Das Beschlussmängelrecht in der Verbandsinsolvenz: Zugleich ein Beitrag zu Grundsatzfragen des Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilprozessrechts [1 ed.] 9783428587995, 9783428187997

Die Arbeit geht der Frage nach, ob nach Insolvenzeröffnung die Rechtmäßigkeit eines gesellschaftsrechtlichen Beschlusses

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Das Beschlussmängelrecht in der Verbandsinsolvenz: Zugleich ein Beitrag zu Grundsatzfragen des Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilprozessrechts [1 ed.]
 9783428587995, 9783428187997

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 347

Das Beschlussmängelrecht in der Verbandsinsolvenz Zugleich ein Beitrag zu Grundsatzfragen des Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilprozessrechts

Von

Gerrit Gös

Duncker & Humblot · Berlin

GERRIT GÖS

Das Beschlussmängelrecht in der Verbandsinsolvenz

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 347

Das Beschlussmängelrecht in der Verbandsinsolvenz Zugleich ein Beitrag zu Grundsatzfragen des Gesellschafts-, Insolvenz- und Zivilprozessrechts

Von

Gerrit Gös

Duncker & Humblot · Berlin

Die Philosophische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Jahre 2022 als juristische Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-18799-7 (Print) ISBN 978-3-428-58799-5 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für meine Familie

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde an der Juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden begonnen. Nach deren Schließung wurde die Arbeit von der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Dresden im Sommersemester 2022 als juristische Dissertation angenommen. Die Dissertation wurde von Herrn Prof. Dr. Michael Becker und Herrn Prof. Dr. Matthias Nicht begutachtet. Die Verteidigung fand am 14. 07. 2022 statt. Die Arbeit befindet sich auf dem Stand Herbst 2022. Ihre Veröffentlichung ist eine willkommene Gelegenheit den Menschen, die zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben, zu danken. An erster Stelle gilt mein Dank meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Michael Becker für die Begleitung und die umfassenden Denkanstöße während der Erstellung des Manuskripts. Ich empfinde tiefe Dankbarkeit für das Vertrauen, dass er mir in vielerlei Hinsicht geschenkt hat. Er hat dadurch das vorliegende Werk überhaupt ermöglicht. Ebenso gebührt mein Dank Herrn Prof. Dr. Matthias Nicht, der die Mühen des Zweitgutachtens übernommen und wertvolle Anmerkungen gegeben hat. Freunde und Kollegen haben in zahlreichen Gesprächen dazu beigetragen, Thesen zu hinterfragen und Fragestellungen aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Ihnen allen sei an dieser Stelle ebenfalls gedankt. Abschließend möchte ich meiner Familie für ihr Vertrauen in mich und die jahrelange Unterstützung danken. Berlin, im November 2022

Gerrit Gös

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung

17

Teil 2 Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

23

A. Der Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Die Rechtsnatur des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Die Rechtsnatur der Feststellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Eintritt der Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 IV. Rechtswirkung von Beschlüssen, Innen- und Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Durchführungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Die Feststellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 B. Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1. Die einzelnen Fehlerkategorien und ihre Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 b) Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 c) Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung . . . . . . . . 39 d) Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat 39 e) Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen anderer Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Die Geltendmachung von Beschlussmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Die Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Die Anfechtungsbefugnis der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 bb) Die Anfechtungsbefugnis des Vorstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 cc) Die Anfechtungsbefugnis der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder 49 b) Die Nichtigkeitsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Rechtsnatur der Nichtigkeitsklage als Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . 50 (1) Keine Ermächtigung für richterliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (2) Kein Widerspruch zur Lehre von der Doppelwirkung im Recht . . . . 52 (3) Kein Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH zum Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

10

Inhaltsverzeichnis bb) Aktivlegitimation und Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Die Gesellschaft als Beklagte (Passivlegitimation) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3. Die Urteilswirkungen einer erfolgreichen Beschlussmängelklage . . . . . . . . . . . 57 a) Erfordernis einer Rechtsgrundlage für eine Rechtskrafterstreckung . . . . . . . 58 b) Keine Notwendigkeit für eine Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Vergleich der Rechtskraft von Anfechtungs- und Nichtigkeitsurteil . . . . 62 bb) Vergleich der materiellen Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 cc) Folgen für eine Nebenintervention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4. Die Dispositionsmaxime im Beschlussmängelstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 5. Die Kommanditgesellschaft auf Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Das Beschlussmängelrecht in der Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 III. Das Beschlussmängelrecht in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 IV. Das Beschlussmängelrecht im eingetragenen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 V. Das Beschlussmängelrecht in der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Teil 3 Die Verbandsinsolvenz

93

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 I. Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II. Auflösung der Gesellschaft und Zweckänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 III. Die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Die Amtstheorie (h. M.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Die Vertretertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Die Organtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 4. Die modifizierte Vertreter- und Organtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Funktionsteilung nach Friedrich Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Kritik: Keine Funktionsteilung zwischen Verwalter und Organen . . . . . . . . . . . . . 112

Teil 4 Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

117

A. Anfechtbare Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Verfügender Ausgangsbeschluss i. S. d. § 81 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Firmenänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Inhaltsverzeichnis

11

II. Anspruchsbegründender Ausgangsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Kapitalerhöhung in der AG und GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a) Rückgängigmachung einer wirksamen Kapitalerhöhung in Insolvenz . . . . . 128 b) Abbruch einer Kapitalerhöhung durch Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Einforderung von Nachschüssen in der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 III. Verbindlichkeitsbegründender Ausgangsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 1. Gewinnverwendungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 2. Aufsichtsratsvergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Beschlüsse mit ausschließlicher Wirkung im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . 140 a) Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 b) Holzmüller-Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 2. Begrenzung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 V. Insolvenzfreier Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Beschluss über die Auflösung oder Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 B. Nichtige unheilbare Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 I. Beschlüsse im eingetragenen Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Beschlüsse in der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 C. Nichtige heilbare Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Die Feststellung des Jahresabschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 II. Folgen der Heilung und des Nichtigkeitsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Feststellung und Steuerfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Feststellung und gewinnabhängige Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3. Feststellung und Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Teil 5 Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

160

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit nach der Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 I. Die Entwicklung der h. M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Gegenmeinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Der Insolvenzverwalter ist im Falle eines Massebezugs stets passivlegitimiert 164 2. Die Gesellschaft ist bei einer Beschlussmängelklage stets passivlegitimiert . . . 167 3. Schwab: Der Insolvenzverwalter ist bei einer Beschlussmängelklage stets passivlegitimiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B. Der Meinungsstand zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . 168

12

Inhaltsverzeichnis

C. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 I. Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Keine Relevanz der Insolvenzzweckwidrigkeit für die Bestimmung der Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Einfluss der Prozessökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Folgewirkungen für die Insolvenzmasse sind nicht auf Passiv-, sondern auf Aktivseite zu berücksichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Entzug der Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Wegfall der generellen Annahme eines Rechtsschutzinteresses . . . . . . . . . . 180 aa) Die Bedeutung der Insolvenzeröffnung für die Mitgliedschaftsrechte der Verbandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 bb) Das Rechtsschutzbedürfnis der Organe und Verbandsmitglieder im Lichte von § 80 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Folgen für den Beschlussmängelstreit im Regelinsolvenzverfahren . . . . . . . . . 187 II. Keine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Dogmatische Schwäche der h. M. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 a) Klagebefugnis des Vorstands ist kein Recht des Verbandes . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Keine Verdrängung des Vorstands aus der Aufgabe zur Beschlusskontrolle 193 2. Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 a) Teleologische Extension von § 80 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 b) Erweiternde Auslegung von § 80 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 c) Originäres Recht des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Stellungnahme: Kein Erfordernis für eine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Keine Regelungslücke hinsichtlich der Nichtigkeitsklage . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Die Folgen der Heilung für Ansprüche auf Gewinnrückzahlung . . . . . . . . . . 209 aa) Rückforderung von Dividenden in der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 bb) Rückforderung von Gewinnausschüttungen in der GmbH . . . . . . . . . . . 213 (1) Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 (2) Anspruch aus § 812 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 cc) Rückforderung von Scheingewinnen in Personengesellschaften . . . . . . . 215 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 c) Der insolvenzrechtliche Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung gemäß § 129 InsO . . . . . . . 219 bb) Unentgeltliche Leistung § 134 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (1) Dividendenzahlung an Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (2) Gewinnausschüttung an GmbH-Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (3) Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 cc) Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung § 133 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

Inhaltsverzeichnis

13

d) Institutionalisierung einer Verkürzung rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . . . 236 aa) Fehlende Möglichkeit des Verbandes zur Rechtsverteidigung . . . . . . . . 237 bb) Nebenintervention als Kompensation für fehlende prozessuale Handlungsfähigkeit des Verbandes ist nicht praxistauglich . . . . . . . . . . . . . . . 240 e) Die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Teil 6 Zusammenfassende Ergebnisdarstellung

250

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

Abkürzungsverzeichnis a. A. AcP a. E. a. F. AG BB BGBl. BGH BT-Drucks. BVerfG bzw. DB d. h. DNotZ DStR DZWIR EWiR f. FD-InsR ff. GmbHR GWR h. M. JA JURA JurisPR-BGHZivilR JurisPR-HaGesR JuS JZ KritV KTS LZ MittBayNot MoPeG n. F. NJW NotBZ npoR NVwZ NZG

anderer Auffassung Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung AG – Die Aktiengesellschaft Betriebs-Berater Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht beziehungsweise DER BETRIEB das heißt Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht folgende (Seite/Randnummer) Fachdienst Insolvenzrecht folgende (Seiten/Randnummern) GmbH-Rundschau Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht herrschende Meinung Juristische Arbeitsblätter Juristische Ausbildung Juris PraxisReport BGH Zivilrecht Juris PraxisReport Handels- und Gesellschaftsrecht Juristische Schulung JuristenZeitung Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Zeitschrift für Insolvenzrecht Konkurs, Treuhand, Sanierung Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Personengesellschaftsrechtmodernisierungsgesetz neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

Abkürzungsverzeichnis NZI Rn. RNotZ S. sog. vgl. WM WuB z. B. ZDR ZGR ZInsO ZIP ZHR ZWE ZZP

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Teil 1

Einleitung Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH hat im Zusammenhang mit dem sog. Infinus-Skandal mit Urteilen vom 21. 04. 2020 entschieden, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien berechtigt ist, die Feststellung des Jahresabschlusses im Wege einer Bilanznichtigkeitsklage gegen die insolvente Gesellschaft geltend zu machen. In einem Obiter Dictum erwähnte er, dass der Insolvenzverwalter außerdem berechtigt sei, eine Anfechtungsklage zu erheben.1 Weder dem Gesellschaftsrecht noch dem Insolvenzrecht lässt sich jedoch eine entsprechende Klagebefugnis des Insolvenzverwalters explizit entnehmen. Vielmehr kann eine Beschlussmängelklage zumeist nur von verbandsangehörigen Personen erhoben werden (vgl. § 245 AktG). Der BGH führte hierzu aus, dass der Insolvenzverwalter aufgrund seiner Rechtsstellung anstelle des Vorstands bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA zur Erhebung einer Anfechtungsoder Nichtigkeitsklage berechtigt sei, da er diesen insoweit aus seiner Klagebefugnis verdränge. Der BGH wendete dabei die Grundsätze, die nach der h. M. zur Passivlegitimation des Insolvenzverwalters in einem Beschlussmängelstreit entwickelt wurden, spiegelbildlich auf seine Aktivlegitimation an. Die Diskussion über die Stellung des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren wird in der Rechtswissenschaft bereits seit Langem geführt. Sie findet jedoch weitestgehend ohne Beteiligung der Rechtsprechung statt. Die Rechtsprechung und mit ihr die h. M. stellt vielmehr seit dem Reichsgericht durchgängig auf die sog. Amtstheorie ab.2 Danach handelt es sich beim Insolvenzverwalter um einen Amtstreuhänder, der materiell und prozessual im eigenen Namen als Partei kraft Amtes und nicht etwa als gesetzlicher Vertreter oder Organ handelt.3 Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wird ein bereits anhängiges Verfahren, das die Insolvenzmasse betrifft, gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Diese Norm trägt dem Übergehen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, welche die Prozessfüh1

BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 22 f.; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 17 f. 2 Vgl. Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 80, Rn. 60 m. w. N. 3 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 03. 12. 2012 – I-5 U 42/12, 5 U 42/12, ZIP 2013, 788, juris Rn. 30; BGH, Beschl. v. 27. 10. 1983 – I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331, juris, Rn. 6.

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Teil 1: Einleitung

rungsbefugnis des Schuldners mitumfasst, Rechnung.4 Nach Insolvenzeröffnung sind Klagen durch und gegen den Insolvenzverwalter zu führen, sofern ein Massebezug vorliegt. Nach der h. M. kann eine Beschlussmängelklage gegen einen Verband einen solchen Massebezug aufweisen, sodass auf eine vor Insolvenzeröffnung erhobene Beschlussmängelklage § 240 ZPO anwendbar sein kann. Ob tatsächlich eine Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO eintritt, wird davon abhängig gemacht, ob der insolvente Verband oder der Insolvenzverwalter passivlegitimiert ist.5 Im Ausgangspunkt gilt, dass, soweit sich ein Prozess auf die Insolvenzmasse bezieht, die Prozessführungsbefugnis des Schuldners auf den Insolvenzverwalter übergeht. Daher können Klagen, die einen Bezug zur Insolvenzmasse aufweisen, nach Insolvenzeröffnung nicht mehr durch oder gegen den Schuldner erhoben werden. Rechtshängige zivilrechtliche Verfahren werden demgegenüber gemäß § 240 ZPO unterbrochen, sofern sie einen solchen Massebezug aufweisen. Der Prozess weist einen Massebezug auf, wenn sich der Streitgegenstand auf die Insolvenzmasse im Sinne der Sollmasse bezieht, indem er den Bestand der Aktiva oder Passiva unmittelbar oder mittelbar rechtlich betrifft.6 Bei mehreren Streitgegenständen innerhalb einer Klage genügt es, wenn nur einer einen solchen Massebezug aufweist.7 In gleicher Weise wird bestimmt, ob eine Klage nach Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner oder gegen den Insolvenzverwalter zu richten ist. Seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 06. 05. 19118 wird jedoch hinsichtlich einer Beschlussmängelklage von den eben skizzierten Grundsätzen abgewichen.9 Es soll danach nicht nur ausschlaggebend sein, ob die Beschlussmängelklage einen Massebezug aufweist, sondern auch, ob sie sich positiv oder negativ auf die Insolvenzmasse auswirkt. Dem Insolvenzverwalter könne nämlich nicht zugemutet werden, eine für die Insolvenzmasse günstige Klage abzuwehren. Hier zeigt sich eine gerade für das Insolvenzrecht bedeutsame Eigenart einer Beschlussmängelklage: Die Klage gegen den Verband kann sich günstig auf das Vermögen des Verbandes auswirken. Eine solche begünstigende Wirkung auf das Verbandsvermögen bedeutet auch eine günstige Wirkung für die Insolvenzmasse, was grund4 Stackmann, in: MüKo ZPO, § 240, Rn. 1; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 240, Rn. 1; Holzer, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 7, Rn. 14. 5 Vgl. Hüffer/Schäfer, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 6; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19. 06. 2019 – 7 U 16/18, GmbHR 2019, 830, juris Rn. 32 f.; a. A. Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 31; insoweit ist zum Teil nicht ganz klar welche Auffassung in einschlägigen Kommentierungen zugrunde gelegt wird, da dort auch zum Teil vom Insolvenzverwalter als Vertreter der Gesellschaft die Rede ist. Dazu bereits Hüffer, in: MüKo AktG (1. Aufl.), § 246, Rn. 53 m. w. N. 6 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 240, Rn. 11; Stackmann, in: MüKo ZPO, § 240, Rn. 19; Damerius, Das Schicksal schwebender Verfahren des Insolvenzschuldners, S. 71 f.; BFH, Urt. v. 02. 07. 1997 – I R 11/97, BFHE 183, 365, juris Rn. 9; BAG, Urt. v. 12. 04. 1983 – 3 AZR 73/82, NJW 1984, 998, juris Rn. 14. 7 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 240, Rn. 11. 8 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244. 9 Stürner, in: Festschrift Uhlenbruck, S. 669 (671).

Teil 1: Einleitung

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sätzlich dem Interesse der Insolvenzgläubiger entspricht. Der Frage, welchen Wert eine solche Klage in Anbetracht des Insolvenzanfechtungsrechts gemäß §§ 129 f. InsO für die Insolvenzgläubiger hat und ob es tatsächlich ohne Weiteres mit dem Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters vereinbar ist, wenn sich ein Beschlussmängelkläger in seine Angelegenheiten einmischt, wurde bisher kaum nachgegangen. Vielmehr scheint hier insbesondere im Zusammenhang mit Bilanznichtigkeitsklagen die Annahme vorzuherrschen, dass der Verweis auf eine interomnes-Wirkung eines einer Beschlussmängelklage stattgebenden Urteils und die schlagwortartige Benennung etwaiger Folgewirkungen genügt. Die ganz h. M. in der Literatur ist bereits seit Langem der Auffassung, dass der Insolvenzverwalter berechtigt ist, eine Beschlussmängelklage zu erheben.10 Die Begründungsansätze hierfür sind unterschiedlich. Am verbreitetsten ist die Auffassung, dass zwischen dem Insolvenzverwalter und den Verbandsorganen eine Funktionsteilung bestehe und der Insolvenzverwalter den Vorstand aus seiner Klagebefugnis verdränge, soweit die Insolvenzmasse betroffen sei. Diesem Ansatz folgt auch der BGH in den beiden Entscheidungen vom 21. 04. 2020. Klagegegner des Insolvenzverwalters soll der insolvente Verband sein. Dieser hat allerdings aufgrund des Insolvenzbeschlags weder liquide Mittel, noch hat er einen Anspruch gegen die Masse zur Finanzierung des Rechtsstreits. Er erhält im Falle einer Beschlussmängelklage des Insolvenzverwalters gegen den Verband auch keine Prozesskostenhilfe, weil der Verband mit Insolvenzeröffnung seine Existenzberechtigung verloren hat und die Unterlassung der Rechtsverteidigung keinen allgemeinen Interessen zuwiderläuft (vgl. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Eine angemessene Rechtsverteidigung kann deshalb in den meisten Fällen nicht erfolgen. Aus Sicht des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger erscheint es dementsprechend durchaus interessant, auf prozessökonomische Weise über eine Beschlussmängelklage ein Urteil mit einer inter-omnes-Wirkung gegen den nahezu wehrlosen Verband zu erstreiten. Mangels finanzieller Möglichkeiten des Verbandes können sich der Insolvenzverwalter und die Insolvenzgläubiger berechtigte Hoffnungen machen, dass ein Versäumnisurteil ergeht. Insbesondere die Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage erweckte im Fall Infinus die Hoffnung, dass für Folgeprozesse über die Rückforderung von Dividenden, Gewinne, Ertragssteuern, Genussrechtszinsen oder über Schadensersatzansprüche gegen Berater eine Vorentscheidung durch ein gegenüber jedermann verbindlich wirkendes Urteil erstritten werden könnte. Die sog. Infinus-Gruppe bestand im Wesentlichen aus zwei Konzernkomplexen, dem der Future Business KGaA und dem der Prosavus AG.11 Die Struktur soll auf die hier relevanten Gesellschaften beschränkt mit dem folgenden Schaubild veranschaulicht werden. Inwiefern die Gesellschaften durch identische Insolvenzverwalter verwaltet wurden, ist dabei ebenfalls kenntlich gemacht (IV. 4.). 10 11

Hierzu unter Teil 5 A. Vgl. Internet: https://www.fubus.de, zuletzt eingesehen am 31. 10. 2022.

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Teil 1: Einleitung

IV 1

Future Business KGaA

IV 2

100% Gewinnabführungsvertrag

20 %

IV 4

Infinus AG Ihr Kompetenz Partner

IV 3

100% Gewinnabführungsvertrag

MAS AG

Prosavus AG 100%

IV 4

ecoConsort AG

Die Future Business KGaA war die Muttergesellschaft der Infinus – Ihr Kompetenzpartner AG (im Folgenden IKP). Zwischen der Future Business KGaA und der IKP bestand ein Gewinnabführungsvertrag. Die IKP war wiederum Muttergesellschaft der MAS AG. Zwischen der IKP und der MAS AG bestand ebenfalls ein Gewinnabführungsvertrag. Sowohl der Insolvenzverwalter der Future Business KGaA als auch die Insolvenzverwalter der IKP und der MAS AG erhoben Bilanznichtigkeitsklagen gegen die Jahresabschlüsse der von ihnen verwalteten Gesellschaften. Der Insolvenzverwalter der Future Business KGaA erhob die Bilanznichtigkeitsklagen, um an Aktionäre und Genussrechtsgläubiger ausgezahlte Gewinne zurückzuerhalten.12 Hierbei habe es sich um Scheingewinne gehandelt, weil ein Gewinn nur durch nichtigkeitsbegründende Überbewertungen in den Jahresabschlüssen habe ausgewiesen werden können. Auf der anderen Seite ergebe sich dadurch auch ein erheblicher Erstattungsanspruch gegen den Fiskus. Die Insolvenzverwalterin der IKP und der Insolvenzverwalter der MAS AG erhoben die Bilanznichtigkeitsklage, um einerseits den jeweils abgeführten (Schein-)Gewinn zurückzufordern und andererseits entsprechende Schadensersatzklagen gegen Berater vorzubereiten.13 Die Prosavus AG war die Muttergesellschaft des ecoConsort AG. Für die Verwaltung über das Vermögen der beiden Gesellschaften wurde derselbe Insolvenz12 OLG Dresden, Urt. v. 14. 02. 2019 – 8 U 529/17 (nicht veröffentlicht); OLG Dresden, Urt. v. 07. 06. 2018 – 8 U 1042/17, juris; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540. 13 OLG Dresden, Urt. v. 07. 06. 2018 – 8 U 147/16 (nicht veröffentlicht); OLG Dresden, Urt. v. 13. 02. 2020 – 8 U 897/18 (nicht veröffentlicht); BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198; OLG Dresden, Urt. v. 18. 05. 2017 – 8 U 321/16 (nicht veröffentlicht).

Teil 1: Einleitung

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verwalter bestellt. Als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Prosavus AG erhob er Bilanznichtigkeitsklagen gegen die Jahresabschlüsse der Prosavus AG, um gleichfalls die Rückforderung von Gewinnen von Aktionären und Genussrechtsgläubigern sowie von Steuern vom Fiskus vorzubereiten.14 Die ecoConsort AG hatte demgegenüber keinerlei Gewinne ausgeschüttet. Als Insolvenzverwalter der ecoConsort AG erhob er daher die Bilanznichtigkeitsklagen zur Vorbereitung einer Steuerrückforderung gegenüber dem Fiskus.15 Im November 2013 führte die Staatsanwaltschaft Dresden eine Durchsuchung in den Büros der Unternehmensgruppe durch und inhaftierte sämtliche Führungspersonen. Der Vorwurf lautete, die Infinus-Gruppe habe ein betrügerisches Schneeballsystem betrieben. Das Geld der Anleger sei lediglich dazu verwendet worden, um die Zinsen der anderen Anleger zu zahlen. Dazu habe die Infinus-Gruppe einen Kreislauf installiert. Gewinne hätten nur durch eine unzutreffende Bilanzierung ausgewiesen werden können. Im Jahr 2018 wurden durch das Landgericht Dresden neben dem Unternehmensgründer sieben weitere Manager der Unternehmensgruppe wegen Betrugs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.16 Die hiergegen erhobenen Revisionen wurden durch den BGH mit Urteil vom 29. 10. 2021 weitestgehend verworfen.17 Der Fall Infinus ist, abgesehen davon, dass er die Grundlage der Urteile des BGH vom 21. 04. 2020 zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters bildet, von besonderer Bedeutung für diese Untersuchung, weil anhand dieses Falls der Frage nachgegangen werden kann, ob sich die praktischen Erwartungen an eine Bilanznichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter erfüllen. Die Diskussion um die Rolle des Insolvenzverwalters erschöpft den Problemkreis um das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz allerdings nicht. So ist z. B. offen, was im Personengesellschaftsrecht gilt, wo der Verband nach der h. M. de lege lata an einem Beschlussmängelstreit – vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung im Gesellschaftsvertrag – überhaupt nicht beteiligt ist, weil es sich um einen Streit zwischen den Gesellschaftern handelt. Für die Personenhandelsgesellschaften wird sich dies zwar durch die Reform des Personengesellschaftsrechts zukünftig ändern, aber für die GbR und die Partnerschaftsgesellschaft soll es bei dem bisherigen Modell bleiben.18 Zwingt dies zu der Annahme, dass entgegen der h. M. bereits de lege lata das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht anzuwenden ist, damit die Gesellschaft auch dort zu verklagen ist und dem Insolvenzverwalter die Passivrolle zukommen kann?

14 LG Leipzig, Urt. v. 10. 06. 2016 – 01 HK O 828/15 (nicht veröffentlicht); LG Leipzig, Urt. v. 30. 11. 2015 – 01 HK O 490/14 (nicht veröffentlicht); OLG Dresden, Urt. v. 01. 03. 2018 – 8 U 804/17 (nicht veröffentlicht). 15 OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris; OLG Dresden, Urt. v. 07. 06. 2018 – 8 U 1042/17, juris. 16 LG Dresden, Urt. v. 09. 07. 2018 – 5 KLs 100 Js 7387/12 (nicht veröffentlicht). 17 BGH, Urt. v. 29. 10. 2021 – 5 StR 443/19, BeckRS 2021, 43375. 18 Hierzu unter Teil 2 B.V.

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Teil 1: Einleitung

Die vorliegende Abhandlung untersucht auf der Basis der herrschenden Amtstheorie die Schnittstelle zwischen dem Beschlussmängelrecht und dem Insolvenzrecht. Die Rechtstreitigkeiten im Fall Infinus bestätigen, dass ein praktisches Interesse an der Klärung der damit verbundenen Fragen besteht. Der Fall Wirecard belegt, dass die Klärung dieser Fragen auch für die Zukunft von Bedeutung sein wird. Immerhin hat das LG München auf die Klage des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Wirecard AG mit Urteil vom 05. 05. 2022 die Nichtigkeit der Jahresabschlüsse der Gesellschaft für die Jahre 2017 und 2018 festgestellt. Die Berechtigung des Insolvenzverwalters eine Bilanznichtigkeitsklage gemäß § 256 AktG zu erheben, wurde dabei nicht mehr in Frage gestellt.19 Für die Zukunft ist daher zu erwarten, dass in Hinblick auf § 60 InsO die Zahl entsprechender Klagen von Insolvenzverwaltern zunehmen wird. Die Abhandlung stellt zunächst im zweiten Teil das der Bearbeitung zugrunde liegende Verständnis des verbandsrechtlichen Beschlussmängelrechts dar. Einen Schwerpunkt bilden hierbei die Wirkungen eines Beschlusses und eines stattgebenden Urteils auf eine Beschlussmängelklage. Daran schließt sich im dritten Teil der Bearbeitung die Darstellung der Verbandsinsolvenz an. Hierbei stehen die Folgen des Insolvenzbeschlags für die Kompetenzen der Verbandsorgane und die sog. Funktionsteilung zwischen den Verbandsorganen und dem Insolvenzverwalter im Fokus. Im vierten Teil wird der Bedeutung eines Beschlussmangels nach Insolvenzeröffnung nachgegangen. Schwerpunkt ist dabei die Klage gegen eine fehlerhafte Feststellung des Jahresabschlusses. Schließlich werden im fünften Teil die gesammelten Erkenntnisse auf den Beschlussmängelstreit in der Insolvenz angewendet. Dafür erfolgt eine vertiefte Auseinandersetzung mit der h. M. zur Aktiv- und Passivlegitimation des Insolvenzverwalters in einem Beschlussmängelstreit. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden zusammenfassend im sechsten Teil dargestellt.

19

Vgl. LG München I, Urt. v. 05. 05. 2022 – 5 HKO 15710/20, BeckRS 2022, 9961, Rn. 28.

Teil 2

Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht Bezugspunkt des Beschlussmängelrechts ist der Beschluss. Dabei wird von einem rechtsformübergreifenden Verständnis über die Rechtsnatur des Beschlusses ausgegangen. Das gilt ebenso für die Feststellung des Jahresabschlusses. Soweit diese nicht im Wege eines Beschlusses der Verbandsversammlung erfolgt, sondern durch den Vorstand und den Aufsichtsrat, unterfällt sie ebenfalls dem Beschlussmängelrecht. Ausgehend vom aktienrechtlichen Beschlussmängelrecht, wird das Beschlussmängelrecht der einzelnen Rechtsformen dargestellt. Besondere Beachtung soll dabei den Rechtsfolgen eines stattgebenden Urteils zukommen.

A. Der Beschluss Über die Rechtsnatur eines Verbandsbeschlusses besteht heute weitestgehend Einigkeit. Im Aktienrecht gibt es darüber hinaus die Besonderheit, dass der Jahresabschluss in der Regel durch den Vorstand und den Aufsichtsrat gemeinsam festgestellt wird. Obwohl es sich insoweit nicht um einen Verbandsbeschluss als solchen handelt, unterstellt das Aktienrecht diese Form der Feststellung gemäß § 256 AktG ebenfalls dem Beschlussmängelrecht. Daher ist nachfolgend auch auf sie sowie auf die Rechtswirkung von Beschlüssen im Innen- und Außenverhältnis einzugehen.

I. Die Rechtsnatur des Beschlusses Die Willensbildung innerhalb eines Verbandes erfolgt in der Regel durch dessen Kollektivorgane. Diese treffen ihre Entscheidungen durch eine Beschlussfassung. Bei einem Beschluss handelt es sich daher im Ausgangspunkt um die Entscheidung eines Kollektivorgans über einen Antrag.1 Es ist also ein verbandsrechtlicher Willensbildungsakt.2 Träger des Beschlusses ist das Kollektivorgan und durch dieses der

1 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I 1a; Baltzer, Der Beschluss als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 42. 2 Vgl. Tröger/Happ, NZG 2021, 133 (140).

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

Verband.3 Der Wille der Gesamtheit ergibt sich dabei aus den zusammengefassten Einzelwillensbekundungen der Verbandsmitglieder, die sie mit der Stimmabgabe verbindlich zum Ausdruck bringen. Die Stimmabgabe ist wiederum eine empfangsbedürftige Willenserklärung des jeweiligen Verbandsmitgliedes.4 Nach h. M. ist der Beschluss deshalb selbst keine Willenserklärung, sondern ein mehrseitiges – allerdings nicht vertragliches – Rechtsgeschäft sui generis.5 Bei einem „Ein-MannBeschluss“ handelt es sich um ein (einseitiges) Rechtsgeschäft.6

II. Die Rechtsnatur der Feststellung des Jahresabschlusses Insbesondere im Personengesellschaftsrecht wurde diskutiert, ob der Beschluss teilweise doch Vertragsqualität aufweisen könnte.7 Obwohl sich die Auffassung von einer teilweise bestehenden Vertragsqualität der Beschlüsse grundsätzlich nicht durchgesetzt hat, herrschte dort dennoch lange Zeit die Meinung, dass es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter einer Personengesellschaft um einen abstrakten oder kausalen Anerkenntnisvertrag der Gesellschafter handle.8 Dies wurde sogar auf die GmbH übertragen.9 Unterdessen setzt sich jedoch 3 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I 1b; v. Gierke, Deutsches Privatrecht I, S. 503; Baltzer, Der Beschluss als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 49 ff. 4 Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 709, Rn. 24; Mülbert, in: GK AktG (5. Aufl.), § 118, Rn. 30. 5 Baltzer, Der Beschluss als rechtstechnisches Mittel organschaftlicher Funktion im Privatrecht, S. 176 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 179; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 436; Pöschke, Satzungsdurchbrechende Beschlüsse in GmbH und AG, S. 95; Busche, in: Festschrift Säcker, S. 45 (50); Petersen, Examinatorium, § 18, Rn. 2; Schilling, in: Festschrift Ballerstedt, S. 257 (263); Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 47, Rn. 4; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 3; Hüffer/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, § 47, Rn. 3; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 8; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47, Rn. 2 f.; Enzinger, in: MüKo HGB, § 119, Rn. 9; Roth, in: Roth/Altmeppen GmbHG (8. Aufl.), § 47, Rn. 2; Schindler, in: BeckOK GmbHG, § 47, Rn. 9; Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 73; Sprau, in: Grüneberg, BGB, Vorbemerkung § 709, Rn. 10; Schöne, in: BeckOK BGB, § 709, Rn. 30; BGH, Beschl. v. 10. 09. 1998 – V ZB 11/98, BGHZ 139, 288 – 299, juris Rn. 23; a. A. Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), § 47, Rn. 2 f.; Altmeppen, NJW 2016, 2833, 2337 f. Altmeppen, ZIP 2017, 1185 – 1187 f.; Altmeppen, GmbHR 2018, 225, 228; Ernst, in: Festschrift Leenen, S. 1 (5 f.), danach handelt es sich bei dem Beschluss um einen Organakt. 6 Westermann, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rn. 484; Schäfer, in: GK HGB, § 118, Rn. 7; Ringel, Die Gesellschafterversammlung, S. 15; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 8. 7 Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 8; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 51; Harm Peter Westermann, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rn. 484; Ulmer, in: Festschrift Niederländer, S. 415 (426 f.); Hoffmann/Bartlitz, in: Heymann, HGB, § 119, Rn. 3. 8 RG, Urt. v. 20. 03. 1901 – I 477/00, RGZ 48, 77 – 84, 82; BGH, Urt. v. 29. 03. 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, juris Rn. 6; BGH, Beschl. v. 01. 03. 2010 – II ZR 249/08, DStR 2010,

A. Der Beschluss

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zunehmend die zutreffende Auffassung durch, dass die Feststellung des Jahresabschlusses bei den Personengesellschaften und der GmbH im Wege eines Beschlusses und nicht eines Vertrages erfolgt, da die Gesellschafter organschaftlich für die Gesellschaft handeln.10 Hieran knüpft schließlich auch der Regierungsentwurf zum Personengesellschaftsrechtmodernisierungsgesetz (MoPeG) an, wenn es in § 121 HGB-E heißt: „Über die Feststellung des Jahresabschlusses entscheiden die Gesellschafter durch Beschluss“.11 Von der wohl h. M. wird davon ausgegangen, dass in der Feststellung auch ein deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis der an der Feststellung mitwirkenden Verbandsmitglieder liegen könne.12 Richtigerweise kann ein solches Anerkenntnis der Gesellschafter der Zustimmung zum Jahresabschluss an sich jedoch nicht entnommen werden.13 Die Stimmabgabe bezieht sich nämlich auf den Beschlussgegenstand in Form der Feststellung bzw. Billigung des Jahresabschlusses und nicht auf die Begründung eines kausalen Anerkenntnisses einzelner Verbandsmitglieder. Dementsprechend führt die Begründung zu § 121 HGB-E aus, dass die rechtliche Wirkung des Feststellungsbeschlusses darin besteht, den Jahresabschluss zwischen den Gesellschaftern für verbindlich zu erklären und dadurch nicht nur das Jahresergebnis, sondern auch die dafür maßgeblichen Bilanzansätze sowie deren Bewertung unstreitig zu stellen.14 Mithin setzt die Annahme eines kausalen Anerkenntnisses ein weitergehendes Verhalten der Verbandsmitglieder voraus, für dessen Bewertung dann das Verhalten der Verbandsmitglieder bei der Jahresabschlussfeststellung im Einzelfall indizielle Bedeutung haben kann.15 1489, juris Rn. 12; Karsten Schmidt, NZG 2009, 361 (364); Ehricke, in: E/B/J/S, HGB, § 120, Rn. 36a f.; Zunft, NJW 1959, 1945 (1946 f.). 9 BGH, Urt. v. 02. 03. 2009 – II ZR 264/07, juris, Rn. 15. 10 Habersack, in: MüKo BGB, 781, Rn. 22; Schäfer, in: GK HGB, § 120, Rn. 19; Priester, in: Festschrift Hadding, S. 607 (610); Priester, in: MüKo HGB, § 120, Rn. 59; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 164, Rn. 3; Lieder, in: Oetker, HGB, § 120, Rn. 24; Enzinger, in: MüKo HGB, § 119, Rn. 6; Schulze-Osterloh, in: Festschrift Westermann, S. 1487 (1487, 1489 f.); Hoffmann/Bartlitz, in: Heymann, HGB, § 120, Rn. 27 f. 11 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 20. 01. 2021, BT-Drucks. 59/21, S. 60, 283. 12 Vgl. nur Schäfer, in: GK HGB, § 120, Rn. 19 m. w. N.; Fleischer, in: MüKo GmbHG, § 42a, Rn. 21; BGH, Beschl. v. 01. 03. 2010 – II ZR 249/08, DStR 2010, 1489, juris Rn. 15; Hoffmann/Bartlitz, in: Heymann, HGB, § 120, Rn. 28; auf das Erfordernis der Mitwirkung verzichtend: Karsten Schmidt, NZG 2009, 361 (364). 13 Schulze-Osterloh, in: Festschrift Westermann, S. 1487 (1487, 1502 f.). 14 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) vom 20. 01. 2021, BT-Drucks. 59/21, S. 283. 15 Priester, in: Festschrift Hadding, S. 607 (615 f.); Schulze-Osterloh, in: Festschrift Westermann, S. 1487 (1487, 1492, 1503); Priester, in: MüKo HGB, § 120, Rn. 63; Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, § 120, Rn. 3; Lieder, in: Oetker, HGB, § 120, Rn. 24; Scholz, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I, 599a; Kersting, in: Noack/Servatius/ Haas, GmbHG, § 42a, Rn. 14.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

Eine weitere Besonderheit ist hinsichtlich der Feststellung des Jahresabschlusses einer Aktiengesellschaft zu beachten. Die Feststellung des Jahresabschlusses kann dort zwar gemäß § 173 AktG durch die Hauptversammlung im Beschlusswege erfolgen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Vorstand und der Aufsichtsrat dies beschließen oder wenn der Aufsichtsrat den Jahresabschluss nicht gebilligt hat. In der Regel erfolgt die Feststellung des Jahresabschlusses in der Aktiengesellschaft daher gemäß § 172 AktG durch den Vorstand und den Aufsichtsrat.16 Die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat stellt ein korporationsrechtliches Rechtsgeschäft dar, das als Rechtsgeschäft eigener Art anzusehen ist. Es besteht aus der Vorlage (genauer dem Beschluss zur Vorlage) des Jahresabschlusses durch den Vorstand, durch die das rechtlich bedeutsame Begehren nach Billigung der gesamten Rechnungslegung zum Ausdruck gebracht wird, und dem darauf bezogenen Billigungsbeschluss des Aufsichtsrates nebst entsprechender Erklärung nach § 171 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 AktG.17 Der Vorstand beschließt also zunächst, dass der Jahresabschluss in der vorgelegten Form Gesetz und Satzung entspricht und zweckgemäß ist sowie dass er so vom Aufsichtsrat gebilligt und festgestellt werden sollte.18 Sodann beschließt der Aufsichtsrat über die Billigung des Jahresabschlusses. Für die Rechtsnatur der Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats gelten die Ausführungen zu den Verbandsbeschlüssen entsprechend.

III. Eintritt der Wirksamkeit Sowohl der Beschluss wie auch die Feststellung des Jahresabschlusses einer Aktiengesellschaft durch den Vorstand und den Aufsichtsrat werden als Rechtsgeschäft sui generis wirksam, wenn der angestrebte rechtsgeschäftliche Erfolg eintritt. Der Erfolg besteht in der Herbeiführung eines rechtsverbindlichen kollektiven Willens19, sodass ein Beschluss erst dann wirksam ist, wenn zumindest das jeweilige Beschlussorgan bis zur nächsten Beschlussfassung an den Beschluss gebunden ist.20 Wann diese Bindungswirkung eintritt, hängt von der jeweiligen Organisationsform ab. Ein Beschluss wird dabei grundsätzlich mit seinem Zustandekommen wirksam, sofern nicht weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen angeordnet sind.21 Er kommt daher mit dem Zugang der für die Beschlussfassung erforderlichen Zahl zustimmender Stimmabgaben bei den Mitgesellschaftern oder ihren Bevollmächtigten zustande.22 Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH23, die Be16

Vgl. Euler/Klein, in: BeckOGK AktG, § 172, Rn. 1. BGH, Urt. v. 15. 11. 1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, juris Rn. 19. 18 Hennrichs/Pöschke, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 172, Rn. 25. 19 Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 47, Rn. 4; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 51; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I 2, S. 436. 20 Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 455 f. 21 Habersack, Beil. zu ZIP 2016, 23, 24; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 18. 22 Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 28. 17

A. Der Beschluss

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schlüsse der Mitgliederversammlung eines Vereins und die Beschlüsse der Gesellschafter einer Personengesellschaft werden somit grundsätzlich im Zeitpunkt ihres Zustandekommens wirksam.24 Bei den Personengesellschaften sieht das Gesetz zwar keine Gesellschafterversammlung vor, allerdings erfolgt die Willensbildung dort ebenfalls durch Beschluss aller oder der jeweils zuständigen Gesellschafter. Die Stimmabgabe kann dabei auf beliebige Weise erfolgen, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag etwas anderes geregelt ist.25 Der Beschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft wird im Ausgangspunkt mit Beurkundung der Niederschrift wirksam.26 Handelt es sich hingegen um eine nichtbörsennotierte Gesellschaft und ordnet das Gesetz nicht mindestens eine Dreiviertelmehrheit an, ist eine Beurkundung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht erforderlich. Der Beschluss wird dann im Zeitpunkt der Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter wirksam.27 Die Wirksamkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung einer Genossenschaft setzt anders als bei der Aktiengesellschaft zwar grundsätzlich keine Beurkundung der Niederschrift voraus, allerdings hat auch hier erst die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter konstitutive Wirkung.28

IV. Rechtswirkung von Beschlüssen, Innen- und Außenwirkung Die Abgrenzung zwischen der Innen- und der Außenwirkung eines Beschlusses erfolgt nach hiesigem Verständnis danach, ob der Beschluss Rechte und Pflichten gegenüber Dritten begründen kann.29 Als Dritte sind in diesem Kontext Personen zu 23 In einer GmbH ist eine Beschlussfeststellung nur erforderlich, wenn dies ausnahmsweise in der Satzung geregelt ist. Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 54 f.; Noack, in: Noack/ Servatius/Haas, GmbHG, § 47, Rn. 39 f.; Werner, GmbHR 2020, 1168 (1168 f.). 24 Zur GmbH: Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 54 m. w. N. BGH, Urt. v. 28. 01. 1980 – II ZR 84/79, BGHZ 76, 154, juris Rn. 14 f.; BGH, Urt. v. 13. 11. 1995 – II ZR 288/94, NJW 1996, 259, juris Rn. 9 f.; BGH, Urt. v. 11. 12. 2006 – II ZR 166/05, NJW 2007, 917, juris Rn. 19; zum Verein: Leuschner, in: MüKo BGB, § 32, Rn. 50; Schwennicke, in: Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 75; zur Personengesellschaft Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 52. 25 Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 50; Habermeier, in: Staudinger, BGB (2003), § 709, Rn. 16. 26 Habersack, Beil. zu ZIP 2016, 23, 23; Koch, AktG, § 130, Rn. 22; es ist umstritten, ob eine spätere Beurkundung auf die Beschlussfassung zurückwirkt. Die Frage bedarf im hiesigen Kontext jedoch keiner Beantwortung. Vgl. zum Meinungsstand Drescher, in: Festschrift Bergmann, S. 169 f. 27 Austmann, in: Münchener HB GesR IV, § 40, Rn. 51; Grundmann, in: GK AktG (4. Aufl.), § 133, Rn. 131, der von der „Verkündung“ spricht; so auch Arnold, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 133, Rn. 73. 28 BGH, Urt. v. 23. 09. 1996 – II ZR 126/95, NJW 1997, 318, juris Rn. 21 f.; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 47, Rn. 1. 29 Vgl. Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 429 f.; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 53 f.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

verstehen, die weder Mitglied noch Organwalter des Verbandes sind, sowie Mitglieder und Organwalter, soweit sie außerhalb ihres mitgliedschaftlichen oder organschaftlichen Rechtsverhältnisses mit der Gesellschaft Rechtsbeziehungen eingehen.30 Dementsprechend kommt einem Beschluss über die Bestellung, Abberufung oder Entlastung von Organmitgliedern eine Außenwirkung zu. Entsprechendes gilt für den Fall der Bestellung eines besonderen Vertreters oder eines Sonderprüfers. In diesen Fällen ist der Beschluss ausnahmsweise selbst maßgeblich für die Rechtsbeziehung eines Dritten zum Verband.31 Ein Beschluss allein kann ansonsten aber weder Rechte noch Pflichten Dritter begründen.32 Häufig zu lesen ist dabei, dass die Wirkung des Beschlusses grundsätzlich nur in Form der Bindungswirkung gegenüber den Mitgliedern und Organen der Gesellschaft (also im Innenverhältnis) bestehe.33 Die Mitglieder und Organe müssten den Beschluss insofern respektieren und ihrem weiteren Handeln zugrunde legen, sofern es mit dem Beschluss im Zusammenhang steht.34 Mit dem rechtsverbindlichen Entschluss, den die Gesellschafter durch den Beschluss gefasst haben, kann jedoch auch unmittelbar die materielle Rechtslage geändert werden. In diesem Fall kommt dem Beschluss zusätzlich eine Gestaltungswirkung zu.35 So entsteht beispielsweise die Pflicht der Vereinsmitglieder, einen erhöhten Mitgliedsbeitrag zu zahlen, nicht nur deshalb, weil sie an den Beschluss über die Erhöhung gebunden sind, sondern ebenso, weil der Beschluss die materielle Rechtslage hinsichtlich der Beitragshöhe geändert hat.36 Genauso ändert ein satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder im Zeitpunkt seiner Eintragung37 deren Vergütungsanspruch.38 Ähnlich wie ein Vertrag, der nicht nur eine Verbindlichkeit zwischen den Vertragsparteien schafft, sondern die materielle Rechtslage gestaltend verändert, indem Rechte und Pflichten der Vertragspartner begründet werden, kann aber auch nicht im Falle eines rechtsgestaltenden Inhalts eines Beschlusses von einer Außenwirkung gesprochen werden. In beiden Fällen müssen Dritte die Rechtsänderung lediglich hinnehmen.39 Um eine Außenwirkung zu erlangen, bedürfen Verbands30

Vgl. Stephan/Tieves, in: MüKo GmbHG, § 37, Rn. 165 ff.; Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, § 27, Rn. 15. 31 Kubis, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 119, Rn. 19; Koch, AktG, § 119, Rn. 12; Drinhausen, in: Hölters/Weber, AktG, § 119, Rn. 5; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 108. 32 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 39; Hüffer/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, § 47, Rn. 39; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 10, 11. 33 Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 47, Rn. 9; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 10. 34 Ernst, in: Festschrift Leenen, S. 1 (25 f.). 35 Vgl. Stein, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 181, Rn. 71. 36 Vgl. Ernst, in: Festschrift Leenen, S. 1 (26), der jedoch lediglich auf die Bindungswirkung abstellt. 37 Stein, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 181, Rn. 71 f.; Holzborn, in: BeckOGK AktG, § 181, Rn. 40 f.; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 181, Rn. 12; Koch, AktG, § 181, Rn. 24 f. 38 Vgl. Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 113, Rn. 37. 39 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 221.

A. Der Beschluss

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beschlüsse daher grundsätzlich entweder der Umsetzung, also eines Durchführungsgeschäfts40, oder einer Vereinbarung, wonach das Bestehen des Beschlusses für die Rechte eines Dritten von Bedeutung sein soll. 1. Durchführungsgeschäfte Der Beschluss stellt neben dem jeweiligen Durchführungsgeschäft ein eigenes Rechtsgeschäft dar. Die Bindung zwischen dem Verband und dem Dritten besteht also durch das Rechtsgeschäft mit dem Dritten und nicht durch den Beschluss. Gleichwohl überzeugt die Auffassung nicht, wonach solche Beschlüsse ausschließlich innerhalb des Verbandes, also gegenüber ihren Mitgliedern und Organen wirken sollen und nicht gegenüber außenstehenden Dritten41, weil sich die Bedeutung des Beschlusses für Dritte darauf beschränke, dass sie diesen hinnehmen müssten.42 Schließlich kann der Beschluss eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Durchführungsgeschäfts darstellen, sodass dessen Bestand von der Wirksamkeit des Beschlusses abhängen kann.43 Zwar mag es zutreffen, dass der Dritte vor Abschluss des Durchführungsgeschäfts den vorgreiflichen Beschluss der Mitgliederversammlung lediglich so hinnehmen muss, wie er getroffen wird. Allerdings gilt das nicht mehr, nachdem der Beschluss vollzogen wurde. Ein Beschluss ist die Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts mit einem Dritten, wenn ein Außengeschäft der Zustimmung eines anderen Verbandsorgans bedarf. Hierbei ist zwischen der Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung und der bloßen Billigung von Geschäftsführungsmaßnahmen zu unterscheiden. Ist ein Beschluss lediglich auf die Billigung einer nach außen gerichteten Geschäftsführungsmaßnahme der Vertretungsorgane gerichtet, so ist er grundsätzlich abstrakt vom Durchführungsgeschäft und entfaltet keine Rechtswirkungen gegenüber dem Dritten. In der Satzung des Verbandes kann beispielsweise geregelt sein, dass bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen der Zustimmung der Gesellschafter bedürfen.44 Zudem ist es möglich, dass das Leitungsorgan die Verbandsmitgliederversammlung um die Zustimmung zu einer Geschäftsführungsmaßnahme bittet. Schließlich statuierte der BGH in seinen Urteilen zu den Fällen Holzmüller45 40 Spindler, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 118, Rn. 13; Kubis, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 118, Rn. 9; Rieckers, in: Spindler/Stilz, AktG, § 133, Rn. 3; Koch, AktG, § 133, Rn. 4; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 53 f.; Tröger, in: KK AktG, § 133, Rn. 35 f., 221 f.; Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 29; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 11; Grundmann, in: GK AktG (4. Aufl.), 133, Rn. 146. 41 Fehrenbach, Der fehlerhafte Gesellschafterbeschluss in der GmbH, S. 170; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 50 f. 42 Vgl. Fehrenbach, Der fehlerhafte Gesellschafterbeschluss in der GmbH, S. 170. 43 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 40; Hüffer/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, § 47, Rn. 40; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 104 ff. 44 Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 221, Rn. 150. 45 BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 – 144 (Holzmüller).

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

und Gelatine46 in Ausnahmefällen die Pflicht des Vorstandes, bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Interessen der Aktionäre eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen.47 Diese Zustimmungen, die hier zum Zwecke der besseren Nachvollziehbarkeit als Billigung bezeichnet werden, sind indes keine Wirksamkeitsvoraussetzungen. Dahinter steht, dass die als juristische Person organisierten Verbände gemäß § 78 AktG, § 35 GmbHG, § 26 Abs. 1 BGB und § 26 Abs. 1 GenG gerichtlich und außergerichtlich durch das jeweilige Leitungsorgan vertreten werden. Die Vertretungsmacht dieser Leitungsorgane ist gegenüber Dritten bei allen juristischen Personen bis auf den Verein (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB) weder durch die Satzung noch durch einen Beschluss, sondern nur durch das Gesetz beschränkbar (§ 82 Abs. 1 AktG, § 37 Abs. 2 GmbHG, § 27 Abs. 2 GenG).48 Das Gleiche gilt für den Fall, dass die juristische Person in bestimmten Fällen durch das Aufsichtsorgan vertreten wird, wie es beispielsweise gemäß § 112 AktG der Fall ist.49 Das materiell-rechtliche Bindeglied zwischen dem Beschluss und dem Rechtsgeschäft mit dem Dritten besteht somit in der Vertretungsmacht des Leitungsorgans. Da dessen Vertretungsmacht grundsätzlich nicht durch die Satzung oder einen Beschluss der Hauptversammlung beschränkt werden kann, ist der Beschluss abstrakt vom Durchführungsgeschäft.50 Das Fehlen des Beschlusses oder dessen Nichtigkeit führt daher nicht zur Unwirksamkeit des Durchführungsgeschäfts.51 Der Beschluss ist lediglich vorgreiflich für das spätere Rechtsgeschäft mit dem Dritten, insofern er in tatsächlicher Hinsicht darüber entscheidet, ob das Leitungsorgan aufgrund seiner innergesellschaftlichen Beschränkung das Geschäft mit dem Dritten durchführt. Eine Ausnahme besteht nur in den Fällen, in denen das Leitungsorgan mit dem Dritten kollusiv zusammenwirkt oder es anderweitig seine Vertretungsmacht missbraucht und der Dritte dies weiß oder wissen muss.52 Wirken das Leitungsorgan und der Dritte kollusiv zusammen, ist das Durchführungsgeschäft nach h. M. gemäß § 138 BGB nichtig und nicht genehmigungsfähig.53 Liegt außerhalb einer Kollusion 46 BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 - II ZR 155/02, BGHZ 159, 30 (Gelatine I); BGH, Urt. v. 26. 04. 2004 – II ZR 154/02, NZG 2004, 575 (Gelatine II). 47 Krieger, in: Münchener HB GesR IV, § 70, Rn. 9; Koch, AktG, § 119, Rn. 16 f.; Fleischer, NJW 2004, 2335; Drygala u. a., Kapitalgesellschaftsrecht, S. 470, Rn. 200. 48 Leuschner, in: MüKo BGB, § 26, Rn. 30; Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 26, Rn. 86; Brondics, Die Aktionärsklage, S. 114; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 V 2. 49 Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 112, Rn. 3. 50 Vgl. zur Zustimmungspflicht nach den Holzmüller-Grundsätzen Deilmann/Messerschmidt, NZG 2004, 977, 978. 51 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 73. 52 Oetker, in: Henssler/Strohn, GesR, § 37 GmbHG, Rn. 23; Stephan/Tieves, in: MüKo GmbHG, § 37, Rn. 172 ff.; Kalss, in: MüKo AktG, § 82, Rn. 75; Hüffer/Koch, AktG, § 82, Rn. 6 ff.; Schubert, in: MüKo BGB, § 164, Rn. 225 ff.; Lieder, JuS 2014, 681 (682 f.); Fleischer, NZG 2005, 529 (530); BGH, Urt. v. 29. 10. 2020 – IX ZR 212/19, NZG 2021, 239, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 39 f. 53 Hüffer/Koch, AktG, § 82, Rn. 6; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 82, Rn. 9; Spindler, in: MüKo AktG, § 82, Rn. 60; Fleischer, in: BeckOGK AktG, § 82, Rn. 13; Spindler, in: MüKo

A. Der Beschluss

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ein Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht vor, so ist die Rechtsfolge umstritten. Während einerseits angenommen wird, dass die Gesellschaft dem Dritten die Arglisteinrede entgegenhalten kann54, wird andererseits angenommen, dass die §§ 177 ff. BGB analog Anwendung finden.55 Vermittelnd wird darauf abgestellt, dass die Außenwirkung des Verstoßes aus § 242 BGB folgt, während sich die Rechtsfolgen, wie die Genehmigungsmöglichkeit, aus den § 177 ff. BGB analog ergeben.56 Der Streit muss hier nicht entschieden werden, da sich in jedem Fall, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, die Beschränkung im Innenverhältnis auf das Außenverhältnis auswirkt. Ebenso wirkt sich eine Fehleridentität (z. B. § 134 BGB) auf beide Rechtsgeschäfte aus. Dabei schlägt der Mangel des Beschlusses jedoch grundsätzlich nicht auf das Durchführungsgeschäft durch. Vielmehr stellen die Umstände, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, einen eigenständigen Nichtigkeitsgrund des Durchführungsgeschäfts dar.57 Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen die Vertretungsmacht der Leitungsorgane gesetzlich beschränkt wird. In diesen Fällen setzt das Gesetz für den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts mit einem Dritten die Zustimmung eines anderen Organs voraus. Entsprechende Zustimmungserfordernisse sind beispielsweise für die Aktiengesellschaft in §§ 13, 65 UmwG, §§ 50, 53, 93 Abs. 4 Satz 1, 116, 117 Abs. 4, 179a, 293, 309 Abs. 3 Satz 1, 317 Abs. 4, 310 Abs. 4, 318 Abs. 4 und 323 Abs. 1 AktG geregelt. Für die Genossenschaft ergeben sich Zustimmungserfordernisse der Generalversammlung aus §§ 13, 84 UmwG und des Aufsichtsrats aus § 39 Abs. 2 GenG. Für die GmbH findet sich ein gegenüber Dritten wirkendes Zustimmungserfordernis in §§ 13, 50 UmwG. Bei einem Verein kann sich ein Zustimmungserfordernis der Mitgliederversammlung aus einer entsprechenden Satzungsregelung ergeben, die im Vereinsregister eingetragen ist (§§ 26 Abs. 1 Satz 3, 69, 70 BGB). Zudem wurrde bis zur Entscheidung des BGH im Jahr 2019 AktG, § 82, Rn. 60; Habersack/Foerster, in: GK AktG (5. Aufl.), § 82, Rn. 11; Stephan/Tieves, in: MüKo GmbHG, § 37, Rn. 180; BGH, Urt. v. 28. 01. 2014 – II ZR 371/12, NZG 2014, 389, juris Rn. 10; Baukelmann, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 37, Rn. 54; a. A. Paefgen, in: H/C/L, GmbHG, § 37, Rn. 98; Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 37, Rn. 71. 54 Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 82, Rn. 10; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 82 AktG, Rn. 12; Spindler, in: MüKo AktG, § 82, Rn. 66. 55 Habersack/Foerster, in: GK AktG (5. Aufl.), § 82, Rn. 14; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 82, Rn. 7; Stephan/Tieves, in: MüKo GmbHG, § 37, Rn. 180; Oetker, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 37 GmbHG, Rn. 26; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen (10. Aufl.), GmbHG, § 37, Rn. 45; Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 37, Rn. 72; Paefgen, in: H/C/L, GmbHG, § 37, Rn. 95; vgl. auch BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 40: „In einem solchen Fall ist die von dem Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung unwirksam.“ 56 Fleischer, in: BeckOGK AktG, § 82, Rn. 16; Hüffer/Koch, AktG, § 82, Rn. 7a; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 10 II 2 b. 57 Vgl. Schubert, in: MüKo BGB, § 164, Rn. 222; Casper, Die Heilung nichtiger Beschlüsse im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 167 f.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

verbreitet eine analoge Anwendung von § 179a AktG auf Genossenschaften, Vereine, GmbHs und Personengesellschaften befürwortet.58 Darüber hinaus ergibt sich gesellschaftsübergreifend ein Zustimmungserfordernis aus § 181 BGB, sofern keine Befreiung geregelt ist.59 Der Unterschied solcher Zustimmungserfordernisse zur bloßen Billigung ist, dass sie eine Wirksamkeitsvoraussetzung des Durchführungsgeschäfts darstellen. In dieser besteht dann die Außenwirkung des Beschlusses.60 Die Konstellation soll hier anhand von § 179a Abs. 1 AktG dargestellt werden, da die Vorschrift häufig zur Darstellung der Außenwirkung von Gesellschaftsbeschlüssen herangezogen wird.61 Gemäß § 179a Abs. 1 AktG bedarf ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne dass die Übertragung unter die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes fällt, selbst dann eines Beschlusses der Hauptversammlung nach § 179 AktG, wenn damit nicht eine Änderung des Unternehmensgegenstandes verbunden ist. Auch in den Fällen, in denen das Gesetz die Zustimmung der Hauptversammlung erfordert, sind die unterschiedlichen Rechtsgeschäfte62 in Form des Zustimmungsbeschlusses und des Durchführungsgeschäfts im Ausgangspunkt abstrakt voneinander. Das gesetzliche Erfordernis, dass ein Beschluss der Hauptversammlung für bestimmte Rechtsgeschäfte der Gesellschaft vorliegen muss, stellt einen Fall der Beschränkung der Vertretungsmacht kraft Gesetzes dar.63 Das jeweilige Organ bedarf dann einer rechtsgeschäftlichen Ermächtigung durch die Hauptversammlung in Form eines Zustimmungsbeschlusses.64 Mit der Zustimmung wird das Organ des Verbandes zur Abgabe oder Annahme eines Angebots zum Abschluss eines Vertrages nach § 179a AktG ermächtigt. Der Vorstand oder der Aufsichtsrat handelt demzufolge als Vertreter ohne Vertretungsmacht, wenn er ohne 58

Vgl. Stellmann/Stoeckle, WM 2011, 1983 (1983 f.); Eschwey, MittBayNot 2018, 299 (307 f.); Leitzen, NZG 2012, 491 (493 f.); die analoge Anwendung von § 179a AktG auf die GmbH aber ablehnend BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 11 ff. m. w. N. 59 Zum Verein: Schwennicke, in: Staudinger, BGB (2019), § 26, Rn. 99; Leuschner, in: MüKo BGB, § 26, Rn. 27; zur GmbH unter Berücksichtigung von § 112 AktG: Liebscher, in: Beck’sches Hb. AG, § 6, Rn. 12; für die Genossenschaft: Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, § 27 GenG, Rn. 6; für die GmbH: Beurskens, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 37, Rn. 58. 60 BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 10 m. w. N.; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 431; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 30 V 2. 61 Vgl. Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 248, Rn. 35; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 22; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248, Rn. 10; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 248, Rn. 11. 62 Vgl. BGH, Urt. v. 05. 05. 2003 – II ZR 50/01, NJW-RR 2003, 1196, juris Rn. 10. 63 Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 78, Rn. 11; Haberstock/Greitemann, in: Hölters/ Weber, AktG, § 179a, Rn. 7; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 59; Haas/Wigand, in: Handbuch Managerhaftung, § 20, Rn. 20.72. 64 Schließlich wird auch die Organstellung rechtsgeschäftlich durch eine Bestellung verliehen, Bitter/Röder, BGB AT, Rn. 70; Medicus/Petersen, BGB AT, Rn. 926.

A. Der Beschluss

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einen Zustimmungsbeschluss agiert.65 Dies entspricht der zivilrechtlichen Auffassung, wonach § 177 BGB umfassende Geltung beansprucht und somit auch auf Organe anwendbar ist, die die Grenzen ihrer Vertretungsmacht überschreiten.66 Deshalb ist das zustimmungsbedürftige Rechtsverhältnis mit dem Vertragspartner bis zur Zustimmung in Form der Einwilligung oder der Genehmigung durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung gemäß § 177 BGB schwebend unwirksam.67 Wird sie verweigert, ist das Rechtsgeschäft zwischen dem Verband und dem Vertragspartner endgültig unwirksam, § 177 Abs. 2 Satz 2 a. E. BGB.68 2. Die Feststellung des Jahresabschlusses Der Feststellung des Jahresabschlusses kann ebenfalls nur dann eine Außenwirkung beigemessen werden, wenn die Rechte Dritter aufgrund einer gesonderten Vereinbarung von der Feststellung abhängen. Durch die Feststellung des Jahresabschlusses wird dieser verbindlich. Damit ist er für Gewinnansprüche der Verbandsmitglieder maßgeblich.69 Für den Verband bildet der festgestellte Jahresabschluss die Anfangsbilanz des folgenden Geschäftsjahres.70 Insoweit wird vertreten, dass mit der Feststellung71, der Unterzeichnung72 oder mit der Veröffentlichung73 des Jahresabschlusses eine Bindungswirkung nach außen gegenüber Dritten eintritt, die vertragliche Ansprüche aus dem Zahlenwerk ableiten können. Diese Auffassung ist jedoch abzulehnen. Zwar können die Werte im (festgestellten) Jahresabschluss tatsächlich für Dritte, beispielsweise in Form einer Gewinnabführung, einer erfolgsbasierten Vergütung (Bonus/Tantieme) oder einer 65 Spindler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 93, Rn. 286; Hopt/Markus Roth, in: GK AktG (5. Aufl.), § 93, Rn. 533; vgl. BGH, Urt. v. 25. 02. 1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, juris Rn. 21; vgl. auch zu § 50 AktG: Koch, AktG, § 50, Rn. 4; Arnold, in: KK AktG, § 50, Rn. 28; Ehricke, in: GK AktG (5. Aufl.), § 50, Rn. 45; Wilhelmi, Godin/Wilhelmi, AktG (4. Aufl.), § 50, Anm. 5; Körber/König, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 50, Rn. 7; a. A. Pentz, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 50, Rn. 24. 66 Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 177, Rn. 1; Schubert, in: MüKo BGB, § 177, Rn. 3; Schilken, in: Staudinger, BGB (2019), § 177, Rn. 3; Köhler, NZG 2008, 161 (163); Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 51, Rn. 20; Maier-Reimer, in: Erman BGB, § 177, Rn. 6; Frensch, in: P/W/V, BGB, § 177, Rn. 3. 67 Vgl. Haas/Wigand, in: Handbuch Managerhaftung, § 20, Rn. 20.73; Winter, in: Schmitt/ Hörtnagel/Stratz, UmwG, § 13 UmwG, Rn. 9. 68 BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 10 m. w. N. 69 Vgl. zur GmbH BGH, Urt. v. 02. 03. 2009 – II ZR 264/07, NZG 2009, 659, juris Rn. 15. 70 Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 20. 71 Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 172, Rn. 7; Koch, AktG, § 172, Rn. 2; Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 20; Vetter, in: GK AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 12. 72 Ekkenga, in: KK AktG, § 172, Rn. 7, der allerdings nur in Ausnahmefällen eine Außenwirkung anerkennt, wenn es um ein Gesellschafterdarlehen geht; a. A. Koch, AktG, § 172, Rn. 6. 73 Steiner, in: Heidel AktG, § 172, Rn. 13.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

Teilhabe am Unternehmenserfolg (Genussrechte) maßgeblich sein. Gleichwohl sind hier ebenfalls die unterschiedlichen Rechtsgeschäfte zu unterscheiden.74 So existiert auf der einen Seite das Rechtsgeschäft sui generis in Form der Feststellung des Jahresabschlusses. Auf der anderen Seite besteht das Rechtsgeschäft mit dem Dritten in Form eines Gewinnabführungsvertrages, eines Arbeitsvertrages oder einer Genussrechtevereinbarung. Die Feststellung des Jahresabschlusses selbst ist in solchen Konstellationen üblicherweise lediglich der vertragliche Bezugspunkt für den Zeitpunkt, in dem der jeweilige Anspruch nach dem Vertrag entstehen75 oder fällig werden76 soll. Notwendig ist das jedoch nicht. So kann vertraglich ebenso bestimmt werden, dass der Anspruch unabhängig von der Feststellung zum Bilanzstichtag entsteht und fällig wird.77 Der Dritte muss die Werte im Jahresabschluss somit nicht etwa wegen der Feststellung gegen sich gelten lassen, sondern weil er mit dem Verband vertraglich vereinbart hat, dass der festgestellte Jahresabschluss für die Bemessung der vertraglichen Ansprüche maßgeblich sein soll.78 Gerade weil die Feststellung Dritte nicht an die Werte im Jahresabschluss bindet, können sie sich unabhängig von der (wirksamen) Feststellung des Jahresabschlusses auf dessen Unrichtigkeit berufen.79 Etwas anderes gilt nur dann, wenn ihre Rechte schuldrechtlich von der Feststellung des Jahresabschlusses selbst bzw. ihrer Wirksamkeit abhängen.80 Dritte sind daher nur dann ausnahmsweise an die konkreten Werte im Jahresabschluss gebunden, wenn sich dies aus dem Vertrag mit dem Verband ergibt oder sie auf der Basis des festgestellten Jahresabschlusses ihre Ansprüche geltend machen und damit konkludent das Angebot des Verbandes auf Abschluss eines Feststellungsvertrages (kausales Anerkenntnis) annehmen.81 Ob und inwieweit die Feststellung des Jahresabschlusses gegenüber Dritten verbindlich ist, hängt daher

74

Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 430. Vgl. Giehl, in: Beck’sche Online-Formulare Vertrag, 7.12.1.2, Anm. 6a. 76 Vgl. Kolberg, in: Formularbuch Recht und Steuern, B. 8a. Genussrechte; Herfs/ Schwander, in: Beck’sches Fb Zivil-, Wirtschafts- und Unternehmensrecht, M. 4. Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit einer GmbH – Domination and profit transfer agreement with a GmbH; Schimmelpfennig, in: Beck’sche Online-Formulare Vertrag, 2.1.8 Arbeitsvertrag (ausführlich). 77 Strangl/Winter, in: Formularbuch Recht und Steuern, A. 10.01 Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen AG mit außenstehenden Aktionären. 78 Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 56; vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234, juris Rn. 21 ff. 79 Klimke, in: BeckOK HGB, § 120, Rn. 16; Schäfer, in: GK HGB, § 120, Rn. 17; Scholz, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I, 599; Priester, in: MüKo HGB, § 120, Rn. 64; Schulze-Osterloh, in: Festschrift Westermann, S. 1487 (1487, 1489). 80 Vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234, juris Rn. 25. 81 Scholz, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I 599; Schäfer, in: GK HGB, § 120, Rn. 17; Lieder, in: Oetker, HGB, § 120, Rn. 26; Habersack, in: MüKo BGB, § 781, Rn. 25; Priester, in: MüKo HGB, § 120, Rn. 64. 75

B. Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

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nicht von der Feststellung, sondern von der Auslegung der Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Verband ab.82 Eine Bindungswirkung im Außenverhältnis durch die Veröffentlichung ist ebenfalls abzulehnen. Die Offenlegung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses gemäß § 325 Abs. 2 HGB dient lediglich der Information. Dadurch soll den (aktuellen und potenziellen) Gläubigern, den Arbeitnehmern, deren Repräsentanten und der Allgemeinheit eine allgemein zugängliche Informationsquelle verschafft werden. Ihnen wird dadurch die Möglichkeit gegeben, sich ein Bild über die Lage und Entwicklung des Verbandes zu machen.83 Insoweit nehmen Außenstehende durch die Veröffentlichung lediglich den Inhalt des Abschlusses zur Kenntnis und leiten daraus gegebenenfalls Schlussfolgerungen ab, um möglicherweise weitere Entscheidungen zu treffen. Das reicht aber nicht aus, um von einer nach außen wirkenden Bindung an den Jahresabschluss auszugehen. Daher steht eine Offenlegung nicht einer Änderung des Jahresabschlusses entgegen.84

B. Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht dient der Schaffung von Rechtssicherheit. Da es sich bei einem Beschluss sowie bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft um Rechtsgeschäfte handelt, würde ein Gesetzes- oder Sittenverstoß stets zu deren Nichtigkeit führen (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB). Das hätte zur Folge, dass die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses noch lange Zeit später geltend gemacht werden könnte, sodass sämtlichen auf diesem Beschluss beruhenden Entwicklungen der Boden entzogen werden würde.85 Kernanliegen des verbandsrechtlichen Beschlussmängelrechts ist es daher, die Möglichkeit der Geltendmachung eines Beschlussmangels zeitlich zu begrenzen und an eine bestimmte Form zu binden, damit ab einem gewissen Zeitpunkt auf den Bestand des Beschlusses vertraut werden kann.86 Ein Beschlussmangel liegt danach grundsätzlich vor, wenn der Beschluss fehlerhaft ist. Der Fehlerhaftigkeitsbegriff des Beschlussmängelrechts ist identisch mit dem des allgemeinen Zivilrechts. Das bedeutet, dass ein Beschluss in der Regel

82 Hennrichs/Pöschke, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 172, Rn. 74; Euler/Klein, in: BeckOGK AktG, § 172, Rn. 35; vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234, juris Rn. 21 ff.; LG Arnsberg, Urt. v. 22. 01. 2019 – 4 O 169/18, ZInsO 2019, 811, juris Rn. 33. 83 Fehrenbacher, in: MüKo HGB, § 325, Rn. 6. 84 Euler/Klein, in: BeckOGK AktG, § 172, Rn. 37. 85 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 15 V 6. 86 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 243, Rn. 5; Drescher, in: BeckOGK AktG, § 243, Rn. 4; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 243, Rn. 1.

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fehlerhaft ist, wenn er nicht den Anforderungen entspricht, die das Gesetz oder die Verbandssatzung aufstellen.87 Festzuhalten ist dabei zunächst, dass es nicht „das“ eine verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht gibt. Stattdessen richtet es sich nach der jeweiligen Verbandsform. Gesetzliche Regelungen existieren allerdings lediglich zur Aktiengesellschaft und zur Genossenschaft.88 Einzig das Aktienrecht enthält in den §§ 241 ff. AktG detailliertere Regelungen zum Beschlussmängelrecht.89 Danach führt ein Beschlussmangel im Normalfall „nur“ zur Anfechtbarkeit und nur in wenigen besonders gravierenden Fällen zur Nichtigkeit. Der Unterschied dieser beiden Fehlerkategorien besteht darin, dass die Anfechtbarkeit binnen eines Monats gerichtlich geltend gemacht werden muss, während die Nichtigkeit – vorbehaltlich einer etwaigen Heilung – unbegrenzt und unabhängig von einer Klage geltend gemacht werden kann.90 Mit dieser Differenzierung hinsichtlich der Fehlerfolgen und der daran anknüpfenden Folgen hat das Aktienrecht insbesondere im Kapitalgesellschaftsrecht Modellcharakter.91 Aber auch das Beschlussmängelrecht zum Verein und zur Personengesellschaft greift auf die Grundsätze des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts zurück, obwohl die h. M. noch immer eine analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG ablehnt.92 Das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht stellt daher den Ausgangspunkt der folgenden Darstellungen zum Beschlussmängelrecht dar, auf dem die Darstellungen zu den anderen Verbandsformen dann aufbauen.

I. Das aktienrechtliche Beschlussmängelrecht Nach der dem AktG zugrundliegenden Systematik kann ein Beschluss wirksam, unwirksam, nichtig oder anfechtbar sein.93 Das Beschlussmängelrecht im eigentlichen Sinne bezieht sich dabei nur auf anfechtbare und nichtige Beschlüsse. Diese werden im Wege einer Anfechtungsklage oder einer Nichtigkeitsklage der gerichtlichen Kontrolle zugeführt. Diese Beschlussmängelklagen können nur von den im Gesetz benannten Personen erhoben werden. Andere Personen können eine Beschlussmängelklage nur im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage erheben. Klagegegner ist stets die Gesellschaft (§ 246 Abs. 2 Satz 1 AktG). Wer im Beschlussmängelstreit zur Vertretung der Gesellschaft berufen ist, bestimmt sich da87

Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 468 (vgl. dort auch zur Fehlerhaftigkeit durch außerkorporative Abstimmungen bei der GmbH Fn. 2212). 88 Vgl. aber zur WEG als einem i. w. S. personalistischen Zweckverband auch § 23 Abs. 4 WEG. 89 Bayer/Möller, NZG 2018, 801, 801. 90 Schäfer, Gesellschaftsrecht, § 43, Rn. 13. 91 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 243, Rn. 8. 92 Koch, in: Gutachten zum 72. Deutschen Juristentag, S. F 1 (F 9). 93 Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, 472 f.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 1, S. 441.

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nach, ob es sich beim Kläger um einen Aktionär, den Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein Mitglied des Aufsichtsrats handelt. 1. Die einzelnen Fehlerkategorien und ihre Abgrenzung Da die Art der Geltendmachung eines Beschlussmangels von der Folge des Beschlussmangels abhängt, sind zunächst die unterschiedlichen Fehlerkategorien zu betrachten. Hier ist zwischen Mängeln, die zur Nichtigkeit, und Mängeln, die zur Anfechtbarkeit führen, zu unterscheiden. a) Nichtigkeit Ein Beschluss ist aufgrund des sich aus §§ 241, 250, 253 und 256 AktG ergebenden Numerus clausus der Nichtigkeitsgründe nur dann nichtig, wenn ein gesetzlich geregelter Nichtigkeitsgrund vorliegt.94 Hier ist zum Teil eine Abgrenzung zwischen einem schwebend unwirksamen und einem endgültig unwirksamen Beschluss schwierig. Ein Beschluss ist schwebend unwirksam, wenn der Tatbestand des Beschlusses als Rechtsgeschäft sui generis erfüllt ist, der Beschluss jedoch noch eines weiteren Wirksamkeitserfordernisses bedarf, das noch nicht erfüllt ist.95 Steht fest, dass die Wirksamkeitsvoraussetzung nicht mehr eintritt, wird der schwebend unwirksame Beschluss endgültig unwirksam.96 Im Falle des § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG hat das zur Folge, dass der Beschluss endgültig unwirksam ist, wenn feststeht, dass eine Beurkundung im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG nicht mehr erfolgt.97 Der Unterschied zwischen einem nichtigen und einem unwirksamen Beschluss besteht somit darin, dass ein unwirksamer Beschluss eigentlich ein inhaltlich zutreffender, aber unvollständiger Beschluss ist, während ein nichtiger Beschluss inhaltlich fehlerhaft ist oder fehlerhaft zustande gekommen ist.98 Daher handelt es sich bei der Unwirksamkeit nicht um einen Beschlussmangel im eigentlichen Sinne.99 Gleichwohl kann auch die Unwirksamkeit eines Beschlusses im Klagewege gerügt werden,100 sodass die Kategorie des unwirksamen Beschlusses im hiesigen Kontext nicht außen vor bleiben kann. Das gilt umso mehr, als das Gesetz nicht konsequent die Differenzierung zwischen der Unwirksamkeit und der Nichtigkeit einhält. Bei94 Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 472; Zöllner, in: Aktienrecht im Wandel, S. 493, III, 10, Rn. 62; Pöschke, Satzungsdurchbrechende Beschlüsse in GmbH und AG, S. 108; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 7; Koch, AktG, § 241, Rn. 1; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 241, Rn. 3. 95 Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 20 f. 96 Casper, Die Heilung nichtiger Beschlüsse im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 39; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 18. 97 Drescher, in: Festschrift Bergmann, S. 169 (176 f.). 98 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 89. 99 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 89. 100 Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 17.

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spielsweise ist die fehlende notarielle Beurkundung zwar Wirksamkeitsvoraussetzung, gleichwohl bestimmt § 241 Nr. 2 AktG aber, dass der Beschluss nichtig ist, wenn er nicht gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG beurkundet wurde. Ebenso verhält es sich bei den im Einleitungssatz des § 241 AktG angesprochenen Fällen der §§ 217 Abs. 2 Satz 4, 228 Abs. 2 Satz 1, 234 Abs. 3 Satz 1 und 235 Abs. 2 Satz 1 AktG. Hier ordnet das Gesetz ebenfalls eine Nichtigkeit an, obwohl es sich um typische Fälle der Unwirksamkeit handelt.101 Trotz dieser Gleichschaltung zwischen Unwirksamkeit und Nichtigkeit in einigen Fällen ist vor allem für das Beschlussmängelrecht eine Differenzierung zwischen unwirksamen und nichtigen Beschlüssen wegen des Numerus clausus der Nichtigkeitsgründe von Bedeutung. Leidet der Beschluss an einem Nichtigkeitsgrund, kann er gemäß § 249 AktG mit der Nichtigkeitsklage angegriffen werden. Es ist unerheblich, ob der Beschluss überdies unwirksam ist, weil er (noch) unvollständig ist.102 Wird jedoch gerügt, dass eine Wirksamkeitsvoraussetzung (noch) nicht eingetreten ist, dann muss diese Rüge im Wege der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO verfolgt werden.103 Die Ausnahme bilden hierbei wiederum Fälle wie §§ 130 Abs. 1 Satz 1, 241 Nr. 2 AktG, in denen das Gesetz die Unwirksamkeit als Nichtigkeit behandelt. b) Anfechtbarkeit Ein Beschluss ist anfechtbar, wenn er im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG einen Beschlussmangel aufweist, ohne dass ein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 241 AktG vorliegt. Anfechtungsgründe stellen somit solche Beschlussmängel dar, die es zwar rechtfertigen, dass sie ein Berechtigter im Wege einer Anfechtungsklage beseitigen kann, die aber nicht so gravierend sind, dass der Beschluss gleich kraft Gesetzes nichtig sein müsste.104 Daher wird die Anfechtbarkeit auch als schwebende Wirksamkeit klassifiziert.105

101

Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 91; vgl auch Koch, AktG, § 241, Rn. 13. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 20. 103 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 94 f.; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 241, Rn. 9; Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 17; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 19, danach kann eine endgültige Unwirksamkeit analog § 249 AktG geltend gemacht werden. 104 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 243, Rn. 1. 105 Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 476 f.; Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 133; vgl. auch Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 6, der die erfolgreiche Anfechtung im Sinne einer auflösenden Bedingung zu verstehen scheint. 102

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c) Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung Die Feststellung des Jahresabschlusses einer Aktiengesellschaft durch die Hauptversammlung (§ 173 Abs. 1 Satz 1 AktG) erfolgt durch einen Beschluss der Hauptversammlung.106 Dieser Beschluss stellt somit die rechtsgeschäftliche Grundlage der Feststellung dar, auf die sich die Nichtigkeit gemäß § 256 AktG bezieht.107 Der Beschluss der Hauptversammlung ist nichtig, wenn einer der in § 256 AktG aufgelisteten Mängel vorliegt.108 Ein Beschluss der Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig oder anfechtbar sein (§ 257 AktG). Bei einer Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung besteht somit zunächst kein Unterschied zur Anfechtungsklage gemäß § 246 AktG und zur Nichtigkeitsklage gemäß § 249 AktG.109 Die Besonderheit ergibt sich vielmehr aus dem abschließenden Charakter von § 256 AktG hinsichtlich der inhaltlichen Mängel eines Jahresabschlusses. Sofern eine Klage darauf gestützt werden soll, dass der Inhalt des Jahresabschlusses gegen das Gesetz oder die Satzung verstößt, kann ausschließlich eine Bilanznichtigkeitsklage gemäß § 256 AktG erhoben werden.110 Dies stellt § 257 Abs. 1 Satz 2 AktG klar. d) Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat Die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat als korporationsrechtliches Rechtsgeschäft eigener Art ist im Falle der Bilanznichtigkeitsklage111 Gegenstand der Klage.112 Sie ist somit nichtig, wenn einer dieser beiden Beschlüsse oder beide Beschlüsse an einem Nichtigkeitsgrund i. S. d. § 256 AktG leiden. Die Besonderheit besteht hierbei im Gegensatz zu §§ 246 und 249 AktG, die nur Klagen gegen Beschlüsse der Hauptversammlung regeln, in einem gesetzlich normierten Fall einer Nichtigkeitsklage gegen Beschlüsse des Vorstands und des Aufsichtsrats.113 Zugleich ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu § 257 Abs. 1 Satz 1 AktG, dass diese Beschlüsse entweder wirksam oder nichtig sind, ohne dass die Möglichkeit besteht, dass die fehlerhafte Feststellung durch den Vorstand und den Aufsichtsrat wirksam, aber anfechtbar ist. Immerhin kann danach nur die 106

Waclawik, in: Hölters/Weber, AktG, § 173, Rn. 3. Hennrichs, ZHR 2004, 383, 387. 108 Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 1a. 109 Hennrichs, ZHR 2004, 383, 387. 110 BGH, Urt. v. 15. 11. 1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, juris Rn. 20. 111 Der Begriff „Bilanznichtigkeitsklage“ ist ungenau, da der Jahresabschluss aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB) sowie im Falle einer Kapitalgesellschaft oder einer GmbH & Co KG aus einem Anhang besteht (§§ 264 Abs. 1 Satz 1, 264a HGB). Mit der Bilanznichtigkeitsklage können somit nicht nur Fehler in der Bilanz, sondern auch in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang geltend gemacht werden. 112 Hennrichs, ZHR 2004, 383, 387. 113 Hennrichs, ZHR 2004, 383, 387. 107

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Feststellung durch die Hauptversammlung im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden. e) Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen anderer Organe Beschlüsse anderer Organe als der Hauptversammlung sind dagegen auch bei der Aktiengesellschaft entweder wirksam, unwirksam oder nichtig. Dahingehende Beschlussmängel können ausschließlich im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend gemacht werden.114 2. Die Geltendmachung von Beschlussmängeln Die Art der Geltendmachung eines Beschlussmangels hängt davon ab, ob er zur Anfechtbarkeit oder zur Nichtigkeit des Beschlusses geführt hat. Das Aktiengesetz kennt dementsprechend zwei Arten der Beschlussmängelklage, die Anfechtungsklage gemäß § 246 Abs. 1 AktG und die Nichtigkeitsklage gemäß § 249 AktG. Beide Klagen können nur von bestimmten Personen erhoben werden. Während für eine Anfechtungsklage als Gestaltungsklage ein materielles Gestaltungsrecht (die Anfechtungsbefugnis) erforderlich ist, setzt die Nichtigkeitsklage eine Antragsbefugnis voraus.115 Maßgeblich für die statthafte Klageart ist, ob der Beschlussmangel zur Anfechtbarkeit oder zur Nichtigkeit des Beschlusses führt. Die Abgrenzung zwischen einem Anfechtungsgrund und einem Nichtigkeitsgrund bereitet zum Teil jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Hier lässt sich § 241 Nr. 3 AktG als anschauliches Beispiel benennen, der neben § 241 Nr. 4 AktG abschließend die Nichtigkeit eines Beschlusses wegen inhaltlicher Mängel regelt.116 Danach ist ein Beschluss nichtig, wenn er mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft dienen oder sonst im öffentlichen Interesse sind. Wegen ihres Ausnahmecharakters erfasst die Regelung nur besonders gravierende Verstöße.117 Das wirft die Frage auf, wann ein Verstoß derart schwerwiegend ist, dass der Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig ist.118 So herrscht beispielsweise Uneinigkeit darüber, ob ein Beschluss, der die Bestellung eines besonderen Ver114

Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 97 f. m. w. N.; ausführlich: BGH, Urt. v. 17. 05. 1993 – II ZR 89/92, BGHZ 122, 342, juris Rn. 9 ff.; BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90/ 03, BGHZ 164, 249, Rn. 6 f.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 03. 02. 2011 – 4 U 76/10, NZG 2011, 433, juris Rn. 18; Bayer, in: 50 Jahre Aktiengesetz, 199 (216); zur e. G.: KG Berlin, Urt. v. 15. 09. 2006 – 25 U 16/05, NZG 2007, 312, juris Rn. 77; a. A. Baums, ZGR 1983, 300 (305 f.); Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 565 f. 115 Henze, Aktienrecht – höchstrichterliche Rechtsprechung, Rn. 1006 f.; BGH, Urt. v. 25. 04. 1966 – II ZR 80/65, NJW 1966, 1458, juris Rn. 13. 116 Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 210. 117 Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 241, Rn. 94; Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 211. 118 Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 241, Rn. 89 f.

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treters zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gemäß § 147 AktG zum Gegenstand hat, gemäß § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar oder gemäß § 241 Nr. 3 Alt. 1 AktG nichtig ist, wenn darin der Sachverhalt, der dem Ersatzanspruch zugrunde liegt119, nicht hinreichend bestimmt ist.120 Die Anfechtungsklage ist vom Grundsatz her zwar immer dann statthaft, wenn eine Gesetzes- oder Satzungsverletzung vorliegt, die weder die Nichtigkeit noch die Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge hat.121 Der Streitgegenstand der Anfechtungsklage und der Nichtigkeitsklage ist aber identisch. Deshalb kann ein nichtiger und/oder unwirksamer Beschluss – vorausgesetzt, der Kläger verfügt über eine Anfechtungsbefugnis – zugleich mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden. Damit ist es nicht mehr erforderlich einen Haupt- und einen Hilfsantrag zu stellen oder den Klageantrag hinsichtlich der statthaften Klageart auszulegen122 Erfüllt eine Beschlussmängelklage die Form und Frist sowohl der Anfechtungsklage wie der Nichtigkeitsklage, so kann sie in beiderlei Hinsicht behandelt werden. Etwas anderes gilt einerseits dann, wenn die Anfechtungsfrist verstrichen ist, da dann nur noch eine Nichtigkeitsklage Erfolg haben kann. Voraussetzung ist dann aber, dass ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, sodass die Frage nach der Unterscheidung zwischen einem Anfechtungsgrund und einem Nichtigkeitsgrund wieder auflebt.123 Andererseits kann beispielsweise im Falle einer Beschlussmängelklage gegen die Feststellung des Jahresabschlusses durch den Vorstand und den Aufsichtsrat von vornherein nur eine Nichtigkeitsklage in Form der Bilanznichtigkeitsklage statthaft sein, da es hier eine wirksame, aber anfechtbare Feststellung nicht gibt (arg. e § 257 Abs. 1 Satz 1 AktG). Passivlegitimiert ist stets die Gesellschaft (§ 246 Abs. 2 Satz 1 AktG). Je nachdem ob ein Aktionär, der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats klagt, wird die Gesellschaft vom Vorstand und dem Aufsichtsrat gemäß § 246 Abs. 2 Satz 2 AktG gemeinsam (sog. Doppelvertretung), gemäß § 246 Abs. 2 Satz 3 AktG vom Aufsichtsrat oder gemäß § 246 Abs. 2 Satz 4 AktG vom Vorstand vertreten. Eine Klage gegen eine andere Gesellschaft wäre unbegründet. Eine Klage gegen den Vorstand und/oder den Aufsichtsrat wäre mangels passiver Parteifähigkeit unzulässig.124

119

Rn. 7. 120

Vgl. zu diesem Kriterium Holzborn/Jänig, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 147,

Kocher/Lönner, ZIP 2016, 653, 657; Rieckers/Vetter, in: KK AktG, § 147, Rn. 262. Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 479. 122 Waclawik, Prozessführung im Gesellschaftsrecht, Rn. 48, 146 f.; Meller, in: MAH AktienR, § 39, Rn. 44; Eberl, in: Kölner HB-HGR, Kap. 13, Rn. 1591; Wilk, in: Münchener HB GesR VII, § 29, Rn. 16; Koch, AktG, § 246, Rn. 12 f.; Hüffer/Schäfer, in: MüKo AktG, § 246, Rn. 22 f.; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 7; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 16. 123 BGH, Urt. v. 22. 06. 2018 – V ZR 193/17, NJW 2018, 3717 ff., passim. 124 Hüffer/Schäfer, in: MüKo AktG, § 246, Rn. 47. 121

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

a) Die Anfechtungsklage Fehler, die zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses führen, können nur im Wege einer Anfechtungsklage geltend gemacht werden. Die Anfechtungsklage muss von einer anfechtungsbefugten Person binnen eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden (§ 246 Abs. 1 AktG). Die Anfechtungsbefugnis im Sinne des § 245 AktG ist ein prozessuales Gestaltungsrecht, das nur in den Grenzen des § 245 AktG besteht125 und im Wege einer Gestaltungsklage – der Anfechtungsklage – geltend zu machen ist.126 Aus der Aufzählung der anfechtungsbefugten Personen in § 245 AktG ergibt sich im Umkehrschluss, dass weder der Aufsichtsrat noch außenstehende Dritte, die ein Interesse an der Vernichtung eines Beschlusses haben, anfechtungsbefugt sind.127 Da es sich bei der Anfechtungsbefugnis somit um ein subjektives Recht handelt, hat sie materiell-rechtlichen Charakter und nicht, wie die Klagebefugnis, einen prozessualen Charakter. Die fehlende Anfechtungsbefugnis führt deshalb nicht zur Unzulässigkeit, sondern mangels Aktivlegitimation zur Unbegründetheit der Klage.128 Da es sich bei der Aktivlegitimation um eine förmliche Klagevoraussetzung handelt, ist für die Anfechtungsbefugnis entscheidend, wer rechtlicher Inhaber der Anfechtungsbefugnis ist, und nicht, wem sie wirtschaftlich zugerechnet wird. In einem Treuhandverhältnis ist deshalb nur der Treuhänder und nicht der Treugeber aktivlegitimiert.129 aa) Die Anfechtungsbefugnis der Aktionäre Die Anfechtungsbefugnis der Aktionäre lässt sich § 245 Nr. 1 – 3 AktG entnehmen. Entgegen dem ersten Anschein liegt die Bedeutung von § 245 Nr. 1 – 3 AktG nicht in der Begründung der Anfechtungsbefugnis der Aktionäre – dahingehend hat 125

BGH, Urt. v. 24. 04. 2006 – II ZR 30/05, BGHZ 167, 204, juris Rn. 15. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 9; Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 4; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 5; BGH, Urt. v. 15. 06. 1992 – II ZR 173/91, NJW-RR 1992, 1388, juris Rn. 6, 8; OLG Stuttgart, Urt. v. 23. 07. 2003 – 20 U 5/03, NJW-RR 2003, 1619, juris Rn. 23; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30. 09. 2015 – 7 AktG 1/15, ZIP 2015, 2116, juris Rn. 52. 127 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 4. 128 Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 4 f.; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 5 f.; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 75; Noack, in: Noack/ Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 135; Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 28; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30. 09. 2015 – 7 AktG 1/15, ZIP 2015, 2116, juris Rn. 52; BGH, Beschl. v. 11. 06. 2007 – II ZR 152/06, NJW-RR 2008, 289, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 24. 04. 2006 – II ZR 30/05, BGHZ 167, 204, juris Rn. 15; a. A. Schwab, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 245, Rn. 1 f.; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 4; Karsten Schmidt/ Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 127; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 5. 129 Henze, Aktienrecht – höchstrichterliche Rechtsprechung, Rn. 1006 f.; Koch, AktG, § 245, Rn. 10; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 15; BGH, Urt. v. 25. 04. 1966 – II ZR 80/65, NJW 1966, 1458, juris Rn. 13. 126

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die Norm vorwiegend einen gewährleistenden Charakter –, sondern in der Beschränkung der Anfechtungsbefugnis der Aktionäre.130 Die Anfechtungsbefugnis des Vorstands und der Aktionäre wurde erstmals mit der 2. Aktienrechtsnovelle von 1884 in den Art. 222 und 190 HGB aufgenommen.131 Dabei ging der Gesetzgeber nicht davon aus, dass er durch diese Regelungen die Anfechtungsbefugnis begründete. Vielmehr hat er das dahingehende Recht der Aktionäre als bereits bestehendes Recht angesehen und mit der Normierung nur noch auf einen festen Boden stellen wollen: „Eine Befugnis des einzelnen Aktionärs, gesetz- oder statutenwidrige Beschlüsse der Generalversammlung als ungültig anzufechten, muß schon jetzt als bestehendes Recht angesehen werden.“132

Es bestand schon geraume Zeit vor der 2. Aktienrechtsnovelle von 1884 weitestgehend Einigkeit, dass einerseits gesetz- und statutenwidrige Beschlüsse nicht in jedem Fall ipso iure nichtig sind, andererseits aber ein solch fehlerhafter, zugleich jedoch wirksamer Beschluss von jedem Aktionär im Wege der Feststellungsklage angefochten werden kann.133 „Anfechtung“ in diesem Sinne meinte dabei die Klageerhebung, während das Klagerecht als „Anfechtungsrecht“ bezeichnet wurde.134 Dem lag die Überzeugung zugrunde, dass einerseits die Möglichkeit verbindlicher Mehrheitsbeschlüsse erforderlich ist, der Aktionär aber andererseits nur einem gesetzes- und statutengerechten Beschluss unterworfen werden soll.135 Dahingehend leitete schon das Reichsoberhandelsgericht136 aus der allgemeinen Abwehrklage die Anfechtungsbefugnis der Aktionäre ab.137 Ein weiterer Grund für die gesetzliche 130 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 3; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 2; Bayer, in: 50 Jahre Aktiengesetz,199 (200 f.); Allgemeine Begründung zum Aktiengesetz 1884, abgedruckt in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 467, rechts. 131 Vgl. zur historischen Entwicklung der Anfechtungsbefugnis der Aktionäre Dornbach, Die aktienrechtliche Anfechtungsklage, S. 9 ff. 132 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaft, Aktenstück Nr. 21 vom 7. März 1884, S. 296, abgedruckt in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 467, links. 133 Vgl. Gutachten über die geeignetsten Mittel zur Abhülfe der nach den Erfahrungen des Reichs-Oberhandelsgerichts bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Aktienunternehmungen hervorgetretenen Umstände, Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 255 f. 134 Bayer, in: 50 Jahre Aktiengesetz, 199 (200), m. w. N. 135 Vgl. Thöl, Das Handelsrecht, § 161, S. 495 f.; v. Gierke, Deutsches Privatrecht I, § 65 II 1, S. 505; Ring, Das Reichsgesetz betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884, Art. 222, Anm. 1, 13; Löwenfeld, Das Recht der Actien-Gesellschaften, S. 380; Jolly, ZDR 1847, 317 (397); Bekker, ZHR 1872, 379, 433 f., 437; Alexander, Das Sonderrecht der Aktionäre, S. 33 ff.; Endemann, Das deutsche Handelsrecht, § 63 III, S. 327 f.; Renaud, Das Recht der Actiengesellschaften, § 51, S. 465. 136 ROHGE 11, 118 (120 f.); ROHGE 14, 355 (356); ROHGE 23, 273 (275 f.); ROHGE 25, 307 (312). 137 Bayer, in: 50 Jahre Aktiengesetz, 199 (201); Dornbach, Die aktienrechtliche Anfechtungsklage, 22 ff.

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Normierung der Anfechtungsbefugnis der Aktionäre bestand in den schlechten Erfahrungen aus der Gründerzeit nach Abschaffung der Staatsaufsicht, die offenbarten, dass ein obligatorischer Aufsichtsrat nicht ausreichte, um die gewünschte Kontrolle über die Verbandsverwaltung zu gewährleisten. Durch die Stärkung der Aktionärsrechte sollte dahingehend ein Kräfteausgleich hergestellt werden, dass nun die Aktionäre eine Kontrolle über die Rechtmäßigkeit des Verbandshandelns ausüben können. Die Normierung individueller Kontroll- und Einwirkungsrechte wurde insofern gegenüber einer staatlichen Kontrolle als überlegen eingeschätzt.138 Noch heute wird die Funktion des Anfechtungsrechts der Aktionäre in der Rechtmäßigkeitskontrolle und der Abwehr gesetz- oder satzungswidriger Übergriffe gesehen.139 Die Anfechtungsbefugnis wird dabei als eigennütziges Verwaltungsrecht des einzelnen Aktionärs kategorisiert, weil er mit ihr Einfluss auf die Willensbildung in der Gesellschaft nehmen kann.140 Bei diesem Verwaltungsrecht handelt es sich um ein subjektives Recht des Aktionärs, das sich aus seiner Mitgliedschaft ergibt.141 Die Mitgliedschaft ihrerseits ist ebenfalls nicht nur eine Dauerbeziehung zwischen dem Mitglied und dem Verband, sondern überdies ein subjektives Recht des Aktionärs. Insofern ist sie einerseits ein Herrschaftsrecht, andererseits ein absolutes Recht, das veräußert oder verpfändet werden kann.142 Aus der Mitgliedschaft ergeben sich weitere subjektive Rechte (Mitgliedschaftsrechte) des Aktionärs. Sie werden in Verwaltungs- und Vermögensrechte unterteilt. Als weiteres Verwaltungsrecht besteht neben der Anfechtungsbefugnis vor allem noch das Stimmrecht. Ein wichtiges Vermögensrecht ist das Bezugsrecht. Da die Verwaltungsrechte des Aktionärs – also auch die Anfechtungsbefugnis – aus der Mitgliedschaft erwachsen, können sie nicht von der Mitgliedschaft abgespalten werden.143 Sowohl die Mitgliedschaft selbst als auch die Verwaltungs- und Vermögensrechte, die sich aus ihr ergeben, sind von Art. 14 GG geschützt.144 In dem Schutz der Mitgliedschaft und der sich aus ihr er-

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Bayer, in: 50 Jahre Aktiengesetz, 199, 202 f.; Dornbach, Die aktienrechtliche Anfechtungsklage, S. 14 f.; Hoffmann-Becking, in: Festschrift 150 Jahre Deutscher Juristentag, S. 185 (188); Schwark, Anlegerschutz durch Wirtschaftsrecht, S. 120; Hommelhoff, in: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 53 (86). 139 Vgl. Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 2; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 8 f. 140 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 6 f.; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246, Rn. 5 f.; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 245, Rn. 2; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 247 f.; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 167; Casper, ZHR 1999, 54 (68 f.). 141 Schulz-Gardyan, Die sogenannte Aktionärsklage, S. 65. 142 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 3a. 143 Koch, AktG, § 245, Rn. 10. 144 BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, juris Rn. 47; BGH, Urt. v. 10. 10. 2005 – II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, juris Rn. 19.

