Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II: Zugleich ein Beitrag zum Verwaltungsvertrag und zur Rechtsverhältnislehre [1 ed.] 9783428537020, 9783428137022

Der Verwaltungsvertrag hat Konjunktur. Das Hartz IV-Gesetz weist ihm nach den Maximen des aktivierenden Staates eine zen

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Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II: Zugleich ein Beitrag zum Verwaltungsvertrag und zur Rechtsverhältnislehre [1 ed.]
 9783428537020, 9783428137022

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1222

Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II Zugleich ein Beitrag zum Verwaltungsvertrag und zur Rechtsverhältnislehre

Von Kai-Holmger Kretschmer

Duncker & Humblot · Berlin

KAI-HOLMGER KRETSCHMER

Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1222

Das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II Zugleich ein Beitrag zum Verwaltungsvertrag und zur Rechtsverhältnislehre

Von Kai-Holmger Kretschmer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-13702-2 (Print) ISBN 978-3-428-53702-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-83702-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Der Verwaltungsvertrag hat Konjunktur. Er ist zum Sinnbild moderner öffentlicher Verwaltung des zukunftsorientierten aktivierenden Staates geworden. Davon zeugt in besonderem Maße das zur bisher größten Arbeitsmarktreform der Bundesrepublik Deutschland erlassene und 2005 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch II, das als sog. „Hartz IV“-Gesetz auch politische Karriere gemacht hat. Das Gesetz faßt die früher selbständigen Institutionen der Arbeitslosen- und der Sozialhilfe zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammen und greift darin mehrfach mit großer Innovationskraft auf vertragliche Gestaltungs- und Steuerungsmechanismen zurück. Zentrale Bedeutung hat die Eingliederungsvereinbarung gewonnen, welche die effiziente und paßgenaue Eingliederung von Arbeitsuchenden in Arbeit gestalten und steuern soll. Ganz neu ist die Idee der Vertragsverwaltung zwar nicht. Doch weist die Eingliederungsvereinbarung des SGB II zahlreiche Besonderheiten auf, die in ihrer Bedeutung weit über das Sozialverwaltungsrecht hinausreichen und auch das Allgemeine Verwaltungsrecht aufhorchen lassen. Nur exemplarisch sei auf den massenhaften Einsatz der Eingliederungsvereinbarung, ihren Vorrang vor dem Verwaltungsakt und das mit der Vereinbarung einhergehende eigentümliche Sanktionensystem verwiesen. Zudem hat sich das Konzept der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis eindrucksvoll bewährt, wie eine breit angelegte empirische Forschung in dieser Arbeit deutlich zeigt. Die noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehaltene Massenverwaltung durch Vertrag und die übrigen Besonderheiten rund um die Eingliederungsvereinbarung stellen sowohl die hergebrachte Verwaltungsrechtswissenschaft als auch die Verwaltungspraxis vor erhebliche Herausforderungen. So hat sich selbst die einschlägige Fachliteratur den angesprochenen Fragen bislang nur teilweise und ohne hinreichende dogmatische Strukturierung genähert. Das weckt Bedarf nach einer umfassenden dogmatischen Einbindung der Eingliederungsvereinbarung in das Allgemeine Verwaltungsrecht und das Sozialverwaltungsrecht. Hier setzt die vorliegende Arbeit an. Zunächst widmet sie sich der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis, deren Beobachtung für eine lebensnahe Dogmatik herausragende Bedeutung hat. Ausgangspunkt ist eine eigene bundesweite Rechtstatsachenforschung bei den Arbeitsgemeinschaften, Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung und Optionskommu-

6

Vorwort

nen des SGB II. Das Ergebnis dieser Forschung, soviel sei hier vorweggenommen, ist vor allem ein klares Plädoyer für die Eingliederungsvereinbarung als ausgehandelten öffentlichrechtlichen Vertrag, für ihren gesetzlich bestimmten Vorrang vor dem Verwaltungsakt und für das mit der Vereinbarung verbundene spezifische Sanktionensystem. Neben den rechtstatsächlichen Entwicklungen greift die Arbeit auch die geschichtlichen, teleologischen und rechtlichen Grundlagen der Eingliederungsvereinbarung auf. Dazu gehören nicht zuletzt die Entwicklungen im Ausland, die zeigen, daß die Einführung der Vertragsverwaltung bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden einem internationalen Trend folgt. Alle diese Betrachtungen geben wichtige Hinweise auf die passende dogmatische Erfassung des Rechts der Eingliederungsvereinbarung. Sie zeigen außerdem, daß die in Literatur und Rechtsprechung zuweilen anzutreffenden Vorbehalte gegen die neue Ordnung nicht gerechtfertigt sind. In der weiteren Untersuchung kann es dann nicht mehr nur um die punktuelle Entfaltung typischen Verwaltungshandelns gehen, so wie es die hergebrachte Verwaltungsrechtswissenschaft bevorzugt. Vielmehr bedarf es einer umfassend angelegten dogmatischen Betrachtungsweise, um das Recht der Eingliederungsvereinbarung hinreichend zu erfassen. Als dogmatischer Ordnungsrahmen dient die Rechtsverhältnislehre. Mit ihr lassen sich alle mit der Eingliederungsvereinbarung verbundenen rechtlichen Fragen zwanglos aufnehmen, verarbeiten und systematisieren. Erinnert sei nur stichwortartig an die Problemfelder um die Entwicklung und Gestaltung der Vereinbarung im Laufe der Zeit, die zugehörigen Rechtssubjekte mit ihren Rechten und Pflichten und das Zusammenspiel mit anderen Handlungsformen. Damit mag auch eine Empfehlung für die sog. „Neue Verwaltungsrechtswissenschaft“ einhergehen. Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2010/2011 abgeschlossen, im Sommersemester 2011 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen, und mit dem Wolf-Rüdiger-Bub-Preis ausgezeichnet. Sie ist noch einmal aktualisiert worden und befindet sich jetzt auf dem Stand der deutschen Gesetzgebung vom Herbst 2011. Ihre Veröffentlichung erscheint als würdiger Rahmen, meinem Lehrer des Öffentlichen Rechts, Herrn Professor Hartmut Bauer, herzlich zu danken, vor allem für den gewährten wissenschaftlichen Freiraum, die vielfältige Förderung, die Ermutigung zum zwar respektvollen, aber immer auch kritischen Umgang mit Althergebrachtem, und für die Impulse zur Aufnahme von Denkansätzen einer innovativ angelegten Verwaltungsrechtswissenschaft. Danken möchte ich außerdem Herrn Professor Timo Hebeler, der sich zur Erstellung des Zweitgutachtens bereit gefunden hat. Für ihren wichtigen Beitrag zu Design und Durchführung der Rechtstatsachenforschung in dieser Arbeit sei gedankt Herrn Michael Pflügner und Herrn

Vorwort

7

Dr. Jens Regg von der Bundesagentur für Arbeit, Herrn Markus Keller und Frau Regina Offer von den Kommunalen Spitzenverbänden in Deutschland sowie Frau Diana Fiedler, Frau Carolin Alice Hofmann und Frau Dr. Antje Zapf von der Universität Potsdam. Freunde und Kollegen haben mich zudem bei mancher organisatorischen Herausforderung unterstützt. Dank gebührt schließlich meiner Frau Christiane Melanie Kretschmer, die das gesamte Werk begleitet und mehrfach gelesen hat und mir stets den erforderlichen privaten Rückhalt gewährte. Potsdam, am 11.11.2011

Kai-Holmger Kretschmer

Inhaltsübersicht 1. Teil Eingliederungsverträge: Herausforderung für die Dogmatik des Sozialverwaltungsrechts

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§1

Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum und rechtsdogmatisches Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

§2

Internationale Entwicklungen und nationale Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

§3

Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

§4

Rechtsvergleichende Aspekte – Moderne Eingliederung in Großbritannien und Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

2. Teil Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

102

§5

Rechtstatsächliche Untersuchung der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . 102

§6

Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

§7

Zur empirischen Beziehung zwischen Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Teil Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

154

§8

Handlungsformen und Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154

§9

Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

§ 10 Vorvertragliche Phase – Leistungsstörungen und Beendigung . . . . . . . . . . . 227 § 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung

260

§ 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 § 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung . . . . . . . . . . . . 326 § 14 „Nachvertragliche“ Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

10

Inhaltsübersicht 4. Teil Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke

372

§ 15 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 § 16 Rückblicke und Ausblicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Anhang

425

Anlage I

Anschreiben zum Fragebogen des Forschungsprojekts „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Anlage II

Fragebogen zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

Anlage III

Tabellarische und graphische Darstellung der Erhebungsergebnisse zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Eingliederungsverträge: Herausforderung für die Dogmatik des Sozialverwaltungsrechts §1

§2

Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum und rechtsdogmatisches Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eintritt in die moderne Massenverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingliederungsverträge nach dem „Job-AQTIV-Gesetz“ . . . . 2. Eingliederungsverträge nach dem sog. Hartz IV-Gesetz. . . . . II. Eingliederungsverträge als Symbol eines neuen Eingliederungskonzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Überforderung der Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Eingliederungsverträge als rechtsdogmatisches Problem . . . . . . . . . . . . I. Momentaufnahme und Eingliederungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verwaltungshandeln und Bürgerengagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bilaterale und mehrseitige Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Formenautismus und Formenmix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Individualform und Massenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Gesetzesdirektion und Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erkenntnisinteresse und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationale Entwicklungen und nationale Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Internationale Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Europäische Reformstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Großbritannien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dänemark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Außereuropäische Reformstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinigte Staaten von Amerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Nationale Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge im Arbeitsförderungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingliederung und soziale Sicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingliederungsprozeß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ganzheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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25 25 25 25 28 29 31 33 34 34 35 36 37 37 39 42 43 43 44 46 47 49 49 51 53 53 53 54 55

12

Inhaltsverzeichnis 4. Rechte, Pflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Massenverwaltung durch Vertrag?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursprünge im Sozialhilferecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingliederung und soziale Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingliederungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ganzheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechte, Pflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Massenverwaltung durch Vertrag?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 57 58 58 59 60 61 62

§3

Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das neue Eingliederungskonzept auf dem Weg zum Gesetz . . . . . . . . . I. Am Vorabend der Hartz-Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mandat und Empfehlungen der „Hartz-Kommission“ . . . . . . . . . . III. Gesetzgebungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Regelungsmotive und -ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorgaben aus dem Europa- und Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 1. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europäisches Primärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einfachrechtliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingliederung und soziale Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eingliederungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ganzheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechte, Pflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine abschließende Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 62 63 65 67 69 69 70 70 72 73 76 76 76 79 80 81

§4

Rechtsvergleichende Aspekte – Moderne Eingliederung in Großbritannien und Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 A. Notwendigkeit und Zweck rechtsvergleichender Betrachtungen . . . . . . 82 B. Einsatz der rechtsvergleichenden Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 C. Auswahl der Referenzstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 D. Das Recht der Eingliederung in Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 I. Eingliederung und soziale Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Eingliederungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 III. Ganzheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 IV. Rechte, Pflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 V. Massenverwaltung durch Vertrag?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 E. Das Recht der Eingliederung in Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 I. Eingliederung und soziale Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Eingliederungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 III. Ganzheitlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 IV. Rechte, Pflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 V. Massenverwaltung durch Vertrag?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

II.

Inhaltsverzeichnis

13

2. Teil Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis §5

§6

102

Rechtstatsächliche Untersuchung der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . A. Notwendigkeit der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dogmatische Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tatsächliche Notwendigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gegenstand und Form der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Aufgabe und Fragestellung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Informationsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die unmittelbar Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eingliederungsvereinbarungen und Begleitprotokolle . . . . . . . . . . III. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Erhebungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Gestaltung der Fragebögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gestaltungsvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umsetzung der Gestaltungsvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deckblatt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abschnitt 1 – Angaben zu Behörde, betreuten Hilfebedürftigen und Eingliederungserfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abschnitt 2 – Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung 4. Abschnitt 3 – Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung 5. Abschnitt 4 – Abschluß der Eingliederungsvereinbarung . . . . 6. Abschnitt 5 – Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung 7. Abschnitt 6 – Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung . . G. Durchführung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Werben um Unterstützung und Pretest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Versand und Erfassung der Fragebögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Repräsentativität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unbeachtlichkeit ausgefallener Antworten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zufälligkeit der Auswahl persönlicher Ansprechpartner . . . . . . . . B. Auswertung der einzelnen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Behörden, betreute Hilfebedürftige und Eingliederungserfolg. . . II. Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betreuungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abschlußzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nützlichkeit der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 4. Akzeptanz durch die Hilfebedürftigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vorrang der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§7

Inhaltsverzeichnis 7. Einbindung Dritter in die Erarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Übliche Gegenstände der Eingliederungsvereinbarung. . . . . . . III. Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gestaltung der Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhandlungsanteil der Hilfebedürftigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zweckmäßigkeit der Verhandlungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeit zum Verhandeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhandlungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Herausforderungen beim Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Besondere Verhandlungsmaßnahmen und deren Akzeptanz . . 8. Eingliederungs-Verwaltungsakt und ersetzende formlose Eingliederungsabsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweckmäßige Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarungsmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Formulierungsbestimmtheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergänzende formlose Eingliederungsabsprachen . . . . . . . . . . . . V. Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herausforderungen bei der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besondere Durchführungsmaßnahmen und deren Akzeptanz 3. Befristung und Anpassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zweckmäßige Betreuungsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127 128 128 128 129 129 130 130 131 132 134 134 135 135 136 136 137 137 137 138 140 141

Zur empirischen Beziehung zwischen Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Eingliederungserfolg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Erfolgsrelevante Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Akzeptanz bei den persönlichen Ansprechpartnern. . . . . . . . . . . . . II. Akzeptanz und Motivation bei den Hilfebedürftigen . . . . . . . . . . . 1. Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Motivation der Hilfebedürftigen und Sanktionsbedarf . . . . . . . III. Verhandlungsgeschehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhandlungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhandlungsanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhandlungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Einbindung Dritter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechte und Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Flucht in andere Steuerungsformen und Flexibilitätsbedarf . . . . . 1. Eingliederungs-Verwaltungsakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formlose Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Impulse für eine Dogmatik zur Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . .

141 143 144 144 145 145 145 146 146 147 147 148 149 150 150 151 152

Inhaltsverzeichnis

15

3. Teil Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente §8

Handlungsformen und Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Handlungsformen im Vordergrund. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zurücktreten der Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis im Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . I. Typisiertes Rechtsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptrechtssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerbsfähiger Leistungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bundesagentur für Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kommunale Träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nebenrechtssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Amtswalter des persönlichen Ansprechpartners . . . . . . . . . b) Angehörige der Bedarfsgemeinschaft des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II. . . . . . . . . . . d) Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Handlungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Treu und Glauben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bestmöglicher Eingliederungseinsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Paßgenauigkeit und Effizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Hilfe nur zur Selbsthilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vorrang der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Weitere Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Qualität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichten des Leistungsberechtigten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichten des Grundsicherungsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strukturierender Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weitere Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gestaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Informelle Absprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Phasen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . VII. Exkurs – Rechtsschutz im Eingliederungs-Rechtsverhältnis . . . . 1. Rechtsschutz des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsschutz des Grundsicherungsträgers. . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 154 154 158 161 161 163 164 164 165 167 167 167 168 169 170 171 171 172 173 173 174 175 175 177 177 179 179 180 180 182 182 182 185 186 187 187 187 187 189

16 §9

Inhaltsverzeichnis Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begründung der vorvertraglichen Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pflichten der Rechtssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungspflichten des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . a) Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . aa) Entstehung und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere: Kein Erlöschen durch EingliederungsVerwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Melde- und Erscheinenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: Wahrnehmung eines „Sofortangebotes“ . . . . . . . . . 2. Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers . . . . . . . . . . . . . a) Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . aa) Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einwände des Bundessozialgerichts. . . . . . . . . . . . (2) Entkräftung dieser Einwände. . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahlung von Arbeitslosengeld II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Exkurs: Abgabe eines „Sofortangebotes“ . . . . . . . . . . . . . . . II. Weitere Verhaltenspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der angehenden Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbot der Erfüllungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informationspflichten des Leistungsberechtigten . . . . bb) Informationspflichten des Grundsicherungsträgers . . . c) Untersuchungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Untersuchungspflichten des Leistungsberechtigten . . bb) Untersuchungspflicht des Grundsicherungsträgers . . . d) Verhandlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der angehenden Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Verhaltenspflichten von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflichten Leistungsberechtigter ohne volle Geschäftsfähigkeit . . IV. Pflichten vor Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes . . . . .

189 189 191 193 193 194 194 194 197 198 202 203 204 204 204 205 206 209 210 211 212 213 213 213 214 215 217 218 219 219 220 220 222 224 225 225 226 227

Inhaltsverzeichnis § 10 Vorvertragliche Phase – Leistungsstörungen und Beendigung . . . . . . . . . . . A. Vorvertragliche Leistungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verletzung von Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten . . a) Recht zur Verweigerung der Zahlungspflicht . . . . . . . . . . . aa) Maßgebliche Leistungsstörungsnorm . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Ausschluß durch die Natur des Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bedeutung und Eigenart der gegenübergestellten Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kein Ausschluß durch Gewährung des Arbeitslosengeldes II über Verwaltungsakt. . . . . . . . . . . . (3) Kein Ausschluß durch Eingliederungs-Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verhältnismäßigkeitserwägungen . . . . . . . . . . . . . . cc) Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtswidriges Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtmäßiges Gegenangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Bekanntwerden neuer eingliederungsrelevanter Umstände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verweigerung durch beschränkt Geschäftsfähige (5) Belehrung und Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zeitliche Dimension der Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . b) Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verletzung der Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers 4. Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers a) Recht zur Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung von leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht zur Verweigerung der Zahlungspflicht . . . . . . . . . . . b) Schadenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schadenersatz wegen Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schadenersatz bei Ausbleiben einer Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung von nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 227 228 229 229 230 230 232 232 233 235 237 239 240 240 241 241 242 243 244 245 247 247 249 249 251 251 251 252 253 254 255 256 256

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Inhaltsverzeichnis B. Beendigung der vorvertraglichen Phase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatsachenbezogene Beendigungstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tod des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wegfall des Rechts auf Grundsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuwidriges Verhalten und Schutzpflichtverletzung . . . . . . . . II. Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsrücknahme und einvernehmliche Beziehungsaufgabe

257 257 257 258 258 259 259 259

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwerbsfähiger Leistungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Träger der Grundsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine weiteren Rechtssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abschlußerklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zustimmung Dritter und behördliches Einvernehmen . . . . . . . . . . II. Fehler der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Austauschvertrag und Vergleichsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . D. Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formale Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schriftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiedergabe des Vertragsinhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigenhändige Unterschrift. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Urkundeneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gleichwertige Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhaltliche Gestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Obligatorischer Vertragsinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zweckbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Art der Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auswahl und Ausmaß der Leistungspflichten . . . . . . . cc) Konkretisierung der Leistungspflichten. . . . . . . . . . . . . dd) Insbesondere Nachweispflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dauer der Vereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Schadenersatzpflicht bei Abbruch einer Bildungsmaßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fakultativer Vertragsinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

260 260 261 261 261 263 264 265 267 267 268 269 271 271 273 273 274 275 276 277 278 278 278 279 279 280 282 284 286 287 288 291 291

Inhaltsverzeichnis b) Flexibilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Information und Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einseitige Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Befristung und Bedingung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Anpassung und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sonstiges, insbesondere Kombinationen . . . . . . . . . . . c) Belehrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Leistungen an sonstige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Hinweise zur Gestaltung des Eingliederungs-Verwaltungsaktes . . . . . . § 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begründung der Durchführungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pflichten der Rechtssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Leistungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungspflichten des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung . . aa) Entstehung und Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine weiteren Leistungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers. . . . . . . . . . . . . a) Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung . . aa) Entstehung und Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II . . . . . . . . . . II. Weitere Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der Parteien a) Verbot der Erfüllungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorbereitungs- und Herbeiführungspflichten . . . . . . . . . . . . c) Sicherungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rücksichts- und Mitwirkungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitere Verhaltenspflichten von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Pflichten in besonderen Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichten zur Anpassung der Eingliederungsvereinbarung . . . a) Anpassung nach § 59 SGB X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Änderung der maßgebenden Verhältnisse. . . . . . . . . . . . . . . c) Unzumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Pflichteninhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 292 293 293 293 294 294 295 296 296 297 297 299 299 300 300 300 300 304 305 307 307 307 309 311 312 312 313 314 314 315 316 317 318 318 318 319 321 323 324

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Inhaltsverzeichnis 2. Pflichten zum Neuabschluß einer Eingliederungsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 IV. Pflichten bei Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes . . . . . 326

§ 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung . . . . . . . . . . . . . A. Leistungsstörungen in der Durchführungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verletzung von Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung der Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II . . . . . . aa) Erfüllungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wiederholte Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Einschränkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Belehrung und Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Keine weiteren Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zeitliche Dimension der Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . ff) Besonderheiten bei der Verletzung einseitig bestimmter Leistungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadenersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schadenersatz und die §§ 31 ff. SGB II. . . . . . . . . . . . bb) Schadenersatz und § 15 Abs. 3 SGB II . . . . . . . . . . . . c) Keine weiteren Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verletzung der Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schadenersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine weiteren Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers. . a) Recht zur Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadenersatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beendigung der Durchführungsphase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tatsachenbezogene Beendigungstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tod des Leistungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedingungseintritt und Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wegfall des Rechts auf Grundsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtung und Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Widerruf und Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Eingeschränkte Beendigungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326 327 327 327 328 328 330 332 332 335 336 337 339 340 340 343 343 345 346 346 347 348 348 351 351 353 353 353 354 354 354 355 355 357 357

Inhaltsverzeichnis

21

1. Beendigungswirkung nur für die Zukunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein vollständiger Wegfall des Rechtsverhältnisses. . . . . . . . . C. Exkurs: Pflichtverletzungen bei Vertragsanpassung und -erneuerung D. Pflichtverletzungen nach Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Folgen von Pflichtverletzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beendigung der Durchführungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

358 358 359

§ 14 „Nachvertragliche“ Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Begründung der „nachvertraglichen“ Phase. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. „Nachvertragliche“ Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Struktur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten. . . . . . . . . . . . . a) Unterlassungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Leistungstreuepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten. . . . . . . . D. Leistungsstörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Beendigung der „nachvertraglichen“ Phase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

361 361 362 363 364 366 366 367 368 369 369 370 371

359 359 361

4. Teil Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke

372

§ 15 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 § 16 Rückblicke und Ausblicke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396 Anhang

425

Anlage I

Anschreiben zum Fragebogen des Forschungsprojekts „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425

Anlage II

Fragebogen zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

Anlage III

Tabellarische und graphische Darstellung der Erhebungsergebnisse zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Abs. AEUV AFG AJoLL AJoSI allg. Anm. ASP ASR AVAVG AWPA Bd. BRSDE BSHG BT-Drs. c. CJoE CLLPJ CSDAA 1997 ebd. EJoSS f. ff. FAIR

Fn. Governance Grds. grds. HPD Hrsg. ibv

anderer Auffassung am angegebenen Ort Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Arbeitsförderungsgesetz Australian Journal of Labour Law Australian Journal of Social Issues allgemein Anmerkung Arbeit und Sozialpolitik Anwalt/Anwältin im Sozialrecht Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Band Beiträge zum Recht der sozialen Dienste und Einrichtungen Bundessozialhilfegesetz Bundestags-Drucksache column Cambridge Journal of Economics Comparative Labor Law & Policy Journal Commonwealth Services Delivery Agency Act 1997 ebenda European Journal of Social Security folgende fortfolgende Modellprogramm zur Verbesserung der Vermittlungstätigkeit in den Arbeitsämtern (Förderung der Arbeitsaufnahme – Integriert und Regulär) Fußnote Governance – An International Journal of Policy and Administration Grundsatz grundsätzlich Housing Policy Debate Herausgeber informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste

Abkürzungsverzeichnis ILJ insbes. IW-Trends JbSozR JSA 1995 JSA-Guide JSAR JSSW LHt LSRP MoZArT NYULR o. J. ORoEP PRWORA Rn. SDSRV sec. SGB I SGB II SGB III SGB X Slg. SSA 1989 SSA 1991 SS-Guide USBA 1944 vol. WIA WSI-Mitteilungen ZeS-Arbeitspapier ZfSSV

23

Industrial Law Journal insbesondere Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln Jahrbuch des Sozialrechts Jobseekers Act 1995 Jobseekers Allowance procedural guidance The Jobseeker’s Allowance Regulations 1996 Journal of Sociology and Social Welfare Lords Hansard text Legal Studies Research Paper (University of Sydney) Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe New York University Law Review ohne Jahresangabe Oxford Review of Economic Policy Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act 1996 Randnummer Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes section Sozialgesetzbuch (SGB) – Allgemeiner Teil – Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) – Arbeitsförderung – Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) Sammlung Social Security Act 1989 Social Security Act 1991 Social Security-Guide Unemployment and Sickness Benefits Act 1944 volume Workforce Investment Act of 1998 Monatszeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung Arbeitspapier des Zentrums für Sozialpolitik (Universität Bremen) Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung

Wegen weiterer Abkürzungen wird ergänzend auf Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Aufl., Berlin/New York 2008, verwiesen.

1. Teil

Eingliederungsverträge: Herausforderung für die Dogmatik des Sozialverwaltungsrechts § 1 Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum und rechtsdogmatisches Problem A. Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum I. Eintritt in die moderne Massenverwaltung Der Gesetzgeber setzt bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden zunehmend auf Verträge. Diesen Weg verfolgt er so entschlossen, daß der Vertrag im Deutschen Verwaltungsrecht binnen kurzer Zeit einen kaum erwarteten, geradezu revolutionären Bedeutungszuwachs verzeichnen konnte. Der normative Umbruch widerlegt eindrucksvoll die noch immer weit verbreitete Auffassung, daß „dem vertraglichen Handeln ein an der gesamten außenwirksamen Tätigkeit der Verwaltung nur geringer quantitativer Anteil“1, eine, „quantitativ gesehen“, nur „wenig bedeutsame bis unbedeutende Rolle“2 zukomme, daß insbesondere das Massengeschäft „nach wie vor durch Verwaltungsakt abgewickelt“3 werde, die Massenverwaltung dem „öffentlich-rechtlichen Vertrag erst ansatzweise erschlossen“4 sei5. Zwar domi1 Jan Ziekow/Torsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 1, VerwArch 94 (2003), S. 593 (593). 2 Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 174 ff., 198, 254, allerdings in der Aussage begrenzt auf die „meisten Behörden“ und unter Ausschluß des öffentlichen Auftragswesens. Dabei soll dahinstehen, ob Schlette noch 2000 davon ausgehen durfte, „daß, insgesamt betrachtet, gegenwärtig jährlich nicht wesentlich mehr verwaltungsrechtliche Verträge abgeschlossen werden als noch vor zwei oder drei Jahrzehnten“ (a. a. O. S. 256). 3 Kay Waechter, Der öffentlich-rechtliche Vertrag, JZ 2006, S. 166 (168). 4 Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 75 f. 5 Bruno Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997, S. 136 ff.; Jörg Ennuschat, Der Verwaltungsakt und seine Rechtsgrundlagen, JuS 1998, S. 905 (910); Hartmut Maurer, Rechtstatsachenforschung im Bereich des Ver-

26 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

niert im Schrifttum mittlerweile die Einschätzung, daß Verwaltungsverträge zu einer selbstverständlichen und weitverbreiteten Handlungsform herangewachsen und dem Verwaltungsakt vielerorts gleichwertig sind.6 Doch geht die aktuelle Entwicklung auch darüber noch hinaus. Sie eröffnet dem Vertrag bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden nämlich nicht nur eine gleichwertige Stellung, sondern räumt ihm sogar den Vorrang ein: Einseitiges Verwaltungshandeln hat nur noch Auffangfunktion, sobald eine vertragliche Regelung des Sozialrechtsverhältnisses scheitert. Das aber mündet bei Millionen von Arbeitsuchenden in eine Massenverwaltung durch Vertrag.7 1. Eingliederungsverträge nach dem „Job-AQTIV-Gesetz“ Kräftige Impulse in diese Richtung setzte schon 2002 das „Job-AQTIVGesetz“8, das auf dem Gebiet der klassischen Arbeitsförderung9 den öffentwaltungsrechts, in: Wolfgang Heinz (Hrsg.), Rechtstatsachenforschung heute, 1986, S. 125 (130); ders., Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1989, S. 798 (806). Jüngst erst wieder Jan Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2010, § 54 Rn. 2. Aus der Lehrbuchliteratur exemplarisch Hans-Uwe Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2002, § 12 Rn. 1 ff.; Matthias Ruffert in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 21 Rn. 1, und Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 1 („Die typische und in der Praxis häufigste Rechtsform ist der Verwaltungsakt [. . .].“) sowie § 8 Rn. 26 („Der Verwaltungsakt [. . .] ist [. . .], insbesondere im Steuer- und Sozialrecht, zur Bewältigung der dort anfallenden Massenvorgänge unverzichtbar“. Nach „wie vor die wichtigere Rolle“ spielt der Verwaltungsakt auch noch nach Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 54 Rn. 8, der in der 7. Aufl. 2008, § 54 Rn. 9 ff. allerdings keine dahingehende Stellungnahme mehr abgibt; auch nach Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2005, § 54 Rn. 12 werden Verwaltungsverträge noch „sehr zurückhaltend abgeschlossen“, doch stellen Kopp/Ramsauer in der 11. Aufl. 2010, § 54 Rn. 12 fest, daß der „Vertrag mittlerweile als kooperatives Element des Verwaltungshandelns etabliert (sei) und (. . .) vielfach routinemäßig verwendet“ werde. 6 Hartmut Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts, in: Detlef Merten u. a. (Hrsg.), Festschrift für Franz Knöpfle, 1996, S. 11 (12 f.); ders., Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 76; Walter Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 248 (253); Eberhard Schmidt-Aßmann, Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, S. 342 f.; ebenso jetzt wohl auch Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 5, 11. Aufl.), § 54 Rn. 12. 7 Zustimmend etwa Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 37; Dagmar Felix, Der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag und seine Bedeutung im Sozialrecht, in: Veith Mehde/Ulrich Ramsauer/Margrit Seckelmann (Hrsg.), Staat, Verwaltung, Information, 2011, S. 539 (552).

§ 1 Eingliederungsverträge als aktuelles Politikum

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lichrechtlichen Vertrag als Eingliederungsvereinbarung nach § 35 Abs. 4 SGB III10 etablierte. Solche Vereinbarungen soll die Agentur für Arbeit seither mit „jedem Arbeitslosen“ oder Ausbildungssuchenden „in der Regel für einen Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten“ schließen11. Darin legen die Parteien vor allem die Vermittlungsbemühungen der Agentur und die Eigenbemühungen des Arbeitsuchenden fest. Soweit notwendig, erneuern sie die Vereinbarung am Ende der Vertragslaufzeit oder passen sie schon vorher „sich ändernden Verhältnissen“ an.12 Bei lange Zeit mehr als 1,5 Millionen Leistungsbeziehern hat die Eingliederungsvereinbarung des SGB III dem Vertrag erstmals zu einer explosionsartigen Verbreitung verholfen.13 Sie hat damit zugleich einen bedeutenden Meilenstein im Deut8 Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I, S. 3443). 9 Als klassische Arbeitsförderung gilt hier die Arbeitsförderung nach dem AFG bzw. später dem SGB III. Daneben sahen auch die §§ 18 ff. BSHG eine Hilfe zur Arbeit vor. Diese Hilfe diente aber in erster Linie arbeitspädagogischen und sozialtherapeutischen Zwecken; arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Ziele verfolgte das Gesetz nicht. Gleichwohl gingen die Kommunen regelmäßig beiden Ansätzen nach, wenn der Sozialhilfeempfänger zugleich arbeitslos war und seine Notlage mit der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt behoben oder zumindest gelindert werden konnte, Thomas Harks, Kommunale Arbeitsmarktpolitik, 2003, S. 91 ff. Die Arbeitsförderung nach dem SGB III berührte das nicht. 10 Nunmehr § 37 Abs. 2 und 3 SGB III. S. im übrigen Ingmar Fröhlich, Vertragsstrukturen in der Arbeitsverwaltung, 2007, S. 108; Marita Körner, Die Reform des SGB III durch das Job-AQTIV-Gesetz, NZA 2002, S. 241 (242); Rainer Pitschas, Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren im „aktivierenden“ Sozialstaat, in: Matthias von Wulfen/Otto Ernst Krasney (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S. 765 (781); Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (895); vorsichtig in diese Richtung auch Reimund Schmidt-De Caluwe, in: Bernd Mutschler/Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung, 3. Aufl. 2008, § 6 Rn. 11 ff.; anders die noch herrschende Auffassung im Sozialverwaltungsrecht, dazu vorerst nur Maximilian D. Schweiger, Rechtliche Einordnung der durch das Job-AQTIV-Gesetz in das Arbeitsförderungsrecht eingefügten Eingliederungsvereinbarung (§ 35 Abs. 4 SGB III n. F.), NZS 2002, S. 410 (412); Wolfgang Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung nach SGB II und Leistungsabsprache nach dem SGB XII aus Sicht der Sozialgerichtsbarkeit, Sozialrecht aktuell 2006, S. 52 (53); zweifelnd Wolfgang Eicher, Einführung in das Arbeitsförderungsrecht, in: Wolfgang Spellbrink/Wolfgang Eicher (Hrsg.), Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 1 Fn. 2 zu Rn. 40. 11 BT-Drs. 14/6944, S. 25 und 31. Selbstverständlich erfaßt diese Vereinbarung nur Arbeitslose und Ausbildungssuchende aus dem Anwendungsbereich des SGB III. 12 § 35 Abs. 4 SGB III a. F., nunmehr § 37 Abs. 3 SGB III; BT-Drs. 14/6944, S. 31. 13 Nach der Arbeitslosenstatistik der Bundesagentur für Arbeit gab es von 2002 bis einschließlich 2005 durchweg mehr als 1,5 Millionen arbeitslose Leistungsbezieher i. S. d. SGB III (Empfänger von Arbeitslosengeld I). Danach sank die Zahl der

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schen Verwaltungsrecht gesetzt: den Einstieg in die vertragliche Massenverwaltung14. 2. Eingliederungsverträge nach dem sog. Hartz IV-Gesetz Der endgültige Durchbruch zum Massengeschäft gelang allerdings erst mit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch das sog. Hartz IV-Gesetz15. Die Grundsicherung löste zum 1. Januar 2005 die frühere Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Erwerbsfähige ab.16 Mit der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II fand der öffentlichrechtliche Vertrag17 auch in das neue Sicherungssystem Eingang, avancierte dort zum zentralen Steuerungsinstrument18 und bildet den Dreh- und Angelpunkt für Arbeitsförderung und soziale Hilfe nach dem SGB II. Danach sind Arbeitsverwaltung und arbeitsuchender Bürger grundsätzlich verpflichtet vertragBezieher etwas ab, liegt aber jetzt immer noch bei deutlich über einer Million; Statistik (Stand 2010) einsehbar über http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1377/ umfrage/leistungsempfaenger-von-arbeitslosengeld-jahresdurchschnittswerte/. Das hatte auch einen millionenfachen Abschluß von Eingliederungsverträgen zur Folge. 14 Ganz neu ist der Abschluß von Verwaltungsverträgen in großer Zahl sicher nicht. So kennt die Verwaltung vor allem bei ordnungsbehördlichem Vorgehen gegen sog. Schwarzbauten durchaus die standardisierte Verwendung von Verträgen. Allerdings ist dann nicht von Millionen, sondern – verteilt über mehrere Jahre – nur von wenigen Tausend Verträgen die Rede, vgl. Peter Arnold, Die Arbeit mit öffentlich-rechtlichen Verträgen im Umweltschutz beim Regierungspräsidium Stuttgart, VerwArch 80 (1989), S. 125 (132 f.); Bartscher, Behördenpraxis (Fn. 5), S. 43, 53; Manfred Bulling, Kooperatives Verwaltungshandeln (Vorverhandlungen, Arrangements, Agreements und Verträge) in der Verwaltungspraxis, DÖV 1989, S. 277 (282). Darüber hinaus sollen Aktivitäten dieses Umfangs bislang nur bei dem Regierungspräsidium Stuttgart vorgekommen sein, Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 5), § 14 Rn. 23. 15 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BGBl. I 2003, S. 2954. 16 Vgl. dazu nur Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 ff. 17 Dazu Hartmut Bauer, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 64 (2005), S. 280 f.; ders., Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 37; Maximilian Wallerath, Paradigmenwechsel in der sozialen Sicherung, in: ders. (Hrsg.), Fiat iustitia – Recht als Aufgabe der Vernunft, Festschrift für Peter Krause, 2006, S. 187 (199); Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 10), S. 895 mit Nachweisen auch zur Gegenauffassung. 18 S. dazu etwa Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Auflage 2011, § 15 Rn. 1; Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (277); Katharina von Koppenfels-Spies, Kooperation unter Zwang? – Eingliederungsvereinbarungen des SGB II im Lichte des Konzepts des „aktivierenden Sozialstaats“, NZS 2011, S. 1 (2); vgl. auch BT-Drs. 15/1516, S. 54.

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lich festzulegen, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er selbst unternimmt und nachweist.19 Die regelmäßige Vertragslaufzeit beträgt sechs Monate; anschließend treffen die Parteien gegebenenfalls eine neue Vereinbarung.20 Weigert sich der Arbeitsuchende, einer in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflicht nachzukommen, droht ihm das Gesetz ausdrücklich Sanktionen an. Er muß dann insbesondere mit einer Minderung des Arbeitslosengeldes II rechnen.21 Schon dadurch wendet sich das Sozialverwaltungsrecht noch energischer dem Vertrag zu. Bei etwa fünf Millionen Arbeitslosengeld II-Beziehern22 erreicht die Eingliederungsvereinbarung aber auch erheblich mehr Bürger als unter dem SGB III. Sie verleiht dem millionenfachen Abschluß von Verwaltungsverträgen noch einmal eine ganz neue Qualität und wird dadurch zum eigentlichen Fanal moderner Massenverwaltung durch Vertrag23. II. Eingliederungsverträge als Symbol eines neuen Eingliederungskonzeptes Bei ihrem offensiven und weitreichenden Vorstoß in das Sozialverwaltungsrecht24 sind die Eingliederungsverträge zugleich Symbol eines neuen Eingliederungskonzepts, das im Zeichen des „aktivierenden Staates“25 steht. 19 § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II; zu den Bemühungen kann auch gehören, Leistungen Dritter zu beantragen, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II. Insgesamt erfaßt die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II damit das gesamte Spektrum an Arbeitsförderung und sozialer Hilfe. 20 § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB II. 21 So die ausdrückliche Anordnung etwa in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 31a f. SGB II. 22 Statistik (Stand 2010) für die Zeit seit 2005, einsehbar über http://de.statista. com/statistik/daten/studie/1396/umfrage/leistungsempfaenger-von-arbeitslosengeldii-jahresdurchschnittswerte/. 23 Vgl. Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 10), S. 893 f. 24 Außer bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden greift die Arbeits- und Sozialverwaltung auch an anderer Stelle auf die Rechtsform des Vertrages zurück, so daß dort mittlerweile die gesamte modernere Administration durch eine „vielfältige und dichtgewirkte Kette von vertraglichen Vereinbarungen durchzogen“ wird, Eberhard Eichenhofer, Verträge in der Arbeitsverwaltung, SGb 2004, S. 203 (204). 25 Zum Leitbild des „aktivierenden Staates“ s. vorerst nur Bundesregierung, Moderner Staat – Moderne Verwaltung, Kabinettsbeschluß vom 1. Dezember 1999, S. 1; ferner die überzeugende Darstellung bei Eberhard Eichenhofer, Geschichte des Sozialstaats in Europa, 2007, S. 139 ff.; ders., Arbeit und Sozialleistungen, in: Peter Hanau/Jens T. Thau/Harm Peter Westermann (Hrsg.), Gegen den Strich – Festschrift für Klaus Adomeit, 2008, S. 159 (165 f.); s. außerdem Thorsten Kingreen, Rechtliche Gehalte sozialpolitischer Schlüsselbegriffe: Vom daseinsvorsorgenden aktivierenden Sozialstaat, SDSRV 52 (2004), S. 7 ff.

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Der „aktivierende Staat“ will sich selbst und die Gesellschaft wirkungsvoll mobilisieren und eine „neue Architektur von Sozialstaatlichkeit“26 entfalten. Wichtiges Element dieser Architektur ist eine vitale „Verantwortungspartnerschaft des Sozialstaates mit der Bürgergesellschaft“27. Dem folgt auch das aktuelle Konzept zur Eingliederung von Arbeitsuchenden, das Arbeitsverwaltung und Erwerbslosen nach der Maxime des „Förderns und Forderns“ gleichermaßen in die Pflicht nimmt.28 Die neue Leitidee fordert eine engagiertere Verwaltung, bezieht aber auch den Bürger ernsthaft in die Problemlösung ein, schafft dafür sogar besondere Anreize bis hin zu spürbaren Sanktionen bei fehlendem Engagement.29 Dafür lenkt sie die Beteiligten in eine Eingliederungspartnerschaft und fordert alle zur vereinten und abgestimmten Initiative heraus. Über ein umfassendes Fallmanagement30 verfolgt das neue Konzept auch in der Sache einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Einflußfaktoren für die berufliche Eingliederung berücksichtigt31. Das erschließt den Partnern kom26 Von einer „neuen Architektur der Solidarität“ spricht Pitschas, Verwaltungsverfahren (Fn. 10), S. 766. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung zum aktivierenden Staat sind die sog. Hartz-Reformen, vgl. dazu den Überblick bei Wallerath, Paradigmenwechsel (Fn. 17), S. 198 ff. 27 Pitschas, Verwaltungsverfahren (Fn. 10), S. 769 f. Zur neuen Verantwortungspartnerschaft s. auch Bundesregierung, Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 29. Oktober 2002: Gerechtigkeit im Zeitalter der Globalisierung schaffen – für eine Partnerschaft der Verantwortung, Plenarprotokoll 15/4 vom 29. Oktober 2002, S. 51 (53 [C]); Kingreen, Rechtliche Gehalte (Fn. 25), S. 23 ff.; Gunnar Folke Schuppert, Aktivierender Staat und Zivilgesellschaft, Versuch einer Verhältnisbestimmung, in: Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ Deutscher Bundestag (Hrsg.), 2002, S. 185 (185, 189 ff.). 28 Eberhard Eichenhofer, Sozialreformen zwischen Vision und Wirklichkeit, NZS 2007, S. 57 (61); Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 1 Rn. 1; Wallerath, Paradigmenwechsel (Fn. 17), S. 198 ff.; Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 10), S. 894. Kritisch zum Konzept Johannes Münder, Das SGB II – Die Grundsicherung für Arbeitsuchende, NJW 2004, S. 3209 (3210, 3212); Helga Spindler, Fordern und Fördern – zur Eingliederung arbeitsuchender Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt, AfWuPdsA 2008, S. 70 (70 ff.). 29 BT-Drs. 15/1516, S. 44, 50 f., Spellbrink, SGB II (Fn. 28), § 2 Rn. 1 f., 4 f. 30 Weder das SGB II noch das SGB III erwähnen das Fallmanagement ausdrücklich, doch ist zumindest in § 4 SGB II von Dienstleistungen als Teil der Grundsicherung und in § 14 SGB II von einem „persönlichen Ansprechpartner“ die Rede. Die Gesetzesbegründung hingegen erklärt das Fallmanagement sogar zum Kernelement der neuen Leistung, BT-Drs. 15/1516, S. 44; dazu vorerst nur Timo Hebeler, Der persönliche Ansprechpartner nach dem SGB II – Organisatorische und personelle Anforderungen, DÖD 2005, S. 241 (244 ff.); Martin Klein/Hans Langnickel, Case Management in der Bundesagentur für Arbeit: Schnittstellenmanagement als erfolgskritischer Faktor, NDV 2004, S. 204 (204 ff.). 31 Wallerath, Paradigmenwechsel (Fn. 17), S. 198. Vgl. auch BT-Drs. 15/1516, S. 54; Ausschuß-Drs. 15(9)646, S. 26.

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plexe Problemlagen mit mehreren Rechtssubjekten und schwierigeren Interessenstrukturen, wie sie etwa bei Bedarfsgemeinschaften auftreten können. Der breitgefächerte Problemzugriff führt dann oft zu einem längerfristigen Eingliederungsprozeß, der unter Umständen weitere soziale Dienstleister einbindet und sich nicht in einem punktuellen Kontakt oder einer einmaligen staatlichen Intervention erschöpft.32 Die seit langem viel zu hohe Zahl von Langzeitarbeitslosen kündet von der möglichen Dauer mancher Eingliederungspartnerschaft.33 Die Eingliederungsvereinbarungen übernehmen bei alldem eine zentrale Steuerungsfunktion.34 Sie manifestieren die individuell ausgehandelten Maßnahmen zur Behebung der Arbeitslosigkeit und geben dem gesamten Vorgang einen wichtigen Orientierungspunkt. III. Überforderung der Verwaltungspraxis Die Praxis kann mit dem gesetzlichen Regelungsmodell nicht durchweg Schritt halten, was auch an unzureichenden Ressourcen in der Verwaltung liegen mag. So monierte die Berliner Senatsverwaltung für Justiz, daß die Jobcenter offensichtlich „nicht ausreichend mit Personal ausgestattet“ seien.35 Die Bediensteten verfügten „nicht nur in Einzelfällen über keine ausreichenden Kenntnisse des Sozial- und Verfahrensrechts“, oft seien „selbst Grundbegriffe des Verfahrensrechts nicht bekannt“, gerichtliche Beschlüsse setze man nicht um, „weil sie nicht verstanden werden“.36 Mißlich sei, daß der Hilfesuchende „keinen kompetenten Ansprechpartner“ finde und persönliche Vorsprachen lange Wartezeiten erforderten; die Möglichkeit schneller telefonischer Kontaktaufnahme entfalle vollends.37 32 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 18), § 15 Rn. 36 ff.; ders., Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II, Sozialrecht aktuell 2006, S. 47; Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 12; Peter Frings, Tagungsbericht, Sozialrecht aktuell 2006, S. 33 (34), berichtet von einer kontinuierlichen Beobachtungspflicht. Als weitere soziale Dienstleister kommen neben anderen die Schuldnerberatung oder die Drogenberatung in Betracht, da auch in deren Segmenten Ursachen für Arbeitslosigkeit liegen können. 33 Statistik dazu einsehbar über http://de.statista.com/statistik/daten/studie/358 55/umfrage/laendervergleich%3A-maximale-langzeitarbeitslosenquote/. 34 Pitschas, Verwaltungsverfahren (Fn. 10), S. 769 f.; Spellbrink, SGB II (Fn. 28), § 1 Rn. 2; s. ferner die Nachweise in Fn. 18. 35 Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, Bericht des Sozialgerichts Berlin über Probleme in der Zusammenarbeit mit den Jobcentern, Aktenzeichen A3-5111/14, 27. Oktober 2006, Gliederungspunkt 1. 36 Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, Bericht (Fn. 35), Gliederungspunkt 2. 37 Senatsverwaltung für Justiz in Berlin, Bericht (Fn. 35), Gliederungspunkt 3; ähnlich zur ARGE Herne, Frings, Tagungsbericht (Fn. 32), S. 34.

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Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund beklagte, den Arbeitsgemeinschaften fehle es an ausreichend qualifiziertem Personal, die Erreichbarkeit für Arbeitslose lasse zu wünschen übrig und die Anzahl der Mitarbeiter sei von vornherein viel zu gering.38 Überhaupt scheine es „hauptsächlich darum zu gehen, die Akte schnell vom Schreibtisch zu bekommen. Ob dabei Gesetze eingehalten“ würden „oder dem Arbeitslosen Unterstützung“ angedeihe, sei „bei diesem Vorgehen offensichtlich zweitrangig.“ Die Situation trage „groteske Züge“ und sei „für die Arbeitslosen ein Desaster“.39 So schickte etwa die ARGE „team.arbeit.hamburg“ einer 23jährigen Langzeitarbeitslosen per Post eine einseitige und ohne Ansehen des konkreten Falles vorformulierte Eingliederungsvereinbarung zu. Diese mit zahlreichen Verpflichtungen aufgefüllte Vereinbarung sollte die Arbeitsuchende sogleich unterschrieben zurücksenden. Auf einen persönlichen Kontakt verzichtete die Arbeitsgemeinschaft.40 Die Empörung darüber war groß, zumal das „team.arbeit.hamburg“ bereits heftig in der Kritik stand. Nur wenige Tage zuvor hatte man nämlich gleich neun Arbeitslose auf einmal vorgeladen, ihnen in einer „Ruck-Zuck-Gemeinschaftsbeglückung“41 je eine vorgefertigte, wortgleiche Vereinbarung vorgelegt und sie nach kurzer Lesezeit zur Gegenzeichnung aufgefordert. Eine individuelle Vereinbarung komme leider nicht in Betracht, da man schließlich „nicht jeden einzeln einladen könne“.42 Verstärkt die Verwaltung solche Verfahrensweisen dann noch mit dem Druck drohender Sanktionen, führt das schnell zu der Annahme, was als „individuelles Vermittlungsangebot“ daherkomme, sei „in Wirklichkeit ein Programm von Zwangsmaßnahmen, um Arbeitslose zu zwingen, jede Art von Arbeit zu niedrigsten Löhnen anzunehmen“.43 38 Deutscher Gewerkschaftsbund Hamburg, ARGE glänzt mit Absichtserklärungen – wann folgen Taten?, 14. September 2006, www.dgb-hamburg.de/index.php? theme=item-anzeige&artikel=1137&item=news. 39 Deutscher Gewerkschaftsbund Hamburg, Noch mehr Arges bei der ARGE: Nicht nur Eingliederungsvereinbarungen im Bündel, nun auch noch per Post!, 20. November 2006, Abs. 3 und 6, www.dgb-hamburg.de/index.php?theme=itemanzeige&artikel=1203&item=news. 40 Deutscher Gewerkschaftsbund Hamburg, Arges (Fn. 39), Abs. 2. 41 Deutscher Gewerkschaftsbund Hamburg, Masseneingliederungsvereinbarungen bei Hartz IV – Arbeitsloser zeigt ARGE an, 12. November 2006, Absatz 6, www. dgb-hamburg.de/index.php?theme=item-anzeige&artikel=1194&item=news. 42 Deutscher Gewerkschaftsbund Hamburg, Masseneingliederungsvereinbarungen (Fn. 41), Abs. 3. Wie explosiv die Stimmung zwischen Jobmanager und Arbeitsuchenden werden kann, zeigt die umgehende Strafanzeige eines der Kunden. 43 Ludwig Niethammer/Ulrich Rippert, Kanzler Schröder greift Arbeitslose an, in: Internationales Komitee der Vierten Internationale (Hrsg.), World Socialist Web Site, 18. April 2001, www.wsws.org/de/2001/apr2001/arbe-a18.shtml. Der weitere Zusammenhang des Beitrags ergibt, daß die Autoren damit auch Bezug auf die Eingliederungsvereinbarung des SGB III nehmen.

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Der Spiegel berichtete noch 2010 unter Berufung auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes, daß man bei den Optionskommunen mit über einem Drittel der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen kein Beratungsgespräch führt, mit mehr als der Hälfte keine Eingliederungsvereinbarungen abschließt und kein Vermittlungsprofil erarbeitet.44 Von Herausforderungen in den Jobcentern zeugt ferner ein Beitrag vom Mai 2011, in dem von der heftigen Auseinandersetzung zwischen einer vierzigjährigen Kundin und dem Personal des Jobcenters Rhein-Main zu lesen war. Die Auseinandersetzung endete zum Nachteil der reichlich renitenten Kundin mit tödlichen Schüssen der eilends herbeigerufenen Polizei.45

B. Eingliederungsverträge als rechtsdogmatisches Problem Rechtsdogmatik schafft ein „Gefüge juristischer Begriffe, Institutionen, Grundsätze und Regeln“46, das übergeordnete Sachzusammenhänge und Strukturen aufdeckt, die Rechtsordnung durchschaubar macht und zu orientierter und sicherer Rechtsanwendung verhilft.47 Dem dient auch die dogmatische Aufbereitung des Verwaltungsvertragsrechts, die in der jüngeren Vergangenheit zwar deutlich an Boden gewonnen hat48, aber noch immer nicht zu einem Abschluß gelangt ist49. Dabei bleibt allerdings zweifelhaft, ob eine reine, nur an der Handlungsform orientierte Vertragsdogmatik die mit ihr verbundenen Erwartungen50 überhaupt vollumfänglich erfüllen kann. Die im Sozialverwaltungsrecht eingeführten Eingliederungsverträge stellen die herkömmliche Lehre vom Verwaltungsvertrag jedenfalls vor erhebliche Herausforderungen. 44

Spiegel Nr. 11 vom 15. März 2010, S. 76. S. dazu www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,druck-763600,00.html. 46 Winfried Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 245 (246). 47 Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtslehre im Umbruch?, DV 25 (1992), S. 301 (301); Horst Dreier, Merkls Verwaltungsrechtslehre und die heutige deutsche Dogmatik des Verwaltungsrechts, in: Robert Walter (Hrsg.), Adolf J. Merkl – Werk und Wirksamkeit, 1990, S. 55 (56 ff.); Reiner Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 1990, S. V. 48 Als Beleg sei nur auf die wichtigen Habilitationsschriften von Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, Hans Christian Röhl, Verwaltung durch Vertrag, Typoskript, o. J., Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), und Willy Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, 1994, verwiesen. 49 S. nur Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 17; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 5), § 14 Rn. 23; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 6), S. 347. 50 S. dazu nur Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 2; Spannowsky, Grenzen (Fn. 48), S. 32 ff. 45

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I. Momentaufnahme und Eingliederungsprozeß Erste Schwierigkeiten bereitet schon der Umstand, daß der Eingliederungsvertrag wie jeder Einzelakt „nur eine Momentaufnahme innerhalb sich entwickelnder Beziehungen“51 ist. Nun erwächst gerade die Eingliederung von Arbeitsuchenden oft zu einem langwierigen und dynamischen Prozeß mit zahlreichen Kontakten zwischen Arbeitsverwaltung und Bürger.52 Dieser Prozeß hat zunächst entscheidenden Einfluß auf die Willensbildung der Parteien und damit auf Inhalt und Abschluß der Eingliederungsvereinbarung selbst. Im weiteren Fortgang prägt zwar die Vereinbarung das Geschehen. Doch steht auch sie noch unter dem Einfluß des Gesamtvorganges und vor allem dem Anpassungsdruck der nachfolgenden Entwicklung, falls die Vertragsdurchführung nicht die erhofften Erfolge zeitigt.53 Diese Zusammenhänge vermag eine nur auf die Handlungsform abstellende Vertragslehre kaum abzubilden. II. Verwaltungshandeln und Bürgerengagement Hinzu kommt, daß die herkömmliche Vertragsdogmatik ihre Aufmerksamkeit vorrangig dem Verwaltungshandeln widmet.54 Die für Zustandekommen und Abwicklung des Vertrages notwendige Mitwirkung des Bürgers gerät als vermeintliche „Belanglosigkeit“ weitgehend in den Hintergrund.55 Das neue Eingliederungskonzept holt den Arbeitsuchenden mitten 51 Formulierung nach Otto Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231), der sich in diesem Zusammenhang allerdings nur mit dem Verwaltungsakt befaßt. Zum „punktuell-augenblicksverhafteten Charakter“ aller Handlungsformen dann aber deutlich Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 47), S. 314, und Dirk Ehlers, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, DVBl. 1986, S. 912 (914, Fn. 39). Ausdrücklich für den Verwaltungsvertrag Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 103; Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 172. 52 S. o. A.II. 53 Vgl. BT-Drs. 14/6944, S. 31 zur Eingliederungsvereinbarung des SGB III; BTDrs. 15/1516, S. 54 zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II; Deutscher Verein, Empfehlungen des Deutschen Vereins zu Qualitätsstandards für das Fallmanagement, NDV 2004, S. 149 (153); Klein/Langnickel, Case Management (Fn. 30). 54 Das wird schon im Ausgangspunkt deutlich, wenn von „subordinationsrechtlichen Verträgen“ und vom Vertrag als „Handlungsform der Verwaltung“ die Rede ist. 55 Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 47), S. 313 f., und Ehlers, Rechtsverhältnisse (Fn. 51), S. 914, die den Bürger im Rahmen der Handlungsformenlehre treffend als „quantité négligeable“ behandelt sehen; Martin Schulte, Informales Verwaltungshandeln als Mittel staatlicher Umwelt- und Gesundheitspflege, DVBl. 1988, S. 512 (513); in aller Deutlichkeit auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 172, der

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ins Geschehen und verleiht dessen Engagement und Initiative besonderes Gewicht. Die Arbeitsverwaltung tritt daneben „nur“ noch als kundenorientierter Dienstleister auf, der die Vereinbarung gemeinsam und gleichberechtigt mit dem Bürger aushandelt und umsetzt, nicht einseitig diktiert und vollzieht.56 Dabei verfolgen die Beteiligten meist vielfältige Interessen, stehen ihnen zahlreiche Rechte und Pflichten zu, die Beachtung und einen adäquaten Ausgleich fordern. III. Bilaterale und mehrseitige Rechtsbeziehungen Probleme bereitet weiter, daß die bisherige, an den §§ 54 ff. VwVfG orientierte Vertragslehre vorwiegend auf zweiseitige Rechtsbeziehungen zugeschnitten ist.57 Deshalb bringt sie komplexe materiell-rechtliche Interessenlagen nicht angemessen zur Geltung.58 Die Eingliederung von Arbeitsuchenden muß aber häufig zahlreiche Dritte in die Problemlösung einbinden. Lebt der Erwerbslose etwa in einer Bedarfsgemeinschaft, sind deren Mitaus Sicht der Handlungsformenlehre beim Vertragsschluß nur von der Mitwirkung des Bürgers an einer „Verwaltungsentscheidung“ spricht; Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 103; andeutungsweise Friedhelm Hase, Das Verwaltungsrechtsverhältnis, DV 38 (2005), S. 453 (457 f. und 462). 56 Für die Eingliederungsvereinbarung des SGB II s. BT-Drs. 15/1516, S. 44, 46 f., 50 f., 54; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 18), § 2 Rn. 28 ff., § 15 Rn. 15 ff.; Heinrich Lang, Die Eingliederungsvereinbarung zwischen Autonomie und Bevormundung, NZS 2006, S. 176 (176); Spellbrink, SGB II (Fn. 28), § 1 Rn. 2. Für die Eingliederungsvereinbarung des SGB III s. BT-Drs. 14/6944, S. 25, 28 f., 30 f.; Jürgen Brand, in: Klaus Niesel/Jürgen Brand (Hrsg.), SGB III, 5. Aufl. 2010, § 37 Rn. 4 f., 8; Niels Lehmann-Franßen, Unangemessene Eigenbemühungen und die Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II, NZS 2005, S. 519 (520). 57 Schon die gesetzliche Regelung geht mit § 58 VwVfG nur kurz, dafür aber um so einscheidender auf die Beteiligung Dritter ein. 58 Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 47), S. 314; Ehlers, Rechtsverhältnisse (Fn. 51), S. 915; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 6), S. 347; Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 55), S. 513. Exemplarisch für das beklagte Defizit in der jüngeren Literatur Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 430 ff., der dem Problem der Beteiligung Dritter in seiner immerhin 711 Seiten langen Arbeit lediglich acht Seiten widmet, auf die angeblich geringe praktische Relevanz solcher Konstellationen verweist (a. a. O. S. 430 f., 436 f.), sich offenbar nur einseitig auf die Position des Einzelnen gegenüber dem Staat konzentriert (a. a. O. S. 435 ff.) und die Problematik durch § 58 VwVfG hinreichend behandelt sieht. Ferner Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 5), § 14 Rn. 30, und Elke Gurlit, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 32 Rn. 1 f., die mit Blick auf § 58 VwVfG ebenfalls nur knapp die Beteiligung Dritter erwähnen. Anders schon Röhl, Verwaltung (Fn. 48), S. 288 ff.

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glieder regelmäßig Bestandteil des Eingliederungskonzepts.59 Ist für die Rückkehr des Bürgers auf den Arbeitsmarkt eine Weiterbildungsmaßnahme erforderlich, wirken daran oft externe Dienstleister mit.60 Für solche Maßnahmen wiederum stehen möglicherweise nur begrenzte Mittel zur Verfügung, wodurch Wettbewerbsverhältnisse zwischen den einzelnen Arbeitsuchenden aber auch zwischen den Dienstleistern61 entstehen können. Auch insofern sind Rechte, Pflichten und Interessen der Beteiligten hinreichend auszugleichen. IV. Formenautismus und Formenmix Ein wesentliches Anliegen der hergebrachten Vertragsdogmatik ist die deutliche Abgrenzung des Verwaltungsvertrages von anderen administrativen Handlungsformen. Die isolierte Betrachtung soll formspezifische Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen verdeutlichen sowie über Rechtsschutz- und Vollstreckungsmöglichkeiten aufklären.62 Solcher „Formenautismus“ kann allerdings nur schwer das Zusammenspiel des Vertrages mit anderen Handlungsmodalitäten der Verwaltung veranschaulichen.63 Nun sieht das Eingliederungskonzept der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende aber ausdrücklich verschiedene Kombinationen von Vertrag und Verwaltungsakt vor. Grob skizziert64 beruht die Eingliederung dort prinzipiell auf vertraglicher Grundlage, die zugehörige Hilfe zum Lebensunterhalt auf einem Verwaltungsakt. Auch zur Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung kann der Erlaß eines Verwaltungsaktes durch die Behörde geboten 59 BT-Drs. 15/1516, S. 52, 54; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 18), § 15 Rn. 46 ff.; Wolfgang Spellbrink, Die Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 SGB II eine Fehlkonstruktion?, NZS 2007, S. 121 (121 ff.). 60 Für die Eingliederung nach dem SGB II s. BT-Drs. 15/1516, S. 54; Johannes Münder, in: ders. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 17 Rn. 16 ff.; Stephan Rixen, Erwerbsfähigkeit als Normalität – Zum Normalisierungspotential eines Ordnungsbegriffs der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ArchSozArb 2005, S. 106 ff. Für die Eingliederung nach dem SGB III s. BT-Drs. 14/6944, S. 31 zu Nr. 15 (zu § 37a SGB III a. F.); Brand, Arbeitsförderung (Fn. 56), § 35 Rn. 2; Horst Steinmeyer, Fördern und Fordern – Arbeitsvermittlung nach dem Job-AQTIV-Gesetz, info also 2002, S. 4 (7). 61 Dazu Stephan Rixen, Sozialvergaberecht ante portas?, VSSR 2005, S. 225 ff. 62 Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 171, 174 ff.; kritisch Reiner Schmidt, Die Reform von Verwaltung und Verwaltungsrecht, VerwArch 91 (2000), S. 149 (159); zur Handlungs- bzw. Rechtsformenlehre allgemein Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVBl. 1989, S. 533 (534); ders., Ordnungsidee (Fn. 6), S. 297 f. 63 Näheres s. u. § 8 A. und B. 64 Zu den Einzelheiten s. vorerst nur Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 10), S. 894 f.

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sein.65 Kommt der Bürger ohne wichtigen Grund den vereinbarten Pflichten nicht nach, ergeht ein Sanktions-Verwaltungsakt, der die Minderung der Leistungen zum Lebensunterhalt feststellt. Die gegebenenfalls fehlende Vereinbarung selbst fängt ebenfalls ein Verwaltungsakt auf.66 V. Individualform und Massenverwaltung Wenig Aufmerksamkeit hat die Dogmatik bislang auch dem Phänomen des Vertrages in der Massenverwaltung geschenkt.67 Das mag nicht zuletzt an der noch immer verbreiteten Einschätzung liegen, wonach sich der Vertrag für die Massenverwaltung „in der Tat (. . .) wenig eignet“68. Der millionenfache Abschluß von Eingliederungsvereinbarungen hat diese Sichtweise mittlerweile überholt, und die Lehre zum Verwaltungsvertrag ist gefordert, die davoneilende Praxis wieder einzufangen. Dabei werden sich rechtliche Besonderheiten wie Typisierung, Gleichbehandlung und Schutz vor Übervorteilung, aber auch Fragen nach Akzeptanz, Effizienz und Flexibilität massenvertraglichen Handelns als wichtige Problemlagen ergeben.69 VI. Gesetzesdirektion und Gestaltungsfreiheit Dogmatische Anstrengungen fordert schließlich die „normative Vorordnungsschwäche“70 um den Eingliederungsvertrag. Zwar gibt das Gesetz 65 Allgemein zum „vertragserfüllenden Verwaltungsakt“ vorerst nur Georg Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, 2001, S. 18 ff., und Jürgen Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, ca. 1988, S. 230 ff. 66 Zur Rechtsformensubstitution etwa im sog. Vertragsnaturschutz s. nur Udo Di Fabio, Vertrag statt Gesetz?, DVBl. 1990, S. 338 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 208 ff. 67 Exemplarisch Hans Peter Bull/Veith Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Auflage 2009, § 21, dort insbes. Rn. 841; Steffen Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2010, § 11; Gurlit, Vertrag (Fn. 58), §§ 28 ff., insbes. § 30 Rn. 11; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 5), § 14, dort insbes. Rn. 24, die das Problem der Massenverwaltung bei ihren Ausführungen zum Verwaltungsvertrag keines Wortes würdigen oder nur am Rande streifen. Vertiefender dagegen Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), insbes. S. 75 ff. und 502 ff., und Spannowsky, Grenzen (Fn. 48), S. 71, 321, 335 ff. 68 Maurer, Rechtstatsachenforschung (Fn. 5), S. 130; ähnlich ders., Verwaltungsvertrag (Fn. 5), S. 806. S. auch schon oben A.I. 69 Dazu nur Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 75 ff., 99, 342, 357, 501 ff., und Spannowsky, Grenzen (Fn. 48), S. 71, 321 ff., 507 f. 70 Zum Phänomen der „normativen Vorordnungsschwäche“ in der Leistungsverwaltung Hermann Hill, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, NJW 1986, S. 2602 (2608), und speziell im Sozialrecht Hans Zacher, Verrechtlichung im Be-

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Rahmen und Richtpunkte vor, doch die Vorgaben sind dürftig und lassen nicht nur die Verwaltungspraxis über weite Strecken im Stich. Schon das mit dem Vertrag untrennbar verbundene71 und konzeptionell als „Kernelement der neuen Leistung“ vorgesehene Fallmanagement72 ist im Gesetzestext allenfalls angedeutet.73 Die Bestimmungen zur Eingliederungsvereinbarung selbst bleiben skizzenhaft und begnügen sich mit den wichtigsten Typvorgaben.74 Von einer „gesetzesdirigierten Vertragsgestaltung“75 kann allenfalls noch in Ansätzen die Rede sein.76 Das eröffnet den Parteien zwar mehr Flexibilität und Gestaltungsfreiheit, mehr Möglichkeiten zur Selbststeuerung. Die gesetzgeberische Zurückhaltung hat aber auch Unsicherheiten im Gefolge, die den Einsatz der Eingliederungsvereinbarung unberechenbar und risikoreich machen können, zumal die hergebrachte Vertragslehre Kommunikationsprozesse und Gestaltungsoptionen kaum aufnimmt und verarbeitet.77 Sie erschwert der Praxis die Bildung fundierter „Regel-Routinen“78, mit denen sich die Beteiligten entlasten und Chancen wie Risiken des Eingliederungsvertrages besser beherrschen ließen. Klarheit und Übersicht sind aber um so wichtiger, als das Gesetz die Parteien für den Regelfall auf die reich des Sozialrechts, in: Friedrich Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, 1985, S. 35 f. 71 S. dazu oben A.II. 72 BT-Drs. 15/1516, S. 44. 73 Vgl. dazu §§ 14, 4 SGB II und § 37 Abs. 1 SGB III, die den Begriff des Fallmanagement allerdings nicht erwähnen, wohl aber einzelne Komponenten des Konzepts wie den „persönlichen Ansprechpartner“ (§ 14 SGB II) oder die „Potenzialanalyse“ (§ 37 Abs. 1 SGB III) ansprechen; Deutscher Verein, Empfehlungen (Fn. 53), S. 149; Rainer Göckler, Beschäftigungsorientiertes Fallmanagement, 2. Aufl. 2006, S. 23. 74 S. dazu §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 2, 15, 16e Abs. 1 und 31 SGB II sowie § 37 Abs. 2 und 3 SGB III. 75 Zum Grundsatz gesetzesdirigierter Vertragsgestaltung frühzeitig Eberhard Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverträge im Städtebaurecht, in: Wolfgang Lenz (Hrsg.), Festschrift für Konrad Gelzer, 1991, S. 117 (122); ders., Ordnungsidee (Fn. 6), S. 343 f.; s. außerdem Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, 89 (91 ff.), und Wolfgang Kahl, Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, DÖV 2000, S. 793 (795 ff.). 76 Auch ein Blick auf die ergänzend eingreifenden §§ 53 ff. SGB X führt nicht wesentlich weiter. Die Bestimmungen sind nur grundsätzlicher Natur und gelten seit jeher als fragmentarisch; zu den bis auf eine Ausnahme gleichlautenden §§ 54 ff. VwVfG, Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 5), § 14 Rn. 2; Punke, Verwaltungshandeln (Fn. 65), S. 3; Rolf Stober, Verwaltungsrechtliche Verträge, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 22; ausführlich Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 379, 389 ff. 77 Bauer, Gestaltung (Fn. 75), S. 89 ff.; ders., Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 104; Schmidt, Reform (Fn. 62), S. 158 f. 78 Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 5), § 54 Rn. 3.

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Eingliederungsvereinbarung verweist und einen Rückgriff auf andere, insbesondere einseitige Handlungsformen nur ausnahmsweise zuläßt.

