, so daß die "konkursmäßige Nichterfüllung" nicht verzugsbegründend zu wirken vermag36• Schließlich läßt sich auch das für §§ 325, 326 BGB erforderliche Verschulden nicht begründen. Dem Verwalter selbst wird man schwerlich den Vorwurf des rechtswidrigen Verschuldens machen können, wenn er sich im Rahmen seiner gesetzlichen Befugnisse weigert, Massegegenstände herauszugeben 37 • Es ist allenfalls an ein Verschulden des Gemeinschuldners zu denken, der seine finanzielle Unzulänglichkeit zu vertreten hat 38 • Zutreffend ist zwar, daß jeder Schuldner für seine fmanzielle Leistungsfähigkeit einstehen muß, dieser Grundsatz findet jedoch gerade seinen Ausdruck in der Regelung der Konkursordnung 39 • Ist der Konkurs aber die Folge der finanziellen Leistungsunfähigkeit, kann er nicht umgekehrt als Begründung für das rechtswidrige Verschulden aller sich aus ihm ergebenden Leistungsstörungen und verzögerungen schlechthin aufgeführt werden. Der Konkurs ist ein re.chtmäßiges gesetzliches Befriedigungsverfahren, welches zwar auf der finanziellen Unzulänglichkeit des Gemeinschuldners beruhen mag, jedoch nicht seinerseits eo ipso neue Verschuldenstatbestände schafft 40 • So Jaeger I Henckel, § 17 KO Rdn. 163. I.E. ebenso: Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 41. 34 MüKo-WaIchshöfer, § 284 Rdn. 10. 35 MüKo-WaIchshöfer, § 284 Rdn. 11. 36 I. E. gegen Verzug nach Verfahrenseröffnung: Jaeger ILent, § 63 KO Anm. 2; Bley IMohrbutter, § 29 VerglO Anm. 8; Serick, Bd. I, § 1311 1 b, S. 337; Letzgus, aaO., S. 14; differenzierend: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 205, der zwar den Verzug des Konkursverwalters für ausgeschlossen, den des Gemeinschuldners aber für denkbar hält, sofern konkursfreies Vermögen vorhanden ist. Vgl. auch Pflug, AG 1986,305,314 Fußn. 68, der einerseits Marotzke zustimmt, andererseits den Verzug des Konkursverwalters ohne weiteres dann annehmen will, wenn es nicht um Schadensersatz, sondern "um das Aussonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers geht." 37 Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es zweifelhaft, in der Erflillungsablehnung i. S. d. § 17 KO nicht mehr zu sehen als die jedem Schuldner gegebene Möglichkeit zur pflichtwidrigen Nichterfüllung - vgl. MusieIak, AcP 179, 189,212. 38 So Jaeger/Henckel, § 17 KO Rdn. 163; Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 197 mit umfangreichen Nachweisen in Fußn. 61. 39 MüKo-Emmerich, § 279 Rdn. 3. 40 I.E. ebenso: Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 41; Henckel, ZZP 99,419,431. J2

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B. Wirkungsweise der Erfiillungsablehnung in § 17 KO

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Erst § 17 Abs. 2 KO ermöglicht daher dem Vertragsgegner eine den §§ 325, 326 Abs. 1 BGB entsprechende Vorgehensweise. Unter Verzicht auf Unmöglichkeit bzw. Verzug tritt an die Stelle der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung des § 326 Abs. I BGB die Aufforderung an den Verwalter, sich zu dem Erfüllungsverlangen zu erklären. Wie in § 326 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BGB ist die Erfüllung ausgeschlossen, sofern die angemessene Frist - in § 17 Abs. 2 K 0 eine Erklärung ohne Verzug - erfolglos verstreicht. Wenn man aber bei § 326 Abs. 1 BGB nach Ablauf der Frist ohne weiteres von einem endgültigen Erlöschen der gegenseitigen Erfüllungsansprüche ausgeht 41 , bedarf es einer besonderen Begründung, warum bei der dem § 326 Abs. 1 BGB entsprechenden Vorschrift des § 17 Abs.2 KO die Primäransprüche in ihrem Bestand nicht tangiert, sondern lediglich für die Dauer des Verfahrens gehemmt sein sollen42. bb) Surrogationstheorie und "Erfüllbarkeit" des Primäranspruches Auf die Parallele zwischen § 326 Abs. 1 BGB und § 17 KO weist auch Musielak hin, der § 326 Abs. 1 BGB sogar als die eigentliche Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruches wegen Nichterfüllung als Folge der Erfüllungsverweigerung in § 17 KO ansieht 43 • Unklar bleibt allerdings, was Musielak in diesem Zusammenhang mit der Tatsache zu beweisen sucht, daß die Schadensberechnung in § 326 BGB nicht nur nach der Differenz-, sondern auch nach der Surrogationsmethode möglich ist, die dem Anspruchsteller erlaubt, sich seines Leistungsgegenstandes zu entledigen und Ersatz für die ausgebliebene Gegenleistung zu fordern 44 • Zumindest mißverständlich erscheint die Ausführung, dem Gläubiger sei es nach § 326 BGB immerhin gestattet, die von ihm nach dem Vertrag geschuldete Leistung zu erbringen 45 • Daraus mag gefolgert werden, daß auch bei dem parallel ausgebildeten § 17 KO die Leistung des anderen Teils nicht abgewiesen werden kann; gegen ein Erlöschen der Erfüllungsansprüche läßt sich dieser 41 Vgl. BGHZ 20, 338, 343 ff.: "Gewiß betrifft (der Ausschluß der Erfüllung) ... die Verpflichtung des säumigen Vertragsteils. Da aber ... die beiderseitigen Verpflichtungen in engem Zusammenhang stehen, entspricht es nur dieser Vorschrift, wenn aus dem Untergang der einen Verbindlichkeit auch das Erlöschen der gegenüberstehenden abgeleitet wird." 42 Grds. a.A.: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 70 ff., der darauf hinweist, daß auch im Falle des § 17 Abs. 2 KO kein Konkursgläubiger gezwungen sei, mit der Forderung wegen Nichterfüllung i.S.d. § 26 KO am Verfahren teilzunehmen. M.E. schließt dieser Gedanke die Parallele zu § 326 BGB nicht aus. Ob sich der Konkursgläubiger mit der einmal entstandenen Forderung wegen Nichterfüllung am Verfahren beteiligt oder nicht, kann auf die Qualifizierung als Primär- oder Sekundäranspruch keinen Einfluß haben. 43 Musielak, AcP 179,189,204; ähnlich bereitsBGH NJW 1%3, 1869, 1870: nAbrechnungsverhältnis nach § 326 BGB". 44 Vgl. BGHZ 20,338,343 mit umfangreichen Nachweisen. 45 Musielak, AcP 179, 189,204.

3 Mellwig

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I. Teil: Der Vorbehaltskauf in § 17 KO

Umstand gleichwohl nicht anführen: Bei Anwendung der Surrogationsmethode entledigt sich der Anspruchsteller des Leistungsgegenstandes nicht in Erfüllung einer Schuld - eine solche besteht nicht mehr -, sondern macht von einer bestimmten Modalität der Schadensberechnung Gebrauch. Wird im Anschluß daran für den Eigentumsvorbehaltskauf vertreten, der Vertragsgegner könne auch gegen den Willen des Verwalters die Kaufpreisschuld erfüllen und so den Eigentumsübergang herbeiführen 46 , ist dem deshalb entgegenzuhalten, daß es sich hierbei nicht mehr um den vereinbarten Bedingungseintritt, die Erfüllung der Kaufpreisschuld, handelt; ein Kaufpreisanspruch i. S. einer verbindlichen Verpflichtung liegt nicht mehr vor. Selbst wenn man sich darüber hinwegsetzt und den Bedingungseintritt als gegeben ansieht, wäre der Eigentumserwerb des Käufers rechtsgrundlos erfolgt, da im Augenblick des Eigentumsüberganges keine Übereignungsverpflichtung des Verkäufers mehr bestand. Dieser kondizierbare Eigentumserwerb steht im Einklang mit den Ausführungen des Bundesgerichtshofes zur Surrogationstheorie, wonach der aus § 326 Abs. 1 BGB Berechtigte keinen Anspruch auf den Leistungsgegenstand, sondern nur einen solchen auf Ersatz der ausgebliebenen Leistunghat. 47 cc) Gleichstellung des Schweigens in § 17 Abs. 2 KO mit der ausdrücklichen Ablehnung Geht man somit davon aus, daß das Schweigen des Konkursverwalters in § 17 Abs. 2 KO wie in § 326 Abs. 1 BG B zu einem Erlöschen der Erfüllungsansprüche führt, läßt diese Feststellung auch einen Rückschluß auf die ausdrückliche Erfüllungsablehnung in § 17 Abs. I KO zu. Das Schweigen des Verwalters in § 17 Abs. 2 KO ist der Erfüllungsverweigerung in Abs. 1 lediglich gleichgestellt 48 und kann keine weitergehende Wirkung haben als jene ausdrückliche Erklärung. Gehen die Erfüllungsansprüche unter, wenn der Konkursverwalter sich auf Aufforderung des anderen Teils nicht erklärt, muß dies auch dann gelten, wenn er die Erfüllung ausdrücklich ablehnt 49 • Für ein Erlöschen der Erfüllungsansprüche als Folge der Erfüllungsablehnung spricht schließlich die Tatsache, daß sowohl die ausdrückliche Verweige46 Musielak, aaO., S. 210; vgl. dagegen Hess/Kropshofer, § 17 KO Rz. 14: "Ein Recht, selbst leisten zu dürfen und dafür die volle Gegenleistung zu beanspruchen, gewährt § 17 KO nicht." ., BGHZ 20, 338,343. Davon zu unterscheiden ist der Fall, bei dem einverständlich nicht Ersatz für die ausgebliebene Leistung, sondern der Leistungsgegenstand selbst erbracht wird. Es handelt sich dann nicht mehr um ein Abrechnungsverhältnis nach § 326 BGB, sondern um die Neubegründung der beseitigten Verbindlichkeiten - vgl. BGH, aaO., S. 341; RGZ 107,345, 348. 48 Huber, BB 1964,731, Musielak, AcP 179, 189,204. • 9 Insofern trifft der Einwand von Pletzsch i. E. nicht, der die Argumentation aus § 17 Abs. 2 KO deshalb für verfehlt hält, "weil die h.M .... die Wirkung der Ablehnungserklärung nicht von einem Erfordern des anderen Teils (i.S.d. § 17 Abs. 2 KO) abhängig macht".

B. Wirkungsweise der Erftillungsablehnung in § 17 KO

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rung als auch das Schweigen in § 17 Abs. 2 KO dem Verwalter die Möglichkeit nimmt, sich nochmals zu entscheiden so. Beließe es dagegen die Erfüllungsverweigerung bei den unmittelbaren Folgen der Konkurseröffnung, ist zumindest die Frage erörterungswürdig, warum nicht auch nach erfolgter Ablehnung eine erneute Wahlmöglichkeit i. S. d. § 17 KO besteht. 51 4. ErfliUungsverweigerung auf dem Hintergrund schutzwürdiger Interessen

a) Interesse der Gläubigergemeinschajt

Die Entscheidung des Verwalters für oder gegen die Abwicklung des vertraglich vorgesehenen Leistungsaustausches wird nicht selten etwaige vom Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung erbrachte Teilleistungen zu berücksichtigen haben, die möglicherweise nach Erfüllungsablehnung zurückverlangt werden können. Während die h.M. sich bei diesem Rückforderungsanspruch wegen des Fortfalls des Rechtsgrundes für die Erfüllung auf einen Kondiktionsanspruch stützen kann 52 , dürfte nach der Gegenmeinung ein Rückforderungsbegehren allenfalls dann in Betracht kommen, wenn nach den gewöhnlichen verfahrensrechtlichen Folgen des Konkurses - an denen die Erfüllungsverweigerung nichts ändern soll - ein Verlust des ursprünglichen, gegen den Gemeinschuldner bestehenden Leistungsanspruches eintritt. Diese Voraussetzung liegt vor im Zeitpunkt der Teilnahme am Verfahren, nach dem Ansprüche nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form geltend gemacht werden können, arg. aus § 164 Abs. 2 KO und der festlegenden Urteilskraft des l'abelleneintrages53 • Hält man deshalb konsequent an der Prämisse fest, die Erfü1lungsablehnung belasse es lediglich bei den gewöhnlichen Folgen der Verfahrenseröffnung, darf der Konkursverwalter das von Seiten des Gemeinschuldners Geleistete nur dann zurückverlangen, wenn der Vertragsgegner tatsächlich am Verfahren teilnimmt; andernfalls besteht der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der empfangenen Teilleistungen unverändert fort. 54 Der Konkursverwalter aber, der nicht wissen kann, welche Gläubiger Huber, BB 1964, 731,734. So in der Tat: Jaeger /Henckel, § 17 KO Rdn. 152: "Ist der Vertragspartner trotz Ablehnung noch erfüllungsbereit, ... ist nicht einzusehen, warum der Verwalter nicht noch Erfüllung sollte verlangen können." Verlangen kann der Verwalter nach § 17 Abs. 2 KO nichts mehr; bei dem hier von Henckel dargestellten Fall, in dem sowohl der Konkursverwalter, als auch der Vertragsgegner schließlich doch den zunächst abgelehnten Leistungsaustausch vornehmen wollen, dürfte es sich um einen erneuten Vertragsschluß handeln. 52 Vgl. RGZ 135, 167, 172; Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 44; BGHZ 15,333,336. 53 Jaeger/Weber, § 164 KO Anm. 10. 54 Diese Konsequenz zieht allerdings nur Pletzsch, aaO., S. 104 ff. Zwar legt auch Musielak, AcP 179, 189,207, den Fortfall des Rechtsgrundes für das Behaltendürfen empfangener Teilleistungen in die Hand des Vertragsgegners, wählt dabei aber die Konstruktion eines diesem 50

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1. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

am Verfahren teilnehmen, käme in einer Vielzahl von Fällen in die mißliche Lage, den wirtschaftlichen Wert seiner Entscheidung für die Masse nicht einschätzen zu können, was zur Schädigung der Gläubigergemeinschaft zu führen vermag.

b) Interesse des Gemeinschuldners

Daneben besteht auch ein berechtigtes Interesse des Gemeinschuldners an einem Erlöschen der gegenseitigen Erfüllungsansprüche über das Verfahren hinaus. Alle gegenseitigen Verträge sind geprägt von den Äquivalenzvorstellungen der Parteien. Ein bei Vertragsschluß zu Grunde gelegtes Äquivalenzverhältnis kann sich im Laufe der Zeit zum Nachteil des einen oder anderen Vertragsteils in dem Sinne verschieben, daß Leistung und Gegenleistung - sei es in objektiver oder subjektiver Hinsicht - nicht mehr gleichwertig sind. Diese Möglichkeit liegt dann nicht fern, wenn sich die Abwicklung des vorgesehenen Leistungsaustausches über Gebühr lange hinzieht. Die Abwicklung eines Konkursverfahrens kann ohne weiteres mehrere Jahre in Anspruch nehmen und sich damit über einen Zeitraum erstrecken, nach dessen Ablauf ein Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht mehr gewährleistet ist. Tangiert die Erfüllungsablehnung den Bestand der gegenseitigen Erfüllungsansprüche nicht, sondern hemmt lediglich deren Durchsetzbarkeit für die Dauer des Verfahrens, vermag der Vertragsgegner, sofern er auf die Teilnahme am Verfahren verzichtet, noch nach Jahren den vormaligen Gemeinschuldner auf den versprochenen Leistungsaustausch hin in Anspruch zu nehmen. Es hat daher durchaus seine innere Berechtigung, bei einer konkursrechtlichen Einwirkung auf die ursprünglich gegenüber dem Gemeinschuldner bestehende Obligation dahingehend zu differenzieren, ob ein einseitiger Anspruch oder ein nicht abgewickeltes Austauschverhältnis in Frage steht. Im ersten Fall mag es in der Hand des Vertragsgegners liegen, ob er auf die Teilnahme am Verfahren verzichtet, um nach Konkursbeendigung seinen Anspruch in der ursprünglichen Form wieder geltend machen zu können; denn der Gemeinschuldner, der die ihm versprochene Leistung schon erhalten hat, ist im Hinblick auf Äquivalenzzustehenden Rücktrittsrechtes nach § 326 Abs. 1 BGB. Als unmittelbare Folge der Konkurseröffnung kann es jedoch den Gläubigem nicht gestattet sein, von den mit dem Gemeinschuldner geschlossenen Verträgen ohne weiteres zurückzutreten. Nach Henckel gehen zwar die Erfüllungsansprüche grundsätzlich erst infolge der Teilnahme am Verfahren unter Jaeger /Henckel, § 17 KO Rdn. 160 -, daneben soll jedoch eine Rückforderung des bereits Geleisteten nach §§ 323 Abs. 3 BGB analog möglich sein - Henckel, aaO., Rdn. 82 -; hier wird das Erlöschen der Erfüllungsansprüche infolge der Erftillungsablehnung praktisch stillschweigend unterstellt. Ausführlich zum Rückzahlungsanspruch der Masse: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 351 ff., der § 812 Abs. 1 Satz2 BGB analog anwenden will.

c. Die normative Erfassung des Vorbehaltskaufes im Konkurs

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störungen nicht mehr schutzwert. Handelt es sich dagegen um ein nicht abgewickeltes Austauschverhältnis, würde ein Zurückgreifen auf den versprochenen Leistungsaustausch nach Verfahrens beendigung eine einseitige Verlagerung des Äquivalenzrisikos auf den Gemeinschuldner bewirken. Ein überzeugender Grund für diese Risikoverlagerung besteht nicht, sofern man sich der Auffassung anschließt, daß der Gemeinschuldner die durch den Konkurs verursachte Verzögerung des Leistungsaustausches nicht nach § 276 BGB zu vertreten hat. Im Sinne einer Gesamtbereinigung seiner Vermögensverhältnisse muß deshalb auch auf Seiten des Gemeinschuldners die Möglichkeit bestehen, eine endgültige Lösung des Austauschverhältnisses zu bewirken, da ihm für eine - etwaige Äquivalenzstörungen verhindernde - sofortige Abwicklung während des Konkurses die Verfügungsbefugnis fehlt. Auch schutzwürdige Interessen des Gemeinschuldners sprechen somit für ein Erlöschen der Erfüllungsansprüche als Folge der Ablehnung i. S. d. § 17 KO über das Verfahren hinaus.

C. Die normative Erfassung des Vorbehaltskaufes im Konkurs Bei der Frage nach der Vereinbarkeit der durch § 17 KO begründeten Rechtsfolgen mit den dem Vorbehaltskauf zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Zielvorstellungen wird die Realisierbarkeit der Anwartschaft als ein dem Zugriff Dritter unterliegendes Haftungsobjekt insbesondere im Käuferkonkurs auf dem Hintergrund solcher Fallgestaltungen beurteilt, in denen Dritte eigene Rechtspositionen von der Rechtsstellung des Anwärters ableiten. Im Anschluß daran erfolgt eine Auseinandersetzung mit den in Literatur und Rechtsprechung angebotenen Lösungsversuchen, die von einer Modifikation des Erfüllungsbegriffes über eine der Anwartschaft unterstellte dingliche Rechtsnatur bis zu einer Korrektur durch § 242 BGB reichen. I. Unbefriedigende Ergebnisse bei grammatikalischer Auslegung

Die Subsumtion des Vorbehaltskaufes unter die Voraussetzungen des § 17 KO ist schnell vollzogen: Der Kaufvertrag ist ein "zweiseitiger", d.h. gegenseitiger I Vertrag, der mangels vollständiger Kaufpreiszahlung und Eigentumserwerb des Käufers von keiner Seite vollständig erfüllt ist. Lehnt der Konkursverwalter die Erfüllung ab, erlöschen nach der hier vertretenen Wirkungsweise des § 17 KO die I

Jaeger/Lent, § 17 KO Anm.l.

1. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

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gegenseitigen Erfüllungsansprüche. Die Bedingung des § 161 BGB - die Tilgung der Kaufpreisschuld - kann nicht mehr eintreten. Im Verkäuferkonkurs ist der Kaufgegenstand nach § 985 BGB an die Masse herauszugeben, während dem Käufer nur ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung verbleibt, der gern. § 26 KO Konkursforderung ist. Im Käuferkonkurs kann der Veräußerer die Kaufsache gern. § 43 KO aussondern und muß den bereits gezahlten Teil des Kaufpreises an die Masse abführen. Auf der Strecke bleiben der Sicherungszweck des Vorbehaltskaufes und die Anwartschaft als verkehrsfähiges Haftungsobjekt des Käufers; im Ergebnis besteht kein Unterschied zu der Behandlung des Tatbestandes der rei venditae et traditae. 1. Verkäuferkonkurs

Die Inkongruenz zwischen den in der Entstehungsgeschichte des Vorbehaltskaufes zu Tage getretenen Zielvorstellungen und der soeben dargestellten konkursrechtlichen Behandlung offenbart sich in erster Linie im Verkäuferkonkurs. Die Rechtsposition des Veräußerers, die ihrer Zweckbestimmung nach nur eine Sicherungsfunktion erfüllen soll, berechtigt hier zur Rückabwicklung des Vertrages, obwohl der Konkurs des Veräußerers niemals dessen Sicherungsinteressen tangiert. Der als Anwartschaft vom Käufer bereits erworbene Wert stellt nicht etwa ein Äquivalent zu den schon geleisteten Ratenzahlungen dar, sondern beschränkt sich rechnerisch auf die Höhe des quotenmäßig zu befriedigenden Schadensersatzes wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages. 2. Käuferkonkurs

Im Käuferkonkurs pervertiert das gewollte Sicherungsrecht zu einer Rückabwicklungspj1icht. Unabhängig von der Interessenlage, die möglicherweise auf eine Sicherung des Erfüllungsanspruches gerichtet ist, kann der Konkursverwalter dem Veräußerer den Kaufgegenstand wieder aufdrängen und ihn zur Rückzahlung der Raten zwingen.

Dagegen könnte man sich im Hinblick auf die wirtschaftliche Funktion der Anwartschaft auf den Standpunkt stellen, deren Wert komme auch bei einer Rückabwicklung letztlich der Gläubigergemeinschaft zugute, indem die vor Konkurseröffnung abgeführten Kaufpreisraten wieder zur Masse gezogen werden können. Darf ferner der Konkursverwalter ohnehin nur die für die Masse günstigste Entscheidung treffen 2, erscheinen die hier erzielten Ergebnisse in Ansehung der Anwartschaft als Haftungsobjekt des Käufers zunächst sachgerecht 3• 2 3

Jaeger / Lent, § 17 KO Anm. 31. So i.E. Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn. 481.

C. Die normative Erfassung des Vorbehalts kaufes im Konkurs

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Abgesehen davon, daß diese Art der wirtschaftlichen Realisierbarkeit nicht aus einer besonderen AnwärtersteIlung des Käufers resultiert, sondern sich auch dann eröffnet, wenn lediglich der Tatbestand der rei venditae et traditae vorliegt, läßt jene Betrachtungsweise die mit der Zielsetzung der Anwartschaft implizierte Verkehrsfähigkeit gänzlich unberücksichtigt. Der Fall der vor Konkurseröffnung als Kreditunterlage verwendeten Anwartschaft verdeutlicht aber, daß eine nicht verkehrsfähige Anwartschaft als Haftungsobjekt nicht funktionsfähig ist. War die Anwartschaft sicherungshalber übertragen und damit einem Dritten zur vorzugsweisen Befriedigung zur Verfügung gestellt worden, erweist sich gerade im Anwärterkonkurs, wo sich diese Kreditunterlage bewähren müßte, die Sicherung des Dritten als wertlos. Der Konkursverwalter kann durch Erfüllungslungsablehnung die Anwartschaft vernichten und durch Rückforderung der an den Verkäufer gezahlten Raten den vorher einem Dritten übertragenen Wert für die Masse realisieren, während der Dritte mit seiner Sicherheit ausfällt. 4 Auf die gleiche Weise verliert der Dritte seine Rechtsposition, wenn die Anwartschaft nicht lediglich zu Sicherungszwecken, sondern etwa im Rahmen eines Austauschgeschäftes übertragen worden war 5• 11. Korrekturversuche Neben den Korrekturvorschlägen, die § 17 KO lediglich im Verkäuferkonkurs ausschließen wollen, wurden vor allem umfassende Lösungswege entwickelt, welche eine generelle Unanwendbarkeit des § 17 KO auf den Vorbehalts kauf zu begründen versuchen. 1. Verkäufer- und Käuferkonkurs umfassende Lösungsvorschläge

a) Erfiillung von Seiten des Verkäufers

Eine Vielzahl von Meinungen versucht auf unterschiedlichem Wege die Erfüllung des Vorbehaltskaufes von Seiten des Verkäufers zu begründen. Bei einem einseitig erfüllten Kaufvertrag ist § 17 KO sowohl im Verkäufer- als auch im Käuferkonkurs unanwendbar.

4 Serick _ Bd. I, § 15 III, S. 252 Fußn. 53 - weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß etwa Sparkassen die Anwartschaft aus diesem Grund als satzungsmäßige Sicherheit ablehnen. 5 Als "unbillig" werden diese Ergebnisse u.a. empfunden von: Raiser, aaü., S. 96; Bauknecht, NJW 1956, 1177, 1179 ff.

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

aal

Erfüllung ohne Eigentumsübergang

Bei den Auffassungen, die einen Eigentumsübergang auf den Käufer als Voraussetzung der Erfüllung nicht für notwendig erachten, wird entweder die Erfüllung mit Vornahme der Leistungshandlung bejaht oder lediglich die bedingte Übereignung als geschuldet betrachtet. (I) Erfüllung durch Vornahme der Leistungshandlung

Abweichend von dem Erfüllungsbegriff des § 362 BGB 6 vertrat bereits Oertmann, daß Erfüllung i. S. d. § 17 KO im Falle des Vorbehaltskaufs schon mit dem Vorliegen der zu erbringenden Leistungshandlungen zu bejahen sei? Rühl stützt dieses Ergebnis auf die Überlegung, das Synallagma der Leistungspflichten sei durch Übergabe und bedingte Übereignung gelöst worden, da der Veräußerer vorgeleistet habe 8 • Rühl geht über die Tatsache hinweg, daß der Veräußerer sich gerade deshalb das Eigentum vorbehält, um nicht das Risiko der Vorleistung tragen zu müssen. Den Charakter einer Vorleistung haben allenfalls die Ratenzahlungen des Käufers 9 • Auch die von Letzgus vorgebrachte Begründung, § 17 KO setze einen erzwingbaren Erfüllungsanspruch voraus, der nach Erbringung der Leistungshandlung nicht mehr denkbar seilO, überzeugt nicht. Der Verkäufer bleibt bis zum Bedingungseintritt verpflichtet, alles zu unterlassen, was den Eigentumserwerb des Käufers verhindern könntelI. Diese Pflicht kann ggf. mit einer Unterlassungsklage erzwungen werden 12 • Zu dem bestehen m. E. grundsätzlich methodische Bedenken, den Erfüllungsbegriff der allgemeinen Norm des § 17 KO auf dem Hintergrund eines Sonderfalles der gegenseitigen Verträge, des Vorbehaltskaufes, zu entwickeln. Legt man dagegen bei der Frage nach dem Erfüllungsbegriff des § 17 KO einen gewöhnlichen Kaufvertrag zu Grunde, ergibt sich die Maßgeblichkeit des Leistungserfolges ohne weiteres aus den §§ I, 17,43 KO: Im Käuferkonkurs kann solange keine Erfüllung von Seiten des Verkäufers eingetreten sein, als er noch Eigentümer ist und die Kaufsache als massefremden 6 Die Maßgeblichkeit des Leistungserfolges bei § 362 BGB folgt schon aus dem Bezug zu §§ 812ff. BGB: Würde das Schuldverhältnis schon mit Vornahme der Leistungshandlung erlöschen, träte der Leistungserfolg immer rechtsgrundlos ein und wäre kondizierbar - vgl. auch Stracke, KTS 1973, 102, 104. 7 Oertmann, ZHR 93, 356, 397; LZ 27, 9. 8 Rühl, Eigentumsvorbehalt, S. 204 ff. 9 Vgl. Serick, Bd. I § 7 13a, S. 121. 10 Letzgus, aaO., S. 17 ff., 66 ff. 11 Pletzsch, aaO., S. 25. 12 Vgl. Wieser, NJW 1970,913, 914.

C. Die normative Erfassung des VorbehaItskaufes im Konkurs

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Gegenstand nach § 43 KO aussondern darf. Die vom Verkäufer geschuldete Leistung kann kaum i.S.d. § 17 KO bewirkt sein, i.S.v. §43 KOdagegennicht 13• Ob aber die Kaufsache als Leistungsgegenstand zur Masse i. S. d. § 1 KO gehört, richtet sich bei einem gewöhnlichen Kaufvertrag nicht nach den vorgenommenen Leistungshandlungen; maßgeblich ist allein der Leistungserfolg, d. h. der Übergang des die Massezugehörigkeit begründenden 14 Eigentums. Entsprechendes gilt im Verkäuferkonkurs, sofern man - wie der Gesetzgeber§ 17 KO u. a. als die gesetzliche Ermächtigung für den Konkursverwalter versteht, gegen den Gemeinschuldner bestehende Forderungen voll zu erfüllen. Einer solchen Ermächtigung bedarf es doch nur dann, wenn die Erfüllung mit Mitteln der Konkursmasse i.S.d. § 1 KO erfolgt; denn nur die Herausgabe massezugehöriger Gegenstände erklärt die Konkursordnung im Grundsatz für unzulässig l5 • Eine die Anwendbarkeit des § 17 K 0 ausschließende Erfüllung kann sich in diesem Fall nur danach richten, ob der geschuldete Leistungsgegenstand schon aus der Masse ausgeschieden ist. Welche Leistungshandlungen der Gemeinschuldner im einzelnen vorgenommen hat, ist für diese Frage irrelevant; maßgeblich ist allein der Eintritt des Leistungserfolges. Wollte man dagegen bei der Erfüllung i. S. d. § 17 KO auf die Leistungshandlung abstellen, käme man zu dem merkwürdigen Ergebnis, daß der Konkursverwalter den Leistungsgegenstand dann nicht mehr herausgeben darf, wenn der Gemeinschuldner alle ihm obliegenden Leistungshandlungen erbracht hat; denn sobald der Vertrag einseitig erfüllt worden ist, greift die in § 17 KO niedergelegte Ermächtigung zur Herausgabe massezugehöriger Gegenstände nicht mehr ein.