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gebenden Rechte vor einem Übergriff durch einen gesetz- und satzungswidrigen Beschluss ist die Bedeutung der Abwehrfunktion des Anfechtungsrechts zu sehen.145 Das rechtspolitische Ziel der privaten Beschlusskontrolle durch die Aktionäre findet darin seinen Niederschlag, dass die Anfechtungsbefugnis auch als ein Kontrollrecht der Aktionäre gesehen wird. Schließlich führt ein Aktionär einen Beschluss durch die Anfechtung einer gerichtlichen Kontrolle zu. Mit dem Kontrollrecht des Aktionärs wird zum Ausdruck gebracht, dass ihm die Anfechtungsbefugnis nicht nur im Interesse seiner eigenen Mitgliedschaftsrechte, sondern außerdem im Interesse der Gesellschaft verliehen wurde, sodass die Wahrung der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse nicht nur dem Vorstand und den Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats überantwortet ist.146 In diesem Sinne wird auch von einer „Polizeifunktion“ des Klagerechts gesprochen.147 Anfechtungsbefugt ist grundsätzlich nur der in der Hauptversammlung erschienene Aktionär, dies aber auch nur dann, wenn er bei einem erkennbaren Beschlussmangel gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt hat, sofern der Beschlussmangel erkennbar war (§ 245 Nr. 1 AktG).148 Von diesem Regelfall bestimmen § 245 Nr. 2 und Nr. 3 AktG Ausnahmen.149 Ein Aktionär, der nicht in der Hauptversammlung zugegen war, in der der betreffende Beschluss gefasst wurde, ist nur dann anfechtungsbefugt, wenn er aus Gründen, die in der Sphäre der Gesellschaft liegen, abwesend war (§ 245 Nr. 2 AktG).150 § 245 Nr. 3 AktG gewährt den Aktionären, die ihre Aktien schon vor Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatten, in den Fällen des § 243 Abs. 2 AktG unabhängig von ihrer Anwesenheit in der Hauptversammlung oder einem Widerspruch eine Anfechtungsbefugnis. Ausgehend vom Regelfall, dem Erfordernis der Anwesenheit und des Widerspruchs, dienen die § 245 Nr. 1 – 3 AktG dazu, angesichts des typischerweise großen Aktionärskreises alsbald Klarheit zu schaffen.151 Wird kein Widerspruch zur Niederschrift erklärt, folgt der Verlust der Anfechtungsbefugnis dogmatisch nicht aus der Annahme, der Aktionär habe auf eine Anfechtung verzichtet, sondern aus dem Grundgedanken der Verwirkung bzw. aus dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium).152 145

Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 6 f.; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 8; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 10. 146 Lutter, ZGR 1978, 347 (349 f.); Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 11. 147 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 8; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 28; Bayer/Möller, NZG 2018, 801 (804); Verse, NZG 2009, 1127 (1130); Waclawik, DStR 2006, 2177 (1182). 148 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 18 f. 149 Göz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 245, Rn. 4. 150 Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 18; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 23. 151 Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 106. 152 Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 11; Koch, AktG, § 245, Rn. 13; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 30; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 36; Schwab,

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Nach heutigem Verständnis ist zwischen dem materiellen Anspruch und der Frage nach seiner prozessualen Durchsetzbarkeit in Form der Klagbarkeit zu unterscheiden.153 Es ist ein allgemein anerkanntes Rechtsprinzip, dass jede an einen Antrag gebundene Entscheidung eines Gerichts ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt.154 Dementsprechend setzt eine Anfechtungsklage ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage ergibt sich grundlegend bereits daraus, dass die Ausübung des Anfechtungsrechts als prozessuales Gestaltungsrecht die Erhebung einer Anfechtungsklage erfordert.155 Darüber hinaus muss aber noch ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der erstrebten Rechtsgestaltung bestehen. Daher muss der Kläger zusätzlich ein rechtliches Interesse an einer Nichtigerklärung des angegriffenen Beschlusses haben.156 Dieses Rechtsschutzbedürfnis der Aktionäre ergibt sich einerseits aus der Funktion der Anfechtungsklage als Abwehrrecht gegen gesetz- und satzungswidrige Beschlüsse zum Schutz der Mitgliedschaft und andererseits aus der Kontrollfunktion.157 Das Rechtsschutzbedürfnis des Aktionärs setzt deshalb keine Darlegung voraus, dass der Beschluss den Aktionär tatsächlich in seinen Mitgliedschaftsrechten berührt. Insoweit kommt die Kontrollfunktion der Anfechtungsklage zur Geltung, wonach deren Zweck in der bloßen Rechtmäßigkeitskontrolle eines Beschlusses bestehen kann.158 Daher genügt es für das Rechtsschutzbedürfnis des Aktionärs bereits, wenn die Klage der Herbeiführung eines dem Gesetz und der Satzung entsprechenden Rechtszustandes dient.159 in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 12; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 19; OLG Jena, Urt. v. 22. 03. 2006 – 6 U 968/05, NZG 2006, 467 (469); Noack, AG 1989, 78 (80). 153 Dornbach, Die aktienrechtliche Anfechtungsklage, S. 77. 154 Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 244; Grunsky/Jacoby, Zivilprozessrecht, Rn. 280; Paulus, Zivilprozessrecht, Rn. 136. 155 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 17; Paulus, Zivilprozessrecht, Rn. 139; Becker-Eberhard, in: MüKo ZPO, Vorbemerkung § 253, Rn. 31. 156 Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 84; vgl. auch BGH, Beschl. v. 08. 01. 2019 – II ZR 94/17, AG 2019, 682, juris Rn. 2; BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 10; Koch, AktG, § 246, Rn. 10; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 183 f. 157 Vgl. RG, Urt. v. 13. 11. 1934 – II 158/34, RGZ 145, 336 (338); RG, Urt. v. 22. 01. 1935 – II 198/34, RGZ 146, 385 (395); BGH, Urt. v. 25. 02. 1965 – II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, juris Rn. 38; BGH, Urt. v. 22. 05. 1989 – II ZR 206/88, BGHZ 107, 296, juris Rn. 24; BGH, Urt. v. 15. 06. 1992 – II ZR 173/91, NJW-RR 1992, 1388, juris Rn. 7; OLG Jena, Urt. v. 22. 03. 2006 – 6 U 968/05, NZG 2006, 467 (468); Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 17, 20; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 11; Koch, AktG, § 246, Rn. 9; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 273 ff.; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 183; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 168. 158 Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 2. 159 Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 7a; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 9; BGH, Urt. v. 22. 05. 1989 – II ZR 206/88, BGHZ 107, 296 – 315, juris Rn. 24; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 11.

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Das Rechtsschutzbedürfnis besteht aber dann nicht, wenn der angegriffene Beschluss keine Auswirkungen mehr für die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Verbandsmitglieder und der Organe haben kann.160 In diesem Fall findet durch den Beschluss einerseits kein Übergriff (mehr) auf die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs statt, andererseits führt er dann auch nicht mehr zu einem Rechtszustand, der dem Gesetz und der Satzung entgegensteht. Sowohl die Abwehrfunktion wie die Kontrollfunktion der Anfechtungsklage greifen somit ins Leere. Das ist von Bedeutung, weil die Hauptversammlung nicht darauf angewiesen ist, dass ein anfechtbarer Beschluss angefochten wird, um einen gesetzes- und satzungskonformen Rechtszustand herzustellen. Sie kann den fehlerhaften Beschluss stattdessen aufheben. Eine gerichtliche Ungültigkeitserklärung ist dann nicht mehr erforderlich, wenn der aufgehobene Beschluss keine Folgewirkungen mehr entfaltet.161 Die Darstellung der Folgewirkungen ist somit erforderlich, wenn dargelegt werden soll, dass der Aktionär trotz der Aufhebung des Beschlusses ausnahmsweise über ein Rechtsschutzbedürfnis verfügt.162 Ebenso entfällt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Beschlussmangel geheilt wird, indem der Beschluss wiederholt und (mangelfrei) neu vorgenommen wird.163 Zudem kann die Hauptversammlung den Beschluss gemäß § 244 Satz 1 AktG durch einen Beschluss mit materiell-rechtlicher Wirkung bestätigen. Durch eine wirksame Bestätigung entfällt zwar nicht das Rechtsschutzbedürfnis, dafür aber der Beschlussmangel, sodass die Anfechtungsklage unbegründet wird.164 Will der Kläger die Anfechtungsklage mit dem Ziel fortführen, dass der Beschluss bis zu seiner Bestätigung für ungültig erklärt wird, muss er gemäß § 244 Satz 2 AktG nachweisen, dass er ausnahmsweise ein rechtliches Interesse daran hat.165 Das wirkt sich auf das Rechtsschutzbedürfnis eines Alleingesellschafters aus. Die Aufhebung, Neuvornahme oder Bestätigung eines Beschlusses hängt nämlich allein von seinem Willen ab, sodass ein Bedürfnis für eine Beschlussanfechtung zumeist entfällt.166 Tritt das angestrebte Ergebnis auf andere Art und Weise als durch die Beschlussanfechtung ein, soll das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage ebenfalls entfallen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die

160 BGH, Beschl. v. 08. 01. 2019 – II ZR 94/17, AG 2019, 682, juris Rn. 2; BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 10 f.; Koch, AktG, § 246, Rn. 10. 161 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 17; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 11; Koch, AktG, § 246, Rn. 10; Meller, in: MAH AktienR, § 38, Rn. 103; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 5. 162 BGH, Beschl. v. 27. 09. 2011 – II ZR 225/08, NZG 2011, 1383 ff. 163 BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 11, 14; BGH, Urt. v. 15. 12. 2003 – II ZR 194/01, BGHZ 157, 206, juris, Rn. 9; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 5. 164 BGH, Urt. v. 15. 12. 2003 – II ZR 194/01, BGHZ 157, 206, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 11. 165 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 244, Rn. 14 f. 166 Koch, AktG, § 246, Rn. 10; mit Verweis auf BGH, Urt. v. 26. 06. 2018 – II ZR 205/16, NJW 2018, 3014, juris Rn. 28.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern angefochten wird, diese aber ihr Amt bereits niedergelegt haben.167 bb) Die Anfechtungsbefugnis des Vorstands Aus § 245 Nr. 4 AktG ergibt sich, dass der Vorstand einer Aktiengesellschaft berechtigt ist, eine Anfechtungsklage gemäß § 246 Abs. 1 AktG zu erheben. Die Anfechtungsbefugnis des Vorstands einer Aktiengesellschaft gemäß § 245 Nr. 4 AktG ist Teil seiner Leitungsbefugnis gemäß § 76 Abs. 1 AktG. Zu dieser Leitungsbefugnis gehört nämlich auch die Wahrung von Gesetz und Satzung in der Gesellschaft gegenüber Beschlüssen der Hauptversammlung, sodass § 245 Nr. 4 AktG ihm die Anfechtungsbefugnis als fremdnütziges Verwaltungsrecht einräumt, um seine Leitungsaufgabe gemäß § 76 Abs. 1 AktG erfüllen zu können.168 Nach heute herrschendem Verständnis klagt der Vorstand weder bei einer Anfechtungsklage noch bei einer Nichtigkeitsklage als organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft.169 Die Vorstandsklage ist danach „Funktionärsklage“, d. h., dem Vorstand wird eine Anfechtungsbefugnis zuerkannt, weil er als Organ der Aktiengesellschaft über die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung zu wachen hat170 bzw. weil er dem Wohl der Gesellschaft abträgliche Beschlüsse der Hauptversammlung verhindern bzw. beseitigen171 soll. Da die Gesellschaft gemäß § 246 Abs. 2 Satz 1 AktG stets die Beklagte einer Beschlussmängelklage ist, würde die Annahme, dass der Vorstand dabei die Gesellschaft vertritt, zu einem im Zivilprozessrecht unzulässigen Insichprozess führen.172 Dem Vorstand wird damit nicht bloß eine Ausübungsbefugnis für ein Recht der Gesellschaft eingeräumt, sondern er ist selbst Träger der Anfech-

167 Koch, AktG, § 246, Rn. 10; BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 12 f. 168 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 15, 64; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 37; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 30; Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 125; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 205. 169 Meller, in: MAH AktienR, § 38, Rn. 45; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 33, § 249, Rn. 16; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 64, § 249, Rn. 14; Koch, AktG, § 245, Rn. 36; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 42, § 249, Rn. 11; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 47; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 245, Rn. 14; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 30; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 288 f.; Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 124, § 249, Rn. 24; Göz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 245, Rn. 16, 249, Rn. 6; Heidel, in: Heidel AktG, § 245, Rn. 21; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 38, § 249, Rn. 18; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 19; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204. 170 BGH, Urt. v. 30. 06. 2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143, juris Rn. 45; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 32. 171 Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 131 f. 172 Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 38, 249, Rn. 18; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 19.

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tungsbefugnis.173 Aus § 245 Nr. 4 AktG ergibt sich, dass der Vorstand als Organ für den Anfechtungsprozess aktiv parteifähig ist.174 Das Rechtsschutzinteresse des Vorstands folgt aus seiner Organfunktion. Dementsprechend ergibt sich das Rechtsschutzinteresse des Vorstands einer Aktiengesellschaft aus seinem Auftrag zur Wahrung von Gesetz und Satzung in der Gesellschaft gegenüber Beschlüssen der Hauptversammlung („Polizeifunktion“).175 Hinsichtlich der Anfechtungsbefugnis des Vorstands ist damit nur die Kontrollfunktion der Anfechtungsklage für das Rechtsschutzbedürfnis tragend.176 Das Rechtsschutzbedürfnis des Vorstands kann daher ebenso wie das der Aktionäre wegfallen, wenn eine Ungültigkeitserklärung nicht mehr notwendig ist, um einen gesetzes- und satzungskonformen Zustand herzustellen.177 cc) Die Anfechtungsbefugnis der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sind anfechtungsbefugt, wenn sie durch die Ausführung des Beschlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder wenn sie sich ersatzpflichtig machen würden (§ 245 Nr. 5 AktG). Die Organmitglieder sind selbst Träger der Anfechtungsbefugnis, wodurch sie unabhängig von dem Organ, dem sie angehören, ein eigenes Kontrollrecht erhalten.178 Die Funktion dieses Kontrollrechts besteht einerseits in der von einem Beschluss des Vorstands (§ 245 Nr. 5 AktG) unabhängigen Rechtskontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen. Andererseits besteht sie in dem Schutz der einzelnen Mitglieder vor Strafe, Bußgeld oder Ersatzpflicht, wenn die Ausführung des Beschlusses zu solchen Sanktionen führen könnte.179 Zum Teil wird davon ausgegangen, dass den Mitgliedern des Aufsichtsrats damit im Regressfall (auch) die Möglichkeit genommen werden soll, einzuwenden, dass sie keine Möglichkeit gehabt hätten, den Beschluss mit gerichtlicher Hilfe zu beseitigen.180 Ausführungsbedürftige Beschlüsse sind stets Beschlüsse, die noch vollzogen werden müssen. Das betrifft beispielsweise alle Beschlüsse, die zu ihrer Wirksamkeit in das Handelsregister eingetragen werden müssen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die betroffenen Mitglieder in eine unzumutbare Zwangslage gedrängt würden, 173

Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 17. Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 44; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 67. 175 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 5, 8; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 10; Lutter, ZGR 1978, 347 (349 f.). 176 Vgl. Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 7; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 8; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 32. 177 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 17. 178 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 17. 179 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 72. 180 Vgl. Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 616 ff.; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 34. 174

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wenn sie ohne ein Mittel der Gegenwehr an einen solchen Hauptversammlungsbeschluss gebunden wären.181 Dabei müssen nicht dem klagenden Organmitglied selbst durch die Ausführung des Hauptversammlungsbeschlusses Sanktionen drohen. Es genügt, wenn irgendeinem Organmitglied durch die Ausführung Sanktionen drohen.182 Das Rechtsschutzbedürfnis der Organmitglieder kann wie schon beim Vorstand und den Aktionären entfallen, wenn die gerichtliche Ungültigkeitserklärung nicht mehr notwendig ist. b) Die Nichtigkeitsklage Fehler, die zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen, können gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG von einem Aktionär, dem Vorstand sowie einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden. Der Aufsichtsrat und der besondere Vertreter gemäß § 147 AktG können weder eine Nichtigkeitsklage gemäß § 249 AktG noch eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erheben. Einerseits gehören sie nicht zu dem in § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Personenkreis. Andererseits fehlt ihnen als Organ der Gesellschaft im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage die Parteifähigkeit.183 aa) Rechtsnatur der Nichtigkeitsklage als Feststellungsklage Bei der Nichtigkeitsklage handelt es sich nach der h. M. um eine besondere Form der Feststellungsklage.184 Der verbreiteten Gegenmeinung, wonach es sich bei der Nichtigkeitsklage ebenso wie bei der Anfechtungsklage um eine Gestaltungsklage handelt, sodass eine Zusammenfassung beider Klagen unter der Rubrik der sog. „kassatorischen Klage“ möglich wäre,185 wird hier nicht gefolgt. Immerhin setzt die Einordnung der Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage zunächst eine Rechtsgrundlage für die richterliche Gestaltung voraus. Bereits an einer solchen fehlt es nach geltendem Recht. Weder anhand der von Kipp entwickelten „Lehre der Dop181

BGH, Urt. v. 28. 11. 1988 – II ZR 57/88, BGHZ 106, 54, juris Rn. 36. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 75; Göz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 245, Rn. 18. 183 Hüffer/Schäfer, in: MüKo AktG, § 249, Rn. 15; LG Düsseldorf, Beschl. v. 18. 10. 2013 – 35 O 61/12, AG 2014, 214 ff. 184 Koch, AktG, § 249, Rn. 10; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 4; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 249 AktG, Rn. 1; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 2; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 10; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 249, Rn. 1; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 5; Sosnitza, NZG 1998, 335 (337 f.); Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 43; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 357 f.; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 101; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 195; Bartels, ZGR 2008, 723 (732 f.). 185 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 249, Rn. 4 f.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 2; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 45; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 249, Rn. 2; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 30a; Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 47, Rn. 481. 182

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pelwirkung im Recht“186 noch anhand der Rechtsprechung des BGH, wonach Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage den gleichen Streitgegenstand aufweisen, lässt sich eine dagegen vorgenommene Einordnung der Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage rechtfertigen. (1) Keine Ermächtigung für richterliche Gestaltung Auf eine Gestaltungsklage ergeht im Erfolgsfall ein Urteil mit Gestaltungswirkung, das „Gestaltungsurteil“. Gestaltungsurteile stellen auf eine Gestaltungsklage hin eine Wirkung her, die bisher nicht eingetreten oder nicht beachtlich war. Sie schaffen damit anders als das Leistungs- und das Feststellungsurteil eine Rechtsfolge, die bisher nicht vorhanden war und ohne das Urteil nicht vorhanden wäre, da sie erst das jeweilige Rechtsverhältnis begründen, umgestalten oder aufheben.187 Sie verändern damit tatsächlich die materielle Rechtslage und wirken somit konstitutiv.188 Die Gestaltungswirkung tritt dabei grundsätzlich erst mit der formellen Rechtskraft des Urteils ein.189 Ob ein Gestaltungsurteil vorliegt, bestimmt sich daher allein nach seiner Eigenschaft, die Rechtslage unmittelbar zu ändern.190 Gestaltungsurteile sind nur möglich, wenn das materielle Recht oder das Prozessrecht aufgrund eines bestimmten Tatbestandes ein Recht auf Änderung des Zustandes geben, jedoch eine gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil die Erklärung des Berechtigten nicht ausreicht.191 Dies wird damit begründet, dass ein Gestaltungsurteil einen Eingriff in die Rechte und Rechtsverhältnisse bedeute, der entsprechend dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes einer Ermächtigungsgrundlage bedürfe.192 Aus dem Umstand, dass Gestaltungsurteile daher nur in den gesetzlich anerkannten Fällen ergehen können, wird von einem „Numerus clausus der Gestaltungsklagen“ gesprochen.193 Dass die Anfechtungsklage gemäß § 246 AktG eine Gestaltungklage ist, ergibt sich aus § 241 Nr. 5 AktG, wonach ein Beschluss nichtig ist, wenn er auf eine Anfechtungsklage hin durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt wird. § 241 Nr. 5 AktG findet nach seinem klaren Wortlaut keine Anwendung auf Nichtigkeitsklagen. § 249 AktG verweist nicht auf diese Norm. Das würde auch nicht dem Verständnis der Nichtigkeitsklage entsprechen. Diese setzt anders als die Anfechtungsklage das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes im Sinne des § 241 AktG voraus und kann diesen damit nicht erst selbst begründen.

186 187 188 189 190 191 192 193

Kipp, in: Festschrift Martitz, S. 211 f. Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 92, Rn. 1. Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 92, Rn. 14. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322, Rn. 19. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Vor § 253, Rn. 89. Feskon, in: Zöller, ZPO, Vor §§ 305 ff., Rn. 9. Karsten Schmidt, JuS 1986, 35 (39) m. w. N. Karsten Schmidt, JuS 1986, 35 (39); Grunewald, ZZP 1988, 152 (152 f.).

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

Aus § 248 AktG – auf den § 249 AktG verweist – kann sich ebenfalls keine Gestaltungswirkung des Nichtigkeitsurteils ergeben. § 248 AktG regelt keine Gestaltungswirkung, sondern eine Rechtskrafterstreckung auf nicht am Rechtsstreit beteiligte Dritte.194 Einer Regelung zur subjektiven Reichweite einer Gestaltungswirkung bedarf es nicht. Es gehört bereits zur Natur eines Gestaltungsurteils, dass es für und gegenüber jedermann wirkt. Da sich die Natur der Anfechtungsklage als Gestaltungsklage bereits aus § 241 Nr. 5 AktG ergibt, wäre § 248 AktG überflüssig, wenn er sich auf die Gestaltungswirkung beziehen würde. Immerhin sind die Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats ohnehin von der Gestaltungswirkung erfasst.195 In Anbetracht dessen, dass die Nichtigkeit eines Beschlusses gemäß § 249 Abs. 1 Satz 2 AktG auch anders als durch eine Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann, widerspräche es der Systematik, wenn es dem Richter gleichwohl eine Ermächtigung zur Rechtsgestaltung einräumen würde. Es wird nicht verkannt, dass das stattgebende Feststellungsurteil eine mögliche Heilung des Beschlusses vereiteln kann. Insoweit könnte einer Nichtigkeitsklage ein rechtsgestaltendes Element zugesprochen werden. Das macht die Nichtigkeitsklage gleichwohl noch nicht zu einer Gestaltungsklage.196 (2) Kein Widerspruch zur Lehre von der Doppelwirkung im Recht Der fehlenden Regelungsintention des Gesetzes und dem damit eintretenden Mangel einer Ermächtigungsgrundlage für eine richterliche Gestaltung auf der Grundlage einer Nichtigkeitsklage kann auch nicht die Lehre von der Doppelwirkung im Recht entgegengehalten werden. Kipp veranschaulichte an einem Fall, dass die Möglichkeit bestehen müsste, ein unwirksames Rechtsgeschäft gemäß § 119 BGB anzufechten. Er war der Auffassung, dass Rechte und Rechtswirkungen nicht zu sehr bildlich bzw. mechanisch-naturwissenschaftlich betrachtet werden dürften. Die damals h. M. habe in dem Gedanken festgehangen, dass ein vernichtetes oder nicht existentes Recht ebenso wenig (noch einmal) vernichtet werden könne, wie ein Toter nicht noch einmal getötet werden könne.197 Rechtswirkungen seien jedoch nicht naturwissenschaftlich zu betrachten. Dementsprechend gehe es um „das Unbedingtwerden eines hypothetischen Imperativs oder das Befreien von einem solchen“. Es bestünden keine Bedenken gegen die doppelte Begründung der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts durch zwei miteinander konkurrierende Nichtigkeitsgründe. So könne dem von Anfang an kraft Gesetzes vorliegenden Nichtigkeitsgrund auch noch nachträglich im Wege der Anfechtung ein weiterer hinzugefügt werden.198 194

Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 8; Koch, AktG, § 248, Rn. 5. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 8, 13. 196 Vgl. insoweit zur Kündigungsschutzklage im Arbeitsrecht: Hesse, in: Ascheid/Preis/ Schmidt, KSchG, § 4, Rn. 19; Klose, in: KR, § 4 KSchG, Rn. 36 f.; BAG, Urt. v. 02. 04. 1987 – 2 AZR 418/86, NZA 1987, 808. 197 Kipp, in: Festschrift Martitz, S. 211 (219 f.). 198 Kipp, in: Festschrift Martitz, S. 211 (223). 195

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Die Lehre von Kipp ist heute weitgehend anerkannt199 und wird von Karsten Schmidt dahingehend aufgegriffen, dass auch ein nichtiger Beschluss Gegenstand einer Anfechtungsklage sein könne und damit die anfängliche Nichtigkeit kein Ausschluss für eine Gestaltungswirkung der Nichtigkeitsklage sei.200 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass dieser Umstand eine Nichtigkeitsklage gleichwohl nicht zu einer Gestaltungsklage macht.201 Daraus ergibt sich lediglich, dass auch ein nichtiger Beschluss der Hauptversammlung im Wege einer Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Dem nichtigen Beschluss wird dann der Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 Abs. 1 Nr. 5 AktG hinzugefügt. Der Vorteil besteht dabei darin, dass an einen Anfechtungsgrund nicht so strenge Anforderungen zu stellen sind wie an einen Nichtigkeitsgrund, sodass er in einem Prozess einfacher darzulegen und zu beweisen ist.202 Diese Möglichkeit des prozessualen Vorgehens ist jedoch nicht auf der Ebene des Gesetzes und der Natur der Nichtigkeitsklage anzusiedeln, da dies dem gesetzlichen Leitbild zur Unterscheidung von nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen widerspräche.203 Deshalb kann auch aus der Lehre von Kipp keine gesetzliche Ermächtigung für eine richterliche Rechtsgestaltung hergleitet werden. (3) Kein Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH zum Streitgegenstand Der Streitgegenstand eines Rechtsstreits ist nicht der materielle-rechtliche Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch. Der prozessuale Anspruch setzt sich nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff aus dem Klageantrag (der Rechtsfolge) und dem Lebenssachverhalt (dem Klagegrund) zusammen.204 Nach h. M. ist der Streitgegenstand der Anfechtungs- und der Nichtigkeitsklage das Begehren des Klägers, die Nichtigkeit des von ihm bezeichneten Beschlusses der Hauptversammlung wegen des von ihm vorgebrachten Sachverhalts mit Wirkung für und gegen jedermann zu klären.205 Der Klagegrund bzw. der Lebenssachverhalt, über 199 Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 41, Rn. 146 f.; Thüsing, Staudinger, BGB (2019), § 312g, Rn. 8; Werner Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II, § 31, S. 566; Würdiger, JuS 2011, 769 (771); Medicus/Petersen, BGB AT, Rn. 729 f.; Roth, in: Staudinger, BGB (2015), § 142, Rn. 27; BGH, Urt. v. 21. 06. 1955 – V ZR 53/54, JZ 1955, 500; BGH, Urt. v. 02. 10. 2009 – V ZR 235/08, BGHZ 182, 307, juris Rn. 23; BAG, Urt. v. 12. 05. 2010 – 2 AZR 544/08, NZA 2010, 1250, juris Rn. 51; BGH, Urt. v. 13. 05. 2016 – V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114, juris Rn. 22. 200 Karsten Schmidt, JZ 1988, 729 (732). 201 Vgl. Bartels, ZGR 2008, 723 (734). 202 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 357 f. 203 Koch, AktG, § 249, Rn. 10; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 274. 204 BGH, Urt. v. 19. 11. 2003 – VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 19. 12. 1991 – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, juris Rn. 14. 205 Koch, AktG, § 246, Rn. 11; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246, Rn. 5; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 61; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246,

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

den entschieden wird, sind die vorgetragenen Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründe.206 In der Konsequenz ist jeder konkret gerügte Beschlussmangel ein eigenständiger Streitgegenstand.207 Der BGH erweckte zuerst durch seine Entscheidung vom 22. 07. 2002208 den Eindruck, sich der Gegenmeinung209 anzuschließen, wonach der gesamte Inhalt des Beschlusses und alle seinem Zustandekommen zugrunde liegenden Umstände, selbst wenn sie nicht vorgetragen wurden, zu einem einheitlichen Streitgegenstand zusammenzufassen wären (Rechtskontrollklage).210 In späteren Entscheidungen stellte der BGH jedoch klar, dass der Streitgegenstand der aktienrechtlichen Anfechtungsklage durch die jeweils geltend gemachten Beschlussmängelgründe als Teil des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts bestimmt wird.211 Die Identität des Streitgegenstands bringt zum Ausdruck, dass die Anfechtungsund die Nichtigkeitsklage dasselbe Rechtsschutzziel, nämlich die richterliche Klärung der Nichtigkeit mit Wirkung für und gegen jedermann, verfolgen. Erfüllt eine Klage die formalen Voraussetzungen sowohl für eine Anfechtungs- als auch für eine Nichtigkeitsklage, ist es allein eine Frage der richterlichen Rechtsanwendung, ob ein Nichtigkeits- oder ein Anfechtungsgrund vorliegt und somit ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsurteil ergeht.212 Das bedeutet aber nicht, dass deshalb die Urteilswirkungen identisch wären.213 Insofern ist zu berücksichtigen, dass das Verwaltungsrecht ebenfalls zwischen anfechtbaren und nichtigen Verwaltungsakten unterscheidet. Ein nichtiger Verwaltungsakt kann nach der h. M. ebenso im Wege einer Feststellungsklage (Nichtigkeitsfeststellungsklage) sowie einer Anfechtungsklage Rn. 18, § 249, Rn. 5; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 6; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 5. 206 Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 246 AktG, Rn. 31; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 20; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 2; Bauschatz, NZG 2002, 317 (320); Emde, ZIP 1998, 1475 (1476); Bork, NZG 2002, 1094 (1095). 207 Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246, Rn. 3; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25. 07. 2017 – 17 U 103/16, NZG 2017, 1151, juris Rn. 58; OLG Stuttgart, Urt. v. 08. 07. 2015 – 20 U 2/14, AG 2016, 370, juris Rn. 200; OLG Frankfurt, Beschl. v. 19. 06. 2017 – 5 U 150/16, AG 2018, 125, juris Rn. 28; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05. 11. 2015 – I-6 U 55/14, 6 U 55/14, juris, Rn. 13; vgl. auch Suilmann, ZWE 2001, 402 (403). 208 BGH, Urt. v. 22. 07. 2002 – II ZR 286/01, BGHZ 152, 1, juris Rn. 12 f. 209 Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 246, Rn. 94; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 19; Kaufmann, NZG 2015, 336 (337). 210 Vgl. Boujong, NZG 2003, 497 (507). 211 BGH, Urt. v. 14. 03. 2005 – II ZR 153/03, NZG 2005, 479, juris Rn. 17; BGH, Beschl. v. 07. 12. 2009 – II ZR 63/08, NJW-RR 2010, 954, juris Rn. 3; BGH, Urt. v. 30. 06. 2015 – II ZR 142/14, BGHZ 206, 143, juris Rn. 43 f.; zu diesem Verständnis der Rechtsprechung: Koch, AktG, § 246, Rn. 11; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 1. 212 BGH, Urt. v. 17. 02. 1997 – II ZR 41/96, BGHZ 134, 364, juris, Rn. 12; Koch, AktG, § 246, Rn. 12 f.; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 21; Steinmeyer/Seidel, DStR 1999, 2077 (2078). 213 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 327; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 273 f.

B. Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

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angegriffen werden.214 Gleichwohl wird dort einer gegen einen nichtigen Verwaltungsakt gerichteten Feststellungsklage keine Gestaltungswirkung beigemessen.215 Während das Anfechtungsurteil dem Beschluss nämlich mit seiner Gestaltungswirkung die Wirksamkeit entzieht, vernichtet das Nichtigkeitsurteil entsprechend der Nichtigkeitsklage im Verwaltungsprozess216 den Rechtsschein, dass überhaupt ein wirksamer Beschluss bestand.217 Mithin lässt sich auch aus dem Streitgegenstand einer Nichtigkeitsklage keine gesetzliche Ermächtigung für eine richterliche Rechtsgestaltung entnehmen. Eine Behandlung der Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage sowie die Annahme einer Gestaltungswirkung218 ist daher wegen des Vorbehalts des Gesetzes abzulehnen. bb) Aktivlegitimation und Rechtsschutzbedürfnis Da es sich bei der Nichtigkeitsklage nicht um eine Gestaltungsklage, sondern um eine Feststellungsklage handelt, verschafft die Eigenschaft als Aktionär, Vorstand oder Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats kein Gestaltungsrecht, sondern eine Antragsbefugnis für die Erhebung einer Feststellungsklage in Form der Nichtigkeitsklage.219 Die Nichtigkeitsklage ist wie die Anfechtungsklage als Ausfluss der allgemeinen Abwehrklage einerseits Individualklage und andererseits als Mittel der Rechtskontrolle Funktionärsklage.220 Grundsätzlich kann zwar jedermann eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erheben. Die Antragsbefugnis für eine Nichtigkeitsklage stellt aber die Weiche dafür, ob die Klage als Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG behandelt wird und somit die Anfech214

Vgl. BT-Drs. 3/55 Anl. 1 S. 32; BVerwG, Urteil vom 20. 03. 1964 – VII C 10.61 –, BVerwGE 18, 154, juris Rn. 16; Frenz, JA 2011, 433 (435). 215 Vgl. BT-Drs. 3/55 Anl. 1 S. 32; Pietzcker/Marsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 42 Abs. 1, Rn. 18; Gärditz, in: Gärditz, VwGO, § 42, Rn. 14. 216 Vgl. zur Vergleichbarkeit des Beschlussmängelrechts mit rechtswidrigen und nichtigen Verwaltungsakten Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang, § 47, Rn. 2 f.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 481; Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG (11. Aufl.), § 45, Rn. 47. 217 Vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. 03. 1992 – 5 W 4/92, AG 1993, 185, juris Rn. 11; OLG Rostock, Urt. v. 28. 05. 2003 – 6 U 173/02, NZG 2004, 191, juris Rn. 68; vgl. zur Nichtigkeitsfeststellungsklage im Verwaltungsprozessrecht: Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht, Rn. 407; Schenke, in: Kopp/Schenke VwGO, § 43, Rn. 20 f.; Möstl, in: BeckOK VwGO, § 43, Rn. 35; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 30; Gärditz, in: Gärditz, VwGO, § 42, Rn. 14; BFH, Urt. v. 24. 01. 2008 – V R 36/06, BFHE 220, 208, juris Rn. 25; BFH, Beschl. v. 31. 01. 2012 – I S 15/11, ZIP 2012, 1099, juris Rn. 10. 218 Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 263; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 241. 219 Henze, Aktienrecht – höchstrichterliche Rechtsprechung, Rn. 1007; BGH, Urt. v. 25. 04. 1966 – II ZR 80/65 – NJW 1966, 1458, juris Rn. 13; vgl. auch Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 249, Rn. 13 „besondere aktienrechtliche Qualifikation“. 220 Casper, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 11; es könnte auch von einer Beanstandungsklage gesprochen werden, vgl. zum Begriff van Aaken, KritV 2003, 44 (69, Fn. 78).

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tungsvorschriften, insbesondere § 248 AktG, sinngemäß zur Anwendung kommen oder ob die Klage als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO behandelt wird.221 Die Klage eines Aktionärs wird, solange eine Aktionärsstellung besteht, als Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG behandelt. Im Verhältnis zu einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO handelt es sich bei einer Nichtigkeitsklage nämlich um die speziellere Klageart.222 Das bedeutet vor allem auch, dass die Klage im Falle des Scheiterns einer Klagezustellung an den Aufsichtsrat (Doppelzustellung) nicht als allgemeine Feststellungsklage behandelt werden kann. Die Klage ist dann ggf. mangels Zustellung als unzulässig bzw. wegen Ablaufs einer etwaigen Heilungsfrist als unbegründet abzuweisen, wenn die Zustellung an den Aufsichtsrat nicht oder nicht rechtzeitig nachgeholt werden kann.223 Hat ein Dritter eine allgemeine Feststellungsklage gegen einen Beschluss erhoben, wird diese mit Erwerb der Aktionärsstellung dem Regelungsregime von § 249 AktG unterworfen, sodass insbesondere die Zustellung an den Aufsichtsrat nachzuholen ist.224 Die Nichtigkeitsklage setzt als Feststellungsklage ein Feststellungsinteresse voraus. Dieses folgt wie bei der Anfechtungsklage aus der Abwehr- und der Kontrollfunktion der Nichtigkeitsklage. Daneben muss ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen. Ein solches liegt ebenso wie bei der Anfechtungsklage aufgrund der Kontrollfunktion grundsätzlich vor und kann dementsprechend auch entfallen, wenn ein Bedürfnis zur Rechtskontrolle nicht mehr gegeben ist.225 c) Die Gesellschaft als Beklagte (Passivlegitimation) Gemäß §§ 246 Abs. 2 Satz 1, 249, 256 AktG ist eine Beschlussmängelklage stets gegen die Gesellschaft zu richten. Die dogmatische Grundlage dafür wird von der h. M. darin gesehen, dass der mit dem Beschluss formulierte Wille der Hauptversammlung aufgrund ihrer Organstellung als Willensbildungsorgan der Gesellschaft 221 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 10; Koch, AktG, § 249, Rn. 4; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 7; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 8; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 249, Rn. 4; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 13; a. A. Gelbrich, KTS 2020, 143 (148). 222 Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 7; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 27; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, 249, Rn. 15; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 249, Rn. 5 f.; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 246; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 30; Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 15. 223 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 11. 224 Koch, AktG, § 249, Rn. 6; dabei wird auch diskutiert, ob in dem Wechsel gegebenenfalls eine Klageänderung zu sehen ist; ablehnend: Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 12. 225 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 4a; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 3; Koch, AktG, § 249, Rn. 11.

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zugerechnet wird.226 Schwab, betont demgegenüber, dass für die Rolle des Verbandes als Beklagter insbesondere prozessökonomische Erwägungen sprechen.227 3. Die Urteilswirkungen einer erfolgreichen Beschlussmängelklage Gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG wirkt ein Urteil, durch das der Beschluss der Hauptversammlung rechtskräftig für nichtig erklärt wird, für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Das gilt selbst dann, wenn sie nicht Partei des Rechtsstreits waren. Von den unterschiedlichen Wirkungen, die ein Urteil entfalten kann228, meint § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG die materielle Rechtskraft. Diese Definition der subjektiven Reichweite der materiellen Rechtskraft gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG steht in einem gewissen Widerspruch zu der nahezu einhelligen Annahme, dass Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage für und gegenüber jedermann wirken. Während sich dieses Ergebnis ohne Weiteres der Gestaltungswirkung des Anfechtungsurteils entnehmen lässt, bereitet es bei einer Nichtigkeitsklage, die als Feststellungsklage keine Gestaltungswirkung entfalten kann, Schwierigkeiten.229 Es wird daher außerhalb einer Gestaltungswirkung und entgegen dem Wortlaut von § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG vertreten, dass die materielle Rechtskraft im Wege der Rechtsfortbildung über den in § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG genannten Personenkreis hinausreiche.230 Das ist aber aufgrund der nachfolgenden Gesichtspunkte abzulehnen.

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Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 47; Kubis, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 118, Rn. 9; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246, Rn. 12; Becker, Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte, S. 498; Noack, Fehlerhafte Beschlüsse in Gesellschaften und Vereinen, S. 46 f.; Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 240 f.; Koch, Das Anfechtungsklageerfordernis im GmbH-Beschlussmängelrecht, S. 127; Seidel, Die mangelnde Bedeutung mitgliedschaftlicher Treupflichten im Willensbildungsprozeß der GmbH, S. 201; Schröder, Schiedsgerichtliche Konfliktbeilegung bei aktienrechtlichen Beschlußmängelklagen, S. 84; Schultz, Die Behebung einzelner Mängel von Organisationsakten in Kapitalgesellschaften, S. 47 f.; Lindemann, Die Beschlussfassung in der Einmann-GmbH, S. 177; Winter, Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, S. 89; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, S. 243, 246; Casper, ZHR 1999, 54 (72); Fleck, ZGR 1988, 104 (112 f.); Rehbinder, ZGR 1983, 92 (106). 227 Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 20; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 295, dort auch zum folgenden Text. 228 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322, Rn. 16 f. 229 Vgl. Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 101. 230 Vgl. Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 360 (ohne nähere Begründung); Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 101, aus Analogie §§ 241, 248, 249; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 25, aus Rechtsfortbildung § 249 AktG und dem Vergleich mit der Anfechtungsklage; ebenso: Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 20; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 19; Koch, AktG, § 249, Rn. 17.

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

a) Erfordernis einer Rechtsgrundlage für eine Rechtskrafterstreckung Das Institut der Rechtskraft steht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Zweck der Zivilprozessordnung. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich das Recht auf Rechtsschutz durch die Gerichte (Justizgewähranspruch231). Neben den besonderen Rechtsschutzgarantien des Art. 19 Abs. 4 GG folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip ein allgemeiner Anspruch auf Feststellung und Verwirklichung subjektiver Rechte durch die Gerichte.232 Diese Justizgewährung bildet die Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols233, der bürgerlichen Friedenspflicht und des Selbstjustizverbots.234 Die Verwirklichung subjektiver Rechte durch die Gerichte wäre jedoch faktisch ausgeschlossen, wenn die Feststellung derselben durch ein anderes Gericht jederzeit wieder aufgehoben werden könnte. Die Existenz des Instituts der Rechtskraft ist daher notwendig für die Verwirklichung des Anspruchs auf Rechtsschutz durch die Gerichte.235 Das Element der rechtskraftfähigen Feststellung und des Ausspruchs dessen, was im konkreten Fall rechtens ist, gehört deshalb zu den wesentlichen Begriffsmerkmalen der Rechtsprechung im funktionellen Sinn gemäß Art. 92 GG.236 Nach der heute herrschenden sog. „prozessualen Rechtskrafttheorie“ in Form der sog. „ne-bis-in-idem-Lehre“ kann der rechtskräftig entschiedene Streitgegenstand in identischer Form nicht erneut vor Gericht gebracht werden. Die entgegenstehende Rechtskraft ist eine negative Prozessvoraussetzung, sodass die erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist.237 Eine entsprechende Identität der Streitgegenstände ist auch dann anzunehmen, wenn im Zweitprozess das mit dem 231

Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20, Rn. 135. Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 1, Rn. 9 f. 233 Der Zusammenhang zwischen dem Zivilprozess bzw. der Rechtskraft und dem Rechtsfrieden wird nicht einheitlich beantwortet. Unterschiede ergeben sich einerseits daraus, ob auf das Verhältnis der am konkreten Rechtsstreit beteiligten Personen oder das Verhältnis des Verfahrensrechts zum Gewaltmonopol des Staates abgestellt wird. Der Begriff des Rechtsfriedens erscheint insoweit als vage. Eine gebührende Untersuchung im Rahmen der Bearbeitung der hiesigen Thematik würde jedoch deren Rahmen sprengen. 234 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, HStR II, § 26, Rn. 71; Braun, Zivilprozeßrecht, § 2 I, S. 16; Oberheim, Zivilprozessrecht für Referendare, Rn. 6; Germann, Grundlagen der Rechtswissenschaft, S. 33 f.; Wach, Handbuch des Deutschen Civilprozessrechts, S. 11 f. 235 Gaul, in: Festschrift Flume, S. 443, 453; Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 152, Rn. 1; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 1 II, S. 3 f. 236 Detterbeck, in: Sachs, GG, Art. 92, Rn. 21a; Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke, GG, Art. 92, Rn. 20; BVerfG, Urt. v. 08. 02. 2001 – 2 BvF 1/00, BVerfGE 103, 111, juris Rn. 97. 237 Förschler/Steinle, Der Zivilprozess, Rn. 1120; Vollkommer, in: Zöller, ZPO Vor § 322, Rn. 20; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322, Rn. 9; Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 322, Rn. 9; Gruber, in: BeckOK ZPO, § 322, Rn. 12; Seiler, in: Thomas/Putzo ZPO, § 322, Rn. 7; Schwab, JuS 1976, 69 (73); BGH, Urt. v. 22. 10. 2013 – XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 19. 11. 2003 – VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 18. 01. 1985 – V ZR 233/83, BGHZ 93, 287, juris Rn. 10. 232

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Rechtsausspruch im ersten Prozess unvereinbare „kontradiktorische Gegenteil“ begehrt wird.238 Ist die rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage demgegenüber in einem weiteren Prozess nur Vorfrage für den neu zu entscheidenden Streitgegenstand, herrscht keine Identität des Streitgegenstands. Ein Prozesshindernis ist dann nicht anzunehmen.239 In diesem Fall wirkt das Urteil präjudiziell, sodass das Gericht an die Vorentscheidung gebunden ist240, indem es die rechtskräftige Feststellung ungeprüft übernimmt.241 Rechtskräftige Urteile wirken gemäß § 325 Abs. 1 ZPO subjektiv für und gegen die Parteien des Rechtsstreits sowie deren Rechtsnachfolger. Mit der Wirkung „rechtskräftiger Urteile“ zwischen den Parteien ist die materielle Rechtskraft eines Urteils gemäß § 322 Abs. 1 ZPO gemeint.242 Die grundsätzliche Beschränkung der Wirkung der Rechtskraft auf die Parteien erschließt sich daraus, dass eine Entscheidung, die durch die Parteien herbeigeführt und deren Inhalt durch das Parteiverhalten bestimmt wird, nur unter besonderen Umständen und nur kraft einer besonderen Anordnung des Gesetzes auf die Rechtsverhältnisse eines Dritten, der an dem Prozess nicht teilgenommen hat und auf den Inhalt des Urteils nicht einwirken konnte, Einfluss haben kann.243 Grundsätzlich ist vor allem nur den Parteien rechtliches Gehör im Verfahren zu gewähren.244 In Anbetracht dessen, dass allen Personen, deren Rechte durch eine zu erwartende Entscheidung beeinträchtigt werden können, ein Anspruch auf Gehör zusteht, dürfen Dritte, denen institutionell kein Gehör eingeräumt ist, nicht zu ihrem Nachteil in die Rechtskraft einbezogen werden.245 Eine Rechtskrafterstreckung über § 325 ZPO hinaus für und gegen Dritte, die an dem einem Urteil zugrunde liegenden Verfahren nicht beteiligt waren, setzt daher eine ausdrückliche oder nach dem Sinn der Vorschrift gebotene Anordnung voraus, die den Inhalt und Umfang der Bindungswirkung verschieden ausgestalten kann.246 Eine materiell-rechtliche Abhängigkeit reicht hierfür nicht aus. Eine 238 BGH, Urt. v. 26. 06. 2003 – I ZR 269/00, NJW 2003, 3058, juris Rn. 21; BGH, Urt. v. 17. 03. 1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, juris Rn. 8; BGH, Urt. v. 11. 11. 1994 – V ZR 46/ 93, juris Rn. 7; BGH, Urt. v. 07. 07. 1993 – VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, juris Rn. 8. 239 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 842, 877. 240 Förschler/Steinle, Der Zivilprozess, Rn. 1120; Grunsky/Jacoby, Zivilprozessrecht, Rn. 748; BGH, Urt. v. 16. 01. 2008 – XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227, juris Rn. 9. 241 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 877; BGH, Urt. v. 06. 03. 1985 – IVb ZR 76/83, NJW 1985, 2535, juris Rn. 10. 242 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 325, Rn. 1. 243 Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 157, Rn. 2. 244 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 325, Rn. 1; Adolphsen, Zivilprozessrecht, § 28, Rn. 51. 245 Braun, Zivilprozeßrecht, S. 938; vgl. aber BVerfG, Beschl. v. 09. 02. 1982 – 1 BvR 191/ 81 –, BVerfGE 60, 7, juris Rn. 28. 246 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 325, Rn. 3 f.; Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 325, Rn. 3; Althammer, in: Stein/Jonas, ZPO, § 325, Rn. 80 f., 89; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 325, Rn. 1 f.; Schack, NJW 1988, 865 (872); Bayer/Möller, NZG 2018, 801 (808); Schwab, NZG 2013, 521 (523); Eicker, JA 2019, 52 (59); BGH, Urt. v. 22. 03. 2011 – II ZR 249/09, NJW 2011, 2048, juris Rn. 7 f.; BFH, Urt. v. 31. 05. 2005 – VII R 56/04,

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Rechtskrafterstreckung kann deshalb weder damit begründet werden, dass die Parteien die Wirkung für und gegen den Dritten auch durch ein Rechtsgeschäft hätten herbeiführen können247, noch damit, dass das zwischen den Parteien entschiedene Rechtsverhältnis vorgreiflich für das Rechtsverhältnis einer Partei zu dem Dritten sei und diesem die Rechtskrafterstreckung zugemutet werden könne.248 Beide Ansätze verstoßen gegen den Vorbehalt des Gesetzes und sind daher mit dem geltenden Recht nicht vereinbar.249 Für stattgebende Urteile, die auf aktienrechtliche Beschlussmängelklagen ergehen, besteht mit § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Anordnung für eine Rechtskrafterstreckung auf nicht am Prozess beteiligte Dritte.250 Danach wird die Wirkung des stattgebenden Urteils auf die Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats erweitert. Hätte der Gesetzgeber hier tatsächlich eine Rechtskraftwirkung für und gegenüber jedermann anordnen wollen, hätte er dies wie in § 184 Abs. 2 Satz 1 FamFG formulieren können. Dort heißt es: „Soweit über die Abstammung entschieden ist, wirkt der Beschluss für und gegen alle.“251 Die Vertreter der Auffassung, dass ein stattgebendes Urteil über den in § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG benannten Personenkreis hinaus eine materielle Rechtskraft erga omnes entfalten soll, gehen dementsprechend selbst davon aus, dass es hierfür an einer Rechtsgrundlage mangelt. Andernfalls wäre eine Rechtsfortbildung unnötig.252 Bereits diese Feststellung steht, nach den vorstehenden Grundsätzen, der Annahme einer erga-omnes-Wirkung entgegen. Diese kann nicht im Wege einer Rechtsfortbildung des § 249 AktG geschaffen werden.253 Zwar kann eine über § 325 ZPO hinausgehende Erstreckung der Rechtskraft auf Dritte auch dann anzunehmen sein, wenn sie nicht ausdrücklich angeordnet, aber nach dem Sinn einer Vorschrift geboten ist.254 Der Gesetzgeber hat aber eine klare Anordnung über die subjektive Reichweite der materiellen Rechtskraft getroffen, indem er hinsichtlich der Urteilswirkungen einer Nichtigkeitsklage in § 249 AktG auf § 248 AktG verwiesen hat. Überdies spricht der Vergleich mit § 252 AktG gegen die Zulässigkeit einer Rechtsfortbildung, die zu einer Rechtskrafterstreckung einer Nichtigkeitsklage erga BFH/NV 2005, 1759, juris Rn. 22; BGH, Urt. v. 20. 10. 1995 – V ZR 263/94, NJW 1996, 395, juris Rn. 10; BGH, Urt. v. 11. 03. 1983 – V ZR 287/81, NJW 1984, 126, juris Rn. 18; BGH, Urt. v. 16. 11. 1951 – V ZR 17/51, BGHZ 3, 385, juris Rn. 17. 247 Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 79 ff. 248 Blomeyer, Zivilprozessrecht, §§ 91 II, 93. 249 Vgl. BGH, Urt. v. 20. 10. 1995 – V ZR 263/94, NJW 1996, 395, juris Rn. 10; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 325, Rn. 1. 250 Saenger, in: Saenger, ZPO, § 325, Rn. 16; Schack, NJW 1988, 865 (866). 251 Vgl. auch § 97 Abs. 3 Satz 1 ArbGG: „Der rechtskräftige Beschluss über die Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung wirkt für und gegen jedermann.“ 252 Vgl. Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 19. 253 So Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 25. 254 BGH, Urt. v. 22. 03. 2011 – II ZR 249/09, NJW 2011, 2048, juris Rn. 11.

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omnes führt. Erhebt danach ein Aktionär, der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder eine in § 250 Abs. 2 AktG bezeichnete Organisation oder Vertretung der Arbeitnehmer gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung, dass die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung nichtig ist, so wirkt ein stattgebendes Urteil gemäß § 252 Abs. 1 AktG für und gegen alle Aktionäre und Arbeitnehmer der Gesellschaft, alle Arbeitnehmer von anderen Unternehmen, deren Arbeitnehmer selbst oder durch Delegierte an der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft teilnehmen, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die in § 250 Abs. 2 AktG bezeichneten Organisationen und Vertretungen der Arbeitnehmer, selbst wenn sie nicht Partei sind. Auch bei dieser Wirkung handelt es sich um eine Rechtskrafterstreckung.255 Es zeigt sich also, dass der Gesetzgeber dort, wo er eine Rechtskrafterstreckung über den Personenkreis des § 248 Abs. 1 AktG hinaus für erforderlich hielt, diese angeordnet hat. Sein Ziel war es bei Einführung der Vorgängerregelung von § 252 AktG nicht, jedermann in den von der Rechtskraft umfassten Personenkreis einzubeziehen, sondern nur diejenigen, die eine Beschlussmängelklage im eigentlichen Sinne als Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage erheben können.256 Damit steht nicht nur der Wortlaut von § 248 Abs. 1 AktG und der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes der Extension der Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils entgegen. Gerade aus dem systematischen Vergleich mit § 252 AktG ergibt sich, dass von einer Regelungslücke hinsichtlich der subjektiven Reichweite der materiellen Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils nicht ausgegangen werden kann. b) Keine Notwendigkeit für eine Rechtsfortbildung Eine Rechtskrafterstreckung erga omnes ist schließlich nicht vom Sinn und Zweck der Normen zum Beschlussmängelrecht her geboten. Das Erfordernis einer Rechtskraftwirkung über § 248 AktG hinaus gegenüber jedermann wird fast ausschließlich im Zusammenhang mit der Nichtigkeitsklage thematisiert. Die Behauptung der Notwendigkeit einer derartigen subjektiven Rechtskrafterstreckung der Nichtigkeitsklage wird dabei mit einem argumentum a maiore ad minus begründet.257 So findet sich vereinzelt die Auffassung258, es sei nicht überzeugend, dass die richterliche Feststellung eines schwerwiegenden Beschlussmangels im Sinne des § 241 Nr. 1 – 4 AktG nur den in § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG bezeichneten Personenkreis binde, während das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes (§ 241 Nr. 5 AktG) zu einem inter omnes wirkenden Urteil führe. Ferner überzeuge es nicht, dass bei der 255 Vgl. Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 252, Rn. 5 f., der dann aber ebenfalls annimmt, dass die Rechtskraft über den Wortlaut hinaus erweitert werden müsse; ebenso: Simons, in: Hölters/Weber, AktG, § 252, Rn. 5; Stilz, in: Spindler/Stilz, AktG, § 252, Rn. 4; Stilz/Schumann, in: BeckOGK AktG, § 252, Rn. 4. 256 Vgl. BT-Drucks. 4/171, S. 204. 257 Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 19; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 20. 258 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 25.

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immer noch praxisüblichen Verbindung von Nichtigkeits- und Anfechtungsklage durch Haupt- und Hilfsantrag der Hauptantrag zu einem Urteil führe, dessen Wirkungen hinter denen einer Entscheidung über den Hilfsantrag zurückblieben. Das Nichtigkeitsurteil müsse deshalb ebenfalls inter omnes wirken.259 Dieser Gedanke verfängt jedoch nicht. Der Vergleich der subjektiven Reichweite der materiellen Rechtskraft der Nichtigkeitsklage gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG mit der subjektiven Reichweite der Gestaltungswirkung der Anfechtungsklage ist nicht geeignet, um der Anfechtungsklage einen weiteren subjektiven Wirkungskreis beizumessen als der Nichtigkeitsklage. Es handelt sich dabei um ungleiche Bezugssysteme. Schließlich geht es bei der materiellen Rechtskraft nach der heute h. M. um eine rein prozessuale Wirkung, während es bei der Gestaltungswirkung um eine materiell-rechtliche Wirkung geht. Der Vergleich zwischen dem prozessualen und dem materiellen Wirkungskreis ist nicht sachdienlich. Er verstellt den Blick dafür, dass der prozessuale Wirkungskreis der beiden Klagen und der materielle Wirkungskreis der Nichtigkeit kraft Gesetzes und kraft Gestaltungsurteil identisch sind.260 aa) Vergleich der Rechtskraft von Anfechtungs- und Nichtigkeitsurteil Durch ein stattgebendes Urteil auf eine Anfechtungsklage wird das materielle Recht verändert, indem einem Beschluss die Wirksamkeit genommen wird.261 Im Gegensatz zu anderen Urteilen weisen Gestaltungsurteile die Besonderheit auf, dass sie, unabhängig vom Verständnis der Wirkungsweise der materiellen Rechtskraft, das materielle Recht durch eine Rechtsänderung beeinflussen können.262 Nach heutiger h. M. können Gestaltungsurteile zudem in materielle Rechtskraft erwachsen. Die materielle Rechtskraft, die auf die Rechtsbeständigkeit abzielt, ist dabei von der Gestaltungswirkung, die in der Veränderung der materiellen Rechtslage besteht, zu unterscheiden. Bei der Gestaltungswirkung handelt es sich deshalb um eine eigene Urteilswirkung und nicht etwa um einen besonderen Aspekt der materiellen Rechtskraft.263 Dies wäre mit der ne-bis-in-idem-Lehre nicht vereinbar. In materielle Rechtskraft erwächst bei einem Gestaltungsurteil der Gestaltungsgrund, also die Feststellung, dass der Kläger ein Recht auf Gestaltung hat.264 Mithin erwächst bei einer Beschlussanfechtungsklage die Feststellung, dass der Kläger aufgrund des Vorliegens eines Anfechtungsgrundes ein Recht hat, den Beschluss gerichtlich für nichtig erklären zu lassen, in materielle Rechtskraft. Die subjektive Reichweite 259 Vgl. auch Karsten Schmidt, AG 1977, 205 (206); Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 249, Rn. 49; Stilz/Schumann, in: BeckOGK AktG, § 252, Rn. 4. 260 Vgl. Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 272 f. 261 Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 10. 262 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322, Rn. 19. 263 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 322, Rn. 19. 264 Karsten Schmidt, JuS 1986, 35 (38); Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 322, Rn. 63; Gruber, in: BeckOK ZPO, § 322, Rn. 57.

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dieser Rechtskraft ergibt sich ebenso wie für die Nichtigkeitsklage (§ 249 Abs. 1 Satz 1 AktG) aus § 248 Abs. 1 AktG. Sie ist für beide Klagearten deshalb identisch.265 Ein argumentum a maiore ad minus kann hier somit nicht überzeugen. bb) Vergleich der materiellen Reichweite Der subjektiven Reichweite der Gestaltungswirkung des Anfechtungsurteils entspricht im Rahmen der Nichtigkeitsklage nicht die subjektive Reichweite der Rechtskraft, sondern die subjektive Reichweite der materiellen (Un-)Wirksamkeit des jeweiligen Beschlusses. Die subjektive Reichweite der Gestaltungswirkung korrespondiert daher mit der subjektiven Reichweite der Heilung eines nichtigen Beschlusses. Nach heute herrschendem Verständnis kommt der Heilung eines nichtigen Beschlusses nämlich anders als der eines anfechtbaren Beschlusses gemäß §§ 242, 256 Abs. 6 AktG eine materielle Gestaltungswirkung zu, sodass der Beschluss durch die Heilung rückwirkend wirksam wird.266 Mit diesem materiellrechtlich gestaltenden Charakter wird der Heilung zu Recht eine inter-omnes-Wirkung zugesprochen.267 Die materielle Gestaltungswirkung eines Anfechtungsurteils verhält sich somit spiegelbildlich zur materiellen Heilung eines nichtigen Beschlusses, da sie die materielle Wirksamkeit eines Beschlusses beseitigt, während die Heilung sie herstellt. Die Reichweiten sind in subjektiver Hinsicht zwangsläufig identisch, da sie durch die subjektive Reichweite des jeweiligen Beschlusses vorgegeben sind.268 Immerhin kann das Gericht einem Beschluss die Rechtswirkungen

265 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 272 f.; Stein, Die Aktiengesellschaft, 14.4.4; vgl. auch Hellwig, Rechtskraft, S. 4. 266 Koch, AktG, § 242, Rn. 7, § 256, Rn. 28; Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 256, Rn. 64; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 242, Rn. 19; Casper, in: BeckOGK AktG, § 242, Rn. 12; Casper, in: Spindler/Stilz, AktG, § 242, Rn. 12; Casper, in: Festschrift Bergmann, S. 127 (134); Jansen, in: BeckOGK AktG, § 256, Rn. 77; Rölike, in: Spindler/Stilz, AktG, § 256, Rn. 74; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 242 AktG, Rn. 8; Vetter, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 256 AktG, Rn. 27; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 242, Rn. 13; Waclawik, in: Hölters/Weber, AktG, § 256, Rn. 33; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 242, Rn. 14, § 256, Rn. 38; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 242, Rn. 1; Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 265; Göz, in: Bürgers/Körber/Lieder, AktG, § 242, Rn. 9; Schiffer, in: Schwerdtfeger, GesR, § 242 AktG, Rn. 11; Leuering/Billerbeck, NJW-Spez. 2019, 143 (144); Temme, RNotZ 2004, 2 (15); Ulmer/Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 34, Rn. 108; a. A. Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 553 ff.; Betz, Die Heilung nichtiger Hauptversammlungsbeschlüsse durch Eintragung und Fristablauf, S. 202 ff.; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 242, Rn. 7. 267 Casper, in: BeckOGK AktG, § 242, Rn. 14; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 242, Rn. 20; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 242, Rn. 13; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 242 AktG, Rn. 8. 268 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 220; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 52 f.; vgl. auch Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 74.

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in seiner subjektiven Reichweite nur so weit nehmen, wie sie zuvor bestanden haben.269 Im gleichen Umfang kann sich auch nur die Nichtigkeit auswirken. Deshalb kann aber nur dort, wo der innerhalb der Gesellschaft gebildete Wille in rechtserheblicher Weise auf die Außenwelt trifft270, überhaupt die Frage nach einer rechtlichen Wirkung des Urteils für und gegenüber jedermann von Bedeutung sein.271 Das betrifft nur die Fälle, in denen der Beschluss eine Wirksamkeitsvoraussetzung für ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten ist und dieses auch bereits vollzogen wurde. Ist das Durchführungsgeschäft nämlich noch nicht vollzogen, dann ist die Existenz des Beschlusses lediglich vorgreiflich für das Drittgeschäft, sodass die prozessrechtliche Unterscheidung zwischen der Rechtskraftwirkung gemäß § 248 AktG und der Gestaltungswirkung inter omnes ihren Sinn verliert.272 Hat die Hauptversammlung beispielsweise eine Kapitalerhöhung beschlossen, die von einem Aktionär im Wege einer Beschlussmängelklage erfolgreich angegriffen wurde, dann macht es für einen Zeichner, ganz gleich, ob er bereits Aktionär ist, keinen Unterschied, ob die Nichtigkeit des Beschlusses innerhalb des Personenkreises des § 248 AktG festgestellt wird oder ob der Beschluss mit Gestaltungswirkung inter omnes aufgehoben wird. Selbst wenn die Rechte des Zeichners wegen der Vorgreiflichkeit des Rechtsverhältnisses273 rechtlich vom Kapitalerhöhungsbeschluss abhängen, wird er unabhängig vom subjektiven Wirkungsradius des Urteils nicht Aktionär, weil die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht eingetragen werden darf und die Kapitalerhöhung damit nicht wirksam wird.274 Ist ein Zustimmungsbeschluss gesetzliche Wirksamkeitsvoraussetzung, entfaltet er vor dem Vollzug des Durchführungsgeschäfts ebenfalls keinerlei Außenwirkung. Die Einräumung der Vertretungsmacht hat nur Rechtswirkung gegenüber dem jeweiligen Leitungsorgan, dessen rechtliches Können dadurch erweitert wird, dass es mit Wirkung für die Gesellschaft einen bestimmten Vertrag schließen kann.275 Die Vertretungsmacht ist die Legitimation des Vertreters, für einen anderen durch Handeln in dessen Namen für ihn gültige rechtsgeschäftliche Regelungen zu treffen.276 Diese Legitimation wird den Leitungsorganen in den gesetzlich geregelten Fällen durch einen Beschluss der Hauptversammlung eingeräumt. Ob dies geschieht, 269

Vgl. Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 (16 f.); Hellwig, Rechtskraft, S. 3; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 248, Rn. 5; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 53; Schröder, Schiedsgerichtliche Konfliktbeilegung bei aktienrechtlichen Beschlußmängelklagen, S. 60. 270 Vgl. Fehrenbach, Der fehlerhafte Gesellschafterbeschluss in der GmbH, S. 170. 271 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 272. 272 Häsemeyer, ZZP 1988, 385 (388). 273 Windel, Der Interventionsgrund des § 66 Abs. 1 ZPO als Prozessführungsbefugnis, S. 137. 274 Vgl. Häsemeyer, ZZP 1988, 385 (388 f.). 275 Wolff, Theorie der Vertretung, S. 268 f. 276 Schilken, in: Staudinger, BGB (2019), Vorbemerkung §§ 164 ff., Rn. 17; Schubert, in: MüKo BGB, § 164, Rn. 191.

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ist zunächst ausschließlich Sache der Gesellschaft und ihrer Mitglieder und Organe. Der Beschluss entfaltet keine Rechtswirkung gegenüber Dritten. Diese können zwar ein Interesse an einer bestimmten Willensbildung der Gesellschaft haben, genauso wie bei einer natürlichen Person haben sie jedoch keinen Anspruch darauf, dass dieser Wille dann tatsächlich gebildet wird. Selbst wenn die Rechte Dritter somit sachlogisch vom Beschluss der Gesellschafter abhängen, da im Falle der Zustimmung und des Vertragsschlusses Erfüllungsansprüche entstehen277, haben sie den Willen der Gesellschaft so hinzunehmen, wie er am Ende vorliegt.278 Der Zustimmungsbeschluss ist daher lediglich vorgreiflich für den Abschluss des Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und dem Dritten. Unabhängig davon, ob der Beschluss vor seinem Vollzug durch die Hauptversammlung widerrufen wird oder ein Gericht ihn aufhebt oder seine Nichtigkeit feststellt, wird es der Dritte in der Folge stets mit einem vollmachtlosen Vertreter zu tun haben. Aus diesem Grund hat die Unterscheidung zwischen einer inter omnes wirkenden Gestaltungswirkung und einer inter partes wirkenden Rechtskraft in diesem Stadium keine Bedeutung außer jener, dass das Endergebnis von einem Dritten hinzunehmen ist. Dieses „HinnehmenMüssen“ ist aber tatsächlich keine Rechtswirkung.279 Anders stellt sich die Situation jedoch dar, wenn die Gesellschaft das Durchführungsgeschäft vollzogen hat.280 Zwar liegen erneut zwei unterschiedliche Rechtsgeschäfte vor. Diese sind jedoch über eine Wirksamkeitsvoraussetzung derart miteinander verwoben, dass der Beschluss entweder wie bei der Kapitalerhöhung ein Tatbestandsmerkmal281 des Durchführungsgeschäfts ist oder wie bei einem Zustimmungsbeschluss erst die Legitimation282 des handelnden Organs der Gesellschaft für den Abschluss des Rechtsgeschäfts begründet. Das Drittgeschäft ist somit materiell-rechtlich nicht mehr unabhängig vom Beschluss. Aus diesem Grund können die Gesellschafter den Zustimmungsbeschluss dann nicht mehr rückwirkend mit Wirkung gegenüber dem Dritten aufheben.283 War der Zustimmungsbeschluss aber nichtig, lag im Falle einer Kapitalerhöhung ein wirksamer Kapitalerhöhungsbeschluss bereits von Anfang an nicht vor und im Falle einer gesetzlichen Beschränkung der Vertretungsmacht besaß das Organ von Anfang an keine Vertretungsmacht. Die Anfechtungsklage führt dasselbe Ergebnis herbei, da sie ex tunc wirkt.284 In 277

Häsemeyer, ZZP 1988, 385 (338 f.). Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 248, Rn. 5. 279 Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 248, Rn. 5; Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 52; a. A. ohne Differenzierung zwischen den Beschlusswirkungen Drescher, in: BeckOGK AktG, § 241, Rn. 75. 280 Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 (18). 281 Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 40; Hüffer/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, § 47, Rn. 40. 282 Vgl. Häublein, JURA 2007, 728 (729). 283 BGH, Urt. v. 05. 05. 2003 – II ZR 50/01, NJW-RR 2003, 1196, juris Rn. 12; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 65. 284 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 248, Rn. 5. 278

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beiden Fällen hat damit weder eine wirksame Kapitalerhöhung stattgefunden noch verfügte das handelnde Organ im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über die erforderliche Vertretungsmacht. Ebenso wie im Recht der Stellvertretung ist daher bei der Beschlussmängelklage zu berücksichtigen, dass sie sich materiell-rechtlich (auch) gegen das Durchführungsgeschäft richtet, indem sie eine von dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen rückwirkend beseitigt.285 Der Vorteil der Gestaltungswirkung eines Anfechtungsurteils gegenüber der Rechtskraftwirkung des Nichtigkeitsurteils besteht dann dem Anschein nach darin, dass das Gericht in einem Folgeprozess nicht mehr prüfen muss, ob der Beschluss als Wirksamkeitsvoraussetzung des Durchführungsgeschäfts fehlerhaft ist. Das rechtskräftige Anfechtungsurteil stellt, unabhängig von seiner Richtigkeit, gemäß § 241 Nr. 5 AktG einen eigenständigen Nichtigkeitsgrund dar, der durch die bloße Vorlage des Urteils nachgewiesen werden kann. Unabhängig davon ist der Dritte aber nicht von der Rechtskraft des Anfechtungsurteils gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG erfasst und kann sich darauf berufen, dass das Urteil unrichtig ist.286 Dass eine Ausweitung der Rechtskraftwirkung einer Nichtigkeitsklage aus einem Vergleich mit der Gestaltungswirkung geboten ist, erscheint zweifelhaft, weil auch die h. M. gutgläubige Dritte vor den Anfechtungsfolgen schützen will. Ob und inwieweit eine Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses im Innenverhältnis auf die Wirksamkeit von Rechtshandlungen im Außenverhältnis durchschlägt, lässt das Aktiengesetz selbst offen. Diese Regelungslücke war ausweislich der Begründung der zweiten Aktienrechtnovelle von 1884 beabsichtigt, da die Rechtsfolgen der Aufhebung vom jeweiligen Außenrechtsverhältnis abhängen würden.287 Allerdings wurde schon damals der Schutz gutgläubiger Dritter unterstellt: „Insbesondere läßt sich nicht eine allgemeine Bestimmung darüber aufstellen, welche Wirkungen die Ungültigkeitserklärung des Beschlusses auf die infolge desselben etwa schon zur Ausführung gelangten Rechtshandlung habe, ob sie auch die letzteren ungültig mache, ob deren Ungültigkeit als von Anfang an eingetreten zu behandeln sei. Die Maßregeln, welche auf Grund eines solchen Beschlusses von den Gesellschaftsorganen ergriffen werden können, sind zu verschieden. Man könnte zwar im allgemeinen davon ausgehen, daß, wie der Beschluß als nicht gefaßt, so auch die auf ihm beruhende Maßregel als von Anfang an hinfällig zu betrachten sei. Allein schon oben wurde darauf hingewiesen, daß die Gesellschaft gegen ihre Organe einen Schadensersatzanspruch wegen Ausführung des Beschlusses auf dessen Ungültigkeit nicht stützen dürfe. Ferner werden dritte Personen, mit welchen der Vorstand eine Rechtshandlung, wenn auch auf Grund des ungültigen Beschlusses der Generalversammlung vorgenommen hat, zumeist durch die Vorschriften der Art. 227 Abs. 1, 230, 231 Abs. 2 geschützt sein; ebenso im Falle unstatthaft gewesener Auszahlung von Dividenden, die Aktionäre, welche sie im guten Glauben empfangen haben, 285 Vgl. Petersen, Examinatorium, S. 284, Rn. 8; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 85. 286 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 272 f.; Hellwig, Rechtskraft, S. 4. 287 Brondics, Die Aktionärsklage, S. 113; RG, Urt. v. 09. 10. 1914 – II 223/14, RGZ 85, 311 (314).

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durch die Vorschrift des Art. 218. Die Entscheidung ist nur im einzelnen Falle nach Maßgabe des in Betracht kommenden Verhältnisses richtig zu finden.“288

Mit der Frage der Außenwirkung der Anfechtungsklage haben sich Flechtheim289 und Hueck290 bereits Anfang des 20. Jahrhunderts auseinandergesetzt. Flechtheim war der Auffassung, dass das stattgebende Anfechtungsurteil nur gegenüber den am Rechtsgeschäft unmittelbar Beteiligten wirke. Nur eben jenes Rechtsverhältnis könne unmittelbar durch das Urteil vernichtet werden. Diese Vernichtung könne in die Rechte Dritter demgegenüber nur dann eingreifen, wenn sie als zur Sache legitimierte Partei in den Prozess hineingezogen worden seien. Ansonsten könne die gerichtliche Aufhebung ebenso wenig gegenüber dem Dritten wirken wie die vertragsgemäße, ohne seine Zustimmung erfolgte Aufhebung des Rechtsgeschäfts.291 Hueck zufolge verkannte Flechtheim dabei jedoch, dass die gerichtliche Ungültigkeitserklärung infolge einer Anfechtungsklage nicht der vertraglichen Aufhebung, sondern der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts entspreche. Das Rechtsgeschäft sei also infolge des stattgebenden Anfechtungsurteils rückwirkend nichtig, was der Dritte so hinnehmen müsse, als wäre das Rechtsgeschäft von Anfang an nichtig gewesen.292 Für Hueck änderte daher der Umstand, dass für einen Dritten auf der Grundlage des Beschlusses bereits ein Recht entstanden ist, im Gegensatz zu Flechtheim grundsätzlich nichts. Es könne nicht angehen, dass auch die stärkste und ganz offenkundige Verletzung der Rechte der Aktionäre dadurch ermöglicht werden könne, dass der Beschluss im Verhältnis zu Dritten ausgeführt werde.293 Gleichwohl stimmte Hueck mit Flechtheim im Ergebnis dahingehend überein, dass nur ein materiell richtiges Anfechtungsurteil in die Rechtsposition eines Dritten eingreifen könne, wie dies auch nur einer berechtigten Anfechtung mit Blick auf die Rechte eines Dritten möglich sei.294 Dabei ging er ebenso wie Flechtheim zunächst von einer Billigkeitsüberlegung aus.295 Das Urteil in einem Anfechtungsprozess hänge ganz erheblich vom Willen der Parteien ab, sodass es aufgrund eines Anerkenntnisses oder Versäumnisses ergehen könne. Vor allem aber würde ein Dritter unter einer ungeschickten, leichtfertigen oder sogar kollusiven Prozessführung lei288 Allgemeine Begründung zum Aktiengesetz 1884, abgedruckt in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 468, rechts, 469, links. 289 Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 f. 290 Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 193 f. 291 Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 (18). 292 Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 203 f. 293 Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 203. 294 Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 205; Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 (18 f.). 295 Alfred Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 206, dort auch zum folgenden Text.

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den.296 Eine solche Wirkung sei gegenüber den Aktionären möglich, da die Aktionäre die Gesellschaft bilden und ihre Interessen im Prozess durch den Vorstand und den Aufsichtsrat vertreten werden würden. Gegenüber einem Dritten sei dies jedoch nicht gerechtfertigt. Der klagende Aktionär und die beklagte Gesellschaft könnten nur allzu leicht gemeinsame Interessen verfolgen. In diesem Fall wäre der Beschluss deshalb zwar durch das Gestaltungsurteil beseitigt, was eine Tatsache wäre, die der Dritte selbst im Falle eines ungerechtfertigten Anfechtungsurteils hinnehmen müsste und die von ihm nicht mit Erfolg bestritten werden könnte.297 Mangels Rechtskrafterstreckung auf den Dritten sei dieser jedoch nicht daran gehindert, sich mangels eines Anfechtungsgrundes auf ein fehlendes Anfechtungsrecht des klagenden Aktionärs zu berufen. Das Anfechtungsurteil beseitige daher zwar vermöge seiner konstitutiven Wirkung auch im Verhältnis zum Dritten den Beschluss für die Zukunft, aber es könne nicht in schon erworbene Rechte Dritter eingreifen. Das Urteil habe daher für den Dritten nur die Bedeutung einer von der Generalversammlung beschlossenen Wiederaufhebung des Beschlusses, der die Generalversammlung für das Innenverhältnis Rückwirkung beigelegt habe. Mithin sei das bereits vor der Anfechtung durchgeführte Rechtsgeschäft wirksam, da der Beschluss gegenüber dem Dritten nur mit Wirkung für die Zukunft beseitigt werde. Die Vorlage des Anfechtungsurteils habe somit im Folgeprozess gegen den Dritten keinen Vorteil gegenüber der Vorlage des Nichtigkeitsurteils, da nur ein berechtigtes Anfechtungsurteil rückwirkend gegenüber dem Dritten wirke. Mithin sei dann im Folgeprozess mit dem Dritten zu klären, ob tatsächlich ein Anfechtungsgrund vorgelegen habe. Die heute h. M. folgt nicht der Auffassung Flechtheims und Huecks, der zufolge das Anfechtungsurteil gegenüber dem Dritten nicht bzw. nicht rückwirkend wirke. Stattdessen wird vertreten, dass die Gestaltungswirkung des Urteils dazu führe, dass der Beschluss ebenfalls gegenüber dem Dritten rückwirkend beseitigt werde.298 Der Schutz des Dritten erfordere nicht, dass die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen gegenüber Dritten infrage gestellt werde. Eine Rückwirkung sei deshalb grundsätzlich auch gegenüber Dritten zu bejahen, wenn diese nicht ausnahmsweise Vertrauensschutz in Anspruch nehmen könnten. Insoweit werde jedoch das Vertrauen auf den Bestand von Durchführungsgeschäften geschützt und nicht das Vertrauen auf den Bestand der ihnen zugrunde liegenden Hauptversammlungsbeschlüsse.299 Dementsprechend können die Durchführungsgeschäfte trotz einer erfolgreichen Beschlussmängelklage Bestand haben. Das wird dabei vorwiegend über Heilungsvorschriften und die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft hergestellt.300 296

So auch Flechtheim, in: Festschrift Zitelmann, S. 1 (19). Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 205 f., dort auch zum folgenden Text. 298 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 248, Rn. 11; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248, Rn. 10. 299 Koch, AktG, § 248, Rn. 7; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 248, Rn. 5. 300 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 20 ff. 297

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So wäre die Folge der rückwirkenden Nichtigkeit gerade im Zusammenhang mit Strukturmaßnahmen außerhalb eines Freigabeverfahrens gemäß § 246a AktG misslich. Hierbei ist die Anfechtungsklage mit ihrer kurzen Anfechtungsfrist weniger problematisch als die Nichtigkeitsklage. Wird beispielsweise mehrere Jahre nach der Durchführung einer Kapitalerhöhung, einer Umwandlung oder dem Abschluss eines Unternehmensvertrages erfolgreich eine Nichtigkeitsklage erhoben, hätte dies zur Folge, dass sämtliche auf den angegriffenen Beschluss basierende Rechtsverhältnisse rückabgewickelt werden müssen. Um dies zu verhindern, wird zutreffend auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zurückgegriffen. Dementsprechend beseitigt ein Nichtigkeitsurteil einen Kapitalerhöhungsbeschluss nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft.301 Die Zeichner sind somit in der Zeit zwischen Kapitalerhöhung und Nichtigkeitsurteil Aktionäre der Gesellschaft mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten, insbesondere der Einlagepflicht.302 Dementsprechend sind sie von der Rechtskraft gemäß § 248 AktG umfasst, ohne dass es einer Extension erga omnes bedarf. Es stellt sich dann lediglich die Frage, ob die Kapitalerhöhung, wenn die Einlage vollständig geleistet wurde, ex nunc nach den Regeln der Kapitalherabsetzung303 oder einer entsprechenden Anwendung der Regeln zur Zwangseinziehung von Aktien304 rückgängig gemacht wird. Das Gleiche soll grundsätzlich für Umwandlungen gelten.305 Allerdings scheint hier ein solcher Rückgriff nicht zwangsläufig geboten zu sein. Immerhin muss eine Beschlussmängelklage, also sowohl eine Anfechtungs- als auch eine Nichtigkeitsund, soweit zulässig, auch eine allgemeine Feststellungsklage gegen einen Umwandlungsbeschluss binnen eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden 301

Zöllner, AG 1993, 68 (71 ff., 77 ff.); Zöllner/Winter, ZHR 1994, 59 (passim); Hommelhoff, ZHR 1994, 11 (15 ff.); Krieger, ZHR 1994, 35 (47 ff.); Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 193; Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 189, Rn. 24; Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, § 189, Rn. 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248, Rn. 14; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 248, Rn. 16; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 57, Rn. 28; Lieder, in: MüKo GmbHG, § 57, Rn. 59 f.; Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 40; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 268; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 245; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 107. 302 Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 189, Rn. 26; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 268; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 246. 303 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht (213 ff.); Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 436 f.; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 268; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 246; Lieder, in: MüKo GmbHG, § 57, Rn. 64; Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 57, Rn. 56; Zöllner, AG 1993, 68 (75 f.); Zöllner/Winter, ZHR 1994, 59 (68 f.). 304 Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248, Rn. 14; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 248, Rn. 15; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 248, Rn. 16; so auch noch Schürnbrand, in: MüKo AktG (4. Aufl.), 189, Rn. 26; offenlassend Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), 189, Rn. 27 f. 305 Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, S. 264 ff.; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 246.

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(§§ 14 Abs. 1, 125, 176, 195 Abs. 1 UmwG). Zugleich hängt die Eintragung der Umwandlung von der Erklärung der Vertretungsorgane ab, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit eines Umwandlungsbeschlusses nicht oder nicht fristgemäß erhoben wurde oder eine solche Klage rechtskräftig abgewiesen oder zurückgenommen worden ist (§§ 16 Abs. 2 Satz 1, 125, 198 Abs. 3 UmwG). Eine Eintragung der Umwandlung ist binnen eines Monats unwahrscheinlich.306 Zudem hat die Nichtigkeit der Umwandlungsbeschlüsse, ganz gleich ob sie kraft Gesetzes von Anfang an bestand oder aufgrund eines Anfechtungsurteils rückwirkend herbeigeführt wurde, keine Auswirkung auf die Wirksamkeit der Umwandlung, nachdem sie eingetragen wurde (§§ 20 Abs. 2, 131 Abs. 2, 202 Abs. 3 UmwG).307 Die Frage, ob das Urteil nur inter partes oder erga omnes wirkt, ist daher irrelevant. Wird der Zustimmungsbeschluss zum Abschluss eines Unternehmensvertrages gemäß § 293 Abs. 1 Satz 1 AktG für nichtig erklärt, ist der Unternehmensvertrag nach seiner Eintragung ebenfalls nicht rückwirkend nichtig, sondern kann nur mit Wirkung für die Zukunft beseitigt werden. Nach dem Beginn der Durchführung des Unternehmensvertrages ist er daher nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch im Innenverhältnis als wirksam zu behandeln, bis er beendet wird.308 Wird der Unternehmensvertrag mit einem Aktionär geschlossen, ist es ebenfalls unerheblich, ob das Urteil über den Personenkreis des § 248 AktG hinaus wirkt. Durchführungsgeschäfte, deren Wirksamkeit von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängen, scheinen hingegen von den bisher genannten Grundsätzen nicht ausreichend erfasst zu werden. Es ist in erster Linie Sache der Gesellschaft und ihrer Mitglieder, wirksame Zustimmungsbeschlüsse zu fassen. Das Vertrauen Dritter muss insoweit geschützt werden. Abzulehnen ist allerdings die Auffassung, wonach sich der Vertrauensschutz Dritter bereits aus § 15 Abs. 3 HGB ergebe und sich nur auf das Vertrauen auf den Bestand des Durchführungsgeschäfts richte.309 § 15 HGB ist nicht anwendbar, wenn der Vorstand die gesetzlichen Schranken seiner Vertretungsmacht verkennt.310 In das Handelsregister sind nur die Vorstandsmitglieder einzutragen. Mithin schafft das Handelsregister nur das Vertrauen hinsichtlich der gesetzlichen Vertretungsmacht des Vorstands. § 15 HGB kann daher nur auf Beschlussmängel der Bestellung des Vorstands angewendet werden. Er kann jedoch kein Vertrauen in die Vertretungsmacht des Vorstands für ein Rechtsgeschäft schaffen, bei dem das Gesetz selbst eine Beschränkung der Vertretungsmacht vor306

Leonard, in: Semler/Stengel/Leonard, UmwG, § 28, Rn. 4. Leonard/Simon, in: Semler/Stengel/Leonard, UmwG, § 20, Rn. 92 f., § 131, Rn. 66, § 202, Rn. 35; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 18, 23; Englisch, in: Hölters/ Weber, AktG, § 248, Rn. 14 f. 308 BGH, Urt. v. 14. 12. 1987 – II ZR 170/87, BGHZ 103, 1, juris Rn. 12; Altmeppen, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 293, Rn. 89 f.; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 248, Rn. 16; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 248, Rn. 17; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 246. 309 Koch, AktG, § 248, Rn. 7. 310 So aber Bredthauer, NZG 2008, 816 (819). 307

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sieht. Mithin kann ein Vertrauensschutz des Dritten im Falle eines gesetzlich angeordneten Zustimmungserfordernisses der Hauptversammlung nicht an der bloßen Organstellung anknüpfen. Darüber hinaus besteht ein Vertrauensschutz gemäß § 15 HGB nur für eintragungspflichtige Tatsachen.311 Weder die Bestellung noch die Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder stellen eintragungspflichtige Tatsachen dar, sodass ein Vertrauensschutz in die Organstellung des Aufsichtsrats nicht über § 15 HGB erreicht werden kann.312 In Anbetracht dessen, dass sich die Vertretungsmacht des handelnden Organs einerseits aus seiner Organstellung und andererseits aus dem jeweiligen Zustimmungsbeschluss ergibt, muss das Vertrauen des Dritten an beide Merkmale anknüpfen. Die Beantwortung der Frage nach der Auswirkung der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit eines solchen Zustimmungsbeschlusses auf das Außenrechtsverhältnis kann daher unter Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten auf der Grundlage der allgemeinen Regeln zur Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Rechtsgeschäften erfolgen. Schließlich wurde die Rückwirkung des stattgebenden Anfechtungsurteils ursprünglich gerade aus den Grundsätzen zur Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB abgeleitet.313 Auch entspricht es dem Wesen der Rechtsgestaltung und wird gerade auch aus dem Vergleich mit der in § 142 Abs. 2 BGB getroffenen Regelung hergeleitet, dass der Beschluss von Anfang an mit Wirkung für und gegenüber jedermann nichtig ist.314 Wenn nun jedoch durch den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung die Vertretungsmacht des handelnden Organs hergestellt wird, dann führt die Frage nach der Auswirkung der Unwirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses zum Recht der Stellvertretung und zur Rechtsstellung des Dritten, wenn dieser es mit einem Vertreter ohne Vertretungsmacht zu tun hat. Die Vertretungswirkungen für die Gesellschaft treten immerhin gemäß § 164 Abs. 1 BGB dann ein, wenn die handelnden Organmitglieder im persönlichen und sachlichen Rahmen ihrer Vertretungsmacht sowie im Namen der Aktiengesellschaft gehandelt haben.315 Kann ein Rechtsgeschäft daher kraft Gesetzes nur mit Zustimmung der Hauptversammlung abgeschlossen werden, so handelt das jeweilige Organ als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Nach h. M. würden daher die § 177 ff. BGB Anwendung finden.316 Das bedeutet, dass ein Durchfüh311

Vgl. BGH, Urt. v. 18. 10. 2016 – II ZR 314/15, NJW 2017, 559, juris Rn. 13. OLG Dresden, Urt. v. 09. 11. 2017 – 8 U 772/17, ZIP 2018, 1069, juris Rn. 68; Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 106, Rn. 13. 313 von Caemmerer, in: Festschrift Hueck, S. 281 (284 f.); Hueck, Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen bei Aktiengesellschaften, S. 194 m. w. N.; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 248, Rn. 5; vgl. auch Marsch-Barner, in: Festschrift Schmidt, S. 1109 (1117). 314 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 19. 315 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 78, Rn. 9. 316 Hoffmann-Becking, in: Münchener HB GesR IV, § 23, Rn. 26; Habersack/Foerster, in: GK AktG (5. Aufl.), § 78, Rn. 13; Fleischer, in: BeckOGK AktG, § 82, Rn. 11; Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 78, Rn. 20; Bürgers, in: Bürgers/Körber, AktG, § 82, Rn. 3; Grigoleit, in: 312

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rungsgeschäft, das das Leitungsorgan mit einem Dritten – wegen fehlender, nichtiger oder erfolgreich angefochtener Beschlussfassung – ohne Zustimmung vorgenommen hat, gemäß § 177 BGB schwebend unwirksam ist. Es kann dann rückwirkend seine Gültigkeit erlangen, wenn es durch einen späteren Zustimmungsbeschluss gemäß § 184 BGB genehmigt wird.317 Im Falle eines nichtigen Beschlusses bedarf es nach dem Eintritt der Heilung keiner Genehmigung mehr. Der Zustimmungsbeschluss wird dann rückwirkend wirksam, und das Leitungsorgan war dann im Zeitpunkt der Vornahme des Durchführungsgeschäfts vertretungsberechtigt. Die inter-omnes-Wirkung der Heilung besteht somit für den Dritten ebenso wie bei der Genehmigung durch einen (neuen) Zustimmungsbeschluss darin, dass er es mit einem vertretungsberechtigten Vertreter zu tun hatte und er daher an das Durchführungsgeschäft gebunden ist. Eine Bindung an den Zustimmungsbeschluss besteht demgegenüber nicht. Dieser ist lediglich für ihn hinzunehmen. Ansonsten tritt bei Verweigerung der Genehmigung im Wege eines Zustimmungsbeschlusses vom Grundsatz her die endgültige Unwirksamkeit des Durchführungsgeschäfts ein.318 Die endgültige Unwirksamkeit des Durchführungsgeschäfts mit dem Dritten kann aber dann nicht eintreten, wenn er gemäß § 171 Abs. 1 BGB darauf vertrauen durfte, dass dem Organ im Wege eines Zustimmungsbeschlusses die erforderliche Vertretungsmacht verliehen wurde. Da die gesetzlichen Mitwirkungserfordernisse der Hauptversammlung als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, gehört es zu den Obliegenheiten des Dritten als Vertragspartner der Gesellschaft, sich über die Zustimmung der Hauptversammlung Gewissheit zu verschaffen.319 Dann aber muss auch sein Vertrauen in den Zustimmungsbeschluss geschützt sein. Ein solcher Vertrauensschutz muss zunächst bestehen, wenn der Dritte in der Hauptversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, zugegen war und der Beschlussmangel für ihn nicht erkennbar war. Denn mit der Feststellung des Beschlussergebnisses hat die Hauptversammlung gegenüber dem anwesenden Dritten die Legitimation des Vorstands für das Rechtsgeschäft kundgetan.320 Ebenfalls ist für ihn eine fehlende Zustimmung nicht erkennbar, wenn er in der Hauptversammlung nicht zugegen war, ihm aber eine Kopie der Ausfertigung der notariellen Urkunde über die Sitzungsniederschrift gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 47 BeurkG321 auf Veranlassung der

Grigoleit, AktG, § 78, Rn. 11; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 82, Rn. 5; Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 82 AktG, Rn. 8. 317 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 248, Rn. 22. 318 BGH, Urt. v. 08. 01. 2019 – II ZR 364/18, BGHZ 220, 354, juris Rn. 10; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 179a, Rn. 4; Eschwey, MittBayNot 2018, 299 (302); Hüren, RNotZ 2014, 77 (84); Weber, DNotZ 2018, 96 (97 f., 99). 319 Koch, AktG, § 82, Rn. 5; Oltmanns, in: Heidel AktG, § 82, Rn. 6. 320 Vgl. Hüffer/Schürnbrand, in: U/H/L, GmbHG, § 47, Rn. 39; Hüffer/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, § 47, Rn. 39; BGH, Urt. v. 05. 05. 2003 – II ZR 50/01, NJW-RR 2003, 1196, juris Rn. 10; Koch, AktG, 103, Rn. 5. 321 Vgl. Gehling, in: Semler/Stengel/Leonard, UmwG, § 13, Rn. 50.

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Gesellschaft vorgelegt wurde322 oder er die beim Handelsregister eingereichte Niederschrift eingesehen hat323. Aufgrund der Beweisfunktion der Niederschrift der Generalversammlung der Genossenschaft324 und der Mitgliederversammlung des Vereins325 sowie des Protokolls der Gesellschafterversammlung der GmbH326 muss für diese das Gleiche gelten.327 § 171 BGB erfasst darüber hinaus Eintragungen im Handelsregister.328 Gemäß § 130 Abs. 5 AktG hat der Vorstand unverzüglich nach der Versammlung eine öffentlich beglaubigte bzw. im Falle des § 130 Abs. 1 Satz 3 AktG eine vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnete Abschrift der Niederschrift und ihrer Anlagen zum Handelsregister einzureichen. Die Niederschrift selbst ist dabei ein Beleg dafür, ob ein bestimmter Beschluss zustande kam. Ist die Niederschrift inhaltlich unrichtig, indem sie einen Beschluss ausweist, der nicht oder nicht so gefasst worden ist, entsteht hinsichtlich des Inhalts der Niederschrift ein Rechtsschein, dass der Beschluss so zustande kam, wie er in der Niederschrift wiedergegeben wird.329 Zwar sind die Zustimmungsbeschlüsse selbst keine eintragungspflichtigen Tatsachen. So ist die Zustimmung zu einem Vertrag nach § 179a AktG keine eintragungspflichtige Tatsache, wenn damit keine Satzungsänderung verbunden ist.330 Ebenso wenig sind die Zustimmungsbeschlüsse gemäß § 65 UmwG, §§ 50, 53, 93 Abs. 4 Satz 1, 116, 117 Abs. 4, 309 Abs. 3 Satz 1, 317 Abs. 4, 310 Abs. 4, 318 Abs. 4 und 323 Abs. 1 AktG mangels gesetzlicher Anordnung eintragungspflichtig.331 Allerdings sind die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze auch auf nicht eintragungspflichtige Tatsachen anwendbar. So hat der BGH die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder angewendet. Mit seiner Entscheidung vom 19. 02. 2013 hat er der Anwendung der Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ auf die Aufsichtsratsmitglieder eine Absage erteilt. Hinsichtlich des Rechtsschutzgedankens gegenüber Dritten ging der zweite Senat davon aus, dass beim Vollzug von Aufsichtsratsbeschlüssen gegenüber außenstehenden Dritten diese, sofern sie die Nichtigkeit eines Beschlusses des Aufsichtsrats nicht kennen oder kennen müssten, 322

Maier-Reimer, in: Erman BGB, § 171, Rn. 3. Vgl. Kubis, in: MüKo AktG (4. Aufl.), § 130, Rn. 76 f. 324 Schöpflin, in: Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 47, Rn. 4; Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, § 47, Rn. 1. 325 Vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 23. 05. 2011 – 8 W 294/10, juris Rn. 29. 326 Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), § 48, Rn. 32 f.; Liebscher, in: MüKo GmbHG, § 48, Rn. 133. 327 Schubert, in: MüKo BGB, § 171, Rn. 12. 328 Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 171, Rn. 2; Schubert, in: MüKo BGB, § 171, Rn. 12 f.; Schäfer, in: BeckOK BGB, § 171, Rn. 8; Ackermann, in: NK-BGB, § 171, Rn. 4; Maier-Reimer, in: Erman BGB, § 171, Rn. 4; Frensch, in: P/W/V, BGB, § 171, Rn. 4. 329 Vgl. Heckschen/Kreußlein, NZG 2018, 401 (411); Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 241, Rn. 11; BGH, Urt. v. 13. 03. 1980 – II ZR 54/78, BGHZ 76, 191, juris Rn. 28. 330 Koch, AktG, § 179a, Rn. 8. 331 Vgl. Krebs, in: MüKo HGB, § 15, Rn. 31. 323

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bereits dadurch geschützt seien, dass sie auf die Handlungsbefugnis desjenigen vertrauen dürften, der die Aufsichtsratsbeschlüsse vollziehe.332 Auf die Liste der Aufsichtsratsmitglieder, die gemäß § 106 AktG lediglich zum Handelsregister einzureichen ist, wird ebenfalls § 171 BGB angewendet.333 Dahinter steht der Gedanke, dass die Einreichungspflicht gemäß § 106 AktG die Herstellung der Publizität des Handelsregisters bezweckt und damit gerade dem Informationsinteresse des Rechtsverkehrs dient. Die Einreichung der Liste begründet deshalb gemäß § 171 Abs. 1 BGB einen Rechtsscheintatbestand.334 Daran gemessen muss die Einreichung eines Zustimmungsbeschlusses gemäß § 130 Abs. 5 AktG ebenso einen Rechtsscheintatbestand gemäß § 171 Abs. 1 BGB begründen. Diese Einreichungspflicht zum Handelsregister bezweckt ebenfalls die Herstellung der durch § 9 Abs. 1 HGB gewährleisteten Publizität.335 Damit dient die Einreichungspflicht ebenfalls dem Informationsinteresse des Rechtsverkehrs.336 Der Rechtsverkehr kann deshalb darauf vertrauen, dass der Beschluss entsprechend der zum Handelsregister eingereichten Niederschrift zustande kam. Die Einreichung des Zustimmungsbeschlusses begründet deshalb einen Rechtsscheintatbestand. Die Anwendung von § 171 BGB führt dazu, dass ab dem Zugang der Abschrift der Niederschrift bzw. ab der Einreichung der Niederschrift zum Handelsregister eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass der Dritte bei einem späteren Abschluss des Rechtsgeschäfts vom Inhalt der Niederschrift Kenntnis hat und gutgläubig ist.337 Die Beseitigung dieses Rechtsscheins erfolgt durch actus contrarius, indem dem Dritten entweder eine Abschrift des Urteils über die Unwirksamkeit übergeben wird oder indem das Anfechtungs- oder Nichtigkeitsurteil gemäß § 248 Abs. 1 Satz 2 AktG zum Handelsregister eingereicht wird.338 Die Beseitigung des Rechtsscheins durch eine Nichtigkeitsklage berührt den Schutz des Rechtsverkehrs mit Dritten beim Abschluss von Rechtsgeschäften während des Bestehens des Rechtsscheins jedoch ebenso wenig, wie dies die rückwirkende Ungültigerklärung eines zunächst wirksam gefassten Beschlusses durch ein stattgebendes Anfechtungsurteil tut.339 Denn der Vertrauensschutz gemäß § 171 BGB knüpft lediglich an die bekanntge332 BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 22; Vetter, ZIP 2012, 701 (710); vgl. auch Marsch-Barner, in: Festschrift Schmidt, S. 1109, 1109 (1125). 333 Zur Anwendung von § 171 BGB auf die Liste der Aufsichtsratsmitglieder Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 106, Rn. 13; Hopt/Markus Roth, in: GK AktG (4. Aufl.), § 106, Rn. 23; Simons, in: Hölters/Weber, AktG, § 106, Rn. 8; Vetter, ZIP 2012, 701 (709); Cziupka, DNotZ 2013, 579 (583). 334 Vetter, ZIP 2012, 701 (709 f.); Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 106, Rn. 13; Simons, in: Hölters/Weber, AktG, § 106, Rn. 8. 335 Mülbert, in: GK AktG (5. Aufl.), § 130, Rn. 6. 336 Krafka, in: MüKo HGB, § 9, Rn. 1. 337 Schubert, in: MüKo BGB, § 171, Rn. 14; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 171, Rn. 2; Leptien, in: Soergel, BGB, § 171, Rn. 2. 338 Vgl. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 171, Rn. 2. 339 Vgl. Becker/Gregor, ZWE 2001, 245 (252).