C. Erkenntnisinteresse und Gang der Untersuchung Wie sich gezeigt hat, kann die hergebrachte Lehre vom Verwaltungsvertrag das Recht der Eingliederungsvereinbarung nur unzureichend erfassen. Sie übergeht wichtige Themenbereiche, die auch das Gesetz bestenfalls kursorisch regelt, deren nähere rechtliche Ausformung die Vereinbarung als Eingliederungsinstrument in der Praxis aber erst einsatzfähig und handhabbar macht. Selbst die einschlägige Fachliteratur hat die angesprochenen Fragen bislang nur in Teilen beachtet und erst recht nicht dogmatisch hinreichend strukturiert.79 Das ist um so bedenklicher, als die Verwaltungspraxis sich dem massenhaften Abschluß der Eingliederungsvereinbarung nicht mehr entziehen kann und täglich den damit verbundenen Herausforderungen begegnen muß. Das wesentliche Erkenntnisinteresse dieser Arbeit liegt deshalb in der umfassenden Analyse, Bewertung und Einbindung der Eingliederungsvereinbarung in die Dogmatik des Allgemeinen Verwaltungsrechts und des Sozialverwaltungsrechts. Dabei soll es vor allem darum gehen, die Vereinbarung in dem mit ihr untrennbar verbundenen Eingliederungsprozeß vollständig zu erfassen und die vereinbarungsbezogenen Rechte und Pflichten der Beteiligten, sowie die Folgen der Verletzung dieser Pflichten in ihren Zusammenhängen systematisch zu erschließen. Dafür sind auch die Möglichkeiten und Grenzen der Vereinbarungsgestaltung zu erkunden, sowie das Zusammenspiel der Vereinbarung mit anderen Handlungsformen, insbesondere dem Eingliederungs- und dem Sanktions-Verwaltungsakt. Konzentriert sich die dogmatische Untersuchung demnach nicht streng und ausschließlich auf die Handlungsform Eingliederungsvereinbarung, sondern auch auf deren Umfeld, bietet sich das im Sozialverwaltungsrecht schon be79 Im Vordergrund der Betrachtungen stehen Streitigkeiten um die Rechtsnatur und die Grenzen der Eingliederungsvereinbarung und um das mit der Vereinbarung verbundene Sanktionensystem; exemplarisch Uwe-Dietmar Berlit, Das neue Sanktionensystem, ZFSH/SGB 2005, S. 707 (707 ff.), und ZFSH/SGB 2006, S. 11 (11 ff.); ders., Die Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (41 ff.); Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (589 ff.); ders., Sanktionen nach § 31 Abs. 1 und 2 SGB II, Sozialrecht aktuell 2008, S. 92 (92 ff.); Klaus Lauterbach, Das Sanktionensystem im SGB II, NJ 2008, S. 241 (241 ff.); Wolfgang Spellbrink, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II und ihre Sanktionierung, in: Deutscher Sozialgerichtstag (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte – Bilanz und Perspektiven, 2009, S. 45 (45 ff.).

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stens eingeführte Verwaltungsrechtsverhältnis80 als Struktur- und Ordnungsrahmen an. Zwar fordert das Denken in Rechtsverhältnissen im Deutschen Verwaltungsrecht immer wieder kritische Stimmen heraus, die heftig geführte Diskussion um eine zeitgemäße Verwaltungsrechtslehre soll an dieser Stelle gleichwohl keine Vertiefung erfahren. Kritiker81 und Befürworter82 der Rechtsverhältnislehre haben ihre Argumente mehr oder weniger sachlich ausgetauscht,83 eine Einigung ist bis auf weiteres nicht in Sicht. Die mittlerweile feste Etablierung im Steuer-84 und Sozialverwaltungsrecht85 sowie der verstärkte monographische Zugriff86 auf das Rechtsverhältnis sprechen aber für sich.87 80 Zum Rechtsverhältnis im Sozialverwaltungsrecht schon frühzeitig Wilhelm Henke, Die Rechtsformen der sozialen Sicherung und das Allgemeine Verwaltungsrecht, VVDStRL 28 (1970), S. 149 (161 ff.); Hans Zacher, Zur Rechtsdogmatik sozialer Umverteilung, DÖV 1970, S. 3 (10 ff.); s. weiterhin den vielbeachteten Beitrag von Peter Häberle, Das Verwaltungsrechtsverhältnis – eine Problemskizze, in: ders. (Hrsg.), Die Verfassung des Pluralismus, 1980, S. 248 (266 ff.); Hill, Rechtsverhältnisse (Fn. 70), S. 2602 ff.; Wolfgang Löwer, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, NVwZ 1986, S. 793 (795 ff.); Friedrich E. Schnapp, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, DÖV 1986, S. 811 (814 ff.); aus der Lehrbuchliteratur Helmar Bley/Ralf Kreikebohm/Andreas Marschner, Sozialrecht, 9. Aufl. 2007, S. 32 ff.; Eberhard Eichenhofer, Sozialrecht, 7. Aufl. 2010, Rn. 171 ff.; Jörn Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2011, § 3 Rn. 188 f.; Heinz-Gert Papenheim/Joachim Baltes/Burkhard Tiemann, Verwaltungsrecht für die soziale Praxis, 19. Auflage 2006, S. 163 ff. 81 Dreier, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 47), S. 82; Hans Meyer, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 45 (1987), S. 272; Jost Pietzcker, Das Verwaltungsrechtsverhältnis – Archimedischer Punkt oder Münchhausens Zopf?, DV 30 (1997), S. 281 (281 ff.); jeweils m. w. N. auch zur Gegenansicht. 82 Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 47), S. 301 ff.; ders., Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 103 ff.; Häberle, Verwaltungsrechtsverhältnis (Fn. 80), S. 248 ff., insbes. 250; Hill, Rechtsverhältnisse (Fn. 70), S. 2602; Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 55), S. 512 ff.; jeweils m. w. N. auch zur Gegenansicht. 83 Zur Diskussion im Überblick und zu Recht mißbilligend gegenüber den zum Teil sehr polemischen Ausführungen der Rechtsverhältnis-Kritiker, Rolf Gröschner, Vom Nutzen des Verwaltungsrechtsverhältnisses, DV 30 (1997), S. 301 (308 ff.). 84 S. insbesondere die gesetzliche Regelung in §§ 37 ff. AO. Aus der zahlreichen Literatur s. nur Dieter Birk, Steuerrecht, 13. Aufl. 2010, Rn. 250 ff.; Klaus Tipke, Das Steuerrechtsverhältnis und seine Elemente, in: Francis Cagianut/Klaus A. Vallender (Hrsg.), Steuerrecht – ausgewählte Probleme am Ende des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Ernst Höhn, 1995, S. 401 (401 ff.); ders./Joachim Lang, Steuerrecht, 20. Auflage 2010, §§ 6 ff. 85 Dazu schon oben Fn. 80. 86 Auf das Rechtsverhältnis als dogmatischen Ordnungsrahmen greifen beispielsweise zurück Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979; ferner Rolf Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis, 1992; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 48), S. 7 ff.; Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997; Martin Kellner, Haftungspro-

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Vor der dogmatischen Entfaltung der Eingliederungsvereinbarung in dem mit ihr verbundenen Eingliederungs-Rechtsverhältnis sind allerdings die dafür erforderlichen Grundlagen zu schaffen. Die Positionierung des neuen Eingliederungskonzeptes im internationalen Geschehen und seine nationalen Ursprünge stehen deshalb im Auftakt der weiteren Ausführungen.88 Ihnen schließt sich ein Überblick über die unmittelbare Entstehungsgeschichte, die Motive und die rechtliche Ausgestaltung der Eingliederungsvereinbarung und ihres Rechtsverhältnisses an.89 Dem folgt eine nähere Betrachtung des britischen und des australischen Eingliederungsrechts, das bei aller Vergleichbarkeit der Eingliederungskonzepte doch rechtliche Problemlösungsalternativen zum deutschen Eingliederungsrecht aufzeigen kann und die nötige Distanz zu den dort aufgeworfenen Problemen schafft.90 Will Dogmatik ihrem Auftrag91 gerecht werden, muß sie sich außerdem über die Bedürfnisse der Praxis im klaren sein. Daher gehört auch eine praktische Komponente zu den Grundlagen einer tragfähigen dogmatischen Entfaltung der Eingliederungsvereinbarung, wofür die Arbeit vor allem auf eine eigene umfassende Rechtstatsachenforschung zurückgreift.92 Unter dem Eindruck der so gewonnenen verläßlichen Erkenntnisse und Einsichten kann es dann zu einer dogmatischen Ausformung der Eingliederungsvereinbarung des SGB II kommen. Wegen des schon erwähnten Rückgriffs auf das Rechtsverhältnis als Struktur- und Ordnungsrahmen wird die Darstellung eine prozedurale Ausrichtung erfahren,93 der ein Überblick über bleme bei informellem Verwaltungshandeln, 2004; Thomas Meysen, Die Haftung aus Verwaltungsrechtsverhältnis, 2000; Stefan Ulrich Pieper, Aufsicht, 2006, S. 213 ff.; Rainer Regler, Das Vergaberecht zwischen öffentlichem und privatem Recht, 2007; Markus Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, 2009, insbes. S. 181 ff.; letztlich auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), selbst wenn er das nach außen hin bestreitet (Schlette, a.a.O., S. 211 ff.). 87 Schon 1997 konstatierte Pietzcker, Verwaltungsrechtsverhältnis (Fn. 81), S. 282, die Diskussion „über das (Verwaltungs-)Rechtsverhältnis [sei] immer noch im Gange, vielleicht sogar wieder belebter“. Zu den Vorzügen der Rechtsverhältnislehre s. vorerst nur Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 104 ff., Ipsen, Verwaltungsrecht (Fn. 80), § 3 Rn. 163 ff., und Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 55), S. 514. 88 § 2. 89 § 3. 90 § 4. 91 S. dazu die Einführung unter B. 92 §§ 5, 6 und 7. 93 Damit kommt die Arbeit einem verbreiteten Anliegen entgegen, nach dem ohnehin „die Dogmatik des Verwaltungsvertragsrechts auf eine stärkere Prozeduralisierung ausgerichtet werden“ muß; Zitat nach Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 6), S. 347 – Hervorhebung im Original. S. dazu ferner Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 6), § 36 Rn. 105; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 48), S. 7 ff., 320 ff., 562 ff.; Krebs, Verträge (Fn. 6), S. 260 ff.; Röhl, Verwaltung (Fn. 48), § 6.

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das Eingliederungs-Rechtsverhältnis vorausgeht.94 Im Anschluß an diesen Überblick wird die Arbeit die typischen Entwicklungssituationen des Rechtsverhältnisses vor und nach Vertragsschluß phasenweise aufnehmen.95 Für jede dieser Phasen sind Begründungs- und Beendigungstatbestand sowie Inhalt, Ziel und Verlauf herauszuarbeiten. Eine gesonderte Betrachtung kommt den Optionen der Beteiligten mit Blick auf Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung zu.96 Neben Erwägungen zur individuellen Ausformung sind mit Blick auf den massenhaften Abschluß der Eingliederungsverträge auch Möglichkeiten einer Typisierung anzusprechen. Das erfaßt insbesondere die Frage nach standardisierten Vertragsklauseln, die fehlende oder unzureichende gesetzliche Bestimmungen ausgleichen und ständig wiederkehrende, gleichgelagerte Konstellationen verarbeiten.97

§ 2 Internationale Entwicklungen und nationale Ursprünge Das neue Eingliederungskonzept ist nicht vom Himmel gefallen. Schon vor seiner Einführung gab es im Ausland größere Arbeitsmarktreformen, deren Ideen das deutsche Verständnis von moderner Eingliederung beeinflußten. Von daher ist es Teil einer weltweiten Neuorientierung in diesem Bereich. Dabei konnten Verwaltung und Gesetzgeber in Deutschland auch auf eigene positive Ansätze aus einem jahrzehntelangen Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit zurückblicken. Begleitende Impulse lieferte zudem die verwaltungswissenschaftliche Reformdiskussion mit ihren Vorstellungen von moderner und bürgerfreundlicher Verwaltung. Jedes Wissen um diese Strömungen schärft das Verständnis für das neue Eingliederungsmodell und führt zu mehr Gelassenheit und Normalität beim Umgang mit dem neuen Recht. Das scheint um so dringlicher, als mancher auch in der rechtlichen Diskussion sich mit fragwürdiger Verbissenheit gegen die neue Ordnung stellt und dabei keine Gelegenheit ausläßt, ihre Konsolidierung zu hintertreiben. Aufhalten wird er sie freilich nicht. Das zeigen die internationalen Entwicklungen (A.) ebenso wie die nationalen Grundlagen (B.), die fast zwangsläufig zu dem jetzigen System geführt haben. 94

§ 8. §§ 9, 10, 12, 13 und 14. 96 § 11. 97 Erste Aufmerksamkeit erregte beispielsweise die Klauselpraxis des Jobcenters Coburg Land, die schon kurz nach ihrem Bekanntwerden im heftigen Feuer der Kritik stand; s. dazu vorerst nur den Internetbeitrag von www.tacheles-sozialhilfe.de/ aktuelles/2007/coburger_erklärung. 95

§ 2 Internationale Entwicklungen und nationale Ursprünge

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A. Internationale Entwicklungen Die nun schon Jahrzehnte währende Krise des Arbeitsmarktes ist kein spezifisch deutsches Problem. Fast alle westlich geprägten Industriestaaten hatten oder haben mit Herausforderungen offener oder verdeckter Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen, denen sie mit zum Teil sehr einschneidenden Arbeitsmarktreformen begegneten.1 Diese Reformen waren überaus vielschichtig und verliefen nicht immer geradlinig. Ihr Schwerpunkt lag in den 1990er Jahren, die sowohl im europäischen als auch im außereuropäischen Raum mehr oder weniger stark im Zeichen aktivierender Eingliederung mit der „Eingliederungsvereinbarung“ als zentralem Steuerungsmittel standen. Es versteht sich, daß in einer Arbeit zum Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II kein umfassendes Bild der ausländischen Reformen nachgezeichnet werden kann. Für die an dieser Stelle gebotene Einordnung der Eingliederungsvereinbarung in das internationale Geschehen genügt es aber auch, einige kurze Schlaglichter auf die einschlägige Programmatik ausgewählter Reformstaaten zu werfen. Einer weitergehenden Beleuchtung der Thematik, vor allem mit Blick auf die rechtliche Ausgestaltung der ausländischen Eingliederungskonzepte, bedarf es im hier interessierenden Zusammenhange noch nicht. Doch wird im weiteren Verlauf der Arbeit aus rechtsvergleichender Perspektive zumindest auf das britische und das australische Eingliederungsrecht zurückzukommen sein.2 I. Europäische Reformstaaten Im Europa der 1990er Jahre waren aktivierende Arbeitsmarktreformen besonders verbreitet, unter anderem in Frankreich, Österreich, Portugal, Schweden, der Schweiz und Spanien.3 Berichtet wird auch von Griechenland und Italien.4 Zu den in Deutschland am meisten beachteten und damit potentiell einflußreichsten europäischen Reformstaaten gehörten aber Großbritannien, die Niederlande und Dänemark, auf die daher näher einzugehen ist.

1

Dazu im Überblick Frank Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung im Wandel – Erfahrungen aus 15 Ländern im Vergleich, 2002; Martin Kröger/Ulrich van Suntum, Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere?, 2. Aufl. 2000; vgl. auch Eberhard Eichenhofer, Geschichte des Sozialstaats in Europa, 2007, S. 145. 2 S. u. § 4. 3 Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung (Fn. 1), S. 55 ff., 171 ff., 195 ff., 207 ff., 227 ff., 271 ff. 4 Ute Klammer/Simone Leiber, Aktivierung und Eigenverantwortung in europäisch-vergleichender Perspektive, WSI Mitteilungen 2004, S. 514 (518).

44 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

1. Großbritannien Die britischen Reformen nahmen bereits Mitte der 1980er Jahre ihren Anfang. In den Jahren zuvor hatte man den Arbeitsmarkt mit einer rigiden Spar- und Deregulierungspolitik noch weitgehend sich selbst überlassen, ohne dadurch einen besorgniserregenden Anstieg der Arbeitslosigkeit verhindern zu können.5 Deshalb veranlaßte die Regierung Thatcher 1986 ein aktivierendes Restart-Programm, das unter anderem obligatorische Interviews und sog. „back to work“-Pläne zwischen Verwaltung und Arbeitsuchenden vorsah.6 Zugleich ermöglichte sie strengere Sanktionen gegen Arbeitsuchende.7 Diese Aktivierungspolitik gewann in den Folgejahren immer stärkere Bedeutung. So verschärfte der Social Security Act von 1989 die Zumutbarkeitsanforderungen für die Arbeitsaufnahme und machte die aktive Arbeitsuche (wieder) zur Voraussetzung für den Arbeitslosengeldbezug.8 Zum „großen Wurf“ kam es aber erst mit dem Jobseekers Act 1995.9 Dort führte die Regierung Major die bis dahin zweigeteilte Arbeitslosenunterstützung zu einem einheitlichen System für alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zusammen. Bei dieser Gelegenheit zog der Gesetzgeber auch die Anforderungen für finanzielle Hilfe – nunmehr Jobseeker’s Allowance – weiter an.10 Vor allem aber installierte er als zentrales Element 5 Mark Considine, Enterprising States, 2001, S. 40 f.; David P. Dolowitz, British Employment Policy in the 1980s: Learning from the American Experience, Governance 10 (1997), S. 23 (24 f.). 6 Dan Finn, The Role of Contracts and the Private Sector in Delivering Britain’s „Employment First“ Welfare State, in: Els Sol/Mies Westerveld, Contractualism in Employment Services, 2005, S. 101 (101); Mark Freedland/Desmond King, Contractual governance and illiberal contracts: some problems of contractualism as an instrument of behaviour management by agencies of government, CJoE 27 (2003), S. 465 (473); dies., Client Contractualism between the Employment Service and Jobseekers in the United Kingdom, in: Els Sol/Mies Westerveld (Hrsg.), Contractualism in Employment Services, 2005, S. 119 (131 f.). Die Wurzeln des „back to work“-Plans reichen zurück bis in das Jahr 1910; Julian Fulbrook, The Jobseekers Act 1995: Consolidation With a Sting of Contractual Compliance, ILJ 24 (1995), S. 395 (395); unzutreffend Considine, States (Fn. 5), S. 46, und Jamie Peck, Workfare States, 2001, S. 295. 7 Simon Deakin/Frank Wilkinson, The Law of the Labour Market, 2005, S. 177; Peck, States (Fn. 6), S. 266. 8 Sec. 10 SSA 1989; Paul Davies/Mark Freedland, Towards a Flexible Labour Market, 2007, S. 170 ff.; Deakin/Wilkinson, Law (Fn. 7), S. 177 f. 9 Freedland/King, Contracts (Fn. 6), S. 474, sprechen von „the most significant reform of income support since 1948“; s. auch dies., Contractualism (Fn. 6), S. 132. Näher zur Geschichte des öffentlichen Arbeitslosenservice in Großbritannien bis Ende des 20. Jahrhunderts David Price, Office of Hope, 2000. 10 Davies/Freedland, Towards (Fn. 8), S. 174 f.; Deakin/Wilkinson, Law (Fn. 7), S. 178; Peck, States (Fn. 6), S. 282 ff.

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des neuen Hilfesystems ein Jobseeker’s Agreement, in dem der weitere Verlauf der Eingliederung seither verbindlich zu vereinbaren ist.11 Bei fehlenden Eigenbemühungen muß der Leistungsberechtigte fortan mit noch härteren Sanktionen rechnen.12 Die 1998 von der Regierung Blair aufgesetzten New Deal-Programme haben das Spektrum möglicher Eingliederungsmaßnahmen nur noch erweitert, stellten aber keine echte Neuerung mehr dar. Es handelte sich vielmehr um großangelegte Intensivprogramme, die im wesentlichen auf Grundlage des Jobseekers Act von 1995 ergingen. Das sollte Fähigkeiten und Fertigkeiten der Leistungsberechtigten verbessern und von ihnen wie von der Arbeits- und Sozialverwaltung noch mehr Eingliederungsbemühungen fordern.13 Zur weiteren Unterstützung des Aktivierungskonzeptes begann Großbritannien 2002 mit Einführung der JobcentrePlus, die den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten seither alle zur Eingliederung erforderlichen Dienstleistungen aus einer Hand anbieten.14

11 Davies/Freedland, Towards (Fn. 8), S. 172 f.; Deakin/Wilkinson, Law (Fn. 7), S. 178; John Jackson Mackay of Ardbrecknish, LHt, 3. April 1995, vol. 563, C. 12; näher § 4 IV. Die schon erwähnten „back to work“-Pläne mögen für das Jobseeker’s Agreement eine gewisse Vorbildwirkung gehabt haben; Fulbrook, Jobseekers Act (Fn. 6), S. 400; Peck, States (Fn. 6), S. 295. Die typischen Merkmale des Jobseeker’s Agreement mit seiner zentralen Stellung in einem konsensual geprägten Eingliederungskonzept fehlten den „back to work“-Plänen aber ebenso wie eine ausdrückliche gesetzliche Regelung; vgl. Fulbrook, a. a. O., S. 400; s. auch Fn. 6. 12 Heather Tricky/Robert Walker, Steps to compulsion within British labour market policies, in: Ivar Lødemel/Heather Trickey (Hrsg.), An offer you can’t refuse, 2000, S. 181 (188 f.). 13 Davies/Freedland, Towards (Fn. 8), S. 174 f.; Klammer/Leiber, Aktivierung (Fn. 4), S. 516 f.; näher zu den einzelnen New Deal Programmen Jane Millar, Keeping track of welfare reform, 2000, S. 1 ff. Die deutsche Literatur vermittelt häufig den Eindruck, Schwerpunkt der britischen Arbeitsmarktreformen seien die 1998 aufgesetzten New Deal-Programme und die 2002 begonnenen Organisationsreformen gewesen; exemplarisch Martin Kröger/Ulrich van Suntum, Mit aktiver Beschäftigungspolitik aus der Beschäftigungsmiesere?, 1999, S. 69 ff., und Renate Fries, Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien, in: Frank Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung im Wandel, 2002, S. 77, 90 f. Dabei wird übersehen, daß es bereits der Jobseekers Act 1995 war, der die Strukturen des heutigen britischen Eingliederungskonzepts vorgab. 14 Das Konzept eines echten „one-stop-shops“ für erwerbsfähige Leistungsberechtigte stand seit Anfang der 1990er Jahre (wieder) ernsthaft zur Diskussion und wurde Mitte des Jahrzehnts durch die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe unter der Jobseeker’s Allowance weiter befördert. Aber erst 2001 begann mit dem Umbau des britischen Ministerialapparates auch die organisatorische Zusammenführung der Arbeits- und Sozialverwaltung; näher Matthias Knuth/Oliver Schweer/Sabine Siems, Drei Menüs – und kein Rezept?, 2004, S. 13, 16 f.; Price, Office (Fn. 9), S. 298, 301, 306 ff.

46 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

2. Niederlande Die Niederlande bekämpften die Arbeitslosigkeit bis weit in die 1980er Jahre vor allem durch Lohnzurückhaltung15 und umfangreiche Deaktivierung16 von Erwerbsfähigen, die sich kurzerhand als krank oder erwerbsunfähig aus dem Arbeitsmarkt verabschieden konnten. Beide Konzepte erleichterten phasenweise die Eingliederung von Arbeitsuchenden und senkten die offiziellen Arbeitslosenzahlen. Sie begünstigten aber auch ein hohes Maß an verdeckter und an langzeitiger Arbeitslosigkeit.17 Ende der 1980er Jahre war schließlich die „Zerstörung des sozialstaatlichen Systems durch Inaktivität“ zu befürchten und Forderungen nach einer „aktivierenden Arbeitsmarktpolitik“ wurden laut.18 Erster Ansatzpunkt war die niederländische Arbeitsverwaltung, die – bislang „dahindämmerndes Staatsmonopol“ – ein effizientes und dienstleistungsorientiertes Unternehmen werden sollte.19 1991 und 1996 erfolgte dort jeweils eine grundlegende Umgestaltung, die 2002 in die Privatisierung weiter Teile der bisher öffentlichen Verwaltung mündete.20 Als staatliche Einrichtungen verblieben die Centra voor Werk en Inkommen (CWI), die den Arbeitsuchenden als zentrale Anlaufstelle an die einzelnen Geldleistungs- und Dienstleistungsträger weiterleiten.21 Insbesondere die Vermittlung, die auch Maßnahmen zur Herstellung der Vermittlungsfähigkeit beinhaltet, übernahmen nun im wesentlichen private Anbie15 Jelle Visser/Anton Hemerijck, Ein holländisches Wunder?, 1998, S. 32 ff., 111 ff. und 209. Ein wichtiger Meilenstein für die Lohnzurückhaltung in den Niederlanden war das Abkommen von Wassenaar; s. nur Grit Albrecht, Das Recht der Arbeitsförderung in den Niederlanden, 2004, S. 43 ff., und Wim van Oorschot, The dutch welfare state: Recent trends and challenges in historical perspective, EJoSS 8 (2006), S. 57 (63 und 69 f.). 16 Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 33, 197; s. auch Oliver Bruttel, Die Privatisierung der öffentlichen Arbeitsvermittlung: Australien, Niederlande und Großbritannien, 2005, S. 102. 17 Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 32 f.; Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 33, 158. Allg. zur Entwicklung des niederländischen Wohlfahrtsstaates seit 1874 van Oorschot, Recent trends (Fn. 15), S. 58 ff. 18 Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 210, nach denen der Begriff der Aktivierung offiziell erstmals 1987 in den Niederlanden auftaucht; ferner van Oorschot, Recent trends (Fn. 15), S. 60 und 69. 19 Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 216 ff., insbes. 217; vgl. van Oorschot Recent trends (Fn. 15), S. 69. 20 Näher Bruttel, Privatisierung (Fn. 16), S. 99 ff.; zu den verschlungenen Wegen dieser Reform auch Albrecht, Arbeitsförderung (Fn. 15), S. 50 f., und Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 215 ff., 222 ff. und 228 ff. 21 Bruttel, Privatisierung (Fn. 16), S. 107; Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 41 f.; Agnes Lewe/Johannes Reef/Helmut Hartmann, Arbeitsmarktpolitik in den Niederlanden, in: Frank Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung im Wandel, 2002, S. 151 (165 ff.).

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ter.22 Zweiter Ansatzpunkt der Aktivierung waren die Leistungsberechtigten. 1992 und 1993 verschärfte der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit, was zahlreiche bisher passive Leistungsbezieher zunächst in den Kreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zurückholte.23 Dort besteht seit 1996 eine „Aktivitätsverpflichtung“, nach der sich grundsätzlich jeder Leistungsberechtigte aktiv um Arbeit bemühen muß („Werk voor Enkomen“).24 Die Arbeitsverwaltung begleitet den Arbeitslosen je nach Bedarf mit einem mehr oder weniger intensiven Fallmanagement, zu dem auch ein Reintegrationsplan gehört. Der Plan soll innerhalb eines Jahres zur Eingliederung führen.25 Zeigt der Leistungsberechtigte dabei keine hinreichenden Eigenbemühungen, drohen ihm Sanktionen bis zum vollständigen Leistungsentzug.26 3. Dänemark Auch Dänemark begegnete der Arbeitslosigkeit bis in die 1980er Jahre vor allem durch deaktivierende Maßnahmen. Das waren im wesentlichen Beschäftigungsschutz, großzügige soziale Absicherung von Arbeitslosen und umfangreiche Verabschiedung von Erwerbsfähigen in den vorzeitigen Ruhestand.27 Dramatisch ansteigende Arbeitslosenzahlen sowie zunehmend langzeitige und verdeckte Arbeitslosigkeit riefen Ende der 1980er Jahre in der Sozialpolitik und Anfang der 1990er Jahre auch in der Arbeitsmarktpolitik „eine größere Reformarbeit“ hervor.28 Wichtigstes Reformelement war das Konzept der Aktivierung für eine maßgeschneiderte und individualisierte Eingliederung der Leistungsberechtigten mit klaren Rechten und 22 Bruttel, Privatisierung (Fn. 16), S. 107; Lewe/Reef/Hartmann, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 21), S. 168. 23 Visser/Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 192 ff. 24 So ausdrücklich Art. 24 Werkloosheidswet. Zum aktiven Bemühen gehören vor allem regelmäßige Bewerbungsaktivitäten und die enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung; näher Albrecht, Arbeitsförderung (Fn. 15), S. 96 f., 99 ff.; Visser/ Hemerijck, Wunder (Fn. 15), S. 202. 25 Albrecht, Arbeitsförderung (Fn. 15), S. 103, 121; Bruttel, Privatisierung (Fn. 16), S. 107; Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 42 f. 26 Albrecht, Arbeitsförderung (Fn. 15), S. 104 ff., insbes. 106; Knuth/Schweer/ Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 38; s. auch van Oorschot, Recent trends (Fn. 15), S. 70. 27 Eingehend Henning Jørgensen/Flemming Larsen, Labour market policies, in: Henning Jørgensen (Hrsg.), Consensus, Cooperation and Conflict – The Policy Making Process in Denmark, 2002, S. 167 (173, 176 f.). S. außerdem Bent Greve, Aktive Arbeitsmarktpolitik in Dänemark – Realität oder Rhetorik, WSI Mitteilungen 2000, S. 322 (322 ff.), und Ove Hygum, Beschäftigungswunder Dänemark, ein Modell?, in: Günther Schmid/Klaus Schömann (Hrsg.), Von Dänemark lernen, 1999, S. 11 (15). 28 Jytte Andersen, Erste Reformerfahrungen in Dänemark, Bundesarbeitsblatt 1996, S. 24 (24); näher Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 175 ff.

48 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

Pflichten.29 Besondere Bedeutung haben dabei die 1994 eingeführten individuellen Handlungspläne erlangt, in denen Verwaltung und Leistungsberechtigter den weiteren Verlauf der Eingliederung verbindlich festlegen.30 Zeigt der Leistungsberechtigte bei der Eingliederung keine hinreichenden Eigenbemühungen, drohen ihm Sanktionen in Form von Leistungskürzungen.31 Unabhängig von den Handlungsplänen behielt der Gesetzgeber die hergebrachte Pflicht zur aktiven Arbeitssuche vom ersten Tage an bei.32 Er verschärfte außerdem die Zumutbarkeits- und Verfügbarkeitsanforderungen zur Arbeitsaufnahme und verkürzte zwar nicht die Höhe, wohl aber die mögliche Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes von grundsätzlich neun auf maximal vier Jahre.33 Obwohl Dänemark die Eingliederungsinstrumente der Arbeits- und der Sozialverwaltung immer weiter anglich,34 erhielten die Lei29 Andersen, Reformerfahrungen (Fn. 28), S. 24; Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 177. 30 Nunmehr §§ 27 ff. lov om en aktiv beskæftigelsesindsats („jobplan“). Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 177 f., 188; Søren Peter Olesen, Discourses of Activation at Danish Employment Offices, in: Michael Seltzer u. a. (Hrsg.), Listening to the Welfare State, 2001, S. 103 (104). In die von beiden Seiten unterzeichnete Vereinbarung sollen Wünsche und Qualifikationen des Leistungsberechtigten sowie Anforderungen und Bedürfnissen des Arbeitsmarktes einfließen; Olesen, a. a. O., S. 104. Dabei haben die Betroffenen offenbar großen gestalterischen Einfluß. 31 §§ 86 ff. lov om arbejdløshedsforsikring. Thorsten Braun, Ein neues Modell für Flexicurity – der dänische Arbeitsmarkt, WSI Mitteilungen 2003, S. 96; Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 188; Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 56. 32 Das Gebot der aktiven Arbeitsuche ist keine Errungenschaft der Arbeitsmarktreformen von 1994, eine entsprechende Verpflichtung gab es spätestens seit den 1970er Jahren; Jørgen Goul Andersen, Denmark: from the edge of the abyss to a sustainable welfare state, in: ders. u. a. (Hrsg.), Europes New State of Welfare, 2002, S. 143 (150); Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 174; vgl. auch Greve, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 27), S. 322 ff., 325. Wenigstens irreführend ist die in der deutschen Literatur verbreitete Auffassung, für Bezieher von Arbeitslosengeld sei erst nach 1994 eine „Aktivierungspflicht“ eingeführt worden, die nunmehr ab dem zweiten Jahr der Arbeitslosigkeit gelte; so beispielsweise Claudia Bogedan, Mit Sicherheit besser?, ZeS-Arbeitspapier Nr. 6/2005, S. 18; Waltraut Peter, Dänemarks „flexicurity“ – kein Vorbild für Deutschland, IW-Trends 2007, S. 69 (78). Tatsächlich müssen die Arbeitsuchenden ab dem zweiten Jahr nur zusätzlich an Schulungs-, Trainings- und ähnlichen Programmen teilnehmen; Jørgensen/Larsen, a.a.O., S. 188. 33 Andersen, Reformerfahrungen (Fn. 28), S. 25 f.; Greve, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 27), S. 325 f.; Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 175, 178 f.; Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 54 f. 34 Mit dem lov om en aktiv beskæftigelsesindsats von 2003 hat der Gesetzeber die Regelungen für Arbeitslosengeld- und Sozialhilfebezieher in einem Gesetz zusammengefaßt. Knapper Entwicklungsüberblick bei Irene Dingeldey, Zehn Jahre aktivierende Arbeitsmarktpolitik in Dänemark, WSI Mitteilungen 2005, S. 18 (20 f.), und Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 14), S. 56.

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stungsberechtigten die benötigten Dienstleistungen noch nicht aus einer Hand. Erst 2007 etablierten sich in sog. Jobzentren gemeinsame Anlaufstellen, jedoch ohne daß zu dieser Zeit schon über deren endgültige Organisation entschieden worden wäre.35 Neben allen diesen Maßnahmen ging das Konzept der Deaktivierung nach 1994 nicht unter. Man setzte es weiterhin zur Entlastung des Arbeitsmarktes ein und begann erst Ende der 1990er Jahre, bis auf weiteres davon abzugehen.36 II. Außereuropäische Reformstaaten Außerhalb Europas war die Aktivierung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in den 1990er Jahren ebenfalls ein wichtiges Reformthema. Das gilt etwa für Japan, Kanada, Neuseeland und Singapur.37 Wesentlich mehr Aufmerksamkeit fanden in Deutschland aber die Reformen in Australien und den USA. Sie sollen deshalb Gegenstand der weiteren Betrachtungen sein. 1. Australien Anders als in den bereits vorgestellten Reformstaaten gibt es in Australien eine lange Tradition der Aktivierung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Schon seit 1944 müssen Arbeitslose für den Bezug von Arbeitslosenunterstützung einen „Work Test“ bestehen, also vernünftige Schritte unternehmen, um eine geeignete Arbeit zu bekommen.38 Allerdings erschöpften sich diese Schritte oft in einer weitgehend ungelenkten Beschäftigungssuche, immerhin flankiert von zunehmend schärferen Sanktionen.39 35 Per Kongshøj Madsen, Dänemark – Arbeitsmarktsituationen und Beschäftigungsergebnisse, in: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), Wachstumsaspekte der Arbeitsmarktpolitik, 2007, S. 62 f.; ungenau Dingeldey, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 34), S. 21. 36 Andersen, Denmark (Fn. 32), S. 149 f.; Braun, Modell (Fn. 31), S. 97; Greve, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 27), S. 324 f., 327; Jørgensen/Larsen, Labour market policy (Fn. 27), S. 177. 37 Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung (Fn. 1), S. 101 ff., 117 ff., 131 ff. und 249 ff. 38 Sec. 15(c) USBA 1944; dazu Terry Carney/Peter Hanks, Social Security in Australia, 1994, S. 163; Anthony O’Donnell, Re-Inventing Unemployment: Welfare Reform as Labour Regulation, in: Christopher Arup u. a. (Hrsg.), Labour Law and Labour Market Regulation, 2006, S. 344 (350 f.). 39 Das galt beispielsweise mit Blick auf die Zurückweisung eines Beschäftigungsangebotes ohne „guten Grund“. Terry Carney, Which Law is Laggard? Regulation and the Gaps between Labour Law and Social Security Law, in: Christopher Arup u. a. (Hrsg.), Labour Law and Labour Market Regulation, 2006, S. 383 (402); O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 38), S. 350 ff.; Nick J. Wilkeley, The Law of Social Security, 5. Aufl. 2002, S. 360 ff.

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Die rapide ansteigende Arbeitslosigkeit führte Ende der 1980er Jahre zu der Erkenntnis, daß das bisherige System in seinen Erwartungen noch zu passiv war. Die Arbeitslosen sollten bei ihren Bemühungen und der Staat bei deren Unterstützung künftig stärker aktiviert werden.40 Vor diesem Hintergrund führte der Gesetzgeber mit dem Social Security Act 1991 einen „Activity Test“ ein, der den bisherigen „Work Test“ in sich aufnahm und mit aktivierender Tendenz ausbaute und konkretisierte. Eine entscheidende Rolle spielt seither das Activity Agreement, in dem die Leistungsberechtigten mit der Verwaltung den Eingliederungsverlauf individuell und verbindlich zu vereinbaren haben.41 Dadurch lassen sich die erforderlichen Bemühungen der Beteiligten auf einen flexiblen, maßgeschneiderten und vor allem gesteuerten Eingliederungsprozeß einstellen. Dieser Prozeß geht über die bloße Arbeitssuche und -vermittlung weit hinaus und kann beispielsweise auch die Teilnahme an neu aufgelegten Ausbildungs- und Trainingsprogrammen beinhalten.42 Ein vor allem seit 1994 immer weiter ausgebautes Fallmanagement begleitet diese Entwicklung ebenso wie ein ausgedehntes und verschärftes Sanktionensystem.43 Verwaltungsorganisatorisch unterstützte man das Aktivierungskonzept 1997 durch die Einrichtung von Centrelink, einer Behörde, bei der die Leistungsberechtigten alle erforderlichen Leistungen aus einer Hand erhalten konnten. Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle blieb Centrelink auch nach 1998, als Australien nahezu alle Dienstleitungen für Leistungsberechtigte privatisierte.44 40

Terry Carney, Social Security, 2006, S. 126; Carney/Hanks, Security (Fn. 38), S. 164; O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 38), S. 353 f. Zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit s. nur Carney, a. a. O., S. 122 f. 41 Carney, Security (Fn. 38), S. 126 f.; O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 38), S. 354 f.; Anthony O’Donnell/Richard Mitchell, The regulation of public and private employment agencies in Australia: An historical perspective, CLLPJ 23 (2001), S. 7 (35); Dan Finn, Working Nation, 1997, S. 32. Zur Rechtslage Anfang der 1990er Jahre Carney/Hanks, Security (Fn. 38), S. 164 ff. 42 O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 38), S. 354 f.; zur anfangs noch begrenzten inhaltlichen Reichweite des Activity Agreements s. Terry Carney, Welfare to work; or work-discipline re-visited?, AJoSI 41 (2006), S. 27 (36). 43 Zur Entwicklung des Fallmanagement bei der Unterstützung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Australien s. Mark Considine, The Reform that Never Ends: Quasi-Markets and Employment Services in Australia, in: Els Sol/Mark Westerveld, Contractualism in Employment Services, 2005, S. 41 (44 f.); Anthony O’Donnell, The public Employment Service in Australia: Regulating Work or Regulating Welfare?, AJoLL 13 (2000), S. 156 (158 ff.); O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 41), S. 32 ff. Zur Entwicklung des Sanktionensystems s. Carney, Welfare (Fn. 42), S. 36 f.; Finn, Nation (Fn. 41), S. 33 f. 44 Terry Carney/Gaby Ramia, From Rights to Management, 2002, S. 28 ff.; O’Donnell, Service (Fn. 43), S. 159 f.; O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 41), S. 32 ff.; eingehend Considine, Reform (Fn. 43), S. 41 ff.; s. auch Bruttel, Privatisierung (Fn. 16), S. 84 ff. Umfassend zur Geschichte der öffentlichen und privaten

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2. Vereinigte Staaten von Amerika Die Vereinigten Staaten vollzogen Mitte der 1990er Jahre eine vielbeachtete „Welfare“-Reform. Die Reform betraf mit dem Sozialprogramm für Familien mit unterhaltsberechtigten Kindern zwar ein sehr spezielles, aber doch zentrales Segment der sozialen Hilfe. Eine seit Anfang der 1980er Jahre beachtlich wachsende Zahl an erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus diesem Bereich und eine zunehmende „culture of dependency“ machte die Reform zum Politikum.45 Noch im selben Jahrzehnt gab es erste Reformansätze auf Bundesebene und Modellprojekte in einzelnen Bundesstaaten wie etwa Wisconsin.46 Bill Clinton forderte Anfang der 1990er Jahre schließlich „the end of welfare as we know it“ und unterzeichnete 1996 ein Bundesgesetz, dem die Idee des „work first“ zugrunde lag.47 Das neue Gesetz gewährte den Bundesstaaten bedeutend mehr Spielraum bei der Ausführung der einschlägigen sozialen Hilfen des Bundes als bisher.48 Es brachte außerdem neue, aktivierende Vorgaben mit sich. Zum Beispiel mußten die Leistungsberechtigten nun nach spätestens zweijährigem Bezug von Bundesfinanzhilfen eine von den Bundesstaaten bestimmte Beschäftigung auf- und eine zeitliche Begrenzung dieser Hilfen auf maximal fünf Jahre hinnehmen.49 Besonders hervorzuheben ist die Einführung von „individual Arbeitsagenturen in Australien seit dem 19. Jahrhundert O’Donnell/Mitchell, a. a. O., insbes. ab S. 12 ff. 45 Den Begriff Welfare-Reform verstand man in den USA zumindest während der Reformzeit wesentlich enger als in der sonstigen westlichen Welt. Er betraf üblicherweise nur das Sozialprogramm Aid to Families with Dependent Children (AFCD) aus dem Social Security Act of 1935. Die zahlreichen weiteren sozialen Hilfen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, insbes. die Arbeitslosenversicherung (Unemployment Insurance), waren davon nicht erfaßt. Näher zur Terminologie James Midgley, Welfare Reform in the United States: Implications for British Social Policy, 2008, S. 3 f. Zur „culture of dependency“ und zur Entwicklung der Fallzahlen Midgley, a. a. O., S. 3, 6 f. S. auch Matthew Diller, The Revolution in Welfare Administration: Rules, Discretion and Entrepreneurial Government, NYULR 75 (2000), S. 1121 (1145 f.). 46 Zu den Reformansätzen auf Bundesebene Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 8 ff. Zu den Modellprojekten in Wisconsin Uwe Wilke, Sozialhilfe in den USA, 2002, S. 186 ff.; Michael Wiseman, Welfare Reform in the United States: A Background Paper, HPD 7 (1996), S. 595 (619 f.). 47 Das neue Gesetz war der Personal Responsibility and Work Opportunity Reconciliation Act 1996 (PRWORA). Zu Hintergründen und Entwicklung Wiseman, Welfare (Fn. 46), S. 621 ff., 635 ff.; Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 12. 48 Die bundesrechtliche Deregulierung für mehr Flexibilität der Bundesstaaten war das erklärte Ziel des Gesetzes, s. 42 USC § 601 PRWORA. Dazu auch Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 15; Wilke, Sozialhilfe (Fn. 46), S. 49 ff. 49 Zur Beschäftigungsverpflichtung s. 42 USC § 602(a)(1)(A)(ii) PRWORA. Zur zeitlichen Begrenzung der Finanzhilfen s. 42 USC § 608(a)(7) PRWORA; nach Ab-

52 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

responsibility plans“, in denen die Verwaltung mit den Leistungsberechtigten nach einer bestimmten Zeit den weiteren Verlauf der Eingliederung und die beiderseitigen Bemühungen festlegen soll. Für den Fall der Verletzung des Plans hat das Gesetz die Möglichkeit von Sanktionen eingerichtet.50 Die Bundesstaaten haben die Vorgaben des Bundes ganz unterschiedlich umgesetzt. Manche gestanden der neuen Eingliederungsphilosophie und ihren Ausprägungen weiterhin nur eine untergeordnete Rolle zu. Häufig hat man die Idee des „work first“ aber besonders stark betont: Durch die Verpflichtung zur aktiven Arbeitsuche, zur unverzüglichen Aufnahme jeder verfügbaren Arbeit oder durch einen oft schon exzessiven Gebrauch von Sanktionsmöglichkeiten.51 Insbesondere Abschluß und Durchführung der „individual responsibility plans“ im Schatten drohender Sanktionen hat weite Verbreitung gefunden.52 Gleiches gilt für ein hoch entwickeltes Fallmanagement zur maßgeschneiderten Eingliederung.53 Ergänzend forderte der Bund 1998 von den Staaten bessere Verwaltungsstrukturen durch ein „one-stop delivery system“, über das die Leistungsberechtigten alle erforderlichen Leistungen aus einer Hand erhalten sollen.54

lauf der Fünfjahresfrist erlischt das Recht auf Finanzhilfe nach diesem Gesetz endgültig und lebt auch bei fortbestehender oder erneuter Hilfebedürftigkeit nicht wieder auf. Die Bundesstaaten konnten diese Fristen abkürzen oder auf ihre Kosten verlängern. Näher Diller, Revolution (Fn. 45), S. 1148 ff.; Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 15 f. 50 42 USC § 608(b)(1)-(3) PRWORA. Obwohl die Verschärfung des „Welfare“Regimes in den USA häufig besondere Aufmerksamkeit erfährt, führte der PRWORA auch zahlreiche Vorschriften zur Unterstützung der Leistungsberechtigten ein. Dazu gehören neben den Bestimmungen zu den „individual responsibility plans“ zahlreiche neue Serviceangebote des Staates; Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 17 ff.; Wilke, Sozialhilfe (Fn. 46), S. 13. 51 Eine einheitliche Linie der Umsetzung ist kaum noch auszumachen. Diller, Revolution (Fn. 45), S. 1147 f.; Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 16, 23, 27 ff. Eingehend Pamela A. Holcomb u. a., Building an Employment Focused Welfare System, 1998, insbes. zu Sanktionen und Zeitlimits S. 47 ff.; sowie Robert Walker/David Greenberg, Determining What Works and For How Long, in: Andreas Cebulla u. a. (Hrsg.), Welfare-to-Work, 2005, S. 85 ff. (94 ff.). 52 Diller, Revolution (Fn. 45), S. 1157 f. Vgl. auch die Aufstellung in State Policy Documentation Project, 1999, S. 1 bis 4. 53 Diller, Revolution (Fn. 45), S. 1161 ff.; Holcomb u. a., Building (Fn. 51), S. 77 ff. 54 29 USC § 2841 Workforce Investment Act of 1998 (WIA). Der WIA sollte nicht lediglich die 1996 begonnene „Welfare“-Reform fortsetzen. Das neue „onestop delivery system“ förderte die bisherigen Reformziele aber ganz erheblich. Dazu Patricia M. Anderson, Monitoring and Assisting Active Job Search, in: OECD (Hrsg.), Labour Market Policies and the Public Employment Service, 2000, S. 217 (230 ff., 233); Midgley, Welfare (Fn. 45), S. 22.

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B. Nationale Ursprünge Neben den Anregungen aus dem Ausland konnten die deutschen Reformer vor allem auf Ansätze und Ideen aus dem eigenen Lande zurückgreifen. Die eigentlichen Ursprünge des neuen Konzepts lagen dann auch in dem bisherigen Arbeitsförderungs- und Soziahilferecht.55 I. Ursprünge im Arbeitsförderungsrecht Seit Mitte der 1970er Jahre steht die deutsche Arbeitsverwaltung im ununterbrochenen Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit.56 In diesem Kampf haben sich wichtige Entwicklungslinien für die neue Grundsicherung verfestigt, etabliert oder wenigstens angedeutet.57 So begründete schon die hergebrachte Arbeitsförderung den Vorrang der Eingliederung vor anderen sozialen Hilfen. Die Eingliederung beschrieb dort einen Prozeß mit ganzheitlichen Ansätzen und einem Bürger, der ausgestattet mit Rechten und Pflichten immer mehr zum aktiven Partner der Verwaltung wurde. In den Jahren vor der neuen Grundsicherung gestalteten die Beteiligten das Rechtsverhältnis zudem immer häufiger durch Vertrag und deuteten bereits das Zeitalter der vertraglichen Massenverwaltung an. 1. Eingliederung und soziale Sicherung Spätestens seit der Arbeitsmarktreform von 1969 hatte die Eingliederung mit dem Kernelement der Arbeitsvermittlung Vorrang vor bloßer sozialer Sicherung insbesondere durch Finanzhilfen. Das zu dieser Zeit geschaffene Arbeitsförderungsgesetz (AFG)58 und das ihm nachfolgende Sozialgesetzbuch III (SGB III)59 enthielten erstmals Zielvorgaben, nach denen „ein ho55 Tendenziell in diese Richtung, letztlich aber offen gelassen bei Eberhard Eichenhofer, Sozialreformen zwischen Vision und Wirklichkeit, NZS 2007, S. 57 (59). 56 Näher zur Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der Arbeitsverwaltung in Deutschland Johannes Frerich/Martin Frey, Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland, Bd. 3, 2. Aufl. 1996, S. 83 ff. (Entwicklung bis Mitte der 1970er Jahre) und S. 159 ff. (Entwicklung seit Mitte der 1970er Jahre); Jochem Schmitt, Arbeits- und Sozialverwaltung einschließlich Sozialversicherung und Sozialversorgung, in: Kurt G. A. Jeserich/Hans Pohl/Georg-Christoph von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, 1987, § 6 S. 564 (564 ff.); Michael Stolleis, Geschichte des Sozialrechts in Deutschland, 2003, S. 299 ff. 57 Zur Vorbildwirkung vor allem des SGB III Peter Hartz u. a., Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Bericht der Kommission, 2002, S. 58. 58 Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582), dort § 1. 59 Sozialgesetzbuch III vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594), dort § 1 in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung.

54 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

her Beschäftigungsstand“ zu erreichen war. Seither stand die Eingliederung konzeptionell im Vordergrund und beließ passiver Unterstützung nur noch eine flankierende Funktion.60 Ergänzend ordnete der Gesetzgeber den Vorrang der Vermittlung von Arbeitsuchenden auch ausdrücklich an61 und stellte die Regeln zur Eingliederung systematisch vor alle anderen Hilfebestimmungen.62 2. Eingliederungsprozeß Gleichfalls schon vor der neuen Grundsicherung war das Verständnis der Eingliederung als Prozeß eingeführt. Die Rückführung von Arbeitsuchenden war grundsätzlich von gewisser Dauer, was kurzzeitige, ja sogar nur punktuelle Kontakte aber nicht ausschloß.63 Dabei folgte sie bestimmten Gesetzmäßigkeiten, auch wenn detaillierte gesetzliche Vorgaben für den Eingliederungsverlauf fehlten.64 Immerhin forderten sowohl AFG als auch SGB III spätestens nach der Arbeitslosmeldung eine Überprüfung der Eignung und der persönlichen Verhältnisse des Arbeitsuchenden.65 Auf dieser Grundlage 60 Dazu Manfred Leve/Eckhard Stothfang/Heino Arnold, Arbeitsförderungsgesetz, 1996, Einleitung Rn. 3; deutlich Schmitt, Arbeits- und Sozialverwaltung (Fn. 56), S. 568 ff. Hier liegt der entscheidende Unterschied zur Arbeitsförderung nach dem vorhergehenden Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl. I S. 187). Die Arbeitsvermittlung ging zwar auch dort den sonstigen Leistungen vor, sollte aber nur den (passiven) Unterstützungsaufwand mindern. Zumindest die zeitweilige Arbeitslosigkeit galt als unabwendbare Erscheinung des Wirtschaftlebens, in das der Staat nur im Notfall eingriff. Die Arbeitsvermittlung fristete demnach als flankierendes Hilfsmittel zur Arbeitslosenversicherung noch ein konzeptionelles Schattendasein; näher Leve/Stothfang/ Arnold, a.a.O., Einleitung Rn. 2. 61 § 5 AFG und § 4 f. SGB III. Zur Bedeutung der Vorrangregel Jürgen Kruse, Die Arbeitsvermittlung, in: Manfred Weiss/Alexander Gagel (Hrsg.), Handbuch des Arbeits- und Sozialrechts, Losebl. Stand September 2003, § 6 A Rn. 4 und 19; Leve/Stothfang/Arnold, Arbeitsförderungsgesetz (Fn. 60), § 5; Reimund Schmidt-De Caluwe, in: Bernd Mutschler/Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 4 Rn. 4 ff. 62 Im Arbeitsförderungsgesetz insbes. §§ 13 ff. AFG (Arbeitsvermittlung) und §§ 100 ff. AFG (Leistungen der Arbeitslosenversicherung [Arbeitslosengeld]), im Sozialgesetzbuch III insbes. §§ 35 ff. SGB III (Vermittlung) und §§ 116 ff. SGB III (Entgeltersatzleistungen). 63 Arnold Knigge u. a., Kommentar zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 3. Aufl. 1993, Losebl. Stand Juli 1994, § 13 Rn. 8; Horst Schieckel/Hans Grüner/Gerhard Dalichau, Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 1994, Losebl. Stand Oktober 1994, § 14 S. 4, 7 und 9. 64 Zu den Grundsätzen der Arbeitsvermittlung als Teil der Eingliederung s. nur Günter Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl. 1996, § 22. 65 Eignungsfeststellung (sog. Profiling), § 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 AFG i. V. m. Nr. 28 ff. der Richtlinien für die Arbeitsvermittlung vom 3. September 1963

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war der Bürger dann zu beraten und seine weitere Eingliederung zu betreiben.66 Seit 2001 sollten Arbeitsuchender und Verwaltung die beiderseitigen Bemühungen in einer Eingliederungsvereinbarung festhalten.67 Die Vereinbarung sollte für drei bis sechs Monate geschlossen und gegebenenfalls fortgeschrieben oder angepaßt werden. Kam es zu keiner Einigung, konnte der Bürger eine Entscheidung oder Beratung des Vorgesetzten seines Sachbearbeiters verlangen. Verweigerte er die Vereinbarung dann noch immer, koordinierte die Verwaltung den weiteren Prozeß einseitig.68 Für die Zeit nach erfolgter Wiedereingliederung forderte zumindest das AFG in bestimmten Fällen noch eine nachgehende Betreuung.69 3. Ganzheitlichkeit Das Arbeitsförderungsrecht verfolgte bei der Eingliederung auch schon einen ganzheitlichen Ansatz. Bereits das AFG forderte, die „Eignung der Arbeitsuchenden und deren persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen“.70 Unter dem SGB III hatten die Beteiligten „die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale des Arbeitslosen“ festzustellen, insbesondere zu prüfen, ob seine „berufliche Eingliederung erschwert ist und welche Umstände sie erschweren“. Diese Umstände, wie etwa Ausund Vorbildung oder körperliche und psychische Besonderheiten waren im weiteren „zu berücksichtigen“.71 Dadurch fanden alle Eingliederungshindernisse und -schwierigkeiten zumindest Beachtung. Im Vordergrund stand (abgedruckt in ANBA 1962, Beilage). In zeitlicher Hinsicht deutlich § 35 Abs. 2 und 3 SGB III a. F. i. V. m. § 6 Abs. 1 SGB III a. F. (nunmehr § 35 Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 SGB III). S. auch BT-Drs. 14/6944, S. 31. 66 §§ 14 f. AFG, §§ 29 ff. und 35 ff. SGB III. 67 Eingeführt durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz), BGBl. I 2001, S. 3443. 68 BT-Drs. 14/6944, S. 31. Zumindest die einseitige Vermittlungstätigkeit der Arbeitsverwaltung gilt durchweg als schlicht-hoheitliches Handeln. Allein in der Ablehnung der Vermittlung wird ein Verwaltungsakt gesehen; Jürgen Brand, in: Klaus Niesel/Jürgen Brand (Hrsg.), SGB III, 5. Aufl. 2010, § 35 Rn. 2. 69 So ausdrücklich § 14 Abs. 3 AFG i. V. m. Nr. 52 Richtlinien (Fn. 65). 70 § 14 Abs. 1 Satz 2 AFG; dazu eingehend Knigge, Arbeitsförderungsgesetz (Fn. 63), § 14 Rn. 17; Manfred Rademacher, in: Friedrich Ambs/Bernd Götze/Matthias Gutsche, Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsgesetz (GK-AFG), Losebl. Stand Oktober 1994, § 14 Rn. 18 ff. 71 § 6 Abs. 1 und § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III a. F. (nunmehr § 35 Abs. 2 Satz 2 und § 37 Abs. 1 SGB III); dazu Bernd Mutschler, in: ders./Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 35 Rn. 30 ff., insbes. Rn. 33; Susanne Peters-Lange, in: Alexander Gagel (Hrsg.), SGB II/ SGB III, Bd. 1, Losebl. Stand Dezember 2006, § 35 Rn. 19b; Schmidt-De Caluwe, Sozialgesetzbuch III (Fn. 61), § 6 Rn. 7 ff.

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dann allerdings nur die paßgenaue Berufsberatung und Vermittlung nach Maßgabe der bestehenden Verhältnisse.72 Daneben kamen zwar weitere arbeitsbezogene Maßnahmen in Betracht; etwa Berufsausbildung, berufliche Weiterbildung oder Arbeitsbeschaffung, die auch externe Dienstleister erbrachten. Die Arbeitsverwaltung verfolgte aber grundsätzlich keine umfassenden Problemlösungen zur Beseitigung aller erkannten Eingliederungshindernisse.73 Ungeachtet dessen gab es Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Sozialhilfeträgern.74 Die Zusammenarbeit war aber „regional unterschiedlich intensiv und schöpft(e) nicht alle tatsächlich und rechtlich bestehenden Möglichkeiten aus“.75 Das Nebeneinander von Arbeitsförderung und Sozialhilfe ließ solche Kooperationen trotz positiver Ansätze „ineffizient, intransparent und wenig bürgerfreundlich“ bleiben.76 4. Rechte, Pflichten und Sanktionen Die Subjektstellung des Bürgers war im Arbeitsförderungsrecht ebenfalls seit langem anerkannt. Insbesondere das AFG und später das SGB III räumten dem Arbeitsuchenden grundlegende Eingliederungsrechte ein, wie etwa Ansprüche auf Beratung und Vermittlung. Der Bürger selbst hatte zwar Mitwirkungsobliegenheiten. Deren Verletzung zeitigte in der Praxis allerdings 72

S. nur Mutschler, Sozialgesetzbuch III (Fn. 71), § 35 Rn. 33, und Rademacher, Gemeinschaftskommentar (Fn. 70), § 14 Rn. 18, 21 und 23. 73 Insbesondere sind die Angehörigen des Leistungsberechtigten nicht mit in die Eingliederung einbezogen. Zur Reichweite der Eingliederungsbemühungen mit Blick auf die Arbeitsvermittlung im AFG § 13 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AFG; Rademacher, Gemeinschaftskommentar (Fn. 70), § 13 Rn. 1 ff. und 37 ff. Zur Reichweite im SGB III s. § 35 Abs. 1 Satz 2 SGB III; dazu nur Martin Bolay/Albrecht Eisenreich/Markus Isele, Arbeitsförderung SGB III, 2002, Rn. 75; Mutschler, Sozialgesetzbuch III (Fn. 71), § 35 Rn. 17. 74 § 371a SGB III a. F., § 421d SGB III a. F. 75 BT-Drs. 14/3765, S. 5. Dazu auch Armin Schätter, in: Gerhard Wissing u. a. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 2. Aufl. 2004, § 371a Rn. 1 ff., 6. 76 BT-Drs. 15/1516, S. 1. Im März 1998 gaben die Bundesanstalt für Arbeit und die Kommunalen Spitzenverbände deshalb einen Leitfaden für die bessere Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Sozialämtern heraus; s. ferner Runderlaß der Bundesanstalt für Arbeit 22/98. Auch die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Oktober 1998 setzte unter IV.4. die Zielvorgabe, die „Zusammenarbeit zwischen Sozialämtern und Arbeitsämtern nachhaltig“ zu verbessern. In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Gesetzesinitiativen und Modellvorhaben, deren Ergebnisse in das Konzept der neuen Grundsicherung einflossen; näher Schätter, Sozialgesetzbuch III (Fn. 75), § 371a Rn. 1 ff., und Ralf Bartz/Andreas Heinz, in: Gerhard Wissing u. a. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 2. Aufl. 2004, § 421d Rn. 1 f.; Stefan Sell, Zur Schnittstellenproblematik zwischen Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe, Sozialer Fortschritt 1–2/1999, S. 24 (31).

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nur selten Folgen.77 Daran änderten auch die steigenden Arbeitslosenzahlen in den 1980er und 1990er Jahren wenig.78 Unsägliche „Faulheitsdebatten“79 deuteten allerdings einen Wandel der Eingliederungsphilosophie an, der mit der zeitlich parallel verlaufenden Reformdiskussion im Allgemeinen Verwaltungsrecht einherging. Aktivierende und konsensuale Elemente durchdrangen den Eingliederungsprozeß.80 Neben Rechten war nach der Idee des „Förderns und Forderns“ seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend von Pflichten des Bürgers die Rede.81 Zumutbarkeits- und Sanktionsregeln verschärften sich, und auch die Politik forderte mehr Engagement der Arbeitslosen.82 Vor allem aber konnte sich im SGB III die Eingliederungsvereinbarung etablieren,83 in der Bürger und Verwaltung seither die beiderseitigen Rechte und Pflichten konkretisieren. Dabei war zwar nicht der Abschluß, wohl aber die Erfüllung der Vereinbarung sanktionsbewehrt.84 5. Massenverwaltung durch Vertrag? Mit der Eingliederungsvereinbarung des SGB III legte das Arbeitsförderungsrecht zugleich den Grundstein zur vertraglichen Massenverwaltung im Sozialrecht. Solche Vereinbarungen soll die Agentur für Arbeit seither mit jedem Arbeitslosen oder Ausbildungssuchenden schließen, was in diesem 77

AFG und SGB III kannten durchaus Sperrzeit- und Erlöschenstatbestände für Arbeitslosenunterstützung, doch verhängte die Praxis kaum solche Sanktionen; s. Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 57), S. 49, 99, wonach Mitte der 90er Jahre nur 1,1% der Arbeitslosen von Sperrzeiten betroffen waren; Frank Oschmiansky/Silke Kull/Günther Schmid, Faule Arbeitslose? Politische Konjunkturen einer Debatte, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Discussion Paper FS I 01 – 206, S. 10, 12 f.; Jürgen Karasch, Die Sperrzeit im Wandel der Rechtsauffassungen vom AVAVG 1927 bis zum 1. SKWPG 1994, ZfS 1994, S. 138 ff. 78 Näher zur Entwicklung Oschmiansky/Kull/Schmid, Arbeitslose (Fn. 77), S. 7 ff. 79 Zum Phänomen der „faulen Arbeitslosen“ in der politischen Diskussion s. nur Oschmiansky/Kull/Schmid, Arbeitslose (Fn. 77), S. 1 ff. 80 Zum dahinterstehenden Gedanken des aktivierenden Staates Thorsten Kingreen, Rechtliche Gehalte sozialpolitischer Schlüsselbegriffe: Vom daseinsvorsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat, SDSRV 52 (2004), S. 7 (23 ff.). 81 Exemplarisch Schmidt-De Caluwe, Sozialgesetzbuch III (Fn. 61), § 6 Rn. 11 ff. Zum Fördern und Fordern im SGB III s. nur BT-Drs. 14/6944, S. 25. 82 Dazu nur Karasch, Sperrzeit (Fn. 77), ZfS 1994, S. 138 ff.; Oschmiansky/Kull/ Schmid, Arbeitslose (Fn. 77), S. 1 ff., 4 ff., 7 f. 83 Zu Bedeutung und Funktion s. BT-Drs. 14/6944, S. 25, 28 und 31 f.; Mutschler, Sozialgesetzbuch III (Fn. 71), § 35 Rn. 52 f.; Schmidt-De Caluwe, Sozialgesetzbuch III (Fn. 61), § 6 Fn. 11 ff. 84 § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 SGB III a. F. (unzureichende Eigenbemühungen). Ausdrücklich § 119 Abs. 4 Nr. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung, dessen Verletzung eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III auslöst; Brand, SGB III (Fn. 68), § 119 Rn. 50.

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Segment bei 1,5 Millionen Leistungsbeziehern zu einer massenhaften Verbreitung des Verwaltungsvertrages geführt haben muß. II. Ursprünge im Sozialhilferecht Am Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit war immer auch die kommunale Sozialverwaltung beteiligt. Zwar blieb ihr die ständige Arbeitsvermittlung gesetzlich versagt, doch die Kommunen befaßten sich im Rahmen ihrer sozialen Aufgaben gleichwohl intensiv mit der Rückführung von Arbeitsuchenden auf den Arbeitsmarkt.85 So konnten sich auch dort wichtige Entwicklungslinien für die neue Grundsicherung etablieren. Das gilt insbesondere mit Blick auf den Vorrang der Eingliederung vor anderen sozialen Hilfen, auf ihre prozeßhafte und ganzheitliche Gestaltung und den Bürger als aktiven Partner der Verwaltung. Außerdem zeigten sich erste Ansätze vertraglicher Zusammenarbeit. 1. Eingliederung und soziale Sicherung Das Sozialhilferecht wies der Eingliederung von Arbeitsuchenden spätestens mit dem Bundessozialhilfegesetz von 1961 (BSHG)86 eine vorrangige Stellung zu. Sozialhilfe war Hilfe zur Selbsthilfe. Sie sollte den Bürger aktivieren und soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben. Sozialhilfe erhielt nicht, wer sich selbst helfen konnte.87 Daher mußte jeder Hilfesuchende zuvorderst seine Arbeitskraft für die Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen. Das setzte bei Arbeitslosen eine Rückkehr in Arbeit voraus. Die Sozialverwaltung wirkte folgerichtig primär durch Hilfe zur Arbeit darauf hin, daß der Bürger sich um Arbeit bemühte und Arbeit fand.88

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Thomas Harks, Kommunale Arbeitsmarktpolitik, 2003, S. 1; zur Möglichkeit der Arbeitsvermittlung im Einzelfall Harks, a.a.O., S. 25 f.; Knigge u. a., Sozialgesetzbuch III (Fn. 63), § 13 Rn. 48; Walter Schellhorn/Helmut Schellhorn, Das Bundessozialhilfegesetz, 16. Aufl. 2002, § 18 Rn. 11. 86 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom 30. Juni 1961 (BGBl. I S. 815, ber. S. 1875), neu gefaßt durch Bekanntmachung der Neufassung des Bundessozialhilfegesetzes vom 23. März 1994 (BGBl. I S. 646, ber. 2975). 87 Sog. Nachrangprinzip. § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 1 BSHG; § 9 SGB I. 88 § 18 Abs. 1 und 2 Satz 1 BSHG; Harks, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 85), S. 91 ff., und Raimund Waltermann, Sozialrecht, 2. Aufl. 2001, Rn. 457 f., 474; andere soziale Hilfen waren dadurch aber nicht ausgeschlossen.

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2. Eingliederungsprozeß Die Prozeßhaftigkeit der Eingliederung folgte im Sozialhilferecht schon aus dem Umstand, daß die Klienten der Sozialverwaltung oft in einem komplexen Problemzirkel stecken, mit der Arbeitslosigkeit als festem Bestandteil.89 Dafür bedurfte es seit jeher einer lang anhaltenden, intensiven und strukturierten Unterstützung.90 Für den Verlauf der Eingliederung enthielt das BSHG allerdings nur grobe Vorgaben. Demnach setzte die soziale Hilfe ein, sobald amtlichen bekannt wurde, daß „die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen“.91 Der Sozialhilfeträger mußte ohne weiteren Antrag alle anspruchsrelevanten Gegebenheiten ermitteln, der Leistungsberechtigte bestimmte Auskünfte erteilen.92 Dem schloß sich eine umfassende Beratung an,93 nach der die Verwaltung über die anschließenden Eingliederungsmaßnahmen entschied.94 Für ein „besonderes Zusammenwirken“ sollten die Beteiligten ab 1996 „in geeigneten Fällen eine schriftliche Vereinbarung“ abschließen.95 Aufgrund dessen unternahm der Bürger dann seine Eingliederungsbemühungen und die Sozialverwaltung erbrachte die notwendigen Eingliederungshilfen. Nach erfolgreicher Eingliederung war im Einzelfall eine „nachgehende Hilfe“ vorgesehen.96 Die Praxis ging zum Teil eigene, dem Gesetz auch vorauseilende Wege.97 Besondere Aufmerksamkeit erregte die Arbeit der Sozialverwaltung des Main-Kinzig-Kreises unter Erich Pipa. Dort machte man seit 1996 durch vermeintlich „Neue Wege in 89 Ulrich-Arthur Birk/Albrecht Brühl/Wolfgang Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz, 4. Aufl. 1994, Vor § 18 Rn. 1; Frerich/Frey, Geschichte (Fn. 56), S. 356 f. Vgl. auch Eberhard Eichenhofer, Sozialrecht, 7. Aufl. 2010, Rn. 546. 90 Waltermann, Sozialrecht (Fn. 88), Rn. 22 und 555 spricht „von dem Sozialrechtsverhältnis als öffentlich-rechtlichem (Dauer-)Schuldverhältnis“ [Hervorhebung durch Verf.]. 91 § 5 Abs. 1 BSHG. Erforderlich waren konkrete Anhaltspunkte für Hilfebedarf; Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 5 Rn. 20; Schellhorn/ Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 5 Rn. 4 ff. 92 Zur Ermittlungspflicht s. § 5 BSHG i. V. m. § 20 Abs. 1 SGB X; zur Auskunftspflicht s. § 116 Abs. 1 und 3 BSHG. 93 § 17 Abs. 1 BSHG; zur Bedeutung der Beratung im Rahmen der Sozialhilfe Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 17 Rn. 1. 94 Helmar Bley/Ralf Kreikebohm/Andreas Marschner, Sozialrecht, 8. Aufl. 2001, Rn. 156; Jörn Schroeder-Printzen, Sozialrecht für die kommunale Praxis, 2. Aufl. 1993, Rn. 596 ff. 95 § 17 Abs. 2 BSHG, eingefügt durch Art. 1 Nr. 8 c) Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1088). 96 § 6 Abs. 2 BSHG; dazu Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 6 Rn. 7 ff. 97 Erich Pipa, Schriftliche Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen am 8. Oktober 2003 im Deutschen Bundestag – Ausschuß für Wirtschaft und Arbeit, Ausschuß-Drs. 15(9)651, S. 107 (108).