§ 17 KO meint deshalb ebenso wie § 362 BGB mit Erfüllung die Bewirkung des Leistungserfolges 16. (2) Die bedingte Übereignung als geschuldeter Leistungserfolg Nach a. A. ist zwar für den Erfüllungsbegriff des § 17 KO der Leistungserfolg maßgeblich, diesen habe der Verkäufer aber deshalb bewirkt, weil er beim Vorbehaltskauf lediglich die aufschiebend bedingte Übereignung schulde l7 •

Vgl. Serick, Bd. I, § 13 11 Ib, S. 336. Vgl. Jaeger ILent, § I KO Anm. 51. 15 Vgl. Mot., aaO., S. 87 zu § 21 KO aF. = § 26 KO n.F. 16 I. E. ebenso: RGZ 64, 334, 336; 85, 402, 403; Serick, Bd. I, § 13 111 b, S. 335; Jaeger ILent, § 17 KO Anm. 11; Jaeger IHenckel, § 17 KO Rdn. 40; Kuhn/Uhlenbruck, § 17KORdn. 18a; Walb, BB 1953,577,578; Heidland, KTS 1960, 17, 18. 11 V. Caemmerer, SJZ 1949,816,827; Esser, Schuldrecht Bd. 11, § 65 I la, S. 62 f.; Weber, NJW 1976, 1606. 13

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1. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

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Die Vereinbarung einer Bedingung ändert jedoch nicht den in § 433 Abs. 1 BGB festgelegten Leistungserfolg l8 • Auch beim Vorbehaltskauf soll der Käufer letztlich unbedingter Eigentümer werden. Die Unhaltbarkeit jener Auffassung folgt aus den Regelungen der §§ 812 ff. BGB: Wäre lediglich die aufschiebend bedingte Übereignung geschuldet, träte der unbedingte Eigentumserwerb des Käufers immer rechtsgrundlos ein und könnte kondiziert werden. bb) Der Anwärter als Eigentümer Die einseitige Erfüllung des Vorbehaltskaufes wird schließlich von denjenigen vertreten, die den Anwärter als Eigentümer bezeichnen. 19 Unterschiedliche Auffassungen bestehen allerdings im Hinblick auf die genauere Qualifikation der VeräußerersteIlung. (1) Der Veräußerer als besitzloser Pfandgläubiger Biomeyer20 versteht die Stellung des Veräußerers als besitzloses Verfallpfand. 21 Die Pfandrechtskonzeption wurde oft diskutiert und überwiegend zu Recht mit der Begründung abgelehnt, sie verstoße de lege lata gegen Wortlaut und Sinn der §§ 158 Abs. 1,455 BGB und gegen die Regelungen des Fahrnispfandrechtes, die weder die Pfandbestellung durch Besitzkonstitut, §§ 1204 ff. BGB, noch eine Verfallklausel, § 1229 BGB, zulassen 22. Der Gesetzgeber selbst verwarf die PfandgläubigersteIlung des Veräußerers in den Motiven 23 • Die Stellung des Veräußerers als Pfandgläubiger scheitert nicht zuletzt daran, daß sie mit den Wesenszügen des Pfandrechtes nicht in Einklang zu bringen ist. Ein solcher Wesenszug ist die Abhängigkeit des Pfandrechtes in Entstehung, Fortbestand und Übertragung von der gesicherten Forderung, der sog. Grundsatz der strengen Akzessorietät. Erweist sich die Kaufpreisforderung des Vorbehaltskaufes im nachhinein aus irgendeinem Grunde als nichtig, müßte der Veräußerer nach dem Grundsatz der Akzessorietät auch seine dingliche Rechtsstellung verlieren. Soll er dagegen bei Nichtigkeit der Forderung ungehindert über die Kaufsache verfügen dürfen - und nur dieses Ergebnis ist mit dem Sinn Pletzsch, aaO., S. 29. Blomeyer, AcP 162, 193 ff.; Georgiades, Die Eigentumsanwartschaft, S. 148 ff. 20 Blomeyer, aaO.; ders., Studien, S. 186 ff. 21 Nachweise der Pfandrechtskonzeption in der älteren Literatur bei Serick, Bd. I, § 10 I 1, S.207, Fußn. 3; aus neuerer Zeit Blomeyer folgend: Hübner, NJW 1980, 729, 735; Berger, Eigentumsvorbehalt und Anwartschaftsrecht, S. 177 ff. 22 Vgl. statt vieler Raiser, aaO., S. 52 f. 23 Mot. 11, S. 319; darauf Bezug nehmend: Staudinger /OstIer, § 455 Rdn. 36. 18 19

C. Die normative Erfassung des Vorbehalts kaufes im Konkurs

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und Zweck des Vorbehaltes und der Bedingungslehre vereinbar, bedürfte es zumindest einer eingehenden Begründung, warum der Wegfall der gesicherten Forderung die Stellung des "Pfandgläubigers" stärkt, statt sie zu vernichten. Zudem steht ein besitzloses Pfand im Widerspruch zu dem Wesen des Pfandrechtes schlechthin. Das rechtsgeschäftlich und damit freiwillig bestellte Pfand, welches in diesem Zusammenhang als Parallele nur in Betracht kommt, ist geprägt von dem Mißtrauen des Pfandgläubigers, das sich gerade in dem Erfordernis der Besitzeinräumung manifestiert. Dem Pfandschuldner wird von vornherein die Möglichkeit genommen, den Rechtsschein des Besitzes zu mißbrauchen. Beim Vorbehaltskauf aber nimmt der Veräußerer diese Mißbrauchsmöglichkeit mit der Besitzübergabe hin. Die Grundlage des Vorbehaltskaufes kann deshalb nicht gegenseitiges Mißtrauen sein, sondern das Vertrauen des Veräußerers, der Käufer werde abredegemäß mit der Kaufsache verfahren. (2) Der Veräußerer als "Anwärter eines Eigentumsrückfallrechtes" Nach Georgiades kommt dem Käufer die Stellung eines auflösend bedingten Eigentümers ZU 24 . Unklar bleibt allerdings die Rechtsposition des Veräußerers, sofern sie als Anwartschaft auf Eigentumsrückfall charakterisiert und dahingehend konkretisiert wird, sie entspreche inhaltlich der Anwartschaft des Erwerbers bei der aufschiebend bedingten Übereignung25 • Hat der Käufer während der gesamten Schwebezeit den Eintritt des Eigentumsrückfalls in der Hand und kann ihn durch pünktliche Zahlung verhindern, würde nach allgemeiner Auffassung 26 der Veräußerer nicht melir als Anwärter bezeichnet werden. Der Konstruktion als solcher steht der eindeutige Wille des Gesetzgebers entgegen. Die 2. Kommission legte bewußt den Streit im Gemeinen Recht - Suspensiv- oder Resolutivvertrag - bei und entschied sich gegen die auflösend bedingte Übereignung 27 • Georgiades selbst räumt ein, daß man sich an einer Übernahme dieser Konstruktion durch § 455 BGB gehindert sehen werde 28 und eine umfassende gesetzliche Regelung ein novum schaffen müsse 29 • Hinzu kommt, daß diese Konstruktion im Käuferkonkurs nicht zu befriedigenderen Ergebnissen führt als die Anwendung des § 17 KO: Der den Bedingungseintritt und damit den Eigentumsrückfall begründende Verzug kann nach Verfahrenseröffnung nicht Georgiades, aaO., S. 157 tT. Georgiades, aaO., S. 158. 26 Zurückgehend auf Westermann, Sachenrecht, 2. Aufl., § 5 111 3 a, wonach für eine Anwartschaft als Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sein müssen, daß sie von der Gegenseite nicht mehr einseitig zerstört werden kann. 27 VgJ. Prot. 11, S. 81. 28 Georgiades, aaO., S. 176. 29 Georgiades, aaO., S. 180. 24

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I. Teil: Der Vorbehaltskauf in § 17 KO

mehr herbeigeführt werden; der Käufer bleibt Eigentümer, der Kaufpreisanspruch ist einfache Konkursforderung. Georgiades sieht selbst dieses "wenig befriedigende Ergebnis" und will dem durch eine analoge Anwendung der §§ 47 ff. KO abhelfen, wobei aber der Weg zu dieser Lösung "erst noch zu finden" sei JO• Eine Entillung des Vorbehaltskaufs von Seiten des Veräußerers, welche die Anwendbarkeit des § 17 KO sowohl im Verkäufer- als auch im Käuferkonkurs ausschließen würde, läßt sich nach alledem nicht überzeugend begründen. b) Teleologische Normzweckreduktion des § 17 KO

Das Reichsgericht sah den Zweck des § 17 KO darin, den Käufer davor zu bewahren, seinerseits den Kaufvertrag erfüllen zu müssen, während er selbst nur die Konkursquote erhält 31 • Aus der Annahme dieser Zweckbestimmung wurde zunächst nur die Unanwendbarkeit des § 17 KO auf den Konkurs des Vorbehaltsveräußerers gefolgert. Die von § 17 KO zu verhindernde Gefahr bestehe beim Vorbehaltskauf deshalb nicht, weil mit Tilgung des Kaufpreises die Bedingung eintrete und der Käufer Eigentum erwerbe. 32 Der gleiche Gedanke wurde schließlich auf den Käuferkonkurs übertragen. Auch hier könne der Verkäufer nicht zu seiner Leistung gezwungen werden und dabei Gefahr laufen, die ihm versprochene Gegenleistung nur als Konkursquote zu erhalten. Er habe auch ohne § 17 KO die Möglichkeit, sein Rücktrittsrecht auszuüben und den Kaufgegenstand auszusondern. 33 Der Schutz des § 320 BGB sei danach beim Vorbehaltskauf nicht erforderlich; § 17 KO, der lediglich konkursrechtlicher Ausdruck dieses Schutzgedankens sei, könne daher seinem Normzweck nach auf den Vorbehaltskauf keine Anwendung finden 34• Die Argumentation geht von der unzutreffenden Prämisse aus, § 320 BGB habe als Leistungsverweigerungsrecht im Konkurs keinen Bestand und müsse daher durch § 17 KO ersetzt werden. Im Unterschied zu dem im Konkurs ausgeschlossenen § 273 BGB 35 stellt § 320 BGB jedoch keine Abhängigkeit von Georgiades, aaO., S. 173 Fußn. 43. RGZ 140, 156, 162; vgl. zuletzt BGH JZ 1984,420,421; ebenso: Hess/Kropshofer, § 17 KO Rz. 1; vgl. ferner die Nachweise bei Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 10, Fußn. 8. 32 Wieser, NJW 1970, 913; Medicus, Bürgerliches Recht, Rdn. 481. 33 Wolf, ZZP 83, 231, 232; nach der hier vertretenen Auffassungscheidet dieArgumentation Wolfs im Hinblick auf den Käuferkonkurs allerdings schon deshalb aus, weil die Tatsache der Konkurseröffnung dem Verkäufer nicht den verschuldensabhängigen Rücktrittsgrund ersetzt - vgl. oben B.II.3.b). 34 Ähnlich: Stracke, KTS 1973, 102, 109. 35 Kuhn/Uhlenbruck, § 49 KO Rdn. 24; Jaeger /Lent, §49 Rdn. 42; Häsemeyer, KTS 1973, 2, 8 f.; differenzierend: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 25 ff., 32, der §273 BGB bei JO 31

c. Die normative Erfassung des Vorbehaltskautes im Konkurs

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Anspruch und Gegenanspruch her und schafft auf diese Weise ein außerhalb der §§48 f. KO stehendes Sicherungsrecht, sondern ist Ausdruck einer von vornherein bestehenden Abhängigkeit der Leistung von der Gegenleistung. 36 Auch im Konkurs ist nicht "Leistung gegen Quote", sondern "Leistung gegen Gegenleistung" geschuldet 37. Die Motive zur Konkursordnung setzen die Anwendbarkeit des § 320 BGB als selbstverständlich voraus 38• Vom Standpunkt des Gesetzgebers stellt sich die Regelung des § 17 KO nicht als Begründung eines dem § 320 BGB entsprechenden Leistungsverweigerungsrechtes dar, sondern als Ausfluß dieser im Konkurs geltenden Vorschrife9 • Könnte sich nämlich der Vertragsgegner des Gemeinschuldners nicht auf § 320 BGB berufen, hätte das Gesetz in § 17 KO keine besondere Ermächtigung aussprechen müssen, einen gegnerischen Anspruch mit Massemitteln zu befriedigen. Der Konkursverwalter dürfte dann auch, ohne seinerseits mit Massemitteln erfüllen zu müssen, die von dem Vertragsgegner geschuldete Gegenleistung verlangen. 40 Besteht deshalb die durch § 17 KO angeblich zu verhindernde Gefahr, zur Erbringung der eigenen Leistung gegen Zahlung der Konkursquote gezwungen zu werden, ohnehin nicht, kann aus diesem Gesichtspunkt nicht die Unanwendbarkeit des § 17 KO auf den Vorbehaltskauf hergeleitet werden. c) Die Argumentation aus § 161 BGB

Die U nanwendbarkeit des § 17 KO auf den Vorbehaltskauf wird schließlich aus § 161 BGB gefolgert. § 161 Abs. 1 S. 2 BGB sei lex specialis zu § 17 KO. Im Verkäuferkonkurs stelle damit die Erfüllungsablehnung eine nach § 161 Abs. 1 s. 2 BGB unwirksame Zwisclienverfügung dar41 • Aus der Unzulässigkeit der Zwischenverfügung folge die Unwirksamkeit jeglicher Rechtshandlungen, die die Anwartschaft selbst vernichten 42 • Im Käuferkonkurs entspreche deshalb Zurückbehaltung von nicht zur Konkursmasse gehörigen Gegenständen anwenden will. Dagegen: Henckel, ZZP 99, 419, 421 ff. 36 Vgl. Musielak, AcP 179, 189, 199. 37 Huber, BB 1%4,731,733. 38 Mot., aaO., S. 69: "Verlangt der Verwalter Enüllung, so muß er natürlich seinerseits die von dem Gemeinschuldner noch rückständige Leistung vollständig vornehmen. In dieses, nach allen Rechtssystemen begründete Recht des Mitkontrahenten, die von ihm geforderte Erfüllung seiner Leistung abzulehnen, wenn ihm nicht die Gegenleistung gewährt wird, soll selbstverständlich nicht eingegriffen werden." 39 Vgl. auch Huber, BB 1964,731,734: § 17 KO "besagt nicht, daß das Gegenseitigkeitsverhältnis ... im Konkurs überhaupt beachtet werden muß, sondern regelt nur die Folgen, die sich aus der Beachtlichkeit ... im KonkursfaJI ergeben". 40 Zur unabhängig von §§ 17,59 Abs. I KO bestehenden Konkursfestigkeit des § 320 BGB ausführlich: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 10 ff. 41 Raiser, aaO., S. 95; Bley, ludicium 4 (1932), 199, 209. 42 Bauknecht, N1W 1956, 1177, II 78.

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1. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

einer Bindung des Eigentümers die Bindung des Anwärters, die auch hier der Konkursverwalter nicht beseitigen könne43 • Abgesehen davon, daß die Annahme einer unzulässigen Zwischenverfügung bereits die Rechtsnatur der Anwartschaft als dingliches Recht impliziert 44 , stellt die Erfüllungsablehnung auch kein Rechtsgeschäft dar, durch welches unmittelbar ein Recht übertragen, belastet oder aufgehoben wird45 • Die Erfüllungsablehnung im Sinne des § 17 KO wirkt unmittelbar nur auf die Erfüllungsansprüche des Kaufvertrages ein und bringt durch Vereitelung des Bedingungseintritts die Käuferanwartschaft lediglich mittelbar zu Fall 46 • Inwieweit aber beim Vorbehaltskauf auf das Orundgeschäft eingewirkt werden darf, geht aus § 161 BOB gerade nicht hervor; andernfalls müßte auch der Rücktritt in § 455 BOB gern. § 161 Abs. 1 S. 1 BOB unzulässig sein. Entscheidend ist letziich, daß die Möglichkeit des Bedingungseintritts auf der Tatbestands- und nicht auf der Rechtsfolgeseite des § 161 BOB steht. Die Erfüllungsablehnungvereitelt m. a. W. den Bedingungseintritt, während § 161 BOB ihn voraussetzt 47 • Ihre eigenen Voraussetzungen kann die Norm aber schlechterdings nicht regeln. Wird schließlich die Argumentation aus § 161 BOB auf den Käuferkonkurs übertragen, indem auch hier dem Konkursverwalter jegliche die Anwartschaft vernichtende Rechtshandlungen untersagt werden, ist dem zusätzlich entgegenzuhalten, daß § 161 BOB nur Zwischenverfügungen von Seiten des aufschiebend bedingt Übereignenden erfaßt, keinesfalls aber solche des aufschiebend bedingt Berechtigten. Selbst bei einer Weiterübertragung der Anwartschaft nach § 929 BOB ist § 161 BOB im Käuferkonkurs nicht anwendbar, da der Zweiterwerber die Anwartschaft als solche nicht aufschiebend bedingt, sondern unbedingt erhält 48.

2. Auf den Verkäuferkonkurs beschränkter Ausschluß des § 17 KO

a) Weitere Modifikationen des Erfüllungsbegriffes Mit einer anderen Begründung als die letztgenannten Auffassungen will Huber die Unanwendbarkeit des § 17 KO aus § 161 BOB nur für den VerkäuferVgl. Raiser, aaO., S. 96; Bauknecht, aaO., S. 1180; Mohrbutter, KTS 1965, 185, 192. § 161 BGB erwähnt nur die Verfügung über den aufschiebend bedingt übereigneten Gegenstand Wird dem die Vernichtung der Anwartschaft gleichgestellt, setzt dies schon einen durch die Anwartschaft vermittelten dinglichen Bezug zwischen Sache und Person, d.h. zwischen Kaufgegenstand und Käufer voraus; zu der Argumentation aus der dinglichen Rechtsnatur der Anwartschaft vg!. 2. d). 45 Zu dem Begriff der Verfügung vg!. statt aller: Staudinger /Coing, Ein!. 63 vor § 104. 46 Vgl. auch Serick, Bd. I, § 13 III 1, S. 355 fT. 47 Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 18; vgl. auch Pflug, AG 1986,305,306 Fußn. 8u.9. 48 Vgl. Heinze, JR 1974,451, 454; Lempenau, Direkterwerb, S. 88. 43

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C. Die normative Erfassung des Vorbehalts kaufes im Konkurs

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konkurs herleiten 49 • Für den Erfüllungsbegriff des § 17 KO komme es entscheidend darauf an, "ob die Leistung bereits in konkursbeständiger Weise erbracht" sei. Aus § 161 Abs. 1 S. 2 BGB ergebe sich der Vorrang der bedingten Verfügung vor der Konkursbeschlagnahme, weshalb der Verkäufer in seinem Konkurs die Leistung in konkursbeständiger Weise erbracht und damit erfüllt habe, im Käuferkonkurs dagegen nicht. Zum einen setzt § 161 Abs. 1 S. 2BGB eine zweite Verfügung des Konkursverwalters über den aufschiebend bedingt übereigneten Gegenstand vorausso, zum anderen macht ~uber die Konkursbeständigkeit zur tatbestandlichen Voraussetzung des Erfüllungsbegriffes. Aus § 17 KO ergibt sich jedoch, daß umgekehrt die Erfüllung tatbestandsmäßige Voraussetzung der Konkursbeständigkeit ist. Ausgehend von der Formulierung des Gesetzes, der Konkursverwalter dürfe an Stelle des Gemeinschuldners erfüllen, sieht Wies er die Voraussetzungen des § 17 KO nur als gegeben an, wenn der Vertrag den Gemeinschuldner noch zu einem Verhalten verpflichtet. Der Eigentumserwerb des Käufers vollziehe sich aber, ohne daß der Konkursverwalter einer vertraglichen Verhaltenspflicht des Gemeinschuldners nachkommen müsse. Die Pflicht, alles zu unterlassen, was den Eigentumserwerb hindern könne, sei keine vertragliche, sondern nur eine gesetzliche - auf § 160 Abs. I BGB beruhende - Pflicht. Von einer ErjUllung des Vertrages durch den Verwalter könne daher im Verkäuferkonkurs keine Rede . 51 sem . Im Ergebnis folgt Wieser im Verkäuferkonkurs der bereits abgelehnten Auffassung, die nicht den Eintritt des Leistungserfolges, sondern den Vollzug der Leistungshandlung für maßgeblich hält. Daneben hat er mit Huber das schwer nachvollziehbare Ergebnis gemein: daß bei gleichermaßen weit fortgeschrittenem Leistungsaustausch der Verkäufer im Falle seiner eigenen Insolvenz erfüllt hat, im Käuferkonkurs dagegen nicht. Ein zwischen Verkäufer- und Käuferkonkurs differenzierender Erfüllungsbegriff ist dem § 17 KO jedoch nicht abzugewinnen 52.

Huber, BB 1964, 731, 735. so Vgl. Mentze1/Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 18. Huber hätte an dieser SteHe zumindest begründen mussen, inwiefern die Konkurseröffnung eine Verfügung darstellt, vgl. zu letzterem Marotzke, Das Anwartschaftsrecht, S. 61 ff. 51 Wieser, NJW 1970,913,915. 52 Vgl. MeI)tze1/Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 18; i. E. ebenso Pletzsch, aaO., S. 27 f., der die Differenzierung zwischen gesetzlichen und vertraglichen Pflichten als willkürlich aufgegriffenes Abgrenzungsmerkmal bezeichnet. 49

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1. Teil: Der Vorbehaltskauf in § 17 KO

b) Argument aus §§ 67. 154. 168 Ziff. 2 KO

Unger sieht den Ausschluß des § 17 KO im Verkäuferkonkurs in der besonderen Regelung begründet, "die die Konkursordnung für die Stellung des Anwartschaftsberechtigten im Konkurse des Rechtsveräußerers" in §§ 67, 154, 168 Ziff. 2 KO trefIe S3• Forderungen unter aufschiebender Bedingung seien gern. § 67 KO nur sicherzustellen. Am Verteilungsverfahren nehme der "Anwartschaftsberechtigte" nicht teil, da die auf aufschiebend bedingte Forderungen entfallenden Beträge gern. § 168 ZifI. 2 KO einzubehalten sind bzw. eine Berücksichtigung bei der Schlußverteilung ausgeschlossen ist, sofern die Möglichkeit des Bedingungseintritts eine so entfernte ist, "daß die bedingte Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswert nicht hat", § 154 Abs. 2 KO. Daraus folge, daß der "Anwartschaftsberechtigte" außerhalb des Konkursverfahrens stehe; bis zum Erstarken der Anwartschaft zum Vollrecht sei die Erwerbsaussicht in Höhe ihres gegenwärtigen Wertes sicherzustellen, nach Bedingungseintritt sei der ,,Anwartschaftsberechtigte" ohnehin nicht mehr am Verfahren beteiligt. Die Anwartschaft gehöre deshalb "nicht mehr zum Vermögen des Veräußerers"; da § 17 KO sich aber auf § 1 KO beschränke, könne dem Konkursverwalter im Veräußererkonkurs kein Wahlrecht zustehen S4 • Bereits der Ansatz dieses Gedankenganges ist unrichtig. Der aufschiebend bedingt Forderungsberechtigte steht keinesfalls außerhalb des Konkursverfahrens, da auch er nur konkursmäßige Befriedigung seiner Forderung erlangen kann. Das Einbehalten der auf die Forderung entfallenden Beträge bedeutet lediglich, daß er - unbeschadet des § 154 Abs. 1 KO - erst bei Eintritt der Bedingung seine Konkursdividende erhält. Selbst wenn diese von Unger aufgestellte Prämisse zuträfe, wäre der auf den Vorbehaltskauf gezogene Schluß nicht möglich. Beim Vorbehaltskauf ist nicht die Forderung, sondern die Eigentumsübertragung aufschiebend bedingt. Gegenstand der Anwartschaft ist hier der Eigentumserwerb. bei § 67 KO allenfalls der Forderungserwerb. Schließlich ist es kaum zweifelhaft, daß die Anwartschaft sicher nicht zum Vermögen des Veräußerers i. S. d. § 1 KO gehört. Die Anwendbarkeit des § 17 KO ist deshalb jedoch nicht ausgeschlossen. In die Konkursmasse fällt weiterhin die im Eigentum des Veräußerers stehende Kaufsache, so daß auch nach Ungers Auffassung der Bezug zwischen § I und § 17 KO nicht gelöst ist.

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Unger, KTS 1969, 193, 212. Unger, aaO., S. 213.

C. Die normative Erfassung des Vorbehalts kaufes im Konkurs

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c) Analogie zu § 24 KO

Eine weitere Möglichkeit, § 17 KO im Veräußererkonkurs auszuschließen, wird in einer analogen Anwendung des § 24 KO gesehen 55 • Nach § 24 KO sei der Verwalter zur Erfüllung eines durch Vormerkung gesicherten Anspruchs verpflichtet. Wegen der in § 883 Abs. 2 und § 161 BGB übereinstimmenden Schutzwirkung müsse Entsprechendes auch für den Vorbehaltskauf gelten und eine Erfüllungsverweigerung ausgeschlossen sein. Das Ausfüllen einer Gesetzeslücke im Wege der Gesetzesanalogie - der Übertragung der für einen Tatbestand gegebenen Regel auf einen dem wertungs mäßig gleich zu erachtenden Tatbestand 56 - setzt logischerweise die Feststellung einer solchen Gesetzeslücke voraus. 57 Zwar ist der Eigentumsvorbehalt in § 24 KO nicht erwähnt, Lücke und Schweigen des Gesetzes sind jedoch nicht dasselbe 58• Die Gesetzeslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit 59 des Gesetzes 6l\ die nur dann vorliegt, wenn eine nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers oder dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende Regelung fehlt 61 • Gerade diese Voraussetzung ist bei der Frage nach einer analogen Anwendung des § 24 KO auf den Vorbehaltskauf zu verneinen. § 24 KO wurde noch im Jahre 1977 um den Satz 2 dieser Vorschrift ergänzt 62 • In Kenntnis um die Problematik bezog der Gesetzgeber den Vorbehaltskauf nicht in die Regelung des § 24 KO ein, obwohl dies wegen des durch § 161 BGB gewährleisteten, dem § 883 Abs. 2 BGB ähnlichen 63 Schutzes ggf. nahegelegen hätte. Hätte der Gesetzgeber für alle Anwartschaften als gegen Zwischenverfügungen gesicherte Erwerbsaussichten 64 in § 24 KO eine Regelung treffen wollen, würde dies in der Vorschrift zum Ausdruck kommen. Wäre er dagegen der Auffassung gewesen, die gesicherte Erwerbsaussicht als solche gewähre bereits einen den § 17 KO ausschließenden "konkursrechtlichen Schutz .. 65 , häUe er § 24 S. 1 KO gestrichen. 55 Mohrbutter, KTS 1965, 185, 192; Bauknecht, NJW 1956, 1177, 1178; vgl. auch Raiser, aaO., S. 96; a.A. - ohne nähere Begründung-Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, § 17KO Rdn. 18. 56 Larenz, Methodenlehre, S. 368. 57 Larenz, aaO., S. 385. 58 Larenz, aaO., S. 355. 59 Elze, Lücken im Gesetz, S. 3. 60 Larenz, aaO., S. 358. 61 Larenz, aaO., S. 360. 62 Gesetz vom 22.06.1977 (BGBI. I S. 998). 63 Die Unwirksamkeit nach § 883 Abs. 2 BGB ist - wie sich aus § 888 BGB ergibt - eine relative, während bei § 161 BGB eine absolute Unwirksamkeit angenommen wird - vgl. MüKo-Westermann, § 161 Rdn. 7. 64 Bereits BGHZ 45, 186, 190 sah den durch eine Vormerkung Geschützten als ähnlich wie ein Vorbehalts käufer Gesicherten an; BGH NJW 1982, 1639, 1640 spricht expressis verbis von einer Anwartschaft. 65 Auf einen durch § 161 Abs. I S. 2 und § 883 Abs. 2 BGB in gleicher Weise gewährleisteten

4 Mellwig

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

d) Die der Anwartschaft unterstellte dingliche Rechtsnatur

Vielfach stützt man sich auf die angebliche dingliche Rechtsnatur der Anwartschaft. Eine dingliche Rechtsposition könne der Konkursverwalter nicht durch eine Erfüllungsablehnung zerstören, da § 17 KO ihm lediglich eine Einwirkungsmöglichkeit auf schuldrechtliche Verhältnisse gestatte66 • Die dingliche Rechtsqualität der Anwartschaft wird u. a. aus den Übertragungsregeln des Mobiliarsachenrechts hergeleitet, deren Anwendung eine gewohnheitsrechtliche Anerkennung als dingliches Recht bewirkt habe 67 • Am Beispiel des Wertpapierrechts zeigt sich dagegen, daß die Anwendbarkeit sachenrechtlicher Übertragungsregeln für die Annahme eines dinglichen Rechtes nicht ausreicht 68 • Ansprüche aus Inhaberschuldverschreibungen, Wechsel oder Scheck unterliegen zwar sachenrechtlichen Übertragungsregeln, bleiben aber gleichwohl schuldrechtliche Forderungen 69 • Gegen den dinglichen Charakter der Anwartschaft wendet Serick zutreffend ein, es sei unverzichtbares Merkmal eines jeden dinglichen Rechtes, daß es im Entstehen, Fortbestand und Untergang von Gültigkeit oder Mängeln des kausalen Rechtsgeschäftes unabhängig sei 70 , während die Anwartschaft bei Vernichtung des Grundverhältnisses, dem Bedingungsausfall, erlischt. Es mag durchaus zutreffen, daß dem Bürgerlichen Recht die Abhängigkeit eines dinglichen Rechts von kausalen Verpflichtungen "nicht fremd ist,,7I. Der hiermit angesprochene Grundsatz der Akzessorietät betrifft jedoch nur die Abhängigkeit des dinglichen Rechts von einer kausalen Verpflichtung, nicht aber von seinem Kausalverhältnis. Ein Pfandrecht erlischt nicht infolge der Nichtigkeit der Pflicht zur Pfandrechts bestellung, sondern mit dem Untergang der gesicherten Forderung, letztere ist nicht Rechtsgrund der Verpfändung. 72 Daneben bestehen methodische Bedenken, einer Position wie der Anwartschaft apriorisch einen dinglichen Rang zuzuerkennen, um daraus wiederum Folgerungen für die Position selbst herzuleiten 73 • Die in diesem Zusammenhang beabsichtigte Beweisführung müßte im Grunde in ihr Gegenteil umschlagen: "konkursrechtIichen Schutz" berufen sich sowohl Mohrbutter als auch Bauknecht, jeweils aaO. 66 Kilger, § 17 KO Anm. 3 b; Kuhn, WM 1972,206,210; Bernhard,N1W 1962,2194; Braun, N1W 1962, 382, 384. Auch Henckel- lZ 1987,359,360- stellt auf dem Hintergrund seines Verständnisses von § 17 KO auf eine dingliche Rechtsnatur der Anwartschaft ab. 67 Stracke, Das Aus- und Absonderungsrecht, S. 35. 68 Vgl. Canaris, Festschrift für F1ume, S. 374. 69 Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, § 2 11 I. 10 Serick, Bd. I, § 11 I 2, S. 246. 71 Stracke; aaO., S. 38. Tl Vgl. dazu auch Serick, AcP 166, 129, 131. 73 Vgl. F1ume, AcP 161,385, 392; ähnlich: Pflug, AG 1986, 305, 306 Fußn. 9.