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machte Legitimation, also an die Kundgabe, und nicht an die Legitimation selbst an.340 Dies entspricht dem Gedanken, dass außenstehende Dritte, die die Nichtigkeit eines Beschlusses nicht kennen oder kennen müssen, auf die Handlungsbefugnis desjenigen, der die Beschlüsse ihnen gegenüber vollzieht, vertrauen dürfen.341 Dritte genießen den Vertrauensschutz jedoch nur, wenn sie entsprechend § 173 BGB beim Abschluss des Rechtsgeschäfts die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit des Zustimmungsbeschlusses weder kannten noch kennen mussten.342 Ein Dritter muss die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit nicht kennen, wenn er ohne Verschulden davon ausgehen darf, dass aufgrund der ihm bekannten objektiven Umstände keine Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe hinsichtlich des Zustimmungsbeschlusses vorliegen.343 Ein stattgebendes Anfechtungsurteil stellt somit zwar einen eigenständigen Nichtigkeitsgrund dar. Diesen konnte der Geschäftspartner der Gesellschaft im Zeitpunkt der Durchführung des Rechtsgeschäfts aber noch nicht kennen. Schließlich lag er im Zeitpunkt der Vornahme des Durchführungsgeschäfts noch nicht vor. Mithin reicht es in einem Folgeprozess mit einem Dritten nicht aus, ein Anfechtungsurteil vorzulegen, um die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts mit dem Dritten zu belegen. Vielmehr ist in diesem Verhältnis zu untersuchen, ob sich aus den Umständen, die dem Dritten bekannt waren, ein Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund ergibt. Hier kommt nun der gegenüber der Gestaltungswirkung beschränkten Rechtskrafterstreckung von § 248 AktG eine wesentliche Bedeutung zu. Denn wenn der Dritte nicht von der Rechtskraftwirkung erfasst wird, kann er sich darauf berufen, dass der ihm bekannte Umstand keinen Anfechtungsgrund begründet hat und dass der Anfechtungskläger daher nicht zur Anfechtung berechtigt war. Dringt er damit durch, ist sein guter Glaube in die Ermächtigung des Organs durch die Hauptversammlung nicht entkräftet und behält das Durchführungsgeschäft mit ihm seine Wirksamkeit. Dies gilt ebenfalls, wenn der Beschluss rückwirkend nichtig geworden ist. Das Risiko widersprechender Urteile ist in Anbetracht des Anspruchs des Dritten auf rechtliches Gehör hinzunehmen, da dieses gerade ausschlaggebend für eine abweichende Entscheidung im Folgeprozess sein kann. Damit besteht außerhalb von § 15 HGB ein mit der Gestaltungswirkung von § 241 Nr. 5 AktG systemkonformer344 Vertrauensschutz Dritter. Das gleiche Ergebnis tritt im Falle einer erfolgreichen Nichtigkeitsklage ein, wenn der Dritte einwendet, dass die ihm bekannten Umstände keinen Nichtigkeitsgrund bewirkt hätten und ein entgegenstehendes Urteil in einem vorausge340

Vgl. Schubert, in: MüKo BGB, § 171, Rn. 16. Zu bereits vollzogenen Aufsichtsratsbeschlüssen BGH, Urt. v. 19. 02. 2013 – II ZR 56/ 12, BGHZ 196, 195, juris Rn. 22; Vetter, ZIP 2012, 701 (710); Marsch-Barner, in: Festschrift Schmidt, S. 1109 (1125). 342 Vgl. BGH, Urt. v. 01. 06. 1989 – III ZR 261/87, juris, Rn. 16; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 173, Rn. 1. 343 Vgl. Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 70; Maier-Reimer, in: Erman BGB, § 173, Rn. 4; Ackermann, in: NK-BGB, § 173, Rn. 2, 5. 344 Vgl. Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 248, Nr. 5. 341

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gangenen Beschlussmängelstreit unrichtig sei. Würde hier eine Rechtskrafterstreckung auf den Dritten erfolgen, wäre ihm dieser Einwand versagt, weil der Nichtigkeitsgrund zum in Rechtskraft erwachsenen Streitgegenstand gehört. Das ist gerade in Anbetracht der Möglichkeit, dass die Gesellschaft im Wege eines Versäumnisurteils oder eines Anerkenntnisses diese Rechtskraft selbst herstellen kann, nicht hinnehmbar. Die Annahme einer inter omnes wirkenden Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils wirkt somit dem Vertrauensschutz Dritter entgegen und ist daher auch aus materieller Sicht abzulehnen. Urteile, die einer Nichtigkeitsklage stattgeben, haben daher – abgesehen davon, dass jedermann hinnehmen muss, dass das Urteil existiert und innerhalb der Personengruppe des § 248 AktG die Nichtigkeit rechtskräftig festgestellt wurde – über den Kreis der von § 248 AktG erfassten Personen hinaus lediglich präjudizielle Urteilswirkung.345 Diese Wirkung darf allerdings nicht unterschätzt werden. Die Präjudizialität hat insbesondere im Rahmen der Bilanznichtigkeitsklage für Folgeprozesse eine große Bedeutung. Den Instanzgerichten fehlt es in den Folgeprozessen zum großen Teil schlichtweg an der Zeit oder der notwendigen Sachkompetenz, um komplexe bilanzrechtliche Fragestellung umfassend aufzuarbeiten.346 Aber auch sonst wird durch das Urteil im Beschlussmängelstreit in der Regel bereits eine tatsächliche Vorentscheidung für den Folgeprozess mit dem Dritten getroffen.347 An das Urteil selbst sind Dritte jedenfalls nur gebunden, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Die Bindung folgt dann aber nicht aus einer Rechtskrafterstreckung, sondern aus dem Vertrag mit dem Dritten.348 cc) Folgen für eine Nebenintervention Je nachdem inwiefern Dritte von den Urteilswirkungen betroffen sind, können sie dem Rechtsstreit gemäß §§ 66, 69 ZPO als einfache oder als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten. Dies sind gemäß § 69 ZPO solche, die von der Rechtskraftwirkung des Urteils umfasst sind. Sie können sich einerseits in Widerspruch zum Vortrag der unterstützten Partei setzen und andererseits einem Anerkenntnis oder einem Geständnis der unterstützten Partei widersprechen.349 Richtigerweise erstreckt sich die materielle Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils nur auf die in § 248 AktG genannten Personen, sodass nur diese im Falle einer Nichtigkeitsklage als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten können.350 Im Falle einer Anfechtungsklage kann darüber hinaus ein Dritter dem Rechtsstreit als 345 Vgl. Gutachten des ROHG, abgedruckt in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 257. 346 Vgl. Fleischer, NZG 2018, 241 (246). 347 Vgl. Weth, in: Musielak/Voit, ZPO, § 66, Rn. 7. 348 Vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19 – NJW 2021, 234, juris Rn. 25 f. 349 Schultes, in: MüKo ZPO, § 69, Rn. 13. 350 Gehrlein, AG 1994, 103 (107).

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streitgenössischer Nebenintervenient beitreten. Das setzt voraus, dass sein Rechtsverhältnis mit dem Verband durch die Nichtigerklärung des Beschlusses, z. B. im Falle der Bestellung eines besonderen Vertreters, unmittelbar betroffen ist.351 Im Übrigen wirkt das Urteil auf eine Beschlussmängelklage nur präjudiziell. Personen, die weder zum in § 248 AktG genannten Personenkreis gehören noch von der Gestaltungswirkung unmittelbar in ihren Rechten betroffen sind, können dem Rechtsstreit daher allenfalls als einfache Streitgenossen beitreten. 4. Die Dispositionsmaxime im Beschlussmängelstreit Der Beschlussmängelstreit ist ein zivilprozessualer Rechtsstreit, auf den daher die entsprechenden Verfahrensgrundsätze Anwendung finden. Damit gilt auch im Beschlussmängelstreit die aus dem Verhandlungsgrundsatz abgeleitete Dispositionsmaxime. Nach h. M. kann die beklagte Gesellschaft durch ihr Prozessverhalten einen Prozessverlust herbeiführen, indem sie Tatsachen zugesteht (§ 288 ZPO) oder ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt (§ 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Einen Vergleich über die (Un-)Wirksamkeit eines Beschlusses kann sie demgegenüber nicht schließen, da ein solcher mangels Dispositionsbefugnis der Parteien weder die Gestaltungswirkung gemäß § 241 Nr. 5 AktG noch die erweiterte Rechtskraftwirkung gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG auslöst und damit die übrigen Aktionäre nicht binden kann.352 Umstritten ist lediglich, ob die Gesellschaft auf die Beschlussmängelklage ein Anerkenntnis erklären kann. Die h. M.353 bejaht die Möglichkeit

351 Schultes, in: MüKo ZPO, § 69, Rn. 7; BGH, Beschl. v. 28. 04. 2015 – II ZB 19/14, NJWRR 2015, 992, juris Rn. 18 f. 352 Koch, AktG, § 246, Rn. 16; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 28; Noack/ Zetzsche, in: KK AktG, § 246, Rn. 78; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 71 f.; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 53; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246, Rn. 49; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 58; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 246, Rn. 38; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246, Rn. 24; Ganzer, in: Rowedder/SchmidtLeithoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 55; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 159; Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 175; Bauschatz, NZG 2002, 317 (319). 353 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 29; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 55; Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 246, Rn. 170; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 246 AktG, Rn. 44; Schiffer, in: Schwerdtfeger, GesR, § 246 AktG, Rn. 4; Göz, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 246, Rn. 38; Wilhelmi, Godin/Wilhelmi, AktG (4. Aufl.), § 246, Anm. 8; Zimmerling/Denecke/Willemer, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 8, Rn. 116; Meller, in: MAH AktienR, § 38, Rn. 138; Bauschatz, NZG 2002, 317 (319); Bork, ZIP 1992, 1205 (passim); Göz/Buken, NZG 2019, 1046 (passim); von der Linden, EWiR 2019, 365 (passim); OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 12. 2018 – I-6 U 215/16, 6 U 215/16, AG 2019, 348, juris Rn. 54 f.; Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 175; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 85; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 63; Austmann, in: Münchener HB GesR IV, § 42, Rn. 120; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 226; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 116 f.; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 252; OLG

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eines Anerkenntnisses, sodass es in der Praxis nicht selten zur Anwendung kommt.354 Eine ebenfalls stark vertretene Gegenmeinung355 lehnt demgegenüber die Möglichkeit eines Anerkenntnisses ab. Der BGH356 hat die Frage bisher offengelassen. Die Gegenmeinung führt gegen die Möglichkeit eines Anerkenntnisses an, dass damit das Ergebnis eines Vergleiches erzielt werde, der aber gerade nach ganz überwiegender Meinung nicht möglich sei. Beide Institute seien gleich zu behandeln, sodass ein Anerkenntnis in einem Beschlussmängelstreit nicht möglich sei. Zudem seien der Vorstand und der Aufsichtsrat zwar prozessual durch § 246 Abs. 2 Satz 1 AktG in die Lage versetzt, über den Beschluss im Wege eines Anerkenntnisses zu disponieren. Allerdings fehle ihnen die dahingehende materiell-rechtliche Befugnis, die bei der Hauptversammlung verbleibe. Dementsprechend müsse dem Risiko einer Aushebelung von Hauptversammlungsbeschlüssen begegnet werden. Dieses Risiko werde zwar durch die Doppelvertretung und die Möglichkeit der Aktionäre, sich als streitgenössische Nebenintervenienten gemäß § 66 ZPO am Beschlussmängelstreit zu beteiligen, verringert. Es werde aber keinesfalls ausgeschlossen.357 Entgegen der skizzierten Gegenmeinung ist mit der h. M. weiterhin von der Zulässigkeit eines Anerkenntnisses in einem Beschlussmängelstreit auszugehen. Eine ausdrücklich entgegenstehende Regelung existiert nicht.358 Die Annahme, dass die Ungleichbehandlung von Anerkenntnis und Vergleich nicht gerechtfertigt werden könne, verfängt ebenfalls nicht. Es besteht keine Parallele zwischen einem Anerkenntnis und einem Vergleich, die zu einer Gleichbehandlung der beiden Institute zwingen würde.359 Der Vergleich ist ein Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten. Die Rechtsmacht der Parteien bestimmt daher den Umfang, innerhalb dessen sie materiell-rechtlich gestaltende Regelungen treffen können. Da die Kompetenz zur Aufhebung eines Beschlusses bei der Hauptversammlung liegt, können die Gesellschaft als Beklagte und der jeweilige Kläger keinen Vergleich schließen, der diese Wirkung entfaltet. Ein Vergleich über den Naumburg, Beschl. v. 22. 10. 1997 – 7 W 34/97, NJW-RR 1998, 1195, juris Rn. 23 f.; KG Berlin, Beschl. v. 29. 06. 2005 – 2 W 6/05, NZG 2005, 720, juris. 354 Baums u. a., Anfechtungsklagen und Freigabeverfahren. Eine empirische Studie, S. 72. 355 Koch, AktG, § 246, Rn. 17; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246, Rn. 51; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 78; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246, Rn. 24; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 28; Volhard, ZGR 1996, 55 (73 f.); Eberl/Eberl, in: Schwerdtfeger, GesR, Kapitel 5, Rn. 429; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 525; Eberl, in: Kölner HB-HGR, Kap. 13, Rn. 1619; Teichmann, in: Gehrlein/Born/ Simon, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 74; unklar Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, unzulässig Rn. 348, zulässig mit Zustimmung der Gesellschafter Rn. 366; ebenso Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 159. 356 BGH, Urt. v. 12. 07. 1993 – II ZR 65/92, NJW-RR 1993, 1253, juris Rn. 10. 357 Vgl. exemplarisch die Ausführungen bei Koch, AktG, § 246, Rn. 17; Dörr, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 246, Rn. 51; Martin Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 28; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 159. 358 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 55. 359 Göz/Buken, NZG 2019, 1046 (1047 f.).

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Bestand eines Beschlusses ist somit nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil es unzulässig wäre, einen dahingehenden Vergleich zu schließen. Es wäre aber dem Vorstand und dem Aufsichtsrat tatsächlich nicht möglich als Vertreter der Gesellschaft, einen Beschluss der Hauptversammlung aufzuheben und die Aktionäre an den Vergleich zwischen Gesellschaft und Kläger zu binden.360 Auf das Anerkenntnis ergeht demgegenüber ein Gestaltungs- oder Feststellungsurteil durch das angerufene Gericht. Ihm wurde durch das Gesetz die Rechtsmacht eingeräumt, einen Beschluss der Hauptversammlung mit gestaltender Wirkung ex tunc aufzuheben oder dessen Nichtigkeit rechtskräftig mit Wirkung gegenüber den Aktionären festzustellen. Zwischen der schuldrechtlichen Wirkung, die ein Vergleich der Prozessparteien herbeiführen kann, und den Wirkungen eines Urteils liegt der maßgebliche Unterschied zwischen einem Prozessvergleich und einem Anerkenntnis, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt.361 Die Bezugnahme auf das innere Organisationsrecht, also darauf, dass nur die Hauptversammlung materiell-rechtlich Hauptversammlungsbeschlüsse aufheben darf, kann ebenfalls nicht gegen die prozessrechtliche Möglichkeit eines Anerkenntnisses ins Feld geführt werden. Insoweit ist es bereits widersprüchlich, wenn die Gegenmeinung362 anführt, dass ein Anerkenntnis unzulässig sei und eine Ausnahme nur dann gelten solle, wenn sämtliche Aktionäre zugestimmt hätten. Diese Ausnahme setzt gerade voraus, dass ein Anerkenntnis in einem Beschlussmängelstreit prozessrechtlich zulässig ist und nur an eine bestimmte Voraussetzung geknüpft ist.363 Darüber hinaus wird an dieser Stelle deutlich, dass es sich bei der Bezugnahme auf die Binnenorganisation um eine Frage der internen Legitimation der Vertretungsorgane zur Erklärung eines Anerkenntnisses handelt. Es geht damit tatsächlich um die Frage, wann ein Anerkenntnis materiell-rechtlich erklärt werden darf, und nicht darum, ob ein solches generell prozessrechtlich zulässig ist. Es widerspräche insofern der in § 245 Nr. 4 und 5 AktG zum Ausdruck kommenden Verantwortung der Organe, für eine rechtmäßige Beschlussfassung Sorge zu tragen, wenn sie aus Prinzip zur Verteidigung eines Beschlusses berufen wären, den sie selbst rechtlich für mangelhaft halten.364 Zuletzt vermag auch das Argument, dass Entscheidungen der Hauptversammlung vor einer Aushebelung durch die Verwaltungsorgane geschützt werden müssten365, nicht gegen die Zulässigkeit eines Anerkenntnisses durchzugreifen. Zunächst ist zu konstatieren, dass der historische Gesetzgeber seinerzeit das Risiko eines kollusiven 360

Vgl. Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 55. Göz/Buken, NZG 2019, 1046 (1048). 362 Vgl. Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 246, Rn. 51; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 348, 366; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 159. 363 Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 116. 364 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 55; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 118. 365 Koch, AktG, § 246, Rn. 17. 361

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Zusammenwirkens zwischen Vorstand und einem klagenden Aktionär durchaus erkannt und hierzu die Notwendigkeit der Doppelvertretung sowie der Veröffentlichung der Klageerhebung in den Gesellschaftsblättern angeordnet hat (vgl. heute § 246 Abs. 4 Satz 1 AktG).366 Dadurch können die anderen Aktionäre dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite als streitgenössische Nebenintervenienten beitreten und ein Anerkenntnis durch die Verwaltungsorgane verhindern.367 Dieser Mechanismus kommt in der Praxis durchaus tatsächlich zum Tragen.368 Schließlich wirkt das Haftungsrisiko des Vorstands und des Aufsichtsrats der pflichtwidrigen Abgabe eines Anerkenntnisses entgegen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass eine generelle Unzulässigkeit von Anerkenntnissen in Beschlussmängelverfahren angezeigt wäre.369 Einen vollkommenen Schutz der Aktionäre bzw. der Hauptversammlung vor einem Fehlverhalten der eigenen Vertretungsorgane kann es aber ebenso wenig bei der Abgabe eines Anerkenntnisses wie bei der Prozessführung (Stichwort: Geständnis oder Säumnis) geben. 5. Die Kommanditgesellschaft auf Aktie Die KGaA ist gemäß § 278 Abs. 1 AktG eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Bei dieser haftet mindestens ein Gesellschafter den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt (persönlich haftender Gesellschafter) und die übrigen sind an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften (Kommanditaktionäre). Das Rechtsverhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten, namentlich die Befugnis der persönlich haftenden Gesellschafter zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft, bestimmt sich gemäß § 278 Abs. 2 AktG nach den Vorschriften des HGB über die KG. Im Übrigen gelten für die KGaA, soweit sich aus den §§ 279 ff. AktG oder aus dem Fehlen eines Vorstands nichts anderes ergibt, gemäß § 278 Abs. 3 AktG die Vorschriften zur AG sinngemäß. Hinsichtlich der Geltendmachung von Beschlussmängeln bestehen keine grundlegenden Besonderheiten gegenüber einer AG, weil gemäß § 278 Abs. 2 AktG die §§ 241 ff. AktG sinngemäße Anwendung finden.370 Für den persönlich haftenden Gesellschafter geltend gemäß § 283 Nr. 13 AktG insofern sinngemäß die Vorschriften für den Vorstand. Im Falle einer Beschlussmängelklage durch eine andere Person als den persönlich haftenden Gesellschafter, wird die KGaA somit durch den 366 Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaft, Aktenstück Nr. 21 vom 7. März 1884, abgedruckt in: Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 468, rechts. 367 Göz/Buken, NZG 2019, 1046 (1048). 368 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20. 12. 2018 – I-6 U 215/16, 6 U 215/16, AG 2019, 348, juris Rn. 59; BGH, Urt. v. 12. 07. 1993 – II ZR 65/92, NJW-RR 1993, 1253, juris Rn. 10. 369 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 55. 370 Herfs, in: Münchener HB GesR IV, § 79, Rn. 58.

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persönlich haftenden Gesellschafter alleine oder von diesem gemeinsam mit dem Aufsichtsrat vertreten. Ein persönlich haftender Gesellschafter kann analog § 245 Nr. 4 AktG und, sofern die Voraussetzungen vorliegen, analog § 245 Nr. 5 AktG entsprechend dem Vorstand bzw. einem Vorstandsmitglied eine Anfechtungsklage erheben. Da es sich bei § 283 Nr. 13 AktG um eine Rechtsgrundverweisung handelt, ist nicht nur die Gesamtheit der persönlich haftenden Gesellschafter, sondern jeder einzelne unabhängig von seiner Geschäftsführungsbefugnis, gemäß § 245 Nr. 4 AktG klagebefugt.371 Ebenso kann der persönlich haftende Gesellschafter analog § 249 AktG entsprechend dem Vorstand eine Nichtigkeitsklage erheben. Die KGaA wird dann durch den Aufsichtsrat vertreten.

II. Das Beschlussmängelrecht in der Genossenschaft Das Beschlussmängelrecht der Genossenschaft befindet sich noch weitestgehend auf dem Stand von 1889. Es weist daher erhebliche Lücken auf, die durch einen Wertungstransfer aus dem Aktienrecht insbesondere zur Unterscheidung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen geschlossen werden.372 Für die Mitglieder einer Genossenschaft ergibt sich aus § 51 Abs. 2 Satz 1 GenG, dass sie zur Erhebung einer Anfechtungsklage berechtigt sind. Auch hier finden sich Beschränkungen der Anfechtungsbefugnis, wie sie § 245 Nr. 1 – 3 AktG für Aktionäre einer Aktiengesellschaft bereithält. Die Genossenschaftsmitglieder können ebenfalls analog § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG eine Nichtigkeitsklage erheben.373 Nichtige Beschlüsse können analog § 242 Abs. 2 AktG heilen.374 Auf die Feststellung des Jahresabschlusses findet § 256 AktG zumindest im Grundsatz analoge Anwendung.375 Darüber hinaus kann der von der Generalversammlung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GenG gefasste Feststellungsbeschluss mit der Anfechtungsklage gemäß § 51 GenG angegriffen werden. Für eine analoge Anwendung von § 257 Abs. 1 Satz 2 AktG ist in Anbetracht von § 33 Abs. 2 GenG kein Raum.376 Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft ist in der Genossenschaft nicht nur der Vorstand, sondern auch der Aufsichtsrat gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 GenG anfech371 Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 283, Rn. 25; Perlitt, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 283, Rn. 39 m. w. N. 372 Koch, in: Gutachten zum 72. Deutschen Juristentag, S. F 1 (F 9). 373 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 51, Rn. 8; BT-Drs. 16/1524, S. 10; BGH, Urt. v. 23. 02. 1978 – II ZR 37/77, BGHZ 70, 384, juris Rn. 9 ff. 374 Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 17; Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, § 51 GenG, Rn. 8; weitergehend Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 51, Rn. 8; OLG Köln, Urt. v. 05. 03. 1998 – 12 U 177/97, NZM 1998, 881, juris Rn. 7. 375 Jansen, in: BeckOGK AktG, § 256, Rn. 6.1; Beuthien, in: Beuthien, Genossenschaftsgesetz, § 33, Rn. 38 f.; BGH, Urt. v. 26. 05. 2003 – II ZR 169/02, NZG 2003, 882, juris Rn. 16; a. A. Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 9. 376 Vgl. Bloehs, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 33, Rn. 16 f.

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tungsbefugt. Zudem sind ebenso wie in der Aktiengesellschaft die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats anfechtungsbefugt, wenn sie durch die Ausführung des Beschlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder ersatzpflichtig werden würden (§ 51 Abs. 2 Satz 2 GenG). Der Vorstand, der Aufsichtsrat und ihre jeweiligen Mitglieder können eine Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG erheben. Hinsichtlich des Aufsichtsrats ergibt sich dies aus der Zusammenschau von § 51 Abs. 2 Satz 2 GenG und § 249 AktG. Der Vorstand und der Aufsichtsrat einer Genossenschaft können ebenso wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft die Nichtigkeit eines Beschlusses ausschließlich im Wege der Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG (analog) feststellen lassen, da ihnen für eine allgemeine Feststellungsklage die Parteifähigkeit fehlt.377 Eine Beschlussmängelklage ist gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GenG bzw. gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GenG i. V. m. §§ 249, 246 AktG analog gegen die Genossenschaft zu richten. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zur Aktiengesellschaft verwiesen, die entsprechend für die Genossenschaft gelten.378 Hinsichtlich des Rechtsschutzinteresses der Genossenschaftsmitglieder, des Vorstands und der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Erhebung einer Beschlussmängelklage gelten die Erläuterungen zur Aktiengesellschaft ebenfalls entsprechend. Das Rechtsschutzbedürfnis des Aufsichtsrats zur Erhebung einer Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ergibt sich aus der mit seiner Überwachungsfunktion verbundenen Aufgabe, die Interessen der Genossenschaft und der Mitglieder; insbesondere auch der nicht anfechtungsbefugten Mitglieder, zu wahren.379

III. Das Beschlussmängelrecht in der GmbH Für die GmbH existieren überhaupt keine Regelungen zum Beschlussmängelrecht, und das trotz der herausgehobenen Bedeutung dieser Gesellschaftsform in Deutschland.380 Mangels einer eigenständigen Regelung wird für die GmbH das Beschlussmängelrecht der Aktiengesellschaft in modifizierter Form im Wege einer Analogie herangezogen.381 Nichtige Beschlüsse der Gesellschafterversammlung 377

Englisch, in: Hölters/Weber, AktG § 249, Rn. 18. Hierzu unter Teil 2 B.I. 379 Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, § 51 GenG, Rn. 16; BT-Drs. 16/1524, S. 10; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 51, Rn. 9; Lehnhoff/Holthaus, Lang/ Weidmüller, GenG, § 54, Rn. 47. 380 Koch, in: Gutachten zum 72. Deutschen Juristentag, S. F 1 (F 9). 381 Vgl. Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 2 f.; Hillmann, in: Henssler/Strohn, GesR, Anhang § 47 GmbHG, Rn. 1; Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 1; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 1; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 1; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 1; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 1; Altmeppen, Roth/ Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 1; Ganzer, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 47, Rn. 1; OLG Frankfurt, Urt. v. 16. 07. 2019 – 5 U 84/18, juris Rn. 39 f.; BGH, Urt. v. 25. 11. 378

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können in der GmbH analog §§ 242, 256 Abs. 6 AktG heilen.382 Die §§ 243, 249 AktG werden ebenfalls analog auf die GmbH angewendet, sodass die GmbH-Gesellschafter eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erheben können. Anders als in der Aktiengesellschaft kann in der GmbH die Feststellung des Jahresabschlusses bei inhaltlichen Fehlern analog § 243 Abs. 1 AktG im Wege der Anfechtungsklage angefochten werden. § 257 Abs. 1 Satz 2 AktG wird nach h. M. nicht analog auf die GmbH angewendet.383 Die Beschränkungen des § 245 Nr. 1 – 3 AktG werden auf die GmbH-Gesellschafter bei einer Anfechtungsklage nach h. M. wegen des grundsätzlich engeren Gesellschafterkreises nicht angewendet.384 In einem Beschlussmängelstreit ist analog § 246 Abs. 2 AktG ausschließlich die durch die Geschäftsführer vertretene Gesellschaft passivlegitimiert.385 Die Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers und gegebenenfalls der Mitglieder eines Aufsichtsrats ist demgegenüber umstritten. Die h. M. lehnt eine Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers aus einer analogen Anwendung von § 245 Nr. 4 AktG ab.386 Auch wenn der Vorstand der Aktiengesellschaft und der Geschäftsführer einer GmbH hinsichtlich ihrer Vertretungsmacht gemäß § 78 Abs. 1 AktG und § 35 GmbHG vergleichbar sind, besteht in ihrer Leitungskompetenz ein 2002 – II ZR 69/01, NJW-RR 2003, 826, juris Rn. 16; BGH, Urt. v. 16. 12. 1953 – II ZR 167/52, BGHZ 11, 231, juris Rn. 5; RG, Urt. v. 20. 01. 1941 – II 96/40, RGZ 166, 129 (131). 382 Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 23; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 29; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 212. 383 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 57; Noack, in: Noack/ Servatius/Haas, GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 109; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 143; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 46, Rn. 38; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 257, Rn. 1; Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 257, Rn. 16; BGH, Urt. v. 21. 07. 2008 – II ZR 39/07, NZG 2008, 783, juris Rn. 14; KG Berlin, Urt. v. 17. 04. 2001 – 14 U 380/99, NZG 2001, 845, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 12. 01. 1998 – II ZR 82/93, BGHZ 137, 378, juris Rn. 29. 384 Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 136; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 383 f.; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 143. 385 Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 197; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 77; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 283; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 149; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 87; Lindacher, ZGR 1987, 121 (126); BGH, Urt. v. 10. 11. 1980 – II ZR 51/80, NJW 1981, 1041, juris Rn. 6; OLG Rostock, Urt. v. 28. 05. 2003 – 6 U 173/02, NZG 2004, 191, juris Rn. 51 f.; OLG München, Urt. v. 09. 08. 2012 – 23 U 4173/11, ZIP 2012, 1756, juris Rn. 194; OLG Brandenburg, Urt. v. 05. 01. 2017 – 6 U 21/ 14, ZIP 2017, 1417, juris Rn. 65. 386 Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 140; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 427 ff.; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 79; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 73; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 156; Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 61; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 163; Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 308 f.; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 205; BGH, Urt. v. 28. 01. 1980 – II ZR 84/79, BGHZ 76, 154, juris Rn. 25.

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wesentlicher Unterschied. Anders als der GmbH-Geschäftsführer übt der Vorstand diese weisungsfrei aus.387 Aus der Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers an Beschlüsse der Gesellschafter ergibt sich eine übergeordnete Geschäftsführungskompetenz der Gesellschafter. Die Kontrolle, ob Beschlüsse mit dem Gesetz und der Satzung im Einklang stehen, kann daher nicht auf der Ebene des Geschäftsführers angesiedelt sein. Wegen dieses grundlegenden Unterschieds zwischen der Leitungskompetenz des Vorstands einer Aktiengesellschaft und dem Geschäftsführer einer GmbH scheidet daher eine analoge Anwendung von § 245 Nr. 4 AktG auf den GmbH-Geschäftsführer aus. Ebenso wäre ein originäres Kontrollrecht eines GmbH-Aufsichtsrats gegenüber Gesellschafterbeschlüssen sinnwidrig. Dieser erhält seine Kompetenzen ausschließlich durch Zuweisung seitens der Gesellschafter.388 Umstritten ist jedoch die Frage, ob den Geschäftsführern oder den Mitgliedern eines GmbH-Aufsichtsrats in entsprechender Anwendung von § 245 Nr. 5 AktG eine Anfechtungsbefugnis zusteht. Eine Auffassung spricht den Organmitgliedern entsprechend dem Konzept von § 245 Nr. 5 AktG eine Anfechtungsbefugnis zu, wenn sie durch die Ausführung des relevanten Gesellschafterbeschlusses eine strafbare Handlung oder eine Ordnungswidrigkeit begehen oder sich gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig machen würden.389 Anderenorts wird mit unterschiedlicher Ausprägung angenommen, dass der Geschäftsführer alle ausführungsbedürftigen Beschlüsse, insbesondere Weisungsbeschlüsse, anfechten dürfe.390 Schließlich wird eine analoge Anwendung von § 245 Nr. 5 AktG gänzlich abgelehnt, da auch hier der Grundsatz gelte, dass die Beschlussanfechtung in der GmbH allein die Aufgabe der Gesellschafter sei.391 Zutreffend ist die erstgenannte Auffassung. Die für eine analoge Anwendung erforderliche vergleichbare Interessenlage in der Aktiengesellschaft und der GmbH liegt vor. Mit der Anfechtungsbefugnis der einzelnen Organmitglieder gemäß § 245 Nr. 5 AktG wird ein doppelter Zweck verfolgt. Einerseits soll den einzelnen Ver387

Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 257 f., dort auch zum weiteren Text. Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 157; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 177; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 163. 389 Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 62; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 73; Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 140; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 164; Alexander, in: Schwerdtfeger, GesR, § 47 GmbHG, Rn. 82; Jaeger, in: Oppenländer/Trölitzsch, GmbHGeschäftsführer, § 19, Rn. 131; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 205; Koch, in: Gutachten zum 72. Deutschen Juristentag, S. F 1 (F 83 f.). 390 Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 134; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 178; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Anhang § 47, Rn. 162. 391 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 260 f.; Drescher, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 245 AktG, Rn. 22; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 430 f.; Mehrbrey, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 19, Rn. 64; Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 310. 388

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waltungsmitgliedern die rechtliche Kontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen ermöglicht werden, ohne dass dafür eine Beschlussfassung des Vorstands erforderlich ist. Andererseits soll die Anfechtungsbefugnis die einzelnen Mitglieder vor Strafe, Bußgeld oder Ersatzpflicht schützen, wenn die Ausführung des Beschlusses zu solchen Sanktionen führen könnte. Mit dieser Voraussetzung wird erreicht, dass einzelne Organmitglieder nur in gravierenden Fällen zur Anfechtung befugt sind.392 Mithin steht die analoge Anwendung von § 245 Nr. 5 AktG nicht im Widerspruch zu dem Befund, dass die Beschlussanfechtung grundsätzlich allein Aufgabe der Gesellschafter sei. Anders als die Auffassung, die selbst ohne Sanktionsgefahr eine Anfechtungsbefugnis bejaht und sich insoweit nach hiesigem Verständnis von der analogen Anwendung des § 245 Nr. 5 AktG löst, respektiert die Auffassung, die eine Anfechtungsbefugnis der Organmitglieder nur im Falle einer drohenden Sanktion zulässt, grundsätzlich das Anfechtungsmonopol der Gesellschafter. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass ein Beschluss, der im Falle seiner Durchführung zu einer der in § 245 Nr. 5 AktG genannten Sanktion führen würde, gemäß § 241 Nr. 4 AktG analog nichtig wäre und deshalb nicht ausgeführt werden müsste.393 Das Gleiche würde nämlich für die Mitglieder des Vorstands in der Aktiengesellschaft ebenfalls gelten: Auch diese müssen einen nichtigen Beschluss der Hauptversammlung nicht ausführen.394 Nach der h. M. sind der GmbH-Geschäftsführer395 und die Mitglieder des Aufsichtsrats396 aber zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage analog § 249 AktG berechtigt.397 Trotz dieser verbreiteten Auffassung erschließt sich der Befund nicht ohne Weiteres. Selbst wenn der Zweck der Nichtigkeitsklage vornehmlich in der Rechtssicherheit besteht, handelt es sich gleichwohl um eine Beschlussmängelklage, durch die der Beschluss einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen wird.398 Die Berechtigung zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage setzt daher voraus, dass dem je392 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 72; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 245, Rn. 18; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 38. 393 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 261; Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 47, Rn. 430; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 245 AktG, Rn. 22. 394 Koch, AktG, § 83, Rn. 5; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 83, Rn. 9 f.; DaunerLieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 83 AktG, Rn. 6; Habersack/Foerster, in: GK AktG (5. Aufl.), § 83, Rn. 13; vgl. auch zur Genossenschaft Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 13. 395 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 244; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 212; Raiser/Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 193; Leinekugel, in: BeckOK GmbHG, Beschlussanfechtung, Rn. 195; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 30; Karsten Schmidt/Bochmann, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 45, Rn. 134; a. A. Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR § 249, Rn. 6. 396 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 245. 397 A. A. grds. nur allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO: BGH, Urt. v. 11. 02. 2008 – II ZR 187/06, NJW-RR 2008, 706, juris Rn. 34; Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 61; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 249 AktG, Rn. 6. 398 Scheinbar a. A. Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 12; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 11.

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weiligen Kläger überhaupt eine Befugnis zur Kontrolle von Gesellschaftsbeschlüssen eingeräumt wurde. Das ergibt sich einerseits daraus, dass sich der Gesetzgeber seinerzeit bei der Einführung der Nichtigkeitsklage an dem Kreis der Anfechtungsberechtigten orientiert hat399, und andererseits aus dem identischen Streitgegenstand von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage. Wer daher dem Geschäftsführer jegliches Kontrollrecht von Gesellschafterbeschlüssen im Rahmen der Anfechtungsklage abspricht, muss ihm die Aktivlegitimation hinsichtlich einer Nichtigkeitsklage ebenso absprechen und ihn auf eine allgemeine Feststellungsklage verweisen.400 Nach der hier vertretenen Auffassung sind dem Geschäftsführer und den Aufsichtsratsmitgliedern demgegenüber analog § 245 Nr. 5 AktG, wenn auch in engen Grenzen, Kontrollbefugnisse hinsichtlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eingeräumt. § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG räumt den gemäß § 245 AktG anfechtungsberechtigten Personen wegen des gesteigerten Kontrollbedürfnisses das Recht zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage ein. Dabei wird aber nicht auf die Beschränkungen des § 245 AktG zurückgegriffen.401 Mithin sind die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft402 und damit auch der GmbH-Geschäftsführer und die Mitglieder des GmbH-Aufsichtsrats – unabhängig davon, ob es sich um einen obligatorischen oder einen fakultativen Aufsichtsrat handelt – auch dann zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 Var. 4 AktG analog berechtigt, wenn es sich nicht um einen Beschluss im Sinne des § 245 Nr. 5 AktG handelt.403 Da sich die Aktivlegitimation des Geschäftsführers aus § 249 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 AktG analog ergibt, ist sie an den jeweiligen Organwalter und nicht an das Organ geknüpft.404 Scheidet der Geschäftsführer daher nach Erhebung einer Nichtigkeitsklage aus seinem Amt aus, kann die Klage nicht einfach von seinem Nachfolger fortgeführt werden. Der ausgeschiedene Geschäftsführer bleibt vielmehr Kläger. Seine Klage wird jedoch fortan als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO behandelt. Da sich das besondere Feststellungsinteresse dann nicht mehr aus der mit seiner Organstellung verbundenen Kontrollfunktion ergeben kann, muss er ein solches nach seinem Ausscheiden darlegen können.405 399

Vgl. Deutscher Reichsanzeiger vom 04. 02. 1937, Nr. 28, zweite Beilage, S. 2. Konsequent Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 249 AktG, Rn. 6; Teichmann, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 61. 401 Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 249, Nr. 5. 402 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 15; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 12; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 19; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 249, Rn. 16; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 249, Rn. 3; Göz, in: Bürgers/ Körber, AktG, § 249, Rn. 6. 403 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 380 f. 404 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 249, Rn. 16; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 11. 405 Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 15; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 249, Rn. 12; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 249, Rn. 19; Koch, AktG, § 249, Rn. 7, 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 11. 400

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IV. Das Beschlussmängelrecht im eingetragenen Verein Für Vereine wird eine analoge Anwendung des aktienrechtlichen Beschlussmängelregimes trotz zunehmender Kritik406 nach h. M. abgelehnt.407 Dementsprechend kann ein Beschluss eines Vereins der h. M. zufolge nur wirksam, unwirksam oder nichtig sein.408 Die Unterscheidung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen spielt daher grundsätzlich keine Rolle. Ein Beschlussmangel in einem Verein führt daher selbst dann zur Nichtigkeit, wenn er in einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer Genossenschaft nur zur Anfechtbarkeit führen würde.409 Die gerichtliche Geltendmachung von Beschlussmängeln erfolgt deshalb mangels analoger Anwendung des Aktienrechts im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO (sog. Nichtigkeitsfeststellungsklage).410 Die allgemeine Feststellungsklage unterliegt grundsätzlich keiner Frist. Allerdings ist ein Vereinsmitglied aufgrund seiner Treuepflicht gehalten, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nach Ausschöpfung der vereinsinternen Rechtsbehelfe innerhalb einer angemessenen Zeit von etwa einem bis sechs Monaten zu klagen. Andernfalls verwirkt das Vereinsmitglied sein Klagerecht.411 Hinsichtlich der Beschlussfehler wird im Verein zwischen formellen und materiellen Fehlern unterschieden. Die Feststellung materieller Fehler erfolgt teilweise gleichwohl in Anlehnung an die §§ 241 ff. AktG.412 Die Folgen formeller Beschlussmängel wurden zunächst dadurch abgeschwächt, dass die Nichtigkeit nicht eintreten sollte, wenn nachgewiesen werden konnte, dass der Mangel nicht kausal für das Beschlussergebnis war.413 Entsprechend der Rechtsprechung des BGH zum Aktienrecht ist neuerdings auch im Vereinsrecht anstelle des auf das Abstimmungsergebnis bezogenen Kausalitätskriteriums die Frage nach der Relevanz des 406 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3, S. 447 f.; Leuschner, in: MüKo BGB, § 32, Rn. 65; Fluck, npoR 2018, 202. 407 Harm Peter Westermann, in: Erman BGB, § 32, Rn. 6; Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 29; Fluck, Fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, S. 60 ff.; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 9; Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 135; Hadding, in: Soergel, BGB, § 32, Rn. 14, 37a; Stöber/Otto, HB Vereinsrecht, Rn. 1047; Hüffer, ZGR 2001, 833 (839); BGH, Urt. v. 09. 11. 1972 – II ZR 63/71, BGHZ 59, 369, juris Rn. 8 f.; BGH, Urt. v. 26. 05. 1975 – II ZR 34/74, WM 1975, 1041, juris Rn. 13; BGH, Beschl. v. 25. 05. 1992 – II ZR 23/92, NJWRR 1992, 1209; BGH, Urt. v. 02. 07. 2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69, juris Rn. 36; OLG Hamm, Urt. v. 24. 06. 2013 – 8 U 125/12, juris Rn. 59. 408 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3, S. 448. 409 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3a. 410 BGH, Urt. v. 02. 07. 2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69, juris Rn. 60; OLG Hamm, Urt. v. 24. 06. 2013 – 8 U 125/12, juris Rn. 59. 411 Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rn. 215a; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 11 (6 Monate); Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 42 (4 Monate); OLG Saarbrücken, Urt. v. 02. 04. 2008 – 1 U 450/07 – 142, 1 U 450/07, NZG 2008, 677, juris Rn. 22 (1 Monat). 412 Vgl. Hadding, in: Soergel, BGB, § 32, Rn. 36. 413 BGH, Urt. v. 09. 11. 1972 – II ZR 63/71, BGHZ 59, 369, juris Rn. 15 f.

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Verfahrensfehlers für die Ausübung der Mitwirkungsrechte des Einzelnen maßgeblich, wenn nach den Folgen formaler Beschlussmängel gefragt wird. Es ist demnach für die Beschlusswirksamkeit zu fragen, ob ein objektiv urteilendes Mitglied bei richtiger Handhabung zu einer anderen Entscheidung gelangt sein könnte.414 In einem Verein können Beschlussmängel nach der h. M. zwar nur im Wege einer – grundsätzlich jedermann offenstehenden – allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO geltend gemacht werden. Allerdings sollen im Allgemeinen allein die Mitglieder und Vereinsorgane (dafür aber generell) über das erforderliche Feststellungsinteresse verfügen.415 Dritten wird nur ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse zugestanden, wenn sie durch den Beschluss in ihren Interessen berührt sind.416 Die Vereinsmitgliedschaft muss grundsätzlich vom Zeitpunkt der Beschlussfassung bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen. Greift ein Vereinsmitglied einen Beschluss an, durch den es aus dem Verein ausgeschlossen wurde, muss es die fortbestehende Mitgliedschaft aufgrund der Nichtigkeit des Beschlusses behaupten. Ein Vereinsaustritt nach Rechtshängigkeit der Klage führt daher in der Regel zur Erledigung des Rechtsstreits.417 Die auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vereinsbeschlusses gerichtete Klage ist gegen den Verein und nicht gegen die Vereinsmitglieder zu richten (Passivlegitimation des Vereins).418 Für eine allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO fehlt eine Regelung wie § 248 AktG oder § 51 Abs. 5 GenG. Eine analoge Anwendung von § 248 AktG wie bei der GmbH wird ebenfalls abgelehnt, sodass anders als im Kapitalgesellschaftsrecht419 hinsichtlich der Urteilswirkungen eigentlich nur eine inter-partes-Wirkung in Betracht kommt. Gleichwohl wird im Vereinsrecht nach h. M. angenommen, dass die 414

BGH, Urt. v. 02. 07. 2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69, juris Rn. 44; OLG Brandenburg, Urt. v. 03. 07. 2012 – 11 U 174/07, juris Rn. 69 f.; OLG Hamm, Urt. v. 24. 06. 2013 – 8 U 125/12, juris Rn. 66; Stöber/Otto, HB Vereinsrecht, Rn. 1048; Fluck, Fehlerhafte Vereinsbeschlüsse, S. 11 f. 415 BGH, Urt. v. 26. 05. 1975 – II ZR 34/74, WM 1975, 1041, juris Rn. 15; BGH, Urt. v. 02. 07. 2007 – II ZR 111/05, NJW 2008, 69, juris Rn. 60; Fluck, npoR 2018, 202 (204); Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 40; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 11; Terner, NJW 2008, 16 (19). 416 Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 150 m. w. N.; Stöber/Otto, HB Vereinsrecht, Rn. 1059. 417 Stöber/Otto, HB Vereinsrecht, Rn. 1059. 418 Stöber/Otto, HB Vereinsrecht, Rn. 1059; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rn. 215a; Hadding, in: Soergel, BGB, § 32, Rn. 40; Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 40; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 11; LG Frankfurt, Urt. v. 06. 02. 1997 – 2/23 O 374/96, 2 – 23 O 374/96, juris Rn. 51. 419 Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 249, Rn. 16; Koch, AktG, § 249, Rn. 12; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 249, Rn. 6 f.; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 249, Rn. 25; Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, § 51 GenG, Rn. 7; Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 364; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), Anhang zu § 47, Rn. 141 f.; Römermann, in: Michalski, GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 597 f.; Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang zu § 47, Rn. 182 – wegen analoger Anwendung § 248 AktG.

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Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO über die Parteien des Rechtsstreits hinaus wirken soll.420 Aus dem Sinn und Zweck der Beschlussmängelklage lässt sich eine dahingehende Rechtskrafterstreckung jedoch allenfalls für die Vereinsorgane und Vereinsmitglieder begründen, da die einheitliche Willensbildung im Verein betroffen ist.421 Für eine Rechtskrafterstreckung auf Personen außerhalb des Vereins besteht indes ebenso wie bei den Kapitalgesellschaften keine Notwendigkeit.422 Sie ist daher abzulehnen.

V. Das Beschlussmängelrecht in der Personengesellschaft Für Personengesellschaften wird nach h. M. eine analoge Anwendung des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts ebenfalls abgelehnt.423 Auch hier sind Beschlüsse daher wie im Vereinsrecht entweder wirksam, unwirksam oder nichtig. Ein Beschlussmangel ist dementsprechend, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag, de lege lata im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage zu erheben, die aber anders als im Vereins- oder im Kapitalgesellschaftsrecht gegen die den Beschlussmangel bestreitenden Gesellschafter und nicht gegen die Gesellschaft zu richten ist.424 Die Gesellschafter sind anders als beispielsweise nach §§ 117, 420 Hadding, in: Soergel, BGB, § 32, Rn. 40; Schwennicke, Staudinger, BGB (2019), § 32, Rn. 147; Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 42; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 11: „aus praktischen Gründen“; Westermann, in: Erman BGB, § 32, Rn. 6: „angesichts der Unklarheit der Erstreckung der Rechtskraft“; ablehnend: Fluck, npoR 2018, 202 (205). 421 BGH, Beschl. v. 25. 05. 1992 – II ZR 23/92, NJW-RR 1992, 1209, juris Rn. 1; so wohl auch Schöpflin, in: BeckOK BGB, § 32, Rn. 42. 422 So aber u. A. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, § 32, Rn. 9. 423 Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 119, Rn. 31; Hadding/Kießling, in: Soergel, BGB, § 709, Rn. 42 f.; Stengel, in: Beck’sches Hb. PersG § 3, Rn. 461; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 105; Plückelmann, in: MAH PersGesR, § 8, Rn. 81; Löwe, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 34, Rn. 20; Schöne, in: BeckOK BGB, § 709, Rn. 72; Westermann, NZG 2012, 1121 (1122); Hüffer, ZGR 2001, 833 (839); Bauschatz, NZG 2002, 759 (762); Noack, NZG 2020, 581 (583); BGH, Urt. v. 13. 02. 1995 – II ZR 15/94, NJW 1995, 1218, juris Rn. 10; BGH, Urt. v. 07. 06. 1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113, juris Rn. 4; BGH, Urt. v. 27. 04. 2009 – II ZR 167/07, NJW 2009, 2300, juris Rn. 25; KG Berlin, Urt. v. 21. 03. 2011 – 23 U 4/10, ZIP 2011, 659, juris Rn. 22; OLG Stuttgart, Urt. v. 19. 12. 2012 – 14 U 11/12, juris Rn. 38; OLG Nürnberg, Urt. v. 30. 01. 2013 – 12 U 726/11, juris Rn. 165; OLG Hamm, Urt. v. 04. 02. 2013 – 8 U 21/12, juris Rn. 44; a. A. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 II 3, S. 447 f.; Freitag, in: E/B/J/S, HGB, § 119, Rn. 77 f.; Enzinger, in: MüKo HGB, § 119, Rn. 103; Haas, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 119, Rn. 8a; Scholz, WM 2006, 897 (904); Gaul, DStR 2009, 804 (806 f.). 424 BGH, Urt. v. 01. 03. 2011 – II ZR 83/09, NJW 2011, 2578, juris Rn. 19; BGH, Urt. v. 13. 05. 2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216, juris Rn. 15; OLG Stuttgart, Urt. v. 26. 02. 2014 – 14 U 14/13, juris Rn. 29; Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 91; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 119, Rn. 32; Sprau, in: Grüneberg, BGB, Vorbemerkung §§ 709 – 715, Rn. 17b; Löwe, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 34, Rn. 39; Lutz, Der Gesellschafterstreit, Rn. 633; von Ditfurth, in: P/W/V, BGB, § 709, Rn. 19; Plückelmann, in: MAH PersGesR, § 8, Rn. 92; Kleine-Loop/Witt, NZG 2020, 1089 (1090 f.).

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

127 und 140 HGB keine notwendigen Streitgenossen.425 Für die allgemeine Feststellungsklage gegen Beschlüsse von Personengesellschaften findet eine personelle Einschränkung nicht statt. Daher kann beispielsweise ein ausgeschiedener Gesellschafter ebenso über das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse an einer Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses der Personengesellschaft verfügen.426 Das Feststellungsinteresse der Gesellschafter (auch der ausgeschiedenen) wird im Personengesellschaftsrecht aufgrund der Mitgliedschaft ebenfalls generell angenommen.427 Die Klage ist nicht fristgebunden. Die gerichtliche Geltendmachung des Beschlussmangels kann jedoch verwirkt sein.428 Die Urteilswirkungen treffen gemäß § 325 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur die am Prozess beteiligten Gesellschafter.429 Die damit verbundene Gefahr widersprechender Entscheidungen wird in Kauf genommen.430 Bezieht sich der Beschlussmängelstreit auf ein Grundlagengeschäft, soll es jedoch auch die Gesellschaft binden, wenn alle Gesellschafter am Prozess beteiligt waren. Die Gesellschaft könne nicht nach einem anderen Recht leben, als es zwischen allen Gesellschaftern rechtskräftig festgestellt worden sei.431 Dogmatisch wird das mit einer aus der Gesamthand folgenden Rechtskrafterstreckung begründet.432 Zu den Grundlagengeschäften zählen insbesondere die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Umwandlung, die Auflösung, die Wahl des Abschlussprüfers, die Entlastung, die Beitragserhöhung, die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, die Aufnahme eines neuen Gesellschafters sowie die Ausschließung eines Gesellschafters, die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens, der Erlass von Ersatzansprüchen gegen einen

425 BGH, Urt. v. 03. 10. 1957 – II ZR 150/56, WM 1957, 1406 (1407); Roth, in: Baumbach/ Hopt HGB, § 109, Rn. 40. 426 Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 113; Schöne, in: BeckOK BGB, § 709, 72; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 119, Rn. 32. 427 Lieder, in: Oetker, HGB, § 119, Rn. 73; BGH, Urt. v. 09. 04. 2013 – II ZR 3/12, NZG 2013, 664, juris Rn. 10. 428 Lieder, in: Oetker, HGB, § 119, Rn. 73; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 119, Rn. 32; Sprau, in: Grüneberg, BGB, § 709, Rn. 17b; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 110; Leuering/ Rubner, NJW-Spez. 2018, 143; BGH, Urt. v. 07. 06. 1999 – II ZR 278/98, NJW 1999, 3113, juris Rn. 4. 429 Lieder, in: Oetker, HGB, § 119, Rn. 73; Sprau, in: Grüneberg, BGB, Vorbemerkung §§ 709 – 715, Rn. 17b; Löwe, in: Mehrbrey, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, § 34, Rn. 42; Lutz, Der Gesellschafterstreit, Rn. 640; Kleine-Loop/Witt, NZG 2020, 1089 (1090). 430 Gummert, in: Münchener Hb GesR I, § 19, Rn. 18 m. w. N. 431 BGH, Urt. v. 05. 06. 1967 – II ZR 128/65, BGHZ 48, 175, juris Rn. 20; BGH, Urt. v. 22. 03. 2011 – II ZR 249/09, NJW 2011, 2048, juris Rn. 16; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 109, Rn. 40; Schäfer, in: MüKo BGB, § 705, Rn. 200; Klimke, in: BeckOK HGB, § 105, Rn. 121; Wertenbruch, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I 433; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 325, Rn. 78; Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, § 105, Rn. 37; Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 325, Rn. 16; Lieder, in: Oetker, HGB, § 105, Rn. 67. 432 Wertenbruch, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I 430; offenlassend BGH, Urt. v. 05. 06. 1967 – II ZR 128/65, BGHZ 48, 175, juris Rn. 20.

B. Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

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Gesellschafter aus pflichtwidriger Geschäftsführung und die Feststellung des Jahresabschlusses.433 Auch in der Personengesellschaft wird zwischen formellen und materiellen Beschlussmängeln differenziert. Aufgrund eines formellen Mangels soll ein Beschluss insoweit nur dann nichtig sein, wenn durch den Verstoß gegen Verfahrens- oder Ordnungsvorschriften in das Mitgliedschaftsrecht eingegriffen wurde und sich der Fehler auch auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat. Materielle Fehler liegen vor, wenn der Beschlussinhalt entweder gegen Gesetz und gute Sitten oder gegen vorrangige Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag verstößt. Abseits der Verwirkung können die Beschlussmängel durch eine erneute (fehlerfreie) Beschlussfassung oder konkludent durch den unwidersprochenen und in Kenntnis des Beschlussmangels durchgeführten Vollzug heilen, soweit es sich nicht um einen Verstoß gegen §§ 134, 138 BGB handelt.434 Die Gesellschafter können im Gesellschaftsvertrag zudem vereinbaren, dass eine Beschlussmängelklage gegen die Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist zu erheben ist oder das kapitalgesellschaftsrechtliche Beschlussmängelrecht adaptiert wird.435 Dies wird sich durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG)436 wird sich dies bei Personenhandelsgesellschaften ab dem 01. 01. 2024 erübrigen. Das Gesetz sieht dahingehend nämlich eine Umstellung vom derzeit bestehenden Feststellungsmodell auf ein dispositives Anfechtungsmodell nach aktienrechtlichem Vorbild vor. Das bedeutet, dass zukünftig auch in der Personenhandelsgesellschaft zwischen wirksamen, unwirksamen, anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen zu unterscheiden wäre. Dementsprechend soll es dann auch in der Personenhandelsgesellschaft eine Anfechtungs- und eine Nichtigkeitsklage geben (vgl. § 110 HGB n. F.).437 Klagebefugt sollen nur die Gesellschafter sein, die bereits zum Zeitpunkt der Beschlussfassung die Gesellschafterstellung innehatten (§ 111 Abs. 1 HGB n. F.). Ein Verlust der Mitgliedschaft nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung lässt die Anfechtungsbefugnis unberührt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Führung des Rechtsstreits hat (§ 111 Abs. 2 HGB n. F.). Anders als im Aktienrecht soll die Anfechtungsfrist aber, solange nichts Ander433 Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 114, Rn. 3; Karrer, in: MAH PersGesR, § 14, Rn. 3 f.; Schulze-Osterloh, in: Festschrift Hadding, S. 637 (645 f.); zum Teil a. A. Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 14. 434 Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 105 ff.; Schöne, in: BeckOK BGB, § 709, Rn. 67 ff.; Lieder, in: Oetker, HGB, § 119, Rn. 68 f.; Finckh, in: Henssler/Strohn, GesR, § 119 HGB, Rn. 52 f. 435 Sprau, in: Grüneberg, BGB, Vorbemerkung §§ 709 – 715, Rn. 17b; Schäfer, in: MüKo BGB, § 709, Rn. 114; Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, § 119, Rn. 16; Lieder, in: Oetker, HGB, § 119, Rn. 74; BGH, Urt. v. 19. 10.2009 – II ZR 240/08, BGHZ 183, 1, juris Rn. 12. 436 Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BGBl. I. S. 3436 ff. 437 Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BGBl. I. S. 3436 (3458).

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Teil 2: Das verbandsrechtliche Beschlussmängelrecht

weitiges vereinbart ist, drei Monate betragen (§ 112 Abs. 1 HGB n. F.). Klagegegner einer Beschlussmängelklage soll zukünftig stets die Gesellschaft sein (§ 113 Abs. 2 HGB n. F.). Ein Urteil wirkt nach dem Gesetzesentwurf über die Prozessparteien hinaus auch gegenüber allen Gesellschaftern, auch wenn sie nicht Partei sind (§ 113 Abs. 6 HGB n. F.). Die §§ 111 und 113 HGB n. F. finden entsprechende Anwendung auf die Nichtigkeitsklage (§ 114 HGB n. F.). Soll zukünftig das gegenwärtige Feststellungsmodell Anwendung finden, müssen die Gesellschafter dies entsprechend im Gesellschaftsvertrag regeln. Hinsichtlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Partnerschaftsgesellschaft soll es beim bisherigen Feststellungsmodell bleiben, soweit nicht etwas anderes im Gesellschaftsvertrag geregelt ist.438 Damit sind die skizzierten Grundsätze zum derzeitigen Beschlussmängelrecht im Personengesellschaftsrecht nach dem Feststellungsmodell auch zukünftig nicht obsolet.

438 Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BT-Drucks. 59/21, S. 3; das war im Mauracher Entwurf noch anders. Dort waren die Regelungen zum Beschlussmängelrecht bei der GbR verortet, sodass das neue Anfechtungsmodell grundsätzlich auf alle Personengesellschaften Anwendung finden sollte, vgl. die §§ 714a ff. BGB-E, § 105 Abs. 2 HGB-E, § 161 Abs. 2 HGB-E und § 1 Abs. 4 PartGG-E Mauracher Entwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, S. 90.

Teil 3

Die Verbandsinsolvenz Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Verbandes wird dieser aufgelöst (§§ 262 Abs. 1 Nr. 3, 289 Abs. 1 AktG; § 101 GenG; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG; §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 728 Abs. 1 Satz 1 BGB; §§ 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB; § 9 Abs. 1 PartGG i. V. m. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Mit der Auflösung soll die bisherige werbende Tätigkeit in das Insolvenzverfahren überführt werden, das als Insolvenzplanverfahren gemäß §§ 217 ff. InsO auch zur Reorganisation der Schuldnergesellschaft statt zur Vollabwicklung gemäß § 199 Satz 2 InsO führen kann. Im Gegensatz zu den übrigen Auflösungsgründen eines Verbandes folgt auf die Insolvenz somit keine verbandsrechtliche Abwicklung, sondern ein Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung als vorrangiges Abwicklungsverfahren. Daraus ergeben sich Überschneidungen zwischen dem Gesellschaftsrecht und dem Insolvenzrecht.1 Da die Insolvenzordnung wie zuvor bereits die Konkursordnung von 1887 die Insolvenz einer natürlichen Person als gesetzliches Leitbild hat und nur in einigen Sonderregelungen die Insolvenz von Verbänden berücksichtigt ist, sind die Überschneidungen von der Rechtsprechung und der Lehre miteinander in Einklang zu bringen.2 Der Verband existiert nach der Insolvenzeröffnung in der Regel bis zu seiner Vollabwicklung, also der Löschung im Handelsregister (§ 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG), als Insolvenzgesellschaft fort.3 Die organschaftliche Verfassung wird durch das Insolvenzregime überlagert, aber nicht außer Kraft gesetzt. Das bedeutet einerseits, dass mit der Insolvenzeröffnung der Verbandszweck fortan durch den Insolvenzzweck verdrängt bzw. überlagert wird.4 Andererseits verfügt die Insolvenzgesellschaft weiterhin über ihre Organe, also ihre Gesellschafterversammlung und, soweit vorhanden, über einen Vorstand bzw. Geschäftsführer und einen Aufsichtsrat. Die Notwendigkeit für das Fortbestehen der Organstruktur wird vor allem darin gesehen, dass sie als zwingende Voraussetzung für die Wahrnehmung der Schuldnerrechte gewertet wird. Zwar gehe die Verwaltungs- und Verfügungsbe1 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 262, Rn. 50 f., 264, Rn. 32; Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, GenG, § 101, Rn. 1 f.; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, Anhang § 158, Rn. 40 ff.; Kilan, in: Henssler/Strohn, GesR, § 728 BGB, Rn. 6; Leuschner, in: MüKo BGB, § 42, Rn. 7 f. 2 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 32. 3 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 43; Reichert/Weller, in: MüKo GmbHG, § 15, Rn. 564 f. 4 Haas, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 60, Rn. 42.

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

fugnis über das Vermögen des Verbandes gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Allerdings sei mit den sich daraus ergebenden Befugnissen nicht der gesamte verbandsrechtliche Handlungsbedarf des Verbandes abgedeckt. Zudem diene die Aufrechterhaltung der Organstruktur der Wahrnehmung der Rechte der ansonsten nicht an der Insolvenz beteiligten Verbandsmitglieder.5 Es komme deshalb zu einem Nebeneinander der Befugnisse des Insolvenzverwalters, des Verbandes und seiner Organe sowie der Organmitglieder. Die Schwierigkeit bei der Behandlung des Beschlussmängelrechts nach der Insolvenzeröffnung besteht daher im Wesentlichen in der Zuordnung zu den unterschiedlichen Kompetenzbereichen.6

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird die Gesellschaft aufgelöst (§ 262 AktG; § 60 GmbHG) und verliert zudem gemäß § 80 Abs. 1 InsO zunächst die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen und schließlich, im Wege der Verwertung gemäß § 159 InsO, auch das Eigentum daran. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters erstreckt sich auf das vom Insolvenzbeschlag umfasste Vermögen des Schuldners, die Insolvenzmasse (§ 35 InsO). Zur Insolvenzmasse gehören die Aktivmasse und die Passivmasse. Mit der Aktivmasse ist die Sollmasse i. S. d. § 35 InsO gemeint. Darunter sind alle Gegenstände zu verstehen, die von Rechts wegen vom Insolvenzbeschlag erfasst und den Gläubigern haftungsrechtlich zugewiesen sind. Unter der Passivmasse ist die Gesamtheit der gegenüber den Insolvenzgläubigern bestehenden Verbindlichkeiten zu verstehen.7 In der Verbandsinsolvenz sind die Insolvenzmasse und das Verbandsvermögen trotz der Möglichkeit insolvenzfreien Vermögens meistens kongruent. Insbesondere Karsten Schmidt als Begründer der neuen Organtheorie ist seit langer Zeit der Meinung, dass es in der Verbandsinsolvenz kein insolvenzfreies Vermögen gibt.8 Aber auch Vertreter der Amtstheorie, namentlich Müller9 und Gutsche10, gehen davon aus und sehen sich ebenso wie Karsten Schmidt11 durch die geänderte Definition der Insolvenzmasse in § 35 InsO bestätigt. Dabei besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass in der Verbandsinsolvenz § 36 InsO (un5 KG Berlin, Beschl. v. 04. 08. 2005 – 1 W 397/03, ZIP 2005, 1553, juris Rn. 10; Smid, DZWIR 2006, 1 (23); Smid, Handbuch Insolvenzrecht, § 5, Rn. 9 f. 6 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 43. 7 Peters, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 35, Rn. 19 f.; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35, Rn. 52. 8 Karsten Schmidt, ZIP 1982, 1015 (1021 f.); Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (362); Karsten Schmidt, ZGR 1986, 178 (186 f.); Karsten Schmidt, KTS 1988, 1 (12 f.); Karsten Schmidt, ZIP 2000, 1913 (1916 f.). 9 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 25 f. 10 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 40, Rn. 70 ff. 11 Karsten Schmidt, ZGR 1998, 633 (637).

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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pfändbare Gegenstände) aufgrund der teleologischen Reduktion auf Verbände keine Anwendung findet.12 Hinsichtlich des Neuerwerbs besteht ebenfalls Einigkeit, dass dieser dem Insolvenzbeschlag unterliegt. Bei Verbänden ist das vor allem im Zusammenhang mit einem Mittelzufluss aufgrund einer Kapitalerhöhung oder anderer Leistungen der Mitglieder von Bedeutung.13 Der Streit dreht sich hauptsächlich darum, ob der Insolvenzverwalter berechtigt ist, insolvenzfreies Vermögen durch Freigabe zu schaffen. Dagegen wird eingewandt, dass § 199 Satz 2 InsO eine Einheit zwischen insolvenzrechtlicher Abwicklung und gesellschaftsrechtlicher Liquidation im Sinne einer Vollbeendigung anstrebe, weshalb der Insolvenzverwalter nicht zur Freigabe von Massegegenständen berechtigt sei.14 Deshalb seien Insolvenzmasse und Schuldnervermögen in der Verbandsinsolvenz stets kongruent.15 Demgegenüber vertritt die h. M., dass bei einem Verband im Wege der Freigabe insolvenzfreies Vermögen begründet werden kann. Gemäß § 1 InsO steht die Gläubigerbefriedigung als Hauptziel des Insolvenzverfahrens vor der Vollbeendigung der Gesellschaft.16 Das setzt voraus, dass es in der Verbandsinsolvenz einen insolvenzfreien Vermögensbereich gibt, dem sich freigegebenes Vermögen sowie Neuverbindlichkeiten zuordnen lassen. Neuverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten, die durch den schuldnerischen Verband erst nach der Insolvenzeröffnung begründet werden und die sich deshalb nicht gegen die Masse, sondern gegen den insolventen Verband richten.17 Soweit keine Freigabe erfolgt und durch den Verband keine Neuverbindlichkeiten begründet werden, sind die Insolvenzmasse und das Verbandsvermögen jedoch identisch.

12 Vgl. nur Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1980); Peters, in: MüKo InsO, (4. Aufl.), § 36, Rn. 6; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 36, Rn. 19; a. A. Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 47. 13 Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 278; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35, Rn. 121 f.; Müller, ZGR 2004, 842 (845 f.); Henckel/Müller, in: Jaeger, InsO, § 35, Rn. 162. 14 Karsten Schmidt, ZGR 1998, 633 (638). 15 So auch Holzer, in: K/P/B, InsO, § 35, Rn. 21, 32; Madaus, in: BeckOK InsO, § 1, Rn. 18 f. 16 Haas/Kolmann/Kurz, in: Gottwald, InsR-HB, § 90, Rn. 369; Büteröwe, in: K. Schmidt, InsO § 35, Rn. 38; Smid, JurisPR-BGHZivilR 2005, 34 Anm. 5; Peters, in: MüKo InsO, (4. Aufl.), § 35, Rn. 113 m. w. N.; Flitsch, EWiR 2005, 603, passim; Keller, Insolvenzrecht, 1. Teil, Grundsätze des Insolvenzrechts, Rn. 178; Depré/Kothe, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 36, Rn. 94 f.; Lüdtke, in: HambKomm InsO, § 35, Rn. 64; Haberzettl, NZI 2017, 474 (476); BGH, Urt. v. 21. 04. 2005 – IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, juris Rn. 5 f.; BVerwG, Urt. v. 23. 09. 2004 – 7 C 22/03, BVerwGE 122, 75, juris Rn. 16 f. 17 Vgl. Heye, in: MAH Insolvenz, § 37, Rn. 23; OLG Dresden, Urt. v. 07. 12. 2017 – 8 U 654/ 17, ZIP 2018, 137, juris Rn. 32 f.; OLG Celle, Urt. v. 07. 01. 2003 – 16 U 156/02, NZI 2003, 201, juris Rn. 5 f.

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

I. Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis Vom Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO ist unmittelbar der Verband als Insolvenzschuldner betroffen. Mit dem Verlust der Verwaltungsbefugnis geht vor allem der Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft über das Verbandsvermögen, der Entscheidung über die Fortführung eines Betriebs, der Verwaltung desselben und des Rechts zur Geltendmachung von Forderungen des Verbandes einher. Aus dem Übergang der Verfügungsbefugnis folgt, dass alle Verfügungen des Verbandes über Gegenstände, die zur Insolvenzmasse gehören, unwirksam sind (§ 81 Abs. 1 InsO). Der Verband ist nunmehr Nichtberechtigter im Sinne des § 185 BGB. Der Begriff der Verfügungen gemäß §§ 80, 81 InsO ist zunächst im materiell-rechtlichen Sinn zu verstehen. Verfügungen im Sinne der §§ 80, 81 InsO sind damit alle Rechtsgeschäfte, die unmittelbar auf ein bestehendes Recht der Gesellschaft durch Veränderung, Übertragung, Belastung oder Aufhebung einwirken.18 Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Übereignung beweglicher oder unbeweglicher Gegenstände, die Abtretung von Forderungen, die Verpfändung, die Bestellung von Dienstbarkeiten oder Grundpfandrechten, die befreiende Schuldübernahme, der Verzicht oder der Erlass. Das mit dem Übergang der alleinigen Verwaltungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter verfolgte Ziel der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung setzt darüber hinaus die Ausschaltung sämtlicher Einwirkungsmöglichkeiten des Schuldners auf das vom Insolvenzbeschlag erfasste Vermögen voraus.19 Der insolvenzrechtliche Begriff der Verfügung ist daher weit auszulegen, sodass darüber hinaus Gestaltungsrechte wie die Anfechtung, die Kündigung, der Rücktritt und der Widerruf wegen ihrer sachlichen Nähe zu einer Verfügung unter den Begriff derselben gemäß §§ 80, 81 Abs. 1 InsO fallen.20 Auch Prozesshandlungen der Gesellschaft, durch die die Masse im weitesten Sinne berührt wird, werden von § 81 InsO erfasst. Hierzu zählen die Klageerhebung, das Anerkenntnis, der Verzicht, der Vergleich, das Geständnis, die Klage- und Rechtsmit18 So BGH, Urt. v. 19. 04. 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261, juris Rn. 53; BGH, Urt. v. 10. 12. 2009 – IX ZR 1/09, NJW-RR 2010, 558, juris Rn. 26; Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 4; Kroth, in: Braun, InsO, § 81, Rn. 2; dabei wird insbesondere auch vom BGH auch noch die Begründung eines Rechts miteingeschlossen. Durch die Begründung kann jedoch nicht auf ein bestehendes Recht eingewirkt werden, da das Recht erst durch die Begründung entsteht. Dementsprechend fällt die Begründung eines Rechts auch nicht unter die allgemein anerkannte Definition der Verfügung im Zivilrecht. Vgl. Gerhardt, in: Jaeger, InsO, § 21, Rn. 8; Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, Vor § 104, Rn. 16; die Begründung eines Rechts stellt vielmehr ein Erwerbsgeschäft des Schuldners dar: Gursky, in: Staudinger, BGB (2014), § 185, Rn. 4; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II, § 11, 5a. Ein Neuerwerb des Schuldners nach Insolvenzeröffnung ist nicht gemäß § 81 InsO unwirksam, da er gemäß § 35 Abs. 1 InsO zur Insolvenzmasse gehören soll. 19 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 80, Rn. 4. 20 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 4; Lüke, in: K/P/B, InsO, § 81, Rn. 4 f.; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 4 f.; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 81; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 3; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 4 f.; Windel, in: Jaeger, InsO, § 81, Rn. 5.

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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telrücknahme sowie die Bewirkung von Zustellungen oder deren Empfangnahme.21 Eine Verfügung des Verbandes ist damit unwirksam, soweit es sich nicht um einen freigegebenen Gegenstand handelt oder der Insolvenzverwalter die Verfügung gemäß § 185 Abs. 2 Satz 2 Fall 1 BGB analog genehmigt hat.22 Die Ausübung von Gestaltungsrechten kann allerdings nicht genehmigt werden, sodass der Insolvenzverwalter eine solche selbst noch einmal vornehmen muss.23 Eine teleologische Reduktion des § 81 InsO dahingehend, dass nur solche Geschäfte unwirksam sein sollen, die für den Bestand der Masse und die Befriedigung der Gläubiger nachteilig sind, wie es seinerzeit zu § 7 KO angenommen wurde24, wird zu Recht überwiegend abgelehnt. Sie ist weder mit der Stellung des Insolvenzverwalters und den Kompetenzen des Gläubigerausschusses vereinbar, noch ist sie aufgrund der Möglichkeit der Genehmigung gemäß § 185 Abs. 2 InsO erforderlich. Dementsprechend sind auch solche Verfügungen des Insolvenzschuldners unwirksam, die zum Wohle der Masse erfolgen.25 Da die §§ 80, 81 InsO keine Verpflichtungsgeschäfte verwehren, kann der Verband trotz Insolvenzeröffnung Verträge schließen und somit Verbindlichkeiten begründen.26 Allerdings entsteht mit der Verfahrenseröffnung eine Vermögensspaltung.27 Begründet der Verband daher nach Insolvenzeröffnung eine Verbindlichkeit, ist das damit verbundene Verpflichtungsgeschäft zwar wirksam. Der Anspruch richtet sich jedoch als Neuverbindlichkeit gegen das insolvenzfreie Vermögen des Verbandes und nicht gegen die Insolvenzmasse. Da der Verband außerhalb einer Freigabe jedoch kein insolvenzfreies Vermögen hat und ihm der Zugriff auf die Insolvenzmasse gemäß § 80 f. InsO verwehrt ist, kann er ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters entsprechende Verpflichtungen nicht erfüllen.28 Gegen die Insolvenzmasse hat der Neugläubiger keinen Anspruch. Selbst wenn mit einem gegenseitigen Vertrag eine Forderung des Verbandes begründet wurde, die als Neuerwerb gemäß § 35 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse fällt29, kann der Neugläubiger 21

Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 7; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 7; WimmerAmend, in: FK-InsO, § 81, Rn. 11; Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 4; Lüke, in: K/P/B, InsO, § 81, Rn. 7; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 40, Rn. 22; Piekenbrock, in: A/G/R InsO, § 81, Rn. 13; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 6. 22 Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 28; BGH, Urt. v. 19. 04. 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261 – 290, juris Rn. 20; BGH, Beschl. v. 12. 07. 2012 – IX ZR 213/11, juris Rn. 16. 23 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 18. 24 Vgl. Henckel, in: Jaeger, KO (9. Aufl.), § 7, Rn. 14. 25 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 32; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 12; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 29; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 14; Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 16; Windel, in: Jaeger, InsO, § 81, Rn. 11. 26 Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 60. 27 Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 96, Rn. 65; Windel, in: Jaeger, InsO, § 96, Rn. 101; Adolphsen, in: Gottwald, InsR-HB, § 45, Rn. 103a. 28 Keller, in: K. Schmidt, InsO, § 89, Rn. 14; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 89, Rn. 12. 29 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 5.

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

mit seiner Forderung gegen den Verband nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter aufrechnen. Wegen der Vermögensspaltung fehlt es nämlich an der Gegenseitigkeit (§ 96 Nr. 4 InsO).30 Eine Mehrung der Passivmasse durch die Eingehung neuer Verbindlichkeiten ist dem Verband nach Insolvenzeröffnung also nicht mehr möglich. Der Insolvenzschuldner soll sich jedoch ebenfalls nicht zum vermeintlichen Vorteil der Insolvenzgläubiger in das Insolvenzverfahren einmischen, indem er massegünstige rechtsgeschäftliche bzw. rechtsgeschäftsähnliche Handlungen vornimmt.31 Selbst wenn er daher eine vorteilhafte Handlung, wie etwa eine Mahnung, eine Fristsetzung oder eine Androhung, vornimmt, soll diese unwirksam sein. Die h. M.32 wendet insofern § 81 Abs. 1 InsO analog an, während andernorts33 das gleiche Ergebnis mit dem Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 InsO begründet wird. Dem Insolvenzschuldner ist damit auch die Möglichkeit genommen, die Passivmasse durch den Abschluss eines Erlassvertrages mit einem Insolvenzgläubiger zu vermindern. Nach der h. L. ist der Erlass analog § 81 InsO unwirksam.34 Die Gegenmeinung, die eine analoge Anwendung von § 81 InsO ablehnt, geht ebenfalls von der Unwirksamkeit des Erlasses aus, da er das Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters berühre.35 Die §§ 80 ff., 159 InsO stellen gegenüber dem insolventen Verband Grundrechtseingriffe in Art. 14 GG in Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung dar, die verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind.36 Der Eingriff in das Eigentumsrecht des Verbandes entspricht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der legitime Zweck der §§ 80, 159 InsO besteht in der gemeinschaftlichen 30

Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 96, Rn. 65; Adolphsen, in: Gottwald, InsR-HB, § 45, Rn. 103a; Windel, in: Jaeger, InsO, § 96, Rn. 101; Popp, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 17, Rn. 34; Leithaus, in: Andres/Leithaus InsO, § 96, Rn. 12; Lojowski, in: Braun, InsO, § 96, Rn. 17; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 96, Rn. 22 f.; Lohmann/Reichelt, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 96, Rn. 65. 31 Windel, in: Jaeger, InsO, § 80, Rn. 261; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 4; Wimmer-Amend, in: FK-InsO, § 81, Rn. 4; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 9; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 10; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 10.11; v. Olshausen, ZIP 1998, 1093 (1096 f.); Henckel, in: Jaeger, KO (9. Aufl.), § 7, Rn. 26. 32 Piekenbrock, in: A/G/R InsO, § 81, Rn. 12; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 5; Wimmer-Amend, in: FK-InsO, § 81, Rn. 4; Lüke, in: K/P/B, InsO, § 81, Rn. 5 f.; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 5; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 5. 33 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5. 34 Lüke, in: K/P/B, InsO, § 81, Rn. 8; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 6; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 4; Plathner, in: KK-InsO, § 81, Rn. 2; v. Olshausen, ZIP 1998, 1093 (1097). 35 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5, 7. 36 Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 80, Rn. 4; Kroth, in: Braun, InsO, § 80, Rn. 3; Ott/Vuia, in: MüKo InsO (3. Aufl.), § 80, Rn. 7; BVerfG, Beschl. v. 18. 07. 1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405, juris Rn. 12; SächsVerfGH, Beschl. v. 19. 07. 2007 – Vf. 85-IV-07 (HS), Vf. 86-IV-07 (eA), juris Rn. 14.

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Befriedigung der Gläubiger des Insolvenzschuldners, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und die Gläubiger aus dem Erlös anteilig befriedigt werden (§ 1 InsO).37 Die §§ 80, 159 InsO sind hierzu geeignet und erforderlich, da einseitige Maßnahmen des Schuldners zugunsten oder zulasten eines Gläubigers verhindert werden müssen.38 Ein milderes gleich geeignetes Mittel ist hierzu nicht ersichtlich. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber seine Einschätzungs- und Beurteilungsprärogative fehlerhaft ausgeübt hätte.39 Diese insolvenzrechtlichen Maßnahmen sind schließlich hinsichtlich der Mittel-Zweck-Relation40 angemessen. Dabei sind insbesondere der personale Bezug des Eigentums und seine Sozialbindung sowie die Eigenart des jeweiligen Gutes und seine Bedeutung für den Eigentümer und die Allgemeinheit abzuwägen.41 Das Mittel besteht in den Eingriffen in die Eigentumsgarantie des Verbandes und seiner Mitglieder aus Art. 14 Abs. 1 GG. Damit wird der Schutz von Verfassungsgütern bezweckt. Hierbei handelt es sich nicht nur um das ebenfalls von Art. 14 Abs. 1 GG umfasste Interesse der Gläubiger an der bestmöglichen Haftungsverwirklichung.42 Vielmehr folgt die Notwendigkeit dieser insolvenzrechtlichen Maßnahmen aus dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG, weil ein Wettlauf der Gläubiger um das für die Befriedigung aller Gläubiger unzureichende Schuldnervermögen vermieden werden soll.43 Zwar haben die Schuldnerinteressen dabei in der Insolvenz zu Recht das Nachsehen, dennoch darf der Schuldner im von der Gläubigerautonomie geprägten Insolvenzverfahren seinen Gläubigern nicht als rechtloser Vermögensinhaber ausgeliefert werden. Deshalb hat er ein Recht auf Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen im Insolvenzverfahren.44 Die Angemessenheit der §§ 80, 81 InsO setzt somit voraus, dass der Schuldner die Möglichkeit hat, im Wege seiner Verfahrensrechte seine Interessen im Insolvenzverfahren zum Ausdruck zu bringen.45 Ob er diese Möglichkeit nutzt, ist ihm überlassen.

37 Vgl. Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, S. 60; Madaus, ZGR 2011, 749 (751); Becker, Insolvenzrecht, Rn. 24. 38 BVerfG, Beschl. v. 18. 07. 1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405, juris Rn. 12; BVerfG, Beschl. v. 28. 07. 1992 – 1 BvR 859/92, juris Rn. 3. 39 Schmidt-Preuß, NJW 2016, 1269 (1269). 40 Michael/Morlok, Grundrechte, Rn. 623. 41 Degenhart, Staatsorganisationsrecht, Grundrechte, Rn. 386; BVerfG, Urt. v. 23. 11. 1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, juris Rn. 87; BVerfG, Beschl. v. 07. 12. 2004 – 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93, juris Rn. 55. 42 Eidenmüller/Engert, ZIP 2009, 541 (546). 43 Lepa, Insolvenzordnung und Verfassungsrecht, S. 117; Adam, DZWIR 2009, 441 (442); Becker, Insolvenzrecht, Rn. 23. 44 Vgl. Becker, Insolvenzrecht, Rn. 196 f.; Ahrens, in: A/G/R InsO, § 1, Rn. 54; Lepa, Insolvenzordnung und Verfassungsrecht; Henckel, in: Festschrift Merz, S. 197 (202, 204 f.). 45 BVerfG, Beschl. v. 18. 07. 1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405, juris Rn. 13.

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II. Auflösung der Gesellschaft und Zweckänderung Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Verband aufgelöst (§ 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG; § 101 GenG; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG; § 42 Abs. 1 Nr. 1 BGB; § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB; § 728 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die h. M. geht davon aus, dass sich damit der Verbandszweck von der werbenden Tätigkeit zur Liquidation ändert (Beendigung der laufenden Geschäfte, Einziehung der Forderungen, Umwandlung des Verbandsvermögens in Geld, Befriedigung der Gläubiger und gegebenenfalls Verteilung des Restvermögens an die Mitglieder).46 Dem steht die von Karsten Schmidt begründete Lehre von der Überlagerung des Verbandszwecks entgegen. Diese Lehre kritisiert an der h. M., dass sie unzureichend zwischen dem Verbandszweck und dem Insolvenzzweck unterscheide. Die Zielrichtung des Verbandes werde bei der Gründung durch eine verbandsautonome Entscheidung festgelegt und könne daher auch nur durch eine verbandsautonome Entscheidung geändert werden. Die Bindung des Verbandes sowie seiner Organe und Mitglieder erfolge daher nur mittelbar durch die Verpflichtung, den Insolvenzverwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben gemäß §§ 97, 101 InsO zu unterstützen.47 Die nachfolgenden Untersuchungen werden auf der Grundlage der Lehre von der Überlagerung des Verbandszwecks durchgeführt, da sie verfassungsrechtlich vorzugswürdig ist. Gemäß Art. 9 Abs. 1 GG haben alle Deutschen das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Nach dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 GG handelt es sich bei der Vereinigungsfreiheit um ein Bürgerrecht. Ausländer können sich daher nur auf den gegenüber Art. 9 Abs. 1 GG abgeschwächten Schutz aus Art. 2 Abs. 1 GG berufen. EU-Ausländer sind jedoch im Anwendungsbereich und nach Maßgabe des Unionsrechts Deutschen durch qualifizierte Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG gleichzustellen.48 Nach der Rechtsprechung des BVerfG und einer verbreiteten Auffassung in der Literatur handelt es sich bei der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG um ein Doppelgrundrecht, sodass sich nicht nur der einzelne Staatsbürger, sondern auch die Vereinigung selbst ohne Rückgriff auf Art. 19 Abs. 3 GG auf die Vereinigungsfreiheit berufen kann.49 46 Koch, AktG, § 262, Rn. 2; Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 1, Rn. 196, 198, § 12, Rn. 210; Wiedemann, in: GK AktG (3. Aufl.), § 262, Anm. 21; Schneider, in: Festschrift Oppendorf, S. 349 (350); auf die Fortführungswahrscheinlichkeit abstellend: BGH, Urt. v. 14. 02. 2019 – IX ZR 149/16, BGHZ 221, 100, juris Rn. 21. 47 Karsten Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 28 f.; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 313, 321; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 124 f.; Meyer, Liquidatorenkompetenzen und Gesellschafterkompetenzen in der aufgelösten GmbH, S. 24 f.; Paura, Liquidation und Liquidationspflichten – Pflichten von Organen und Mitgliedern nach Auflösung der Gesellschaft, S. 19 f.; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, S. 3, Rn. 5; Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, § 264, Rn. 15. 48 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG Art. 9, Rn. 10; Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9, Rn. 30 f. 49 BVerfG, Beschl. v. 18. 10. 1961 – 1 BvR 730/57, BVerfGE 13, 174, juris Rn. 5; BVerfG, Beschl. v. 24. 02. 1971 – 1 BvR 438/68, 1 BvR 456/68, 1 BvR 484/68, 1 BvL 40/69, BVerfGE 30, 227, juris Rn. 49; BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 154; BVerfG, Beschl. v. 08. 12. 1982 – 2 BvL 12/79,

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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Aus der Zusammenschau mit Art. 9 Abs. 2 GG ergibt sich, dass gemäß Art. 9 Abs. 1 GG die Bildung von Vereinigungen als Oberbegriff von Vereinen und Gesellschaften geschützt ist. Das umfasst jeden Zusammenschluss, zu dem sich eine Mehrheit natürlicher und juristischer Personen oder Personenvereinigungen für längere Zeit zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks auf freiwilliger Basis zusammenschließt und sich einer einheitlichen Willensbildung unterwirft.50 Der Begriff der Vereinigung ist zwar weit auszulegen, doch unabhängig davon, ab wie vielen Personen eine entsprechende Personenmehrheit angenommen wird, erfüllt eine Einmanngesellschaft dieses Kriterium jedenfalls nicht, sodass sich weder der Alleingesellschafter noch dessen Gesellschaft auf Art. 9 Abs. 1 GG berufen kann.51 Hinsichtlich der individuellen Vereinigungsfreiheit der Mitglieder schützt Art. 9 Abs. 1 GG das Tätigwerden der Mitglieder im Hinblick auf die Vereinigung. Damit ist nicht nur das Recht, sich zusammenzuschließen und Vereinigungen zu gründen oder ihnen beizutreten, garantiert, sondern auch die sog. Verbandsautonomie.52 Das ist das Recht, hinsichtlich des Zeitpunkts der Gründung, des Zwecks, der Rechtsform, des Namens und des Sitzes selbst zu entscheiden.53 Vor allem aber sollen allein die Mitglieder über die innergesellschaftliche Ordnung entscheiden (sog. Satzungsautonomie).54 Damit geht eine Beschränkung der Übertragung der Herrschaftsund Kontrollrechte von den Mitgliedern auf Dritte einher.55 Insofern schützt die Verbandsautonomie die organisatorische Selbstbestimmung in Form der Willensbildung des Verbandes durch die Mitglieder.56 So schützt Art. 9 Abs. 1 GG sowohl BVerfGE 62, 354, juris Rn. 54; BVerfG, Beschl. v. 15. 06. 1989 – 2 BvL 4/87, BVerfGE 80, 244, juris Rn. 26; BVerfG, Beschl. v. 09. 10. 1991 – 1 BvR 397/87, BVerfGE 84, 372, juris Rn. 16; BVerfG, Beschl. v. 01. 04. 2003 – 1 BvR 539/03, NVwZ 2003, 855, juris Rn. 9; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 9, Rn. 11; Merten, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, § 165, Rn. 29 f.; Bauer, in: Dreier, GG Art. 9, Rn. 34 f.; Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 12 f.; Reiner Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, S. 148, 151; a. A. Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 27; Sachs, in: Stern, StR IV/1, S. 1326 f.; Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 851; Ipsen, Staatsrecht II, Rn. 582; Isensee, in: Isensee/Kirchhof, HStR IX, § 199, Rn. 104; Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9, Rn. 22 f.; praktisch wirkt sich die abweichende Auffassung kaum aus, da der Verband danach über Art. 19 Abs. 3 GG geschützt ist, vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9, Rn. 25 f. 50 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 9, Rn. 3. 51 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9, Rn. 61; Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 6; Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9, Rn. 39. 52 Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 17; Vieweg/Röthel, ZHR 2002, 6 (11). 53 Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 17. 54 Haberstock/Greitemann, in: Hölters/Weber, AktG, § 179, Rn. 4. 55 Für die Personengesellschaft: Enzinger, in: MüKo HGB, § 109, Rn. 15; für die AG: Florstedt, in: KK AktG, § 221, Rn. 538; Stöber, NZG 2017, 1401, 1407; für die KG a. A.: Perlitt, in: MüKo AktG (5. Aufl.), Vor § 278, Rn. 36; für die GmbH: Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 45, Rn. 19; Wicke, in: MüKo GmbHG, § 3, Rn. 154; für den Verein: Leuschner, in: MüKo BGB, § 25, Rn. 34 f. 56 Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 9; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 364; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 9, Rn. 6; BVerfG, Urt. v. 10. 06. 2009 – 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, BVerfGE 123, 186, juris Rn. 142; BVerfG,

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

das Recht der Mitglieder auf den Verbleib in der Vereinigung57 als auch den konkreten mitgliedschaftlichen Bestand und damit insbesondere die Aufnahme neuer Mitglieder z. B. im Wege einer Kapitalerhöhung.58 Art. 9 GG schützt schließlich auch die negative Vereinigungsfreiheit, also die Entscheidung, einer Vereinigung fern zu bleiben oder aus ihr auszutreten.59 Dagegen ist die Teilnahme am Rechtsverkehr nicht von Art. 9 Abs. 1 GG, sondern nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützt.60 Die Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 GG ist auf eine normative Ausgestaltung angewiesen.61 Das bedeutet, sie ist mehr oder minder auf Regelungen angewiesen, die die freien Zusammenschlüsse und ihr Leben in die allgemeine Rechtsordnung einfügen, die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten, die Rechte der Mitglieder sichern und den schutzbedürftigen Belangen Dritter oder auch öffentlichen Interessen Rechnung tragen. Demgemäß ist mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Vereinigungsfreiheit seit jeher die Notwendigkeit einer einfachgesetzlichen Ausgestaltung (beispielsweise in Form des GenG, des AktG, des GmbHG oder der entsprechenden Vorschriften im BGB und HGB zu den Personengesellschaften) dieser Freiheit verbunden, ohne die sie keine praktische Wirksamkeit gewinnen könnte. Diese Notwendigkeit gehört von vornherein zum Inhalt des Art. 9 Abs. 1 GG.62 Das zwingt dazu, zwischen einem gesetzlichen Eingriff und einer gesetzlichen Ausgestaltung zu differenzieren.63 Jede Verkürzung des grundrechtlich Gewährleisteten stellt einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG dar, soweit die abwehrrechtliche Grundrechtsdimension betroffen ist.64 Eine Ausgestaltung und kein Grundrechtseingriff sind dagegen solche Regelungen, die die leistungsrechtliche Dimension der Vereinigungsfreiheit entfalten. Damit ist insbesondere die kompetenzielle Dimension der Vereinigungsfreiheit angesprochen, also der Anspruch der Grundrechtsberechtigten auf Schaffung eines Rechtsregimes in dem Umfang, der für die grundrechtlich gewährleistete Bildungsund Betätigungsfreiheit unerlässlich ist.65 Deshalb sind Vorschriften, die Grün-

Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 154. 57 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 17, 36. 58 Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 9. 59 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 9, Rn. 7. 60 Bauer, in: Dreier, GG, Art. 9, Rn. 45, 48; BVerfG, Beschl. v. 14. 05. 1985 – 1 BvR 449/82, 1 BvR 523/82, 1 BvR 728/82, 1 BvR 700/82, BVerfGE 70, 1, juris Rn. 71. 61 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 35. 62 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 155. 63 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 35; Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 24. 64 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 36. 65 Höfling, in: Sachs, GG, Art. 9, Rn. 38, 31.