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der Sozialpolitik“, insbesondere durch die „seit Jahren eingeführten und bewährten Hilfesysteme wie Fallmanagement und Eingliederungsvereinbarung“ von sich reden.98 3. Ganzheitlichkeit Besonderes Kennzeichen der sozialen Hilfe war ihre ganzheitliche Ausgestaltung; der Sozialhilfeträger nahm sich des gesamten Sozialfalles an.99 Das beinhaltete nicht nur die Kenntnisnahme der Probleme des arbeitslosen Leistungsberechtigten und seiner Familie.100 Die Sozialhilfe richtete sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere der Person des Leistungsberechtigten, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen.101 Sie griff alle Eingliederungshindernisse auf und führte sie insgesamt einer Lösung zu. Das Hilfespektrum erfaßte alle im BSHG vorgesehene und im Einzelfall notwendige Unterstützung.102 Es reichte von der Hilfe bei Krankheit über die Schuldnerberatung bis hin zur Arbeitsvermittlung.103 Dabei konnten ohne weiteres Dritte, etwa Familienmitglieder104 oder externe Dienstleister, in die Eingliederung eingebunden sein. Das galt in Sonderheit für die Arbeitsvermittlung, wofür die Sozialverwaltung entweder auf eigene Ressourcen oder die Bundesagentur für Arbeit zurückgriff.105 98

Pipa, Stellungnahme (Fn. 97), S. 108; ders., in: Main-Kinzig-Kreis – Sozialdezernat (Hrsg.), Neue Wege in der Sozialpolitik, etwa 2003, S. 1. 99 Sog. Gesamtfallgrundsatz, BVerwGE 22, 319 (320 ff.). Gesetzliche Ausgangsregelung ist § 5 BSHG, der eine „Umorientierung früherer Sozialhilfe von der auf einzelne, parzellierte Rechtsansprüche bezogenen Hilfe hin zur problemorientierten Hilfe“ mit sich brachte; Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 5 Rn. 13; Eichenhofer, Sozialrecht (Fn. 89), Rn. 546. 100 Die Sozialhilfe sollte nach § 7 BSHG die besonderen Verhältnisse in der Familie nicht nur berücksichtigen, sondern die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen. 101 § 3 Abs. 1 BSHG; Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 3 Rn. 1 ff.; Eichenhofer, Sozialrecht (Fn. 89), Rn. 539 f. 102 BVerwG, DÖV 1977, S. 334 (334); Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 5 Rn. 17. 103 Exemplarische Aufzählung. 104 Vgl. Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 3 Rn. 10; Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 7 Rn. 6 ff. Gleichwohl behält jedes Familienmitglied seinen eigenen Hilfeanspruch, BVerwGE 55, 148 (148 und 150); Bley/Kreikebohm/Marschner, Sozialrecht (Fn. 94), Rn. 1100. 105 Nach § 18 Abs. 2 BSHG war darauf hinzuwirken, daß der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und Arbeit findet. Dafür konnten die Sozialhilfeträger im Einzelfall eigene Vermittlungsaktivitäten entwickeln; dazu schon Fn. 85. Im übrigen sah § 18 BSHG die enge Zusammenarbeit mit Arbeitsämtern vor, die der Gesetzgeber im Laufe der Zeit durch Kooperationsanordnungen (§ 18 Abs. 2a BSHG) und Modellvorhaben (§ 18a BSHG – „MoZArT“) weiter forcierte.

§ 2 Internationale Entwicklungen und nationale Ursprünge

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4. Rechte, Pflichten und Sanktionen Der Bürger galt dem Sozialhilferecht spätestens seit einer richtungsweisenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 1954 als Rechtssubjekt. Das Gericht erkannte ausdrücklich, bei Pflichtleistungen der öffentlichen Fürsorge habe „der Bedürftige entsprechende Rechte“.106 Und nach dem BSHG von 1961 bestand ein bindender Anspruch auf Sozialhilfe, soweit „dieses Gesetz bestimmt, daß die Hilfe zu gewähren ist“.107 Im übrigen bestand zumindest ein Anspruch nach pflichtgemäßem Ermessen.108 Darunter fielen etwa Beratung und Unterstützung oder die Hilfen zur Arbeit.109 Im Gegenzug hatte der Bürger aber auch konkrete Pflichten. So mußte er vor allem „nach seinen Kräften mitwirken“, um bald wieder ohne Hilfe der Gemeinschaft leben zu können. Dazu gehörte es, „seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts“ einzusetzen.110 Bei fehlender Mitwirkung ermöglichte das BSHG von Beginn an spürbare Sanktionen. Verweigerte der Leistungsberechtigte etwa zumutbare Arbeit, verlor er den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt und der Sozialhilfeträger konnte die entsprechenden Leistungen einschränken oder ganz versagen.111 Das sich wandelnde Selbstverständnis des Sozialstaates und die Reformtendenzen im Verwaltungsrecht bekräftigen die aktivierenden Elemente und begünstigen eine konsensuale Verwaltungskultur;112 ab 1996 sah das BSHG für den Einzelfall ausdrücklich die Möglichkeit einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Bürger und Verwaltung vor.113 Die Praxis nahm diese Tendenzen durchaus positiv auf. Insbesondere im Main-Kinzig-Kreis soll es 106 BVerwGE 1, S. 159 (162); deutlich auch BVerwGE 27, S. 58 (63), wonach „der einzelne Hilfesuchende eine Subjektstellung“ innerhalb der Fürsorge hat. Knapp zur dahingehenden Entwicklung Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), Einführung Rn. 19; Schmitt, Arbeits- und Sozialverwaltung (Fn. 56), S. 574 f. Jüngst erst wieder Eberhard Eichenhofer, Der Verfassungsauftrag: Ein sozialer Rechtsstaat, Sozialer Fortschritt 2011, S. 1 (4). 107 § 4 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Der Rechtsanspruch betrifft allerdings nur den Leistungsgrund. Über Form und Maß der Sozialhilfe ist grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, § 4 Abs. 2 BSHG. 108 Dazu Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 4 Rn. 3 ff. 109 S. §§ 17 und 18 ff. BSHG. 110 § 1 Abs. 2 Satz 2 HS 2 und § 18 Abs. 1 BSHG. 111 § 25 Abs. 1 BSHG; dabei mußte das Existenzminimum allerdings gesichert bleiben, Birk/Brühl/Conradis u. a., Bundessozialhilfegesetz (Fn. 89), § 25 Rn. 9. Später konkretisierte eine Stufenregelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 BSHG (Absenkung der Hilfe in erster Stufe um 25% des maßgebenden Regelsatzes) die Bestimmung. Zur Anwendung der Norm auch BVerwGE 29, S. 99 ff.; Schellhorn/Schellhorn, Bundessozialhilfegesetz (Fn. 85), § 25 Rn. 5 ff., 13a ff. 112 S. dazu schon oben Einleitung zu § 2 und zu A. 113 S. Fn. 95.

62 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

schon vor 1996 regelmäßig zum Abschluß von Eingliederungsvereinbarungen gekommen sein.114 5. Massenverwaltung durch Vertrag? Im Bereich der Sozialhilfe konnte sich der Vertrag bis zur Einführung der neuen Grundsicherung nicht als zentrales Steuerungsinstrument durchsetzen. Nach § 17 Abs. 2 BSHG sollte nur in geeigneten Fällen eine schriftliche Vereinbarung115 abgeschlossen werden, wenn ein besonderes Zusammenwirken des Leistungsberechtigten und des Sozialhilfeträgers erforderlich war. Vertrauenswürdige repräsentative Erhebungen über die tatsächliche Verwendung dieses Vertrages bestehen bislang nicht. Die gesetzliche Regelung läßt aber einen zurückhaltenden, von der Massenverwaltung weit entfernten Einsatz vermuten.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung A. Das neue Eingliederungskonzept auf dem Weg zum Gesetz I. Am Vorabend der Hartz-Reformen Als Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen nach der gewonnenen Bundestagswahl im Herbst 1998 eine Regierungskoalition eingingen, propagierten sie den Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit unter dem Leitbild des „aktivierenden Staates“ als „das oberste Ziel der neuen Bundesregierung“.1 Zu wirksameren Vermittlung in Arbeit „soll die Zusammenarbeit zwischen Sozialämtern und Arbeitsämtern nachhaltig verbessert werden“; zugleich wollte die Bundesregierung „ein Konzept für eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung entwickeln“.2 Dafür stießen die Koalitions114

Pipa, Stellungnahme (Fn. 97), S. 107 f.; Gerhard Freund u. a., in: Main-Kinzig-Kreis – Sozialdezernat (Hrsg.), Neue Wege in der Sozialpolitik, etwa 2003, S. 5 ff. Insbesondere mit dem regelmäßigen Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung wurde im Main-Kinzig-Kreis, der freilich nicht repräsentativ für das Bundesgebiet ist, das gesetzlich vorgesehene Regel-Ausnahmeverhältnis geradezu umgekehrt. 115 Zur Einordnung als öffentlichrechtlicher Verwaltungsvertrag BT-Drs. 13/2440, S. 20; Harks, Arbeitsmarktpolitik (Fn. 85), S. 98; differenzierend Gerd Wenzel, in: Otto Fichtner (Hrsg.), Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl. 2003, § 17 Rn. 9. 1 Koalitionsvereinbarung zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Oktober 1998, Präambel und IX.10. 2 Koalitionsvereinbarung (Fn. 1), VI.4.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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partner schon bald erste Gesetzesinitiativen an.3 Im weiteren veranlaßten sie zahlreiche erfolgversprechende Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsämtern und Trägern der Sozialhilfe (MoZArT)4 und ein Modellprogramm zur Verbesserung der Vermittlungstätigkeit in den Arbeitsämtern (FAIR)5. Mitten in die bereits anlaufenden Reforminitiativen platzte die Bundesanstalt für Arbeit Ende 2001 mit einem handfesten (Vermittlungs-)Skandal. Zwei voneinander unabhängige Untersuchungen von Bundesrechnungshof und Bundesregierung deckten auf, daß die geprüften Arbeitsämter annähernd 70% der angeblichen Vermittlungen fehlerhaft verbucht hatten.6 Dieser Skandal war der entscheidende Funke in der Pulverkammer der bisherigen Arbeitsmarktpolitik. Die Bundesregierung – die nächsten Bundestagswahlen vor Augen – ging nun ernsthaft daran, die „Bundesanstalt für Arbeit zu einer modernen Dienstleistungseinrichtung umzubauen“. Neben zahlreichen Sofortmaßnahmen7 berief die Regierung am 22. Februar 2002 die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter dem Vorsitz von Peter Hartz ein.8 II. Mandat und Empfehlungen der „Hartz-Kommission“ Die „Hartz-Kommission“ sollte die erforderlichen gesetzgeberischen Schritte vorbereiten und ein Konzept für den künftigen Aufgabenzuschnitt 3

Dazu gehörte etwa das sog. Job-AQTIV-Gesetz, BGBl. 2001 I S. 3443. Gesetzliche Grundlage waren § 18a BSHG, der die Modellvorhaben „zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern“ aus Sicht der Sozialverwaltung regelte, und § 421d SGB III a. F., der die „Modellvorhaben zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit den örtlich zuständigen Trägern der Sozialhilfe“ (MoZArT) aus Sicht der Arbeitsverwaltung aufnahm – beide Normen eingefügt durch Gesetz vom 20. November 2000 (BGBl. I S. 1590); dazu BT-Drs. 15/1516, S. 43. 5 Modellprogramm FAIR (Förderung der Arbeitsaufnahme – Integriert und Regulär) gemäß Einführungserlaß der Bundesanstalt für Arbeit vom 13. Februar 2002; s. dazu BT-Drs. 15/1516, S. 43. 6 Etwa ein Drittel der gemeldeten Vermittlungen hatten die Arbeitsämter eindeutig fehlerhaft, ein weiteres Drittel unklar, und nur ein Drittel einwandfrei verbucht; aus sozialwissenschaftlicher Sicht Stefan Sell, Vom Vermittlungsskandal der Bundesanstalt für Arbeit zu Hartz IV, in: Dominik Haubner/Erika Metger/Hermann Schwengel (Hrsg.), Agendasetting und Reformpolitik, S. 285 (292 ff.); ders., Modernisierung und Professionalisierung der Arbeitsvermittlung, 2006, S. 7 ff. 7 Dazu im Überblick Sell, Modernisierung (Fn. 6), S. 28 ff. 8 Auftrag der Bundesregierung an die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ vom 22. Februar 2002, abgedruckt in: Peter Hartz u. a., Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Bericht der Kommission, 2002, S. 12 ff.; zu den Sofortmaßnahmen Hartz u. a., a.a.O., insbes. S. 13 f., zum Umbau der Bundesanstalt in ein modernes Dienstleistungsunternehmen S. 14. 4

64 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

sowie die neue Organisationsstruktur der Bundesagentur erarbeiten. Dabei war den operativen Dienstleistungen Beratung und Vermittlung sowie einer Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und (Erwerbsfähigen-)Sozialhilfe mit dem Ziel eines „one-stop-centers“ besondere Aufmerksamkeit zu schenken.9 Die Kommission interpretierte den Auftrag von vornherein sehr umfassend und prüfte „nicht nur die Effizienz der Organisation und der Prozesse“, sondern machte auch „den Abbau von 2 Millionen Arbeitslosen in drei Jahren zum Ziel eines Gesamtkonzepts“, bei dem „unterschiedliche Module ineinandergreifen und gemeinsam Beschäftigungseffekte realisieren“.10 Die „[BA-neu]“11 sollte dafür „vorrangig das Ziel“ der wirksamen und schnellen Eingliederung von Arbeitsuchenden verfolgen.12 Die Eingliederung selbst sollte sich nach Vorstellung der Hartz-Kommission wie folgt gestalten: Die Eingliederung ist ein Prozeß mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Dieser Prozeß beginnt so früh wie möglich – im Idealfall schon vor Eintritt der Arbeitslosigkeit – und endet in einer nachsorgenden Betreuung, die noch die Stabilität der neuen Beschäftigung stützt.13 Im Mittelpunkt steht der Bürger, der unter der Leitidee „Eigenaktivität auslösen – Sicherheit einlösen“ so weit wie möglich mitbestimmt und selbst aktiv wird.14 Ihm will man – flankiert durch flexible Sanktionen – deutlich mehr Eigenbemühungen zumuten als bisher.15 Ein Fallmanager steuert den gesamten Eingliederungsverlauf; je nach Betreuungsbedarf unterschiedlich intensiv. Grundlage sind eine vorangegangene Standortbestimmung (sog. Profiling) und eine mit dem Leistungsberechtigten abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung, in der die Beteiligten die weitere Vorgehensweise zielführend festlegen.16 Jenseits aller bisherigen Zuständigkeiten und mit Rücksicht auch auf sein soziales Umfeld erhält der Leistungsberechtigte einen ganzheitlichen und individuellen Service aus einer Hand (sog. one-stop-center).17 9 Auftrag der Bundesregierung (Fn. 8), S. 15 f. Die „one-stop-center“ sollen für alle arbeitsuchenden Menschen die erforderlichen Beratungs-, Vermittlungs- und Arbeitsförderungsleistungen sowie die Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts gebündelt erbringen. 10 Peter Hartz u. a., Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Bericht der Kommission, 2002, S. 5, 35, 129. Mit den finanziellen Auswirkungen der Vorschläge der „Hartz-Kommission“ befaßt sich die „Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen“; Bericht der Arbeitsgruppe „Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe“ der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen vom 17. April 2003, S. 3 f., 13 ff. 11 Kürzel für „Bundesanstalt-neu“ gemäß Kommissionsbericht (Fn. 10). 12 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 20, 57, 72. 13 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 42, 48 ff., 58 f., 72 ff., 81, 94. 14 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 19, 24, 45, 49, 93, 97 ff. 15 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 45, 93 ff., 97 ff. 16 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 22, 48 f., 71 ff., 74, 93, 100, 128, 208.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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Bei ihren konzeptionellen Überlegungen konnte die Hartz-Kommission – wie später auch der Gesetzgeber bei der konkreten Ausgestaltung der neuen Grundsicherung – auf die bewährten Ansätze und Erfahrungen aus dem hergebrachten Arbeitsförderungs- und Sozialhilferecht zurückgreifen.18 Das entsprach dem erwähnten Ansinnen, die bisher getrennte Arbeitslosen- und (Erwerbsfähigen-)Sozialhilfe zu einer einheitlichen Leistung zusammenzuführen. Ausländische Erfahrungen spielten dabei kaum eine Rolle, auch wenn einige Kommissionsmitglieder die Arbeitsverwaltungen von Nachbarländern besucht und die Bertelsmann-Stiftung (unaufgefordert)19 eine Recherche zu den Arbeitsmarktreformen im Ausland beigesteuert hatte.20 Der Kommissionsbericht jedenfalls geht auf die daraus folgenden Erkenntnisse insbesondere mit Blick auf das neue Eingliederungskonzept nur am Rande ein.21 Auch die Bundestags- und Bundesratsdebatten zur Arbeitsmarktreform erwähnen ausländische Entwicklungen nur selten. Vor allem die Regierungsfraktionen zogen das Geschehen außerhalb Deutschlands eher als Argumentationshilfe denn als Ideengeber heran.22 III. Gesetzgebungsverfahren Am 5. September 2003 brachten die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen den „Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (sog. Hartz IV-Gesetz) in den Bundes17

Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 16, 43, 67 ff., 277. Dazu näher § 2 B.I. und II. 19 Die Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung beruhte nach Auskunft des Kommissionsmitglieds Werner Jann allein auf einer Initiative der Stiftung, die mit der Hartz-Kommission nicht abgestimmt war. Die auf CD erhältliche elektronische Version des Kommissionsberichts hat den Beitrag zumindest als flankierende Anlage „Internationaler Vergleich“ aufgenommen. 20 S. Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 341. A. A. Sell, Modernisierung (Fn. 6), S. 93, der die deutsche Arbeitsmarktpolitik ohne Nachweis als „Flickenteppich“ bewertet, der „viele Versatzstücke“ aus „den einzelnen Ländern“ enthalte; s. auch Eberhard Eichenhofer, Geschichte des Sozialstaats in Europa, 2007, S. 145. 21 Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 62, 75 und 99 als exemplarische Belege. 22 S. BT-Plenarprotokoll 14/224, S. 22206 (A) ff., 22208 (D) f., 22214 (A) ff., 22215 (C); 14/248, S. 25062 (C) [jeweils Wisconsin (USA)]; 15/8, S. 393 (D), 405 (D) [Frankreich und Niederlande]; 15/11, S. 672 (C) [Niederlande]; 15/22, S. 1704 (C), 1715 (C) [Wisconsin (USA)]; 15/67 (neu), S. 5738 (A) [Großbritannien und Skandinavien], 5742 (D) [Wisconsin (USA)], 5747 (B) [Niederlande]; BR-Plenarprotokoll 772, S. 36 (C); 776, S. 295 (D); 802, S. 329 (D) [jeweils Wisconsin (USA)]; 802, S. 335 (C) [Großbritannien]. Etwas anderes mag für die Gesetzesinitiativen der Opposition gelten, denen allerdings kein Erfolg beschieden war; dazu sogleich unter III. 18

66 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

tag ein.23 Der Entwurf bildete den Abschluß eines Reformpaketes, das ganz wesentlich auf den von Peter Hartz vorgelegten Bericht zurückging.24 Im Zentrum stand die Zusammenführung der bisherigen Arbeitslosenhilfe und der Soziahilfe für Erwerbsfähige zur neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der fast zeitgleich eingebrachte Entwurf eines Existenzgrundlagengesetzes25 aus den Reihen der Opposition bildete zwar das politische Gegenstück zu „Hartz IV“, stand der Initiative der Regierungsfraktionen trotz mancher Gegensätzlichkeit aber in vielen Punkten sehr nahe.26 Das galt vor allem mit Blick auf das Konzept der Eingliederung von Arbeitsuchenden. Über den Vorrang der Eingliederung27, die Notwendigkeit der ganzheitlichen Betreuung Hilfesuchender aus einer Hand28, die Integration und Aktivierung des Bürgers in einem durch Fallmanagement strukturierten Eingliederungsprozeß29 und die Eingliederungsvereinbarung als zentrale Kooperationsform30 bestand initiativübergreifend Einigkeit. Eine zu den Gesetzesvorschlägen von Regierung und Opposition am 8. Oktober 2003 eigens durchgeführte Anhörung im Bundestag31 bestätigte den eingeschlagenen Weg. Noch einmal kamen Verbände, Institutionen und Sachverständige zu Wort, mit Jason Turner sogar ein Protagonist der Arbeitsmarktreformen im US-Bundesstaat Wisconsin, die das neue Konzept grundsätzlich begrüßten.32 Während die Initiative der Opposition bald darauf scheiterte,33 mußte 23

BT-Drs. 15/1516. Zur Umsetzung der Reformvorschläge Werner Jann/Günther Schmid (Hrsg.), Eins zu eins?, 2. Aufl. 2004. 25 BT-Drs. 15/1523, Gesetzentwurf der Fraktion CDU/CSU, in den Bundestag eingebracht am 8. September 2003. 26 Im Überblick Brigitte Steck/Michael Kossens (Hrsg.), Die Neuordnung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch Hartz IV, 2005, Rn. 4. Der Entwurf des Existenzgrundlagengesetzes folgte dem zuvor mehrfach gescheiterten Entwurf für ein sog. Offensivgesetz des Landes Hessen. Er beruhte mit Blick auf die Eingliederung von Arbeitsuchenden auf einem weitgehend übereinstimmenden konzeptionellen Hintergrund; exemplarisch für die Eingliederungsvereinbarung BT-Drs. 15/1523, S. 65, zu § 16; näher zu Inhalt und Konzept des Offensivgesetzes auch im Vergleich zu den Vorschlägen der Hartz-Kommission Christian Holzner/Wolfgang Ochel/Martin Werding, Vom OFFENSIV-Gesetz zur „Aktivierenden Sozialhilfe“, 2003. 27 § 1 Abs. 4 EGG (Entwurf), BT-Drs. 15/1523, S. 63. 28 §§ 1 Abs. 4, 26 Abs. 2 EGG (Entwurf), BT-Drs. 15/1523, S. 1 f., 63, 68; freilich mit einer von dem Regierungsentwurf diametral abweichenden sozialverwaltungsrechtlichen Organisation. 29 §§ 1 Abs. 1, 21, 24 ff. EGG, BT-Drs. 15/1523, S. 1 f., 63, 68, allerdings ohne ausdrücklichen Bezug auf ein Fallmanagement. 30 § 16 EGG (Entwurf), BT-Drs. 15/1523, S. 65. 31 Dazu im einzelnen BT-Ausschuß-Drs. 15(9)645 und 15(9)646. Zusammenfassender Bericht in BT-Drs. 15/1749, insbes. S. 14 ff. 32 Jason Turner war ein Hauptinitiator der Arbeitsmarktreformen in Wisconsin und später den USA insgesamt; zum dazugehörigen Bericht s. Ausschuß-Drs. 24

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ein Vermittlungsverfahren durchlaufen. Dort stand das künftige Eingliederungskonzept aber kaum noch zur Diskussion. Zwar vermißte die Opposition noch immer „wirksame Sanktionen im Falle ungerechtfertigter Arbeitsverweigerung“.34 Sie konnte aber keine Verschärfung des insofern schon rigiden Gesetzentwurfes mehr erreichen. In der Hauptsache entzündete sich Streit dann auch an anderen Fragen, wie etwa der künftigen Trägerschaft oder der sozialverwaltungsrechtlichen Organisation der neuen Grundsicherung.35 Der Ausschuß fand am 16. Dezember 2003 einen denkwürdigen Abschluß.36 Der Bundestag stimmte dem gefundenen Kompromiß – der keine inhaltliche Änderung des angestrebten Eingliederungskonzeptes mehr mit sich brachte – am 19. Dezember 2003 mit überwältigender Mehrheit zu. Am selben Tage erteilte auch der Bundesrat seine Zustimmung, so daß das „Hartz IV-Gesetz“ am 24. Dezember 2003 verkündet werden und zum 1. Januar 2005 in Kraft treten konnte.37

B. Regelungsmotive und -ziele Das neue Eingliederungskonzept des SGB II steht im Zeichen des aktivierenden Sozialstaates, der sich den Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit und für Vollbeschäftigung auf die Fahnen geschrieben hat. Dem gilt die Mobilmachung des Heeres der Arbeitslosen unter dem Zeichen des Forderns und Förderns. Das neue Konzept will die Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten stärken und Hilfe zur Selbsthilfe geben.38 Der hilfebedürftige Bürger soll sich als aktives Mitglied der Gesellschaft um das 15(9)646, S. 102 ff. Zum Inhalt der Stellungnahmen insgesamt s. die unter Fn. 31 genannten Nachweise. Nicht ausdrücklich befragt wurden die Vertreter der Bundesrichterschaft, die seither – freilich wenig souverän – zumindest in Teilen erhebliche Vorbehalte gegen die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu haben scheint. 33 Abgelehnt durch Beschluß des Bundestages vom 17. Oktober 2003, BT-Plenarprotokoll 15/67 (neu), S. 5758 C. 34 BR-Drs. 731/03 (Beschluss), Begründung d). 35 S. dazu Beschluß des Bundesrates zur Anrufung des Vermittlungsausschusses vom 7. November 2003, BR-Drs. 731/03 (Beschluss), und Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16. Dezember 2003, BT-Drs. 15/2259; zu den Hintergründen auch Steck/Kossens, Neuordnung (Fn. 26), Rn. 5 f. 36 Erstmals in der Geschichte des Bundestages kamen die Vorsitzenden sämtlicher Fraktionen in einem Vermittlungsverfahren zusammen; dazu nur Steck/ Kossens, Neuordnung (Fn. 26), Rn. 7. 37 BGBl. 2003 I, S. 2954. Zum Abstimmungsverhalten im Bundestag, Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 84. Sitzung, 19. Dezember 2003, S. 7386, 7389 ff.; zum Abstimmungsverhalten im Bundesrat, Bundesrat, Stenographischer Bericht, 795. Sitzung, 19.12.2003, S. 503.

68 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

Ende seiner Erwerbslosigkeit bemühen und nicht länger in der Arbeitslosigkeit verharren. Die spürbaren Sanktionsregeln zur Minderung des Arbeitslosengeldes II unterstreichen diesen Anspruch deutlich.39 Gefordert ist freilich auch die Verwaltung, die sich viel zu oft als „lahme Ente“ in eine passiv leistungsgewährende Grundhaltung zurückgezogen hat.40 Der Bürger soll auf eine leistungsfähige und bürgerfreundliche Serviceeinrichtung zugreifen können. Deshalb führt der Gesetzgeber auch Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen, um so die Vorzüge beider Systeme zu kombinieren und weiter zu entwickeln. Alle relevanten Dienstleistungen ergehen dadurch aus einer Hand über eine bürgernahe Anlaufstelle.41 Das schließt die bisher oft unterschiedlichen Handlungsansätze und fehlende Abstimmung zwischen mehreren Trägern ebenso aus, wie ein Hin- und Herschieben der Verantwortung für den Leistungsberechtigten.42 Nahziel des SGB II-Konzeptes ist es, die Eingliederungschancen der Leistungsempfänger in ungeförderte Beschäftigung zu verbessern. Es geht darum, die Eigeninitiative der Leistungsberechtigten für eine paßgenaue und effiziente Eingliederung in Arbeit umfassend zu fordern und zu fördern.43 Das heißt mehr, als nur Beratung und Vermittlung. Vielmehr will der Gesetzgeber alle Einflußfaktoren für eine Eingliederung beachtet und darauf zugeschnittene Leistungen verwirklicht wissen.44 Kernelement des neuen Konzeptes soll daher ein kompetentes Fallmanagement sein.45 Dort hat jeder Leistungsberechtigte einen Fallmanager als persönlichen Ansprechpartner für sich und seine Bedarfsgemeinschaft. Der Fallmanager begleitet den Bürger durch den Eingliederungsprozeß und erhebt mit ihm die konkrete Bedarfslage. Unter aktiver Mitarbeit des Bürgers soll er dann ein individuelles Angebot zur Eingliederung planen und steuern.46 Das umfaßt auch den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung mit verbindlichen und konkreten Aussagen zum 38

BT-Drs. 15/1516, S. 44, 50 f.; eingehend und überzeugend zur Idee des aktivierenden Sozialstaates Eichenhofer, Geschichte (Fn. 20), S. 139 ff.; ders., Sozialrecht und soziale Gerechtigkeit, JZ 2005, S. 209 (215 f.). 39 BT-Drs. 15/1516, S. 60. 40 BT-Drs. 15/1516, S. 1. An der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit müssen Staat und Gesellschaft insgesamt mitwirken, weil ohne umfassendes Engagement, insbesondere ohne Arbeit keine wirkungsvolle Eingliederung stattfinden kann; vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 44. S. auch Eberhard Eichenhofer, Sozialreformen zwischen Vision und Wirklichkeit, NZS 2007, S. 57 (58, 61). 41 BT-Drs. 15/1516, S. 41, 44 und 47. 42 In finanzieller Hinsicht war von sog. Verschiebebahnhöfen die Rede, BT-Drs. 15/1516, S. 42. 43 BT-Drs. 15/1516, S. 2 und 41. 44 BT-Drs. 15/1516, S. 52 und 54. 45 BT-Drs. 15/1516, S. 44. 46 BT-Drs. 15/1516, S. 44 und 46.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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Fordern und Fördern. Die Eingliederungsvereinbarung stellt sicher, daß die Verwaltung im weiteren Verlauf Eingliederungshilfen gewährt, die den individuellen Bedürfnissen des Leistungsberechtigten, den Anforderungen des Arbeitsmarktes und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit entsprechen. Sie legt aber auch fest, welche Anstrengungen die Leistungsberechtigten unternehmen müssen. Eine Befristung der Eingliederungsvereinbarung soll eine intensivere Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung sichern.47

C. Rechtliche Grundlagen und Ausgestaltung I. Vorgaben aus dem Europa- und Verfassungsrecht Weder das Europarecht noch das deutsche Verfassungsrecht liefern ausdrückliche Vorgaben für ein Konzept zur Eingliederung von Arbeitsuchenden und dessen Durchführung. Gleichwohl sind Recht und Praxis der Eingliederung – wie der deutsche Sozialstaat insgesamt – „europäisiert, d.h. von der Sozialpolitik der Europäischen Union überwölbt“.48 Daneben entfaltet unser Grundgesetz vielfältige „Determinationskraft“ für das Verwaltungshandeln,49 mit Folgen auch für die Eingliederung von Arbeitsuchenden. Die mit alldem verbundenen Möglichkeiten und Grenzen haben der Gesetzgeber und die im Einzelfall handelnde Verwaltung stets zu beachten. Deshalb kommt auch eine verwaltungsrechtlich angelegte Untersuchung nicht ohne einen Blick auf das Europa- und das Verfassungsrecht aus.

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BT-Drs. 15/1516, S. 46 und 54. Rainer Pitschas, Der „neue“ soziale Rechtsstaat. Vom Wandel der Arbeitsund Sozialverfassung des Grundgesetzes, in: Franz Ruland/Bernd Baron von Maydell/Hans-Jürgen Papier (Hrsg.), Verfassung, Theorie und Praxis des Sozialstaats – Festschrift für Hans Zacher, 1998, S. 755 (763); dazu auch Hartmut Bauer, Die Verfassungsentwicklung des wiedervereinten Deutschland, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I – Historische Grundlagen, 3. Aufl. 2003, § 14 Rn. 103; Gerhard Igl/Felix Welti, Sozialrecht, 8. Aufl. 2007, S. 40 ff.; Hans F. Zacher, Fünfzig Jahre Bayerische Verfassung, BayVBl. 1996, S. 705 (718); eingehend Eichenhofer, Geschichte (Fn. 20), S. 68, 73 ff., 97 ff., 124 ff. und für das Konzept des aktivierenden Staates insbes. 139 ff.; differenzierend ders., Sozialrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2006, Rn. 6 ff., 480 ff. 49 Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 65 ff.; Eberhard Schmidt-Aßmann, Das Allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, S. 11 f. 48

70 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

1. Europarechtliche Vorgaben a) Europäisches Primärrecht Das europäische Primärrecht fordert über die sozialen Zielsetzungen des Art. 3 EUV (ex Art. 2 EUV)50 eingliederungsrelevant ein Hinwirken auf „Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt“ und eine Förderung „soziale(r) Gerechtigkeit und sozialen Schutz(es)“. Die Mitgliedstaaten sind durch die Bestimmung zwar nicht unmittelbar gebunden. Sie sind über Art. 4 Abs. 3 EUV (ex Art. 10 EGV) aber zur Förderung der genannten Ziele verpflichtet. Das gilt auf allen Ebenen,51 also auch im Segment der Arbeits- und Sozialverwaltung. Zwar entfalten die Zielbestimmungen aus Art. 3 EUV (ex Art. 2 EUV)52 wegen ihres hohen Abstraktionsgrades „weder rechtliche Pflichten der Mitgliedstaaten, noch Rechte Einzelner“. Sie sind bei der Rechtsanwendung jedoch zu berücksichtigen.53 Nur wenig konkreter sind die vertiefenden Bestimmungen des AEUV zu Beschäftigung54 und Sozialpolitik55 in der Union. Das beschäftigungspolitische Regelement der Art. 145 ff. AEUV (ex Art. 125 ff. EGV) verpflichtet Mitgliedstaaten und Union zur „Koordinierung der Beschäftigungspolitik“ und zur Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie mit dem Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus.56 Die sozialpolitischen Vorschriften der Art. 151 ff. AEUV (ex Art. 136 ff. EGV) legen Union und Mitgliedstaaten verbindlich auf die Förderung der Beschäftigung, die Entwicklung des Arbeitskräftepotentials im Hinblick auf ein dauerhaft hohes Beschäftigungsniveau und die Bekämpfung von Ausgrenzung fest. Wirklich greifbare Hinweise zur inhaltlichen Ausgestaltung einer Beschäftigungs- und Sozialpolitik und daraus folgende Anknüpfungsmöglichkeiten für ein bestimmtes Eingliederungskonzept bleiben die Bestimmungen aber schuldig.57 50

S. Art. 3 Abs. 3 EUV; vgl. dazu auch ex Art. 2 EGV. Wolfgang Kahl, in: Christian Calliess/Matthias Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 4 EUV Rn. 45. Noch mit Blick auf ex Art. 10 EGV s. etwa EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891 (1891, 1909); Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, S. I-3325 (I-3327, I-3357); Rudolf Streinz, in: ders. (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 10 EGV Rn. 5. 52 Vgl. auch ex Art. 2 EGV. 53 Noch mit Blick auf ex Art. 2 EGV s. EuGH, Rs. 126/86, Giménez Zaera, Slg. 1987, S. 3697 (3697 f., 3715 f.); Streinz (Fn. 51), Art. 2 EGV Rn. 9. 54 Art. 5 Abs. 2, 145 ff. AEUV (ex Art. 3 Abs. 1 lit. i], 125 ff. EGV). 55 Art. 5 Abs. 3, 151 ff. AEUV (ex Art. 3 Abs. 1 lit. j], 136 ff. EGV). 56 Zur Struktur des Beschäftigungstitels s. nur Matthias Niedobitek, in: Rudolf Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 125 EGV Rn. 16 ff., noch mit Blick auf die Bestimmungen des früheren EGV. 51

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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Neben den erörterten Bestimmungen mit ausdrücklichem Beschäftigungsbezug58 können vor allem noch die Diskriminierungsverbote des AEUV für die Eingliederung von Arbeitsuchenden bedeutsam werden. Besondere Erwähnung verdient dabei die in den Art. 45 ff. AEUV (ex Art. 39 ff. EGV) garantierte Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die – neben anderem – bei der Vermittlung von Arbeitsstellen jede offene oder verdeckte Ungleichbehandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet.59 Subsidiär gilt das allgemeine Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV i. V. m. Art. 20, 21 AEUV (ex Art. 12 EGV i. V. m. Art. 17, 18 EGV), worüber der EuGH bereits auf eine Garantie des Existenzminimums auch für ausländische Unionsbürger erkannt hat.60 Für den „Einkauf“ von Eingliederungsleistungen durch die Träger der neuen Grundsicherung sind darüber hinaus die 57 Immerhin nennen die beschäftigungspolitischen Vorschriften noch die Förderung von Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse (Art. 146 Abs. 2 AEUV [ex Art. 126 Abs. 2 EGV]), die Förderung von Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie eine verbesserte Fähigkeit der Arbeitsmärkte auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels zu reagieren (Art. 145 AEUV [ex Art. 125 EGV]) als verbindliche Eckwerte der gebotenen Strategie und ihrer Durchführung; dazu Sebastian Krebber, in: Christian Calliess/Matthias Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 145 AEUV Rn. 9 ff., und – allerdings noch mit Blick auf ex Art. 125 EGV – Niedobitek, EUV/EGV (Fn. 56), Art. 125 EGV Rn. 20 ff. (23 f.). Zu den sozialpolitischen Vorschriften Krebber, a. a. O., Art. 151 AEUV Rn. 7 f., und noch mit Blick auf die Bestimmungen des EGV Eberhard Eichenhofer, in: Rudolf Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 125 EGV Rn. 16. 58 Außer den genannten programmatischen Vorschriften gibt es freilich noch weitere Bestimmungen zur Beschäftigung in der Europäischen Union, so etwa bei den Regelungen zum Europäischen Sozialfonds (Art. 162 ff. AEUV [ex Art. 146 ff. EGV]), zur beruflichen Bildung (Art. 166 AEUV [ex Art. 150 EGV]) und zur Europäischen Investitionsbank (Art. 309 Abs. 1 Satz 2 b] AEUV [ex Art. 267 Abs. 1 Satz 2 b) EGV]). Diese Normen erschöpfen sich aber weitgehend in bloßen Kompetenzregeln für die Union selbst; näher und mit weiteren Nachweisen, freilich noch zur Regelung im EGV, Niedobitek, EUV/EGV (Fn. 56), Art. 125 EGV Rn. 2. 59 Ulrich Fastenrath/Maike Müller-Gerbes, Europarecht, 2. Aufl. 2004, Rn. 113. Auch außerhalb einer Erwerbstätigkeit gilt der ausländische EU-Bürger als Arbeitnehmer i. S. d. Art. 45 AEUV (ex Art. 39 EGV), wenn er sich zum Zwecke der Arbeitsuche in dem jeweiligen Mitgliedstaat aufhält; mit Blick auf ex Art. 39 EGV s. EuGH, Rs. C-85/96, Martínez Sala, Slg. 1998, S. I-2691 (I-2719); Rs. C-43/99, Leclere, Deaconescu, Slg. 2001, S. I-4265 (I-4313); Rs. C-138/02, Collins, Slg. 2004, S. I-2703 (I-2750 ff.). Allgemein zum Recht der Arbeitsuche für Bürger aus EG-Mitgliedstaaten schon EuGH, Rs. 48/75, Royer, Slg. 1976, S. 497 (512). Zu allem Martin Franzen, in: Rudolf Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 39 EGV Rn. 34 und 123 f. 60 EuGH Rs. C-184/99, Grzelczyk, Slg. 2001, S. I-6193 (I-6194 ff., I-6223 f., I-6226 ff.); Rs. C-456/02, Trojani, Slg. 2004, S. I-7573 (I-7575, I-7608, I-7610 f.); Rs. C-209/03, Bidar, Slg. 2005, S. I-2119 (I-2120 f., I-2163 ff.). Dazu kritisch Kay Hailbronner, Die Unionsbürgerschaft und das Ende rationaler Jurisprudenz durch den

72 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 ff. und 56 ff. AEUV (ex Art. 43 ff. und 49 ff. EGV) zu beachten, soweit auch Dienstleister aus dem EU-Ausland ihren Eingliederungsservice anbieten.61 b) Europäisches Sekundärrecht Auf sekundärrechtlicher Ebene vertiefen Verordnungen die primärrechtlichen Diskriminierungsverbote für Leistungen bei Arbeitslosigkeit und sozialer Hilfe.62 Zur Förderung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie63 gibt es Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (sog. beschäftigungspolitische Leitlinien), „gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 128 Abs. 264“.65 Diese Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, von den Mitgliedstaaten aber „zu berücksichtigen“.66 In ihrer inhaltlichen Aussage deutEuGH?, NJW 2004, S. 2185 (2185 ff.), und Kerstin Strick, Ansprüche alter und neuer Unionsbürger auf Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II, NJW 2005, S. 2182 (2182 ff.). 61 Dagegen dürfte die Problematik staatlicher Beihilfen nach Art. 107 ff. AUEV (ex Art. 87 ff. EGV) bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden schon wegen Art. 107 Abs. 2 a) AUEV (ex Art. 87 Abs. 2 a] EGV) kaum unmittelbare Bedeutung erlangen; dazu Christian Koenig/Jürgen Kühling, in: Rudolf Streinz (Hrsg.), EUV/EGV, 2003, Art. 87 EGV Rn. 62. Ohnehin sind Eingliederungsmaßnahmen kaum denkbar, die den zwischenstaatlichen Handel spürbar beeinflussen, insbesondere die von der Kommission festgelegten Schwellenwerte (De-minimis-Grenzen) überschreiten; zum Erfordernis der Handelsbeeinträchtigung zwischen den Mitgliedstaaten und sog. De-minimis-Beihilfen Koenig/Kühling, a. a. O., Art. 87 EGV Rn. 58 ff. und Art. 89 Rn. 13. 62 S. beispielsweise Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 20. April 2004, S. 1, ber. ABl. L 200 vom 7. Juni 2004, S. 1) i. V. m. Verordnung (EG) 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 284 vom 30. Oktober 2009, S. 1), für Leistungen bei Arbeitslosigkeit; näher Stephan Thie/Dietrich Schoch, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 21 f. 63 S. dazu Art. 145 ff., insbesondere Art. 148 Abs. 2 AUEV und die vorangegangenen Ausführungen zum europäischen Primärrecht. 64 Nunmehr Art. 148 Abs. 2 AEUV. 65 Rat der Europäischen Gemeinschaften, Beschluß vom 22. Juli 2003 über Leitlinien für Beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (2003/578/EG), ABl. L 197 vom 5. August 2003, S. 13 (13 ff.). Die Rechtsnatur der beschäftigungspolitischen Leitlinien ist nicht abschließend geklärt; zu Rechtsnatur und Kontinuität der Leitlinien näher Krebber, EUV/AEUV (Fn. 57), Art. 148 AEUV Rn. 6, und Niedobitek, EUV/EGV (Fn. 56), Art. 128 EGV Rn. 8 ff. m. w. N. 66 Krebber, EUV/AEUV (Fn. 57), Art. 148 AEUV Rn. 6, und Niedobitek, EUV/ EGV (Fn. 56), Art. 128 EGV Rn. 11.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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lich ergiebiger als die Art. 145 ff. AEUV (ex Art. 125 ff. EGV), formulieren sie Anforderungen, die auch in das von der Hartz-Kommission entwickelte Eingliederungskonzept erkennbar Eingang gefunden haben67 und dessen Umsetzung beeinflussen. Zur wirkungsvollen Eingliederung sollen etwa die Bedürfnisse der Arbeitsuchenden im „Frühstadium ihrer Arbeitslosigkeit ermittelt werden“ und ihnen auf dieser Grundlage umfassende „Dienstleistungen wie Beratung, Unterstützung bei der Arbeitsuche und individuelle Aktionspläne zur Verfügung stehen“.68 Finanzielle Anreizmechanismen sind neu zu gestalten, so daß Hilfesuchende bevorzugt Arbeit suchen, aufnehmen und im Arbeitsleben verbleiben. Dafür sollen die Mitgliedstaaten eine effektive Leistungsverwaltung sicherstellen, insbesondere durch „Kopplung mit einer effektiven Arbeitssuche, einschließlich des Zugangs zu Aktivierungsmaßnahmen zur Verbesserung der individuellen Vermittelbarkeit“.69 2. Verfassungsrecht Aus dem deutschen Verfassungsrecht sind die allgemeinen Verfassungsprinzipien, vor allem aber die Grundrechte für die Eingliederungsvereinbarung und das sie umgebende Rechtsverhältnis bedeutsam. So fordert das Grundgesetz über Art. 109 Abs. 2 GG die Schaffung eines hohen Beschäftigungsstandes als wichtigen Bestandteil des Staatsziels70 eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.71 Damit erhält die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit Verfassungsrang.72 Diese Einschätzung tragen auch das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG73 und die Anforderungen aus 67

Ausdrücklich Hartz u. a., Dienstleistungen (Fn. 10), S. 341 f. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Beschluß (Fn. 65), S. 18 Nr. 1 a) und b) sowie S. 20 Nr. 7. 69 Rat der Europäischen Gemeinschaften, Beschluß (Fn. 65), S. 20 Nr. 8. 70 Hans Peter Bull, Staatszwecke im Verfassungsstaat, NVwZ 1989, S. 801 (802); Winfried Brohm, Soziale Grundrechte und Staatszielbestimmungen in der Verfassung, JZ 1994, S. 213 (217); Rolf Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 15. Aufl. 2006, S. 81. 71 BVerfGE 79, 311 (338); Werner Frotscher/Urs Kramer, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, 5. Aufl. 2008, Rn. 185, 194; Hans-Martin Hänsch, Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht als Verfassungsprinzip, 2002, S. 162 ff.; Gregor Kirchhof, in: Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 109 Rn. 42. 72 Zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit als Ziel von Verfassungsrang vgl. BVerfGE 21, 245 (251); 100, 271 (284); 103, 293 (306 f.). 73 Der soziale Rechtsstaat hat die Voraussetzungen für die Freiheitsbetätigung seiner Bürger aktiv gestaltend zu verbessern, wozu auch die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit gehört; vgl. BVerfGE 103, 293 (307); Karl-Peter Sommermann, in: Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Rn. 112. 68

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Art. 2 Abs. 1 und 1 Abs. 1 GG74, wenn der Einzelne wieder die Möglichkeit erhält, seine Persönlichkeit durch Arbeit zu entfalten, und damit Achtung, Selbstachtung und letzten Endes Würde erfährt. Mit Blick auf die grundrechtlichen Gewährleistungen sah sich das neue Eingliederungskonzept allerdings schon frühzeitig einigen Bedenken ausgesetzt.75 Die Kritik entzündete sich in erster Linie an dem mit der Eingliederungsvereinbarung verbundenen Sanktionsmechanismus. Vor allem in der besonderen sanktionsrechtlichen Flankierung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten aus § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II glaubte man eine Verletzung der hier durch Art. 12 Abs. 1 und subsidiär durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit und einen Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ausmachen zu können.76 Darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Erwägungen haben auf mögliche Verstöße gegen den Gleichheitssatz77 oder auf ein Unterschreiten des sozialstaatlich garantierten Existenzminimums78 durch ein zu weitreichendes Sanktionen74

BVerfGE 100, 271 (284); 103, 293 (306). Außer Betracht bleiben an dieser Stelle mit dem SGB II aufgeworfene verfassungsrechtliche Fragen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem neuen Eingliederungskonzept stehen. Das betrifft namentlich die zum Teil durch bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen und gesetzgeberische Korrekturen ohnehin etwas befriedeten Auseinandersetzungen um die gemeinsame Trägerschaft (Mischverwaltung), die sozialverwaltungsrechtliche Organisation, die Regelleistungen und die Finanzierung der neuen Grundsicherung. Alle diese Debatten haben die Notwendigkeit des neuen Eingliederungskonzeptes zu keiner Zeit in Frage gestellt. Insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um die Mischverwaltung in den bisherigen Arbeitsgemeinschaften bestand stets weitgehende Einigkeit über die konzeptionelle Notwendigkeit der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe; s. dazu nur Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 (1017 f.); Markus Mempel, Hartz IV-Organisation auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, 2007, S. 16. 76 Uwe-Dietmar Berlit, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, info also 2003, S. 195 (205 f.); ders., Das neue Sanktionensystem, ZfSH/SGB 2006, S. 11 (15 f.); Ursula Fasselt, in: Otto Fichtner/Gerd Wenzel (Hrsg.), Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 31 Rn. 4; Jürgen Kruse, in: ders./Hans-Joachim Reinhard/Jürgen Winkler (Hrsg.), SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2005, § 31 Rn. 6; Heinrich Lang, Die Eingliederungsvereinbarung zwischen Autonomie und Bevormundung, NZS 2006, S. 176 (183); Martin Löns, in: ders./ Heike Herold-Tews, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2005, § 15 Rn. 5; Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), jurisPraxisKommentar, SGB II, 2005, § 15 Rn. 22. Weitere Nachweise bei Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 Fn. 50. 77 So etwa beim Aushandeln sozialer Leistungen für die Eingliederungsvereinbarung Phillip Stark, in: Martin Estelmann (Hrsg.), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), Losebl. Stand Juni 2006, § 15 Rn. 100 ff. 78 Warnend Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 31 Rn. 13. Eine Unterschreitung des sog. Existenzminimums 75

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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system verwiesen.79 Eine spürbare Entschärfung dürfte zumindest der angedeutete Streit um einen Verstoß gegen die grundgesetzlich garantierte Vertragsfreiheit und Rechtsschutzgarantie erfahren haben. Zum 1. April 2011 hat der Gesetzgeber – rechtspolitisch fragwürdig – den bisherigen besonderen Sanktionsmechanismus des SGB II soweit aufgehoben, als dieser Mechanismus den gesetzlich gebotenen Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung flankierte.80 Verfassungsrechtlich geboten war das nicht. Überhaupt konnten die gegen das neue Eingliederungskonzept vorgetragenen grundrechtsbezogenen Bedenken von Beginn an nicht überzeugen. Sie sind an dieser Stelle auch nicht wieder aufzunehmen, obgleich die Diskussion noch nicht ganz abgeebbt ist81. Jedoch offenbaren sich daraus zumindest grundrechtssensible Seiten des neuen Eingliederungskonzepts, die für die verfassungskonforme Durchführung der Eingliederung besondere Beachtung einfordern.

verneinen zutreffend Bauer, Sozialrecht (Fn. 75), DÖV 2004, S. 1017 (1025), und Peter-Christian Kunkel, Existenzsicherung in SGB II und SGB XII, ZfSH/ SGB 2004, S. 280 ff. Mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit der nach dem SGB II gewährten Regelleistungen s. BVerfGE 125, 175 (175 ff.), wonach diese Leistungen „zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums“ jedenfalls der Höhe nach „nicht als evident unzureichend erkannt werden“ können; BVerfG a. a. O., S. 227 ff., 229; dazu Christian Seiler, Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, JZ 2010, S. 500 (501 f.); vgl. ferner Timo Hebeler, Ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich verpflichtet, Gesetze zu begründen?, DÖV 2010, S. 754 (756 f.). 79 Weitere Hinweise auf eher marginale verfassungsrechtliche Berührungspunkte der Eingliederungsvereinbarung des SGB II bei Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 78), § 31 Rn. 13 ff., und Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 77), § 15 Rn. 90 ff. 80 Art. 14 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453). 81 Überzeugende Argumente gegen die Verfassungswidrigkeit der ursprünglichen gesetzlichen Regelung etwa VG Bremen, Beschl. v. 17.5.2005, S 1 V 725/05, Umdruck, II. Abs. 9; Mario Martini/Jan-Erik Schenkel, Die Eingliederungsvereinbarung – ein verfassungswidriger Formenmißbrauch?, VSSR 2010, S. 393 (393 ff., insbes. 422 f.); Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 15 f.; Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 77), § 15 Rn. 92 ff.; s. auch Dagmar Felix, Der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag und seine Bedeutung im Sozialrecht, in: Veith Mehde/Ulrich Ramsauer/Margrit Seckelmann (Hrsg.), Staat, Verwaltung, Information, 2011, S. 539 (555 mit Fn. 118); Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 76), DÖV 2006, S. 893 (893 ff.). Aber jüngst erst wieder kritisch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 78), § 31 Rn. 16, und Sofia Davilla, Die Eigenverantwortung im SGB III und SGB II, 2011, S. 311 ff.

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II. Einfachrechtliche Ausgestaltung Die eigentliche normative Grundlage für das neue Eingliederungskonzept stellt das einfache Recht mit dem SGB II zur Verfügung. Dort findet sich zwar keine geschlossene und auch keine abschließende Regelung zur Eingliederung von Arbeitsuchenden. Darüber hinaus sind die einschlägigen Bestimmungen zum Teil inhaltlich und systematisch unklar oder lückenhaft. Sie bilden aber das unentbehrliche Fundament einer Dogmatik, die nicht frei „in der Luft hängen“, sondern auf die Eingliederung in der neuen Grundsicherung zugeschnitten sein soll. Sie sind deshalb in ihrem Regelungsgehalt näher zu erfassen. 1. Eingliederung und soziale Sicherung Das SGB II erhebt die Eingliederung von Arbeitsuchenden zur wichtigsten Aufgabe der neuen Grundsicherung. Die darauf gerichteten Leistungen haben Vorrang vor allen anderen Hilfestellungen. So muß der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 SGB II alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nach § 3 Abs. 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anders beseitigt werden kann. Zahlreiche weitere Normen und der Aufbau des Gesetzes bekräftigen das Prinzip des Eingliederungsvorrangs. Die Aufgaben- und Zielbestimmung des § 1 Abs. 2 SGB II fordert beispielsweise, daß die Leistungen der Grundsicherung „insbesondere“ auf die Erwerbstätigkeit des Leistungsberechtigten auszurichten sind. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II muß der Leistungsberechtigte „aktiv an allen Maßnahmen zu“ seiner „Eingliederung in Arbeit mitwirken“. Folgerichtig widmen sich auch die Vorschriften zu den Leistungsgrundsätzen82 und Leistungsformen83 des SGB II überwiegend der Eingliederung in Arbeit. In systematischer Hinsicht regelt das SGB II die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit84 schließlich vor denen zur Sicherung des Lebensunterhalts85. 2. Eingliederungsprozeß Das Gesetz regelt den Verlauf der Eingliederung nur zurückhaltend. Dabei sind die Bestimmungen zu den Verfahrensbeteiligten noch vergleichs82 83 84 85

§ 3 SGB II. § 4 SGB II. S. §§ 14 ff. SGB II. S. §§ 19 ff. SGB II.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

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weise ausführlich geraten. Zu ihnen gehört der nach § 7 Abs. 1 SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte, der einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung gestellt hat.86 Hinzu kommen jene Personen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben.87 Das sind beispielsweise der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte und die Kinder des Antragstellers.88 Dabei vermutet das Gesetz, daß der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, grundsätzlich für alle Teile der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Grundsicherung zu beantragen und entgegenzunehmen.89 Auf Seiten der Verwaltung stehen die Träger der Grundsicherung. Das sind grundsätzlich die Bundesagentur für Arbeit und der zuständige kommunale Träger nebeneinander, ausnahmsweise ein kommunaler Träger allein (Optionskommune).90 Treten die Bundesagentur und ein kommunaler Träger nebeneinander auf, errichten sie zur einheitlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben Gemeinsame Einrichtungen nach § 44b SGB II. Die Gemeinsame Einrichtung übernimmt dann die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit und der jeweiligen kommunalen Träger.91 Die Träger der Grundsicherung 86 §§ 37 Abs. 1 Satz 1 und 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB X (Verfahrensbeteiligter). 87 S. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II; zu deren Beteiligung bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung § 15 Abs. 2 Satz 2 SGB II. 88 S. § 7 Abs. 3 Nr. 3 a) und Nr. 4 SGB II. Kinder sind allerdings nur insoweit einbezogen, als sie unverheiratet sind, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dem Haushalt angehören und nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen für ihren Lebensunterhalt sorgen können. 89 § 38 SGB II. 90 Zur grundsätzlichen Konstellation § 12 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 SGB X i. V. m. § 6 Abs. 1 SGB II. Nach § 6 Abs. 1 SGB II erbringen die Bundesagentur für Arbeit und die kommunalen Träger (kreisfreie Städte und Kreise) jeweils bestimmte, ihnen zugewiesene Aufgaben der Grundsicherung. In den „Optionskommunen“ übernehmen die kommunalen Träger nach § 6a SGB II auch die Trägerschaft für die Leistungen, die normalerweise bei der Bundesagentur liegen (§ 6b Abs. 1 SGB II). 91 Das Bundesverfassungsgericht hatte § 44b SGB II a. F. am 20. Dezember 2007 als mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 i. V. m. Art. 83 GG unvereinbar und damit für verfassungswidrig erklärt, BVerfGE 119, 331 (331, 361 ff.); dagegen mit guten Argumenten das Sondervotum der Richter Broß, Osterloh und Gerhardt, ebd., S. 386 ff. Die Vorschrift sollte noch bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar bleiben, wenn der Gesetzgeber den Verfassungsverstoß nicht vorher behöbe, BVerfGE 119, 331 (331 und 382 ff.). Zum ganzen Peter Michael Huber, Das Verbot der Mischverwaltung – de constitutione lata et ferenda, DÖV 2008, S. 844 ff., Stefan Korioth, Leistungsträgerschaft und Kostentragung bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) – Aufgabenwahrnehmung aus „einer Hand“ zwischen reformiertem Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht, DVBl. 2008, S. 812 ff., und Friedrich Schoch, Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie durch das Bundesverfassungsgericht, DVBl. 2008, S. 937 ff. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) vom 21. Juli 2010 (BGBl. I, S. 944) Art. 91e in das Grundgesetz eingefügt, durch Art. 1 Nr. 9 des Ge-

78 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

können auch Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen,92 zum Beispiel im Bereich der freien Wohlfahrtspflege.93 Unmittelbaren Verfahrensbezug hat die Regelung des § 37 Abs. 1 SGB II, wonach die Leistungen der Grundsicherung einen Antrag voraussetzen.94 Daraufhin erhält der Leistungsberechtigte eine Kundennummer und die Träger und Beauftragten der Grundsicherung tauschen, soweit erforderlich, die benötigten Sozialdaten aus.95 Für die weiteren Schritte soll die Arbeitsagentur dem Bürger dann einen persönlichen Ansprechpartner benennen.96 Der Ansprechpartner informiert, berät und unterstützt den Leistungsberechtigten mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt.97 Zentrales Element der Eingliederung aber ist der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung. Darin vereinbart grundsätzlich die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die zu dessen Eingliederung erforderlichen Leistungen.98 Das sind sowohl Leistungen, die der Bürger zur Eingliederung in Arbeit erhält, als auch Leistungen, die er selbst erbringt. Festzulegen ist dabei insbesondere, wie der Leistungsberechtigte seine Bemühungen nachzuweisen hat.99 Die Laufzeit der Eingliederungsvereinbarung beträgt grundsätzlich sechs Monate. Danach ist unter dem Eindruck der bisher gewonnenen Erfahrungen eine neue Vereinbarung zu treffen. Kommt eine Eingliedesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112) die §§ 44b ff. SGB II neu gefaßt und so den bisherigen Zustand der Verfassungswidrigkeit (spätestens) zum 1. Januar 2011 beendet. Damit hat er die bisherige Konzeption der Erbringung der Leistungen aus einer Hand – nunmehr durch sog. gemeinsame Einrichtungen anstatt durch Arbeitsgemeinschaften – auch für die Zukunft bestätigt und sichergestellt. Dazu s. vorerst nur BT-Drs. 17/1555, S. 1 f., 15 f. und 23 f. 92 § 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 93 § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 94 Nach § 37 SGB II gilt das Antragserfordernis für alle Leistungen der Grundsicherung. Dazu zählen gem. § 1 Abs. 3 SGB II auch Eingliederungsleistungen. 95 §§ 51a, 50 Abs. 1 SGB II. 96 § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB II; die Regelung gilt für kommunale Träger entsprechend, soweit es sich um Optionskommunen i. S. d. § 6a SGB II handelt (§ 6b Abs. 1 SGB II). 97 § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB II; deutlicher freilich § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB II a. F. Die Neufassung der Norm verzichtet nun zwar auf die bisherigen beispielhaften Erläuterungen, führt damit in der Sache aber keine Änderungen herbei; s. dazu nur BT-Drs. 17/3404, S. 91. 98 § 15 Abs. 1 SGB II; die Regelung gilt für kommunale Träger entsprechend, soweit es sich um Optionskommunen i. S. d. § 6a SGB II handelt (§ 6b Abs. 1 SGB II). Das „Einvernehmen mit dem kommunalen Träger“ ist dann freilich nicht erforderlich. 99 § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

79

rungsvereinbarung nicht zustande, soll ein Verwaltungsakt die entsprechenden Regelungen treffen.100 3. Ganzheitlichkeit Das im SGB II vorgesehene Spektrum möglicher Eingliederungsleistungen und -bemühungen ist denkbar weit. Welche Maßnahmen im Einzelfall zu ergreifen sind, vereinbaren die Parteien grundsätzlich in ihrer Eingliederungsvereinbarung. Die vor allem nach den §§ 16 ff. SGB II möglichen Hilfen der Arbeitsund Sozialverwaltung umfassen sowohl Dienst-, als auch Geld- und Sachleistungen.101 Allerdings muß es sich um Leistungen zur Eingliederung in Arbeit handeln, die für die Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind102 und die nach Möglichkeit der unmittelbaren Aufnahme einer Erwerbstätigkeit dienen103. Dabei sind die Eignung und die persönliche, insbesondere die familiäre Lebenssituation des Bürgers zu beachten. Ferner kommt es auf die voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit, die Beständigkeit der Eingliederung sowie Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Leistungen an.104 Vor diesem Hintergrund kann die Verwaltung beispielsweise eine Berufsberatung, eine Eignungsfeststellung oder bestimmten Vermittlungsangebote erbringen. Daneben ist die Übernahme von Bewerbungs-, Reise-, Umzugs- oder Weiterbildungskosten denkbar. Über die aus dem klassischen Arbeitsförderungsrecht entlehnten Maßnahmen hinaus können die Parteien originär soziale Hilfen vereinbaren, wie etwa eine Schuldnerberatung, psychosoziale Betreuung oder Suchtberatung.105 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind dagegen keine Maßnahmen zur Eingliederung und damit auch nicht direkt Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung; das gilt vor allem für die Gewährung des Arbeitslosengeldes II.106 100

§ 15 Abs. 1 Satz 3 bis 6 SGB II. Allgemein zum Leistungsspektrum der Grundsicherungsträger s. § 4 Abs. 1 SGB II. 102 § 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 103 § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II. 104 § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 4 SGB II. Zusätzliche Anforderungen regelt das Gesetz für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder ohne Berufsabschluß sind (§ 3 Abs. 2 SGB II), die das 58. Lebensjahr vollendet haben (§ 3 Abs. 2a SGB II) und die über keine hinreichenden deutschen Sprachkenntnisse verfügen (§ 3 Abs. 2b SGB II). 105 S. dazu § 16a SGB II. 106 Diese Leistungen stärken und flankieren aber die Eingliederungsbemühungen des Bürgers oder machen sie überhaupt erst möglich. 101

80 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

Die Eingliederungsbemühungen des Leistungsberechtigten sind im SGB II nicht näher geregelt. Mit Blick auf § 2 Abs. 1 SGB kommen „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung“ der Hilfebedürftigkeit in Betracht. Dazu gehören insbesondere Abschluß und Durchführung einer Eingliederungsvereinbarung. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich im Umkehrschluß aus den verfügbaren, insbesondere den aktivierenden Hilfen und Maßnahmen der Verwaltung.107 Eine Begrenzung folgt daraus aber nicht. 4. Rechte, Pflichten und Sanktionen Das SGB II eröffnet dem Bürger für seine Eingliederung zahlreiche Rechte und Pflichten. Nach § 2 SGB II, der den Grundsatz des Forderns formuliert, müssen der Leistungsberechtigte und seine Bedarfsgemeinschaft „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit“ ausschöpfen.108 Dafür hat der Betroffene aktiv an allen Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit mitzuwirken, insbesondere muß er „eine Eingliederungsvereinbarung abschließen“.109 Weitere Eingliederungspflichten konkretisieren und flankieren insbesondere die §§ 31 ff. SGB II.110 So hat der Bürger auch die in der Eingliederungsvereinbarung begründeten Pflichten zu erfüllen und deren Erfüllung nachzuweisen.111 Von besonderer Brisanz ist die als Sanktion vorgesehene spürbare Minderung des Arbeitslosengeldes II,112 wenn sich der Arbeitsuchende trotz „Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis“ weigert,113 den Pflichten namentlich aus der Eingliederungsvereinbarung nachzukommen. Bei wiederholter Pflichtverletzung erfolgen zudem weitere Minderungen, die bis zum vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II führen können.114 Minderung und Wegfall dauern grundsätzlich drei Monate und werden durch Verwaltungsakt 107 S. dazu die Bezugnahmen in § 15, § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 1 sowie § 2 Abs. 1 SGB II. 108 § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 109 § 2 Abs. 1 Satz 2 und dort insbes. HS. 2 SGB II. 110 Die Einordnung der Anforderungen gegenüber dem Bürger ist umstritten. Das Gesetz spricht ausdrücklich von Pflichten, so daß der Terminus auch in dieser Arbeit Anwendung findet. Weitere Bestimmungen zu Pflichten des Bürgers sind in §§ 56 ff. SGB II niedergelegt. 111 § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II. 112 Das Ausmaß der Minderung ist grds. abhängig von der jeweiligen Pflichtenverletzung, s. § 31a Abs. 1 und § 32 SGB II. 113 S. § 31 Abs. 1 und § 32 Abs. 1 SGB II. 114 § 31a Abs. 1 und § 32 Abs. 1 SGB II. Besonders scharfe Sanktionen greifen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 15. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben (§ 31a Abs. 2 SGB II).

§ 3 Entstehung, Motive und rechtliche Ausgestaltung

81

festgestellt.115 Der Sanktionsmechanismus gilt freilich nicht ausnahmslos; er entfällt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere dann, wenn der Bürger einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist. All dem steht – allerdings nicht in der Ausführlichkeit –116 über § 14 Satz 1 SGB II der Grundsatz des Förderns gegenüber. Danach haben die Träger der Leistungen des SGB II den Bürger umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit zu unterstützen. § 15a SGB II regelt für besondere Fälle einen Anspruch auf ein unverzügliches Angebot von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Vor allem aber formuliert die zwischen den Parteien abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung konkrete Rechte, wenn sie bestimmt, welche „Leistungen (. . .) der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält“.117 5. Keine abschließende Regelung Die Bestimmungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II sind nicht abschließend. Das Gesetz selbst verweist häufig ergänzend auf fremde Normen. Das gilt beispielsweise für „das Verfahren nach diesem Buch“, das § 40 SGB II in Teilen dem SGB III und im übrigen dem SGB X unterstellt. Namentlich für die Eingliederungsvereinbarung gelten dadurch die allgemeinen Bestimmungen der §§ 53 ff. SGB X und damit auch des Bürgerlichen Gesetzbuches. Für die Eingliederungsleistungen greift § 16 SGB II in weiten Teilen ebenfalls auf das SGB III zurück. Darüber hinaus bleiben manche Fragen gänzlich ungeregelt, wie etwa die nähere Gestalt und das Ende des Eingliederungsprozesses, das Verhältnis zwischen mehreren Leistungsberechtigten bei begrenzten Hilfekapazitäten oder das Verhältnis zu Dritten, die nicht irgendeine Leistung erbringen oder beziehen, die Eingliederung aber gleichwohl beeinflussen können118. Darauf wird zurückzukommen sein.