C. Die normative Erfassung des Vorbehaltskaufes im Konkurs

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§ 17 K 0 kann nicht deshalb unanwendbar sein, weil die Anwartschaft ein dingliches Recht darstellt, eine dingliche Rechtsnatur ist vielmehr dann ausgeschlossen, wenn der Konkursverwalter durch Einwirkung auf das Schuldverhältnis die Rechtsposition des Käufers vernichten kann. e) Einzelfallgerechtigkeit in § 242 BGB

Um "grob unbillige Folgen"74 für den Käufer zu vermeiden, wurde vor allem von der Rechtsprechung7S darauf hingewiesen, die Ausübung des Wahlrechts i. S. v. § 17 KO sei eingeschränkt durch den Grundsatz von Treu und Glauben 76. Gegen eine Anwendung des § 242 BGB spricht zunächst, daß der Konkursverwalter bei einer Erfüllungsverweigerung lediglich in legaler Ausübung seiner Pflicht handelt, indem er eine für die Masse günstige Entscheidung trifft und damit die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrt. Dieses Verhalten kann grundsätzlich nicht als treuwidrig angesehen werden, sondern rechtfertigt sich durch den Konkurszweck und die Risikoverteilung zu Lasten des Vorleistenden. Entsprechend lehnte der Bundesgerichtshof den Ausschluß des § 17 KO durch § 242 BGB in einer neueren Entscheidung mit der Begründung ab, der Käufer bleibe, solange der Verkäufer nicht erfüllt habe, dem Risiko des Verkäuferkonkurses "mit allen gesetzlichen Folgen ausgesetzt"77. Unter Hinweis auf das gesetzlich gestattete Verhalten des Konkursverwalters hält etwa Medicus die Anwendbarkeit des § 242 BGB zwar nicht bei "grober Unbilligkeit", jedoch in "weniger kraß liegenden Fällen" für ausgeschlossen 78 . Abgesehen davon, daß eine. zuverlässige Abgrenzung zwischen grober und weniger krasser Unbilligkeit kaum zu treffen sein dürfte, stellt die grobe Unbilligkeit als solche auch keine anerkannte Fallgruppe des § 242 BGB dar. Statt einer Konkretisierung der Grundsätze von Treu und Glauben 79 wird hier nur das eine generalklauselartige, einer Subsumtion unzugängliche so Tatbetandsmerkmal Treu und Glauben durch den anderen, ebenso ausfüllungsbedürftigen Begriff der groben Unbilligkeit ersetzt 81. 74 Medicus, aaO., Rdn. 480, der sich allerdings ohne die Rechtsprechung zu billigen der Auffassung von Wolf, ZZP 83,231 ff. anschließt. 75 RGZ 140, 156, I 62f.; BGH WM 1961,888,891; BGH NJW 1962,2296,2297; BGHZ98, 160, 168 f. 76 Vgl. auch Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. ll; Serick, Bd. I, § 13 III 4, S. 360 ff.; Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 22. 77 BGH ZIP 1983, 709, 710; die Entscheidung hatte einen sieben Jahre vor Konkurseröffnun~ geti,itigten Grundstückskauf zum Gegenstand, wobei die Auflassung bis zur Verfahrenser >ffnung nicht erfolgt war. 78 Vgl ..\1edicus, aaO., Rdn. 480. 79 Vgl. MüKo-Roth, § 242 Rdn. 6. 80 Staudinger /Schmidt, § 242 Rdn. 112. 81 Vgl. dazu allgemein Staudinger/Schmidt, § 242 Rdn. 173.

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

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Soweit allerdings einzelne Fallgruppen herausgebildet wurden, knüpfen sie nicht an den für die Unbilligkeit des Ergebnisses maßgeblichen Sachverhalt an: Die Unbilligkeit liegt nicht darin begründet, daß ggf. "nahezu der ganze Kaufpreis bezahlt,,82 wurde bzw. der Käufer für den gesamten Kaufpreis Wechsel akzeptierte, die vorn Verkäufer bereits vor Verfahrens eröffnung diskontiert worden waren 83 ; andernfalls müßten diese Ausnahmen nicht nur für den Vorbehalts kauf, sondern für jeden Kaufvertrag gelten84• Die Unbilligkeit ist vielmehr in der Tatsache zu sehen, daß sich der Veräußerer sein Eigentum nur zu Sicherungszwecken vorbehält und es infolgedessen nur gegen den vertragsuntreuen Käufer geltend machen darf; der zahlungswillige Käufer ist jedoch nicht vertragsuntreu85 .

D. Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung Bei einer rein normativen Betrachtungsweise scheint es der Privatautonomie nicht gelungen zu sein, die der historischen Entwicklung des Vorbehaltskaufes zu Grunde liegenden wirtschaftlichen Zielvorstellungen im Konkurs zu verwirklichen. In Anbetracht des § 17 KO ist weder die Anwartschaft als selbständiger verkehrsfähiger Vermögenswert noch eine sich auf bloße Sicherungsinteressen beschränkende Eigentümerposition gewährleistet. Richtungsweisend für den weiteren Gang der Untersuchung sind vor allem die gegen die erwähnte Anwendung des § 242 BGB anzumeldenden methodischen Bedenken: Bei der unter § 242 BGB vorgenommenen Rechtsfindung soll letztlich eine am Einzelfall und seinen speziellen Interessen orientierte Entscheidung getroffen werden 86, die gegenüber den notwendig allgemeinen Sätzen des objektiven Rechts die individuelle Besonderheit zur Geltung bringt 87, sofern das geltende Normensystem keine befriedigende Lösungsmöglichkeit bietet. Für den Vorbehaltskauf kann das kodifizierte Recht schon deshalb keine adäquate Regelung zur Verfügung stellen, weil sich die Anwartschaft als Rechtsinstitut erst nach Kodifizierung des BGB praeter legern entwickelte88 • Geht man davon aus, daß Serick, Bd. I, § \3 III 4, S. 361. RGZ 140, 156, 162 f. 84 Dieses Postulat ist selbstverständlich im Ergebnis absurd: Warum sollte der Konkursverwalter gezwungen sein, bei "nahezu vollständig" bezahltem Kaufpreis die Übereignungsforderung als Masseschuld zu erfüllen, während bei gänzlicher Zahlung des Kaufpreises die Übereignungsforderung nur Konkursforderung sein kann? 85 Ähnlich Jaeger/Henckel, § 17 KO Rdn. 54. 86 MüKo-Roth, § 242 Rdn. 13. 87 Siebert, Verwirkung und Unzulässigkeit der Rechtsausübung, S. 129. 88 Vgl. Mentzel/Kuhn /Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 18, wo ausdrücklich darauf hingewiesen wird, alle Konstruktionsversuche könnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß "die Rechtsfortbildung zu § 17 KO noch einen Schritt tun" müsse. Ol

83

D. Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung

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die im Rahmen des § 242 BGB erörterten Einzelfälle des nahezu vollständig bezahlten Kaufpreises bzw. der vom Verkäufer bereits diskontierten Wechsel nicht die eigentliche bei der Anwendung des § 17 KO empfundene Unbilligkeit erfassen, kann nicht mehr die Regelung jener Einzelfälle im Vordergrund stehen, sondern die konkursrechtliche Behandlung des Vorbehaltskaufes schlechthin, die als solche keinen Einzelfallcharakter besitzt. An die Stelle einer Einzelfallbewertung muß dann aber schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der rechtlichen Behandlung89 ein Bewertungsmodell treten, welches die dem Vorbehaltskauf typische Interessenlage erfaßt und ihn als Falltyp einer angemessenen konkursrechtlichen Lösung zuführt. Gerade im Hinblick auf Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der rechtlichen Behandlung gelangt man bei einzelfallartigen Lösungen im Rahmen des § 17 KO zu inhaltlich kaum zu rechtfertigenden Differenzierungen: So wird etwa im Unterschied zu dem vom Reichsgericht'Äl entschiedenen Wechselgeschäft das sogenannte Scheck-Wechsel-Verfahren 91 nicht als ein Anwendungsfall des § 242 BGB angesehen; vielmehr soll der Zahlungsanspruch schon mit der angeblich einer Barzahlung gleichzusetzenden Scheckhingabe92 erloschen und damit Erfüllung eingetreten sein 93 • Hier wie dort läßt sich die gegen eine Erfüllung geltend gemachte Begründung des Reichsgerichtes anführen: Sowohl Wechsel als auch Scheck werden nur zahlungshalber gegeben. Trotz Erlangung des Gegenwertes wird dem Verkäufer nur eine vorläufige Befriedigung verschafft, da er aus seiner Wechselverpflichtung als Aussteller gern. Art. 43 Abs. I i. V. m. Art. 9 Abs. I, 15 Abs. I WG in Anspruch genommen werden kann 94 • Konsequenterweise dürfte deshalb für beide Fälle hinsichtlich der Erfüllungsfrage nichts anderes gelten 95 • Nach überwiegender Meinung findet dagegen bei vom Verkäufer diskontierten Wechsel § 17 K 0 zumindest dann Anwendung, wenn der Veräußerer tatsächlich aus der Wechselverpflichtung in Anspruch genommen wird 96 , während beim Scheck-Wechsel-Verfahren in diesen Fällen eine Anwendung des § 17 KO ausgeschlossen ist und durch den Bedingungseintritt der Veräußerer seine Sicherheit gegen die vorläufige Befriedigung aus dem Scheck verloren hat. Eine 89 Vgl. zum Vorbehaltskaufund dem Ausschluß des § 17 KO durch § 242 BGB: Walb, BB 1953, 577, 578; allgemein zu diesen Gefahren des § 242 BGB: Soergel/Teichmann, § 242 Rdn.7. 90 RGZ 140, 156 ff. 91 Der Käufer zahlt den Kaufpreis mit Scheck, akzeptiert einen vorn Verkäufer ausgestellten Wechsel über den Rechnungsbetrag und diskontiert den Wechsel bei seiner Bank, um sich so für den Scheck Deckung zu verschaffen; ausführlich Serick, Bd. IV, § 42 I 5, S. 58 ff. 92 Serick, aaO., § 41 III 2, S. 35 Fußn. 23. 93 I.E. wie Serick, aaO., S. 58 ff.: BGHZ 56,264,267; Matzei, NJW 1968, 1867 f.; Graf Lambsdorff, aaO., Rdn. 159; Kollhosser, JR 1972, 62. 94 Vgl. RGZ 140, 156, 159. 95 So i. E. MüKo-Westermann, § 455 Rdn. 24; Ulmer IHeinrichs, DB 1972, 1149, 1151, 1153. 96 Vgl. RGZ 140, 156, 163: Erfüllungsablehnung unter der Bedingung, daß Einlösen der Wechsel nicht erfolgt.

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I. Teil: Der Vorbehalts kauf in § 17 KO

innere Berechtigung für diese unterschiedliche Behandlung besteht unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht. Zu unvorhersehbaren Differenzierungen führt die einzelfallartige Erfassung des Vorbehaltskaufes in § 17 KO auch dann, wenn Dritte aus diesem Vorbehaltskauf Rechtspositionen ableiten: Hat ein Vorbehaltskäufer die ihm gelieferte Kaufsache seinerseits unter Vorbehalt weiterveräußert und die Forderung aus dem Zweitgeschäft dem Erstverkäufer im voraus abgetreten, so soll im Erstkäuferkonkurs die Erfüllungsablehnung im Zweitkaufverhältnis einen Verstoß gegen § 242 BGB darstellen: Die Vorausabtretung habe erst den Weiterverkauf ermöglicht, die Vernichtung dieser an die Stelle des Eigentums getretenen Sicherung sei deshalb treuwidrig97 . "Entsprechende Gründe,,98 sollen auch dann gelten, wenn die Forderung aus dem Zweitgeschäft nicht dem Erstverkäufer, sondern einem an den Kaufverträgen unbeteiligten Dritten als Sicherheit zur Verfügung steht 99. Wird die Treuwidrigkeit einer Erfüllungsablehnung im Zweitkauf dann darin gesehen, daß die Kaufpreisforderung schon einem Dritten versprochen war((x>, bleibt völlig unverständlich, warum andererseits § 242 BGB keine Anwendung findet, wenn ein Vorbehaltskäufer nicht die Forderung aus einem Anschlußgeschäft, sondern seine Anwartschaft einem Dritten gegenüber als Kreditunterlage verwendet hat. Die von Serick angeführten Differenzierungskriterien, im letzten Fall habe der Dritte eine Anwartschaft erlangt, deren causa ein beiderseits unerledigter Kaufvertrag sei, während bei der Zweckerledigungsklausel die Rechtsstellung des Dritten auf einer Sicherungsabrede beruhe, für die § 17 KO nicht gilt 101, überzeugen nicht. Die causa für die Sicherungszession bzw. die Anwartschaftsübertragung ist hier wie dort eine Sicherungsabrede und kein gegenseitiger Vertrag. Die Anwartschaft kann nicht in größerem Umfange in einem gegenseitigen Vertrag wurzeln als die sicherungshalber zedierte Forderung aus dem beiderseits unerledigten Anschlußgeschäft.

Serick, Bd. V, § 62 VI 4, S. 388. Serick, Bd. V, § 65 III 4 c, S. 497. 99 Vgl. Serick, Bd. V, § 65 III 4 c, S. 497 f. im Rahmen der sog. "Zweckerledigungsklause\", bei der ein Dritter als Vorauszessionar die Forderung aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfaßt; diese Vorausabtretung wird auf den Zeitpunkt hin wirksam, zu dem der Erstverkäufer befriedigt ist und die Forderung aus dem Zweitgeschäft als Sicherheit erneut verwendet werden kann - ausführlich Serick, Bd. V, § 65 III 2, S. 487 ff. 100 Serick, Bd. V, § 65 III 4 c, S. 498. 101 Vgl. Serick, Bd. V, § 65 III 6 c, S. 508 f. 97

98

Zweiter Teil

Entwicklung eines Lösungsmodells: Die Zuordnung des Kaufgegenstandes zum Haftungsvermögen des § 1 KO nach den ftir die fiduziarische Treuhand geltenden Grundsätzen Der Konkurs ist ein Verfahren der Gesamtvollstreckung und dient letztlich der "Haftungsverwirklichung" 1. Soll das Insolvenzrecht dabei für "eine gewisse Gerechtigkeit nach Eintritt der Katastrophe sorgen,,2, setzt dies im Verhältnis zwischen Vorbehaltseigentümer und Anwärter eine gerechte Verteilung der für ihre Gläubiger wirtschaftlich realisierbaren Haftungs- und Befriedigungsobjekte voraus. Die Entwicklung eines den Vorbehaltskauf als Falltyp erfassenden Lösungsmodells muß deshalb bei der Suche nach einer den wirtschaftlichen Zielen dieses Institutes entsprechenden Verteilung der Haftungsmassen ansetzen. Besonderes Interesse verdient der Vorschlag Raisers, in diesem Zusammenhang von der "Zugehörigkeit zum Haftungsvermögen" auszugehen und das Eigentum in zeitlicher Hinsicht zu "spalten". Soweit sich aber eine Abgrenzung der Vermögenszugehörigkeit auf dem Hintergrund des Sachenrechts dogmatisch nicht in letzter Konsequenz durchführen läßt, stellt sich die Frage nach einer vom Sachenrecht abweichenden Zugehörigkeit zum Vermögen i. S. d. § 1 KO. Ob an dieser Stelle die für die Sicherungstreuhand anerkannten konkursrechtlichen Grundsätze gerade im Hinblick auf § 17 KO eine Lösungsmöglichkeit eröffnen, ist erst dann zu entscheiden, nachdem zuvor die BegriffeZugehörigkeit und Vermögen i. S. d § 1 KO geklärt und zu § 17KO in Bezug gesetzt wurden. Im Anschluß daran soll die Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungs eigenturn untersucht und eine Übereinstimmung in der Funktion und den beteiligten Interessen dargestellt werden. Die Erörterung, ob der - dem Sicherungs eigentum in den von der h.M. beim Abnehmerkonkurs vertretenen Rechtsfolgen ohnehin gleichgestellte - verlängerte und erweiterte Eigentumsvorbehalt sich mit einer Vollberechtigung des Veräußerers in Einklang bringen läßt oder sogar das Verständnis des Vorbehaltseigentums als Sicherungseigentum bestätigt, schließt den Zweiten Teil ab.

1 2

Uhlenbruck, Insolvenzrecht, Rdn. 13. Baur /Stürner, ZwangsvoUstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, Rdn. 1252.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

A. Vermögen und Haftung Nach Darstellung einer dem Sinn und Zweck des Vorbehaltskaufes entsprechenden Verteilung der Haftungs- und Befriedigungsobjekte, rückt die anschließende Erörterung der von Raiser vorgeschlagenen Lösung die "Zugehörigkeit zum Haftungsvermögen" in den Mittelpunkt. Eine Teilung der Befugnisse von Eigentümer und Anwärter auf dem Hintergrund des Sachenrechts hat sich mit dem unteilbaren Eigentum i. S. d. § 903 BGB und der grundsätzlich nur durch das Eigentum vermittelten materiellen Rechtszuständigkeit auseinanderzusetzen, die als Verfügungsbefugnis auch die durch Pfand- und Pfändungspfandrecht begründete Befriedigungsmöglichkeit Dritter bestimmt. I. Ausgleich der Sachwertinteressen

Eine gerechte Verteilung der Haftungsmassen läßt sich am ehesten an dem Beispiel eines Doppelkonkurses von Veräußerer und Käufer erläutern. Sieht man einmal gänzlich von dem Rechtsinstitut der Käuferanwartschaft ab und unterstellt eine Ausgangslage, bei der ein Kaufvertrag geschlossen, von keiner Seite aber Leistungen erbracht wurden, gewährleistet das konditionelle Synallagma ein gerechtes Verhältnis der wirtschaftlich realisierbaren Werte. Die Gläubiger können auf Seiten des Veräußerers wie auf Seiten des Käufers entweder den Wert der von dem Gemeinschuldner zu erbringenden Leistung oder der ihm versprochenen Gegenleistung realisieren. Ein Zugriff auf den Gegenstand der Leistung und den der Gegenleistung gleichermaßen ist ausgeschlossen, da beide Leistungen sich wechselseitig bedingen. Wurde statt eines Leistungsaustausches Zug um Zug eine Ratenzahlung vereinbart, ist dieser konditionelle Zusammenhang gestört, sobald mit der ersten Zahlung von Seiten des Käufers der Leistungsaustausch einseitig beginnt. Fortan ändert sich mit jeder weiteren Zahlung das Verhältnis der realisierbaren Haftungsmasse zum Vorteil der Verkäufergläubiger und zum Nachteil der Gläubiger des Käufers. In einem Doppelkonkurs können für die Konkursmasse des Verkäufers die Kaufsache nebst der bereits erlangten Gegenleistung verwertet werden. Der Masse des Käufers bleiben nur die noch nicht entrichtete Gegenleistung und ein quotenmäßig zu befriedigender Ersatzanspruch nach § 26 KO. Dieser normalerweise durch jede Vorleistung hervorgerufenen Situation wurde in ihrer Zielsetzung die Anwartschaft entgegengesetzt, welche den bereits vom Käufer erworbenen Vermögenswert - was immer dies sein mag - verkörpern und ihn der Zwangsvollstreckung zugänglich machen sollte3• In Anbetracht dieser Zielsetzung ist eine Haftungsverwirklichung nur "gerecht", wenn die ) Vgl. Erster Teil A.II.

A. Vermögen und Haftung

57

wirtschaftliche Realisierbarkeit des Eigentums nicht über die Restkaufpreisforderung hinausgeht und die der Anwartschaft nicht hinter den geleisteten Zahlungen zurückbleibt. Ist der Kaufgegenstand als Haftungs- und Befriedigungsobjekt trotz Eigentum und Anwartschaft nur einmal vorhanden, muß es gerade im Konkurs darum gehen, "den richtigen Ausgleich zwischen den Sachwertinteressen des Verkäufers" und dessen Gläubigern einerseits, "des Anwärters und seiner Gläubiger andererseits herzustellen,,4. 11. Der Lösungsansatz Raisers

Bei der Frage nach dem richtigen Ausgleich der Sachwertinteressen geht Raiser von dem "Grundgedanken des gesamten Haftungsrechtes" aus, daß "alle zum Vermögen einer Person gehörenden Gegenstände den Gläubigern dieser Person zu haften haben"s. Der Kaufgegenstand gehöre dabei "nicht nur zum Vermögen des bisherigen Eigentümers, sondern auch schon zum Vermögen des Anwärters" 6. 1. Abgrenzung zur "ratenweisen VerdingIichung" und zum Miteigentum

Wäre diese Doppelzugehörigkeit i. S. einer Rechtsgemeinschaft aufzufassen, würde einem solchen Verständnis von der Rechtsordnung sogleich enge Grenzen gesetzt. Eine sich kontinuierlich vollziehende Veränderung, nach der mit jeder weiteren Zahlung beim Käufer ein weiterer Eigentumsbruchteil entsteht, während die EigentümersteIlung des Veräußerers entsprechend abnimmt 7, scheitert an der Unteilbarkeit des Eigentums i.S.d. § 903 BGB 8• Eine solche Folge dinglicher Teilleistungen setzt die Existenz eines Teileigentums voraus, welches nach geltendem Recht nicht denkbar ist 9 • Dieses Teileigentum hat nichts mit dem Eigentum zu Bruchteilen i. S. d. § 1008 BGB gemein. Das Eigentum zu Bruchteilen ist eine ideelle Teilung des sich auf die ganze Sache beziehenden Eigentumsrechts. Jeder Anteil des einzelnen Miteigentümers ist Eigentum lO , lediglich Raiser, aaO., S. 91. Raiser, aaO., S. 91. 6 Raiser, aaO. 1 So Witte, JW 1934, 1142, 1143, der diesen Vorgang fälschlicherweise als "Miteigentumstheorie" bezeichnet. 8 Vgl. statt aller: Palandt/Bassenge, Überbl. v. § 903 Anm. la. 9 Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. 18. 10 Palandt/Bassenge, § 1008 Anm. 1. 4

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

eine Teilungsquote liegt fest. Eine ,,ratenweise VerdingJichung" 1\ ist deshalb ausgeschlossen. Auch der Gedanke des Miteigentums trifft die hier vorliegende Konstellation nicht. Mag die Höhe der Bruchteilsquoten beim Miteigentum auch quantitativ verschieden sein, sind die Miteigentümerpositionen doch in rechtlicher Hinsicht qualitativ identisch 12. Sie statten die Rechtsträger folglich auch grundsätzlich mit identischen Befugnissen zumindest gegenüber Dritten aus, §§ 1011, 747 BGB, während im Innenverhältnis die Größe der Anteile maßgeblich ist, § 745 BGB 13. Diese Konsequenzen erscheinen für das Verhältnis von Vorbehaltseigentümer und Anwärter von vornherein abwegig. Ferner erfüllt sich der Zweck des Miteigentums in einem gemeinschaftlichen Haben der Sache i. S. eines Miteinanders und ist nicht i. S. eines Gegeneinanders auf den völligen Rechtsverlust eines Rechtssubjektes - hier des Veräußerers - gerichtet. 2. "Eigentumsteilung auf Zeit"

Raiser begreift deshalb das Verhältnis zwischen Veräußerereigenturn und Anwartschaft als eine "Teilung der Befugnisse auf Zeit" 14 und bezeichnet Veräußerer und Erwerber zusammen als "den Eigentümer"15. Dem ist ohne weiteres zuzustimmen, soweit mit dieser Wendung nicht mehr ausgedrückt werden soll, als daß Eigentümer und Anwärter zusammen die Befugnisse zustehen, die normalerweise der Eigentümer hat. Bedenklich ist diese Wendung allerdings, sofern sie dazu verleitet, Eigentum als die Summe addierter Befugnisse anzusehen. 16 a) Gespaltenes Eigentum und materielle Rechtszuständigkeit

Jedenfalls läßt diese Aussage Raisers keine Rückschlüsse darauf zu, welche Befugnisse konkret und gegenwärtig welchem der beiden Rechtssubjekte zustehen, m.a. W. wie die Rechtszuständigkeiten Von Veräußerer und Käufer sich gegeneinander abgrenzen lassen und inwieweit sie einen Zugriff ihrer GläuRaiser, aaO., S. 65. Ähnlich: Müller, JW 1934, 1544. 13 Zur Anwendbarkeit der §§ 741 ff. BGB: Palandt/Thomas, § 741 Anm. 3. 14 Ähnlich: Letzgus, aaO., S. 14: "Teilung des Eigentums im Querschnitt"; Braun, NJW 1962, 382,383. IS Raiser, aaO., S. 66; ähnlich Hopp, aaO., S. 152; Gudian, NJW 1967, 1788. 16 In diesem Fall wäre jedes beschränkte dingliche Recht als eine "Abspaltung bestimmter Befugnisse" - vgl. Baur, Sachenrecht, § 3 11 - wenn auch nicht quantitativ, so doch qualitativ dem Eigentum gleichzusetzen; ein beschränktes dingliches Recht ist jedoch im Verhältnis zum Eigentum ein aliud - vgl. Blomeyer, Studien, S. 129 ff.; ähnliche dogmatische Bedenken bei Serick, Bd. I, § 10 I I, S. 208 C., der sich gegen die "Zuordnung einzelner EigentümerbeCugnisse" wendet. 11