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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dungsvoraussetzungen, Struktur und Aktionsmodus von Vereinen und Gesellschaften regeln, nicht als Eingriff zu werten.66 Aus den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ergibt sich jedoch auch, dass der Verband zum Schutz des Rechtsverkehrs nur so lange eine Existenzberechtigung hat, wie er seine Ziele aus eigener Kraft verfolgen kann.67 Die gesellschaftsrechtlichen Normen, wonach Gesellschaften durch die Insolvenzeröffnung aufgelöst werden, stellen daher – wie die Vorschriften zum Mindestkapital – lediglich die einfachgesetzliche Ausgestaltung der verfassungsrechtlich gewährten Bildung und Betätigung mittels einer Gesellschaft dar. In diesen Normen ist daher kein Eingriff in Art. 9 Abs. 1 GG, sondern eine Ausgestaltung des Grundrechts zu sehen. Von der mit Art. 9 Abs. 1 GG im Einklang stehenden gesetzlichen Ausgestaltung der Voraussetzungen, unter denen ein Verband existieren darf, ist jedoch die gesetzliche Vorgabe über den Verbandszweck zu unterscheiden. Die gemeinsame Verfolgung des Verbandszwecks als das „Lebensgesetz des Verbandes“ ist ein verbandsrechtliches Strukturmerkmal.68 Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet daher im Rahmen der Rechtsordnung (vgl. Art. 9 Abs. 2 GG) die freie Wahl über den Verbandszweck durch die Verbandsmitglieder.69 In dieses Recht des Verbandes und seiner Mitglieder würde eingegriffen, wenn ihnen als neues Verbandsziel die Liquidation des Verbandes vorgegeben würde. Schließlich ist der Verband nicht lediglich Abwicklungsobjekt, sondern als Insolvenzschuldner berechtigt, für seine Fortführung beispielsweise, vertreten durch seine Organe, durch die Einreichung eines Insolvenzplans gemäß § 218 InsO einzutreten. Das Recht des Verbandes und seiner Mitglieder, sich für den Fortbestand des Verbandes einzusetzen, kann dabei nicht davon abhängen, ob eine Fortführung des Verbandes aus Sicht der Insolvenzgläubiger wahrscheinlich ist oder nicht. Insbesondere bei wirtschaftlich tätigen Verbänden erfolgt die Investition in die Beteiligung nämlich aufgrund der aus einer Gewinnerzielung resultierenden Wertsteigerung der Beteiligung und aufgrund des Bezugs von Gewinnausschüttungen. Die Verbandsmitglieder vertrauen daher darauf, dass die Verbandsorgane dieses Ziel außerhalb der Insolvenz verfolgen.70 In der Insolvenz besteht dieses Interesse der Verbandsmitglieder insofern fort, als die Verbandsorgane das Ziel verfolgen, die Investition der Mitglieder zu schützen, indem sie sich für den Fortbestand des Verbandes einsetzen.71 Ein Eingriff in die von Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistete Verbandsautonomie durch eine gesetzliche Vorgabe bedarf der Rechtfertigung durch kollidierendes Verfas66

Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 64, Rn. 24. Wiedemann, in: GK AktG (3. Aufl.), § 262, Anm. 21; BVerfG, Beschl. v. 03. 07. 1973 – 1 BvR 153/69, BVerfGE 35, 348, juris Rn. 24; BGH, Beschl. v. 10. 02. 2011 – IX ZB 145/09, NJW 2011, 1595, juris Rn. 9. 68 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 8 f. 69 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 9, Rn. 38. 70 Grigoleit, in: Grigoleit, AktG, § 76, Rn. 17 f. 71 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 126. 67

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

sungsrecht72 in Form des Eigentumsrechts der Gläubiger hinsichtlich ihrer Insolvenzforderungen.73 Zudem muss der Eingriff verhältnismäßig sein. Dahingehend ist die Ausrichtung des Verbandszwecks auf die Liquidation des Verbandes mit dem Fokus auf das Interesse der Gläubiger ein durchaus geeignetes Mittel, um das Befriedigungsinteresse der Gläubiger zu fördern.74 Allerdings ist eine Änderung des Verbandszwecks nicht erforderlich. Aufgrund des weitreichenden Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Verbandes ist es nicht erforderlich, diesem noch den Insolvenzzweck als neues Ziel vorzugeben. In der Insolvenz einer natürlichen Person werden die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten ebenfalls als ausreichend betrachtet, ohne dass sich der Schuldner zusätzlich noch zur gemeinsamen Verfolgung des Insolvenzzwecks mit dem Insolvenzverwalter und den Gläubigern verpflichten müsste. Da der Gesetzgeber bei der InsO davon abgesehen hat, einen Verband anders als eine natürliche Person zu behandeln, leuchtet es nicht ein, den Verband in dieser Hinsicht anders zu behandeln. Immerhin wird das Gesellschaftsrecht im Insolvenzfall von der Zwecksetzung des Insolvenzrechts, das vorrangig auf eine Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger gerichtet ist, überlagert.75 Es gibt also keinen Vorrang des Gesellschaftsrechts vor §§ 129 ff. InsO oder vor § 81 InsO.76 Nach der Insolvenzeröffnung braucht der Gesellschafterversammlung daher nicht auf der Basis des Satzungszwecks untersagt zu werden, einen Beschluss zum Nachteil der Masse zu beschließen, da der Beschluss ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters bereits gemäß § 81 InsO unwirksam ist, soweit er eine Verfügung im Sinne der Norm darstellt77 oder durch ihn lediglich – zumeist wertlose – Neuverbindlichkeiten gegenüber dem insolventen Verband begründet werden können. Eine darüber hinausgehende Bindung der Mitgliederversammlung an den Insolvenzweck ist nicht erforderlich, zumal außerhalb von §§ 80 ff., 155 InsO nicht klar definiert ist, was damit gemeint ist.78 Eine Insolvenzzweckwidrigkeit kann daher für sich alleine keinen Beschlussmangel begründen.79 Der damit eröffneten Möglichkeit eines Blockadeverhaltens im Falle einer beabsichtigten Realisierung von rechtsträgergebundenen Vermögenswerten (z. B. Firma oder Lizenzen) oder der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen wird seit 72

Stumpf, NJW 2003, 9 (15). Bitter, ZGR 2010, 147 (193 f.); Verse, ZGR 2010, 299 (312). 74 Vgl. Greif-Werner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, S. 64. 75 Freudenberg, ZInsO 2014, 1544 (1548); Lwowski/Wunderlich, NZI 2008, 129 (132). 76 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 52 ff., 383 ff.; Haas, ZIP 2006, 1373 (1375). 77 Gundlach u. a., NZI 2007, 692 (894); Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 194, Rn. 338; Trölitzsch, in: BeckOK GmbHG, § 53, Rn. 1c; AG Freiburg, Beschl. v. 14. 03. 2019 – 8 IN 18/19, NZI 2019, 438, juris Rn. 15; vgl. noch zu § 7 KO OLG Düsseldorf, Urt. v. 10. 07. 1950 – 6 U 90/50, NJW 1950, 826 (827). 78 Vgl. Kautz, Die gesellschaftsrechtliche Neuordnung der GmbH im künftigen Insolvenzrecht, S. 100; Müller, in: MüKo GmbHG, § 64, Rn. 115. 79 A. A. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 190. 73

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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dem ESUG80 ausreichend mit dem Insolvenzplanverfahren Rechnung getragen.81 Selbst wenn daher im Interesse der Gläubiger etwa ein Interesse an einer Satzungsänderung besteht, ist es nicht notwendig, die Mitglieder aufgrund ihrer Treuepflicht entsprechend einem geänderten Satzungszweck hierzu zu verpflichten. Schließlich stellt die Insolvenzordnung mit dem Insolvenzplanverfahren ein Instrument bereit, das es ermöglicht, selbst entgegen dem Willen der Mitglieder alle verbandsrechtlich zulässigen Maßnahmen (also auch Satzungsänderungen) durchzuführen (§§ 225a Abs. 3, 245 InsO).82 Es ist daher nicht erforderlich, die Verbandsmitglieder und Verbandsorgane über die Mitwirkungspflichten gemäß §§ 97, 101 InsO hinaus an den Insolvenzzweck zu binden.83

III. Die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters Der Insolvenzverwalter ist im Regelinsolvenzverfahren die zentrale Figur. Gleichwohl haben die Konkursordnung und die ihr nachfolgende Insolvenzordnung die Stellung des Insolvenzverwalters nicht definiert und sie ist noch heute umstritten.84 Die h. M. sieht den Insolvenzverwalter als Amtswalter85, während andere ihn als Vertreter oder als Organ der Gesellschaft betrachten. Der dahingehende Streit wird weitgehend als müßig oder sogar irrelevant bewertet. Unabhängig davon, ob der Streit als sinnvoll zu erachten ist oder nicht, kann er aber im Rahmen eines Beschlussmängelstreits nicht ausgeblendet werden, da die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren für seine Rechtsstellung in einem Beschlussmängelstreit von Bedeutung ist.86 Wie in der Einleitung erwähnt, ist der Gegenstand der vorliegenden Abhandlung nicht die Fortsetzung des Theorienstreits, sondern die Untersuchung der Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf das Beschlussmängelrecht auf der Basis der herrschenden Amtstheorie. Dementsprechend sollen die Theorien nur zum Zwecke der Abgrenzung einander gegenübergestellt werden, um dann auf der Grundlage der Amtstheorie fortzufahren.

80

Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07. 12. 2011. Vgl. Thole, ZIP 2013, 1937 (1940). 82 Vgl. Haas, NZG 2012, 961, 965; BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 38 f. 83 Vgl. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 125 f.; Thole, ZIP 2013, 1937 (1940). 84 Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 80, Rn. 17. 85 Vgl. die Nachweise bei Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 80, Rn. 60. 86 Vgl. Pechartscheck, in: Gottwald, InsR-HB, § 22, Rn. 24 f. 81

106

Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

1. Die Amtstheorie (h. M.) Die herrschende Amtstheorie wurde von der Rechtsprechung – genauer vom Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 30. 03. 189287 – entwickelt. In der genannten Entscheidung beantwortete das Reichsgericht nicht nur die Frage nach der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters an sich, sondern auch die nach der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters in einem Prozess, der die Insolvenzmasse betrifft. Der Insolvenzverwalter handelt nach der Amtstheorie, wie sie heute noch angewendet wird, im eigenen Namen kraft Amtes, das ihm durch Gesetz übertragen ist, mit Wirkung für und gegen die Insolvenzmasse und insoweit auch für und gegen den Schuldner.88 Die Amtstheorie geht insofern davon aus, dass die Funktionen und Handlungskompetenzen des Insolvenzverwalters auf die Insolvenzmasse bezogen und beschränkt sind. Zudem übt der Insolvenzverwalter nach dieser Theorie seine Kompetenzen nicht im eigenen Interesse, sondern treuhänderisch für andere aus.89 Im Prozess – also auch in einem Beschlussmängelstreit90 – ist dementsprechend nicht der Schuldner eine durch den Insolvenzverwalter vertretene Prozesspartei, sondern der Insolvenzverwalter selbst ist Prozesspartei und agiert in gesetzlicher Prozessstandschaft.91 Daraus resultiert eine Rechtskrafterstreckung im Verhältnis des Insolvenzverwalters als Partei kraft Amtes zum Insolvenzschuldner als Rechtsträger.92 Das hat zur Folge, dass die Amtstheorie prozessual auf der Ebene der Aktiv- und der Passivlegitimation zur Anwendung gelangt. Schließlich bezeichnen die Aktiv- und die Passivlegitimation die materielle Berechtigung und die materielle Verpflichtung, also die Sachlegitimation. Fehlt eines von beidem, ist die Klage unbegründet.93 Der Insolvenzverwalter ist in einem Prozess aktiv- oder passivlegitimiert, wenn er materiell-rechtlich über die notwendige Sachbefugnis verfügt. Seine materielle Sachbefugnis ergibt sich aus seinem Verwaltungs- und Verfügungsrecht gemäß § 80 Abs. 1 InsO. Danach geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Insofern bleibt der Schuldner zwar 87

RG, Urt. v. 30. 03. 1892 – V 255/91, RGZ 29, 29 (29). Pape u. a., Insolvenzrecht, Kapitel 14, Rn. 8; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 80, Rn. 19; König, in: Buth/Hermanns, RSI, § 36, Rn. 23; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 27; Jens Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 45; Schluck-Amend, in: MAH GmbH-Recht, § 23, Rn. 303; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60, Rn. 170; Oberle, in: Münchener HB GesR III, § 65, Rn. 95; RG, Urt. v. 30. 03. 1892 – V 255/91, RGZ 29, 29 (36). 89 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 27 m. w. N. 90 Böhme, NotBZ 2020, 424 (425). 91 Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 180. 92 Musielak, in: Musielak/Voit, ZPO, § 325, Rn. 21; Althammer, in: Zöller, ZPO, Vorbemerkung zu § 50, Rn. 30; Hübsch, in: BeckOK ZPO, § 51, Rn. 59; BGH, Beschl. v. 27. 10. 1983 – I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331, juris Rn. 9 f.; BGH, Urt. v. 07. 07. 2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094, juris Rn. 15 f. 93 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 1204; BGH, Urt. v. 26. 11. 1997 – I ZR 148/95, juris Rn. 10. 88

A. Die Funktionsverteilung in der Regelinsolvenz

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Eigentümer des Vermögens, ihm wird jedoch die Befugnis genommen, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verfügen und es zu verwalten.94 Dies wird durch den Insolvenzbeschlag verwirklicht, der die Insolvenzmasse vom insolvenzfreien Vermögen abtrennt.95 Da sich die Sachbefugnis des Insolvenzverwalters auf die Verwaltung und Verfügung über die Insolvenzmasse beschränkt, verbleibt dem Schuldner ein eigenverantwortlicher Bereich hinsichtlich des insolvenzfreien Vermögens. Ebenso ist dem Insolvenzverwalter ein Zugriff auf die höchstpersönlichen Rechte des Insolvenzschuldners verwehrt.96 2. Die Vertretertheorie Im Unterschied zur Amtstheorie ist der Insolvenzverwalter nach der noch heute97 vertretenen Vertretertheorie der – beschränkt auf die Insolvenzmasse – gesetzliche Vertreter des Insolvenzschuldners. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass aus der Insolvenz die Entziehung der Dispositionsfähigkeit des Insolvenzschuldners und nicht lediglich die Entziehung der Dispositionsbefugnis folgt. Aus dem Verlust der Dispositionsfähigkeit ergebe sich prozessual der Verlust der Prozessfähigkeit des Insolvenzschuldners.98 Der Insolvenzverwalter besitze daher kraft Gesetzes die – auf die Insolvenzmasse beschränkte – Vertretungsmacht für den Insolvenzschuldner, da er für die Insolvenzmasse handle. Inhaber der Insolvenzmasse sei jedoch auch nach der Insolvenzeröffnung der Insolvenzschuldner, weshalb das Handeln des Insolvenzverwalters auf den Insolvenzschuldner bezogen sei.99 Damit handle der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 InsO im Namen des Insolvenzschuldners.100 Anders als nach der Amtstheorie geht es deshalb nach der Vertretertheorie bei der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters nicht um die Sachlegitimation, sondern um die Vertretungsbefugnis. Mithin folgt aus der Vertretertheorie, dass der Gemeinschuldner, vertreten durch den Insolvenzverwalter, Prozesspartei ist. 3. Die Organtheorie Nach der Organtheorie ist die Insolvenzmasse als parteifähiges Sondervermögen selbst ein „Quasi-Rechtssubjekt“. Der Insolvenzverwalter sei insofern das Organ 94

Hierzu bereits Teil 3 A.I. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 9.01. 96 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 9.01. 97 Vgl. Stamm, KTS 2016, 279, passim. 98 So auch Weber, KTS 1955, 102 (104). 99 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 781; Larenz, BGB AT (7. Aufl.), S. 586; Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts – Bd. 1/1, S. 1105; Medicus/ Petersen, BGB AT, Rn. 925; Stoffels, in: NK-BGB, § 164, Rn. 26. 100 Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (351). 95

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

dieses Quasi-Rechtssubjekts.101 Eine solche rechtliche Verselbstständigung102 der Insolvenzmasse wird heute jedoch, soweit ersichtlich, nicht mehr vertreten. 4. Die modifizierte Vertreter- und Organtheorie Die modifizierte Vertreter- und Organtheorie ist von Karsten Schmidt entwickelt worden.103 Diese Auffassung unterscheidet zunächst zwischen natürlichen Personen und Verbänden als Insolvenzschuldnern und wendet sodann Abwandlungen der Vertretertheorie und der Organtheorie an. Im Falle der Insolvenz einer natürlichen Person wird eine Abwandlung der Vertretertheorie angewendet, die Karsten Schmidt als „Repräsentationsmodell“ bezeichnet hat.104 Anders als die Vertretertheorie erfasse das Repräsentationsmodell auch die Zurechnung im nicht-rechtsgeschäftlichen Bereich, sodass sämtliches Insolvenzverwalterhandeln erfasst sei. In der Insolvenz eines Verbandes sei der Insolvenzverwalter demgegenüber „ein obligatorisches Drittorgan mit verdrängenden Kompetenzen“.105 Dabei wird also davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter (weiteres) Organ des Verbandes ist und insoweit die (anderen) Verbandsorgane verdrängt.106

B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz Mit der Festlegung auf die Amtstheorie als dogmatisches Fundament der Bearbeitung ist noch nichts über das Kompetenzgefüge in der Insolvenz gesagt. Da auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 InsO nur die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Insolvenzmasse übergeht, stellt sich unabhängig von der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters die Frage, welche Restkompetenzen dem Insolvenzschuldner verbleiben. Die jeweils zugrunde gelegte Theorie über die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters entscheidet dabei lediglich darüber, auf welcher Ebene diese Frage diskutiert wird.107 Seit dem Aufsatz von Friedrich Weber mit dem Titel „Die Funktionsteilung zwischen Konkursverwalter und Gesellschaftsorganen im Konkurs der Kapitalgesellschaft“ in der Zeitschrift „Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen“ aus dem Jahr 1970108 ist die Diskussion um das Kompetenzgefüge in der Insolvenz einer 101 102 103 104 105 106 107 108

Bötticher, ZZP 1958, 314 (319). Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 29. Karsten Schmidt, NJW 1995, 911 (913); Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (360 ff.). Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (370 f.), dort auch zum folgenden Satz. Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367 f.), dort auch zum folgenden Satz. Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn 41. Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (365, 367). Weber, KTS 1970, 73, passim.

B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz

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juristischen Person durch die sog. „Verdrängungslehre“109 Friedrich Webers geprägt. Diese richtet den Fokus auf den Insolvenzverwalter und die Verbandsorgane im Sinne einer Funktionsteilung.110 Karsten Schmidt greift auf sie ebenfalls im Rahmen seiner neuen Organtheorie zurück, obwohl er den Insolvenzverwalter nicht als Amtswalter, sondern als Verbandsorgan betrachtet, um die Kompetenzen des Insolvenzverwalters von denen der (übrigen) Verbandsorgane abzugrenzen.111 Einzig Schulz, ebenfalls ein Vertreter der neuen Organtheorie, lehnt eine Kompetenzverteilung zwischen Insolvenzverwalter und Verbandsorganen ab.112 Er beanstandet, dass das Modell der Funktionsteilung nach Weber auf unzutreffenden Prämissen beruhe und zu nicht akzeptablen Konsequenzen führe. Die Annahme einer Funktionsteilung, die den Organen die Kompetenz hinsichtlich der Gemeinschuldnerrolle und des konkursfreien Bereichs zuweise, gehe nämlich unzutreffenderweise davon aus, dass diese Kompetenzen tatsächlich ausgefüllt würden. Dies sei jedoch mangels liquider Mittel weder der Fall, noch sei es wünschenswert.113 Die Verfahrensrechte im laufenden Konkursverfahren würden durch die Konkursordnung zwar formell dem Verband zugeordnet, vom Schutzzweck der Verfahrensrechte aus gesehen gehe es materiell jedoch um den Schutz der Verbandsmitgliederinteressen, da der Verband mit Insolvenzeröffnung sein Existenzrecht verloren habe. Deshalb sollte nach Schulz jedem einzelnen Verbandsmitglied eine Einzelklagebefugnis eröffnet werden, die es ihm gestatte, die Gemeinschuldnerrechte des Verbandes im Wege der actio pro socio auszuüben.114 Er plädiert daher für eine vollständige Verdrängung der Verbandsorgane durch den Insolvenzverwalter.115 Der Ansatz hat jedoch keine Gefolgschaft gefunden, sodass noch immer die Verdrängungslehre nach Weber maßgeblich ist.

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Vgl. Ott/Brauckmann, ZIP 2004, 2117 (2118). Vgl. nur Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367); Wittkowski/Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 80, Rn. 10; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 111 f.; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 58; Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 28 f.; Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 69 f.; Braun, Die Funktion und Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einer insolventen Aktiengesellschaft, S. 37 f.; Koch, AktG, § 264, Rn. 10; Steffan, in: Oppenländer/Trölitzsch, GmbH-Geschäftsführer, § 38, Rn. 100; Smid, ZInsO 2014, 1181 (1183 f.); BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 38; Weber knüpfte hinsichtlich der Verdrängung der Gesellschaftsorgane durch den Konkursverwalter an die Gedanken von Siegelmann und Robrecht an: Weber, KTS 1970, 73 (77); Siegelmann, DB 1967, 1029 passim; Robrecht, DB 1968, 471, passim. Bereits zuvor wurden jedoch entsprechende Gedanken zur Verdrängung des Vorstands einer Aktiengesellschaft durch den Konkursverwalter nebst Funktionsverteilung entwickelt, vgl. Wulff, LZ. 1913, 177 (183 f.) 111 Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367). 112 Schulz, KTS 1986, 389 (392). 113 Schulz, KTS 1986, 389 (393). 114 Schulz, KTS 1986, 389 (416 f.). 115 Schulz, KTS 1986, 389 (399). 110

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

I. Funktionsteilung nach Friedrich Weber Weber ist im Ausgangspunkt seiner Untersuchung davon ausgegangen, dass durch die Konkurseröffnung eine Funktionsteilung zwischen dem Konkursverwalter und den fortbestehenden Verbandsorganen eintritt.116 Zur Veranschaulichung zog er als Beispiel den Konkurs einer natürlichen Person heran, die gesetzlich vertreten wird, weil sie nicht voll geschäftsfähig und daher nicht prozessfähig ist. Mit Konkurseröffnung stünden dem Konkursverwalter die Verwaltung des die Konkursmasse bildenden Gemeinschuldnervermögens und die Verfügung über dieses Vermögen zu. Der Konkursverwalter verdränge dabei den bisher insoweit zuständigen Vertreter. Diesen Aufgabenbereich nannte Weber aus der Perspektive des gesetzlichen Vertreters den „Verdrängungsbereich“. Die dem gesetzlichen Vertreter verbleibenden Aufgaben bezögen sich auf zwei zweckmäßigerweise zu unterscheidende Bereiche. So sei der Vertretene einerseits als Gemeinschuldner am Konkursverfahren beteiligt. Die ihm hierbei zustehenden Rechte und Pflichten würden weiterhin vom gesetzlichen Vertreter wahrgenommen und erfüllt. Diesen Bereich bezeichnete Weber als den „Gemeinschuldnerbereich“.117 Zum anderen erfasse die Konkurseröffnung in der Regel nicht das gesamte Vermögen des Gemeinschuldners, sodass dem gesetzlichen Vertreter die Verwaltung des konkursfreien Vermögens verbleibe. Diese dem gesetzlichen Vertreter verbleibenden Aufgaben nannte Weber den „konkursfreien Bereich“. Im Konkurs eines Verbandes tritt nach Weber mit der Konkurseröffnung eine entsprechende Funktionsteilung zwischen dem Konkursverwalter und den Verbandsorganen ein. So würden die Organe hinsichtlich des Verbandsvermögens, das nach der Konkurseröffnung die Konkursmasse bilde, durch den Konkursverwalter verdrängt. Dabei handle der Konkursverwalter ausschließlich nach den Vorschriften der Konkursordnung. Dies habe zur Folge, dass den Organen außerhalb der Rechte des Gemeinschuldners nach der Konkursordnung keine Mitwirkungsrechte (z. B. nach dem AktG oder dem GmbHG) im Zusammenhang mit dem Verdrängungsbereich zustünden.118 Auf der anderen Seite bestehe die Gesellschaft während des Konkurses als Abwicklungsgesellschaft bzw. als Konkursgesellschaft fort. Da es ihr Vermögen sei, das im Konkurs abgewickelt werde, komme ihr die Gemeinschuldnerrolle zu. Die Wahrnehmung der Befugnisse und die Erfüllung der Pflichten der Gesellschaft als Gemeinschuldnerin gehörten daher zum Wirkungsbereich der vertretungsberechtigten Organe, in dem sie weiterhin der Kontrolle der jeweiligen Aufsichtsorgane unterlägen.119 Die eigentliche Problematik eines Gesellschaftskonkurses verortete Weber bei dem von ihm als „konkursfreien Bereich“ bezeichneten Aufgabenbereich. Er ging 116 117 118 119

Weber, KTS 1970, 73 (77), dort auch zum folgenden Text. Weber, KTS 1970, 73 (77), dort auch zum folgenden Text. Weber, KTS 1970, 73 (78). Weber, KTS 1970, 73 (78 f.); Weber, in: Jaeger, KO (8. Aufl.), §§ 207, 208, Anm. 28, 29.

B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz

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zunächst davon aus, dass es kaum anzunehmen sei, dass der Verband bei Konkurseröffnung irgendwelches konkursfreies Vermögen besitze, dessen Verwaltung noch Aufgabe seiner Organe sei. Im Unterschied zu einer natürlichen Person bestehe die Rechtspersönlichkeit der Konkursgesellschaft nur noch für den Konkurszweck fort. Die Funktion der Organe erfahre insofern eine Beschränkung, als nur noch Maßnahmen gestattet seien, die mit dem Konkurszweck in Einklang stünden. Es bestehe daher eine enge Verbindung zwischen dem konkursfreien Organbereich, also dem innergesellschaftlichen Bereich120, und dem Gemeinschuldnerbereich. Abgesehen von der Verwaltung eines (nach der Insolvenzordnung dem Schuldner nicht mehr zustehenden) etwaigen Neuerwerbs sei dem Verband als Gemeinschuldner schließlich nur noch zum Zwecke der Fortsetzung der Gesellschaft der Abschluss eines Zwangsvergleichs oder eines Konkursverzichts mit den Gläubigern möglich. Nur in diesem eng begrenzten Bereich hätten die Organe des Verbandes (insbesondere die Haupt- bzw. die Gesellschafterversammlung) noch Funktionen. Zu diesem Zweck könne dann ausnahmsweise eine Kapitalerhöhung beschlossen werden. Hier habe der Konkursverwalter keine Einwirkungsmöglichkeiten, da er weder Gesellschaftsorgane abberufen oder neu bestellen noch eine Hauptversammlung einberufen könne.121 Nach Weber bereitet die Zuordnung von Rechtshandlungen zum innergesellschaftlichen Bereich oder zum Verdrängungsbereich zum Teil größere Schwierigkeiten. Das gelte insbesondere für den Fall, dass beide Bereiche betroffen seien.122 Dabei wird von einem Überschneidungsbereich gesprochen.123 Als wichtige Einzelfälle untersuchte Weber die Anstellungsverträge der Gesellschaftsorgane, die Unternehmensveräußerung und die Prozessführung.124 Im Zusammenhang mit der Prozessführung war Weber der Auffassung, dass richtige, überzeugend begründbare und interessengemäße Entscheidungen erzielt werden könnten, wenn der jeweilige Streitfall den Funktionsbereichen zugeordnet werde. Hierbei beleuchtete Weber unter anderem den Fall einer Anfechtungsklage gegen einen vor der Konkurseröffnung gefassten Hauptversammlungsbeschluss. Er ging zunächst davon aus, dass die Auffassung, der Konkursverwalter sei für derartige Klagen grundsätzlich nicht der richtige Beklagte, da sich der Streit auf innergesellschaftliche Angelegenheiten beziehe, unzutreffend sei. Die Verteidigung eines solchen Beschlusses sei Sache des Konkursverwalters, wenn sie einen Akt der Masseverwaltung darstelle und damit in den Verdrängungsbereich falle. Dabei sei auf den Inhalt des angegriffenen Beschlusses abzustellen. Führe die erfolgreiche Klage zum Wegfall eines Masseaktivums oder dazu, dass eine sonst nicht bestehende 120

Vgl. Weber, KTS 1970, 73 (80). Weber, KTS 1970, 73 (79 f.). 122 Weber, KTS 1970, 73 (80). 123 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 78; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 112. 124 Vgl. Weber, KTS 1970, 73 (81 ff.). 121

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

Verbindlichkeit nun aus der Masse zu befriedigen sei, sei dementsprechend der Konkursverwalter zuständig. Sei dies nicht der Fall, weil die erfolgreiche Klage keine Auswirkung auf die Masse habe oder weil sie sich positiv auf die Masse auswirke, dann gehöre die Prozessführung in den Aufgabenbereich, der den Gesellschaftsorganen verbleibe. Insofern hielt es Weber auch für gerechtfertigt, dem Konkursverwalter zu gestatten, einen die Masse belastenden Beschluss selbst anzufechten.125 Dies gelte jedoch nicht für die GmbH, da der Geschäftsführer einer GmbH nicht über ein entsprechendes Anfechtungsrecht verfüge. Bei der Aktiengesellschaft gehe demgegenüber das Anfechtungsrecht des Vorstands auf den Konkursverwalter über.126

II. Kritik: Keine Funktionsteilung zwischen Verwalter und Organen Nach hier vertretener Auffassung kann auf der Grundlage der Amtstheorie rechtlich weder eine Funktionsteilung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Organen bestehen, noch können Rechte der Organe auf den Insolvenzverwalter übergehen oder kann der Insolvenzverwalter an die Stelle der Organe treten. Durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 InsO ändert sich nämlich bei genauer Betrachtung nichts an den Kompetenzen der Verbandsorgane. Das ist im ersten Moment schwer zu erkennen, da die Auswirkungen der Verdrängungslehre seit Weber häufig zu der Aussage komprimiert worden sind, dass es zu einer Funktionsteilung zwischen den Verbandsorganen und dem Insolvenzverwalter komme.127 Das hat schließlich zur Folge, dass beispielsweise die Argumentation von Schulz zu einer vollständigen Verdrängung der Verbandsorgane durch den Insolvenzverwalter auch von den Vertretern der Amtstheorie anstandslos auf der Ebene der Organe geführt wird.128 Dabei besteht wohl weitestgehend Einigkeit darüber, dass nach der Amtstheorie die Organisationsstruktur der Gesellschaft unberührt bleibt, sodass die Rechte und Pflichten der Organe grundsätzlich fortbestehen und nur wegen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters auf den insolvenzfreien Bereich beschränkt werden.129 Diese Beschränkung ergibt 125

Dieses Konzept wurde allerdings bereits zuvor von Wulff entwickelt: Wulff, LZ 1913, 177 (183 f.). 126 Weber, KTS 1970, 73 (88). 127 Vgl. Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 264 AktG, Rn. 8; Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 44; Peres, in: MAH AktienR, § 15, Rn. 84; Koch, AktG, § 264, Rn. 10; Holzer, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 7, Rn. 10; OLG Dresden, Urt. v. 07. 12. 2017 – 8 U 654/17, ZIP 2018, 137, juris Rn. 32. 128 Vgl. Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 75 f.; Braun, Die Funktion und Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einer insolventen Aktiengesellschaft, S. 24 f.; Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 36 f. 129 Vgl nur Haas, in: Festschrift Stürner, S. 748 (753); Hans-Friedrich Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204; Finke, Kollision von Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht, S. 69;

B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz

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sich jedoch nicht aus einer Beschneidung der Kompetenzen der Organe, sondern aus dem Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verbandes. Nach der Amtstheorie ist der Insolvenzverwalter außenstehender Amtswalter und nicht Verbandsorgan. Er steht somit bildlich gesprochen neben dem Verband und nicht innerhalb des Verbandes neben den Organen. Daher können die aus der Organstellung resultierenden Kompetenzen der Verbandsmitglieder von § 80 InsO nicht betroffen sein. Der Ansatz von Weber zur Funktionsteilung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Verbandsorganen lässt sich daher widerspruchsfrei nur auf vertretungsrechtliche Konzepte, etwa die neue Organtheorie und die Vertretertheorie, anwenden.130 Die Verschiebung der Betrachtung der Amtstheorie auf die Organebene ist darin begründet, dass das Modell der Funktionsteilung von Weber, obwohl er ein Vertreter der Amtstheorie war131, auf das Leitbild der Zurechnung des Organhandelns aufbaut. Inhaber der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist vor einer Insolvenzeröffnung der Verband und nicht dessen Organe. Allerdings kann ein Verband erst durch ein Organ „wissen, wollen und handeln“.132 Die Zurechnung des Organhandelns ist Gegenstand des gesellschaftsrechtlichen Streits zwischen der sog. Vertretertheorie und der sog. Organtheorie, der nicht mit dem Streit der gleichnamigen Theorien über die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters verwechselt werden darf.133 Nach der heute wohl herrschenden Organtheorie wird dabei das Handeln des Organs als organschaftliches Eigenhandeln der juristischen Person aufgefasst.134 Anders sieht es die auf das römische Recht zurückgehende (gesellschaftsrechtliche) Vertretertheorie.135 Danach muss das Handeln einer natürlichen Person oder einer Vielzahl von natürlichen Personen dem Organ und damit der juristischen Person zugerechnet werden. Dem entspräche die Trennung zwischen dem Willen der Organwalter und dem daraus gebildeten rechtsgeschäftlichen Willen des Organs. So werde dem Organ in einem ersten Schritt das Handeln der Organmitglieder zugerechnet, um dann in einem zweiten Schritt das Organhandeln der juristischen Person

Smid, Handbuch Insolvenzrecht, S. 129; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 112; Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 264, Rn. 17; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 118; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 80, Rn. 241; BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 38. 130 Vgl. Hans-Friedrich Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204; Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367). 131 Vgl. Weber, KTS 1955, 102 (passim). 132 Johannes W. Flume, ZGR 2018, 928 (935). 133 Vgl. Leuschner, in: MüKo BGB, § 26, Rn. 3. 134 Spindler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 78, Rn. 5; Koch, AktG, § 78, Rn. 3; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 78, Rn. 4; Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 78, Rn. 2; Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 78, Rn. 3; Stephan/Tieves, in: MüKo GmbHG, § 35, Rn. 15. 135 Vgl. von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts II, S. 312 ff.; daran anknüpfend Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, § 11 I, S. 279.

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

zuzurechnen (doppelte Zurechnung).136 Das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person oder einer Gesamtheit natürlicher Personen wird dem Rechtsträger daher unter entsprechender Anwendung der §§ 164 ff. BGB rechtstechnisch zugeordnet.137 Hierzu heißt es beispielsweise bereits bei Enneccerus/Nipperdey aus dem Jahr 1952138 : „Bei der ersten Auffassung ist die juristische Person eine handlungsunfähige Person, die (ganz wie eine handlungsunfähige natürliche Person) durch ihre Vertreter vertreten wird. Die Handlungen dieser Vertreter (vorausgesetzt, daß sie im Namen der juristischen Person und innerhalb der Vertretungsmacht vorgenommen sind) berechtigen und verpflichten die juristische Person, gelten aber nicht als Handlungen der juristischen Person selbst (Vertretertheorie).“

Auf diesem Verständnis der Vertretertheorie baut auch der Ansatz von Weber auf, da er sogar das gleiche Beispiel wählte und lediglich um den Insolvenzverwalter ergänzte. Wenn jedoch die Rolle des Insolvenzverwalters anhand eines Verständnisses über die Zurechnung von Organhandeln entwickelt wird, kann auch nur ein entsprechend vertretungsrechtlich geprägter Ansatz folgen. Der Streit um die Zurechnung des Organhandelns nach der Vertretertheorie oder der Organtheorie kann im Rahmen dieser Untersuchung dahinstehen, da es nicht auf die Art der Zurechnung des Organhandelns ankommt. Unabhängig von dem skizzierten Streit haben die Organe nämlich entsprechend § 26 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB die Stellung eines gesetzlichen Vertreters.139 Dementsprechend finden nach beiden Theorien die §§ 164 ff. BGB entsprechende Anwendung.140 Dem Organ an sich wird somit kraft Gesetzes die Vertretungsmacht für den Verband eingeräumt, die den Organmitgliedern mit ihrer Bestellung zukommt.141 Das heißt, mit Wirksamwerden des Bestellungsakts wird die bestellte Person zum Organmitglied und beispielsweise als Vorstand einer Aktiengesellschaft berechtigt und verpflichtet, das Unternehmen gemäß § 76 AktG zu leiten sowie die sonstigen Geschäfte gemäß § 77 AktG zu führen und die Aktiengesellschaft organschaftlich gemäß § 78 AktG zu vertreten.142 Von der Handlungsfähigkeit eines Verbandes durch seine Organe ist jedoch das Recht, über das Vermögen des Verbandes zu verfügen, zu unterscheiden. Während es sich bei der Handlungsfähigkeit einer Person um eine Eigenschaft der Person handelt, geht es bei der Verfügungsmacht um das Verhältnis einer Person zu ihrem Vermögen. Dementsprechend steht die Verfügungsmacht in der Regel dem 136

Leuschner, in: MüKo BGB, § 26, Rn. 3. Johannes W. Flume, ZGR 2018, 928 (936). 138 Enneccerus/Nipperdey, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts – Bd. 1/1, S. 402. 139 Weber, in: Hölters/Weber, AktG, § 78, Rn. 3; Spindler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 78, Rn. 5; Flume, ZGR 2018, 928 (939). 140 Dauner-Lieb, in: Henssler/Strohn, GesR, § 78 AktG, Rn. 2; Johannes W. Flume, ZGR 2018, 928 (937). 141 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 78, Rn. 2; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 84, Rn. 5. 142 Seibt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 84, Rn. 19. 137

B. Das Kompetenzgefüge in der Regelinsolvenz

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Rechtsinhaber unabhängig von seiner Handlungsfähigkeit zu.143 Das bedeutet, dass die Verfügungsmacht über das Vermögen des Verbandes bei dem Verband als Rechtsinhaber und nicht bei seinen Organen angesiedelt ist. Diese sind aufgrund ihrer Vertretungsmacht lediglich legitimiert, für den Verband dahingehend gültige rechtsgeschäftliche Regelungen zu treffen.144 Verliert der Verband daher aufgrund der Insolvenzeröffnung die Verfügungsmacht über sein Vermögen145, so ist die von einem Verbandsorgan oder einem Vertreter im Namen des Verbandes vorgenommene Verfügung unwirksam. Der Grund dafür ist, dass es dem Verband als „Verfügendem“ an der notwendigen Berechtigung fehlt (§ 81 InsO), und nicht, dass es seinem Organ an der notwendigen gesellschaftsrechtlichen Kompetenz fehlt.146 Begleicht ein Schuldner des Verbandes, der nicht gutgläubig im Sinne von § 82 InsO war, nach der Insolvenzeröffnung eine Schuld gegenüber dem durch dessen Organ vertretenen Verband, so entfällt die Erfüllungswirkung gemäß § 362 BGB nicht wegen einer fehlenden Vertretungsmacht des Organs, sondern wegen der fehlenden Empfangszuständigkeit des Verbandes.147 Da der Verband unabhängig von der Insolvenzeröffnung weiterhin schuldrechtliche Verträge abschließen kann, ist es den Organen möglich, nach der Insolvenzeröffnung für den insolventen Verband gegenseitige schuldrechtliche Verträge mit Dritten, z. B. einem Rechtsanwalt148, abzuschließen. Dem kann nicht mit dem Argument entgegengetreten werden, dass es in der Verbandsinsolvenz faktisch kein insolvenzfreies Vermögen gebe, sodass die Verbandsorgane keine schuldrechtlichen Verträge abschließen könnten.149 Schließlich hängt die Wirksamkeit eines schuldrechtlichen Vertrages nicht von dessen Erfüllbarkeit ab (vgl. § 311a Abs. 1 BGB). Der Vertragspartner kann sich wegen der fehlenden Erfüllbarkeit seiner vertraglichen Forderung gegenüber dem Verband somit nicht gemäß § 177 BGB an das handelnde Organ wenden, da dieses dabei im Rahmen seiner Vertretungsmacht gehandelt hat.150 In Betracht kommt gegenüber dem Handelnden dann gegebenenfalls nur ein deliktischer Anspruch gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Damit erweist sich die Aussage, dass es durch die Insolvenzeröffnung zu einer Funktionsteilung zwischen Insolvenzverwalter und Organen komme, als im 143

Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, Vor § 104, Rn. 4. Schilken, in: Staudinger BGB, Vor §§ 164 ff., Rn. 17; Schubert, in: MüKo BGB, § 164, Rn. 193. 145 Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, Vor § 104, Rn. 4. 146 Vgl. Schwab, in: MüKo BGB, § 816, Rn. 25; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 6; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 117, Rn. 5; Marotzke, in: HK-InsO, § 117, Rn. 1; scheinbar a. A. Noack, Gesellschaftsrecht, S. 124, Rn. 290. 147 Lorenz, JuS 2009, 109 (110); Hörnig/Knauth, JA 2017, 896 (899); Schulze, in: HK-BGB, § 362, Rn. 5; Fetzer, in: MüKo BGB, § 362, Rn. 15; Kroth, in: Braun, InsO, § 82, Rn. 1. 148 OLG Dresden, Urt. v. 07. 12. 2017 – 8 U 654/17, ZIP 2018, 137, juris Rn. 17 ff. 149 So Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 188, Rn. 327. 150 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 12; Piekenbrock, in: A/G/R InsO, § 81, Rn. 19; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 20. 144

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Teil 3: Die Verbandsinsolvenz

Rechtssinne irreführend. Erst recht tritt der Insolvenzverwalter auf der Basis der Amtstheorie nicht an die Stelle der Verbandsorgane.151 Durch die Insolvenzeröffnung verliert der Verband die Berechtigung, sein Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, an den Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter teilt sich dahingehend weder Aufgaben noch Funktionen mit den Verbandsorganen.152 Vereinfacht gesprochen, nimmt er dem Verband schlichtweg sein Vermögen weg und schließt den Betrieb des Verbandes oder führt ihn selbst fort. Die Organe werden dahingehend nicht mehr tätig, weil der Verband kein Vermögen mehr hat, das sie für den Verband verwalten oder worüber sie für ihn verfügen könnten. Der Wegfall ihrer Befugnis, das Vermögen des Verbandes zu verwalten und darüber zu verfügen, ist somit lediglich Reflex des Wegfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verbandes. Die Wahrnehmung der Schuldnerrechte für den Verband basiert daher nicht auf einer Funktionsänderung, sondern darauf, dass die Schuldnerrechte hinsichtlich des Verbandsvermögens – abgesehen von einer Freigabe – die einzigen Rechte sind, die dem Verband hinsichtlich seines Vermögens verbleiben. Die Insolvenzeröffnung hat somit für die innergesellschaftlichen Kompetenzen nur eine faktische Wirkung. So resultiert etwa der Überschneidungsbereich daraus, dass der Insolvenzverwalter keinen Zugriff auf das Innenrecht des Verbandes hat und daher keine Satzungsänderung durchführen kann, während die Verbandsversammlung zwar eine Satzungänderung durchführen, damit aber nicht über Vermögensgegenstände des Verbandes verfügen kann. Schließlich wird ihr Beschluss dem Verband als eigenes Handeln zugerechnet, sodass er von § 81 InsO erfasst ist. Außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens ist daher ein satzungsändernder Beschluss der Verbandsversammlung erforderlich, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung des Insolvenzverwalters abhängt.153 Die mit dem Insolvenzbeschlag einhergehende „Verdrängung“ der Organe durch den Insolvenzverwalter bedeutet daher nicht, dass die den Organen verbandsrechtlich zugewiesenen Kompetenzen auf den Insolvenzverwalter übergehen, sondern nur, dass die Wirkungen der Ausübung dieser Kompetenzen durch die Organe gegenüber der Insolvenzmasse gemäß §§ 80 ff. InsO beschränkt ist.

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So aber Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 111. Vgl. bereits KG Berlin, Urt. v. 15. 01. 1910, OLGRspr. 21, 389; zustimmend RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (245). 153 Vgl. BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 38. 152

Teil 4

Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz Ein Beschluss beinhaltet in den meisten Fällen weder eine unmittelbare Verfügung über Rechte, noch begründet er Verbindlichkeiten.1 Vielmehr handelt es sich um die Bildung eines Verbandswillens über einen bestimmten Beschlussgegenstand. Diese interne Willensbildung ist grundsätzlich dem insolvenzfreien Bereich zuzuordnen.2 Die Frage nach der Außenwirkung von Verbandsbeschlüssen hat nur eine untergeordnete Bedeutung gegenüber der Frage nach dem Massebezug eines Beschlusses. So wird beispielsweise satzungsändernden Beschlüssen zwar zum Teil eine Außenwirkung generell abgesprochen, da sie nur Tatbestandsmerkmal einer Satzungsänderung seien und die Satzungsänderung wiederum nur Bedeutung für die Existenz des Verbandes habe. Eine Wirkung außerhalb des Verbandes entfalte die Satzungsänderung daher nicht, sodass nicht von einer Rechtswirkung gegenüber anderen gesprochen werden könne.3 Das ist für einen Massebezug satzungsändernder Beschlüsse aber unerheblich, da durch sie rechtswirksam Einfluss auf den Bestand des Verbandsvermögens und somit auch auf die Insolvenzmasse genommen werden kann.4 Es ist noch einmal zu vergegenwärtigen, dass mangelhafte Beschlüsse wirksam oder nichtig sein können. Laut der h. M. können nach der derzeitigen Rechtslage nur bei der Aktiengesellschaft, der Genossenschaft und der GmbH mangelhafte Beschlüsse wirksam, aber anfechtbar sein.5 Ein solcher Beschluss kann nur im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden, und ohne statthaftes Anfechtungsurteil ist eine Berufung auf den Beschlussmangel nicht möglich. Wird erfolgreich angefochten, so wirkt dies grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung zurück, sodass er wie im Falle der Nichtigkeit als von Anfang an unwirksam behandelt wird. Etwas anderes gilt für vollzogene Strukturbeschlüsse. Dort tritt die Wirkung ex nunc ein. Sofern die aktienrechtlichen Regelungen zur Nichtigkeit von Gesellschaftsbeschlüssen analog angewendet werden, können nichtige Beschlüsse zudem mit materiell gestaltender Wirkung rückwirkend auf den Zeitpunkt, in dem ein fehlerfreier 1

Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 190 f.; Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157 (166). 2 OLG München, Beschl. v. 14. 05. 2018 – 31 Wx 122/18, NZI 2018, 538, juris Rn. 36. 3 Slabschi, Die sogenannte rechtsmissbräuchliche Anfechtungsklage, S. 64. 4 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 192, Rn. 334. 5 Vgl. hierzu die Ausführungen unter Teil 2 B.I.1.; Teil 2 B.II.; Teil 2 B.III.; Teil 2 B.IV.; Teil 2 B.V.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Beschluss wirksam geworden wäre, heilen.6 Ist ein Beschluss anfechtbar, so kann er zwar nicht mit materiell-rechtlicher Wirkung heilen, die Anfechtungsfrist ist jedoch eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, sodass die Mangelhaftigkeit des Beschlusses nach dieser Frist nicht mehr im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden kann. Soweit die aktienrechtlichen Regelungen zur Anfechtbarkeit und zur Nichtigkeit keine Anwendung finden, ist eine Heilung durch Eintragung und Fristablauf nicht möglich. Dann kann das Recht zur Geltendmachung des Beschlussmangels nur verwirkt werden. Im Übrigen kann ein Beschlussmangel beseitigt werden, indem der Beschluss fehlerfrei wiederholt wird. Nach der Insolvenzeröffnung geht das Recht des Verbandes, sein Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Entgegen dem herrschenden Verständnis findet keine Funktionsteilung zwischen dem Insolvenzverwalter und der Mitgliederversammlung statt. Die Mitgliederversammlung ist Organ des insolventen Verbandes. Ihre Vertretungsbefugnisse bestehen weiterhin unbeschränkt fort. Ihre Möglichkeit, das Vermögen des Verbandes zu verwalten und darüber zu verfügen, wird nicht durch eine Kompetenzbeschränkung vermindert, sondern durch den Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verbandes über sein Vermögen. Die rechtliche Möglichkeit der Mitgliederversammlung als Verbandsorgan des insolventen Verbandes, über das Verbandsvermögen zu verfügen, ist durch das entsprechende rechtliche Können des Verbandes limitiert. Dementsprechend ist die Auswirkung der Insolvenz auf Beschlüsse der Mitgliederversammlung nicht auf gesellschaftsrechtlicher Ebene, sondern auf insolvenzrechtlicher Ebene zu suchen. Da ein Beschluss ein dem Verband zurechenbares Organhandeln ist, sind hierauf, wie bei jedem anderen Organhandeln auch7, die §§ 80 ff., 129 ff. InsO anwendbar.8 Für die Frage, ob die insolvenzrechtlichen Vorschriften dem Grunde nach anwendbar sind, ist es unerheblich, ob ein Beschluss mangelfrei, anfechtbar oder nichtig ist.9 Die Bedeutung der Beschlussmängel für das insolvenzrechtliche Instrumentarium besteht vielmehr in der Frage, welche konkrete Norm Anwendung findet. Gemäß § 81 InsO sind Beschlüsse, die nach der Insolvenzeröffnung vorgenommen wurden und Verfügungen im Sinne des § 81 InsO darstellen, unwirksam. Beschlüsse, die vor der Insolvenzeröffnung vorgenommen wurden und Rechtshandlungen des Verbandes im Sinne des § 129 InsO darstellen, unterliegen der Insolvenzanfechtung. Sowohl für die 6

Vgl. hierzu die Ausführungen unter Teil 2 B.I.3.b). Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 12; Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 6. 8 Bitter, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), vor § 64, Rn. 192; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1985 f.); Müller, ZGR 2004, 842 (849 f.); Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S.194, Rn. 338; Haas, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 60, Rn. 52 f.; Kautz, Die gesellschaftsrechtliche Neuordnung der GmbH im künftigen Insolvenzrecht, S. 102; Noack, Gesellschaftsrecht, S. 142, Rn. 336 f.; Ulmer, NJW 1983, 1697 (1702); Paulus, ZIP 1999, 2141 (2147). 9 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 54, 385. 7

Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

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Bestimmung, ob ein Beschluss vor oder nach der Insolvenzeröffnung vorgenommen wurde, als auch für die Berechnung des Anfechtungszeitraums der einzelnen Insolvenzanfechtungstatbestände ist § 140 InsO maßgebend, da die §§ 81 ff., 129 ff., 140 InsO miteinander korrespondieren. Das bedeutet, dass der Schutz von §§ 81 ff. InsO dort einsetzt, wo der Schutz der Insolvenzanfechtungstatbestände gemäß §§ 129 ff. InsO aufhört.10 Damit diese Korrespondenz zwischen §§ 81 ff. und 129 ff. InsO funktioniert, ist ein einheitliches Verständnis über den Zeitpunkt der Vornahme einer Verfügung im Sinne von § 81 InsO und den Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO erforderlich, zumal der Begriff der Rechtshandlung im Sinne von § 129 auch eine vorinsolvenzliche Verfügung im Sinne des § 81 InsO umfasst. Aus § 140 Abs. 1 InsO ergibt sich, dass eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen gilt, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob mit einem Beschluss über ein Recht des Verbandes im Sinne des § 81 InsO verfügt wurde, auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit des Beschlusses an.11 Hier ist die Unterscheidung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen relevant. Für die Frage, ob ein Anspruch gegen den Verband aufgrund eines Verbandsbeschlusses bereits vor einer Insolvenzeröffnung im Sinne des § 38 InsO begründet war, ist die Unterscheidung zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen ebenfalls von Bedeutung. Allgemein gilt, dass ein Anspruch im Sinne von § 38 InsO vor der Insolvenzeröffnung begründet ist, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt ist.12 Es muss also vor der Insolvenzeröffnung bereits eine gesicherte Anwartschaft auf eine Forderung entstanden sein.13 Dies setzt bei vertraglichen Ansprüchen den wirksamen Vertragsschluss und bei gesetzlichen Schuldverhältnissen das Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs voraus.14 Mithin muss der auf einem Verbandsbeschluss beruhende Anspruch dem Grunde nach bereits vor der Insolvenzeröffnung begründet sein. Handelt es sich beispielsweise um einen Beschluss, dessen Wirksamkeit von der Eintragung in das Handelsregister abhängt, so ist der Anspruch gemäß § 38 InsO auch dann bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet, wenn der Beschluss vor der Insolvenzeröffnung getroffen und zur Eintragung in das Handelsregister eingereicht wurde, aber erst nach der Insolvenzeröffnung in das Handelsregister eingetragen wird, da das Grundgeschäft gemäß § 38 10 Windel, in: Jaeger, InsO, § 81, Rn. 33; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 8; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 12. 11 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 8; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 9; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 9; Piekenbrock, in: A/G/R InsO, § 81, Rn. 12; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 15; Lüke, in: K/P/B, InsO, § 81, Rn. 11; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 18 f. 12 BVerwG, Urt. v. 19. 06. 2019 – 10 C 2/18, juris Rn. 13. 13 Vgl. Lüdtke, in: HambKomm InsO, § 38, Rn. 30; Büteröwe, in: K. Schmidt, InsO, § 38, Rn. 16; Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, § 38, Rn. 26; Pechartscheck, in: Gottwald, InsR-HB, § 19, Rn. 16. 14 Asmus Nebel, NVwZ 2015, 1392 (1395); Finke, KTS 2016, 367 (370).

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

InsO bereits vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossen war. Wird der Beschluss aber erst nach der Insolvenzeröffnung beim Handelsregister eingereicht, richtet sich der Anspruch ausschließlich gegen den insolventen Verband, da es sich bei der Einreichung um eine Potestativbedingung in der Sphäre des Verbandes als Insolvenzschuldner handelt und seinem Willensbereich jegliche Einflussnahme auf die Insolvenzmasse entzogen werden soll.15

A. Anfechtbare Beschlüsse Ein anfechtbarer Beschluss ist, vorbehaltlich der Erfüllung aller Wirksamkeitsvoraussetzungen, insbesondere einer erforderlichen Eintragung ins jeweilige Register, wirksam. Dementsprechend stellt ein vor der Insolvenzeröffnung gefasster anfechtbarer Beschluss keine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar. § 91 InsO vermag einem solchen Beschluss ebenfalls nicht die Wirksamkeit zu nehmen. § 91 Abs. 1 InsO erfasst insbesondere gestreckte Verfügungen. Dabei findet die Verfügung durch den Schuldner vor der Insolvenzeröffnung statt, und der Rechtserwerb erfolgt dann nach der Insolvenzeröffnung ohne Zutun des Schuldners. Tritt aufgrund eines anfechtbaren Beschlusses aber bereits vor der Insolvenzeröffnung der angestrebte Erfolg ein, weil der fehlerhafte Beschluss wirksam ist, dann liegt kein Fall des § 91 Abs. 1 InsO vor.16 Selbst bei einem Verständnis, wonach der anfechtbare Beschluss einer vor der Insolvenzeröffnung vorgenommenen Verfügung entspricht, die unter auflösender Bedingung stehe,17 ergibt sich nichts anderes. Der Eintritt einer Bedingung bleibt nämlich gemäß § 140 Abs. 3 InsO hinsichtlich des Zeitpunktes der Vornahme einer Rechtshandlung außer Betracht. Eine durch einen anfechtbaren Beschluss vor der Insolvenzeröffnung wirksam gewordene Verfügung unterfällt daher weder § 81 InsO noch § 91 Abs. 1 InsO, sondern unterliegt allenfalls der Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO.18 Dementsprechend resultiert aus einem vor der Insolvenzeröffnung gefassten Gewinnverwendungsbeschluss, durch den ein Anspruch auf Gewinnauszahlung gegen den Verband begründet wird, selbst dann eine Insolvenzforderung, wenn der Beschluss nicht nichtig, aber gemäß §§ 243, 246 AktG (ggf. analog) und § 51 GenG anfechtbar ist. Wird der Beschluss erfolgreich angefochten, so wird er aufgrund der Gestaltungswirkung des stattgebenden Urteils materiell-rechtlich rückwirkend nichtig. Diese materiell-rechtliche Rückwirkung des Gestaltungsurteils ist – entsprechend der Gestaltungswirkung einer Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB – gemäß § 140 InsO unerheblich. Daher ist im Rahmen der 15

Ehricke/Behme, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 38, Rn. 23. BGH, Urt. v. 11. 05. 2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363, juris Rn. 6. 17 Vgl. Rensen, Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH, Rn. 6, der die erfolgreiche Anfechtung im Sinne einer auflösenden Bedingung versteht. 18 Vgl. Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60, Rn. 160; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 21; Müller, in: MüKo GmbHG, § 64, Rn. 115 f.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 395; Schultze, DZWIR 2005, 56 (59). 16

A. Anfechtbare Beschlüsse

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insolvenzrechtlichen Vorschriften nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern auf den Zeitpunkt der formellen Rechtskraft des Urteils abzustellen. Insofern wird die Situation entsprechend dem Eintritt einer auflösenden Bedingung gemäß § 140 Abs. 3 InsO behandelt.19 Daraus ergibt sich für die nachfolgend exemplarisch dargestellten Beschlussgegenstände das Folgende:

I. Verfügender Ausgangsbeschluss i. S. d. § 81 InsO Durch einen Beschluss kann zunächst im Sinne von § 81 InsO über ein Recht des Verbandes verfügt werden. Zu nennen sind hier etwa die Firmenänderung und die Entlastung. 1. Firmenänderung Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften unterliegen bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens dem Firmenrecht des HGB.20 Die Änderung der Firma erfolgt in der werbenden Gesellschaft über einen satzungsändernden Beschluss, der mit Eintragung in das Handelsregister wirksam wird.21 Die Firma der Gesellschaft – genauer deren Firmenwert – fällt als ein Immaterialgüterrecht mit Vermögenswert in die Insolvenzmasse, sodass nach Insolvenzeröffnung nur der Insolvenzverwalter berechtigt ist, darüber zu verfügen.22 Hat der Insolvenzverwalter über die Firma verfügt, indem er sie mit dinglicher Wirkung gemäß §§ 413, 398 BGB23 übertragen hat, ist eine Ersatzfirma zu bilden, wenn der Erwerber nicht mit einem Weitergebrauch der Firma bis zur Vollbeendigung einverstanden ist.24 Hierbei war es umstritten, ob der Insolvenzverwalter ausgehend davon, dass der Firmenwert zur Insolvenzmasse gehört, eine Firmenänderung durchführen kann.25 Der BGH hat 19

Vgl. BGH, Urt. v. 06. 12. 2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280, juris Rn. 18 f.; Prosteder, NZI 2018, 509 (514); Bartels, in: K/P/B, InsO, § 140, Rn. 41. 20 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 175 f. 21 Zetzsche, in: KK AktG, § 179, Rn. 171; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 4, Rn. 25. 22 Hacker/Lilien-Waldau, NZI 2017, 787, 787; Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 17, Rn. 5, 47; BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 10; BGH, Beschl. v. 08. 07. 2004 – IX ZB 589/02, NZI 2004, 626, juris Rn. 8; BGH, Urt. v. 27. 09. 1982 – II ZR 51/82, BGHZ 85, 221, juris Rn. 6. 23 Heidinger, in: MüKo HGB, § 22, Rn. 33; Reuschle, in: E/B/J/S HGB, § 22, Rn. 27. 24 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 176 f.; Priester, DNotZ 2016, 892, 893; Heckschen, in: Reul/Heckschen/Wienberg, InsR, § 4, Rn. 51 f. 25 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 177; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 4, Rn. 3; Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 264, Rn. 23; Heidinger, in: MüKo HGB, § 22, Rn. 94 ff.; Heckschen, in: Reul/Heckschen/Wienberg, InsR, § 4, Rn. 48; Bäuerle, in: Braun, InsO, § 35, Rn. 114; Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 12, Rn. 51; Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 201 f.; Göb, in: Mohrbutter/Ringstmeier/Meyer,

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

dem nunmehr unter Verweis auf die Kompetenzordnung nach der Verdrängungslehre eine Absage erteilt. Die Firma gehört danach zwar zur Insolvenzmasse, sodass der Insolvenzverwalter darüber verfügen könne, weil es sich um eine dem Verdrängungsbereich zuzuordnende Angelegenheit handle. Gleichwohl bleibe es auch in der Insolvenz dabei, dass eine Firmenänderung nur durch einen satzungsändernden Beschluss erfolgen könne. Das Recht zu einer Satzungsänderung gehe weder gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über, noch trete er an die Stelle der Hauptversammlung. Die Ersatzfirma wird daher in der Regelinsolvenz ebenfalls im Wege eines satzungsändernden Beschlusses der Mitgliederversammlung geändert.26 Wenn die bisherige Firma des insolventen Verbandes zum Vermögen des Verbandes und damit zur Insolvenzmasse gehört, dann hängt die Wirksamkeit einer Verfügung hierüber nach der Insolvenzeröffnung gemäß § 81 InsO von der Zustimmung des Insolvenzverwalters ab. Da die Firmenänderung durch einen satzungsändernden Beschluss der Mitgliederversammlung als Organ des Verbandes erfolgt27, stellt insoweit der satzungsändernde Beschluss die dem Verband zurechenbare Verfügung dar.28 Das Zustimmungserfordernis des Insolvenzverwalters folgt dabei aus der Beschränkung der Verfügungsbefugnis des insolventen Verbandes gemäß §§ 80, 81 Abs. 1 InsO i. V. m. § 182, 185 BGB (analog)29 und nicht aus einer teleologischen Reduktion der gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur Satzungsänderung wie § 179 Abs. 1 Satz 1 AktG oder § 54 Abs. 1 GmbHG.30 Hat der Insolvenzverwalter die Firma veräußert, wurde der Vermögenswert der Firma realisiert, sodass mit der Bildung einer Ersatzfirma nicht mehr über den Firmenwert verfügt werden kann. Die Bildung der Ersatzfirma fällt daher nicht unter § 81 InsO.31 Insolvenzverwaltung, Kap. 27, Rn. 35; OLG Hamm, Beschl. v. 22. 12. 2017 – I-27 W 144/17, 27 W 144/17, ZIP 2018, 596, juris Rn. 9 f. KG Berlin, Beschl. v. 10. 07. 2017 – 22 W 47/17, NZG 2017, 1113, juris Rn. 10; a. A. OLG München, Beschl. v. 30. 05. 2016 – 31 Wx 38/16, NJW-RR 2016, 1053, juris Rn. 10; Leuering, NJW 2016, 3265, 3268; Kayser, in: HK-InsO, § 80, Rn. 53; Jenal, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 31, Rn. 101; Heinze, in: MüKo GmbHG, § 4, Rn. 135. 26 BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 26 f. 27 BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 24 f.; vgl. auch Habersack, in: MüKo BGB, § 781, Rn. 22. 28 Vgl. KG Berlin, Beschl. v. 03. 03. 2014 – 12 W 145/13, ZIP 2014, 1644, juris Rn. 13; BGH, Beschl. v. 08. 07. 2004 – IX ZB 589/02, NZI 2004, 626, juris Rn. 9; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08. 01. 1993 – 4 W 28/92, NJW 1993, 1931; Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 202, Rn. 354; Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 78; Heinze, in: MüKo GmbHG, § 4, Rn. 135. 29 Vgl. Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 81, Rn. 15; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, Rn. 245; Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 17; Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 81, Rn. 15; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 81, Rn. 30; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 17; Kroth, in: Braun, InsO, § 81, Rn. 7; Piekenbrock, in: A/G/R InsO, § 81, Rn. 21; Wimmer-Amend, in: FK-InsO, § 81, Rn. 27 ff.; Plathner, in: KK-InsO, § 81, Rn. 8; KG Berlin, Beschl. v. 03. 03. 2014 – 12 W 145/13, ZIP 2014, 1644, juris Rn. 19. 30 So aber Rieländer, ZHR 2020, 507 (523). 31 Noack, Gesellschaftsrecht, S. 143, Rn. 339.

A. Anfechtbare Beschlüsse

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Es ist zweifelhaft, ob mit der Ersatzfirma ein neuer Vermögenswert geschaffen wird. Ist dies ausnahmsweise dennoch der Fall, gehört er als Neuerwerb wiederum zur Insolvenzmasse. Eine nachträgliche Änderung der Ersatzfirma durch die Hauptversammlung unterfällt dann wiederum § 81 InsO. Daraus folgt, dass der Verband, vertreten durch die Mitgliederversammlung, nur außerhalb des Insolvenzverfahrens über seine ursprüngliche Firma ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters verfügen kann. Das hat Bedeutung für die Möglichkeit der Heilung des Beschlusses durch die Verbandsversammlung. Die Neuvornahme des anfechtbaren Beschlusses über die Firmenänderung stellt zunächst eine Ersetzung des fehlerhaften, aber wirksamen Beschlusses durch einen neuen fehlerfreien Beschluss dar.32 Diese Ersetzung fällt, wie eine erstmalige Firmenänderung, unter § 81 InsO und ist daher unwirksam. Unter Umständen wird ausdrücklich bestimmt bzw. ist eine dahingehende Auslegung möglich, dass der Beschluss über die erstmalige Firmenänderung nicht nur obsolet sein, sondern auch aufgehoben werden soll.33 Grundsätzlich wäre nunmehr daran zu denken, dass die Aufhebung des ursprünglich fehlerhaften Beschlusses über die Firmenänderung wirksam bleibt und damit Bestand hat. Allerdings ist ein anfechtbarer Beschluss über die Firmenänderung gleichwohl wirksam, und so wurde gegebenenfalls mit der neuen Firma ein Vermögenswert geschaffen, der ebenfalls zur Insolvenzmasse gehört. Die Aufhebung des ursprünglichen Beschlusses über die Firmenänderung stellt somit gleichfalls eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar, die ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters unwirksam ist. Es spielt insofern keine Rolle, ob die alte Firma wertvoller war als die neue, da die Entscheidung über den Umgang mit Vermögensgegenständen, die vom Insolvenzbeschlag umfasst sind, allein beim Insolvenzverwalter liegt. Dementsprechend hängt die Wirksamkeit des Beschlusses über die erneute Firmenänderung von der Genehmigung des Insolvenzverwalters ab. Ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters verbleibt der Mitgliederversammlung nur die Möglichkeit, den Beschluss über die Firmenänderung gemäß § 244 Satz 1 AktG34 zu bestätigen. Der Bestätigungsbeschluss stellt keine neue Verfügung dar. Die Verfügung besteht weiterhin in der ursprünglichen wirksamen – wenn auch fehlerhaften – Firmenänderung.35 Eine derartige – fehlerfreie – Bestätigung ist allerdings grundsätzlich nur bei formalen Fehlern möglich, da der Bestätigungsbeschluss mit dem Ausgangsbeschluss identisch sein muss. Das würde bei einem inhaltlichen Fehler dazu führen, dass der Bestätigungsbeschluss zwangsläufig ebenfalls fehlerhaft wäre.36 Ist der Beschluss inhaltlich nicht identisch, so handelt es sich nicht um eine Bestätigung, sondern um eine Neuvornahme.37 32 33 34 35 36

Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 244, Rn. 3. Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 244, Rn. 16. Bei der GmbH und der Genossenschaft in analoger Anwendung. Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 244, Rn. 6. Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 244, Rn. 6.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

2. Entlastung Bei der Entlastung handelt es sich um „eine einseitige organschaftliche Erklärung, durch die ein Personenverband die Amtsführung seitens seiner Verwaltungsorgane billigt“.38 Dies an sich ist grundsätzlich ein verbandspolitischer Akt, der die Insolvenzmasse nicht tangiert. Bedeutung für die Insolvenzmasse hat jedoch die Präklusionswirkung einer Entlastung, die zwar nicht bei der Aktiengesellschaft (§ 120 Abs. 2 Satz 2 AktG), dafür aber bei der GmbH, beim Verein, bei der Genossenschaft und bei Personengesellschaften nach h. M. zum Wegfall von Schadensersatzansprüchen gegenüber den Mitgliedern der Verwaltungsorgane führen kann.39 Da die Präklusionswirkung nicht der Gegenstand, sondern nur eine Folge des Entlastungsbeschlusses sein kann, sind die Gesellschafter – und nicht der Insolvenzverwalter – nach Insolvenzeröffnung weiterhin berechtigt, einen Entlastungsbeschluss zu treffen. Der Beschluss entfaltet grundsätzlich weiterhin eine Präklusionswirkung, jedoch wird diese durch § 81 InsO aufgehoben, da es sich insoweit um eine Verfügung über einen Massegegenstand in Form der Schadensersatzansprüche gegenüber den Mitgliedern des Verwaltungsorgans handelt.40 Damit kann ein vor der Insolvenzeröffnung gefasster Entlastungsbeschluss, der wirksam, aber anfechtbar ist, nach der Insolvenzeröffnung bezüglich der Präklusionswirkung entsprechend den Ausführungen zur Firmenänderung nur im Wege der Bestätigung geheilt werden.

II. Anspruchsbegründender Ausgangsbeschluss Durch einen Beschluss können Rechte des Verbandes gegen seine Mitglieder begründet werden. Für die Aktiengesellschaft, die Genossenschaft und die GmbH wären etwa Beschlüsse über eine Kapitalerhöhung, eine Erhöhung der Beiträge, die 37 Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 244, Rn. 6; Raiser, in: U/H/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 162; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 244, Rn. 6; davon abzugrenzen ist die Frage über die Bildung einer Ersatzfirma nachdem der Insolvenzverwalter die ursprüngliche Firma veräußert hat. Diese Maßnahme gehört zum insolvenzfreien Bereich und stellt daher keine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar. In den meisten Fällen ist dabei auch nicht davon auszugehen, dass der in der Insolvenz begründeten Ersatzfirma ein Vermögenswert zukommt, der es rechtfertigen würde, sie als Neuerwerb zur Insolvenzmasse zu zählen. Sie stellt dann insolvenzfreies Vermögen dar, dass der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verbandes unterliegt. 38 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 VI 1. 39 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 VI 2; Liebscher, in: MüKo GmbHG, § 46, Rn. 144; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 46, Rn. 26; Sieg/Zeidler, in: Hauschka/ Moosmayer/Lösler, Corporate Compliance, § 3, Rn. 72 f.; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs, GenG, § 48, Rn. 16 f.; Drescher, in: E/B/J/S, HGB, § 114, Rn. 44; Lieder, in: Oetker, HGB, § 114, Rn. 44; Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, Rn. 289. 40 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 207, Rn. 362; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 166 f.; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 189; Karsten Schmidt, KTS 2001, 373 (376); Bitter, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), vor § 64, Rn. 193.

A. Anfechtbare Beschlüsse

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Einforderung von Nachschüssen oder die Einführung einer Nachschusspflicht für den Insolvenzfall zu nennen. 1. Kapitalerhöhung in der AG und GmbH Durch eine Kapitalerhöhung wird das Grund- bzw. Stammkapital des Verbandes erweitert. Die Kapitalerhöhung kann gegen Einlagen oder aus Gesellschaftsmitteln erfolgen. Der Unterschied besteht darin, dass dem Verband bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen neue Mittel (die Einlagen) von denjenigen zugeführt werden, die sich an der Erhöhung beteiligen wollen. Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wird hingegen lediglich das Vermögen der Gesellschaft, das über die Summe aus Fremdverbindlichkeiten und Grund- bzw. Stammkapital hinausgeht, in Grund- bzw. Stammkapital umgewandelt.41 Auf die Insolvenzmasse kann sich damit nur die Kapitalerhöhung gegen Einlagen auswirken, da sie in Höhe des Betrags, der der Gesellschaft zugeführt wird, erhöht wird. Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln geht es dagegen lediglich um die Veränderung einer Buchposition, ohne dass auf das real vorhandene Vermögen der Gesellschaft eingewirkt wird, sodass diese Maßnahme masseneutral ist.42 Daher konzentrieren sich die folgenden Untersuchungen auf die Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Das gesetzliche Leitbild zum Ablauf einer Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft unterscheidet sich von dem bei einer GmbH.43 Die Kapitalerhöhung in einer Aktiengesellschaft beginnt gemäß § 182 Abs. 1 AktG zunächst mit einem Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung. Dieser dokumentiert jedoch lediglich den Willen, eine Kapitalerhöhung durchzuführen.44 Der Kapitalerhöhungsbeschluss ist dann gemäß § 184 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Anschließend erfolgt die Zeichnung der neuen Aktien gemäß § 185 AktG, auf die der gesetzliche Mindestbeitrag zu leisten ist (vgl. § 188 Abs. 2 AktG). Nach der Leistung der Mindesteinlage ist die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals gemäß § 188 AktG zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Gemäß § 189 AktG wird die Erhöhung erst mit dieser Eintragung wirksam. Erst dann ist das Grundkapital erhöht, die Satzung materiell geändert und sind die neuen Mitgliedschaftsrechte der Zeichner entstanden.45 Gemäß § 191 AktG dürfen erst jetzt neue Aktien herausgegeben werden.46 Ausgangspunkt des Leitbilds zum Ablauf einer Kapitalerhöhung bei der GmbH ist ein Kapitalerhöhungsbeschluss gemäß § 53 GmbHG. Dieser allein erhöht aber 41

Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 287 f. Müller, ZGR 2004, 842 (844). 43 Die Leitbilder sind aber nicht zwingend: Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 55, Rn. 39. 44 Koch, AktG, § 182, Rn. 6. 45 Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 182, Rn. 5. 46 Darstellung nach Koch, AktG, § 182, Rn. 4. 42

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

noch nicht die Stammkapitalziffer. Vielmehr formuliert er nur den Wunsch der GmbH, das Stammkapital heraufzusetzen.47 Es folgt die Übernahme der Stammeinlagen auf das erhöhte Kapital gemäß § 55 GmbHG, dann die Einzahlung der Mindesteinlage auf das erhöhte Kapital gemäß § 56a GmbHG, dann die Anmeldung der Kapitalerhöhung beim Handelsregister, bestehend aus dem Antrag auf Eintragung der Kapitalerhöhung in das Register (§ 57 Abs. 1 GmbHG) und der Versicherung der Geschäftsführung, dass die Mindesteinlagen auf das erhöhte Kapital eingezahlt wurden (§ 57 Abs. 2 GmbHG)48. Schließlich erfolgt die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG.49 Der Unterschied zwischen einer Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft und einer GmbH besteht somit darin, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss bei einer GmbH erst nach Durchführung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister eingetragen werden kann, während dies bei der Aktiengesellschaft bereits davor möglich ist. Der Grund dafür ist, dass in der Aktiengesellschaft die Durchführung der Kapitalerhöhung ein eigenständig einzutragender Akt ist.50 In der Praxis sind sich die Abläufe in den beiden Gesellschaftsformen allerdings ähnlich, da auch bei Aktiengesellschaften der Kapitalerhöhungsbeschluss üblicherweise erst nach der Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister angemeldet wird.51 Die Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals wird also gemäß § 188 Abs. 4 AktG mit der Anmeldung und Eintragung des Beschlusses über die Erhöhung verbunden. Eine Kapitalerhöhung gegen Einlage kann auch noch nach einer Insolvenzeröffnung durchgeführt werden.52 Sie ist aus insolvenzrechtlicher Sicht grundsätzlich positiv. Sowohl die Einzahlungen und die Forderungen auf Leistung der Einlage aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung als auch aus der Zeit nach der Insolvenzeröffnung (Neuerwerb) fallen in die Insolvenzmasse.53 Der Beschluss über die Kapitalerhöhung obliegt dabei nach wie vor der Gesellschafterversammlung und nicht dem Insolvenzverwalter.54 Ist der Beschluss daher anfechtbar, so ist auch nach der Insolvenzeröffnung sowohl dessen Neuvornahme als auch dessen Bestätigung gemäß § 244 Satz 1 AktG (für die GmbH analog)55 möglich. Während sich allerdings mit der Bestätigung nichts an der mit dem Ausgangsbeschluss verbundenen Anspruchsbe47

Schwaiger, in: Beck’sches Hb. GmbH, § 7, Rn. 31. Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 57, Rn. 10. 49 Darstellung nach Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1986). 50 Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 57, Rn. 2. 51 Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 182, Rn. 4. 52 Gummert, in: Henssler/Strohn, GesR, § 55 GmbHG, Rn. 10; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1987); Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 179 f. 53 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 203, Rn. 355; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 112b; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1987); Hans-Friedrich Müller, ZGR 2004, 842 (843 f.). 54 Kuntz, DStR 2006, 519 (520) m. w. N. 55 Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 214. 48

A. Anfechtbare Beschlüsse

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gründung ändert, erscheint die Neuvornahme für die Insolvenzmasse vorteilhaft zu sein, weil damit ein neues Recht des Verbandes begründet wird, das als Neuerwerb in die Masse fällt. Allerdings stellt sich bei einer Neuvornahme die Frage, was aus dem ursprünglichen Beschluss wird. Schließlich ist durch den anfechtbaren Beschluss unabhängig von der Anfechtbarkeit wirksam ein Recht des Verbandes begründet worden. Hier ist erneut zu berücksichtigen, dass dem Schuldner jegliche Einwirkung auf die Insolvenzmasse gemäß § 81 InsO verwehrt ist. Das hat zur Folge, dass durch die Neuvornahme die Ansprüche der Gesellschaft aus dem Erstbeschluss gemäß § 81 Abs. 1 InsO weder für obsolet erklärt noch aufgehoben werden können. Mithin hätte die Neuvornahme ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Aufhebung des Erstbeschlusses zur Folge, dass gegebenenfalls die Leistung gegenüber dem Insolvenzverwalter doppelt zu erbringen ist.56 Dementsprechend stellt sich aus insolvenzrechtlicher Sicht vor allem die Frage, inwiefern eine durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss begonnene Kapitalerhöhung nach Insolvenzeröffnung abgebrochen bzw. rückgängig gemacht werden kann. Mit Blick auf den potenziellen Einflussbereich der Gesellschaft wird dies insbesondere für eine Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses durch die Gesellschafterversammlung und für die Rücknahme der Anmeldung(en) zum Handelsregister diskutiert.57 Für die Thematik dieser Arbeit ist dabei die Möglichkeit einer Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses von vorrangigem Interesse. Hinsichtlich der Aufhebung eines Kapitalerhöhungsbeschlusses sind bei einer Aktiengesellschaft die drei Phasen (1) vor Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses (§ 184 AktG), (2) nach Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses und vor Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung sowie (3) nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 188 AktG) zu unterscheiden. Nur in den ersten beiden Phasen handelt es sich tatsächlich um eine Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses. In der dritten Phase, also nach Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung, ist die Kapitalerhöhung gemäß § 189 AktG wirksam und kann nur noch im Wege einer Kapitalherabsetzung rückgängig gemacht werden.58 Bei einer GmbH unterteilt sich der Ablauf einer Kapitalerhöhung in zwei Phasen, da die Kapitalerhöhung dort gemäß §§ 54 Abs. 3, 57 Abs. 1 GmbHG erst nach ihrer Durchführung eingetragen werden kann.59 Aber auch hier handelt es sich nur in der Zeit bis zur Eintragung um eine Aufhebung des Beschlusses, während ab der Ein-

56 Vgl. zum Risiko der doppelten Kapitalerhöhung bei einer Neuvornahme außerhalb der Insolvenz Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 244, Rn. 1; Koch, AktG, § 244, Rn. 1. 57 Vgl. Koch, AktG, § 182, Rn. 32; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1987); Kuntz, DStR 2006, 519 (522); Müller, ZGR 2004, 842 (851 f.); BGH, Urt. v. 07. 11. 1994 – II ZR 248/93, NJW 1995, 460, juris Rn. 7. 58 Koch, AktG, § 182, Rn. 16; Sickinger/Kuthe, in: MAH AktienR, § 33, Rn. 68; Ekkenga, in: KK AktG, § 182, Rn. 83 f. 59 Hermanns, in: Michalski, GmbHG, § 57, Rn. 2.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

tragung ebenfalls eine Kapitalherabsetzung entsprechend § 58 GmbHG durchzuführen ist, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss rückgängig gemacht werden soll.60 a) Rückgängigmachung einer wirksamen Kapitalerhöhung in Insolvenz Die Gesellschafterversammlung kann das Stammkapital der Gesellschaft durch einen satzungsändernden Beschluss herabsetzen (vgl. §§ 222 – 240 AktG; § 58 GmbHG). Dabei wird zwischen einer sog. „nominellen“ und einer sog. „effektiven“ Kapitalherabsetzung unterschieden. Während bei einer effektiven Kapitalherabsetzung das Betriebskapital der Gesellschaft, das nicht mehr benötigt wird, freigesetzt wird, um es etwa an die Gesellschafter auszuschütten, wird bei einer nominellen Kapitalherabsetzung eine rein bilanzielle Angleichung an das durch Verluste geschrumpfte tatsächliche Vermögen vorgenommen.61 Für die Frage des Massebezugs ist daher die effektive Kapitalherabsetzung relevant. Es wird nämlich vertreten, dass ein Beschluss über eine effektive Kapitalherabsetzung nach einer Insolvenzeröffnung gemäß § 81 Abs. 1 InsO unwirksam sei, da jegliche Zahlung an die Gesellschafter oder der Erlass der Einlageleistung das unter Insolvenzbeschlag stehende Gesellschaftsvermögen vermindern würde.62 Dieser Auffassung kann jedoch nicht zugestimmt werden, da sie den Beschluss über die effektive Kapitalherabsetzung mit der Durchführung der Kapitalherabsetzung vermengt. Zwar ist im Beschluss über die Kapitalherabsetzung der Zweck, wie etwa die Rückzahlung oder der Erlass der Einlagen, anzugeben.63 Damit tritt jedoch noch keine Verfügung über das Gesellschaftsvermögen gemäß § 81 Abs. 1 InsO ein. Besteht der Zweck in einer (teilweisen) Rückzahlung der Einlagen, entsteht zunächst lediglich ein Zahlungsanspruch der Gesellschafter, der gemäß § 225 Abs. 1 AktG einerseits auf sechs Monate aufschiebend befristet und andererseits hinsichtlich der Befriedigung und Sicherung der Gläubiger aufschiebend bedingt ist.64 Deshalb wirkt der Beschluss lediglich wie ein Verpflichtungsgeschäft, das nicht unter § 81 Abs. 1 InsO fällt und die Masse auch nicht belastet. Von § 81 Abs. 1 InsO ist dann erst die Zahlung aus dem Vermögen, das dem Insolvenzbeschlag unterliegt, erfasst. Entsprechend verhält es sich, wenn der Zweck der Kapitalherabsetzung in dem Erlass der Einlagepflicht besteht. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss stellt ebenfalls lediglich das Kausalgeschäft für den nachfolgenden Erlassvertrag als Verfügung im Sinne von § 81 Abs. 1 InsO dar.65 Ein Erlassvertrag ist ebenso wie der Auszahlungsanspruch aufschiebend bedingt.66 60

Priester/Tebben, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 55, Rn. 36. Terbrack, RNotZ 2003, 90, 90. 62 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren; ähnlich Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, S. 32, Rn. 102; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 195, wobei jedoch nicht zwischen dem Beschluss und der Durchführung differenziert wird. 63 Jung/Otto, in: Beck’sches Hb. GmbH, § 8, Rn. 126. 64 Oechsler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 225, Rn. 31. 65 Vgl. Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 58, Rn. 41; Pöschke, NZG 2017, 1408, 1408; Oechsler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 225, Rn. 31. 61

A. Anfechtbare Beschlüsse

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Daraus folgt, dass in den beiden genannten Fällen vor einer Insolvenzeröffnung aus dem Beschluss über die effektive Kapitalherabsetzung eine (bedingte) Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern auf Rückzahlung der Einlage oder auf Abschluss eines Erlassvertrages entsteht. Diese Verbindlichkeiten gehören nach der Insolvenzeröffnung zur Passivmasse. Fasst die Gesellschafterversammlung nach der Insolvenzeröffnung derartige Beschlüsse, so resultieren daraus weder Masseforderungen noch Insolvenzforderungen. Stattdessen richten sich die Ansprüche gegen die insolvente Gesellschaft, die sie einerseits mangels liquider Mittel und andererseits mangels Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen nicht erfüllen kann. Wird der Beschluss über die Kapitalherabsetzung vor der Insolvenzeröffnung getroffen und auch bereits beim Handelsregister eingereicht, aber erst nach der Insolvenzeröffnung in das Handelsregister eingetragen, richten sich die Ansprüche als Insolvenzforderungen gegen den Insolvenzverwalter, da das Grundgeschäft gemäß § 38 InsO vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossen war. Allerdings ist der Anspruch hinsichtlich der Befriedigung der Gläubiger aufschiebend bedingt, sodass ihm in der Insolvenz regelmäßig keine Bedeutung mehr zukommt. Wird der Beschluss erst nach der Insolvenzeröffnung beim Handelsregister eingereicht, richtet sich der Anspruch ausschließlich gegen die insolvente Gesellschaft, da es sich bei der Einreichung um eine Potestativbedingung in der Sphäre der Gesellschaft als Insolvenzschuldnerin handelt und ihrem Willensbereich jegliche Einflussnahme auf die Insolvenzmasse entzogen werden soll.67 Auch eine Rückgängigmachung der wirksamen Kapitalerhöhung im Wege einer Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses scheidet aus. Die Kapitalerhöhung wurde zu diesem Zeitpunkt durchgeführt, sodass das stattgebende Anfechtungsurteil nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung zurückwirkt. Mithin gilt die Kapitalerhöhung mit allen daraus resultierenden Rechten und Pflichten bis zur formellen Rechtskraft des Anfechtungsurteils als wirksam. Ausstehende Einlagen sind mithin weiterhin zu leisten.68 Der Anspruch auf Rückgewähr der Einlage stellt weder eine Insolvenzforderung noch eine Masseforderung dar, weil es sich bei den Einlagen um haftendes Kapital des Verbandes handelt.69 Ansprüche auf Rückgewähr der Einlage dürfen daher, auch im Falle der wirksamen Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses, erst nach den Ansprüchen der sonstigen Gläubiger befriedigt werden.70

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Oechsler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 225, Rn. 31. Ehricke/Behme, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 38, Rn. 23. 68 Vgl. hierzu die Ausführung zur (rückwirkenden) Nichtigkeit von Strukturmaßnahmen unter Teil 2 B.I.3.b)bb). 69 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 143; Peters, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 35, Rn. 268. 70 LG Hamburg, Urt. v. 16. 03. 2018 – 301 O 172/15, juris Rn. 23 f.; bestätigt durch OLG Hamburg, Beschl. v. 04. 09. 2018 – 11 U 104/18, juris Rn. 5. 67

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

b) Abbruch einer Kapitalerhöhung durch Widerruf Die Bedeutung der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses für das Insolvenzverfahren erschließt sich nicht ohne Weiteres, nachdem zuvor darauf hingewiesen wurde, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss lediglich den Willen zur Durchführung der Kapitalerhöhung darstellt. Eine Verpflichtung der Inferenten zur Leistung des erhöhten Kapitals begründet er damit nämlich gerade nicht.71 Stattdessen entsteht die Zahlungspflicht erst mit Übernahme der neuen Anteile bzw. der Zeichnung der neuen Aktien.72 Die Übernahme und die Zeichnung erfolgen durch Abschluss eines Übernahme- bzw. eines Zeichnungsvertrages zwischen der Gesellschaft und dem Inferenten73, sodass zwei unterschiedliche Rechtsgeschäfte vorliegen. Da der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlage nicht aus dem Kapitalerhöhungsbeschluss, sondern aus dem Übernahme- bzw. Zeichnungsvertrag entspringt, stellt sich die Frage nach der rechtlichen Verknüpfung dieser beiden Rechtsgeschäfte. Für die Vertreter74 der Auffassung, nach der der Kapitalerhöhungsbeschluss unter der auflösenden Bedingung steht, dass kein Insolvenzverfahren eröffnet wird, stellt sich hier kein besonderes Problem. Nach ihnen verliert der Kapitalerhöhungsbeschluss nämlich mit der Insolvenzeröffnung seine Wirkung, wenn die Kapitalerhöhung nicht ausdrücklich zur Überwindung einer damals noch bevorstehenden Insolvenz gefasst wurde. Werde der Kapitalerhöhungsbeschluss daher von den Gesellschaftern nach der Insolvenzeröffnung nicht bestätigt, sei er endgültig unwirksam. Das habe zur Folge, dass die Kapitalerhöhung scheitere und die Inferenten von ihrer Einlagepflicht aus dem Zeichnungs- bzw. Übernahmevertrag gemäß § 275 BGB frei würden. Die heute h. M. geht demgegenüber davon aus, dass die Wirksamkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt bleibt.75 Dadurch müssen sich deren Vertreter der Frage stellen, ob die Gesellschafter 71

Schwaiger, in: Beck’sches Hb. GmbH, § 7, Rn. 31. BGH, Urt. v. 03. 11. 2015 – II ZR 13/14, NJW 2015, 3786, juris Rn. 16; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 55, Rn. 33; Koch, AktG, § 185, Rn. 24; die Frage, ob die Pflicht zur Leistung der Einlage erst im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung eintritt, wenn sie vor dieser erfolgt ist, braucht hier nicht aufgegriffen zu werden, da die hiesige Fragestellung das Vorliegen des Kapitalerhöhungsbeschlusses voraussetzt. Vgl. zu der angesprochenen Fragestellung: Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 55, Rn. 39. 73 Priester/Tebben, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 55, Rn. 72 f.; Ulmer/Casper, in: U/H/ L, GmbHG, § 55, Rn. 71 f.; Saß, RNotZ 2016, 213 (216); Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 185, Rn. 9. 74 Ziemons, in: BeckOK GmbHG, § 55, Rn. 22; Lutter, in: Festschrift Schilling, S. 207 (220); ähnlich: Robrecht, GmbHR 1982, 126 (128); Wiedemann, in: GK AktG (4. Aufl.), § 182, Rn. 95. 75 Vgl. BGH, Urt. v. 07. 11. 1994 – II ZR 248/93, NJW 1995, 460, juris Rn. 7; Müller, ZGR 2004, 842 (851); Ulmer/Casper, in: U/H/L, GmbHG, § 55, Rn. 36; Servatius, in: BeckOGK AktG, § 182, Rn. 91; Priester/Tebben, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 55, Rn. 33; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55, Rn. 33; Wank, GmbHR, 717 (719); 72

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berechtigt sind, den Kapitalerhöhungsbeschluss nach der Insolvenzeröffnung aufzuheben. Nach Müller76 sind die Gesellschafter nicht berechtigt, den Kapitalerhöhungsbeschluss nach Abschluss von Übernahme- oder Zeichnungsverträgen aufzuheben. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass mit dem Abschluss der Übernahme- bzw. der Zeichnungsverträge der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlage entstehe. Zwar stünden die Übernahme- bzw. Zeichnungsverträge gemäß § 158 Abs. 2 BGB unter der auflösenden Bedingung, dass die Kapitalerhöhung wirksam sei, jedoch gehöre der auflösend bedingte Anspruch ebenfalls zur Insolvenzmasse. Nach Abschluss der Übernahme- bzw. der Zeichnungsverträge falle die weitere Durchführung der Kapitalerhöhung daher in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Daraus folge einerseits, dass der Insolvenzverwalter – wie bei der Anmeldung einer Ersatzfirma – zur Anmeldung der Kapitalerhöhung berechtigt sei, und andererseits, dass die Gesellschafter den Kapitalerhöhungsbeschluss nicht mehr aufheben dürften. Höben die Gesellschafter daher den Kapitalerhöhungsbeschluss nach der Übernahme bzw. nach der Zeichnung der Anteile auf, so würde die auflösende Bedingung der Übernahme- bzw. der Zeichnungsverträge eintreten und die Inferenten würden frei von ihrer Einlagepflicht. Bereits geleistete Einlagen könnten kondiziert werden. Damit stelle die Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nach der Insolvenzeröffnung einen (unzulässigen) unmittelbaren Eingriff in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters aus § 80 InsO dar.77 Ähnlich argumentieren Gundlach, Frenzel und Schmidt78. Sie meinen, dass die Unterscheidung zwischen der Bindungswirkung der Zeichnungs- bzw. Übernahmeverträge und jener des Kapitalerhöhungsbeschlusses nur theoretischer Natur sei, da die Kapitalerhöhungsbeschlüsse in der Praxis häufig mit dem Abschluss der Zeichnungs- bzw. Übernahmeverträge verbunden würden. Insofern könne die Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses Auswirkungen auf die Wirksamkeit der bereits abgeschlossenen Verträge haben. Dies korrespondiere im Ergebnis mit der Ansicht, die den Gesellschaftern in der Insolvenz der Gesellschaft ein Kündigungsrecht hinsichtlich der Übernahme- bzw. Zeichnungsverträge zubillige. Insgesamt zeige sich daher, dass mit der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses eigentlich die abgeschlossenen Übernahme- bzw. Zeichnungsverträge zu Fall gebracht werden sollen.

Ekkenga, in: KK AktG, § 182, Rn. 101; Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 182, Rn. 93; Kuntz, DStR 2006, 519 (521 f.); Götze, ZIP 2002, 2204 (2206). 76 Müller, ZGR 2004, 842 (848 f., 851 f.). 77 Zustimmend Stöber, ZInsO 2012, 1811 (1815 f.); Servatius, in: BeckOGK AktG, § 182, Rn. 92.3; hinsichtlich der GmbH aber mit h. M. a. A. Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 55, Rn. 5, 37. 78 Gundlach u. a., NZI 2007, 692 (693).

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Die h. M. spricht sich demgegenüber dafür aus, dass ein Kapitalerhöhungsbeschluss auch nach einer Insolvenzeröffnung bis zum Wirksamwerden der Kapitalerhöhung (GmbH: Eintragung Kapitalerhöhungsbeschluss79; AG: Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung80) aufgehoben werden kann. Das Ergebnis der h. M. wird damit begründet, dass der Kapitalerhöhungsbeschluss als Satzungsänderung erst mit der Eintragung im Handelsregister (bzw. nach der Eintragung der Durchführung) rechtliche Wirkung entfalte. Zuvor verlasse der Kapitalerhöhungsbeschluss nicht den gesellschaftsrechtlichen Bereich der Gesellschaft und unterfalle deshalb nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Solange die Handelsregistereintragung noch ausstehe, verschaffe der Kapitalerhöhungsbeschluss der Insolvenzmasse daher weder ein Recht noch eine Anwartschaft, sondern allenfalls die rein tatsächliche Aussicht auf einen endgültigen Erwerb neuer Einlageforderungen. Werde die Kapitalerhöhung daher mangels Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses oder der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung nicht wirksam, so sei auch die Übernahme- bzw. Zeichnungserklärung unwirksam. Der Insolvenzverwalter könne die Gesellschafter schließlich nicht zwingen, gegen ihren Willen Kapitalerhöhungen durchzuführen. Deshalb liege in der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses vor dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung keine unzulässige Masseschmälerung.81 Ekkenga und Becker argumentieren, dass die Zeichner bzw. Übernehmer im Falle der Insolvenz aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB unabhängig von der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses vom Zeichnungs- bzw. Übernahmevertrag zurücktreten könnten. Im Fall eines Rücktritts falle die Einlageforderung daher nicht in die Insolvenzmasse. Konsequenterweise könne dann die Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht gegen § 80 InsO verstoßen.82 Kuntz gibt schließlich zu bedenken, dass es sich nicht nur um die Frage handele, ob zulasten der Gläubiger die Masse geschmälert werde. Gleichzeitig stehe nämlich die Freiheit der Gesellschafter infrage, mittels eines Kapitalerhöhungsbeschlusses oder dessen Aufhebung über die Anzahl der künftigen Anteilsinhaber und die Gesellschafterstruktur zu entscheiden. Diese Entscheidung könne nur von ihnen getroffen werden und sei eines ihrer 79 BGH, Urt. v. 07. 11. 1994 – II ZR 248/93, NJW 1995, 460, juris Rn. 7; OLG Zweibrücken, Urt. v. 12. 12. 2013 – 4 U 39/13, NZG 2014, 472, juris Rn. 24; Priester/Tebben, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 55, Rn. 33, 36; Ulmer/Casper, in: U/H/L, GmbHG, § 55, Rn. 36; Lieder, in: MüKo GmbHG, § 55, Rn. 77; Kuntz, DStR 2006, 519 (521 f.); Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 55, Rn. 5; Schnorbus, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 55, Rn. 27; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 55, Rn. 44. 80 Schürnbrand/Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 182, Rn. 93; Koch, AktG, § 182, Rn. 32; Apfelbacher/Niggemann, in: Hölters/Weber, AktG, § 182, Rn. 79; Veil, in: Schmidt/ Lutter, AktG, § 182, Rn. 47; Karsten Schmidt, AG 2006, 597 (605). 81 OLG Zweibrücken, Urt. v. 12. 12. 2013 – 4 U 39/13, NZG 2014, 472, juris Rn. 25; Goette, DStR 1995, 498 (500); Ulmer/Casper, in: U/H/L, GmbHG, § 55, Rn. 36; Priester/Tebben, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 55, Rn. 33; Priester, EWiR 2014, 313 (313 f.); Schürnbrand/ Verse, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 182, Rn. 93; Cranshaw, JurisPR-HaGesR 4 – 2014 Anm 6; Rothley, GWR 2014, 109; Wank, GmbHR, 2014, 717 (720). 82 Ekkenga/Udo Becker, in: Hdb. AG-Finanzierung, Kapitel 16, Rn. 121 f.

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zentralen Rechte im Sinne einer Kernkompetenz. Entsprechend der Kompetenzbereiche nach der Verdrängungslehre dürfe der Insolvenzverwalter keine Entscheidung über die Struktur der Gesellschaft treffen, während den Gesellschaftern die Möglichkeit der Gläubigerbenachteiligung verwehrt bleiben müsse. Insofern dürfe nicht allein auf die Masseverkürzung abgestellt werden, da die Wahrnehmung der Kompetenzen der Gesellschafter im Schuldnerbereich typischerweise mit Kosten verbunden sei, die zu einer Masseverkürzung führten. Im Falle der Kapitalerhöhung biete es sich insofern an, auf die Strukturentscheidung zur Aufnahme neuer Mitglieder abzustellen und von der Zulässigkeit der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses auch nach der Zeichnung bzw. Übernahme auszugehen.83 Im Ergebnis ist zunächst dem Ansatz zu widersprechen, nach dem einem Kapitalerhöhungsbeschluss mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Wirksamkeit abgesprochen wird. Für einen generellen Wegfall fehlt es tatsächlich an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Die Annahme, ein solcher Beschluss werde stets unter dem Vorbehalt getroffen, dass kein Insolvenzverfahren eröffnet werde, erscheint als eine im Interesse der Minderheitsgesellschafter geschaffene Konstruktion. Ob ein Rechtsgeschäft unter einer Bedingung oder einem Vorbehalt steht, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Es kann aber nicht aufgrund der Natur des Rechtsgeschäfts unterstellt werden. Damit kann die Frage nach der Berechtigung der Gesellschafter zur Aufhebung eines vor der Insolvenzeröffnung getroffenen Kapitalerhöhungsbeschlusses nicht dahinstehen. Viele der Argumente, mit denen die h. M. begründet wird, überzeugen im Ergebnis ebenfalls nicht. Zunächst trifft es nicht zu, dass vor dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung nur eine tatsächliche Aussicht der Gesellschaft auf Erwerb von Einlagen bestehe. Ein solches Ergebnis kann weder aus einer Rechtsbedingung noch aus einer auflösenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 2 BGB hergeleitet werden. Die Verpflichtung des Inferenten zur Einlageleistung entsteht mit Abschluss des Übernahme- bzw. des Zeichnungsvertrages und nicht erst mit der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Zwar wird die Kapitalerhöhung, die das neue Mitgliedschaftsrecht schafft, erst nach der Eintragung wirksam. Die Verpflichtung des Übernehmers zur Einlageleistung muss aber schon davor wirksam werden, weil die Einlageleistung erst die Voraussetzung für die Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses bzw. der Durchführung der Kapitalerhöhung schafft. Dem Inferenten steht daher nach der Rechtsprechung des BGH, sofern nicht im Übernahme- oder Zeichnungsvertrag eine Befristung oder Bedingung vereinbart wurde, nur ein Lösungsrecht vom Übernahme- oder Zeichnungsvertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Übernehmers überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt.84

83 84

Kuntz, DStR 2006, 519 (522); Kuntz, DStR 2006, 1050 (1050). BGH, Urt. v. 03. 11. 2015 – II ZR 13/14, NJW 2015, 3786, juris Rn. 16.