115

§ 31b Abs. 1 SGB II. Berlit, Zusammenlegung (Fn. 76), S. 203 ff., macht darin – zu Unrecht – eine Asymmetrie von Fordern und Fördern aus. 117 § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II. 118 Dazu zählen etwa die Gläubiger des Leistungsberechtigten. 116

82 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

§ 4 Rechtsvergleichende Aspekte – Moderne Eingliederung in Großbritannien und Australien A. Notwendigkeit und Zweck rechtsvergleichender Betrachtungen Wie sich schon bei der Einordnung der Eingliederungsvereinbarung in das internationale Geschehen gezeigt hat, kam es im Ausland bereits geraume Zeit vor den deutschen Reformbemühungen zu bedeutenden Entwicklungen in Richtung eines konsensualen Eingliederungskonzeptes.1 Eine eingehende Auseinandersetzung insbesondere mit der rechtlichen Ausgestaltung ausländischer Eingliederungskonzepte war bei diesen Betrachtungen nicht angezeigt, wird nun aber unumgänglich. Schließlich kann es sich keine Wissenschaft leisten, allein auf Erkenntnisse zu setzen, „die innerhalb ihrer nationalen Grenzen produziert worden sind“,2 und gerade ein rechtlicher Vergleich birgt erhebliches Potential für Verständnis, Fortentwicklung und dogmatischer Aufbereitung des eigenen (Eingliederungs-)Rechts in sich. Der vergleichende Blick in fremde Rechtsordnungen eröffnet häufig ein Spektrum an Problemlösungsansätzen, das eine allein national geprägte Sichtweise kaum so hervorbringen kann. Er stimuliert die konstruktive Kritik an nationalen Bestimmungen und hilft, den eigenen Rechtsstoff unvoreingenommener und kreativer zu betrachten.3 Schon ein begrenzter Rechtsvergleich kann dabei wichtige Beiträge zur Befreiung von blinder Dogmengläubigkeit und Stagnation leisten und so die Entfaltung moderner Dogmatik sowie die Funktionstüchtigkeit des eigenen Rechts fördern.4 Dieses Bedürfnis besteht im Recht der Eingliederungsvereinbarung um so mehr, als sich zwar andere Wissenschaftszweige – beispielsweise die Politik-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften – für ihren Bereich der ausländischen Entwicklungen längst angenommen haben.5 Die Rechtswissenschaft hat diesem Segment dagegen bislang kaum die gehörige Aufmerksamkeit geschenkt.6 1

S. o. § 2 A. und § 3 A.III. Konrad Zweigert/Hein Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 13; ähnlich Clive M. Schmitthoff, Die künftigen Aufgaben der Rechtsvergleichung, JZ 1978, 495 (497 ff.). 3 Eingehend zu den vielfältigen, über den in dieser Arbeit bestehenden Bedarf oft hinausgehenden Zwecken des Rechtsvergleichs Christian Starck, Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, JZ 1997, S. 1021 (1023 ff.), und Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 12 ff.; speziell aus sozialrechtlicher Sicht Hans F. Zacher, Vorfragen zu den Methoden der Sozialrechtsvergleichung, in: ders. (Hrsg.), Methodische Probleme des Sozialrechtsvergleichs, 1977, S. 21 (22 ff.). 4 Zacher, Vorfragen (Fn. 3), S. 22. 2

§ 4 Rechtsvergleichende Aspekte

83

B. Einsatz der rechtsvergleichenden Elemente Der Rechtsvergleich als Disziplin der Rechtswissenschaft kann noch immer auf keinen gesicherten Methodenkanon zurückgreifen.7 An seinem Anfang stehen grundsätzlich Länderberichte zur Darstellung des ausländischen Rechts. Dem folgt oft in einem besonderen Abschnitt der wertende Vergleich der eigenen nationalen Bestimmungen mit den funktionsgleichen ausländischen Regeln.8 So üblich diese Vorgehensweise in rein rechtsvergleichenden Arbeiten sein mag, sie ist nicht zwingend. Entscheidend bleiben praktische Evidenz und unmittelbar einleuchtende Sachgerechtigkeit, gemessen am jeweiligen Erkenntnisinteresse.9 Der vorliegenden Untersuchung geht es um die Entwicklung einer Dogmatik zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II. Deshalb können rechtvergleichende Betrachtungen nicht im Vordergrund stehen, sondern nur flankierende erkenntnisfördernde Dienste leisten. Gleichwohl bleibt zumindest die gesonderte Darstellung der einschlägigen Länderberichte sinnvoll, weil sie die weitere Darstellung spürbar entlasten. Sie bringen dem Leser 5 Exemplarisch aus der zahlreichen Literatur s. Oliver Bruttel, Die Privatisierung der öffentlichen Arbeitsvermittlung: Australien, Niederlande und Großbritannien, 2005; Matthias Knuth/Oliver Schweer/Sabine Siemes, Drei Menüs – und kein Rezept?, 2004, und Claudia Bogedan, Mit Sicherheit besser? Aktivierung und Flexicurity in Dänemark, ZeS-Arbeitspapier Nr. 6/2005; jeweils m. w. N. 6 S. aber Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Bedeutung von Verhandlungslösungen im Verwaltungsverfahren, in: Eibe Riedel (Hrsg.), Die Bedeutung von Verhandlungslösungen, 2002, S. 21 (23), der wenigstens am Rande auf „Eingliederungsvereinbarungen“ im französischen Sozialrecht eingeht; ferner Manfred Husmann, Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Großbritannien (Teil I), ZESAR 2009, S. 69 (69 ff.), ders., Leistungen bei Arbeitslosigkeit in Großbritannien (Teil II), ZESAR 2009, S. 124 (124 ff.), außerdem Eberhard Eichenhofer/Mies Westerveld, Contractualism: A Legal Perspective, in: Els Sol/Mies Westerveld (Hrsg.), Contractualism in Employment Services, 2005, S. 21 (21 ff.). Das weitgehende Fehlen rechtswissenschaftlicher Untersuchungen auf diesem Gebiet hat immer wieder fragwürdige, wenn nicht sogar unzutreffende rechtliche Stellungnahmen anderer Wissenschaftszweige provoziert; s. nur die in Fn. 22, 58 und 59 zitierten exemplarischen Nachweise. 7 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 32 für den Bereich des Zivilrechts im Jahre 1996; speziell zum Bereich des Öffentlichen Rechts Starck, Rechtsvergleichung (Fn. 3), S. 1026 ff., und Axel Tschentscher, Dialektische Rechtsvergleichung – Zur Methode der Komparatistik im öffentlichen Recht, JZ 2007, S. 807 (807 ff., 809). 8 Tschentscher, Rechtsvergleichung (Fn. 7), S. 807; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 42. Manche Arbeiten erschöpfen sich in bloßen Länderberichten, können dann aber keinen rechtsvergleichenden Anspruch mehr erheben; dazu deutlich Tschentscher, a. a. O., S. 808 f. 9 Tschentscher, Rechtsvergleichung (Fn. 7), S. 810 ff.; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 32 f.; vgl. auch Starck, Rechtsvergleichung (Fn. 3), S. 1026.

84 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

das für einen Vergleich notwendige Material „on its own terms“ und ohne weitere Wertung nahe, geben einen Überblick und helfen, die späteren problembezogenen Ausführungen besser zu verstehen.10 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu funktionsgleichen Regelungen des fremden Rechts können dann immer noch bei den Herausforderungen der entstehenden Dogmatik erkenntnisfördernd eingreifen. Das wahrt die gebotene Nähe zur eigentlichen Aufgabe der Arbeit und garantiert die jederzeitige Problemorientierung.11 Vor diesem Hintergrund erfolgt nunmehr eine Auswahl geeigneter Referenzstaaten (C.), der sich die zugehörigen Länderberichte (D. und E.) anschließen.

C. Auswahl der Referenzstaaten Ertrag und Aussage rechtsvergleichender Betrachtungen wachsen mit dem Umfang des untersuchten ausländischen Rechts. Deshalb sollte im Idealfall „jede Rechtsordnung“ einbezogen werden, von der für die Untersuchung des jeweiligen Problems Anregungen zu erwarten sind.12 Damit wäre mindestens das Eingliederungsrecht der zahlreichen Staaten zu berücksichtigen, in denen während der vergangenen zwei Jahrzehnte aktivierende Arbeitsmarktreformen mit konsensualen Elementen stattfanden.13 Das originäre Erkenntnisinteresse der Arbeit und die Funktion des eingebundenen Rechtsvergleichs erlauben und gebieten allerdings einen weitaus bescheideneren Zugriff. Deshalb wird im folgenden nur solches Eingliederungsrecht Vergleichsgegenstand sein, das den größten Erkenntnisgewinn verspricht. Das jeweilige Recht sollte also im Umfeld ähnlicher Arbeitsmarktbedingungen „gereift“ sein und der (Eingliederungs-)Vereinbarung als Teil eines ausgeprägten Aktivierungskonzeptes eine zentrale Rolle zuweisen.14 10 Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 42 f. Zudem sind sie von allgemeinem Nutzen für alle Interessierten, die zwar einen fundierten Bericht, nicht aber den näheren Rechtsvergleich benötigen. 11 Diese „komparative Methode mit dialektischer Natur“ wird neuerdings auch für rein rechtsvergleichende Arbeiten empfohlen, weil sie „leichter, häufiger und intuitiver zu eingestreuten Wertungen als beim schematischen Vergleichsteil klassischer Arbeiten“ führe; Tschentscher, Rechtsvergleichung (Fn. 7), S. 815. 12 Ulrich Drobnig, Methodenfragen der Rechtsvergleichung im Lichte der „International Encyclopedia of Comparative Law“, in: Ernst von Caemmerer u. a. (Hrsg.), Ius Privatum Gentium, Bd. I, 1969, S. 225. 13 S. oben § 2 A. 14 Die Auswahl der Rechtsordnungen folgt ausschließlich dem Erkenntnisinteresse der Arbeit. Auf den vor allem im Zivilrecht verbreiteten pauschalen Rückgriff auf sog. Mutterrechtsordnungen kann es dabei nicht ankommen. Er steht schon seit langem als „sinnlos“ in der Kritik, weil auch die großen Rechtsordnungen in sich ungleichartig sind und kein „Monopol auf juristische Entdeckungen“ haben; s. dazu nur Drobnig, Methodenfragen (Fn. 12), S. 224.

§ 4 Rechtsvergleichende Aspekte

85

Das britische und das australische Eingliederungsrecht genügen den genannten Anforderungen in besonderem Maße. Unabhängig von den sonstigen Rahmenbedingungen ringen Großbritannien und Australien wie Deutschland mit dem Problem struktureller und langzeitiger Arbeitslosigkeit.15 In diesem Umfeld konnte das Recht der Eingliederung in beiden Staaten seit fast zwei Jahrzehnten zu seiner heutigen Gestalt heranreifen. So war es 1991 in Australien und 1995 in Großbritannien zu einer gesetzlichen Neuregelung gekommen, die einem betont aktivierenden Konzept folgte und deren Dreh- und Angelpunkt ein „(Eingliederungs-)Agreement“ zwischen Bürger und Verwaltung ist.16 Wegen der zentralen Bedeutung des Agreements sind dort bewährte und durchdachte rechtliche Lösungsansätze zu erwarten,17 die auch einer Dogmatik der Eingliederungsvereinbarung des SGB II dienlich sein können.18

D. Das Recht der Eingliederung in Großbritannien Rechtliche Grundlage des modernen britischen19 Eingliederungskonzeptes sind in erster Linie der Jobseekers Act 199520 und die zugehörigen Jobseeker’s Allowance Regulations 199621, ergänzt durch verschiedene 15 Zu Rahmenbedingungen und dem Problem struktureller Arbeitslosigkeit in Großbritannien Martin Kröger/Ulrich van Suntum, Mit aktiver Arbeitsmarktpolitik aus der Beschäftigungsmisere?, 2. Aufl. 2000, S. 70 ff.; Renate Fries, Arbeitsmarktpolitik in Großbritannien, in: Frank Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung im Wandel, 2002, S. 78 f., 90 ff.; David Webster, The geographical concentration of labour-market disadvantage, ORoEP 16 (2000), S. 141 ff. Zu Australien s. David Johnson, Arbeitsmarktpolitik in Australien, in: Frank Frick (Hrsg.), Arbeitsverwaltung im Wandel, 2002, S. 31 ff. 16 S. oben § 2 A.I.1. und § 2 A.II.1. 17 Die nachfolgenden Länderberichte orientieren sich grds. an der Rechtsentwicklung bis 2009. 18 Damit ist noch nicht gesagt, daß das Eingliederungsrecht anderer Staaten weniger gut für den gebotenen Rechtsvergleich geeignet wäre. Eine Auswahl war aber unvermeidlich und die gewählten Rechtssysteme können dem Zweck der Untersuchung vollkommen genügen; zur kaum zu überschätzenden Bedeutung des Rechtsvergleichs, auch wenn er sich nur auf eine Rechtsordnung beschränkt s. nur Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung (Fn. 2), S. 41 f. 19 Die folgenden Ausführungen betreffen grundsätzlich ganz Großbritannien, uneingeschränkt aber nur dessen englischen Teil. Die in Wales, Schottland und Nordirland geltenden Besonderheiten bleiben außer Betracht. 20 Jobseekers Act 1995, Chapter 18, London 1995 (im weiteren JSA 1995). 21 The Jobseeker’s Allowance Regulations 1996, Statutory Instrument 1996 No. 207 – Social Security (im weiteren JSAR 1996), die nach EuGH Rs. C-138/02, Collins, Slg. 2004, S. I-2703 (I-2740) den Charakter einer Rechtsverordnung haben.

86 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

ministerielle Handlungsempfehlungen22. Zentrales Steuerungsmittel ist das Jobseeker’s Agreement.23 Zu den wichtigsten rechtlich vorgegebenen Eckpunkten um das Agreement gehören der Vorrang der Eingliederung vor anderen sozialen Hilfen (I.), ein strukturierter Eingliederungsprozeß (II.), die Ganzheitlichkeit der Eingliederung (III.) und die hervorgehobene Bedeutung von Rechten, Pflichten und Sanktionen (IV.). Die zentrale Stellung des Agreements läßt zudem einen massenhaften Einsatz vermuten (V.). I. Eingliederung und soziale Sicherung Wie bei der deutschen Grundsicherung dienen die sozialen Hilfen für Arbeitsuchende in Großbritannien vor allem der Eingliederung; die Betroffenen sollen so schnell wie möglich in Arbeit zurückkehren („Work first!“)24. Das gilt selbst für die Zahlung der Jobseeker’s Allowance, des britischen Arbeitslosengeldes25. Das Arbeitslosengeld soll dem Leistungsberechtigten 22 Dazu zählen insbesondere die Jobseekers Allowance (JSA) procedural guidance, Jobseekers Allowance (JSA) joint claim exemptions guide und der Labour market conditions guide, die seit 01. Januar 2009 schrittweise durch neue Handlungsempfehlungen ersetzt werden. Die britischen Regeln zur Eingliederung von Arbeitsuchenden sind insgesamt sehr umfangreich und lassen den deutschen Regelungsumfang vor allem mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung des SGB II weit hinter sich; unzutreffend Werner Winkler, JobcentrePlus – ein Erfolgsmodell – Vorbild auch für deutsche Arbeitsagenturen?, bundesarbeitsblatt 9-2004, S. 18 (26), der erstaunlicherweise von einem „geringen Regulativ“ an Verwaltungsvorschriften „ohne detaillierte gesetzliche Regelungen“ spricht. 23 S. Sec. 9 ff. JSA 1995. 24 Zum „Work first“ s. nur Jamie Peck/Nikolas Theodore, „Work first“: workfare and the regulation of contongent labour markets, CJoE 2000 (24), S. 119 ff.; Mike Brewer/Tom Clark/Matthew Wakefield, Social Security Under New Labour, Umdruck, Juni 2002, S. 1 und 13; vgl. auch Husmann, Leistungen (Fn. 6), S. 72. 25 Die Jobseeker’s Allowance löste das alte, zweigeteilte System aus beitragsabhängiger Arbeitslosenunterstützung und beitragsunabhängiger Einkommensunterstützung ab; Simon Deakin/Frank Wilkinson, The Law of the Labour Market, 2005, S. 178; Mark Freedland/Desmond King, Contractual governance and illiberal contracts, CJoE 2003 (27), S. 465 (474); dies., Client Contractualism between the Employment Service and Jobseekers in the United Kingdom, in: Els Sol/Mies Westerveld (Hrsg.), Contractualism in Employment Services, 2005, S. 119 (132); Heather Trickey/Robert Walker, Steps to compulsion within British labour market policies, in: Ivar Lødemel/Heather Trickey (Hrsg.), An offer you can’t refuse, 2000, S. 181 (188). Innerhalb der Jobseeker’s Allowance besteht allerdings weiterhin eine Differenzierung zwischen beitrags- und einkommensabhängiger Unterstützung, Sec. 2 und 3 JSA 1995. Die Bedeutung der beitragsfinanzierten Unterstützung ist allerdings stark zurückgegangen, was die Jobseeker’s Allowance häufig auf eine echte Grundsicherung reduziert; s. nur Deakin/Wilkinson, a. a. O., S. 178, und jobcentreplus, Jobseeker’s Allowance, 2006, S. 2.

§ 4 Rechtsvergleichende Aspekte

87

zwar auch soziale Sicherheit ermöglichen, aber nicht um ihrer selbst willen. Es soll ihm zu allererst erlauben, sich ungehindert seiner Eingliederung zu widmen. Jobseeker’s Allowance erhält deshalb nur, wer genügend Eigenbemühungen zeigt, insbesondere ein wirksames Jobseeker’s Agreement abschließt.26 Ein darauf zugeschnittenes Sanktionensystem27 unterstreicht diesen Zusammenhang. Allerdings können zahlreiche Arbeitslose auch Sozialleistungen ohne Arbeitsmarktbezug erhalten,28 was offenbar häufig zu einer Flucht aus dem strengen Eingliederungsregime der Jobseeker’s Allowance geführt hat.29 Die neueren Reformschritte steuern verstärkt gegen diese Entwicklung.30 II. Eingliederungsprozeß Die Struktur des Eingliederungsprozesses31 ist das Ergebnis einer längeren Entwicklung, die nach wie vor keinen Abschluß gefunden hat.32 Der Prozeß beginnt grundsätzlich zu dem Zeitpunkt, an dem sich der Bürger erstmals mit der Absicht an Jobcentre Plus wendet, einen Antrag auf 26

Sec. 1(2) JSA 1995 mit weiteren Anforderungen; s. auch jobcentreplus, Allowance (Fn. 25), S. 3 ff. 27 Sec. 19 f. JSA 1995. 28 Die wichtigsten sozialen Auffangleistungen ohne Arbeitsmarktbezug sind nunmehr Income Support (vergleichbar der früheren deutschen Sozialhilfe) und Incapacity Benefit (Hilfe für Arbeitsunfähige). Incom Support erhalten insbesondere Alleinerziehende mit Kindern unter 16 Jahren, Kranke und Erwerbsunfähige, Personen die einen anderen betreuen oder eingetragene Blinde; zu den Voraussetzungen im einzelnen s. nur im Überblick JobcentrePlus, Income Support – What is it?, www.jobcentreplus.gov.uk (WorkingAgeBenefits, Stand 2009). 29 Income Support und Incapacity Benefit haben offensichtlich lange Zeit eine erwägenswerte und leicht realisierbare Alternative zur Jobseeker’s Allowance dargestellt, wollte man sich den hohen Anforderungen an die Eigenbemühungen von Arbeitsuchenden entziehen; Knuth/Schweer/Siemes, Menüs (Fn. 5), S. 18 f., 27; vgl. auch Trickey/Walker, Steps (Fn. 25), S. 186. 30 Zum geplanten Fortgang der Arbeitsmarktreformen in diesem Segment siehe Department for Work and Pensions, In work, better off: next steps to full employment, 2007, S. 25 ff., 42 ff. 31 Der Eingliederungsprozeß unterscheidet sich im einzelnen je nach Gruppe der Leistungsberechtigten. Der vorliegende Abschnitt stellt die Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dar, die schon das 25. aber noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben. 32 Vor allem Einsatz und Ablauf der New Deal-Programme im Eingliederungsprozeß unterliegen noch immer einem „certain degree of trial and error“; Paul Davies/Mark Freedland, Towards a Flexible Labour Market, 2007, S. 174. Deutlich zeigt sich die prozedurale Gestaltung an dem für die Zukunft geplanten Eingliederungsverlauf; dazu Department for Work and Pensions, In work (Fn. 30), S. 81 ff.

88 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

Arbeitslosenunterstützung zu stellen.33 Eigens dafür abgestelltes Personal übernimmt den Empfang des Leistungsberechtigten, bereitet das im nächsten Schritt folgende New Jobseeker Interview vor und erläutert vor allem die Notwendigkeit und Bedeutung eines dort abzuschließenden Jobseeker’s Agreement.34 In dem New Jobseeker Interview erörtert dann ein persönlicher Berater (Personal Adviser) mit dem Bürger dessen individuelle Lebensumstände, Beschäftigungsabsichten und -ziele sowie mögliche Alternativen. Er berät, belehrt und unterbreitet erste Vermittlungsvorschläge.35 Hauptziel des Interviews ist der Abschluß des Jobseeker’s Agreement.36 Das Agreement legt vor allem fest, welche Schritte der Bürger zur Beschäftigungssuche und zur Verbesserung seiner Einstellungsaussichten unternimmt, so etwa eine bestimmte Zahl von Arbeitgebern pro Woche aufsuchen oder an Lese- und Schreibunterricht für Erwachsene teilnehmen.37 Es wird schriftlich verfaßt und von beiden Parteien unterschrieben; der Bürger erhält eine Kopie.38 Während der gesamten Eingliederungszeit kann der persönliche Berater allerdings unabhängig von der getroffenen Vereinbarung auch Anweisungen (Jobseeker Directions) zum weiteren Verlauf erteilen.39 Kommt ein Agreement nicht zustande, ruht der Eingliederungsprozeß. Stimmt der Leistungsberechtigte hingegen zu, muß er seine Eingliederungsbemühungen in meist 14-tägigen Abständen (Fortnightly Reviews) an dem Jobseeker’s Agreement – gegebenenfalls auch an den zusätzlichen Verwaltungsanweisungen – messen lassen.40 Dabei können die Beteiligten auch den Inhalt des Agreements überprüfen und eventuell ge33

Näher zu den Möglichkeiten der Kontaktaufnahme vgl. JSA-Guide, Ch. 1 Rn. 24 f.; Community Legal Service, Benefits for people looking for work (England), October 2007, S. 6 ff. (How to claim Jobseeker’s Allowance); Winkler, JobcentrePlus (Fn. 22), S. 20; vgl. auch jobcentreplus, Allowance (Fn. 25), S. 7. 34 Vgl. Ch. 1 Rn. 1, 5 ff. JSA-Guide. Näher zu Funktion und Ablauf des Erstkontaktes vgl. die gesamte, sehr ausführliche Darstellung in Ch. 1 JSA-Guide; s. auch jobcentreplus, Allowance (Fn. 25), S. 3 f. 35 Vgl. Ch. 3 Rn. 7, 9, 34 JSA-Guide. 36 Vgl. Ch. 3 Rn. 6 JSA-Guide. Zu Vorgaben zum Aushandeln des Jobseeker’s Agreement vgl. Ch. 4 Rn. 24 ff. JSA-Guide. Allgemein zur gesetzlichen Regelung des Jobseeker’s Agreement s. Sec. 9 ff. JSA 1995 und Reg. 31 ff. JSAR 1996. 37 Reg. 31 JSAR 1996; vgl. ferner Ch. 3 Rn. 163 ff., sowie Ch. 4 Rn. 7, 9 ff., 73 und 78 JSA-Guide. Für zahlreiche weitere Vorgaben, Beispiele und „good practice tips“ zur Ausgestaltung des Jobseeker’s Agreement vgl. auch die anderen Teile von Ch. 4 JSA-Guide, insbesondere in den Rn. 68 ff. S. auch Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 172. 38 Sec. 9(2) und (3) JSA 1995. 39 Sec. 19(1), (5)(a), (10)(b) JSA 1995; vgl. ferner Reg. 69 JSAR 1996; Ch. 3 Rn. 158 f. und Ch. 5 Rn. 3 ff., 7 ff., 12 f., 42 JSA-Guide. S. auch Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 172 f. 40 Vgl. Ch. 3 Rn. 175 und Ch. 4 Rn. 7 JSA-Guide.

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änderten Umständen durch einen erneuten Abschluß anpassen.41 Ist die Eingliederung nach bisher 18 Monaten noch immer nicht gelungen, folgen mehrere New Deal-Phasen, in denen eine intensivere Betreuung und umfangreiche Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung42 zur Verfügung stehen.43 Zur optimalen Nutzung des New Deal soll der Leistungsberechtigte mit seinem Berater einen New Deal Action Plan erarbeiten. Daneben muß er nach wie vor ein Jobseeker’s Agreement abschließen, das in Wechselwirkung mit dem Action Plan steht. In der Regel bildet der Plan die inhaltliche Grundlage für das Agreement, das entsprechend anzupassen ist. Hat der Bürger nach dem Ende seines New Deal-Programms noch immer keine Arbeit, läuft seine Eingliederung weiter wie vor Eintritt in die New Deal-Phasen.44 III. Ganzheitlichkeit Wesentliches Kennzeichen der Eingliederung in Großbritannien ist deren ganzheitlicher Ansatz.45 Die Betroffenen erhalten bei den JobcentrePlus alle zur Eingliederung erforderlichen Leistungen aus einer Hand. Dazu gehören die Jobseeker’s Allowance als einheitliche finanzielle Sicherung des Lebensunterhalts und jede sonstige Hilfe, die für eine Rückkehr in Arbeit erforderlich ist.46 Der ganzheitliche Ansatz hat entscheidenden Einfluß auf das Zustandekommen und den Inhalt des Jobseeker’s Agreement. Weil die vereinbarten Bemühungen erreichbar und realistisch sein sollen, müssen die Parteien schon zu Beginn der Eingliederung alle beschäftigungsrelevanten Umstände des Einzelfalles berücksichtigen.47 Darauf aufbauend soll sich 41

Sec. 10 JSA 1995; vgl. ferner Ch. 3 Rn. 175 und Ch. 4 Rn. 7 JSA-Guide; Department for Work and Pensions, In work (Fn. 30), S. 82 Rn. 7. 42 Dabei handelt es sich häufig um Trainings- und Qualifizierungsprogramme. 43 Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 175. Bei Arbeitsuchenden unter 25 Jahren beginnt die New-Deal-Phase bereits nach sechs Monaten; Davies/Freedland, a. a. O., S. 175. Nach Einführung des „Flexible New Deal“ sollen diese Maßnahmen unabhängig vom Alter des Arbeitsuchenden bereits nach sechs Monaten erfolgloser Arbeitsuche beginnen; Department for Work and Pensions, In work (Fn. 30), S. 82 Rn. 8. 44 Vgl. Overview Rn. 8 ND-25plus-Guide; Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 175. 45 Zu den Hintergründen David Price, Office of Hope, 2000, S. 316 ff., 318. 46 Das stellt eine deutliche Abkehr von dem früheren britischen Eingliederungskonzept dar, dem eine umfassende Betreuung der Leistungsberechtigten aus einer Hand fremd war. Insbesondere die in den 1970-er Jahren eingeführte Abtrennung der „benefit offices“ von den „employment exchange offices“ – die übrigens nach deutschem Vorbild erfolgte – wird heute als großer Fehler angesehen; Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 171 Fn. 30; s. auch Price, Office (Fn. 45), S. 316 ff.

90 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

der Bürger zunächst weitgehend selbständig und ohne weitere Hilfe um eine geeignete Arbeit bemühen. Deshalb ist in diesem Stadium vor allem seine Arbeitsuche Gegenstand des Agreements. Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit geht es aber auch darum, die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Leistungsberechtigten zu verbessern und so mögliche Ursachen der Arbeitslosigkeit an der Wurzel zu packen.48 Er muß dann auch darauf gerichtete Anstrengungen erbringen, die zusammen mit konkreten Betreuungsund Hilfsmaßnahmen in das Jobseeker’s Agreement Eingang finden. Das gilt insbesondere für die Zeit des New Deal, in der Jobcentre Plus großangelegte aktive Hilfen für die Betroffenen bereitstellt.49 Spätestens dann kann es zur Einbindung dritter Dienstleister in den Eingliederungsprozeß kommen. Die externen Dienstleister sind zwar nicht notwendig Partei des Agreements. Die mit ihnen getroffenen Vereinbarungen werden darin aber zumindest berücksichtigt und einbezogen.50 IV. Rechte, Pflichten und Sanktionen Während der Eingliederung haben die Beteiligten zahlreiche Rechte und Pflichten, auch wenn das Gesetz dazu nicht durchweg eine unmittelbare Aussage trifft. Vor allem die Pflichten der Leistungsberechtigten haben seit den 1980er Jahren eine zunehmende Betonung gefunden, was vom insofern aktivierenden Charakter des neuen Eingliederungskonzeptes kündet.51 So muß der arbeitsuchende Bürger für einen Anspruch auf Jobseeker’s Allowance zuvorderst für Arbeit verfügbar sein, aktiv Arbeit suchen und ein wirksames Jobseeker’s Agreement abschließen; schließt er die Vereinbarung nicht ab, erhält er keine finanzielle Unterstützung.52 Das Agreement 47

Reg. 18(3) JSAR 1996. Ein Jobseeker’s Agreement soll SMART sein, also Specific, Measurable, Achievable, Realistic und Timebound; vgl. Ch. 4 Rn. 25, 63, 68 ff. JSA-Guide. Zur jederzeit umfassenden Berücksichtigung aller Umstände vgl. etwa Ch. 4 Rn. 24 ff. JSA-Guide. 48 Vgl. Ch. 4 Rn. 7 und 61 ff. JSA-Guide. 49 Vgl. Ch. 3 Rn. 163 und Ch. 4 Rn. 7 JSA-Guide. Zum ganzheitlichen Ansatz insbesondere der New Deal-Betreuung vgl. Ch. 13 Rn. 26 f. ND-25plus-Guide, wo beispielhaft die Hilfe bei Drogen- oder Alkoholproblemen erwähnt ist. Zum Ausmaß der New Deal-Programme Jane Millar, Keeping track of welfare reform, 2000, S. 1 ff. 50 Vgl. Ch. 3 Rn. 165 JSA-Guide. Zum zunehmenden Rückgriff auf externe Eingliederungs-Dienstleister durch sog. Private-Public-Partnerships s. nur Dan Finn, The Role of Contracts and the Private Sector in Delivering Britain’s „Employment First“ Welfare State, in: Els Sol/Mies Westerveld (Hrsg.), Contractualism in Employment Services, 2005, S. 101 (101 ff., insbes. 107 ff. und 114 f.). 51 Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 170. 52 Sec. 1(2)(a) bis (c) JSA 1995; konkretisierend Reg. 5 ff. und 18 ff. und 31 ff. JSAR 1996. S. auch Husmann, Leistungen (Fn. 6), S. 72 f., und jobcentreplus,

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schreibt für den Einzelfall fest, was der Leistungsberechtigte für die gesetzlich geforderte Verfügbarkeit und aktive Arbeitsuche zu tun hat und welche Unterstützung Jobcentre Plus dabei leistet.53 Die konkreten Anforderungen sollen dabei so gefaßt sein, daß der Bürger sie auch erfüllen kann.54 Vor diesem Hintergrund kann der Leistungsberechtigte die Rechtmäßigkeit des Agreements noch vor dessen Abschluß durch mehrere Instanzen prüfen lassen.55 Schließen die Parteien ein Jobseeker’s Agreement, muß der Leistungsberechtigte nicht exakt den vereinbarten Schritten folgen, wenn er auf andere Weise aktiv Arbeit sucht. Allerdings haben die Parteien dann den Grund des abweichenden Verhaltens zu besprechen und das Agreement gegebenenfalls anzupassen.56 Erfolgte die Abweichung von dem Jobseeker’s Agreement ohne vernünftigen Grund, erläßt der persönliche Berater eine Jobseeker’s Direction, in der er die Ausführung der ursprünglich vereinbarten oder anderer geeigneter Maßnahmen zur Eingliederung anweist.57 Kommt der Bürger auch der Anweisung nicht nach, drohen ihm – anders Allowance (Fn. 25), S. 3 ff. Zu Hintergründen, Bedeutung und Problematik der Verfügbarkeit und aktiven Arbeitsuche Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 170 ff.; schon frühzeitig kritisch zu der Voraussetzung eines wirksamen Jobseeker’s Agreement für die Zahlung von Jobseeker’s Allowance Iain Murray/Paul Convery, Jobseeker’s Allowance White Paper, Unemployment Unit Working Brief, November 1994. Zu Besonderheiten bei „certain couples“, die einen gemeinsamen Antrag auf Gewährung von Jobseeker’s Allowance gestellt haben, s. jobcentreplus, Joint claims for Jobseeker’s Allowance, 2006, S. 3 ff.; vgl. ferner Ch. 3 Rn. 95, 161 JSA-Guide. 53 Reg. 31 (e) JSAR 1996; vgl. auch Ch. 3 Rn. 163 und Ch. 4 Rn. 7 JSA-Guide. 54 Sec. 9(5) JSA 1995. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die Festlegungen im Jobseeker’s Agreement Maßstab für die gesetzlich geforderte Verfügbarkeit und Aktivität des Leistungsberechtigten sind. Deren Erfüllung ist wiederum Voraussetzung für die Gewährung von Jobseeker’s Allowance, s. o. am Anfang zu D.IV. 55 Die Überprüfung erfolgt zunächst behördenintern durch einen „adjudication officer“, dessen Entscheidung einem weiteren „adjudication officer“ zur nochmaligen Überprüfung vorgelegt werden kann, Sec. 9(6), 10 (5) und 11 (1) JSA 1995. Danach können sich die Parteien an ein „social security tribunal“ wenden, Sec. 11(3) JSA 1995. Das Social Security (and Child Support Appeals) Tribunal (SSCSA) ist eine Einrichtung des „Tribunals Service“ des Justizministeriums. Es ist in seiner „judical function“ eine unabhängige, nichtministerielle öffentliche Einrichtung; appeals-service, About us, www.appeals-service.gov.uk/AboutUs/aboutus.htm. Die Entscheidung des Tribunals kann nur noch durch den insofern ebenfalls unabhängigen „Social Security Comissioner“ geändert werden; s. Sec. 11(6) JSA 1995, und www.appeals-service.gov.uk/AboutUs/aboutus.htm. Nach Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 173, fordert diese Überprüfungsmöglichkeit allerdings „more resources for effective use than many claimants have“. 56 Sec. 10 JSA 1995; vgl. ferner Ch. 4 Rn. 61 und Ch. 5 Rn. 26 JSA-Guide. 57 Arg. ex Sec. 19 JSA 1995 und Reg. 69 JSAR 1996; deutlicher vgl. Ch. 5 Rn. 3 ff., 12 f. und 26 f. JSA-Guide; s. auch Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 173.

92 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

als bei Nichterfüllung des Agreements – besondere Sanktionen in Form einer Sperrzeit für Jobseeker’s Allowance von derzeit zwei bis 26 Wochen.58 Dagegen stehen ihm erneut Rechtsschutz und die Möglichkeit einer Härtefallzahlung zur Verfügung.59 V. Massenverwaltung durch Vertrag? Befolgt die britische Verwaltung die gesetzlichen Vorgaben, kommt es bei deutlich mehr als einer Million Arbeitslosen zum massenhaften Abschluß von Jobseeker’s Agreements. Nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob das Jobseeker’s Agreement ein Vertrag im rechtlichen Sinne, ein „echtes“ Agreement ist.60 Zwar ist es soweit ersichtlich unbestritten, daß das Jobseeker’s Agreement im Gewande eines Vertrages daherkommt. Seine Kritiker halten es gleichwohl nur für eine scheinbar vertragliche Vereinbarung61, einen Pseudo- oder Quasi-Vertrag62 oder eine einseitige Anweisung der Verwaltung, die man in eine vertragliche Form transformiert hat63. Die Bezeichnung „Agreement“ gilt ihnen als Mißbrauch von Sprache und Macht64. Zur Begründung führen sie – unbeschadet mancher Zweifel über die Merkmale eines Vertrages im allgemeinen65 – an, daß bei Abschluß des Agreements etwas Wesentliches fehle: die Vertragsfreiheit des Leistungsberechtigten.66 58 Die Möglichkeit einer Sanktionierung ist unmittelbar geregelt in Sec. 19 JSA 1995 und Reg. 69 JSAR 1996; unzutreffend deshalb Matthias Knuth/Oliver Schweer, Jobcentre Plus, in: Dan Finn u. a. (Hrsg.), Reinventing the Public Employment Service, 2005, S. 4. Schon frühzeitig kritisch zu diesen „draconian measures“ Alex Bryson, The Jobseekers’ Allowance: Help or Hindrance to the Unemployed?, ILJ 24 (1995), S. 204 (209 f.). 59 Dazu Community Legal Service, Benefits (Fn. 33), S. 9 ff.; vgl. Appeals Service, About us (Fn. 55). Zum hardship payment s. nur Reg. 140 ff. JSAR 1996. Unzutreffend dagegen Knuth/Schweer, Jobcentre (Fn. 58), S. 4. 60 Auf ein vertragliches Verständnis ist die gesetzliche Regelung zumindest angelegt; s. auch Arthur Paul Dean of Harptree, LHt, 20. April 1995, vol. 563, C. 615 (615). 61 Freedland/King, Contractual governance (Fn. 25), S. 465, 473 f.; dies., Contractualism (Fn. 25), S. 131 f. 62 Hugh Collins, Regulating Contracts, 1999, S. 315 ff. [quasi-contract]; Julian Fulbrook, The Jobseekers Act 1995: Consolidation With a Sting of Contractual Compliance, ILJ 24 (1995), S. 395 (400) [pseudo-contract]. 63 Collins, Contracts (Fn. 62), S. 316; Brenda Dean of Thornton-le-Fylde, LHt, 3. April 1995, vol. 563, C. 27 (29); Patricia Lesley Hollis of Heigham, LHt, 3. April 1995, vol. 563, C. 47 (48). 64 Alan Thomas Howarth, zitiert in: Nick J. Wikeley, The Law Of Social Security, 5. Aufl. 2002, S. 351, Fn. 127. 65 Dazu im Überblick Terry Carney/Gaby Ramia, From Rights to Management, 2002, S. 33 ff., und Eichenhofer/Westerveld, Contractualism (Fn. 6), S. 26 ff.

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Das Gesetz erhebe das Jobseeker’s Agreement zur zwingenden Voraussetzung für die Auszahlung von Jobseeker’s Allowance. Weil der Leistungsberechtigte aber auf die Allowance angewiesen sei, bleibe ihm beim Aushandeln des Agreements in der Praxis kaum noch Verhandlungsmacht und wenig Spielraum für ein „meeting of minds“. Vielmehr laufe alles auf ein „take it or leave it“ hinaus, so daß der Bürger häufig nur unter dem Eindruck der erpresserischen Drohung des Wegfalls sozialer Hilfe abschließen werde.67 Die vertraglichen Elemente seien nicht mehr als ein technisches Hilfsmittel bei der Gestaltung einer subordinationsrechtlichen Beziehung, gegen die der Leistungsberechtigte wegen fehlender eigener Ressourcen oft keinen effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen könne.68

E. Das Recht der Eingliederung in Australien Rechtliche Grundlage der modernen Eingliederung in Australien ist vor allem der Social Security Act 199169, ergänzt durch verschiedene ministerielle Handlungsempfehlungen70. Als zentrales Steuerungsmittel gilt dort das Activity Agreement;71 auch nach der vollständigen Privatisierung der australischen Arbeitsvermittlung und deren Überführung in ein Job-Network.72 Die wichtigsten gesetzlichen Eckpunkte um das Activity Agreement 66

Ausdrücklich Eichenhofer/Westerveld, Contractualism (Fn. 6), S. 30 ff. Collins, Contracts (Fn. 62), S. 317; Fulbrook, Jobseekers Act (Fn. 62), S. 400; Muriel Turner of Camden, LHt vom 3. April 1995, vol. 563, C. 15 (17); Wilkeley, Law (Fn. 64), S. 351. 68 Eichenhofer/Westerveld, Contractualism (Fn. 6), S. 32; Davies/Freedland, Towards (Fn. 32), S. 173. 69 Social Security Act 1991, Act No. 46 of 1991 (im weiteren SSA 1991). Die Reform der Arbeitslosenunterstützung war im Social Security Act 1991 nur ein Regelungsbereich von vielen. Das Gesetz erfaßt die sozialen Sicherungen in Australien umfassend und beinhaltet neben vielem anderen auch Regelungen zur Altersrente (Sec. 43 ff. SSA 1991) oder zur Behindertenrente (Sec. 94 ff. SSA 1991). Zur Einführung der neuen Arbeitslosenunterstützung vgl. auch Terry Carney/Gaby Ramia/ Anna Chapman, Which Law is Laggard? Regulation and the Gaps Between Labour Law and Social Security Law, in: Christopher Arup u. a. (Hrsg.), Labour Law and Labour Market Regulation, 2006, S. 383 (401). 70 Dazu zählt insbesondere der Social Security-Guide (SS-Guide). 71 S. Sec. 605 ff. SSA 1991, die mit dem Newstart Activity Agreement die Grundform möglicher Vereinbarungen mit dem Bürger regeln. Besondere Formen sind das Parenting Payment Activity Agreement (Sec. 501 ff. SSA 1991), das Youth Allowance Activity Agreement (Sec. 544 ff. SSA 1991) und das Special Benefit Activity Agreement (z. B. Sec. 731L ff. SSA 1991). Die weiteren Ausführungen beschränken sich auf das Rechtsverhältnis um die Grundform des Newstart Activity Agreement. S. zum ganzen auch OECD, Innovations in Labour Market Policies – The Australian Way, 2001, S. 77. 67

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sind der Vorrang der Eingliederung vor anderen sozialen Hilfen (I.), ein strukturierter Eingliederungsprozeß (II.), die Ganzheitlichkeit der Eingliederung (III.) und die hervorgehobene Bedeutung von Rechten, Pflichten und Sanktionen (IV.). Die zentrale Stellung des Activity Agreement läßt zudem dessen massenhaften Einsatz vermuten (V.). I. Eingliederung und soziale Sicherung Die sozialen Hilfen für Arbeitsuchende sollen wie in Deutschland und England zuvorderst die schnelle Eingliederung der Betroffenen sicherstellen. Sie sollen die Eingliederung für den einzelnen nicht entbehrlich machen, sondern seine Bemühungen fordern und fördern, Hilfe zur Selbsthilfe geben. Staatliche Leistungen und die Eigenbemühungen des Leistungsberechtigten stehen deshalb grundsätzlich im Verhältnis einer Mutual Obligation, also einer gegenseitigen Verpflichtung. Newstart Allowance – das Arbeitslosengeld in Australien – erhält folglich nur, wer aktiv seine Eingliederung angeht, vor allem ein darauf bezogenes Activity Agreement abschließt und befolgt und dadurch den vorgeschriebenen Activity Test erfüllt.73 Das damit verbundene Sanktionensystem verstärkt diesen Zusam72 S. nur Anthony O’Donnell/Richard Mitchell, The regulation of public and private employment agencies in Australia: An historical perspective, CLLPJ 23 (2001), S. 7 (33 und 35). Job-Network ist der (lose) Verbund aller privaten und kommunalen Dienstleister für die Eingliederung von Arbeitsuchenden in Australien; Australian Government, Job Network, www.workplace.gov.au (Stand 2009); Anthony O’Donnell, Re-Inventing Unemployment: Welfare Reform as Labour Market Regulation, in: Christopher Arup u. a. (Hrsg.), Labour Law and Labour Market Regulation, 2006, S. 344 (355 f.); zu eng Bruttel, Privatisierung (Fn. 5), S. 86, der die Aufgaben des Job-Network mit dem Begriff der Arbeitsvermittlung nur teilweise abdeckt. Der Streit um die australischen Arbeitsmarktreformen dreht sich fast nur noch um die Privatisierung der Eingliederungsdienste, die immer wieder Unzulänglichkeiten offenbart; s. Heinz Willi Bach, In Down Under läuft die Arbeitsmarktreform nicht rund, ibv 14-2004, S. 1 ff.; Mark Considine, The Reform that Never Ends: Quasi-Markets and Employment Services in Australia, in: Els Sol/Mies Westerveld (Hrsg.), Contractualism in Employment Services, 2005, S. 41 ff. 73 Sec. 593(1)(b)(i) i. V. m. Sec. 601(1) SSA 1991 und speziell zum Activity Agreement Sec. 593(1)(c)–(f) i. V. m. Sec. 605(1) SSA 1991. Zur den historischen Grundlagen Terry Carney, Contractual Welfare And Labour Relations In The ‚Contracting’ State, in: Andrew Frazer/Ron McCallum/Paul Ronfeldt (Hrsg.), Individual Contracts and Workplace Relations, 1997, S. 149 (166). Zum Begriff und dem hier verwendeten allgemeinen Verständnis der Mutual Obligation SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.10; vertiefend Terry Carney, Welfare to work; or work-discipline revisited?, AJoSI 41 (2006), S. 27 (32); ders./Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 83 ff.; Anna Yeatman, Mutual obligation: what kind of contract is this?, in: Peter Saunders (Hrsg.), Reforming the Australian welfare state, 2000, S. 156 ff., und – konkret zum Activity Agreement – S. 169 f.

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menhang.74 Die Gegenseitigkeit der Leistungen hat sogar Eingang in die Bezeichnung eines bekannten Arbeitsmarktprogramms gefunden: „Work for the Dole“ kündet schon seinem Namen nach von dem neuen Konzept.75 II. Eingliederungsprozeß Der Eingliederungsprozeß beginnt auch in Australien, sobald sich der erwerbsfähige Leistungsberechtigte an die zuständige Behörde wendet, um einen Antrag auf Newstart Allowance zu stellen.76 Erste und zentrale Anlaufstelle dafür ist das Commonwealth Services Delivery Agency (Centrelink).77 Dort registriert ein Serviceberater den Leistungsberechtigten und vergibt einen Interviewtermin bei den Eingliederungs-Dienstleistern von Job-Network sowie einen Folgetermin wieder bei Centrelink.78 Nach einer möglichst genauen Analyse der Lage und der Bedürfnisse des Arbeitsuchenden und des Arbeitsmarktes handeln entweder Centrelink oder JobNetwork mit dem Leistungsberechtigten ein Activity Agreement aus.79 Sie treten dabei als Vertreter des Secretary des zuständigen Ministeriums auf, der selbst Partei des Agreements wird.80 Das Activity Agreement bestimmt 74 Sec. 615 und 624 ff. SSA 1991. S. auch O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 72), S. 35. 75 „Work for the Dole“ – also Arbeit für die Arbeitslosenunterstützung – ist ein vom Secretary of the Department of Education, Employment and Workplace Relations nach Sec. 28 SSA 1991 aufgesetztes Arbeitsmarktprogramm, über das Arbeitslose Arbeitserfahrung erwerben, Netzwerke aufbauen, Kommunikationsfertigkeiten verbessern und Selbstachtung steigern sollen, während sie an gemeinnützigen Projekten teilnehmen; SS-Guide, Abschnitt 3.2.9.40. 76 Arg. ex Sec. 605(1)(b) SSA 1991. 77 Centrelink ist eine Behörde, die mit verschiedenen Ministerien Vereinbarungen abschließt und danach in ganz Australien Verwaltungsdienstleistungen zur sozialen Hilfe, insbesondere zur Eingliederung von Arbeitsuchenden erbringt; Sec. 6 f., 7 ff. Commonwealth Services Delivery Agency Act 1997 (CSDAA 1997); s. dazu auch Australian Government/Centrelink, Centrelink – the basics, 2007; ferner Heinz Willi Bach, Australien hat das Arbeitsamt abgeschafft, bundesarbeitsblatt 12-2003, S. 10 (14 ff.), und Bruttel, Privatisierung (Fn. 5), S. 90, sowie O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 72), S. 34. 78 Näher zum „first contact“ Australien Government/Centrelink, Looking for work?, Juli 2007, S. 24, und O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 72), S. 355 f. 79 Das folgt vor allem aus Sec. 606(3), (4)(b) und (5) SSA 1991; s. auch SSGuide, Abschnitt 3.2.7.40. Zu Zweifeln, daß das Activity Agreement tatsächlich auf ein Aushandeln zurückgeht, s. nur Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 67; Nick Seddon, Activity Agreements – Are they contracts?, in: Robin Creyke/Michael Sassella (Hrsg.), Targeting Accountability and Review: Current issues in income support law, 1998, S. 82 f. 80 Sec. 605(4) i. V. m. 23(1) SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.30; Australien Government/Centrelink, Looking (Fn. 78), S. 11.

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vor allem mit Blick auf den bereits erwähnten Activity Test genau und nachprüfbar, was der Bürger zur Beschäftigungssuche und zur Verbesserung seiner Einstellungsaussichten unternimmt. Das kann beispielsweise die Suche nach einer Vollzeitbeschäftigung durch eine konkrete Zahl von Bewerbungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes oder die Teilnahme an einem Trainings- oder Arbeitsmarktprogramm sein.81 Daneben beschreibt das Agreement die Unterstützung, die der Leistungsberechtigte erhält.82 Es wird schriftlich verfaßt und kann Teil eines umfassenderen Return-to-Work-Plans sein.83 Scheitert der Abschluß, ruht auch der Eingliederungsprozeß. Stimmt der Leistungsberechtigte hingegen zu, richtet sich die weitere Eingliederung grundsätzlich nach den vereinbarten Maßnahmen.84 Die Erfüllung des Activity Agreements kontrollieren die Beteiligten in regelmäßigen Interviews. Dabei können sie ihre Vereinbarung wegen veränderter Umstände oder Anforderungen auch anpassen, aussetzen oder neu aushandeln.85 Centrelink oder Job-Network können das Agreement zudem von Zeit zu Zeit einseitig prüfen und aufheben oder den Bürger unabhängig von der getroffenen Vereinbarung zur Aufnahme einer konkreten bezahlten Arbeit auffordern.86 Dadurch verliert das Activity Agreement noch nicht an Bedeutung. Es ist entsprechend zu erneuern und bleibt bis zur Rückkehr des Bürgers auf den Arbeitsmarkt wichtigstes Eingliederungsmittel.87

81 Australien Government/Centrelink, Activity Agreement, www.centrelink.gov. au, Pfad: Home>Payments>Activity Agreement (Stand 2009); O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 72), S. 345 f. 82 Tom Brennan, Newstart Activity Agreements: Are They Contracts?, in: Robin Creyke/Michael Sassella (Hrsg.), Targeting Accountability and Review: Current issues in income support law, 1998, S. 87 (95). 83 Sec. 605(4) SSA 1991. Das Agreement muß dann aber klar abgegrenzt und – wie sonst auch – als „activity agreement under the Social Security Act 1991“ gekennzeichnet sein; SS-Guide, Abschnitt 1.1.A.30. 84 Arg. ex Sec. 601(4) und (5) SSA 1991. 85 Sec. 606(5) SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.30.; s. dazu auch Carney/ Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 67. 86 Zur Möglichkeit der einseitigen Prüfung und Aufhebung des Agreements s. Sec. 606(5)(c) und (d) SSA 1991. Zur Möglichkeit der einseitigen Arbeitszuweisung über den vereinbarten Rahmen hinaus s. Sec. 601(1A) f. SSA 1991. 87 Neben seiner Steuerungsaufgabe hat das Activity Agreement nämlich noch eine wichtige Ergänzungsfunktion für fehlende oder unzureichende gesetzliche Bestimmungen. Das zeigte sich deutlich bei der ersten Mutual Obligation policy initiative von 1998, die von bestimmten Arbeitsuchenden zusätzliche Bemühungen forderte, dafür aber kaum rechtliche Grundlagen lieferte. Ein Defizit, das über die Activity Agreements aufgefangen wurde; näher und kritisch dazu – allerdings noch mit Blick auf die Rechtslage von 2002 – Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 93 f.

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III. Ganzheitlichkeit Wesentliches Merkmal des australischen Eingliederungskonzeptes ist außerdem seine ganzheitliche Ausrichtung. Das mit dem Bürger ausgehandelte Activity Agreement nimmt den ganzheitlichen Ansatz in zweierlei Weise auf. Zunächst dürfen die Beteiligten nur solche Eingliederungsbemühungen vereinbaren, die der Leistungsberechtigte auch erbringen kann.88 Dafür sind alle für die Eingliederung relevanten Umstände, wie etwa Ausbildung, gesundheitliche Situation und familiäres Umfeld des Hilfesuchenden oder die Lage am Arbeitsmarkt zu beachten.89 Dabei bleibt das Eingliederungskonzept aber nicht stehen. Es sollen nämlich gerade auch solche Maßnahmen in das Agreement Eingang finden, die zur Verbesserung der Erwerbsaussichten sowie der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Leistungsberechtigten beitragen.90 Die Vereinbarung kann also neben einer bestimmten Zahl von Bewerbungen auch die Teilnahme an berufsbezogenem Training oder einem Resozialisierungsprogramm festschreiben sowie Fragen der Kinderbetreuung oder einer medizinischen Behandlung etwa bei Drogenproblemen aufgreifen, um nur einige Beispiele zu nennen.91 Organisatorisch steht Centrelink jedem Leistungsberechtigten als erste und zentrale Anlaufstelle („onestop-shop“) zur Verfügung. Die Regierungsbehörde gewährt Arbeitslosen finanzielle Unterstützung vor allem in Form von Newstart Allowance und bietet – mittlerweile fast ausschließlich über private Dienstleister (Job-Network) – alle sonst zur Eingliederung erforderlichen Leistungen an.92 Da88 Sec. 606(3) SSA 1991; Terry Carney, Welfare to Work: Or Work Discipline Revisited, LSRP 06/47, 2006, S. 10 f. 89 Sec. 606(3) und (4) SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.40. 90 Arg. ex Sec. 606 (1) SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.40; vgl. Considine, The Reform (Fn. 72), S. 49. 91 Das Gesetz setzt dem Activity Agreement insbes. in Sec. 606(1) SSA 1991 keine thematischen Grenzen. Allerdings sollten die Maßnahmen nach Sinn und Zweck der Regelung einen Eingliederungsbezug haben. Näher SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.40; Australien Government/Centrelink, Activity Agreement, abrufbar über www.centrelink.gov.au (Activity Agreement; Stand 2009); Carney, Welfare (Fn. 88), S. 11; Considine, The Reform (Fn. 72), S. 44 und 49, der außerdem deutlich macht, daß das Konzept der ganzheitlichen Betreuung schon seit 1991 die Eingliederung von Leistungsberechtigten prägte; O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 72), S. 354 f.; kritisch – allerdings noch mit Blick auf die alte Rechtslage – Carney/ Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 94 f. 92 Australian Government/Centrelink, Centrelink (Fn. 77), S. 1 f., 4 ff.; dies., Centrelink – Annual Report 2006–2007, 2007, S. 179 ff.; Bruttel, Privatisierung (Fn. 5), S. 90; Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 6, 29 ff. und 59, und Considine, The Reform (Fn. 72), S. 48 ff., 57 ff., 61 ff. und 68, jeweils m. w. N. und dem Hinweis auf die abnehmende Bedeutung von Centrelink im Eingliederungsgeschehen. S. auch O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 72), S. 34 ff.

98 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

durch sind neben dem Leistungsberechtigten regelmäßig mehrere Beteiligte in die Eingliederung eingebunden. Auch wenn diese Beteiligten nicht Parteien des Activity Agreement werden, sind sie doch wichtige Komponenten bei Abschluß und Umsetzung der Vereinbarung.93 IV. Rechte, Pflichten und Sanktionen Die Eingliederung geht auch in Australien mit zahlreichen Rechten und Pflichten der Beteiligten einher. Vor dem Hintergrund einer strikten Aktivierungspolitik finden die Pflichten der Leistungsberechtigten allerdings eine besondere Betonung.94 Für einen Anspruch auf Newstart Allowance muß der Leistungsberechtigte unter anderem dem Activity Test genügen, also grundsätzlich aktiv bezahlte Arbeit suchen und zur Aufnahme dieser Arbeit bereit sein.95 Vor allem aber muß er bereit sein, ein Activity Agreement abzuschließen und nach Aufforderung durch Centrelink oder Job-Network eine solche Vereinbarung auch eingehen und befolgen.96 Zuvor haben die Parteien den Inhalt des Agreements auszuhandeln. Dabei sind mit dem Leistungsberechtigten solche Bemühungen zu vereinbaren, die Centrelink oder Job-Network mit Blick auf den Activity Test als geeignet ansehen;97 wie etwa eine konkrete Zahl von Bewerbungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Ungeeignet sind jedenfalls Maßnahmen, die von Gesetzes wegen nicht Inhalt des Activity Agreement werden dürfen.98 Die 93 Parteien des Activity Agreement sind nach Sec. 605(4) SSA 1991 nur der Leistungsberechtigte und der Secretary. Centrelink und Job-Network fungieren nur als Vertreter und Erfüllungsgehilfen des Secretary; s. auch oben E.II. 94 S. die zahlreichen Anforderungen in Sec. 593, 601, 605 f. und 624 SSA 1991. Dazu O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 72), S. 353 f. m. w. N., und Carney, Contractual Welfare (Fn. 73), S. 167. 95 Sec. 593(1)(b) i. V. m. 601 SSA 1991 als Grundsatzregel, die aber zahlreiche Erleichterungen und Durchbrechungen erfährt, s. Sec. 601 ff. SSA 1991; SS-Guide, Abschnitte 1.1.A.40, 3.2.7.10 und 3.2.8.10 ff. und 3.2.9. 96 Sec. 593(1)(c)–(f) i. V. m. Sec. 605 SSA 1991. 97 Sec. 605(3), 606(5) und 606(1) SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.7.10. Das Gesetz fordert ausdrücklich, daß „the agreement is to be negotiated“, Sec. 605(3) SSA 1991; auch Änderungen sind nur „in negotiation with the person“ vorzunehmen, Sec. 606(5) SSA 1991. Positiv dazu Mark Considine, Enterprising States: The public management of welfare-to-work, 2001, S. 178; Yeatman, Mutual Obligation (Fn. 73), S. 170 sieht den Leistungsberechtigten dadurch „invited to participate actively in how this service provision operates“. Zweifelnd mit Blick auf das Aushandeln des Agreements Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 67, Centrelink könne „impose one and prescribe its terms“; s. auch Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 82 f. 98 Sec. 606(1A) f. SSA 1991 i. V. m. Sec. 4 Social Security (Activity Agreement Requirements) (DEWR) Determination 2006. Zu den dort aufgeführten Inhaltsverboten zählt beispielsweise die Verpflichtung, sich einer unfreiwilligen psychiatri-

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zulässig ausgehandelten Bedingungen hingegen konkretisieren abschließend die Anforderungen des Activity Test. Der Leistungsberechtigte kann dem Test fortan nur noch genügen, wenn er der Vereinbarung nachkommt.99 Andererseits kann der Leistungsberechtigte aus den Bestimmungen des Activity Agreements aber auch ein Recht auf die vereinbarte Unterstützung herleiten. Erfüllt der Bürger seine Pflichten – insbesondere Abschluß und Erfüllung des Activity Agreement – ohne wichtigen Grund nicht, drohen ihm Sanktionen von Centrelink.100 Er kann die Sanktion nur abwenden, wenn er spätestens nach Aufforderung durch Centrelink oder Job-Network die versäumte oder eine alternativ angeordnete Maßnahme ausführt. Anderenfalls entfällt sein Anspruch auf Newstart Allowance, bis er die verletzten Pflichten erfüllt.101 In Wiederholungsfällen kann damit sogar eine Mindestsperrzeit von acht Wochen verbunden sein.102 Ob der Bürger bei Verletzung des Agreements durch die Verwaltung seinerseits Sanktionen, insbesondere Schadensersatz einfordern kann, gilt hingegen als zweifelhaft.103 Im Gefüge dieser Rechte und vor allem Pflichten ist der Leistungsberechtigte freilich nicht ohne Rechtsschutz. Jede Entscheidung von Centrelink oder Job-Network zum Inhalt des Agreements und zu möglichen Sanktionen kann er durch mehrere Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen hindurch prüfen lassen.104 schen, psychologischen oder medizinischen Behandlung zu unterziehen oder eine Arbeit in der Erotikbranche zu suchen. Die Liste ist nicht abschließend; Sec. 606(1C) SSA 1991. 99 Sec. 601(4) f. SSA 1991; O’Donnell, Re-Inventing (Fn. 72), S. 354. Das gilt unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte die Anforderungen des Activity Test im übrigen erfüllen würde. Außerhalb des Activity Agreements hat nur die von Centrelink oder Job-Network ergangene Anordnung zur Aufnahme einer bestimmten bezahlten Arbeit Vorrang, Sec. 601(1A) ff. SSA 1991. 100 Sec. 624, und dort insbes. (1)(c), (d) und (j) SSA 1991 i. V. m. Sec. 626 ff. und 629 f. SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.13 ff.; O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 72), S. 35. Eine Auflistung wichtiger Gründe findet sich bei SS-Guide, Abschnitt 3.2.13.30. Kritisch zur Einbindung des (privaten) Job-Network in das Sanktionsverfahren Carney, Welfare (Fn. 88), S. 17; ders./Ramia, From Rights (Fn. 73), S. 74; Considine, The Reform (Fn. 72), S. 49 und 65. 101 Arg. ex Sec. 626 (1), 627 f. SSA 1991; SS-Guide, Abschnitt 3.2.13.10. 102 Sec. 629 f. SSA 1991. Australien hat die Sanktionsregeln in den letzten Jahren deutlich vereinfacht; s. nur Carney, Welfare (Fn. 88), S. 11 f. 103 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 83. 104 Die Prüfung erfolgt zunächst behördenintern. Dafür kann sich der Bürger an den ursprünglichen Entscheidungsträger oder gleich an einen Authorised Review Officer (ARO) wenden. Gegen die Entscheidung des ARO kann das Social Security Administration Tribunal (SSAT) – eine unabhängige öffentliche Einrichtung – angerufen werden. Dem schließt sich eine Überprüfungsmöglichkeit bei dem ebenfalls

100 1. Teil: Eingliederungsverträge: Herausforderung für Sozialverwaltungsrecht

V. Massenverwaltung durch Vertrag? Befolgt die australische Arbeits- und Sozialverwaltung die gesetzlichen Vorgaben, kommt es bei etwa 500.000 Arbeitslosen in Australien zu einem massenhaften Abschluß von Activity Agreements. Ob die Agreements allerdings echte Verträge sind, ist umstritten. Gegen eine Deutung als Vertrag werden mehrere Argumente ins Feld geführt. So könne das Activity Agreement schon deshalb kein Vertrag sein, weil es selbst bei vorangehenden Vertragsverhandlungen auf einem gesetzlichen Zwang beruhe. Zwar schließe die Zwangslage einer Partei das Zustandekommen eines Vertrages nicht von vornherein aus. Doch bestehe hier ein besonderer Zwang, weil der Abschluß des Agreements Voraussetzung für die Zahlung der Newstart Allowance sei und damit existentielle Bedeutung für den Leistungsberechtigten habe.105 Betrachte man das Activity Agreement gleichwohl als Vertrag, bestünden Zweifel an dessen Durchsetzbarkeit. Wegen des beschriebenen Abschlußzwanges sei das Agreement möglicherweise rückwirkend anfechtbar, so daß sich der Leistungsberechtigte stets der Bindungswirkung des Vertrages und den Folgen einer Vertragsverletzung entziehen könne.106 Vertragsuntypisch seien zudem die Folgen der Verletzung wirksamer Agreements. Eine Leistungsstörung durch den Bürger führe zu Kürzung oder Wegfall der Newstart Allowance, obgleich gar nicht Gegenstand des Agreements. Andererseits habe der Bürger bei Verletzung seiner Rechte wohl kaum einen Schadensersatzanspruch.107 Schließlich müsse es auch deshalb an einem Vertrag fehlen, weil eine der Parteien der Commonwealth Employment Service (CES) sei. Dabei handele es sich um keine juristische Person, die Verträge abschließen könne. Der CES sei deshalb auch nicht aus dem Agreement selbst verpflichtet, sondern nur auf Grund der damit verbundenen gesetzlichen Anordnung.108 unabhängigen Administrative Appeals Tribunal an. Gegen dessen Entscheidung kann sich der Unterlegene an den Federal Court und schließlich an den High Court wenden, wo es allerdings nur noch zur Prüfung von Rechtsfragen kommt; s. nur Australian Government/Centrelink, Reviews and Appeals factsheet, 2008; SS-Guide, Abschnitt 6.1.7 und 3.2.13.20 a. E. 105 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 82 f.; Bedenken auch bei Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 39 ff. 106 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 83. 107 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 83. 108 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 83. Nach Sec. 605(4), 23(1) SSA 1991 schließt der Leistungsberechtigte das Activity Agreement nunmehr mit dem „Secretary to the Department“. Dadurch dürfte sich das vorgetragene Argument allerdings nicht erledigt haben, weil der Secretary nicht als natürliche Person, sondern ebenfalls als „Behörde“ zur Partei des Agreements wird. Zur Bindungswirkung des Activity Agreements gegenüber dem Commonwealth s. auch O’Donnell/Mitchell, Regulation (Fn. 72), S. 35 m. w. N.

§ 4 Rechtsvergleichende Aspekte

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Im Ergebnis sind die Vertragsgegner weniger radikal, als ihre Argumente vermuten lassen. Sie schließen zwar die direkte Anwendung von Vertragsrecht aus, befürworten aber die entsprechende Anwendung geeigneter Vertragsgrundsätze.109 Die jüngere Literatur vertieft die Frage der Rechtsnatur indessen kaum noch. Man spricht mehr oder weniger offen von Verträgen,110 auch wenn „die Idee eines Vertrages zwischen Gleichen in diesem Feld sehr weit von der aktuellen Praxis entfernt“ sei111.

109 Seddon, Agreements (Fn. 79), S. 84; s. dazu auch Brennan, Agreements (Fn. 82), S. 96. 110 Carney, Welfare (Fn. 73), S. 32; ders., Neoliberal Welfare Reform and „Rights“ Compliance under Australian Social Security Law, LSRP 06/61, 2006, S. 24; ders./Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 66 f.; Carney/Ramia/Chapman, Law (Fn. 69), S. 401; Yeatman, Mutual Obligation (Fn. 73), S. 169; frühzeitig und deutlich schon Richard Weatherley, From Entitlement to Contract, Reshaping the Welfare State in Australia, JSSW 21 (1994), S. 153 (162). 111 Carney/Ramia, From Rights (Fn. 65), S. 41.

2. Teil

Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis § 5 Rechtstatsächliche Untersuchung der Eingliederungsvereinbarung A. Notwendigkeit der Untersuchung I. Dogmatische Notwendigkeit Rechtstatsachenforschung zum Verwaltungsvertrag liegt im Trend. Zahlreiche Arbeiten aus der jüngeren Vergangenheit haben den Vertrag im Öffentlichen Recht aus verschiedenen Perspektiven mehr oder weniger stark beleuchtet.1 Dabei dürfte es sich nicht nur um eine vorübergehende Erscheinung handeln, gibt es doch gute Gründe für die Erforschung der rechtlichen Praxis. Das gilt vor allem aus Sicht der Verwaltungsrechtsdogmatik, die „ohne stetige Rückkopplung mit der Verwaltungspraxis nicht sinnvoll und fruchtbar betrieben werden“ kann.2 Rechtsdogmatik soll schließlich ein „Gefüge juristischer Begriffe, Institutionen, Grundsätze und Regeln“3 schaffen, 1 Besondere Erwähnung verdienen in diesem Zusammenhang die Monographien von Bruno Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997; Manteo Heikki Eisenlohr, Der Prozeßvergleich in der Praxis der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1998; Barbara Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, 2003, S. 109 ff.; Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 233 ff., und Michael Tietze, Kooperation im Städtebau, 2003, S. 107 ff. Vgl. auch Nicolai Dose, Die verhandelnde Verwaltung, 1997. Allg. zur ernüchternden Lage noch 1994 s. die Bestandsaufnahme bei Andreas Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung, VerwArch 85 (1994), S. 567 (571 ff.); vgl. auch die Einschätzungen bei Winfried Brohm, Gesetzesvollzug als Handelsobjekt?, in: Wolfgang Heinz (Hrsg.), Rechtstatsachenforschung heute, 1986, S. 103 (110 f.), und Bertram Schulin, Sozialrechtliche Rechtstatsachenforschung, ebd., S. 95 (95), sowie die Prognose bei Wolfram Pieger, Rechtstatsachenforschung – Ziele, Gegenstand, bisherige Erscheinungsformen, in: Aristide Chiotellis/Wolfgang Fikentscher (Hrsg.), Rechtstatsachenforschung, 1985, S. 127 (138). 2 Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 235, offenbar in Anlehnung an die ganz ähnliche, zeitlich vorgeordnete Formulierung bei Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 568; s. außerdem Gunnar Folke Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, in: Dietrich Budäus/Peter Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership: Neue Formen öffent-

§ 5 Rechtstatsächliche Untersuchung

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das zu einer orientierten und sicheren Rechtsanwendung führt.4 Will die Dogmatik also „nicht sich selber, sondern dem Leben“ dienen5, muß sie auch im Leben zu Hause sein und dort ihr Problembewußtsein schärfen. Die Rechtstatsachenforschung dient der dafür unerläßlichen „Verbesserung des Realitätsbezuges“6, indem sie – rechtlich geleitet7 – das tatsächliche Geschehen systematisch aufnimmt und zur dogmatischen Aufarbeitung anrichtet. II. Tatsächliche Notwendigkeit Obwohl sich die Rechtstatsachenforschung zum Verwaltungsvertrag mittlerweile im Aufwind befindet, fehlt es in weiten Teilen noch immer an aktuellen und verläßlichen empirischen Daten. Das gilt auch für die Herausforderungen der Eingliederungsvereinbarung des SGB II. So standen die vielbeachteten Erhebungen von Bartscher8 und Schlette9 zwar auf einer breiten thematischen Basis. Die Forschungsprojekte konnten auf die neue Eingliederungsvereinbarung aber schon deshalb nicht eingehen, weil sie noch vor der Einführung von Hartz IV stattfanden. Jüngere empirische Untersuchungen konzentrierten sich auf andere Erscheinungsformen des Verwaltungsvertrages.10 Auch die Statistik und Wirkungsforschung zum SGB II – vom Gesetz ausdrücklich angeordnet11 – konnte nur begrenzt weiterhelfen. Die Eingliederungsvereinbarung spielte dort ohne Zweifel eine Rolle, doch war das gesetzlich formulierte Erkenntnisinteresse wesentlich weiter und nicht unmittelbar der Rechtsdogmatik zu dienen bestimmt.12 licher Aufgabenerfüllung, 1997, S. 93 (93 f.), und Christian Starck, Empirie in der Rechtsdogmatik, JZ 1972, S. 609 (614). 3 Winfried Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 245 (246). 4 Dazu schon oben § 1 B. 5 Niklas Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S. 15. Dazu auch Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 568, und Pieger, Rechtstatsachenforschung (Fn. 1), S. 127. 6 Pieger, Rechtstatsachenforschung (Fn. 1), S. 135 f. 7 Brohm, Gesetzesvollzug (Fn. 1), S. 110, ordnet die Rechtstatsachenforschung als „rechtsgeleitete oder ‚juristische‘ “ empirische Sozialforschung ein. 8 Bartscher, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), passim, insbes. S. 155 ff. 9 Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 233 ff. 10 So etwa Tietze, Kooperation (Fn. 1), S. 107 f., mit einer fallbezogenen Untersuchung zu städtebaulichen Verträgen. 11 § 53 SGB II zur Erstellung von Statistiken und § 55 SGB II zur Wirkungsforschung. 12 Zur Funktion der statistischen Erhebungen nach § 53 SGB II s. BT-Drs. 15/ 1516, S. 65, und Dagmar Oppermann, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 53 Rn. 1 ff. Zu Funktion und Gegenstand der Wir-

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

Das schloß die vorhandenen Erhebungen von der weiteren Betrachtung nicht von vornherein aus. Ganz im Gegenteil, sie konnten zu Kontrollzwekken und zur allgemeinen Ergänzung wertvolle Dienste leisten. Für eine Dogmatik der Eingliederungsvereinbarung waren aber weitere, konkret auf den Forschungsgegenstand zugeschnittene Erkenntnisse zu gewinnen.