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A. Vermögen und Haftung

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biger auf den Kaufgegenstand gestatten 17. Die Frage wird durch eine Doppelzugehörigkeit der Kaufsache zum Vermögen ·von Veräußerer und Anwärter gleichermaßen nur scheinbar beantwortet. Haftet danach die "unter einer dinglichen Anwartschaft stehende Sache" den Gläubigern des Anwärters "soweit die Anwartschaft reicht" 18, gelangt man bei der Bestimmung dieser "Reichweite" doch wieder in den Bereich eines nicht existenten Teileigentums: aa) Belastung mit beschränkten dinglichen Rechten Eine Spaltung des Eigentums stellt sich nicht mehr als bloße Spaltung in zeitlicher Hinsicht dar, wenn etwa ein Pfandrecht an der unter einer Anwartschaft stehenden Sache "soweit entsteht, als sie zu seinem (sc.: des Anwärters) Vermögen gehört" 19. Ein Pfandrecht entsteht an einer Sache, sofern - nicht soweit - der Pfandschuldner materiell berechtigt ist. Gehört die Sache nicht - oder nicht vollständig - dem Schuldner, fehlt ihm die Verfügungsbefugnis: Es entsteht nicht etwa ein unvollständiges Pfandrecht, sondern unbeschadet des gutgläubigen Erwerbs gar keines. Zu einem gegenteiligen Schluß könnte § 1258 BGB verleiten. Danach ist ein Pfandrecht am Miteigentumsanteil grundsätzlich wie ein Pfandrecht an der Sache zu behandeln 20 , obwohl jeder Miteigentümer nur über seinen Anteil verfügen kann, § 747 BGB. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich angesichts der Verwertungsmöglichkeit. Der Pfandgläubiger kann lediglich den Anteil nach den Regeln über den Pfandverkaufverkaufen, der Weg zu einer Verwertung der Sache selbst führt über die Autbebung der Gemeinschaft gern. § 749ff. BGB. Entsprechendes gilt in der Zwangsvollstreckung, wo lediglich der Anteil des Miteigentümers im Wege der Rechtspfändung nach § 857 ZPO gepfändet wird und auch nur dieser Anteil verwertbar ist. bb) Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung Gerade bei der Verwertbarkeit weicht Raiser von seinem Ansatz der Doppelzugehörigkeit zum Vermögen des Eigentümers und Anwärters ab, was die mangelnde Praktikabilität dieses Ausgangspunktes bestätigt: In der Zwangsvollstreckung wird eine Sachpfändung von Seiten der Anwärtergläubiger für zulässig und ausreichend erachtet, wobei der Veräußerer auf die 17 Vgl. auch Serick, aaO., der die Frage aufwirft, wem das "wichtigere Stück Eigentum" zusteht. 18 Raiser, aaO., S. 91. 19 Raiser, aaO., S. 99. 2il RGZ 146, 334; Pa1andt/Bassenge, § 1258 Anm. 1.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

Klage der vorzugs weisen Befriedigung nach § 805 ZPO verwiesen wird. Der Eigentümer, der nur noch gespaltenes Eigentum in Händen habe, erhalte "mehr als ihm gebührt", wenn man ihm die Drittwiderspruchsklage gern. § 771 ZPO zubillige 21 . Erhebt der Veräußerer diese Klage nicht, so soll bei der durch einen Anwärtergläubiger betriebenen Verwertung der Sache der Erlös an deren Stelle treten und nach Befriedigung des Anwärtergläubigers dem Anwärter und Veräußerer gemeinsam zustehen 22 . Die Forderung des die Verwertung betreibenden Gläubigers muß danach als von dem Anwärter berichtigt gelten und im übrigen der Erlös an die Stelle des Pfandes treten, § 1247 BGB. Dies setzt voraus, daß dem Gläubiger der Erlös zu seiner Befriedigung gebührt. Gebührt ihm aber der Erlös, kann die Sache nicht i. S. eines gespaltenen Eigentums sowohl dem Veräußerer als auch dem Anwärter gehört haben. 23 Hier bleibt völlig unverständlich, warum dem Veräußerer wegen seines gespaltenen Eigentums mit § 771 ZPO angeblich mehr zugebilligt wird als ihm gebührt, dem Anwärter, der ja ebenfalls nur gespaltenes Eigentum in Händen hält, dagegen nicht, wenn im Zuge der Sachverwertung eine gegen ihn bestehende Forderung erlischt. cc) Vertauschbarkeit der Begriffe Sache und Anwartschaft Verwirrend - auf dem Hintergrund eines gespaltenen Eigentums - ist deshalb schließlich auch eine Vertauschbarkeit der Begriffe, nach der ein Pfandrecht an der Sache auch als Pfandrecht an der Anwartschaft bezeichnet werden mag, "sofern nur Klarheit darüber besteht, daß Gegenstand der Verwertung die Sache selbst ist"24. M. E. müßte daneben als weitere Voraussetzung vor allem Klarheit darüber bestehen, ob der Anwärter der materiell Berechtigte ist. Die eigentliche materielle Berechtigung hat grundsätzlich nur der Eigentümer. Die Anwartschaft würde daneben allenfalls ein Recht in Ansehung der Sache verkörpern. Konkursrechtlich relevant wäre dies nur, wenn es sich um ein dingliches Recht 21 Raiser, aaO., S. 91; m.E. ist schon Raisers Interpretation der h.L. unzutreffend, die mit der Anwendung des § 771 ZPO beweise, daß sie die Kaufsache noch voll dem Vermögen des Veräußerers zurechne. Dieser Beweis wird schon dadurch in Frage gestellt, daß die h. L. dem Käufer den gleichen Rechtsbehelfunter Berufung auf die Anwartschaft an die Hand gibt. Auch kann jeder Miteigentümer gegen die Sachpfändung gern. § 771 ZPO intervenieren, obwohl die Sache sicher nicht voll seinem Vermögen zugerechnet wird. 22 Raiser, aaO., S. 92. 23 Der Streit der Vollstreckungstheorien ist in diesem Zusammenhang völlig irrelevant: Eine nicht ausschließlich dem Schuldner gehörende Sache ist vollstreckungsrechtlich schuldnerfremd, arg. aus der Unzulässigkeit der Sachpfändung beim Miteigentum. Bei Verwertung einer schuldnerfremden Sache erlischt die Forderung des betreibenden Gläubigers in keinem Fall: Nach der privatrechtlichen und gemischten Pfandrechtstheorie entsteht kein Pfändungspfandrecht, nach der öffentlich-rechtlichen Theorie hat der aus der Verwertung stammende Erlös keine Erfüllungswirkung, da es insoweit an einem "materiellen Befriedigungsrecht" des betreibenden Gläubigers fehlt - vgl. Stein/Jonas/Münzberg, § 818 ZPO Anm. ßI 3. 24 Raiser, aaO., S. 99.

B. Konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ I und 17 KO

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handeln würde. Der Nachweis der Dinglichkeit ist aber gerade in Anbetracht des § 17 KO kaum zu führen. 25 b) Übernahme des Ansatzes der Vermögenszugehörigkeit

Gleichwohl vermag der von Raiser gewählte Ansatz, daß alle zum Vermögen einer Person gehörenden Gegenstände den Gläubigern dieser Person zu haften haben, letztlich zu sinnvollen Ergebnissen zu führen, sofern das Konkursrecht eine von der materiellen Rechtszuständigkeit des Eigentümers abweichende Vermögenszugehörigkeit kennt, die auch für § 17 KO maßgeblich ist.

B. Die "konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit" in ihrem Bezug zu § 17 KO Während das Eigentum ein fest umrissener Rechtsbegriff ist, kann der Begriff Vermögen die mannigfaltigsten und verschiedensten Schattierungen haben, die sich keinesfalls auf einen juristischen Anwendungsbereich beschränken. Dies verbietet es im Grunde, das Vermögen zum Ausgangspunkt einer Rechtsfrage zu machen. Die Begriffe Eigentum und Vermögen decken sich i. d. R. nicht. Bestimmte Normzwecke gestatten einerseits keine Reduzierung des Vermögens auf den Eigentumsbegriff - vgl. etwa §§ 253, 263 StGB -, können aber andererseits eine Ausdehnung des Eigentumsbegriffes zum Vermögen erfordern, vgl. Art. 14 GG. Bevor aber der Vermögensbegriff im Rechtssinne zu gebrauchen ist, bedarf es immer dieses Bezuges zu einem bestimmten Normzweck, durch welchen eine die Subsumtion ermöglichende Begriffskonkretisierung erfolgt. Die Bezugsnorm ist in diesem Fall § 1 KO, der mit dem dem Gemeinschuldner gehörenden Vermögen die Legaldefinition der Konkursmasse und damit die "Grenzen der haftungsrechtlichen Zuweisung,,26 festlegt. Letztlich entscheidend für die Beantwortung der spezifIsch konkursrechtlichen Frage nach dem Haftungszugriff der Gläubiger müssen diese Grenzen der konkursrechtlichen Beschlagnahme sein, während die Regelung des § 17 KO nur eine ihrer Ausprägungen darstellen kann. Der gleichwohl noch sehr weite Vermögensbegriff des § 1 K0 27 erfährt dadurch eine zusätzliche Einschränkung, daß es im vorliegenden Zusammenhang ausschließlich um Eigentum, Anwartschaft und die Vgl. oben Erster Teil C. 11. 2. d). Uhlenbruck, aaO., Rdn. 538. 21 Vgl. die Zusammenstellung bei Uhlenbruck, aaO., Rdn. 541: Kaufmännisches Unternehmen, Firma, Warenzeichen, Patente, Gebrauchsmuster etc. 25

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

Kaufsache geht, die als einzig in Betracht kommende Vermögenswerte im Rahmen von §§ 1 und 17 KO in einen sinnvollen Bezug zu setzen sind. Wenn damit auch der von Raiser selbst als Lösungsansatz bezeichnete "haftungsrechtliche Gesichtspunkt der Vermögenszugehörigkeit,,28 als Ausgangspunkt dient, ist damit noch nicht entschieden, ob nicht doch - entgegen Raiser "schuldrechtliche Distinktionen,,29 erheblich werden. Ebenso wie das Vermögen über das Eigentum hinausgehen kann, gibt es Eigentum, welches unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten nicht unter das Vermögen subsumiert wird 30. Ist danach Eigentum nicht notwendigerweise "Ausdruck der Vermögenszugehörigkeit" 31, läßt sich eine Distinktion jedenfalls nicht aus dem Sachenrecht ableiten. Geht man von dem Wortlaut des § 1 KO aus, erscheint zunächst eine nähere Untersuchung der "Zugehörigkeit zu einem der Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögen" geboten. Dabei ist zu hinterfragen, ob nicht ausschließlich die Kaufsache selbst den eigentlich haftenden Vermögensbestandteil darstellen kann, während Eigentum und Anwartschaft als bloße Rechtszuständigkeiten allenfalls die Zugehörigkeit zur Konkursmasse bestimmen. Im Anschluß daran ist der Bezug zu § 17 KO herzustellen, der in seiner Voraussetzung des gegenseitigen, nicht erfüllten Vertrages ebenfalls an eine bestimmte Vermögenszugehörigkeit der auszutauschenden Leistungsgegenstände anknüpft und damit für seine Anwendbarkeit eine bestimmte Rechtszuständigkeit im Hinblick auf den Kaufgegenstand erfordert. Darzulegen bleibt, ob die Beurteilung der Rechtszuständigkeiten bei der fiduziarischen Treuhand in ihrer Abweichung von der für die Massezugehörigkeit grundsätzlich maßgeblichen dinglichen Rechtslage geeignet ist, die Voraussetzungen des § 17 KO zu überwinden und dessen Anwendbarkeit auf den Vorbehaltskauf auszuschließen. I. Die Zugehörigkeit zu einem der Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögen i. S. d. § 1 KO

"Das Vermögen im juristischen Sinne des Wortes ist die Summe der einem Subjekt zustehenden Rechte,,32, wobei "der juristische Schwerpunkt des Vermögensbegriffes in der Haftung für die Schulden des Subjektes liegt" 33. Nach dieser bei v. Tuhr zu lesenden Definition besteht das Vermögen "aus dem

2lI

29 30

31 32 33

Raiser, aaO., S. 95 - in Zusammenhang mit § 17 KO. Vgl. Raiser, aaO., S. 99. Michel, Der Eigentumsvorbehalt in Wirtschaft und Recht, S. 241,258. Wieacker, ZAkDR 1938,590. v. Tuhr, Bd. 11, S. 318. v. Tuhr, aaO., S. 316.

B. Konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ 1 und 17 KO

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Eigentum an Sachen, nicht aus den Sachen selbst" 34. Stellt man dem die Anwartschaft gegenüber, welche "vererblich und veräußerlich ist und zur Konkursmasse gehört" 35, "gehört" i. S. d. § 1 KO dem Eigentümer das Eigentum und dem Anwärter die Anwartschaft. Es leuchtet ein, daß auf dieser Grundlage keine Abgrenzung der konkursrechtlichen Vermögens zugehörigkeit möglich ist, sondern allenfalls die Gefahr der gedanklichen Verdopplung eines nur einmal vorhandenen Vermögenswertes heraufbeschworen wird. Fragwürdig ist schon die Richtigkeit des Ausgangspunktes. Begreift v. Tuhr das Vermögen "im juristischen Sinne" 36 als eine Summe von Rechten, wobei die Objekte der zum Vermögen gehörenden Rechte keine Vermögensbestandteile sind, so ist dies nachvollziehbar für ein beschränktes dingliches Recht oder ein Forderungsrecht. Beide beziehen sich im Unterschied zum Eigentum eindeutig auf eine fremde Sache. Unverständlich ist aber, warum Forderungen oder beschränkte dingliche Rechte mit dem Eigentum auf eine Stufe gestellt werden, indem die Sache des Eigentümers ebensowenig Bestandteil seines Vermögens sein soll wie Leistungsgegenstände, die - aus einer fremden Vermögenssphäre stammend - mittels einer Forderung oder eines Rechts erlangt werden können 37• 1. Die unmittelbaren Vermögensbestandteile in Abgrenzung zur Rechtszuständigkeit

Die Auffassung v. Tuhrs findet keine Stütze im Gesetz. Gegenstände der Zwangsvollstreckung sind nach der ZPO, auf die § 1 KO letztlich verweist, schuldnereigene Forderungen, die dem Schuldner zustehenden anderen Vermögensrechte und ihm gehörende Sachen, d. h. solche Sachen, die im Eigentum des Schuldners stehen. Die Differenzierung der ZPO zwischen der Zwangsvollstreckung in Sachen nicht in das Eigentum -, §§ 808 ff., und der Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte, §§ 828 ff., wird indessen nicht für verbindlich gehalten. Man unterstellt dem Gesetzeswortlaut eine "terminologische Ungenauigkeit" 38, wobei diejenigen, die von der Terminologie des Gesetzes abweichen, für ihre Behauptung im Grunde die Beweislast tragen. Der Zwangsvollstreckung in Forderungen entspreche sprachlich korrekt die Bezeichnung v. Tuhr, aaO., S. 318. RGZ 140,223,225; Bauknecht, NJW 1954, 1749. 35 Ein solcher einheitlicher VermögensbegrifT im juristischen Sinne dürfte ohnehin zumindest heutzutage schwerlich nachzuweisen sein, da bestimmte Normenkomplexe in ihrer Zielund Zwecksetzung eigene VermögensbegrifTe zu Grunde legen, wie dies etwa beim Vermögen i. S. d. Steuerrechts, Gesellschaftsvermögen (Aktiva und Passiva), Vermögen i. S. d. § 263 StGB etc. zu Tage tritt; es sei denn, man würde diese Normenkomplexe, soweit sie einen eigenen VermögensbegrifT entwickelten, generell als unjuristisch bezeichnen. 37 v. Tuhr, aaO., S. 318. 38 Reinicke, Gesetzliche Pfandrechte, S. 15; ferner Bauknecht, NJW 1954, 1749, 1751. 34 35

64

2. Teil: Haftunglirechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

"Vollstreckung in das Eigentum"39, die Pfandung der Sache stelle sich als eine Pfandung des "Eigentumsrechtes" dar 40 • Bisweilen wird sogar jede Sachpfandung letztlich als eine "Rechtspfändung" angesehen 41 , was die in der ZPO vorgenommene Differenzierung als überflüssig und willkürlich erscheinen läßt. Diese Auffassung widerspricht zum einen der der Bezeichnung Gegenstand zu Grunde liegenden Zusammenfassung von Sachen und Rechten als "körperliche und unkörperliche Sachen"4\ der sowohl in der ZPO - vgl. §§ 804, 771 - und in der K0 43 _vgl. §§43, 47, 48,49-, als auch im BGB 44 _vgl. §§ 135, 161, 185etc.Verwendung findet, um Regelungen zu treffen, die für Sachen i.S.d. § 90 BGB und Rechte gleichermaßen gelten. Diese Gegenüberstellung von körperlichen Sachen i. S. d. § 90 BGB und unkörperlichen Rechten schließt es aus, das Eigentumsrecht als ein der Zwangsvollstreckung unterliegendes Recht zu behandeln. 45 Zum anderen erwirbt der pfandende Gläubiger "an dem gepfandeten Gegenstand" gern. § 804 ZPO ein Pfandungspfandrecht. Wäre dieser Gegenstand das Eigentum, müßten Pfand- oder Pfandungspfandrechte und damit die beschränkten dinglichen Rechte schlechthin als auf dem Eigentum und nicht auf der Sache lastend angesehen werden. 46 Dagegen steht der Gesetzeswortlaut des BGB, wonach dingliche Rechte als Belastungen der Sache und nicht des Eigentums in Erscheinung treten, vgl. §§ 879, 936, 1105, 1113, 1191 etc. BGB. Ferner wird geltend gemacht, das Eigentum als unbegrenztes Herrschaftsrecht dulde keine Belastung mit einem begrenzten Recht 47 . v. Lübtow will das beschränkte dingliche Recht als Belastung des Eigentums aus § 903 BGB herleiten: Räumt der Eigentümer an dem ihm gehörenden Gegenstand, mit dem er nach Belieben verfahren kann, einem anderen ein begrenztes Sachenrecht ein, beeinflusse er sein Eigentum. Deshalb seien Rechte an fremder Sache Belastungen des Eigentums, ohne den' Gegenstand selbst unmittelbar zu erfassen. 48 Diese Schlußfolgerung ist nicht zwingend. Unbestreitbar ist lediglich, daß durch die Abspaltung bestimmter Befugnisse die dem Eigentümer verbleibenden Befugnisse verkürzt werden; in diesem Sinne läßt sich ohne weiteres von einer Belastung des Eigentums sprechen. Daraus folgt andererseits nicht, daß etwa ein Pfand- oder Pfandungspfandrecht an dem Eigentum als Belastungsobjekt entsteht. Die Existenz eines dinglichen Rechtes setzt nicht Bauknecht, aaO., unter Berufung auf v. Tuhr, Bd. I, S. 318. Heitmann, Das Anwartschaftsrecht des Käufers, S. 66. 41 So ausdrücklich Heitmann, aaO. 42 v. Tuhr, Bd I, S. 318. 43 Jaeger/Lent, § 43 KO Anm. I: Nach dem Sprachgebrauch gehören zu den aussonderunglifähigen Gegenständen Sachen (§ 90 BGB) und Rechte. 44 Zu der Zusammenfassung von körperlichen und unkörperlichen Sachen: Mot. 111, S. 33. 45 Raacke, NJW 1975,248. 46 So Marotzke, Das Anwartschaftsrecht, S. 106; v. Lübtow, JuS 1963, 171, 174. 47 Levy, Gruch 59, 93. 48 v. Lübtow, aaO. 19

40

B. Konkur3rechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ I und 17 KO

65

die Existenz des Eigentums voraus, dingliche Rechte sind auch an herrenlosen Sachen denkbar49 , bei denen das Eigentum als Belastungsobjekt nicht in Betracht kommt. Verfehlt ist es, an dieser Stelle die rechtliche Behandlung des Miteigentums 50 als Argument heranzuziehen. Die Entscheidung des Reichsgerichts S1 , auf die v. Lübtow verweist 52, stützt sich im Rahmen der Erstreckung des Vermieterpfandrechts keineswegs auf die Annahme, das Eigentum als solches sei Belastungsobjekt des Pfandrechtes, sondern auf die Vorschrift des § 1258 BG B 53. Die Norm wird in dem Sinne verstanden, daß das Pfandrecht an dem Anteil eines Miteigentümers als Pfandrecht an der Sache zu behandeln ist 54• Aus dieser Gleichstellung läßt sich allenfalls umgekehrt schließen, daß Pfandrechte an dem Eigentum - als Miteigentumsanteil- grundsätzlich nicht entstehen können; es ist die Behandlung des Pfandrechtes am Miteigentumsanteil als Sachpfand erforderlich, um dem gesetzlichen Pfandrecht hier einen Anwendungsbereich zu geben, da dieser nur Sachen und keine Rechte erfaßt. Damit wird erst auf Grund einer analogen Anwendung des § 1258 BGB von dem Regelfall abgewichen, nach dem grundsätzlich die Sache Belastungsgegenstand des beschränkten dinglichen Rechtes und damit auch des Pfand- bzw. Pfändungspfandrechtes ist. Entspräche dagegen der Pfändung eines beschränkten dinglichen Rechtes die Pfändung des "Eigentumsrechtes" , kann das Eigentum nichts anderes sein als die Summe addierter Befugnisse. Dem beschränkten dinglichen Recht als Befugnis eines bestimmten Inhalts steht dann das Eigentum als die urnfassende Sachbefugnis gegenüber. In diesem Fall aber können sich Eigentum und beschränktes dingliches Recht nicht qualitativ, sondern allenfalls quantitativ voneinander unterscheiden. Wenn auch die beschränkten dinglichen Rechte als eine Abspaltung bestimmter Eigentümerbefugnisse aufgefaßt werdensS, so hält doch der beschränkt dinglich Berechtigte nicht "ein Stück Eigentum" in Händen, sondern eine Rechtsposition, die·vom Eigentum vor allem in qualitativer Hinsicht verschieden ist. 56 Dem Eigentum als der vollen Sachzuordnung in jeder denkbaren BeziehungS1 steht das beschränkte dingliche Recht als verselbstän-

49 Vgl. Westermann, Sachenrecht, S. 5 (im Zusammenhang mit der Dar3tellung der Per30nenunabhängigkeit dinglicher Rechtspositionen: "so ändert z.B. die Aufgabe des Eigentums ... nichts an den bestehenden Grundpfandrechten"). 50 So schon Kretschmar, JW 1915, 772. 51 RGZ 146, 334. 52 v. Lübtow, aaO., Fußn. 40. 53 RGZ 146, 334, 335. 54 RGZ, aaO., S. 336; Palandt/Bassenge, § 1258 Anm. I; daß der Miteigentumsanteil hier lediglich wie eine Sache "behandelt" wird, zeigt sich gerade in der Zwangsvollstreckung, wo eine Rechtspfändung vorzunehmen ist. 55 Baur, Sachenrecht, § 3 11. 56 Zum qualitativen Unter3chied von Eigentum und beschränktem dinglichen Recht: Wolff/Raiser, § 51 III; Blomeyer, Studien, S. 129 ff. 57 Westermann, Sachenrecht, S. 29.

5 Mellwig

66

2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

digte Zuordnungsform58 von Sachbefugnissen eines bestimmten Inhalts gegenüber. Gegenstand des Eigentums ist die Sache selbst, keiner der für das Sacheigentum geltenden Sätze gilt für "das Haben" eines Rechts 59• Dann aber findet das Recht an der Sache - als eine bestimmte Sachbefugnis - seine Entsprechung als Gegenstand der Zwangsvollstreckung in der Sache selbst, die an Stelle einer Summe addierter Befugnisse den unmittelbaren Vermögensbestandteil darstellt, der durch das Eigentum lediglich einem bestimmten Rechtssubjekt zugewiesen wird 60. Das Eigentum als bloße Zuständigkeit ist kein neben der Sache stehender vollstreckungstauglicher Vermögenswert, sondern die Inhaberschaft der Sache als solche6l • Für das Eigentum als Bezeichnung der Zuständigkeit gibt es bei den Rechten an einer Sache keine Entsprechung. Das Pendant zum Eigentum ist nicht das Recht an der Sache, sondern allenfalls die Inhaberschaft dieses Rechts 62 , welche dem berechtigten Rechtssubjekt eben nicht die Sache selbst, sondern eine bestimmte Befugnis im Hinblick auf eine fremde Sache63 zuordnet. Niemand würde statt der Rechtspfandung die Inhaberschaft dieses Rechts zu dem eigentlichen Objekt der Zwangsvollstreckung machen wollen. Für § 1 KO, der auf das einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen Bezug nimmt, kann insoweit nichts anderes gelten. Die eigentlichen Vermögensbestandteile sind Sachen und Forderungen oder andere Vermögensrechte, nicht aber Eigentum und die Inhaberschaft von Rechten. 2. Erheblichkeit dieser Differenzierung

Diese Differenzierung mag entbehrlich sein, wenn es ausschließlich um die Abgrenzung der Befriedigungsmöglichkeit aus Forderungen und anderen Vermögensrechten geht. Denn auch diejenigen, die von einer Pfändung des Eigentums ausgehen, sehen als Befriedigungsobjekt des Gläubigers die Sache an. 64 Erforderlich wird sie, sofern es darum geht, die Befriedigungsmöglichkeit aus dem Eigentum gegen die aus der Anwartschaft dahingehend abzugrenzen, Westermann, aaO. Wolff/Raiser, § 52 IV. 60 Zu dem Zuweisungsgehalt des Eigentums: Westermann, aaO., S. 5. 6. So i. E. Raacke, NJW 1975,248, der daraufhinweist, daß der Gerichtsvollzieher neben der Sache nicht auch noch das Eigentum an ihr versteigert. 62 Raacke, NJW 1975, 249, Fußn. 7. 63 Wolff/Raiser, § 51 111. 64 v. Lübtow, JuS 1963, 171, 174, differenziert hier zwischen dem Gegenstand der Befriedigung (Haftungsobjekt) Sache und dem Belastungsgegenstand Eigentum; vgl. ferner: Reinicke, Gesetzliche Pfandrechte, S. 15: "Eine Sache verpfänden (pfänden) heißt, dem Gläubiger etwas geben, woraus er sich befriedigen kann. Ein Recht verpfänden (pfänden) heißt, dem Gläubiger etwas geben, mit dessen Hilfe er sich aus etwas anderem befriedigen kann". 58

59

B. Konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ 1 und 17 KO

67

welchem Gläubigerkreis in welchem Umfang ein Zugriff auf die Sache oder deren Wert gestattet ist. Dies zeigt sich deutlich bei den Ausführungen von Reinicke und v. Lübtow, die beide zu beweisen versuchen, ein Pfand- oder Pfändungspfandrecht laste auf der Anwartschaft "wie auf dem Eigentum". Obwohl etwa v. Lübtow "die Sache" ausdrücklich als "Befriedigungsgegenstand und Haftungsobjekt"65 der Eigentümergläubiger bezeichnet, werden keine Schlüsse gezogen,inwieweit diese Sache "wie bei dem Pfandrecht am Eigentum" auch bei dem Pfandrecht an der Anwartschaft den Anwärtergläubigern als Befriedigungsobjekt dient. Ein solcher Schluß ist auch kaum möglich, weil er eine Abgrenzung der Rechtszuständigkeiten von Vorbehaltseigentümer und Anwärter voraussetzt. Infolge der Begriffsvertauschung, durch die bloße Zuständigkeiten zu Vollstreckungsobjekten erhoben werden und an die Stelle realer Vermögenswerte treten, bleibt für diese Abgrenzung der Rechtszuständigkeiten im Hinblick auf die Kaufsache kein Raum. Sind nämlich Rechtszuständigkeit und Vollstreckungsobjekt identisch, kann zwischen beiden nicht mehr differenziert werden. Folglich entfällt auch die Möglichkeit, den Zuweisungsgehalt des Eigentums bei einem Aufeinandertreffen von Vorbehaltseigentum und Anwartschaft ggf. abweichend davon zu beurteilen, daß ersteres den Gläubigern des Eigentümers die Kaufsache selbst als Haftungs- und Befriedigungsobjekt zuweist. Die Vollstreckung in das Eigentum gewährt den Gläubigern des Vorbehaltseigentümers zwangsläufig die Kaufsache selbst als Befriedigungsobjekt, den Gläubigem des Anwärters bleibt daneben immer nur ein - wie auch immer geartetes - Recht in Ansehung einer fremden Sache. Die Beantwortung der auf eine Abgrenzung der Rechtszuständigkeiten abzielenden Frage ist damit im Grunde schon in dem Sinne vorweggenommen, daß eine Rec~tszuständigkeit des Anwärters im Hinblick auf die Sache selbst keinesfalls in Betracht kommt. Wie auch immer man die Rechtsposition des Anwärters im einzelnen qualifiziert, scheidet zumindest im Bereich der Haftungsverwirklichung für die Anwärtergläubiger, deren Interessen die Entwicklung der Anwartschaft als selbständige vermögenswerte Rechtsposition gerade für diesen Bereich einleiteten 66, eine Möglichkeit aus: Eine Wesensgleichheit mit dem Eigentum, wie sie mit dem Schlagwort vom wesensgleichen Minus von der überwiegenden Meinungproklamiert wird. 3. "Zugehörigkeit" i. S.d. § 1 KO

Das Konkursverfahren umfaßt das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welches ihm zur Zeit der Eröff65 66



v. Lübtow, aaO., S. 174 r. Sp. Vgl. Erster Teil A. 11.

68

2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

nung des Verfahrens gehört (Konkursmasse), § 1 KO. Gehören heißt: dem Rechte nach zustehen 67 . Die Tatsache, daß - unabhängig von der Bestimmung der unmittelbaren Vermögensbestandteile i.S.d. § 1 KO - diese Rechtszuständigkeit nicht mit dem durch sie zugewiesenen Gegenstand identisch sein kann, bestätigt hier § 43 KO, der die Geltendmachung der "Nichtzugehörigkeit eines Gegenstandes zum Schuldnervermögen"68 regelt und dessen Aussonderung gestattet. Die Wendung "Aussonderung aus der Konkursmasse" ist zunächst irreführend, da "Konkursmasse" hier in einem anderen Sinne gebraucht wird als in der Legaldefinition des § 1 KO. Im Unterschied zu § 1 KO, der die Sollmasse definiert, meint §43 KO die Istmasse69 , wie sie der Konkursverwalter vorfmdet. Korrekterweise müßte § 43 KO von einer Aussonderung der Gegenstände sprechen, die nicht zur Konkursmasse i. S. d. § 1 KO gehören,jedoch fälschlicherweise für die Masse in Anspruch genommen werden. "Objekte" der Aussonderung sind dann "Sachen und Rechte"70. Die Rechtszuständigkeit als solche ist schlechterdings nicht aussonderungsfähig, der Aussonderungsberechtigte hält sie ohnehin in Händen.