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Die Zeichnungs- und Übernahmeerklärung ist grundsätzlich bedingungsfeindlich. Einzig zulässig ist eine auflösende Bedingung gemäß § 158 Abs. 2 BGB, nach der die Durchführung (AG) bzw. der Kapitalerhöhungsbeschluss (GmbH) bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetragen werden muss. Diese Bedingung ergibt sich bei einer Aktiengesellschaft aus § 185 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 AktG, wonach der Zeitpunkt festzulegen ist, zu dem die Zeichnung unwirksam wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Kapitalerhöhung eingetragen wird.85 Bei der GmbH ist die Festsetzung einer solchen Frist im Übernahmevertrag nicht vorgegeben, aber gleichwohl die Regel.86 Damit entsteht im Falle der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung mit Abschluss des Übernahme- bzw. des Zeichnungsvertrages ein Schwebezustand, da die Rechtsfolgen mit Abschluss des Vertrages eintreten, aber mit dem Eintritt der auflösenden Bedingung enden.87 Bei der auflösenden Bedingung der Eintragung der Kapitalerhöhung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt handelt es sich um eine Potestativbedingung, weil ihr Eintritt im Wesentlichen von der Gesellschaft abhängt.88 Deshalb erwirbt die Gesellschaft bereits mit Abschluss des Übernahme- bzw. des Zeichnungsvertrages eine gesicherte Rechtsposition89 und nicht lediglich eine tatsächlich bestehende Aussicht auf Leistung der Einlage. Damit gehört der auflösend bedingte Anspruch der Gesellschaft zur Insolvenzmasse. Durch die Herbeiführung des Eintritts der auflösenden Bedingung wird der Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der Einlage bzw. das dahingehende Anwartschaftsrecht der Masse aufgrund des Willens der Gesellschaft entzogen.90 Insofern mag auch die Argumentation nicht zu überzeugen, dass es sich bei dem Vorgang vor der Eintragung um ein bloßes Internum handle. Das Argument greift die gesellschaftsrechtliche Betrachtung einer Innen- und Außenwirkung von Beschlüssen auf. Für die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Maßnahme in der Insolvenz ist jedoch eine insolvenzrechtliche Betrachtung anzustellen, da das Insolvenzrecht das Gesellschaftsrecht insofern überlagert. Maßgeblich ist damit allein die Frage, ob die §§ 80 ff. InsO einer Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses entgegenstehen. Da es sich bei dem Anspruch auf Leistung der Einlage um ein Recht der Gesellschaft handelt, könnte es sich bei der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses um eine Verfügung im Sinne von § 81 InsO handeln. Eine Verfügung in diesem Sinne sind zunächst alle Rechtsgeschäfte, die unmittelbar auf ein Recht einwirken. Zwar kann, wie bereits ausgeführt wurde, ein Gesellschafterbeschluss eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO darstellen, jedoch wird mit ihm nicht unmittelbar auf ein Recht eingewirkt. Der Aufhebungsbeschluss führt lediglich dazu, dass eine in den Übernahme- und Zeichnungsverträgen vereinbarte auflösende 85

Servatius, in: BeckOGK AktG, § 185, Rn. 15; Ekkenga, in: KK AktG, § 185, Rn. 49. Saß, RNotZ 2016, 213 (217). 87 Rövekamp, in: BeckOK BGB, § 158, Rn. 24. 88 Saß, RNotZ 2016, 213 (217); Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 55, Rn. 33a. 89 Vgl. Gehrlein, WM 2020, 1 (6). 90 Rövekamp, in: BeckOK BGB, § 158, Rn. 44. 86

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Bedingung eintritt, indem eine Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung bzw. des Kapitalerhöhungsbeschlusses tatsächlich nicht mehr bis zum vereinbarten Zeitpunkt stattfindet. Damit handelt es sich jedoch bei dem Eintritt der auflösenden Bedingung und dem daraus resultierenden Entzug des Anspruchs aus der Insolvenzmasse lediglich um eine mittelbare Rechtsfolge der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses. Handlungen des Schuldners, die lediglich mittelbar rechtliche Wirkung für die Insolvenzmasse haben, werden von § 91 InsO erfasst.91 Gemäß § 91 Abs. 1 InsO können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Aufschiebend und auflösend bedingte Rechtsgeschäfte fallen jedoch nicht unter § 91 Abs. 1 InsO, wenn der den bedingten Rechtserwerb bzw. Rechtsverlust begründende Tatbestand bereits vor der Verfahrenseröffnung vollständig verwirklicht war und es zum Wirksamwerden nur noch des Eintritts der Bedingung bedarf. Das folgt insbesondere aus § 161 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB, wonach eine Zwischenverfügung des Insolvenzverwalters über das aufschiebend oder auflösend bedingte Recht92 insoweit unwirksam ist, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Eines solchen Schutzes würde es nicht bedürfen, wenn er gemäß § 91 Abs. 1 InsO ausgeschlossen wäre.93 Dementsprechend akzeptiert das Insolvenzrecht nach der Insolvenzeröffnung einen Rechtsverlust, der bereits vor der Insolvenzeröffnung aufgrund einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung angelegt war. Hängt diese Bedingung von einem Verhalten des Schuldners ab, das dem Schuldnerbereich zuzuordnen ist, so steht dessen Ausübung dem Schuldner selbst nach der Insolvenzeröffnung zu. Dies wurde richtigerweise bereits unter dem Regime der KO vertreten, als noch der weite Begriff der Rechtshandlung gemäß § 7 KO94 galt, und muss erst recht nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung und der damit verbundenen Ersetzung des Begriffs der Rechtshandlung durch den der Verfügung gemäß §§ 81, 91 InsO gelten.95 Insofern verfängt das Argument von Kuntz, dass es sich bei der Kapitalerhöhung um eine Kernkompetenz der Gesellschafter handle, weil es unweigerlich um eine Maßnahme geht, die dem Schuldnerbereich zuzuordnen ist.96 Stellt diese Maßnahme dann keine Verfügung im Sinne der §§ 81, 91 InsO dar97, mit der in das 91 92 93

57. 94

Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5. Bork, in: Staudinger, BGB (2015), § 161, Rn. 9. Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 91, Rn. 38 f.; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 91, Rn. 54,

Henckel, in: Jaeger, KO (9. Aufl.), § 7, Rn. 7. Windel, in: Jaeger, InsO, § 91, Rn. 77. 96 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 71; Drescher, in: Henssler/Strohn, GesR, § 264 AktG, Rn. 10. 97 Darin liegt der Unterschied zu einer Änderung der Firma oder zur Aufhebung eines Einforderungsbeschlusses gemäß § 26 GmbHG. Dies verkennt nach hiesiger Ansicht Müller, ZGR 2004, 842 (850). 95

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Verwaltermonopol eingegriffen wird, kann nicht durch eine extensive Auslegung von § 80 InsO in den Schuldnerbereich eingedrungen werden, um den Eintritt der auflösenden Bedingung zu vereiteln. Mithin ist im Ergebnis mit der h. M. im Falle des Eintritts einer auflösenden Bedingung von der Zulässigkeit der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses selbst nach der Insolvenzeröffnung bis zum Eintritt der Wirksamkeit der Kapitalerhöhung auszugehen. Erst recht muss dann von der Zulässigkeit der Aufhebung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ausgegangen werden, wenn das Ausbleiben der Kapitalerhöhung ein Rücktrittsrecht zur Folge hat. Der Verlust des Rechts setzt dann nämlich noch eine Rücktrittserklärung der Inferenten voraus und weist damit eine noch größere Distanz zum Aufhebungsbeschluss auf. Die gleiche Wirkung tritt im Falle einer erfolgreichen Anfechtung des Kapitalerhöhungsbeschlusses ein. Der anfechtbare Kapitalerhöhungsbeschluss kann nach der Insolvenzeröffnung nicht nur im Wege der Bestätigung, sondern auch im Wege der Neuvornahme geheilt werden. Die damit verbundene Aufhebung des ursprünglichen Kapitalerhöhungsbeschlusses ist, wie aufgezeigt, ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters möglich. 2. Einforderung von Nachschüssen in der GmbH Gemäß § 26 Abs. 1 GmbHG kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dass die Gesellschafter über die Nennbeträge der Geschäftsanteile hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen) beschließen können. Der Anspruch auf Leistung des Nachschusses entsteht durch den Einforderungsbeschluss. Er wird gegenüber den Gesellschaftern, die bei der Beschlussfassung anwesend sind, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung, sofort fällig. Im Übrigen tritt die Fälligkeit mit dem Zugang der Aufforderung zur Leistung des Nachschusses durch den Geschäftsführer ein.98 Die Gesellschafter haben bis zur Zahlung grundsätzlich die Möglichkeit, die Nachschusspflicht durch die Aufhebung des Einforderungsbeschlusses zu beseitigen.99 In der Insolvenz können die Gesellschafter ebenfalls einen Einforderungsbeschluss treffen.100 Der Insolvenzverwalter kann weder selbst einen Anspruch der Gesellschaft auf Leistung von Nachschüssen gegenüber den Gesellschaftern begründen, noch hat er einen Anspruch gegenüber den Gesellschaftern auf eine entsprechende Beschlussfassung.101 Sobald der Einforderungsbeschluss jedoch gefasst wurde, gehört der Anspruch auf Leistung der Einlage zur Aktivmasse, ganz gleich, 98

Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 26, Rn. 8 m. w. N. Schütz, in: MüKo GmbHG, § 26, Rn. 78; Emmerich, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 26, Rn. 27. 100 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 208, Rn. 364. 101 Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 26, Rn. 22; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), § 26, Rn. 9; BGH, Urt. v. 06. 06. 1994 – II ZR 221/93, BeckRS 9998, 87711, mit Anmerkung von Goette. 99

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ob der Beschluss vor oder nach der Insolvenzeröffnung gefasst wurde. Die Einforderung der Nachschüsse ist dann Sache des Insolvenzverwalters. Die Gesellschafter können den Einforderungsbeschluss daher nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr aufheben.102 Ein derartiger Beschluss wäre gemäß § 81 InsO unwirksam, da die Gesellschafter damit im Rahmen der Gesellschafterversammlung und somit als Organ der Gesellschaft unmittelbar über einen Massegegenstand verfügen würden. Ein anfechtbarer Beschluss kann deshalb nach der Insolvenzeröffnung nur im Wege der Bestätigung geheilt werden, ohne dass eine doppelte Pflicht entsteht. Eine erfolgreiche Anfechtungsklage führt demgegenüber zum Wegfall der Nachschusspflicht.

III. Verbindlichkeitsbegründender Ausgangsbeschluss Mit einem Beschluss der Mitgliederversammlung können zudem Verbindlichkeiten eines Verbandes begründet werden. So kann einerseits durch einen Gewinnverwendungsbeschluss ein Anspruch der Mitglieder gegen den Verband auf Gewinnauszahlung begründet oder andererseits der Vergütungsanspruch des Aufsichtsrats erhöht werden. 1. Gewinnverwendungsbeschluss Der Gewinnverwendungsbeschluss führt unmittelbar zu einer Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern. Die Begründung von Verbindlichkeiten unterfällt nicht § 81 InsO und ist daher noch nach Insolvenzeröffnung möglich. Daraus resultiert aber keine Insolvenz- oder Masseforderung, sondern lediglich ein nachinsolvenzlicher Anspruch gegen die insolvente Gesellschaft.103 War der vor der Insolvenzeröffnung gefasste Beschluss anfechtbar, so führt die Neuvornahme selbst ebenfalls nur zu einem nachinsolvenzlichen Anspruch gegen den Verband. Hier stellt sich aber erneut die Frage nach dem Schicksal des ursprünglichen Beschlusses. Der Beschluss über die Neuvornahme kann sowohl die Wirkung haben, dass der ursprüngliche Beschluss nur obsolet sein soll, als auch jene, dass er aufgehoben werden soll. Eine Aufhebung soll insofern vor allem dann anzunehmen sein, wenn die Bestandserhaltung bei gleichzeitiger Bestandskraft des Zweitbeschlusses logisch ausgeschlossen ist. So kann beispielsweise der Bilanzgewinn nur einmal ausgeschüttet werden.104 Die Aufhebung des Erstbeschlusses über 102 Emmerich, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 27, Rn. 19; Müller, in: U/H/L, GmbHG, § 26, Rn. 47; Schütz, in: MüKo GmbHG, § 26, Rn. 78; Mock, in: Michalski, GmbHG, § 26, Rn. 31; Müller, ZGR 2004, 842 (850); Steinbeck, ZGR 2000, 503 (517); Kersting, in: Noack/ Servatius/Haas, GmbHG, § 26, Rn. 9. 103 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5; Kayser, in: HK-InsO, § 81, Rn. 6; Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 5. 104 Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 244, Rn. 16.

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die Gewinnverwendung wäre insofern für die Masse vorteilhaft, da die Passiva vermindert würden bzw. Rückzahlungsansprüche der Gesellschaft entstehen könnten. Es wäre daher daran zu denken, dass der Beschluss – soweit es die Aufhebung des Erstbeschlusses betrifft – wirksam wäre. Dem steht jedoch das Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters entgegen, wonach jegliche Einwirkung des Schuldners, die nicht auch jedem Dritten möglich wäre, verwehrt sein soll. Ebenso wie ein mit dem Schuldner vereinbarter Erlass eines Gläubigers gemäß § 81 InsO analog bzw. gemäß § 80 Abs. 1 InsO unwirksam ist, muss dann der Beschluss der Mitgliederversammlung, durch den der Anspruch der Mitglieder gegen den Verband auf Gewinnauszahlung entfällt, ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters unwirksam sein. Eine erfolgreiche Anfechtungsklage gegen den Gewinnverwendungsbeschluss führt dazu, dass der Gewinnverwendungsbeschluss mit Wirkung für die Vergangenheit vernichtet wird. Ist bereits eine Gewinnausschüttung an die Verbandsmitglieder erfolgt, kann mit formeller Rechtskraft ein Anspruch auf Gewinnrückzahlung aus § 62 AktG105, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB106 entstehen. Der Anspruch fällt gemäß § 35 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse.107 2. Aufsichtsratsvergütung Durch einen satzungsändernden Beschluss kann der Vergütungsanspruch der Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft erhöht werden. Mit Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister (§ 181 Abs. 3 AktG) wird die Erhöhung der Schuld der Gesellschaft gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern wirksam. Umgekehrt kann die Hauptversammlung die Schuld der Gesellschaft gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern reduzieren, indem sie mit einfacher Mehrheit eine Herabsetzung der Aufsichtsratsvergütung beschließt (§ 113 Abs. 1 Satz 4). Mit einem solchen Beschluss wird nicht über ein bestehendes Recht der Gesellschaft verfügt, da sie nicht Gläubigerin der Aufsichtsratsvergütung ist.108 Vielmehr erhöht oder vermindert sich betragsmäßig eine gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern bereits bestehende Verbindlichkeit. Bei der Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung handelt es sich somit um ein Verpflichtungsgeschäft. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter berührt nicht das Recht des Schuldners, Verpflichtungsgeschäfte abzuschließen, sodass die Hauptversammlung nach der Insolvenzeröffnung – allerdings nicht zulasten der Insolvenzmasse – wirksam die Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung beschließen kann. Der Gesell105

Hierzu Teil 5 C.II.3.b)aa). Hierzu Teil 5 C.II.3.b)bb)(2). Zum Streit über die Anwendung von § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 oder Fall 2 BGB im Zusammenhang mit einer Anfechtung vgl. Busche, in: MüKo BGB, § 142, Rn. 15 m. w. N. 107 Mock, in: Gottwald, InsR-HB, § 91, Rn. 79. 108 Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts II, § 11, 5a. 106

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schaft ist gemäß §§ 80, 81 InsO jedoch jegliche Einmischung in die Belange des Insolvenzverwalters untersagt. Bei den Vergütungsansprüchen der Aufsichtsratsmitglieder, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits bestellt waren, handelt es sich um Masseforderungen, deren Behandlung allein Sache des Insolvenzverwalters ist. Zur Herabsetzung bedarf er nach ganz h. M. nicht der Mitwirkung der Hauptversammlung. Anders als bei den Mitgliedern des Vorstands einer AG, eines Vereins oder einer Genossenschaft sowie dem Geschäftsführer einer GmbH wird nach der heute h. M. bei den Mitgliedern des Aufsichtsrats nicht mehr zwischen einem organschaftlichen Bestellungsverhältnis und einem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis (sog. Trennungsgrundsatz109) unterschieden.110 Stattdessen herrscht unterdessen das Verständnis vor, dass lediglich ein einziges kooperationsrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern und der Gesellschaft besteht.111 Dies führt im Ausgangspunkt dazu, dass dem Insolvenzverwalter jeglicher Zugriff auf das Rechtsverhältnis zum Aufsichtsrat versperrt ist, da es sich dabei nach der Verdrängungslehre um den verbandsautonomen Bereich handelt.112 Gleichwohl wird die hieraus resultierende Konsequenz, dass nämlich der Vergütungsanspruch der Aufsichtsratsmitglieder nach der Insolvenzeröffnung in ungekürzter Höhe gegenüber der Masse gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 InsO fortbestehe113, als unbillig angesehen. Daher wird gleichwohl angenommen, dass mit der Insolvenzeröffnung aufgrund der Aufgabenreduktion des Aufsichtsrats dessen Vergütungsanspruch erlischt oder sich zumindest erheblich vermindert.114 Dogmatisch wird dabei einerseits auf die Erwägungen in der älteren Insolvenzrechtsprechung und dem älteren insolvenzrechtlichen Schrifttum verwiesen, als bei den Mitgliedern des Aufsichtsrats noch zwischen einem organschaftlichen Bestellungsverhältnis und einem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis unterschieden wurde.115 Andererseits wird im Wege einer Rechtsfortbildung extra legem angenommen, dass der Insolvenzverwalter berechtigt sei, die Aufsichtsratsvergütung auf das angemessene Maß zu reduzieren.116 109 Wentrup, in: Münchener HB GesR IV, § 20, Rn. 13; Ritter/Nehls, in: MAH AktienR, § 22, Rn. 120; Lochelfeldt, Der Kündigungsschutz des besonderen Vertreters eines Vereins, S. 53 f. 110 BGH, Urt. v. 29. 05. 1989 – II ZR 220/88, NJW 1989, 2683, juris Rn. 9 f. 111 Henssler, in: Henssler/Strohn, GesR, § 101 AktG, Rn. 1; Habersack, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 101, Rn. 67; Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 101, Rn. 8 f.; Hopt/Markus Roth, in: GK AktG (5. Aufl.), § 101, Rn. 110 f.; Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 101, Rn. 2. 112 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 60. 113 Braun, Die Funktion und Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einer insolventen Aktiengesellschaft, S. 116 ff., 136. 114 Mock, in: Gottwald, InsR-HB, § 91, Rn. 44. 115 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 188; Noack, Der Aufsichtsrat in der Insolvenz der Kapitalgesellschaft, S. 18 f. 116 Braun, Die Funktion und Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrats einer insolventen Aktiengesellschaft, S. 145 ff.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Schließlich wird eine ergänzende Satzungsauslegung herangezogen.117 Dabei soll es allerdings möglich sein, dass den Aufsichtsratsmitgliedern eine Vergütung aus dem insolvenzfreien Vermögen zusteht.118 Eine Reduzierung der Passivmasse durch die Herabsetzung der Aufsichtsratsvergütung ist der Gesellschaft, vertreten durch die Hauptversammlung, daher ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters verwehrt. Auch insoweit bleibt es dabei, dass sich der Schuldner auch zugunsten der Masse nicht in die Belange des Insolvenzverwalters einmischen darf. Wird ein vor der Insolvenzeröffnung gefasster Beschluss über die Erhöhung der Aufsichtsratsvergütung nach der Insolvenzeröffnung durch ein Anfechtungsurteil rückwirkend aufgehoben, so entsteht im Zeitpunkt der formellen Rechtskraft gemäß § 812 BGB ein Rückzahlungsanspruch, der gemäß § 35 Abs. 1 InsO in die Masse fällt. Wurde die Aufsichtsratsvergütung hingegen durch einen Beschluss der Hauptversammlung herabgesetzt, so führt die rückwirkende Beseitigung des Beschlusses für die Zeit zwischen der Beschlussfassung und der Insolvenzeröffnung zu einem Nachzahlungsanspruch der Aufsichtsratsmitglieder, der als Insolvenzforderung zur Tabelle anzumelden ist.

IV. Zustimmung zu zustimmungspflichtigen Rechtsgeschäften Stimmt die Mitgliederversammlung mit einem Beschluss einer Geschäftsführungsmaßnahme zu, kann auf die Differenzierung zwischen der Beschränkung der Vertretungsmacht im Innen- und im Außenverhältnis zurückgegriffen werden. Eine Auswirkung auf das Vermögen der Gesellschaft und somit auf die Insolvenzmasse kann nur ein Zustimmungsbeschluss entfalten, der die Vertretungsmacht der Vertretungsorgane im Außenverhältnis erweitert. 1. Beschlüsse mit ausschließlicher Wirkung im Innenverhältnis Im Gesetz sind einige Fälle geregelt, in denen die Vertretungsmacht der Vertretungsorgane im Innenverhältnis von der Zustimmung der Gesellschafter abhängt. Daneben können weitere Zustimmungserfordernisse durch entsprechende Satzungsregelungen geschaffen werden. Hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Insolvenzmasse und auf die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unterscheiden sie sich jedoch nicht von den nachfolgend exemplarisch behandelten Fällen. a) Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht Nur der Inhaber eines Handelsgeschäfts kann gemäß § 48 HGB eine Prokura erteilen. Ist daher eine Handelsgesellschaft die Unternehmensträgerin, so wird die 117 118

Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 60. Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 264, Rn. 61.

A. Anfechtbare Beschlüsse

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Prokura durch deren organschaftliche Vertreter erteilt.119 Die eingetragene Genossenschaft ist zwar keine Handelsgesellschaft, sie gilt gemäß § 17 Abs. 2 GenG jedoch als Kaufmann und wird somit dem Handelsrecht unterstellt.120 Gemäß § 42 GenG kann sie daher nach Maßgabe der handelsrechtlichen Vorschriften Prokura und Handlungsvollmacht erteilen. Zur Erteilung ist bei den juristischen Personen also der Geschäftsführer, der Vorstand oder der persönlich haftende Gesellschafter (KGaA) zuständig und bei einer Personenhandelsgesellschaft die geschäftsführenden Gesellschafter zusammen bzw. allein, wenn sie einzelvertretungsberechtigt sind. Sowohl bei einer GmbH als auch bei einer Personenhandelsgesellschaft setzt das Gesetz hierfür einen Beschluss der Gesellschafter (§ 46 Nr. 7 GmbHG) bzw. der geschäftsführenden Gesellschafter (§ 116 Abs. 3 HGB) voraus. Weder das Aktiengesetz noch das Genossenschaftsgesetz sehen einen solchen Beschluss der Hauptversammlung/Generalversammlung oder des Aufsichtsrats vor. Gleichwohl kann in der Satzung einer Aktiengesellschaft und der Genossenschaft ein entsprechender Zustimmungsvorbehalt aufgenommen werden (§§ 82 Abs. 2, 111 Abs. 4 AktG121; § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG122). Für die Erteilung einer Handlungsvollmacht zum gesamten Geschäftsbetrieb gemäß § 54 Abs. 1 HGB setzt § 46 Nr. 7 GmbHG ebenfalls einen Beschluss der Gesellschafterversammlung voraus. Davon soll auch die sog. Generalvollmacht umfasst sein.123 Im Übrigen setzt ein Zustimmungsvorbehalt zur Erteilung einer Handlungsvollmacht eine entsprechende Satzungsregelung voraus.124 Der Zustimmungsbeschluss zur Erteilung der Prokura sowie zu einer Handlungsvollmacht entfaltet nur im Innenverhältnis Wirkung, sodass die Wirksamkeit der Prokura grundsätzlich unabhängig von diesem Zustimmungsbeschluss ist.125 Ein Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Erteilung einer Prokura oder Handlungsbevollmächtigung tangiert die Insolvenzmasse oder die Kompetenzen des Insolvenzverwalters aus diesem Grund nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 117 Abs. 1 InsO, wonach eine vom Schuldner erteilte Vollmacht (Prokura und Handlungsvollmacht), die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt.126 Diese Regelung erfasst zwar die Prokura und die Handlungsvollmacht, knüpft aber nur an die Erteilung im Außenverhältnis und nicht an die dahingehende interne Willensbildung an. 119

Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 16 III, Rn. 24. Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 6, Rn. 7. 121 Karsten Schmidt, Handelsrecht, § 16 III, Rn. 24. 122 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, GenG, § 42, Rn. 1. 123 Liebscher, in: MüKo GmbHG, § 46, Rn. 212. 124 Joost, in: GK HGB, § 54, Rn. 19. 125 Jickeli, in: MüKo HGB, § 116, Rn. 53; Liebscher, in: MüKo GmbHG, § 46, Rn. 214 f.; Joost, in: GK HGB, § 54 HGB, Rn. 19. 126 A. A. Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 211, Rn. 369. 120

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

b) Holzmüller-Grundsätze Auch bei Sachverhalten, die nach den Holzmüller-Grundsätzen127 eine Zustimmung der Gesellschafter voraussetzen, entfaltet der Zustimmungsbeschluss weder eine konstitutive Wirkung, noch wirkt er sich auf die Vertretungsmacht des Vertretungsorgans im Außenverhältnis aus. Deshalb fehlt es hier ebenfalls an einem Massebezug des Beschlusses. 2. Begrenzung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis Die Vertretungsmacht der Vertretungsorgane kann für Durchführungsgeschäfte kraft Gesetzes dahingehend beschränkt sein, dass die Wirksamkeit des Durchführungsgeschäfts von der Zustimmung der Gesellschafter abhängt. Die Zustimmung bezieht sich dabei grundsätzlich auf das Verpflichtungsgeschäft und nicht auf das Verfügungsgeschäft. Der Zustimmungsbeschluss wirkt sich somit als Wirksamkeitsvoraussetzung des Durchführungsgeschäfts unmittelbar auf die Aktiva und Passiva der Gesellschaft aus. Die Gesellschafter können ein Durchführungsgeschäft selbst nach Insolvenzeröffnung wirksam genehmigen. § 81 InsO findet schließlich keine Anwendung auf Verpflichtungsgeschäfte. Sie können dadurch jedoch keine Verbindlichkeiten der Insolvenzmasse im Sinne einer Insolvenz- oder Masseforderung begründen. Gemäß § 140 InsO kommt es nämlich auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit einer Rechtshandlung an. Die Genehmigung wirkt insofern insolvenzrechtlich entgegen § 184 BGB nicht zurück, sodass die Forderung des Dritten erst im Zeitpunkt der Genehmigung – hier also nach der Insolvenzeröffnung – wirksam wird.128 Eine Masseschuld scheidet aus, da der Schuldner nach der Insolvenzeröffnung gemäß § 80 InsO keine Masseverbindlichkeiten begründen kann. Die Genehmigung nach der Insolvenzeröffnung führt daher dazu, dass sich die Forderung als nachinsolvenzliche Forderung gegen die Gesellschaft selbst richtet. Auf der anderen Seite fällt der Anspruch der Gesellschaft aus dem Durchführungsgeschäft als Neuerwerb gemäß § 35 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse. Ein bereits gefasster Zustimmungsbeschluss kann nicht mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn er bereits im Außenverhältnis durchgeführt wurde, sodass die Gesellschafter durch den Widerruf der Zustimmung keinen Einfluss mehr auf das Durchführungsgeschäft nehmen können. Der Anwendung von § 81 InsO bedarf es daher nicht. Mithin hat weder die

127 BGH, Urt. v. 25.02.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 – 144. Hierzu bereits unter Teil 2 A.IV.1. 128 Büteröwe, in: K. Schmidt, InsO, § 140, Rn. 4; Huber, in: Gottwald, InsR-HB, § 46, Rn. 35; Riggert, in: Braun, InsO, § 140, Rn. 3; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 140, Rn. 9; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 140, Rn. 6; BGH, Urt. v. 30. 09. 2010 – IX ZR 177/07, NZI 2010, 981, juris Rn. 11; BGH, Urt. v. 20. 09. 1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102, juris Rn. 16 f.

A. Anfechtbare Beschlüsse

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Bestätigung noch die Neuvornahme eines anfechtbaren Zustimmungsbeschlusses eine Relevanz für die Insolvenzmasse. Wird ein Zustimmungsbeschluss aufgrund eines Anfechtungsurteils nach der Insolvenzeröffnung vernichtet und wirkt das Anfechtungsurteil zurück, weil es sich nicht um einen durchgeführten Strukturbeschluss handelt, hängt die Wirksamkeit des Durchführungsgeschäfts von der Gutgläubigkeit des Dritten ab. War er gutgläubig, ändert die rückwirkende Vernichtung nichts an der Wirksamkeit des Durchführungsgeschäfts. War er hingegen nicht gutgläubig, ist das Durchführungsgeschäft schwebend unwirksam. Die Genehmigung kann mit Wirkung gegen die Masse nur durch den Insolvenzverwalter erfolgen. Versagt er sie, ist das Durchführungsgeschäft endgültig ex tunc unwirksam und gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB rückabzuwickeln. Im Falle der anfänglichen Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts findet die Saldotheorie in der Insolvenz nur in abgewandelter Form Anwendung. Schließlich soll ein nichtiger Vertrag in der Insolvenz keine stärkeren Wirkungen entfalten als ein wirksamer Vertrag. Während der Insolvenzverwalter daher grundsätzlich die gesamte Leistung gemäß § 812 BGB zurückverlangen kann, wird der Vertragspartner als Insolvenzgläubiger hinsichtlich seiner vor der Insolvenzeröffnung erbrachten Leistungen auf die Insolvenzquote verwiesen.129 Anders liegt der Fall aber, wenn die vor der Insolvenzeröffnung erbrachten Leistungen in einem synallagmatischen Verhältnis standen und sämtliche Rückgewährpflichten von der gleichen Bedingung abhängen, da dann gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO das Vertrauen des Vertragspartners in die Aufrechnungslage geschützt wird.130 Somit muss im Falle der Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses hinsichtlich der Rückabwicklung der im Rahmen des Durchführungsgeschäfts vor der Insolvenzeröffnung erbrachten gegenseitigen Leistungen die Saldotheorie Anwendung finden.131 Wiederum eine Ausnahme hiervon bildet der Fall, in dem der Vertragspartner die ursprüngliche Hauptforderung, die nunmehr rückabgewickelt werden soll, in (insolvenz-)anfechtbarer Weise erlangt hat.132

V. Insolvenzfreier Bereich Die Mitglieder fassen nicht nur Beschlüsse, die sich auf das Verbandsvermögen beziehen, sondern auch solche, die sich auf den Verband selbst oder dessen innere Organisation beziehen. Nach Weber handelt es sich dabei um den insolvenzfreien Bereich, da sich der Insolvenzbeschlag nur auf das Vermögen des Verbandes und 129

Vgl. BGH, Urt. v. 02. 12. 2004 – IX ZR 200/03, BGHZ 161, 241, juris Rn. 29 f.; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125, juris Rn. 9 f. 130 BGH, Urt. v. 03. 03. 2016 – IX ZR 132/15, BGHZ 209, 179, juris Rn. 22 f. 131 Vgl. Schwab, in: MüKo BGB (8. Aufl.), § 818, Rn. 243, Fn. 740; BGH, Urt. v. 02. 12. 2004 – IX ZR 200/03, BGHZ 161, 241, juris Rn. 31. 132 Adolphsen, in: Gottwald, InsR-HB, § 45, Rn. 1.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

nicht auf den Verband selbst bezieht.133 Hierzu sind Beschlüsse zu zählen, die sich auf die Mitgliedschaft von Verbandsmitgliedern beziehen, weil die Mitgliedschaft der Verbandsmitglieder nicht vom Insolvenzbeschlag umfasst ist. Eine Ausweitung der insolvenzrechtlichen Kompetenzen auf diesen insolvenzfreien Bereich ist seit dem ESUG im Wege des Insolvenzplanverfahrens möglich. Aus der so geschaffenen Gesetzeslage ist der Schluss gezogen worden, dass seit dem ESUG nicht mehr nur ein einziger Verdrängungsbereich existiert. Vielmehr sei zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem Insolvenzplanverfahren zu unterscheiden. Es gebe also zwei verschiedene Verdrängungsbereiche, den „Verdrängungsbereich I“ und den „Verdrängungsbereich II“.134 Der Verdrängungsbereich I stellt den Kompetenzbereich des Insolvenzverwalters im Regelinsolvenzverfahren dar, wie er von Weber135 beschrieben wurde. Das bedeutet, dass die verbandsautonomen Maßnahmen, soweit sie keinen Massebezug aufweisen, weiter dem Verband und seinen Organen – insbesondere der Mitgliederversammlung – vorbehalten sind.136 Durch die Gestaltungsfreiheit, die das Insolvenzplanverfahren gemäß §§ 217, 225a InsO eröffnet, entsteht der Verdrängungsbereich II. Im Regelungsbereich des Insolvenzplans können dabei über den Verdrängungsbereich I hinaus nicht nur die Mitgliedschaftsrechte selbst einbezogen, sondern unabhängig von einem Massebezug sämtliche Regelungen getroffen werden, die gesellschaftsrechtlich zulässig sind (§ 225a Abs. 3 InsO). Damit sind sowohl die Abberufung und Bestellung von Organmitgliedern, die Änderung der Satzung und die Einziehung von Geschäftsanteilen möglich. Dieser Verdrängungsbereich II unterliegt allerdings nicht der Kompetenz des Insolvenzverwalters, sondern der über den Insolvenzplan beschließenden Beteiligtenversammlung, die aus Gläubigern und am Schuldner beteiligten Personen besteht. In der Regelinsolvenz kann daher die Verbandsversammlung weiterhin Beschlüsse fassen, die sich auf den insolvenzfreien Bereich beziehen. Anders ist das bei Beschlüssen, die zwar im insolvenzfreien Bereich wurzeln, sich aber auf das Verbandsvermögen beziehen. Ein Beispiel hierfür bildet die Änderung der Firma. Das Recht zur Satzungsänderung ist dem Innenrecht des Verbandes und somit dem insolvenzfreien Bereich zugeordnet, sodass der Insolvenzverwalter nicht zu einer Satzungsänderung berechtigt ist. Allerdings bezieht sich der Beschluss auf die zur Insolvenzmasse gehörende Firma, sodass eine Änderung ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters gemäß § 81 InsO ausgeschlossen ist. Wurzelt ein Beschlussgegenstand demgegenüber im insolvenzfreien Bereich und zielt er auf eine dort zu verortende Folge ab, dann ändern auch wirtschaftliche Folgewirkungen nichts an der fehlenden Zuständigkeit des Insolvenzverwalters. Als Beispiel wurde hierzu bereits der Beschluss über eine Kapitalerhöhung genannt. Der Ausschluss eines Mitglieds

133 134 135 136

Hierzu unter Teil 3 B.I. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 25. Weber, KTS 1970, 73 f. Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 20 f., dort auch zum folgenden Text.

A. Anfechtbare Beschlüsse

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bleibt ebenfalls selbst in Anbetracht von dessen Abfindungsanspruch Sache der Verbandsmitglieder. Zudem sind noch folgende Beispiele zu nennen: 1. Beschluss über die Auflösung oder Fortsetzung Die Entscheidung über die Auflösung oder Fortsetzung verbleibt in der Insolvenz bei den Verbandsmitgliedern, die hierüber in der Verbandsversammlung beschließen. Aus der insolvenzbedingten Auflösung des Verbandes ergibt sich nichts anderes. Die Auflösung erfolgt nämlich nicht aufgrund einer Entscheidung des Insolvenzverwalters, sondern aus einer gesetzlichen Anordnung, die an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anknüpft (vgl. §§ 262 Abs. 1 Nr. 3, 101 GenG; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG; §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 728 Abs. 1 Satz 1 BGB; §§ 131 Abs. 1 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB). Mithin obliegt die Entscheidung über die Fortsetzung ebenfalls nicht dem Insolvenzverwalter, sondern der Verbandsversammlung (vgl. § 272 Abs. 2 AktG; § 117 Abs. 1 GenG; § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Ohne sie bzw. entgegen dem Willen der Verbandsmitglieder kann im Sanierungsfall eine Fortsetzung nur durch einen Insolvenzplan erfolgen (vgl. § 225a Abs. 3 InsO), weil nur sie eine Fortsetzung der Gesellschaft beschließen können. Wurde vor der Insolvenzeröffnung ein anfechtbarer Beschluss über die Auflösung des Verbandes getroffen, kann die Verbandsversammlung diesen im Wege einer Bestätigung heilen. Eine Neuvornahme scheint wenig Bedeutung zu haben, da durch die Insolvenzeröffnung ohnehin die Auflösung eingetreten ist. Wird der vor der Insolvenzeröffnung gefasste Auflösungsbeschluss später durch ein Anfechtungsurteil vernichtet, hat das – auch bei einer Genossenschaft – keine Auswirkungen auf die Insolvenzmasse.137 Nach der Auflösung ist weder ein Beitritt zur Genossenschaft noch ein Austritt möglich.138 Mithin kann ein vor der Insolvenzeröffnung in anfechtbarer Weise gefasster Aufhebungsbeschluss dazu führen, dass keine neuen Mitglieder beigetreten sind, sodass der Masse entsprechende Pflichteinlagen entgangen sind.139 Gleichwohl wirkt sich die erfolgreiche Anfechtung dieses Beschlusses nicht auf die Insolvenzmasse aus. Ein auf den Zeitpunkt der Eintragung zurückwirkendes Anfechtungsurteil ändert nichts daran, dass der anfechtbare Beschluss wirksam war und dementsprechend keine neuen Mitglieder aufgenommen wurden. Insofern kann nicht darauf abgestellt werden, dass der Aufhebungsbeschluss maßgeblich für den Zeitraum der Austrittssperre nach § 75 GenG ist.140 Schließlich handelt es sich bei dem Auflösungsbeschluss um einen Strukturbeschluss141, sodass

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A. A. BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, juris Rn. 20. Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 105, Rn. 7. BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, juris Rn. 20. So aber BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, juris Rn. 20. Vgl. Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, § 78 GenG, Rn. 2.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

das Anfechtungsurteil in diesem Fall nicht auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Genossenschaftsregister zurückwirkt.142 2. Weisungen Die Gesellschafterversammlung einer GmbH kann nach einer Insolvenzeröffnung weiterhin Beschlüsse fassen, mit denen sie der Geschäftsführung Weisungen erteilt. Ein solches Weisungsrecht steht dem Insolvenzverwalter nicht zu. Die Insolvenzmasse wird von solchen Beschlüssen nicht berührt.143 Für die Insolvenzmasse sind insoweit nur die Umsetzungsmaßnahmen des Geschäftsführers von Bedeutung. Ein Beschluss, der auf eine Verfügung über einen Massegegenstand durch den Geschäftsführer abzielt, kann von diesem wegen § 81 InsO nicht ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters umgesetzt werden. Der Geschäftsführer kann sich daher auf sein Unvermögen gemäß § 275 Abs. 1 BGB berufen144, sodass er nur noch verpflichtet sein kann, auf eine Zustimmung des Insolvenzverwalters hinzuwirken. Sofern der Beschluss darauf abzielt, dass der Geschäftsführer gegen Vorschriften des Insolvenzrechts verstößt, tritt ebenfalls keine Bindungswirkung ein. Wird der Geschäftsführer zu einer Maßnahme angewiesen, die einen Verstoß gegen zwingende dem Gläubigerschutz oder dem Schutz öffentlicher Interessen dienende Vorschriften zur Folge hat, ist der Weisungsbeschluss gemäß § 241 Nr. 3 AktG analog nichtig und begründet ohnehin keine Folgepflicht des Geschäftsführers. Darüber hinaus muss der Geschäftsführer Weisungsbeschlüsse, die zwar nicht nichtig sind, aber durch deren Ausführung er sich strafbar machen oder gegen öffentlich-rechtliche Pflichten wie etwa nach den §§ 20, 22 Abs. 3, 97, 101 InsO145 verstoßen würde, nicht ausführen.146 Wird ein vor der Insolvenzeröffnung getroffener Weisungsbeschluss im Wege eines Anfechtungsurteils für nichtig erklärt, hat das keine Auswirkungen auf die Insolvenzmasse. Maßstab des Insolvenzrechts ist die Wirkung aus einem Handeln oder Unterlassen des Geschäftsführers und nicht die zugrunde liegende Weisung. Der Weisungsbeschluss kann lediglich indizielle Bedeutung für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz haben. Hierfür ist es aber irrelevant, ob der Beschluss anfechtbar war oder nicht.

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Zur fehlenden Rückwirkung der Nichtigkeit und des Anfechtungsurteils bei vollzogenen Strukturmaßnahmen Teil 2 B.I.3.b)bb). 143 A. A. Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 211, Rn. 370. 144 Vgl. Lorenz, in: BeckOK BGB, § 275, Rn. 45, 50. 145 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 20, Rn. 3 f. 146 Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43, Rn. 104; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 37, Rn. 22.

B. Nichtige unheilbare Beschlüsse

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B. Nichtige unheilbare Beschlüsse Ein Beschluss, der nach Insolvenzeröffnung gefasst wird und unheilbar nichtig ist, unterfällt nicht § 81 InsO. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm „Hat der Schuldner (…) verfügt“. § 81 Abs. 1 InsO knüpft an ein mit Ausnahme der Verfügungsbefugnis grundsätzlich wirksames Verfügungsgeschäft an. Dementsprechend läuft auch die Genehmigung einer Verfügung in Form eines Beschlusses gemäß § 185 Abs. 1 BGB leer, wenn der Beschluss nichtig ist. Der Insolvenzverwalter kann einem nichtigen Beschluss durch seine Genehmigung nicht zur Wirksamkeit verhelfen (vgl. § 225a InsO).

I. Beschlüsse im eingetragenen Verein Die Mitgliederversammlung kann nach Insolvenzeröffnung einen Vorstand wählen, abberufen oder entlasten. Die Entlastung vermag jedoch keine Präklusionswirkung mehr hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche zu entfalten. Im Übrigen kann die Mitgliederversammlung Satzungsänderungen beschließen, sofern damit nicht ein Verstoß gegen §§ 80 ff. InsO einhergeht. So gehört etwa nach zutreffender Auffassung der Vereinsname zur Insolvenzmasse.147 Eine Änderung des Vereinsnamens durch einen satzungsändernden Beschluss stellt daher eine Verfügung über einen Massegegenstand im Sinne des § 81 InsO dar, die ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters unwirksam ist. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet die Beitragspflicht der Mitglieder, wenn nicht in der Satzung etwas anderes geregelt ist.148 Das kann sich auch aus dem Sinn- und Zweck der Beitragszahlung ergeben. Ist diese als Gegenleistung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Leistungen des Vereins, beispielsweise der Nutzung eines Sportangebots, ist vom Fortbestand der Beitragspflicht auszugehen, wenn die Nutzungsmöglichkeit in der Insolvenz fortbesteht. Das gilt auch für den wirtschaftlichen Verein im Sinne des § 22 BGB.149 Fehlt eine entsprechende Satzungsregelung, fallen daher nur die rückständigen Beitragsforderungen in die Insolvenzmasse.150 Besteht demgegenüber eine entsprechende Satzungsregelung, fallen die Mitgliedsbeiträge, die nach der Insolvenzeröffnung entstehen, als Neuerwerb in die Insolvenzmasse. Dementsprechend ist es den Mitgliedern gemäß § 81 InsO versagt, durch einen satzungsändernden Beschluss die Beitragspflicht nach der Insolvenzeröffnung abzuschaffen. Wurde der Beschluss vor der Insolvenzeröffnung gefasst, war er aber nichtig, so bedarf es weder einer Insolvenzanfechtung noch eines Rückgriffs auf § 81 InsO, da sich der Insolvenzverwalter unmittelbar auf die fort147 148 149 150

Mock, in: Gottwald, InsR-HB, § 93, Rn. 48. Westermann, in: Erman BGB, § 42, Rn. 1. BGH, Beschl. v. 23. 04. 2007 – II ZR 190/06, juris Rn. 5 f. Nerlich, in: MAH Insolvenz, § 27, Rn. 259.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

bestehende Beitragspflicht berufen kann. Sofern das Recht zur Geltendmachung der Nichtigkeit des Beschlusses verwirkt werden kann, ändert dies nichts an der Nichtigkeit des Beschlusses und der grundsätzlichen Unwirksamkeit der Verfügung. Für eine Verwirkung durch den Insolvenzverwalter fehlt es grundsätzlich am Zeit- und am Umstandsmoment.

II. Beschlüsse in der Personengesellschaft Nach zutreffender und heute wohl herrschender Lehre ist die Gesellschaft – und nicht etwa ihre persönlich haftenden Gesellschafter – die Trägerin der Schuldnerrolle.151 Deshalb bleibt es im Falle der Personengesellschaften bei den Geschäftsführungs- und Vertretungsregeln nach §§ 709 ff. BGB, §§ 114 ff. HGB bzw. §§ 125 ff. HGB.152 Die Gesellschafter einer Personengesellschaft bilden in ihrer Gesamtheit daher in der Insolvenz das oberste Organ der Gesellschaft, das über alle Angelegenheiten, die außerhalb der Geschäftsführung liegen (sog. Grundlagengeschäfte), zu entscheiden hat.153 Zu den Grundlagengeschäften zählen insbesondere die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Umwandlung, die Auflösung, die Wahl des Abschlussprüfers, die Entlastung, die Beitragserhöhung, die Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, die Aufnahme eines neuen Gesellschafters sowie die Ausschließung eines Gesellschafters, die Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens, der Erlass von Ersatzansprüchen gegen einen Gesellschafter aus pflichtwidriger Geschäftsführung und die Feststellung des Jahresabschlusses.154 Insoweit kann weitestgehend auf die Ausführungen zu Beschlüssen der Aktiengesellschaft, der Genossenschaft und der GmbH verwiesen werden. Nur zur Beitragserhöhung sind einige kurze Ausführungen angebracht: Im Recht der Personengesellschaften gibt es keine spezifischen Regeln für Kapitalerhöhungen, sodass eine solche nach den allgemeinen Regeln über die Ver151

Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, Anhang zu § 158, Rn. 5; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 124, Rn. 46; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 236; Butzer/Knopf, in: Münchener Hb GesR I, § 85, Rn. 32; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 113; Kreplin, in: MAH Insolvenz, § 26, Rn. 71; Haas, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 124, Rn. 8; Klimke, in: BeckOK HGB, § 124, Rn. 43; Schäfer, in: GK HGB, § 131, Rn. 38; Boesche, in: Oetker, HGB, § 124, Rn. 34; Habersack, in: GK HGB, § 124, Rn. 44; Steitz, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 124 HGB, Rn. 33; Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 37 f.; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 46 ff.; Struckmeier, Kapitalerhöhungen bei Personengesellschaften, S. 205; Schlitt, NZG 1998, 701 (702); a. A. BGH, Urt. v. 16. 02. 1961 – III ZR 71/60, NJW 1961, 1022 (1023); Mönning/E. Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 11, Rn. 68; Weiß, in: MAH PersGesR, § 24, Rn. 166; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 31.10. 152 Haas/Mock, in: Gottwald, InsR-HB, § 94, Rn. 28 m. w. N. 153 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 164 f. 154 Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 114, Rn. 3; Karrer, in: MAH PersGesR, § 14, Rn. 3 f.; Schulze-Osterloh, in: Festschrift Hadding, S. 637 (645 f.); zum Teil a. A. Schäfer, in: GK HGB, § 119, Rn. 14.

C. Nichtige heilbare Beschlüsse

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mehrung von Beitragspflichten gemäß § 707 BGB erfolgt.155 Die Festsetzung der Beiträge nach Art (insbesondere Einbringung von Geld, Diensten und Gebrauchsüberlassungen) und Höhe erfolgt im Gesellschaftsvertrag.156 Dementsprechend erfolgt die Beitragserhöhung im Wege einer Änderung des Gesellschaftsvertrages.157 Beschlüsse über eine Beitragserhöhung sind unmittelbar wirksam, sodass bereits mit Beschlussfassung die Beitragsforderung entsteht.158 Der Anspruch auf Leistung einer ausstehenden Einlage fällt in die Insolvenzmasse.159 Nach Insolvenzeröffnung kann eine Beitragserhöhung beschlossen werden, wobei die Beitragsforderung dann als Neuerwerb zur Insolvenzmasse gehört. Der Insolvenzverwalter ist unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung der Beitragsforderung für die Einziehung zuständig.160 Da die Beitragsforderungen zur Masse gehören, können die Gesellschafter sie gemäß § 81 InsO nicht durch die Aufhebung des Erhöhungsbeschlusses oder durch eine anderweitige Änderung des Gesellschaftsvertrages zum Erlöschen bringen.161 Ein nichtiger Beschluss über die Erhöhung der Beitragspflicht vermag im Gegenzug kein Recht der Masse zu begründen. Anders kann dies jedoch sein, wenn es den Gesellschaftern aufgrund einer Verwirkung verwehrt ist, sich auf die Nichtigkeit zu berufen.

C. Nichtige heilbare Beschlüsse Ist ein Beschluss indessen heilbar, dann würde im Zeitpunkt der Heilung der Beschluss wirksam werden und eine etwaige gläubigerbenachteiligende Wirkung einsetzen. Dementsprechend ist der Beschluss ab dem Zeitpunkt der Heilung zwar nicht mehr nichtig, aber unter Umständen gemäß § 81 InsO unwirksam oder gegenüber der Insolvenzmasse nicht zu berücksichtigen. Ein nichtiger Beschluss kann durch die Verbandsversammlung nicht im Wege einer Bestätigung, sondern nur durch eine Neuvornahme geheilt werden. Nach der Insolvenzeröffnung kann durch die Neuvornahme ohne die Zustimmung des Insolvenzverwalters aber gemäß §§ 80 ff. InsO weder über massezugehörige Rechte verfügt werden, noch können Verbindlichkeiten zulasten der Masse begründet oder Insolvenzforderungen zugunsten der Masse beseitigt werden. Wurde vor der Insolvenzeröffnung ein nichtiger Beschluss gefasst, für den ein Heilungstatbestand im Sinne von § 242 AktG gilt, stellt sich die Frage, wie sich die Heilung auf die Anwendbarkeit der §§ 81, 129 ff. InsO auswirkt. Auch hier ist der 155 156 157 158 159 160 161

Struckmeier, Kapitalerhöhungen bei Personengesellschaften, S. 120. Westermann, in: Erman BGB, § 706, Rn. 3. Westermann, in: Erman BGB, § 707, Rn. 1. Struckmeier, Kapitalerhöhungen bei Personengesellschaften, S. 153. Schäfer, in: MüKo BGB, § 728, Rn. 18. Struckmeier, Kapitalerhöhungen bei Personengesellschaften, S. 207. Vgl. i. E. Struckmeier, Kapitalerhöhungen bei Personengesellschaften, S. 210.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Zeitpunkt, in dem der Beschluss insolvenzrechtlich als vorgenommen gilt, nach § 140 InsO zu bestimmen. Spiegelbildlich zum Anfechtungsurteil ist dabei der Zeitpunkt des Eintritts der Heilung maßgeblich. Die Rückwirkung bleibt hier somit ebenfalls für die Frage, wann der Beschluss als Rechtshandlung vorgenommen wurde, außer Betracht162, da erst im Zeitpunkt der Heilung die gläubigerbenachteiligende Wirkung eintritt.163 Ein nichtiger Beschluss, mit dem über ein Recht des Verbandes verfügt werden sollte, stellt somit eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO dar, wenn die Heilung erst nach der Insolvenzeröffnung eintritt. Er ist dementsprechend unwirksam, wenn der Insolvenzverwalter die Verfügung nicht gemäß § 185 Abs. 1 BGB genehmigt. Ist der nichtige Beschluss vor der Insolvenzeröffnung gefasst worden und trat die Heilung bereits vor Insolvenzeröffnung ein, so ist für die Berechnung des Anfechtungszeitraums für die Anfechtungstatbestände gemäß §§ 130 ff. InsO ebenfalls der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Heilung eintrat. Entsprechend ist der Zeitpunkt, in dem durch einen Verbandsbeschluss eine Forderung gegen den Verband im Sinne von § 38 InsO begründet wird, insolvenzrechtlich zu bestimmen.164 Eine Insolvenzforderung setzt gemäß § 38 InsO voraus, dass der Vermögensanspruch im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet ist. Das ist im Falle eines nichtigen Beschlusses der Zeitpunkt, in dem die Heilung eintritt. Ein aufgrund eines nichtigen Jahresabschlusses gefasster und damit ebenfalls nichtiger Gewinnverwendungsbeschluss begründet beispielsweise keinerlei Rechte der Verbandsmitglieder gegenüber dem Verband, selbst wenn er in der Zukunft heilen könnte. Die Notwendigkeit, im Insolvenzverfahren die Insolvenzgläubiger bestimmen zu können, schließt es aus, die Rückwirkung der nach der Insolvenzeröffnung eintretenden Heilung bei der Frage, ob der Anspruch bereits bei Insolvenzeröffnung begründet war, zu berücksichtigen.165 Tritt die Heilung daher erst nach der Insolvenzeröffnung ein, richtet sich der Anspruch als Neuverbindlichkeit gegen den insolventen Verband.166

I. Die Feststellung des Jahresabschlusses Gemäß § 242 HGB sind Kaufleute zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet. Der Jahresabschluss ist der jährliche Abschluss der im Rahmen der 162

Dies verkennend: Gelbrich, KTS 2020, 143 (158); Mylich, AG 2011, 765 (768 f.); Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 212. 163 Vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 140, Rn. 2; Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 140, Rn. 2; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 140, Rn. 8; BGH, Urt. v. 30. 09. 2010 – IX ZR 177/07, NZI 2010, 981, juris Rn. 11. 164 OVG Berlin, Urt. v. 15. 02. 2018 – OVG 6 B 5.16, ZInsO 2018, 805, juris Rn. 18. 165 Vgl. BVerwG, Urt. v. 26. 02. 2015 – 3 C 8/14, BVerwGE 151, 302, juris Rn. 15; OVG Berlin, Urt. v. 15. 02. 2018 – OVG 6 B 5.16, ZInsO 2018, 805, juris Rn. 20. 166 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 5; Lüdtke, in: HambKomm InsO, § 38, Rn. 28; OLG Celle, Urt. v. 07. 01. 2003 – 16 U 156/02, NZI 2003, 201, juris Rn. 6.

C. Nichtige heilbare Beschlüsse

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Finanzbuchhaltung gemachten Aufzeichnungen und gewonnenen Daten.167 Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich um eine Bestandsrechnung zum Abschlussstichtag (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB).168 Der Jahresabschluss selbst ist mithin lediglich ein Zahlen- und Wortbericht.169 Die Aufstellung dieses Zahlen- und Wortberichts gehört in Verbänden zu den Pflichten der Geschäftsführungsorgane, die damit einerseits ihre Organpflicht und andererseits die öffentliche Pflicht des Verbandes aus § 242 HGB erfüllen (dualer Charakter der Aufstellung).170 Von dieser Aufstellung des Jahresabschlusses ist dessen Feststellung zu unterscheiden. Durch die Feststellung erlangt ein Jahresabschluss bei Verbänden Verbindlichkeit.171 Damit ist gemeint, dass dieser Abschluss der für die Verbandsorgane verbindliche und für die Rechtsbeziehungen des Verbandes zu den Mitgliedern sowie der Mitglieder untereinander maßgebende Jahresabschluss sein soll.172 Da die Pflicht des Verbandes zur Aufstellung eines Jahresabschlusses aus § 242 HGB nur durch einen verbindlichen Jahresabschluss erfüllt werden kann, hat die Feststellung ebenfalls einen dualen Charakter, insofern sie auch der Erfüllung dieser öffentlichrechtlichen Pflicht dient.173 Entgegen der wohl h. M. geht die Feststellungskompetenz der Organe nicht gemäß §§ 80, 155 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über.174 Aus § 155 Abs. 1 InsO ergibt sich lediglich, dass die Pflicht des Verbandes zur externen Rechnungslegung einerseits durch die Insolvenzeröffnung nicht berührt wird (§ 155 Abs. 1 Satz 1 InsO) und andererseits die Rechnungslegung bezüglich der Insolvenzmasse vom Insolvenzverwalter zu erfüllen ist (§ 155 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das bedeutet, dass hinsichtlich der Insolvenzmasse der Insolvenzverwalter Adressat der 167

Coenenberg u. a., Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 3; Daum u. a., BWL für Juristen, S. 140. 168 Kleindiek, in: MüKo BilR, § 242, Rn. 17. 169 Vgl. BGH, Urt. v. 15. 01. 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283, juris Rn. 26, der von einem Rechenwerk spricht. 170 Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 18; Nägel, in: Heymann, HGB, § 242, Rn. 8; Schnorr, ZHR 2006, 9 (14); Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BT-Drucks. 59/21, S. 278. 171 Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), § 42a, Rn. 5; Mock, Die Heilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte, S. 459. 172 Hennrichs/Pöschke, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 10; Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BT-Drucks. 59/21, S. 279. 173 Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 20; Euler/Klein, in: Spindler/Stilz, AktG, § 172, Rn. 13; Jansen, in: BeckOGK AktG, § 256, Rn. 95; Hennrichs/Pöschke, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 20; Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 256, Rn. 78; Rölike, in: Spindler/ Stilz, AktG, § 256, Rn. 88; Arnold, in: KK AktG, § 256, Rn. 91; Vetter, in: GK AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 12; a. A. Ekkenga, in: KK AktG, § 172, Rn. 10. 174 Müller/Gelhausen, in: Festschrift Claussen, S. 687 (689 f.), in: IDW RH HFA 1.012, Rn. 8; Kübler, in: K/P/B, InsO, § 155, Rn. 72; Boochs/Nickel, in: FK-InsO, § 155, Rn. 250; Schöpfer, in: KK-InsO, § 155, Rn. 292.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Pflichten aus §§ 238, 242 HGB ist.175 Die Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur externen Rechnungslegung, also zur Buchführung und Bilanzierung nach HGB, war bereits unter dem Regime der Konkursordnung anerkannt, als noch eine mit § 155 InsO vergleichbare Regelung fehlte.176 Dogmatisch wurde dies damit begründet, dass es sich bei der externen Rechnungslegung um einen Ausfluss der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis handelt, die gemäß § 6 KO auf den Konkursverwalter übergeht.177 Der Gesetzgeber hat bei Einführung der InsO diesen Pflichtenbestand dann als gegeben hingenommen, sodass er nur noch von einer dahingehenden Klarstellung in § 155 Abs. 1 InsO ausging.178 Die Wahrnehmung der Pflicht aus § 242 HGB durch den Insolvenzverwalter setzt jedoch nicht voraus, dass der Insolvenzverwalter – entsprechend dem Verband und seinen Organen – den Jahresabschluss nach der Aufstellung noch feststellen lassen muss.179 Nach der Amtstheorie wird der das Unternehmen bis zur Liquidation fortführende Insolvenzverwalter nämlich als der den Verband ersetzende Unternehmer betrachtet.180 Deshalb ist zwischen der Pflicht zur externen Rechnungslegung und deren Erfüllung zu unterscheiden. Die Frage, ob eine Pflicht zur externen Rechnungslegung besteht, richtet sich nach dem schuldnerischen Unternehmen bzw. der Eigenschaft des Schuldners als Formkaufmann (§ 155 Abs. 1 Satz 1 InsO).181 Für die Frage, wie diese Pflicht hinsichtlich der Insolvenzmasse formal zu erfüllen ist, muss jedoch auf die Person des Insolvenzverwalters abgestellt werden (§ 155 Abs. 1 Satz 2 InsO).182 Bei dem Insolvenzverwalter muss es sich gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO um eine natürliche Person handeln.183 Daher hat sich die Frage, in welcher Weise die Pflicht zur Erstellung des Jahresabschlusses gemäß § 242 HGB erfüllt wird, an einem Einzelkaufmann und nicht an einer Handelsgesellschaft zu orientieren. Eine Feststellung des Jahresabschlusses ist durch einen Einzelkaufmann und damit durch einen Insolvenzverwalter weder möglich noch notwendig.184 Soweit hier 175

Schmittmann, in: K. Schmidt, InsO, § 155, Rn. 1; Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 155, Rn. 3, 28. 176 Vgl. Karsten Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 75 f. m. w. N.; BFH, Urt. v. 08. 06. 1972 – IV R 129/66, BFHE 106, 305, juris Rn. 11. 177 Klasmeyer/Kübler, BB 1978, 369 (370); anders Pelka/Niemann, Praxis der Rechnungslegung in Insolvenzverfahren, S. 3. 178 Vgl. Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, S. 188. 179 Petersen, Jahresabschlussprüfung in der Insolvenz, S. 361. 180 Karsten Schmidt, Liquidationsbilanzen und Konkursbilanzen, S. 89, unter Verweis auf Stüdemann, in: 100 Jahre Konkursordnung, S. 401 f. 181 Vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 238, Rn. 9. 182 Vgl. Bundesministerium der Justiz, Referentenentwurf, Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts, S. 188. 183 Zipperer, in: Uhlenbruck, InsO, § 56, Rn. 13. 184 Nägel, in: Heymann, HGB, § 242, Rn. 9; Kleindiek, in: MüKo BilR, § 242, Rn. 14.

C. Nichtige heilbare Beschlüsse

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zum Teil von einer Feststellung gesprochen wird, handelt es sich lediglich um die in der Unterzeichnung ausgedrückte Endgültigkeit der Aufstellung und die Aussage, dass der Jahresabschluss in dieser Form zur Erfüllung der Pflicht aus § 242 HGB dienen soll, sowie schließlich die Übernahme der Verantwortung für den Jahresabschluss. Eine Feststellung im gesellschaftsrechtlichen Sinn kann darin jedoch nicht erkannt werden, da der Insolvenzverwalter ebenso wenig wie der Einzelkaufmann mit sich selbst einen Vertrag schließen oder einen Gesellschafter- oder Organbeschluss treffen kann.185 Dementsprechend kann er weder auf vertraglichem noch auf korporationsrechtlichem Wege einen Jahresabschluss feststellen. Das ist auch nicht erforderlich, da der Insolvenzverwalter sein Ermessen hinsichtlich der bilanziellen Ansätze in den gesetzlichen Schranken und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung allein ausübt.186 Eine Feststellung des Jahresabschlusses findet durch den Insolvenzverwalter somit tatsächlich nicht statt.187 Da er nach der Amtstheorie im eigenen Namen kraft Amtes, das ihm durch Gesetz übertragen ist, mit Wirkung für und gegen die Insolvenzmasse und insoweit für und gegen den Schuldner handelt, ist der von ihm erstellte Jahresabschluss für den insolventen Verband und damit für dessen Mitglieder und Organe verbindlich. Wenn nunmehr davon gesprochen wird, dass die Organe die Feststellungskompetenz verlören188, kann dies darüber hinaus mit Blick auf die nach der h. M. bestehende Möglichkeit der Freigabe von Massegegenständen in der Verbandsinsolvenz nicht überzeugen. Schließlich bezieht sich die Rechnungslegungspflicht des Insolvenzverwalters nur auf die Insolvenzmasse. Damit verbleibt eine Rechnungslegungspflicht des Verbandes für das insolvenzfreie Vermögen. Die Rechnungslegungspflicht gemäß § 242 HGB ist unabhängig davon, ob Vermögen vorhanden ist oder nicht. Der Verband hat daher nach der Insolvenzeröffnung außerhalb der Freigabe eine Nullbilanz zu erstellen.189 Die formalen Voraussetzungen richten sich insofern weiterhin nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen, da die Insolvenz die innergesellschaftliche Organisation nicht berührt und die Rechnungslegungspflicht nur durch einen verbindlichen Jahresabschluss erfüllt werden kann. Die Erfüllung dieser Rechnungslegungspflicht setzt mithin weiterhin eine Feststellung des Jahresabschlusses für das insolvenzfreie Vermögen voraus, sodass dem jeweiligen Feststellungsorgan eine dahingehende Feststellungskompetenz verbleiben muss. Aufgrund der fortbestehenden Rechnungslegungspflicht des Verbandes für den insolvenzfreien Bereich und der ab der Insolvenzeröffnung entstandenen Rechnungslegungspflicht des Insolvenzverwalters für den Verdrängungsbereich ist, wenn es um die Möglichkeit der Organe zur Änderung festgestellter Jahresabschlüsse geht, 185

Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 21. Vgl. Pöschke, in: GK HGB, § 242, Rn. 21. 187 Andres, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 155, Rn. 28. 188 Müller/Gelhausen, in: Festschrift Claussen, S. 687 (689 f.). 189 Kritisch Schmittmann, in: K. Schmidt, InsO, § 155, Rn. 48; LG Bonn, Beschl. v. 13. 11. 2008 – 30 T 275/08, NZI 2009, 194, juris Rn. 8. 186

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

zwischen den vor und nach der Insolvenzeröffnung festgestellten Jahresabschlüssen zu unterscheiden. Jahresabschlüsse des Verbandes, die nach der Insolvenzeröffnung weiterhin von den Organen für das insolvenzfreie Vermögen erstellt wurden, können von diesen nach der Feststellung des Jahresabschlusses nach den allgemeinen Regeln wieder geändert werden. Jahresabschlüsse, die vor der Insolvenzeröffnung festgestellt wurden, beziehen sich demgegenüber auf die Insolvenzmasse. Dabei ist zu beachten, dass den Insolvenzverwalter hinsichtlich der Insolvenzmasse die Rechnungslegungspflicht auch für den vorinsolvenzlichen Zeitraum trifft, sofern diese vor der Insolvenzeröffnung nicht durch die Aufstellung und (wirksame) Feststellung eines Jahresabschlusses erfüllt wurde. Ist der Jahresabschluss vor der Insolvenzeröffnung nicht festgestellt worden oder war die Feststellung gemäß § 256 AktG nichtig, so handelt es sich bei der Neuvornahme nicht um eine Änderung, sondern um die erstmalige Erfüllung der Rechnungslegungspflicht.190 Für diese ist daher der Insolvenzverwalter gemäß §§ 80, 155 InsO zuständig, soweit es die Insolvenzmasse betrifft. Da sich ein vorinsolvenzlich aufgestellter Jahresabschluss auf die Insolvenzmasse bezieht, können die Verbandsorgane der Rechnungslegungspflicht nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr nachkommen, indem sie den Jahresabschluss feststellen. Der Beschluss ist zwar insoweit gesellschaftsrechtlich wirksam, aber mit ihm wird nicht die Rechnungslegungspflicht aus § 242 HGB erfüllt, da der Verband nicht mehr Adressat der Rechnungslegungspflicht ist und somit bei deren Erfüllung nicht von seinen Organen vertreten werden kann. Umgekehrt kann der durch seine Organe vertretene Verband eine vor der Insolvenzeröffnung wirksam beschlossene Feststellung nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr aufheben. Die wirksame Feststellung des Jahresabschlusses vor der Insolvenzeröffnung bewirkt, dass für den Zeitraum, auf den sich der Jahresabschluss bezieht, die Rechnungslegungspflicht erfüllt wurde. Wird die Feststellung aufgehoben, entfällt die Verbindlichkeit des Jahresabschlusses, die für die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht erforderlich ist, sodass die Pflicht zur Rechnungslegung von Neuem entsteht. Da der Verband nach der Insolvenzeröffnung hinsichtlich der Insolvenzmasse aber nicht mehr Adressat der Rechnungslegungspflicht ist, sondern diese sowohl für die Zeit vor als auch für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist, kann er, vertreten durch seine Organe, die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht nicht mehr beseitigen und dadurch eine neue Pflicht des Insolvenzverwalters zur Rechnungslegung begründen. Will demgegenüber der Insolvenzverwalter den wirksam festgestellten Jahresabschluss ändern, bedarf es hierzu nicht der Aufhebung der Feststellung, da er als Amtswalter gegenüber dem Verband Dritter ist und deshalb nicht an die Feststellung gebunden ist.191 Ein Jahresabschluss kann sowohl nach dessen (wirksamer) Feststellung wie nach der Fassung eines Ergebnisverwendungsbeschlusses noch geändert 190 191

Waclawik, in: Hölters/Weber, AktG, § 172, Rn. 12. Vgl. Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 139.

C. Nichtige heilbare Beschlüsse

155

werden.192 Da die Feststellung des Jahresabschlusses aber die Grundlage für den Gewinnverwendungsbeschluss bildet, stellt sie eine endgültige Maßnahme dar, die nicht aufgrund einer bloßen Sinnesänderung hinsichtlich der Ausübung des bilanzpolitischen Ermessens193 umgestoßen werden kann.194 Haben die Mitglieder daher bereits auf der Grundlage des festgestellten Jahresabschlusses über die Gewinnverwendung entschieden, wandelt sich das allgemeine Gewinnbezugsrecht in ein von der Mitgliedschaft gelöstes Gläubigerrecht auf Dividendenauszahlung, das den Mitgliedern nicht mehr durch eine (rückwirkende195) Aufhebung der Feststellung und eine Neufeststellung eines geänderten Jahresabschlusses entzogen werden kann.196 Der Eingriff in das Gläubigerrecht setzt daher eine „Zustimmung“ der Mitglieder voraus.197 Will der Insolvenzverwalter daher einen vor der Insolvenzeröffnung wirksam festgestellten Jahresabschluss mit Wirkung für bereits wirksam entstandene Ansprüche der Mitglieder ändern, braucht er die Zustimmung der Mitglieder.

II. Folgen der Heilung und des Nichtigkeitsurteils Der Umstand, dass der Jahresabschluss durch die Feststellung im Verhältnis des Verbandes zu den Mitgliedern und im Verhältnis der Mitglieder untereinander Verbindlichkeit erlangt, weist zunächst keinen unmittelbaren Massebezug auf. Mit der Feststellung wird weder unmittelbar über ein Recht verfügt, noch wird ein Recht begründet.198 Damit stellt sich die Frage, ob die Feststellung des Jahresabschlusses einen mittelbaren Massebezug aufweist, insofern er darauf gerichtet ist, die 192 Tiedchen, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 42a, Rn. 74 f.; Kersting, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 42a, Rn. 23; Büteröwe, in: Henssler/Strohn, GesR, § 42a GmbHG, Rn. 24; a. A. Ekkenga, in: KK AktG, § 172, Rn. 24 f. 193 Vgl. hierzu Bochmann/Cziupka, in: GmbH-Handbuch, Rz. I 1411. 194 BGH, Urt. v. 24. 01. 1957 – II ZR 208/55, BGHZ 23, 150 (152). 195 Vgl. Tröger, in: KK AktG, § 133, Rn. 218; Drescher, in: MüKo GmbHG, § 47, Rn. 65. 196 Crezelius, in: Scholz, GmbHG (11. Aufl.), § 42a, Rn. 39; Büteröwe, in: Henssler/Strohn, GesR, § 42a GmbHG, Rn. 24; Grigoleit/Zellner, in: Grigoleit, AktG, § 172, Rn. 11; Koch, AktG, § 172, Rn. 10; Waclawik, in: Hölters/Weber, AktG, § 172, Rn. 14; Scholz, in: Handbuch der Personengesellschaften, Rz. I, 615; Merkt, in: Baumbach/Hopt HGB, § 245, Rn. 5; Vetter, in: GK AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 120; Müller, in: Festschrift Quack, S. 359 (365). 197 Crezelius, in: Scholz, GmbHG (11. Aufl.), § 42a, Rn. 39; Büteröwe, in: Henssler/Strohn, GesR, § 42a GmbHG, Rn. 24; Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), § 46, Rn. 23; Vetter, in: GK AktG (5. Aufl.), § 172, Rn. 120. 198 Etwas anderes könnte sich ergeben, wenn in der Feststellung im Einzelfall zugleich auch ein abstraktes Schuldanerkenntnis der Gesellschafter erblickt wird, da dann mit der Feststellung auch ein Recht der Gesellschaft begründet wurde. Das scheint indes zweifelhaft, da das Anerkenntnis nicht Bestandteil des Feststellungsbeschlusses ist, sondern daneben entsteht. Schließlich wird hier die Auffassung vertreten, dass das Verhalten bei der Zustimmung zur Feststellung des Jahresabschlusses nur indizielle Bedeutung für ein Anerkenntnis der Gesellschafter hat; vgl. die Ausführungen in Teil 2 A.II.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

Rechtsgrundlage für ein anderes Recht zu bilden, das im Verhältnis zur Insolvenzmasse steht. Das OLG Dresden schien das in seiner Entscheidung vom 09. 02. 2017 über die Bilanznichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters der ecoConsort AG gegen die ecoConsort AG bezüglich deren Jahresabschlusses zum 31. 03. 2011 anzunehmen.199 Der Insolvenzverwalter der ecoConsort AG hatte die Bilanznichtigkeitsklage ausschließlich erhoben, weil er der Auffassung war, dass auf Basis dieses Jahresabschlusses zu hohe Ertragssteuern entrichtet worden seien. Sein Ziel war es somit über die Bilanznichtigkeitsklage eine Rückzahlung der abgeführten Ertragssteuern gegen die Finanzverwaltung durchsetzen zu können. Für das OLG Dresden ergab sich hierbei der notwendige Massebezug der Bilanznichtigkeitsklage i. S. d. § 80 InsO nicht aus dem Fernziel einer Ertragssteuerrückerstattung im Nachgang der Nichtigerklärung. Vielmehr sei maßgebend, ob durch die in Rede stehende angegriffene Maßnahme oder Beschlussfassung massebezogene Rechtsfolgen herbeigeführt worden seien.200 Hierfür stellte es dann aber nicht auf die Feststellung des Jahresabschlusses, sondern auf den Jahresabschluss selbst ab: „In diesem Sinne weist der beanstandete Jahresabschluss zum 31. 03. 2011 einen Massebezug auf. Die vom Kläger angestrebte Rechtsverfolgung hat zugleich eine der Insolvenzmasse günstige Zielrichtung. Denn liegen die vom Kläger geltend gemachten Bewertungsfehler im Sinne des § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG oder ein Gliederungsfehler im Sinne des § 256 Abs. 4 AktG vor, rechtfertigt dies die Nichtigerklärung des Jahresabschlusses zum 31. 03. 2011. Damit wären die Gewinnausweisungen im Jahresabschluss hinfällig. Es entfiele die handelsbilanzrechtliche Anknüpfung für mit ausgewiesenen Gewinnen verbundene finanzielle Folgebelastungen, wie etwa Gewinnabführungen, Gewinnausschüttungen oder hier Körperschaft- oder Gewerbesteuerabführungen.“201

In gleicher Weise argumentierte der BGH in seinen Entscheidungen vom 21. 04. 2020 zu den Bilanznichtigkeitsklagen der Insolvenzverwalter der IKP und der Future Business KGaA.202 So ist der BGH der Auffassung, dass eine Betroffenheit der Insolvenzmasse anzunehmen sei, wenn die beanstandeten Mängel des Jahresabschlusses nachteilige Auswirkungen auf die Insolvenzmasse haben und der klagende Insolvenzverwalter den angegriffenen Jahresabschluss durch einen für die Masse günstigeren Jahresabschluss ersetzen möchte. Eine ausreichende Massebetroffenheit soll nach dem BGH jedenfalls dann gegeben sein, wenn auf dem angegriffenen Jahresabschluss zivilrechtliche oder steuerrechtliche Verbindlichkeiten beruhen, die zu einer Verringerung der Masse führen und die Klage der dauerhaften Beseitigung 199 OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 44 f. (Das OLG Dresden prüft diesen Gesichtspunkt im Rahmen der Aktivlegitimation und des Rechtsschutzbedürfnisses, da es auf Passivseite davon ausgeht, dass auch nach Insolvenzeröffnung stets die Gesellschaft die richtige Beklagte ist.). 200 OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 44. 201 OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 45. 202 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 29 f.; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 24 f.

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oder Verminderung dieser Verbindlichkeiten dient. Der BGH meint dann, dass im Falle einer gegenüber jedermann rechtswirksamen Nichtigkeitsfeststellung des Jahresabschlusses, die im Jahresabschluss enthaltenen Gewinnausweisungen hinfällig wären und die damit verbundenen Folgebelastungen für die Masse, die in der Gewinnabführung, Gewinnausschüttung oder dem Zahlen von Steuern liegen können, unterbleiben würden.203 Diese Darstellungen des OLG Dresden und des BGH sind hinsichtlich eines mittelbaren Massebezugs eines Jahresabschlusses zwar anschaulich, vermögen in ihrer Pauschalität aber bei genauerer Betrachtung nicht zu überzeugen. Problematisch ist bereits, dass sowohl das OLG Dresden als auch der BGH für den mittelbaren Massebezug auf den Jahresabschluss und nicht auf dessen Feststellung abheben. Wie bereits ausgeführt wurde, handelt es sich bei einem Jahresabschluss lediglich um einen Zahlen- und Wortbericht. Ein Zahlen- und Wortbericht kann richtig oder falsch, aber nicht wirksam oder unwirksam sein, da es sich dabei nicht um ein Rechtsgeschäft handelt. Mithin kann der Jahresabschluss an sich nicht wirksam oder unwirksam sein. Deshalb geht es in § 256 AktG um die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses und nicht um die Nichtigkeit des Jahresabschlusses selbst.204 Ein mittelbarer Massebezug ist daher nur dann anzunehmen, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses mittelbar massebezogene Rechtsfolgen aufweist. Das zwingt dazu, die Feststellung des Jahresabschlusses immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Folgemaßnahme zu betrachten, die eine Massewirkung beinhaltet. Daran gemessen erweisen sich die Ausführungen des OLG Dresden und des BGH als weitestgehend unzutreffend. 1. Feststellung und Steuerfestsetzung Die Feststellung des Jahresabschlusses entfaltet keine Rechtswirkung hinsichtlich der Körperschaft- oder Gewerbesteuer. Bei buchführungs- und abschlusspflichtigen oder freiwillig Bücher führenden und bilanzierenden Gewerbetreibenden erfolgt die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens auf der Grundlage eines Bestandsvergleichs gemäß § 4 Abs. 1 EStG nach der Spezialvorschrift des § 5 Abs. 1 EStG (vgl. § 8 KStG205 ; § 7 GewStG206).207 Der für die Gewinnermittlung maßgebliche Bestandsvergleich erfolgt im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 EStG auf der Grundlage von Vermögensübersichten, die den steuerlichen Vorschriften entsprechen müssen (§ 4 Abs. 2 EStG; § 60 Abs. 2 EStDV). Zu diesem Zweck muss beim Finanzamt neben der Steuererklärung entweder eine an die steuerlichen Vorschriften angepasste Handelsbilanz oder eine unmittelbar anhand der steuerlichen Vor203 204 205 206 207

BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 29 f. Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 1. Rengers, in: Brandis/Heuermann, § 8 KStG, Rn. 46. Drüen, in: Brandis/Heuermann, § 7 GewStG, Rn. 48. Krumm, in: Brandis/Heuermann, § 5 EStG, Rn. 1, 30.

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Teil 4: Das Beschlussmängelrecht in der Insolvenz

schriften erstellte Steuerbilanz eingereicht werden.208 Die Steuerfestsetzung erfolgt somit auf der Grundlage der Steuererklärung, der entweder eine angepasste Handelsbilanz oder eine eigenständige Steuerbilanz beigefügt wird. Formelle Anforderungen, wie die Feststellung des Jahresabschlusses, sieht das Steuerrecht nicht vor. Weder der Jahresabschluss noch die angepasste Handelsbilanz oder die Steuerbilanz müssen daher durch die Mitglieder festgestellt werden, damit eine steuerrechtlich wirksame Bilanz vorliegt.209 Deshalb ist es für die Steuererklärung und damit auch für die Steuerfestsetzung irrelevant, ob die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig ist.210 Die Finanzverwaltung ist ohnehin wegen des Grundsatzes der materiellen Maßgeblichkeit weder an die Handelsbilanz noch an die Steuerbilanz gebunden.211 Aus § 5 Abs. 1 EStG ergibt sich, dass – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Steuerrecht (Vorrang des Steuerrechts) – für die Steuerbilanz die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und nicht der konkrete Ausweis in der Handelsbilanz maßgeblich sind.212 Ein Ansatz in der Handelsbilanz kann für die Besteuerung deshalb nur dann maßgeblich sein, wenn er diesen Grundsätzen entspricht.213 Ein Fehler in der Handelsbilanz kann somit im Sinne einer Fehleridentität gleichfalls einen Fehler in der steuerlich abgeänderten Handelsbilanz bzw. der Steuerbilanz bewirken. Diesen Fehler kann die Gesellschaft gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG unabhängig davon, ob er zur Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses führt oder nicht, korrigieren.214 Die Annahme des OLG Dresden und des BGH zu einer Rechtswirkung des Jahresabschlusses für Folgebelastungen in Form von Körperschaft- oder Gewerbesteuerabführungen ist daher unzutreffend, da hier der faktische Zusammenhang einer Fehleridentität mit den Rechtsfolgen einer Feststellung verwechselt wird. Daraus folgt, dass weder die Heilung der Feststellung des Jahresabschlusses noch die rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses eine Auswirkung auf die Richtigkeit der Steuerfestsetzung hat. Da sich die materielle Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils über die Prozessparteien hinaus nur gegenüber den in § 248 AktG genannten Personen erstreckt, besteht gegenüber der Finanzverwaltung lediglich eine präjudizielle Wirkung.215

208

Krumm, in: Brandis/Heuermann, § 5 EStG, Rn. 93. BFH, Urt. v. 28. 05. 2008 – I R 98/06, BFHE 221, 215, juris Rn. 16. 210 Haase, DB 1977, 241 (241 f.). 211 Drüen, in: Brandis/Heuermann, § 4 EStG, Rn. 974; Gelbrich, KTS 2020, 143 (156). 212 Krumm, in: Brandis/Heuermann, § 5 EStG, Rn. 180, 183. 213 BFH, Beschl. v. 13. 06. 2006 – I R 58/05, BFHE 213, 559, juris Rn. 13; BFH, Urt. v. 22. 05. 2019 – XI R 40/17, BFHE 265, 113, juris Rn. 21. 214 Drüen, in: Brandis/Heuermann, § 4 EStG, Rn. 973. 215 Siehe hierzu die Ausführungen unter Teil 2 B.I.3. 209

C. Nichtige heilbare Beschlüsse

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2. Feststellung und gewinnabhängige Rechte Dritter Die Feststellung des Jahresabschlusses ist grundsätzlich nicht die Rechtsgrundlage für Verbindlichkeiten des Verbandes aufgrund von Gewinnabführungsverträgen, erfolgsbasierten Vergütungsbestandteilen (Tantieme) oder Genussrechtszinsen. Der Inhalt des Jahresabschlusses stellt lediglich die Berechnungsgrundlage für die Ansprüche aus dem Gewinnabführungsvertrag, dem Anstellungsvertrag oder der Genussrechtsvereinbarung dar, ohne dass es auf die Wirksamkeit der Feststellung ankommt, wenn nicht explizit etwas anderes vereinbart ist. Im Verhältnis zu Dritten hat daher weder die Heilung noch ein stattgebendes Nichtigkeitsurteil eine rechtliche Wirkung, wenn nicht explizit vereinbart ist, dass das Recht des Dritten vom Bestand der Feststellung abhängt und der Dritte vertraglich an ein entsprechendes Nichtigkeitsurteil gebunden ist. Im Übrigen hat das Urteil nur präjudizielle Wirkung. 3. Feststellung und Gewinnverwendung Die Feststellung des Jahresabschlusses ist mittelbar Rechtsgrundlage für den Anspruch der Mitglieder gegen den Verband auf Gewinnausschüttung, wenn ein Gewinnverwendungsbeschluss getroffen wird, mit dem eine Ausschüttung verbunden ist. Ist die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig, dann ist auch der Gewinnverwendungsbeschluss nichtig (§ 253 Abs. 1 Satz 1 AktG). Die Mitglieder sind gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG von der materiellen Rechtskraft eines Urteils, das die Nichtigkeit des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses feststellt, erfasst. Mit der Heilung der Feststellung des Jahresabschlusses ist in gleicher Weise der Gewinnverwendungsbeschluss geheilt (§ 253 Abs. 1 Satz 2 AktG). Gemäß § 140 InsO ist hinsichtlich der Wirksamkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses trotz der materiell-rechtlichen Rückwirkung der Heilung nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung, sondern auf den Eintritt der Heilung abzustellen.

Teil 5

Beschlussmängelklagen in der Insolvenz Die aus den vorherigen Teilen dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse sollen im Folgenden auf den Beschlussmängelstreit nach Insolvenzeröffnung angewendet werden. Dem wird das Verständnis und die Entwicklung der h. M. zur Aktiv- und Passivlegitimation des Insolvenzverwalters vorangestellt.

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit nach der Insolvenzeröffnung Eine Beschlussmängelklage ist außerhalb der Insolvenz stets gegen den Verband zu richten. In Anwendung der Amtstheorie geht die heute h. M. davon aus, dass der Verband nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst bei Beschlussmängelklagen nicht mehr in jedem Fall passivlegitimiert ist, sondern es nunmehr darauf ankommt, ob es sich um eine Angelegenheit handelt, für die der Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO die Sachbefugnis innehat, sodass einzig er der richtige Beklagte ist. Der BGH und die ganz überwiegende Literatur sehen im Anschluss an das Reichsgericht die maßgebliche Weichenstellung für die Frage nach der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters und des Verbandes nach einer Insolvenzeröffnung in der Wirkung des angegriffenen Beschlusses und somit in der Wirkung des stattgebenden Urteils auf die Insolvenzmasse. Danach soll der Insolvenzverwalter immer dann passivlegitimiert sein, wenn sich der Beschluss unmittelbar vorteilhaft – durch Mehrung der Aktiva oder Minderung der Passiva – auf das Vermögen des Verbandes ausgewirkt hat, da das stattgebende Urteil dann ungünstig für die Insolvenzmasse wäre. Demgegenüber wäre der Verband nach der Insolvenzeröffnung weiterhin passivlegitimiert, wenn sich der angegriffene Beschluss unmittelbar nachteilig – durch Minderung der Aktiva oder Mehrung der Passiva – auf das Verbandsvermögen ausgewirkt hat, da das stattgebende Urteil dann günstig für die Insolvenzmasse wäre.1 Nach Müller ergibt sich diese Teilung aus dem Gedanken der Interessenkollision.2 1 Zuerst RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244; unklar BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114; deutlich BGH, Urt. v. 19. 07. 2011 – II ZR 246/09, BGHZ 190, 291; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 49; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 35; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 246, Rn. 32; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 246, Rn. 12;

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit

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I. Die Entwicklung der h. M. In seiner Entscheidung vom 06. 05. 19113 wendete das Reichsgericht zur Beantwortung der Frage, gegen wen in der Insolvenz einer Aktiengesellschaft eine Anfechtungsklage gemäß § 271 HGB a. F.4 zu richten sei, die noch heute maßgebenden Grundsätze zur Stellung und zur Sachbefugnis des Konkursverwalters als Amtswalter an. Das Reichsgericht ging zunächst davon aus, dass die Sachlegitimation das entscheidende Kriterium dafür ist, ob die Klage gegen den Insolvenzverwalter oder gegen die durch den Vorstand und den Aufsichtsrat vertretene Gesellschaft zu richten ist. So führte es in seinem Urteil vom 06. 05. 1911 aus, die Entscheidung, ob die Beschlussmängelklage gegen den Konkursverwalter oder die Gesellschaft zu richten sei, hänge davon ab, ob die Verteidigung der angegriffenen Beschlüsse zu den gesetzlichen Aufgaben des Konkursverwalters gehöre.5 Es führte aus, dass das Gesetz dem Verwalter die Aufgabe zuweise das Massevermögen zu verwalten und zu verwerten. Nur wenn die Abwehr der erhobenen Klage einen Akt der Konkursverwaltung bedeute, sei er gegenüber der Klage passiv legitimiert. „Ein Streit, der seines Amtes nicht ist“, könne ihm nicht aufgezwungen werden. In einem solchen Streit wäre die Klage gegen die auch im Konkurs fortbestehende Gesellschaft zu richten, die dabei durch ihre Organe vertreten werde.6 Das Reichgericht stellte für die Zweckwidrigkeit auf eine rechtliche Betrachtung ab und sprach dem Insolvenzverwalter dann nach der Feststellung der Zweckwidrigkeit die Sachlegitimation und somit auch die Passivlegitimation ab. Es müsse laut dem Reichsgericht als ausgeschlossen gelten, dass der Verwalter einer solchen Klage als Beklagter gegenübertreten könnte. Auch wenn zwar der Vorstand einer Aktiengesellschaft, selbst wenn er aus irgendwelchen Gründen von einer eigenen Klageerhebung Abstand nehme, als Mitvertreter der Gesellschaft für sie tätig werden müsse, gelte dies nicht entsprechend für den Konkursverwalter. Die Rechtshandlungen des Verwalters fänden in seiner Aufgabe, die Konkursmasse zur Befriedigung der Gläubiger zu verwerten, ihre gesetzliche Schranke. Handlungen, die diesem Zwecke des Konkurses ihrer Natur nach widerstreiten, lägen außerhalb seines Machtbereichs und seien rechtlich unwirksam. Mit dem Konkurszwecke wäre es Koch, AktG, § 246, Rn. 29; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 240, Rn. 5; Stackmann, in: MüKo ZPO, § 240, Rn. 20; Vuia, in: Münchener HB GesR VII, § 22, Rn. 22; Altmeppen, Roth/ Altmeppen (10. Aufl.), Anhang § 47, Rn. 87; Wolff, in: Münchener HB GesR III, § 40, Rn. 59a; Raiser/ Schäfer, in: H/C/L, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 199; Schumacher, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 85, Rn. 39; Eckardt, in: Gottwald, InsR-HB, § 32, Rn. 106; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 138 f.; Weber, KTS 1970, 73 (73, 86 ff.). 2 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 193 f. 3 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244. 4 Handelsgesetzbuch vom 10. 05. 1897, RGBl. 1897, Nr. 23, Seite 283 (§ 271 HGB a. F. = §§ 243, 245, 246 AktG 1965). 5 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (246). 6 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (246).

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

daher unvereinbar, wenn der Verwalter einen Verzicht auf eine Masseaktivum in Form eines Entlastungsbeschlusses, der unter Verletzung des Gesetzes oder der Gesellschaftsstatuten zustande kam, verteidigt und dadurch dessen Aufhebung vereitele. Die Verteidigung widerrechtlicher Entlastungsbeschlüsse könne daher niemals Sache des Konkursverwalters sein. Auf der anderen Seite könne es nicht das Ziel des Gesetzes sein, die Beklagtenrolle einer Person aufzudrängen, deren amtliche Verpflichtung sie in jedem Zweifelsfall zu einem Anerkenntnis des Klageanspruchs nötigen würde.7 Zusammenfassend ging das Reichsgericht also in zwei Schritten vor. Im ersten Schritt prüfte es, ob die Sachbefugnis des Insolvenzverwalters durch eine Auswirkung des Beschlusses auf die Masse überhaupt eröffnet war. In einem zweiten Schritt prüfte es, ob dieser Massebezug vorteilhaft oder nachteilig für die Masse war. Im Falle der Nachteiligkeit sei der Insolvenzverwalter nicht passivlegitimiert, weil die Sachbefugnis des Insolvenzverwalters ihre Grenze im Insolvenzzweck finde. Es widerspräche dem Insolvenzzweck, wenn der Insolvenzverwalter für die Masse nachteilige Beschlüsse verteidigte. Deshalb fehle ihm die Sachbefugnis zur Verteidigung solcher Beschlüsse, da er sonst gezwungen wäre, ein Anerkenntnis zu erklären. Diese Situation sei nicht mit der des Vorstands oder des Aufsichtsrats vergleichbar, wenn sie als Vertreter der beklagten Gesellschaft agierten. Diesem Konzept wurde anfänglich von einigen Literaturstimmen widersprochen.8 Später schloss sich die Literatur jedoch einer Verteilung der Passivlegitimation zwischen der Gesellschaft und dem Insolvenzverwalter entsprechend den Grundsätzen, die das Reichsgericht im Urteil vom 06. 05. 1911 aufgestellt hatte, an.9 Der BGH befasste sich in seinem Urteil vom 10. 03. 196010 erstmals mit der Problematik der Auswirkung der Insolvenzeröffnung auf den Beschlussmängelstreit. In dem Verfahren ging es um eine Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Generalversammlung einer Genossenschaft gemäß § 51 GenG. Anders als in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 06. 05. 1911 wurde in diesem Fall das Konkursverfahren jedoch erst nach Erhebung der Beschlussmängelklage eröffnet. Dementsprechend ging es um die Frage, ob das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen wurde und durch den Insolvenzverwalter aufgenommen werden konnte. Das wurde vom BGH bejaht. Dabei ist allerdings nicht klar, ob der BGH tatsächlich die Folgewirkungen entsprechend dem Ansatz des Reichsgerichts in seine Bewertung mit 7

RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (249 f.). Fürst, LZ. 1912, 506 (513 f.); Wulff, LZ. 1913, 177 (177, 181 f.); Hachenburg, GmbHG, § 45, Anm. 26; Brodmann, Aktienrecht, § 272 HGB, Rn. 1g). 9 Vgl. Mentzel/Kuhn, KO (6. Aufl.) Vor §§ 10 f., Bemerkung 16; Weber, KTS 1970, 73, 87; Weber, in: Jaeger, KO (8. Aufl.), § 207, Anm. 35 b; Haase, DB 1977, 241, 244; Hüffer, AktG (1. Aufl.), § 246, Rn. 29; Roth, in: Stein/Jonas ZPO (21. Aufl.), § 240, Rn. 12; Schumacher, in: MüKo InsO (1. Aufl.), Vor §§ 85 f., Rn. 39; Wilhelmi, Godin/Wilhelmi, AktG (4. Aufl.), § 246, Anm. 4; Baumbach/Hueck, AktG (10. Aufl.), § 199, B. 3; Schilling, in: GK AktG (2. Aufl.), § 199, Anm. 14; Hüffer, in: MüKo AktG (1. Aufl.), § 246, Rn. 29. 10 BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114. 8

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit

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einbezog. Er schien die Entscheidung des Reichsgerichts vielmehr lediglich als Referenz dafür zu nutzen, dass die Insolvenzmasse durch eine Anfechtungsklage gegen einen Beschluss der Generalversammlung berührt sein kann.11 Eine weitergehende Prüfung, ob sich diese Beschlüsse tatsächlich vorteilhaft oder nachteilig auf die Masse auswirkten, stellte er dementsprechend nicht an.12 Das ergibt sich bei einem Auflösungsbeschluss auch nicht ohne Weiteres, da die Aus- und die Eintrittssperre für die Masse eine entgegengesetzte Wirkung entfalten, sodass hierzu eine konkrete Feststellung getroffen werden müsste. Eine solche Prüfung hat der BGH aber gerade nicht angestellt: „Der Auflösungsbeschluß ist für die Haftpflicht der Genossen von Bedeutung. Sobald eine Genossenschaft aufgelöst ist, kann sie keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen (RGZ 117,116,119). Ein vor der Auflösung erklärter, aber noch nicht in die Liste der Genossen eingetragener Beitritt kann nicht mehr wirksam werden (…). Nach der Auflösung ist ein Austritt aus der Genossenschaft ausgeschlossen. Ein Ausscheiden in den letzten sechs Monaten vor der Auflösung gilt als nicht erfolgt (§ 75 Satz 1 GenG). Wäre der angefochtene Auflösungsbeschluß nichtig, so wäre die Gemeinschuldnerin allerdings durch die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen gleichfalls aufgelöst worden (§ 101 GenG). Aber dann wäre ein anderer Zeitpunkt sowohl für die Aufnahme- und Austrittssperre wie für die Sechsmonatsfrist des § 75 Satz 1 GenG maßgebend. Daher hat der angefochtene Auflösungsbeschluß seine Bedeutung durch den Konkurs der Genossenschaft nicht verloren. Er blieb vielmehr für den Kreis derjenigen Personen, die zur Haftung herangezogen werden können, bestimmend und berührt darum die Konkursmasse.“

In seiner Entscheidung vom 21. 11. 200513 setzte sich der BGH ebenfalls nur mit der Frage auseinander, ob ein Massebezug besteht, und nicht damit, welcher Art dieser ist. Streitgegenstand war der Beschluss der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, durch den der Vorstand im Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung (§ 192 AktG) zu einem Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen i. S. v. § 221 AktG ermächtigt wurde. Der BGH lehnte eine Unterbrechung des Verfahrens ab, da die Anfechtungsklage nicht die Insolvenzmasse betroffen habe, sodass eine weitere Prüfung nicht mehr geboten war. Nachdem sich bereits das Landgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 22. 12. 2008 der Auffassung des RG und der h. L. angeschlossen hatte14, folgte der BGH in seinem Versäumnisurteil vom 19. 07. 2011 schließlich dieser Auffassung. Unter ausdrücklicher Berufung auf die Entscheidung des Reichsgerichts vom 06. 05. 1911, die Literatur sowie das Urteil des LG Hamburg vom 22. 12. 2008 griff der BGH das Konzept von der Art des Massebezugs im Erfolgsfall der Klage als entschei-

11 12 13 14

Vgl. BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, juris Rn. 18. Vgl. OLG München, Urt. v. 06. 10. 2010 – 7 U 2193/10, NZI 2010, 1005, juris Rn. 21. BGH, Beschl. v. 21. 11. 2005 – II ZR 79/04, NJW-RR 2006, 471, juris Rn. 2. LG Hamburg, Urt. v. 22. 12. 2008 – 419 O 106/07, ZIP 2009, 686, juris Rn. 49.

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

dendes Kriterium für die Abgrenzung der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters und der Gesellschaft nach Insolvenzeröffnung auf15 : „Aktienrechtliche Beschlussmängelklagen werden nach § 240 Satz 1 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Aktiengesellschaft unterbrochen, wenn sie die Insolvenzmasse im Sinne des § 35 InsO betreffen (…). Das ist der Fall, wenn durch den angefochtenen Beschluss Ansprüche der Masse begründet werden oder Verbindlichkeiten wegfallen. Denn dann zielt die Beschlussmängelklage darauf ab, die Insolvenzmasse zu verringern. Ein Beschlussmängelverfahren wird dagegen nicht unterbrochen, wenn die Klage entweder keine Veränderung der Masse bewirken kann oder darauf abzielt, die Insolvenzmasse zu vergrößern. Im letzteren Fall darf der Insolvenzverwalter nicht gezwungen werden, im Prozess einen für die Masse nachteiligen Beschluss zu verteidigen (RGZ 76, 244, 249 f.; LG Hamburg, ZIP 2009, 686, 687; Lüke in Kübler/Prütting/ Bork, InsO, Stand 2010, § 85 Rn. 17a; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 85 Rn. 53; MünchKommInso/Schumacher, 2. Aufl., § 85 Rn. 39; Jaeger/Windel, InsO, § 85 Rn. 53 ff.; MünchKommAktG/Hüffer, 3. Aufl., § 246 Rn. 49; a. A. K. Schmidt, Festschrift Kreft, 2004, S. 503, 518 ff.; Schwab in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 246 Rn. 15). Er kann sich stattdessen als Nebenintervenient auf Seiten des Klägers beteiligen.“

In seinen Entscheidungen vom 21. 04. 2020 hat der BGH zu Bilanznichtigkeitsklagen zweier Insolvenzverwalter im Rahmen des sog. Infinus-Skandals an dieser Verteilung der Passivlegitimation festgehalten. Zielt danach eine Klage auf eine Mehrung der Masse ab, soll die Verteidigung gegen diese Klage Sache des Verbandes sein. Der Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters zur Rechtsverteidigung gegen die von einem Insolvenzverwalter erhobene Klage bedürfe es nicht.16

II. Gegenmeinungen Trotz der großen Zahl von Stimmen in der Literatur und der Rechtsprechung, die die h. M. vertreten, finden sich dennoch einige gewichtige Stimmen, die anderer Auffassung sind. Diese abweichenden Ansätze divergieren jedoch sowohl hinsichtlich des Ergebnisses als auch hinsichtlich der Argumentation. 1. Der Insolvenzverwalter ist im Falle eines Massebezugs stets passivlegitimiert Als erstes trat Fürst der Auffassung des Reichsgerichts entgegen, wonach es im Falle eines Massebezugs einer Anfechtungsklage für die Passivlegitimation des

15 BGH, Urt. v. 19. 07. 2011 – II ZR 246/09, BGHZ 190, 291, juris Rn. 9; daran anschließend OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 49; OLG Dresden, Urt. v. 09. 11. 2017 – 8 U 772/17, ZIP 2018, 1069, juris Rn. 41. 16 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 39; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 39.