B. Gegenstand und Form der Untersuchung Die Untersuchung fokussierte ihren Blick nicht streng isoliert auf die Eingliederungsvereinbarung. Damit hätte sie der späteren dogmatischen Aufbereitung einen schlechten Dienst erwiesen, weil die Eingliederungsvereinbarung weder tatsächlich noch rechtlich frei und unabhängig im Raum schwebt. Sie ist vielmehr untrennbarer Bestandteil eines umfassenden Eingliederungs-Rechtsverhältnisses und nur in diesem Rahmen verständlich und erklärbar.13 So bedarf die Vereinbarung der Vorbereitung, des Abschlusses und der Umsetzung, eventuell auch einer Anpassung und Nachbereitung, wodurch sie in ständiger Wechselwirkung mit ihrem Umfeld steht. Diesen Zusammenhängen muß die Rechtstatsachenforschung Rechnung tragen, will sie nicht wichtige Erklärungsansätze von vornherein ausblenden und dadurch Ihren Wert schmälern. Das gesamte Eingliederungs-Rechtsverhältnis mußte deshalb Gegenstand der Untersuchung sein. Die Untersuchung erfolgte in Form einer einmaligen Datenerhebung im Frühjahr und Sommer 2009, bei der es um die empirische Erkundung noch relativ unbekannter Sachverhalte ging. Daher war das Projekt inhaltlich auf eine möglichst breit angelegte, rechtlich relevante Beschreibung und Diagnose ausgerichtet (sog. deskriptive Querschnitterhebung)14. Allenfalls am Rande sollten auch Ursachenforschung und Erklärung erfolgen.

C. Aufgabe und Fragestellung der Untersuchung Um der weiteren dogmatischen Arbeit den passenden empirischen Unterbau zu liefern, waren die Bedürfnisse und Realitäten der Verwaltungspraxis kungsforschung nach § 55 SGB II s. BT-Drs. 15/1516, S. 65; Gerd Heyer/Roswitha Hammer, Neue Impulse in der Arbeitsmarktforschung, ASP 2002, Nr. 5/6, S. 34 ff.; Stephan Thie, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 55 Rn. 1 ff.; allg. zu Anliegen und Ausrichtung von Evaluationsforschung s. auch Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 574 f. 13 S. schon oben § 1 B.I. 14 Zu Begriff und Zielen sog. deskriptiver Querschnitterhebungen im allgemeinen Andreas Diekmann, Empirische Sozialforschung, 20. Aufl. 2009, S. 33 ff., 304 ff.; Helmut Kromrey, Empirische Sozialforschung, 12. Aufl. 2009, S. 98 ff., 107 ff.

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im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen aufzuklären. Praktische Bedeutung und Funktion sowie Entwicklung und Anwendung der Eingliederungsvereinbarung waren dabei ebenso von Interesse wie Unzulänglichkeiten, Fehlfunktionen oder eine gesetzliche Überregulierung. Im einzelnen war daher zu fragen, – wie häufig die Parteien die vom Gesetz vorgesehene Vereinbarung tatsächlich abschließen, – welchen Charakter sie ihr zuschreiben, – ob sie darin das geeignete Mittel zur Eingliederung sehen, – wie weit Dritte Einfluß auf die Vereinbarung haben, – was üblicherweise Vertragsgegenstand ist, – wie die Parteien das Rechtsverhältnis vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung aufnehmen, entwickeln und den Vertrag gestalten, – wie sie die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen beurteilen, – wie die Praxis den Vertrag durchführt, anpaßt und beendet, – welche Rolle andere Optionen wie der Verwaltungsakt oder informelle Absprachen spielen, und – welche praktische Bedeutung das über das ganze Rechtsverhältnis reichende Sanktionensystem des SGB II15 hat.

D. Informationsquellen Nachdem Klarheit über Gegenstand und Fragestellung der Untersuchung bestand, waren geeignete Informationsquellen16 zu suchen. Dabei galt es zu bedenken, daß die Erhebung um so realistischer und repräsentativer würde, 15 Das Sanktionensystem des § 31 SGB II a. F. erfaßte nicht erst und nicht nur die Weigerung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen (Phase nach Vertragsschluß), sondern – neben anderem – bereits die Weigerung des Hilfebedürftigen, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (vorvertragliche Phase). Der Sanktionstatbestand der Abschlußverweigerung ist zwar durch Art. 14 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) zum 1. April 2011 aufgehoben worden. Er war bei der 2009 durchgeführten Erhebung aber noch zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind die dazu gewonnen Antworten auch jetzt noch von großem dogmatischem Interesse, wie sich zeigen wird. 16 In der empirischen Sozialforschung ist anstatt von Informationsquellen auch von Untersuchungsobjekten die Rede, s. nur Rainer Schnell/Paul Bernhard Hill/ Elke Esser, Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl. 2008, S. 12.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

je umfassender, realitätsnäher und ungefilterter der vorangehende Blick auf die Praxis gelang. I. Die unmittelbar Beteiligten Den gewünschten Einblick versprachen am ehesten die an der Praxis unmittelbar Beteiligten zu haben, in erster Linie also die Parteien der Eingliederungsvereinbarung. Auf Seiten der Verwaltung ist Partei grundsätzlich die „Agentur für Arbeit“, die „im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger“ prinzipiell durch eine Arbeitsgemeinschaft handelt17; ausnahmsweise der im Einzelfall zugelassene kommunale Träger selbst (Optionskommune), der an die Stelle der Agentur tritt und „insoweit die Rechte und Pflichten“ wahrnimmt18. Die tatsächliche Aufgabenerfüllung übernimmt bei den Rechtsträgern normalerweise ein „persönlicher Ansprechpartner“.19 Der Ansprechpartner handelt mit dem Hilfebedürftigen20 vor allem die Eingliederungs17 S. § 15 Abs. 1 i. V. m. § 44b SGB II a.F. Der Gesetzgeber hat die Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112) zum 1. Januar 2011 abgeschafft und durch die Gemeinsamen Einrichtungen nach §§ 44b ff. SGB II n. F. ersetzt. An dem Konzept der Grundsicherungsleistungen „aus einer Hand“ hat sich dadurch nichts geändert. Die Arbeit behält die ursprüngliche Terminologie „Arbeitsgemeinschaften“ aus Gründen der Authentizität bei, soweit von der noch 2009 durchgeführten Erhebung die Rede ist. 18 Sog. Optionskommunen; zur Zulassung kommunaler Träger s. die Experimentierklausel nach § 6a SGB II. Zur Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger s. § 6b SGB II. Die kommunalen Träger sind dann aber nicht in einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II a. F. bzw. nunmehr Gemeinsamen Einrichtung nach § 44b n. F. organisiert; s. dazu § 6b Abs. 1 SGB II, der die Möglichkeit nach § 44b SGB II ausdrücklich ausschließt. 19 § 14 Satz 2 SGB II. Wie alle als juristische Person organisierten Verwaltungsträger sind sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die zugelassenen kommunalen Träger selbst nicht handlungsfähig. Von daher müssen im Ergebnis Menschen zur tatsächlichen Erfüllung der Aufgaben des Verwaltungsträgers handeln; dazu allg. Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 4. Aufl. 2010, S. 405 f. Zu Aufgabe und Funktion des persönlichen Ansprechpartners konkret Timo Hebeler, Der persönliche Ansprechpartner nach dem SGB II – Organisatorische und personelle Anforderungen, DÖD 2005, S. 241 (241 ff.); ferner Volker Baethge-Kinsky u. a., Fallbearbeitung nach SGB II – Beobachtungen aus dem Innern der „black box“, WSI Mitteilungen 2007, S. 70 (75); Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 14 Rn. 11 ff., insbes. Rn. 15. Wird ein persönlicher Ansprechpartner nicht ausdrücklich benannt, handelt statt dessen der nächste zuständige Sachbearbeiter als solcher. 20 Der Gesetzgeber hat die Bezeichnung „Hilfebedürftiger“ durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) zum 1. April 2011 durch die

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vereinbarung aus und begleitet deren Abschluß, Anpassung und Durchführung. So gewinnt er in der Verwaltung die größte Nähe zu den Problemen der Eingliederungsvereinbarung und wird zu einem maßgeblichen Informanten für die weitere Untersuchung. Der Verwaltung gegenüber steht der hilfebedürftige Bürger als weitere Partei der Eingliederungsvereinbarung.21 Nimmt man die Idee von der rechtlichen Gleichordnung der Parteien im Vertragsrecht22 und ihrer Partnerschaftlichkeit im Eingliederungs-Rechtsverhältnis23 ernst, darf sich eine rechtstatsächliche Untersuchung zur Eingliederungsvereinbarung – wie zum Vertrag überhaupt – nicht nur auf einen der Vertragspartner konzentrieren. Es muß soweit wie möglich Klarheit darüber bestehen, wie die „Gegenseite“ die Eingliederung sieht und versteht.24 Dafür wäre es selbstverständlich am besten, nicht allein die Verwaltung zum Standpunkt des Gegenübers zu befragen.25 Der Bürger sollte selbst zu Wort kommen. Allerdings verbinden sich mit diesem Anliegen bei der großen Zahl an erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ganz erhebliche organisatorische Herausforderungen, für die dem vorliegenden Forschungsprojekt schlicht die personellen und finanziellen Mittel fehlten. Während die Akteure der Verwaltung wegen ihrer öffentBezeichnung „Leistungsberechtigter“ ersetzt, ohne in der Sache etwas zu ändern. Die Arbeit behält die ursprüngliche Terminologie „Hilfebedürftiger“ aus Gründen der Authentizität bei, soweit von der noch 2009 durchgeführten Erhebung die Rede ist. 21 S. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F., wonach die Verwaltung „mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen“ vereinbart (nunmehr mit neuer Terminologie aber ohne sachliche Änderung § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II n. F.). 22 Zur rechtssystematischen Gleichordnung der Vertragsparteien s. BVerwG 74, S. 368 (374); Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/ Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts Bd. II, § 36 Rn. 108; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 39 Fn. 166. 23 Zum Konzept der Partnerschaftlichkeit bei der Eingliederung nach dem SGB II s. schon oben § 1 A.II. 24 Vgl. zum Verwaltungsvertrag allgemein Bartscher, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 119 f., 121 f., 156, 333 ff., und Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 242, 244, 690, dem es ausdrücklich darauf ankommt, eine „Bewertung der Vertragsform durch Behörden und Bürger zu gewinnen“ (S. 242; Hervorhebung durch Verf.). 25 Insbes. die beiden größten juristisch motivierten Erhebungen zum Verwaltungsvertrag von Bartscher, Verwaltungsvertrag (Fn. 1) und Schlette, Vertragspartner (Fn. 1) verzichten auf eine Befragung der Vertragspartner der Verwaltung. Anders aber die rechtspolitologische Forschungsarbeit von Dose, Verwaltung (Fn. 1), S. 128, 130 f. Eine allerdings sozialwissenschaftlich motivierte und wegen ihres geringen Umfanges eher nicht repräsentative, zudem nur das Sanktionensystem des § 31 SGB II a. F. in den Blick nehmende empirische Untersuchung mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen findet sich bei Anne Ames, Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen nach § 31 SGB II, NDV 2010, S. 111 (111 ff.).

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

lichen Präsenz, Bekanntheit und überschaubaren Zahl vergleichsweise leicht zu erreichen sind, gilt für die betroffenen Bürger genau das Gegenteil. Sie sind wegen ihrer großen Zahl und weitgehenden Anonymität in einer repräsentativen Breite für Außenstehende nur schwer greifbar. Ohne Unterstützung Dritter liegt nur die persönliche Kontaktaufnahme vor allem vor den jeweiligen Verwaltungsgeschäftsstellen nahe, eine Möglichkeit, die wegen des damit verbundenen Aufwandes nicht ernsthaft in Betracht kam. Eine Unterstützung durch die Verwaltung war einerseits aus datenschutzrechtlichen Gründen schwierig. Andererseits sollte sich die Verwaltung schon durch eigene Auskünfte an der Erhebung beteiligen. Die Einforderung weiterer knapper Verwaltungsressourcen hätte möglicherweise das gesamte Projekt gefährdet. Schließlich versprach auch der Rückgriff auf bestimmte politische Parteien oder Interessenverbände keinen Erfolg, weil darüber – so laut sich deren Vertreter auch gebärden mögen – im Ergebnis doch nur wenige und vor allem nur ein bestimmtes Klientel an Bürgern erreichbar sein dürfte, was die Repräsentativität der Umfrage sogleich in Frage stellte. Der erwerbsfähige Hilfebedürftige mußte deshalb als unmittelbare Informationsquelle ausscheiden. II. Eingliederungsvereinbarungen und Begleitprotokolle Weiterführende Informationen bergen auch die einzelnen Eingliederungsvereinbarungen und deren Begleitprotokolle26. Doch ganz unabhängig davon, daß auch sorgfältig geführte Akten nicht immer mit der Realität übereinstimmen müssen, stellte sich vor allem wieder das Problem des Datenschutzes. Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen erlauben allenfalls einen Einblick in anonymisierte Unterlagen, die in repräsentativem Umfange nicht vorhanden waren. Ein ergänzender Zugriff auf im Einzelfall vorhandenes Material war dadurch aber nicht ausgeschlossen. III. Die Rechtsprechung Keine repräsentative, insbesondere keine alternative Informationsquelle zu Verwaltung und Bürger war die Rechtsprechung27 zur Eingliederungsvereinbarung. Zwar gab es aus diesem Segment bereits zahlreiche Entschei26

Persönliche Gespräche mit Mitarbeitern von Arbeitsgemeinschaften des SGB II ergaben, daß die Eingliederungsverwaltung jedes dienstliche Zusammentreffen mit einem Hilfebedürftigen protokolliert. 27 Zur Analyse der Rechtsprechung als Teil der Rechtstatsachenforschung Pieger, Rechtstatsachenforschung (Fn. 1), S. 134, und Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 571.

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dungen,28 und die damit befaßten Gerichte standen als neutrale Dritte im unmittelbaren Kontakt zur Verwaltungspraxis. Allerdings führen regelmäßig nur Problemfälle zu Streitigkeiten29 und nicht jede dieser Streitigkeiten endet vor Gericht. Gerichtsentscheidungen sind überdies stets fallbezogen aufbereitet und werden bei weitem nicht durchweg veröffentlicht.30 Damit kann jede Rechtsprechungsanalyse von vornherein nur einen „sehr stark eingeschränkten Teilausschnitt der Verwaltungswirklichkeit“ erfassen,31 der außerdem von Besonderheiten geprägt und aus gerichtlicher Perspektive wiedergegeben ist. Ein umfassender und klarer Blick auf Normalfall und Alltag der Eingliederungsvereinbarung wäre auf diesem Wege jedenfalls nicht möglich gewesen.32 Ein ergänzender Zugriff auf die einschlägigen Gerichtsentscheidungen war dadurch aber nicht ausgeschlossen und fand mit der gebotenen Umsicht auch statt.

E. Erhebungsmethode Schließlich bedurfte es der Entscheidung für eine geeignete Erhebungsmethode, für einen Weg, auf dem die benötigten Informationen effektiv zu 28

S. dazu exemplarisch die Rechtsprechungsanalysen bei Uwe-Dietmar Berlit, Die Grundsicherung für Arbeitsuchende in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur, JbSozR 29 (2008), S. 281 ff.; ders., Die Hartz IV-Rechtsprechung – geklärte und offene Fragen, info also 2008, S. 243 ff. und info also 2009, S. 10 ff.; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 ff.; ders., Sanktionen nach § 31 Abs. 1 und 2 SGB II, Sozialrecht aktuell 2008, S. 92 ff.; Wolfgang Spellbrink, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II und ihre Sanktionierung, in: Deutscher Sozialgerichtstag e. V. (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte – Bilanz und Perspektiven, 2009, S. 45 ff. 29 Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 577 f., wertet die Analyse von Gerichtsentscheidungen daher treffend als pathologieorientiert. 30 Zur zahlenmäßigen Diskrepanz zwischen tatsächlich ergangenen und schließlich veröffentlichten Entscheidungen im Segment der Verträge nach §§ 54 ff. VwVfG s. etwa Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 (249, Fn. 16); ders., Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, 1996, S. 11 (12 Fn. 10); Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 239 f. 31 Bauer, Funktion (Fn. 30), S. 12 Fn. 10. Zur dadurch drohenden Gefahr eines Zerrbildes der Realität ders., Anpassungsflexibilität (Fn. 30), S. 249; Manfred Rehbinder, Rechtssoziologie, 7. Aufl. 2009, Rn. 63; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 240; Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik (Fn. 1), S. 577 f. 32 Damit kann die Rechtsprechung bei der rechtstatsächlichen Untersuchung der Eingliederungsvereinbarung allenfalls eine vorsichtig ergänzende Funktion einnehmen.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

beschaffen waren. Die Rechtstatsachenforschung hält zur Erhebung von Daten drei Grundverfahren bereit: Befragung33, Beobachtung34 und Inhaltsanalyse35.36 Erster Orientierungspunkt für das passende Verfahren war der Untersuchungsgegenstand,37 also die Eingliederungsvereinbarung und deren Rechtsverhältnis. Für deren bestmögliche Erforschung hätte der gemeinsame Einsatz aller drei Erhebungsverfahren natürlich am nahesten gelegen: also eine möglichst flächendeckende schriftliche und in ausgewählten Fällen vertiefende mündliche Befragung (Befragung), eine umfassende Beobachtung einzelner Eingliederungsvorgänge (Beobachtung)38 und schließlich eine Analyse von Eingliederungsverträgen und Eingliederungsprotokollen (Inhaltsanalyse). Bei der Auswahl der Erhebungsmethode spielten jedoch auch andere Faktoren eine wichtige Rolle. So mußte sich die vorliegende Untersuchung in den Gesamtzusammenhang der Arbeit einfügen, der es in erster Linie um eine Dogmatik zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II geht. Der rechtstatsächliche Beitrag sollte dafür einen möglichst zuverlässigen, gültigen und vor allem repräsentativen empirischen Unterbau liefern. Er sollte den Normalfall der Eingliederung aus dem Nebel der Rechtspraxis heben, generelle Strukturen und ein Gesamtbild sichtbar machen. Diesen Ansprüchen aber konnte nur eine schriftliche Befragung mittels Postversand bei einer hinreichend großen Zahl von Behörden vollauf genügen. Dieser Befragungsweg hatte zudem den Vorteil, daß die Befragten ihre Antworten besser durchdenken konnten und die Merkmale und das Verhalten sonst erforderlicher Interviewpartner keinen Einfluß auf sie hatten. Außerdem waren bei der Entscheidung für eine Erhebungsmethode noch Rechts- und Effizienzgesichtspunkte zu berücksichtigen. Datenschutzrechtliche Bestimmungen etwa machten eine zusätzliche repräsentative Inhalts33 Zur Befragung und ihren Formen Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 434 ff.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 336 ff. 34 Zur Beobachtung und ihren Formen Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 548 ff.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 325 ff. 35 Zur Inhaltsanalyse und ihren Formen Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 576 ff.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 300 ff. 36 Rehbinder, Rechtssoziologie (Fn. 31), Rn. 62; allg. zur empirischen Sozialforschung Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 299 f.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 319 ff. 37 Rehbinder, Rechtssoziologie (Fn. 31), Rn. 62. 38 So geschehen durch eine Konzeptstudie des Soziologischen Forschungsinstituts der Georg-August-Universität in Göttingen in der Zeit von Januar bis Juni 2006. Dort wurde bei drei Trägern der Grundsicherung die Fallbearbeitung in einer begrenzten Zahl von Fällen über sechs Monate hin untersucht. Näher Baethge-Kinsky u. a., Fallbearbeitung (Fn. 19), S. 71 f.

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analyse bestehender Eingliederungsvereinbarungen und -protokolle von vornherein unmöglich.39 Dafür wäre die vorherige vollständige Anonymisierung einer größeren Zahl von Unterlagen erforderlich gewesen. Das war den beteiligten Behörden bei der allseits beklagten Ressourcenknappheit nicht zumutbar und hätte ebenfalls einen nicht zu rechtfertigenden Aufwand bedeutet. Das gilt um so mehr, als die benötigten Informationen über einen geschickt ausgearbeiteten Fragebogen und dazu erbetene Textbausteine und Vereinbarungsmuster viel einfacher beschaffbar waren. Deshalb war letztlich auch eine stets aufwendige Beobachtung40 von Eingliederungsvorgängen und die mündliche Befragungen von Behörden und Bürgern nicht erforderlich.

F. Gestaltung der Fragebögen I. Gestaltungsvorgaben Der gewählte Befragungsweg und das Interesse an möglichst zahlreichen und korrekten Informationen erforderten Fragebögen, die möglichst ansprechend, klar, übersichtlich und verständlich gestaltet sein mußten und bei aller Sachbezogenheit immer auch dem Verständnis- und Erfahrungshorizont der Befragten entsprachen.41 Das war um so wichtiger, als die Befragten durch die Befragung auf dem Postwege bei der Beantwortung weitgehend „allein gelassen“42 würden und ohne weitere Hilfe auskommen müßten. Mit Blick darauf, aber auch um weniger spontane als vielmehr wohlüberlegte Antworten herauszufordern, sollten die Fragen zudem in logisch geordneten Komplexen einem „roten Faden“ folgen.43 Der Umfang der Fragebögen sollte dem Untersuchungsgegenstand angemessen sein und stets mit einem vertretbaren Bearbeitungsaufwand ausgefüllt werden können. Das implizierte einerseits, daß der Fragebogen sich nicht nur in oberflächlichen Fragen erschöpfen durfte, weil sonst kein ausreichender Informationsertrag gewährleistet wäre und der Befragte an der Ernsthaftigkeit der Umfrage zwei39

Siehe dazu schon oben D.II. Zum hohen Aufwand einer Beobachtung auch nur weniger Eingliederungsvorgänge s. nur Baethge-Kinsky u. a., Fallbearbeitung (Fn. 19), S. 71 f. 41 Zur Frage- und Antwortformulierung Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 350 ff.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 334 f. 42 Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 360 f. 43 Zur Fragebogenkonstruktion Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 479 ff., 483 ff.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 359 ff.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 342 ff.; insbesondere zu Fragebögen für einen rationalen Informationsabruf Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 360 ff., zwar mit Blick auf die Befragung im Interview, doch gelten die dort geäußerten Anliegen auch bei jeder anderen Befragungsform mit Interesse an rationalen Informationen. 40

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

feln könnte. Andererseits durfte der Fragebogen nicht zu umfangreich sein, weil das die Befragten überfordern könnte.44 Die Anforderungen an den Fragebogen insgesamt galten selbstverständlich auch für die einzelnen Fragen. Stellenweise thematische Überscheidungen waren zur Plausibilitätskontrolle der Antworten beabsichtigt. Beim Aufbau der Fragen schien überwiegend eine geschlossene Struktur gegenüber einer offenen Frageform vorzugswürdig.45 Zwar haben offene Fragen den Vorteil, daß der Befragte ganz nach seiner Vorstellung antworten kann, ohne durch bestimmte Antwortvorgaben möglicherweise in eine bestimmte Richtung gelenkt zu werden. Geschlossene Fragen hingegen zwingen den Befragten, zwischen bestimmten, bislang vielleicht gar nicht bedachten Antworten zu wählen. Doch läßt sich zumindest die Gefahr der Lenkung der Befragten mit einem gut durchdachten Antwortenkatalog und der Eröffnung einer zusätzlichen Antwortmöglichkeit46 relativieren. Zudem gewährleisten geschlossene Fragen oft mehr Informationen, eine bessere Vergleichbarkeit der Informationen und damit ein schärferes Bild der Tatsachenlage, schon weil bei offenen Fragen nicht selten nur kurze Antworten mit geringem Aussagewert zu erwarten sind47. Darüber hinaus beruhen Antwortunterschiede bei offenen Fragen mitunter nicht auf unterschiedlichen Einstellungen und Erfahrungen, sondern auf einer unterschiedlich hohen Artikulationsfähigkeit der Befragten;48 eine Unsicherheit, die mit geschlossenen Fragen leicht behoben werden kann. Geschlossene Fragen lassen sich im übrigen schneller und leichter beantworten, was vor allem bei der angespannten Zeitsituation bei den Grundsicherungsträgern und ihren Behörden eine gewichtige Erwägung darstellte. 44 Erwägungen zum günstigen Umfang von Fragebögen finden sich etwa bei Bartscher, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 106 mit Fn. 249. 45 Das bestätigt eine allgemeine Entwicklung, nach der die Abwägung zwischen offenen und geschlossenen Fragen immer häufiger zugunsten geschlossener Fragen ausfällt. So hat sich der Anteil offener Fragen bei Umfragen seit den 1940er Jahren von 16% auf 3% verringert; dazu näher David Caplovitz, The Stages of Social Research, 1983, S. 119, und Tom W. Smith, The Art of Asking Questions – 1936– 1985, Public Opinion Quarterly 51 (1987), S. 95 (106). Zu den im allgemeinen vorgebrachten Argumenten zu offenen oder geschlossenen Fragen s. nur Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 476 ff.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 352 ff.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 330 ff. 46 Dadurch entstehen sog. Hybridfragen, die eine Kombination zwischen offenen und geschlossenen Fragen darstellen. Die zusätzliche Antwortmöglichkeit entsteht beispielsweise durch die Option „Sonstiges, und zwar . . .“. Dazu näher Schnell/Hill/ Esser, Methoden (Fn. 16), S. 333; s. auch Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 356. 47 So etwa die Erfahrung von Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 249. 48 Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 332.

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II. Umsetzung der Gestaltungsvorgaben Der nach den geschilderten Vorgaben entstandene Fragebogen für die Verwaltung gliederte sich in sieben Abschnitte mit insgesamt 37 überwiegend kurzen Fragen und einzelnen Möglichkeiten für ergänzende Bemerkungen.49 Als „roter Faden“ gab der Verlauf der Eingliederung den Befragten die gebotene Orientierung. 1. Deckblatt Das Deckblatt50 des Fragebogens enthielt zunächst den Titel des Projekts und zeigte anhand ergänzender Bemerkungen und der Embleme der beteiligten Institute knapp, wo das Forschungsprojekt sachlich und örtlich beheimatet war. Seine Gestaltung sollte einen schnellen Eindruck von der Seriosität und der Bedeutung der Umfrage vermitteln. Auf der Rückseite fanden sich kurze Hinweise, die das Anliegen der Umfrage kurz erklären, um Unterstützung werben und den (technisch) richtigen Umgang mit dem Fragebogen steuern sollten. 2. Abschnitt 1 – Angaben zu Behörde, betreuten Hilfebedürftigen und Eingliederungserfolg Der Fragebogen selbst begann mit Fragen zum Standort der Behörde, zu den betreuten Hilfebedürftigen51 und zum Erfolg der Eingliederungsmaßnahmen des persönlichen Ansprechpartners (Fragen 1 bis 6). Dabei ging es zunächst darum, Hintergründe zu beleuchten, die Bewertung späterer Antworten zu erleichtern und die Befragten in die nachfolgenden Fragen einzuführen52. 3. Abschnitt 2 – Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung Bei den anschließenden Grundfragen ging es zunächst um die Zahl der Hilfebedürftigen53, die der Befragte durchschnittlich zu betreuen hat (Fra49

Der Fragebogen ist als Anlage II am Ende der Arbeit abgedruckt. Zur Gestaltung der Deckblätter von Fragebögen s. nur Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 361 f. m. w. N. 51 Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 20. 52 Zum Zweck solcher einleitenden Fragen Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 483 f.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 359; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 343. 50

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

ge 7), danach um Häufigkeit, Nutzen und Akzeptanz (Fragen 8 bis 10), im weiteren auch um die Rechtsnatur54 der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis, und schließlich darum, wie die Befragten den gesetzlich bestimmten Vorrang der Vereinbarung vor dem (Eingliederungs-)Verwaltungsakt bewerten (Fragen 11 und 12). Diese Informationen sollten einen ersten Eindruck von der praktischen Natur der Eingliederung verschaffen. Sie sollten zudem ein besseres Verständnis der nachfolgenden Antworten ermöglichen und rechtliche Herausforderungen deutlicher machen. Die beiden letzten Fragen des Abschnitts (Fragen 13 und 14) betrafen Beteiligte und Gegenstände der Eingliederungsvereinbarung. Sie dienten dem Einblick in praxistypische Konstellationen und Einflüsse. 4. Abschnitt 3 – Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung Der dritte Abschnitt des Fragebogens sollte klären, wie die Praxis die Beziehungen zwischen den Beteiligten bis zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung angeht und entwickelt. Zu fragen war deshalb, wer die vorvertraglichen Besprechungstermine üblicherweise gestaltet, wie weit die Hilfebedürftigen55 eigene Vorstellungen und Wünsche einbringen und für wie zweckmäßig den Befragten die Pflicht zum Aushandeln der Vereinbarung erscheint (Fragen 15 bis 17). Außerdem war von Interesse, wieviel Zeit den Praktikern zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung zur Verfügung steht und ob sie nach bestimmten Regeln verhandeln (Fragen 18 und 19). Besondere Aufmerksamkeit verdienten die beim Aushandeln der Eingliederungsvereinbarung auftretenden Herausforderungen (Frage 20). Hier lagen wichtige Ansatzpunkte für eine gezielte dogmatische Auseinandersetzung. Gleiches galt für die Fragen zum Scheitern der Verhandlungen. Darin ging es um mögliche Gegenmaßnahmen – vor allem die umstrittenen Sanktionen des SGB II – und deren Akzeptanz bei den Hilfebedürftigen (Fragen 21 und 22). Ferner um die Möglichkeit einer Ersatzregelung durch Verwaltungsakt oder informale Absprachen, die im modernen Verwaltungsrecht zunehmend Bedeutung gewinnen (Fragen 23 und 24).

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Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 20. Die Frage war mit Rücksicht auf den, was die juristische Vorbildung angeht, heterogenen Kreis der Befragten vereinfacht formuliert. Auch die Antwortoptionen erforderten lediglich eine Parallelwertung in der Laiensphäre. 55 Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 20. 54

§ 5 Rechtstatsächliche Untersuchung

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5. Abschnitt 4 – Abschluß der Eingliederungsvereinbarung Am Beginn des vierten Abschnitts stand die Frage, welche Formanforderungen die Praxis bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung für zweckmäßig hält (Frage 25). Das sollte die Praxistauglichkeit des Schriftformgebotes und den Bedarf an weniger formstrengen Eingliederungsabsprachen (informales Verwaltungshandeln) erkunden. Die nachfolgenden Fragen widmeten sich dem wichtigen Problem der Vertragsgestaltung, die erhebliches Potential für Konflikte und deren Vermeidung bei der späteren Vertragsdurchführung birgt. Dabei ging es um die Verwendung standardisierter Textbausteine und Vertragsmuster sowie die Formulierung vertraglicher Pflichten (Fragen 26 bis 28). Am Ende des Abschnitts stand noch einmal die Frage nach formlosen Absprachen, diesmal allerdings als Ergänzung und nicht als Ersatz der Eingliederungsvereinbarung (Fragen 29). 6. Abschnitt 5 – Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung Für eine problemorientierte Dogmatik war außerdem von Interesse, wie die Praxis die rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Eingliederungsvereinbarung aufnimmt und wie oft sich ein Hilfebedürftiger56 im Nachhinein auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung beruft (Fragen 30 und 31). Auf besondere Rechtskenntnisse der Befragten kam es dabei nicht an, weil nur ein Erfahrungsbild gefragt war und zudem die Möglichkeit bestand, die Frage offen zu lassen (Option „weiß nicht“). 7. Abschnitt 6 – Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung Der letzte Fragenabschnitt befaßte sich schließlich mit der Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung. Ein besonderes Augenmerk lag auch dort auf praktischen Herausforderungen (Fragen 32), um daraus konkrete dogmatische Ansatzpunkte zu gewinnen. Demselben Zweck dienten die Fragen zu möglichen Gegenmaßnahmen und deren Akzeptanz bei den Hilfebedürftigen57 (Fragen 33 und 34), vor allem mit Blick auf die nochmals drohenden Sanktionen des SGB II. In den verbleibenden Fragen ging es darum zu erfahren, wie die Praxis zu der gesetzlich vorgesehenen Regelbefristung der Eingliederungsvereinbarung steht und wie sie die Möglichkeiten der Anpas56 57

Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 20. Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 20.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

sung aufnimmt (Fragen 35 und 36). Die letzte Sachfrage befaßte sich mit der zeitlich wünschenswerten Einsatzbreite der Eingliederungsvereinbarung (Frage 37).

G. Durchführung der Untersuchung I. Vorbemerkung Ziel der rechtstatsächlichen Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis war es, der weiteren dogmatischen Arbeit eine belastbare empirische Grundlage zu liefern. Dafür waren möglichst repräsentative Erkenntnisse über die Rechtspraxis erforderlich. Den Gewinn solcher Erkenntnisse versprach am ehesten eine nach Möglichkeit breit angelegte postalische Umfrage. Das führte zu dem Entschluß, bei allen deutschen Arbeitsgemeinschaften58, Optionskommunen und Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung59 wenigstens zwei persönliche Ansprechpartner zu befragen. Nun gewährleistet aber erst ein entsprechender Rücklauf ausgefüllter Fragebögen die angestrebte Repräsentativität. Und dieser Rücklauf ist bei postalischen Befragungen im allgemeinen gering, was zu einem erheblichen Zerrbild von der Wirklichkeit führen kann.60 Das mußte auch mit Blick auf den anstehenden immensen Aufwand für das Vorhaben so weit wie möglich vermieden werden. II. Werben um Unterstützung und Pretest Unter den zahlreichen Faktoren, die Einfluß auf die Rücklaufquote haben konnten, war der Unterstützung des Projekts durch die jeweiligen Verwaltungsspitzen zunächst besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Vor allem der tragische Verlauf einer von Bartscher angestrengten Rechtstatsachenforschung zum öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag belegte das mehr als eindrucksvoll.61 Bartscher konnte im Ergebnis nur einen kleinen Bruchteil 58

Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 17. Der Gesetzgeber hat durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I S. 1112) die Möglichkeit einer getrennten Aufgabewahrnehmung zum 1. Januar 2011 abgeschafft; s. dazu nur BT-Drs. 17/1555, S. 23. Zur Zeit der noch 2009 durchgeführten Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis gab es jedoch zahlreiche Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung, die für ein möglichst valides Forschungsergebnis nicht außer Betracht bleiben durften. 60 S. dazu vorerst nur Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 515 f.; Schnell/ Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 359. 59

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seines Vorhabens realisieren und führte das vor allem auf die fehlende Einbindung der kommunalen Spitzenverbände zurück.62 Auch Schlette hatte mittlerweile auf die Zweckmäßigkeit einer entsprechenden Unterstützung hingewiesen.63 Vor diesem Hintergrund stellte der Lehrstuhl für Öffentliches Recht, an dem diese Arbeit entstand, das Forschungsprojekt im Juli 2008 zunächst dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, allen entsprechenden Landesministerien, dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Spitzenverbänden in einem Anschreiben mit beigefügtem Fragenbogen und einigen Erläuterungen vor und warb dort um Unterstützung. Die Reaktion auf das Anschreiben fiel unterschiedlich, an den entscheidenden Stellen aber sehr positiv aus. Das Bundesministerium begrüßte das Projekt, das Land Baden-Württemberg, die Freie und Hansestadt Hamburg sowie die Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und der Freistaat Thüringen sicherten ihre Unterstützung ausdrücklich zu. Sachsen lehnte sie dagegen ab. Aus den übrigen Bundesländern kam keine Reaktion. Sehr positiv war dagegen wieder die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände. Die Bundesvereinigung sagte bereits im August 2008 ihre Unterstützung verbindlich zu und kündigte verbunden mit einer Anregung zur geringfügigen Anpassung des Fragebogens auch ein entsprechendes Empfehlungsschreiben für die betroffenen Kommunen an. Ebenfalls im August 2008 begrüßte die Zentrale der Bundesagentur die Forschung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis, wünschte allerdings vor einer endgültigen Entscheidung noch eine eingehende Besprechung des Projekts mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg und in Übereinstimmung mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die Durchführung eines ohnehin vorgesehenen Pretests64. Die mehrere Stunden dauernde Besprechung fand im September 2008 in der Juristischen Fakultät der Univer61 Anstatt „sämtliche bundesdeutschen unteren und mittleren allgemeinen Verwaltungsbehörden (. . .) zu befragen“ (so die Zielvorstellung von Bartscher, Verwaltungsvertrag [Fn. 1], S. 101), konnten im Ergebnis bei nur vier (!) Städten eingehendere Untersuchungen erfolgen (Bartscher, a. a. O., S. 155). 62 Zu den daraus folgenden Lehren für die Befragung von Kommunen Bartscher, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 127. 63 Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 247 f. 64 Vor dem Beginn der eigentlichen Datenerhebung ist jedes Erhebungsinstrument (z. B. ein Fragebogen) unbedingt an einer kleineren Gruppe von Zielpersonen kontrolliert zu erproben (sog. Pretest). Die Erprobung dient beispielsweise dazu, die zu erwartende durchschnittliche Dauer der Beantwortung eines Fragebogens, dessen Verständlichkeit und mögliche Probleme bei der Beantwortung aufzudecken. Näher Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 485 f.; Kromrey, Sozialforschung (Fn. 14), S. 384 ff.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 347 ff.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

sität Potsdam statt und verlief sehr erfreulich. Nach nur noch marginalen Änderungen des Fragebogens fand im Oktober 2008 der schon erwähnte Pretest bei der Potsdamer Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsuchende (PAGA) und der Optionskommune Landkreis Oberhavel statt, wo das gesamte Projekt auf ein großes Interesse und breite Zustimmung stieß. Der Fragebogen war nach Auffassung der Testteilnehmer nicht zu umfangreich, gut verständlich und einfach zu handhaben, so daß es nur noch wenige Verbessungsvorschläge gab. Diese Vorschläge konnten bei der nochmaligen Überarbeitung des Fragenkatalogs durchweg Berücksichtigung finden. Nachdem der Fragebogen Ende Oktober 2008 seine endgültige Fassung erhalten hatte, erteilte die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände umgehend, die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit nach mehreren Zuständigkeitswechseln Ende März 2009 ihre endgültige Zustimmung zu dem Unternehmen. Dabei empfahlen sie ihren Behörden die Teilnahme an der Umfrage. Das war ein großer Erfolg. Wie persönliche Gespräche mit einigen Befragten später zeigten, wäre deren Teilnahme an der Umfrage ohne diese Zustimmungen von vornherein nicht in Betracht gekommen. III. Versand und Erfassung der Fragebögen Unmittelbar nach der Zustimmung auch der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit begann die eigentliche Durchführung der Umfrage. Im April 2009 erhielten in einer ersten Welle alle deutschen Arbeitsgemeinschaften65, Optionskommunen und Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung66 ein Anschreiben,67 das die Erhebung und deren Nützlichkeit für die Adressaten zunächst kurz erläuterte und auf die Unterstützung der jeweils maßgeblichen Befürworter hinwies. Im weiteren wurden die angeschriebenen Behörden gebeten, die beiden beiliegenden Fragebögen durch je einen ihrer persönlichen Ansprechpartner/Fallmanager ausfüllen und innerhalb eines Monats68 an den Lehrstuhl zurücksenden zu lassen. Diese Bitte war verbunden mit dem unentbehrlichen Hinweis, daß Aufnahme und Auswertung der Antworten anonym erfolgen und keinen Rückschluß auf die Befragten zulassen würden.69 Ferner wies das Anschreiben nochmals auf den 65

Zur Terminologie s. die Anmerkung in Fn. 17. S. dazu die Anmerkung in Fn. 59. 67 Zu einem Muster des Anschreibens s. u. Anlage I; zu den Anforderungen an solche Anschreiben im allg. s. Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 516 ff. unter Verweis auf die sog. „Total-Design-Methode“ (TDM), und Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 362 f. 68 Das Originalanschreiben enthielt eine konkrete Datumsangabe. 69 Zur Bedeutung von Vertraulichkeitshinweisen allgemein Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 362. 66

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

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wichtigen Beitrag jedes einzelnen Teilnehmers für den Erfolg der gesamten Erhebung hin.70 In diesem Zusammenhang erfuhren die Befragten auch von der Möglichkeit, bei Bedarf weitere Fragebögen aus dem Internet herunterladen zu können. Zur weiteren Erhöhung der Rücklaufquote lagen dem Anschreiben außer den beiden Fragebögen schließlich noch die Kopien der jeweiligen Empfehlungen und zwei bereits frankierte Rückumschläge bei.71 Auch wenn die Resonanz auf die erste Welle der Versendung der Fragebögen mit einer Rücklaufquote von etwas mehr als 70% schon überaus erfreulich war, kam es Anfang Juni 2009 in einer Nachfaßaktion72 zu einer zweiten Versendungswelle. Die dafür erforderliche Eingangskontrolle erfolgte über die Erfassung der zurückgesandten Briefumschläge, auf denen von Anfang an der Name der jeweiligen Behörde vermerkt war. Mit der zweiten Welle erhielten alle Behörden, von denen auch nach Ablauf von zwei Monaten noch keine Rückantwort eingetroffen war, ein dem ersten in Art und Umfang vergleichbares Anschreiben mit Anlagen. Darin wurde erneut um Unterstützung der Umfrage zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis geworben. Dieses Nachfassen führte noch einmal zu einer erheblichen zahlenmäßigen Steigerung der ausgefüllt zurückgesandten Fragebögen und zu einer Gesamtrücklaufquote von über 90%.73 Die letzten Fragebögen gingen im September 2009 in Potsdam ein. Die Erfassung der darin enthaltenen Daten erfolgte bis zum Ende des Jahres 2009.

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung A. Repräsentativität Die Ergebnisse aus der Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis führen zu einem ausgesprochen repräsentativen Bild von der Vereinbarung und ihrem Umfeld in der Rechtswirklichkeit. Die Befragung bei 70

Zur Bedeutung solcher Hinweise allgemein Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 362. 71 S. dazu Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 519 Kasten X.8. 72 Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 519, schreibt solchen Nachfaßaktionen eine zentrale Bedeutung zu, da sich mit ihnen die Rücklaufquote noch einmal erheblich steigern lasse; ebenso Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 16), S. 362 f., die ein gestuftes Nachfaßsystem empfehlen. Das allerdings erwies sich wegen der hohen Rücklaufquote weder als notwendig noch als rentabel. 73 Das bestätigt die auch in anderen Umfragen gewonnenen Erfahrungen; s. nur Diekmann, Sozialforschung (Fn. 14), S. 519 m. w. N. Zur Rücklaufquote insgesamt s. u. § 6 A.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

allen deutschen Arbeitsgemeinschaften1, Optionskommunen und Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung2 erbrachte 1.172 Fragebögen aus 475 der in Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Spitzenverbänden angeschriebenen 527 Behörden. Das entspricht einer für postalische Befragungen überragenden Rücklaufquote3 von 90,1%.4 Zusammen mit der gewonnenen Datenmenge macht das die Erhebung zur bislang größten Umfrage zum Verwaltungsvertrag.5 I. Unbeachtlichkeit ausgefallener Antworten Die verbleibende Ausfallquote kann die Repräsentativität der Erhebung nicht beeinträchtigen. Darauf weist schon der vergleichsweise niedrige Grad dieser Quote hin.6 Nur 52 der angeschriebenen 527 Behörden, also weniger als 10%, sandten keine Fragebögen zurück (sog. „Unit-Nonresponse“)7. Darüber hinaus lassen sich keine systematischen Zusammenhänge8 zwischen dem Ausfall der Antworten und dem Inhalt des Fragebogens ausmachen. Gegen einen solchen Zusammenhang spricht auch, daß die Ausfälle einigermaßen gleichmäßig über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. Einige ausgefallene Behörden teilten sogar ausdrücklich mit, daß sie die Erhebung zwar befürworteten, wegen des Aufwandes für die gesetzlich moti1

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 17. Zu den Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung s. die Anmerkung in § 5 Fn. 59. 3 Nach Andreas Diekmann, Empirische Sozialforschung, 20. Aufl. 2009, S. 516 sind Rücklaufquoten von über 20% bei Umfragen in der Bevölkerung selten, wenn lediglich ein Fragebogen mit Anschreiben versandt wird. In Abhängigkeit von der Zielgruppe sollen sogar „häufig nur Rücklaufquoten um die 5% zu erwarten“ sein. Bestätigend für die Befragung von Behörden Bruno Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, 1997, S. 122 ff., insbes. 126, allerdings nur für die Reaktionen auf einen sog. Pretest. Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 247, konnte bei seiner Erhebung in der Verwaltung eine Rücklaufquote von gut 38% verzeichnen; zieht man die in seinem Bericht erwähnten sieben „Kurzmitteilungen“ noch ab, ergibt sich eine Rücklaufquote von 32%. 4 Im einzelnen lag die Rücklaufquote bei den Optionskommunen bei 95,6% (!) und bei den Arbeitsgemeinschaften und Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung bei 89,3%. 5 Die letzte größere Erhebung zum Verwaltungsvertrag, durchgeführt von Volker Schlette, führte zu einem Rücklauf von „gut 100 Fragebögen“; s. Schlette, Vertragspartner (Fn. 3), S. 249. 6 Bei postalischen Umfragen ist die Ausfallquote im allgemeinen um ein vielfaches höher; s. dazu die in Fn. 3 genannten reziproken Werte zu den Rücklaufquoten. 7 S. dazu Rainer Schnell/Paul Bernhard Hill/Elke Esser, Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl. 2008, S. 306 ff.; außerdem Diekmann, Sozialforschung (Fn. 3), S. 418 ff. 8 Zur Bedeutung dieses Merkmals Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 468. 2

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vierte Wirkungsforschung zum SGB II aber an keinen weiteren Umfragen teilnähmen. Diese Erwägung dürfte auch bei den übrigen Nichtteilnehmern im Vordergrund gestanden haben, obwohl der zusätzliche Aufwand alle Behörden der Grundsicherungsträger betraf. In einer Gesamtschau rechtfertigt das die Annahme, daß die verzeichneten Ausfälle vollkommen zufällig auftraten und ihre Vernachlässigung das Untersuchungsergebnis nicht verzerrt.9 Wie in allen empirischen Studien besteht offenbar auch bei dieser Umfrage ein „harter Kern“ von „Verweigerern“,10 der keine homogene und damit systembedingte Gruppe abbildet.11 Unter den zurückgesandten Fragebögen gab es dann nur minimale Ausfälle. Das heißt, nur ganz selten hatte ein Bearbeiter eine selbständige Frage offengelassen (sog. „Item-Nonresponse“)12, so daß auch insoweit keine spürbaren Verzerrungen des Untersuchungsergebnisses zu befürchten sind. Soweit eine der wenigen (unselbständigen) Unterfragen teilweise offen geblieben ist, ist das an dieser Stelle ebenfalls unbeachtlich. Diese Fragen waren von vornherein nur bei einer bestimmten Antwort aus einer vorangehenden (Filter-)Frage13 einschlägig, so daß ihr teilweiser Ausfall grundsätzlich schon mit dieser früheren Antwort erklärt und abgefangen ist. II. Zufälligkeit der Auswahl persönlicher Ansprechpartner Auch die in jeder Behörde notwendige Weitergabe der zugesandten Fragebögen14 an wenigstens zwei persönliche Ansprechpartner konnte die Repräsentativität der Erhebung nicht beeinträchtigen, weil sie für die Forschungsinitiative zufällig erfolgte. Aus den Ergebnissen einer Zufallsauswahl aber kann innerhalb bestimmter statistischer Fehlergrenzen auf die 9 Damit handelt es sich um das sog. MCAR (missing completely at random)-Phänomen, in dem die Wahrscheinlichkeit für das Fehlen von Antworten von keiner bekannten Variablen abhängt. Die statistische Analyse kann diese Art fehlender Werte vernachlässigen; näher dazu Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 469; vgl. auch Helmut Kromrey, Empirische Sozialforschung, 12. Aufl. 2009, S. 381. Der Rückgriff auf ein Korrekturverfahren für Unit-Nonresponse-Fälle war deshalb nicht erforderlich; ohnehin kritisch zu diesen Verfahren Schnell/Hill/Esser, a. a. O., S. 314 ff. 10 Die beiden weiteren bekannten Ausfallgründe der Nichtbefragbarkeit und der Nichterreichbarkeit (s. dazu nur Schnell/Hill/Esser, Methoden [Fn. 7], S. 310 ff.) kamen nicht in Betracht. 11 Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 313. 12 S. dazu nur Diekmann, Sozialforschung (Fn. 3), S. 426; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 306. 13 Näher zu sog. Filter- und Unterfragen Diekmann, Sozialforschung (Fn. 3), S. 478, 484, und Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 344, die den Einsatz solcher Fragen mit Blick auf ganze Fragenblöcke darstellen. 14 S. dazu oben § 5 G.III.

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Merkmale in der Gesamtheit geschlossen werden.15 Die Behörden erhielten keinerlei Vorgaben, nach denen sie die Fragebögen nur an bestimmte persönliche Ansprechpartner auszuhändigen hätten. Jeder interessierte Ansprechpartner durfte an der Umfrage teilnehmen. Eine Teilnahmeverpflichtung bestand nicht. Die Behörden waren auch nicht mittelbar gehalten, die Auswahl nach bestimmten zufallsfremden Kriterien zu treffen. Dem diente vor allem die ausdrückliche Zusicherung, daß Aufnahme und Auswertung der Antworten anonym erfolgten, und keinen Rückschluß auf die Befragten erlaubten. Das versprach allen Beteiligten die soziale Folgenlosigkeit ihrer Teilnahme. Tatsächlich beteiligten sich dann deutlich mehr persönliche Ansprechpartner an der Umfrage, als ursprünglich Fragebögen versandt worden waren.16 Insgesamt verhielt sich die Datenmenge aus den einzelnen Bundesländern aber auch dann noch weitgehend proportional zu deren Einwohnerzahl. Verhältnismäßig über dem Durchschnitt lagen nur SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern, verhältnismäßig darunter dagegen Berlin. Davon abgesehen lassen sich allerdings keine Schwerpunkte in bestimmten Umfrageregionen oder unplausible Umfrageergebnisse ausmachen, was auf die ordnungsgemäße Umsetzung des Zufallsprinzips hinweist.

B. Auswertung der einzelnen Fragen Ein wesentliches Anliegen der Untersuchung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis ist es, die Bedürfnisse und Realitäten der Verwaltungspraxis im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen überhaupt erst einmal aufzuklären und so der Rechtsdogmatik eine feste rechtstatsächliche Grundlage zu schaffen.17 Nachdem Klarheit über die Repräsentativität der dafür erhobenen Daten besteht, soll es im weiteren um deren Wiedergabe gehen, in erster Linie durch Darstellung der Häufigkeit, in der die einzelnen Antworten zu einer Frage bei der Erhebung insgesamt aufgetreten sind18.19 Struk15 Sobald keine Vollerhebung stattfindet und deshalb eine Auswahl unter den potentiell befragbaren Personen zu treffen ist, erfordert die Repräsentativität eine Zufallsauwahl dieser Personen; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 304 f.; s. auch Kromrey, Sozialforschung (Fn. 9), S. 276 ff. 16 S. dazu oben Einleitung zu A; die Teilnehmer konnten bislang unbenutzte Fragebögen kopieren oder aus dem Internet herunterladen. 17 S. o. § 5 B. und § 5 C. 18 Bei dieser weit verbreiteten Statistikmethode handelt es sich um eine sog. univariate Häufigkeitsauszählung. Näher zur univariaten Statistik (Häufigkeits- oder Randauszählung) als Methode der Datenauswertung Kromrey, Sozialforschung (Fn. 9), S. 403 ff.; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 7), S. 441 ff.; zur weiten Verbreitung dieser Methode Kromrey, a. a. O., S. 440 m. w. N. 19 Zu ausgewählten Zusammenhängen zwischen einzelnen Frage-Antwort-Komplexen s. u. § 7.

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turell orientiert sich die folgende Darstellung deshalb am Aufbau des zugrundeliegenden Fragebogens und folgt damit zugleich dem Verlauf des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses. I. Behörden, betreute Hilfebedürftige und Eingliederungserfolg Der erste Themenkomplex des Fragebogens beleuchtete insbesondere die Hintergründe zu den weiteren Antworten um so deren Einordnung zu erleichtern. Dabei zeigte sich, daß die Erhebung zu fast zwei Dritteln auf Auskünften von Ansprechpartnern beruhte, die lediglich Hilfebedürftige20 mit einem Alter21 von mehr als 25 Jahren betreuten. Von den übrigen Befragten hatte eine Hälfte nur mit jüngeren und die andere Hälfte mit Hilfebedürftigen aller Altersgruppen zu tun. Unabhängig davon gaben gut zwei Drittel der Ansprechpartner an, die von ihnen betreuten Hilfebedürftigen hätten eher keinen Bildungsabschluß22. Nur ein Viertel von ihnen war mit Hilfebedürftigen befaßt, die einen solchen Abschluß eher vorweisen konnten. Fast 90% betreuten Hilfebedürftige, die üblicherweise länger als ein Jahr arbeitslos23 waren. Bei dieser verheerenden Ausgangslage erstaunt ein relativ geringer Eingliederungserfolg24 kaum noch. So konnte der größte Teil der Ansprechpartner die von ihm betreuten Hilfebedürftigen nur selten in Arbeit oder Berufsausbildung vermitteln. Immerhin knapp 15% hatten aber doch häufig Erfolg, knapp 8% allerdings fast nie. Maßgebenden Einfluß25 auf ihre Bemühungen schrieben die Befragten insbesondere folgenden Faktoren zu: – den Arbeitsmarktbedingungen (66,7%), – der Gruppe der betreuten Hilfebedürftigen (60,2%), – dem Betreuungsverhältnis (55,2%), – der Zusammenarbeit mit den Hilfebedürftigen (53,7%), und – den (oft zu geringen)26 zeitlichen Ressourcen (51,8%). Weitere Belange sahen sie nicht als wichtig an.

20 21 22 23 24 25 26

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. u. Anlage III, Frage 2. S. u. Anlage III, Frage 3. S. u. Anlage III, Frage 4. S. u. Anlage III, Frage 5. S. u. Anlage III, Frage 6. S. u. B.III.4.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

II. Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung Der zweite Themenkomplex verschaffte dann mit seinen Grundfragen einen ersten Eindruck von Einsatz und Verständnis der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis. 1. Betreuungsverhältnis Dabei zeigte sich, daß das vom Gesetzgeber mit gutem Grund anvisierte Betreuungsverhältnis von einem persönlichen Ansprechpartner für durchschnittlich 75 Hilfebedürftige27 in der Praxis bestenfalls ansatzweise erreicht wird.28 Weniger als 8% der Befragten gaben an, bei ihnen bestehe ein entsprechendes Verhältnis.29 Reichlich 40% hatten dagegen mehr als 250 Hilfebedürftige zu betreuen. Das sind mehr als das dreifache der gesetzgeberischen Idealvorstellung. Die übrigen Ansprechpartner bewegten sich in dem dazwischen liegenden Bereich, dort aber tendenziell auch eher bei hohen Fallzahlen. 2. Abschlußzahlen Die durchschnittlichen Zahlen wöchentlich abgeschlossener Eingliederungsvereinbarungen wiesen eine erhebliche Bandbreite auf.30 Auf der einen Seite des Feldes schlossen etwa 17% der Befragten eine bis fünf Vereinbarungen pro Woche ab, also bestenfalls eine pro Tag. Auf der anderen Seite standen ihnen gut 8% gegenüber, die in derselben Zeit mehr als 20 Abschlüsse erzielten, also mindestens vier pro Tag. Das scheint aber ganz klar im oberen Bereich des Möglichen zu liegen. Zwar besiegelten gut 15% immer noch 16 bis 20 Vereinbarungen pro Woche. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten bewegte sich aber im moderaten Bereich von wöchentlich sechs bis fünfzehn Eingliederungsvereinbarungen, wobei die 27 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. Zu dem vom Gesetzgeber anvisierten Betreuungsschlüssel s. BT-Drs. 15/1516, S. 2. 28 S. u. Anlage III, Frage 7. 29 Ein klares Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle war dabei nicht erkennbar, obgleich die Zahl günstiger Betreuungsquoten etwa im Freistaat Bayern weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. So gaben 18,7% der dort Befragten an, mit einem Betreuungsverhältnis von 1:75 zu arbeiten. Dieser Anteil entsprach zwar exakt dem Anteil der in Bayern Befragten, die Hilfebedürftige bis zum vollendeten 25. Lebensjahr zu betreuen hatten, was auf dieselbe Personengruppe schließen läßt. Überdurchschnittlich oft wurden solche Ansprechpartner in Bayern aber nicht befragt, so daß dadurch keine Verzerrung der Ergebnisse entstehen konnte. 30 S. u. Anlage III, Frage 8.

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wahrscheinlichste Häufigkeit bei zehn Abschlüssen pro Woche oder zweien pro Tag lag. 3. Nützlichkeit der Eingliederungsvereinbarung Die Nützlichkeit der Eingliederungsvereinbarung beurteilten die Befragten überwiegend positiv.31 Mehr als die Hälfte der Ansprechpartner bezeichneten die Vereinbarung als eher oder sehr hilfreich. Lediglich 38% hielten sie für eher nicht und nur 8% für überhaupt nicht hilfreich.32 4. Akzeptanz durch die Hilfebedürftigen Auch bei den Hilfebedürftigen33 überwiegt entgegen mancher kritischer Einschätzung in der Literatur eine positive Haltung gegenüber der Eingliederungsvereinbarung.34 Knapp 19% der befragten persönlichen Ansprechpartner beurteilten die Haltung der Hilfebedürftigen gegenüber der Eingliederungsvereinbarung als eher oder sogar sehr aufgeschlossen. Reichlichen 61% vermittelten die Hilfebedürftigen zwar einen eher gleichgültigen Eindruck, doch darf dann zumindest noch Akzeptanz unterstellt werden. Das weist auf große Potentiale für eine einvernehmlich bestimmte Eingliederung hin.35 Nur etwa 16% der Ansprechpartner waren der Auffassung, die Hilfebedürftigen begegneten der Vereinbarung eher mißtrauisch, und lediglich 0,8% meinten, die Bürger stünden ihr sehr mißtrauisch gegenüber. 5. Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung Bei der – vereinfacht formulierten36 – Frage nach der Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis,37 für deren Beantwortung selbst31

S. u. Anlage III, Frage 9. Dabei zeigten sich deutliche Zusammenhänge mit der von den Befragten vorgenommenen praktischen Einordnung der Eingliederungsvereinbarung; s. dazu unten § 7 B.I. 33 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 34 S. u. Anlage III, Frage 10. 35 S. dazu auch die auffälligen Zusammenhänge zwischen dem praktischen Bild der befragten persönlichen Ansprechpartner von der Eingliederungsvereinbarung und der wahrgenommenen Akzeptanz bei den Hilfebedürftigen unter § 7 B.II. 36 Eine direkte Frage nach der Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis kam mit Rücksicht auf den vor allem mit Blick auf die juristische Vorbildung sehr heterogenen Kreis der Befragten nicht in Betracht. 37 S. u. Anlage III, Frage 11. 32

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

verständlich nur eine Parallelwertung in der Laiensphäre erforderlich war, zeigten sich erhebliche Diskrepanzen zum rechtlich gebotenen Einsatz der Vereinbarung als (sorgfältig) auszuhandelnden Vertrag38. So charakterisierten etwas mehr als zwei Drittel der befragten persönlichen Ansprechpartner die Vereinbarung in der Praxis als behördliche Vorgabe, was einer rechtlichen Einordnung als Verwaltungsakt entspricht. Nur ein reichliches Viertel vermochte in der praktischen Erscheinung der Eingliederungsvereinbarung einen Vertrag zu erkennen.39 Dieser verheerende Befund relativierte sich zwar dadurch etwas, daß knapp 45% der Befragten angaben, die Vereinbarung sei – ganz gleich ob Vertrag oder Vorgabe – zumindest ausgehandelt. Doch wiesen fast ebenso viele Ansprechpartner darauf hin, die Eingliederungsvereinbarung sei einseitig erarbeitet. Nur etwas mehr als 10% (!) sprachen letztlich von einem ausgehandelten Vertrag. Dieser Befund ist nicht nur aus rechtlicher Sicht fragwürdig. Er offenbart auch ein beachtliches Eingliederungshindernis. Die praktische Einordnung der Vereinbarung durch die Beteiligten hat nämlich gravierenden Einfluß auf die Reibungslosigkeit und den Erfolg des weiteren Eingliederungsverlaufs. Alle Befragten die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, hatten gegenüber ihren Kollegen signifikante Vorteile, insbesondere einen deutlich größeren Eingliederungserfolg aufzuweisen!40 6. Vorrang der Eingliederungsvereinbarung Obwohl die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis offenbar oft nicht den Charakter annimmt, den ihr das Recht eigentlich zuweist, begrüßte eine überwältigende Mehrheit von fast zwei Dritteln der befragten persönlichen Ansprechpartner den gesetzlich bestimmten Vorrang der Vereinbarung vor dem Verwaltungsakt.41 Nur ein Viertel war der Meinung, die Verwaltung sollte frei zwischen Eingliederungsvereinbarung und Verwaltungsakt wählen können und lediglich vier Prozent hielten den Vorrang des Verwaltungsaktes für vorzugswürdig.42 Damit zeigt sich mehr als eindrucksvoll, daß die Ein38 Zur rechtlichen Einordnung der Eingliederungsvereinbarung s. u. § 8 C.V.1. Zum Erfordernis eines Aushandelns der Vereinbarung s. u. § 9 C.II.1.d). 39 An dieser Stelle ist noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Befragten sich dazu äußern sollten, welchen Charakter die Eingliederungsvereinbarung nach ihrer Beobachtung in der Praxis überwiegend annimmt. Es war nicht nach der rechtlich zutreffenden Einordnung gefragt, die den Ansprechpartnern bereits aus der Handlungsempfehlung zur Eingliederungsvereinbarung gem. § 15 SGB II vom März 2006, Az. S21-II-1202, II-4113, II-4221, S. 5 eigentlich bekannt sein mußte. 40 S. dazu unten § 7 A. 41 S. u. Anlage III, Frage 12. 42 Das waren vor allem die Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis keinen ausgehandelten Vertrag erkannten.

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gliederungsvereinbarung und mit ihr der Vertrag in der Rechtspraxis nicht nur Anwendung finden, sondern sogar auf deutlich mehr Akzeptanz stoßen als der einseitig befehlende Verwaltungsakt. 7. Einbindung Dritter in die Erarbeitung Die Aushandlung einer Eingliederungsvereinbarung erfolgt nicht immer allein zwischen dem Hilfebedürftigen43 und dem persönlichen Ansprechpartner.44 Es kann vorkommen, daß noch Dritte in die Erarbeitung der Vereinbarung eingebunden sind, auch wenn das tendenziell eher selten der Fall ist. Immerhin berichteten die befragten persönlichen Ansprechpartner über die bereits erfolgte Einbindung von – Personen aus dem Umfeld der Hilfebedürftigen wie Eltern, Betreuer oder Rechtsanwälte (76,3%)45, – Mitgliedern aus der Bedarfsgemeinschaft des Hilfebedürftigen (69,6%)46, – Eingliederungs-Dienstleistern wie Schuldner- und Suchtberatung, nicht aber Vertreter der freien Wohlfahrtspflege (63,8%)47, – Vertretern der freien Wohlfahrtspflege wie Caritas und Diakonie (52,7%)48, – sonstigen Dritten wie etwa die Ausländerbehörde (38,4%)49, und – Vertretern der kommunalen Trägers nach § 15 SGB II (22,0%)50. Die Einbindung dieser Personen in den Verhandlungsprozeß deutet auf umsichtiges und wohlüberlegtes Vorgehen der Beteiligten hin. Etwas irritierend ist die Angabe von immerhin noch gut 9% der Befragten, schon einmal Hilfebedürftige aus anderen Bedarfsgemeinschaften in die Verhandlungen einbezogen zu haben.51 Das dürfte nur in seltenen Ausnahmefällen mit 43

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. u. Anlage III, Frage 13. 45 13,0% häufig bis immer, 63,3% selten. 46 16,4% häufig bis immer, 53,2% selten. 47 21,1% häufig bis immer, 42,7% selten. 48 10,8% häufig bis immer, 41,9% selten. 49 3,8% häufig, 34,6% selten. 50 6,0% häufig bis immer, 16,0% selten; diese Antwortmöglichkeit bestand nicht für Befragte bei Optionskommunen. 51 Über ähnliche Erscheinungen berichtete ebenfalls der Deutsche Gewerkschaftsbund Hamburg, Noch mehr Arges bei der ARGE: Nicht nur Eingliederungsvereinbarungen im Bündel, nun auch noch per Post!, 20. November 2006, Abs. 3 und 6, www.dgb-hamburg.de/index.php?theme=item-anzeige&artikel=1203&item=news; s. auch oben § 1 A.III. 44

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

dem Erfordernis einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung und dem gebotenen Datenschutz vereinbar sein. 8. Übliche Gegenstände der Eingliederungsvereinbarung Die üblichen Gegenstände der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis52 sind weit gestreut, was auf die vielfältigen Ansatzpunkte bei der Bekämpfung von Hilfebedürftigkeit hinweist. Am häufigsten sind Regelungen zur schnellen Rückkehr des Hilfebedürftigen53 in Arbeit oder Ausbildung. So geht es in fast neun von zehn Fällen um Zahl, Inhalt und Nachweis konkreter Bewerbungen und die Übernahme dabei anfallender Kosten, dicht gefolgt von justierenden Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen. Mit einigem Abstand, aber doch noch in etwa zwei Dritteln der Regelungen befassen sich die Parteien mit Maßnahmen gegen Eingliederungshindernisse in der Person des Hilfebedürftigen, wie etwa die Inanspruchnahme von psychologischen Diensten, Sucht- oder Schuldnerberatungen. Ähnlich häufig ist nur noch die Vereinbarung zur Unterbreitung konkreter Vermittlungsangebote. Dem schließen sich erneut mit deutlichem Abstand und abnehmender Tendenz Regelungen zur Bekanntmachung von Stellengesuchen, der Aufnahme einer konkreten Beschäftigung und der Inanspruchnahme einer Betreuung von Kindern oder anderen Angehörigen an. III. Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung Ein wesentliches Interesse der Erhebung lag im Bereich der Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung. In dieser Phase werden weit über den bloßen Vertragsschluß hinaus Weichen für das künftige Miteinander und den Verlauf der Eingliederung gestellt. Die große Bedeutung dieser Phase der Eingliederung erfordert notwendigerweise auch hinreichendes Wissen um ihre praktische Gestalt. 1. Gestaltung der Verhandlungen Nicht zuletzt mit Blick auf die beiderseitige Verhandlungspflicht54 war es zunächst von Interesse, wer in den Verhandlungen zur Eingliederungsvereinbarung die Gesprächsführung übernimmt.55 Dazu gaben etwa 90% der 52 53 54 55

S. u. Anlage III, Frage 14. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. dazu unten § 9 C.II.1.d). S. u. Anlage III, Frage 15.

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

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befragten persönlichen Ansprechpartner an, die Gestaltung liege eher bei ihnen. Das schließt eine Mitgestaltung durch den Hilfebedürftigen56 in diesen Fällen zwar noch nicht aus, zeigt aber, wer in der Praxis wohl die Hauptverantwortung für einen ordnungsgemäßen Verhandlungsverlauf und damit dessen Hauptlast trägt. Weniger als 10% meinten, die Vertragspartner gestalteten die Verhandlungen gleichermaßen. Nur ein einziger hatte die Erfahrung gemacht, daß eher die Hilfebedürftigen die Verhandlungen gestalteten. Der Befund insgesamt ist in Anbetracht der hohen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verhandeln für eine paßgenaue und effiziente Eingliederungsvereinbarung nicht besonders erstaunlich. Von den wenigsten Hilfebedürftigen dürften eingehendere Fähigkeiten und Fertigkeiten im Verhandeln zu erwarten sein.57 Dann liegt es natürlich bei den persönlichen Ansprechpartnern, die Hilfebedürftigen geschickt in die Verhandlungen einzuführen, so daß sie deren Sinn und Zweck im Interesse ihrer schnellen Eingliederung verstehen und sich entsprechend einbringen. 2. Verhandlungsanteil der Hilfebedürftigen Der Verhandlungsanteil der Hilfebedürftigen58 in der Praxis59 zeigt, daß diese Einbindung noch immer zu wenig gelingt. Fast drei Viertel der Befragten gaben an, daß die Hilfebedürftigen nur selten eigene Vorstellungen und Wünsche in die Verhandlungen einbringen. Gut zehn Prozent konnten davon überhaupt nicht berichten. Das ist vor dem Hintergrund, daß eine paßgenaue und effiziente Eingliederung nur gemeinsam und unter aktiver Mitwirkung des Hilfebedürftigen gelingen kann,60 mehr als prekär. Positive Tendenzen sind freilich nicht zu leugnen, wenn 14% der Befragten angeben, die Hilfebedürftigen brächten sich häufig oder sogar immer in die Verhandlungen ein. 3. Zweckmäßigkeit der Verhandlungspflicht Die Zweckmäßigkeit einer Verhandlungspflicht für die Vereinbarung eines paßgenauen und effizienten Eingliederungsverlaufs ist der Praxis aber ganz überwiegend bewußt.61 So hielten knapp drei Viertel der befragten 56 57

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. Zur Charakterisierung des üblichen Klientels der Grundsicherungsträger s. o.

B.I. 58 59 60 61

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. u. Anlage III, Frage 16. S. u. § 9 C.II.1.d). S. u. Anlage III, Frage 17.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

persönlichen Ansprechpartner eine Pflicht zum Aushandeln der Vereinbarung für eher oder sogar sehr zweckmäßig. Ein noch immer Besorgnis erregend hoher Anteil von etwa 20% der Befragten hielt eine Verhandlungspflicht für eher unzweckmäßig, 5% meinten gar, eine solche Verpflichtung sei sehr unzweckmäßig. Auch wenn damit noch nicht gesagt ist, daß die ablehnend eingestellten Ansprechpartner die Aushandlung einer Eingliederungsvereinbarung an sich für unzweckmäßig halten.62 Diese Einstellung ist dem Tagesgeschäft jedenfalls nicht förderlich, in dem knapp die Hälfte der Befragten beobachtet, daß die Vereinbarung in der Praxis keinen ausgehandelten Charakter annimmt.63 4. Zeit zum Verhandeln Ein bedeutender Erfolgsfaktor für Verhandlungen sind hinreichende zeitliche Ressourcen.64 Daher stellte sich zunächst die Frage, wieviel Zeit den Parteien beim Abschluß einer neuen Eingliederungsvereinbarung durchschnittlich zur Verfügung steht.65 Dazu gaben auf der einen Seite 13% der Befragten an, sie hätten durchschnittlich nur bis zu 10 Minuten für den Abschluß einer neuen Eingliederungsvereinbarung zur Verfügung, während auf der anderen Seite knapp sieben Prozent mehr als 45 Minuten einsetzen konnten. Das Hauptfeld, also annähernd 80% der Befragten, bewegte sich in einem zeitlichen Korridor von 11 bis 45 Minuten. Dabei zeichnete sich ein Schwerpunkt im Bereich zwischen 21 und 30 Minuten ab. 5. Verhandlungsregeln Eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluß einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung sind strukturierte und rationale Verhandlungen nach entsprechenden Regeln66. Zu solchen Verhandlungen sind die Parteien grundsätzlich verpflichtet.67 Den damit verbundenen hohen Anforderungen genügten die Verhandlungen bei einem reichlichen Viertel der Befragten mit Sicherheit nicht, weil diese Befragten angaben, ohne be62 Gefragt war nur nach der Zweckmäßigkeit einer Pflicht zum Verhandeln; s. u. Anlage III, Frage 17. 63 S. o. B.II.5. 64 So sahen es auch die befragten Praktiker, s. o. B.I. 65 S. u. Anlage III, Frage 18. Zur Frage, wie die Befragten die vorhandenen Zeitkapazitäten beurteilen s. u. B.III.6. 66 Zum Einsatz von Verhandlungsregeln in der Verwaltungspraxis s. u. Anlage III, Frage 19. 67 S. dazu unten § 9 C.II.1.d)bb).