11. Der Bezug zu § 17 KO 1. Leistungs- und Gegenleistungsobjekte als Haftungsvermögen

§ 17 KO knüpft in seinen Voraussetzungen an einen bevorstehenden Leistungsaustausch an. Der Konkursverwalter hat abzuwägen, ob das Ausscheiden eines Massebestandteiles - des von dem Gemeinschuldner zu erbringenden Leistungsgegenstandes - im Ergebnis einen Vorteil für die Masse nach sich zieht, indem die dafür versprochene Gegenleistung in die Haftungsmasse gelangt 71. Für eine solche Abwägung bleibt kein Raum, wenn ein gegenseitiger Vertrag von einer Seite vollständig erfüllt wurde: Hatte der Gemeinschuldner bereits vollständig erfüllt, ist der von ihm geschuldete Leistungsgegenstand endgültig aus seinem Vermögen i. S. d. § 1 KO ausgeschieden. Es bedarf keiner Entscheidung über die Weggabe eines massezugehörigen Gegenstandes mehr, die notwendigerweise dem Konkursverwalter obliegt. Auch bei einer Erfüllung von Seiten des Vertragsgegners ist einer Entscheidung des Konkursverwalters der Boden entzogen. Eine Erfüllungswahl würde in diesem Fall die Weggabe eines zur Konkursmasse gehörigen Haftungsobjektes bedeuten, ohne daß der Masse im Austausch irgendein Wert zugeführt wird; die erlangte Gegenleistung ist bereits 67

68 69 JO

7l

Jaeger /Lent, § 1 KO Anm. 51. Jaeger/Lent, § 43 KO Anm. 2. Vgl. Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 2. Baur /Stümer, ZwangsvoUstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht, Rdn. 1072. Vgl. die Beispiele bei Jaeger/Lent, § 17 KO Anm. 31 a.

B. Konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ I und 17 KO

69

Massebestandteil. Könnte der Konkursverwalter gleichwohl Erfüllung wählen, dürfte er zum Nachteil der Gläubigergemeinschaft und zum Vorteil eines Konkursgläubigers - des Vertragsgegners - den Masseumfang schmälern. Eine solche Vorgehensweise verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz. Nur dann, wenn die Weggabe eines MassebestandteiIs durch die im Austausch zu erlangende Gegenleistung den Masseumfang im Ergebnis erhöhen kann, liegt eine Entscheidungsalternative i. S. d. § 17 KO vor. Der Konkursverwalter darf - nun zum Vorteil aller Gläubiger - einen Gläubiger des Gemeinschuldners, den Vertragsgegner, voll aus der Masse befriedigen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 17 KO ist deshalb immer eine bevorstehende Verschiebung von Vermögen i. S. d. § 1 KO, bei der die Realisierung der Gegenleistung die Weggabe eines zur Masse gehörigen Gegenstandes i. S. eines "konditionellen Synallagmas" "bedingt" 72. 2. Die von § 17 KO vorausgesetzten Rechtszuständigkeiten

Die Anwendbarkeit des § 17 KO setzt somit eine bestimmte Vermögenszugehörigkeit der Leistungsgegenstände voraus. Die Zugehörigkeit zu dem Vermögen i. S. d. § 1 KO bestimmt sich grundsätzlich nach der materiellen Rechtszuständigkeit 73 • Betrachtet man den Kaufgegenstand als den zu verschiebenden Vermögensbestandteil i. S. d. § 1 KO, ist bei den von § 17 KO vorausgesetzten Rechtszuständigkeiten zwischen Verkäufer- und Käuferkonkurs zu unterscheiden. a) Verkäuferkonkurs

Eine bevorstehende Verschiebung von Vermögen i. S. d. § 1 KO verlangt im Verkäuferkonkurs die Rechtszuständigkeit des Gemeinschuldners im Hinblick auf den Kaufgegenstand 74• Einen gegenteiligen Standpunkt vertritt offenbar Stracke75 , der zunächst zutreffend davon ausgeht, daß bei Erfüllungswahl des Konkursverwalters im Verkäuferkonkurs der Anspruch auf Eigentumsverschaffung zu einer MasseVgl. zu letzterem: Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. I a Vgl. Jaeger /Lent, § I KO Anm. 51. 74 Vgl. Jaeger /Henckel, § 17 KO Rdn. 52f.; Unger, KTS 1969, 193,213, der zwar zutreffend davon ausgeht, daß ,,§ 17 KO sich auf die Konkursmasse gemäß § I KO beschränkt", dann aber ausführt, "daß ein Anwartschaftsrecht substantiell bereits nicht mehr" zum Vermögen des Veräußerers gehört. - Abgesehen davon, daß letzteres zu keinem Zeitpunkt der Fall war, kann es nicht um eine "Zugehörigkeit der Anwartschaft" gehen, sondern nur um die Rechtszuständigkeit im Hinblick auf den Kaufgegenstand, die dessen Eigenschaft als Massebestandteil und damit die Anwendbarkeit des § 17 KO begründet. 75 Stracke, Das Aus- und Absonderungsrecht, S. 60 f. 72

73

70

2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

forderung gern. § 59 Nr. 2 KO wird 76 . In dieser Rechtsfolge sieht Stracke jedoch die "Aussonderungsfähigkeit"n des Kaufgegenstandes und damit die "Anerkennung der Massefremdheit" . Würde § 17 KO tatsächlich in dieser Weise die Massefremdheit des Leistungsgegenstandes anerkennen, könnte die Vorschrift nur dann Anwendung fmden, wenn der Kaufgegenstand im Verkäuferkonkurs nicht zu dem Vermögen i. S. d. § I KO gehört. Dieser Fehlschluß resultiert daraus, daß Massejorderung und Aussonderungsjähigkeit fälschlicherweise gleichgesetzt und in einer synonymen Bedeutung gebraucht werden: Die Masseforderung i. S. d. § 59 KO ist eine Forderung, die als Masseschuld mit Mitteln der Konkursmasse zu befriedigen und somit zwangsläufig auf einen Massegegenstand gerichtet ist. Der Aussonderungsanspruch zielt dagegen - trotz des Wortlautes des § 43 KO - auf einen massefremden Gegenstand ab. b) Käujerkonkurs

Im Käuferkonkurs bedeutet eine Verschiebung von Vermögen i. S.d. § 1 KO, daß der Kaufgegenstand durch die Erfüllungswahl als verwertbares Haftungsobjekt der Konkursmasse zugeführt werden kann, m.a. W. dem Gemeinschuldner die materielle Rechtszuständigkeit für den Kaufgegenstand fehlt, er jedoch die Möglichkeit hat, sie durch Erfüllungswahl zu erlangen. Die materielle Rechtstzuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach der dinglichen Rechtslage: Ein Gegenstand gehört dem Eigentümer78 und ist in dessen Konkurs Bestandteil des Vermögens i. S. d. § 1 KO. Eine dingliche Rechtsstellung des Anwärters dagegen läßt sich nicht überzeugend begründen. Damit besteht de lege lata sowohl im Verkäufer- als auch im Käuferkonkurs die Situation der von § 17 KO vorausgesetzten Vermögensverschiebung. III. "Konkursrechtliche" Rechtszuständigkeiten der fiduziarischen Treuhand

Die grundsätzliche Beurteilung der konkursrechtlichen Vermögenszugehörigkeit nach der dinglichen Rechtslage erfährt eine Einschränkung bei der "konkursrechtlichen Zugehörigkeit von treuhänderisch zur Sicherheit übereigneter Sachen,,79. Obwohl im Ausgangspunkt der Sicherungs eigentümer 76 BGHZ 89, 189, 194 f.; Jaeger fLent, § 17 KO Anm. 33; ausführlich: Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 145 Cf. n Stracke, aaO., S. 61. 78 Jaeger fLent, § 1 KO Anm. 51. 79 Jaeger fLent, § 1 KO Anm. 21.

B. Konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit in §§ 1 und 17 KO

71

grundsätzlich Inhaber des VollrechtsBO und das Sicherungseigentum nicht mit geringerer dinglicher Kraft begabt ist als anderes Eigentum 81 , unterliegt seine Rechtszuständigkeit einer "Schwankungsbreite zwischen Eigentum und pfandrechtsartiger Berechtigung" 82. Nach außen ist der Treuhänder daher weder stets "Vollrechtsinhaber" noch "Pfandgläubiger"83. Diese variable Beurteilungsmöglichkeit der Rechtszuständigkeit gestattet es, im Konkurs als einer besonderen Rechtslage 84 den besonderen Zweck dieses Sicherungs eigentums zu berücksichtigen. Im Treunehmerkonkurs kann die Rechtszuständigkeit des Eigentümers deshalb abweichend von dem Grundsatz beurteilt werden, daß ihm eine Sache i. S. d. § I KO gehört und als seinen Gläubigem gemeinschaftlich zustehendes Befriedigungsobjekt Bestandteil der Konkursmasse ist. Im Konkurs des Treugebers wird "konkursrechtlich die Sache nicht als Eigentum des Sicherungseigentümers behandelt,,85, sondern gehört als Haftungsobjekt zur Masse des Sicherungsgebers. Die dem Sicherungseigentum zu Grunde liegende Zweck bestimmung tritt hier mit Wirkung gegen Dritte hervor und relativiert die volle Rechtszuständigkeit des Eigentümers 86. Wäre diese als Umwandlungsprinzip87 bezeichnete Erscheinung auch auf das Vorbehaltseigentum anwendbar, lägen die von § 17 KO vorausgesetzten Rechtszuständigkeiten "konkursrechtlich" nicht mehr vor. 88 IV. Überwindung des Synallagmas in § 17 KO Eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum würde die in § 17 KO tatbestandsmäßig vorausgesetzte Gegenseitigkeit der Leistungspflichten überwinden. Die an sich naheliegende Begründung, daß ein Sicherungseigentümer nicht im Sinne eines do ut des - die Sicherheit aus der Hand gibt, um Befriedigung der gesicherten Forderung zu erlangen, sondern weil sich der Sicherungszweck erledigt hat, ist indessen nicht einschlägig. Zum einen bliebe dabei unberücksichtigt, daß dem Eigentumsvorbehalt ein auf Leistungsaustausch gerichteter Kaufvertrag zu Grunde liegt, dessen Pflichten letztlich immer um der Gegenleistung Serick, Bd. H, § 19 IV 1, S. 95. RGZ 124, 73. 82 Serick, aaO. 83 Serick, aaO., S. 96. 84 Serick, 100 Jahre KO, S. 277. 85 Jaeger/Lent, § 1 KO Anm. 20 e. 86 Serick, Bd. H, § 19 I 2, S. 77. 87 Ausdruck von Friedmann, Verhandlungen des 36. DJT, S. 808, 862. 88 Zu einer Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum allgemein: Wieacker ZAkDR 1938, 590 ff.; Gravenhorst, JZ 1971,494 ff.; heide allerdings ohne Rückschlüsse auf eine "konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit" im Rahmen des § 17 KO. 80

81

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

willen erfüllt werden. Zum anderen ist die Erledigung des Sicherungszweckes beim fiduziarischen Eigentum nicht wie der Veräußerungszweck des Vorbehaltskaufes auf eine Güterverschiebung gerichtet, sondern auf eine Wiederherstellung des status quo ante, der vor der Sicherungsübereignung bestand. Gerade der dem Vorbehaltskauf eigentümliche unerledigte Veräußerungszweck läßt zwangsläufig die vom Käufer bereits erbrachten Leistungen als Vorleistungen erscheinen. Dies führt zu der selbstverständlichen konkursrechtlichen Wertung, daß im Verkäuferkonkurs der Käufer als Vorleistender das Insolvenzrisiko trägt, im Käuferkonkurs der Verkäufer hingegen nur sein negatives Interesse wahren kann. Die Vertragspartei nämlich, die sich nur durch die Suspendierung ihrer eigenen Leistung sichert, trägt das Insolvenzrisiko für ihr Erfüllungsinteresse. Eine gegenteilige Wertung setzt voraus, daß sich - zumindest "konkursrechtlich " - dieser Veräußerungszweck erledigt hat, m. a. W. eine Güterverschiebung "konkursrechtlich" bereits eingetreten ist. Wenn sich auch die Feststellung, die Leistung des Verkäufers erfolge nicht um der Gegenleistung willen, nicht treffen läßt 89 , ist jedoch auch das Synallagma unbeschadet des ihm immanenten fmalen Moments Ausdruck eines von beiden Seiten zu erbringenden künftigen Vermögensopfers 90 • Es wird deshalb dort gegenstandslos, wo die Voraussetzung einer bevorstehenden Vermögensverschiebung nicht mehr vorliegt. Im Konkurs ist dies dann der Fall, wenn die Erfüllung91 der Leistungspflichten auf die Massezugehörigkeit des Kaufgegenstandes keinen Einfluß mehr hat. Eine Vermögensverschiebung des Kaufgegenstandes ist ausgeschlossen, wenn dieser im Verkäuferkonkurs nicht zur Masse i. S. d. § 1 KO gehört bzw. im Käuferkonkurs nicht mehr zur Masse gezogen werden kann. Bei einer Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum scheitert deshalb die Anwendbarkeit des § 17 KO an der fehlenden Voraussetzung der Gegenseitigkeit i. S. einer bevorstehenden Vermögensverschiebung. 92 Weder im Verkäufer- noch im Käuferkonkurs kann sich die Realisierung der beiden Leistungen wechselseitig bedingen93 : Im Verkäuferkonkurs ist die 89 Eine berechtigte Frage ist, ob nicht der unerledigte Veräußerungszweck, welcher dem VorbehaItskauf typisch ist und der Sicherungsübereignung fehlt, als der wesentliche Unterschied zwischen beiden Instituten eine Gleichbehandlung gerade verbietet; so etwa Braun, KontokorrentvorbehaIt, S. 185 (ohne nähere Begründung); vgl. ferner Reich, AcP 169, 247, 255: Funktionelle Gleichheit beider Institute trotz dieses entscheidenden Unterschiedes. Dieser Unterschied wird an anderer Stelle im Rahmen der "Herkunftsrichtung" des Treugutes behandelt: vgl. Dritter Teil B. 90 Vgl. dazu allgemein: Dubischar, Festschrift für Raiser, S. 114. 91 Die Erfüllung i. S. d. § 362 BGB wird durch die Massezugehörigkeit des Leistungsgegenstandes nicht tangiert. Der Verkäufer schuldet nicht eine bestirrimte "konkursrechtliche Vermögenszugehörigkeit" , sondern die Eigentumsübertragung. 92 Dies bedeutet andererseits nicht, daß kein Gegenseitigkeitsverhältnis i. S. d. §§ 320 ff. BGB mehr vorliegt. Für die Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB ist es völlig irrelevant, ob "konkursrechtlich" ein Leistungsgegenstand zu einem bestimmten Vermögen i.S.d § 1 KO gehört. 93 Vgl. Kuhn/Uhlenbruck, § 17 KO Rdn. la

C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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Erlangung der Gegenleistung unabhängig von dem Ausscheiden eines massezugehörigen Gegenstandes, weil sich die Kaufsache nicht mehr in der Masse befindet. Im Käuferkonkurs fehlt es deshalb an einem Bedingungszusammenhang, da die Kaufsache als Gegenleistungsobjekt bereits Massebestandteil ist. Der Veräußerungszweck des Eigentumsvorbehaltes ist "konkursrechtlich" erledigt, die von § 17 KO vorausgesetzte Verschiebung von Vermögen i. S. d. § 1 KO "konkursrechtlich" eingetreten.

c. Vergleichbarkeit von Vorbehaltsund Sicherungseigentum

Bei Prüfung der Anwendbarkeit des Umwandlungsprinzipes auf den Eigentumsvorbehalt sind folgende Fragen voneinander zu trennen: Es müssen zunächst die Funktionen von Vorbehalts- und Sicherurigseigentum grundsätzlich übereinstimmen. Mit dieser Vorfrage sind jedoch noch nicht die Voraussetzungen für das Eingreifen des Umwandlungsprinzipes bejaht. Es bedarf darüber hinaus einer eigenständigen Untersuchung, ob auch die Interessenlage die Anwendung des Umwandlungsprinzipes rechtfertigtl. Daraus folgt, daß zwar die Erörterung der funktionellen Vorfrage für Verkäufer- und Käuferkonkurs gleichermaßen gilt, aus der im Verkäuferkonkurs bestehenden Interessenlage aber keine Rückschlüsse auf den noch zu behandelnden Käuferkonkurs möglich sind. Die eigenständige Untersuchung der Interessenlage muß dort unter Berücksichtigung des dem Verkäufer zustehenden Rechtsbehelfs erfolgen. Es liegt auf der Hand, daß selbst die Feststellung einer Funktions- und Interessenidentität als solche noch nicht die konkursrechtliche Gleichbehandlung von Vorbehalts- und Sicherungs eigentum rechtfertigen kann. Eine Vergleichbarkeit von Funktion und Interesse mag notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für eine konkursrechtliche Gleichstellung beider Institute sein. Noch unberücksichtigt bleiben in diesem Zusammenhang die Interessen des Rechtsverkehrs und der Rechtssicherheit, welche- sich in systematischen Schranken manifestierend - als Einwand gegen diese Gleichstellung noch zu prüfen sein werden 2 •

I

2

Serick, Bd. I1I, § 35 11 I, S. 292. Vgl. dazu: Dritter Teil.

2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

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I. Funktionelle Vergleichbarkeit: Sicherungs- und Treuhandfunktion 1. TreuverhäItnis zwischen den Vertragsparteien

Eine funktionelle Vergleichbarkeit beider Institute wird von Serick mit der Begründung abgelehnt, der Vorbehaltskaufund die aufschiebend bedingte Übereignung begründeten keine treuhänderische Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer 3, während eine solche Beziehung dem Sicherungseigentum als fiduziarischer Treuhand innewohne und gerade diese Treuhand durch das Umwandlungsprinzip geprägt werde4 • Weder sei der Verkäufer Treuhänder des Käufers, noch bestehe diese Situation vice versa. Danach scheidet eine Gleichstellung beider Mobiliarsicherheiten schon deshalb aus, weil es an einem Treuverhältnis im weitesten Sinne fehlt. Der Einwand Sericks läßt unberücksichtigt, daß ursprünglich der Treuhandbegriff nur für die uneigennützige oder Verwaltungstreuhand Verwendung fand 5 und sich die hier in Frage stehende Sicherungstreuhand oder Fiducia6 auf Grund ihrer Eigennützigkeit weitgehend von diesem Treuhandgedanken entfernt hat 7. In dem ursprünglichen Sinne der Treuhand, wonach die Wahrnehmung der Interessen eines Anderen als "Grundgedanke eines jeden Treuhandverhältnisses" s galt, übt der Sicherungseigentümer keine Treuhänderfunktion aus 9 • Zumindest vor Verwertungsreife hat eher der Sicherungsgeber diese Funktion inne lO, der zur Verwaltung fremden Eigentums und damit zur Wahrung fremder Interessen verpflichtet ist, dem Eigentümer den Besitz mittelt und den Rechtsschein des Besitzes abredewidrig mißbrauchen kann. In diesem Punkt deckt sich die Situation der Sicherungstreuhand mit der Lage beim Eigentumsvorbehaltskauf. Auch hier vertraut der Veräußerer darauf, daß der Käufer die Kaufsache bis zur vollständigen Bezahlung sorgfältig behandelt und nicht abredewidrig - im tatsächlichen und rechtlichen Sinne - über sie verfügt. Beim Eigentumsvorbehalt liegt deshalb zumindest in Ansehung eines Treuverhältnisses - i. S. eines Anvertrautseins - zwischen den Parteien und im Hinblick auf die Interessenwahrung für einen Anderen nicht weniger ein Treuhandverhältnis vor als bei der Sicherungsübereignung. 11 Serick, Bd. 11, ~ 19 III 1 b, S. 90. Serick, Bd. 11, § 19 I 2, S. 77. 5 Vgl. A. Schultze (Begründer des Treuhandgedankens), Jher Jahrb 43, 2, 33 ff. 6 Friedmann, aaO., S. 854. 7 Gaul, AcP 168, 351, 362; Siebert, Das rechtsgeschäftIiche Treuhandverhältnis, S. 169 f. 8 Siebert, aaO., S. 99. 9 Friedmann, aaO., S. 856, räumt ein, daß sich die "Fiducia" zu Unrecht Treuhandschaft nennen mag. 10 Siebert, aaO., S. 170; Gaul, AcP 168,351,367; Reich, AcP 169, 245, 255. 11 Vgl. auch M üKo-Quack, Anh. §§ 929-936 Rdn. 17: Eigentumsvorbehalt als "Sicherungstreuhand mit Besonderheiten". 3

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C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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Ob sich im Ergebnis dieses Treuverhältnis als Treuhandverhältnis darstellt, hängt von weiteren Voraussetzungen ab, die sich nicht an in diesem Zusammenhang zu behandelnden funktionellen Gesichtspunkten orientieren, sondern an den Interessen Dritter und der Sicherheit des Rechtsverkehrs 12 • 2. Sicherungseigentum zur Sicherung eines Rückgewähranspruches?

Die Funktion des Sicherungseigentums bestimmt sich in erster Linie nach seinem Sicherungszweck, der i. d. R. auf die Sicherung einer Forderung gerichtet ist. Dieser Zweck prägt die "Vorläufigkeit,,13 des Sicherungseigentums und rechtfertigt die Anwendung des Umwandlungsprinzips: Die zeitlich begrenzte dingliche Sicherung ist mit der Rechtsfolge nicht zu vereinbaren, die das Sicherungsgut endgültig den Gläubigern des Sicherungsnehmers als Befriedigungsobjekt zuweist, indem sie es für die Konkursmasse vereinnahme4 • In Anbetracht der Vorläufigkeit des Sicherungszweckes erscheint eine Übereinstimmung mit dem Zweck des vorbehaltenen Eigentums zunächst fragwürdig. Einige sehen den Zweck des Vorbehaltseigentums ausschließlich in der Sicherung der Kaufpreisforderung lS , während andere l6 auf eine Doppelfunktion des Vorbehaltseigentums hinweisen, wonach sowohl die Kaufpreisforderung als auch der Rückgewähranspruch nach §§ 346, 455 BGB gesichert ist. Zum Teil wird letzter Sicherungszweck sogar als der allein maßgebliche angesehen 17. Der Bundesgerichtshoe s stellte ausdrücklich fest, daß die Vorbehaltssache "nicht etwa die Kaufpreisforderung, sondern die Rechte bei Auflösung des Vertrages" sichere. Zwar hält Stracke dem entgegen, derselbe Senat habe an anderer Stelle 19 darauf abgestellt, welche Forderungen das Vorbehaltseigentum sichere und nicht ob überhaupt Forderungen gesichert sein sollen 20 , zwingend ist dieser Einwand jedoch nicht. Der zweiten Entscheidung lag ein erweiterter Eigentumsvorbehalt zu Grunde; ein hier festgestellter Sicherungszweck gebietet nicht notUnmittelbarkeitsprinzip und Publizitätsgrundsatz werden im Dritten Teil behandelt. MüKo-Quack, Anh. §§ 929-936, Rdn. 10. 14 Vgl. Serick, Bd. II1, § 35 11 I, S. 292. 15 Rühl, ZZP 54, 154, 179; Staudinger /Ostler, § 455 Rdn. 45; Reich, AcP 169,245, 248, Fußn.2; vor allem BGHZ 34, 191, 199: "pfandähnlicher Sicherungs zweck". 16 Serick, Bd. I, § 5 I I, S. 76; Stracke, aaO., S. 88; wohl auch J. Blomeyer, JZ 1968,691,693 Fußn.30: "mittelbare" Sicherung der Kaufpreisforderung. 17 Vgl. Esser, Schuldrecht, Bd. 2, § 65 I I d; Grunsky, JuS 1984,497,498; Grunsky räumt allerdings ein, daß sich die wirtschaftliche Funktion des Eigentumsvorbehaltes auf den Kaufpreis richtet und der Anspruch auf Rückgewähr eine Auffangsstellung sei. Infolgedessen hält er die Frage für berechtigt, ob nicht das Vorbehaltseigentum - wie das Sicherungseigentum - von seiner Funktion her reduziert werden muß, indem es dem Verkäufer im Konkurs nur die Rechte eines Pfandgläubigers vermittelt, - aaO., S. 498. 18 BGHZ 54, 214, 219. 19 BGH BB 1971,285 f. 20 Stracke, aaO., S. 88. 12

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

wendigerweise eine generalisierende Schlußfolgerung auf den Sicherungszweck des Institutes "Eigentumsvorbehalt". Die Entscheidung kann ebenso auf einer differenzierenden Betrachtungsweise beruhen, welche die besondere Situation beim erweiterten Eigentumsvorbehalt berücksichtigt. Eine dort getroffene Feststellung betreffend den Sicherungszweck könnte dann den gleichen Sicherungszweck des Vorbehaltseigentums zwar bestätigen, keinesfalls aber begründen. Dennoch ist die Sicherung des Rückgewähranspruches als ausschließlicher Zweck des Eigentumsvorbehaltes zweifellos zu eng. Abgesehen davon, daß das wirtschaftliche Interesse des Veräußerers i. d. R. auf Befriedigung seiner Kaufpreisforderung gerichtet sein wird 21 , ist diese schon allein deshalb gesichert, weil der Verkäufer sich den Kaufgegenstand als Haftungsobjekt mit § 771 ZPO erhalten kann, um unter Abwehr der Zugriffe von Seiten anderer Käufergläubiger den Weg der Vollstreckung in die eigene Sache zu beschreiten 22.23 Im Ergebnis ist deshalb die vermittelnde Auffassung vorzuziehen, die sowohl Kaufpreis-als auch Rückgewähranspruch als gesichert ansieht. 24 In Anbetracht der Sicherung des Rückgewähranspruches ist aber ggf. nicht mehr in dem gleichen Sinne von einem temporären Eigentum auszugehen, wie es das Sicherungseigentum 25 darstellt. Die Realisierung dieser Sicherheit führt vielmehr zu einer Perpetuierung der EigentümersteIlung. Es muß an dieser Stelle zwischen der Funktion des Vorbehaltseigentums bei bestehendem Kaufvertrag und der Funktion innerhalb eines Rückgewährschuldverhältnisses differenziert werden. Allein der unter den Voraussetzungen des § 455 BGB mögliche Rücktritt nimmt dem Vorbehaltseigentum nicht seine Vorläufigkeit, zumal der Veräußerer selbst diese Voraussetzungen gar nicht herbeiführen kann. Die Veräußererposition ist auch als Sicherung des Rückgewähranspruches i.S.d. §§ 346, 455 BGB solange "Eigentum auf Zeit,,26, als kein Rückgewährschuldverhältnis herbeigeführt wurde. Nach Rücktritt allerdings hat die Eigentümerposition ihre Vorläufigkeit verloren und sich damit der Inhalt der Sicherung entscheidend verändert. Eine Vgl. Hübner, NJW 1980,729,734. Vgl. J. Blomeyer, JZ 1968,691, 693 Fußn. 30. 23 Zu der Ausnahme im Hinblick auf § 5 AbzG sogleich. 24 Man sollte BGHZ 54, 214 ff. hier nicht überbewerten. Die Entscheidung ist in Zusammenhang mit BGHZ 34,191 ff. undBGHZ 70, 96ff. zu sehen. In beiden Entscheidungen ging es um die Anwendbarkeit des § 223 Abs. 2 BGB auf das Vorbehaltseigentum bei vetjährter Kaufpreisforderung. Während man im 34. Band den für § 223 Abs. 2 BGB erforderlichen "pfandrechtsartigen Sicherungszweck" >1. a. auf einen rücktrittsunabhängigen Herausgabeanspruch des Verkäufers stützte, wurde zwar im 54. Band das Herausgabeverlangen an das Erfordernis eines Rücktritts geknüpft, gleichwohl bestätigte BGHZ 70, 191 ff. den pfandrechtsartigen, auf Sicherung der Kaufpreisforderung gerichteten Zweck, indem § 223 Abs. 2 BGB nach wie vor Anwendung fand. 25 Vgl. Reich, AcP 161, 261. 26 Serick, Bd. V, § 57 III 4 a, S. 79. 2\