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit

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Konkursverwalters noch zusätzlich auf die Art des Massebezugs ankomme.17 Fürst unterstellte im Rahmen seiner Argumentation, dass die Gesellschaft die Beklagte bleibt, sodass es für ihn um die Frage ging, ob die Gesellschaft durch den Vorstand und den Aufsichtsrat und/oder den Konkursverwalter vertreten wird.18 Er war dabei der Auffassung, dass sich, entgegen der Annahme des Reichsgerichts, aus dem Amt des Konkursverwalters bei einer massegünstigen Wirkung der Anfechtungsklage kein Grund herleiten lasse, der gegen eine Vertretung der Gesellschaft durch den Konkursverwalter spreche.19 Habe die Anfechtungsklage in irgendeiner Weise Bedeutung für die Masse sei vielmehr stets der Konkursverwalter zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Es brauche daher nicht für jede Anfechtungsklage untersucht zu werden, ob sie sich im Erfolgsfall günstig oder ungünstig auf die Masse auswirke.20 So hätte auch der Vorstand und der Aufsichtsrat die Pflicht das Vermögen der Gesellschaft möglichst zu mehren. Dennoch seien sie selbst dann zur Verteidigung des Beschlusses berufen, wenn die Anfechtung nur ein Aktivum für die Gesellschaft begründen könne. Entscheidend sei aber vor allem, dass nur derjenige zur Vertretung der Beklagten berufen sein könne, der materiell über den in Frage liegenden Anspruch zu verfügen habe. Das sei bei Beschlüssen, die die Vermehrung oder Verringerung des Massevermögens betreffen, der Konkursverwalter. Allein er habe deshalb das Recht der Anfechtung entgegenzutreten. Entgegen der Annahme des Reichsgerichts resultiere daraus aber keineswegs die Aufgabe widerrechtliche Beschlüsse zu verteidigen. Vielmehr habe der Konkursverwalter einen Beschluss nur dann zu verteidigen, wenn er dies mit seiner Pflicht für vereinbar und durch diese für geboten halte.21 Da er nur an die Stelle des Vorstands trete, habe er aber keine alleinige Vertretungsbefugnis. Mithin ist Fürst der Auffassung gewesen, dass die Gesellschaft im Anfechtungsprozess, der eine Auswirkung auf die Masse hat, durch den Konkursverwalter und den Aufsichtsrat gemeinsam vertreten werde.22 Wulff nahm kurz nach Fürst zum Urteil des Reichsgerichts in der Leipziger Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht Stellung. Anders als Fürst schien er den Insolvenzverwalter im Anfechtungsprozess jedoch selbst als Partei und nicht lediglich als Vertreter der Gesellschaft verstanden zu haben.23 Er stimmte der Bewertung des Urteils des Reichsgerichts durch Fürst weitestgehend zu und lehnte es daher ebenfalls ab die Passivlegitimation des Insolvenzverwalters davon abhängig zu machen, ob sich die Anfechtungsklage im Erfolgsfall positiv oder negativ auf die Masse auswirkt.24 Anders als Fürst ging er aber davon aus, dass im Falle eines 17

Fürst, LZ. 1912, 506 (513 f.). Vgl. Fürst, LZ. 1912, 506 (513 f.). 19 Fürst, LZ. 1912, 506 (513). 20 Fürst, LZ. 1912, 506 (515). 21 Fürst, LZ. 1912, 506 (513 f.). 22 Fürst, LZ. 1912, 506 (515 f.). 23 Vgl. Wulff, LZ. 1913, 177 (183). Ganz klar ist das jedoch nicht, da auch Wulff zum Teil von einer Vertretung der Gesellschaft spricht. 24 Wulff, LZ. 1913, 177 (177, 181 f.). 18

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Massebezugs allein der Insolvenzverwalter (ohne den Aufsichtsrat) passivlegitimiert sei. Er wies insbesondere das Argument des Reichgerichts, dass der Konkursverwalter nicht passivlegitimiert sein könne, da die Verteidigung widerrechtlicher masseungünstiger Beschlüsse nicht seine Aufgabe sei, zurück.25 Wulff führte aus, dass das Resultat einer pflichtgemäßen Prüfung der Anfechtungsklage keinerlei Bedeutung für die Legitimationsfrage des Konkursverwalters haben könne. Diese Erwägung widerspreche bereits der Prämisse des Reichsgerichts, wonach lediglich der gesetzliche Umfang der Funktion des Konkursverwalters für die Legitimationsfrage entscheidend sei. Schließlich sei der Konkursverwalter auch sonst verpflichtet berechtigte Ansprüche gegen die Masse anzuerkennen. Es gebe deshalb schon keinen allgemeinen Rechtssatz, dass der amtliche Verwalter eines Sondervermögens gegenüber Klagen, die er im Zweifelsfall anerkennen muss, nicht legitimiert sei. Hinsichtlich der Aktiv- und Passivmasse sei daher allein der Konkursverwalter legitimiert, ganz gleich welches Ergebnis die pflichtmäßige Prüfung des einzelnen Anspruchs haben möge. Gutsche ist ebenfalls der Ansicht, dass eine Anfechtungsklage, die sich gegen einen Beschluss wendet, der sich auf die Insolvenzmasse bezieht, stets gegen den Insolvenzverwalter zu richten sei. Eine Differenzierung zwischen negativen und positiven Auswirkungen auf die Insolvenzmasse sei abzulehnen, da jeder Verzicht auf die Möglichkeit der Erhöhung der Masse gleichzeitig eine Verringerung der für die Gläubiger potenziell erreichbaren Quote sei. Deshalb falle die Entscheidung über die Verteidigung von Beschlüssen, die sich negativ auf die Masse auswirkten, ebenfalls in die Zuständigkeit des Insolvenzverwalters. Die Verteidigung von Beschlüssen, die sich – wie die Abberufung eines Geschäftsführers – lediglich auf die Verbandsorganisation bezögen, fielen demgegenüber in die Zuständigkeit des Verbandes und seiner Organe. Eine Klage gegen Beschlüsse, die erst nach der Insolvenzeröffnung gefasst worden seien, sei nie gegen den Insolvenzverwalter zu richten.26 Das OLG München vertrat ebenso eine andere Auffassung zur Verteilung der Passivlegitimation als die h. M. und wird daher als Gegenmeinung beschrieben. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Gericht selbst, insbesondere zur Rechtsprechung des BGH und des Reichsgerichts, einen Widerspruch erkannte. Das OLG München war in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2010 der Auffassung, dass es nicht auf die massemehrende oder massemindernde Wirkung der Feststellung ankomme, sondern auf den Umstand, dass es um die Regelung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft gehe. So führte es aus, dass mit einer Insolvenzeröffnung nach § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter übergehe. Dies habe zur Folge, dass immer dann, wenn Beschlüsse der Gesellschafterversammlung an25

Wulff, LZ. 1913, 177 (187 f.), dort auch zum folgenden Text. Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 192 f., 218; i. E. scheinbar auch Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 85, Rn. 85. 26

A. Der Meinungsstand zur Passivlegitimation im Beschlussmängelstreit

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gefochten würden, die das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen beträfen, die Klage – unabhängig davon, ob dies im Erfolgsfall massemehrend oder massemindernd sei – gegen den Insolvenzverwalter zu richten sei.27 Die Feststellung des Jahresabschlusses betreffe die Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens der Gesellschaft, weil sie die Bedeutung einer Verbindlichkeitserklärung der Bilanz, jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und untereinander, habe. Typischer Inhalt einer solchen korporativen Abrede sei zudem der Ausschluss bekannter oder mindestens für möglich gehaltener Einwendungen gegenüber bilanzierten Gesellschafterverbindlichkeiten im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses.28 Wegen der Wirkungen der Feststellung des Jahresabschlusses hinsichtlich möglicher Ansprüche der Gesellschaft und damit deren Vermögen, geht das OLG München daher davon aus, dass die Anfechtung dieser Feststellung das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen der Gesellschaft betreffe und so stets der Verwaltungszuständigkeit des Insolvenzverwalters unterfalle.29 2. Die Gesellschaft ist bei einer Beschlussmängelklage stets passivlegitimiert Hachenburg vertrat den Standpunkt, dass eine Beschlussmängelklage stets gegen die Gesellschaft zu richten sei, da es sich um eine innere Angelegenheit der Gesellschaft handeln würde. Eine Beschlussmängelklage sei daher stets gegen die Gesellschaft zu richten, die weiterhin durch den Vorstand und den Aufsichtsrat vertreten werde. Habe der Insolvenzverwalter ein Interesse am Bestand des Beschlusses, weil mit diesem ein Aktivum oder Passivum der Masse verbunden wäre, könne er dem Rechtsstreit als Nebenintervenient beitreten.30 Brodmann lehnte jegliche Legitimation des Insolvenzverwalters in einem Beschlussmängelstreit ab, weil sich nicht der Beschluss sondern nur das aufgrund des Beschlusses erfolgte Durchführungsgeschäft auf die Masse auswirken könne. Das Durchführungsgeschäft sei dann nach den insolvenzrechtlichen Vorschriften zu behandeln.31 Ebenso ging das KG in seiner Entscheidung vom 15. 01. 1910 davon aus, dass der Konkursverwalter an einem Beschlussmangelstreit nicht beteiligt wäre, da sich dieser nicht auf die Masse auswirken könne.32 27

OLG München, Urt. v. 06. 10. 2010 – 7 U 2193/10, NZI 2010, 1005, juris Rn. 21, dort auch zum folgenden Text. 28 Mit Verweis auf BGH, Urt. v. 02. 03. 2009 – II ZR 264/07, NZG 2009, 659, juris Rn. 15. 29 Zustimmend: Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 80, Rn. 33; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 (1987). 30 Hachenburg, GmbHG, § 45, Anm. 26. 31 Brodmann, Aktienrecht, § 272 HGB, Rn. 1g). 32 KG Berlin, Urt. v. 15. 01. 1910, OLGRspr. 21, 389 (390). Hierauf erging dann im Anschluss das vielzitierte Urteil des Reichsgerichts vom 06. 05. 1911, in dem es das Konzept zur Passivlegitimation entwickelte, wie es heute die h. M. vertritt, RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/ 10, RGZ 76, 244.

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Karsten Schmidt vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Insolvenzverwalter um ein Organ der Gesellschaft in Form eines Fremdliquidators handle (neue Organtheorie). Eine Beschlussmängelklage sei daher stets gegen die Gesellschaft zu richten, und es stelle sich dann lediglich die Frage, ob die Gesellschaft durch die Gesellschaftsorgane oder durch den Insolvenzverwalter vertreten werde. Da es in der Insolvenz über das Vermögen der Gesellschaft kein insolvenzfreies Vermögen gebe, sei allein der Insolvenzverwalter befugt, die Gesellschaft bei Beschlussmängelklagen zu vertreten, da allein er darüber entscheiden könne, ob auf Kosten der Masse gestritten werden könne.33 3. Schwab: Der Insolvenzverwalter ist bei einer Beschlussmängelklage stets passivlegitimiert Schwab vertritt auf der Grundlage der Amtstheorie und unter Heranziehung des Kostenarguments von Karsten Schmidt die Auffassung, dass ausschließlich der Insolvenzverwalter bei einer Beschlussmängelklage passivlegitimiert sei.34

B. Der Meinungsstand zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters Die Befugnis eines Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Anfechtungsklage gemäß § 245 AktG oder zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gemäß §§ 249, 256 AktG ergibt sich zunächst nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. Da der Insolvenzverwalter in §§ 245, 249 AktG nicht aufgezählt wird, liegt der Schluss nahe, dass er nicht über die notwendige Aktivlegitimation verfügt. Der Insolvenzordnung lässt sich nicht ausdrücklich die Klagebefugnis des Insolvenzverwalters entnehmen. Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht jedoch die Befugnis, das zur Masse im Sinne von § 35 InsO gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Die überwiegend vertretene Auffassung geht daher spiegelbildlich zum Konzept über die Passivlegitimation des Insolvenzverwalters bei Beschlussmängelklagen davon aus, dass der Insolvenzverwalter zur Erhebung einer Anfechtungs- und einer Nichtigkeits- bzw. Bilanznichtigkeitsklage35 berechtigt ist, wenn ein Massebezug gegeben ist und sich ein stattgebendes Urteil günstig auf die

33

Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 41. Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 22; vgl. auch Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 246, Rn. 41. 35 Jansen, in: BeckOGK AktG, § 256, Rn. 84; Rölike, in: Spindler/Stilz, AktG, § 256, Rn. 80; Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 227; Arnold, in: KK AktG, § 256, Rn. 86; Koch, AktG, § 256, Rn. 31; OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 40. 34

B. Der Meinungsstand zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters

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Insolvenzmasse auswirkt.36 Dabei kann sie sich jedoch nicht auf die Entscheidung des Reichsgericht vom 06. 05. 1911 stützen, da dieses hinsichtlich des Konkursverwalters in diesem Fall nur von der Möglichkeit einer Nebenintervention auf Seiten des jeweiligen Klägers sprach.37 Im Wesentlichen werden hierzu drei Begründungsansätze vertreten. Während die überwiegenden Stimmen unter Einschluss des BGH annehmen, dass die Klagebefugnis des Vorstands gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehe38, berufen sich andere auf eine originäre Klagebefugnis des Insolvenzverwalters.39 Schließlich wird auf der Basis der neuen Organtheorie noch der Standpunkt vertreten, dass der Vorstand und der Insolvenzverwalter generell nebeneinander aktivlegitimiert seien.40 Andernorts wird unter Verweis auf die vorstehenden Auffassungen die Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters unterstellt.41 Vereinzelt wurde im älteren Schrifttum unter Verweis auf die Konkursanfechtung eine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters abgelehnt.42 Der BGH hat jüngst in seinen beiden Entscheidungen vom 21. 04. 2020 die Auffassung vertreten, dass der Insolvenzverwalter zur Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage gemäß § 256 AktG berechtigt sei.43 Unter Verweis auf die wohl herrschende Ansicht in der Literatur merkte der BGH dabei an, dass dies ebenfalls für eine Anfechtungsklage gemäß §§ 243 Abs. 1, 245 AktG gelte.44 Diese Ausführungen 36

Vgl. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 71; Koch, AktG, § 245, Rn. 37; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 47; Haas, in: Festschrift Konzen, S. 157 (167); BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 22 ff.; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 17 ff.; auf Nichtigkeitsklage beschränkend: Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 206, 211 f. 37 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (249). 38 Drescher, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 245, Rn. 14; Koch, AktG, § 245, Rn. 37; Noack/ Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 145; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 71; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 245, Rn. 16; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 47; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 20; Meller, in: MAH AktienR, § 38, Rn. 47; Haase, DB 1977, 241 (244); Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 11, Rn. 140; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 245, Rn. 52; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 42; Wulff, LZ. 1913, 177 (183 f.); BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 24; mangels eines Anfechtungsrechts des GmbH-Geschäftsführers soll der Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH dagegen über kein Anfechtungsrecht verfügen, Haas/Kolmann/Kurz, in: Gottwald, InsR-HB, § 90, Rn. 1380. 39 Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359; ähnlich OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/ 16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 41 f.; einschränkend keine Anfechtungsklage sondern nur Nichtigkeitsklage Müller, Der Verband in der Insolvenz, S 211 f. 40 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 37; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 31. 41 Vgl. Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 227. 42 Brodmann, Aktienrecht, § 272 HGB, Rn. 1g). 43 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 23 f.; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 18 f. 44 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 23, mit Verweis auf Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 145; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245,

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

des BGH ließen sich auf die Genossenschaft übertragen.45 Schwieriger scheint eine Übertragung auf die GmbH. Der BGH begründet seine Ansicht damit, dass der Insolvenzverwalter für die Rechtmäßigkeit des Korporationshandelns zu sorgen habe, soweit er den hierzu grundsätzlich berufenen Vorstand verdränge. Da die Nichtigkeitsklage gemäß § 256 Abs. 7 AktG in erster Linie nicht der Durchsetzung persönlicher Vorteile, sondern der Rechtskontrolle der Rechnungslegung im übergreifenden Interesse an einem zutreffenden Jahresabschluss diene, übernehme der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Aufgabenbereichs auch die grundsätzlich dem Vorstand obliegende Legalitätskontrolle. Schließlich gehöre es zu den Pflichten des Insolvenzverwalters, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu bewahren und ordnungsgemäß zu verwalten. Diese Pflicht habe sich am gesetzlichen Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters auszurichten, das an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen angelehnt ist, aber den Besonderheiten des Insolvenzverfahrens Rechnung zu tragen hat. Mithin sei der Insolvenzverwalter verpflichtet, die rechtlichen Pflichten und Vorgaben der Rechtsordnung wie ein Gesellschaftsorgan einzuhalten, soweit es einen Bezug zur Insolvenzmasse gebe. Die Klagebefugnis des Insolvenzverwalters bestehe allerdings nur, soweit die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses die Insolvenzmasse betreffe. Dies folge aus der Ableitung der Klagebefugnis des Verwalters aus seiner auf die Insolvenzmasse bezogenen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Die derart eingegrenzte Klagebefugnis des Insolvenzverwalters entspreche spiegelbildlich der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters gemäß den in der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätzen zur Unterbrechungswirkung einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gesellschaft bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen. Eine Unterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO trete nur ein, wenn der Insolvenzverwalter zur Rechtsverteidigung berufen sei, weil durch den angegriffenen Beschluss Ansprüche der Masse begründet würden oder Verbindlichkeiten wegfielen. Der Insolvenzverwalter dürfe hingegen nicht gezwungen werden, im Prozess einen für die Masse nachteiligen Beschluss zu verteidigen. Zwar hat sich der BGH nicht ausdrücklich auf die Amtstheorie und einen Übergang der Klagebefugnis gemäß § 80 InsO berufen. Er legte seinen Ausführungen zur Klagebefugnis des Insolvenzverwalters dennoch ein dahingehendes Verständnis zugrunde. Er beginnt seine Ableitung nämlich damit, dass die Befugnis zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage aus der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters folge.46 Erst im November 201947, also wenige Monate vor seinen Entscheidungen vom 21. 04. 2020, hat er sich jedoch zur Amtstheorie bekannt. So werde der Rn. 71; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 47; Drescher, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 245, Rn. 14. 45 Vgl. Lehnhoff/Holthaus, Lang/Weidmüller, GenG, § 51, Rn. 46. 46 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 23 f., dort auch zum folgenden Text. 47 BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 37, 38.

C. Stellungnahme

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Insolvenzverwalter aufgrund des ihm übertragenen Amtes ausschließlich im eigenen Namen tätig und trete nicht an die Stelle der Organe der Gesellschaft.48 Vielmehr behielten die Organe ihre Stellung, nähmen aber nur noch solche Aufgaben wahr, die nicht die Insolvenzmasse beträfen: „Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters verdrängt bzw. überlagert insoweit die Befugnisse der Organe (…).“49 Auf diese Ausführungen nimmt der BGH in seinen beiden Entscheidungen vom 21. 04. 2020 explizit Bezug.50 Dementsprechend ist davon auszugehen, dass er seinen Ausführungen die herrschende Amtstheorie zugrunde gelegt hat bzw. zugrunde legen wollte.

C. Stellungnahme Die h. M. ist abzulehnen. Weder ihr Ansatz über die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf einen nicht vom Insolvenzverwalter geführten Beschlussmängelstreit noch der Ansatz zum Recht des Insolvenzverwalters, selbst eine Beschlussmängelklage zu erheben, überzeugt.

I. Passivlegitimation Das heute herrschende Verständnis, dass für die Frage der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters nicht nur die Frage nach dem Massebezug, sondern auch die Frage nach der Art des Massebezugs entscheidend sein soll, ist abzulehnen. Diese Auffassung ist entgegen der Prämisse der h. M. nicht mit der Funktion des Insolvenzverwalters zu vereinbaren. Die h. M. führt vielmehr zu einer Friktion mit dem Insolvenzrecht, da sie die Passivlegitimation des Insolvenzverwalters in einem gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelrecht im Vergleich zu seiner Sachbefugnis nach der Insolvenzordnung unnötig verkürzt. Des Weiteren hat die Fokussierung auf die Rolle des Insolvenzverwalters dazu geführt, dass die Klagemöglichkeit der Verbandsmitglieder und Verbandsorgane aus dem Blick geraten ist. Zu hinterfragen ist daher vielmehr, ob es tatsächlich zulässig ist, dass Verbandsmitglieder und Verbandsorgane über Beschlussmängelklagen auf die Insolvenzmasse einwirken. Nach hiesiger Auffassung ist die Frage, ob sich die Klage positiv oder negativ auf die Insolvenzmasse auswirkt, daher im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses, also der Zulässigkeit der Beschlussmängelklage, und nicht im Rahmen der Passivlegitimation zu verorten. Damit wird die im Beschlussmängelrecht bedeutsame ordnungsgemäße Klagezustellung nicht noch mit der zum Teil schwierigen Frage nach der Auswirkung der Beschlussmängelklage auf die Insolvenzmasse befrachtet. 48

BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 37, 38. BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 37. 50 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 27; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 22. 49

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

1. Keine Relevanz der Insolvenzzweckwidrigkeit für die Bestimmung der Passivlegitimation Es ist zutreffend, dass das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters nicht nur gegenständlich auf die Insolvenzmasse, sondern auch inhaltlich auf den Insolvenzzweck beschränkt ist.51 Gemäß § 1 Satz 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Handelt der Insolvenzverwalter diesem Insolvenzzweck zuwider, bewegt er sich außerhalb seiner Sachbefugnis, sodass sein Handeln gegenüber der Masse unwirksam ist.52 Hierbei sind die Rechtsprechung und die Literatur jedoch frühzeitig davon ausgegangen, dass nicht jedes mit Blick auf die Masse zweckwidrige Handeln unwirksam sein soll. Bereits in seinem Urteil vom 16. 12. 190253 sah das Reichsgericht die Grenze der Sachbefugnis des Konkursverwalters in dessen Pflicht, die Konkursmasse zur Befriedigung der Gläubiger zu verwerten. Angesichts des dem Konkursverwalter in § 6 Abs. 2 KO eingeräumten umfassenden Verwaltungs- und Verfügungsrechts sollten jedoch nur solche Verfügungen des Konkursverwalters unwirksam sein, die dem Konkurszweck offenbar zuwiderlaufen, bei denen der Verstoß also unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten für jeden verständigen Menschen offensichtlich ist. Wirksam sollten dagegen Verfügungen auch dann sein, wenn sie unzweckmäßig oder sogar unrichtig waren.54 Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts waren Rechtsgeschäfte, die dem Konkurszweck offensichtlich zuwiderlaufen, beispielsweise konkurswidrige Zahlungen aus der Konkursmasse an Absonderungsberechtigte, die ungerechtfertigte Anerkennung eines Vorrechts für eine Konkursforderung und die vertragsgemäße Einräumung des Zurückbehaltungsrechts an einen Konkursgläubiger.55 Daran wird bis heute festgehalten.56 Dabei ist nicht eine isolierte Betrachtung der jeweiligen Maßnahme, sondern eine Gesamtbetrachtung der sich für die Insolvenzquote ergebenden Auswirkungen maßgeblich.57 Insoweit stellt selbst eine Leistung aus der Insolvenzmasse wirtschaftlich keine Zahlung aus der Masse dar, wenn sie keine Auswirkung auf die Quote hat, weil sich eine anderweitige Insolvenzforderung reduziert.58 Bei einem Vergleich sind beispielsweise nicht allein die Nennwerte der sich gegenüberstehenden – und bis dahin lediglich behaupteten – Forderungen entscheidend. Vielmehr hat der Insolvenzverwalter deren 51 52 53 54 55 56 57 58

Kayser, in: HK-InsO, § 80, Rn. 36. Vgl. Kroth, in: Braun, InsO, § 80, Rn. 21; Kayser, in: HK-InsO, § 80, Rn. 36. RG, Urt. v. 16. 12. 1902 – III 437/02, RGZ 53, 190. RG, Urt. v. 16. 12. 1902 – III 437/02, RGZ 53, 190 (192). RG, Urt. v. 16. 03. 1904 – V 384/03, RGZ 57, 195 (200) m. w. N. Vgl. Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 80, Rn. 21; Kayser, in: HK-InsO, § 80, Rn. 38. BGH, Urt. v. 10. 07. 2014 – IX ZR 280/13, NJW-RR 2014, 1266, juris Rn. 15 ff. BGH, Urt. v. 10. 07. 2014 – IX ZR 280/13, NJW-RR 2014, 1266, juris Rn. 15 ff.

C. Stellungnahme

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wirtschaftliche Werthaltigkeit unter Berücksichtigung von Kosten und Aussichten einer Verwirklichung zu prüfen. Beachtung sollen ferner die Vorteile verdienen, die sich für die Masse aus einer nichtstreitigen Auseinandersetzung ergeben können.59 Gerade diese umfassende Abwägung kennzeichnet die Tätigkeit des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren. Ist seine Abwägung unrichtig, führt dies, solange sie nicht jeglicher tatsächlichen Grundlage entbehrt60, daher nicht zur Unwirksamkeit der Maßnahme, sondern gegebenenfalls zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter gemäß § 60 InsO.61 Während der III. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 13. 01. 1989 im Anschluss an das Reichsgericht noch davon ausging, dass das Verwalterhandeln unwirksam sei, wenn der Insolvenzverwalter evident gegen den Zweck des Insolvenzverfahrens handle62, entwickelte der IX. Zivilsenat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 25. 04. 200263 noch fort. Entsprechend den Grundsätzen vom Missbrauch der Vertretungsmacht ist neben der objektiven Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit des Verwalterhandelns für die Unwirksamkeit erforderlich, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne Weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen. Laut dem BGH müsste dem Geschäftspartner des Verwalters somit zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sein.64 An dieser Auffassung hat der BGH fortan festgehalten.65 Entgegen der Annahme des Reichsgerichts in seiner Entscheidung aus dem Jahr 191166 ist die Stellung des Insolvenzverwalters im Prozess daher durchaus vergleichbar mit der des Vorstands und des Aufsichtsrats, da es in beiden Fällen bei einem erkennbaren Missbrauch an der notwendigen Legitimation fehlt. Der Bezugspunkt ist lediglich ein anderer, weil sich der Insolvenzverwalter am Insolvenzzweck und dem Schutz der Gläubiger ausrichten muss, während sich die Verbandsorgane am Verbandszweck und dem Schutz der Verbandsmitglieder auszurichten haben.67 Die Bestimmung der Passivlegitimation aufgrund einer formalisierten Betrachtung der Folgewirkungen widerspricht der Sachbefugnis des Insolvenzverwalters. Die Einschätzung, ob eine Beschlussmängelklage für die Insolvenzmasse vorteilhaft

59

Vgl. BGH, Urt. v. 10. 01. 2013 – IX ZR 172/11, NJW-RR 2013, 610, juris Rn. 9 f. BGH, Urt. v. 10. 01. 2013 – IX ZR 172/11, NJW-RR 2013, 610, juris Rn. 10. 61 BGH, Urt. v. 14. 06. 2018 – IX ZR 232/17, BGHZ 219, 98, juris Rn. 14 ff.; zustimmend de Bra, FD-InsR 2018 407879. 62 BGH, Urt. v. 13. 01. 1983 – III ZR 88/81, NJW 1983, 2018, juris Rn. 26. 63 BGH, Urt. v. 25. 04. 2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, juris Rn. 27 f. 64 BGH, Urt. v. 25. 04. 2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, juris Rn. 28. 65 Vgl. BGH, Urt. v. 10. 01. 2013 – IX ZR 172/11, NJW-RR 2013, 610, juris Rn. 9. 66 RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (249 f.). 67 Vgl. BGH, Urt. v. 12. 03. 2020 – IX ZR 125/17, BGHZ 225, 90, juris Rn. 41. 60

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ist oder nicht, obliegt allein dem Insolvenzverwalter.68 Sein Verwaltungsmonopol, in dessen Rahmen er über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, kann nicht durch den Beschlussmängelkläger bzw. das angerufene Gericht umgangen werden, indem sie ihm einfach die dahingehende Entscheidung abnehmen und seine Sachbefugnis negieren. Es muss daher dem Insolvenzverwalter überlassen bleiben, die Chancen und Risiken einer Beschlussmängelklage für die Insolvenzmasse abzuwägen. Ist er der Auffassung, dass es bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Masse vorteilhafter ist, wenn ein Beschluss trotz eines in rechtlicher Hinsicht nachteiligen Inhalts bestehen bleibt, dann kann er nicht von dessen Verteidigung ausgeschlossen oder auf die Stellung eines Nebenintervenienten verwiesen werden.69 Schließlich ist es auch der Insolvenzverwalter, der für einen dahingehenden Irrtum über die Zweckmäßigkeit seines Handelns gemäß § 60 InsO die haftungsrechtliche Verantwortung trägt. Anknüpfungspunkt dafür, ob eine evidente Insolvenzzweckwidrigkeit vorliegt, kann daher nur das Verhalten des Insolvenzverwalters als Beklagter im Prozess sein und nicht seine Beklagtenstellung an sich.70 Das Argument, dass die Beklagtenrolle des Insolvenzverwalters mit dem Amt des Insolvenzverwalters unvereinbar sei, weil die Abwehr einer Beschlussmängelklage, die sich im Erfolgsfall vorteilhaft auf die Insolvenzmasse auswirkt, insolvenzzweckwidrig sei, überzeugt ebenfalls nicht. Nur weil der Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO bei einer Beschlussmängelklage passivlegitimiert ist, heißt das noch lange nicht, dass er die Klage auch abwehren muss. Schließlich gilt auch im Rahmen eines Beschlussmängelstreits der Dispositionsgrundsatz.71 Erachtet es der Insolvenzverwalter daher als vorteilhaft für die Insolvenzmasse, kann er ohne Weiteres ein Anerkenntnis erklären.72 Wenn dies bereits den Verbandsorganen zugestanden wird, dann ist kein Grund ersichtlich, dieses prozessuale Mittel dem Insolvenzverwalter vorzuenthalten. Da der Insolvenzverwalter nach der Amtstheorie kein Gesellschaftsorgan ist, kann für ihn keine dahingehende Bindung bestehen. Er trifft seine Entscheidung somit unabhängig vom Willen der Verbandsversammlung und richtet sich, wie stets, allein nach dem Insolvenzzweck. Der Vorteil für die Insolvenzmasse besteht dabei unter anderem darin, dass der Insolvenzverwalter in der Regel keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat und deshalb nach zutreffender Ansicht ein sofortiges Anerkenntnis erklären kann, sodass der Kläger und nicht die Masse nach § 93 ZPO die Prozesskosten zu tragen hat.73 Wird eine Bilanznichtigkeitsklage gegen eine vor der Insolvenzeröffnung erfolgte Feststellung eines Jahresabschlusses erhoben, kann dem Insolvenzverwalter selbst 68 Gutsche, Die Organkompetenzen im Insolvenzverfahren, S. 193; i. E. auch Gelbrich, KTS 2020, 143 (151). 69 Vgl. Szalai, JurisPR-BGHZivilR 20 – 2020 Anm. 3. 70 Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (151). 71 Hierzu unter Teil 2 B.I.4. 72 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 195 f. 73 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 196.

C. Stellungnahme

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dann die Passivlegitimation nicht abgesprochen werden, wenn sich daraus sogar mittelbar keine Folgen für die Masse ergeben. Schließlich trifft den Insolvenzverwalter auch für den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung die Pflicht zur Erstellung der Jahresabschlüsse, soweit dies nicht bereits wirksam geschehen ist. Die Behauptung der Nichtigkeit des vorinsolvenzlichen Jahresabschlusses ist daher zwangsläufig mit der Rechnungslegungspflicht des Insolvenzverwalters verbunden. Der Streit darum, ob die Rechnungslegungspflicht bereits erfüllt ist oder noch durch den Insolvenzverwalter zu erfüllen ist, ist gemäß § 155 InsO Sache des Insolvenzverwalters und nicht des insolventen Verbandes. 2. Einfluss der Prozessökonomie Prozessökonomische Erwägungen streiten ebenfalls nicht für die h. M. Der Grund dafür, dass der Verband im Beschlussmängelstreit auf Beklagtenseite steht, wird zumeist darin gesehen, dass der mit dem Beschluss formulierte Wille dem Verband zugerechnet wird.74 Demgegenüber meint Schwab, dass die Rolle des Verbandes als Beklagter auf prozessökonomischen Erwägungen beruhe.75 Er führt aus, dass insbesondere der Aktionär vor erheblichen praktischen Schwierigkeiten stünde, wenn er die Beschlussmängelklage gegen die Mitaktionäre erheben müsste. Schließlich müsste er am Sitz der Gesellschaft eine Klage gegen im Extremfall mehrere 100.000 Aktionäre erheben. Im Falle einer Anfechtungsklage müsste er hierzu zunächst während der Anfechtungsfrist sämtliche ladungsfähigen Anschriften der Aktionäre ermitteln. Das Rubrum einer solchen Klage würde dadurch mehrere 100 Seiten umfassen. Zudem müsste die Klage unter Umständen an weltweit verstreute Aktionäre zugestellt werden. Werde insoweit noch angenommen, dass sich jeder Aktionär einen eigenen Anwalt nähme, wäre damit das Prozesskostenrisiko unverhältnismäßig hoch. Dementsprechend sei eine solche Alternative aus prozessökonomischer Sicht nicht praktikabel. Daher beruhe die Parteienkonstellation nicht auf dem materiellen Gedanken der Zurechnung der Willensbildung, sondern auf dem prozessökonomischen Gedanken, das gerichtliche Beschlussmängelverfahren schlank zu halten. Schwab geht zudem davon aus, dass dieser prozessökonomische Gedanke und die Parteirolle der Gesellschaft wiederum ganz wesentlich mit der allseitigen Rechtskrafterstreckung eines stattgebenden Urteils gemäß § 248 AktG zusammenhängen.76 Unter anderem bringe die Möglichkeit, die Klage gegen die Gesellschaft zu richten, dem Kläger nämlich nur dann die erwünschte Vereinfachung, wenn er sicher sein könne, daneben nicht doch noch seine Mitaktionäre verklagen zu müssen, weil diese gegebenenfalls das Urteil gegen sich nicht gelten lassen wollten. 74

Hierzu unter Teil 2 B.I.2.c). Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 246, Rn. 20; Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 295, dort auch zum folgenden Text. 76 Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 296 f., dort auch zum folgenden Text. 75

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Dementsprechend könnte die h. M. zur Passivlegitimation bei einem Beschlussmängelstreit nach Insolvenzeröffnung aus einem prozessökonomischen Gedanken gerechtfertigt sein, wie er auch § 246 Abs. 2 Satz 1 AktG unterstellt wird. Wirkt ein Beschluss nachteilig für die Insolvenzmasse, so ist die Klage nach der h. M. weiterhin gegen die Gesellschaft zu richten mit der Folge, dass über § 248 AktG eine Rechtskrafterstreckung über die Prozessparteien hinaus stattfindet. Das bedeutet, dass das Urteil für und gegen die Gesellschaft, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Aktionäre wirkt. Der Insolvenzverwalter kann das Urteil dementsprechend beispielsweise im Rahmen von § 62 AktG oder § 812 BGB gegenüber den Verbandsmitgliedern geltend machen. Ist der Beschluss demgegenüber für die Masse vorteilhaft gewesen, könnte angenommen werden, dass das Interesse der Wirkung des Urteils über die Prozessparteien hinaus in den Hintergrund tritt und somit die Rechtskraft gegenüber dem Insolvenzverwalter im Vordergrund steht. Bei Lichte betrachtet ist diese prozessökonomische Erwägung jedoch ebenfalls nicht dazu geeignet, die h. M. zu stützen. § 248 AktG erfordert nämlich nicht, dass die Gesellschaft nach Insolvenzeröffnung die beklagte Partei ist. Da der Insolvenzverwalter nach der Amtstheorie als gesetzlicher Prozessstandschafter handelt, erstreckt sich die Rechtskraft eines gegen den Insolvenzverwalter erstrittenen Urteils auch auf die Gesellschaft77, sodass § 248 AktG im Falle der Passivlegitimation des Insolvenzverwalters ebenso Anwendung findet. Mithin sprechen auch prozessökonomische Gründe nicht gegen die Passivlegitimation des Insolvenzverwalters. Das widerspricht auch nicht den Belangen der berechtigten Kreise, da sich ihre Situation im Vergleich zur Passivlegitimation des Verbandes nicht ändert. Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass der Insolvenzverwalter eher als der Verband die Beklagtenrolle tatsächlich ausfüllen kann, da er im Gegensatz zum Verband über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Ob er diese tatsächlich einsetzt, um die Klage abzuwehren, hängt davon ab, ob er eine Verteidigung mit Blick auf den Insolvenzzweck als vorteilhaft erachtet oder nicht. Den Interessen beteiligter Personen wird dabei dadurch Rechnung getragen, dass sie dem Rechtsstreit, je nachdem inwiefern sich das Urteil ihnen gegenüber auswirkt, als einfacher oder als notwendiger Streitgenosse beitreten und den angegriffenen Beschluss verteidigen können.78 3. Folgewirkungen für die Insolvenzmasse sind nicht auf Passiv-, sondern auf Aktivseite zu berücksichtigen Werden die Folgen eines stattgebenden Urteils auf eine Beschlussmängelklage, die sich gegen einen vor der Insolvenzeröffnung gefassten Beschluss richtet, betrachtet, so ist zu konstatieren, dass die h. M., wonach sich nach der Insolvenzeröffnung nur die Frage stellt, ob die Klage gegen den Insolvenzverwalter oder den Verband zu richten ist, zu einem etwas befremdlichen Ergebnis führt. Die Insol77 78

Hierzu unter Teil 3 A.III.1. Hierzu unter Teil 2 B.I.3.b)cc).

C. Stellungnahme

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venzordnung sorgt mit den §§ 80 ff. InsO dafür, dass der Schuldner weder selbst noch durch einen Vertreter auf die Insolvenzmasse einwirken kann. Dies wurde bereits anhand diverser Verbandsbeschlüsse belegt.79 Die h. M. führt nun dazu, dass ein Verbandsmitglied im Wege einer erfolgreichen Beschlussmängelklage, insbesondere einer erfolgreichen Anfechtungsklage, in das Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters gemäß § 80 InsO dennoch eindringen kann. Die Verbandsmitglieder können also mit ihrem Verwaltungsrecht in Form der Beschlussmängelklage auf das Verbandsvermögen einwirken, während ihnen dies mit ihrem Verwaltungsrecht in Form ihres Stimmrechts verwehrt ist. So ist etwa eine Anfechtungsklage dazu geeignet, rückwirkend einen Anspruch des Verbandes zu vernichten, der im Beschlusswege nach der Insolvenzeröffnung gerade nicht mehr beseitigt werden könnte. Es leuchtet dabei nicht ein, dass die Rechtsordnung grundsätzlich die Wirksamkeit des anfechtbaren Beschlusses akzeptiert, aber im Insolvenzfall das Interesse der Verbandsmitglieder an der Beseitigung eines anfechtbaren Beschlusses das Interesse der Gläubiger an dessen Bestand überwiegen soll. Die Überantwortung der Passivrolle auf den Insolvenzverwalter entkräftet den Wertungswiderspruch nicht. Schließlich hat es der Insolvenzverwalter nicht in der Hand, ob bei der vorangehenden Beschlussfassung Fehler unterlaufen sind oder nicht. Es leuchtet zudem nicht ein, dass sich der Insolvenzverwalter in jedem Fall über die ihm allein zugewiesene Pflicht zur Rechnungslegung für den Verband mit Mitgliedern oder Organen des insolventen Verbandes außerhalb eines Streits über konkrete Ansprüche abstrakt auseinandersetzen muss, obwohl ihnen dahingehend eigentlich jegliche Einflussnahme verwehrt ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die Insolvenzeröffnung zu einem Entzug der Klagebefugnis oder zu einer Beschränkung der Klagemöglichkeit der Verbandsmitglieder, der Organe und der Organmitglieder führt. Diese Perspektive kann insbesondere dort helfen, wo es nicht möglich ist, den Insolvenzverwalter zur Wahrung der Gläubigerinteressen auf der Passivseite an die Stelle der beklagten Gesellschaft treten zu lassen. Das betrifft de lege lata eine Personengesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag nicht vorsieht, dass eine Beschlussmängelklage gegen die Gesellschaft zu richten ist. a) Entzug der Klagebefugnis Eine Beschlussmängelklage der Verbandsmitglieder könnte gemäß § 81 InsO scheitern, wenn die zugrunde liegende Klagebefugnis auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO übergehen würde. Dabei ließe sich eine Beschlussmängelklage grundsätzlich auch als eine Verfügung im Sinne von § 81 InsO einordnen. Wirkt sich ein Beschluss beispielsweise hinsichtlich seines konstitutiven Gehalts durch die Begründung eines Anspruchs unmittelbar vorteilhaft auf den Bestand der Aktiva aus, bewirkt eine dagegen gerichtete Anfechtungsklage im Erfolgsfall die Beseitigung 79

Hierzu unter Teil 4.

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

des Beschlusses und den Wegfall des damit geschaffenen Vermögensgegenstandes in Form des Anspruchs.80 Da Gestaltungsrechte Verfügungen im Sinne von § 81 InsO sind81, müsste grundsätzlich auch eine Gestaltungsklage darunter fallen. Eine Nichtigkeitsklage als besondere Form der Feststellungsklage scheint demgegenüber nicht ohne Weiteres als Verfügung im Sinne des § 81 InsO erfasst werden zu können. Wer eine Nichtigkeitsklage als Gestaltungsklage einstuft, sollte deshalb dem ersten Anschein nach weniger Schwierigkeiten haben, darin eine Verfügung im Sinne von § 81 InsO zu sehen. Dem zum Trotz ergibt sich auch danach nicht ohne Weiteres eine Auswirkung auf den Bestand der Insolvenzmasse. So ist es zwar nach der Lehre von der Doppelwirkung im Recht so, dass auch ein nichtiges Rechtsgeschäft angefochten werden kann und dann zum ohnehin bestehenden Nichtigkeitsgrund die Rechtsfolge des Gestaltungsrechts als weiterer Nichtigkeitsgrund hinzutritt. Das macht aber das Rechtsgeschäft, wenn die Anfechtung wieder hinweggedacht wird, gleichwohl nicht wirksam. Ein nichtiger Beschluss kann damit grundsätzlich überhaupt keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Vermögen der Gesellschaft haben.82 Im Falle eines satzungsändernden Beschlusses ändert eine Eintragung im Handelsregister hieran nichts, da die Eintragung gemäß § 181 Abs. 3 AktG grundsätzlich83 keine heilende Wirkung hat.84 Es entsteht durch die Eintragung des nichtigen Satzungsänderungsbeschlusses nur der Rechtsschein einer wirksamen Satzungsänderung. Eine rechtliche Auswirkung auf die Masse kann ein nichtiger Beschluss daher erst nach Eintritt der Heilung haben, soweit eine solche überhaupt möglich ist (vgl. §§ 242, 253 Abs. 1, 256 Abs. 6 AktG). Diese formale Sichtweise würde indes zu kurz greifen, weil sie das konstitutive Beschlusselement, das erst den Bezug zum Vermögen und damit zur Insolvenzmasse herstellt, ausblenden würde. Mit der Nichtigkeit wird in diesen Fällen nämlich nicht nur darüber entschieden, ob ein Beschluss wirksam ist oder nicht, sondern auch darüber, ob eine Masseaktivum oder ein Massepassivum besteht oder nicht. Im Wege einer Nichtigkeitsklage (ganz gleich, ob diese als Gestaltungsklage oder als Feststellungsklage bewertet wird) oder einer allgemeinen Feststellungsklage kann somit aufgrund der materiellen Rechtskraft eines stattgebenden Urteils auf den Bestand der Aktiva und Passiva des Verbandes eingewirkt werden. Dementsprechend könnte 80 Vgl. Damerius, Das Schicksal schwebender Verfahren des Insolvenzschuldners, S. 77, der dort jedoch hinsichtlich der Beschlusswirkungen ein zu weites Verständnis an den Tag legt; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 240, Rn. 13; Stein, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 181, Rn. 86; Stackmann, in: MüKo ZPO, § 240, Rn. 19; Weber, KTS 1970, 73 (86); BGH, Urt. v. 19. 07. 2011 – II ZR 246/09, BGHZ 190, 291, juris Rn. 9; BGH, Urt. v. 10. 03. 1960 – II ZR 56/59, BGHZ 32, 114, juris Rn. 18. 81 Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 4. 82 Insofern bis zur 6. Auflage noch zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen differenzierend Mentzel/Kuhn, KO (6. Aufl.), § 207, Rn. 6; ab der 7. Auflage ist nur noch von anfechtbaren Beschlüssen die Rede: Mentzel/Kuhn, KO (7. Aufl.), § 207, Anm. 14. 83 Zu den Ausnahmen siehe Stein, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 181, Rn. 84. 84 Holzborn, in: BeckOGK AktG, § 181, Rn. 48; Stein, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 181, Rn. 83.

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grundsätzlich auch in einer Nichtigkeitsklage oder in einer allgemeinen Feststellungsklage eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO gesehen werden.85 § 81 InsO erfasst allerdings nur Verfügungen des Schuldners und nicht Verfügungen Dritter. Der insolvente Verband selbst ist nicht zur Erhebung einer Beschlussmängelklage berechtigt, sondern nur seine Mitglieder und gegebenenfalls seine Organe und Organmitglieder. Verfügungen der Organe können grundsätzlich unter § 81 InsO fallen, weil das Organhandeln für den Verband und somit als Verbandhandeln gilt. Allerdings setzt dies voraus, dass es sich bei dem Organhandeln um die Ausübung eines Rechts handelt, das eigentlich dem Verband zusteht und das gemäß § 80 InsO in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters fällt. Schließlich ergänzt § 81 InsO lediglich § 80 InsO, wenn er klarstellt, dass Verfügungen des Schuldners über Gegenstände der Insolvenzmasse nach einer Insolvenzeröffnung wegen des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unwirksam sind.86 Die Befugnis der Verbandsmitglieder zur Erhebung der Beschlussmängelklage ist ein aus deren Mitgliedschaft entspringendes eigennütziges Verwaltungsrecht, das sie nicht in Vertretung der Gesellschaft geltend machen.87 Es kann deshalb nicht gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehen. Damit ist eine Anfechtungsklage eines Aktionärs, eines Genossenschaftsmitglieds oder eines GmbH-Gesellschafters nicht als eine Verfügung des Schuldners im Sinne des § 81 InsO zu werten. Ebenso ist die Behandlung der Klage der Verbandsmitglieder als Nichtigkeitsklage oder als allgemeine Feststellungsklage ein unmittelbar aus der Mitgliedschaft erwachsenes Recht, das die Mitglieder nicht für den Verband ausüben. Mithin kann ihre Klagebefugnis insoweit nicht auf den Insolvenzverwalter übergehen, da sich der Insolvenzbeschlag nur auf das Vermögen der Gesellschaft, nicht aber auf die Mitgliedschaft ihrer Gesellschafter bezieht. Das Recht, eine allgemeine Feststellungsklage zu erheben, kann ebenfalls nicht auf den Insolvenzverwalter übergehen, da es sich um eine Klage handelt, die grundsätzlich jedermann zusteht. Sofern im Verein und in Personengesellschaften das Feststellungsinteresse für eine allgemeine Feststellungsklage generell unterstellt wird, könnte dieses – sofern ein Feststellungsinteresse überhaupt gemäß § 80 InsO übergehen kann – ebenfalls nicht auf den Insolvenzverwalter übergehen. Die Annahme eines generellen Feststellungsinteresses der Mitglieder von Vereinen und Personengesellschaften beruht auf der Zugehörigkeit zum Verband.88 Diese Zugehörigkeit bleibt während der Insolvenz erhalten. Der 85

Vgl. Eckardt, in: Gottwald, InsR-HB, § 32, Rn. 104; Windel, in: Jaeger, InsO, § 85, Rn. 28; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 80, Rn. 83; Lüke, in: K/P/B, InsO, § 80, Rn. 17; Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 85, Rn. 25; Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, § 240, Rn. 5; Damerius, Das Schicksal schwebender Verfahren des Insolvenzschuldners, S. 75; Wöstmann, in: Saenger, ZPO, § 240, Rn. 7; Beck, in: MAH Insolvenz, § 40, Rn. 22; BGH, Urt. v. 27. 03. 1995 – II ZR 140/93, NJW 1995, 1750, juris Rn. 6. 86 Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 1. 87 Hierzu unter Teil 2 B.I.2.a)bb). 88 Hierzu unter Teil 2 B.IV.; Teil 2 B.V.

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Insolvenzverwalter wird demgegenüber nach der Amtstheorie nicht Mitglied des Verbandes. Dementsprechend kann weder eine Nichtigkeitsklage noch eine allgemeine Feststellungsklage gegen einen Beschluss als Verfügung des Verbandes als Insolvenzschuldner i. S. d. § 81 InsO gewertet werden. b) Wegfall der generellen Annahme eines Rechtsschutzinteresses Der Fortbestand der Aktivlegitimation hinsichtlich einer Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage führt aber nicht dazu, dass sich die Insolvenzeröffnung nur in der Art auswirkt, dass der Insolvenzverwalter nunmehr für die Abwehr derartiger Klagen zuständig wäre. Es ist zunächst zu vergegenwärtigen, dass der Grund, dass es überhaupt zu einer derartigen Konstellation im Gesellschaftsrecht kommt, darin besteht, dass Verbandsbeschlüsse materiell-rechtlich ein dem insolventen Verband zurechenbarer Akt der Vermögensverwaltung sein können, während mit der Möglichkeit einer Beschlussmängelklage den Mitgliedern und Organen ein eigenständiges Instrument an die Hand gegeben wird, auf diese Vermögensverwaltung einzuwirken. Das bedeutet, dass im Beschlussmängelrecht von vornherein die materiellrechtliche Handlungsfähigkeit und die prozessuale Handlungsfähigkeit auf Aktivseite auseinanderfallen. Dementsprechend folgt aus dem dahingehenden insolvenzbedingten Verlust der materiell-rechtlichen Handlungsfähigkeit des Verbandes bezüglich eines Beschlussgegenstandes nicht gleichzeitig die prozessuale Handlungsunfähigkeit der Mitglieder und Organe, hinsichtlich dieses Beschlussgegenstandes eine Klage zu erheben, wie es im Verfahrensrecht eigentlich üblich ist.89 Gleichwohl kann diese Trennung zwischen materiell-rechtlicher und prozessualer Berechtigung nicht dazu führen, dass sich die Mitglieder und Organe über die Beschlussmängelklagen in die Vermögensverwaltung des Insolvenzverwalters hineindrängen. Dies würde nämlich verkennen, dass die Mitgliedschaftsrechte der Mitglieder – insbesondere ihre Verwaltungsrechte – nicht vom Insolvenzbeschlag unberührt bleiben. Der Gedanke, dass sich die Insolvenzeröffnung auf das Rechtsschutzbedürfnis der Mitglieder und Organe auswirken kann, wurde bereits 1986 von Schulz aufgeworfen. Aufbauend auf seiner These, dass den Organen nach der Insolvenzeröffnung auch hinsichtlich des Innenbereichs keine Restkompetenzen mehr zustünden, nahm Schulz einerseits auf der Basis der neuen Organtheorie bezüglich der Passivseite an, dass die Organe die Gesellschaft in keinem Fall im Rahmen einer Beschlussmängelklage vertreten würden. Stattdessen werde die Gesellschaft durch den Konkursverwalter oder im Falle eines Interessenkonflikts durch einen Notgeschäftsführer oder einen besonderen Vertreter vertreten. Anderseits berücksichtigte Schulz aber auch die Insolvenzeröffnung auf Aktivseite, insofern der jeweilige Kläger mit der Konkurseröffnung sein Rechtsschutzbedürfnis verliere, wenn die Beschlussmängelklage keinen Einfluss auf die Insolvenzabwicklung habe, da langwierige gesellschaftsinterne Querelen nicht auf Kosten der Konkursgläubiger 89

BVerfG, Beschl. v. 18. 07. 1979 – 1 BvR 655/79, BVerfGE 51, 405, juris Rn. 14.

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ausgetragen werden dürften.90 Zwar wird dem Verständnis der neuen Organtheorie nach Karsten Schmidt und der Funktionsteilung nach Schulz nicht beigetreten. Dennoch ist im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses mit Blick auf Beschlussmängelklagen durch Verbandsmitglieder und Verbandsorgane zu berücksichtigen, dass es außerhalb der Freigabe in der Verbandsinsolvenz tatsächlich kein insolvenzfreies Vermögen gibt. Mit dem Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters und der Verdrängung des Insolvenzschuldners aus dem Vermögensbereich lässt es sich nicht vereinbaren, dass sich die Verbandsmitglieder und Verbandsorgane im Wege einer spezifisch an ihre Mitgliedschaft bzw. an ihre Organstellung anknüpfenden Klagebefugnis in die Insolvenzverwaltung einmischen. Die Bedeutung der Beschlussmängelklage als Abwehrklage zum Schutz der Mitgliedschaft und als Instrument zur Rechtmäßigkeitskontrolle kann nach einer Insolvenzeröffnung daher nicht in gleicher Weise fortbestehen wie vor der Insolvenzeröffnung. aa) Die Bedeutung der Insolvenzeröffnung für die Mitgliedschaftsrechte der Verbandsmitglieder Die im Gesellschaftsanteil, der Aktie oder dem Genossenschaftsanteil verkörperte Mitgliedschaft umfasst alle Rechte und Pflichten des Verbandsmitglieds aus dem Mitgliedsverhältnis.91 Die Mitgliedschaftsrechte werden üblicherweise in Vermögensrechte und Verwaltungsrechte eingeteilt.92 Zu den Vermögensrechten zählen insbesondere der Anspruch auf den Bilanzgewinn bzw. den Jahresüberschuss, das Bezugsrecht bei Kapitalerhöhungen, der Anspruch auf den anteiligen Liquidationserlös sowie der Anspruch auf Abfindung und Ausgleich.93 Zu den Verwaltungsrechten gehören das Recht zur Teilnahme an der Verbandsmitgliederversammlung, das Informationsrecht, das Stimmrecht und vor allem auch das Recht zur Erhebung einer Beschlussmängelklage.94 Bei den Verwaltungsrechten wird zwischen solchen Rechten unterschieden, mit deren Ausübung auf das Verhalten des Verbandes Einfluss genommen wird (Stimmrecht), und denjenigen, die der Sicherung dieser Rechtsausübungsmöglichkeit dienen (Informationsrecht).95 Die Möglichkeiten des einzelnen Verbandsmitglieds variieren dabei stark je nach Verbandsform und Beteiligung. Während der Einfluss des Kleinaktionärs einer Aktiengesellschaft auf sein wenig ausschlaggebendes Stimmrecht in der Hauptver90

Schulz, KTS 1986, 389, 404 f. Böhm, in: Münchener HB GesR III, § 31, Rn. 1; Rieckers, in: Münchener HB GesR IV, § 17, Rn. 1; Wiedemann, Mitgliedschaftsrechte, S. 32 f.; Hofmann, in: Festschrift Hopt, S. 833 (840 f.). 92 Böhm, in: Münchener HB GesR III, § 31, Rn. 3. 93 Böhm, in: Münchener HB GesR III, § 31, Rn. 5; Rieckers, in: Münchener HB GesR IV, § 17, Rn. 4. 94 Böhm, in: Münchener HB GesR III, § 31, Rn. 4; Rieckers, in: Münchener HB GesR IV, § 17, Rn. 3. 95 Weipert, in: Münchener HB GesR I, § 56, Rn. 2. 91

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

sammlung bei der Wahl des Aufsichtsrats und bestimmten Beschlussgegenständen beschränkt ist, kann der Alleingesellschafter einer GmbH mit seinem Stimmrecht nicht nur die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers herbeiführen, sondern diesem auch hinsichtlich der konkreten Geschäftsführung Weisungen erteilen.96 Da der Insolvenzbeschlag gemäß §§ 80, 159 InsO nur das Vermögen des Verbandes umfasst, erscheint es im Ausgangspunkt ungewiss, ob die Verbandsmitglieder durch die Insolvenzeröffnung überhaupt in ihren Mitgliedschaftsrechten berührt werden. Nach dem BVerfG sind die Verbandsmitglieder jedoch mittelbare Eigentümer der Vermögensgegenstände, die das Verbandsvermögen bilden. Es spricht insofern davon, dass es sich bei dem Anteilseigentum um gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum handelt.97 Diese Sichtweise ist nicht unproblematisch, da sie dem deutschen Zivilrecht eigentlich fremd ist.98 Danach ist gemäß § 903 BGB allein der Verband Eigentümer des Verbandsvermögens. Werden nämlich die Kennzeichen des Eigentums „Zuordnung eines Eigentumsgegenstandes zu einem Rechtsträger“ und „Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand“99 für sich betrachtet, so werden diese ohne Weiteres durch den Verband, vertreten durch seine Organe, erfüllt100, nicht aber durch die Verbandsmitglieder. Mag eine mittelbare Zuordnung des Verbandsvermögens zu den Verbandsmitgliedern normativ möglich sein, gestaltet sich dies bei der Verfügungsbefugnis über das Verbandsvermögen schwieriger. Die unmittelbare Nutzung des Verbandsvermögens ist den Verbandsmitgliedern schließlich regelmäßig nicht gestattet, da das Eigentum unmittelbar dem Verband zugeordnet ist und dessen Verfügungsmacht vom Leitungsorgan ausgeübt wird.101 Die Anerkennung des Anteilseigentums als von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes mittelbares Eigentum am Verbandsvermögen setzt daher eine signifikante Auflockerung des Erfordernis der Verfügungsbefugnis zu einem bloßen Optimierungsgebot voraus.102 Wird daher in der Ausgangslage zugrunde gelegt, dass den Verbandsmitgliedern das Eigentum am Verbandsvermögen über die Verbandsorgane vermittelt wird, indem die Verbandsmitglieder ihre Verfügungsbefugnisse mittelbar über die Organe des Verbandes ausüben103, so liegt der verbandsrechtliche Ansatz des 96 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 132 f. 97 BVerfG, Urt. v. 07. 08. 1962 – 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263, juris Rn. 47 (Feldmühle); BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94 –, BVerfGE 100, 289, juris Rn. 42, 55. 98 Mülbert/Leuschner, ZHR 2006, 615 (621). 99 Hellgardt/Unger, ZHR 2019, 406 (410 f.); Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14. Rn. 311. 100 Das gilt sowohl für juristische Personen als auch für Personengesellschaften: Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 14, Rn. 22; Art. 19, Rn. 20, 25; Schön, in: Festschrift Ulmer, S. 1359 (1369). 101 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 130 f.; Mülbert/Leuschner, ZHR 2006, 615 (620). 102 Hellgardt/Unger, ZHR 2019, 406 (411 f.); Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14, Rn. 311. 103 Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14, Rn. 60.

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Optimierungsgebots in den Verwaltungsrechten der Verbandsmitglieder, insbesondere in den mit dem Stimmrecht wahrzunehmenden Leitungsbefugnissen im Rahmen der Verbandsmitgliederversammlung als des zentralen Organs des Verbandes.104 Die Verwaltungsrechte müssen daher derart ausgestaltet werden, dass die darin zum Ausdruck kommende mittelbare Verfügungsbefugnis in einem bezogen auf die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird, sodass die Ausdünnung der Verfügungsbefugnis des Verbandsmitglieds als Anteilseigentümer eine Einbeziehung von Anteilseigentum in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht von vornherein ausschließt.105 Das bedeutet konkret, dass Art. 14 Abs. 1 GG es verfassungsrechtlich gebietet, den Verbandsmitgliedern die Herrschaft über ihr kollektives Eigentum zu sichern und ihre Rechte und Pflichten so auszutarieren, dass sich das ursprüngliche Alleineigentum mit seinen herrschaftsrechtlichen und vermögensrechtlichen Komponenten in vermittelter Form fortsetzt.106 Dabei kann der Einfluss der Verbandsmitglieder je nach Beteiligung und Verbandsform vom Kleinaktionär einer großen Aktiengesellschaft bis hin zum Alleingesellschafter einer GmbH variieren.107 Der Entzug der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verbandes gemäß § 80 InsO bedeutetet daher nicht nur einen Eingriff in das Recht des Verbandes aus Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG, sondern auch in das Eigentumsrecht der Verbandsmitglieder.108 Nach dem modernen Eingriffsbegriff ist ein Eingriff schließlich jedes staatliche Handeln, das dem Einzelnen ein Verhalten oder den Genuss eines Rechtsguts, das in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht, gleichgültig ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder tatsächlich, mit oder ohne Befehl und Zwang eintritt.109 Im Gegensatz zum klassischen Eingriffsbegriff verlangt der moderne Eingriffsbegriff damit gerade nicht mehr einen zielgerichteten, unmittelbar wirkenden und zwangsweise durchsetzbaren Rechtsakt.110 Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Verband gemäß §§ 80 Abs. 1, 148 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das gesamte Verbandsvermögen. Die Verbandsorgane können den Mitgliedern eine Verfügungsbefugnis über das Verbandsvermögen, wie sie vom BVerfG zugrunde gelegt wird, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vermitteln.111 Die Leitungsbefugnisse laufen dahin104

BVerfG, Beschl. v. 27. 04. 1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289, juris Rn. 42; GreifWerner, Umwandlungen im Insolvenzplanverfahren, S. 59, Fn. 41; Sassenrath, ZIP 2003, 1517 (1523). 105 Hellgardt/Unger, ZHR 2019, 406 (412). 106 Hellgardt/Unger, ZHR 2019, 406 (412); Schön, in: Festschrift Ulmer, S. 1359 (1368). 107 BVerfG, Urt. v. 01. 03. 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78, BVerfGE 50, 290, juris Rn. 132. 108 Vgl. Hofmann, in: Festschrift Hopt, S. 833 (844 f.). 109 Kingreen/Poscher, Grundrechte, Rn. 294; Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 51, Rn. 31. 110 Kloepfer, Verfassungsrecht II, § 51, Rn. 25. 111 Spliedt, in: K. Schmidt, InsO, § 225a, Rn. 10.

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gehend leer, da sie – soweit ein Bezug zur Insolvenzmasse besteht – von den Verbandsorganen nicht mehr umgesetzt werden können. Die Leitungsorgane sind zudem kaum noch in der Lage, das Informationsrecht hinsichtlich des Verbandsvermögens gegenüber den Verbandsmitgliedern zu erfüllen, da die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die entsprechenden Informationen beim Insolvenzverwalter liegen. Gegenüber dem Insolvenzverwalter haben die Verbandsmitglieder keinen verbandsrechtlichen Auskunftsanspruch, da er als außenstehender Amtswalter nicht in die verbandsrechtliche Organisation integriert ist. Sämtliche Verwaltungsrechte können daher in tatsächlicher Hinsicht nur noch auf den insolvenzfreien Bereich bezogen ausgeübt werden.112 Den Verbandsmitgliedern stehen daher im Insolvenzverfahren nur noch wirkungsentkleidete Mitglieds- und Teilhaberechte zur Verfügung.113 Damit führt der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO nicht nur zu einem Eingriff in das Recht des Verbandes, sein Eigentum zu verwalten und darüber zu verfügen. § 80 Abs. 1 InsO hat vielmehr zugleich einen mittelbaren Eingriff in das Anteilseigentum der Mitglieder zur Folge, da dadurch ihre Verwaltungsrechte hinsichtlich des kollektiven Vermögens leerlaufen, weil sie von den Gesellschaftsorganen nicht mehr umgesetzt werden können. Eine Einflussmöglichkeit besteht dahingehend nur noch mit Blick auf die Rolle des Verbandes als Insolvenzschuldner. Damit wirkt sich die Insolvenzeröffnung auf den Inhalt der Verwaltungsrechte der Verbandsmitglieder aus.114 Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung für diesen Eingriff entspricht der Rechtfertigung in das Eigentumsrecht des Verbandes.115 bb) Das Rechtsschutzbedürfnis der Organe und Verbandsmitglieder im Lichte von § 80 InsO Der Verlust der Rechtsmacht der Verbandsmitglieder, mit ihrem Stimmrecht in der Verbandsversammlung auf die Insolvenzmasse einzuwirken, muss sich gleichfalls auf das Rechtsschutzbedürfnis der Verbandsmitglieder auswirken. Immerhin verlieren sie auch außerhalb der Insolvenz ihr Rechtsschutzinteresse, wenn der angegriffene Beschluss keine Auswirkungen mehr für die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Verbandsmitglieder und der Organe haben kann.116 Erfolgt bereits mit der Insolvenzeröffnung ein Eingriff in das Anteilseigentum der Mitglieder, sodass ihnen sämtliche Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich der Masse entzogen werden, dann können sie sich dahingehend nicht mehr per se auf einen Übergriff in ihre Mitgliedschaftsrechte berufen. Soweit sich die Beschlussmängelklage gegen einen 112 113 114 115 116

Spliedt, GmbHR 2012, 462 (465). Hölzle, in: Kübler, HRI, § 31, Rn. 8. Vgl. Ott/Brauckmann, ZIP 2004, 2117 (2118 f.); a. A. Haase, DB 1977, 241 (243). Hierzu unter Teil 3 A.I. Hierzu unter Teil 2 B.I.2.a)aa).

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Beschluss richtet, der nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr durch die Verbandsversammlung (bzw. im Falle der Feststellung des Jahresabschlusses in einer AG ggf. durch den Vorstand und den Aufsichtsrat) aufgehoben werden könnte, müssen sie ihr Rechtsschutzbedürfnis vielmehr gesondert darlegen. Auf die Kontrollfunktion der Beschlussmängelklage können sie sich insofern nicht berufen, da der Verband mit der Insolvenzeröffnung seine Existenzberechtigung verliert und deshalb ein schützenswertes Interesse an einer bloßen Rechtmäßigkeitskontrolle des Verbandshandelns ohne einen Bezug auf die Rechte des Klägers im Zusammenhang mit der Insolvenzabwicklung nicht bestehen kann.117 Dementsprechend entfällt im Rahmen des Verdrängungsbereichs das generelle Rechtsschutzinteresse des Vorstands gemäß §§ 245 Nr. 4, 249 Abs. 1 Satz 1 AktG. Stattdessen muss das Rechtsschutzbedürfnis konkret dargestellt werden. Es bleibt jedoch dabei, dass Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie nach hier vertretener Auffassung der Geschäftsführer einer GmbH118 ein Rechtsschutzinteresse haben, wenn die Risikolage nach § 245 Nr. 5 AktG für sie nach der Insolvenzeröffnung im Einzelfall fortbesteht. Soweit durch die Beschlussmängelklage die Insolvenzmasse betroffen ist, kann sich das Rechtsschutzbedürfnis allein aus der Abwehrfunktion der Beschlussmängelklage ergeben. Dieses muss dargelegt werden, da die Bedeutung der Kontrollfunktion der Beschlussmängelklage mit der Insolvenzeröffnung weggefallen ist. Wenn die Mitgliedschaft den Verbandsmitgliedern kein Recht mehr zur Verwaltung des Verbandsvermögens vermittelt, dann können sie ebenfalls nicht generell ein schützenswertes Interesse an der Abwehr von Eingriffen in dieses Recht haben. Zwar ändert die Insolvenzeröffnung nichts daran, dass ihre Mitgliedschaft ihnen weiterhin mittelbares Eigentum am Gesellschaftsvermögen verschafft, allerdings haben sie insoweit nur noch ein Recht an einem nach der Schlussverteilung verbleibenden Überschuss gemäß § 199 Satz 2 InsO. Da bereits durch die Regelinsolvenz in das Anteilseigentum eingriffen wird, lässt sich insofern der Gedanke zur Beteiligung der Anteilseigner bei einer Einbeziehung der Anteilsrechte in den Insolvenzplan und zum Obstruktionsverbot gemäß § 245 Abs. 3 InsO heranziehen. Wirkt sich die Beschlussmängelklage daher positiv auf die Insolvenzmasse aus, kann sich das Rechtsschutzinteresse des Verbandsmitglieds aus seinem Interesse ergeben, in den Genuss des Anteils am Überschuss nach der Schlussverteilung zu gelangen. Da der Kläger im Allgemein nicht über die notwendigen Informationen verfügt, um zu wissen, ob nach der Schlussverteilung ein Überschuss verbleiben wird oder nicht, muss es hierzu ausreichen, wenn ein solcher Überschuss nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen ist. Umgekehrt kann den Verbandsmitgliedern im Allgemeinen kein schützenswertes Interesse an einer masseverkürzenden Beschlussmängelklage zugesprochen werden.

117 118

Vgl. Schulz, KTS 1986, 389 (405). Hierzu unter Teil 2 B.III.

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Etwas anderes muss aber gelten, wenn sich das jeweilige Verbandsmitglied aufgrund eines mangelhaften, aber wirksamen Beschlusses einem Anspruch der Gesellschaft – etwa auf Zahlung eines Nachschusses – ausgesetzt sieht. Diese Beschlüsse sind von Anfang an wirksam, sodass damit begründete Ansprüche der Gesellschaft durch den Insolvenzverwalter gegen die Verbandsmitglieder geltend gemacht werden können. Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen der Gläubiger am Erhalt der Insolvenzmasse und eines Verbandsmitglieds daran, nicht aufgrund einer Verletzung seiner mitgliedschaftlichen Rechte einer Forderung des Insolvenzverwalters hilflos ausgesetzt zu sein, setzt das Rechtsschutzbedürfnis des Anfechtenden daher voraus, dass das Verbandsmitglied den Anspruch gegen sich nur im Wege einer Beschlussmängelklage abwehren kann. Das kann im Falle einer Einlage etwa verneint werden, wenn sich der Inferent durch einen Rücktritt vom Übernahmevertrag lösen kann. Im Falle einer Nachschusspflicht kann eine unmittelbare Einwendung das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschlussmängelklage entfallen lassen. Auch in dieser Konstellation gilt aber der Dispositionsgrundsatz, sodass sich der Insolvenzverwalter mit dem Kläger außergerichtlich etwa mit der Maßgabe vergleichen kann, dass er auf einen etwaigen Anspruch gegen den Kläger verzichtet und der Kläger im Gegenzug die Klage zurücknimmt. Der Klagerücknahme können die anderen Verbandsmitglieder nicht widersprechen, sodass, soweit kein anderes Mitglied ebenfalls eine Anfechtungsklage erhoben hat, der Insolvenzverwalter die Nachschusspflicht gegen sie ungehindert geltend machen kann. Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, da nicht ersichtlich ist weshalb die anderen Verbandsmitglieder aus einer Anfechtungsklage, die ihnen selbst womöglich mangels einer Beeinträchtigung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte gar nicht eröffnet gewesen wäre, einen Vorteil ziehen sollten. Soweit sie selbst von einer eigenständigen Klageerhebung abgesehen haben bzw. sich nicht auf Klägerseite innerhalb der Frist des § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG als streitgenössischer Nebenintervenient beteiligt haben, gehört es zum allgemeinen Risiko, dass die Klage zurückgenommen wird. Im Falle einer Nichtigkeitsklage fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Beschluss, der im Wege der Nichtigkeitsklage angegriffen wird, für die Insolvenzmasse nachteilig gewesen sein soll, indem mit ihm über ein Recht des Verbandes verfügt wurde oder eine Verbindlichkeit begründet oder erhöht wurde. Ist der Beschluss nämlich nichtig, bedarf es keiner Klage, um sich auf die Nichtigkeit zu berufen. Nach der Insolvenzeröffnung kann immerhin keine Heilung zum Nachteil der Insolvenzmasse eintreten, da der Beschluss hinsichtlich seines verfügenden Inhalts dann entweder gemäß § 81 InsO unwirksam ist oder, sofern er eine Verbindlichkeit begründete, es sich dabei nur um eine wertlose Neuverbindlichkeit des insolventen Verbandes handelt. Mithin hat der Kläger im Lichte der Insolvenz kein schützenswertes Interesse an der Vermeidung der Heilung dieses Beschlusses. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Fortführung der Gesellschaft realistisch ist. War der seinerzeit gefasste Beschluss seinem Inhalt nach für die Masse günstig, dann verfügen die Verbandsmitglieder wie im Falle der Anfechtungsklage nur dann über ein Rechtsschutzinteresse, soweit die Nichtigkeitsklage erforderlich ist, um

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einen persönlichen Nachteil abzuwenden. Wird daher die Nichtigkeit eines Beschlusses gerügt, der im Falle der Heilung gemäß § 242 AktG (analog bei GmbH und Genossenschaft) einen Anspruch gegen den Kläger begründet, dann verfügt er im Allgemeinen über ein Rechtsschutzinteresse. Schließlich erkennt die Rechtsordnung einem nichtigen Beschluss grundsätzlich jede Wirkung ab. Die Heilung erfolgt lediglich im Interesse der Rechtssicherheit. Daher muss es den Verbandsmitgliedern möglich sein, zur Vermeidung der Inanspruchnahme aufgrund eines nichtigen Beschlusses den Eintritt der Heilung durch eine Nichtigkeitsklage zu verhindern. Das Rechtsschutzinteresse der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie des GmbH-Geschäftsführers setzt einschränkend zu § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG eine fortbestehende Risikolage entsprechend § 245 Nr. 5 AktG voraus. Richtet sich eine Beschlussmängelklage demgegenüber gegen einen Beschluss, der sich nicht auf die Insolvenzmasse bezieht und den die Verbandsmitglieder daher noch nach der Insolvenzeröffnung aufheben könnten, z. B. einen Beschluss über den Ausschluss eines Verbandsmitglieds, dann bleibt es hinsichtlich des Rechtsschutzinteresses bei den Grundsätzen, die außerhalb der Insolvenz gelten. 4. Folgen für den Beschlussmängelstreit im Regelinsolvenzverfahren Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen zum Rechtsschutzbedürfnis nach der Insolvenzeröffnung und von der Annahme, dass der Insolvenzverwalter im Falle eines Massebezugs einer Beschlussmängelklage stets passivlegitimiert ist, ergeben sich für eine Beschlussmängelklage im Regelinsolvenzverfahren folgende Grundsätze: Personen, die außerhalb der Insolvenz zur Erhebung einer Beschlussmängelklage befugt sind, bleiben grundsätzlich auch nach der Insolvenzeröffnung klagebefugt. Weist eine Beschlussmängelklage jedoch insoweit einen Massebezug auf, als die Gesellschafterversammlung den Beschluss gemäß §§ 80 ff. InsO nicht mehr aufheben könnte, fehlt es an einem generellen Rechtsschutzbedürfnis, sodass vom jeweiligen Kläger konkret darzulegen ist, inwiefern dennoch ein solches Bedürfnis besteht. Weist die Klage einen Vermögensbezug auf, ist unabhängig davon, ob sie sich positiv oder negativ auf die Insolvenzmasse auswirkt, stets der Insolvenzverwalter passivlegitimiert. Wurde daher vor der Insolvenzeröffnung eine Beschlussmängelklage erhoben, die sich auf die Insolvenzmasse bezieht, wird das Verfahren entgegen der h. M. gemäß § 240 ZPO unabhängig davon, ob sich die Klage positiv oder negativ auf die Masse auswirkt, unterbrochen. Ist der Beschluss für die Masse vorteilhaft gewesen und sieht es der Insolvenzverwalter als erforderlich an, die durch die Klageerhebung eingetretene Hemmung der Heilung zu beseitigen, indem er die Klage abwehrt, so kann er das Verfahren gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 1 InsO aufnehmen.119 119 Vgl. zur Unterscheidung von Aktiv- und Passivprozessen nach §§ 85 und 86 InsO: Sternal, in: K. Schmidt, InsO, § 85, Rn. 37 f.

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Hat vor der Insolvenzeröffnung beispielsweise ausschließlich der Vorstand eine Nichtigkeitsklage erhoben, so wird die Klage aufgrund des nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen, wenn der Vorstand den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt. Erhebt dann kein Verbandsmitglied bis zum Eintritt der Heilung eine Nichtigkeitsklage, heilt der Beschluss mit der Folge, dass sich die Verbandsmitglieder gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht mehr auf die Nichtigkeit des Beschlusses berufen können. Das bedeutet, dass die übrigen Verbandsmitglieder das Risiko tragen, dass eine Klage des Vorstands unzulässig wird oder dass ein klagendes Verbandsmitglied trotz Rechtsschutzbedürfnis die Beschlussmängelklage beispielsweise aufgrund einer Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter zurücknimmt. Ist die Beschlussmängelklage für die Insolvenzmasse vorteilhaft, wird der Prozess ebenfalls gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Ist der Insolvenzverwalter der Auffassung, dass es für die Masse nützlich ist, kann er den Rechtsstreit gemäß § 85 f. InsO aufnehmen und entsprechend dem auch für das Beschlussmängelrecht geltenden Dispositionsgrundsatz ein Anerkenntnis erklären. Damit sind keine unzumutbaren Folgen für die Verbandsmitglieder verbunden, da sie, soweit sie von der Rechtskraft umfasst oder unmittelbar von der Gestaltungswirkung betroffen sind, als streitgenössische Nebenintervenienten ein Anerkenntnisurteil verhindern können. Immerhin gilt die Monatsfrist innerhalb der eine Nebenintervention gemäß § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG erfolgen muss, nur für einen Streitbeitritt auf Klägerseite und nicht für einen Beitritt auf Beklagtenseite.120 Da sich die Rechtskraft einer Anfechtungsklage und einer Nichtigkeitsklage nur auf den in § 248 Abs. 1 AktG genannten Personenkreis erstreckt, können Außenstehende – wie Anleger oder Arbeitnehmer – einem Anerkenntnisurteil zwar nicht entgegentreten. Für sie verschlechtert sich dadurch die Rechtlage aber nicht, da für sie insbesondere nicht die Feststellung des Jahresabschlusses, sondern der jeweilige Vertrag mit dem Verband entscheidend ist. Daher ist es für sie irrelevant, ob die Feststellung des Jahresabschlusses wirksam ist oder nicht. Eine streitige Entscheidung kann im Zusammenhang mit einem Beschluss, der einen Massebezug aufweist, nur dann zugunsten des Klägers ergehen, wenn der für den Kläger objektiv nachteilige Beschluss zwar fehlerhaft, aber wirksam ist oder ohne weiteres Zutun wirksam werden kann. Das ist bei einer Personengesellschaft und einem Verein de lege lata im Allgemeinen nicht der Fall, sodass es an einem Feststellungsinteresse grundsätzlich fehlt. Das hat insbesondere für das Personengesellschaftsrecht Bedeutung. Schließlich sind hier die die Nichtigkeit bestreitenden Gesellschafter und nicht die Gesellschaft der richtige Klagegegner. Mithin ist kein Raum für die Annahme einer Passivlegitimation des Insolvenzverwalters, da dieser dahingehend nur den insolventen Verband und nicht die Gesellschafter verdrängen kann. Wer daher entsprechend der h. M. versucht, den Schutz der Insolvenzgläubiger 120 Vatter, in: BeckOGK AktG, § 246, Rn. 61; Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 81; Ehmann, in: Grigoleit, AktG§ 246, Rn. 20; BGH, Beschl. v. 15. 06. 2009 – II ZB 8/08, NZG 2009, 948, juris Rn. 8 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22. 03. 2010 – 5 W 10/10, NZG 2010, 785, juris Rn. 13.

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vor Beschlussmängelklagen der Verbandsmitglieder nach der Insolvenzeröffnung nur auf der Ebene der Passivlegitimation zu gewährleisten, der kommt nicht umhin, auf das Beschlussmängelrecht im Personengesellschaftsrecht die §§ 241 ff. AktG anzuwenden.121 Nach dem hier vertretenen Ansatz, wonach sich die Insolvenz im Falle eines Massebezugs sowohl auf das Rechtsschutzbedürfnis als auch auf die Passivlegitimation auswirkt, ist das nicht erforderlich. Vielmehr lässt sich dadurch sowohl die Konzeption einer entsprechenden Anwendung der §§ 241 ff. AktG als auch die eines Rechtsstreits unter den Gesellschaftern abbilden. Das ist insbesondere in Anbetracht des Regierungsentwurfs zum MoPeG nicht irrelevant, da danach zukünftig für das Personengesellschaftsrecht sowohl das Anfechtungsmodell als auch das Feststellungsmodell Anwendung finden soll.122

II. Keine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters Die h. M. zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters ist ebenfalls abzulehnen. Für die Annahme eines Übergangs der Aktivlegitimation, insbesondere der des Vorstands, fehlt es auf der Basis der Amtstheorie an einer dogmatischen Grundlage. Dies kann nur durch eine Verwischung der Dogmatik zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters überspielt werden. So wird von der h. M. außer Acht gelassen, dass das Verständnis über die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters als Amtswalter nicht mit der Annahme zur Aktivlegitimation aufgrund eines Übergangs der Klagebefugnis vom Vorstand zusammenpasst. Häufig wird zwar nicht explizit das Verständnis über das Verhältnis des Vorstands, der Gesellschaft und des Verwalters zur Beschlussmängelklage benannt, sodass die dogmatische Grundlage für die Annahme eines Übergangs des Klagerechts vom Vorstand auf den Verwalter nicht ersichtlich ist.123 Wer jedoch nicht der Lehre von Karsten Schmidt folgt, sondern die herrschende Amtstheorie vertritt, hat es schwer, einen Übergang der Aktivlegitimation vom Vorstand auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO zu begründen. Hier mag auf den ersten Blick das von Weber geprägte Verständnis zur Funktionsteilung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Gesellschaftsorganen weiterhelfen.124 Dieses von Weber gewählte Bild ist jedoch abzulehnen, da der Vorstand 121

Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 221. Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BT-Drucks. 59/21, S. 124, 269 f. 123 So Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 15, wobei nicht klar ist, ob hierbei davon ausgegangen wird, dass der Verwalter Partei kraft Amtes (vgl. die Kommentierung zu § 246, Rn. 66) oder Vertreter der Gesellschaft sein soll (vgl. die Kommentierung zu § 246, Rn. 83); Koch, AktG, § 245, Rn. 37; Dörr, in: Spindler/Stilz, AktG, § 245, Rn. 47; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 245, Rn. 20; Drescher, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 245 AktG, Rn. 14; Göz, in: Bürgers/Körber, AktG, § 245, Rn. 16; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 245, Rn. 42; Weber, in: Jaeger, KO (8. Aufl.), §§ 207, 208, Anm. 35. 124 Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 37. 122

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nicht der Insolvenzschuldner ist und es rechtlich keine Funktionsteilung zwischen dem Vorstand und dem Insolvenzverwalter gibt.125 Mit der Verdrängungslehre lässt sich somit kein Übergang der Klagebefugnis des Vorstands auf den Insolvenzverwalter begründen.126 Angemerkt sei hierbei aber auch, dass es die Vertreter der neuen Organtheorie nur dem ersten Anschein nach einfacher haben, einen Übergang der Aktivlegitimation des Vorstands auf den Insolvenzverwalter zu begründen.127 Zwar wird der Insolvenzverwalter nach der neuen Organtheorie nämlich als Organ des Verbandes gesehen, aber es handelt sich dabei noch immer um ein obligatorisches Drittorgan mit verdrängenden Kompetenzen und nicht etwa um den Vorstand. Die Kompetenzen der Verbandsorgane werden nach der neuen Organtheorie lediglich auf den Bereich verengt, den Weber als „konkursfreien Organbereich“ und als „Gemeinschuldnerbereich“ bezeichnet hat. Richtigerweise stellte Karsten Schmidt deshalb auch klar, dass durch die Wahl der neuen Organtheorie keinesfalls die schwierigen Kompetenzabgrenzungsprobleme zwischen den Eigenorganen der Gesellschaft und dem Insolvenzverwalter vorentschieden, sondern lediglich zutreffend verortet werden.128 Hieraus ergibt sich aber zugleich, dass der Verweis von Karsten Schmidt, bei dem Insolvenzverwalter handle es sich nach der neuen Organtheorie um ein Organ des Verbandes, nicht genügt, um eine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters zu begründen.129 So ist beispielsweise nach § 245 AktG weder die Hauptversammlung noch der Aufsichtsrat zur Erhebung einer Anfechtungsklage berechtigt. Auch der GmbH-Geschäftsführer ist als Organ nicht befugt, eine Anfechtungsklage analog § 245 Nr. 4 AktG zu erheben. Mithin ist es nicht möglich, allein aus einer Organstellung des Insolvenzverwalters auf eine Aktivlegitimation zur Erhebung einer Beschlussmängelklage zu schließen, weil es keinen Rechtsgrundsatz gibt, dass ein Verbandsorgan stets zur Erhebung einer Beschlussmängelklage berechtigt ist. Wenn dem Insolvenzverwalter daher allein aus seiner Organstellung keine originäre Klagebefugnis zukommen kann, dann kommt es auch nach der neuen Organtheorie auf den Aspekt an, dass der Insolvenzverwalter die anderen Organe aus ihren Kompetenzen verdrängt, soweit es den Verdrängungsbereich betrifft.130 Damit müssen sich aber die Vertreter der neuen Organtheorie genauso wie die Vertreter einer Funktionsteilung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Verbandsorganen auf der Basis der Amtstheorie nach Weber der Frage stellen, ob das Recht des Vorstands zur Beschlusskontrolle dem sog. „insolvenzfreien Bereich“ oder dem sog. „Verdrängungsbereich“ zuzuordnen ist. Hier ist Karsten Schmidt zuzustimmen, dass diese Frage überhaupt nur auf der Grundlage der neuen Organtheorie diskutiert 125 126 127 128 129 130

Hierzu unter Teil 3 B.II. So schon Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204. Vgl. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 203 f. Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367). So aber Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 37. Vgl. Karsten Schmidt, KTS 1984, 345 (367).

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werden kann. Gleichwohl geht Karsten Schmidt nicht so weit, eine Verdrängung des Vorstands aus seinem Recht zur Beschlusskontrolle anzunehmen. Vielmehr sollen sowohl der Vorstand als auch der Insolvenzverwalter zur Erhebung einer Beschlussmängelklage berechtigt sein.131 Dass der Vorstand vom Insolvenzverwalter nicht aus seinem Recht zur Beschlusskontrolle verdrängt wird, ist – wie noch aufgezeigt wird – zutreffend. Wenn der Insolvenzverwalter aber auch nach Karsten Schmidt den Vorstand nicht aus seinem Recht zur Beschlusskontrolle und damit ebenfalls nicht aus seiner Aktivlegitimation verdrängt und schließlich nicht ersichtlich ist, weshalb ihm allein aus seiner Organstellung ein originäres Klagerecht zustehen soll, dann ist nicht nachvollziehbar, woher die Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters nach der neuen Organtheorie herrühren soll. Damit hängt die neue Organtheorie genauso wie die auf der Amtstheorie basierende h. M. hinsichtlich ihrer dogmatischen Begründung einer Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters in der Luft. 1. Dogmatische Schwäche der h. M. Bis heute gibt es keine dogmatisch tragfähige Argumentation für die Begründung einer Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters in einem Beschlussmängelstreit. Das überwiegend vertretene Konzept zu einem Übergang der Anfechtungsbefugnis des Vorstands gemäß § 245 Nr. 4 AktG und seiner Antragsbefugnis gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG auf den Insolvenzverwalter ist nicht mit § 80 InsO vereinbar. Das kann nicht durch einen Rückgriff auf die von Weber begründete Verdrängungslehre überspielt werden. Die Argumentation des BGH, dass die Klagebefugnis des Vorstands bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters auf den Insolvenzverwalter übergehe, weil er funktional an die Stelle des Vorstands bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters trete, lässt sich nicht mit der Amtstheorie vereinbaren und überzeugt daher nicht.132 Nach der Amtstheorie ist der Insolvenzverwalter kein Organ der Gesellschaft und tritt auch nicht an die Stelle der Verbandsorgane. Wenn er nicht bereits vom Gesetz als klagebefugte Person vorgesehen ist, müsste die Klagbefugnis von einer klageberechtigten Person auf ihn gemäß § 80 InsO übergehen oder er müsste über eine nicht ausdrücklich geregelte originäre Befugnis verfügen. Der BGH greift in seinen Entscheidungen die Verdrängungslehre auf, sodass davon auszugehen ist, dass er einen Übergang der Klagebefugnis des Vorstands bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO unterstellt. So habe der Insolvenzverwalter für die Rechtmäßigkeit des Kooperationshandelns zu sorgen, soweit er den hierzu grundsätzlich berufenen Vorstand bzw. persönlich haftenden Gesellschafter aus dessen Aufgabenbereich verdränge. Im Rahmen seines Aufga131

Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 37. A. A. Theusinger/Guntermann, NZI 2020, 739 (745); Bachmann, EWiR 2020, 389 (390); Backhaus, JurisPR-HaGesR 9 – 2020 Anm. 3. 132

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benbereichs übernehme der Insolvenzverwalter nämlich auch die grundsätzlich dem Vorstand bzw. persönlich haftenden Gesellschafter obliegende Legalitätskontrolle in Form der Bilanznichtigkeitsklage.133 a) Klagebefugnis des Vorstands ist kein Recht des Verbandes Aus § 80 InsO folgt nur der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter. Schuldner sind nicht die Verbandsorgane, sondern der Verband. Die Befugnis zur Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ist aber dem Vorstand als Organ und nicht der Gesellschaft zugeordnet. Da er dabei nicht die Gesellschaft vertritt134, kann seine Klagebefugnis nicht gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehen.135 Das gilt ebenfalls für die Klagebefugnis eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA, die schon nicht aus einer Organstellung, sondern aus seinem Mitgliedschaftsrecht resultiert.136 Die Anfechtungs- und Antragsbefugnis des Vorstands lässt sich auch nicht im Wege einer materiellen Sichtweise dem Verband zuordnen, um so einen Übergang auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO zu begründen. Während Zöllner der Auffassung war, dass die Gesellschaft die Trägerin der Anfechtungs- und Klagebefugnis sei und der Vorstand diese lediglich als Vertretungsorgan für die Gesellschaft ausübe137, sodass es sich im Falle einer Beschlussmängelklage des Vorstands, wie im öffentlichen Recht bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Behörden desselben Rechtsträgers, um einen gesetzlich zugelassenen Fall des Insichprozesses handeln würde138, unterschied Haase zwischen formeller und materieller Befugnis. Haase nahm also an, dass ein Übergang der Klagebefugnis vom Vorstand auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO stattfinde, da es sich materiell tatsächlich um ein Recht handele, das der Vorstand für die Gesellschaft ausübe. Im Gegensatz zu Zöllner ging Haase jedoch nicht von einem Insichprozess aus, da dem Vorstand zur

133 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 23 f., dort auch zum folgenden Text. 134 Hierzu unter Teil 2 B.I.2.a)bb). 135 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204; Gelbrich, KTS 2020, 143 (156 f.). 136 Perlitt, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 283, Rn. 39; Servatius, in: Grigoleit, AktG, § 283, Rn. 28; Assmann/Sethe, in: GK AktG (4. Aufl.), § 283, Rn. 37; § 285, Rn. 11; Bachmann, in: BeckOGK AktG, § 283, Rn. 25; a. A. Mertens/Cahn, in: KK AktG, § 283, Rn. 20, dann gilt jedoch das zum Vorstand Gesagte. 137 Zöllner, in: KK AktG (1. Aufl.), § 245, Rn. 59; vgl. auch Westermann, in: Festschrift Bötticher, S. 369 (376), der ebenfalls davon ausgeht, dass der Vorstand das Klagerecht nur für die Gesellschaft wahrnimmt; im KK AktG wurde die Auffassung Zöllners unterdessen ausdrücklich aufgegeben, da sie der Organstellung des Vorstands nicht gerecht werde: Noack/ Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 124. 138 Zöllner, in: KK AktG (1. Aufl.), § 246, Rn. 24.

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Vermeidung eines solchen Insichprozesses durch das Aktienrecht die Parteifähigkeit verliehen worden sei. Der Vorstand handele gleichwohl für die Gesellschaft.139 Entgegen der Sichtweise von Haase lässt sich aber nach seinem Verständnis von der Anfechtungs- und Antragsbefugnis des Vorstands kein Übergang dieser Befugnisse auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO herleiten. Wenn Haase meint, dass die Gesellschaft materiell-rechtlich die Trägerin dieser Rechte sei, diese aber formell dem Vorstand als Rechtsträger zugeordnet seien, der sie dann für die Gesellschaft ausübe, dann kommt er nicht umhin anzunehmen, dass der Vorstand eine vergleichbare Stellung wie ein Vollrechtstreuhänder haben muss.140 Dann aber scheidet ebenso wie bei einem Vollrechtstreuhänder ein Übergang seiner Anfechtungs- und Klagebefugnis auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO aus.141 Mit § 80 InsO allein lässt sich daher auf der Basis der Amtstheorie ein Übergang der Befugnis der Verbandsmitglieder und Verbandsorgane – insbesondere des Vorstands – auf den Insolvenzverwalter nicht begründen. Nichts anderes gilt im Übrigen für die Vertretertheorie, da nach ihr der Insolvenzverwalter den Insolvenzschuldner ebenfalls nur bezüglich der dem Schuldner zugeordneten Rechte vertreten kann. b) Keine Verdrängung des Vorstands aus der Aufgabe zur Beschlusskontrolle Ein Übergang der Klagebefugnis des Vorstands lässt sich nicht auf die Verdrängungslehre nach Weber stützen. Der Insolvenzverwalter verdrängt gemäß § 80 InsO nach der Amtstheorie nur die Gesellschaft als Insolvenzschuldnerin und nicht deren Organe aus ihrer Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Der Wegfall der vermögensbezogenen Organkompetenzen ist lediglich Reflex des Wegfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Gesellschaft. Es findet rechtlich keine Funktionsteilung zwischen den Organen und dem Insolvenzverwalter statt und erst recht tritt der Insolvenzverwalter nicht an die Stelle der Organe.142 Er kann den Vorstand daher nicht aus einem eigenen Recht wie der Beschlusskontrolle, das der Vorstand nicht in Vertretung der Gesellschaft ausübt, verdrängen.143 Dennoch unterstellt der BGH – ebenso wie die h. M. – in seinen Entscheidungen vom 21. 04. 2020 auf der Grundlage der Verdrängungslehre von Weber einen entsprechenden Übergang des Rechts und der Pflicht des Vorstands zur Beschlusskontrolle. Dem II. Zivilsenat des BGH muss dabei zunächst eine gewisse Widersprüchlichkeit hinsichtlich seiner Entscheidungen aus dem November 2019 und aus dem April 2020 vorgeworfen werden. So betonte er in seiner Entscheidung vom No139

Haase, DB 1977, 241, 244; Wilhelmi, Godin/Wilhelmi, AktG (4. Aufl.), § 245, Anm. 5. Vgl. Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 49, Rn. 63 f.; Henze, Aktienrecht – höchstrichterliche Rechtsprechung, Rn. 1006 m. w. N. 141 Vgl. Kuleisa, in: HambKomm InsO, § 81, Rn. 12; Vuia, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 81, Rn. 12; BGH, Urt. v. 19. 04. 2018 – IX ZR 230/15, BGHZ 218, 261, juris Rn. 17. 142 Hierzu unter Teil 3 B.II. 143 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204 f.; Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359. 140

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vember 2019 noch, dass der Insolvenzverwalter nicht an die Stelle der Organe der Gesellschaft trete. Vielmehr behielten diese ihre Stellung, könnten aber nur noch solche Aufgaben wahrnehmen, die nicht die Insolvenzmasse beträfen, weil das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters insoweit ihre Befugnisse verdränge bzw. überlagere.144 Hingegen meinte er in seinen Entscheidungen vom 21. 04. 2020, dass der Vorstand seine Befugnis zur Beschlussmängelkontrolle hinsichtlich der Insolvenzmasse keineswegs nur nicht mehr ausüben könne, sondern dass er diese aufgrund der Verdrängung an den Insolvenzverwalter verliere. Insoweit habe der Insolvenzverwalter für die Rechtmäßigkeit des Korporationshandelns zu sorgen, soweit er den hierzu grundsätzlich berufenen Vorstand verdränge.145 Der II. Zivilsenat des BGH entfernt sich schließlich völlig von der Amtstheorie, wenn er den Insolvenzverwalter, soweit es die Insolvenzmasse betrifft, hinsichtlich der Legalitätspflicht gleich einem Organ behandeln will, indem er meint, dass der Insolvenzverwalter dahingehend bei einer Beschlussmängelklage funktional in der Rolle des Vorstands handle.146 Die Annahme des II. Zivilsenat des BGH, dass im Vermögensbereich die Legalitätspflicht des Vorstands und damit sein Recht zur Beschlusskontrolle in Form der Beschlussmängelklage im Wege der Verdrängung auf den Insolvenzverwalter übergingen, ist unzutreffend.147 Die Befugnis des Vorstands zur Erhebung einer Beschlussmängelklage resultiert aus seiner Pflicht zur Wahrung von Gesetz und Satzung in der Gesellschaft gegenüber Beschlüssen der Hauptversammlung, und diese Pflicht ergibt sich wiederum aus der Leitungsbefugnis des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG. Das macht die Argumentation des BGH bereits hinsichtlich anfechtbarer Beschlüsse in der GmbH unbrauchbar, da dem GmbH-Geschäftsführer keine entsprechende Leitungsbefugnis und somit ebenfalls kein Recht zur Beschlusskontrolle entsprechend § 245 Nr. 4 AktG zukommt.148 Nach hiesiger Auffassung ist dem jeweiligen Amtswalter, also nicht dem Organ „Geschäftsführer“ selbst, zwar zumindest eine Anfechtungsbefugnis analog § 245 Nr. 5 AktG zuzugestehen.149 Für die Frage nach einem Übergang der Anfechtungsbefugnis ist das jedoch unerheblich, da auf der Basis einer analogen Anwendung von § 245 Nr. 5 AktG auf den GmbH-Geschäftsführer diese Klagebefugnis in Anbetracht des in der Insolvenz fortbestehenden Schutzgedankens nicht gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehen kann. 144

BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 37, 38. BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 24. 146 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 50; BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 53. 147 Müller, WuB 2020, 482 (485); ebenfalls kritisch Szalai, JurisPR-BGHZivilR 20 – 2020 Anm. 3. 148 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 205; Weber, KTS 1970, 73 (88); Weber, in: Jaeger, KO (8. Aufl.), §§ 207, 208, Anm. 35; Grüneberg, Die Rechtspositionen der Organe der GmbH und des Betriebsrates im Konkurs, S. 144. 149 Vgl. Noack, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, Anhang § 47, Rn. 140. 145

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Die Annahme des II. Zivilsenats des BGH, dass sich die Klagebefugnis des Insolvenzverwalters aus seiner Rechtsstellung ergebe, widerspricht gemessen an der augenscheinlich vom BGH zugrunde gelegten Amtstheorie der Behandlung des Insolvenzverwalters als Organ. Bei Lichte betrachtet wendet der II. Zivilsenat insoweit vielmehr die neue Organtheorie an, nur dass er den Insolvenzverwalter nicht rechtlich, sondern nur funktional zum Gesellschaftsorgan macht. Wird der Insolvenzverwalter mit der h. M. als Amtswalter behandelt, der aus eigenem Recht und im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen den Schuldner handelt, dann ergibt sich aus der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters, dass die Begründung einer Klagebefugnis ein originäres Klagerecht des Insolvenzverwalters voraussetzt, wenn ein solches nicht vom insolventen Verband gemäß § 80 InsO auf ihn übergehen kann. Darüber hinaus überzeugt bereits die Grundidee eines Übergangs der Legalitätspflicht des Vorstands auf den Insolvenzverwalter nicht. Zwar bezieht sich die Leitungsfunktion des Vorstands gemäß § 76 Abs. 1 AktG in erster Linie auf die Leitung eines Unternehmens in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft.150 Unabhängig von diesem Unternehmensbezug der Leitungsaufgabe des Vorstands leitet er aber gemäß § 76 AktG die Gesellschaft.151 Der Insolvenzverwalter leitet demgegenüber, selbst wenn das Unternehmen der insolventen Aktiengesellschaft dem Insolvenzbeschlag und damit der Leitung des Insolvenzverwalters unterliegt, nicht die Gesellschaft. Die Aufgabe zur Leitung der Gesellschaft obliegt vielmehr weiterhin gemäß § 76 Abs. 1 AktG dem Vorstand. Die Leitungsfunktion des Vorstands im Sinne des § 76 Abs. 1 AktG ist schließlich ebenso wie die Geschäftsführungskompetenz im Sinne des § 77 AktG auf das Innenverhältnis der Gesellschaft bezogen.152 Eine Leitungsaufgabe des Vorstands ist etwa die Vorbereitung und Ausführung von Hauptversammlungsbeschlüssen. Selbst wenn diese Hauptversammlungsbeschlüsse – z. B. im Fall einer Firmenänderung oder einer Kapitalerhöhung – Auswirkungen auf die Masse haben, werden sie nicht vom Insolvenzverwalter vorbereitet und ausgeführt, sondern vom Vorstand. Dem Insolvenzverwalter obliegt dabei lediglich die Verwaltung und Verfügung der daraus resultierenden Rechte, die als Neuerwerb zur Masse gehören. Auf der anderen Seite sind gemäß § 155 Abs. 1 InsO die handels- und steuerrechtlichen Pflichten zur Buchführung und zur Rechnungslegung in Bezug auf die Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter und nicht mehr durch den Verband als Schuldner zu erfüllen. Dementsprechend bleibt zwar der Vorstand innergesellschaftlich gemäß § 91 Abs. 1 AktG zur Buchführung verpflichtet. Soweit der Insolvenzverwalter und nicht mehr der Verband zur Buchfüh150 Spindler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 76, Rn. 14; Fleischer, in: BeckOGK AktG, § 76, Rn. 5; Koch, AktG, § 76, Rn. 10. 151 Kort, in: GK AktG (5. Aufl.), § 76, Rn. 39; Spindler, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 76, Rn. 14; Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, § 76, Rn. 10; Bürgers, in: Bürgers/Körber, AktG, § 76, Rn. 6. 152 Bürgers, in: Bürgers/Körber, AktG, § 76, Rn. 7; Kort, in: GK AktG (5. Aufl.), § 76, Rn. 11.