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

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stimmte Regeln zu „verhandeln“68. Fast drei Viertel der Ansprechpartner verhandelten nach bestimmten Regeln. Damit ist zwar noch keine Aussage darüber getroffen, ob diese Regeln auch auf strukturierte und rationale Verhandlungen ausgerichtet waren. Doch ist bei etwa der Hälfte der Befragten mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, weil dort nach Regeln aus Verwaltungsvorschriften und/oder Leitfäden verhandelt wird.69 Ungewiß ist das nur bei knapp einem Viertel der Umfrageteilnehmer, die angaben, nach „sonstigen Regeln“ zu verhandeln. Allein der Umstand, daß überhaupt nach Regeln verhandelt wird, weist jedoch auf Problembewußtsein hin. 6. Herausforderungen beim Verhandeln Für ein regelgerechtes Verhandeln müssen die Akteure oft zahlreiche Herausforderungen bewältigen,70 deren Kenntnis von besonderem dogmatischem Interesse ist. Die dazu befragten persönlichen Ansprechpartner sahen in der Rechtspraxis solche Herausforderungen vor allem in der fehlenden Motivation (97,6%)71 und den fehlenden Verhandlungsfertigkeiten (94,3%)72 der Hilfebedürftigen73. Der fehlenden Motivation von Hilfebedürftigen ist selbstverständlich in erster Linie mit den Mitteln der Verhandlungskunst zu begegnen. Gleichwohl zeigt der bestürzende Befund, daß die Möglichkeit einer Sanktionierung74 auch beim Aushandeln einer Eingliederungsvereinbarung als ultima ratio der Motivation unentbehrlich ist, weil jede Verhandlungskunst ihre Grenzen hat und bei manchem eben erst der „Galgen vor dem Hause“ zur Vernunft führt75.76 Die oft fehlenden Verhand68 Dabei handelte es sich vor allem um die Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis keinen ausgehandelten Vertrag erkannten; näher dazu s. u. § 7 B.III.1. 69 Genau 51,8% der Befragten gaben an, nach Regeln aus Verwaltungsvorschriften oder Leitfäden zu verhandeln. Weil die Frage Mehrfachantworten erlaubte, ergibt sich das nicht unmittelbar aus den Angaben in Anlage III, Frage 19. Erst eine Analyse der entsprechenden Untermengen erlaubte die Berechnung des o. g. Wertes. 70 S. u. Anlage III, Frage 20. S. dazu auch die freilich nicht repräsentative Untersuchung von Anne Ames, Arbeitssituation und Rollenverständnis der persönlichen Ansprechpartner/-innen nach § 14 SGB II, NDV 2008, S. 294 (294 ff.). 71 77,3% häufig bis immer, 20,3% selten. 72 66,6% häufig bis immer, 27,7% selten. 73 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 74 Zur Zeit der Rechtstatsachenforschung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis (2009) kam bei der Abschlußverweigerung durch den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine besondere Sanktionierung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. in Betracht. S. dazu auch die Anmerkung in § 5 Fn. 15. 75 Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Bd. 7, 1974, S. 140. 76 Die oft leidenschaftlichen und sozialromantisch anmutenden Plädoyers für eine (ersatzlose) Abschaffung des Sanktionensystems im Zusammenhang mit dem Ab-

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

lungsfertigkeiten der Hilfebedürftigen muß der persönliche Ansprechpartner dann aber doch allein durch geschickte Verhandlungsführung ausgleichen, was gewiß eine anspruchsvolle Aufgabe ist. Weitere Herausforderungen sahen die Befragten in Störungen etwa durch Telefonanrufe oder Kollegen (91,4%)77, und in bestehender Zeitknappheit (90,2%)78. Bemerkenswert ist schließlich noch, daß rund 87% der persönlichen Ansprechpartner in unklaren Rechten und Pflichten eine Herausforderung ausmachten.79 Sonstige Herausforderungen spielen offenbar keine wesentliche Rolle.80 7. Besondere Verhandlungsmaßnahmen und deren Akzeptanz Scheitern die Verhandlungen zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung, haben sich in der Praxis drei verschiedene Wege etabliert, auf denen die persönlichen Ansprechpartner den Verhandlungsprozeß wieder in Schwung bringen können.81 Das sind der Versuch neuer Verhandlungen, die Absenkung des Arbeitslosengeldes II und die Zuziehung eines Konfliktmittlers. Fast die Hälfte aller Befragten gab an, häufig bis immer neue Verhandlungen zu versuchen, etwas mehr als ein Drittel wenigstens gelegentlich. Immerhin reichliche 10% der Ansprechpartner gingen diesen Weg niemals. Letztgenannte Verfahrensweise ist nicht nur aus rechtlicher Sicht fragwürdig, bestehen die Pflichten zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung doch auch nach dem Scheitern von Verhandlungen fort.82 Sie vergibt auch vorschnell die offenbar nicht geringe Chance, doch noch zu einer baldigen Einigung zu gelangen. Bei den Hilfebedürftigen83 stößt der Versuch neuer Verhandlungen nämlich üblicherweise auf hohe Akzeptanz.84 Nur ein geringer Teil85 lehnt jeden weiteren Verhandlungsversuch ab. schluß der Eingliederungsvereinbarung gehen vor dem geschilderten Hintergrund jedenfalls an jeder Realität vorbei. 77 46,2% häufig bis immer, 45,2% selten. 78 48,4% häufig bis immer, 41,8% selten. 79 28,9% häufig bis immer, 58,4% selten. 80 Nur 13,4% der Befragten gingen darauf ein. Sie erwähnten etwa Sprachbarrieren bei den Hilfebedürftigen oder zu umfangreiche oder unverständliche Formulierungen/Rechtsbehelfsbelehrungen in der Eingliederungsvereinbarung. 81 S. u. Anlage III, Fragen 21 und 22. 82 S. u. § 9 C.I.1.a)aa) und cc) sowie § 9 C.I.2.a)bb). 83 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 84 72,6% der befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, daß die Hilfebedürftigen den Versuch erneuter Verhandlungen eher oder sogar voll akzeptierten. 13,3% hatten zwar die Erfahrung gemacht, daß erneute Verhandlungen eher nicht akzeptiert, aber eben auch nicht rundweg abgelehnt werden. 13,0% der Befragten

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

133

Fast 20% der Befragten erklärten, häufig bis immer eine Sanktion nach § 31 SGB II86 zu verhängen, etwas mehr als 40% nutzen diese Möglichkeit gelegentlich. Reichlich 30% griffen nie auf den Sanktionsmechanismus zurück. Anders als manche lärmende Kritik aus dem mit „normalem“ Praxiswissen eher dürftig ausgestatteten Literaturbetrieb vermuten läßt, stoßen die Sanktionen bei den Hilfebedürftigen auf Verständnis. Selbstverständlich lehnen wesentlich mehr Betroffene diese Verfahrensweise ab als den Versuch erneuter Verhandlungen. Das liegt in der Natur der Sache. Am Ende konnten aber doch nur 20% der Praktiker beobachten, daß eine verhängte Sanktion überhaupt nicht akzeptiert wurde. Dabei bleibt zudem im unklaren, ob die Ansprechpartner die Sanktion möglicherweise ungeschickt eingesetzt hatten und wie weit sie mit einem „harten Kern“ von Verweigerern zu tun hatten. Insgesamt steht es natürlich außer Frage, und auch das Gesetz fordert nichts anderes, als daß von der Möglichkeit einer Sanktionierung im Interesse einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung nur behutsam, dann aber konsequent Gebrauch gemacht werden sollte. Im Vordergrund müssen stets die kooperativen Verhandlungsmittel stehen. Zu diesen Verhandlungsmitteln gehört auch die Einschaltung eines Konfliktmittlers. Allerdings gaben nur etwas mehr als 4% der Befragten an, häufig bis immer darauf zurückzugreifen, reichliche 40% nutzten diese Möglichkeit immerhin noch gelegentlich, mehr als 45% jedoch überhaupt nicht. Damit vergibt ein erheblicher Teil von ihnen wieder die offenbar nicht geringe Chance, doch noch zu einer baldigen Einigung zu gelangen. Die Einschaltung eines Konfliktmittlers stößt nämlich wieder auf hohe Akzeptanz bei den Hilfebedürftigen.87 Nur knapp 3% der Befragten konnten eine völlige Ablehnung beobachten. Sonstige Reaktionsmöglichkeiten auf das Scheitern von Verhandlungen spielen offenbar keine größere Rolle.88 machten dazu keine Angaben, vor allem weil sie auf diese Option noch nicht zurückgegriffen hatten. 85 Lediglich 1,3% der befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, daß die Hilfebedürftigen den Versuch erneuter Verhandlungen ablehnten. 86 § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F.; s. dazu bereits oben die Anmerkung in § 5 Fn. 15. 87 46,4% der befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, daß die Hilfebedürftigen die Einschaltung eines Konfliktmittlers eher oder sogar voll akzeptierten. 10,5% hatten zwar die Erfahrung gemacht, daß der Konfliktmittler eher nicht akzeptiert, aber eben auch nicht rundweg abgelehnt wird. 43,2% der Befragten machten dazu keine Angaben, vor allem weil sie auf diese Option noch nicht zurückgegriffen hatten. 88 Nur etwa 20% der Befragten griffen auf andere Reaktionsmöglichkeiten zurück, und auch das eher selten.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

8. Eingliederungs-Verwaltungsakt und ersetzende formlose Eingliederungsabsprache Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, soll ein Eingliederungs-Verwaltungsakt erlassen werden. Ein solcher Schritt führt nicht nur weg vom zeitgemäßen kooperativen Umgang mit dem Bürger als einem gleichberechtigten und mündigen Partner, er gewährleistet auch viel weniger Paßgenauigkeit und Effizienz der weiteren Eingliederung als ein ausgehandelter Vertrag. Er kommt deshalb nur ganz ausnahmsweise in Betracht. So handhabt es auch die Rechtspraxis.89 Etwas mehr als ein Drittel der Befragten gab an, den Verwaltungsakt gar nicht zu gebrauchen. Fast zwei Drittel greifen nur selten auf ihn zurück. Lediglich 1,6% nutzen den Eingliederungs-Verwaltungsakt – wohl entgegen der rechtlichen Vorgaben – häufig oder fast immer als Eingliederungsinstrument. Etwas anders liegen die Dinge bei den ersetzenden formlosen Eingliederungsabsprachen.90 Zwar greift auch etwa ein Drittel der Befragten gar nicht auf solche Absprachen zurück, und fast 45% nutzen formlose Absprachen nur selten. Knapp 20% der Ansprechpartner ersetzen die Eingliederungsvereinbarung aber häufig, rund 2% fast immer durch eine entsprechende formlose Absprache. Bleiben die formlosen Absprachen im Ergebnis nur ein Teil des Verhandlungsprozesses, ist ihr Einsatz sinnvoll und begrüßenswert. Aus rechtlicher Sicht nicht mehr hinnehmbar ist es dagegen, wenn solche Absprachen die Eingliederungsvereinbarung als Ausweichmöglichkeit auf Dauer ersetzen sollen. Das verstößt nicht nur gegen die Pflicht der Parteien zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung, es besteht auch kein Bedarf für den dauerhaften Einsatz formloser Eingliederungsabsprachen. Die vielfältigen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung91 machen solche Absprachen weitestgehend entbehrlich. IV. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung Der Fragenkomplex zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung betraf zunächst deren formelle und inhaltliche Gestaltung. Darüber hinaus sollte er noch einmal mögliche Ausweichtendenzen in formlose Eingliederungsabsprachen erkunden.

89 90 91

S. u. Anlage III, Frage 23. S. u. Anlage III, Frage 24. S. dazu eingehend unten § 11 D.

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

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1. Zweckmäßige Form Die Frage nach der zweckmäßigen Form der Eingliederungsvereinbarung92 nahm Bezug auf ein Thema, das auch im Allgemeinen Verwaltungsrecht immer wieder zur Diskussion steht. Während die Zweckmäßigkeit der Schriftform nach § 56 SGB X im Allgemeinen Verwaltungsrecht nicht selten in Frage gestellt wird, kennt die Praxis der Eingliederungsvereinbarung solche Zweifel allerdings kaum. Eine überwältigende Mehrheit von reichlich 83% der Befragten hielt die schriftliche Fassung der Vereinbarung mit der Unterschrift beider Parteien (auch auf getrennten Ausdrucken) für zweckmäßig. Den Einsatz anderer Formen befürworteten dagegen nur ganz wenige; das gilt insbesondere für die Mündlichkeit93. Gleichwohl waren es auch unter den Befürwortern der Schriftform fast 10%, die einer freien Formenwahl ebenfalls das Wort redeten.94 Unabhängig davon dürfte die Praxistauglichkeit der Schriftform zumindest im Recht der Eingliederungsvereinbarung kaum zweifelhaft sein. 2. Vereinbarungsmuster Der massenhafte Einsatz von Eingliederungsvereinbarungen legte es nahe, daß die Verwaltung beim Abschluß der Vereinbarung auf Textbausteine und Vereinbarungsmuster zurückgreift,95 die allerdings regelmäßig an den Einzelfall anzupassen wären. Und tatsächlich verzichteten nur reichlich 6% der Befragten auf solche Hilfen. Etwa ein Viertel der persönlichen Ansprechpartner gab dagegen an, die Vereinbarungsmuster der Bundesagentur für Arbeit zu verwenden. Ein weiteres Viertel arbeitete mit selbst- oder von der jeweiligen Behörde entworfenen Mustern. Weitere fast 40% nutzten beide Möglichkeiten.96 Hinzu kam der Rückgriff auf andere Musterquellen. Das weist auf deutlichen Bedarf an rechtsgestalterischer Unterstützung97 hin. 92

S. u. Anlage III, Frage 25. Die mündliche Form stuften nur 4,1% der Befragten als zweckmäßig ein. 94 Das ergab eine entsprechende Untermengenanalyse. Insgesamt sprachen sich 20% aller Befragten für die Möglichkeit einer freien Formenwahl aus. 95 S. dazu unten Anlage III, Frage 26. 96 Das ergab eine entsprechende Untermengenanalyse. Die exakten Nutzungszahlen lagen bei 24,7% (Vereinbarungsmuster der Bundesagentur für Arbeit), 26,1% (Vereinbarungsmuster, die selbst oder von der jeweiligen Behörde entworfen waren) und 38,1% (Vereinbarungsmuster aus beiden Quellen). Insgesamt nutzten 64,5% der Befragten die Muster der Bundesagentur, und 65,9% die selbst- oder behördenentworfenen Muster. 97 S. dazu unten § 11 D. 93

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

3. Formulierungsbestimmtheit Bei der Formulierung der Pflichten in der Eingliederungsvereinbarung zeigten sich deutliche Unterschiede in den Bestimmtheitsgraden.98 So gaben fast 90% der Befragten an, die Pflichten des Hilfebedürftigen99 seien eher konkret formuliert, während das von den Pflichten des Grundsicherungsträgers nur knapp die Hälfte sagen konnte. Gut 46% hatten dort eine eher allgemeine Formulierung beobachtet. Damit ist zwar noch keine Aussage über das Ausmaß der Allgemeinheit getroffen, doch zeichnen sich gleichwohl bedenkliche Tendenzen ab. Keinesfalls genügt es jedenfalls, wenn sich der Vertragstext in der abstrakten Wiederholung gesetzlicher Formulierungen erschöpft. Eine möglichst konkrete Ausformulierung der Pflichten ist grundsätzlich empfehlenswert, und zwar auf beiden Seiten.100 4. Ergänzende formlose Eingliederungsabsprachen Neben der Eingliederungsvereinbarung kommt es in der Rechtspraxis noch vergleichsweise oft zu ergänzenden formlosen Eingliederungsabsprachen.101 Fast 45% der Befragten gaben an, mit den Hilfebedürftigen102 solche Absprachen häufig oder fast immer zu treffen.103 Weitere annähernd 45% trafen solche Absprachen immerhin noch gelegentlich. Nur gut 8% trafen sie bislang nie. Soweit diese Absprachen die Eingliederungsvereinbarung tatsächlich nur ergänzen, sind sie rechtlich grundsätzlich unproblematisch. Ihre offensichtlich weite Verbreitung deutet allerdings darauf hin, daß die Parteien sich der Flexibilitätspotentiale der Eingliederungsvereinbarung104 nicht recht bewußt sind oder diese zumindest nicht ausschöpfen. Vorzugswürdig und möglich ist eine Aufnahme der bislang formlosen Absprachen in die Eingliederungsvereinbarung allemal. Das gilt um so mehr, als die Absprachen nur dann eine eigenständige Bedeutung haben, wenn sich ihr Inhalt im Wege der Auslegung ohnehin aus der Vereinbarung ableiten ließe.105

98

S. u. Anlage III, Fragen 27 und 28. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 100 Eingehend dazu unten § 11 D.I.1.a) und § 11 D.II.1.c)cc). 101 S. u. Anlage III, Frage 29. 102 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 103 39,8% häufig, 4,8% fast immer. 104 Eingehend dazu s. u. § 11 D.II.2.b). 105 Näheres s. u. § 11 D.I.1.a). 99

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

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V. Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung Mit Blick auf die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung war es zunächst von Interesse, wie hoch die persönlichen Ansprechpartner die rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Vereinbarung einschätzten.106 Fast zwei Drittel (!) der Befragten machten sehr hohe Anforderungen aus, und etwas mehr als ein Viertel stufte die Anforderungen immer noch als eher hoch ein. Das deutet auf einen Bedarf an klaren rechtlichen Strukturen hin. Nur etwa 6% waren der Auffassung, die rechtlichen Anforderungen seien eher niedrig. Obwohl der ganz überwiegende Teil der befragten persönlichen Ansprechpartner das Recht der Eingliederungsvereinbarung einerseits als (sehr) anspruchsvoll einstufte, konnten andererseits nur knapp 8% davon berichten, daß sich die Hilfebedürftigen107 häufig auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung beriefen.108 Nicht ganz zwei Drittel waren aber doch gelegentlich mit entsprechenden Einwendungen konfrontiert, immerhin gut 27% überhaupt nicht. VI. Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung Mit den Fragen zur Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung sollte der Fragebogen die nunmehr vereinbarungsgeprägte Phase der Eingliederung näher beleuchten. Von besonderem dogmatischem Interesse waren zunächst wieder die praktischen Herausforderungen, denen sich die Parteien bei der Umsetzung zu stellen haben. 1. Herausforderungen bei der Umsetzung Wie schon in der vorvertraglichen Phase sahen die befragten persönlichen Ansprechpartner die Herausforderungen bei der Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung109 vor allem in der fehlenden Motivation (97,6%)110 der Hilfebedürftigen111. Dieser Befund kann seine Ursachen sicher auch darin haben, daß die abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarungen nicht immer ordnungsgemäß ausgehandelt, paßgenau und effizient sind. Doch dürfte dieser Faktor im Ergebnis das geringere Gewicht aufweisen. Die etwa gleich hohe Motivationslosigkeit wie vor Abschluß der Eingliederungsvereinba106 107 108 109 110 111

S. u. Anlage III, Frage 30. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. u. Anlage III, Frage 31. S. u. Anlage III, Frage 32. 79,4% häufig bis immer, 18,2% selten. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

rung112 läßt eher auf einen „Fortsetzungszusammenhang“ bei den Hilfebedürftigen schließen.113 Das aber ist ein ganz starkes Argument dafür, daß eine verbindliche Festlegung der Pflichten der Parteien eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Aktivierung der Parteien im allgemeinen und der Hilfebedürftigen im besonderen darstellt und daß die Sanktion nach § 31 SGB II auch bei der Durchführung einer Eingliederungsvereinbarung als ultima ratio der Motivation unentbehrlich bleibt. Weitere Herausforderungen sahen die Befragten in einzelfallbezogenen Unklarheiten bei den Rechten und Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung (87,1%)114 und in der Unklarheit über die Rechtmäßigkeit der Vereinbarung (74,0%)115, was durch eine geschickte Vertragsgestaltung116 vermeidbar wäre. Sonstige Herausforderungen spielen offenbar nur eine untergeordnete Rolle.117 2. Besondere Durchführungsmaßnahmen und deren Akzeptanz Setzt der Hilfebedürftige118 die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht in die Tat um, führt das in der Praxis vor allem zur Androhung von Sanktionen, zur Sanktionierung selbst oder zu Nachverhandlungen mit einer Anpassung der Eingliederungsvereinbarung, gelegentlich auch zur Forderung von Schadenersatz.119 Fast 85% aller Befragten drohten in der genannten Situation häufig bis immer Sanktionen an, etwas mehr als 10% griffen darauf wenigstens gelegentlich zurück. Nur knapp 2% nutzen diese Möglichkeit überhaupt nicht. Bei den Hilfebedürftigen stößt die Androhung von Sanktionen ganz überwiegend auf Akzeptanz,120 was den sicheren Schluß zuläßt, daß die Betroffenen sich 112

S. dazu oben B.III.6. Das praktische Bild der vorvertraglichen Phase hat gezeigt, daß auch bei den Grundsicherungsträgern Defizite bei der Aushandlung der Eingliederungsvereinbarung bestehen; s. o. B.III. Diese Defizite waren aber bei weitem nicht so groß, daß sie die nach Abschluß der Vereinbarung fortbestehende Motivationsherausforderung bei den Hilfebedürftigen erklären könnten. Die Ursachen liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem auf deren Seite. 114 21,9% häufig bis immer, 65,2% selten. 115 16,6% häufig bis immer, 57,4% selten. 116 S. u. § 11 D.II. 117 Nur 6,5% der Befragten gingen darauf ein und erwähnten beispielsweise wieder die bestehende Sprachbarriere oder eine Selbstüberschätzung der Hilfebedürftigen beim Aushandeln ihrer Pflichten. 118 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 119 S. u. Anlage III, Fragen 33 und 34. 120 66,6% der Befragten gaben an, daß die Hilfebedürftigen die Androhung von Sanktionen eher oder sogar voll akzeptierten. 24,8% hatten zwar die Erfahrung ge113

§ 6 Ergebnisse der rechtstatsächlichen Untersuchung

139

tatsächlich pflichtwidrig verhalten hatten und das auch einräumten. Nur ein geringer Teil121 wollte die Androhung überhaupt nicht hinnehmen. Immer noch fast zwei Drittel der Befragten verhängten eine Sanktion nach § 31 SGB II auch häufig bis immer. 30% nutzen diese Möglichkeit gelegentlich. Nur gut 2% hatten bislang nie auf den Sanktionsmechanismus zurückgegriffen. Damit kamen die Sanktionen in der Durchführungsphase der Eingliederungsvereinbarung deutlich häufiger zum Einsatz als vor Abschluß der Vereinbarung, was sich nicht zuletzt damit erklären läßt, daß sich in der vorvertraglichen Phase manche Fehlentwicklung durch Verhandlungsgeschick abfangen läßt. Mit Abschluß der Vereinbarung aber sind die Verhandlungen vorläufig beendet. Dann zählen nur noch die „harten Fakten“, ob das Vereinbarte befolgt wurde oder eben nicht. Selbstverständlich lehnen mehr Betroffene diese Verfahrensweise ab, als das bei der bloßen Androhung von Sanktionen der Fall ist. Am Ende konnten aber nur gut 14% der Befragten beobachten, daß eine verhängte Sanktion überhaupt nicht anerkannt wurde. Weit mehr als ein Drittel gab dagegen an, die betroffenen Hilfebedürftigen hätten die Sanktion eher oder sogar voll akzeptiert.122 Gut 45% hatten die Erfahrung gemacht, daß die Sanktion zwar eher nicht akzeptiert wurde, aber eben auch nicht auf völlige Ablehnung stieß. Auf die Möglichkeit einer Nachverhandlung und Vertragsanpassung griff etwa ein Viertel der befragten persönlichen Ansprechpartner häufig bis immer zurück.123 Etwas mehr als die Hälfte124 nutzte sie gelegentlich, und etwa 15% überhaupt nicht. Die Hilfebedürftigen indessen stehen dieser Vorgehensweise sehr aufgeschlossen gegenüber.125 Nur ganz wenige akzeptieren sie offenbar gar nicht.126 Damit scheint dieser Weg erhebliche Potentiale für einen einvernehmlichen weiteren Eingliederungsverlauf in sich zu bergen. Allerdings können Paßgenauigkeit und Effizienz der Eingliederung schnell ins Hintertreffen geraten, wenn die Parteien ihre Vereinbarung ohne macht, daß eine Sanktionsandrohung eher nicht akzeptiert wird, aber eben auch nicht rundweg auf Ablehnung stößt. Vollständige Ablehnung konnten nur reichlich 5% der Befragten beobachten. 121 Lediglich 5,5% der befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, daß die Hilfebedürftigen die Sanktionsandrohung rundweg zurückwiesen. 122 2,6% voll akzeptiert, 34,1% eher akzeptiert. 123 0,9% immer, 24,0% häufig. 124 Zur gelegentlichen Anwendung setzen 55,2% der Befragten an. 125 Volle Akzeptanz hatten beobachtet 20,6%, eher bestehende Akzeptanz 53,8%. 5% der Befragten hatten die Erfahrung gemacht, daß die Hilfebedürftigen die ihnen angebotene Nachverhandlung und Vertragsanpassung eher nicht akzeptierten, sie aber auch nicht rundweg ablehnten. 126 Nur 1,3% der Befragten hatten entsprechende Erfahrungen gemacht.

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

weiteres ändern, sobald der Hilfebedürftige ihr nicht mehr nachkommt. Die in der Verwaltung zu beobachtende Zurückhaltung ist daher angebracht und zu befürworten. Etwas weniger als 30% der befragten persönlichen Ansprechpartner hatten gelegentlich schon Schadenersatz gefordert, wenn ein Hilfebedürftiger die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht umgesetzt hatte. Knapp 2% nutzten diese Möglichkeit häufig bis immer.127 Die Akzeptanz dieser Maßnahme war verständlicherweise gering. Sonstige Reaktionsmöglichkeiten auf die ausbleibende Pflichterfüllung durch den Hilfebedürftigen spielen offenbar keine größere Rolle.128 Immerhin noch etwas mehr als 10% der Befragten hatten gelegentlich schon Klage erhoben und die Vollstreckung aus dem Urteil betrieben; naturgemäß mit wenig Verständnis bei den Hilfebedürftigen.129 Diese Verfahrensweise dürfte auch aus rechtlicher Sicht nur selten in Betracht kommen.130 3. Befristung und Anpassung Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden. Eine solche Befristung131 gewährleistet einerseits eine gewisse Stabilität und Sicherheit im Eingliederungsprozeß, weil das Vereinbarte für den festgelegten Zeitraum grundsätzlich Geltung beanspruchen kann. Andererseits zwingt die Befristung die Parteien nach spätestens sechs Monaten zu einer vollständigen Überprüfung und Aktualisierung des Vereinbarten, weil dann eine neue Vereinbarung abzuschließen ist. Fast ein Drittel der befragten persönlichen Ansprechpartner hielt die Regelbefristung dann auch für gerade richtig. Etwa 20% meinten allerdings, die Frist sei zu kurz und einigen wenigen war sie zu lang. Reichlich 40% plädierten für einen kompletten Wegfall der Regelbefristung.132 Das deutet auf einen entsprechenden Flexibilitätsbedarf hin, der sich noch deutlicher in der verbreiteten Praxis der Anpassung133 der Eingliederungsvereinbarung 127 28,2% aller Befragten gaben an, selten Schadenersatz einzufordern, 1% häufig, und 0,9% immer. 128 Nur etwa 3% der Befragten griffen auf andere Reaktionsmöglichkeiten außerhalb des noch in Betracht kommenden Klage- und Vollstreckungsweges zurück, und auch das eher selten. 129 Mehr als die Hälfte der Betroffenen akzeptierte diese Vorgehensweise überhaupt nicht. 130 S. u. § 8 C.VII.2. 131 S. u. Anlage III, Frage 35. 132 Gegen die Regelbefristung sprachen sich vor allem die Befragten aus, die in der praktischen Eingliederungsvereinbarung keinen ausgehandelten Vertrag erkannten.

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 141

zeigt. Etwa 60% der Befragten gaben nämlich an, daß es wegen veränderter Umstände innerhalb der Regelfrist häufig oder fast immer zur Anpassung der Vereinbarung kommt.134 Etwas mehr als ein Drittel135 hatte diese Erfahrung zumindest gelegentlich gemacht. Kaum einer hatte innerhalb der Regelfrist noch nie eine Eingliederungsvereinbarung angepaßt.136 Das verweist auf deutliche Ansatzpunkte für rechtsgestalterische Flexibilisierungen, die den erstaunlich hohen Anpassungsbedarf und die Vorbehalte gegenüber der gesetzlich bestimmten Regelbefristung sicher abmildern können.137 4. Zweckmäßige Betreuungsdauer Die letzte Frage sollte erkunden, wie lange ein Hilfebedürftiger138 nach Auffassung der persönlichen Ansprechpartner mit einer Eingliederungsvereinbarung betreut werden sollte.139 Reichlich 40% sprachen sich für eine Betreuung bis zum Ende der Hilfebedürftigkeit aus. Annähernd ebenso viele plädierten für die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als den maßgeblichen Zeitpunkt, was zwar oft keinen Unterschied zu der vorangegangenen Auffassung machen dürfte, aber zu kurz greift, wenn die Hilfebedürftigkeit mit Aufnahme der Beschäftigung noch nicht beendet ist. Nur wenige Befragte waren für eine Betreuung bis zum Ablauf der Probezeit des Hilfebedürftigen bei dem neuen Arbeitgeber, obwohl die Eingliederung oft erst dann einigermaßen gesichert sein dürfte. Kaum einer hielt eine Betreuung bis zu einem späteren Zeitpunkt für richtig.140

§ 7 Zur empirischen Beziehung zwischen Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Die bisherige Präsentation der empirischen Untersuchungsergebnisse erfolgte durch Darstellung der Häufigkeit, in der die einzelnen Antworten zu 133

S. u. Anlage III, Frage 36. 4,6% fast immer, 56,1% häufig. 135 Der genaue Wert lautet auf 36,7%. 136 Nur 0,4% aller Befragten übten eine solche Praxis. 137 S. dazu unten § 11 D.II.2.b). 138 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 139 S. u. Anlage III, Frage 37. 140 5,6% für eine Betreuung bis zum Ablauf der Probezeit, 3,1% für einen noch späteren Zeitpunkt. 7,3% äußerten sich nicht zu der Frage. 134

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

einer Frage insgesamt aufgetreten sind.1 Das so gewonnene Bild läßt sich „vor allem durch die Erforschung von Zusammenhängen, das Herausarbeiten von Beziehungen“ zwischen den erhobenen Daten gewinnbringend ergänzen und vertiefen.2 Allerdings würde die vorbehaltlose Aufnahme der vielfältigen Ansatzpunkte, die das vorhandene Datenmaterial für entsprechende Betrachtungen bietet, den Rahmen dieser Arbeit um ein vielfaches sprengen. Die folgenden Analysen konzentrieren sich deshalb auf die Konsequenzen, die sich aus der Einordnung der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis als ausgehandelten Vertrag einerseits und als klassischen Verwaltungsakt3 andererseits ergeben. Ein Vergleich dieser beiden Gruppen soll in erster Linie aufklären, welche Interpretation des gesetzlichen Konzeptes der Eingliederungsvereinbarung sich in der Praxis besser bewährt hat. Deshalb wird es lediglich um die praktischen Konsequenzen für den Eingliederungserfolg4 sowie für ausgewählte erfolgsrelevante Faktoren5 gehen6.7 Die gewählten Vergleichsgruppen „ausgehandelter Vertrag“ und „klassischer Verwaltungsakt“ versprechen insoweit den deutlichsten Erkenntnisgewinn. Sie markieren unter den Einschätzungen der Befragten zur Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung8 die Endpunkte einer Skala, die vom modernen kooperativen zum klassischen hoheitlichen Handeln der Verwaltung verläuft, und weisen damit die größten wesensmäßigen Kontraste auf9. Aus rechtsdogmatischer Sicht sind die folgenden Analysen von besonderem Interesse, weil sie eine weitere grundsätzliche Orientierung geben,10 um der erfolgversprechendsten praktischen Ein1 S. o. § 6 B. Die empirische Sozialforschung spricht in solchen Fällen von Statistik in Form univariater Häufigkeitsauszählung; näher dazu § 6 B. und die dort in Fn. 18 genannten Nachweise. 2 Sog. multivariate oder Subgruppenanalyse; s. dazu Helmut Kromrey, Empirische Sozialforschung, 12. Aufl. 2009, S. 440; Rainer Schnell/Paul Bernhard Hill/ Elke Esser, Methoden der empirischen Sozialforschung, 8. Aufl. 2008, S. 443 ff. 3 Als klassischer Verwaltungsakt gilt in diesem Zusammenhange der Verwaltungsakt in Gestalt einer einseitig erarbeiteten behördlichen Vorgabe. 4 S. u. A. 5 S. u. B. 6 Die Darstellung der einzelnen Zusammenhänge erfolgt jeweils auf Grundlage einer bivariaten Häufigkeitsauszählung; dazu noch einmal Kromrey, Sozialforschung (Fn. 2), S. 440 ff., und Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 2), S. 443 ff. 7 Weitere rechtstatsächliche Auswertungen müssen einer eigenen Darstellung vorbehalten bleiben. 8 S. o. § 6 B.II.5; die Einschätzungen beruhen dort auf einer Parallelwertung in der Laiensphäre. 9 Näher zu den angesprochenen wesensmäßigen Unterschieden zwischen Vertrag und Verwaltungsakt Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 176 ff.; ferner Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrages, 1988, S. 155 und 202; Klaus Stern, Zur Grundlegung einer Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrag, VerwArch 49 (1958), S. 106 (145); vgl. auch Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 1.

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 143

ordnung der Eingliederungsvereinbarung den gebotenen Vorschub leisten zu können. Darüber hinaus erlauben sie es, den Verlauf der dogmatischen Untersuchungen noch präziser zu akzentuieren, beispielsweise mit Blick auf eine Verhandlungspflicht der Beteiligten, den Einsatz insbesondere des spezifischen Sanktionensystems nach §§ 31 ff. SGB II oder des EingliederungsVerwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II.

A. Eingliederungserfolg Der empirische Zusammenhang zwischen den Einschätzungen der Befragten zur Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung und zu ihrem Eingliederungserfolg ist ein klares Plädoyer für die Vereinbarung als ausgehandelten Vertrag. Von den persönlichen Ansprechpartnern, die in der Vereinbarung einen solchen Vertrag sahen, konnten fast 18%11 häufig und weniger als 5%12 fast nie einen Eingliederungserfolg verzeichnen. Damit waren diese Ansprechpartner signifikant13 erfolgreicher als ihre Kollegen aus der Vergleichsgruppe, die in der Vereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt ausmachten. Unter denen hatten nur reichlich 9%14 häufig einen Eingliederungserfolg, annähernd 10%15 dagegen fast nie.16 Belegen diese Zahlen für sich genommen schon mehr als deutlich die Überlegenheit der Eingliederungsvereinbarung in der Gestalt eines ausgehandelten Vertrages, werden sie noch viel eindrucksvoller, wenn man einen weiteren Umstand bedenkt: Nur reichlich 10% aller Befragten stuften die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis als ausgehandelten Vertrag ein, während fast 35% – also mehr als dreimal so viele – einen klassischen Verwaltungsakt in ihr sahen.17 Dann zeigt sich erst recht, welche Potentiale die Eingliederungspraxis noch freisetzen könnte, wenn alle Beteiligten die Vereinbarung als ausgehandelten Vertrag handhabten. 10

S. u. C. Exakter Wert: 17,7%. 12 Exakter Wert: 4,6%. 13 In der empirischen Sozialforschung gelten Wertunterschiede von wenigstens 5% nicht mehr als zufällig, sondern als signifikant; Schnell/Hill/Esser, Methoden (Fn. 2), S. 450. 14 Exakter Wert: 9,5%. Dieser Wert ist nur etwa halb (!) so gut wie bei der Vergleichsgruppe. 15 Exakter Wert: 9,8%. Dieser Wert ist doppelt (!) so schlecht wie bei der Vergleichsgruppe. 16 Auch im übrigen war die Bilanz der persönlichen Ansprechpartner, die in der Eingliederungsvereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt erkannten, deutlich schlechter. 76% von Ihnen mußten angeben, nur selten einen Eingliederungserfolg zu haben. Das sind wesentlich mehr als bei der Vergleichsgruppe (dort nur 64,5%). 17 S. dazu schon oben § 6 B.II.5. 11

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2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

B. Erfolgsrelevante Faktoren Der bisherige empirische Beleg für den größeren Eingliederungserfolg von Praktikern, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, ist schon jetzt so deutlich ausgefallen, daß er nicht mehr als zufällig abgetan werden kann18. Ein Blick auf ausgewählte erfolgsrelevante Faktoren bestätigt und verstärkt diese Feststellung. I. Akzeptanz bei den persönlichen Ansprechpartnern Dafür liefert bereits die unterschiedlich hohe Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung bei den befragten Gruppen einen ausgesprochen kräftigen Hinweis. Diese Akzeptanz zeigt sich zunächst im Urteil über die Eignung der Vereinbarung bei der Eingliederung von Hilfebedürftigen19. So hatten stattliche 75% der Praktiker, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, die Vereinbarung als sehr oder eher hilfreich kennen gelernt.20 Aus der Vergleichsgruppe konnten das nur knapp 29% von sich behaupten21. Von ihnen sahen dafür fast 70% die Vereinbarung als eher oder überhaupt nicht hilfreich an.22 Unter den Befürwortern eines ausgehandelten Vertrages waren dagegen gerade einmal rund 18% dieser Auffassung.23 Dazu paßt auch die Einschätzung des gesetzlich bestimmten Vorrangs der Eingliederungsvereinbarung vor dem Eingliederungs-Verwaltungsakt.24 Reichlich 85%25 der Ansprechpartner, die in der Vereinbarung einen ausgehandelten Vertrag sahen, hielten die Vorrangregel für gerade richtig, nur 10% wünschten sich eine freie Wahlmöglichkeit. Deutlich anders war es bei den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung praktisch einen klassischen Verwaltungsakt sahen. Dort hielten zwar immer noch 56% die Vorrangregelung für richtig, doch sprachen sich auch gut 30%26 für eine freie Wahlmöglichkeit und reichlich 7%27 gar für den Vorrang des (förmlichen) Verwaltungsaktes aus. 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

S. dazu schon oben A. und Fn. 13. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 24,6% sehr hilfreich, 55,4% eher hilfreich. 2,3% sehr hilfreich, 26,5% eher hilfreich. 54,0% eher nicht hilfreich, 15,8% überhaupt nicht hilfreich. 16,9% eher nicht hilfreich, kaum beachtliche 1,5% überhaupt nicht hilfreich. S. dazu § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Exakter Wert: 85,4%. Exakter Wert: 32%. Exakter Wert: 7,2%.

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 145

II. Akzeptanz und Motivation bei den Hilfebedürftigen In engem Zusammenhang mit dem praktischen Gebrauch der Eingliederungsvereinbarung durch die persönlichen Ansprechpartner stehen auch Akzeptanz und Motivation der Hilfebedürftigen28. 1. Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung So hatten nur reichlich 8% der Befragten, denen sich die praktische Eingliederungsvereinbarung wie ein klassischer Verwaltungsakt darstellte, die Hilfebedürftigen als eher aufgeschlossen kennengelernt.29 Knapp 90% berichteten dagegen von einer eher gleichgültigen oder sogar mißtrauischen Einstellung.30 Ein ganz anderes Bild zeichneten die Ansprechpartner, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten. Unter ihnen waren es mehr als 40%, denen die Hilfebedürftigen eher oder sogar sehr aufgeschlossen erschienen.31 Vergleichsweise wenige, nämlich reichlich die Hälfte, wußten von einer eher gleichgültigen oder (selten) mißtrauischen Haltung zu berichten.32 2. Motivation der Hilfebedürftigen und Sanktionsbedarf Von den Befragten, die in der Vereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt sahen, stellten etwa 80% häufig eine fehlende Motivation bei den Hilfebedürftigen fest.33 Nur etwa 15% hatten selten mit solchen Herausforderungen zu tun.34 Deutlich günstiger war die Lage wieder bei den Ansprechpartnern, die in der Vereinbarung einen ausgehandelten Vertrag sahen. Gut 10% weniger als in der Vergleichgruppe machten bei den Hilfebedürftigen häufig Motivationsprobleme aus.35 Etwa 25% waren nur selten mit Motivationsproblemen konfrontiert36. Alle Befragten schätzten die Motivationslage bei den Hilfebedürftigen nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung aber etwas besser ein als zuvor.37 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. Exakter Wert: 8,5%. 69,5 eher gleichgültig, 19% eher mißtrauisch. 3,1% sehr aufgeschlossen, 37,7% eher aufgeschlossen. 43,1% eher gleichgültig, 13,8% eher mißtrauisch. Vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 81,8%, danach Vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 16,3%, danach Vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 73,8%, danach Vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 21,5%, danach S. dazu die Angaben in den Fn. 33 bis 36.

77,0%. 14,0%. 69,2%. 27,2%.

146

2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

Einen Bedarf an Sanktionsregeln, vor allem vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung, meldeten dagegen beide Vergleichgruppen (!) in nahezu gleichem Ausmaß an. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten dieser Gruppen hatte vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung schon Sanktionen nach § 31 SGB II38 eingesetzt,39 wesentlich mehr dürften sie angedroht haben40. Die daraus folgende breite Übereinstimmung im Lager der „echten“ Praktiker über die Notwendigkeit einer bereits vorvertraglichen Sanktionsregelung, weist einmal mehr überdeutlich darauf hin, daß alle Bestrebungen gegen diese Sanktionsregeln an den Bedürfnissen der Eingliederungspraxis weit vorbeigehen und den Eingliederungserfolg gefährden!41 III. Verhandlungsgeschehen So wie sich der praktische Gebrauch der Eingliederungsvereinbarung auf Akzeptanz und Motivation bei den Hilfebedürftigen42 auswirkt, so wirkt sie sich fast schon zwangsläufig auch auf das Verhandlungsgeschehen als einen weiteren erfolgsrelevanten Faktor aus. 1. Verhandlungsgestaltung Etwa 96% der persönlichen Ansprechpartner, die in der praktischen Vereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt sahen, gestalteten die Verhandlungen üblicherweise allein. Nur 3% erlebten die Verhandlungsgestaltung gewöhnlich in den Händen beider Parteien. Dann ist es freilich bedenklich, wenn fast 30%43 dieser Vergleichsgruppe ohne bestimmte Regeln verhandeln. Andererseits könnte das zumindest teilweise das etwas erstaunliche praktische Verständnis von der Eingliederungsvereinbarung erklären. 38

§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F.; s. dazu bereits oben die Anmerkung in § 5 Fn. 15. 39 Selten 41,7%, häufig 17,3%, immer 1,2% (Durchschnittswerte aus beiden Vergleichsgruppen zusammen). 40 Diese Vermutung legt ein Vergleich mit der Situation nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung nahe. Dort gaben fast 85% der Befragten an, häufig bis immer eine Sanktion nach § 31 SGB II anzudrohen, wenn der Hilfebedürftige seinen Pflichten aus der Vereinbarung nicht nachkommen will. Nur noch etwa zwei Drittel mußten dann auch tatsächlich eine Sanktion verhängen; s. o. § 6 B.VI.2. 41 Positiv zur eingliederungsfördernden Wirkung von drohenden oder sogar verhängten Sanktionen auch Sofia Davilla, Die Eigenverantwortung im SGB III und SGB II, 2011, S. 261 f. m.w.N. 42 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. 43 Exakter Wert: 29,8%.

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 147

Wesentlich freundlicher ist die Lage bei den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten. Dort waren es immerhin 20%, die von einer gemeinsamen Verhandlungsgestaltung berichten konnten. „Nur“ noch knapp 80%44 sahen die Gestaltung allein in ihren Händen liegen, und nur 12%45 verhandelten ohne bestimmte Regeln. 2. Verhandlungsanteile Spürbare Zusammenhänge zeigen sich auch bei den Verhandlungsanteilen der Parteien. Bei fast 20%46 der Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt sahen, brachten sich die Hilfebedürftigen gar nicht in die Verhandlungen ein, bei nur etwa 6%47 von ihnen häufig bis immer. Die übrigen konnten lediglich von seltener Mitarbeit berichten.48 Aus der Vergleichsgruppe hatten dagegen nur 3%49 (!) der Befragten die Erfahrung gemacht, daß die Hilfebedürftigen sich gar nicht einbrachten. Fast 30% (!) – ein fünffach höherer Prozentsatz – konnten dagegen berichten, daß die Hilfebedürftigen sich häufig bis immer an den Verhandlungen beteiligten.50 Von einer wenigstens seltenen Beteiligung sprachen etwa 65%51. Darin zeigen sich gewaltige Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen, die nicht unerheblichen Einfluß auf den weiteren Eingliederungserfolg haben dürften. Immerhin führt die fehlende Beteiligung des Hilfebedürftigen zum Ausfall wichtiger Problemlösungsressourcen, die nun einmal zuerst bei dem Hilfebedürftigen liegen. 3. Verhandlungspflicht Unabhängig von den vorangegangenen Befunden war den befragten persönlichen Ansprechpartnern die Notwendigkeit einer starken Einbindung der Hilfebedürftigen in das Verhandlungsgeschehen zu einem großen Teil bewußt. Das zeigt sich nicht zuletzt an der weitgreifenden Befürwortung einer Verhandlungspflicht. Dabei gab es aber wieder beachtliche Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen. Mehr als 90% der Befragten, die in der 44

Exakter Wert: 78,5%. Exakter Wert: 12,3%. 46 Exakter Wert: 19,0%. 47 Exakter Wert: 5,8%. 48 Eine seltene Beteiligung der Hilfebedürftigen beklagten 73,5% der Befragten aus dieser Vergleichsgruppe. 49 Exakter Wert: 3,1%. 50 Exakter Wert: 29,3%. 51 Exakter Wert: 65,4%. 45

148

2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, hielten eine Verhandlungspflicht für sehr oder eher zweckmäßig.52 Nur 6% hielten eine solche Pflicht für eher unzweckmäßig.53 Dieser Befund deutet übrigens einmal mehr auf den Bedarf und die Befürwortung eines zugehörigen vorvertraglichen Sanktionensystems hin, ohne das die Verhandlungspflicht wenig Bedeutung hätte. Spürbar anders stehen naturgemäß die Befragten zur Verhandlungspflicht, die in der praktischen Eingliederungsvereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt erkannten. Von ihnen hielt zwar immer noch mehr als die Hälfte eine Verhandlungspflicht für sehr zweckmäßig oder zumindest zweckmäßig.54 Aber gut 40% sahen eine solche Pflicht auch für eher oder sehr unzweckmäßig an.55 Das negative Votum erstaunt freilich wenig, ist das Mitverhandeln des Hilfebedürftigen bei klassischen Verwaltungsakten und der dahinterstehenden Verwaltungskultur doch eher hinderlich. 4. Einbindung Dritter Die praktische Einordnung der Eingliederungsvereinbarung durch die persönlichen Ansprechpartner hat auch Folgen für die Einbindung Dritter in die Vertragsverhandlungen. So zeigte sich, daß die Befragten, die in der Vereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, viel häufiger Dritte in die Verhandlungen einbezogen, als ihre Kollegen, die in der Vereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt sahen. Das galt sowohl für die Zuziehung eines Konfliktmittlers56 als auch für die Zuziehung von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft des Hilfebedürftigen57, Personen aus seinem Umfeld58 sowie Vertretern von Wohlfahrtsverbänden59 oder anderen Ein52

Sehr zweckmäßig 43,1%, eher zweckmäßig 49,2%. Genau 6,2% der Befragten aus dieser Gruppe hielten eine Verhandlungspflicht für eher unzweckmäßig. Nur kaum beachtliche 0,8% hielten die Pflicht sogar für sehr unzweckmäßig. 54 Sehr zweckmäßig 12,5%, eher zweckmäßig 44,0%. 55 Eher unzweckmäßig 31,3%, sehr unzweckmäßig 10,0%. 56 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag/klassischen Verwaltungsakt sahen, hatten bislang 47,7%/40,5% gelegentlich auf einen Konfliktmittler zurückgegriffen. 37,7%/50,0% hatten diese Möglichkeit noch nicht genutzt. 57 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag/klassischen Verwaltungsakt sahen, hatten bislang 72,4%/61,0% selten bis häufig ein Mitglied aus der Bedarfsgemeinschaft des Hilfebedürftigen in die Verhandlungen eingebunden. 20,8%/35,8% hatten diese Möglichkeit noch nicht genutzt. 58 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag/klassischen Verwaltungsakt sahen, hatten bislang 75,4%/69,5% selten 53

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 149

gliederungsdienstleistern60. Die Unterschiede sind um so bemerkenswerter, als etwa der Einsatz eines Konfliktmittlers auf große Akzeptanz bei den Hilfebedürftigen stößt61 und damit einen erheblichen Beitrag zur Konfliktlösung leisten kann. Die Zuziehung sonstiger Dritter wiederum kann Paßgenauigkeit und Effizienz der Eingliederungsvereinbarung erheblich steigern. Wer diese Möglichkeiten verstreichen läßt, gefährdet letztlich den Eingliederungserfolg. IV. Rechte und Pflichten Deutliche Zusammenhänge bestehen ferner zwischen dem praktischen Verständnis von der Eingliederungsvereinbarung und der Klarheit bei den Befragten über die Rechte und Pflichten rund um die Vereinbarung. Wer in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkennt, hat offenbar deutlich mehr Klarheit über die damit verbundenen Rechte und Pflichten als derjenige, der in ihr einen klassischen Verwaltungsakt sieht.62 Das reicht bis zur praktischen Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung. Fast 70%63 der Befragten, nach deren Auffassung die Vereinbarung einen ausgehandelten Vertrag darstellt, erklärten, in der Vereinbarung seien üblicherweise nicht nur die Pflichten des Hilfebedürftigen64, sondern auch die bis häufig eine Person aus dem Umfeld des Hilfebedürftigen in die Verhandlungen eingebunden. 19,2%/28,7% hatten diese Möglichkeit noch nicht genutzt. 59 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag/klassischen Verwaltungsakt sahen, hatten bislang 58,5%/48,5% selten bis häufig den Vertreter eines Wohlfahrtsverbandes in die Verhandlungen eingebunden. 39,2%/50,0% hatten diese Möglichkeit noch nicht genutzt. 60 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag/klassischen Verwaltungsakt sahen, hatten bislang 67,7%/57,5% selten bis häufig Vertreter anderer Eingliederungsdienstleister in die Verhandlungen eingebunden. 29,2%/40,5% hatten diese Möglichkeit noch nicht genutzt. 61 S. o. § 6 B.III.7. 62 Von den Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkannten, mußten vor/nach Vertragsschluß „nur“ 20,8%/10% häufig eine Unklarheit über die Rechte und Pflichten im Einzelfall feststellen. 15,4% war diese Herausforderung noch gar nicht begegnet. Dagegen waren es unter den Ansprechpartnern die in der Eingliederungsvereinbarung einen klassischen Verwaltungsakt sahen vor/nach Vertragsschluß schon 31,8%/28,0%, die häufig mit unklaren Rechten und Pflichten zu kämpfen hatten; nur 7,0%/7,2% von ihnen war diese Herausforderung noch nicht begegnet. Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei der Umstand, daß die Unklarheiten nach Vertragsschluß vor allem bei denen geringer wurden, die die Eingliederungsvereinbarung als ausgehandelten Vertrag verstanden. 63 Genauer Wert: 69,2%. 64 Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20.

150

2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

der Verwaltung eher konkret formuliert. Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, daß die Verwaltung es in einem echten Aushandlungsprozeß nur schwer rechtfertigen kann, wenn die Pflichten der Parteien eine unterschiedlich konkrete Ausformung finden. Nur gut 26%65 berichteten dann auch von einer eher allgemeinen Formulierung der Verwaltungspflichten. Fast umgekehrt sind die Verhältnisse dagegen bei den Ansprechpartnern der Vergleichsgruppe. Nur knapp 38%66 berichteten von einer konkreten, fast 60%67 dagegen von einer eher allgemeinen Formulierung der Verwaltungspflichten als Regelfall. V. Flucht in andere Steuerungsformen und Flexibilitätsbedarf Ein wichtiger erfolgsrelevanter Zusammenhang besteht schließlich noch zwischen der praktischen Einordnung der Eingliederungsvereinbarung und der Tendenz der Beteiligten, andere Steuerungsformen zu nutzen. Dabei zeigten sich zum Teil Gemeinsamkeiten, zum Teil aber auch deutliche Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen, die auf einen entsprechenden Flexibilitätsbedarf bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung hindeuten. 1. Eingliederungs-Verwaltungsakt Weitgehende Übereinstimmung zwischen den Vergleichsgruppen bestand darin, daß der Eingliederungs-Verwaltungsakt keine praktische Alternative zur Eingliederungsvereinbarung bildet. Etwa 36% der Befragten aus beiden Gruppen griffen überhaupt nicht auf diese Handlungsform zurück.68 Etwa 60% nutzten den Eingliederungs-Verwaltungsakt allenfalls selten,69 und nur etwa 1% häufig bis fast immer70. Eine klare Aussage über die geringe praktische Relevanz dieser Handlungsform.

65

Genauer Wert: 26,2%. Genauer Wert: 37,8%. 67 Genauer Wert: 59,5%. 68 36,2% der Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag sahen, und 36,0% der Befragten, die in der Vereinbarung eine einseitige behördliche Vorgabe erkannten. 69 60,0% der Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag sahen, und 60,5% der Befragten, die in der Vereinbarung eine einseitige behördliche Vorgabe erkannten. 70 0,8% der Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag sahen, und 1,8% der Befragten, die in der Vereinbarung eine einseitige behördliche Vorgabe erkannten. 66

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 151

2. Formlose Absprachen Deutlich anders lagen die Dinge dann aber bei den vereinbarungsersetzenden oder ergänzenden formlosen Absprachen. Befragte, welche die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis als klassischen Verwaltungsakt ansahen, gaben auffällig oft an, solche Absprachen zu nutzen. So griffen fast 30% von ihnen häufig bis fast immer auf ersetzende Absprachen (!) zurück, etwa 40% nutzten sie selten und nur knapp 30% überhaupt nicht.71 Vereinbarungsergänzende Absprachen erfreuten sich noch größerer Beliebtheit. Dazu gab gut die Hälfte der Befragten dieser Vergleichsgruppe an, häufig bis fast immer ergänzende Absprachen zu treffen. Etwa 40% nutzten diese Möglichkeit wieder selten, aber nur 7,2% gar nicht.72 Wesentlich weniger Bedarf an formlosen Absprachen zeigten die Befragten, die in der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis einen ausgehandelten Vertrag erkannten. Nur reichliche 9% von ihnen – also weniger als ein Drittel des Prozentsatzes der Vergleichsgruppe – griffen häufig oder fast immer auf ersetzende Eingliederungsabsprachen zurück, etwa 43% nutzten sie dagegen nur selten und weitere 43% überhaupt nicht.73 Größerer Beliebtheit erfreuten sich allerdings auch in dieser Vergleichsgruppe die vereinbarungsergänzenden Absprachen. Gleichwohl traf nur ein Drittel von Ihnen solche Absprachen häufig bis immer, etwa die Hälfte nur selten und etwas mehr als 10% gar nicht.74 Die Unterschiede im Rückgriff auf formlose Absprachen sind ein weiterer deutlicher Hinweis dafür, daß die praktische Nutzung der Eingliederungsvereinbarung als ausgehandelter Vertrag deutliche Vorteile für den weiteren Eingliederungsprozeß bietet. Wenn die Befragten, nach denen die Vereinbarung in der Praxis die Gestalt eines klassischen Verwaltungsaktes annimmt, vergleichsweise häufig auf formlose Absprachen und nicht auf förmliche Eingliederungs-Verwaltungsakte zurückgreifen, ist das ein Zeichen für mehr Aushandlungs- und Flexibilitätsbedarf. Solche Vorzüge aber bietet ein ausgehandelter Vertrag ohne weiteres an. Zwar scheint sich diese Erkenntnis auch bei denen, die in der Eingliederungsvereinbarung einen solchen Vertrag erkennen, noch stärker durchsetzen zu müssen. Doch sind die Ausweichtendenzen dort schon jetzt spürbar geringer als in der Vergleichsgruppe.

71 72 73 74

Fast Fast Fast Fast

immer immer immer immer

2,0%, 6,3%, 2,0%, 3,1%,

häufig häufig häufig häufig

26,5%, 44,8%, 26,5%, 31,5%,

selten selten selten selten

39,8%, 39,5%, 39,8%, 51,5%,

gar gar gar gar

nicht nicht nicht nicht

29,3%. 7,2%. 29,3%. 13,1%.

152

2. Teil: Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis

C. Impulse für eine Dogmatik zur Eingliederungsvereinbarung Die vorgestellten Zusammenhänge beweisen eindrucksvoll die allseits klare Überlegenheit der Eingliederungsvereinbarung im Verständnis eines ausgehandelten Vertrages. Angesprochen ist damit die Überlegenheit gegenüber ihrem Gebrauch als klassischen Verwaltungsakt und damit auch gegenüber dem Eingliederungs-Verwaltungsakt. Diese Überlegenheit zeigt sich nicht nur und nicht erst im deutlich größeren Eingliederungserfolg der Praktiker, bei denen die Vereinbarung als ausgehandelter Vertrag zum Einsatz kommt.75 Sie zeigt, erklärt und bestätigt sich bereits in zahlreichen erfolgsrelevanten Faktoren. Am Anfang steht die höhere Akzeptanz des ausgehandelten Vertrages gegenüber dem klassischen Verwaltungsakt, und zwar sowohl bei den persönlichen Ansprechpartnern als auch bei den Hilfebedürftigen76.77 Dieser höheren Akzeptanz folgen deutlich mehr Motivation bei den Hilfebedürftigen78 und ein Verhandlungsgeschehen, das wegen der wesentlich stärkeren Einbindung des Hilfebedürftigen und anderer Problemlösungsträger79 erheblich mehr Paßgenauigkeit und Effizienz im weiteren Eingliederungsverlauf verspricht. Bemerkenswerte Vorteile der Eingliederungsvereinbarung in der Form eines ausgehandelten Vertrages sind schließlich noch die offenbar wesentlich höhere Gestaltungsgenauigkeit in der Vereinbarung selbst80 und die deutlich geringere Flucht in formlose Absprachen81. Das gilt um so mehr, als es sich dabei um Komponenten handelt, die Rechtssicherheit und Verläßlichkeit im Eingliederungsprozeß fördern. Eine praxisorientierte Dogmatik über die Eingliederungsvereinbarung muß diese Zusammenhänge zur Kenntnis nehmen und ihnen zu möglichst weitreichender Geltung verhelfen. Sie muß sich der klaren Absage der Rechtwirklichkeit an alle Befürworter einseitiger behördlicher Vorgaben, in welchem Gewand diese Vorgaben auch daherkommen mögen, bewußt sein. Das heißt auch, daß der Einsatz eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes im Eingliederungsprozeß nur die ultima ratio des Verwaltungshandelns darstellen kann.82 Jede andere Sichtweise mag sich ohne weiteres selbst genügen und gefallen, ihr wird immer der Geruch des „grünen Tisches“ anhaften 75 76 77 78 79 80 81 82

S. o. A. Zur Terminologie s. die Anmerkung in § 5 Fn. 20. S. o. B.I. und II.1. S. o. B.II.2. S. o. B.III.1., 2. und 4. S. o. B.IV. S. o. B.V.2. S. auch oben B.V.1.

§ 7 Rechtsnatur und Erfolg der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis 153

und die Bedürfnisse einer wirkungsvollen Eingliederungspraxis klar verfehlen. Diese Einschätzung gilt im übrigen auch für alle Tendenzen, die das gesetzlich vorgesehene Sanktionensystem in Frage stellen, insbesondere soweit dieses System zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung drängt. Nicht genug, daß ähnliche Sanktionssysteme auch im Ausland gang und gäbe sind,83 die Praxis bedarf ihrer ganz offensichtlich auch im deutschen Eingliederungsrecht.84

83 84

S. o. § 2 A.I. und II., § 4 D.IV. und § 4 E.IV. S. o. B.II.2. und B.III.3.

3. Teil

Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente § 8 Handlungsformen und Rechtsverhältnisse A. Handlungsformen im Vordergrund Verwaltung und Bürger bedienen sich bei ihren Interaktionen verschiedenster Formen, die – soweit sie auch ein Handeln der Verwaltung beinhalten – kurz als „Handlungsformen der Verwaltung“1 bezeichnet werden. In der hergebrachten Verwaltungsrechtswissenschaft stehen diese Handlungsformen im Vordergrund der Betrachtungen. Ihre dogmatische Erfassung gilt traditionell als ein Kernstück verwaltungsrechtlicher Systembildung und die dazu entwickelte Handlungsformenlehre als ein zentraler Bereich des Allgemeinen Verwaltungsrechts.2 Vor diesem Hintergrund hat man die Handlungsformen im Laufe der Zeit systematisiert und mit einer zum Teil sehr ausdifferenzierten und ausgefeilten Dogmatik ausgestattet.3 Im Kern geht es um die punktuelle dogmatische Entfaltung typischen Verwaltungshandelns 1 Zum Begriff der „Handlungsform der Verwaltung“ s. nur Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, vor § 9; Fritz Ossenbühl, Die Handlungsformen der Verwaltung, JuS 1979, S. 681 (681 f.); Walter Pauly, Grundlagen einer Handlungsformenlehre im Verwaltungsrecht, in: Kathrin Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, 1991, S. 25 (25 f., 31 ff.); Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 169 ff. 2 Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtslehre im Umbruch?, DV 25 (1992), S. 301 (306); Udo Di Fabio, System der Handlungsformen und Fehlerfolgenlehre, in: Kathrin Becker-Schwarze u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht, 1991, S. 47 (65); Wolfgang Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: ders./Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 33 Rn. 1; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 170; Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVBl. 1989, S. 533 (533), der die Handlungsformenlehre „dogmengeschichtlich zu den ältesten Teilen der verwaltungsrechtlichen Systembildung“ zählt; ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, Kap. 6 Rn. 34 und 81; Friedrich Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 199 (205).

§ 8 Handlungsformen und Rechtsverhältnisse

155

als Kristallisationspunkt mit spezifischen Voraussetzungen und Rechtsfolgen.4 Die Handlungsformen bilden demnach einen „Speicher“5, der für standardisierte Fälle Auskunft über die maßgeblichen Rechtsanwendungsfragen gibt und die Verwaltung ihre Aufgaben zum Vorteil der Allgemeinheit und des einzelnen Bürgers wirksamer, sachadäquater und gesetzesgerechter erfüllen läßt.6 Mit ihren Erkenntnissen leistet die Handlungsformenlehre in Wissenschaft und Praxis nach wie vor unentbehrliche Dienste.7 Die weitgehend 3 Das gilt insbes. mit Blick auf den Verwaltungsakt; s. nur Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 30 ff. Vor allem in der Lehrbuchliteratur nimmt der Verwaltungsakt noch immer eine beherrschende Stellung ein; beispielhaft Steffen Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2011, Rn. 420; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 14 Rn. 21; Matthias Ruffert, Verwaltungsakt, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.) Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 21 Rn. 1. Mit der Systematisierung ging freilich keine zahlenmäßige Beschränkung der Handlungsformen einher. Es steht außer Frage, daß die Rechtsordnung selbst das reale Verwaltungshandeln als rechtlich relevantes Verhalten konstituiert und daß „neu auftretende praktische Bedürfnisse zusammen mit Wandlungen im Staats- und Verwaltungsverständnis neue Handlungsformen hervorbringen“ können; Ossenbühl, Handlungsformen (Fn. 1), S. 682; s. auch Pauly, Grundlagen (Fn. 1), S. 27, und Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 2), Kap. 6 Rn. 33. 4 Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 533 f.; s. auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 1, mit dem Hinweis auf Otto Mayer, der bereits in seinem Deutschen Verwaltungsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1924, unveränderter Nachdruck 2004, S. 92 f. von „festen Punkten“ spricht. 5 Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 533; Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 310; Pauly, Grundlagen (Fn. 1), S. 35. 6 In dieser rationalisierenden und rechtsstaatlichen Komponente kommt der „Doppelauftrag“ der Handlungsformenlehre und des Verwaltungsrechts zum Ausdruck Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 310; Ossenbühl, Handlungsformen (Fn. 1), S. 681 f.; Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 3; Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 535. Zu dem weiteren, mittlerweile überholten Anliegen der Handlungsformenlehre, die Verwaltungsrechtswissenschaft durch „ein System von eigenthümlichen Rechtsinstituten der staatlichen Verwaltung“ überhaupt erst zu etablieren und zu emanzipieren, s. Otto Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage, AöR 3 (1888), S. 3 (3); Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. II, 1992, S. 381 ff., 394 ff. und insbes. 403 ff. und 407 ff.; ders., Entwicklungsstufen der Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2008, § 2 Rn. 60. Hinzuweisen ist ferner auf die bis 1960 zwingende Anknüpfung verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes an das Vorliegen bestimmter Handlungsformen der Verwaltung; s. dazu nur Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozeßrecht, 7. Aufl. 2008, S. 28; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 9 Rn. 38. Kritisch zur Rechtslage auch nach Einführung der VwGO im Jahre 1960 Joachim Martens, Die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 1985, § 1 Rn. 7. 7 S. dazu auch die Einschätzung bei Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 44.