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C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum bei bestehendem Kaufvertrag führt jedoch nicht notwendigerweise zu derselben Gleichstellung in einem Rückgewährschuldverhältnis. Ändert sich mit Herbeiführung des Rücktritts der gesamte Vertragszweck und verliert zudem der Käufer seine Anwärterstellung und das Veräußerereigenturn seine Eigenschaft als vorläufige Rechtsstellung, kann der Verkäufer von diesem Zeitpunkt an Volleigentümer sein. Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit einer solchen Umwandlung von Sicherungseigentum in Volleigentum bestätigt der Bundesgerichtshof in einem obiter dictum: "Er - sc.: der Darlehns,geber beipl fmanzierten Abzahlungskauf erwirbt das Sicherungseigentum an dem Kaufgegenstand und in seinem Belieben steht es, dieses Sicherungseigentum durch Ansichnahme des Kaufgegenstandes zu seinem Volleigentum werden zu lassen,,27. Die Ansichnahme löste hier nach Maßgabe des § 5 AbzG ein Rückgewährschuldverhältnis aus. Läßt sich auf diese Weise einer Funktionsveränderung im Rückgewährschuldverhältnis Rechnung tragen, kann nicht schon die Möglichkeit seines Eintritts eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum ausschließen. Nach der in der soeben erwähnten Entscheidung zum finanzierten Abzahlungskauf zum Ausdruck kommenden Auffassung des Bundesgerichtshofes28 steht der lediglich potentielle, auf Sachrückgewähr gerichtete Sicherungszweck der Annahme einer Treuhand selbst dann nicht entgegen, wenn die Sicherung des Rückgewähranspruches den alleinigen Sicherungszweck darstellt: Der Verkäufer hatte in dem dort zu entscheidenden Fall die Kaufsache auf den Käufer übereignet, der verschaffte mittels antizipiertem Besitzkonstitut der Finanzierungsbank Sicherungseigentum. 29 In dem Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Käufer findet § 5 AbzG Anwendung30• Nach dieser Norm führt jede Rücknahme der Sache - sofern der Sicherungsfall eingetreten ist - zur Zerstörung des Primäranspruches 31 , so daß als Sicherungszweck nur ein Rückgewähranspruch bleibt. 32 Gleichwohl sah der Bundesgerichtshoe3 keine Veranlassung, von der Stellung der Kreditbank als Sicherungseigentümer Abstand zu nehmen BGHZ 47, 241, 245. BGHZ 47, 241 ff. 29 Zu diesem Fall auch Gravenhorst, JZ 1971,494,495, der allerdings schon mit dem Hinweis, die Position der Bank sei ebenso als Vorbehaltseigentum denkbar, diese Konstellation als Argument für eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum heranziehen will. D BGH aaO.; Ostler IWeidner, § 6 AbzG, Anm. 137. 31 J. Blomeyer, JZ 1968,693 Fußn. 28. 32 Die Argumentation, der Veräußerer erhalte sich mit § 771 ZPO die Kaufsache als Vollstreckungsobjekt für seine Forderung, trifft hier nicht. Bei einem Abzahlungskauf führt die Vollstreckung in die eigene Sache nie zur Befriedigung des Erfüllungsanspruches. Obwohl hier im einzelnen vieles streitig ist - Überblick über den Meinungsstand bei Lippross, Vollstreckungsrecht, § 14 a. E. - greift zu irgendeinem Zeitpunkt der Vollstreckung die Fiktion des § 5 AbzG ein und kann mit der Vollstreckungsgegenklage - 767 ZPO - geltend gemacht werden. Im Ergebnis besteht immer die Pflicht zur Ratenrückzahlung gern. §§ I, 3 AbzG. 33 BGHZ 47, 241. TI

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

oder die Vereinbarkeit von Sicherungseigentum und der Sicherung eines Rückgewähranspruches zu prüfen. Vielmehr wurde ausdrücklich daraufhingewiesen, daß das Kreditinstitut nicht in die Rolle des Veräußerers eintrete34 , die Kreditbank vielmehr Sicherungseigentum erworben habe. Dagegen ließe sich einwenden, auf dem Hintergrund des Abzahlungsgesetzes stelle sich in diesem Fall das Sicherungseigentum als Vorbehaltseigentum dar 35 , diese am Schutzzweck des Abzahlungsgesetzes orientierte Gleichstellung gebe jedoch keine Veranlassung, den Zweck des Sicherungseigentums allgemein auf die Sicherung eines Rückgewähranspruches auszudehnen. Es wäre aber andererseits niemand dazu bereit, die Behandlung als Vorbehaltseigentum in letzter Konsequenz durchzuführen, indem es etwa bei einer Insolvenz des Kreditinstitutes dem Konkursverwalter gestattet wäre, die Erfüllung der Übereignungspflicht abzulehnen. Trotz - oder gerade wegen - des Hintergrundes eines Abzahlungskaufes würde man sich hier zu Recht wieder auf das Sicherungseigentum des Kreditinstitutes berufen. Die Besonderheit dieses Falles kann dann aber nicht darin liegen, daß ausnahmsweise das Sicherungseigentum wie Vorbehaltseigentum behandelt wird und deshalb einen Rückgewähranspruch sichert. Die Besonderheit besteht vielmehr in der Anwendbarkeit der Vorschriften des Abzahlungsgesetzes auf das Verhältnis zwischen Käufer und Darlehnsgeber, obwohl letzterer nicht der Veräußerer ist, ohne daß damit die Frage nach der Vereinbarkeit mit der Funktion des Sicherungs eigentums aufgeworfen würde. Keinen funktionellen Unterschied zwischen Vorbehalts- und Sicherungseigentum vermag somit auch der Einwand zu begründen, der Kaufgegenstand sichere einen Anspruch, der ihn selbst betrifft, soweit damit der Rückforderungsanspruch nach §§ 455, 346 BGB gemeint ist. Wird mit diesem Einwand auf die Kaufpreisforderung Bezug genommen, ist damit die Verbindung mit dem Grundverhältnis, d.h. dem Kaufvertrag, angesprochen, "der den Sicherungsgegenstand unmittelbar betrifft und bei dem das Vorbehaltseigentum als dingliche Sicherung dient U36 • Wenn auch hierin kein funktioneller Unterschied zu erkennen ist, handelt es sich möglicherweise aber um einen dogmatischen Unterschied, sofern diese Verknüpfung mit dem Grundverhältnis im Zusammenhang mit einer kausalen Abhängigkeit der Rechtsstellungen zu sehen ist 37 • Dieser Einwand wird an anderer Stelle behandelt 38• BGH, aaO., S. 242. Vgl. BGH, aaO.: "Der Darlehnsgeber wird diesem (sc. dem Veräußerer) in wesentlichen Beziehungen gleichgestellt"; ferner Stracke, aaO., S. 92: Es handelt sich um einen gewöhnlichen Eigentumsvorbehalt. J6 Serick, Bd. V, § 57 III 3, S. 76. 37 A. A. Reich, AcP 169, 245, 255: Daß es sich bei dem Vorbehaltseigentum um "kausales Recht" handle und bei der Sicherungsübereignung um" Treuhandrecht" , begründe weder einen funktionellen noch rechtlichen Unterschied; dagegen vor allem Serick, Bd. 11, § 19 IV I, S. 96 f. 38 Vgl. Dritter Teil A.II. 34

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C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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Zweifelhaft ist dagegen, ob sich daneben eine funktionelle Gleichheit auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines nachträglichen Eigentumsvorbehalts stützen läßt, mit dem Argument, diese Form des Eigentumsvorbehaltes werde durch Sicherungsübereignung begründee9 • Abgesehen davon, daß nicht einmal Einigkeit über die Konstruktion des nachträglichen Vorbehaltes besteht 40 , besagt diese Variante m. E. lediglich, daß ein nachträglicher Eigentumsvorbehalt zulässig ist. Dies läßt keine Rückschlüsse 41 auf eine Funktionsgleichheit oder gar eine konkursrechtliche Gleichbehandlung beider Institute ZU 42 . 3. Funktionelle Eingrenzung: Sicherung auf dem Hintergrund einer Kreditgewährung

Für die Begründung einer Sicherungstreuhand ist nicht begriffsnotwendig, daß eine Forderung gesichert wird. Es genügt vielmehr schon die "Sicherung eines wirtschaftlichen Risikos als solchem"43, die nicht einmal auf dem Hintergrund der Kreditgewährung stehen muß 44 • An diesem Punkt wird man für die funktionelle Vergleichbarkeit von Sicherungs- und Vorbehaltseigentum eine Einschränkung vornehmen müssen. Die Sicherung irgendeines wirtschaftlichen Ausfallrisikos ist durch die Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes nicht möglich. Steht das Vorbehaltseigentum nicht auf dem Hintergrund einer Kreditgewährung, bleibt als einzige in Betracht kommende Funktion die Sicherung des Leistungsaustausches Zug um Zug, d. h. "Ware gegen Geld". Der Veräußerer gibt dann zu erkennen, an dieser Abwicklungsmodalität festhalten zu wollen, obwohl er sich des Besitzes begibt. Ist dies der ausschließliche Sinn des Eigentumsvorbehaltes, liegt kein über die Vereinbarung i. S. d. § 433 BGB hinausgehender Sicherungszweck vor. Der Zweck, nur gegen sofortige und vollständige Zahlung des Kaufpreises leisten zu wollen, ist in den §§ 320 ff. BGB befriedigend und abschließend geregelt. Auf der anderen Seite besteht auch keine Veranlassung, dem Anwärter eine vermögenswerte Rechtsposition zu erhalten. Die Anwartschaft des Käufers soll nicht mit jeder So Reich, AcP 169, 245, 248. Nach BGH NJW 1953,217, muß der Käufer gern. §§ 929,930 BGB zunächst das Eigentum zurückübertragen, anschließend erfolgt eine bedingte Übereignung brevi manu traditio, gern. § 929 Satz 2 BGB; während die Literatur - Larenz, BT 11, § 43 11 a; Serick Bd. 1, § 5 II 5,sich mit einer auflösend bedingten Rückübertragung des Eigentums auf den Verkäufer begnügt. 41 Einen Schluß auf eine Funktionsgleichheit zieht Reich im Grunde auch gar nicht, wenn er sagt: "Der Funktion nach liegt ein Eigentumsvorbehalt vor, der Form nach eine Sicherungsübereignung". - Reich, aaO. 42 I. E. ebenso Stracke, aaO., S. 94. 43 MüKo-Quack, Anh. §§ 929-936, Rdn. 36. 44 MüKo-Quack, aaO.: als Beispiel ist hier etwa die Sicherung einer mit wirtschaftlichen Wagnissen verbundenen Geschäftsbeziehung genannt, deren reibungsloses Funktionieren mit der Sicherheit gewährleistet werden soll. 39

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

weiteren Zahlung wirtschaftlich wertvoller werden, sondern ist - schon nach der Parteivereinbarung - solange wirtschaftlich wertlos, als nicht der gesamte Kaufpreis gezahlt wurde, was dann jedoch den sofortigen Eigentumserwerb zur Folge hat. Zahlt der Käufer abredewidrig doch »in Raten", liegt bereits die Voraussetzung des § 455 BGB, Verzug, vor und die Anwartschaft ist nicht mehr schutzwert. Eine solche Anwartschaft ist ferner als Kreditgrundlage für den Käufer seinerseits kaum verwendbar. Bei einer Zug um Zug Vereinbarung wird jeder Kreditgeber vernünftigerweise bis zum Bedingungseintritt warten, bevor er die Anwartschaft als Sicherheit akzeptiert. Somit ist letztlich den Interessen von Veräußerer und Anwärter durch die Regelungen der §§ 320 ff BGB. genügt. Eine EigentümersteIlung aber, deren Funktion sich im Interesse beider Parteien in den §§ 320 ff. BGB verwirklicht und erschöpft, ist nicht Sicherungseigentum, sondern Volleigentum. In diesen Fällen ist es im Hinblick auf die Sicherungsfunktion ausgeschlossen, das Eigentum des Verkäufers ohne jede Notwendigkeit und Anhaltspunkte in der zu Grunde liegenden Zweckbestimmung als Sicherungseigentum zu bezeichnen. Die Basis für eine Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungs eigentum kann folglich nur die Sicherung auf dem Hintergrund einer Kreditgewährung im weitesten Sinne sein. Ausscheiden müssen daher die Fälle des Vorbehaltseigentums, in denen eine Vorbehaltsklausellediglich zum Ausdruck bringt, es werde trotz Besitzübergabe an dem Leistungsaustausch Zug um Zugfestgehalten, ohne daß dies eine Ratenzahlung i. S. einer Kreditvereinbarung beinhaltet. Hierher gehören die Klauseln des Versandhandels: »Die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung unser Eigentum", wobei trotz der Wendung »bis zur vollständigen Bezahlung" keine Anhaltspunkte für eine Kreditvereinbarung, Ratenzahlung oder Stundung des Kaufpreises vorliegen. Dem stehen die Fälle gleich, in denen zwar eine Ratenzahlung vereinbart, ein kreditähnliches Verhältnis jedoch noch nicht in Vollzug gesetzt wurde, sei es, weil noch keine Zahlung erfolgt ist oder es an der Besitzübergabe fehlt 45. Hier stehen ebenfalls die Regeln der §§ 320 ff. BG B im Vordergrund. Die Funktion des Vorbehaltseigentums erschöpft und verwirklicht sich zu diesem Zeitpunkt noch in den §§ 320 ff. BGB und schließt deshalb die QualifIzierung als Sicherungseigentum aus46 • 45

I. 1.).

Hier dürfte es gleichzeitig an der Begründung eines Treuverhältnisses fehlen (vgl. oben

46 Bei diesen Fallgestaltungen ist auch kein »Lösungsmodell" erforderlich, welches die Sachwertinteressen von Veräußerer und Anwärter gegeneinander abzugrenzen hätte. Ist von vornherein ein Leistungsaustausch Zug um Zug vereinbart, ist dieser immer entweder vollständig oder überhaupt nicht vollzogen. Im letzten Fall ist der Käufer mit Bedingungseintritt Eigentümer. Im ersten Fall besteht keine Veranlassung, das Eigentum des Veräußerers abweichend von dem Grundsatz zu beurteilen, daß die Kaufsache seinen Gläubigern als Vermögen i. S. d. § I KO haftet. Der Umfang der Vermögensmassen hat sich hier nicht zum Vorteil der Verkäufergläubiger und zum Nachteil der Gläubiger des Käufers geändert. Das gleiche muß dann gelten, wenn zwar eine Ratenzahlung vereinbart war, der Leistungsaustausch jedoch noch nicht begonnen hat.

C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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Liegt dagegen eine Kreditvereinbarung vor, die auch in Vollzug gesetzt wurde, bleibt festzustellen, daß zumindest kein Unterschied in der Funktion einer Qualifizierung des Vorbehaltseigentums als Sicherungseigentum entgegensteht. 11. Interessenlage 1. Verkäuferkonkurs: Korrektur in § 1 KO aus Billigkeitserwägungen

Das Umwandlungsprinzip findet seine eigentliche inhaltliche Rechtfertigung in Billigkeitserwägungen47 • Im Mittelpunkt steht die Erreichbarkeit und Verwirklichung des Sicherungszweckes4ll , welche eine Bindung der überschüssigen Rechtsrnacht des Sicherungseigentümers bei dessen Insolvenz voraussetzt: a) Störung des Sicherungszweckes und Bindung der Rechtsmacht

Würde das Sicherungsgut i. S. d. § I KO dem Rechte nach der Masse zustehen, käme dieser Vermögenswert entgegen Sinn und Zweck der Sicherung allen Konkursgläubigern zugute, obwohl der Gemeinschuldner sich nur in Höhe der gesicherten Forderung hätte befriedigen dürfen. Die schuldrechtliche Sicherungsabrede begründet allenfalls einen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch auf Rückübereignung nach Tilgung der Forderung. Im Sicherungsnehmerkonkurs ist dies eine Konkursforderung gern. § 69 KO und vermag eine Bindung der über das Sicherungsinteresse hinausgehenden Rechtsrnacht des Sicherungsnehmers nicht zu ge~ährleisten; selbst nach Forderungstilgung verbliebe das Sicherungsgut der Masse 49 • Insoweit scheint einer Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltseigentum nichts im Wege zu stehen. Aus der Übereinstimmung der Sicherungsfunktionen müßte in gleichem Maße das gemeinsame Erfordernis der Rechtsrnachtbindung resultieren. Die Bindung der Rechtsrnacht des Veräußerers, die außerhalb des Konkurses durch § 986 i. V. m. § 433 BGB garantiert ist, wird im Konkurs wirkungslos, da hier nicht die beabsichtigten Güterverschiebungen, § 433 BGB, sondern nur die vollzogenen relevant sind. Möglicherweise wird aber in diesem Zusammenhang die in § 455 BGB zum Ausdruck kommende Sicherung des Rückgewähranspruches erheblich. Geht man von der Sicherung des Rückgewähranspruches aus, wird im Grunde nicht 47 Vgl. Siebert, aaO., S. 167: "Billigkeit als Oberbegriff'; Friedmann, aaO., S. 902: "Ist die Machtübertragung ... erfolgt, so kann der Ausgleich nur von der Billigkeit herkommen". 48 Serick, Bd. III, § 35 11 1, S. 292 Ir. 49 Ausführlich: Serick, Bd. III, § 35 11 1, S. 291 Ir.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

entgegen dem Zweck der Sicherung für die Masse ein Wert realisiert, der normalerweise nur in Höhe einer Forderung verwertbar ist, vielmehr entspricht es hier ggf. durchaus dem Sicherungszweck, den Wert der Vorbehaltssache in voller Höhe der Masse zuzuführen. Diese Überlegungen könnten jedoch allenfalls dann Platz greifen, wenn die Insolvenz des Veräußerers den Sicherungsfall darstellte. Der Schwerpunkt des Vorwurfs der Unbilligkeit liegt nicht darin, daß der Masse des Sicherungsnehmers statt eines Teils des Sachwertes der gesamte Sachwert zugute kommt, sondern daß sich überhaupt ein Vorteil für die Masse unabhängig von dem Eintritt des Sicherungsfalles einstellt und über den Sicherungszweck hinausgeht, indem Kaufsache und die geleisteten Zahlungen für die Masse verwertet werden dürfen. Selbst bei einer auf den Rückgewähranspruch gerichteten Sicherung kann der Sicherungszweck nur die Rückgabe der Sache bei Zahlungsverzug unter Rückzahlung der Kaufpreisraten beinhalten. Dieser Zweck ist ebenso wie der auf die Sicherung der Kaufpreisforderung gerichtete Zweck unerreichbar, wenn die Kaufsache endgültig in die Konkursmasse des Veräußerers fallt und dem Käufer lediglich ein konkursmäßig zu befriedigender Ersatzanspruch nach § 26 KO verbleibt. Die Zweckverfehlung ist also unabhängig davon, ob der Rückgewähranspruch oder die Kaufpreisforderung gesichert ist. 50 Wegen § 5 AbzG erscheint eine gegenteilige Bewertung der Verfehlung des Sicherungszweckes kaum vertretbar. § 5 AbzG beschränkt den Zweck des Vorbehaltseigentums beim Abzahlungskauf auf die Sicherung des Rückgewähranspruchs. Wollte man nun die Anwendbarkeit des Umwandlungsprinzips im Verkäuferkonkurs davon abhängig machen, ob der Rückgewähr- oder der Zahlungsanspruch gesichert ist, wäre sie zumindest dann ausgeschlossen, wennwie beim Abzahlungskauf - ausschließlich ersterer Sicherungszweck in Betracht kommt. Die Ursache für die Unanwendbarkeit des Umwandlungsprinzips läge letztlich in § 5 AbzG, dessen Intension als Käuferschutzvorschrift damit in ihr Gegenteil umschlüge. 51 Wenn auch der Sonderfall des § 5 AbzG nicht zu einer 50 Etwas anderes könnte nur gelten, wenn durch die Anwendung des Umwandlungsprinzips der auf die Sicherung der Sachrückgewähr gerichtete Zweck generell vereitelt würde. Es wurde jedoch bereits darauf hingewiesen, daß die Herbeiführung des Rückgewährschuldverhältnisses, die im Verkäuferkonkurs ohne weiteres möglich bleibt, eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum schlechthin verbietet. 51 Selbst Serick, Bd. I, § 13 III 3, S. 359 f., will bei der Behandlung des Abzahlungskaufes im Verkäuferkonkurs dem Schutzbedürfnis des Käufers gerecht werden und vertritt deshalb eine andere Abwicklung als beim gewöhnlichen Eigentumsvorbehaltskauf: Das Herausgabebegehren des Konkursverwalters sei als Rücktritt gern. § 5 AbzG zu beurteilen, die Ansprüche aus dem "Rückgewährschuldverhältnis· richteten sich nach § 3 AbzG als lex specialis; es sei dogmatisch nicht zu begründen, die Frage des Rücktritts nach dem AbzG, die Erfüllung der Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis aber nach der KO zu beurteilen. - Die Auffassung ist m. E. dogmatisch nicht korrekt: § 5 AbzG fingiert lediglich die Rücktrittserklärung, nicht aber den Rücktrittsgrund; liegt letzterer - wie im Verkäuferkonkurs - nicht vor, bleibt die Wiederansichnahme ohne Wirkung - BGH WPM 1976,583; es besteht somit gar kein "Rückgewährschuldverhältnis" , dessen Abwicklung sich nach § 3 AbzG richten könnte. Die Abwick-

c. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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allgemeinen Begründung herangezogen werden kann, so vermag er doch die Wertung zu bestätigen, daß bei der an Billigkeitsgesichtspunkten orientierten Beurteilung der Verfehlung eines Sicherungszweckes im Verkäuferkonkurs eine Differenzierung nach Sicherung der Kaufpreisforderung und Sicherung des Rückgewähranspruches deplaziert ist. Ob eine solche Differenzierung überhaupt - vor allem im noch zu behandelnden Käuferkonkurs - entbehrlich ist, bedarf dort einer eigenständigen Beurteilung, die durch die hier getroffenen Feststellungen nicht vorweggenommen wird. b) Das Umwandlungsprinzip bei der auflösend bedingten Sicherungsposition

Das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers ist gern. §§ 161,929 BGB auflösend bedingt, so daß bei der Frage nach dem Eingreifen des Umwandlungsprinzips in erster Linie die Situation des auflösend bedingten Sicherungs eigentums heranzuziehen ist. Im Unterschied zu dem Sicherungseigentum ohne auflösende Bedingung soll hier im Sicherungsnehmerkonkurs das Umwandlungsprinzip nicht gelten 52. Den Grund sieht Serick53 in der ohnehin verringerten Rechtsrnacht des Sicherungsnehmers, welcher durch § 161 BGB an treuwidrigen Verfügungen gehindert sei. "Konkursrechtliche Sonderbestimmungen,,54 könnten die durch § 161 BGB geschützte Rechtsstellung des Sicherungsgebers nicht gefährden. Dies ist schon in Anbetracht der besitzrechtlichen Lage selbst für die auflösend bedingte Sicherungsübereignung nicht eindeutig: Serick stellt beim Besitzrecht des Konkursverwalters im Sicherungsnehmerkonkurs entgegen der h.L. 55 nicht darauf ab, ob die gesicherte Forderung getilgt ist, sondern erachtet - sowohl beim gewöhnlichen 56, als auch beim auflösend bedingten Sicherungs eigentum 57 - allein die vertragliche Abrede zwischen den Parteien als maßgebend. lung müßte aus dogmatischer Sicht - wie beim gewöhnlichen Eigentumsvorbehalt - nach §§ 17, 26KO erfolgen. 52 Serick, Bd. III, § 35 11 6, S. 306; vgl. dagegen MüKo-Quack, Anh. §§ 929-936 Anm. 96ff., wo im Konkurs zwischen Sicherungseigentum mit oder ohne Hinzufügung einer auflösenden Bedingung nicht differenziert wird. 53 A.a.O., S. 303. 54 Serick, aaO. 55 Vgl. Baur, Sachenrecht, §57 VI 2; Jaeger /Lent, §43 KO Anm. 39; Baur /Stürner, a.a.O., Rdn. 1076. 56 Serick, Bd. III, § 35 11 2 c, S. 297 ff. 57 Serick, Bd. III, § 35 11 6, S. 305.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

Die Lösung Sericks ist im Ergebnis vorzu~würdig. Geht man davon aus, daß typischerweise der Sicherun~geber das Sicherungsgut in unmittelbarem Besitz hat - andernfalls wäre es naheliegend gewesen, ein Pfandrecht zu bestellen -, so erscheint es wenig sinnvoll, im Sicherungsnehmerkonkurs das Besitzrecht des Konkursverwalters - wie bei einem Pfandrecht - davon abhängig zu machen, ob die gesicherte Forderung getilgt ist oder nicht. Dies nämlich würde bedeuten, daß vor Forderungstilgung der Konkursverwalter immer berechtigt ist, das Sicherun~gut in unmittelbaren Besitz zu nehmen, obwohl er es für die Masse gar nicht verwerten darf und eine vorzeitige, d. h. vor Eintritt des Sicherun~falles vorgenommene Veräußerung sogar eine Schadensersatzpflicht im Verhältnis zum Sicherun~geber begründet58• Zudem besteht kein gesetzlicher Anhaltspunkt, daß der Sicherun~geber vor der vereinbarten Fälligkeit die Forderung zu tilgen befugt ist. 59 Zumindest bei verzinslichen Forderungen kann eine vorzeitige Rückzahlung die Konkursmasse schädigen. In diesem Fall läßt sich eine vorzeitige Erfüllbarkeit auch nicht auf § 271 BG B stützen. Eine verzinsliche Leistung kann im Zweifel gerade nicht vor Fälligkeit bewirkt werden 60 • Nach der Auffassung Sericks dagegen hat der Konkursverwalter nur die besitzrechtlichen Befugnisse, die vorher der Gemeinschuldner innehatte, § 6 K0, und ist nicht zum unmittelbaren Besitz von Sicherungsgut berechtigt, welches für die Konkursmasse zu verwerten ihm untersagt ist. In diesem Zusammenhang ist vor allem die dogmatische Begründung dieser Lösung von Interesse: Zwar gebe § 117 KO dem Konkursverwalter ein Recht auf den Besitz des zur Masse gehörenden Vermögens, "aber auch nur dieses Vermögens"61. Die massejremde Sache dürfe der Konkursverwalter nur an sich ziehen, wenn sich ein Recht zum Besitz aus dem materiellrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen dem Gemeinschuldner und dem Sicherungsgeber ergebe62 . Diese an sich überzeugende Begründung versagt beim auflösend bedingten Sicherun~eigentum, obwohl Serick hier das gleiche Ergebnis vertritt 63 : Das Sicherun~gut ist nur dann eine massejremde Sache, wenn das Umwandlun~­ prinzip Anwendung findet. Greift das Umwandlungsprinzip nicht ein, gehört das Sicherungsgut i. S. d. § 1 KO zur Masse des Sicherun~nehmers. Bei einer massezugehörigen Sache aber kann sich die Beurteilung der besitzrechtlichen Lage nicht in erster Linie nach den vertraglich getroffenen Vereinbarungen richten, es bleiben vielmehr "konkurs rechtliche Sonderbestimmungen" - in diesem Fall § 117 KO - maßgeblich, wonach der Konkursverwalter das zur Masse gehörende Gut in Besitz nehmen muß. Soll deshalb bei dem auflösend Vgl. Serick, Bd. III, § 35 11 6, S. 305. Serick, Bd. III, § 35 11 2, S. 296. (,() Vgl. RGRK-Wilde, § 609 Anm. 10; PalandtiPutw, § 609 Anm. 2. 61 Serick, Bd. III, § 35 11 3, S. 299. 62 Serick, aaO. 63 Serick, Bd. III, § 35 11 6, S. 305. 58 59

C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigenturn

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bedingten und dem gewöhnlichen Sicherungseigentum der Sicherungsgeber im Sicherungsnehmerkonkurs weiterhin solange besitzberechtigt sein, als er den Sicherungsfall nicht herbeiführt, muß hier wie dort das Umwandlungsprinzip zur Anwendung kommen. Abgesehen von der besitzrechtlichen Lage sind auch die gegen eine Anwendung des Umwandlungsprinzips beim auflösend bedingten Sicherungseigentum angeführten Gründe auf den Fall des Eigentumsvorbehaltes nicht übertragbar. Wenn beim auflösend bedingten Sicherungseigentum auf die durch § 161 BG B geschützte Anwartschaft des Sicherungs gebers hingewiesen wird, die wegen der Unanwendbarkeit des § 17 KO auf die Sicherungsabrede64 für die Anwendung des Umwandlungsprinzips keine Veranlassung gibt, kommt hierin vor allem ein Subsidiaritätsgrundsatz zum Ausdruck: Es soll in erster Linie dem Ausnahmecharakter Rechnung getragen werden, indem das Umwandlungsprinzip als "Durchbrechung der Regel,,65 in möglichst engen Grenzen gehalten wird. Seine Anwendung hat dort zu unterbleiben, wo kein dringendes Bedürfnis für eine vom Sachenrecht abweichende konkursrechtliche Beurteilung der Rechtszuständigkeiten besteht, eine interessengerechte Lösung vielmehr schon de lege lata zu verwirklichen ist. Beim Eigentumsvorbehalt dagegen wird einem solchen Bedürfnis nicht mit dem Hinweis auf eine durch § 161 BGB geschützte RechtssteIlung des Käufers genügt. Die Argumentation mit § 161 BGB führt hier in Ansehung des § 17 KO nur in die Gefahr eines Zirkelschlusses, bei dem § 161 BGB seine eigene tatbestandsmäßige Voraussetzung - die Möglichkeit des Bedingungseintritts - regeln würde 66. Unter dem Gesichtspunkt einer subsidiären Anwendung des Umwandlungsprinzips kann die Käuferanwartschaft i. S. d. §§ 161,929 BGB als solche der konkursrechtlichen Beurteilung der Rechtszuständigkeit in § 1 KO nach den Grundsätzen des einfachen Sicherungseigentums nicht entgegenstehen. Andernfalls würde die Stärke der Käuferanwartschaft, welche dem Vorbehaltskäufer eine gegenüber dem Sicherungsgeber der nicht auflösend bedingten Sicherungsübereignung geschütztere Rechtsposition verleiht, zur Begründung für ihre Vernichtung.

2. Käuferkonkurs: Verwirklichung des Sicherungsinteresses in § 48 KO

Das Verständnis des Vorbehaltseigentums als Sicherungseigentum läßt sich indessen nicht ausschließlich an der im Verkäuferkonkurs bestehenden Interessenlage messen. Als Mobiliarsicherheit muß sich das Vorbehaltseigentum als 64 65

66

Serick, Bd. III, § 35 H 6, S. 304. Serick, aaO., S. 306. Vgl. Erster Teil C. H. 1. c).