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rung verpflichtet ist, nimmt er diese innergesellschaftliche Aufgabe aber nicht mehr wahr. Die Pflicht des Vorstands gemäß § 91 AktG, die erforderlichen Handelsbücher zu führen, geht somit gerade nicht gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Ein solcher Übergang kann nicht über den Begriff der „Verdrängung“ fingiert werden. Wenn aber die dem Vorstand innergesellschaftlich zugeordnete Kompetenz zur Rechnungslegung nicht auf den Insolvenzverwalter übergeht, dann kann auch die ihm (ebenfalls) im Zusammenhang mit der Rechnungslegung obliegende Legalitätskontrolle nicht auf den Insolvenzverwalter übergehen. Wie bereits aufgezeigt wurde, leitet der Insolvenzverwalter als Amtswalter nicht den Verband, sondern er verwaltet und verwertet lediglich im Interesse der Gläubiger das Vermögen des Verbandes, wobei er seine Entscheidungen am Insolvenzzweck ausrichten muss. Die Leitlinie und der Maßstab seines Handelns ist daher die gleichmäßige und bestmögliche Befriedigung der Gläubiger.153 Wie sich aus § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO ergibt, sind diese Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters zu erfüllen.154 § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO ist seinem Wortlaut nach zwar an die handels- und gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltsanforderungen angelehnt (vgl. § 347 Abs. 1 HGB; § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG; § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG; § 43 Abs. 1 GmbHG)155, gleichwohl besteht aber eine eigenständige Legalitätspflicht des Insolvenzverwalters, ohne dass eine solche erst von den Verbandsorganen auf ihn übergehen müsste156 oder der Insolvenzverwalter gar faktisch als Verbandsorgan157 behandelt werden müsste.158 Dementsprechend geht die Annahme des BGH fehl, wonach die Legalitätskontrolle des Vorstands hinsichtlich der Jahresabschlüsse auf den Insolvenzverwalter übergeht. § 155 InsO stellt klar, dass die Pflicht des Schuldners (also des Verbands und gerade nicht seiner Organe) zur Rechnungslegung (also auch zur Jahresabschlusserstellung) auf den Insolvenzverwalter übergeht. Aus §§ 238 ff. HGB i. V. m. § 60 Abs. 1 Satz 2 InsO folgt für den Insolvenzverwalter die Pflicht, diese Pflicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.159 Da der Insolvenzverwalter überdies die Pflicht hat, die Jahresabschlüsse für den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung zu erstellen, sofern dies noch nicht bereits (verbindlich) geschehen ist, trifft ihn dahingehend bereits eine originäre Pflicht zur Legalitätskontrolle der 153

Ziemons, in: Festschrift Bergmann, S. 923 (924 f.). Heilmaier, in: Beck/Depré, Praxis der Insolvenz, § 8, Rn. 63. 155 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 25. 156 Vgl. Lind, in: A/G/R InsO, § 60, Rn. 6 f.; Gehrlein, NZG 2020, 801 (802 f.). 157 Vgl. BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 50 „(…), da der Verwalter zwar funktional in der Rolle des Vorstands bzw. des persönlich haftenden Gesellschafters handelt, (…)“. 158 Vgl. BGH, Urt. v. 12. 03. 2020 – IX ZR 125/17, BGHZ 225, 90, juris Rn. 29 f. 159 Lind, in: A/G/R InsO, § 60, Rn. 7; Schmittmann, in: K. Schmidt, InsO, § 155, Rn. 12 ff.; BGH, Urt. v. 29. 05. 1979 – VI ZR 104/78, BGHZ 74, 316, juris Rn. 10 f. 154

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Jahresabschlüsse.160 Ein Übergang einer Legalitätspflicht bzw. Legalitätskontrolle hinsichtlich der Jahresabschlüsse vom Vorstand auf den Insolvenzverwalter findet daher nicht statt. Die Annahme des BGH zu einem entsprechenden Übergang dient damit objektiv nur als Vehikel für die Rechtfertigung eines Übergangs des Klagerechts auf den Insolvenzverwalter, da sie ansonsten überflüssig ist. Abgesehen davon steht die Annahme des BGH von einem Übergang der Pflicht des Vorstands zur Legalitätskontrolle der Jahresabschlüsse verbunden mit dem Übergang seiner dahingehenden Klagebefugnis in Widerspruch dazu, dass der BGH die Klagebefugnis des Insolvenzverwalters gleichzeitig davon abhängig machen will, dass die Bilanznichtigkeitsklage vorteilhaft für die Masse ist.161 Schließlich meint der BGH, dass den Insolvenzverwalter ähnlich einem Verbandsorgan eine Legalitätspflicht hinsichtlich der Jahresabschlüsse treffe.162 Da sich der Jahresabschluss auf eine Vielzahl von Personen auswirke, habe er grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung seiner Nichtigkeit, die gegenüber allen Betroffenen wirke.163 Der BGH hält dabei fest, dass der Insolvenzverwalter „ohnehin“ dafür zu sorgen habe, dass die Bücher über die in seine Amtszeit fallenden Vorgänge richtig geführt werden.164 Diesem Verständnis von der Kontrollpflicht und dem Feststellungsinteresse widerspricht es aber, wenn der Insolvenzverwalter nur dann klagebefugt sein soll, wenn die erfolgreiche Bilanznichtigkeitsklage sich positiv auf die Insolvenzmasse auswirkt.165 Entgegen dem BGH lässt sich dieser Widerspruch nicht damit umgehen, dass er den Massebezug im Sinne des § 80 InsO derart definiert, dass davon nur massegünstige Klagen erfasst wären.166 Eine solche Annahme entbehrt bereits auf der Basis der h. M. zur Passivlegitimation, auf die sich der BGH dabei stützt, jeglicher Grundlage. In diesem Fall wird gerade nicht angenommen, dass es an einem Massebezug fehle, sondern vielmehr, dass eine Verteidigung insolvenzzweckwidrig und der Insolvenzverwalter nicht für ein insolvenzzweckwidriges Handeln legitimiert sei.167 Andernfalls ließe sich nämlich für einen solchen Fall gerade keine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters begründen, da auch diese einen Massebezug voraussetzt. Es wäre widersprüchlich, die Frage eines Massebezugs im Rahmen der Aktivlegitimation anders zu beantworten als im Rahmen der Passivlegitimation. Wegen des Grundsatzes des Bilanzzusammenhangs wäre es daher gerade auf der Basis der nebulösen Ausführungen des BGH 160

OLG Dresden, Urt. v. 07. 06. 2018 – 8 U 1042/17, juris Rn. 43; OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 43. 161 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 29. 162 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 25. 163 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 26. 164 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 25. 165 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 29. 166 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 29. 167 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 193; Haase, DB 1977, 241 (244); Weber, KTS 1970, 73 (87); BGH, Urt. v. 19. 07. 2011 – II ZR 246/09, BGHZ 190, 291, juris Rn. 9; RG, Urt. v. 06. 05. 1911 – I 164/10, RGZ 76, 244 (249).

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zur Auswirkung des Jahresabschlusses „auf eine Vielzahl von Personen“168 zwingend, dass es auf die Vorteilhaftigkeit für die Masse im Falle einer Bilanznichtigkeitsklage nicht ankommt. Maßstab für die Kontrollpflicht des Insolvenzverwalters kann nämlich nur eine ordnungsgemäße Rechnungslegung und nicht eine massegünstige sein. Schließlich lässt sich aus § 60 InsO keinesfalls ableiten, dass der Insolvenzverwalter nur insoweit an die Vorschriften zur Rechnungslegung gemäß §§ 238 ff. HGB gebunden ist, als es für die Masse vorteilhaft ist. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Befugnis des Vorstands zur Erhebung einer Beschlussmängelklage aus seiner Pflicht resultiert, für die Rechtmäßigkeit des Kooperationshandelns gegebenenfalls im Wege einer Legalitätskontrolle zu sorgen.169 Die Kompetenz zu einer Legalitätskontrolle ist an sich masseneutral.170 Zwar kann sich die Beschlussmängelklage im Einzelfall auf das Verbandsvermögen auswirken, aber nur, weil sich die Ausübung einer einem Verbandsorgan zugeordneten Kompetenz auf die der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegende Insolvenzmasse auswirken kann, heißt das noch nicht, dass deshalb gleich die Organkompetenz auf den Insolvenzverwalter übergehen müsste. Das hat der BGH auch im Zusammenhang mit einem satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung über eine Firmenänderung zutreffend festgehalten. Zwar ist ein solcher Beschluss der Hauptversammlung nach Insolvenzeröffnung unwirksam, weil die Firma zur Insolvenzmasse gehört und der Beschluss dementsprechend eine Verfügung im Sinne des § 81 InsO darstellt. Der BGH hat dahingehend aber richtig erkannt, dass das im Umkehrschluss nicht heißt, dass die Kompetenz zur Firmenänderung nun auf den Insolvenzverwalter übergeht, weil er die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse und damit auch über die Firma innehat. Der Insolvenzverwalter tritt nämlich selbst dann nicht – also auch nicht funktional – an die Stelle der Hauptversammlung als des zur Änderung der Satzung berufenen Organs der Gesellschaft, wenn eine Satzungsänderung oder deren Unterlassung mittelbar Auswirkungen auf die Verwertung von Massegegenständen hat.171 Es wäre gut gewesen, wenn der BGH diese zutreffenden Erwägungen in seine Entscheidungen vom 21. 04. 2020 einbezogen hätte. Wenn nämlich – trotz des Insolvenzbeschlags – allein die Hauptversammlung als Verbandsorgan und nicht der Insolvenzverwalter zu einer Firmenänderung in Form eines satzungsändernden Beschlusses berechtigt ist, dann kann es nicht Sache des Insolvenzverwalters sein, dahingehend die Einhaltung von Gesetz und Satzung zu überwachen. Diese Aufgabe bleibt vielmehr weiterhin dem Vorstand vorbehalten, der schließlich weiterhin den Beschluss vorzubereiten und die Hauptversammlung zu leiten hat. Der Insolvenzverwalter hat dann lediglich abzuwägen, ob er die Wirkung einer solchen Satzungsänderung akzeptiert und gemäß § 81 Abs. 1 InsO i. V. m. § 185 BGB seine 168 169 170 171

BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 26. Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 125. Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (152) zur Legalitätskontrolle eines Jahresabschlusses. BGH, Beschl. v. 26. 11. 2019 – II ZB 21/17, BGHZ 224, 72, juris Rn. 38.

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Einwilligung erteilt oder ob er seine Einwilligung nicht erteilt und eine Änderung der Firma damit unwirksam ist. Ob der Beschluss seinerseits im Einklang mit Gesetz und Satzung ergangen ist, hat für ihn – vor allem wenn er bei der Beschlussfassung selbst nicht dabei ist – nur untergeordnete Bedeutung. Auch deshalb überzeugt es nicht, dass der Vorstand aus seinem Recht zur Beschlusskontrolle verdrängt werden soll, wenn sich ein Beschluss nachteilig auf die Insolvenzmasse auswirkt. Wegen des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Verband und nicht etwa von seinen Organen auf den Insolvenzverwalter ist davon auszugehen, dass der Vorstand nach der Insolvenzeröffnung weiterhin die Verantwortung für die Vereinbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen mit Gesetz und Satzung trägt, sodass er zur Beschlusskontrolle und damit zur Erhebung einer Beschlussmängelklage befugt bleibt.172 Da aber dem Verband zur Vermeidung einer Einflussnahme auf die Insolvenzmasse die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entzogen wird, fehlt dem Vorstand, soweit es den Verdrängungsbereich betrifft, ein generelles Rechtsschutzbedürfnis, weil der Insolvenzzweck seinem Beschlusskontrollrecht vorgeht, sodass er ein Rechtsschutzbedürfnis nach der Insolvenzeröffnung darlegen muss. Das wird ihm, soweit es den Verdrängungsbereich betrifft, selten gelingen. Allerdings ist nicht ersichtlich, inwiefern dieses Ergebnis unbillig wäre. 2. Rechtsfortbildung Schließlich wird ein Recht des Insolvenzverwalters zur Erhebung von den Verbandsmitgliedern und -organen vorbehaltenen Beschlussmängelklagen auf teleologische Argumentationsfiguren gestützt. Hierbei ist auf die Ansätze, die im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertreten werden, einzugehen. a) Teleologische Extension von § 80 Abs. 1 InsO Gelbrich erkennt ebenfalls im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Insolvenzverwalter eine Nichtigkeitsklage gemäß § 256 AktG erheben kann, dass eine unmittelbare Anwendung von § 80 InsO auf die Befugnisse der Organe zur Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage gemäß §§ 256, 249 AktG nicht möglich ist. Sie plädiert daher für eine teleologische Extension von § 80 InsO in dem Sinne, dass die Rechte der Organe, die dem Masseschutz dienen, auf den „Schuldner“ übergehen, wobei wohl eher ein Übergang auf den Insolvenzverwalter gemeint sein soll.173 Sie beruft sich insoweit insbesondere mit Blick auf § 62 AktG auf eine planwidrige Regelungslücke. Schließlich müsse der Insolvenzverwalter die Heilung des Jahresabschlusses gemäß § 256 Abs. 6 AktG verhindern, um damit zugleich die Heilung des

172 So auch Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204; Schwab, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 245, Rn. 31; Karsten Schmidt, in: GK AktG (4. Aufl.), § 245, Rn. 37. 173 Gelbrich, KTS 2020, 143 (157 f.); Gelbrich, WuB 2020, 443 (446).

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Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß § 253 AktG zu verhindern, damit er den Anspruch aus § 62 AktG nicht verliert.174 b) Erweiternde Auslegung von § 80 InsO Noack erkannte ebenfalls, dass ein Übergang des Anfechtungsrechts gemäß § 245 Nr. 4 AktG auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO grundsätzlich ausscheidet, da er nicht an die Stelle des Vorstands tritt. Er entnahm § 80 InsO deshalb im Wege einer erweiternden Auslegung eine Befugnis des Insolvenzverwalters für die Erhebung einer Anfechtungsklage.175 Im Gegensatz zu den Ausführungen von Gelbrich ist bei denen von Noack nicht ganz klar, auf welcher methodischen Grundlage er arbeitet. So ist zunächst nicht eindeutig ersichtlich, ob er von einem abgeleiteten oder einem originäre Recht des Insolvenzverwalters ausgeht. In Anbetracht seiner jüngeren Kommentierung ist jedoch anzunehmen, dass er ein vom Vorstand abgeleitetes Recht zugrunde legt.176 Ebenso wenig ist ersichtlich, ob er auf der Ebene einer Auslegung oder einer Rechtsfortbildung argumentiert. Die Abgrenzung von Auslegung und Rechtsfortbildung ist nicht irrelevant, weil nicht unter Berufung auf eine Auslegung die Voraussetzungen einer Rechtsfortbildung umgangen werden dürfen, um eine unzulässige Rechtsschöpfung zu betreiben.177 Eine lückenfüllende Rechtsfortbildung darf nämlich wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung und der Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 Abs. 3, Art. 97 GG nicht beliebig begründet werden.178 Zwar sind die Gerichte grundsätzlich zur Rechtsfortbildung berechtigt, sie müssen aber in Anbetracht von Art. 20 Abs. 3 GG die Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung methodisch überzeugend begründen.179 Mithin verletzt ein Richter die Verfassung bereits dann, wenn er zwar zu einem Ergebnis gelangt, das den Wertvorstellungen der Verfassung entspricht, aber dieses Ergebnis auf einem methodischen Weg erreicht wird, der die dem Richter bei der Rechtsfindung gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen missachtet.180 Da eine Rechtsfortbildung eine planwidrige Regelungslücke voraus-

174

Gelbrich, KTS 2020, 143 (158); vgl. auch OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/ 16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 47, das ebenfalls auf die Vermeidung der Heilung abstellte. 175 Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359. 176 Vgl. Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 145. 177 Vgl. Eser, in: Hilgendorf, Das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht, S. 259 (264); Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 500 f.; Rüthers u. a., Rechtstheorie, Rn. 831; Foerste, JZ 2007, 122 (130 f.). 178 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 13, Rn. 9 f.; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 454 f. 179 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 13, Rn. 10; BVerfG, Beschl. v. 14. 02. 1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, juris Rn. 38 ff. 180 BVerfG, Beschl. v. 14. 02. 1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, juris Rn. 44 f.

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setzt181, muss derjenige, der eine Lücke annimmt, offenlegen, nach welchen Maßstäben er sie feststellt und ausfüllt.182 Noack spricht zwar von einer erweiternden Auslegung, allerdings überschreitet sein Ansatz ebenfalls die Grenze des Wortlauts von § 80 InsO, sodass es sich tatsächlich um eine Rechtsfortbildung und nicht lediglich um eine Gesetzesauslegung handelt.183 Der Wortlaut von § 80 InsO bezieht sich ausschließlich auf die Rechte des Insolvenzschuldners und damit gerade nicht auf die Rechte anderer Personen. Die Anfechtungsbefugnis der Verbandsmitglieder und Verbandsorgane lässt sich dabei weder formell noch materiell oder wenigstens funktionell dem Verband zuordnen. In Abgrenzung zum Insolvenzplanverfahren, das sich mit seinem als Verdrängungsbereich II184 bezeichneten Kompetenzbereich in Abgrenzung zum Regelinsolvenzverfahren tatsächlich auch auf die eigenständigen Rechte der Verbandsmitglieder und Organe erstreckt, lässt es sich weder mit dem Wortlaut noch mit der Gesetzessystematik vereinbaren, dass § 80 InsO die Rechte anderer Personen als des Schuldners umfassen soll. Der Zweck der Norm ist – wie sich auch aus § 81 InsO ergibt – ebenfalls nur auf eine Einflussnahme auf die Masse durch den Schuldner bzw. durch seinen Vertreter im Rahmen von dessen Vertretungsmacht bezogen. Nicht erfasst ist dagegen eine Einflussnahme Dritter, was das Verhalten eines Stellvertreters des Schuldners außerhalb der Stellvertretung einschließt. Wird daher argumentiert, dass die Insolvenzordnung die Verbandsinsolvenz an dieser Stelle nicht ausreichend berücksichtige und ihr Zweck daher dazu zwinge, bei Verbänden § 80 InsO über den Gesetzeswortlaut hinaus auf die Rechte der Mitglieder und Organe anzuwenden, die diese nicht in Vertretung des Insolvenzschuldners ausüben,185 dann soll letztlich der Tatbestand von § 80 InsO erweitert werden. Daher wird davon ausgegangen, dass Noack mit dem Begriff der „erweiternden Auslegung“ die hier als „teleologische Extension“ bezeichnete Methode meinte.186 c) Originäres Recht des Insolvenzverwalters Müller hebt ebenfalls hervor, dass nach der Amtstheorie ein Übergang der Aktivlegitimation von den Organen auf den Insolvenzverwalter nicht möglich ist.187 Er lehnt anders als Noack und Gelbrich aber ein Konzept, das auf einem Übergang der 181 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6, Rn. 98 ff.; Rüthers u. a., Rechtstheorie, Rn. 824 f.; Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 191 f.; BVerfG, Beschl. v. 14. 02. 1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269, juris Rn. 38. 182 Rüthers u. a., Rechtstheorie, Rn. 825. 183 Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 501. 184 Hierzu unter Teil 4 A.V. 185 Vgl. Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359. 186 Vgl. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 500; beispielsweise die teleologische Extension als einen Unterfall der Gesetzesauslegung begreifend Carlo Schmidt, Die Zuordnung von Arbeitnehmern, S. 99 m. w. N. 187 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 204; Müller, WuB 2020, 482 (485).

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Aktivlegitimation vom Vorstand auf den Insolvenzverwalter beruht, ab, weil dies mit Blick auf das fehlende Anfechtungsrecht des GmbH-Geschäftsführers nach § 245 Nr. 4 AktG analog zu einer rechtsformabhängigen Ungleichbehandlung führe.188 Auf der anderen Seite ist der Insolvenzverwalter nach Müller ohnehin nur zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage und nicht zur Erhebung einer Anfechtungsklage berechtigt.189 Dem GmbH-Geschäftsführer wird insofern von der h. M. ebenso das Recht zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage zugesprochen, sodass Müllers Argument zur rechtsformabhängigen Ungleichbehandlung im Falle des Übergangs des Anfechtungsrechts vom Vorstand nicht zwangsläufig einem Verständnis zu einem Übergang der Antragsbefugnis der Organe nach §§ 249, 256 AktG auf den Insolvenzverwalter entgegensteht. Allerdings schreibt Müller hierzu: „Man könnte daran denken, einem vom Verwalter mit der Klage nach § 256 ZPO erstrittenen allgemeinen Feststellungsurteil eine solche über die Prozeßparteien hinausgehende Bindung zuzuerkennen. (…) Gleichwohl ist es wohl methodisch überzeugender, dem Verwalter die Erhebung der Nichtigkeitsklage (§ 256 Abs. 7, 249 AktG) zu gestatten.“190

Müller begründet somit im Wege einer Rechtsfortbildung eine Annexkompetenz des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage.191 3. Stellungnahme: Kein Erfordernis für eine Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters Den vorbezeichneten Ansätzen zur Etablierung einer alternativen Dogmatik ist zunächst zugutezuhalten, dass sie anders als der BGH und die überwiegende Literatur anerkennen, dass nach der herrschenden Amtstheorie ein Übergang der Aktivlegitimation von den Organen auf den Insolvenzverwalter nicht auf § 80 InsO gestützt werden kann, weil allein der Verband und nicht seine Organe der Insolvenzschuldner ist. Konzeptionell ist der Ansatz von Müller, ein originäres Recht des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Anfechtungsklage im Wege einer Rechtsfortbildung zu begründen, gegenüber dem Ansatz von Gelbrich und Noack, im Wege einer Rechtsfortbildung einen Übergang der Aktivlegitimation der Organe auf den Insolvenzverwalter zu begründen, vorzuziehen. Die Annahme eines originären Rechts ist zum einen mit der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters als Amtswalter vereinbar, und zum anderen kann mit ihm der Fortbestand der Legalitätspflicht und damit die Pflicht des Vorstands zur Wahrung von Gesetz und Satzung im Wege der Beschlusskontrolle erklärt werden. Für die rechtsfortbildende Begründung einer originären Befugnis des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Beschlussmängelklage könnte dabei neben § 80 188 189 190 191

Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 205. Medicus/Petersen, BGB AT, S. 203 ff. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 212. Müller, WuB 2020, 482 (485).

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InsO auch die Gesetzeshistorie von § 245 AktG herangezogen werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem historischen Gesetzgeber weder § 245 AktG noch dessen Vorgängerregelungen dazu bestimmt waren, ein Anfechtungsrecht des Vorstands oder der Aktionäre zu begründen. Vielmehr wurde das Bestehen der Anfechtungsrechte aufgrund der Rechtsstellung der Aktionäre und des Vorstands stets vorausgesetzt.192 Dem Gesetzgeber ging es somit lediglich um die Regelung des Verfahrens für die Geltendmachung dieses Anfechtungsrechts und nicht um dessen Begründung.193 Dementsprechend scheint es überzeugender, eine originäre Klagebefugnis des Insolvenzverwalters aus einem Vergleich seiner Rechtsstellung mit derjenigen der nach §§ 245, 249 AktG, § 51 GenG berechtigten Personen abzuleiten194, als ihn in die Klagebefugnis eines Verbandsmitglieds oder eines Organs zu pressen, die seiner Stellung und seinen Aufgaben überhaupt nicht gerecht wird. Unabhängig von der Konzeption des Rechts des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Beschlussmängelklage liegt dem aber – wie bereits erwähnt – eine Rechtsfortbildung zugrunde, die das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke voraussetzt. Das gilt ebenso für den Fall, dass „lediglich“ im Wege einer teleologischen Extension der Anwendungsbereich von § 80 InsO auf die den Organen selbst zugewiesenen Kompetenzen erweitert wird. Eine teleologische Extension beruht auf der Argumentation, dass eine Norm über ihren durch den Wortlaut begrenzten Geltungsbereich hinaus angewendet werden müsse, um der ratio legis zum Durchbruch zu verhelfen.195 Im Unterschied zu einer Einzelanalogie wird hierbei nicht die Rechtsfolge einer Norm auf einen nicht geregelten Sachverhalt angewendet, sondern der Tatbestand der Norm wird derart erweitert, dass die Norm unmittelbar auf den Sachverhalt angewendet werden kann.196 In Abgrenzung zu einer Analogie wird hierbei kein Ähnlichkeitsschluss gezogen197, sondern das Gesetz wird unter Berufung auf seinen Zweck über seine Wortlautgrenze hinaus angewendet.198 Gleichwohl handelt es sich um ein Mittel der Rechtsfortbildung, sodass eine teleologische Extension wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung ebenfalls eine planwidrige 192 Vgl. Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaft, Aktenstück Nr. 21 vom 7. März 1884, S. 296, abgedruckt in Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S. 467, links. 193 Hierzu unter Teil 2 B.I.2.a)aa). 194 Vgl. zu §§ 249, 243 AktG: OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 41. 195 Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 215, Fn. 663; Gast, Juristische Rhetorik, Rn. 269. 196 Schirrmacher, Die Haftung des faktischen GmbH-Geschäftsführers, S. 239; Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 215, Fn. 663. 197 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 202. 198 Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 90; a. A. Gast, Juristische Rhetorik, Rn. 1074 „kurzer analogistischer Weg auf schmaler Begründungsbasis“; Rüthers u. a., Rechtstheorie, Rn. 904: „Untergruppe der Gesetzesanalogien“; ähnlich Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 215, Fn. 663, der scheinbar nicht zwischen teleologischer Extension und Analogieschluss unterscheidet.

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Regelungslücke voraussetzt.199 Die planwidrige Regelungslücke besteht allerdings nicht darin, dass ein Sachverhalt nicht erfasst ist, sondern darin, dass die Rechtsfolge nicht dem entspricht, was die Teleologie verlangt. Dementsprechend kann es für die teleologische Extension nicht auf eine vergleichbare Wertungslage ankommen, da keine Rechtsfolge übernommen, sondern eine neue erst geschaffen werden soll, sodass ein Vergleich nicht möglich ist. Eine teleologische Extension setzt daher voraus, dass sie aufgrund der ratio legis des Gesetzes gerechtfertigt ist.200 Nach den bisherigen Ergebnissen dieser Arbeit existiert weder eine gesetzliche Regelung, die einem Insolvenzverwalter im Sinne von §§ 245, 249 AktG das Recht einräumt, eine Beschlussmängelklage gegen Verbandsbeschlüsse zu erheben, noch lässt sich ein Übergang der Klagebefugnis von einem Verbandsorgan auf den Insolvenzverwalter mit einer der Theorien über die Stellung des Insolvenzverwalters überzeugend begründen. Allein hieraus kann aber noch nicht auf eine planwidrige Regelungslücke geschlossen werden. Schließlich übt der Insolvenzverwalter seine Kompetenzen auf der Basis der Insolvenzordnung aus. Dementsprechend müsste im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der Ratio der gesellschaftsrechtlichen Beschlussmängelklage sowie andererseits der insolvenzrechtlichen Regelungen zum Schutz der Insolvenzmasse (unabhängig vom persönlichen Rechtsempfinden) begründet werden, dass das Fehlen einer Regelung über eine Anfechtungsklage des Insolvenzverwalters dem Sinn und Zweck des Gesetzes widerspricht.201 Das gesellschaftsrechtliche Anfechtungsrecht im Sinne von § 245 AktG und § 51 GenG dient einerseits der Rechtskontrolle über die Einhaltung von Gesetz und Satzung und andererseits der Abwehr einer Verletzung von Mitgliedschaftsrechten durch und bei Verbandsbeschlüssen. Kern der Anfechtungsbefugnis sind also eine Kontroll- und eine Abwehrfunktion.202 Mit den Wertungen der Insolvenzordnung lässt sich dabei allerdings nur der Zweck der Abwehrfunktion, nicht aber der einer reinen Rechtmäßigkeitskontrolle vereinbaren. So dient das Insolvenzverfahren gemäß § 1 Satz 1 InsO dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Hierzu soll der Insolvenzverwalter die Masse verwalten und früher abgeflossene Vermögenswerte insbesondere im Wege der Insolvenzanfechtung in die Masse zurückführen.203 Eine reine Legalitätskontrolle der 199

Schwacke, Juristische Methodik, S. 139; Rüthers u. a., Rechtstheorie, Rn. 904; Carlo Schmidt, Die Zuordnung von Arbeitnehmern, S. 99; Meier/Jocham, JuS, 2016, 392 (393, 397); Würdinger, AcP 2006, 946 (950, 963); Gelbrich, KTS 2020, 143 (157). 200 Meier/Jocham, JuS, 2016, 392 (397); Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 217 f.; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 90; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rn. 499; Schmidt, Die Zuordnung von Arbeitnehmern, S. 100. 201 Möllers, Juristische Methodenlehre, § 6, Rn. 100; Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, S. 73; vgl. auch Paulus, ZIP 1999, 2141 (2144); Nasall, ZIP 2003, 969 (972 f.). 202 Hierzu unter Teil 2 B.I.2.a). 203 Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 18.

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Verbandsbeschlüsse, wie sie insbesondere zugunsten des Vorstands nach § 245 Nr. 4 AktG vorgesehen ist204, widerspricht der Aufgabe des Insolvenzverwalters und dem Ziel des Insolvenzverfahrens nach § 1 InsO.205 Das spiegelt sich auch in der h. M. zur Befugnis des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Beschlussmängelklage wider, wenn diese davon abhängig gemacht wird, dass sich die Beschlussmängelklage des Verwalters günstig auf die Masse auswirkt.206 Die Beschlusskontrolle des Verwalters erfüllt damit auch nach dem Verständnis der h. M. anders als die des Vorstands nach § 245 Nr. 4 AktG und § 51 GenG keine Polizeifunktion, sondern dient dem Schutz der Insolvenzmasse, indem mit ihr ein Beschluss beseitigt wird, der für die Insolvenzmasse nachteilig war, weil er Aktiva verringert oder Passiva vermehrt hat. Diesen Abwehrcharakter betont die Ansicht, die für eine Extension von § 80 InsO plädiert, wenn sie argumentiert, dass das umfassende Verfügungsrecht des Verwalters „die Abwehr von Masseschmälerungen jeder Art“ erfasse.207 Verbleibt damit der Zweck des Schutzes der Insolvenzmasse vor mangelhaften Beschlüssen, die sich nachteilig auf die Insolvenzmasse auswirken, dann stellt sich die Frage, inwiefern mangelhafte Beschlüsse auf die Insolvenzmasse einwirken können. Gegenständlich werden hierfür der Beschluss über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern, sofern ihnen ein Vergütungsanspruch gemäß § 113 AktG zusteht208, der Beschluss, mit dem einem GmbH-Geschäftsführer Entlastung erteilt wird209, die Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendungsbeschluss210 genannt. Hinsichtlich der Auswirkung eines Mangels ist zwischen nichtigen Beschlüssen und anfechtbaren Beschlüssen zu unterscheiden, weil sich nichtige Beschlüsse, wenn überhaupt, erst im Zeitpunkt der Heilung auf die Masse auswirken können. a) Keine Regelungslücke hinsichtlich der Nichtigkeitsklage Hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit des Insolvenzverwalters, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, lässt sich keine planwidrige Regelungslücke feststellen. Insbesondere ist die von Gelbrich unterstellte planwidrige Regelungslücke im Zusammenhang mit der Bilanznichtigkeitsklage zu bestreiten. Noch zutreffend führt sie aus, dass der Sinn und Zweck des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des schuldnerischen Vermögens sowie der dazugehörigen 204

Vgl. zum Zweck von § 245 Nr. 4 AktG als Legalitätskontrolle Noack/Zetzsche, in: KK AktG, § 245, Rn. 125. 205 Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (153). 206 Vgl. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 245, Rn. 71; Weber, KTS 1970, 73 (87 f.); BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 27 f.; OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 40. 207 Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359. 208 Weber, KTS 1970, 73 (87). 209 Weber, KTS 1970, 73 (87). 210 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 208 f.

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Prozessführungsbefugnis darin bestehe, sämtliche Einwirkungsmöglichkeiten des Schuldners und seiner Organe im Hinblick auf das vom Insolvenzbeschlag umfasste Vermögen auszuschließen und somit eine ungestörte Befriedigung sämtlicher Gläubiger zu erreichen.211 Gelbrich meint dann eine Regelungslücke dahingehend entdeckt zu haben, dass verschiedene Konstellationen denkbar seien, in denen die Interessen der Gläubiger betroffen seien, weil die Haftungsverwirklichung für die Masse und die Geltendmachung der Ansprüche von der Erhebung der Bilanznichtigkeitsklage durch die Organe des Schuldners abhängig seien.212 In den Ausführungen, auf die sie diesbezüglich verweist, nennt sie im Ergebnis jedoch nur eine Konstellation, in der die Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter nach ihrem Dafürhalten erforderlich ist.213 Dabei handelt es sich um den Fall, dass willentlich oder fahrlässig eine Überbewertung von Aktivposten vorgenommen wurde, um die Vermögens- und Finanzlage der Gesellschaft besser erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit war, und es daraufhin zu Ausschüttungen kam. Die Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage sei dann im Falle der Bösgläubigkeit der Aktionäre beim Empfang der Dividenden erforderlich, wenn die Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendungsbeschluss noch nicht geheilt seien und daher im Wege einer Bilanznichtigkeitsklage der Eintritt der Heilung verhindert werden müsse, um den Verlust der in die Masse fallenden Ansprüche aus § 62 AktG zu vermeiden.214 Müller nennt ebenfalls allein die Konstellation, in der aufgrund eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses eine Gewinnausschüttung durchgeführt wurde.215 Gelbrich argumentiert, dass in diesem Fall die Haftungsverwirklichung für die Masse und die Geltendmachung der Ansprüche von der Erhebung der Bilanznichtigkeitsklage durch die Organe des Schuldners abhängig sei. Gerade eine solche Situation solle aber nach § 80 InsO verhindert werden. Um § 80 Abs. 1 InsO in seiner die Gläubiger schützenden Funktion voll zur Geltung zu bringen, sei es daher unerlässlich, dass die Prozessführungsbefugnis der Organe in diesem Ausnahmefall ausnahmsweise gemäß § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter übergehe.216 Im Ergebnis argumentiert Müller in gleicher Weise. Er verweist aber zusätzlich auf das Interesse aller Beteiligten an einer einheitlichen Lösung, weshalb für ihn auch die inter-omnes-Wirkung des Urteils von Bedeutung ist.217 Die Abwehrfunktion einer Beschlussmängelklage kann tatsächlich, wenn überhaupt, nur bei einer Gewinnausschüttung aufgrund eines Gewinnverwendungsbeschlusses wegen der Möglichkeit der Heilung von Bedeutung sein. Die Abwehr211 212 213 214 215 216 217

Gelbrich, KTS 2020, 143 (157). Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (157). Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (150 – 156, 157). Gelbrich, KTS 2020, 143 (154, 158). Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 208 f. Gelbrich, KTS 2020, 143 (158 f.). Vgl. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 212 f.

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funktion geht nämlich ins Leere, wenn der Insolvenzverwalter mit der Beschlussmängelklage Masseschmälerungen abwehren will, die überhaupt nicht auf einem Beschluss beruhen. So ist etwa die Rückforderung von Gewinnen, die aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages abgeführt wurden, unabhängig davon, ob die Feststellung des Jahresabschlusses wirksam ist oder nicht. Schließlich beruht die Gewinnabführung nicht auf der Feststellung des Jahresabschlusses, sondern auf dem Gewinnabführungsvertrag, und es wird lediglich auf die Werte im Jahresabschluss Bezug genommen.218 Handelt es sich bei der herrschenden Gesellschaft um eine Gesellschafterin der Gesellschaft, deren Jahresabschluss angegriffen wird, führt ein stattgebendes Urteil zwar zu einer Rechtskrafterstreckung. Gleichwohl muss jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach noch ein zweiter Prozess hinsichtlich der abgeführten Gewinne geführt werden, weil eben die Gewinnabführung nicht auf der Feststellung des Jahresabschlusses beruht und aus dem Nichtigkeitsurteil zumeist nicht hervorgeht, wie hoch der – für die Gewinnabführung maßgebliche – tatsächliche Gewinn gewesen wäre. Mithin ist die Beschlussmängelklage hier zum Schutz der Insolvenzmasse völlig unnötig, weil sie aus einem mindestens zwei Prozesse macht. So hat etwa im Fall Infinus219 die Insolvenzverwalterin der IKP in den Jahren 2014 und 2015 gegen die Jahresabschlüsse 2009 bis 2011 Bilanznichtigkeitsklagen erhoben, um schließlich zusätzlich im Jahr 2016 eine Klage gegen den Insolvenzverwalter der Future Business KGaA auf Feststellung einer Forderung zur Tabelle in Höhe von ca. 311 Mio. EUR wegen überhöht abgeführter Gewinne zu erheben.220 Statt eines einzigen Prozesses wurden also vier Prozesse geführt.221 Für den Anspruch auf Feststellung eines Rückforderungsanspruchs zur Tabelle spielte es keine Rolle, dass kein stattgebendes Nichtigkeitsurteil vorlag.222 Eine fehlende Befugnis des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage kann deshalb weder aus dogmatischer noch aus prozessökonomischer Sicht für den Fall abgeführter Gewinne eine planwidrige Regelungslücke darstellen.223 Das Gleiche gilt für die Rückforderung von Scheingewinnen an Genussrechtsgläubiger. Diese Zahlungen beruhen ebenfalls nicht auf der Feststellung des Jahresabschlusses oder des Gewinnverwendungsbeschlusses, sondern auf der Genuss218 Koch, AktG, § 301, Rn. 9; Emmerich, in: Emmerich/Habersack Konzernrecht, § 301 AktG, Rn. 21; Jansen, in: BeckOGK AktG, § 256, Rn. 105; Altmeppen, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 301, Rn. 73; Servatius, in: Grigoleit, AktG, § 301, Rn. 13; Liebscher, in: MüKo GmbHG, Anhang zu § 13, Rn. 901; Gärtner, AG 2014, 793 (800 f.); Mylich, AG 2011, 765 (774); Spindler/Klöhn, NZG 2005, 584 (585); BGH, Urt. v. 14. 02. 2005 – II ZR 361/02, ZIP 2005, 854, juris Rn. 8 f.; a. A. Krieger, NZG 2005, 787. 219 Vgl. die Darstellung zum Fall Infinus im Teil 1. 220 LG Dresden, Urt. v. 14. 10. 2018 – 9 O 1418/16 (nicht veröffentlicht). 221 Vgl. OLG Dresden, Urt. v. 18. 05. 2017 – 8 U 321/16 (nicht veröffentlicht); BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17 – BGHZ 225, 198; OLG Dresden, Urt. v. 13. 02. 2020 – 8 U 897/18 (nicht veröffentlicht). 222 LG Dresden, Urt. v. 14. 10. 2018 – 9 O 1418/16 (nicht veröffentlicht). 223 Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (155).

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rechtsvereinbarung. Ist darin nicht geregelt, dass der Genussrechtsgläubiger einem Verbandsmitglied gleichgestellt ist und deshalb an die Feststellung des Jahresabschlusses oder den Gewinnverwendungsbeschluss bzw. an ein dazu ergangenes Nichtigkeitsurteil gebunden ist, kann die Beschlussmängelklage ihm gegenüber lediglich präjudizielle Wirkung haben.224 Zum Schutz der Insolvenzmasse ist die Beschlussmängelklage daher ebenfalls nicht erforderlich, weil sich eine Heilung nicht auf den Anspruch auf Rückforderung der gezahlten Scheingewinne auswirken kann. In prozessökonomischer Hinsicht ergibt sich selbst bei einer großen Anlegerzahl kein Vorteil aus der Möglichkeit des Insolvenzverwalters, eine Bilanznichtigkeitsklage zu erheben. Der Insolvenzverwalter der Prosavus AG erhob die Bilanznichtigkeitsklagen in den Jahren 2014 (Jahresabschluss 2009/2010), 2015 (Jahresabschluss 2010/2011) und 2016 (Jahresabschluss 2011/2012). Alle Bilanznichtigkeitsklagen wurden erstinstanzlich abgewiesen, da das LG Leipzig Mängel i. S. d. § 256 AktG nicht als schlüssig dargestellt ansah.225 Das Berufungsgericht verwies das Verfahren zum Jahresabschluss zum 31. 03. 2012 wegen eines erheblichen Verstoßes gegen § 139 ZPO und einer damit verbundenen umfangreichen Beweisaufnahme an das LG Leipzig zurück.226 Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH durch den Wirtschaftsprüfer und den Steuerberater als Streithelfer hatte keinen Erfolg. Das Verfahren am LG Leipzig endete erst im Jahr 2022 durch Anerkenntnisurteil.227 Die Verfahren zu den Jahresabschlüssen zum 31. 03. 2010 und zum 31. 03. 2011 waren seit dem Jahr 2016 beim Berufungsgericht anhängig. Nach mehreren Verhandlungstagen und Beweisaufnahmen endeten die Verfahren schließlich im Oktober 2021 durch Versäumnisurteil.228 Unabhängig davon hat der Insolvenzverwalter bereits zuvor sämtliche Anleger auf Rückzahlung der ausgezahlten Gewinne gemäß §§ 129 ff. InsO in Anspruch genommen.229 Bereits vor Abschluss der Bilanznichtigkeitsklagen war der Großteil der Verfahren gegen Anleger, Aktionäre und Berater durch rechtskräftiges Urteil oder durch Vergleich erledigt. Die Bilanznichtigkeitsklagen hatten somit auf diese Verfahren keinerlei fördernden Einfluss. Eine Haftung der Organe oder der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses und dem Gewinnverwendungsbeschluss hängt ebenfalls nicht von der wirksamen Feststellung des Jahres224

Vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19 – NJW 2021, 234, juris Rn. 25. LG Leipzig, Urt. v. 30. 11. 2015 – 01 HK O 490/14 (nicht veröffentlicht); LG Leipzig, Urt. v. 10. 06. 2016 – 01 HK O 828/15 (nicht veröffentlicht). 226 OLG Dresden, Urt. v. 01. 03. 2018 – 8 U 804/17 (nicht veröffentlicht). 227 LG Leipzig, Urt. v. 15. 02. 2021 – 01 HK O 909/16 (nicht veröffentlicht). 228 OLG Dresden, Urt. v. 07. 10. 2021 – 8 U 89/16 (nicht veröffentlicht); OLG Dresden, Urt. v. 07. 10. 2021 – 8 U 1086/16 (nicht veröffentlicht). 229 Vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19 – NJW 2021, 234 ff.; OLG Koblenz, Urt. v. 21. 01. 2020 – 3 U 321/19, NZI 2020, 693; LG Görlitz, Urt. v. 25. 05. 2018 – 1 O 340/17, ZInsO 2018, 2090. 225

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abschlusses oder der Wirksamkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses ab. Tritt dahingehend eine Heilung ein, ändert dies nichts daran, dass der Jahresabschluss falsch war und etwa aufgrund eines geheilten Gewinnverwendungsbeschlusses überhöhte Gewinne ausgeschüttet wurden. Dementsprechend ändert die Heilung nichts an der Haftung der Organe und der Berater für daraus resultierende Schäden der Gesellschaft.230 Das Nichtigkeitsurteil hätte somit lediglich präjudizielle Wirkung, wenn der Streit nicht wirksam verkündet wird. Eine Notwendigkeit für die Erhebung einer Beschlussmängelklage besteht daher ebenfalls nicht. Schließlich kann der Verweis auf gegebenenfalls überhöht abgeführte Steuern nicht zu der Annahme einer Regelungslücke führen.231 Die Finanzbehörden und die Finanzgerichte sind nicht an die Werte des festgestellten Jahresabschlusses gebunden, sodass es für sie unerheblich ist, ob der Jahresabschluss überhaupt (wirksam) festgestellt wurde.232 Mithin kann das Nichtigkeitsurteil hier nur eine präjudizielle Wirkung in Form einer „Argumentationshilfe“233 begründen.234 b) Die Folgen der Heilung für Ansprüche auf Gewinnrückzahlung Nach der h. M. entsteht der Anspruch der Verbandsmitglieder auf anteilige Auszahlung des Gewinns sowohl in der Aktiengesellschaft als auch in der GmbH erst durch einen Gewinnverwendungsbeschluss im Sinne von § 174 AktG bzw. § 29 GmbHG, der eine Gewinnausschüttung vorsieht.235 Führt die Nichtigkeit der Feststellung des Jahresabschlusses gemäß § 256 AktG (analog) zur Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG (analog), haben in einem solchen Fall die Verbandsmitglieder keinen Anspruch auf anteilige Gewinnauszahlung. Umgekehrt führt die Heilung der Feststellung des Jahresabschlusses gemäß § 256 Abs. 6 AktG gleichzeitig zur Heilung des Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 AktG, sodass mit der Heilung der 230

Vgl. BGH, Urt. v. 02. 07. 2013 – II ZR 293/11, NZG 2013, 957, juris Rn. 5 f. Vgl. auch Gelbrich, KTS 2020, 143 (155 f.). 232 Hierzu unter Teil 4 C.II.1. 233 So LG Leipzig, Urt. v. 09. 06. 2017 – 04 HK O 570/16 (nicht veröffentlicht). 234 Vgl. OLG Dresden, Urt. v. 07. 06. 2018 – 8 U 1042/17, juris Rn. 50. 235 Zum AktG: Hennrichs/Pöschke, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 174, Rn. 44; Koch, AktG, § 174, Rn. 4; Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 174, Rn. 12; Haertlein, ZHR 2004, 437 (438); Euler/Klein, in: BeckOGK AktG, § 174, Rn. 26; Grigoleit/Zellner, in: Grigoleit, AktG, § 174, Rn. 5; Vetter, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 174 AktG, Rn. 13; BGH, Urt. v. 03. 11. 1975 – II ZR 67/73, BGHZ 65, 230, juris Rn. 26; zur GmbH: Kersting, in: Noack/Servatius/ Haas, GmbHG, § 29, Rn. 49; Müller, in: U/H/L, GmbHG, § 29, Rn. 4; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 29, Rn. 37, 78; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 29, Rn. 22; Arnold, Der Gewinnauszahlungsanspruch des GmbH-Minderheitsgesellschafters, S. 69 ff.; Bork/Oepen, ZGR 2002, 241 (270 ff.); Strohn, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 29, Rn. 32, 51; BGH, Urt. v. 14. 09. 1998 – II ZR 172/97, BGHZ 139, 299, juris Rn. 9; a. A. Hommelhoff, in: Festschrift Rowedder, S. 171 (184 f.); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 29, Rn. 4, 17; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, § 29, Rn. 78 f.; Priester, in: Münchener HB GesR III, § 29, Rn. 22. 231

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Gewinnverwendungsanspruch rückwirkend entsteht. Insoweit wurde bereits ausgeführt, dass die Heilung insolvenzrechtlich gemäß §§ 38, 80, 129 ff. InsO nicht auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung zurückwirkt, sodass eine Heilung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses nach der Insolvenzeröffnung nicht zu einer Insolvenzforderung, sondern nur zu einer Neuverbindlichkeit des insolventen Verbandes führt.236 Davon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, inwiefern sich eine Heilung auf etwaige Gewinnrückzahlungsansprüche auswirkt. Derartige Rückzahlungsansprüche können sich einerseits aus den gesellschaftsrechtlichen Regelungen zur Kapitalerhaltung gemäß §§ 57 ff. AktG und §§ 30 ff. GmbHG ergeben. Andererseits können sich Rückzahlungsansprüche aus einer Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO ergeben. Trotz der Unklarheit hinsichtlich der Einzelheiten über die Reichweite237 besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass kein Vorrang des Gesellschaftsrechts besteht, sodass das insolvenzrechtliche Anfechtungsrecht neben den gesellschaftsrechtlichen Rückgewähransprüchen aus § 62 AktG, § 31 GmbHG und § 812 BGB Anwendung findet.238 aa) Rückforderung von Dividenden in der AG Die zentrale Vorschrift der aktienrechtlichen Kapitalerhaltung ist § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG. Danach dürfen den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Aus § 57 Abs. 3 AktG ergibt sich, dass damit jede Leistung der AG, die wegen der Mitgliedschaft aller oder einzelner Aktionäre erbracht wird, verboten ist, wenn sie nicht aus dem Bilanzgewinn erfolgt oder ausnahmsweise gesetzlich zugelassen ist.239 Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG haben die Aktionäre der Gesellschaft Leistungen, die sie entgegen den Vorschriften des Aktiengesetzes von ihr empfangen haben, zurückzugewähren. Haben sie Beträge als Gewinnanteile bezogen, so besteht die Verpflichtung nur, wenn sie wussten oder infolge von Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie zum Bezug nicht berechtigt waren (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AktG). Von § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG sind alle Leistungen umfasst, die gegen die Kapitalerhaltung 236

Hierzu unter Teil 4 C.II.3. Vgl. zum Streit Mylich, AG 2011, 765 (767 f.). 238 Haas, ZIP 2006, 1373 (1375); Mylich, AG 2011, 765 (767 f.); Thole, KTS 2007, 293 (319 f.); Witt, ZGR 2013, 668 (674); Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 31, Rn. 10; Borries/ Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 52, 383 f.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 611 f.; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 39; Servatius, in: Wachter, AktG, § 57, Rn. 41; Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 19; Eidenmüller/Engert, in: Festschrift Schmidt, S. 305 (306 ff.); BGH, Urt. v. 02. 04. 2009 – IX ZR 236/ 07, NJW-RR 2009, 1563, juris Rn. 25; OLG Stuttgart, Beschl. v. 10. 01. 2014 – 20 U 8/13, AG 2015, 283, juris Rn. 35 ff.; a. A. Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, S. 163 ff.; Cahn, in: BeckOGK AktG, § 62, Rn. 27; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 62, Rn. 3. 239 Koch, AktG, § 57, Rn. 1 f.; Cahn/v. Spannenberg, in: BeckOGK AktG, § 57, Rn. 2; Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 57, Rn. 1 f. 237

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gemäß § 57 AktG verstoßen, während sich die Privilegierung gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Dividenden, die aufgrund eines Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß § 174 AktG gezahlt wurden, beschränkt.240 Erhält ein Aktionär eine Dividende ausgezahlt, obwohl der Jahresabschluss und/oder der Gewinnverwendungsbeschluss nichtig ist, so verstößt dies gegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG, weil ohne einen Gewinnverwendungsbeschluss kein Zahlungsanspruch der Aktionäre besteht. Das Gleiche gilt aufgrund ihrer Rückwirkung im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage.241 Der jeweilige Aktionär ist gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG nur dann nicht zur Rückzahlung der Dividende verpflichtet, wenn er ohne Verschulden davon ausgehen durfte, dass aufgrund der vorliegenden objektiven Umstände seine mitgliedschaftliche Berechtigung besteht, ein ordnungsgemäßer Jahresabschluss aufgestellt und ein wirksamer Beschluss über die Gewinnverwendung – auch im Hinblick auf die konkrete Höhe seiner Gewinnberechtigung (§ 60) – gefasst wurde.242 Auf bereicherungsrechtliche Ansprüche gemäß § 812 BGB kann nicht zurückgegriffen werden, da sie von § 62 AktG verdrängt werden. Ebenso wenig kann aufgrund der gläubigerschützenden Bedeutung von § 62 AktG auf Anspruchsbeschränkungen, wie sie sich etwa aus den §§ 814, 817, 818 Abs. 3 BGB ergeben, zurückgegriffen werden.243 Der Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG gehört zur Insolvenzmasse und wird daher gemäß § 80 InsO ausschließlich244 vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Tritt die Heilung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß §§ 256 Abs. 6, 253 Abs. 1 Satz 2 AktG ein, entsteht rückwirkend der Dividendenanspruch der Aktionäre245, sodass unabhängig von der Gutgläubigkeit der Aktionäre kein Verstoß mehr gegen § 57 AktG vorliegt und der Anspruch der Gesellschaft gegen die Aktionäre aus § 62 Abs. 1 Satz 1 AktG entfällt.246 Trotzdem verfängt die Annahme nicht, dass es die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter geben müsse, um durch eine etwaige Heilung eine Masseschmälerung abzuwehren. Gelbrich und Müller verkennen hinsichtlich der Gefahr einer Heilung, dass bereits ihre Grundprämisse widersprüchlich ist. Wenn sie nämlich der Meinung sind, dass der Insolvenzverwalter eine 240

Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 65 f.; Drygala, in: KK AktG, § 62, Rn. 45, 79; Koch, AktG, § 62, Rn. 7, 13. 241 Koch, AktG, § 62, Rn. 7; Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 40; Drygala, in: KK AktG, § 62, Rn. 47. 242 Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 70; Drygala, in: KK AktG, § 62, Rn. 84. 243 Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 62, Rn. 1; Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 1; Cahn, in: BeckOGK AktG, § 62, Rn. 4; Koch, AktG, § 62, Rn. 2; Drygala, in: KK AktG, § 62, Rn. 16; Mayer/Albrecht vom Kolke, in: Hölters/Weber, AktG, § 62, Rn. 2; Kessler, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 20 AktG, Rn. 17; BGH, Urt. v. 12. 03. 2013 – II ZR 179/12, BGHZ 196, 312, juris Rn. 12 f.; BGH, Urt. v. 05. 04. 2016 – II ZR 268/14, NZG 2016, 1182, juris Rn. 11. 244 Vgl. hierzu Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 62, Rn. 9. 245 Haertlein, ZHR 2004, 437 (450). 246 Drygala, in: KK AktG, § 62, Rn. 47; Koch, AktG, § 62, Rn. 7; Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 40; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 62, Rn. 4; Mylich, AG 2011, 765 (769).

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Nichtigkeitsklage erheben können muss, um eine Beeinträchtigung der Insolvenzmasse durch die Heilung des Gewinnverwendungsbeschlusses nach der Insolvenzeröffnung verhindern zu können, dann unterstellen sie, dass die Insolvenzmasse nach der Insolvenzeröffnung durch einen Beschluss der Hauptversammlung beeinträchtigt werden kann. Wenn aber § 80 InsO jegliche Einflussnahme des Schuldners und seiner Organe auf die Insolvenzmasse verhindert, dann leuchtet es nicht ein, dass es der Hauptversammlung – als Organ des insolventen Verbandes – im Wege eines Beschlusses erst gestattet werden soll, auf die Insolvenzmasse einzuwirken, um dann dem Insolvenzverwalter im zweiten Schritt ein Recht zur Erhebung einer Bilanznichtigkeitsklage im Wege einer teleologischen Extension einzuräumen. Das entspricht gerade nicht dem Sinn und Zweck von § 80 InsO. Wie sich aus §§ 80 f. InsO ergibt, soll der Insolvenzschuldner nach der Insolvenzeröffnung, ganz gleich auf welche Weise, ohne das Zutun des Insolvenzverwalters weder die Möglichkeit haben, die Aktivmasse durch Verfügungen zu verkürzen (§ 81 InsO), noch jene, die Passivmasse durch Neuforderung zu vergrößern.247 Mithin muss der Insolvenzverwalter den Schuldner nicht ständig überwachen, um gegebenenfalls im Wege einer Anfechtung Nachteile für die Masse abzuwenden. Der Sinn und Zweck von § 80 InsO streitet daher dafür, dass ein nach der Insolvenzeröffnung im Wege der Heilung wirksam gewordener Beschluss gar nicht erst die Insolvenzmasse beeinflussen kann, und nicht dafür, dass der Insolvenzverwalter diesen erst noch im Wege eines Rechtsstreits mit dem insolventen Verband beseitigen muss. Das notwendige regulatorische Instrumentarium existiert bereits, sodass es an einer Regelungslücke fehlt. Tritt die Heilung des Jahresabschlusses und damit die des Gewinnverwendungsbeschlusses gemäß §§ 256 Abs. 6, 253 Abs. 1 Satz 2 AktG ein, entsteht rückwirkend der Dividendenanspruch der Aktionäre.248 Der Gewinnverwendungsbeschluss gilt jedoch unabhängig von der Rückwirkung der Heilung gemäß § 140 InsO erst im Zeitpunkt der Heilung als vorgenommen. Es resultiert dementsprechend in beiden Fällen weder eine Insolvenzforderung noch eine Masseforderung zugunsten der Aktionäre, sondern lediglich Forderungen gegen den insolventen Verband, die als Neuverbindlichkeiten in der Regel wertlos sind.249 Die mit dem Insolvenzbeschlag folgende Trennung der Vermögensmassen – also der Insolvenzmasse und des insolvenzfreien Vermögens – ist gleichfalls im Zusammenhang mit einem Rückforderungsanspruch aus § 62 AktG zu berücksichtigen.250 Da den Aktionären durch die Heilung kein Anspruch gegen die Insolvenzmasse erwächst, bleibt es dabei, dass sie gegenüber dem Insolvenzverwalter die Dividenden ausgezahlt bekommen haben, obwohl sie darauf keinen Anspruch hatten. Eine aufgrund eines nichtigen Jahresabschlusses und damit eines nichtigen Gewinnverwendungsbe247 248 249 250

Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 96, Rn. 22. Haertlein, ZHR 2004, 437 (450). Hierzu unter Teil 4 C.II.3. Hierzu unter Teil 3 A.I.

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schlusses vor der Insolvenzeröffnung durchgeführte Gewinnausschüttung erfolgte daher im Verhältnis zur Insolvenzmasse auch dann rechtsgrundlos251 und somit entgegen § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG, wenn nach der Insolvenzeröffnung eine Heilung eintritt. Dementsprechend ändert die Heilung nach der Insolvenzeröffnung nichts daran, dass der Insolvenzverwalter einen Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG geltend machen kann.252 Gegen einen Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG ist den Aktionären einerseits eine Aufrechnung schon gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht möglich, und andererseits folgt aus §§ 80, 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO, dass sie nicht mit einer vom Verband nach der Insolvenzeröffnung begründeten Neuforderung gegenüber einer Forderung des Insolvenzverwalters aufrechnen können.253 bb) Rückforderung von Gewinnausschüttungen in der GmbH Im Recht der GmbH gilt ebenfalls der Grundsatz der Kapitalerhaltung. Mithin können auch an GmbH-Gesellschafter ausgezahlte Scheingewinne gegebenenfalls zurückgefordert werden. (1) Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG Im GmbH-Recht stellt § 30 GmbHG die zentrale Vorschrift der Kapitalerhaltung dar. Laut dem ersten Absatz dieser Norm darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Wird hiergegen verstoßen, müssen die Gesellschafter die Zahlungen gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG erstatten. Waren sie jedoch in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (§ 31 Abs. 2 GmbHG). Dementsprechend ist der ausgeschüttete Gewinn gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG zu erstatten, wenn der Gewinnverwendungsbeschluss gemäß §§ 241, 254 AktG (analog) von Anfang an nichtig war oder rückwirkend durch eine Anfechtungsklage analog § 246 AktG vernichtet wurde.254 Ein solcher Fall ist beispielsweise gegeben, wenn bereits zum Bilanzstichtag kein verteilungsfähiger Gewinn vorhanden war und der Jahresabschluss, der dennoch einen Gewinn ausweist, gemäß § 256 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG und mit ihm der entsprechende Gewinnverwendungsbeschluss (§ 253 AktG analog) nichtig ist.255 Selbst wenn der Jahresabschluss und der Gewinnverwendungsbeschluss mangelfrei sind, darf der Gewinn an die Gesellschafter 251

Vgl. Gelbrich, KTS 2020, 143 (153). Da Müller entgegen der h. M. davon ausgeht, dass es in der Verbandsinsolvenz kein insolvenzfreies Vermögen gibt, kann er diesen Weg jedoch konsequenterweise nicht gehen, vgl. Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 25 f., 189 f. 253 Kruth, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 96, Rn. 22; Schmidt, in: HK-InsO, § 96, Rn. 37; Lojowski, in: Braun, InsO, § 96, Rn. 17. 254 Kersting, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 29, Rn. 44. 255 Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 29, Rn. 50; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, § 29, Rn. 162; Strohn, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 29 GmbHG, Rn. 35. 252

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gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG so weit und so lange nicht ausgezahlt werden, als dadurch das Stammkapital berührt wird.256 Der Gesellschafter, der beim Empfang der Leistung gutgläubig hinsichtlich der Vereinbarkeit der Zahlung mit § 30 GmbHG ist, wird gemäß § 31 Abs. 2 GmbHG dahingehend privilegiert, dass er die Leistung nur insoweit zurückgewähren muss, als es zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. § 31 Abs. 2 GmbHG greift insoweit erst, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Dass tatsächlich alle Gläubiger – selbst bei vollständiger Erstattung – befriedigt werden können, dürfte dabei eher die Ausnahme sein. In der Insolvenz wirkt sich die Privilegierung nach § 31 Abs. 2 GmbHG daher zumeist nicht aus.257 (2) Anspruch aus § 812 BGB Anders als § 62 AktG verdrängen die § 30 ff. GmbHG im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen, soweit das Stammkapital nicht berührt ist, nicht das Bereicherungsrecht. Ist der Gewinnverwendungsbeschluss daher von Anfang an nichtig oder durch eine Anfechtungsklage rückwirkend vernichtet, hat die Gesellschaft gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung ausgezahlter Gewinne.258 Soweit die Gesellschafter beim Gewinnbezug jedoch gutgläubig waren, sind sie gemäß § 32 GmbHG nicht zur Rückzahlung verpflichtet, solange nicht das Stammkapital berührt ist. Dem guten Glauben stehen die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Gewinnbezugsberechtigung aufgrund Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses im Zeitpunkt des Empfangs der Leistung entgegen.259 Gesellschafter, die bei Empfang der Leistung nicht gutgläubig waren, können sich ebenso wenig wie Aktionäre auf eine nach der Insolvenzeröffnung eingetretene Heilung berufen. Bei der GmbH führt dies ebenso wie bei der AG nur zu einem Anspruch auf Gewinnauszahlung gegenüber dem insolventen Verband und nicht gegenüber der Insolvenzmasse, sodass die Gewinnausschüttungen im Verhältnis zur Insolvenzmasse weiterhin rechtsgrundlos erfolgt sind und die Gesellschafter weiterhin einem Anspruch des Insolvenzverwalters aus § 812 BGB ausgesetzt sind.

256

Strohn, in: Henssler/ Strohn, GesR, § 29, Rn. 35; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 29, Rn. 50; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, § 29, Rn. 162; Kersting, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 29, Rn. 56. 257 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 210. 258 Kersting, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, § 29, Rn. 44; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, § 29, Rn. 268; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 1; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 32, Rn. 4; Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 32, Rn. 3; Altmeppen, Roth/Altmeppen (10. Aufl.), § 32, Rn. 6; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 32, Rn. 16; OLG Stuttgart, Urt. v. 11. 02. 2004 – 14 U 23/03, juris Rn. 15 f. 259 Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 32, Rn. 10 f.; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 12 f.

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cc) Rückforderung von Scheingewinnen in Personengesellschaften Wegen der akzessorischen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 128 HGB ist die Bedeutung der Möglichkeit einer Rückforderung von ausgezahlten Scheingewinnen im Personengesellschaftsrecht geringer als im Kapitalgesellschaftsrecht. Etwas anderes gilt allerdings für Gewinnauszahlungen nach § 169 HGB an die Kommanditisten einer KG, insbesondere einer GmbH & Co. KG. Ein Kommanditist erlangt diesen Anspruch entweder mit der Feststellung des Jahresabschlusses oder mit dem Eintreten der entsprechenden Voraussetzungen des Gesellschaftsvertrages.260 War die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig oder lagen die Voraussetzungen für die Gewinnauszahlungen laut Gesellschaftsvertrag nicht vor, erfolgte eine dennoch durchgeführte Gewinnauszahlung rechtsgrundlos, sodass die Gesellschaft gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB einen Rückforderungsanspruch gegen die Kommanditisten hat.261 Umstritten ist, ob der für das Außenverhältnis konzipierte Schutz der Kommanditisten gemäß § 172 Abs. 5 HGB auch auf den Anspruch im Innenverhältnis aus § 812 BGB anzuwenden ist.262 Danach ist ein Kommanditist in keinem Fall zur Rückzahlung dessen verpflichtet, was er aufgrund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht. Wenn dem gefolgt wird, sind gutgläubige Kommanditisten grundsätzlich ähnlich einem Aktionär oder einem GmbH-Gesellschafter geschützt, wenn sie beim Empfang der Leistungen im guten Glauben waren. Im Übrigen tritt die Bedeutung einer Beschlussmängelklage durch den Insolvenzverwalter im Personengesellschaftsrecht im Zusammenhang mit Gewinnausschüttungen aufgrund einer nichtigen Feststellung eines Jahresabschlusses in den Hintergrund, da nach dem Beschlussmängelrecht im Personengesellschaftsrecht eine Heilung des Feststellungsbeschlusses de lege lata nicht möglich ist. Auch das MoPeG sieht für die Zukunft keine Heilungsmöglichkeit nichtiger Beschlüsse im Personengesellschaftsrecht vor.263 dd) Zwischenergebnis Es ist insolvenzrechtlich somit nicht erforderlich, dem Insolvenzverwalter zur Vermeidung eines Verlustes eines Anspruchs aus § 62 Abs. 1 AktG, § 31 GmbHG oder § 812 BGB eine Klagebefugnis gemäß §§ 249, 256 AktG einzuräumen. Das 260 Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 169, Rn. 6; Casper, in: GK HGB, § 169, Rn. 8. 261 Casper, in: GK HGB, § 169, Rn. 29; Oetker, in: Oetker, HGB, § 169, Rn. 26; Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 169, Rn. 18. 262 Karsten Schmidt/Grüneberg, in: MüKo HGB, § 172, Rn. 99 f.; Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, Rn. 18; Casper, in: GK HGB, § 169, Rn. 30; Oetker, in: Oetker, HGB, § 169, Rn. 27; Roth, in: Baumbach/Hopt HGB, § 169, Rn. 6. 263 Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BGBl. I. S. 3436, passim; Heckschen, NZG 2020, 761 (765).

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Teil 5: Beschlussmängelklagen in der Insolvenz

Insolvenzrecht beinhaltet mit der Regelung zum Insolvenzbeschlag sowie zur Einbeziehung des Neuerwerbs in die Insolvenzmasse gemäß §§ 35, 148 InsO ausreichende Regelungen zum Schutz der Insolvenzmasse vor Beschlüssen der Verbandsmitglieder, die nach der Insolvenzeröffnung getroffen werden oder im Wege der Heilung wirksam werden. So fallen Vermögensvorteile aus massegünstigen Beschlüssen nach der Insolvenzeröffnung als Neuerwerb in die Insolvenzmasse, während für die Masse nachteilige Wirkungen sich entweder nur als Neuverbindlichkeit gegen den insolventen Verband richten oder gemäß § 81 InsO ohne die Einwilligung des Insolvenzverwalters unwirksam sind. c) Der insolvenzrechtliche Gläubigerschutz Der Insolvenzverwalter steht einem Verbandsbeschluss oder Maßnahmen, die aufgrund eines Verbandsbeschlusses durchgeführt wurden, keineswegs machtlos gegenüber.264 Ihm eine Anfechtungsbefugnis einzuräumen, ist daher weder erforderlich, noch ist es wirklich praxistauglich. Zunächst ist eine Anfechtungsbefugnis des Insolvenzverwalters gegen Beschlüsse, die erst nach der Insolvenzeröffnung gefasst wurden, unnötig, da diese Beschlüsse gemäß §§ 80 ff. InsO ohnehin nicht mehr die Masse belasten können.265 Es verbleiben also nur Beschlüsse, die vor der Insolvenzeröffnung wirksam, aber anfechtbar gefasst wurden. Mit Blick auf die Anfechtungsfrist beschränkt sich der Anwendungsbereich damit einerseits auf Beschlüsse, die erst kurz vor der Insolvenzeröffnung gefasst wurden; andererseits erwächst für den Insolvenzverwalter daraus ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko. Wird nämlich ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 245 AktG damit begründet, dass er damit Beschlüsse anfechten können soll, die innerhalb der Anfechtungsfrist gefasst wurden, dann folgt aus § 60 InsO zugleich die Pflicht des Insolvenzverwalters, entsprechende Beschlüsse im Wege der Anfechtungsklage anzufechten. Hierzu muss der Insolvenzverwalter innerhalb kürzester Zeit die maßgeblichen Beschlüsse ermitteln und im Wege einer Anfechtungsklage angreifen. Er müsste daher de facto unmittelbar nach seiner Bestellung pro forma eine Anfechtungsklage gegen sämtliche potenziell massenachteiligen Beschlüsse erheben, die im letzten Monat vor seiner Bestellung gefasst wurden, um nicht die Anfechtungsfrist zu versäumen und sich gegebenenfalls sogar einer Haftung nach § 60 InsO ausgesetzt zu sehen. Zudem geht die h. M. davon aus, dass die Anfechtungsklage gegen den insolventen Verband zu richten ist, der im Falle einer AG oder einer Genossenschaft auch gegenüber dem Insolvenzverwalter sowohl durch den Vorstand als auch durch den Aufsichtsrat vertreten wird.266 Da eine Ersatzzustellung an den Aufsichtsrat in den Geschäftsräumen des Verbandes in den meisten Fällen mangels 264

So aber scheinbar Noack, Gesellschaftsrecht, Rn. 359. So i. E. auch Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 206 f., der aber nach Insolvenzeröffnung gefasste Beschlüsse nicht unter §§ 80 ff. InsO sondern unter § 241 Nr. 3 AktG subsumiert. 266 BGH, Urt. v. 21. 04. 2020 – II ZR 412/17, BGHZ 225, 198, juris Rn. 45. 265

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eines dauernden Aufenthalts nicht möglich ist267, müsste der Insolvenzverwalter also noch die ladungsfähige Anschrift zumindest eines Aufsichtsratsmitglieds ermitteln. Die Anfechtungsfrist mag gegebenenfalls bei einer GmbH268 oder de lege ferenda im Personenhandelsgesellschaftsrecht gemäß § 112 Abs. 1 HGB n. F.269 länger bemessen sein als im Aktien- oder Genossenschaftsrecht, das ändert an dem skizzierten Fristenproblem aber nichts, da sich damit auch der zu überprüfende Zeitraum vergrößert. Um hier der Situation des Insolvenzverwalters gerecht zu werden, müsste womöglich im Wege einer Rechtsfortbildung für seine gesellschaftsrechtliche Anfechtungsfrist etwas Vergleichbares wie zu den insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen gelten. Daran schließt sich die Frage an, ob es mit den Wertungen der Insolvenzordnung tatsächlich unvereinbar ist, wenn der Insolvenzverwalter Beschlüsse nicht im Wege der Anfechtungsklage angreifen kann. Wie sich aus den §§ 129 ff. InsO und § 91 Abs. 2 InsO ergibt, beanstandet das Insolvenzrecht nicht jegliche Vermögensminderung, die im Vorfeld der Insolvenzeröffnung erfolgt ist, sodass gerade der redliche Rechtserwerb insolvenzrechtlich geschützt wird.270 Dementsprechend sollte im Ausgangspunkt die gesetzliche Wertung respektiert werden, wonach anfechtbare Beschlüsse wirksam sind und die Anfechtung den Verbandsmitgliedern und Organen obliegt.271 Bevor daher unterstellt wird, dass der Insolvenzverwalter Verbandsbeschlüssen und den auf ihnen beruhenden Maßnahmen ohne die Möglichkeit zur Erhebung einer Beschlussmängelklage machtlos gegenübersteht, muss erst einmal das Insolvenzanfechtungsrecht in die Betrachtung mit einbezogen werden.272 Nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO muss schließlich das, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Anfechtbare Handlungen sind gemäß § 129 Abs. 1 InsO Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, sodass sie der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten kann.273 Die rechtliche Natur der Insolvenzanfechtung ist umstritten. Nach der heute kaum noch vertretenen274 „dinglichen Theorie“ soll die Anfechtung rechtsgestaltende Kraft 267

Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 246, Rn. 61. Vgl. Wertenbruch, in: MüKo GmbHG, Anhang § 47, Rn. 301 ff.; OLG Dresden, Urt. v. 28. 05. 2020 – 8 U 2611/19, NZG 2020, 867, juris Rn. 45 f.; BGH, Beschl. v. 13. 07. 2009 – II ZR 272/08, NZG 2009, 1110; BGH, Urt. v. 12. 01. 1998 – II ZR 82/93, BGHZ 137, 378, juris Rn. 30. 269 Vgl. Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BGBl. I. S. 3436 (3459). 270 Vgl. Mock, in: Uhlenbruck, InsO, § 91, Rn. 96; Breuer/Flöther, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 91, Rn. 78. 271 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 206. 272 So auch Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 207. 273 Nachfolgend wird dabei nur auf die Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistung gem. § 134 InsO und wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 InsO eingegangen. 274 Zuletzt Marotzke, KTS 1987, 1 ff.; Marotzke, KTS 1987, 569 (577 f.). 268

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haben, sodass die Rechtshandlung bzw. ihre Rechtswirkungen rückwirkend unwirksam werden bzw. kraft Gesetzes (relativ) unwirksam sind.275 Nach der vorherrschenden276 und vor allem von der Rechtsprechung277 vertretenen „schuldrechtlichen Theorie“ führt die Anfechtung zu einem schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr.278 In der Literatur wird häufig die von Paulus279 begründete „haftungsrechtliche Theorie“ vertreten, nach der anfechtbar in die Hand Dritter gelangte Gegenstände haftungsrechtlich weiterhin der Masse zugewiesen werden.280 Im Ergebnis wirkt sich der Unterschied zwischen der schuldrechtlichen Theorie und der haftungsrechtlichen Theorie nicht entscheidend aus, weil auch die Lehre von der haftungsrechtlichen Unwirksamkeit davon ausgeht, dass die Anfechtung in der Insolvenz im Regelfall durch einen obligatorischen Rückgewähranspruch geltend gemacht wird.281 Entsprechend der Erkenntnis, dass die Insolvenzanfechtung zu eigenartig und vielschichtig ist, um sie uneingeschränkt einer der bisherigen Theorien unterzuordnen, sprechen sich mehrere Stimmen im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des BGH282 für eine Symbiose aus den beiden Theorien im Sinne eines Rechtsinstituts eigener Art aus. Diesem Ansatz liegt ein schuldrechtliches Verständnis zugrunde, aber gleichzeitig wird die haftungsrechtliche Bedeutung des Anfechtungsrechts anerkannt.283 Danach besteht entsprechend der schuldrechtlichen Theorie ein schuldrechtlicher Anspruch darauf, Gegenstände an die Masse zurückzugewähren, die ihr in anfechtbarer Weise entzogen wurden. Gegenüber Verbindlichkeiten, die in anfechtbarer Weise begründet wurden, kann der Insolvenzverwalter aufgrund der Anfechtung die Anfechtungseinrede gemäß § 146 275

Vgl. Henckel, in: Jaeger, InsO, § 143, Rn. 5 f.; Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 87. So Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 8. 277 Vgl. BGH, Urt. v. 31. 10. 1956 – V ZR 177/55, BGHZ 22, 128, juris Rn. 43; BGH, Urt. v. 10. 05. 1978 – VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296, juris Rn. 25; BGH, Urt. v. 11. 01. 1990 – IX ZR 27/ 89, NJW 1990, 990, juris Rn. 17; BGH, Urt. v. 21. 09. 2006 – IX ZR 235/04, NJW-RR 2007, 121, juris Rn. 10, 14; BGH, Urt. v. 24. 05. 2007 – IX ZR 105/05, NJW-RR 2007, 1275, juris Rn. 10. 278 Kayser, ZIP 2015, 449 (450 f.); auch diese Theorie wird in unterschiedlicher Weise vertreten, vgl. die Übersicht bei Henckel, in: Jaeger, InsO, § 143, Rn. 7 f. 279 Paulus, AcP 1956, 277 ff. 280 Karsten Schmidt, JZ 1987, 889 ff.; Gerhardt, ZIP 2004, 1675 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.13 f.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 7 f.; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 143, Rn. 23 ff.; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 129, Rn. 10. 281 Gaul, KTS 2007, 133 (170); vgl. aber zur praktischen Bedeutung Kirchhof/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), Vor § 129, Rn. 20 f. 282 BGH, Urt. v. 24. 06. 2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199 – 205, juris Rn. 25; BGH, Urt. v. 23. 10. 2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 – 361, juris Rn. 27 f.; vgl. zur Deutung als Entgegenkommen gegenüber der haftungsrechtlichen Theorie Berthold Schäfer, Insolvenzanfechtung, Rn. 7; Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 8; Gerhardt, ZIP 2004, 1675 (1677 f.); Raupach, in: BeckOK InsO, § 129, Rn. 5.1. 283 Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 9; Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 90; Kirchhof/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), Vor § 129, Rn. 37 f.; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 143, Rn. 4; Gaul, KTS 2007, 133 (149 f.); Huber, in: H/H/S, Praxis der Insolvenzanfechtung, Teil I, Rn. 33 f.; Reischl, Insolvenzrecht, Rn. 575. 276

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Abs. 2 InsO erheben.284 Bei einem Verzicht des Schuldners auf ein Recht, führt die Anfechtung entsprechend der haftungsrechtlichen Theorie dazu, dass der Verzicht wirkungslos wird.285 Dieses Verständnis wird den folgenden Darstellungen zugrunde gelegt. aa) Gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung gemäß § 129 InsO Eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung ist gemäß § 129 InsO unabdingbare Voraussetzung einer jeden Insolvenzanfechtung. Unter dem Begriff der Rechtshandlung wird dabei jedes von einem Willen getragene Handeln, das rechtliche Wirkungen hervorbringt und damit das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger beeinflussen kann, verstanden.286 Dementsprechend fallen Gewinnausschüttungen ohne Weiteres unter den Begriff der Rechtshandlung.287 Des Weiteren sind Verbandsbeschlüsse wie die Feststellung des Jahresabschlusses, der Gewinnverwendungsbeschluss288, ein Entlastungsbeschluss, der eine Präklusionswirkung entfaltet (etwa in der GmbH289), eine Firmenänderung290 oder eine Sitzverlegung291 Rechtshandlungen im Sinne von § 129 InsO, sodass sie der Insolvenzanfechtung unterliegen, wenn ein Tatbestand nach §§ 130 ff. InsO erfüllt ist.292 Im Gegensatz zur Anfechtungsklage nach § 245 AktG ist es für die Insolvenzanfechtung irrelevant, ob der Beschluss fehlerhaft ist oder nicht.293 Die insolvenz284 Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 11; a. A. Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 91: schuldrechtlicher Anspruch gegen den Schuldner wird wirkungslos. 285 Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 90; Kirchhof/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), Vor § 129, Rn. 34, 38. 286 Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 12; de Bra, in: Braun, InsO, § 129, Rn. 10; Kayser/ Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 7; Eidenmüller/Engert, in: Festschrift Schmidt, S. 305 (317); BGH, Urt. v. 14. 12. 2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196, juris Rn. 10; BGH, Urt. v. 12. 02. 2004 – IX ZR 98/03, NJW 2004, 1660, juris Rn. 12; BGH, Urt. v. 04. 07. 2013 – IX ZR 229/12, NZI 2013, 804, Rn. 15. 287 Eidenmüller/Engert, in: Festschrift Schmidt, S. 305 (317). 288 Vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 378; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 19; Haas, ZIP 2006, 1373 (1375); Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129, Rn. 10; OLG Celle, Urt. v. 16. 12. 2010 – 13 U 98/10, juris Rn. 13. 289 Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 46, Rn. 293. 290 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 395, § 143, Rn. 223; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 143, Rn. 60; Nerlich, in: Michalski, GmbHG, § 60, Rn. 177; Bitter, in: Scholz, GmbHG (12. Aufl.), Vor § 64, Rn. 172; Schultze, DZWIR 2005, 56 (59); Hirte, ZInsO 2003, 833 (842); Uhlenbruck, ZIP 2000, 401 (404); Uhlenbruck, GmbHR – Informationsteil 1987, R 41 f.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26. 10. 1988 – 3 Wx 403/88, BeckRS 1988, 30991561. 291 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 390, § 143, Rn. 228; Paulus, ZInsO 1999, 242 (246). 292 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 378 f.; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 207. 293 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 54.

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rechtliche Anfechtung steht nämlich weder mit der Anfechtung von Willenserklärungen gemäß § 142 BGB noch mit der Beschlussanfechtung gemäß § 243 AktG im Zusammenhang, weil sie sich nicht auf die Rechtshandlung selbst, sondern auf die durch die Rechtshandlungen verursachten gläubigerbenachteiligenden Wirkungen bezieht, die durch die Insolvenzanfechtung korrigiert werden sollen.294 Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten.295 Dabei ist zwischen einer unmittelbaren und einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung zu unterscheiden.296 Unmittelbar ist eine Benachteiligung, die ohne Hinzukommen späterer Umstände schon mit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung selbst eintritt. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist derjenige der Vollendung der Rechtshandlung. Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens zu beurteilen. Dabei sind lediglich solche Folgen zu berücksichtigen, die an die anzufechtende Rechtshandlung selbst anknüpfen. Erhält der Schuldner für das, was er aus seinem Vermögen weggibt, unmittelbar eine vollwertige Gegenleistung, liegt keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor.297 Dementsprechend stellt die Tilgung einer vollwertigen Verbindlichkeit durch den Schuldner keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung dar.298 Aus diesem Grund ist auch eine handels-, bilanzund gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Gewinnausschüttung keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung. Neben § 132 InsO setzt im Rahmen der Vorsatzanfechtung nur § 133 Abs. 4 InsO eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraus. Im Übrigen genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung. Eine solche liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung in Verbindung mit einem weiteren Umstand eine Gläubigerbenachteiligung auslöst. Der weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht oder deren adäquate Folge sein. Es reicht aus, 294 Karsten Schmidt, in: K. Schmidt, InsO, § 129, Rn. 4; Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 7; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129, Rn. 14; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 6; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.29; Eckardt, ZIP 1999, 1734 (1739); Kayser, ZIP 2015, 449 (451); BGH, Urt. v. 05. 04. 2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233, juris Rn. 12; BGH, Urt. v. 09. 07. 2009 – IX ZR 86/08, NZI 2009, 644, juris Rn. 29. 295 BGH, Urt. v. 25. 02. 2016 – IX ZR 12/14, NJW-RR 2016, 570, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 17. 12. 2015 – IX ZR 287/14, BGHZ 208, 243, juris Rn. 13; BGH, Urt. v. 10. 07. 2014 – IX ZR 280/13, NJW-RR 2014, 1266, juris Rn. 12; Bork, in: K/P/B, InsO, § 133, Rn. 21; Rogge/ Leptien, in: HambKomm InsO, § 129, Rn. 42. 296 Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 57. 297 BGH, Urt. v. 09. 06. 2016 – IX ZR 153/15, NZI 2016, 773, juris Rn. 17. 298 Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 118; Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 129, Rn. 84; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 250; Gehrlein, in: A/G/R InsO, § 129, Rn. 67; a. A. Bartels, in: K/P/B, InsO, § 129, Rn. 301.

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dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde.299 Die kongruente Tilgung einer Verbindlichkeit des Insolvenzschuldners, also die Erfüllung genau so, wie sie geschuldet ist, benachteiligt dessen übrige Gläubiger im Insolvenzfall. Schließlich ist für die Benachteiligung auf die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger abzustellen. Eine Gläubigerbenachteiligung kann daher nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die Handlung vorteilhaft für einen oder einzelne Insolvenzgläubiger war. Befriedigt der Schuldner nämlich einen einzelnen Gläubiger, stellt das bilanziell zwar eine neutrale Handlung dar, jedoch verringert sich die für die übrigen Gläubiger verbleibende Masse entsprechend, sodass sie insgesamt eine geringere Quote erhalten und daher regelmäßig benachteiligt werden.300 Somit kann eine Auszahlung von Dividenden selbst dann eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung darstellen, wenn sie handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäß erfolgt ist. Aber auch der auf der Basis eines zutreffenden Jahresabschlusses gefasste Gewinnverwendungsbeschluss, der der durchgeführten Auszahlung zugrunde lag, kann durch seine anspruchsbegründende Wirkung – unabhängig vom Dividendenbezugsrecht der Aktionäre – als Vorbereitungshandlung für die Auszahlung eine mittelbar gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO sein.301 bb) Unentgeltliche Leistung § 134 InsO Nach § 134 InsO ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. Mithin könnte der Insolvenzverwalter Gewinne, die in den letzten vier Jahren vor der Insolvenzantragsstellung ausgeschüttet wurden, zurückfordern, wenn es sich dabei um unentgeltliche Leistungen gehandelt hat. (1) Dividendenzahlung an Aktionäre Das Verhältnis zwischen der gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltung mit seinen Ansprüchen aus § 62 AktG und der Insolvenzanfechtung wird insbesondere im Rahmen der Anwendbarkeit von § 134 InsO diskutiert. Es ist streitig, inwiefern eine Dividendenauszahlung an Aktionäre unentgeltlich ist.302 In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Anfechtung von Auszahlungen sog. „Scheingewinne“ dis299

BGH, Urt. v. 09. 12. 1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246, juris Rn. 23 f. Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 123, 142; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 163, 250; Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 129, Rn. 43, 93; Mohr, in: KK-InsO, § 129, Rn. 203. 301 Vgl. Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 133, Rn. 8; Schoppmeyer, in: K/P/B, InsO, § 130, Rn. 36; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 130, Rn. 13; BGH, Urt. v. 12. 01. 2017 – IX ZR 130/16, NJW-RR 2017, 617, juris Rn. 13. 302 Vgl. Mylich, AG 2011, 765 ff.; Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, § 62, Rn. 3; Cahn, in: BeckOGK AktG, § 62, Rn. 27; OLG Dresden, Urt. v. 14. 02. 2019 – 8 U 529/17 (nicht veröffentlicht). 300

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kutiert. Hierbei geht es um Auszahlungen aufgrund eines Gewinnausweises im Jahresabschluss, der bei zutreffender Bilanzierung überhaupt nicht oder in geringerer Höhe entstanden wäre, sodass keine oder eine geringere Auszahlung hätte erfolgen müssen.303 Als Empfänger solcher Auszahlungen von Scheingewinnen kommen nicht nur Gesellschafter, sondern auch andere Personen mit gewinnbezogenen Ansprüchen gegen die Gesellschaft, wie Geschäftsführer (Tantieme), Arbeitnehmer (Bonus) oder Genussrechtsgläubiger, in Betracht. Zum Teil ist zu lesen, dass die Auszahlungen von sog. „Scheingewinnen“ stets unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 InsO seien.304 Andernorts wird davon ausgegangen, dass eine Anfechtung gegenüber Gesellschaftern nach § 134 InsO ausgeschlossen ist, da sie auf mitgliedschaftlicher Basis und damit nicht unentgeltlich erfolgten.305 Mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des BGH zum Begriff der Unentgeltlichkeit gemäß § 134 InsO vermögen beide Aussagen in dieser Pauschalität jedoch nicht zu überzeugen. Eine Leistung erfolgt entgeltlich, wenn der Leistung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung gegenübersteht und Leistung und Gegenleistung voneinander abhängen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen Verhältnis stehen. Ausschlaggebend ist vielmehr eine kausale oder konditionale Verknüpfung zwischen der Leistung des Schuldners und der Aufgabe einer eigenen Rechtsposition (als Gegenleistung) durch den Leistungsempfänger.306 Diese Gegenleistung erfolgt aufgrund (zumindest konkludenter) Parteiabrede. Der Vermögenswert der Gegenleistung muss dem Wert der erbrachten Schuldnerleistung entsprechen, sodass die Gegenleistung die Leistung des Schuldners ausgleicht. Trotz Gegenleistung kann eine Leistung des Schuldners daher unentgeltlich erfolgen, wenn die Gegenleistung keinen angemessenen Gegenwert für die erbrachte Leistung darstellt.307 Bei einer Dividendenausschüttung ist im Ausgangspunkt festzuhalten, dass sie eine entgeltliche Leistung der Gesellschaft darstellt, wenn sie aufgrund eines wirksamen Gewinnverwendungsbeschlusses vorgenommen wurde, der auf einem ordnungsgemäßen Jahresabschluss beruht, der seinerseits wirksam festgestellt wurde. Die hierzu allgemein anzutreffende Begründung, dass die Gegenleistung der

303 Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 172, Rn. 42; Mylich, AG 2011, 765 (766); BGH, Urt. v. 11. 12. 2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 25. 06. 2009 – IX ZR 157/08, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 225/09, NZG 2010, 1077, juris Rn. 7 f.; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125, juris Rn. 6 f. 304 Vgl. Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 24a; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 119; de Bra, in: Braun, InsO, § 134, Rn. 17; Huber, in: Gottwald, InsR-HB, § 49, Rn. 17. 305 Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 169, Rn. 19; Cahn, in: BeckOGK AktG, § 62, Rn. 27. 306 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 18 f. 307 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 28.

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Anteilseigner in der Mitgliedschaft308 bzw. in der Beteiligung309 bestehe, mag dem Grunde nach zutreffen, ist aber aus anfechtungsrechtlicher Sicht zu ungenau. Zunächst sind der Gewinnverwendungsbeschluss und die Dividendenausschüttung voneinander zu unterscheiden, da auch der Begriff der Leistung im Sinne des § 134 InsO weit zu verstehen ist und es sich bei dem Beschluss und der Auszahlung um jeweils einzelne Rechtshandlungen im Sinne von § 129 InsO handelt.310 Mit dem Gewinnverwendungsbeschluss begründet die Gesellschaft einen Anspruch der Aktionäre auf eine dem Beschluss über die Gewinnverwendung entsprechende anteilige Gewinnauszahlung. Die Begründung des Anspruchs in materiell zutreffender Höhe durch einen ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss stellt keine unentgeltliche Leistung der Gesellschaft dar, weil der Aktionär mit seiner Mitgliedschaft (vorbehaltlich eines Ausschlusses des Gewinnbezugsrechts) einen Anspruch auf Teilhabe an dem Bilanzgewinn nach Maßgabe des Gewinnverwendungsbeschlusses erworben hat (vgl. § 58 Abs. 4 AktG).311 Als Gegenleistung für die Mitgliedschaft und den aus ihr resultierenden Dividendenanspruch hat der Aktionär wiederum eine Einlage geleistet (vgl. § 54 Abs. 1 AktG). Schließlich erfolgt die Auszahlung der zutreffenden Dividende nicht unentgeltlich, da der Aktionär im Gegenzug seinen Zahlungsanspruch verliert.312 Wird nun im Jahresabschluss ein nach zutreffender Bilanzierung tatsächlich nicht erwirtschafteter Gewinn ausgewiesen, beruht dies auf einer Überbewertung von Bilanzposten. Ist diese Überbewertung wesentlich, dann ist der Jahresabschluss gemäß § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG nichtig.313 Wird diese Wesentlichkeitsschwelle nicht überschritten, dann scheidet im Falle der Feststellung durch die Hauptversammlung ebenfalls eine Anfechtung gemäß § 257 Abs. 1 AktG aus. Im Falle der Nichtigkeit des Jahresabschlusses gemäß § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG ist auch der Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG nichtig. Die Annahme, dass der ausgeschüttete Gewinn in dieser Konstellation stets unentgeltlich im Sinne von § 134 InsO erfolgen würde, mag in dieser Pauschalität auf das Verhältnis zu Nichtgesellschaftern im Rahmen eines bewusst betriebenen Schnee308 Vgl. Haas, ZIP 2006, 1373 (1378); Mylich, AG 2011, 765 (767); Freudenberg, ZInsO 2014, 1544 (1548); Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 39. 309 Vgl. Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, S. 165; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 121; Eidenmüller/Engert, in: Festschrift Schmidt, S. 305 (319); Kirchhof, in: MüKo AnfG, § 4, Rn. 59; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 225/09, NZG 2010, 1077, juris Rn. 11; BGH, Urt. v. 20. 04. 2017 – IX ZR 189/16, DStR 2017, 1941, juris Rn. 7; OLG Karlsruhe, Urt. v. 06. 08. 2009 – 4 U 9/08, NZG 2009, 1107, juris Rn. 36; OLG Hamburg, Urt. v. 07. 12. 2018 – 11 U 256/17, ZIP 2019, 185, juris Rn. 44. 310 Freudenberg, ZInsO 2014, 1544 (1548); de Bra, in: Braun, InsO, § 134, Rn. 2; BGH, Urt. v. 26. 04. 2012 – IX ZR 146/11, NJW-RR 2012, 1513, juris Rn. 37. 311 Maul, in: Beck’sches Hb. AG, § 4, Rn. 71; vgl. Thole, KTS 2007, 293 (320). 312 BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 225/09, NZG 2010, 1077, juris Rn. 12; vgl. zur Entgeltlichkeit von Tilgungsleistungen Thole, in: HK-InsO, § 134, Rn. 18; Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 134, Rn. 32. 313 Mylich, AG 2011, 765 (766).

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ballsystems zutreffen, außerhalb dessen kann sie in dieser Allgemeinheit jedoch nicht unterstützt werden. Auf der anderen Seite mag die Mitgliedschaft der Gesellschafter mittelbar zwar die Entgeltlichkeit von Gewinnausschüttungen begründen können. Das gilt aber nicht für Scheingewinne, da die Mitgliedschaft ein Recht zum Bezug derartiger Zahlungen gerade nicht begründet.314 Im Kern liegt diesen Annahmen ein Verständnis zugrunde, wonach eine Unentgeltlichkeit mit einer Rechtsgrundlosigkeit gleichgesetzt wird. Ein solches Verständnis wird vom BGH im Rahmen von § 134 InsO aber nicht (mehr) zugrunde gelegt.315 Danach ist die Leistung auf eine nichtbestehende Schuld keine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 InsO, wenn dies in Unkenntnis der Nichtschuld erfolgte, da der Schuldner dann im Gegenzug einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB erhalte.316 Entgegen dem ersten Anschein ist hierbei nicht die subjektive Vorstellung der Parteien entscheidend, sondern der BGH bestimmt die Unentgeltlichkeit weiterhin nach dem objektiven Werteverhältnis, wenn er den Bereicherungsanspruch gemäß § 812 BGB als ausgleichende Gegenleistung berücksichtigt.317 Hat der Schuldner nämlich aufgrund seiner rechtsgrundlosen Leistung eine Kompensation in Form eines Rückforderungsanspruchs gemäß § 812 BGB erhalten, ist sein Vermögen wirtschaftlich betrachtet tatsächlich nicht nachteilig vermindert. Buchhalterisch ausgedrückt handelt es sich dabei – ähnlich wie bei einem Darlehen – lediglich um einen Aktivtausch.318 Scheidet aber ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch gemäß § 814 BGB aus, weil der Schuldner wusste, dass er nicht zur Leistung verpflichtet war (hierfür ist nun das subjektive Vorstellungsbild relevant), tritt durch die Leistung des Schuldners ein kompensationsloser Rechtsverlust ein, sodass eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 InsO vorliegt.319 Diese Grundsätze gelten ebenso für die Auszahlung von Scheingewinnen an einen Gesellschafter.320 So liegt in diesem Fall eine unentgeltliche Leistung gemäß § 134 InsO vor, wenn der Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Rückzahlung der ausgezahlten Scheingewinne zustand.321 314

Vgl. BGH, Urt. v. 20. 07. 2017 – IX ZR 7/17, NZI 2017, 802, juris Rn. 8 ff. Vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 121; Madaus u. a., ZIP 2018, 2293 (2294). 316 BGH, Urt. v. 20. 04. 2017 – IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350, juris Rn. 13. 317 Madaus u. a., ZIP 2018, 2293 (2294); Bork, NZI 2018, 1 (4). 318 Bork, NZI 2018, 1 (4 f.). 319 BGH, Urt. v. 27. 06. 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283, juris Rn. 110 f.; BGH, Urt. v. 06. 12. 2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280, juris Rn. 10 f.; BGH, Urt. v. 20. 04. 2017 – IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350, juris Rn. 16; BGH, Beschl. v. 12. 09. 2017 – IX ZR 316/16, NZI 2017, 975, juris Rn. 5; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 22; de Bra, in: Braun, InsO, § 134, Rn. 11; Bork, NZI 2018, 1 (4 f.); Kayser, in: Festschrift Bergmann, S. 339 (351); Gehrlein, in: A/G/R InsO, § 134, Rn. 6; Schmittmann, in: H/H/S, Praxis der Insolvenzanfechtung, § 134, Rn. 30. 320 BGH, Urt. v. 05. 07. 2018 – IX ZR 139/17, NJW 2018, 3312, juris Rn. 13. 321 Vgl. BGH, Urt. v. 27. 06. 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283, juris Rn. 64. 315

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Die Aussage, dass die Auszahlung von Scheingewinnen stets eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO darstellt, ist durch die Rechtsprechung des BGH in der Sache Phoenix-Kapitaldienst322 geprägt, wo es um ein vorsätzlich betriebenes Schneeballsystem ging, bei dem die Organe die Bilanzen und Buchhaltungsunterlagen manipuliert hatten.323 Hier erfolgten Auszahlungen von Scheingewinnen nicht an Aktionäre, sondern an außenstehende Anleger, sodass sich außerhalb einer Insolvenz eine Rückforderung der ausgezahlten Scheingewinne nach §§ 812 ff. BGB richtete. In diesem Fall wusste das manipulierende Organ, dessen Wissen der Gesellschaft zugerechnet wird, dass die Jahresabschlüsse objektiv falsch waren, weil sie erfundene Gewinne – also „Scheingewinne“ – auswiesen, die bilanzrechtlich nicht hätten ausgewiesen werden dürfen.324 Die Gesellschaft wusste also, dass sie mangels einer Erwirtschaftung von Gewinn nicht zur Auszahlung von Gewinnen verpflichtet war, und konnte gegenüber den Anlegern deshalb gemäß § 814 BGB keinen Anspruch aus § 812 BGB geltend machen.325 Dementsprechend kann nicht der Schluss hergeleitet werden, dass ein unrichtiger Jahresabschluss, der einen tatsächlich nicht bestehenden Gewinn ausweist, stets dazu führt, dass die auf seiner Grundlage vorgenommenen Auszahlungen unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 InsO wären. Hat die Gesellschaft nämlich im Vertrauen auf die Richtigkeit der in den Jahresabschlüssen ausgewiesenen Gewinne die Auszahlungen vorgenommen, fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen von § 814 BGB, sodass weiterhin ein bereicherungsrechtlicher Anspruch besteht und somit keine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 InsO vorliegt.326 Die Aussage, dass die Ausschüttung von Scheingewinnen stets unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 InsO seien, kann deshalb nur auf die Auszahlung von vorsätzlich ausgewiesenen Scheingewinnen zutreffen, die nicht zurückverlangt werden können, weil ein Anspruch aus § 812 BGB wegen der Kondiktionssperre gemäß §§ 814, 817 BGB ausscheidet.327 Dann ist also eine Insolvenzanfechtung gemäß § 134 InsO möglich. Das betrifft etwa die Rechtsverhältnisse zu Anlegern (z. B. Genuss-

322 Vgl. Huber, in: Gottwald, InsR-HB, § 49, Rn. 17; BGH, Urt. v. 11. 12. 2008 – IX ZR 195/ 07, BGHZ 179, 137, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 25. 06. 2009 – IX ZR 157/08, juris Rn. 6; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 225/09, NZG 2010, 1077, juris Rn. 7 f.; BGH, Urt. v. 22. 04. 2010 – IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125, juris Rn. 6 f. 323 Vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21. 01. 2020 – 3 U 321/19, NZI 2020, 693, juris Rn. 50. 324 OLG Koblenz, Urt. v. 21. 01. 2020 – 3 U 321/19, NZI 2020, 693, juris Rn. 50. 325 BGH, Urt. v. 20. 04. 2017 – IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350, juris Rn. 21 f.; Bork, NZI 2018, 1, Rn. 4 f.; Madaus u. a., ZIP 2018, 2293 (2296). 326 Streitig sind insoweit lediglich die Anforderungen an die Nachweisführung zur Kenntnis des Schuldners, vgl.: Madaus u. a., ZIP 2018, 2293 (2295); OLG Koblenz, Urt. v. 21. 01. 2020 – 3 U 321/19, NZI 2020, 693, juris Rn. 51 f.; Dahl, EWiR 2020, 279 (280); Lütcke, NZI 2020, 693 (698 f.). 327 BGH, Urt. v. 27. 06. 2019 – IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283, juris Rn. 95; BGH, Urt. v. 20. 04. 2017 – IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350, juris Rn. 21; Kayser, in: Festschrift Bergmann, S. 339 (352).