156

3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

strikte Konzentration auf die Handlungsformen greift allerdings etwas kurz und führt mit Blick auf die rechtliche Realität zu vier bedeutenden Leistungsschwächen. Auf die erste Leistungsschwäche weist schon die verkürzende Redensart von den Handlungsformen „der Verwaltung“8 hin. Demnach findet der dogmatische Zugriff auf die Handlungsformen schon begrifflich nur über die Verwaltung statt. Für die rechtliche Existenz einer Handlungsform ist aber stets noch mindestens ein weiterer Akteur erforderlich;9 nicht selten stehen außer der Verwaltung sogar mehrere Beteiligte in unmittelbarer Verbindung mit der Handlungsform. Solche Akteure können nicht einfach im Vorbeigehen abgefertigt oder sogar ganz mißachtet werden. Sie bedürfen angemessener Einbindung.10 Die zweite Leistungsschwäche liegt in der Ergebnisbezogenheit der Handlungsformenlehre, die sich in den Wendungen von einer punktuellen dogmatischen Entfaltung, einem Kristallisationspunkt11 und einem maßgeblichen Augenblick12 widerspiegelt. Alles konzentriert sich auf die „Momentaufnahme“13 des Rechtsaktes, obwohl doch das Geschehen, die Rechte und Pflichten vor und nach diesem Moment, in einer untrennbaren Wechselwirkung mit dem Rechtsakt stehen und nicht von ihm gelöst werden können.14 Weil die Phasen vor und nach Erlaß des Rechtsaktes kaum Beach8

S. dazu die Nachweise in Fn. 1. Besonders deutlich zeigt sich das bei Abschluß eines Vertrages, der ohne wenigstens zwei sich entsprechende Willenserklärungen nicht zustande kommen kann. Bleibt es dort bei einer streng verwaltungsbezogenen Sichtweise, kann der Vertrag insgesamt nicht als Handlungsform der Verwaltung gelten, sondern nur die zugehörige behördliche Willenserklärung; so Peter Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 1974, S. 216 Fn. 4, und Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 32; kritisch Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 173 Fn. 20. Selbst wenn man nur einseitige Rechtsakte der Verwaltung als deren Handlungsformen begreifen wollte, wäre ein weiterer, zumindest potentiell davon betroffener Akteur unentbehrlich. Gäbe es ihn nicht, könnte der Akt nie rechtliche Wirkung entfalten, wäre also rechtlich nicht existent. 10 Deutlich Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 40, der u. a. deshalb für einen Ausbau der Formenlehre plädiert. 11 Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 533. 12 Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 8 Rn. 26. 13 Otto Bachof, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, VVDStRL 30 (1972), S. 193 (231) für den Verwaltungsakt. 14 Der Rechtsakt ist mit anderen Worten häufig nur Teil sich über einen längeren Zeitraum entwickelnder Beziehungen zwischen den Beteiligten; Bachof, Dogmatik (Fn. 13) S. 231; Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 314; Dirk Ehlers, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, DVBl. 1986, S. 912 (914 Fn. 39); Martin Schulte, Informales Verwaltungshandeln als Mittel staatlicher Umwelt- und Gesundheitspflege, DVBl. 1988, S. 512 (513). Das räumen auch die Verfechter der Hand9

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tung finden, der Fokus auf dem Rechtsakt selbst liegt, standen zudem lange Zeit die Grenzen der Handlungsform im Vordergrund.15 Die Fragen nach Grenzen sind für die gestaltende Rechtspraxis mit Sicherheit wichtig. Nicht weniger bedeutsam ist aber das Wissen um bestehende Möglichkeiten.16 Mit dem vorangegangenen Defizit eng verbunden – aber doch von eigener Qualität – ist die dritte Leistungsschwäche der Handlungsformenlehre, die sich als Formenautismus äußert. Die punktuelle dogmatische Entfaltung einer Handlungsform als Kristallisationspunkt17 vernachlässigt nicht nur die einzelne Handlungsform im Laufe der Zeit, sondern auch die im Verwaltungsrecht regelmäßig anzutreffende zeitgleiche oder zeitlich versetzte Kombination mehrerer Handlungsformen miteinander.18 Dadurch können lungsformenlehre ein: Exemplarisch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 47 f.; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 8 Rn. 26; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 172, 411 ff. und 580 ff., der es zunächst bei der Erklärung beläßt, daß sich „im Vorfeld und nach Erlaß der Verwaltungsentscheidung rechtlich Bedeutsames abspielen kann“ (S. 172), um dann aber doch noch vertieft auf diese Phasen einzugehen (S. 411 ff. und 580 ff.). 15 Das zeigt sich in der vor allem für den Verwaltungsakt und den Verwaltungsvertrag hochentwickelten Fehler- und Fehlerfolgenlehre (zur Fehlerfolgenlehre im Verwaltungsvertragsrecht jüngst erst wieder Matthias Werner, Allgemeine Fehlerfolgenlehre für den Verwaltungsvertrag, 2008), der im Verwaltungsrecht keine annähernd gleichwertige Rechtsgestaltungslehre gegenüber steht. Maßgebliche Pionierarbeit hat in diesem Segment aber schon Hartmut Bauer geleistet; s. dazu etwa Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 (245 ff. und insbes. 275 ff.); ders., Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, 1996, S. 11 (21 ff.); ders., Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, S. 89 (91 ff.); ders., Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts, in: Gunnar Folke Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, 1999, S. 251 (262 ff.); s. auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 467 ff., insbes. 507 ff. 16 Das Bedürfnis der Rechtspraxis nach solchem Wissen zeigt sich in der zunehmenden Verbreitung umfangreicher außergesetzlicher Vertragsmuster, Leitfäden und Modelle; s. etwa Heinz Hillermeier/Oliver Bloeck (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht, Losebl., und Karl O. Bergmann/Hermann Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung, Bde. I–IV, 1998 ff.; vgl. auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 56 ff. Speziell für die Rechtspraxis zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II s. insbes. § 6 B.IV.2. sowie VI.1. und 3.; vgl. auch § 6 B.III.6. und 8. 17 Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 533. 18 Dazu Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 81 f.; Lothar Michael, Formen- und Instrumentenmix, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.),

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

sich erhebliche dogmatische Herausforderungen auftun, die sich der Verwaltungsrechtswissenschaft bislang kaum erschlossen haben.19 Ganz ähnlich gelagert ist schließlich die vierte Leistungsschwäche der Handlungsformenlehre. Sie betrifft die Kombination einer Handlungsform mit dem sie umgebenden Gesetzesrecht. Damit sind nicht Normen gemeint, die über Rechtmäßigkeit und Grenzen der Handlungsform bestimmen; solche Regeln greift auch die Handlungsformenlehre ohne weiteres auf. Vielmehr geht es um Bestimmungen, die formenunabhängig Rücksicht und Loyalität zwischen den Beteiligten einfordern, und um Bestimmungen, die ergänzend die Durchführung, Abänderung oder Rückabwicklung der festgelegten Leistungen betreffen.20 Derartige Regeln können die Beziehung zwischen den Beteiligten nachhaltig prägen und nicht weniger Beachtung fordern als die Handlungsform selbst. Nun erschöpft sich die hergebrachte Verwaltungsrechtswissenschaft zwar nicht in der Handlungsformenlehre. Hinzu treten weitere Lehren, etwa zu den Grundsätzen des Verwaltungsrechts und dem Verwaltungsverfahren, was die dogmatische Perspektive insgesamt erweitert. Diese Elemente haben im Vergleich aber eine nur untergeordnete Bedeutung und stehen immer noch als eigene Segmente im Raum.21 Sie führen die Dogmatik des Verwaltungsrechts nicht über den einseitigen verwaltungsbezogenen Zugriff hinaus und können auch die übrigen dogmatischen Schwächen der Handlungsformenlehre bestenfalls abmildern.

B. Zurücktreten der Handlungsformen Die vorgetragenen Schwächen der Handlungsformenlehre sind vor allem für die Verwaltungspraxis mißlich. Für einen orientierten und sicheren UmGrundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 41 Rn. 35 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 191 ff., 206 ff., 269 ff. Zudem Martin Gellermann/Andreas Middeke, Der Vertragsnaturschutz, NuR 1998, S. 457 ff.; Michael Rodi, Instrumentenvielfalt und Instrumentenverbund im Umweltrecht, ZG 15 (2000), S. 231 ff.; Willy Spannowsky, Städtebauliche Verträge als Instrumente zur Bewältigung komplexer städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedernutzung von Brachflächen?, UPR 1996, S. 201 (202). S. auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 42 f. 19 Deutlich Michael, Formen- und Instrumentenmix (Fn. 18), § 41 Rn. 1 m. w. N.; s. auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 67. 20 Beispielhaft für den Bereich des Verwaltungsvertrages Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997, S. 96 ff., und Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 414 ff., 580 ff.; vgl. auch Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 67. 21 So ausdrücklich für das Verfahrensrecht Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 19 Rn. 8; s. auch Hoffmann-Riem (Fn. 2), § 33 Rn. 1.

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gang mit dem Recht ist man dort nämlich auf eine zeitgemäße Dogmatik mit größtmöglicher Nähe zur Rechtswirklichkeit angewiesen.22 Man braucht eine Dogmatik, die ihren Blick nicht nur auf künstlich isolierte „Kristallisationspunkte“23 richtet und die Rechtswirklichkeit im übrigen ausblendet, sondern die komplexe Realität und Dynamik des rechtlich zusammengehörenden Gesamtgeschehens aufnimmt.24 In diesem Lichte wird sich die Bedeutung der Handlungsformen zwangsläufig relativieren. Sie treten zurück in eine Stellung, die ihrem praktischen Wert entspricht, ohne daß dadurch die Erkenntnisse der Handlungsformenlehre obsolet würden. Unter den verschiedenen Vorstößen für eine dogmatische Erneuerung25 kann die Rechtsverhältnislehre dem vorgetragenen Anliegen am ehesten genügen. Sie setzt in umfassender Betrachtungsweise bei den rechtlich gestalteten Beziehungen zwischen den Rechtssubjekten an, wobei sie die Beziehungen als Rechtsverhältnisse begreift.26 Die dem Rechtsverhältnis zugrundeliegenden Rechte und Pflichten betrachtet sie sodann in ihrem wechselseitigen Wirkungszusammenhang.27 Weil Rechte und Pflichten nicht ohne ihre Träger denkbar sind, kann sie alle beteiligten Rechtssubjekte ohne weiteres gleichberechtigt in die Betrachtungen einbinden, die Subjektstellung des Bürgers wirksam realisieren und auch mehrpolige Rechtsverhältnisse leicht darstellen. Außerdem betrachtet die Rechtsverhältnislehre die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten in ihrer Gesamtheit und nimmt dadurch auch 22

Allgemein zu den Aufgaben zeitgemäßer Dogmatik s. schon oben § 1 B. Schmidt-Aßmann, Lehre (Fn. 2), S. 533. 24 Zum Erfordernis einer dogmatischen Komplettierung frühzeitig Friedrich E. Schnapp, Sozialrecht und Verwaltungsrecht, SGb 1979, S. 200 (205 f.), und Ehlers, Rechtsverhältnisse (Fn. 14), S. 915. 25 Dazu Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 307 Fn. 48. Aus jüngster Zeit s. Hoffmann-Riem, Rechtsformen (Fn. 2), § 33 Rn. 46 ff., der einer Modernisierung der Handlungsformenlehre das Wort redet, dabei aber teilweise schon sehr nah an die Rechtsverhältnislehre heranrückt, freilich ohne das ausdrücklich einzuräumen. 26 Norbert Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, § 20 Rn. 14; Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 105; Rolf Gröschner, Vom Nutzen des Verwaltungsrechtsverhältnisses, DV 30 (1997), S. 301 (319 f.); Peter Häberle, Die Verfassung des Pluralismus, 1980, S. 251; Hermann Hill, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, NJW 1986, S. 2602 (2605); Jörn Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2011, § 3 Rn. 167, 169; Barbara Remmert, Verwaltungsrechtsverhältnis, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, § 17 Rn. 2; Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 14), S. 513 f.; vgl. auch Markus Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, 2009, S. 185 f.; alle m. w. N. 27 Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 319; Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 251; Hill, Rechtsverhältnisse (Fn. 26), S. 2605. 23

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

deren Entwicklung im Laufe der Zeit mühelos auf.28 Sie lenkt den Blick nicht nur auf die „Momentaufnahme“29 Handlungsform, sondern untersucht den gesamten Lebenszyklus des jeweiligen Rechtsverhältnisses.30 Sie erfaßt das Entstehen, die Gestaltung, die Veränderung und die Beendigung aller mit der Rechtsbeziehung zusammenhängenden Rechte und Pflichten und die Folgen ihrer Verletzung und gliedert den Prozeß in ordnende Kategorien31. Die Rechtsverhältnislehre nimmt die Handlungsformen aber nicht nur in der zeitlichen Entwicklung des Rechtsverhältnisses auf. Sie beachtet die Handlungsformen und deren Gesetzmäßigkeiten auch wegen und in ihrer Wechselwirkung zu den Rechten und Pflichten der beteiligten Rechtssubjekte.32 Weil diese Rechte und Pflichten ihrerseits in einem wechselseitigen Wirkungszusammenhang stehen, kann sie außerdem das gestalterische Zusammenspiel mehrerer in das Rechtsverhältnis eingebundener Handlungsformen (Formenmix) leicht verarbeiten und erklären33. Die Erkenntnisse der Handlungsformenlehre sind der Rechtsverhältnislehre also keineswegs unbeachtlich oder gegensätzlich,34 sie erhalten mit der Einbindung in eine (rechts-)natürliche Gesamtbetrachtung nur einen neuen Stellenwert.35 28

Gröschner, Nutzen (Fn. 26), S. 332 f.; Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 251, 262; Hill, Rechtsverhältnisse (Fn. 26), S. 2603; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 2), Kap. 6 Rn. 42. 29 Bachof, Dogmatik (Fn. 13), S. 231. 30 Mit Blick auf den Verwaltungsvertrag Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 105; vgl. auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 172. 31 Ehlers, Rechtsverhältnisse (Fn. 14), S. 914; für den Bereich des Verwaltungsvertragsrechts Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 105, und Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 411 ff., 439 ff., 580 ff. mit Hinweis auf das vor- und das nachvertragliche Rechtsverhältnis und das dazwischenstehende Rechtsverhältnis der Vertragsdurchführung. 32 Die Wendung, daß Rechtsverhältnisse und Handlungsformen „komplementär aufeinander bezogen“ seien [Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 320; ders., Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 103; Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 14), S. 513] läßt diesen Zusammenhang etwas verschwimmen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich nämlich, daß es die Rechte und Pflichten sind, die in einem Komplementärverhältnis zu den Handlungsformen stehen, und daß Rechte, Pflichten und Handlungsformen zusammen Elemente des Rechtsverhältnisses sind; so wohl auch Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 250, 264, zutreffend erläutert durch Gröschner, Nutzen (Fn. 26), S. 308 f. 33 Dadurch nimmt sich die Rechtsverhältnislehre erheblicher rechtlicher Herausforderungen an; exemplarisch mit Blick auf die Kombination von Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt Georg Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, 2001. Außerdem kommt so die Bewirkungsfunktion der Handlungsformen deutlicher zur Geltung als in der folgenzentrierten und auf Abgrenzung bedachten Handlungsformenlehre. 34 Bernhard Kempen, Die Formwahlfreiheit der Verwaltung, 1989, S. 98, 102 f.; Peter Michael Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1992, S. 19 f.; zu Recht kritisch

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So einfach sich auf diesem Wege die mit den Rechten und Pflichten in Wechselwirkung stehenden Handlungsformen erfassen lassen, so selbstverständlich gelingt das auch mit dem zugrundeliegenden Gesetzesrecht. Dabei ist es gleichgültig, ob das Gesetz die Beziehungen zwischen den Rechtssubjekten gerade mit Blick auf eine bestimmte Handlungsform oder rechtsformunabhängig ausgestaltet.36

C. Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis im Überblick I. Typisiertes Rechtsverhältnis Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis des SGB II ist – wie sich zeigen wird – ein gesetzlich wenigstens teilweise geregeltes typisiertes Rechtsverhältnis. Das heißt, es bildet einen bestimmten Typus konkreter Rechtsverhältnisse ab, indem es die üblicherweise kennzeichnenden Elemente dieses Typus in einem Gesamtbild erfaßt und mit bestimmten Rechtsfolgen verbindet.37 Typologischer Anknüpfungspunkt ist der Gegenstand dieser Rechtsverhältnisse, also die Eingliederung erwerbsfähiger Leistungsberechtigter mittels einer Eingliederungsvereinbarung. Damit steht das EingliederungsRechtsverhältnis als besonderer Typ zwischen dem Grundtypus des allgemeinen Rechtsverhältnisses38 und dem Rechtsverhältnis des konkreten Einzelfalls. Zugleich weist das Eingliederungs-Rechtsverhältnis Merkmale anderer, allgemeinerer Rechtsverhältnistypen39 auf. So handelt es sich insbesondere Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 306 f.; zurückhaltender äußert sich mittlerweile auch Huber, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1997, S. 21 f. 35 Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 103; Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 264; Ipsen, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 3 Rn. 174 ff. 36 Zu gesetzlich begründeten Rechten und Pflichten im Verwaltungsrechtsverhältnis Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 113 f., 120; ders., Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 321 ff.; Ipsen, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 3 Rn. 175; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 20), S. 51 ff., 130 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 411 ff., 605. Allgemein zum Verfahrensrechtsverhältnis Martens, Praxis (Fn. 6), §§ 4 ff. 37 Allgemein zu den Kennzeichen eines rechtlichen Typus Karl Larenz/Claus Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 41 ff., 290 ff. Für die Zuordnung eines konkreten Einzelfalls zu dem Typus kommt es dann nicht so sehr auf die Übereinstimmung in allen Einzelbezügen, sondern auf die Übereinstimmung des Gesamtbildes an. 38 S. dazu nur Achterberg, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 20 Rn. 14. 39 Ein Katalog möglicher Typisierungen aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts findet sich bei Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 131; s. auch Ipsen, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 3 Rn. 181 ff.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

um ein Schuld-Rechtsverhältnis (sozialrechtlicher Art)40, weil die auftretenden Rechte und Pflichten nur zwischen den Beteiligten und nicht absolut gegen jedermann wirken41. Ferner hat es grundsätzlich den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses42. So ist die Eingliederung – und damit auch das darauf bezogene Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Grundsicherungsträger – auf längere Zeit angelegt.43 Vor allem aber entstehen während dieser Zeit regelmäßig neue Pflichten,44 wie sich nicht nur an den wiederkehrenden gesetzlichen Pflichten zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung45 zeigt. Auch die ihrerseits befristeten Eingliederungsvereinbarungen können immer wieder neue Pflichten für die Beteiligten begründen. Dadurch wird der Gesamtumfang der geschuldeten Leistungen prinzipiell erst mit Beendigung des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses vollkommen klar.46 Unabhängig davon beendet im Normalfall der Fristablauf die Durchführungsphase der Vereinbarung, und nicht die Erfüllung der einzelnen Leistungspflichten.47 Schließlich deutet der Umstand, daß die Rückabwicklung der Leistungen der Parteien grundsätzlich nicht in Betracht kommt, auf ein Dauerschuldverhältnis hin.48 Gegen eine solche Rückabwicklung sprechen zwar nicht schon die damit möglicherweise verbundenen 40 Dazu Helmar Bley/Ralf Kreikebohm/Andreas Marschner, Sozialrecht, 9. Aufl. 2007, Rn. 58 ff., insbes. Rn. 60; Wolfgang Löwer, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, NVwZ 1986, S. 793 (797 f.); Raimund Waltermann, Sozialrecht, 9. Aufl. 2011, Rn. 22. 41 Im einzelnen s. unten § 9 C. und § 12 C. 42 Dazu Achterberg, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 20 Rn. 26; Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 264; Waltermann, Sozialrecht (Fn. 40), Rn. 22. 43 Zum unentbehrlichen zeitlichen Moment von Dauerschuldverhältnissen s. nur Josef Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht Bd. I Allgemeiner Teil, 8. Aufl. 1995, S. 256; Hartmut Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1994, S. 119. Die Anlage des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses auf längere Zeit zeigt sich nicht nur in den Erfahrungen der Verwaltungspraxis (s. o. § 6 B.I.). Auch das Gesetz geht davon aus, wenn es von vornherein den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II) und danach den Abschluß weiterer solcher Vereinbarungen (§ 15 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II) vorsieht. 44 Zu ständig neu entstehenden Pflichten als Typenmerkmal von Dauerschuldverhältnissen Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 314 Rn. 2; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 11. 45 S. u. § 9 C.I.1.a)aa) und § 9 C.I.2.a)bb). 46 Zur Feststellbarkeit des Gesamtumfangs der geschuldeten Leistungen erst am Ende des Rechtsverhältnisses als Typenmerkmal von Dauerschuldverhältnissen Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 256; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 11. 47 S. u. § 13 B.I. und dort insbes. 2. Zur Auflösung des Automatismus von Leistungserfolg und Vertragsbeendigung als Typenmerkmal von Dauerschuldverhältnissen Oetker, Dauerschuldverhältnis (Fn. 43), S. 119.

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Schwierigkeiten,49 weil Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung nicht von der Anwendung des Rechts entbinden.50 Eine Rückabwicklung der Eingliederungsleistungen widerspräche aber fundamental dem Wesen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses, in dem der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen51 und der Grundsicherungsträger ihn dabei mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit umfassend unterstützen soll52. Dem liefe es zuwider, daß durch die Rückabwicklung ein schon erreichter Eingliederungsfortschritt aufgehoben, gemindert oder auch nur gefährdet würde. Das gilt um so mehr, als die effiziente Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Arbeit ein überragend wichtiges Gut unserer Gemeinschaft darstellt53, dem eine Rückabwicklung von Eingliederungsleistungen geradezu entgegenwirkte. Die dem typischen Eingliederungs-Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Elemente zeigen sich im übrigen in den regelmäßig anzutreffenden Rechtssubjekten (II), den geltenden Handlungsgrundsätzen (III), den anzutreffenden Rechten und Pflichten (IV), der Eingliederungsvereinbarung und den flankierenden Handlungsformen (V), dem mehrphasigen Lebenszyklus (VI) und den einschlägigen Rechtsschutzmöglichkeiten (VII). Im einzelnen: II. Rechtssubjekte Rechtssubjekte sind Subjekte, die der Rechtsordnung als rechtsfähig gelten, also in wenigstens einem Rechtsverhältnis Träger eigener Rechte und Pflichten sein können.54 Soweit die Rechte und Pflichten in Zusammenhang mit 48 Zur grundsätzlich ausgeschlossenen Rückabwicklung als Typenmerkmal von Dauerschuldverhältnissen Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 256; vgl. auch Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 11, 610. 49 Soweit eine Rückgewähr der Eingliederungsleistungen in natura nicht möglich ist, weil die Leistungen in Diensten bestanden, müßte der Rückgewährschuldner ggf. Wertersatz leisten (§ 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 251 BGB). 50 Ebenso, allerdings mit Blick auf die Rückabwicklungsproblematik im Arbeitsrecht, BAG, AP Nr. 1 zu § 611 BGB, und Oetker, Dauerschuldverhältnis (Fn. 43), S. 443; anders BAG NJW 1962, S. 74 (74); NJW 1984, S. 446 (447); Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 119 Rn. 5. 51 § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 52 § 14 Satz 1 SGB II. 53 Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (898) m. w. N. 54 Achterberg, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 20 Rn. 17; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 2 ff.; Rolf Stober, Rechtssubjektivität, Rechtsstellung und Rechtsverhältnis, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 32 Rn. 6.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

der Eingliederung eines Arbeitsuchenden nach dem SGB II stehen, sind die Rechtssubjekte solche des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses.55 Dort läßt sich wiederum zwischen Haupt- und Nebenrechtssubjekten unterscheiden. 1. Hauptrechtssubjekte Als Hauptrechtssubjekte gelten im weiteren alle Rechtssubjekte, die für die Existenz einer Eingliederungsvereinbarung rechtlich unentbehrlich sind. Dabei handelt es sich einerseits um den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und andererseits im gesetzlichen Regelfall nach § 6 SGB II um die Bundesagentur für Arbeit, im Ausnahmefall des Optionsmodells nach §§ 6a ff. SGB II um den zugelassenen kommunalen Träger.56 a) Erwerbsfähiger Leistungsberechtigter Erwerbsfähiger Leistungsberechtigter kann jede Person sein, die das 15. Lebensjahr vollendet und die durch § 7a SGB II bestimmte Altergrenze noch nicht erreicht hat. Die Person muß zudem erwerbsfähig57 und hilfebedürftig58 sein und ihren gewöhnlichen Aufenthalt59 in der Bundesrepublik Deutschland haben.60 Neben deutschen Staatsbürgern können das mit Einschränkungen61 auch Ausländer sein. Als natürliche Person ist der Leistungsberechtigte von der Rechtsordnung grundsätzlich als rechtsfähig und damit als möglicher Träger von Rechten und Pflichten anerkannt,62 und für den Bereich der Grundsicherung von Arbeitsuchenden weist ihm das SGB II solche Rechte und Pflichten auch zu.63 Weil es ihn obendrein zur 55 Zur Relativität der Rechtssubjektivität s. nur Achterberg, Verwaltungsrecht (Fn. 26), § 20 Rn. 17. 56 Zu den Formen der Trägerschaft der Grundsicherung für Arbeitsuchende Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 (1021); ders., Hartz IV und die Kommunen, in: Christiane Büchner/Olaf Gründel (Hrsg.), Hartz IV und die Kommunen, 2005, S. 30 ff.; Frauke Brosius-Gersdorf, Hartz IV und die Grundsicherung für hilfebedürftige erwerbsfähige Arbeitsuchende, VSSR 2005, S. 335 (338 f. und 344 f.); Hans Lühmann, Verfassungswidrige Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im SGB II?, DÖV 2004, S. 677 (678 f.); Markus Mempel, Hartz IV-Organisation auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, 2007, S. 22 f. und 24 f. 57 S. dazu § 8 Abs. 1 SGB II. 58 S. dazu §§ 9 ff. SGB II. 59 S. dazu § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I. 60 § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 61 § 7 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB II. 62 Stober, Rechtssubjektivität (Fn. 54), § 32 Rn. 7 f. 63 S. insbes. §§ 2, 31 und 32 SGB II.

§ 8 Handlungsformen und Rechtsverhältnisse

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Partei der Eingliederungsvereinbarung bestimmt64, ist der Leistungsberechtigte ein Hauptrechtssubjekt. b) Bundesagentur für Arbeit Die Bundesagentur für Arbeit ist eine rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.65 Ihre Rechtsfähigkeit folgt unmittelbar aus § 367 Abs. 1 SGB III, wobei offen bleiben kann, ob es sich entsprechend des Kompetenzbereichs der Bundesagentur nur um eine Teilrechtsfähigkeit handelt66. Soweit das SGB II sie zum Träger der Leistungen nach diesem Buch macht,67 ist sie jedenfalls auch Rechtssubjekt des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses. Weniger eindeutig – im Ergebnis aber nicht von der Hand zu weisen – ist ihre Einordnung als Hauptrechtssubjekt. Zwar kann § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II an dieser Einordnung Zweifel wecken, wenn dort von der „Agentur für Arbeit“ die Rede ist, die mit jedem Leistungsberechtigten die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren soll. Mit der Bezeichnung Agentur für Arbeit könnte nämlich auch die jeweils zuständige Behörde der Bundesagentur und nicht die Bundesagentur selbst gemeint und zur Partei der Eingliederungsvereinbarung erhoben sein. Dem stünde nicht entgegen, daß die Agenturen für Arbeit als behördliche Untereinheiten der juristischen Person Bundesagentur68 grundsätzlich nicht rechtsfähig sind69. Dem Gesetzgeber ist es 64

§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II. § 367 Abs. 1 SGB III. Ob die Bundesagentur tatsächlich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ist nach wie vor ungeklärt. Nach überwiegender Auffassung soll es sich entgegen § 367 Abs. 1 SGB III um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handeln; so etwa Martin Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 8 Rn. 15; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 23 Rn. 48; Bernd Pfeifer, in: Bernd Mutschler/ Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 367 Rn. 5 ff. Eingehend Christoph Waibel, Neues zur Rechtsnatur der Bundesagentur für Arbeit?, ZfSSV 2004, S. 225 (225 f.), mit ausführlicher Darstellung des Meinungsspektrums u.w.N. 66 Zur Reichweite der Rechtsfähigkeit von Rechtssubjekten des Öffentlichen Rechts Otto Bachof, Teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts, AöR 83 (1958), S. 208 (263 ff.); Joachim Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 190 (220 ff.); Walter Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V – Rechtsquellen, Organisation, Finanzen, 3. Aufl. 2007, § 108 Rn. 40 f.; Friedrich E. Schnapp, Zu Dogmatik und Funktion des staatlichen Organisationsrechts, Rechtstheorie 9 (1978), S. 275 (283). 67 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 68 Zur Gliederung der Bundesagentur für Arbeit s. § 367 Abs. 2 SGB III. Näher Pfeifer, Sozialgesetzbuch III (Fn. 65), § 367 Rn. 11 ff. mit Hinweis auf die Behördeneigenschaft. 65

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

nämlich unbenommen, Organisationseinheiten zumindest für bestimmte Rechtsverhältnisse eine (Teil-)Rechtsfähigkeit zu verleihen.70 Und tatsächlich erläutert das SGB II mehrfach, wozu die Agenturen für Arbeit berechtigt und verpflichtet sind.71 Dieser Umstand verliert freilich dadurch an Gewicht, daß das Gesetz die Begriffe offenbar inkonsequent gebraucht, wenn es an einer Stelle ausdrücklich die Bundesagentur als Träger der Leistungen nach dem SGB II bestimmt72 und an anderer Stelle von der Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung spricht.73 Hinzu kommt, daß im Verwaltungsrecht auch anderweitig von Maßnahmen der Behörde die Rede ist, die eigentlich solche des jeweiligen Rechtsträgers sind.74 Schließlich ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, aus dem nicht die Bundesagentur, sondern die jeweilige Agentur für Arbeit Partei der Eingliederungsvereinbarung sein sollte. Im Gegenteil, die Zwischenschaltung der Agenturen als eigene Rechtssubjekte begründete nur zusätzliche rechtliche Herausforderungen. Demnach vereinbart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II die jeweilige Agentur für Arbeit mit dem Leistungsberechtigten zwar die Eingliederungsmaßnahmen. Das aber nur mit Wirkung für und gegen die Bundesagentur, die damit ein Hauptrechtssubjekt ist.

69 Zur grds. fehlenden Rechtsfähigkeit von Organen eines Rechtsträgers Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 19 ff., 42; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 4. Aufl. 2010, § 58 Rn. 2. 70 Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 4 ff.; Schnapp, Dogmatik (Fn. 66), S. 282 Fn. 49; Stober, Rechtssubjektivität (Fn. 54), § 32 Rn. 7 ff. 71 S. insbes. §§ 14 und 16 SGB II und im Umkehrschluß auch die §§ 31 ff. SGB II; vgl. ferner § 6b Abs. 1 Satz 2 SGB II. Dementsprechend ist in der Literatur – wenigstens ungenau – oft von Pflichten der Arbeitsagentur zu lesen; s. etwa UweDietmar Berlit, Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (43); ders., in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn. 15; Jürgen Kruse, in: ders./ Hans-Joachim Reinhard/Jürgen Winkler, SGB II, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 11; ähnlich wohl Tobias Rauch/Frank Zöllner, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II, 2008, S. 25, sowie Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 15 Rn. 74, und Edeltrud Zahn, in: Otto Mergler/Günter Zink (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, Losebl. Stand Juli 2005, § 15 Rn. 10; anders jedoch Martin Löns, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 15 Rn. 8, ungenau jetzt aber Ernst Huckenbeck, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 12; Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15 Rn. 22. 72 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 73 S. § 16 Abs. 4 Satz 1 SGB II; vgl. § 44c Abs. 1 Satz 2 SGB II. S. außerdem §§ 6a Abs. 1 Satz 1 und 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. 74 Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 3 und 43.

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c) Kommunale Träger Kommunale Träger nach dem SGB II sind grundsätzlich die kreisfreien Städte und Landkreise.75 Als juristische Personen des Öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaften) genießen sie mindestens im Rahmen ihrer Verbandskompetenz Rechtsfähigkeit.76 Soweit das SGB II sie zu Trägern der Leistungen nach diesem Buche erhebt77, können sie also auch dort Rechte und Pflichten innehaben. Weil das Gesetz bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung im Regelfall ihr Einvernehmen fordert78 und sie in Ausnahmefällen sogar zur alleinigen Partei der Vereinbarung auf Verwaltungsseite beruft79, sind auch die kommunalen Träger Hauptrechtssubjekte. 2. Nebenrechtssubjekte Als Nebenrechtssubjekte gelten im folgenden alle Rechtssubjekte, die zwar nicht Partei der Eingliederungsvereinbarung des Leistungsberechtigten werden80, bei Zustandekommen und Durchführung der Vereinbarung aber gleichwohl eine bedeutende Rolle spielen können. Dazu gehören insbesondere der als persönlicher Ansprechpartner benannte Amtswalter und die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft des Leistungsberechtigten, die Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II sowie externe Berater, Vertreter und Dienstleister oder dritte Leistungsberechtigte. a) Amtswalter des persönlichen Ansprechpartners Nach § 14 Satz 2 SGB II soll die Agentur für Arbeit für jeden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft Lebenden einen persönlichen Ansprechpartner benennen.81 Mit dem persönlichen Ansprechpartner kennzeichnet das Gesetz einen personenbezo75 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II; das Landesrecht kann abweichende kommunale Träger bestimmen. 76 Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 9, 4 ff.; Otfried Seewald, Kommunalrecht, in: Udo Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Abschn. I. Rn. 56, 376 f. 77 §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 6a ff. SGB II. 78 Gesetzlicher Regelfall nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II; s. auch Fn. 56. 79 Gesetzlicher Ausnahmefall (Optionsmodell) nach §§ 6a, 6b Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II; s. auch Fn. 56. 80 Näher dazu unten § 11 B.I. 81 S. dazu vorerst nur Timo Hebeler, Der persönliche Ansprechpartner nach dem SGB II – Organisatorische und personelle Anforderungen, DÖD 2005, S. 241 (243 ff.).

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genen Aufgabenbereich (Amt)82 innerhalb des betreffenden Trägers der Grundsicherung. Zwar ist ein Amt grundsätzlich nicht Träger von Rechten und Pflichten,83 und das Amt des persönlichen Ansprechpartners macht davon keine Ausnahme; die gegen eine Rechtsfähigkeit der Agenturen für Arbeit vorgetragenen Gründe84 gelten entsprechend. Allerdings handelt es sich bei dem dahinter stehenden Amtswalter um eine natürliche und damit prinzipiell rechtsfähige Person85. Er ist deshalb auch als Rechtssubjekt im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende denkbar. b) Angehörige der Bedarfsgemeinschaft des Leistungsberechtigten Wer zur Bedarfsgemeinschaft eines Leistungsberechtigten gehört, regelt § 7 Abs. 3 SGB II. Nur beispielhaft sei auf den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten hingewiesen und auf die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder des Leistungsberechtigten ohne hinreichendes Einkommen oder Vermögen, soweit die Kinder das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.86 Als natürliche Personen sind die Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft regelmäßig rechtsfähig. Sie sind Rechtssubjekte des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses, weil ihnen insbesondere das SGB II dafür Rechte und Pflichten zuweist. Kein Rechtssubjekt des EingliederungsRechtsverhältnisses ist die Bedarfsgemeinschaft an sich.87 Das SGB II gebraucht den Begriff88 allein als verkürzende Sammelbezeichnung für die Personen, die nach Maßgabe seines § 7 Abs. 3 in einer solchen Gemeinschaft leben, und weist nur ihnen Rechte und Pflichten zu.89 82

Dazu Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 37. Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 37, 42. 84 S. dazu oben II.1.b). 85 Zum Begriff des Amts- bzw. Organwalters und dessen Einordnung als natürliche Person s. Winfried Kluth, Funktionssubjekte der Verwaltungsorganisation, in: Rolf Stober/Winfried Kluth, Verwaltungsrecht II, 7. Aufl. 2010, § 82 Rn. 172, 178 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 37 f. und 42; Sodan/Ziekow, Grundkurs (Fn. 69), § 58 Rn. 2. 86 § 7 Abs. 3 Nr. 3. a) und 4. SGB II. Eingehend zu den Personen, die zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören können Karola Stephan, Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII, 2008, S. 71 ff. 87 Vgl. Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 7 Rn. 27; deutlicher ders., in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 7 Rn. 21; vgl. auch Stephan Thie/Dietrich Schoch, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 44. 88 Der Begriff der Bedarfsgemeinschaft ist eine Neuschöpfung des SGB II; dazu Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 7 Rn. 27 ff. 89 S. etwa §§ 2 Abs. 1 und 2, 14 Satz 2 und 20 Abs. 4 SGB II; bestätigend Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 7 Rn. 32, der von einer anspruchs- und pflichtenbegrün83

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c) Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II Die Träger der Grundsicherung bilden nach § 44b SGB II im Gebiet jedes kommunalen Trägers i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II eine Gemeinsame Einrichtung zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung.90 Die Gemeinsamen Einrichtungen nehmen dann kraft Gesetzes die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr.91 Auf diesem Wege entstehen gemeinsame Verwaltungsbehörden der Bundesagentur und des jeweiligen kommunalen Trägers zum Vollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende aus einer Hand.92 Diese Behörden erlangen dabei zwar eine eigene Aufgabenzuständigkeit, werden aber nicht Träger für die Leistungen der Grundsicherung93 und deshalb auch nicht Träger entsprechender Rechte und Pflichten im Eingliederungs-Rechtsverhältnis.94 Die Gemeinsame Einrichtung kann deshalb vor allem nicht anstelle der in § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB II gedenden Funktion als dem eigentlich Neuen der Bedarfsgemeinschaft spricht, a. a. O., § 7 Rn. 27; s. auch Stephan, Ansprüche (Fn. 86), S. 34 ff., 244 ff. 90 Zu den verfassungsrechtlichen Hintergründen der Regelung s. schon oben § 3 C.II.2. mit Fn. 91. Ein knapper Überblick zur Rechtsentwicklung findet sich bei Stephan Korte, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 44b Rn. 1 ff. 91 § 44b Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II. 92 Dazu und zur Einordnung der Gemeinsamen Einrichtung als Behörde Korte, Sozialgesetzbuch II (Fn. 90), § 44b Rn. 4 und 13; Ernst-Wilhelm Luthe, Die gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II, SGb 2011, S. 131 (134 f.); René Ruschmeier/Frank Oschmiansky, Die Würfel sind gefallen! Organisationsnovelle des SGB II – Die Neuregelungen im Überblick, ZfF 2010, S. 169 (171 f.). Zur entsprechenden Rechtslage bei den früheren Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. BVerfGE 119, 331 (368), zugleich mit Ausführungen zu der seinerzeit noch bestehenden Verfassungswidrigkeit dieser Konstruktion; Michael Quaas, Die Arbeitsgemeinschaft nach dem neuen SGB II: Ungelöste Rechtsfragen zur Rechtsnatur der Einrichtung, SGb 2004, S. 723 (728); Ralf Rothkegel, Sozialhilferecht im Umbruch, ZfSH/SGB 2004, S. 396 (400). 93 S. zunächst § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II; ferner BT-Drs. 17/1555, S. 23; Korte, Sozialgesetzbuch II (Fn. 90), § 44b Rn. 12; Johannes Münder, in: ders. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 6 Rn. 4; vgl. auch Luthe, Einrichtung (Fn. 92), S. 134. Deutlich zu der entsprechenden Rechtslage für die früheren Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. BVerfGE 119, 331 (368); s. dazu außerdem BSGE 97, 217 (223); Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 3. Aufl. 2009, § 44b Rn. 42 ff.; Hans-Günter Henneke, Aufgabenwahrnehmung und Finanzlastverteilung im SGB II als Verfassungsproblem, DÖV 2005, S. 177 (187); Mempel, Hartz IV-Organisation (Fn. 56), S. 41 ff. 94 Zu der trotz unglücklicher Formulierung in § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II a. F. entsprechenden Rechtslage für die früheren Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. s. nur noch Mempel, Hartz IV-Organisation (Fn. 56), S. 43 f., und Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 44b Rn. 19. Allgemein Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 3 und 43.

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nannten Träger der Grundsicherung Partei der Eingliederungsvereinbarung werden. Sie nimmt auch dort nur die Aufgabe der Agentur für Arbeit in dem in § 15 SGB II geregelten Grundfall wahr,95 so daß sie bei Abschluß der Vereinbarung zwar im eigenen Namen auftreten darf,96 aber doch allein für den Rechtsträger handelt. Das schließt es nicht aus, daß die Gemeinsame Einrichtung zumindest als Nebenrechtssubjekt des EingliederungsRechtsverhältnisses in Erscheinung tritt.97 Voraussetzung ist aber, daß sie im Einzelfall als grundsätzlich rechtsfähiges Subjekt überhaupt ausgestaltet wird.98 d) Sonstige Die vorangegangene Darstellung möglicher Nebenrechtssubjekte des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses ist nicht abschließend. Im Einzelfall können noch weitere (Neben-)Rechtssubjekte in Erscheinung treten. Dazu gehören insbesondere Bevollmächtigte oder Beistände99 des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder externe Dienstleister zur unterstützenden Aufgabenwahrnehmung100 auf Seiten der Träger der Grundsicherung. Im Einzelfall sind auch um Grundsicherungsleistungen konkurrierende andere Leistungsberechtigte als Nebenrechtssubjekte denkbar. 95

S. dazu schon oben II.1.b) und c). S. dazu allg. Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 21 Rn. 3 und 43. Vgl. auch BT-Drs. 17/1555, S. 24; Korte, Sozialgesetzbuch II (Fn. 90), § 44b Rn. 13; Luthe, Einrichtung (Fn. 92), S. 135; die dieser Frage allerdings nur mit Blick auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes nachgehen. Zu der entsprechenden Rechtslage für die früheren Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. vgl. Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 93), § 44b Rn. 44, und Mempel, Hartz IV-Organisation (Fn. 56), S. 44 f., dessen Schluß von der Möglichkeit eines Auftretens im eigenen Namen auf die Rechtsfähigkeit der Arbeitsgemeinschaft allerdings unzulässig ist; a. A. Rixen, SGB II (Fn. 94), § 44b Rn. 19. 97 S. dazu auch unten § 9 C.II.3. Zur (Teil-)Rechtsfähigkeit einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II a. F. im Rahmen eines Amtshaftungsprozesses s. nur BGH MDR 2010, S. 167 (167). 98 Zu den möglichen Organisationsformen einer Gemeinsamen Einrichtung vgl. die Überlegungen bei Korte, Sozialgesetzbuch II (Fn. 90), § 44b Rn. 9 ff.; Luthe, Einrichtung (Fn. 92), S. 132 ff.; s. auch Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2. Aufl. i. E., § 36 Rn. 54. Zur Rechtslage für die früheren Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II a. F. s. nur Quaas, Arbeitsgemeinschaft (Fn. 92), S. 723 ff., und Rixen, SGB II (Fn. 94), § 44b Rn. 8 ff. m. w. N. 99 Zu den Bevollmächtigten s. § 13 Abs. 1 bis 3 und 5 bis 7 SGB X, zu den Beiständen s. § 13 Abs. 4 bis 7 SGB X. 100 § 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II; s. dazu nur Rixen, SGB II (Fn. 94), § 6 Rn. 14 ff. Zum Ausschluß einer Parteistellung s. auch unten § 11 B.I.3. 96

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III. Handlungsgrundsätze Im Eingliederungs-Rechtsverhältnis werden verschiedene rechtliche Grundsätze wirksam, die das Rechtsverhältnis wesentlich prägen. Zu ihnen gehören vor allem der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben (1) und die besonderen Grundsätze des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes (2), der Paßgenauigkeit und Effizienz (3), der Hilfe nur zur Selbsthilfe (4) sowie des Vorrangs der Eingliederungsvereinbarung (5). Auch wenn die Aufzählung nicht als abschließend zu verstehen ist (6), sind damit doch die elementaren Kennzeichen für das Eingliederungs-Rechtsverhältnisses und seine Dogmatik genannt. 1. Treu und Glauben Das gesamte Eingliederungs-Rechtsverhältnis ist maßgeblich geprägt durch das allgemeine Prinzip von Treu und Glauben, das nicht nur für das Zivilrecht, sondern „auch für das öffentliche Recht ein beherrschender Rechtsgrundsatz“101 geworden ist.102 Für dessen Anwendung im Öffentlichen Recht bedarf es zwar eigentlich keines Rückgriffs auf Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches mehr.103 Doch eröffnet der im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung eingreifende Verweis des § 61 Satz 2 SGB X104 den Weg zu § 242 BGB, so daß die Bestimmung als normative 101 So schon BT-Drs. 7/910, S. 83; zuvor bereits der Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (EVwVfG 1963), 1964, S. 205. 102 Zum Grundsatz von Treu und Glauben als allgemeinen, auch im Öffentlichen Recht geltenden Rechtsgrundsatz s. BVerfGE 59, 128 (167); BVerwGE 44, 294 (298 ff.); 55, 337 (339); 68, 156 (159); 111, 162 (172); BVerwG NVwZ 2003, S. 993 (994 f.); BSGE 32, 60 (62); 41, 126 (128); 41, 260 (262); 46, 124 (126); 51, 260 (262); Hartmut Bauer, Die Bundestreue, 1992, S. 243, 245 ff.; Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 62 Rn. 22; Detterbeck, Verwaltungsrecht (Fn. 3), Rn. 248; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), § 242 Rn. 16 f.; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 20), S. 97 f.; Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. 1987, S. 127; Löwer, Rechtsverhältnisse (Fn. 40), S. 797; Rainer Pitschas, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 42 Rn. 94; Jürgen Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, ca. 1988, S. 60; Schimpf, Vertrag (Fn. 9), S. 317; Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 238 ff.; Hans J. Wolff, Rechtsgrundsätze und verfassungsgestaltende Grundentscheidungen als Rechtsquellen, in: Otto Bachof u. a. (Hrsg.), Forschungen und Berichte aus dem Öffentlichen Recht – Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, 1955, S. 33 (40). 103 So etwa BVerwGE 74, 241 (249); s. außerdem Bauer, Bundestreue (Fn. 102), S. 245; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 20), S. 98; Pitschas, Maßstäbe (Fn. 102), § 42 Rn. 94.

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Grundlage heranzuziehen ist. Für die konkrete Ausformung des wichtigen Grundsatzes von Treu und Glauben bieten die im Zusammenhang mit § 242 BGB erarbeiteten Funktionskreise und Fallgruppen wichtige Anhaltspunkte, die selbstverständlich im Lichte des sonstigen Eingliederungsrechts und der übrigen dort geltenden Prinzipien zu sehen sind.105 2. Bestmöglicher Eingliederungseinsatz Das wichtigste besondere Prinzip des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses ist das Prinzip des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes. Es gilt sowohl für Leistungsberechtigte als auch für Grundsicherungsträger und ist spürbarer Ausdruck des aktivierenden Staates und seiner Idee des Forderns und Förderns106. Seine Grundlagen zeigen sich vor allem in den Generalklauseln der §§ 2 Abs. 1 und 14 Satz 1 SGB II. Danach müssen die Leistungsberechtigten „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen“ und „aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken“, während die Grundsicherungsträger sie dabei „umfassend mit dem Ziel der Eingliederung“ unterstützen. Daraus folgt zwar noch kein Rechtssatz, aus dem sich durch bloße Subsumtion schon bestimmte Rechtsfolgen ableiten ließen.107 Doch lassen sich daraus vor allem in Verbindung mit dem Prinzip von Treu und Glauben und mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung konkrete Pflichten begründen, die zugleich Rechtspositionen der anderen Seite abbilden. Wäre etwa die Pflicht des Leistungsberechtigten zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, sie hätte hier ihren sicheren Platz.108 104 Die Bestimmung eröffnet für den Bereich öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge i. S. d. §§ 53 ff. SGB X die entsprechende und ergänzende Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zur Einordnung der Eingliederungsvereinbarung als öffentlichrechtlicher Verwaltungsvertrag i. S. d. §§ 53 ff. SGB X s. u. C.V.1. 105 Allgemein zur Notwendigkeit einer bereichsspezifischen Konkretisierung Bauer, Bundestreue (Fn. 102), S. 246; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), § 242 Rn. 17; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 20), S. 99. 106 S. dazu nur BT-Drs. 15/1516, S. 50 f. Das Fordern und Fördern läßt sich auch als eigener Grundsatz begreifen; s. etwa Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 1 Rn. 1; Maximilian Wallerath, Paradigmenwechsel in der sozialen Sicherung, in: ders. (Hrsg.), Fiat iustitia – Recht als Aufgabe der Vernunft, Festschrift für Peter Krause, 2006, S. 187 (198 ff.); Waltermann, Sozialrecht (Fn. 40), Rn. 453a. Kritisch zum Konzept Johannes Münder, Das SGB II – Die Grundsicherung für Arbeitsuchende, NJW 2004, S. 3209 (3210, 3212); Helga Spindler, Fordern und Fördern – zur Eingliederung arbeitsuchender Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt, AWPA 2008, S. 70 (70 ff.). 107 Zu dieser Eigenart von Generalklauseln s. nur Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), § 242 Rn. 2.

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3. Paßgenauigkeit und Effizienz Von besonderer Bedeutung ist außerdem das Prinzip von Paßgenauigkeit und Effizienz.109 Es verlangt, daß der Eingliederungsprozeß und damit auch die ihn steuernde Vereinbarung auf den Einzelfall zugeschnitten sind und zu einer dauerhaften Eingliederung führen (Paßgenauigkeit). Dabei sind auch die Erfordernisse von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, so daß der bestmögliche und paßgenaue Eingliederungserfolg mit dem dafür geringst möglichen Aufwand erreicht wird (Effizienz).110 Nur so ist gewährleistet, daß die vorhandenen Ressourcen mit maximaler Wirkung zum Einsatz kommen. Ihre Gesetzesgrundlage finden die Ausprägungen des in Rede stehenden Grundsatzes für die öffentliche Hand insbesondere in den §§ 3 Abs. 1 und 14 Satz 1 und 3 SGB II. Sie sind im übrigen ergänzender und konkretisierender Ausdruck des schon anderweitig verankerten Prinzips des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes.111 4. Hilfe nur zur Selbsthilfe Das Prinzip der Hilfe nur zur Selbsthilfe besagt, daß der Leistungsberechtigte „zunächst seine Arbeitskraft einsetzen (muß), bevor der Staat ihm hilft“.112 Die rechtlichen Grundlagen dafür finden sich vor allem in den §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 2 und 3 Abs. 3 SGB II. Die Grundsicherungsträger gewähren 108 Näher zur Pflicht des Leistungsberechtigten, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen s. u. § 9 C.I.1.a); zur entsprechenden Pflicht des Grundsicherungsträgers s. u. § 9 C.I.2.a). 109 Zum Erfordernis von Paßgenauigkeit und Effizienz s. BT-Drs. 15/1516, S. 2, 41, 44, 46, 69; Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 40; Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 71), S. 41; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 1; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (590 f.); Miriam Hannes, Was gilt bei Eingliederungsvereinbarungen, SozSich 2007, S. 68 (68); Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 53), S. 894; Ernst-Wilhelm Luthe/Markus A. Timm, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II, SGb 2005, S. 261 (261); Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 1 f.; Stephan, Ansprüche (Fn. 86), S. 270; Zahn, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 35. 110 Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit dürfen dem Ziel der paßgenauen und bestmöglichen Eingliederungsbemühungen keinen Abbruch tun. Sie gebieten nur die ggf. gebotene Auswahl der günstigsten unter mehreren gleich geeigneten Maßnahmen; so für die Seite der öffentlichen Hand – allerdings in anderem Zusammenhang – auch BSG v. 25. Oktober 1990, Az. 7 Rar 14/90, juris Rn. 34; Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 93), § 3 Rn. 10; Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 3 Rn. 9. 111 Insofern entfalten sie auch Geltung für den Leistungsberechtigten, der zudem über § 31 Abs. 2 SGB II zu einem wirtschaftlichen und sparsamen Verhalten aufgefordert ist.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

den Leistungsberechtigten zwar umfassende Unterstützung.113 An vorderster Front stehen aber die Leistungsberechtigten. Sie dürfen nicht nur passiv die gewährte Unterstützung entgegennehmen „und lediglich konkreten Aufforderungen nachkommen“.114 Auch darin ist eine Ergänzung und Konkretisierung des Prinzips des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes zu erkennen. 5. Vorrang der Eingliederungsvereinbarung Ein weiterer wesentlicher Grundsatz des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses ist schließlich der Vorrang der Eingliederungsvereinbarung insbesondere vor dem Eingliederungs-Verwaltungsakt.115 Er folgt zuerst aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II und manifestiert ein zeitgemäßes Bürger-Staat-Verhältnis, in dem sich Bürger und Verwaltung als gleichberechtigte Partner gegenübertreten. Darüber hinaus ist der Grundsatz Ausdruck der Einsicht in die Notwendigkeit, daß nur die aktive Mitwirkung aller Beteiligten zu einer erfolgreichen Eingliederung erwerbsfähiger Leistungsberechtigter in Arbeit führen kann.116 Gemeinsam mit den übrigen Bestimmungen zur Eingliederungsvereinbarung, insbesondere zur Pflicht der Beteiligten, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen,117 und zu den Sanktionsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Vereinbarung118, macht er die Eingliederungsvereinbarung 112 S. nur Wolfgang Spellbrink, Viel Verwirrung um Hartz IV, JZ 2007, S. 28 (30); außerdem Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 35 f.; Waltermann, Sozialrecht (Fn. 40), Rn. 453a. 113 S. § 14 Satz 1 SGB II und den Grundsatz zum bestmöglichen Eingliederungseinsatz (oben C.III.2.). 114 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 35. 115 Dagegen BSGE 104, 185 (188); die Entscheidung beschäftigt sich in erster Linie mit dem Bestehen eines subjektiv-öffentlichen Rechts des Leistungsberechtigten auf Aushandlung und Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung und wird deshalb erst in diesem Zusammenhang (s. u. § 9 C.I.2.a]) näher behandelt. Allg. zu gesetzlichen Vertragsvorranggeboten Bauer, Anpassungsflexibilität (Fn. 15), S. 277; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 444. 116 An der Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit müssen im Ergebnis Staat und Gesellschaft insgesamt mitwirken, weil ohne umfassendes Engagement, insbesondere ohne Arbeit keine wirkungsvolle Eingliederung stattfinden kann; vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 44. S. auch Eberhard Eichenhofer, Sozialreformen zwischen Vision und Wirklichkeit, NZS 2007, S. 57 (58, 61); ders., Geschichte des Sozialstaats in Europa, 2007, S. 139 ff., insbes. 141 ff. und 145 ff.; ders., Arbeit und Sozialleistungen, in: Peter Hanau/Jens T. Thau/Harm Peter Westermann (Hrsg.), Gegen den Strich – Festschrift für Klaus Adomeit, 2008, S. 159 (165 f.). 117 §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II; s. im übrigen unten § 9 C.I.1.a) und § 9 C.I.2.a). 118 S. insbes. §§ 31 ff. SGB II und im übrigen unten § 10 A.I.1. und 3. sowie § 13 A.I.1.

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zum zentralen Steuerungsinstrument119 eines modernen und hochwirksamen120 Eingliederungskonzeptes.121 6. Weitere Grundsätze Die vorgenannten Grundsätze lassen sich nicht streng voneinander trennen, weil sie – wie gezeigt – oft thematische Überschneidungen aufweisen. Auch sind sie selbstverständlich nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen. Neben ihnen können noch weitere eigenständige oder konkretisierende Prinzipien Bedeutung gewinnen, wie etwa der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder der grundsätzliche Ausschluß von Hilfen für die Vergangenheit.122 Es ging an dieser Stelle nur darum, die für die Eingliederungsvereinbarung besonders wichtigen Rechtsgrundsätze vorzustellen. IV. Rechte und Pflichten Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis ist wie jedes Rechtsverhältnis im weiteren Sinne123 grundsätzlich ein Inbegriff von Rechten und Pflichten 119 Zur Eingliederungsvereinbarung als zentralem Steuerungsinstrument der Eingliederung nach dem SGB II s. etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 1; ders., Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 109), S. 41; ders., Die Hartz IVRechtsprechung – geklärte und offene Fragen (Teil 2), info also 2009, S. 10 (15); Hannes, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 109), S. 68; Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (277); Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 53), S. 893 und 901; Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 1, § 15a Rn. 16; Katharina von Koppenfels-Spies, Kooperation unter Zwang? – Eingliederungsvereinbarungen des SGB II im Lichte des Konzepts des „aktivierenden Sozialstaats“, NZS 2011, S. 1 (2); vgl. auch BT-Drs. 15/1516 S. 54. 120 Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis hat gezeigt, daß die persönlichen Ansprechpartner, die in der Eingliederungsvereinbarung gesetzeskonform einen ausgehandelten Vertrag sahen, einen signifikant höheren Eingliederungserfolg verzeichnen konnten als diejenigen, die in der Vereinbarung eine behördliche Vorgabe erkannten, sie also im Ergebnis wie einen Verwaltungsakt handhabten; s. o. insbes. § 7 A. 121 Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis ergab, daß eine überwältigende Mehrheit von zwei Dritteln der befragten Ansprechpartner den gesetzlich angeordneten Vorrang der Vereinbarung vor dem Verwaltungsakt begrüßt; s. o. § 6 B.II.6. 122 Zu weiteren insbes. konkretisierenden Grundsätzen s. nur Spellbrink, SGB II (Fn. 71), Vor § 1 Rn. 4 ff. 123 Für den Bereich des Öffentlichen Rechts Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 319; Häberle, Pluralismus (Fn. 26), S. 264; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 2), Kap. 6 Rn. 42; für den Bereich des Zivilrechts Karl Larenz, Allgemei-

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zwischen wenigstens zwei Rechtssubjekten124. Auch wenn das SGB II nirgends von einem solchen Rechtsverhältnis spricht,125 so erwähnt es doch teilweise die zugrunde liegenden Rechte oder wenigstens die damit korrespondierenden Pflichten, etwa in den §§ 2 und 31 SGB II.126 Zwar begründen selbst die einzelnen Rechte und Pflichten jeweils gesonderte Beziehungen zwischen den Rechtssubjekten, denen die gleiche Grundstruktur wie dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis insgesamt zu eigen ist. Sie könnten deshalb ebenfalls als Rechtsverhältnis, nur eben im engeren Sinne, angesehen werden. Allerdings unterscheidet sich das Rechtsverhältnis im weiteren von dem im engeren Sinne vor allem dadurch, daß es ein „sinnhaftes Gefüge“ darstellt, das regelmäßig ein Konglomerat von Rechten und Pflichten nicht nur isoliert, sondern sinnvoll aufeinander bezogen erfaßt. Ganzheitliche Betrachtung aber ist ein wichtiges Anliegen der hier vertretenen Rechtsverhältnislehre.127 Deshalb und der begrifflichen Klarheit wegen soll es in dieser Arbeit bei der bisher schon verfolgten Festlegung bleiben, daß nur das Eingliederungs-Rechtsverhältnis, nicht aber die aus den zugrundeliegenden Rechten und Pflichten folgenden Einzelbeziehungen als Rechtsverhältnis gilt. Mit Blick auf die Ordnung dieser Rechte und Pflichten kann es vorerst nur darum gehen, einen strukturierenden Überblick über die typischen Rechte- bzw. Pflichtengruppen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses zu geben. Eine genauere Analyse der konkreten Merkmale und Funktionen, insbesondere der Verknüpfung dieser Rechte bzw. Pflichten – etwa durch das eigentümliche Sanktionensystem der §§ 31 ff. SGB II – bleibt der Untersuchung an späterer Stelle vorbehalten. Unentbehrlich ist aber schon jetzt die Auseinandersetzung mit der Frage, welche rechtliche Qualiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, S. 196; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 8. 124 Diese Rechte und Pflichten folgen nicht aus dem Rechtsverhältnis, sondern bilden seine Grundlage; dazu allgemein Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 105 mit Fn. 607; Larenz, Allgemeiner Teil (Fn. 123), S. 200; s. a. Thomas v. Danwitz, Zu Funktion und Bedeutung der Rechtsverhältnislehre, DV 30 (1997), S. 339 (350 f.), der die in Fn. 59 seines Beitrags Genannten allerdings völlig zu Unrecht als Vertreter der Gegenauffassung bezichtigt. 125 Sehr wohl aber die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/1516, S. 54. 126 Zwar sind auch die durch die einzelnen Rechte und Pflichten jeweils begründeten Rechtsbeziehungen als Rechtsverhältnisse (im engeren Sinne) begreifbar; s. dazu allg. Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 8. Doch läßt sich aus dieser Perspektive das sinnvoll aufeinanderbezogene Konglomerat aus (Eingliederungs-) Rechten und Pflichten nicht erfassen, worauf es in dieser Arbeit aber gerade ankommt (ganzheitliche Betrachtungsweise). Deshalb ist weiterhin nur mit Blick auf das Eingliederungs-Rechtsverhältnis (im weiteren Sinne), nicht aber mit Blick auf die aus den zugrundeliegenden Rechten und Pflichten folgenden Einzelbeziehungen von Rechtsverhältnissen die Rede. 127 S. dazu nur Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 319.

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tät die Pflichten der Beteiligten haben (1). Sie geht dem strukturierenden Überblick über diese Pflichten (2) voraus. 1. Rechtliche Qualität Die Pflichten der Parteien im Eingliederungs-Rechtsverhältnis sind echte Pflichten, die grundsätzlich mit entsprechenden Rechten der anderen Partei korrespondieren. a) Pflichten des Leistungsberechtigten Das gilt zunächst und vor allem für die Pflichten des Leistungsberechtigten. Dagegen wenden sich zwar verschiedene Stimmen in der Literatur, die in den Pflichten des Leistungsberechtigten „bloße Obliegenheiten“ erkennen wollen.128 Diese Obliegenheiten könnten dann „weder einen (primären) Erfüllungsanspruch noch bei ihrer Verletzung einen (sekundären) Schadenersatzanspruch begründen“.129 Wenn überhaupt, wird zur Begründung auf die Sanktionsregelung der §§ 31 ff. SGB II130 oder auf fehlende Grundlagen für einen Schadenersatzanspruch131 verwiesen. Gegen eine Einordnung als bloße Obliegenheit steht freilich schon der klare Wortlaut des Gesetzes, das in aller Deutlichkeit vorgibt, was die Leistungsberechtigten unternehmen 128 Für eine Einordnung als Obliegenheiten Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 9 ff.; Jens Blüggel, Die „Mitwirkungspflichten“ des Arbeitsuchenden nach dem SGB II: Was fordert das neue Recht?, SozSich 2005, S. 12 (14), zumindest für gesetzlich begründete Mitwirkungspflichten; Heike Grote-Seifert, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 2 Rn. 12 und 44, die im übrigen aber doch von Pflichten spricht; Daniel O’Sullivan, Verfassungsrechtliche Fragen des Leistungsrechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGb 2005, S. 369 (372); Christoph Waibel, Die Anspruchsgrundlage im SGB II, NZA 2005, S. 512 (517 ff.); undeutlich Martin Löns, in: ders./Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 2 Rn. 4 ff., bei dem von „Pflichten (Obliegenheiten)“ (Rn. 6) die Rede ist; Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 2 Rn. 4, und § 15 Rn. 24; nur von Pflichten spricht zutreffend Foroud Shirvani, Konsensuale Instrumente im SGB II, SGb 2010, S. 257 (259 ff.). 129 So ganz deutlich und konsequent Blüggel, „Mitwirkungspflichten“ (Fn. 128), S. 14; O’Sullivan, Fragen (Fn. 128), S. 372; ihnen wohl folgend Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 11; Grote-Seifert, SGB II (Fn. 128), § 2 Rn. 12; allgemein zu den damit angesprochenen Wesenszügen von Obliegenheiten BGH NJW 1995, S. 401 (402); Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), Einl v. § 241 Rn. 13; Reimer Schmidt, Die Obliegenheiten, 1953, S. 315. 130 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 11; O’Sullivan, Fragen (Fn. 128), S. 372. 131 Blüggel, Mitwirkungspflichten (Fn. 128), S. 14; allgemein zum Erfordernis eines Schadenersatzanspruches für die Annahme von echten Pflichten auch Schmidt, Obliegenheiten (Fn. 129), S. 315.

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„müssen“132, und letztendlich ausdrücklich von „Pflichten“ spricht.133 Es besteht auch keine für Obliegenheiten typische Konstellation. Obliegenheiten sind Gebote, die ausschließlich im Interesse des Gebotsadressaten bestehen.134 Im Falle der Verletzung dieser Gebote erleiden Dritte keinen rechtlich relevanten Nachteil. Das zeigt sich besonders deutlich bei der handelsrechtlichen Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 377 HGB oder der Obliegenheit zur Abwendung oder -minderung des eigenen Schadens nach § 254 Abs. 2 BGB.135 So liegen die Dinge im Eingliederungsrecht aber nicht. Verletzt der Leistungsberechtigte seine Pflichten vor oder nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung, behindert das den Eingliederungsfortschritt. Dadurch wiederum kann sich nicht nur der weitere Eingliederungsaufwand des Leistungsberechtigten erhöhen, sondern auch der des Grundsicherungsträgers. Auf Seiten des Grundsicherungsträgers kommt noch die Möglichkeit einer zeitlich verlängerten Pflicht zur Zahlung insbesondere des Arbeitslosengeldes II hinzu. Darüber hinaus kann auch von fehlenden Grundlagen für einen Schadenersatzanspruch keine Rede sein. Solche Anspruchsgrundlagen lassen sich sowohl vor als auch nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung ohne weiteres über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB herleiten.136 Die Pflichten des Leistungsberechtigten korrespondieren mit entsprechenden Rechten des Grundsicherungsträgers. Der kann die Erfüllung der Leistungspflichten des Leistungsberechtigten im Eingliederungs-Rechtsverhältnis also grundsätzlich einfordern. Es ist weit und breit kein guter Grund er132

§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II; s. auch § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. S. insbes. §§ 31 ff. SGB II; ferner etwa § 3 Abs. 2b Satz 2, § 15 Abs. 3, § 39 Nr. 1 und § 77 Abs. 12 SGB II. 134 BGH NJW 1995, S. 401 (402); Blüggel, „Mitwirkungspflichten“ (Fn. 128), S. 14; Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 113; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), Einl v. § 241 Rn. 13; vgl. auch Schmidt, Obliegenheiten (Fn. 129), S. 315. 135 Zur Einordnung des Untersuchungs- und Rügegebotes nach § 377 HGB und des Schadensabwendungs- und Schadensminderungsgebotes nach § 254 Abs. 2 BGB als Obliegenheiten s. etwa Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 112; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 44), Einl v § 241 Rn. 13; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 125. Zutreffend spricht das Gesetz in diesen Fällen auch nicht von Pflichten. 136 Darauf wird in den einschlägigen Passagen dieser Arbeit, insbes. unter § 10 A., § 13 A. und § 14 D., zurückzukommen sein. Wenn Blüggel, „Mitwirkungspflichten“ (Fn. 104), S. 14, anführt, daß § 62 SGB II „diese ‚Pflichten‘ nicht erwähnt“, so ist das kein Argument gegen das Vorliegen oder die Anwendung einer anderen Anspruchsgrundlage für Schadenersatz. Blüggel übersieht, daß § 62 SGB II lediglich die Schadenersatzpflicht Dritter betrifft, die keine (potentiellen) Vertragsparteien sind und deshalb grundsätzlich nicht unter § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB fallen, so daß es einer eigenen Anspruchsgrundlage bedarf. 133

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sichtlich, aus dem der Leistungsberechtigte insofern eine nachsichtige Behandlung erfahren sollte; erst recht nicht im Lichte der Idee des aktivierenden Staates. Die Durchsetzung der Pflichten im Wege des Verwaltungszwanges scheidet aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allerdings aus, solange und soweit dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit der Zurückbehaltung oder Minderung des Arbeitslosengeldes II zur Verfügung steht.137 b) Pflichten des Grundsicherungsträgers Auch die Pflichten des Grundsicherungsträgers sind als echte Pflichten einzuordnen, die der Leistungsberechtigte über korrespondierende Rechte einfordern und durchsetzen kann (subjektiv-öffentliches Recht). Darauf wird erforderlichenfalls – namentlich im Zusammenhang mit der Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung – zurückzukommen sein. 2. Strukturierender Überblick In einem strukturierenden Überblick138 läßt sich zunächst zwischen Leistungs- (a) und weiteren Verhaltenspflichten (b) unterscheiden. Eine Sonderstellung nehmen die Gestaltungsrechte ein (c).

137 Ebenfalls in diese Richtung, im Ergebnis aber viel zu weitgehend, etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 2 Rn. 11, und § 15 Rn. 12; Grote-Seifert, SGB II (Fn. 128), § 2 Rn. 44. S. auch unten C.VII. 138 Die folgende Einteilung der Rechte und Pflichten des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses orientiert sich an einer im zivilen Schuldrecht bereits erprobten und bewährten Konzeption; näher dazu Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 8 ff.; Dieter Medicus/Jens Petersen, Bürgerliches Recht, 22. Aufl. 2009, Rn. 204 ff.; s. auch Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 83 ff. Mit Blick auf die Terminologie im einzelnen besteht allerdings auch im Zivilrecht noch immer eine geradezu „babylonische Sprachverwirrung“ (s. dazu etwa Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch [Fn. 44], § 242 Rn. 27). Im weiteren kommt es deshalb ausschließlich zu einem Rückgriff auf den verständlichen und bewährten Sprachgebrauch von Larenz, a.a.O., S. 8 ff. Der Übernahme der zivilrechtlichen Pflichtenkonzeption in das (öffentlichrechtliche) Sozialrecht stehen keine Bedenken entgegen, weil es sich um Strukturen aus dem allgemeinen Schuldrecht handelt, die in jedem Rechtsgebiet mit schuldrechtlicher Prägung zum Einsatz kommen können; zur Vergleichbarkeit verwaltungsrechtlicher und zivilrechtlicher Schuldverhältnisse BVerwGE 13, 17 (22); Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, § 34 Rn. 1 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 8 Rn. 22 und § 29 Rn. 2 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 212 f.; Rolf Stober, Öffentliche Aufträge und sonstige verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 55 Rn. 139 ff. Das gilt in Sonderheit für das Sozialrecht, dessen schuldrechtlicher Charakter soweit ersichtlich unbestritten ist; s. dazu nur Löwer, Rechtsverhältnisse (Fn. 40), S. 797 f.; Waltermann, Sozialrecht (Fn. 40), Rn. 22.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

a) Leistungspflichten Die Leistungspflichten sind auf ein Tun oder Unterlassen gerichtet. Sie können darüber hinaus die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges fordern.139 Ihre Grundlage sind zuvorderst – aber nicht ausschließlich – die Bestimmungen des SGB II und der Eingliederungsvereinbarung. Unter den Leistungspflichten lassen sich wiederum primäre und sekundäre Pflichten auseinanderhalten. Primärleistungspflichten sind die Pflichten, die dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis Inhalt und Bedeutung geben, die seine Eigenart bestimmen. Sie setzen sich wiederum aus vertragstypischen Haupt- und eventuell ergänzenden und konkretisierenden vertragsuntypischen Nebenleistungspflichten zusammen. Eine Hauptleistungspflicht kann beispielsweise die Pflicht der Bundesagentur für Arbeit zur Unterbreitung einer bestimmten Zahl von Vermittlungsvorschlägen sein. Als ergänzende Nebenleistungspflicht kommt die Pflicht des Leistungsberechtigten zum Erscheinen bei dem Grundsicherungsträger in Betracht.140 Die Sekundärleistungspflichten entstehen grundsätzlich erst im Zusammenhang mit der (schuldhaften) Verletzung einer Primärleistungs- oder einer sonstigen Verhaltenspflicht141 und ändern oder erweitern das ursprüngliche Rechtsverhältnis.142 Eine Sekundärleistungspflicht des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses ist zum Beispiel die Schadenersatzpflicht des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wenn er eine Bildungsmaßnahme aus einem von ihm zu vertretenden Grunde nicht zu Ende führt143. b) Weitere Verhaltenspflichten Weitere Verhaltenspflichten dienen insbesondere der Erhaltung des für das Schuldverhältnis unentbehrlichen Vertrauensverhältnisses und dem Schutz des jeweils anderen vor Schäden an seinen Rechtsgütern wegen der Durchführung des Schuldverhältnisses.144 Sie folgen aus der Erkenntnis, 139 Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 7 f. unter Hinweis auf den in § 241 Abs. 1 BGB verankerten allgemeinen Rechtssatz; Joachim Wenzel, in: Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2007, § 326 Rn. 2. 140 S. dazu unten § 9 C.I.1.b) und § 12 C.I.1.b). 141 S. dazu den nächsten Absatz. 142 Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 8 f.; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (Fn. 138), Rn. 206. 143 S. dazu vorerst nur § 15 Abs. 3 SGB II. 144 S. dazu Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 9; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (Fn. 138), Rn. 208 ff. Die Terminologie ist uneinheitlich und vor allem in der öffentlichrechtlichen Literatur unklar. Dort bezeichnet man diese Pflichten miß-

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daß die Erfüllung der Leistungspflichten kein „Selbstläufer“ ist, sondern daß damit immer auch eine „Personalbeziehung mit entsprechenden Anfälligkeiten“ einhergeht;145 das gilt vor allem für so vertrauenssensible Rechtsverhältnisse wie die in Rede stehenden.146 Die weiteren Verhaltenspflichten lassen sich in Loyalitätspflichten (Vertrauensschutz) und in Schutzpflichten (Rechtsgüterschutz) aufteilen. Ihre Grundlage ist im Regelfall der allgemeine, also auch im Öffentlichen Recht geltende Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben.147 Sie erfordern demnach ein Verhalten, wie es jeder mit Rücksicht auf den konkreten Zweck des Rechtsverhältnisses, die bestehenden Leistungspflichten und die Erfordernisse loyalen Zusammenwirkens von dem anderen erwarten darf.148 Sie fördern den Leistungszweck, verhüten Schaden und erleichtern die Durchführung des Rechtsverhältnisses.149 Für die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungspflichten sind sie grundsätzlich unentbehrlich.150 Ihre Bedeutung ist um so größer, je mehr das Rechtsverhältnis auf Dauer angelegt und ein Zusammenwirken der Beteiligten erforderlich ist,151 was auf das Eingliederungs-Rechtsverhältnis in besonderem Maße zutrifft.

verständlich auch als Nebenpflichten; s. etwa Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 104, 109; Paul Stelkens/Heribert Schmitz, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 9 Rn. 30 ff. 145 Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 87 f. 146 Zur Vertrauenssensibilität des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses in der Praxis s. o. § 6 B.II.4. 147 Zu diesem auch für das Eingliederungs-Rechtsverhältnis bedeutsamen Rechtsgrundsatz s. schon oben C.III.1. 148 Vgl. Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 10. 149 Dazu allgemein Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 2), S. 321 f.; Ernst A. Kramer, in: Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 241 Rn. 18 f.; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 9 ff.; Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 241 Rn. 38 ff.; vgl. auch Heribert Schmitz, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 9 Rn. 30 ff. 150 Näher Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 9 ff., 110 f.; vgl. auch Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 7 Rn. 7 ff.; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 149), § 241 Rn. 67 ff., 90. Das gilt gerade auch im vorvertraglich geprägten Eingliederungs-Rechtsverhältnis. Eine effiziente und paßgenaue Eingliederungsvereinbarung ist ohne Beachtung insbes. der damit angesprochenen Informations-, Untersuchungs- und Verhandlungspflichten undenkbar. 151 Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 11; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 149), § 242 Rn. 173.