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

fiduziarisches Eigentum vor allem im Käuferkonkurs bewähren, wo die Sicherungsinteressen des Veräußerers in erster Linie betroffen sind. Die Beurteilung der Interessenlage erscheint zunächst unproblematisch, wenn man davon ausgeht, daß das Interesse des Veräußerers in der Mehrzahl der Fälle auf eine Sicherung seines Erfüllungsanspruches aus § 433 Abs. 2 BGB gerichtet sein wird 67 . Dieses Erfüllungsinteresse kann sich nie aus der eigenen Vermögenssphäre realisieren. Die Befriedigung des positiven Interesses durch den Zugriff auf den Kaufgegenstand setzt im Käuferkonkurs notwendigerweise die Eigenschaft der Kaufsache als einen für den Veräußerer fremden Vermögenswert i. S. d. § 1 KO voraus. Gehört i. S. d. § 1 KO die Kaufsache nicht zum Käufervermögen, kann der Verkäufer nur durch einen eigenen Vermögenswert gesichert sein. Eine solche Sicherung muß sich auf das negative Rückabwicklungsinteresse beschränken. Bei Anwendbarkeit der konkursrechtlichen Grundsätze des Sicherungseigentums dagegen würde die Kaufsache im Käuferkonkurs zur Masse i. S. d. § 1 KO gehören. In diesem Fall ist der Erfüllungsanspruch des Veräußerers aus § 433 Abs. 2 BGB durch eine "pfandrechtsartige Berechtigung"68 an einem zur Konkursmasse gehörenden Gegenstand gesichert. a) Absonderungs- statt Aussonderungsrecht

Ob mit der Stellung des Veräußerers als Sicherungseigentümer dessen Interessen im Käuferkonkurs genügt ist, bestimmt letztlich der ihm zustehende Rechtsbehelf. Im Konkurs des Sicherungsgebers gewährt die h. M. 69 ein Absonderungsrecht gern. § 48 KO. Dieser Rechtsbehelf steht im Einklang mit der Annahme der Zugehörigkeit des Sicherungsgutes zu der Konkursmasse des Sicherungsgebers. aa) Unvereinbarkeit von Aussonderungsbefugnis und Erfüllungsanspruch Ein Aussonderungsrecht des Sicherungseigentümers gern. § 43 KO würdeabgesehen von der Inkonsequenz, daß § 43 KO die Nichtzugehörigkeit zur Sollmasse i. S. d. § 1 KO voraussetzt - dem in § 64 KO zum Ausdruck kommenden allgemeingültigen Verbot der doppelten Befriedigung aus Sicherung und Forderung zuwiderlaufen 70. Der Sicherungsnehmer kann nicht für seine persönliche Vgl. Hübner, NJW 1980,729,734. Serick, Bd. 111, § 35 I 1 b, S. 269. '" RGZ 124, 73, 75; BGH NJW 1962,46; BGH WM 1977, 1422; MüKo-Quack, Anh. §§ 929-936 Rdn. 96; Palandt/Bassenge, vor § 929 Anm. 7 B c bb; Serick, Bd. III, § 35 I 1 b, S. 266ff.; Kuhn/Uhlenbruck, § 43 Rdn. 16; Hess/Kropshofer, § 43 KO Rz. 74. 70 Vg1. Serick, Bd. I1I, § 35 I 1 b, S. 268; Jaeger /Lent, § 48 KO Anm. 13; Baumann, aaO. 67 68

C. Vergleichbarkeit von VorbehaIts- und Sicherungseigentum

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Forderung die Konkursdividende und daneben die Herausgabe des Sicherungsgutes verlangen; vielmehr muß die in § 64 KO geregelte Ausfallhaftung maßgeblich bleiben. Hiergegen wendet Grunsky71 - der für den Konkurs des Sicherungsgebers ein Aussonderungsrecht des Sicherungseigentümers vertritt - ein, es sei im Ergebnis bedeutungslos, ob man sich für ein Aus- oder Absonderungsrecht entscheidet. In beiden Fällen müsse der Sicherungsnehmer von seiner Forderung den Teil abziehen, den er aus der Verwertung des Sicherungs gutes erlöst hat. Der Anwendung des § 64 KO bedürfe es dafür nicht. Eine positiv-rechtliche Grundlage für diese Rechtsfolge ist allerdings den Ausführungen Grunskys nif:ht zu entnehmen. Abgesehen davon, daß der Aussonderungsberechtigte überhaupt nicht verwerten muß 72 , ist als Rechtsgrundlage für eine Wertabschöpfung beim aussonderungsberechtigten Sicherungseigentümer allenfalls an die Vorschriften des Bereicherungsrechtes zu denken. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen der §§ 812 ff. BGB hier im einzelnen vorliegen, wird man sich aber doch nur insoweit auf eine ungerechtfertigte Bereicherung des Sicherungsnehmers stützen können, als dieser tatsächlich durch eine solche Doppelbefriedigung bereichert ist, er m. a. W. besser steht als bei Erfüllung seiner gesicherten Forderung. Dies betrifft jedoch nicht den Grundsatz der Ausfallhaftung, sondern das Schicksal des Verwertungsüberschusses, welches sich auch beim Absonderungsrecht nicht nach § 64 KO, sondern nach Bereicherungsgrundsätzen richtet 73 . Die Ausfallhaftung in § 64 KO hat vielmehr dort ihren Anwendungsbereich, wo das Sicherungs gut ~ertmäßig hinter der gesicherten Forderung zurückbleibt. Dem Grundsatz des § 64 KO widerspricht es bereits, wenn der Gesicherte den Wert des Sicherungsgutes realisieren und daneben die quotenmäßige Befnedigung seiner vollen Forderung verlangen kann. Im Gegensatz zu einer Bereicherung setzt § 64 KO nicht voraus, daß konkursmäßige Befriedigung der gesamten Forderung nebst Verwertung des Sicherungsgutes wertmäßig die gesicherte Forderung übersteigt. Ein Bereicherungsanspruch muß - anders ausgedrückt - dem Sichefungsnehmer die Differenz zwischen dem gesicherten Anspruch und der wert mäßig niedriger liegenden Sicherheit belassen, nach dem Grundsatz der Ausfallhaftung wird diese Differenz nur quotenmäßig befriedigt. Der h. L. ist deshalb i. E. zuzustimmen: Jede dingliche Sicherheit ist begrenzt durch den Wert des Sicherungsgutes; reicht dieser nicht aus, um die gesicherte Forderung abzudecken, kann dem Sicherungsnehmer im Sicherungsgeberkonkurs nicht mehr zustehen als die quotenmäßige Befriedigung der Differenz. Es ist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gerechtfertigt, den

71

72 73

JuS 1984, 497, 550. Vgl. Henckel, Aktuelle Probleme, S. 2. Vgl. BGH WM 1977, 1422, 1423.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

gesicherten Gläubiger über seine Sicherheit hinaus in der Weise zu bevorzugen, daß sich die auf ihn entfallende Konkursquote nach der gesamten, z. T. schon durch die Verwertung des Sicherungsgutes gedeckten, Forderung berechnet. In Anbetracht des nicht gesicherten Teils seiner Forderung muß er gerechterweise ebenso an der Verlustgemeinschaft teilnehmen wie alle anderen Gläubiger. Gesetzliche Grundlage ist hier allein § 64 KO, der jedoch ein Absonderungsrecht voraussetzt. Nach diesen Grundsätzen kommt auch beim Eigentumsvorbehalt- stellt man ihn der Sicherungs übereignung gleich - im Konkurs des Käufers als Rechtsbehelf des Veräußerers nur ein Absonderungsrecht in Betracht: Bei Unanwendbarkeit des § 17 KO besteht der Primäranspruch aus § 433 Abs. 2 BGB fort, eine neben seine konkursmäßige Befriedigung tretende Aussonderungsbefugnis widerspricht dem Grundsatz der Ausfallhaftung. Der Ausschluß einer Aussonderungsbefugnis des dem Sicherungseigentümer gleichstehenden Vorbehaltseigentümers folgt daneben aus einer weiteren Überlegung: Es wäre - nicht allein wegen § 64 KO - ein höchst bedenkliches und m. E. nicht vertretbares Ergebnis, wollte man dem Veräußerer durch die Gewährung eines Aussonderungsrechtes gestatten, den Kaufgegenstand nebst dem - wenn auch nur konkursmäßig zu befriedigenden - Erfüllungsanspruch aus § 433 Abs.2BGB zu behalten. Damit würde ein Anspruch aus einem Austauschgeschäft legitimiert, bei dem der Anspruchsberechtigte die ursprünglich geschuldete Gegenleistung rechtmäßig zurückfordern und behalten darf. Zudem müßte man i. E. doch wieder ein de lege lata, § 1229 BGB, unzulässiges Verfallpfand anerkennen, wenn der Veräußerer einerseits als Sicherungseigentümer angesehen, ihm andererseits aber ein Aussonderungsanspruch zugebilligt wird. bb) Interessenlage im einzelnen Ob das Absonderungsrecht gern. § 48 KO den adäquaten Rechtsbehelf im Käuferkonkurs darstellt, läßt sich nur durch eine differenzierende Betrachtung der verschiedenen Fallgestaltungen ermitteln. Letztlich maßgebend kann dabei nicht jedes Interesse schlechthin sein, sondern immer nur ein berechtigtes Interesse. Soweit der wirschaftlich realisierbare Wert der Kaufsache nicht über den Wert der vereinbarten Gegenleistung hinausgeht, steht der Veräußerer als Absonderungsberechtigter in wirtschaftlicher Hinsicht nicht schlechter als bei einem nach Erfüllungsablehnung gewährten Aussonderungsanspruch. Zwar ist ein die Restforderung übersteigender Verwertungserlös an die Masse auszukehren, bei Identität von derzeit realisierbarem Sachwert und vereinbarter Gegenleistung jedoch kann dieser überschießende Betrag nicht höher sein als die bereits geleisteten Zahlungen. Diese wären aber auch bei einer der Erfüllungsablehnung

C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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nachfolgenden Rückabwicklung des Vertrages zu erstatten gewesen 74• Ähnlich liegt es, wenn der Wert der Kaufsache durch Gebrauch und Nutzung durch den Käufer gemindert wurde. Beim Absonderungsrecht tritt eine entsprechende Reduzierung des abzuführenden Verwertungs überschusses ein, als Aussonderungsberechtigter hätte der Veräußerer den rückzahlbaren Kaufpreis entsprechend kürzen können 75 • Übersteigt die Wertminderung rechnerisch den bereits gezahlten Kaufpreis, so hätte der Veräußerer diesen wirtschaftlichen Verlust auch als Aussonderungsberechtigter getragen: Mehr als den gezahlten Kaufpreis hätte er nicht zurückhalten könpen, jede Sicherung findet ihre Grenze in dem Zeitwert des Sicherungs gutes. Allerdings bestehen zwei wesentliche Unterschiede zwischen der von der h. M. befürworteten Aussonderungsbefugnis des Vorbehaltseigentümers und der hier vertretenen Auffassung des Absonderungsrechtes: Eine mißliche Konsequenz des Absonderungsrechtes trifft den Veräußerer zum einen dann, wenn der wirtschaftlich realisierbare Wert des Kaufgegenstandes über dem vereinbarten Kaufpreis liegt. Ein erzielter Mehrerlös kommt bei einem Absonderungsrecht der Konkursmasse zugute; als Aussonderungsberechtigtem wäre dem Veräußerer dieser Erlösüberschuß verblieben 76. Zum anderen begründet das Absonderungsrecht immer einen Verwertungszwang 77 , während es dem aussonderungsberechtigten Veräußerer freisteht, ob er den Kaufgegenstand veräußert oder behält und für eigene Zwecke nutzt. Diese Unterschiede hält Henckel für die ausschlaggebende Begründung eines Aussonderungsrechtes des Vorbehaltsverkäufers 78 • Mit Eintritt des Sicherungsfalles könne gern. § 455 BGB Rückgabe der Sache verlangt werden. Eine Verwertungspflicht begründe dieser ~icherungsfall nicht, ein Erlösüberschuß gebühre deshalb auch nicht der Masse. Vielmehr sei die Aussonderungsbefugnis die richtige Konsequenz eines durch die Käuferanwartschaft beschränkten Eigentums, wobei der Verkäufer aber durch seinen Rücktritt diese Beschränkung aufheben könne. 79

74 Beträgt etwa der durch eine Verwertung der Kaufsache erzielbare Erlös - ebenso wie der vereinbarte Kaufpreis - 1.000,- DM und wurden bereits 400,- DM bezahlt, so ist der die Restforderung (600,- DM) überschießende Erlös von 400,- DM an die Masse abzuführen; als Aussonderungsberechtigter hätte der Veräußerer diese 400,- DM ebenfalls erstatten müssen - vgl. Braun, aaO., S. 164: Bereicherungsanspruch der Masse bei über den Nichterfüllungsschaden i. S. d. § 26 KO hinausgehenden Teilzahlungen. 75 Vgl. Henckel, Aktuelle Probleme, S. 3: Abrechnung über Kaufpreiszahlung, Nutzungen, Verwendungen und Schadensersatz. 76 Vgl. Henckel, aaO., S. 4. n Henckel, aaO., S. 2 f. 78 Henckel, aaO., S. 3. 79 Hencke1, aaO., S. 4, der seltsamerweise an anderer Stelle (Jaeger /Hencke1, § 17 KO Rdn. 51 a. E.) die konkursrechtIichen Konsequenzen beim Vorbehalts kauf an Ergebnissen messen will, die bei einem imaginären besitzlosen Pfand erzielt würden.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

b) Absonderungsrecht des Veräußerers im Verhältnis zu § 455 BGB

Soweit § 455 BGB als Argument gegen ein Absonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers vorgebracht wird, sind drei Fragen voneinander zu trennen: Die erste betrifft den Einwand Henckels, der aus der Rechtsfolge des § 455 BGB Rückschlüsse auf eine entsprechende Stellung des Veräußerers im Käuferkonkurs zieht und dabei die Voraussetzungen des § 455 BGB i. E. einer Erfüllungsverweigerung i. S. d. § 17 KO gleichstellt 80 • Eine völlig andere Frage betrifft der auf § 455 BGB gestützte Einwand Sericks 81 , der Vorbehaltseigentümer sei nur durch ein Aussonderungsrecht i. S. eines dinglichen Anspruches auf Rückforderung der Ware gesichert, sofern der Veräußerer bei Zahlungsverzug zurücktrete und der Käufer erst daraufhin in Konkurs falle. Hier geht es nicht mehr um das konkursbedingte Scheitern des Kaufes, sondern des Rückgewährschuldverhältnisses, welches bereits vor Verfahrenseröffnung herbeigeführt worden war. Die konkursrechtliche Abwicklung des Rückgewährschuldverhältnisses wird an anderer Stelle erörtert 82. In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, daß ein Sicherungseigentum des Veräußerers im Rückgewährschuldverhältnis nicht in Betracht kommt und sich somit nicht mit dem Hinweis auf letzteres generell ein Aussonderungsrecht des Verkäufers bei bestehendem Kaufvertrag begründen läßt. Von dem bereits vor Verfahrenseröffnung herbeigeführten Rückgewährschuldverhältnis ist schließlich die Frage zu unterscheiden, ob die Anwendung der für das Sicherungseigentum geltenden Grundsätze im Käuferkonkurs ggf. die Berücksichtigung des noch herbeizuführenden Rückgewährschuldverhältnisses ausschließt. Der Einwand betrifft die bislang erst für den Verkäuferkonkurs behandelte Vereinbarkeit der Zielsetzung des Umwandlungsprinzips - die Erreichbarkeit des Sicherungszweckes - mit der in § 455 BGB zum Ausdruck kommenden Sicherung der Sachrückgewähr. Soweit sich dieser Zweck erst nach Konkurseröffnung realisiert, bedarf es für den Käuferkonkurs einer eigenständigen Untersuchung, ob die Anwendung des Umwandlungsprinzips diesen Sicherungszweck im Unterschied zum Verkäuferkonkurs möglicherweise vereitelt 83 •

80

81 82 83

Zu dieser Argumentation im Anschluß unter aa). Serick, Bd. I, § 5 I 1, S. 77 f. Vgl. Vierter Teil B. unten bb).

C. Vergleichbarkeit von Vorbehalts- und Sicherungseigentum

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aa) EIfüllungsablehnung in § 17 KO als der Sicherungsfall des § 455 BGB Die ein Aussonderungsrecht favorisierende Argumentation Henckels, nach der ein mit der Absonderungsbefugnis einhergehender Verwertungszwang und die Auskehrung eines Verwertungsüberschusses mit § 455 BGB nicht zu vereinbaren ist, basiert auf der Anwendbarkeit des § 17 KO im Käuferkonkurs und meint das Aussonderungsrecht als Folge der Erfüllungsablehnung. Dieser Argumentation ist zum einen entgegenzuhalten, daß es sich bei einem solchen Aussonderungsanspruch nicht um einen Ausfluß des Sicherungsfalles in § 455 BGB handeln würde. § 455 BGB setzt ein pflicht- und damit rechtswidriges Verhalten des Käufers voraus, während sich der Konkursverwalter bei Erfüllungsablehnung in dem ihm gesetzlich eingeräumten Rahmen hält und rechtmäßig handeJt 84 • Dieses rechtmäßige Handeln des Verwalters kann dem rechtswidrigen Verhalten des Käufers in § 455 BGB nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden. Zum anderen ist die Rechtfertigung der Aussonderungsbefugnis des Veräußerers mit dem Hinweis auf einen dem Vorbehaltseigentum unbekannten Verwertungszwang nicht frei von einer wertungsmäßigen Inkonsequenz. Wer generell eine Aussonderungsbefugnis bejaht, bejaht gleichzeitig eine Rückabwicklungspflicht bzgl. des Kaufvertrages. Es ist jedoch wenig folgerichtig, einerseits grundsätzlich und ungeachtet der Interessenlage dem Veräußerer den Kaufgegenstand wieder aufzudrängen, indem man ihn zur Rückabwicklung zwingt, sich andererseits aber auf die Verkäuferinteressen zu besinnen und die Folge der Rückabwicklungspflicht - das Aussonderungsrecht - darauf zu stützen, daß es dem Ver äußerer grundsätzlich frei steht, wie er über sein vorbehaltenes Eigentum disponiert, wobei im Einzelfall ein Interesse bestehen könnte, den Kaufgegenstand zu behalten und für eigene Zwecke zu nutzen. Wer den Veräußerer auch gegen seine Interessen zur Rückabwicklung zwingt, kann nicht die Aussonderungsbefugnis damit begründen, daß im Einzelfall die Verwertung des Kaufgegenstandes den Verkäuferinteressen möglicherweise zuwiderläuft. Sieht Henckel deshalb in der EIfüllungsablehnung gem.§ 17 KO den "Sicherungsfall" 85, müßte er in Anlehnung an § 455 BGB dem Veräußerer zumindest die Wahl lassen, ob er aussondern und rückabwickeln oder als Absonderungsberechtigter seinen Erfüllungsanspruch veIfolgen will. 86 Hält man dagegen daran fest, daß der Verkäufer sich ausschließlich unter der Voraussetzung des § 455 BGB, dem Schuldnerverzug, von dem Vertrag lösen 84 Vgl. Jaeger /Lent, § 17 KO Anm. 41, wo aus diesem Grundeu.a. auch das für den Verzug erforderliche Verschulden verneint wird. 85 Hencke1, Aktuelle Probleme, S. 4. 86 Nach dem Verständnis Hencke1s von § 17 KO ist dies ohne weiteres denkbar, da nach seiner Auffassung die Erfüllungsablehnung den Bestand des Erflillungsanspruches nicht tangiert.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

kann, ist das Absonderungsrecht zumindest solange der adäquate Rechtsbehelf des Vorbehaltseigentümers, als kein Schuldnerverzug vorliegt; bis dahin ist der Veräußerer nicht berechtigt, etwas anderes als den Kaufpreis zu erlangen S7 • Bei dem Interesse, die Kaufsache selbst oder einen Verwertungsüberschuß zu behalten, handelt es sich insoweit nicht um ein berechtigtes Interesse. bb) Vereitelung des Sicherungszweckes "Rückgewähr der Kaufsache"? Es ist indessen auch denkbar, daß die Rücktrittsvoraussetzung des Zahlungsverzuges bereits vor Konkurseröffnung vorlag, aber der Rücktritt erst nach Verfahrenseröffnung herbeigeführt wird. In diesem Fall würde sich die Sicherung des Rückgewähranspruches erst im Konkurs aktualisieren und fortan den einzigen Sicherungszweck darstellen. In einem bestehenden Rückgewährschuldverhältnis hat das Eigentum des Veräußerers seinen Charakter der Vorläufigkeit verloren. Der Veräußerer muß dann als Volleigentümer aussondern können. Entgegen seiner Bestimmung, den Sicherungszweck zu verwirklichen, scheint hier das Umwandlungsprinzip den im Käuferkonkurs aktualisierten, auf Sachrückgewähr gerichteten Sicherungszweck zu vereiteln. Gehört nämlich das Vorbehaltsgut kraft des Umwandlungsprinzips zur Konkursmasse, können gern. § 15 KO an diesem Gegenstand nach Verfahrenseröffnung grundsätzlich keine Rechte mehr erworben werden. Wäre § 15 KO hier einschlägig, würde eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum die Durchsetzung des Rückabwicklungsrechtes aus § 455 BGB verhindern, die normalerweise durch das vorbehaltene Eigentum gewährleistet gewesen wäre. § 15 KO greift jedoch nicht Platz, sofern es um den Rückerwerb eines Massebestandteiles geht, den der nachmalige Gemeinschuldner unter auflösender Bedingung erworben hatte ss . Die Vorläufigkeit der Eigentümerstellung des Veräußerers und damit auch die Begründung der Massezugehörigkeit des Vorbehaltsgutes im Käuferkonkurs stand aber zumindest bei vor Verfahrenseröffnung eingetretenem Verzug von vornherein unter der auflösenden Bedingung des Rücktritts nach § 455 BGB. Der Eintritt dieser Bedingung gilt in diesem Fall nicht als ein nach § 15 KO zu beurteilender Erwerb. Auch im Käuferkonkurs vereitelt deshalb das Umwandlungsprinzip nicht entgegen seiner Zielsetzung einen von den Parteien festgelegten Sicherungszweck. Soweit sich die Sicherung des Rückgewähranspruches erst nach Verfahrenseröffnung aktualisiert, kann sie trotz Anwendung des Umwandlungsprinzips berücksichtigt werden. Bis dahin bleibt das Absonderungsrecht des Vorbehaltsverkäufers auch in Ansehung des § 455 BGB der adäquate Rechtsbehelf. 87 88

So i. E. schon Raiser, aaO., S. 95. Jaeger/Lent, § 15 KO Anm. 13, S. 233.

D. Anerkannte Gleichstellung beschränkt auf die Rechtsfolgeseite

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D. Bestätigung der Funktions- und Interessenbewertung in Rechtsprechung und Lehre zum erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt im Abnehmerkonkurs Zumindest in der Rechtsfolge werden zwei Formen des Eigentumsvorbehaltes im Käuferkonkurs dem Sicherungseigentum gleichgestellt. Es handelt sich um den durch eine Verarbeitungsklausel verlängerten und den durch eine Geschäftsverbindungsklausel erweiterten Eigentumsvorbehalt. Nach Verarbeitung wie nach Eintritt des Erweiterungsfalles - der Tilgung der Kaufpreisforderung - steht dem Veräußerer im Konkurs des Käufers nach überwiegender Auffassung nur ein Absonderungsrecht zu I. Weitaus schwerer tut man sich, diesem Absonderungsrecht auch auf der Tatbestandsseite Rechnung zu tragen und die Stellung des Veräußerers als Volleigentümer zu korrigieren. I. Verarbeitungsklausel

Vorab sei festgestellt, daß die Gewährung eines Absonderungsrechtes zweifellos auf einer zutreffenden Interessenbewertung beruht: Durch die Verarbeitung tritt eine Werterhöhung des Sicherungsgutes ein, die nach dem übereinstimmenden Partei willen nicht dem Lieferanten zu Gute kommen soll. Die Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel soll die Sicherung des Lieferanten lediglich in die verarbeitete Sache hinein verlängern, nicht jedoch um den Wert der Verarbeitung ausweiten. Angesichts dieser Zweckbestimmungen . ginge die Gewährung eines Aussonderungsrechtes, nach welchem das Verarbeitungsprodukt in voller Höhe dem Zugriff des Lieferanten unterläge, völlig fehl. Der einzige interessengerechte Rechtsbehelf ist ein Absonderungsrecht, bei dem ein auf die Verarbeitung zurückzuführender Wertüberschuß der Masse verbleibt. 2 Weniger eindeutig als diese Interessenbewertung nimmt sich dagegen der Versuch aus, den von der h. M. vorausgesetzten Tatbestand - Vorbehaltseigentum als Val/eigentum - mit der Rechtsfolge des Absanderungsrechts in Einklang zu bringen.

1 Für die Verarbeitungsklausel: F1ume, NJW 1950,841,843 f.; Jaeger /Lent, §43 Anm. 37 i; Kuhn/Uhlenbruck, § 43 Rdn. 36; Serick, Bd. V, § 63 I 2, S. 410; Kilger, § 43, Anm. 3 a; Hess/Kropshofer, § 43 KO Rz. 31; - Für den erweiterten Eigentumsvorbehalt: BGH NJW 1971, 799; Jaeger/Henckel, § 17 Rdn.62; Serick, Bd. V, § 68 III I a, S. 680 ff.; Hess/Kropshofer, § 43 KO Rz. 27. In jüngster Zeit (als obiterdictum) bestätigt durch BGH JZ 1987, 355, 358. 2 Vgl. Flume, aaO.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

Dieses Problem stellt sich zunächst nicht, wenn man mit Serick 3 davon ausgeht, der Lieferant verliere durch Verarbeitung sein Vorbehaltseigentum und erwerbe stattdessen Sicherungseigentum an der neu hergestellten Sache. Die Rechtsfolge Absonderungsrecht entspricht hier ohne weiteres der tatbestandsmäßigen Voraussetzung Sicherungseigentum. Folgt man dagegen der Auffassung, § 950 BGB sei insoweit disponibel, als durch Vereinbarung der Hersteller bestimmt werden kann4 , muß sich der ursprüngliche einfache Eigentumsvorbehalt am Arbeitsprodukt fortsetzen 5 : Das Eigentum bleibt beim Veräußerer und die verarbeitete Sache wird auch nicht für eine juristische Sekunde herrenlos. 6 Dieses Eigentum ist dann aber tatbestandsmäßig mit der Rechtsstellung des Veräußerers vor Verarbeitung identisch und unterscheidet sich nicht von der EigentümersteIlung beim einfachen Eigentumsvorbehalt. Wird gleichwohl ein Absonderungsrecht gewährt 7, drängt sich sogleich die Frage auf, ob es folgerichtig und überzeugend sein kann, trotz identischer EigentümersteIlungen beim gewöhnlichen Eigentumsvorbehalt § 43 KO, beim verlängerten Vorbehalt aber § 48 KO anzuwenden, oder ob es i. S. einer Einheit der rechtlichen Behandlung nicht konsequenter wäre, hier wie dort ein Absonderungsrecht zu gewähren 8• Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt, den Gedanken der Folgerichtigkeit auch für die Tatbestandsseite fruchtbar zu machen und das Vorbehaltseigentum generell als Sicherungseigentum anzusehen, welches als Rechtsfolge im Konkurs des Sicherungsgebers ein Absonderungsrecht gewährt. Dieser Schritt wird jedoch auch von denjenigen nicht vollzogen, die das Aussonderungsrecht beim einfachen und das Absonderungsrecht bei dem durch Verarbeitungsklausel verlängerten Eigentumsvorbehalt für eine Inkonsequenz halten: Ein Absonderungsrecht beim gewöhnlichen Eigentumsvorbehalt sei zwar folgerichtig, aber nicht überzeugend 9.

3 Serick, Bd. 11, § 19 III I b, Bd. IV, § 43 III 4 a, Bd. V, § 63 I I; ferner OLG Frankfurt a. M. BB 1977, 1172. 4 BGHZ 14, 114, 117; 20, 159. 5 Flume, NJW 1950,841,843, Gravenhorst, JZ 1971,494; Baur IStürner, aaO., Rdn. 1073. 6 Graf Lambsdorff, Handbuch, Rdn. 547. 7 So insb. Flume, NJW 1950, 841, 843 f. 8 Diese Frage nach der Folgerichtigkeit stellen Jauernig, Zwangsvollstreckung, § 45 I I a; Baumann, aaO., § 10 13 a; Uhlenbruck, aaO., Rdn. 693; - allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt einer Identität der Eigentümerpositionen und der Diskrepanz zwischen Tatbestand "Volleigentum" und Rechtsfolge "Absonderungsrecht", sondern lediglich ausgehend von der Überlegung, daß sowohl der einfache als auch der verlängerte Vorbehalt nur Sicherungszwecken dient. 9 Vgl. die Zusammenfassung bei Serick, Bd. V, § 63 I 2, S. 411.