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rechtsinhaber), Arbeitnehmern, Geschäftsführern oder Vorständen sowie zu GmbHGesellschaftern und Personengesellschaftern. Auf eine Gewinnausschüttung an Aktionäre lässt sich dies indes nicht übertragen. Wie bereits aufgezeigt wurde, finden die bereicherungsrechtlichen Regeln neben § 62 AktG keine Anwendung. Ist der im Jahresabschluss ausgewiesene Gewinn unzutreffend und der Jahresabschluss daher gemäß § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG sowie der Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 AktG nichtig, so ergibt sich aus § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG, dass die Aktionäre die Auszahlungen nicht zurückzahlen müssen, solange sie nicht bösgläubig sind. Die Ausschüttung von Scheingewinnen an gutgläubige Aktionäre stellt daher – unabhängig vom Vorsatz des Vorstands zum Ausweis dieser Scheingewinne – stets eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO dar. Entgegen Mylich kommt es insofern bei der „Ausschüttung eines Scheingewinns“ für die Annahme einer Unentgeltlichkeit nicht darauf an, ob die AG durch die Auflösung von Rücklagen etc. einen derartigen Gewinn hätte ausschütten können.328 Dabei wird der Unterschied zwischen dem allgemeinen Dividendenrecht und dem Dividendenauszahlungsanspruch vermengt. Ohne einen wirksamen Gewinnverwendungsbeschluss haben die Aktionäre überhaupt keinen Anspruch auf eine Gewinnauszahlung.329 Die Annahme, dass eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 InsO zu verneinen sei, wenn durch andere bilanzpolitische Maßnahmen ein entsprechender Gewinn wirksam hätte ausgewiesen werden können, widerspricht bereits § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG. Danach wird – vorbehaltlich der Gutgläubigkeit des jeweiligen Aktionärs – die Pflicht zur Rückzahlung ausgeschütteter Dividenden generell angeordnet, wenn der Jahresabschluss nichtig ist, und nicht nur dann, wenn eine Überbewertung im Sinne von § 256 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AktG vorliegt, die zum Ausweis und zur Auszahlung eines Scheingewinns geführt hat.330 § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG ordnet insofern an, dass Auszahlungen, die auf der Basis eines nichtigen Jahresabschlusses erfolgt sind, stets zurückzuzahlen sind, wenn der Aktionär nicht gutgläubig ist. Der Umstand, dass eine anderweitige – wirksame – Erstellung des Jahresabschlusses zu einem Gewinnausweis in identischer Höhe führen würde, ändert somit nichts daran, dass es sich bei der Auszahlung auf der Basis des nichtigen Jahresabschlusses – unabhängig von der Gutgläubigkeit der Aktionäre – um eine verbotene – nicht mit der Mitgliedschaft zu rechtfertigende – Leistung an die Aktionäre handelt.331 Zwar erscheint es überzeugend, dass der nichtige Gewinnverwendungsbeschluss analog § 253 Abs. 1 AktG geheilt wird, wenn der Jahresabschluss neu aufgestellt und festgestellt wird und einen identischen Gewinn ausweist wie der ursprüngliche Jahresabschluss, der nichtig 328

Mylich, AG 2011, 765 (769). Vgl. Thole, KTS 2007, 293 (320). 330 Vgl. Drescher, in: Festschrift Bergmann, S. 169 (S. 170, 180); Hennrichs, in: Festschrift Bergmann, S. 303 (309). 331 Vgl. Hennrichs, in: Festschrift Bergmann, S. 303 (312 ff.); Bayer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 62, Rn. 62 f. 329

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war.332 Allerdings muss hierfür zunächst einmal ein neuer Jahresabschluss wirksam festgestellt worden sein. Mithin ist es den Aktionären im Falle einer nichtigen Feststellung des Jahresabschlusses und eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses nicht möglich die Gesellschaft als Gegenleistung für die Auszahlung der (Schein-)Dividenden im Wege der Aufgabe ihres Auszahlungsanspruchs von einer entsprechenden Verbindlichkeit zu befreien. Eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO ist deshalb erst dann zu verneinen, wenn der jeweilige Aktionär wusste oder fahrlässig nicht wusste, dass er zum Gewinnbezug nicht berechtigt war, weil die Gesellschaft dann als Gegenleistung den Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG erhalten hat. Tritt die Heilung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses ein, wird der Gewinnverwendungsbeschluss rückwirkend wirksam. Allerdings ändert dies entgegen Mylich333 nichts an der Unentgeltlichkeit der Auszahlung der Dividenden an die Aktionäre. Es wurde bereits aufgezeigt, dass eine Heilung nach der Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall eines Anspruchs aus § 62 AktG aus der Insolvenzmasse führen kann. Tritt die Heilung vor der Insolvenzeröffnung ein, ist das anders, weil dann noch keine Spaltung der Vermögensmassen eingetreten ist. In diesem Fall nutzt dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage nichts. Allerdings führt selbst eine Heilung vor der Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall eines Anspruchs aus § 134 InsO. Im Rahmen der Insolvenzanfechtung kommt es nämlich nicht darauf an, ob die Zahlung nun rückwirkend mit § 57 AktG vereinbar ist, da es für die Erfüllung der Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes grundsätzlich auf die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung gemäß § 140 InsO ankommt. Damit ist die Unentgeltlichkeit nach dem Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die jeweilige Leistung vorgenommen wurde.334 So führen spätere Veränderungen im Allgemeinen einerseits nicht dazu, dass eine zum Zeitpunkt der Rechtshandlung entgeltliche Leistung nachträglich – rückwirkend – als unentgeltlich anzusehen ist.335 Ein rückwirkendes Anfechtungsurteil führt also nicht dazu, dass die auf dem anfechtbaren Gewinnverwendungsbeschluss beruhende Dividendenausschüttung rückwirkend zu einer unentgeltlichen Leistung wird.336 Andererseits führt eine rückwirkende Heilung nicht dazu, dass eine unentgeltlich erfolgte Gewinnausschüttung nachträglich entgeltlich wird. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO ist der Beschluss nämlich erst in dem Zeitpunkt gefasst, in dem er wirksam wird, also nicht im 332 Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 262; Hennrichs, in: Festschrift Bergmann, S. 303 (316 f.). 333 Mylich, AG 2011, 765 (769). 334 BGH, Urt. v. 06. 12. 2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280, juris Rn. 12; Thole, in: HKInsO, § 134, Rn. 11; Ganter/Weinland, in: K. Schmidt, InsO, § 134, Rn. 67; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 20. 335 BGH, Urt. v. 06. 12. 2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280, juris Rn. 12. 336 BGH, Urt. v. 06. 12. 2018 – IX ZR 143/17, BGHZ 220, 280, juris Rn. 13; de Bra, in: Braun, InsO, § 134, Rn. 16.

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Zeitpunkt der Beschlussvornahme, sondern im Zeitpunkt der Heilung.337 Mithin bleibt die Zahlung der Dividenden auch dann unentgeltlich, wenn vor der Insolvenzeröffnung eine Heilung der Feststellung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses eingetreten ist. Waren die Aktionäre beim Empfang der verbotswidrig ausgeschütteten Scheindividenden bösgläubig, sind sie von Anfang an einem Anspruch aus § 62 Abs. 1 AktG ausgesetzt. In diesem Fall scheidet eine Anfechtung nach § 134 InsO aus, da die Gesellschaft als Gegenleistung für die Zahlung den Rückforderungsanspruch aus § 62 Abs. 1 AktG erhalten hat. Tritt die Heilung gemäß §§ 256 Abs. 6, 253 AktG vor der Insolvenzeröffnung ein, dann führt sie rückwirkend zum Wegfall eines Anspruchs aus § 62 Abs. 1 AktG. Allerdings ist grundsätzlich jede Rechtshandlung selbstständig auf ihre Anfechtbarkeit hin zu überprüfen.338 Der Gewinnverwendungsbeschluss und die Dividendenauszahlung verhalten sich zueinander wie Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, sodass die Grundsätze über die Anfechtbarkeit von Grund- und Erfüllungsgeschäften anzuwenden sind.339 Da sie abstrakt voneinander sind, ist ihre Anfechtbarkeit unabhängig voneinander zu beurteilen.340 Wegen der Abhängigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses von der Feststellung des Jahresabschlusses341 sind beide einheitlich anzufechten, wenn der Fehler im Jahresabschluss begründet ist. Das bedeutet, dass der Jahresabschluss und der Gewinnverwendungsbeschluss sogar dann eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff. InsO darstellen können, wenn es die Auszahlung nicht ist. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn durch die Heilung des Gewinnverwendungsbeschlusses zugunsten der bösgläubigen Aktionäre gegenüber einem Anspruch der Masse aus § 62 Abs. 1 AktG eine geschützte Rechtsposition geschaffen wird, die im Wege der Insolvenzanfechtung wieder beseitigt werden soll.342 Werden die Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendungsbeschluss als Grundgeschäfte erfolgreich angefochten, verlieren sie ihre rechtfertigende Wirkung für die Dividendenauszahlung und es erfolgt die Rückabwicklung der Auszahlung zugunsten der Insolvenzmasse nach den allgemeinen Vorschriften – im Falle einer Dividendenauszahlung an bösgläubige Aktionäre also nicht nach § 812 BGB, sondern nach § 62 Abs. 1 AktG.343 337 Vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 37; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 134, Rn. 37; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 134, Rn. 27; BFH, Urt. v. 10. 02. 1987 – VII R 122/84, BFHE 149, 204, BStBl. II 1988, 313, juris Rn. 13. 338 Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 17. 339 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 383. 340 Vgl. Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 57; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 380. 341 Koch, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 253, Rn. 9, 11; Ehmann, in: Grigoleit, AktG, § 253, Rn. 5 f.; Stilz/Schumann, in: BeckOGK AktG, § 253, Rn. 2, 17; Waclawik, in: Hölters/Weber, AktG, § 253, Rn. 8 f.; Koch, AktG, § 253, Rn. 4 f. 342 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 380. 343 Vgl. Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 129, Rn. 57; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 103; Nerlich, in: Nerlich/Römermann, InsO, § 129, Rn. 52;

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Durch die Heilung wird ein Dividendenanspruch begründet, der eigentlich im Widerspruch zu den innergesellschaftlichen Vorgaben steht. Trotz der Heilung bleiben nämlich die nichtigkeitsbegründenden Mängel des Jahresabschlusses bzw. seiner Feststellung bestehen. Die Heilung führt lediglich im Interesse der Rechtssicherheit dazu, dass der Jahresabschluss dennoch verbindlich wird.344 Die Mitgliedschaft vermittelt dem Aktionär aber kein Recht auf einen Dividendenanspruch, dessen Grundlage ein an nichtigkeitsbegründenden Mängeln leidender Jahresabschluss ist.345 Die Leistungen der Gesellschaft und die der Aktionäre stehen sich daher im Falle der Heilung nichtiger Jahresabschlüsse und Gewinnverwendungsbeschlüsse nicht gleichwertig gegenüber, sodass der Jahresabschluss und der Gewinnverwendungsbeschluss als unentgeltliche Leistungen gemäß § 134 InsO anfechtbar sind.346 Mithin kann der Insolvenzverwalter im Wege der Insolvenzanfechtung noch Ansprüche aus § 62 AktG fruchtbar machen, denen nichtige Jahresabschlüsse zugrunde liegen, die bereits vor der Insolvenzeröffnung geheilt sind. Gutgläubige Aktionäre sind demgegenüber einem Anspruch aus § 134 InsO ausgesetzt.347 Sie werden hierdurch gegenüber Nichtgesellschaftern, die in den Anwendungsbereich der §§ 812 ff. BGB fallen, im Wesentlichen gleich behandelt. Die Mitgliedschaft vermag insoweit keine Besserstellung der Aktionäre zu begründen, da auch Anleger mit ihrer Kapitalanlage oder Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitsleistung grundsätzlich eine Leistung erbracht haben, die eine entsprechend gewinnorientierte Auszahlung rechtfertigen würde, wenn der Gewinn tatsächlich erwirtschaftet worden wäre. (2) Gewinnausschüttung an GmbH-Gesellschafter Im GmbH-Recht wird das Insolvenzanfechtungsrecht ebenfalls nicht durch die gläubigerschützenden Vorschriften des GmbHG verdrängt. Dementsprechend ist eine Insolvenzanfechtung selbst dann möglich, wenn der Anwendungsbereich von § 31 Abs. 1 GmbHG eröffnet ist.348 Obwohl es in § 32 GmbHG heißt, dass gutgläubige Gesellschafter in keinem Fall verpflichtet sind die Beträge, die sie als Gewinnanteile erhalten haben, zurückzuzahlen, werden dadurch gleichwohl nicht

Gehrlein, in: A/G/R InsO, § 129, Rn. 38; Thole, in: HK-InsO, § 129, Rn. 18; a. A. Dauernheim, in: FK-InsO, § 129, Rn. 42; Mohr, in: KK-InsO, § 129, Rn. 274: Aus Anfechtbarkeit des Grundgeschäfts folgt auch die Anfechtbarkeit des Erfüllungsgeschäfts. 344 Bezzenberger, in: GK AktG (4. Aufl.), § 256, Rn. 265. 345 Vgl. Thole, KTS 2007, 293 (320). 346 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 134, Rn. 119; Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 24a; BGH, Urt. v. 18. 07. 2013 – IX ZR 198/10, NJW 2014, 305, juris Rn. 20. 347 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 25. 05. 2022 – 4 U 310/19 – NZI 2022, 739, BeckRS 2022, 17711, Rn. 29 ff. 348 Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 31, Rn. 10; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 31, Rn. 34.

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Ansprüche aus einer Insolvenzanfechtung ausgeschlossen.349 Insoweit gilt zunächst zu der Frage, ob mit der Feststellung des Jahresabschlusses, dem Gewinnverwendungsbeschluss oder der Gewinnauszahlung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO vorliegen kann, nichts anderes als bei der Aktiengesellschaft. Die wohl h. M. geht davon aus, dass Gewinnauszahlungen an die GmbH-Gesellschafter aufgrund eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses nur dann als unentgeltliche Leistung gemäß § 134 InsO angefochten werden können, wenn sie gesellschaftsrechtlich gemäß § 30 GmbHG unzulässig sind, da andernfalls eine Gegenleistung der Gesellschafter in Form ihrer Mitgliedschaft bzw. ihres Kapitaleinsatzes vorliege.350 Diese Auffassung überzeugt aber in mehrfacher Hinsicht nicht. Die Annahme, dass die Mitgliedschaft bzw. die Kapitalbeteiligung eine Gegenleistung für den Erhalt rechtsgrundloser Gewinnausschüttungen sein könnte, widerspricht bereits der Wertung des § 32 GmbHG, der in diesem Fall gerade einen Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter unabhängig von einem Verstoß gegen § 30 GmbHG voraussetzt.351 Der gute Glaube der Gesellschafter beim Empfang der Gewinnanteile begründet lediglich eine dauernde rechtshindernde Einwendung.352 Fehlt es an diesem guten Glauben, so müssen sie anders als nach § 31 Abs. 1 GmbHG auch dann die Gewinnanteile zurückzahlen, wenn das Stammkapital nicht berührt ist. Auf der Grundlage des bereits skizzierten Verständnisses zur Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO ist es dann gerade die Einwendung der Gutgläubigkeit nach § 32 GmbHG, die die Unentgeltlichkeit begründet. Schließlich fehlt es an einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 134 InsO, wenn der Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter wegen deren Bösgläubigkeit nicht gemäß § 32 GmbHG ausgeschlossen ist, da der Gesellschaft dann als Ausgleich der Erstattungsanspruch in Form des Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB zufließt. Etwas anderes gilt auch hier, wenn die §§ 814, 817 BGB einschlägig sind. War der Gewinnverwendungsbeschluss hingegen nichtig und die Gesellschafter gutgläubig, dann ist der Gesellschaft objektiv kein Gegenwert zugeflossen. Es mag zutreffen, dass die Mitgliedschaft eine Gegenleistung für zulässig ausgezahlte Gewinne darstellt353, aber im Falle eines nichtigen 349 Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 15; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 32, Rn. 17; Schmolke, in: BeckOK GmbHG, § 32, Rn. 20; Kuntz, in: Gehrlein/Born/ Simon, GmbHG, § 32, Rn. 7. 350 Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, S. 165; Eidenmüller/Engert, in: Festschrift Schmidt, S. 305 (319); Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 15, 31, Rn. 34; Schmolke, in: BeckOK GmbHG, § 32, Rn. 20; Kayser/ Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 134, Rn. 39; Haas, ZIP 2006, 1373 (1378). 351 Vgl. Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 32, Rn. 3; Heidinger/Berkefeld, in: Heckschen/ Heidinger, GmbH, Kap. 16 A, Rn. 378; Jung/Otto, in: Beck’sches Hb. GmbH, § 8, Rn. 92 f. 352 Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 14; Roßkopf/Notz, in: MüKo GmbHG, § 32, Rn. 2; Horst Schäfer/Hillesheim, in: Schwerdtfeger, GesR, § 32 GmbhG, Rn. 1. 353 So Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 15, wobei auch das unpräzise ist, da im Rahmen des § 134 InsO die Mitgliedschaft nur die Gegenleistung für den Gewinnver-

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Gewinnverwendungsbeschlusses ergibt sich aus § 32 GmbHG, dass es sich eben nicht um zulässig ausgezahlte Gewinne handelt.354 Ein Recht auf die Auszahlung solcher Scheingewinne vermag die Mitgliedschaft gerade nicht zu vermitteln.355 Eine Heilung des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses analog §§ 256 Abs. 6, 253 AktG ändert nichts an der Unentgeltlichkeit, da es gemäß § 140 InsO auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Rechtshandlung ankommt. Verstößt die Gewinnauszahlung gegen § 30 GmbHG, so ist zu differenzieren. Stellt die Gewinnauszahlung in voller Höhe einen Verstoß gegen § 30 GmbHG dar, so fehlt es an einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 134 InsO, da die Gesellschaft als Gegenleistung den Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG erlangt hat. Schließlich ist der Betrag, der die verbotene Leistung im Sinne des § 30 GmbHG darstellt, gemäß § 31 Abs. 1 GmbHG zu erstatten. Auf den Gutglaubensschutz gemäß § 31 Abs. 2 GmbHG können sich die Gesellschafter in der Insolvenz zumeist nicht berufen, da eine vollständige Befriedigung der Gläubiger in der Regel nicht möglich ist. Muss der vollständige Betrag nicht nach § 31 Abs. 1 GmbHG erstattet werden, da ein Teilbetrag zur Befriedigung der Gläubiger ausreicht, so können sich die Gesellschafter zwar wieder auf den Gutglaubensschutz nach § 31 Abs. 2 GmbHG berufen, sodass der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG entfällt, aber es liegt dann auch keine Gläubigerbenachteiligung mehr im Sinne des § 129 InsO vor. Verstieß die auf der Basis des nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses vorgenommene Auszahlung nur zum Teil gegen § 30 GmbHG, so gilt für den Teil, der die verbotene Leistung darstellt, das soeben zu § 31 GmbHG Gesagte. Für den übrigen Teil gilt § 32 GmbHG.356 Hierbei handelt es sich nur dann um eine unentgeltliche Leistung gemäß § 134 InsO, wenn die Gesellschafter entsprechend § 32 GmbHG gutgläubig waren. Erhalten die Gesellschafter die Gewinnanteile aufgrund eines fehlerhaften, aber dennoch wirksamen – also anfechtbaren – Gewinnverwendungsbeschlusses, dann scheidet eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO trotz einer erfolgreichen Anfechtungsklage aus. Es kommt hier ebenfalls gemäß § 140 InsO auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung an. Dementsprechend wird eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter durch eine Anfechtung nicht rückwirkend unentgeltlich. Im Falle einer unwesentlichen Überbewertung eines Postens im Jahresabschluss fehlt es ebenso an einer (teilweisen) Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO. Anders als die Aktionäre einer Aktiengesellschaft haben die GmbH-Gesellschafter nämlich nicht nur einen Anspruch auf den Bilanzgewinn. Das bedeutet, die Mitgliedschaft stellt so lange eine adäquate Gegenwendungsbeschluss ist und erst der Anspruch aus dem Gewinnverwendungsbeschluss ist die Gegenleistung für die Gewinnauszahlung. 354 Vgl. Kuntz, in: Gehrlein/Born/Simon, GmbHG, § 32, Rn. 7; vgl. auch BGH, Urt. v. 20. 07. 2017 – IX ZR 7/17, NZI 2017, 802, juris Rn. 8. 355 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 614 f.; Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 210. 356 Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 32, Rn. 7; Habersack, in: H/C/L, GmbHG, § 32, Rn. 3.

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leistung für einen überhöhten, aber gleichwohl wirksamen Gewinnverwendungsbeschluss dar, wie nicht das Stammkapital berührt ist. Sobald das Stammkapital berührt wird, greift § 31 GmbHG. Aufgrund der dann in der Insolvenz stets in Form des Anspruchs aus § 31 Abs. 1 GmbHG gegebenen Gegenleistung fehlt es an einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 134 InsO. Eine Heilung analog §§ 256, 253 AktG ist im GmbH-Recht entsprechend zu behandeln wie im Aktienrecht. Das bedeutet, im Rahmen der Insolvenzanfechtung hat die Heilung keine Auswirkungen, da es auf die Umstände zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung ankommt. Ansprüche aus § 31 Abs. 1 GmbHG bleiben von einer Heilung ebenfalls unberührt. Ansprüche aus § 812 BGB können durch die Heilung rückwirkend entfallen. Tritt die Heilung jedoch erst nach der Insolvenzeröffnung ein, dann wirkt sie nicht zurück, sondern begründet lediglich eine Neuverbindlichkeit der Gesellschaft. Die ursprüngliche Gewinnausschüttung bleibt weiterhin rechtsgrundlos im Sinne von § 812 BGB. Tritt die Heilung vor der Insolvenzeröffnung ein, dann richten sich die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung des Gewinnverwendungsbeschlusses nach den Umständen zum Zeitpunkt des Eintritts der Heilung (§ 140 InsO). (3) Personengesellschaftsrecht Die Auszahlung von Scheingewinnen im Personengesellschaftsrecht kann ebenfalls von § 134 InsO erfasst sein. Die Annahme, dass auch hier die Auszahlung von Scheingewinnen nicht der Schenkungsanfechtung unterfalle, weil sie nicht unentgeltlich, sondern auf mitgliedschaftlicher Basis erfolge357, ist ebenso wie in der AG oder der GmbH abzulehnen. Die Mitgliedschaft begründet im Personengesellschaftsrecht ebenso wenig ein Recht auf Scheingewinne oder auf rechtsgrundlose Leistungen.358 Daraus folgt, dass eine Anfechtung gemäß § 134 InsO ausscheidet, wenn § 172 Abs. 5 HGB nicht anwendbar ist oder wenn § 172 Abs. 5 HGB anwendbar ist, aber dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Findet § 172 Abs. 5 HGB demgegenüber auf den bereicherungsrechtlichen Anspruch der Gesellschaft gegen die Kommanditisten Anwendung, so liegt objektiv eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 InsO vor. cc) Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung § 133 InsO Gewinnausschüttungen können wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 InsO anfechtbar sein. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz vom 29. 03. 2017 mit Wirkung zum 05. 04. 2017

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Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, § 169, Rn. 19. Vgl. BGH, Urt. v. 20. 07. 2017 – IX ZR 7/17, NZI 2017, 802, juris Rn. 8; Casper, in: GK HGB, § 169, Rn. 29. 358

C. Stellungnahme

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geändert.359 Dabei ist der Abs. 1 unverändert geblieben, während die Abs. 2 und 3 neu eingefügt worden sind. Der bisherige Abs. 2 wurde inhaltlich unverändert zu Abs. 4.360 Sinn und Zweck von § 133 InsO ist es weiterhin, auf sozial inadäquates Verhalten des Schuldners zu reagieren, das die Gläubiger durch Vereitelung von Zugriffschancen benachteiligt hat und dem bösgläubigen Anfechtungsgegner, der keinen Vertrauensschutz verdient, zugutegekommen ist. Es geht daher um die Rückabwicklung von das Schuldnervermögen schmälernden Rechtshandlungen, die unter zu missbilligenden Umständen vorgenommen wurden. Dieser Hintergrund steht einer schematischen Anwendung entgegen und streitet für eine normative Betrachtung.361 Deshalb kann der Aussage, dass eine Anfechtung nach § 133 InsO fernliege, wenn eine handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Gewinnausschüttung vorliege, nicht beigetreten werden.362 Immerhin sagt eine ordnungsgemäße Gewinnausschüttung für sich noch nichts darüber aus, ob sie gläubigerbenachteiligend ist oder ob der Schuldner einen dahingehenden Vorsatz und der Begünstigte hiervon Kenntnis hatte (vgl. § 133 Abs. 1 InsO). Stellt eine handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Gewinnausschüttung eine (mittelbar) gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung dar, so kann sie gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein, wenn die Gesellschaft mit dem Vorsatz handelte, die Gläubiger zu benachteiligen, und der jeweilige Empfänger diesen Vorsatz kannte. Maßgebend für den Zeitpunkt des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes ist derjenige der Vornahme der Rechtshandlung i. S. v. § 140 InsO. Einem ursprünglich gutgläubig handelnden Schuldner kann daher eine Kenntnis mit einem hieran anknüpfenden Wollen schaden, die er bis zu diesem Zeitpunkt erlangt.363 Hinsichtlich der Auszahlung eines Gewinns muss der Vorsatz im Zeitpunkt des Geldeingangs bei dem jeweiligen Empfänger vorgelegen haben.364 Für den Zeitpunkt der Kenntnis des Empfängers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ebenfalls § 140 InsO maßgeblich, sodass auf den gleichen Zeitpunkt wie beim Gläubigerbenachteiligungsvorsatz abzustellen ist.365 Der Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt und in Kauf genommen haben, ohne sich dadurch von seinem Handeln abhalten zu lassen. Kennt der Schuldner seine 359

BGBl. I 2017, 654. Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 133, Rn. 1. 361 Bork, in: K/P/B, InsO, § 133, Rn. 2. 362 So aber Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 133, Rn. 163. 363 Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), 133, Rn. 17; de Bra, in: Braun, InsO, § 133, Rn. 28. 364 Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 140, Rn. 5, 9, 16 f. 365 de Bra, in: Braun, InsO, § 133, Rn. 29. 360

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Zahlungsunfähigkeit oder seine drohende Zahlungsunfähigkeit, kann daraus nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände – etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können – mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahelegen, dass die Krise noch abgewendet werden kann.366 So kann insbesondere im Falle des Betriebs eines Schneeballsystems durchaus eine handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Gewinnausschüttung möglich sein. Ein Schneeballsystem muss nämlich nicht automatisch von Beginn an defizitär arbeiten, sodass von Anfang an nur nach Zerschlagungswerten bilanziert werden müsste. Vielmehr ist das typischerweise gerade nicht der Fall, sondern erst mit der Zeit tritt die Zahlungsunfähigkeit ein und es fehlen liquide Mittel zur Erfüllung von Verpflichtungen.367 Ein derartiges Finanzierungsmodell ist aber nicht stabil. Reichen nämlich die neu eingeworbenen Gelder nicht mehr zur Begleichung der Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen, bricht es zusammen. Im Rahmen eines derartigen Systems geleistete Zahlungen stammen schließlich jeweils aus dem Geld der später geworbenen Anleger, deren Befriedigung immer unsicherer wird. Der Schuldner, der so verfährt, handelt daher regelmäßig im Bewusstsein seiner mindestens drohenden Zahlungsunfähigkeit und damit mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen. Ein Gläubiger, der weiß, dass sein Schuldner ein Schneeballsystem betreibt, der kennt auch die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit. Wenn ihm nämlich bekannt ist, dass sein Schuldner seine Gläubiger nur befriedigen kann, wenn er Anleger in immer größerer Anzahl findet, dann weiß er auch, dass dies früher oder später nicht mehr möglich sein wird. Hat der Gläubiger und spätere Anfechtungsgegner daher Kenntnis hiervon, liegt darin nach der Rechtsprechung des BGH ein sicheres Beweisanzeichen für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.368 Dementsprechend unterfällt sowohl eine Dividendenauszahlung als auch ein entsprechender Gewinnverwendungsbeschluss der Insolvenzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO, wenn der jeweilige Aktionär Kenntnis davon hatte, dass die Gesellschaft ein Schneeballsystem betreibt. An diesem Ergebnis hat sich im Grundsatz durch die Änderung von § 133 InsO nichts geändert. Allerdings kann bei einer kongruenten Deckungshandlung, die wohl bei einer handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäßen Gewinnausschüttung vorliegt, gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 InsO hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der Kenntnis des Gläubigers hierüber nicht mehr auf die Kenntnis vom Betrieb eines Schneeballsystems bzw. eines nicht tragfähigen Geschäftsmodells zurückgegriffen werden. Danach ist die 366 367 368

BGH, Urt. v. 05. 03. 2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98, juris Rn. 10. OLG Koblenz, Urt. v. 21. 01. 2020 – 3 U 321/19, NZI 2020, 693, juris Rn. 56. BGH, Urt. v. 08. 01. 2015 – IX ZR 198/13, NJW-RR 2015, 567, juris Rn. 14.

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Rechtshandlung des Schuldners, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, die er in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, nur dann anfechtbar, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten war. Die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit reicht somit nicht mehr aus. Eine Vermutung für die Kenntnis des anderen Teils hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners ist dann nur noch möglich, wenn die Auszahlung erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolgt ist.369 Dies lässt sich nicht in der Art umgehen, dass stattdessen der handels-, bilanz- und gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäße Jahresabschluss oder Gewinnverwendungsbeschluss gemäß § 133 Abs. 1 InsO angefochten wird370, da die Aktionäre aus ihrer Mitgliedschaft heraus ein Recht hierauf haben, sodass es sich dabei ebenfalls um eine kongruente Deckungshandlung der Gesellschaft im Sinne von § 133 Abs. 3 InsO handelt.371 Es bleibt daher auch in diesem Fall dabei, dass aus der Kenntnis der Beteiligten von dem Betrieb eines Schneeballsystems vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz und auf die Kenntnis eines solchen geschlossen werden kann. Das gilt aber nicht mehr, sobald die Feststellung des Jahresabschlusses und damit auch der Gewinnverwendungsbeschluss nichtig sind. Dann liegt nämlich keine kongruente Deckungshandlung i. S. v. §§ 130, 133 Abs. 3 InsO mehr vor, sodass wieder uneingeschränkt § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gilt.372 Es wird dann also wieder die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, der insbesondere die Kenntnis vom Betrieb eines Schneeballsystems gleichsteht, vermutet.373 Weiß der Gesellschafter daher im Zeitpunkt der Gewinnauszahlung von der fehlenden Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, dann ist die Auszahlung der Dividende an ihn selbst dann anfechtbar, wenn er nicht wusste, dass die Feststellung des Jahresabschlusses und der Gewinnverwendungsbeschluss nichtig waren. Genauso kann die Auszahlung anfechtbar sein, wenn die Gesellschaft und der Gesellschafter erkannt haben, dass wegen der Nichtigkeit des Jahresabschlusses und des Gewinnverwendungsbeschlusses kein Auszahlungsanspruch bestand. Schließlich stellt die Leistung ohne Rechtsgrund eine inkongruente Deckungshandlung im Sinne von §§ 131, 133 Abs. 2 InsO dar374, die regelmäßig ein starkes Beweisanzeichen sowohl für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners 369

Kayser, ZIP 2018, 1153 (1158 f.). Vgl. Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 133, Rn. 8. 371 Vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 130, Rn. 8. 372 Rogge/Leptien, in: HambKomm InsO, § 133, Rn. 8; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 32, Rn. 17; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 31, Rn. 34; Thole, ZIP 2017, 401 (405); zur Vorsatzanfechtung bei Gewinnentnahmen auf Grundlage eines nichtigen Jahresabschlusses und eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses OLG Hamm, Urt. v. 17. 04. 1991 – 8 U 173/90, BeckRS 2008, 941, Rn. 2 (noch zu §§ 31 Nr. 1, 37 KO). 373 Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, § 32, Rn. 17; Verse, in: Scholz, GmbHG (13. Aufl.), § 31, Rn. 34. 374 Schoppmeyer, in: K/P/B, InsO, § 131, Rn. 23 f. 370

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als auch für die entsprechende Kenntnis des anderen Teils bedeutet.375 Für diese Indizwirkung kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung bereits drohend zahlungsunfähig war.376 Abweichend von § 133 Abs. 1 InsO ist die Auszahlung aufgrund eines nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses aber gemäß § 133 Abs. 2 InsO nur anfechtbar, wenn sie innerhalb der letzten vier Jahre vor der Insolvenzantragsstellung erfolgt ist. Eine inkongruente Leistung ist zudem unmittelbar gläubigerbenachteiligend377, sodass bei einer 25-%Beteiligung des Aktionärs (vgl. § 138 Abs. 2 Nr. 1 AktG) darüber hinaus eine Anfechtung gemäß § 133 Abs. 4 InsO möglich ist. Dann ist es an dem Gesellschafter, den fehlenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Gesellschaft bzw. seine fehlende Kenntnis hiervon darzulegen und zu beweisen.378 dd) Zwischenergebnis Es ist festzuhalten, dass mit Blick auf den Schutz der Gläubiger eine Notwendigkeit, dafür im Wege einer Rechtsfortbildung ein Recht des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Beschlussmängelklage zu schaffen, nicht besteht. Ein nichtiger Beschluss kann nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr mit Wirkung zum Nachteil der Masse heilen. Trat die Heilung vor der Insolvenzeröffnung ein, besteht ohnehin nur die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung. Ist der Beschluss hingegen anfechtbar, so ist eine Anfechtungsklage nur dann von Vorteil, wenn der Beschluss innerhalb der gesellschaftsrechtlichen Anfechtungsfrist – also in unmittelbarer Nähe zur Insolvenzeröffnung – gefasst wurde, ohne zugleich eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne von §§ 129 ff. InsO darzustellen. Das lässt einerseits den Nutzen der Anfechtungsklage als äußerst zweifelhaft erscheinen, zum anderen widerspricht es aber nicht den Wertungen des Insolvenzrechts, wenn ein Rechtsgeschäft, das keine anfechtbare Handlung im Sinne der §§ 129 ff. InsO darstellt, nur durch andere Personen als den Schuldner und den Insolvenzverwalter aufgrund eines ihnen eigenen Anfechtungsrechts angefochten werden kann.379 Mit seiner Anknüpfung an die gläubigerbenachteiligende Wirkung kommt es für das Insolvenzrecht nämlich überhaupt nicht darauf an, ob der Beschluss fehlerhaft ist oder nicht. d) Institutionalisierung einer Verkürzung rechtlichen Gehörs Die Beschlussmängelklage eines Insolvenzverwalters dient nach der Konzeption der h. M. stets als Vorbereitung zur Geltendmachung anderer Ansprüche, im Falle einer Bilanznichtigkeitsklage also insbesondere in Form der Rückforderung von 375 Thole, ZIP 2017, 401 (403); Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 133, Rn. 29 f. 376 BGH, Urt. v. 17. 09. 2020 – IX ZR 174/19, NZI 2020, 1101, juris Rn. 23. 377 Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129, Rn. 50. 378 Kayser/Freudenberg, in: MüKo InsO (4. Aufl.), § 133, Rn. 196. 379 Brodmann, Aktienrecht, § 272 HGB, Rn. 1g).

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Ertragssteuern, Gewinnausschüttungen an die Verbandsmitglieder oder gewinnabhängigen Zahlungen aufgrund anderweitiger Vereinbarungen mit dem Verband wie Gewinnabführungen oder die Zahlung von Tantiemen oder Genussrechtszinsen. Der Zweck der Beschlussmängelklage durch den Insolvenzverwalter ist daher allein prozessökonomischer Natur, weil die erfolgreiche Beschlussmängelklage gegen den insolventen Verband dazu führen soll, dass sämtliche Anspruchsgegner in den Folgeprozessen mit dem Einwand, dass der Beschluss wirksam war, ausgeschlossen werden.380 Insbesondere erfasst dieses Szenario die Feststellung des Jahresabschlusses und den Gewinnverwendungsbeschluss. Die Verbandsmitglieder sind insbesondere in der Aktiengesellschaft und in der GmbH von der Rechtskraft des Nichtigkeitsurteils gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG erfasst, was auch im Rahmen eines Gewinnabführungsvertrages von Bedeutung sein kann. Hier ist nun auf den Gedanken zurückzukommen, dass es den Belangen aller Beteiligten entspreche, dass über die Nichtigkeit eines Beschlusses in dem dafür vorgesehenen Verfahren einheitlich entschieden werde.381 Dieser Gedanke würde im Rahmen einer Beschlussmängelklage dann zutreffen, wenn dort auf Beklagtenseite eine angemessene Verteidigung der Jahresabschlüsse möglich wäre. Allerdings werden dabei die verfassungsrechtlichen Wertungen und die tatsächlichen Gegebenheiten verkannt. aa) Fehlende Möglichkeit des Verbandes zur Rechtsverteidigung Eine sachgemäße Klärung der Rechtsfrage, ob ein Jahresabschluss wirksam festgestellt worden ist oder nicht, findet im Rahmen einer Beschlussmängelklage des Insolvenzverwalters gegen den insolventen Verband in den meisten Fällen nicht statt, da dem insolventen Verband die finanziellen Möglichkeiten fehlen, Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. So ist beispielsweise für eine Beschlussmängelklage gemäß § 246 Abs. 3 Satz 1 AktG ausschließlich das Landgericht zuständig.382 Vor den Landgerichten herrscht gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwaltszwang. Mithin kann der Verband ohne einen Rechtsanwalt mangels Postulationsfähigkeit nicht einmal eine Verteidigungsanzeige abgeben. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den insolventen Verband ist zwar grundsätzlich noch nach der Insolvenzeröffnung möglich, allerdings entsteht aus der Beauftragung lediglich eine Neuverbindlichkeit des Verbandes und kein Anspruch gegen die Masse.383 Bei einer natürlichen Person erfolgt die Finanzierung dann aus dem freien Vermögen des Schuldners oder dem Vermögen, das dem Schuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens verbleibt

380 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 25. 05. 2022 – 4 U 310/19 – NZI 2022, 739, BeckRS 2022, 17711, Rn. 34. 381 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 213. 382 § 246 AktG bezieht sich auf die Anfechtungsklage und findet gemäß §§ 249 Abs. 1 Satz 1, 256 Abs. 7 Satz 1 AktG auch auf die Nichtigkeitsklage und die Bilanznichtigkeitsklage Anwendung. 383 OLG Dresden, Urt. v. 07. 12. 2017 – 8 U 654/17, ZIP 2018, 137, juris Rn. 32.

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oder das er nach Beendigung des Insolvenzverfahrens erwirbt.384 Anders als eine natürliche Person verfügt der Verband jedoch außerhalb der Freigabe über kein Vermögen, mit dem er die Rechtsanwaltsgebühren finanzieren könnte, und nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gibt es in der Regel den Verband nicht mehr. Faktisch läuft das darauf hinaus, dass der Verband als Beklagter in einem Beschlussmängelstreit nur dann eine Möglichkeit hat, sich gegen die Klage zu verteidigen, wenn er durch Dritte unterstützt wird, die ein entsprechendes wirtschaftliches Interesse haben. Eine Zahlung von Auslagenvorschüssen oder Finanzierungsbeiträgen385 an den Verband scheidet dabei allerdings aus, weil diese als Neuerwerb gemäß § 35 InsO unabhängig von ihrer Zweckbestimmung in die Insolvenzmasse fallen würden. Eine direkte Begleichung der Kosten ist gerade in größeren Verbänden kaum zu bewerkstelligen, da die Kosten des Beschlussmängelverfahrens zumeist nicht im Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Interesse bzw. zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines einzelnen Verbandsmitglieds oder Anlegers stehen. Mithin müssten sich die Mitglieder oder Anleger erst in irgendeiner Weise verbinden, um einen gemeinsamen Finanzierungspool zu schaffen. Das ist aber, je größer der Personenkreis wird, immer unpraktikabler, sodass in den meisten Fällen, in denen eine inter-omnes-Wirkung einen spürbaren prozessökonomischen Vorteil bringt, eine (rechtzeitige) Finanzierung und damit die Wahrnehmung von Rechtsschutz durch den Verband scheitert. Der Verband kann sich zur Finanzierung des Rechtsstreits ebenso wenig an den Insolvenzverwalter halten, obwohl dieser bzw. die Insolvenzgläubiger diejenigen sind, die eigentlich überhaupt nur ein Interesse daran haben, den Verband zu verklagen. Eine Freigabe von Vermögen für die Kosten der Rechtsverteidigung, die dem Verband in den Fällen entstehen, in denen die h. M. seine Passivlegitimation und die Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters bejaht, ist dem Insolvenzverwalter nämlich nach der Diktion der h. M. überhaupt nicht möglich. Der Verband ist schließlich nur deshalb passivlegitimiert, weil die Verteidigung eines massenachteiligen Beschlusses mit dem Insolvenzzweck nicht vereinbar wäre und dem Insolvenzverwalter daher nicht zugemutet werden kann, einen solchen Beschluss zu verteidigen. Dann kann der Insolvenzverwalter die Masse aber auch nicht mindern, indem er Vermögen für den Verband freigibt, damit dieser die Prozesskosten für die Verteidigung ebenjenes Beschlusses aufbringen kann, dessen Verteidigung dem Insolvenzverwalter verwehrt sein soll. Schließlich handelte er nach dem Verständnis der h. M. durch die Prozessfinanzierung dem Insolvenzzweck ebenfalls zuwider.386 Ein Antrag des Verbandes auf Prozesskostenhilfe hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Das Grundgesetz gebietet insofern zwar eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes, weshalb schließlich das Institut der Prozesskostenhilfe geschaffen 384 385 386

OLG Celle, Urt. v. 07. 01. 2003 – 16 U 156/02, NZI 2003, 201, juris Rn. 6. Vgl. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 247, Rn. 24. OLG Dresden, Urt. v. 07. 12. 2017 – 8 U 654/17, ZIP 2018, 137, juris Rn. 36.

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wurde.387 Mit ihm soll grundsätzlich ebenjene Prozessführung ermöglicht werden, die mangels finanzieller Mittel sonst nicht möglich wäre.388 Dieses Institut läuft bei einer Beschlussmängelklage gegen den Verband nach einer Insolvenzeröffnung jedoch ins Leere. Grundsätzlich kann zwar ein inländischer Verband Prozesskostenhilfe erhalten. Der Anspruch ist jedoch im Vergleich zu dem einer natürlichen Person eingeschränkt und setzt voraus, dass die Unterlassung der Prozessführung allgemeinen Interessen zuwiderliefe.389 In den allermeisten Fällen wird ein Antrag auf Prozesskostenhilfe aber genau daran scheitern, dass die Unterlassung der Rechtsverteidigung gemäß § 116 Satz 1 Alt. 2 ZPO eben nicht allgemeinen Interessen zuwiderliefe. Schließlich setzt dieses Kriterium voraus, dass der Verband an der Erfüllung seiner der Allgemeinheit dienenden Aufgaben gehindert würde. Von dem Ergebnis des Rechtsstreits müssten größere Kreise der Bevölkerung oder das Wirtschaftsleben angesprochen werden, es müsste eine soziale Wirkung nach sich ziehen und insgesamt das soziale Gefüge berühren.390 Einerseits kann ein Verband, der sich in der Abwicklung durch den Insolvenzverwalter befindet, zumeist nicht an der Ausübung seiner Tätigkeit gehindert werden. Andererseits ist der Verband nur deshalb passivlegitimiert, weil die Verteidigung des Beschlusses der Vergrößerung der Insolvenzmasse und damit dem Interesse der Gläubiger an einer höheren Insolvenzquote entgegensteht. Dementsprechend haben die Gläubiger überwiegend ebenfalls kein Interesse an einer Rechtsverteidigung durch den Verband.391 Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe wurden dementsprechend auch im Rahmen der Bilanznichtigkeitsklagen des Insolvenzverwalters der Future Business KGaA gegen die Future Business KGaA abgelehnt, die der Vorbereitung von Folgeansprüchen gegen die Finanzverwaltung, Aktionäre und Anleger dienten.392 Dahinter steckt der Gedanke, dass die Rechtsordnung dem Rechtsschutzinteresse des insolventen Verbandes keine im Wege der Prozesskostenhilfe zu schützende Bedeutung mehr beimisst, weil der Verband seine Daseinsberechtigung mit Insolvenzeröffnung verwirkt hat.393 Vor diesem Hintergrund will die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO Vorsorge dagegen treffen, dass mittellose Vereinigungen wirtschaftliche Interessen – wie eben die Vermeidung der Vorbereitung von Folgeansprüchen – auf Kosten der Allgemeinheit verwirklichen.394 Dabei ist es uner387

BVerfG, Beschl. v. 03. 03. 2014 – 1 BvR 1671/13, NJW 2014, 1291, juris Rn. 12 f. Wache, in: MüKo ZPO, § 114, Rn. 2. 389 Rosenberg u. a., Zivilprozessrecht, § 87, Rn. 21. 390 BGH, Beschl. v. 05. 03. 2015 – IX ZB 77/14, NZI 2015, 413, Rn. 9; OLG Dresden, Beschl. v. 18. 06. 2015 – 8 W 227/15 (nicht veröffentlicht). 391 Vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 18. 06. 2015 – 8 W 227/15 (nicht veröffentlicht). 392 OLG Dresden, Beschl. v. 18. 06. 2015 – 8 W 227/15 (nicht veröffentlicht); BGH, Beschl. v. 23. 07. 2019 – II ZR 56/18 – AG 2020, 540. 393 Hierzu unter Teil 3 A.II. 394 BGH, Beschl. v. 10. 02. 2011 – IX ZB 145/09, NJW 2011, 1595, juris Rn. 9; BGH, Beschl. v. 19. 10. 2017 – IX ZA 16/17, ZInsO 2017, 2538, juris Rn. 3 f.; BGH, Beschl. v. 30. 07. 2020 – III ZA 10/20, juris Rn. 2. 388

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heblich, ob Kleinanlegern und anderen Beteiligten die Aufbringung der Prozesskosten nicht zuzumuten oder aus organisatorischen Gründen nicht möglich ist.395 Daraus ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter nach h. M. weder berechtigt ist, im Falle einer Klage gegen einen masseschmälernden Beschluss im Verfahren auf der Passivseite zu stehen, noch die Tätigkeit des mittellosen Verbandes auf Passivseite aus dem Massevermögen zu finanzieren. Eine Finanzierung durch Verbandsmitglieder scheitert gerade in größeren Verbänden an § 35 InsO oder an Praktikabilitätsgründen. Prozesskostenhilfe erhält der Verband nicht. Mithin läuft die Annahme der h. M., dass eine Beschlussmängelklage des Insolvenzverwalters gegen den Verband zu richten ist, darauf hinaus, dass in der Regel ein Versäumnisurteil ergeht, wenn nicht ausnahmsweise ein Dritter den Prozess selbst als Streithelfer führt. Der Verband füllt damit lediglich formal die Rolle des Beklagten aus, während er materiell nicht zu deren Ausfüllung in der Lage ist. Die Nichtigkeitsklage dient damit objektiv nicht der materiellen Klärung einer Rechtsfrage, sondern nur als Formalie zur Erlangung einer Rechtskraftwirkung gegenüber am Prozess nicht beteiligten Personen. Während die Nebenintervention aufseiten der beklagten Gesellschaft daher im Beschlussmängelstreit gewöhnlich eine Ausnahme darstellt, weil die Gesellschaft den von der Mitgliedermehrheit getragenen Beschluss verteidigt, wird sie in der Insolvenz institutionalisiert, weil andernfalls überhaupt keine Rechtsverteidigung stattfinden kann. bb) Nebenintervention als Kompensation für fehlende prozessuale Handlungsfähigkeit des Verbandes ist nicht praxistauglich Der Verweis auf die fehlende Möglichkeit des Verbandes, die Beklagtenrolle auszufüllen, mag nun unproblematisch erscheinen, weil ja Personen, die von der Nichtigerklärung in ihren Rechten betroffen werden – vorausgesetzt, dass sie über die Klage überhaupt informiert wurden – dem Rechtsstreit aufseiten des Verbandes beitreten können.396 Praktisch vermag dieser Ansatz aber nicht zu überzeugen. Schließlich besteht ein wirklicher Mehrwert der inter-omnes-Wirkung für die Insolvenzmasse nur bei einer großen Zahl von Betroffenen, weil dann die Zahl potenzieller Folgeprozesse entsprechend hoch ist. Hierbei sei noch einmal auf die Argumentation von Schwab verwiesen, wonach sich die Passivlegitimation des Verbandes gemäß § 246 Abs. 2 AktG nicht aus der Zurechnung des Beschlusses, sondern aus prozessökonomischen Erwägungen ergibt, weil ein Verfahren gegen etwa 100.000 Aktionäre praktisch nicht durchführbar wäre.397 Nichts anderes kann aber gelten, wenn sich diese 100.000 Aktionäre als Nebenintervenienten beteiligen 395 BGH, Beschl. v. 23. 07. 2019 – II ZR 56/18, AG 2020, 540, juris Rn. 5; Cranshaw, JurisPR-InsR 18 – 2019 Anm. 1. 396 Müller, Der Verband in der Insolvenz, S. 213. 397 Vgl. Schwab, Das Prozeßrecht gesellschaftsinterner Streitigkeiten, S. 295 f.

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würden. Fernab von einer so hohen Zahl wie 100.000 kann es kein wirkliches Interesse des Insolvenzverwalters, aber auch der Rechtspflege geben, dass sich Dutzende oder gar Hunderte von Streithelfern an einem Rechtsstreit als Nebenintervenienten beteiligen, da ein solches Verfahren rein praktisch, sei es wegen der Übersichtlichkeit des Prozessvortrags, der Terminierung oder schlicht der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nicht handhabbar ist. Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Insolvenzgläubiger ernsthaft wollen, dass sich das Prozesskostenrisiko der Masse um die Prozesskosten der ganzen Streithelfer erhöht. Abgesehen davon wird jedoch bei der Annahme, Betroffene könnten dem Rechtsstreit als Streithelfer beitreten, das Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Risiko einer Inanspruchnahme und dem Prozesskostenrisiko durch die Beteiligung am Beschlussmängelstreit aus den Augen verloren. Dies sei anhand der Inanspruchnahme einer Genussrechtsgläubigerin auf Rückzahlung von ausgezahlten Genussrechtszinsen durch den Insolvenzverwalter der Prosavus AG veranschaulicht: Die Genussrechtsgläubigerin erhielt von der Prosavus AG entsprechend den Werten des Jahresabschlusses zum 31. 03. 2010 für das Geschäftsjahr 2009/2010 am 24. 09. 2010 eine Basisdividende in Höhe von 967,69 EUR und eine Übergewinnbeteiligung in Höhe von 952,31 EUR (insgesamt: 1.920,00 EUR). Für das Geschäftsjahr 2010/2011 erhielt sie entsprechend dem Jahresabschluss zum 31. 03. 2011 am 25. 08. 2011 eine Basisdividende in Höhe von 983,69 EUR und eine Übergewinnbeteiligung in Höhe von 460,49 EUR (insgesamt 1.444,18 EUR). Für das Geschäftsjahr 2011/2012 erhielt sie entsprechend dem Jahresabschluss zum 31. 03. 2012 am 29. 09. 2012 eine Basisdividende in Höhe von 999,69 EUR und eine Übergewinnbeteiligung in Höhe von 613,65 EUR (insgesamt 1.613,34 EUR). Für das Geschäftsjahr 2012/2013 erhielt sie entsprechend dem Jahresabschluss zum 31. 03. 2013 am 26. 09. 2013 eine Basisdividende in Höhe von 1.015,68 EUR und eine Übergewinnbeteiligung in Höhe von 904,32 EUR (insgesamt 1.920 EUR).398 Der Insolvenzverwalter behauptete, dass die Jahresabschlüsse der Prosavus AG falsch gewesen seien, da die Prosavus AG in Wirklichkeit überhaupt keine Gewinne, sondern erhebliche Verluste hätte ausweisen müssen. Dementsprechend habe die Genussrechtsgläubigerin den Gesamtbetrag von 6.897,52 EUR gemäß §§ 129, 134, 143 InsO zurückzuzahlen, weil die Voraussetzungen von Dividende und Übergewinnbeteiligung nicht vorgelegen hätten. Das Berufungsgericht hatte die Nichtigkeit der Feststellung der Jahresabschlüsse dabei unterstellt und der BGH war an den klägerischen Vortrag zur Nichtigkeit der Feststellung der Jahresabschlüsse gebunden.399 Der Vortrag des Insolvenzverwalters zur Unrichtigkeit der Jahresabschlüsse beruhte dabei im Wesentlichen aus seinem Sachvortrag zu den Bilanznichtigkeitsklagen gegen die Feststellung der Jahresabschlüsse zum 31. 03. 2010, zum 31. 03. 2011 und zum 31. 03. 2012. Der Jahresabschluss zum 31. 03. 2013 wurde vom Insolvenzverwalter nicht angegriffen. Die Bilanznichtigkeitsklagen wurden alle in 398 399

Vgl. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234, juris Rn. 2. BGH, Urt. v. 01. 10. 2020 – IX ZR 247/19, NJW 2021, 234, juris Rn. 4, 17 ff.

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erster Instanz abgewiesen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des BGH über den hier geschilderten Fall lag noch kein einziges rechtskräftiges Urteil vor. Die Streitwerte für die Jahresabschlüsse zum 31. 03. 2010 und zum 31. 03. 2011 wurden durch das Landgericht Leipzig auf 2.666.000,00 EUR400 und 1.668.989,36 EUR401 festgesetzt. Der Streitwert für das Verfahren zum Jahresabschluss zum 31. 03. 2012 wurde durch das Landgericht Leipzig zunächst auf 3.227.299,62 EUR festgesetzt und vom Berufungsgericht auf 1.638.649,81 EUR reduziert.402 Inklusive Mehrwertsteuer entstanden auf der Grundlage dieser Streitwertfestsetzungsbeschlüsse allein für die eigene anwaltliche Vertretung in den ersten beiden Instanzen Gebühren in Gesamthöhe von 147.028,92 EUR.403 Auf der Grundlage der derzeitigen Rechtsprechung des BGH und der überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte wäre damit auch für die Genussrechtsgläubigerin als Streithelferin grundsätzlich ein Prozesskostenrisiko von insgesamt 147.028,69 EUR entstanden, da der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention mit dem Streitwert der Hauptsache übereinstimmt, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist wie die Partei, der er beigetreten ist. Da es für den Wert der Hauptsache ohne Bedeutung ist, ob der Nebenintervenient selbst Anträge gestellt hat, hängt auch der Wert seiner Beteiligung nicht vom Stellen eines solchen Antrags ab.404 Abweichend vom BGH wird insbesondere in der Literatur und von einigen Gerichten angenommen, dass es für den Streitwert der Nebenintervention auf das eigene Interesse des Streithelfers am Obsiegen der Hauptpartei ankomme, das geringer als das der Hauptpartei sein könne.405 400

LG Leipzig, Beschl. v. 09. 12. 2015 – 01 HK O 490/14 (nicht veröffentlicht). LG Leipzig, Beschl. v. 10. 06. 2016 – 01 HK O 828/15 (nicht veröffentlicht). 402 LG Leipzig, Beschl. v. 21. 04. 2017 – 01 HK O 909/16 (nicht veröffentlicht); OLG Dresden, Urt. v. 01. 03. 2018 – 8 U 804/17 (nicht veröffentlicht). 403 Jahresabschluss zum 31. 03. 2010 = 61.938,20 EUR (I. Instanz: 29.217,48 EUR; II. Instanz: 32.720,72 EUR); Jahresabschluss zum 31. 03. 2011 = 43.017,34 EUR (I. Instanz: 20.292,48 EUR; II. Instanz: 22.724,72 EUR); Jahresabschluss zum 31. 03. 2012 = 42.073,15 EUR (I. Instanz: 19.846,23 EUR; II. Instanz: 22.224,92 EUR), § 2 RVG i. V. m. Nr. 3100, Nr. 1008, Nr. 3104, Nr. 7001 und 7002 VV RVG zzgl. 19 % MwSt. 404 BGH, Beschl. v. 12. 01. 2016 – X ZR 109/12, NJW-RR 2016, 831, juris Rn. 6; OLG Hamm, Beschl. v. 10. 10. 2019 – I-24 U 89/18, 24 U 89/18, NJW-RR 2020, 253, juris Rn. 15 f.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. 08. 2019 – 8 W 39/19, JurBüro 2019, 578, juris Rn. 12 f.; OLG Stuttgart, Beschl. v. 06. 06. 2019 – 12 U 48/16, AGS 2019, 416, juris Rn. 10 f.; OLG München, Beschl. v. 25. 07. 2018 – 9 U 1513/16 Bau, juris Rn. 6; OLG München, Beschl. v. 25. 07. 2017 – 9 W 1040/17 Bau, juris Rn. 6 f.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18. 02. 2015 – VI-W (Kart) 1/15, juris Rn. 3 f.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10. 01. 2006 – I-24 W 64/05, 24 W 64/05, MDR 2006, 1017, juris Rn. 6 f.; KG Berlin, Beschl. v. 26. 07. 2004 – 2 W 18/04, MDR 2004, 1445, WKRS 2004, 34767 Rn. 4 f.; BGH, Beschl. v. 30. 10. 1959 – V ZR 204/57, BGHZ 31, 144, juris Rn. 3 f.; Wöstmann, in: MüKo ZPO, § 3, Rn. 103. 405 Herget, in: Zöller, ZPO, § 3, Rn. 16.121 „Nebenintervention“; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 3, Rn. 60 „Nebenintervention“; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, § 3, Rn. 32 „Nebenintervention“; OLG Dresden, Beschl. v. 19. 02. 2018 – 10 W 30/18, MDR 2018, 893, juris Rn. 12 f.; OLG Brandenburg, Beschl. v. 10. 12. 2012 – 4 W 48/12, BauR 2013, 817, juris Rn. 13 f.; OLG Rostock, Beschl. v. 22. 09. 2014 – 7 W 36/13, JurBüro 2015, 83, juris Rn. 11 f.; 401

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Auf den Streitwert der Nebenintervention einer Beschlussmängelklage hat das jedoch keine Auswirkung. In einem Beschlussmängelstreit ist es nämlich irrelevant, ob und wann ein Nebenintervenient gegebenenfalls ein geringeres Interesse am Obsiegen der unterstützten Partei haben könne, weil bei einer Beschlussmängelklage nach §§ 246 ff. AktG kein hinter dem Interesse der Parteien zurückbleibendes Interesse des Nebenintervenienten an der Klärung der Nichtigkeit eines Beschlusses bestehen kann. Die Bedeutung der Sache findet schon bei der Bestimmung des Streitwerts gemäß § 247 Abs. 1 Satz 1 AktG406 Berücksichtigung.407 Insoweit könnte zwar über eine entsprechende Anwendung von § 247 Abs. 2 AktG eine Streitwertspaltung in Betracht kommen, jedoch knüpft § 247 Abs. 2 AktG an das Verhältnis zwischen der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers und dem Prozesskostenrisiko, nicht aber an das Verhältnis zwischen dem wirtschaftlichen Interesse und dem Prozesskostenrisiko an.408 § 247 Abs. 2 AktG wird daher auch in entsprechender Anwendung auf den Streithelfer der beschriebenen Konstellation nicht gerecht. Die Genussrechtsgläubigerin hätte mithin auf der Basis der derzeit maßgeblichen Rechtsprechung des BGH ein Prozesskostenrisiko in Höhe von 147.028,69 EUR auf sich nehmen müssen, um das Risiko einer Rückzahlung der ausgezahlten Gewinne in Höhe von 6.897,52 EUR aufgrund einer nachteiligen Wirkung eines stattgebenden Nichtigkeitsurteils zu vermeiden. Diese Kosten stehen mithin nicht annähernd im Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse am Bestand des Beschlusses. Möglicherweise streitet dieser Befund gegen die Auffassung des BGH und der ihm folgenden Oberlandesgerichte, wonach der Streitwert der Nebenintervention dem der Hauptsache entspricht.409 Aber selbst, wenn für den Streitwert der Nebenintervention das wirtschaftliche Interesse des Streithelfers zugrunde gelegt wird, resultiert daraus noch immer keine sachgemäße Lösung. Dann beträgt das Prozesskostenrisiko hinsichtlich der Anwaltsgebühren zwar bei einer Rechtsvertretung in erster und zweiter Instanz inklusive Mehrwertsteuer nur noch insgesamt 2.760,21 EUR.410 Das mag im ersten Moment vorteilhaft klingen, jedoch ist es einem Rechtsanwalt (AnwaltsOLG Nürnberg, Beschl. v. 03. 04. 2006 – 4 W 137/06, MDR 2006, 1318, juris Rn. 7 f.; OLG Köln, Beschl. v. 12. 03. 2004 – 11 W 13/04, MDR 2004, 1025, juris Rn. 2 f. 406 Vgl. zur analogen Anwendung von § 247 AktG auf GmbH, GenG und Publikums-KG, nicht aber auf Personengesellschaften und Vereine Beumers, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 3, Rn. 154 m. w. N.; Fischer, in: Münchener HB GesR VII, § 18, Rn. 30 f. 407 BGH, Beschl. v. 11. 12. 2012 – II ZR 233/09, JurBüro 2013, 477, juris Rn. 2; OLG Hamm, Beschl. v. 16. 01. 2007 – 27 W 86/06, OLGR Hamm 2007, 607, juris Rn. 5 f.; Fischer, in: Münchener HB GesR VII, § 18, Rn. 44. 408 Vgl. Schäfer, in: MüKo AktG (5. Aufl.), § 247, Rn. 24; Vatter, in: BeckOGK AktG, § 247, Rn. 18; Englisch, in: Hölters/Weber, AktG, § 247, Rn. 20 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 09. 12. 1993 – 6 U 2/93, AG 1994, 228, juris Rn. 104. 409 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 3, Rn. 60 „Nebenintervention“ c]. 410 Jahresabschluss zum 31. 03. 2010, Streitwert 1.920,00 EUR = I. Instanz 470,05 EUR, II. Instanz 523,60 EUR; Jahresabschluss 31. 03. 2011, Streitwert 1.444,18 EUR: I. Instanz 365,93 EUR, II. Instanz 406,98 EUR; Jahresabschluss 31. 03. 2012, Streitwert 1.613,34 EUR = I. Instanz 470,05 EUR, II. Instanz 523,60 EUR; § 2 RVG i. V. m. Nr. 3100, Nr. 1008, Nr. 3104, Nr. 7001 und 7002 VV RVG zzgl. 19 % MwSt.

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prozess) wirtschaftlich schlichtweg unmöglich, ein komplexes Verfahren, wie es hier den Bilanznichtigkeitsklagen gegen die Prosavus AG zugrunde lag, das mehrere Jahre dauerte und Tausende Seiten von Auswertungen, Unterlagen und Sachvortrag umfasste, angemessen für eine Gebühr von insgesamt 2.235,77 EUR (netto) zu bearbeiten. Eine sachgemäße Bearbeitung kann dann in erster Linie nur über eine Stundensatzvereinbarung finanziert werden. Das hat aber den Nachteil, dass der Betrag, der über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, auch im Erfolgsfall nicht erstattet wird. Damit kippt der Vorteil aus der Herabsetzung des Streitwerts in einen Nachteil, weil es jetzt nicht mehr um ein Prozesskostenrisiko, sondern um in jedem Fall verlorene Zahlungen geht. Im Ergebnis hätte die Genussrechtsgläubigerin daher auch auf diese Weise bereits mehr für die Verteidigung des Jahresabschlusses gezahlt, als sie überhaupt aus der Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters hätte zahlen müssen. Der Beitritt der Genussrechtsgläubigerin zu den Bilanznichtigkeitsklagen hätte daher in wirtschaftlicher Hinsicht keinen Sinn ergeben. Noch gravierender ist das Ergebnis, wenn mit der h. M. angenommen werden würde, dass die materielle Rechtskraft einer Nichtigkeitsklage über § 248 AktG hinaus gegenüber jedermann wirke. Dann wären nämlich auch die Genussrechtsgläubiger streitgenössische Nebenintervenienten411 und die Kostenverteilung würde sich nach §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO richten. Die Genussrechtsgläubiger würden dann im Falle eines Unterliegens nicht nur für die Kosten ihrer Nebenintervention haften, sondern neben der unterstützten Partei für die gesamten Prozesskosten.412 Da der Verband insolvent ist und sich im insolvenzfreien Vermögen keine liquiden Mittel befinden, wird ein als streitgenössischer Nebenintervenient beitretender Genussrechtsgläubiger daher im Falle eines Unterliegens gemäß § 31 Abs. 1, 2 Satz 1 GKG auch für den Kostenanteil des Verbandes aufkommen müssen. Dazu kommt es zwar nach dem hier vertretenen Ansatz nicht, weil sich die Rechtskraft eines Nichtigkeitsurteils nur auf den in § 248 AktG genannten Personenkreis erstreckt und eine Nichtigkeitsklage keine Gestaltungswirkung entfaltet413, aber es ist dennoch genau die Situation, in der sich die Gesellschafter befinden.414 Sie unterscheidet sich gegenüber jener, in der der Insolvenzverwalter auf der Passivseite steht. Dort ist zunächst, abgesehen von einem Fall der Masselosigkeit, eine Inanspruchnahme als Zweitkostenschuldner in der Regel nicht zu befürchten. Darüber hinaus richtet sich der Streitwert dann auch nach dem Interesse des jeweils klagenden Mitglieds (§ 247 Abs. 1 AktG). Dieses dürfte zumeist geringer sein als das des klagenden Insolvenzverwalters. Denn das Interesse des Insolvenzverwalters entspricht dem des Verbandes gegenüber der Gesamtheit der Mitglieder.

411 Vgl. zu § 640 h ZPO a. F. BGH, Beschl. v. 10. 10. 1984 – IVb ZB 23/84, BGHZ 92, 275, juris Rn. 11. 412 BGH, Beschl. v. 28. 04. 2015 – II ZB 19/14, NJW-RR 2015, 992, juris Rn. 21. 413 Hierzu unter Teil 2 B.I.3. 414 Vgl. LG München I, Urt. v. 05. 05. 2022 – 5 HKO 15710/20, BeckRS 2022, 9961 Rn. 51.

C. Stellungnahme

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Zwar ist außerhalb des Insolvenzverfahrens ein Verweis auf die Möglichkeit der Beteiligung als Streithelfer hinsichtlich der im Beschlussmängelstreit geltenden Dispositionsmaxime überzeugend.415 In der Insolvenz kann auf diese Gedanken jedoch nicht zurückgegriffen werden. Außerhalb der Insolvenz müssen sich die Mitglieder an dem Verhalten der Organe festhalten lassen, weil sie sie gewählt haben. Sie sind insoweit geschützt, als die Organe bei einer Pflichtverletzung haften. Mithin können die (nicht klagenden) Mitglieder außerhalb der Insolvenz grundsätzlich davon ausgehen, dass sich die Gesellschaft, vertreten durch die Organe, gegen einen Beschluss zur Wehr setzt und ihre Interessen wahrgenommen werden. Die Streithilfe der Mitglieder hat insofern nur eine untergeordnete Bedeutung und wird eher nur dann sinnvoll sein, wenn ein Mitglied kein Vertrauen in die Prozessführung durch den Verband hat. In der Insolvenz ist der Verband mangels finanzieller Mittel aber tatsächlich faktisch handlungsunfähig. Mithin ist die Streithilfe hier nicht nur ein Instrument zur Vorsorge gegen eine nachlässige Prozessführung, sondern ein Instrument dafür, dass überhaupt eine Prozessführung auf Beklagtenseite stattfindet. Mit den Wertungen von Art. 103 Abs. 1 GG ist die Annahme der h. M., dass der Insolvenzverwalter eine Beschlussmängelklage erheben könnte, daher im Ergebnis unvereinbar. Eine solche Möglichkeit ist zum Schutz der Insolvenzmasse nicht erforderlich. Sie hätte ausschließlich den Vorteil, dass sie zu einem über die Prozessparteien hinausreichenden Urteil führen kann. Wenn das aber der einzige Vorteil der Beschlussmängelklage ist, dann führt der Ansatz der h. M. konzeptionell zu einer Umgehung des rechtlichen Gehörs, weil einerseits der verklagte Verband nicht in der Lage ist, sich gegen die Klage zu verteidigen, und andererseits für Dritte – auf die die Wirkung des Urteils eigentlich abzielen soll – eine Beteiligung am Rechtstreit angesichts des Prozesskostenrisikos nicht in einem angemessenen Verhältnis zu einem möglichen Nutzen aus der Streitbeteiligung steht. Die h. M. zur Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Beschlussmängelklage ist somit abzulehnen, weil der einzige Vorteil einer solchen Klage im Widerspruch zu den Wertungen des Grundgesetzes steht. e) Die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter de lege ferenda Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass der Insolvenzverwalter weder zur Erhebung einer Anfechtungsklage im Sinne des § 246 AktG bzw. § 51 GenG noch zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage im Sinne des § 249 AktG berechtigt ist. Die Nichtigkeitsklage ist eine besondere Form der Feststellungsklage. Auch wenn dem Insolvenzverwalter für eine solche die notwendige Antragsbefugnis fehlt, verbleibt somit grundsätzlich die Möglichkeit zur Erhebung einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO. Das Interesse des Insolvenzverwalters und der Gläubiger an der Erhebung einer solchen Klage ist jedoch aufgrund der Begrenzung 415

Hierzu unter Teil 2 B.I.4.

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der Rechtskraft auf die Prozessparteien gering.416 Darüber hinaus besteht eine Hürde bezüglich des Feststellungsinteresses, da der Insolvenzverwalter auch unmittelbar eine Leistungsklage erheben könnte in deren Rahmen er die Nichtigkeit des jeweiligen Beschlusses inzident feststellen lassen kann.417 Es muss jedoch eingeräumt werden, dass für die Möglichkeit zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter durchaus ein rechtspolitisches Interesse existiert. So kann ein Interesse aller Beteiligten an der Klärung über die Mangelhaftigkeit eines Beschlusses in einem dafür vorgesehenen Verfahren vor einem im Beschlussmangelrecht kundigen Gericht tatsächlich nicht abgestritten werden. Aus hiesiger Sicht handelt es sich dabei allerdings um eine rechtspolitische Erwägung, sodass eine dahingehende Ergänzung des Gesetzes wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung ausschließlich durch den Gesetzgeber erfolgen kann. In der Insolvenzordnung könnte dazu eine eigenständige Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters vorgesehen werden. Diese müsste auf die Feststellung gerichtet sein, dass ein Beschluss der Mitglieder oder Organe des Insolvenzschuldners, der sich nach seinem Gegenstand auf den Bestand der Aktiva oder Passiva oder die Vermögensverwaltung bezieht, zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nach den für den Insolvenzschuldner geltenden Vorschriften nichtig war. Somit ginge es bei der Klage um die Frage, ob durch den Beschluss vor Insolvenzeröffnung wirksam auf die Insolvenzmasse eingewirkt wurde bzw. ob die auf den Insolvenzverwalter übergegangenen Verwaltungsaufgaben, insbesondere die externe Rechnungslegungspflicht, vor Insolvenzeröffnung wirksam erfüllt wurden. Die Rechtskraft eines auf die Klage ergehenden Urteils sollte sowohl im Falle einer Stattgabe als auch im Falle einer Ablehnung über die Prozessparteien hinaus auf die Organe, Organmitglieder und Verbandsmitglieder erstreckt werden, damit hier auch tatsächlich eine abschließende Klärung eintritt. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Insolvenzverwalter im Falle einer Klageabweisung dennoch mit ergänztem Sachvortrag Folgeverfahren führen würde. Damit wäre der Gedanke einer verbindlichen Klärung vor dem sachlich für das Beschlussmängelrecht zuständigen Gericht verwässert. Auch in einem solchen Verfahren stellt sich jedoch die Frage, gegen wen die Klage zu richten wäre. Bei dem Streit ginge es darum, ob mit einem dem Verband zurechenbaren Beschluss wirksam auf das Verbandsvermögen eingewirkt bzw. ob die Rechnungslegungspflicht erfüllt wurde. Es ist somit ein Streit zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzschuldner über die Wirksamkeit einer Maßnahme vor Insolvenzeröffnung. Das spricht dafür, dass die Klage des Insolvenzverwalters, unabhängig davon, ob sie sich im Erfolgsfall positiv oder negativ auf die Insolvenzmasse auswirkt, gegen den Verband zu richten wäre. Allerdings bleibt es dabei, dass dem insolventen Verband im Widerspruch zu § 80 InsO damit eine Einfluss416 417

Vgl. OLG Dresden, Urt. v. 09. 02. 2017 – 8 U 576/16, ZIP 2017, 2003, juris Rn. 39. Vgl. LG Leipzig, Urt. v. 08. 01. 2016 – 02 HK O 361/14 (nicht veröffentlicht).

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nahme auf die Insolvenzmasse eröffnet würde. Immerhin fehlt es ihm entsprechend der Amtstheorie an der notwendigen Passivlegitimation. Diese könnte ihm aber über die entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Eigenverwaltung eingeräumt werden. In der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO kann der Verband als Insolvenzschuldner gemäß § 270 Abs. 1 InsO ermächtigt werden die Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters zu verwalten und darüber zu verfügen. Das bedeutet es findet gleichwohl ein Insolvenzbeschlag statt und dem Verband wird die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse verfahrensspezifisch zugeordnet.418 Auch als Eigenverwalter wird der Verband durch seine Leitungsorgane vertreten. § 276a Abs. 1 Satz 1 InsO ordnet aber an, dass der Aufsichtsrat, die Mitgliederversammlung oder entsprechende Organe dabei keinen Einfluss auf sie haben. Die Geschäftsleitung steht allein unter der Aufsicht des Sachwalters. § 276a Abs. 1 Satz 1 InsO wird teleologisch dahingehend reduziert, dass er nur im Rahmen des Verdrängungsbereichs, also dort, wo die Gesellschaft als Eigenverwalterin anstelle des Insolvenzverwalters handelt, Anwendung findet. Im Schuldner- und verbandsinternen Bereich bleiben die Einflussrechte des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsleitung, wie im Regelinsolvenzverfahren, grundsätzlich unberührt.419 Durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Eigenverwaltung könnte die Schnittstelle zwischen dem Insolvenzrecht und dem Gesellschaftsrecht am besten abgebildet werden. So würde dem Insolvenzverwalter eingeräumt werden, beim Insolvenzgericht zu beantragen den Verband bezüglich des angestrebten Prozesses entsprechend § 270 InsO zu berechtigen die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, soweit es für die Passivlegitimation erforderlich ist. Das Insolvenzgericht sollte diesen Antrag des Insolvenzverwalters nur ablehnen können, wenn die beabsichtigte Nichtigkeitsklage offensichtlich für die Gläubiger nachteilig ist. Das ist etwa der Fall, wenn die Verfahrenskosten den Nutzen des Verfahrens erkennbar übersteigen oder der Beschluss nach seinem Gegenstand nicht die Insolvenzmasse betrifft. So wäre etwa eine Nichtigkeitsklage gegen die Feststellung eines Jahresabschlusses zur Vorbereitung einer Steuererstattung gläubigerbenachteiligend und der Antrag des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht abzulehnen. Genauso wäre eine Nichtigkeitsklage wegen der Abberufung eines Geschäftsführers abzulehnen. In der Folge könnte dann auch mangels einer Passivlegitimation des Verbandes keine Nichtigkeitsklage bei dem für das Beschlussmängelrecht zuständigen Gericht erhoben werden. Wenn dem Antrag vom Insolvenzgericht jedoch stattgegeben wird, dann müsste das für den Beschlussmängelstreit zuständige Ge418

Smid, Handbuch Insolvenzrecht, § 42, Rn. 3; Hirte/Praß, in: Uhlenbruck, InsO, § 35, Rn. 5; Riggert, in: Nerlich/ Römermann, InsO, § 270, Rn. 5; a. A. Foerste, Insolvenzrecht, Rn. 604. 419 Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, S. 44, Rn. 146; Haas, in: FS Stürner, S. 758; Undritz, in: K. Schmidt, InsO, § 276a n. F. Rn. 3; Brünkmans, in: HK-InsO, § 276a, Rn. 9; Klöhn, NZG 2013, 81, 84; Haas, in: Gottwald, InsR-HB, § 88, Rn. 39 f.

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richt daran gebunden sein. Es dürfte dann also weder die Passivlegitimation des Verbandes noch das Rechtschutzbedürfnis des Insolvenzverwalters ablehnen. Obwohl es sich bei der Ausübung der Beklagtenrolle im Sinne einer Eigenverwaltung um eine zulässige Vermögensverwaltung handeln würde, sollte der Verband im Rahmen der Wahrnehmung der Beklagtenrolle (abgesehen von seinen Prozesshandlungen) keinen unmittelbaren Einfluss auf die Insolvenzmasse nehmen können. Vielmehr sollte ihm gegen den Insolvenzverwalter vergleichbar mit § 24 Abs. 1 WpHG ein Anspruch auf Bereitstellung der erforderlichen Mittel zugesprochen werden. Für die Erforderlichkeit der Mittel könnte auf die für den Insolvenzverwalter geltenden Vorschriften, etwa § 5 Abs. 1 InsVV abgestellt werden. Dadurch wäre die Bestellung eines Sachwalters entbehrlich. Die Finanzierung des Rechtsstreits aus der Insolvenzmasse ist gerechtfertigt, weil eine Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters weiterhin grundsätzlich nicht erforderlich wäre, sodass sich der Insolvenzverwalter ohne Weiteres auf die Nichtigkeit berufen und diese somit inzident in einem Rechtsstreit festgestellt werden könnte. Die Nichtigkeitsklage würde für ihn also weiterhin lediglich eine zusätzliche Option darstellen, weil nach Insolvenzeröffnung eine Heilung eines Beschlusses zum Nachteil der Masse nicht mehr möglich ist. Er würde die Klage daher nur dann erheben, wenn er der Auffassung ist, dass ein Urteil in einem separaten Beschlussmängelstreit für die Gläubiger vorteilhafter ist als eine inzidente Feststellung in den Folgestreitigkeiten. Bei dem Beschlussmängelstreit sollte es sich weiterhin um ein kontradiktorisches Verfahren handeln, sodass eine Beklagtenseite erforderlich bleibt. Die Alternative bestünde in einem einseitigen Verfahren, in dem eine Amtsermittlung stattfindet. Nach hiesiger Ansicht wäre damit jedoch eine Rechtskrafterstreckung auf die Verbandsmitglieder problematisch. Mithin liegt die Durchführung des Prozesses in erster Linie im Interesse der Gläubiger, sodass es auch gerechtfertigt ist, dass die Prozesskosten der Beklagtenseite ebenfalls aus der Masse und nicht durch die Allgemeinheit im Wege der Prozesskostenhilfe finanziert werden. Durch die Verortung der Antragsbefugnis zur Erhebung einer über die Parteien hinausreichenden Nichtigkeitsklage in der Insolvenzordnung ist die bisherige verbandsabhängige Ungleichbehandlung beseitigt. Es lassen sich stattdessen sämtliche Verbandsformen unabhängig von ihrem Innenrecht abdecken. Schließlich wird über die Regelung einer Antragsbefugnis des Insolvenzverwalters in der Insolvenzordnung nicht nur die Problematik der Übertragung der Aktivlegitimation überwunden. Vielmehr wird auch verbandsformübergreifend die Beklagtenrolle des Verbandes, etwa einer GbR, und dessen alleinige Vertretung durch das Leitungsorgan vereinheitlicht. Im Falle einer Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters gegen einen Beschluss einer Aktiengesellschaft wird diese somit nicht gemäß §§ 249 Abs. 1 Satz 1, 246 Abs. 2 Satz 1 AktG durch den Vorstand und den Aufsichtsrat gemeinsam, sondern entsprechend § 276a Abs. 1 Satz 1 InsO allein durch den Vorstand vertreten. Auch nichtige Beschlüsse ausländischer Verbandsformen könnten so unabhängig

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von der jeweiligen rechtsformspezifischen Ausgestaltung der Beschlusskontrolle durch den Insolvenzverwalter einer Rechtskontrolle zugeführt werden (vgl. § 335 InsO).

Teil 6

Zusammenfassende Ergebnisdarstellung Mit der Insolvenzeröffnung findet einerseits ein Insolvenzbeschlag statt, der die Insolvenzmasse vom insolvenzfreien Vermögen abspaltet. Andererseits verliert der Verband seine Existenzberechtigung und wird aufgelöst. Die Verbandsmitglieder und Verbandsorgane können ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr zum Nachteil der Insolvenzmasse handeln. Einzig der Insolvenzverwalter ist als Amtswalter berechtigt, die Insolvenzmasse zu verwalten und darüber zu verfügen. Insoweit wird dem seit Jahrzehnten herrschenden Verständnis entgegengetreten, dass zwischen dem Insolvenzverwalter und den Organen eine Funktionsteilung eintritt. Weder übernimmt der Insolvenzverwalter Organfunktionen, noch teilt er sich Aufgaben mit den Verbandsorganen. Nur wenn er außerhalb eines Insolvenzplanverfahrens auf den Verband selbst bzw. auf das Innenrecht des Verbandes und nicht nur auf das Verbandsvermögen zugreifen will, bedarf er der Mitwirkung der Verbandsorgane, weil der Insolvenzbeschlag nur das Verbandsvermögen und nicht den Verband selbst umfasst. Insoweit ist nach der Amtstheorie die Verdrängungslehre auf Verbandsebene und nicht auf Organebene anzuwenden. Ein Verbandsbeschluss ist insolvenzrechtlich eine dem Verband zurechenbare Rechtshandlung. Die Frage, ob ein Beschluss wirksam, unwirksam, anfechtbar oder nichtig ist, hat insofern nur Bedeutung für die Frage, zu welchem Zeitpunkt er gemäß § 140 InsO als vorgenommen gilt. Ein anfechtbarer Beschluss ist, unabhängig von der Rückwirkung eines späteren Anfechtungsurteils, in dem Zeitpunkt vorgenommen worden, in dem er – vorbehaltlich weiterer Wirksamkeitsvoraussetzungen – gefasst wurde. Ein nichtiger Beschluss gilt erst dann als vorgenommen, wenn er im Wege einer Heilung wirksam geworden ist. Trotz der materiell-rechtlichen Rückwirkung der Heilung gilt er gemäß § 140 InsO erst im Zeitpunkt der Heilung als vorgenommen. Tritt die Heilung erst nach der Insolvenzeröffnung ein, kann der Beschluss nicht mehr zum Nachteil der Masse wirken, da er entweder gemäß § 81 InsO unwirksam ist oder nur Neuverbindlichkeiten des insolventen Verbandes begründen kann. Im Falle eines Massebezugs einer Beschlussmängelklage ist ausschließlich der Insolvenzverwalter passivlegitimiert. Der Ansatz der h. M., eine Passivlegitimation des Insolvenzverwalters sei bei einer massegünstigen Zielrichtung der Klage insolvenzzweckwidrig, ist einerseits mit der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters unvereinbar und andererseits durch die insolvenzrechtliche Rechtsprechung zur Insolvenzzweckwidrigkeit überholt. Die Frage nach der Auswirkung auf die Insol-

Teil 6: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung

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venzmasse ist nicht im Rahmen der Passivlegitimation des Verwalters oder des Verbandes, sondern im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses des jeweiligen Klägers zu berücksichtigen. Dadurch wird einerseits zur Rechtssicherheit beigetragen, da es für die Frage, gegen wen die Klage zu richten ist, nur noch darauf ankommt, ob ein Massebezug gegeben ist, und nicht mehr darauf, welcher Art er ist. Des Weiteren wird damit dem Verwaltungsmonopol des Insolvenzverwalters Rechnung getragen, da er bei einer massegünstigen Klage durch ein Anerkenntnis von ihm gewünschte Urteilswirkungen herbeiführen kann. Hinsichtlich der Abwehr einer massenachteiligen Klage hat er eine gestärkte Position, da es in diesem Fall zumeist an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis des Klägers fehlt. Besteht ausnahmsweise doch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger zur Abwehr von Ansprüchen gegen ihn selbst auf die Beschlussmängelklage angewiesen ist, kann der Insolvenzverwalter im Vergleichswege, soweit es für die Masse günstig ist, eine Klagerücknahme herbeiführen. Mit diesem Ansatz wird anders als nach dem der h. M. auch die Konstellation in der Personengesellschaft de lege lata gelöst, da dort der Insolvenzverwalter zwar grundsätzlich nicht passivlegitimiert ist, aber eine Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr erhoben werden kann. Da nach dem Regierungsentwurf zum MoPeG Beschlussmängel außerhalb der Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich weiterhin im Wege einer allgemeinen Feststellungsklage gegen die die Nichtigkeit bestreitenden Gesellschafter geltend zu machen sind, ist dies auch zukünftig von Bedeutung. Eine Befugnis des Insolvenzverwalters, eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage zu erheben, wird entgegen der h. M. abgelehnt. Der Ansatz der h. M., wonach der Insolvenzverwalter die Klagebefugnis des Vorstands übernimmt, kann dogmatisch nicht begründet werden. Die Annahme einer solchen Verdrängung ist nicht mit der Amtstheorie vereinbar. Eine dahingehende Rechtsfortbildung ist mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht möglich. Eine Nichtigkeitsklage durch den Insolvenzverwalter ist nicht erforderlich, weil nichtige Beschlüsse nach der Insolvenzeröffnung nicht mehr mit Wirkung zum Nachteil der Masse heilen können. Daher geht der Masse durch die Heilung eines Gewinnverwendungsbeschlusses nach der Insolvenzeröffnung ein Anspruch gegen Verbandsmitglieder aus § 62 AktG, § 31 GmbHG oder § 812 BGB wegen vorinsolvenzlicher Gewinnausschüttungen, die auf der Basis des nichtigen Gewinnverwendungsbeschlusses vorgenommen wurden, nicht verloren. Eine Befugnis des Insolvenzverwalters zur Erhebung einer Anfechtungsklage bringt aufgrund der kurzen Anfechtungsfrist mehr Haftungsrisiken zulasten des Insolvenzverwalters als Vorteile. Schließlich steht der Insolvenzverwalter Verbandsbeschlüssen und Maßnahmen, die aufgrund von Verbandsbeschlüssen vorgenommen wurden, auch keineswegs machtlos gegenüber. Er hat mit der Insolvenzanfechtung ein Instrumentarium, das über die Möglichkeiten einer Beschlussmängelklage hinausgeht und den Interessen der Insolvenzgläubiger sowie der Anfechtungsgegner Rechnung trägt. Der einzige Vorteil einer Beschlussmängelklage durch den Insolvenzverwalter besteht de lege lata daher in der Umgehung rechtlichen Gehörs von Prozessgegnern in potenziellen Folgeprozessen, indem er

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Teil 6: Zusammenfassende Ergebnisdarstellung

gegenüber dem wehrlosen Verband ein über die Prozessparteien hinauswirkendes Urteil erstreitet. Diese Zielstellung widerspricht aber der Wertung aus Art. 103 Abs. 1 GG und kann daher keine entsprechende Rechtsfortbildung rechtfertigen. Sollte gleichwohl ein rechtspolitisches Interesse an einer Nichtigkeitsklage des Insolvenzverwalters bestehen, müsste dies im Wege einer Gesetzesänderung begründet werden. Hierfür böte sich eine Regelung in der Insolvenzordnung an, wonach die Klage des Insolvenzverwalters gegen den Verband zu richten wäre und das Urteil über die Prozessparteien hinaus gegenüber den Verbandsorganen, deren Mitgliedern und den Verbandsmitgliedern wirkt. Dem Verband müsste vor Klageerhebung auf Antrag des Insolvenzverwalters entsprechend einer Eigenverwaltung die für die Passivlegitimation notwendige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse eingeräumt werden. Die Entscheidung des Insolvenzgerichts wäre für das Gericht, das über den Beschlussmängelstreit entscheidet, hinsichtlich der Passivlegitimation des Verbandes und dem Rechtschutzbedürfnis des Insolvenzverwalters bindend. Die Bestellung eines Sachwalters wäre wegen der beschränkten Einräumung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht erforderlich. Aufgrund der entsprechenden Anwendung der Vorschriften zur Eigenverwaltung wäre die Klage rechtsformübergreifend stets gegen den Verband zu richten, der dabei entsprechend § 276a Abs. 1 InsO allein und unabhängig von den anderen Verbandsorganen von seinem Leitungsorgan vertreten würde.

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Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 4/2, 3. Auflage, Köln 2017 (zitiert: Bearbeiter, in: KK AktG) Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 4/1, 3. Auflage, Köln 2017 (zitiert: Bearbeiter, in: KK AktG) Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Bd. 5, 3. Auflage, Köln 2018 (zitiert: Bearbeiter, in: KK AktG) Zöllner, Wolfgang/Winter, Martin, Folgen der Nichtigkeit durchgeführter Kapitalerhöhungsbeschlüsse, ZHR 1994, 59 – 96 Zunft, Fritz, Materiellrechtliche und prozeßrechtliche Fragen zur Bilanz der OHG und der KG, NJW 1959, 1945 – 1949

Stichwortverzeichnis Abwehrfunktion 44, 185, 204 Aktivmasse 94, 136, 212, 220 Amtstheorie 17, 94, 105, 106, 112, 152, 160, 168, 170, 247 Amtswalter 105, 154, 161, 189 Anerkenntnis 24, 34, 76, 77, 162, 167, 174, 188 Anfechtbarkeit 36, 38, 127, 214, 228 Anfechtungsbefugnis 40, 42, 48, 81, 83, 191, 204, 216 Anfechtungsfrist 41, 91, 118, 175, 216, 236 Anfechtungsmodell 91, 189 Annexkompetenz 202 Anteilseigentum 182 Antragsbefugnis 40, 55, 191, 202, 245 Aufhebung 47, 123, 127, 130 Auflösung 93, 100, 145, 163, 226 Aufsichtsratsvergütung 138 Außenwirkung 27, 117 Bedingung 120, 130, 135, 143 Beitragspflicht 147 Benachteiligungsvorsatz 233 Beschluss 23 f. Beschlussfeststellung 27 Beschlussmangel 35 f., 54, 117 Bestätigung 47, 123, 149 Bilanznichtigkeitsklage 39, 174 Billigung 29 f. Bindungswirkung 26, 59, 146 Blockadeverhalten 104 Deklaratorisches (kausales) Anerkenntnis 25, 34 Dingliche Theorie 217 Dividendenrecht 226 Dritte 27 f. Drohende Zahlungsunfähigkeit 234 Durchführungsgeschäft 29, 142

Eigentumsgarantie 98, 104, 182 Eingriff 51, 99, 155, 183 Ein-Mann-Beschluss 24 Entlastung 28, 124, 147, 219 Erlass 98 Ersatzfirma 121 Feststellungsbeschluss 24, 81, 155 Feststellungsinteresse 56, 87, 90, 179, 188 Feststellungsklage 38, 50, 55, 87, 178, 245 Feststellungskompetenz 151 Feststellungsmodell 91, 189 Firmenänderung 121, 219 Fortsetzung 111, 145 Freigabe 95, 116, 153, 181, 238 Funktionärsklage 48, 55 Funktionsteilung 19, 108, 181, 190, 193, 250 Genehmigung 30, 72, 97, 123, 142, 147 Geschäftsführer 83, 112, 146, 166, 169, 187, 194 Gestaltungsklage 40, 50, 178 Gestaltungsrecht 40, 96 Gestaltungsurteil 51, 62 Gestaltungswirkung 28, 51, 75, 120, 188, 244 Gewinnverwendungsbeschluss 120, 137, 200, 214 Gläubigerbefriedigung 98 f. Gläubigerbenachteiligung 133, 150, 220 Grundlagengeschäfte 90, 148 Grundrechtseingriff 98 Haftungsrechtliche Theorie 218 Handlungsfähigkeit 114, 180 Handlungsvollmacht 140 Heilung 47, 63, 118, 149, 178, 199, 215, 227, 232, 250

Stichwortverzeichnis Infinus 17, 207 Inhalts- und Schrankenbestimmung 98 Innenbereich 180 Insichprozess 48, 192 Insolvenzanfechtung 118, 217, 229 Insolvenzeröffnung 93, 228, 232 Insolvenzforderung 104, 120, 129 Insolvenzfreier Bereich 110, 143 Insolvenzfreies Vermögen 94, 107 Insolvenzmasse 94 Insolvenzplanverfahren 104 f., 144, 201 Insolvenzzweck 93, 100, 162, 172 Insolvenzzweckwidrigkeit 104, 172 Inter-omnes 63 Jahresabschluss

24, 33, 150, 212

Kapitalerhöhung 64, 69, 125 Kapitalerhöhungsbeschluss 125 Kapitalherabsetzung 69, 127 Kassatorische Klage 50 Klagebefugnis 168, 192 Kollusives Zusammenwirken 30, 67, 79 Kontrollrecht 45, 86 Korporationsrechtliches Rechtsgeschäft 26, 39 Legalitätskontrolle 170, 192, 204 Legalitätspflicht 195 Lehre von der Doppelwirkung im Recht Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Leitungsaufgabe 48, 195 Leitungsbefugnis 48, 183, 194

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Mitgliedschaft 44, 88, 101, 125, 144, 155, 179, 222 Mitwirkungspflicht 104 MoPeG 25, 91, 189, 215, 251 Nachschüsse 136 Nebenintervenient 76, 174, 188, 240 Neuerwerb 95, 126, 142, 195, 216, 238 Neugläubiger 97 Neuvornahme 47, 123, 149 Nichtigkeit 31, 36, 117, 143, 158, 175, 187 Nichtigkeitsgrund 31, 39, 66, 178

Nichtigkeitsklage 245 Numerus Clausus

283 36, 50, 168, 178, 205, 37, 51

Organhandeln 113, 118, 179 Organtheorie 107, 180 Parteifähigkeit 41, 50, 82, 193 Passivlegitimation 41, 56, 88, 106, 160 Passivmasse 94, 98, 129, 140, 166, 212 Polizeifunktion 49, 205 Potestativbedingung 120, 129, 134 Präjudizialität 76, 158, 208 Präklusionswirkung 124, 219 Prokura 140 Prozesshandlungen 96 Prozesskosten 175, 238 Prozesskostenhilfe 238 Prozesskostenrisiko 175, 241 Prozessökonomie 57, 175, 207, 237 Prozessstandschaft 106, 176 Prozessvergleich 77, 96, 172, 208 Rechnungslegungspflicht 152, 175, 246 Rechtsgeschäft sui generis 24, 34 Rechtshandlungen 66, 111, 118, 217, 233 Rechtskontrollklage 54 Rechtskraft 51, 57 Rechtskrafterstreckung 52, 58, 75, 106, 175 Rechtsschein 55, 73, 178 Rechtsschutzbedürfnis 46, 82, 171, 180, 184, 251 Regelungslücke 61, 200, 205 Repräsentationsmodell (Modifizierte Vertreter- und Organtheorie) 108, 113, 169, 180, 190, 195 Saldotheorie 143 Satzungsänderung 105, 122, 144, 198 Schneeballsystem 225, 234 Schuldnerbereich 110, 133 Schuldrechtliche Theorie 218 Stellvertretung 66, 71, 201 Streitgegenstand 41, 51, 76, 86, 163 Streitwert 242

284

Stichwortverzeichnis

Teleologische Extension 199, 212 Teleologische Reduktion 95, 122 Trennungsgrundsatz 139 Treuhand 42, 106, 193 Umwandlung 32, 69, 90, 100, 148 Unentgeltliche Leistung 221 Unternehmensvertrag 69 Unwirksamkeit 30, 37, 72, 87, 97, 104, 115, 123, 143, 172, 218, 250 Verbandsautonomie 101 Verbandszweck 93, 100, 103, 173 Verdrängungsbereich 110, 144, 153, 185, 199 Verdrängungslehre 109, 133, 190, 193, 250 Vereinigungsfreiheit 100 Verfügung 96, 119, 123, 134, 146, 177 Verfügungsbefugnis 94, 122, 182 Verhältnismäßigkeit 98, 104 Vermögensrechte 44, 181 Vermögensspaltung 98, 227

Vermögensverwaltung 180, 246, 248 Verpflichtungsgeschäft 31, 97, 128, 138, 142 Versäumnisurteil 19, 77, 240 Vertrauensschutz 66, 70, 233 Vertreter ohne Vertretungsmacht 32, 71 Vertretertheorie 107 Vertretungsmacht 30, 64, 83, 107, 114, 140, 173 Verwaltungsmonopol 19, 98, 138, 174, 251 Verwaltungsrecht 44, 177, 181, 183 Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 94, 96, 112, 183, 193 Verwirkung 45, 87, 90, 118, 148, 239 Vorgreiflichkeit 29, 60, 64 Vorsatzanfechtung 220 Weisung Wirecard

84, 146, 182 22

Zustimmungsbeschluss 32, 64, 71, 142 Zustimmungserfordernis 31, 71, 122, 140