D. Anerkannte Gleichstellung beschränkt auf die Rechtsfolgeseite

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11. Geschäftsverbindungsklausel Noch deutlicher tritt die Inkonsequenz zwischen dem tatbestands mäßig angenommenen Volleigentum und der Rechtsfolge des Absonderungsrechts bei der Geschäftsverbindungsklausel lO zu Tage. Ausgangspunkt ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes 11, der in dem der Tilgung der Kaufpreisforderung nachfolgenden Abnehmerkonkurs dem Vorbehaltsverkäufer nur ein Absonderungsrecht gewährte. Über dieses Ergebnis besteht weitgehend Einigkeit 12. Die Stellung des Veräußerers dagegen, welche dieses Absonderungsrecht nach sich zieht, wird unterschiedlich beurteilt: Nach einer Auffassung wandelt sich mit Tilgung der Kaufpreisforderung das Vorbehaltseigentum in Sicherungseigentum um 13 , während nach anderer Meinung der Veräußerer lediglich eine "dem Sicherungseigentümer vergleichbare Stellung" einnimmt l4 , wobei ihm jedoch die "ungebundene Vollrechtsinhaberschaft" 15 erhalten bleibt. Erster Auffassung ist zuzugeben, daß die Stellung des Veräußerers als Vollrechtsinhaber nicht die Rechtsfolge einer Absonderungsbefugnis trägt 16, sondern zur Aussonderung führen muß. Der zweiten Auffassung ist insoweit zuzustimmen, als nach der Parteivereinbarung dem Veräußerer seine "ursprüngliche Sicherheit in ihrer ursprünglichen Gestalt" 17 solange erhalten bleibt, bis alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung getilgt sind. Beiden Meinungen ist entgegenzuhalten, daß sie das zutreffende Ergebnis Absonderungsrecht letztlich nicht zu begründen vermögen: 1. Absonderungsrecht als zwingender Rechtsbehelf Zweckzusammenhang zwischen Vorbehaltsgut und den in die Sicherung einbezogenen Forderungen

Selbst wenn man ein Absonderungsrecht nicht generell für den adäquaten Rechtsbehelf des Vorbehaltsverkäufers hält, kann sich nach Eintritt des vor Konkurseröffnung herbeigeführten Erweiterungsfalles die Sicherung des Lieferanten nur noch über § 48 KO realisieren l8 : 10 Zur Terminologie: Gemeint ist der erweiterte Eigentumsvorbehalt außerhalb eines Kontokorrentverhältnisses i.S.d. § 355 HGB - vgl. Serick, BB 1978, 1477, 1480. 11 BGH WM 1971, 347 ff. 12 Nachweise bei Serick, 100 Jahre KO, S. 271, 281, Fußn. 23. 13 Jaeger/Hencke1, § 17 Rdn. 62. 14 BGH WM 1971,347,349; Serick, Bd. V, § 68 III I a, S. 681. 15 Braun, Kontokorrentvorbehalt, S. 189. 16 Vgl. im folgenden 2. 17 Braun, aaO., S. 183. 18 Serick, Bd. V, § 68 III I b, S. 687f., u. Braun, aaO., S. 188 f.,folgern dies schon aus dem in § 64 KO zum Ausdruck kommenden Verbot der doppelten Berücksichtigung von Forderung und Sicherung.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

Die Vorbehaltssache sichert hier gewöhnliche Konkursforderungen, die alle ihren eigenen Rechtsgrund haben und nur in der Zielsetzung mit der Vorbehaltssache verbunden sind, durch deren Verwertung getilgt zu werden bzw. eine etwaige Ausfallforderung des Lieferanten zu ermitteln. 19 Gesteht man dem Lieferanten hingegen im Ausgangspunkt die grundsätzlich ein Aussonderungsrecht gewährende Rechtsstellung zu, müßte man gerade diese zweckhafte Verbindung zwischen Vorbehaltsgut und gesicherten Forderungen leugnen. Wird aber auf diese Weise die konkursrechtliche Irrelevanz des Zweckzusammenhangs anerkannt, dürfte als Konsequenz der Veräußerer überhaupt keine Rechte mehr geltend machen: Ein isoliertes Nebeneinander von Vorbehaltsgut und den durch die Erweiterungsabrede mitgesicherten Forderungen würde die Erweiterungsabrede auf ein vertraglich vereinbartes Zurückbehaltungsrecht herabdrücken und ihr die konkursrechtliche Bedeutung nehmen 20 • Nach Tilgung der Kaufpreisforderung - Eintritt des ErweiterungsfaIles - könnte der Veräußerer dem Übereignungsanspruch der Masse die konkursrechtlich irrelevante Zweckverbindung von Vorbehaltsgut und gesicherten Forderungen nicht entgegenhalten. 21 Seinem Aussonderungsbegehren stünde der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung - dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est - entgegen. Soll dem erweiterten Eigentumsvorbehalt deshalb im Käuferkonkurs nach Eintritt des Erweiterungsfalles überhaupt eine Bedeutung zukommen, setzt dies die konkursrechtliche Relevanz des erwähnten Zweckzusammenhanges voraus, die ihrerseits die Stellung des Veräußerers als Absonderungsberechtigten bestimmt. 22

Serick, Bd. V, § 68 III I b, S. 688. Konkursrechtlich bedeutsam ist allenfalls ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht, welches zur Absonderung führt, § 49 N r. 4 K 0; eine Parallele hierzu scheidet jedoch gerade aus, sofern im Ausgangspunkt ein Aussonderungsrecht vertreten wird. 2\ Vgl. Jaeger /Lent, § 49 Anm. 42: Abgesehen von dem Fall der Einrede des nicht erfüllten Vertrages - die hier nach Tilgung der Kaufpreisforderung nicht mehr einschlägig ist - erkennt das Gesetz in anderer Art als in § 49 Nr. 3,4 Zurückbehaltungsrechte überhaupt nicht ari. Vgl. dagegen Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 133, 136, der den erweiterten Eigentumsvorbehalt als "automatisierte Form eines vertraglichen Zurückbehaltungsrechts" auffaßt. Einer aus § 49 Abs. I Nr. 3 u. 4 KO hergeleiteten konkursrechtlichen Irrelevanz des § 273 BGB tritt Marotzke mit dem Einwand entgegen, die in § 49 Abs. I Nr. 3 u. 4KO nicht genannten Zurückbehaltungsrechte begründeten lediglich kein Absonderungsrecht, seien aber gleichwohl als defensive Leistungsverweigerungsrechte geltend zu machen, aaO., S. 25. Auf dieser Grundlage läßt sich der erweiterte Eigentumsvorbehalt schwerlich als besonders ausgestaltetes Zurückbehaltungsrecht begreifen, welches "sei es nun als Aus- oder nur als Absonderungsrecht ... gegenüber dem Konkursverwalter des Käufers wirkt", aaO., S. 136. 22 I. E. ebenso Serick, Bd. V, § 68 III I, S. 680 ff., Braun, aaO., S. 178 ff., die dieses Absonderungsrecht aber entweder i. S. einer "als geltendes Recht praktizierten These" - Serick, aaO., S. 680 - voraussetzen oder als Ergebnis inhaltlich auf Billigkeitserwägungen stützen - Braun, aaO., S. 179: "Die Sicherung sollte das Risiko vermindern, aber nicht zur Überzahlung führen"-. \9

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2. Vollrechtsinhaberschaft und Absonderungsrecht

Den "dogmatischen Standort dieses Absonderungsrechtes in der Landschaft unserer Mobiliarsicherheiten,,23 bestimmt Serick wie folgt24: a) Die dogmatische Grundlage des "dinglichen Rechts zur Befriedigung aus der eigenen Sache"

Dem Vorbehaltseigentum wohne als Wesensmerkmal eine dem gewöhnlichen Eigentum unbekannte "Elastizität" inne 25 , welche zwar ebenfalls eine "Schwankungsbreite zwischen Voll recht und pfandrechtsartiger Berechtigung" begrunde26, die aber von der - dem Sicherungseigentum immanenten - fiduziarischen Schwankungsbreite scharf zu trennen sei. Beim Vorbehaltseigentum handle es sich um eine "Schwankungsbreite innerhalb der Rechtsstellung ein und derselben Person" 27, während die Schwankungsbreite des Sicherungseigentums mit dem hier zur Anwendung kommenden Umwandlungsprinzip zwischen Sicherungsnehmer und -geber wirke. Die Rollen der Vollberechtigung und pfandrechtsartigen Berechtigung seien beim Sicherungseigentum von Fall zu Fall verteilt, der Vorbehaltseigentümer habe dagegen zugleich beide RechtssteIlungen inne 28 ; er sei nicht - wie der Sicherungseigentümer - an einer fremden, zur Konkursmasse des Sicherungsgebers gehörenden Sache berechtigt, ihm werde vielmehr ein "dingliches Recht zur Befriedigung aus der eigenen Sache,,29 eingeräumt. Die einschneidende Veränderung des Erweiterungsverhältnisses sieht Serick in dem Eintritt des Erweiterungsfalles, der Tilgung der Kaufpreisforderung 30 • Ohne daß sich an der bisherigen Qualifizierung als Vorbehaltseigentum etwas geändert hätte, bringe dieses Ereignis eine funktionelle Verlagerung zum Sicherungseigentum mit sich 3l . Erst jetzt "aktualisiere" sich die Haftung der Vorbehaltsware zugunsten der anderen - zuvor nur "potentiell" - gesicherten Forderungen und begründe "andere Rechtswirkungen,,32, nämlich die einer pfandrechtsartigen Berechtigung, die der Sicherungsübereignung näher stehe als der VollberechSerick, Bd. V, § 68 III I a, S. 680. Die nicht leicht nachvollziehbaren Differenzierungen Sericks machen es an dieser Stelle erforderlich, öfter als üblich wörtlich zu zitieren. 25 Serick, Bd. V, § 57 III 4, S. 77. 26 Serick, aaü., S. 78. 27 Serick, aaü., S. 80 f. 28 Serick, aaü., S. 80. 29 Serick, aaü., S. 81. 30 Serick, aaü., § 57 III I, S. 67. 31 Serick, Bd. V, § 57 III 4 a, S. 78. 32 Serick, Bd. V, § 57 II 2, S. 58. 23

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

tigung 33 . Als wesentliches Kriterium für diese Verlagerung bezeichnet Serick die mit Tilgung der Kaufpreisforderung ersatzlos entfallende Sicherung des Rückgewähranspruches 34 ; sofern nämlich andere mitgesicherte Forderungen notleidend werden, besteht nicht - wie bei Verzug mit der Kaufpreiszahlungspflicht - die Möglichkeit des Rücktritts nach §§ 455, 346 BGB. 35 Nach den hier getroffenen Feststellungen dagegen vermag der auf die Sicherung eines Rückgewähranspruches gerichtete Sicherungszweck zumindest solange keinen Einwand gegen eine Gleichstellung von Vorbehalts- und Sicherungseigentum zu begründen, als kein Rückgewährschuldverhältnis besteht 36. Die Sicherung des Rückgewähranspruches ist demnach - um in der Terminologie Sericks zu bleiben - ebenfalls solange ein potentieller Sicherungszweck, bis er sich durch Eintritt des Rückgewährschuldverhältnisses aktualisiert hat. Es ist aber nicht ohne weiteres einzusehen, warum einerseits der von dem Kaufpreisanspruch auf andere Forderungen erweiterte Sicherungszweck erst im Zeitpunkt seiner Aktualisierung relevant wird und nun "dem Sicherungseigentum vergleichbare"3? Rechtswirkungen begründet, andererseits dagegen schon der potentielle - auf Sachrückgewähr gerichtete - Sicherungszweck solche Rechtswirkungen ausschließen soll. Vielmehr dürfte auch letzterem Sicherungszweck nach der von Serick vorgenommenen Differenzierung zwischen aktueller und potentieller Sicherung erst dann eine Relevanz zukommen, wenn er sich durch Begründung eines Rückgewährschuldverhältnisses aktualisiert hat. In dem ersatzlosen Wegfall eines nur potentiellen Sicherungszweckes kann dann jedoch nicht das entscheidende Ereignis gesehen werden, welches eine einschneidende Veränderung des Erweiterungsverhältnisses herbeiführt. b) Einwand des numerus clausus der dinglichen Rechte

Vor allem überschreitet Serick die Grenzen, auf deren Einhaltung er in diesem Zusammenhang großen Wert legt, die Grenzen des numerus c1ausus der dinglichen Rechte 38 . Serick geht von einer Vollberechtigung des Vorbehaltsverkäufers aus, die zwar dem gewöhnlichen Eigentum unbekannte Wesensmerkmale trägt, gleichwohl aber nicht das bekannte und anerkannte Sicherungseigentum darstellt. Diese Serick, Bd. V, § 57 III 4 b, S. 80. Serick, Bd. V, § 57 III 3, S. 77 u. § 68 III I a, S. 683. 35 Ähnlich: Braun, aaO., S. 186 f.: "Mit Eintritt des Erweiterungsfalles fällt eine der beiden Funktionen weg, die normalerweise ein Eigentumsvorbehalt zu erfüllen hat (sc.: die Sicherung des Rückgewähranspruches) ... Erst in diesem reduzierten Funktionsbereich trifft sich der Eigentumsvorbehalt mit dem Pfandrecht." l6 Vgl. oben 1I.2.b). 37 Serick, Bd. V, § 68 III I a, S. 681. 38 Vgl. Serick. Bd. V, § 68 III I a, S. 681. 33

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Vollberechtigung, die nach Eintritt des Erweiterungsfalles nur ein Absonderungsrecht begründet, obwohl die zu Eigentum stehende Sache nicht - wie beim Sicherungseigentum - zur Masse i. S. d. § 1 KO gehört 39, steht außerhalb der zur Zeit - de lege lata oder gewohnheitsrechtlich - möglichen dinglichen Rechtspositionen. Sie steht ferner im Widerspruch zu § 4 KO, der eine abgesonderte Befriedigung "an Gegenständen, welche zur Konkursmasse gehören", zu Grunde legt: "Aussonderung und Absonderung sind Gegensätze, denn die Aussonderung wird begründet durch die Nichtzugehörigkeit zur Masse, die Absonderung durch ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung an einem zur Masse gehörigen Gegenstand".40 Nur "der Kampf um das Bestehen des Absonderungsrechtes wird als Aussonderungsstreit geführt"41. Dieser prozessuale Gesichtspunkt läßt sich aber nicht ohne weiteres als materiell-rechtliche Begründung für die Doppelstellung von Aus- und Absonderungsrecht in einer Person heranziehen. 42 aa) Gegenargument Sericks aus § 1256 BGB Auch der Hinweis auf § 1256 BGB, mit dem Serick Zweifel an einer solchen dinglichen Rechtsposition des Vorbehaltsveräußerers auf dem Boden des geltenden Rechts beheben will 43 , überzeugt nicht. § 1256 BGB bestätigt keinesfalls die Möglichkeit, daß Vollberechtigung und pfandrechtsartige Berechtigung in einer Person zusammenfallen können 44 , sondernjingiert lediglich den Fortbestand des Pfandrechtes trotz Konsolidation, soweit der Eigentümer ein rechtliches Interesse daran hat 45 . Ist es Dritten verwehrt, sich auf diese Fiktion zu berufen 46 , kann § 1256 Abs. 2 BGB nicht die gesetzliche Grundlage für ein dingliches Recht zur Befriedigung aus der eigenen Sache 47 darstellen, welches neben die Vollberechtigung einer EigentümersteIlung tritt. Das rechtliche Interesse in § 1256 Abs. 2 BGB ist ein rangerhaltendes Interesse. Es ist dann gegeben, wenn weitere nachrangige Pfandrechte an der Pfandsache bestehen, die mit dem Erlöschen des Pfandrechtes infolge der Konsolidation aufrücken würden 48 • Ein dingliches Recht zur Befriedigung - und ein Serick, Bd. V, § 68 III I a, S. 683. Jaeger /Lent, § 43 KO Anm. 11. 4\ Jaeger/Lent, § 43 KO Anm. 12. 42 So aber Serick, Bd. V, § 68 III I a, S. 684: "Aussonderungsanspruch zur abgesonderten Befriedigung" i. S. eines dinglichen Rechtes zur Befriedigung aus der eigenen Sache. 43 Serick, Bd. V, § 57 III 4 b, S. 81. 44 Serick, aaO. 45 MüKo-Damrau, § 1256 Rdn. 5. 46 BGHZ 27, 227,233; Enneccerus/Wolff/Raiser, § 171 11 I b; MüKo-Damrau, § 1256 Rdn.5. 47 Serick, Bd. V, § 57 III 4 b, S. 81. 48 MüKo-Damrau, § 1256 Rdn. 4. 39

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

solches kommt bei der hier zu untersuchenden Parallele zu § 48 KO nur in Betracht - wird dagegen dem Eigentümer von der überwiegenden Meinung49 in Analogie zu § 1197 BGB versagt. bb) Gegenargument Brauns aus § 398 HGB Der Einwand des numerus clausus der Sachenrechte ist grundsätzlich auch Braun entgegenzuhalten. Braun geht ebenfalls nach Eintritt des Erweiterungsfalles von der ein Absonderungsrecht begründenden Vollberechtigung des Vorbehaltseigentümers aus und lehnt eine Qualifizierung der Eigentümerposition als Sicherungs eigentum mit dem Hinweis auf das Unmittelbarkeitsprinzipso und das Fehlen eines "Anvertrautseins"51 ab. Im Unterschied zu der Auffassung Sericks soll das Vorbehaltsgut jedoch i. S. v. §§ 1,4 KO zum Vermögen des Gemeinschuldners, d. h. zum Käufervermögen, gehören 52 . Diese Auffassung hat zwar den Vorzug, daß sie im Einklang mit § 4 KO zu dem Ergebnis eines Absonderungsrechtes "an einem zur Konkursmasse gehörenden Gegenstand" gelangt, sie vermag jedoch die Massezugehörigkeit nicht zu begründen, ohne sich zu der Vollberechtigung des Veräußerers in Widerspruch zu setzen. Es gibt - anders als beim Sicherungseigentum - keinen gewohnheitsrechtlich 53 anerkannten Satz, der die Rechtszuständigkeit des Eigentümers als Vollberechtigten einer abweichenden konkursrechtlichen Beurteilung unterwirft. Eigentum als Vollberechtigung, das im Konkurs von dieser Vollberechtigung abweichenden Regeln folgt, ist im Verhältnis zu gewöhnlichem Eigentum und Sicherungseigentum ein Tertium. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang eine Parallele zu § 398 HG B, die als Beleg dafür angeführt wird, daß sich ein pfandrechtsartiges Befriedigungsrecht des vollberechtigten Eigentümers harmonisch in unser Privatrechtsgefüge einpaßt 54. Wenn auch der nicht verallgemeinerungsfähige § 398 HGB einen solchen Schluß nicht zuläßt, ist der gerade an dieser Stelle herangezogene Vergleich mit der Rechtsstellung des Kommissionärs nichtsdestoweniger aufschlußreich. Das dem Kommissionär gern. § 398 HGB zustehende pfandrechtsartige Befriedigungsrecht aus der in seinem Eigentum stehenden Sache kann nämlich nicht 49 RGRK-Kregel, § 1256 Rdn. 4; Staudinger /Spreng, § 1256 Rdn. 2 b; Soergel / Augustin, § 1256 Rdn. 5; a.A. insofern: MüKo-Damrau, § 1256 Rdn. 5. 50 Braun, aaO., S. 182; dazu Dritter Teil A. 111. " Braun, aaO., S. 183. '2 Braun, aaO., S. 189. 53 Zur gewohnheitsrechtlichen Durchsetzung des Umwandlungsprinzips: Serick, Bd. V, § 57 III 4 b, § 56 III 1 m.w.N. 54 Braun, aaO., S. 190.

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darüber hinwegtäuschen, daß diese Eigentümerposition dem Sicherungseigentum weitaus näher steht als einer Vollberechtigung. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß der Kommissionär dieses Eigentum - wie ein Sicherungseigentümer - lediglich zu einem vorübergehenden Zweck erhalten hat und sein Eigeninteresse sich - wie das eines Sicherungsnehmers - in einem Befriedigungsrecht erschöpft, er ansonsten aber das Eigentum - wie der Treuhänder - in Wahrung fremder Interessen und für fremde Rechnung in Händen hält 55 • Von Bedeutung ist hier vor allem der systematische Zusammenhang der §§ 392 Abs. 2, 398, 399HGB: Gern. § 392 Abs. 2 HGB gehen die dem Kommissionär aus dem Ausführungsgeschäft erwachsenden Forderungen ihm und insbesondere seinen Gläubigern gegenüber als Forderungen des Kommittenten; als Haftungs- und Befriedigungsobjekte sind sie m. a. W. schon de lege lata den Gläubigern des Komissionärs entzogen. Unter diesem haftungsrechtlichen Gesichtspunkt handelt es sich also um für den Kommissionär fremde Forderungen, aus denen er sich unter dem gleichen Gesichtspunkt - andererseits nach Maßgabe des § 399 HG B vor dem Kommittenten und dessen Gläubigern befriedigen darf. Zwar ist das Komissionsgut selbst nicht in den Schutz des § 392 Abs. 2 HGB einbezogen 56 , gleichwohl schlägt dieses innenrechtliche Verhältnis zwischen Kommissionär und Kommittenten zumindest im Konkurs durch und stellt die Verbindung zu den Vorschriften über die abgesonderte Befriedigung aus Gegenständen der Masse her 57 : Das Kommissionsgut ist i. S. d. Innenverhältnisses - unter Haftungsgesichtspunkten - eine für den Kommissionär fremde Sache, die im Konkurs des Kommittenten zu dessen Masse gehört. An dieser Sache steht dem Kommissionär gern. §§ 49 Nr. 4 KO, 398 HGB ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zu. Erfährt aber die EigentümersteIlung des Kommissionärs im Innenverhältnis eine von dem gewöhnlichen Eigentum abweichende Beurteilung, ist dieser nicht Vollberechtigter, dem gleichzeitig ein pfandrechtsartiges Befriedigungsrecht zusteht. Die im Innenverhältnis wirkende Beschränkung einer Eigentümerposition ist gerade ein Wesensmerkmal des Sicherungseigentums 58 • Auch in §§ 398 HGB, 49 Nr. 4 KO folgt deshalb das Eigentuem des Kommissionärs nicht als Vollberechtigung eigenen - vom gewöhnlichen Eigentum abweichenden - konkursrechtlichen Regeln, sondern trägt von vornherein Wesenszüge des Sicherungseigentums. Sieht deshalb Braun 59 eine Parallele zwischen '5 Unter diesem Gesichtspunkt vergleicht etwa Canaris, Festschrift für Flume, S. 407, den Kommissionär mit dem Treuhänder. 56 Jaeger/Lent, § 43 Anm. 49. 57 Jaeger / Lent, § 49 Anm. 9. 58 Baur, Sachenrecht, § 3 II 1 d: "Relatives Eigentum": Der Sicherungseigentümer ist jedem gegenüber voller Eigentümer, nur dem Sicherungsgeber gegenüber nicht. 59 Braun, aaü., S. 190.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

dem Vorbehaltseigentum und dem Eigentum des Kommissionärs in § 398 HG B, spricht dies eher für Sicherungseigentum des Veräußerers als für dessen Vollberechtigung. Die Schwierigkeit, eine Massezugehörigkeit des Vorbehaltsgutes im Käuferkonkurs bei bestehender Vollberechtigung des Veräußerers zu begründen, erkennt Braun i. E. selbst, wenn er schließlich einräumt, daß man "am besten vom Ende herkommend - ein Absonderungsrecht als gegeben annimmt und mit seinen Konsequenzen durchdenkt" 60. Wird dann die Massezugehörigkeit als Konsequenz des Absonderungsrechtes dargestellt 6\ ist dieser Zusammenhang paradigmatisch für eine Vertauschung von Tatbestand und Rechtsfolge: Die Massezugehörigkeit eines Gegenstandes in §§ 4, 48 KO ist Voraussetzung für ein Absonderungsrecht, letzteres kann jedoch nicht umgekehrt die Massezugehörigkeit begründen. c) Verlust einer dinglichen Rechtsstellung

durch "konkursbedingte Umstände"?

Die Unstimmigkeit einer DoppelsteIlung des Veräußerers als "pfandrechtsartig Berechtigtem und Vollberechtigtem in einer Person,,62 zeigt sich vor allem in der konkursrechtlichen Behandlung des Falles, in dem der Kaufpreis vor Eröffnung des Käuferkonkurses noch nicht vollständig bezahlt wurde: aa) Beschränkung der Erfüllungswahl auf die Kaufpreisforderung Die synallagmatische Abhängigkeit der unerfüllten Zahlungspflicht von der unerfüllten Übereignungspflicht des vollberechtigten Veräußerers begründet zunächst die Anwendbarkeit des § 17 KO. Als erfüllbarer Anspruch kommt von vornherein nur die Kaufpreisforderung in Betracht. Die Erweiterungsabrede vermag nicht alle zwischen den Parteien bestehenden Verpflichtungen zu einem Einheitsschuldverhältnis zusammenzuziehen, auf weIches dann in seiner Gesamtheit § 17 KO Anwendung findet. 63 Die mitgesicherten Forderungen Braun, aaO., S. 193. Braun, S. 189: ,,Da er (sc.: der Vorbehaltslieferant) ... nur ein Absonderungsrecht besitzt, gehört das Vorbehaltsgut i. S. v. §§ I, 4 KO zum Vermögen des Gemeinschuldners." Ebenso: Hess/Kropshofer, § 43 KO Rz. 76. 62 Serick, Bd. V, § 57 III 4 b, S. 81. 63 So aber LG Stuttgart MDR 1958, 100, 101: Es liege ein "Verbundkaufvertrag sui generis" vor; zweifelhaft ist jedoch schon, ob die Erweiterungsabrede den Inhalt der in § 433 BGB festgelegten Erfüllungspflichten modifIzieren sollte, so daß alle Verpflichtungen miteinander "stehen und fallen" - vgl. Braun, aaO., S. 175 -. Es liegt näher, daß ausschließlich auf sachen60 61

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hatten im Zeitpunkt ihrer Entstehung alle ihren eigenen Rechtsgrund und sind nach Verfahrenseröffnung Konkursforderungen, eine Eigenschaft, die ihnen die Erweiterungsabrede nicht nehmen kann. Ob diese Konkursforderungen erfüllt werden dürfen, richtet sich allein nach § 17 KO. Maßgeblich für die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 17 KO kann dabei nur der Rechtsgrund sein, der den Forderungen bei ihrer Entstehung zu Grunde lag. Eine nachträgliche Zusammenfassung dieser Forderungen in einem neuen Rechtsgrund, dem unerfüllten Kaufvertrag, würde nämlich dazu führen, daß alle in die Erweiterungsabrede einbezogenen Forderungen als Masseschulden erfüllt werden dürfen, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 17 KO im Hinblick auf ihren ursprünglichen Rechtsgrund vorliegen. Die Parteien können jedoch nicht rechtsgeschäftlich Einfluß darauf nehmen, ob Konkursforderungen zu Masseschulden erhoben werden, indem sie bestehende Forderungen für den Insolvenzfall einfach nachträglich mit einem neuen Rechtsgrund versehen. 64 bb) Neuzuordnung des Vorbehaltsgutes in § I KO als Folge der Kaufpreistilgung? Bedenklich erscheint es allerdings, wenn mit Tilgung der Kaufpreisforderung durch den Konkursverwalter der Vorbehaltskäufer Eigentümer werden soll, während der Lieferant seiner auf andere Forderungen erweiterten Sicherung völlig entledigt wird 65 : Serick betrachtet die Erweiterungsklausel als ein abgekürztes Sicherungsgeschäft, bei dem - wäre es ausführlich verabredet - der Käufer mit Kaufpreiszahlung Eigentum erwerben und dem Lieferanten zur Sicherung der anderen Forderungen - antizipiert - auflösend bedingt zurückübereignen würde 66 • Eine solche ,,sicherungsrechtliche Neuzuordnung"67 scheitere bei einer nach Verfahrenseröffnung vorgenommenen Tilgung der Kaufpreisforderung an § 15 K0 68 .

Im Parteiwillen findet dieses abgekürzte Sicherungsgeschäft jedenfalls keine Entsprechung69 . Der Vorbehaltskäufer wollte seine ursprüngliche Sicherheit solange behalten, bis alle Forderungen aus der Geschäftsverbindung getilgt waren. Einer ......... Neu1;uordnung des Sicherungsgutes, die durch einen Durchgangs.:.---- -

-----=---'-

rechtlicherurut nicht auf schuldrechUicher Ebene das dingliche Vollzugsgeschäft von weiteren Bedingiiilien abnängig gemacht wurqe. Vgl. auchBGHZ 98,--UiO, 170. 64 I. E.- ebensOSe-nck, Sd.-V, g 681I1 Z-a,.s_:6"9lJf;; Braun aaO., S. 177; Jaeger /Lent, § 17 Anm. 11; Graf Lambsdorff, aaO., Rdn:"'63: - ._ 65 Serick, Bd. V, § 68 III 2 b, S. -692; Braun, aaO., S. 193 f. 66 Serick, Bd. V, § 68 III 2 b, S. 693; im Widerspruch dazu steht m. E. die entschieden ablehnende Stellungnahme zu der Auffassung Henckels, das Vorbehaltseigentum wandle sich mit Tilgung des Kaufpreises in Sicherungseigentum um - vgl. Serick, Bd. V, § 68 111 I a, S. 681. 67 Serick, Bd. V, § 68 in 2 b, S. 694. 68 Serick, aaO., S. 695. 69 Vgl. Marotzke, Gegenseitige Verträge, S. 136.

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2. Teil: Haftungsrechtliche Zuordnung nach Grundsätzen der Fiducia

erwerb des Käufers die Rechtssteilung des Veräußerers völlig entwertet, steht der Parteiwille zweifellos entgegen. 70 Auch der Ansatz von