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c) Gestaltungsrechte Neben den erwähnten Leistungs- und weiteren Verhaltenspflichten können im Eingliederungs-Rechtsverhältnis auch Gestaltungsrechte eine Rolle spielen. Soweit sie eingreifen, kann der Berechtigte das Rechtsverhältnis mittels einseitiger Gestaltungserklärung inhaltlich näher bestimmen, ändern oder aufheben oder ein neues Rechtsverhältnis begründen.152 Zu den angesprochenen Gestaltungsrechten gehören insbesondere die Anfechtung, die Aufrechnung, die Kündigung und der Rücktritt. V. Handlungsformen Die typischen Handlungsformen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses sind die Eingliederungsvereinbarung (1), der Verwaltungsakt (2) und die informelle Absprache (3). In ihrem Gefolge gibt es weitere Ausprägungen einzelfallbezogenen Handelns (4), die das Rechtsverhältnis zwar nicht kennzeichnen, sein Schicksal aber doch entscheidend beeinflussen können. 1. Eingliederungsvereinbarung Die Eingliederungsvereinbarung ist die zentrale Handlungsform des Rechtsverhältnisses.153 In ihr soll die Verwaltung mit jedem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. Der Inhalt der Vereinbarung bildet grundsätzlich den Maßstab für den weiteren Eingliederungsverlauf und zugleich einen Bezugspunkt insbesondere des spezifischen Sanktionensystems im SGB II.154 Die Rechtsnatur der Eingliederungsvereinbarung ist allerdings noch immer nicht abschließend geklärt. Die rechtsdogmatischen Ordnungsvorschläge des Schrifttums sind denkbar breit. Sie reichen vom „bloßen Realakt“155 über die unverbindliche Absichtserklärung156, die „reine Verfügung“157 und das 152 Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 43), S. 91 f.; Larenz, Allgemeiner Teil (Fn. 123), S. 220. 153 S. dazu schon oben die Nachweise in Fn. 119. 154 Näher dazu § 11 D.II.1.c)cc), und § 13 A.I.1. 155 Angela Busse, Die Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag oder kooperatives und informales Verwaltungshandeln, BRSDE 2008, S. 56 (80); Philipp Stark, in: Martin Estelmann (Hrsg.), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), Losebl. Stand Juni 2006, § 15 Rn. 19 ff. 156 Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 155), § 15 Rn. 19 ff. 157 Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 155), § 15 Rn. 19 ff.; Wolfgang Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung nach SGB II und Leistungsabsprache nach dem SGB XII

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hoheitliche Handeln sui generis158 bis hin zum öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag159. Mittlerweile dominiert freilich das aus vielerlei Gründen zutreffende Verständnis der Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsvertrag.160 So zeigt schon der im SGB II gebrauchte Ausdruck „Vereinbarung“ eine auffällige Nähe zum Vertrag.161 Zwar ist der Begriff des Vertrages dem Sozialgesetzbuch bekannt und über die §§ 53 ff. SGB X162 eingeführt. Spricht der Gesetzgeber statt dessen von einer „Vereinbarung“, könnte das auf eine fehlende Übereinstimmung hindeuten. Vertragskritische Stimmen weisen ferner darauf hin, daß mit der Eingliederungsvereinbarung nur ein schon bestehendes Rechtsverhältnis ausgestaltet werde.163 Außerdem soll es an der für Verträge erforderlichen Gleichheit der Parteien fehlen, weil das Gesetz allein für den Leistungsberechtigten einen spezifischen Abschlußzwang begründe.164 Diese Bedenken können im Ergebnis jedoch aus Sicht der Sozialgerichtsbarkeit, Sozialrecht aktuell 2006, S. 52 (55), bezeichnet die Eingliederungsvereinbarung zwar nicht als Verwaltungsakt, will sie aber ähnlich behandeln; i. E. ebenso Kruse, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 8. 158 Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 157) S. 54 f.; ders., Gelingt durch die neuen Instrumente des SGB II die Integration der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt?, SGb 2008, S. 445 (449); Spindler, Fordern (Fn. 106), S. 71; O’Sullivan, Fragen (Fn. 128), S. 372 mit Fn. 40. 159 Hartmut Bauer, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 64 (2005), S. 280 (281); Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 8; Ursula Fasselt, in: Otto Fichtner/ Gerd Wenzel (Hrsg.), Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 31 Rn. 4; Dagmar Felix, Der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag und seine Bedeutung im Sozialrecht, in: Veith Mehde/Ulrich Ramsauer/Margrit Seckelmann (Hrsg.), Staat, Verwaltung, Information, 2011, S. 539 (553); Ingmar Fröhlich, Vertragsstrukturen in der Arbeitsverwaltung, 2007, S. 108; Hammel, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 109), S. 589; in diese Richtung auch Hannes, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 109), S. 69; Timo Hebeler, Die Eingliederungsvereinbarung im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende, *studere 2010/2, S. 4 (7); von KoppenfelsSpies, Kooperation (Fn. 119), NZS 2011, S. 1 (2); Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 53), S. 895; Heinrich Lang, Die Eingliederungsvereinbarung zwischen Autonomie und Bevormundung, NZS 2006, S. 176 (181); Huckenbeck, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 5 f.; Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 3; Markus Schön, Forderndes Fördern: Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II im Lichte der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, SGb 2006, S. 290 (292); Shirvani, Instrumente (Fn. 128), S. 260; Sonnhoff, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 22; Edeltrud Zahn, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 5. 160 S. dazu die Nachweise in Fn. 159. 161 In der Sprachlehre haben die Worte Vereinbarung und Vertrag denselben Bedeutungsgehalt; Christine Beil u. a., in: Dudenredaktion (Hrsg.), Duden – Das Synonymwörterbuch, Bd. 8, 3. Aufl. 2004, S. 15 und 1005 (dort: Stichwort Vertrag). 162 Die §§ 1–66 SGB X bilden das Verfahrensgesetz für die Sozialverwaltung und beanspruchen daher auch im Anwendungsbereich des SGB II Geltung; s. dazu Waltermann, Sozialrecht (Fn. 40), Rn. 4. 163 Dazu Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 155), § 15 Rn. 23 ff.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

nicht durchgreifen. Ein Vertrag kommt mit der Einigung wenigstens zweier Rechtssubjekte über eine bestimmte Rechtsfolge durch die Abgabe einander entsprechender Willenserklärungen zustande.165 Nur die Abgabe einer solchen Erklärung ist für jede Partei notwendige und gleichwertige Bedingung.166 Das SGB II sieht für die Eingliederungsvereinbarung nichts Abweichendes vor, insbesondere nicht über die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten. Auch wer sich nur unter Druck zu einem Vertrag bereit findet, gibt eine entsprechende Willenserklärung ab.167 Die einvernehmlich „abgeschlossene“168 Eingliederungsvereinbarung ist auch vertragstypisch auf die verbindliche Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges angelegt. So soll sie beispielsweise „bestimmen“, was die Leistungsberechtigten jeweils „unternehmen müssen“ und „nachzuweisen“ haben169. Außerdem kann ein Verwaltungsakt die Vereinbarung ersetzen.170 Gesetzlich vorgegeben wird darüber hinaus, was „auch zu regeln“171 ist und was aus der Verletzung von „festgelegte(n) Pflichten“172 folgt. Dabei ist es nach § 53 SGB X völlig gleichgültig, ob die Vereinbarung ein Rechtsverhältnis begründet, es nur ändert oder aufhebt.173 Die Deutung der Eingliederungsvereinbarung als Vertrag entspricht auch dem Gesetzeszweck und der Intention des Gesetzgebers. Die Konkretisie164

Busse, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 155), S. 57; Kruse, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 7; O’Sullivan, Fragen (Fn. 128), S. 372 Fn. 40; Spellbrink, SGB II (Fn. 71), § 15 Rn. 10; Spindler, Fordern (Fn. 106), S. 71; alle mit Blick vor allem auf das Sanktionensystem nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. Zu den tendenziell eher im älteren Schrifttum des Allgemeinen Verwaltungsrechts auffindbaren Stimmen, nach denen schon begrifflich kein Vertrag vorliegen soll, wenn die Parteien nicht in jeder Hinsicht „gleich“ sind, s. nur Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 36 ff. und dort die Nachweise in Fn. 149. Zu den mit dem Sanktionensystem des SGB II bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen s. schon oben § 3 C.I.2. 165 Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 106; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 14 Rn. 6. 166 Ausführlich Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 39 mit Fn. 166. 167 Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 41, 106; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 102), S. 42 ff., 49; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 44), Rn. 85; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 44 f. m. w. N. auch zur Gegenansicht. 168 § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 sowie § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 169 § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 170 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Der Verwaltungsakt greift bei Nichtzustandekommen der Eingliederungsvereinbarung ein. Auch wenn nicht jeder Verwaltungsakt unmittelbar einen Imperativ enthält, so impliziert er doch zumindest einen solchen. Damit ist ein weiterer Hinweis auf die Verbindlichkeit der Eingliederungsvereinbarung gesetzt. 171 D.h. rechtsverbindlich festzulegen; § 15 Abs. 3 SGB II. 172 § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 31a f. SGB II. 173 § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

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rung des Sozialrechtsverhältnisses soll demnach gerade nicht mehr einseitig durch Verwaltungsakt, sondern durch eine individuelle und nachprüfbare Vereinbarung zwischen den Beteiligten erfolgen.174 Die Stärkung der Eigenverantwortung, die Hilfe zur Selbsthilfe und die nachhaltige Aktivierung der Beteiligten175 sind am effektivsten durch eine rechtlich bindende Übereinkunft, also einen Vertrag zu erreichen.176 Eine Einstufung als Verwaltungsvertrag steht obendrein im Einklang mit dem Verständnis der Eingliederungsvereinbarung nach § 35 Abs. 4 SGB III, die ebenfalls Vertragsqualität hat.177 Einen bestätigenden Hinweis liefert weiterhin die Diskussion um die dogmatische Einordnung des Jobseeker’s Agreement in Großbritannien und des Activity Agreement in Australien. Beide Agreements sind der Eingliederungsvereinbarung des SGB II auch strukturell vergleichbar178 und werden in fachspezifischen Stellungnahmen mittlerweile mehr oder weniger offen als Verträge gehandelt.179 2. Verwaltungsakt Unweit der Eingliederungsvereinbarung hat der Verwaltungsakt einen festen Platz im Eingliederungs-Rechtsverhältnis, kann er doch ebenfalls ein 174

BT-Drs. 15/1516, S. 50 f., 54. BT-Drs. 15/1516, S. 50 f., 54. 176 Vgl. dazu auch die Ergebnisse der in Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführten Rechtstatsachenforschung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis insbes. unter § 7 A. 177 Fröhlich, Vertragsstrukturen (Fn. 159), S. 108; Marita Körner, Die Reform des SGB III durch das Job-AQTIV-Gesetz, NZA 2002, S. 241 (242); Rainer Pitschas, Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren im „aktivierenden“ Sozialstaat, in: Matthias von Wulffen/Otto Ernst Krasney (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S. 765 (781); in diese Richtung auch Reimund Schmidt-De Caluwe, in: Bernd Mutschler/Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 6 Rn. 11 ff.; a. A. Niels Lehmann-Franßen, Unangemessene Eigenbemühungen und die Nichtigkeit der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II, NZS 2005, S. 519 (520); Bernd Mutschler, in: ders./Ralf Bartz/ Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 35 Rn. 55 f. (vertragsähnliches Konstrukt); Maximilian D. Schweiger, Rechtliche Einordnung der durch das Job-AQTIV-Gesetz in das Arbeitsförderungsrecht eingefügten Eingliederungsvereinbarung (§ 35 Abs. 4 SGB III n. F.), NZS 2002, S. 410 (412). Daneben soll auch die in § 17 Abs. 2 BSHG vorgesehene Vereinbarung ein öffentlichrechtlicher Verwaltungsvertrag sein, Thomas Harks, Kommunale Arbeitsmarktpolitik, 2003, S. 98. 178 S. dazu oben § 4 D. (Großbritannien) und E. (Australien). 179 Auch die Gegner einer Vertragslösung befürworten zumindest die entsprechende Anwendung geeigneter Vertragsgrundsätze; s. dazu im einzelnen und mit entsprechenden Nachweisen § 4 D.V. (Großbritannien) und E.V. (Australien). 175

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Rechtsverhältnis begründen, feststellen, ändern oder aufheben180. Auch wenn er unmittelbar bei der Eingliederung nur eine ergänzende und flankierende Funktion übernimmt,181 bleibt er dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis gerade dabei unentbehrlich. Kommt nämlich eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die vorgesehenen Rechte und Pflichten der Beteiligten durch einen (Eingliederungs-)Verwaltungsakt geregelt werden.182 Von vornherein nur durch Verwaltungsakt gewährt die Verwaltung die Leistungen zum Lebensunterhalt, insbesondere das Arbeitslosengeld II. Auch die als Sanktion vorgesehene Minderung des Arbeitslosengeldes II – beispielsweise bei Verletzung einer Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung183 – stellt ein Verwaltungsakt fest.184 Schließlich können Verwaltungsakte bei Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung durch die Verwaltung zum Einsatz kommen. 3. Informelle Absprachen Auch informelle Absprachen zwischen den Beteiligten können von erheblicher Bedeutung für das Eingliederungs-Rechtsverhältnis sein. Obwohl das SGB II die Absprachen an keiner Stelle ausdrücklich erwähnt, nutzt sie die Rechtswirklichkeit vielfältig. Sowohl zur Vorbereitung und zum – vorübergehenden – Ersatz als auch zur Ergänzung und Durchführung von Eingliederungsvereinbarungen.185 Deshalb müssen sie auch in der Dogmatik der Eingliederungsvereinbarung Beachtung finden. 180 Damit ist zuvorderst der Regelungscharakter des Verwaltungsaktes angesprochen; s. dazu nur Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 9 Rn. 6, und Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2008, Rn. 358 ff. 181 Zum rechtlich gebotenen Vorrang der Eingliederungsvereinbarung s. schon oben C.III.5. Zur Lage in der Praxis s. o. § 6 B.III.8. Danach gab bei der im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführten Umfrage zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis etwas mehr als ein Drittel der Befragten an, den Verwaltungsakt gar nicht zu gebrauchen. Fast zwei Drittel greifen nur selten auf ihn zurück. 182 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 183 Zu den Voraussetzungen im einzelnen s. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 SGB II. 184 Arg. ex § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II. 185 Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Umfrage zur Eingliederungsvereinbarung der SGB II in der Praxis hat gezeigt, daß knapp 20% der im Zusammenhang mit dieser Arbeit befragten persönlichen Ansprechpartner die Eingliederungsvereinbarung häufig, rund 2% fast immer durch eine entsprechende formlose Absprache ersetzten; s. o. § 6 B.III.8. Fast 45% der Befragten gaben an, mit den Hilfebedürftigen häufig oder fast immer ergänzende Absprachen zur Eingliederungsvereinbarung zu treffen. Weitere annähernd 45% trafen solche Absprachen immerhin noch gelegentlich; s. o. § 6 B.IV.4.

§ 8 Handlungsformen und Rechtsverhältnisse

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4. Sonstiges Im Gefolge der typischen Handlungsformen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses gibt es weitere Ausprägungen einzelfallbezogenen Handelns, die das Rechtsverhältnis zwar nicht kennzeichnen, sein Schicksal aber doch entscheidend beeinflussen können. Zu ihnen gehören rechtserhebliche Erklärungen wie die Anfechtung, die Kündigung, der Rücktritt oder die Aufrechnung, aber auch Realakte wie die Auszahlung von Geldbeträgen oder die Gewährung von Information und Beratung. VI. Phasen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis ist keine starre, sondern eine sich im Laufe der Zeit entwickelnde Rechtsbeziehung. Zu den einmal beteiligten Hauptrechtssubjekten können weitere Rechtssubjekte wie Berater oder Gutachter hinzutreten und wieder wegfallen. Anfangs bestehende Rechte und Pflichten – wie etwa die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung – können sich wandeln oder erlöschen, neue können entstehen, sich ebenfalls wandeln und wieder erlöschen. Gleiches gilt für die darauf bezogenen Rechtsakte, vor allem für die Eingliederungsvereinbarung selbst. Die Entwicklungsoffenheit des Rechtsverhältnisses legt eine phasenhaft strukturierte Betrachtungsweise nahe, die sich am „Lebenszyklus“ des zentralen Steuerungsinstrumentes der Rechtssubjekte, also der Eingliederungsvereinbarung, orientiert. Da es sich bei der Vereinbarung um einen Vertrag handelt, soll im weiteren nach der bewährten Aufteilung aus der allgemeinen Vertragsdogmatik186 gegliedert werden: in eine vorvertragliche Phase, eine Phase der Vertragsdurchführung einschließlich Vertragsanpassung und -fortentwicklung und eine nachvertragliche Phase. VII. Exkurs – Rechtsschutz im Eingliederungs-Rechtsverhältnis 1. Rechtsschutz des Leistungsberechtigten Für den Rechtsschutz des Leistungsberechtigten im EingliederungsRechtsverhältnis ergeben sich keine größeren Besonderheiten. Er kann die Erfüllung der Pflichten des Grundsicherungsträgers, ganz gleich ob Primäroder Sekundärpflichten, sowohl vor als auch nach dem Zustandekommen der Eingliederungsvereinbarung vor Gericht einklagen. Statthafte Klageart 186

Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 18), § 36 Rn. 105.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

ist die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG.187 Klagegegenstand kann dann zum Beispiel der Abschluß einer pflichtgemäß ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung oder deren entsprechende Anpassung an geänderte Verhältnisse sein.188 Ebenso kann der Leistungsberechtigte die Erfüllung der vereinbarten Pflichten einklagen.189 Nur ausnahmsweise ist er auf Verpflichtungswiderspruch und Verpflichtungsklage verwiesen, wenn die Pflichterfüllung in dem Erlaß eines Verwaltungsaktes liegt.190 Ist die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung unklar, kann der Leistungsberechtigte grundsätzlich eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Vereinbarung erheben.191 Wendet der Leistungsberechtigte sich gegen die Minderung des Arbeitslosengeldes II auf Grund einer Sanktion des Grundsicherungsträgers nach den §§ 31 ff. SGB II, kann er den Minderungsbescheid mit Widerspruch und danach Anfechtungsklage angreifen.192 Weil beide Rechtsbehelfe in diesem Falle keine aufschiebende Wirkung haben,193 ist außerdem ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung bei der Ausgangs- oder Widerspruchsbehörde194 oder ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei dem Gericht der Hauptsache195 angezeigt. Unter Umständen kann zudem ein 187 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 57; allgemein zur Klage auf Erfüllung einer Vertragspflicht Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 646 f.; insbesondere zur Klage auf Erfüllung einer Vertragsabschlußpflicht Schlette, a.a.O., S. 650 ff. 188 S. dazu allg. Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979, S. 135; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 650 f. 189 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 57; allgemein Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 650 f. 190 Ebenso, freilich ohne Bezug zum Eingliederungs-Rechtsverhältnis Jürgen Fluck, Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Verpflichtungsvertrages durch Verwaltungsakt, 1985, S. 84 ff.; Utz Schliesky, in: Hans Joachim Knack/Hans-Günter Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 61 Rn. 20; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 648. A. A. Rainer Pietzner/Michael Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 31 Rn. 10 m. w. N. 191 So eine Entscheidung des SG Leipzig v. 19. Februar 2007, Az. S 19 AS 392/ 06, juris Rn. 23; zustimmend Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15 Rn. 58; ebenso Christine Fuchsloch, in: Alexander Gagel (Hrsg.), SGB III/SGB II, Stand Juni 2006, § 15 Rn. 130; zur Lage im Allgemeinen Verwaltungsrecht s. nur Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 648 f. 192 Berlit, Sozialgesetzbuch (Fn. 71), § 31b Rn. 21; Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 53), S. 900 f. 193 S. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 SGB II; LSG Berlin-Brandenburg v. 28. November 2005, Az. L 10 B 1293/05 AS ER, juris Rn. 11; LSG Baden-Württemberg v. 12. April 2006, Az. L 7 AS 1196/06 ER, juris Rn. 3. 194 § 86a Abs. 3 SGG; ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 31b Rn. 22. 195 § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 31b Rn. 22.

§ 9 Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten

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Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung196 geboten sein, wenn die Minderung auch einen Leistungszeitraum betrifft, für den noch gar kein Arbeitslosengeld II bewilligt wurde.197 Dann wäre dem Leistungsberechtigten mit einem bloßen Anfechtungsbegehren allein nämlich noch nicht geholfen. 2. Rechtsschutz des Grundsicherungsträgers Für den Rechtsschutz des Grundsicherungsträgers ergeben sich im Eingliederungs-Rechtsverhältnis einige Besonderheiten. Den Leistungsberechtigten treffen bei seiner Eingliederung zwar echte Rechtspflichten, die mit entsprechenden Ansprüchen des Grundsicherungsträgers korrespondieren.198 Der Grundsicherungsträger kann die Erfüllung dieser Pflichten aber grundsätzlich nicht im Klagewege durchsetzen, weil ihm dafür regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das gilt allerdings nur mit Blick auf die Primärpflichten des Leistungsberechtigten, die durchweg unvertretbare Handlungen darstellen. Als solche könnten sie zwar mit der Leistungsklage eingeklagt, die stattgebende Entscheidung des Gerichts dann aber nur über ein Zwangsgeld vollstreckt werden.199 Dieser Vorgehensweise bedarf es aber regelmäßig nicht, soweit und solange dem Grundsicherungsträger die Möglichkeiten der Zurückbehaltung oder Minderung des Arbeitslosengeldes II zur Verfügung stehen, weil er damit auf einfacherem Wege eine vergleichbare Wirkung erzielen kann. Begehrt der Grundsicherungsträger Schadenersatz ist dagegen die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG angezeigt.200

§ 9 Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten A. Einleitende Bemerkungen Die Phase vor Abschluß eines Verwaltungsvertrages hat in der Verwaltungsrechtswissenschaft bislang nur wenig Aufmerksamkeit erfahren.1 Sie 196

S. dazu § 86b Abs. 3 SGG. LSG Niedersachsen-Hansestadt Bremen v. 30. Januar 2006, Az. L 9 AS 17/ 06 ER, juris Rn. 11. 198 S. o. C.IV.1.a). 199 Zur Vollstreckung von Forderungen auf unvertretbare Handlungen s. nur § 200 SGG i. V. m. § 9 ff. VwVG; aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wäre im Regelfalle wohl nur die Anordnung eines Zwangsgeldes möglich. 200 S. dazu nur allgemein Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 646 f. 1 Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem vorvertraglichen Schuldverhältnis findet sich nur bei Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwal197

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

gilt mit dem Verwaltungsverfahren insgesamt oft nur als untergeordneter Schauplatz,2 der „nicht die interessantesten und drängendsten Probleme des administrativen Vertragsrechts“3 enthalte. Bei genauerem Hinsehen erweist sich diese Einschätzung allerdings als voreilig, was sich im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung des SGB II besonders deutlich zeigt. Der Eingliederungsvereinbarung geht wie grundsätzlich jedem Vertrag ein Entscheidungs- und Einigungsprozeß voraus, in dem die Parteien darüber befinden, ob und mit welchen Konditionen die Vereinbarung zustande kommen wird.4 Dabei stellen die Parteien weit über den bloßen Vertragsschluß hinaus die Weichen für das künftige Miteinander und den Verlauf der Eingliederung. Das gilt jedenfalls soweit das Gesetz sie nicht bindet, soweit es ihnen insbesondere nicht den Vertragsinhalt vorgibt und die Einigung nicht auf einen bloßen Vollzugsakt reduziert.5 Das SGB II ist mit solchen Bindungen zurückhaltend. Es fordert zwar grundsätzlich den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung6 und legt fest, was die Vereinbarung insbesondere bestimmen soll7. Die Vorgaben bleiben jedoch sehr allgemein und abstrakt, so daß sie nur geringe materielle Steuerungstungsrecht, 1997, allerdings für die Zeit vor der Schuldrechtsreform. Im weiteren Zusammenhang beschäftigen sich mit der Thematik vor allem noch Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 110 ff.; Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 320 ff., 466 ff.; Hans Christian Röhl, Verwaltung durch Vertrag, Typoskript, o. J., S. 276 ff., allerdings nur mit punktuellen Bezügen; Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 411 ff.; Lothar Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, 1967, S. 75 f.; 172 ff. 2 Exemplarisch die knappen Darstellungen bei Steffen Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2011, § 18, und Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, §§ 19 f., der von einer Hilfsfunktion des Verwaltungsverfahrens spricht, Maurer, a. a. O., § 19 Rn. 8. Kritisch dazu etwa Friedhelm Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren, 4. Aufl. 2002, Rn. 46; Eberhard Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, Kap. 6 Rn. 46; zurückhaltender ders., Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVBl. 1989, S. 533 (537). 3 S. dazu Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 411, der dort letztendlich aber doch die Notwendigkeit der dogmatischen Erfassung der Phase vor Abschluß eines Verwaltungsvertrages einräumt. 4 Damit ist nicht gesagt, daß die vorvertragliche Phase in jedem Falle besonders langwierig oder kommunikationsintensiv sein müßte. 5 Allg. zum Verwaltungsverfahren Rainer Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, 1990, S. 28 f.; Jens-Peter Schneider, Strukturen und Typen von Verwaltungsverfahren, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard SchmidtAßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 28 Rn. 1. 6 § 15 Abs. 1 Satz 1, 3, 4 und 6 SGB II. 7 § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

§ 9 Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten

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kraft haben. Von bloßem Gesetzesvollzug kann bei Abschluß der Vereinbarung also keine Rede sein. Dem Geschehen im Vorfeld und dessen rechtlicher Ordnung verleiht das um so mehr Bedeutung; wegen des materiellen Steuerungsverzichts des Gesetzes nicht zuletzt auch in kompensatorischer und legitimierender Hinsicht8. Das gebietet eine sichere dogmatische Aufbereitung für eine in jeder Hinsicht „richtige“ Eingliederungsvereinbarung9.

B. Begründung der vorvertraglichen Phase Die Begründung der vorvertraglichen Phase der Eingliederung richtet sich wie bei allen öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 2 BGB.10 Danach entsteht das vorvertragliche Rechtsverhältnis grundsätzlich mit der „Anbahnung“ der Eingliederungsvereinbarung, wenn also „der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut“.11 Dafür genügt jeder eingliederungsspezifische Kontakt, mit dem sich die Perspektive eines späteren Vertragsschlusses verbindet.12 8 S. dazu nur Schneider, Verwaltungsverfahren (Fn. 5), § 28 Rn. 1, und HansHeinrich Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 6 Rn. 47 f. 9 BT-Drs. 15/1516, S. 2, 41, 44, 46, 69. 10 Allg. zur Anwendbarkeit der Vorschriften über das Verschulden bei Vertragsverhandlungen (c. i. c.) im Öffentlichen Recht Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 62 Rn. 45; Volker Emmerich, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 311 Rn. 83; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 427 m. w. N.; zum Sozialrecht Klaus Engelmann, in: Matthias von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 7. Aufl. 2010, § 61 Rn. 4c. 11 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Zur Einordnung des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB als Grundtatbestand der Norm s. Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 68 und 71. 12 Der Begriff der Vertragsanbahnung in § 311 Abs. 2 BGB wird weit verstanden; Christian Grüneberg/Holger Sutschet, in: Heinz Georg Bamberger/Herbert Roth (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 1, 2. Aufl. 2007, § 311 Rn. 46 ff.; Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 71; ders., Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 6 Rn. 16; Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 311 Rn. 23; Frank Peters, Die Erstattung rechtsgrundloser Zuwendungen, AcP 205 (2005), S. 159 (176 ff.). Im Zivilrecht ist selbstverständlich nicht von einem „eingliederungsspezifischen“, sondern – der breiten Anwendung auf eine Vielzahl von Vertragstypen geschuldet – allg. von einem „geschäftlichen Kontakt“ die Rede.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Davon ist bereits auszugehen, wenn der Leistungsberechtigte sich mit dem Begehren um Grundsicherung erstmals in den Geschäftsbereich des Grundsicherungsträgers begibt. Eine konkrete Absicht zum Vereinbarungsabschluß muß er dabei nicht haben, er muß noch nicht einmal vom Institut der Eingliederungsvereinbarung wissen. Die gebotene Perspektive eines Vertragsschlusses ergibt sich schon aus dem Umstand, daß das Gesetz die Grundsicherung für den Regelfall mit der Vereinbarung verknüpft, der Geschäftsbereich des Grundsicherungsträgers also gerade auch für den Abschluß der Eingliederungsvereinbarung eröffnet wurde13.14 Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ist ebensowenig erforderlich15 wie ein späterer Abschluß der Vereinbarung16. Ebenfalls unbeachtlich für die Begründung der vorvertraglichen Phase bleibt die Eröffnung des Verwaltungsverfahrens nach § 8 SGB X,17 die frühestens mit einem entsprechenden Antrag des Leistungsberechtigten erfolgt.18 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 2 BGB treffen insofern eine spezielle Regelung.19 13

S. nur § 1 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 SGB II. Für die Entbehrlichkeit der konkreten Absicht einen Vertrag zu schließen in entsprechenden Situationen Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 6 Rn. 16; einschränkend Lorenz/Riem, Schuldrecht (Fn. 15), Rn. 370. 15 Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen stellt nur eine besonders intensive Form der Vertragsanbahnung dar, s. § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB; Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 68, 71; ders., Leistungsstörungen (Fn. 12), § 6 Rn. 12 ff.; Peter Huber/Florian Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, S. 69 f.; Stephan Lorenz/Thomas Riem, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rn. 368. 16 Das folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, wo lediglich von einer Anbahnung die Rede ist; so auch Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 113; Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 10), § 62 Rn. 45; Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. 1987, S. 109. 17 Allg. zur dogmatischen Differenzierung zwischen Verfahrensrechtsverhältnis und Verwaltungsverfahren Thomas von Danwitz, Zu Funktion und Bedeutung der Rechtsverhältnislehre, DV 30 (1997), S. 339 (359), mit allerdings zweifelhaften Folgerungen; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 107 ff.; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 2), Kap. 6 Rn. 156 f.; Schneider, Verwaltungsverfahren (Fn. 5), § 28 Rn. 17 ff.; Martin Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, S. 208; Heribert Schmitz, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 9 Rn. 10 ff.; ungenau Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 414 f. 18 §§ 8, 18 SGB X i. V. m. § 37 Abs. 1 SGB II; s. dazu Christian Armborst, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Anhang Verfahren Rn. 5; Christian Link, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 37 Rn. 23; Dietrich Schoch, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 37 Rn. 4. Allg. zum Beginn antragsgebundener Verwaltungsverfahren Schneider, Verwaltungsverfahren (Fn. 5), § 28 Rn. 17 m. w. N. 19 Für die Rechtslage im allgemeinen Verwaltungsvertragsrecht i. E. ebenso, allerdings ohne oder mit anderer Begründung Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), 14

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C. Pflichten der Rechtssubjekte Die Pflichten der Rechtssubjekte im Vorfeld der Eingliederungsvereinbarung ergeben in ihrer Gesamtheit ein für vorvertragliche Rechtsverhältnisse ungewöhnliches Bild. Zwar gibt es die typischen weiteren Verhaltenspflichten, die entweder ausdrücklich geregelt sind oder sich aus den einschlägigen Rechtsgrundsätzen20 ableiten lassen. Doch bestehen im Vorfeld der Vereinbarung auch primäre Leistungspflichten der Beteiligten, was einen wesentlichen Unterschied zum herkömmlichen vorvertraglichen Rechtsverhältnis begründet21. Diese Leistungspflichten prägen die Phase vor Abschluß der Vereinbarung ganz besonders. Sie sollen deshalb erster Gegenstand der folgenden Erörterungen sein (I). Die Betrachtung der weiteren Verhaltenspflichten folgt dem nach (II), weil diese Pflichten nur flankierenden Charakter haben und erst nach einem Blick auf die flankierten Leistungspflichten so recht verständlich werden. I. Leistungspflichten Als Leistungspflichten gelten im folgenden alle Pflichten, die dem Rechtsverhältnis vornehmlich Inhalt und Bedeutung geben und seinen Charakter bestimmen. Sie betreffen mit anderen Worten grundsätzlich Leistungen, um deren Willen das Rechtsverhältnis überhaupt erst entstanden ist.22 Welche Leistungen das sind, folgt vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung vor allem aus dem SGB II und seinen Wertungen. Das gilt sowohl für die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten (1) als auch für die des Grundsicherungsträgers (2).

S. 107 ff.; Schneider, Verwaltungsverfahren (Fn. 5), § 28 Rn. 17 ff.; Schmitz, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 17), § 9 Rn. 10 ff.; vgl. auch Schulte, Verwaltungshandeln (Fn. 17), S. 208 und 217 f. 20 Angesprochen sind damit insbes. die Grundsätze von Treu und Glauben und des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes. Allg. zu den Grundlagen vorvertraglicher Pflichten Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 96 ff.; s. außerdem Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtslehre im Umbruch?, DV 25 (1992), S. 301 (321 f.); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 10), § 62 Rn. 46; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 106. Zu den wichtigsten Grundsätzen des Eingliederungsrechts s. o. § 8 C.III. 21 Das Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen gilt als gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten; s. dazu nur Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 106 ff. und 122. 22 Näher zum Pflichtenkonzept dieser Arbeit s. o. § 8 C.IV., und Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 7.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

1. Leistungspflichten des Leistungsberechtigten Vorvertragliche Leistungspflichten des Leistungsberechtigten sind die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung (a) sowie Meldeund Erscheinenspflichten (b). Ferner ist die Pflicht zur Wahrnehmung eines Sofortangebotes zu erwähnen (c). a) Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung Die Abschlußpflicht ist die wichtigste Leistungspflicht des Leistungsberechtigten im vorvertraglichen Eingliederungs-Rechtsverhältnis. Sie führt ohne weitere Zwischenschritte zur Eingliederungsvereinbarung, die dem SGB II als die wesentliche Grundlage der Eingliederung von Leistungsberechtigten gilt23. Gemeinsam mit der Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers verleiht sie dem Rechtsverhältnis in dieser Phase seinen vertragsbezogenen Charakter und wird so zur (Haupt-)Leistungspflicht. aa) Entstehung und Inhalt Die Pflicht des Leistungsberechtigten zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung entsteht mit dem Antrag auf Leistungen der Grundsicherung. Ab diesem Zeitpunkt hat er Anspruch auf Grundsicherung, aber auch die moralische und rechtliche Pflicht, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Dafür muß er „insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen“.24 Ein Erfolg ist nicht geschuldet, weil das Zustandekommen der Vereinbarung nicht nur von den Bemühungen des Leistungsberechtigten abhängt.25 Zudem müßte 23 Zur Eingliederungsvereinbarung als dem zentralen Steuerungsinstrument der Eingliederung nach dem SGB II s. nur Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn. 1; ders., Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (41); Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15 Rn. 1, § 15a Rn. 16; außerdem oben § 8 C.III.5. m. w. N. Die Eingliederungsvereinbarung ist entbehrlich, wenn die Eingliederung bereits auf Grund eines Sofortangebotes nach § 15a SGB II (näher dazu unten C.I.1.c] und C.I.2.c]) oder eines ausnahmsweise ergangenen Eingliederungs-Verwaltungsaktes (näher dazu unten C.I.1.a]cc] und C.I.2.a]bb]) erfolgte. 24 § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II. 25 Es kommt mindestens noch auf die Mitwirkung des Grundsicherungsträgers an. Der Umstand, daß ein mit der Leistung bezweckter Erfolg nicht nur von den Bemühungen des Schuldners abhängt, wird gemeinhin als Indiz gegen einen erfolgsbezogenen Charakter der jeweiligen Pflichtenstellung verstanden; s. nur Dieter Medicus, Schuldrecht II, 11. Aufl. 2003, Rn. 362.

§ 9 Vorvertragliche Phase – Begründung und Pflichten

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der Leistungsberechtigte Sorge tragen, nichtigkeitsbegründende Rechtsfehler der Eingliederungsvereinbarung zu vermeiden; eine Erwartung, die ihm in seiner Lage wegen der damit verbundenen Anforderungen nicht zumutbar ist. Er kann deshalb nicht einmal zum Angebot einer Vereinbarung verpflichtet sein, weil die Vereinbarung wenigstens rechtswirksam sein müßte, wenn die Verpflichtung nicht leerlaufen soll. Die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten hat daher nur handlungsbezogenen Charakter mit dem Inhalt, zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung bereit zu sein und ein darauf gerichtetes Angebot auch anzunehmen.26 Allerdings steht die gesetzliche Pflicht zum Anschluß einer Eingliederungsvereinbarung noch unter einem weiteren gewichtigen Vorbehalt. Die Vereinbarung und damit auch das darauf gerichtete Angebot müssen sowohl formell als auch materiell rechtmäßig sein. Das folgt aus dem Gebot, daß Gesetze in sich selbst und im Verhältnis zur Rechtsordnung insgesamt widerspruchsfrei sein müssen.27 Deshalb kann das SGB II den Leistungsberechtigten von vornherein nicht zur Annahme eines materiell rechtswidrigen Angebotes verpflichten, eines Angebotes also, das eine rechtswidrige Vereinbarung zum Inhalt hat.28 Anderenfalls begründete es einen Widerspruch zur Rechtsordnung im übrigen. Wegen des damit verbundenen Widerspruchs zu seinen eigenen Bestimmungen kann das Gesetz den Leistungsberechtigten auch nicht zur Annahme eines formell rechtswidrigen Angebotes verpflichten, eines Angebotes also, vor dessen Abgabe der jeweilige Grund26 Insoweit kommt der Verpflichtung ein Charakter zu, wie er auch bei dienstoder arbeitsrechtlichen Pflichten anzutreffen ist. Zum handlungsbezogenen Charakter dienst- oder arbeitsrechtlicher Pflichten s. nur Hermann Reichold, Arbeitspflicht und Arbeitszeit, in: Reinhard Richardi/Otfried Wlotzke/Hellmut Wißmann/Hartmut Oetker (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 36 Rn. 3, und Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2 HBd. 1, 13. Aufl. 1986, S. 309. 27 BVerfGE 1, 14 (37); 25, 216 (227); 98, 93 (97); 110, 248 (249 ff.); Utz Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, 2004, S. 575 ff.; Helmuth Schulze-Fielitz, in: Horst Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, 2. Aufl. 2006, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 141; Karl-Peter Sommermann, in: Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 20 Rn. 298 f., jeweils m. w. N. 28 Zudem darf der Grundsicherungsträger wegen des Prinzips von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ohnehin nur rechtmäßige Vereinbarungen anbieten. Für eine Abschlußpflicht nur bei Angeboten für eine rechtmäßige Vereinbarung i. E. auch LSG Baden-Württemberg vom 22. Januar 2007, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6; LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Juli 2007, Az. L 3 ER 175/07 AS, juris Rn. 18; VG Bremen vom 17. Mai 2005, Az. S1 V 725/05, juris Rn. 22; SG Hamburg vom 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 22; Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rn. 24; Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 12d.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

sicherungsträger nicht alle seine leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten erfüllt hat. Das gilt um so mehr, als der Leistungsberechtigte nach dem Konzept des SGB II alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muß.29 Diesem Erfordernis ist nur bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung Genüge getan, die nicht allein inhaltlich rechtmäßig, sondern auch sachlich richtig, also paßgenau und effizient ist.30 Die erforderliche Richtigkeitsgewähr besteht aber nur, wenn die auf die Abschlußpflicht bezogenen sonstigen Verhaltenspflichten Beachtung gefunden haben.31 In ihrer Gesamtheit ist die Verpflichtung des Leistungsberechtigten abhängig von der Zeit, die bis zur erfolgreichen Wiedereingliederung vergeht. Das folgt daraus, daß der Eingliederungsverlauf sich stets nach einer Eingliederungsvereinbarung richten soll32. Zunächst besteht die Abschlußpflicht, bis eine solche Vereinbarung zustande gekommen ist. Gelingt die Eingliederung mit dieser Vereinbarung nicht, steht grundsätzlich ein Neuabschluß an. Das ist der Fall, sobald die bisherige Vereinbarung entweder 29

§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Daß die Eingliederungsvereinbarung nach der Konzeption des SGB II paßgenau, vor allem auf die individuellen Bedürfnisse des Leistungsberechtigten zugeschnitten sein muß, ist soweit ersichtlich unbestritten; s. nur BT-Drs. 15/1516, S. 2, 41, 44, 46 und 69; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (590 f.); Miriam Hannes, Was gilt bei Eingliederungsvereinbarungen?, SozSich 2007, S. 68 (68); s. ferner oben § 8 C.III.3. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 31 Zur Notwendigkeit der Beachtung der leistungsbezogenen Verhaltenspflichten für die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungspflicht Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 9 ff. und 110 f.; vgl. auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 7 Rn. 7 ff.; Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 241 Rn. 67 ff., 90. Zur Richtigkeitsgewähr durch Verfahren BVerwG, NVwZ 1999, S. 989 (989); BayVGH, DVBl. 1994, S. 1199 (1199 f.); Martin Burgi, Verwaltungsverfahrensrecht zwischen europäischem Umsetzungsdruck und nationalem Gestaltungsunwillen, JZ 2010, S. 105 (108); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Fn. 2), Kap. 6 Rn. 46, 149 f., und ders., Verwaltungsverfahren, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. V – Rechtsquellen, Organisation, Finanzen, 3. Aufl. 2007, § 109 Rn. 65; Ulrich Stelkens, Der Eigenwert des Verfahrens im Verwaltungsrecht, DVBl. 2010, S. 1078 (1078 f. und 1086); vgl. auch Joachim Martens, Die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 1985, Rn. 34 ff., und Michael Sachs, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 45 Rn. 10 f.; speziell für die Eingliederungsvereinbarung Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 23), S. 42; Katharina von Koppenfels-Spies, Kooperation unter Zwang? – Eingliederungsvereinbarungen des SGB II im Lichte des Konzepts des „aktivierenden Sozialstaats“, NZS 2011, S. 1 (2). 32 S. dazu Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 28), S. 41, und die weiteren Nachweise in Fn. 23 sowie oben bei § 8 C.III.5. 30

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durch Fristablauf33 oder aus anderen Gründen34 endet, der Leistungsberechtigte aber zu Recht weiterhin Grundsicherung einfordert. Die Pflicht zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung entsteht unter diesen Umständen also fortgesetzt neu. Insoweit liegen wiederkehrende Verpflichtungen im Laufe der Zeit vor. bb) Erlöschen Von den Gründen, aus denen eine Pflicht erlöschen kann, sind für die jeweilige Abschlußpflicht vor allem die Erfüllung, die Leistung an Erfüllungs statt und der Wegfall des Pflichtigen von Bedeutung.35 Erfüllung tritt ein, sobald der Leistungsberechtigte die geschuldete Leistung bewirkt,36 die ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung also angenommen hat. Eine taugliche Leistung an Erfüllungs statt liegt vor, wenn der Grundsicherungsträger als Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt akzeptiert.37 Weil das SGB II von beiden Parteien ein Verhalten fordert, das auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gerichtet ist,38 ist allerdings nur eine dahingehende Leistung39 akzeptabel. Diese Anforderungen sind erfüllt, wenn der Leistungsberechtigte selbst ein entsprechendes Angebot unterbreitet, das der Grundsicherungsträger dann annimmt. Gleiches gilt, wenn beide Parteien den Text der Eingliederungsvereinbarung gemeinsam aufsetzen und danach durch ihre Unterschrift ihr Einverständnis bekunden40. Die 33 Die Eingliederungsvereinbarung ist grds. auf sechs Monate zu befristen (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II). 34 Eingehend dazu unten § 13 B. 35 Zu den möglichen Erlöschensgründen von Pflichten Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 12), Überbl v § 362 Rn. 3 ff.; Joachim Wenzel, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, Vor § 362 Rn. 2 ff. Zur entsprechenden Anwendbarkeit der zugehörigen Vorschriften auf öffentlichrechtliche Schuldverhältnisse Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 441 ff. 36 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 362 Abs. 1 BGB. 37 § 61 Satz 2 SGB X i. V.m. § 364 Abs. 1 BGB; allg. zu Einzelheiten s. nur Wenzel, Münchener Kommentar (Fn. 35), § 364 Rn. 1 ff. 38 S. oben C.I.1.a)aa) und sogleich C.I.2.a). 39 Zu den verschiedenen Möglichkeiten eines Vertragsschlusses durch Willenserklärungen Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, S. 619; vgl. auch Ernst A. Kramer, in: Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, § 147 Rn. 2 ff., und Karl Larenz, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, S. 515 ff. 40 Sog. „Vertragsschluß durch beiderseitige Zustimmung“; Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 39), S. 619. Die Verwendung von Vordrucken ist dadurch nicht ausge-

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Abschlußpflicht erlischt schließlich auch durch den Wegfall des Pflichtigen, wenn der Bürger zum Beispiel keinen Anspruch auf Grundsicherung mehr hat41 oder seinen Leistungsantrag zurücknimmt42. Bei Wegfall des Pflichtigen erlischt die Abschlußpflicht im übrigen auch in ihrer Gesamtheit.43 cc) Insbesondere: Kein Erlöschen durch Eingliederungs-Verwaltungsakt Die Pflicht des Leistungsberechtigten erlischt nicht schon mit Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. In Betracht käme ohnehin nur ein Erlöschen wegen Zweckerreichung44. Das setzte aber voraus, daß der mit der Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung verfolgte Zweck ebensogut mit einem EingliederungsVerwaltungsakt erreicht werde könnte.45 Dafür spricht auf den ersten Blick, daß Vertrag und Verwaltungsakt rechtsfunktionell äquivalent sind.46 Beide schlossen, weil das gemeinsame Aufsetzen eines Vertragstextes auch mit beiderseits akzeptierten Hilfsmitteln erfolgen kann. 41 Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Grundsicherung s. § 7 SGB II. Die Berechtigung entfällt insbes. mit dem Wegfall der Erwerbsfähigkeit oder der Hilfebedürftigkeit; näher Stephan Thie/Dietrich Schoch, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 7 ff. 42 S. dazu § 37 SGB II. Zur Möglichkeit der Zurücknahme eines Leistungsantrags BVerwGE 30, 185 (186 f.); BSGE 60, 79 (83); Sabine Mönch-Kalina, in: Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB I, 2005, § 16 Rn. 30; Helmut Reinhardt, in: Utz Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, 2. Aufl. 2008, § 16 Rn. 11. 43 Zum Erlöschen einer Dauerschuld allg. Wenzel, Münchener Kommentar (Fn. 35), § 362 Rn. 28. 44 Die Zweckerreichung als Fall, in dem der Leistungszweck ohne Zutun des Schuldners erreicht wird, kann zwar nicht ohne weiteres zum Erlöschen der geschuldeten Leistung führen, sie kann aber deren Unmöglichkeit oder zumindest den Wegfall der Geschäftsgrundlage begründen; dazu allg. Wenzel, Münchener Kommentar (Fn. 35), Vor § 362 Rn. 7 m. w. N. 45 Dafür in viel zu verkürzender Betrachtung LSG Niedersachsen-Bremen v. 31. Juli 2007, Az. L 8 AS 605/06 ER, juris Rn. 21 f.; OVG Hansestadt Bremen v. 15. August 2007, Az. S2 B 292/07, juris Rn. 20; SG Freiburg v. 9. November 2007, Az. S 12 AS 775/06, juris Rn. 22; LSG Baden-Württemberg v. 22. Januar 2007, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6; SG Köln v. 30. Januar 2008, Az. S 19 AS 1/08 ER, juris Rn. 21; BSGE 104, 185 (188); ebenso Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 10 und 12, der eine weitgehende rechtliche Identität zwischen Eingliederungsvereinbarung und Verwaltungsakt ausmacht, und Daniel O’Sullivan, Verfassungsrechtliche Fragen des Leistungsrechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGb 2005, S. 369 (374). 46 Darauf beziehen sich wohl auch die in Fn. 45 genannten Befürworter der Gleichstellung von Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungs-Verwaltungsakt. Zur rechtsfunktionellen Äquivalenz von Verwaltungsakt und Vertrag allg. Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 10), § 54 Rn. 8; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2),

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dienen der Regelung eines Einzelfalles und können deshalb gleichermaßen einen Eingliederungsverlauf vorgeben sowie Rechte und Pflichten der Beteiligten begründen47. Das Gesetz greift diese Möglichkeit sogar auf, wenn es die Regelung der Leistungen und Bemühungen zur Eingliederung durch Verwaltungsakt zuläßt, falls eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt.48 Noch deutlicher wird das Allgemeine Verwaltungsrecht, wonach die „Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlichrechtlichen Vertrag“ schließen kann.49 Allerdings dient die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung – und das ist eine ganz wesentliche Erkenntnis – nicht allein der formalen Regelung eines Einzelfalles. Die Beteiligten sollen vor allem das weitere Verfahren für eine schnelle, individualisierte und paßgenaue Eingliederung gemeinsam erarbeiten.50 Damit wendet sich das Gesetz nicht nur gegen die längst überholte Vorstellung, der Staat könne öffentliche Interessen allein und einseitig mindestens ebenso gut wahrnehmen und durchsetzen, wenn nicht sogar besser. Die Mitwirkung des Leistungsberechtigten ist sogar unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen eines paßgenauen und effizienten Eingliederungsverfahrens, weil nur der Leistungsberechtigte die dafür maßgebenden Umstände hinreichend genau kennt. Deshalb fordert das Gesetz die aktive Mitarbeit des Leistungsberechtigten geradezu heraus und will seine Eigenverantwortung, Eigeninitiative und Unabhängigkeit stärken.51 Es will ihn als selbstbestimmtes Individuum sehen, das sich von Anfang an auf partnerschaftlicher Ebene um eine angemessene Eingliederungsregelung bemüht und streitet. Diesen Zweck erfüllt die Eingliederungsvereinbarung in besonderem Maße. Als Vertrag kann sie den weiteren Verlauf der Eingliederung nur nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien regeln.52 Die aktive Mitwirkung des Leistungsberechtigten ist dabei unabdingbar, so daß er von vornherein § 14 Rn. 18; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 176 f.; Rolf Stober, Verwaltungsrechtliche Verträge, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 7. 47 So ausdrücklich BSGE 104, 185 (188 und 190). 48 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 49 S. nur § 54 Satz 2 VwVfG und § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X. 50 BT-Drs. 15/1516, S. 46; SG Hamburg vom 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/ 07 ER, juris Rn. 21; s. auch von Koppenfels-Spies, Kooperation (Fn. 31), S. 2; Hannes, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 30), SozSich 2007, S. 68 (68); Foroud Shirvani, Konsensuale Instrumente im SGB II, SGb 2010, S. 257 (259). 51 S. dazu §§ 1 und 2 SGB II, und BT-Drs. 15/1516, S. 2, 44, 46, 50, 51, 54. 52 Allg. zum Vertrag Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 177; s. auch Rainer Pitschas, Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren im „aktivierenden“ Sozialstaat, in: Matthias von Wulffen/Otto Ernst Krasney (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 2004, S. 765 (779).

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nicht nur Objekt staatlichen Handelns sein kann, sondern ein gleichberechtigter Partner ist. Eine Vergleichbarkeit zwischen dem einseitig hoheitlichen Handeln durch Verwaltungsakt und der Eingliederungsvereinbarung entsteht auch nicht durch die gesetzlich begründete Verpflichtung des Leistungsberechtigten zum Abschluß der Vereinbarung und den drohenden Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes bei Verweigerung der Abschlußpflicht53. Selbst eine Sanktionsbewehrung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten – wie sie etwa besonders streng über § 31 Abs. 1 SGB II a. F.54 eingerichtet war – könnte an dieser Einschätzung nichts ändern.55 Die beschriebenen, mit der Vereinbarung einhergehenden weitreichenden Handlungsperspektiven und Möglichkeiten verliert der Leistungsberechtigte dadurch nicht, insbesondere nicht die mit einer ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung einhergehende, im Vergleich zum Verwaltungsakt deutlich erhöhte Gewähr für mehr Paßgenauigkeit und Effizienz56. Das folgt vor allem aus dem Umstand, daß der Leistungsberechtigte von vornherein nicht verpflichtet ist eine Vereinbarung zu schließen, die er nicht aktiv und selbstbestimmt mitgestalten konnte, weil das Angebot des Grundsicherungsträgers dann zumindest formell rechtswidrig wäre.57 Selbst bei einem rechtmäßigen Angebot wären die drohenden Folgen aus einer Abschlußverweigerung und der Druck zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung nicht unwiderstehlich, weil diese Folgen nicht existenzbedrohend sind. Die sozialstaatlich garantierte Grundversorgung bleibt bei richtigem Verständnis 53

S. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. S. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. 55 Anders beispielsweise Wolfgang Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung nach SGB II und Leistungsabsprache nach dem SGB XII aus Sicht der Sozialgerichtsbarkeit, Sozialrecht aktuell 2006, S. 52 (54); ders., SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 10, § 15a Rn. 16, der die Eingliederungsvereinbarung vor allem wegen der mit ihr verbundenen Sanktionen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. als „verkapptes hoheitliches Handeln“ eingeordnet hat. 56 Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung in der Praxis hat die klare Überlegenheit der Eingliederungsvereinbarung gegenüber dem Eingliederungs-Verwaltungsakt deutlich belegt. Die persönlichen Ansprechpartner, die in der Eingliederungsvereinbarung gesetzeskonform einen ausgehandelten Vertrag sahen, konnten einen signifikant höheren Eingliederungserfolg verzeichnen als diejenigen, die in der Vereinbarung eine behördliche Vorgabe erkannten, sie also im Ergebnis wie einen Verwaltungsakt handhabten; s. o. insbes. § 7 A. 57 Der Leistungsberechtigte ist zur Annahme eines Angebotes des Grundsicherungsträgers nur verpflichtet, wenn dieses Angebot formell und materiell rechtmäßig ist, s. o. C.I.1.a)aa). Zur formellen Rechtmäßigkeit des Angebotes gehört es aber, daß der Grundsicherungsträger es mit dem Leistungsberechtigten ausgehandelt hat; näher dazu unten C.II.1.d). 54

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des Rechts der Eingliederungsvereinbarung stets sichergestellt.58 Es erhöht sich nur der Druck zu aktiver Mitarbeit und selbständigem Handeln, mag das manchem auch höchst ungelegen kommen. Der Eingliederungs-Verwaltungsakt ist vor diesem Hintergrund auffällig weit davon entfernt, den Zwecken der Abschlußpflicht zu genügen.59 Er setzt ein, wenn der Leistungsberechtigte bereits eine Verweigerungshaltung eingenommen hat. Dort bestimmt er die weitere Verfahrensweise einseitig befehlend, verbindlich diktierend und ohne aktive oder gar selbstbestimmte Mitwirkung des Leistungsberechtigten. Er wird so geradezu zum Sinnbild objektivierender behördlicher Fremdbestimmung.60 Selbst von inhaltlicher Übereinstimmung mit einer möglichen Eingliederungsvereinbarung kann keine Rede sein, sonst wäre die Vereinbarung ja zustande gekommen.61 Der Grundsicherungsträger kann den Inhalt einer konsensfähigen Eingliederungsvereinbarung überhaupt nicht kennen, weil ihm das dafür erforderliche Verhandlungsergebnis unbekannt ist. Auf dieser Basis ist keine schnelle, individualisierte und paßgenaue Eingliederung unter aktiver Mitwirkung eines 58 Für das Sanktionensystem nach § 31 SGB II a. F. Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 (1025); Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 28), § 31 Rn. 12; Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 31 Rn. 54; Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (899); Rixen, SGB II (Fn. 28), § 31 Rn. 51; Ralf Rothkegel, Rechtliche Prinzipien der Sicherung des Lebensunterhalts, ZFSH/SGB 2005, S. 391 (398). 59 Allg. zur auffälligen wesensmäßigen Verschiedenheit von Verwaltungsakt und Vertrag Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags, 1988, S. 115, 202; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 176 f.; Eberhard Schmidt-Aßmann/Walter Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, 2. Aufl. 1992, S. 185 f.; Joachim Schmidt-Salzer, Tatsächlich ausgehandelter Verwaltungsakt, zweiseitiger Verwaltungsakt und verwaltungsrechtlicher Vertrag, VerwArch 62 (1971), S. 135 (137). Mit Blick auf das Sozialrecht Pitschas, Verwaltungsverfahren (Fn. 52), S. 779. 60 Das übersehen die in Fn. 45 genannten Vertreter der Gegenauffassung. Besonders deutlich BSGE 104, 185 (188 und 190), ferner Berlit, Grundsicherung (Fn. 45), S. 311, und Tobias Rauch/Frank Zellner, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II, 2008, S. 75 ff., die in diesem Zusammenhang allen Ernstes von einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt sprechen. Allg. zu den in Rede stehenden Wesensmerkmalen des Verwaltungsaktes Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 14 Rn. 18, und § 9 Rn. 6 und 22; Schmidt-Salzer, Verwaltungsakt (Fn. 59), S. 137; Rolf Stober, Bedeutung, Zulässigkeit und Begriff des Verwaltungsaktes, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 45 Rn. 38 f. 61 Unzutreffend also Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 42, wenn er annimmt, der „vereinbarungsersetzende Verwaltungsakt hat denselben Inhalt aufzuweisen wie die Eingliederungsvereinbarung“. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II bestimmt nur allg., wie weit der Eingliederungs-Verwaltungsakt denselben Regelungsgegenstand hat wie eine Eingliederungsvereinbarung; s. auch Hammel, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 30), S. 594.

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eigenverantwortlichen Leistungsberechtigten zu erwarten.62 Folgerichtig erlaubt das Gesetz den Eingliederungs-Verwaltungsakt nur subsidiär63 und ohne regelmäßige Wirkungsdauer von sechs Monaten64. Die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten erlischt daher nicht mit Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. b) Melde- und Erscheinenspflichten Ebenfalls Leistungspflichten des Leistungsberechtigten sind die Pflichten nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III, sich persönlich bei dem zuständigen Träger zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen65. Sie entstehen mit Aufforderung durch den zuständigen Grundsicherungsträger66 und erlöschen insbesondere durch Erfüllung oder fruchtloses Verstreichen des Termins67. Die Melde- und Erscheinenspflichten dienen dem Zustandekommen einer effizienten und paßgenauen Eingliederungsvereinbarung, indem sie die potentiellen Vertragsparteien zusammenführen oder zumindest bei der Standortbestimmung des Leistungsberechtigten im Eingliederungsprozeß helfen. Das gilt jedenfalls soweit die Aufforderung zur Vorbereitung der Vereinbarung ergeht, so daß der Grundsicherungsträger die Pflichterfüllung auch einfordern kann. Das Gesetz bestätigt diese Einschätzung grundsätzlich, indem es die Pflichtverletzung über § 32 SGB II sanktioniert. Damit wertet es die Melde- und Erscheinenspflichten im Eingliederungs-Rechtsverhältnis zugleich so weit auf, daß ihre Einordnung als (Neben-)Leistungspflichten gerechtfertigt ist.

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S. dazu auch Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 58), S. 898. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 64 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II verweist nicht auf § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II, in dem der regelmäßige Abschluß der Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geregelt ist. 65 S. dazu Jens Blüggel, Die Mitwirkungspflichten des Arbeitsuchenden nach dem SGB II: Was fordert das neue Recht?, SozSich 2005, S. 12 (16 f.); Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 32 Rn. 1 ff.; Rixen, SGB II (Fn. 28), § 31 Rn. 24 ff. 66 Die Rechtsnatur der Aufforderung ist umstritten; s. nur Blüggel, Mitwirkungspflichten (Fn. 65), S. 16 m. w. N. (Verwaltungsakt), und Rixen, SGB II (Fn. 28), § 31 Rn. 26 (kein Verwaltungsakt). 67 Das Erlöschen nach Pflichterfüllung folgt aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 362 BGB. Läßt der Leistungsberechtigte den Termin verstreichen, ist die Pflicht durch ihren absoluten Fixcharakter wegen Unmöglichkeit nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. 63

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c) Exkurs: Wahrnehmung eines „Sofortangebotes“ Die Pflicht zur Wahrnehmung eines Sofortangebotes nach § 15a SGB II betrifft erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die gerade erst hilfebedürftig geworden sind und einen Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt haben.68 Das Sofortangebot ist entgegen der etwas irreführenden Terminologie kein Angebot zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung. Es handelt sich um eine einseitig verordnete Eingliederungsleistung, die der Grundsicherungsträger dem Leistungsberechtigten unverzüglich69 nach dem gestellten Antrag für eine umgehende (Wieder-)Eingliederung unterbreiten soll.70 Damit ist die Pflicht zur Wahrnehmung des Sofortangebotes noch nicht einmal darauf angelegt, Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung zu werden.71 Gleichwohl bedarf es an dieser Stelle einiger klarstellender Bemerkungen: Die in Rede stehende Verpflichtung kann unbeschadet weiterer Einschränkungen72 nur für solche Eingliederungsleistungen gelten, deren Umsetzung die Beteiligten jederzeit einvernehmlich und ohne rechtliche oder tatsächliche Nachteile beenden können;73 das wird insbesondere bei der Vermittlung von Arbeitsstellen der Fall sein. Anderenfalls bestünde die Möglichkeit, daß die einseitig verordnete Eingliederungsmaßnahme (Sofortangebot) den weiteren Eingliederungsprozeß bis zu ihrem Ablauf bindet und dadurch den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung für diese Zeit weitgehend erübrigt. Wäre die Maßnahme zudem längerfristig angelegt, stünde das Konzept von der einvernehmlichen und partnerschaft68 Grundlage der Verpflichtung sind die §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Die Betroffenen dürfen innerhalb der letzten zwei Jahre weder nach dem SGB II noch nach dem SGB III laufende Geldleistungen bezogen haben, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen; s. § 15a SGB II, dessen Anwendungsbereich sich zwar nicht auf Angebote an Leistungsberechtigte beschränkt, der im vorliegenden Zusammenhang aber nur insoweit von Interesse ist. Dazu können etwa gescheiterte Selbständige, Studenten nach Abschluß des Studiums oder Jugendliche nach Abschluß der Schulausbildung gehören; s. Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 2; Imme Müller, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand 5/2007, § 15a Rn. 10. 69 Zum Begriff Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 11; Stephan Thie, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 15a Rn. 10. 70 Nach BT-Drs. 16/1410 S. 21 ist diese Vorgehensweise „ein geeignetes Mittel, Hilfebedürftigkeit zu vermeiden bzw. einer länger andauernden Zeit der Hilfebedürftigkeit vorzubeugen“. 71 Vgl. Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 1, 16; Thie, Sozialgesetzbuch II (Fn. 69), § 15a Rn. 7. 72 Das Sofortangebot muß insbes. zumutbar sein, arg. ex § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB II. 73 Großzügiger wohl Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 2 und 16, und Thie, Sozialgesetzbuch II (Fn. 69), § 15a Rn. 9.

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lichen Steuerung der Eingliederung mit der Eingliederungsvereinbarung als zentralem Steuerungsinstrument74 endgültig in Frage.75 Schließlich wäre die angestrebte paßgenaue und auf die individuellen Bedürfnisse des Leistungsberechtigten zugeschnittene Eingliederung wegen der Einseitigkeit und Unverzüglichkeit des Angebotes nicht gewährleistet. Das entspräche auch nicht dem Anliegen des Gesetzgebers, der sich ausdrücklich zu den bisherigen „Eckpfeilern der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ bekannt und festgestellt hat, die mit Einführung des SGB II „vollzogenen Weichenstellungen sind zielführend und finden im In- und Ausland Anerkennung“, insoweit sei „Kontinuität erforderlich“.76 2. Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers Vorvertragliche Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers sind die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung (a) und zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II (b). Darüber hinaus ist die Pflicht zur Unterbreitung eines Sofortangebotes kurz zu erwähnen (c). a) Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung Auch für den Grundsicherungsträger ist die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung die wichtigste vorvertragliche Leistungspflicht. Für ihn kann nichts anderes gelten als für den Leistungsberechtigten, mit dem er prinzipiell gleichberechtigt die Eingliederung auf Grund einer Eingliederungsvereinbarung betreiben soll77. aa) Entstehung Die Pflicht des Grundsicherungsträgers zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung entsteht, sobald die Grundsicherungsleistungen von Gesetzes wegen zu erbringen sind; das ist in der Regel der Zeitpunkt, in dem der Leistungsberechtigte einen Antrag auf diese Leistungen gestellt hat.78 74

S. die Nachweise in Fn. 23. In diese Richtung auch Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 16, der daraus aber die unzutreffenden Schlüsse zieht und darin nur ein weiteres Indiz für die Einordnung der Eingliederungsvereinbarung als „verkapptes hoheitliches Handeln“ ausmacht. 76 BT-Drs. 16/1410, S. 21. 77 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 1, und die weiteren Nachweise aus Fn. 23. 78 Die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, wozu auch der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gehört, sind nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II Bestandteil 75

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Von diesem Augenblick an „soll“ der jeweilige Grundsicherungsträger nach § 15 SGB II „mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung)“,79 was ein subjektiv-öffentliches Recht des Leistungsberechtigten begründet80. „Soll“ die Verwaltung tätig werden, so ist sie dazu nämlich in der Regel verpflichtet und kann nur in Ausnahmefällen davon absehen.81 Solche Ausnahmefälle sind vor allem gegeben, wenn ein Ende der Hilfebedürftigkeit ohne weitere Eingliederungsmaßnahmen offensichtlich unmittelbar bevorsteht, weil es dann nichts gäbe, was noch zu vereinbaren wäre.82 Gleiches muß mit Blick auf ein Ende der Erwerbsfähigkeit gelten, weil dann weitere Eingliederungsbemühungen untunlich sind. (1) Einwände des Bundessozialgerichts Dagegen wendet sich das Bundessozialgericht, das in § 15 Abs. 1 SGB II eine reine Verfahrensvorschrift zu erkennen glaubt. Demnach treffe der Grundsicherungsträger lediglich eine nicht justiziable Opportunitätsentscheider Grundsicherung. Sie werden nach § 37 SGB II auf Antrag und grds. nur für die darauf folgende Zeit erbracht; s. nur Link, SGB II (Fn. 18), § 37 Rn. 23 f., und Schoch, Sozialgesetzbuch (Fn. 18), § 37 Rn. 1. 79 § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 80 So i. E. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 28), § 15 Rn. 15 – in der Neuauflage allerdings undeutlich ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 15 – und Rixen, SGB II (Fn. 81), § 15 Rn. 4, beide mit dem zutreffenden Hinweis, daß der Anspruch nicht auf eine Eingliederungsvereinbarung mit einem ganz bestimmten Inhalt gerichtet ist. In diese Richtung wohl auch noch Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 15. 81 Dazu allg. Matthias Jestaedt, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: HansUwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 11 Rn. 57; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 7 Rn. 11; zur Übernahme dieses Regel-Ausnahme-Prinzips auf die in Rede stehende Konstellation Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 15 f.; Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 4; Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 15. 82 Beispielhaft sind das nur noch wenige Tage ausstehende Erreichen der Altersgrenze nach § 7a SGB II oder der bereits abgeschlossene, aber erst in wenigen Tagen wirksam werdende Arbeitsvertrag des Leistungsberechtigten zu erwähnen. S. dazu auch Berlit, Sozialgesetzbuch (Fn. 23), § 15 Rn. 16, der darunter – dogmatisch allerdings unzutreffend und in der Sache sehr erstaunlich – auch darüber hinausgehende Fälle einordnet, insbes. den Fall der Weigerung des Leistungsberechtigten, eine Eingliederungsvereinbarung auszuhandeln oder abzuschließen; näher dazu unten § 10 A.I.1.a). Entgegen Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 15 a. E. begründet auch § 15a SGB II keinen atypischen Fall, der den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung entbehrlich machte; näher dazu C.I.1.c) und 2.c).

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

dung darüber, ob er die Eingliederung des Hilfebedürftigen83 auf Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung oder eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes betreibt. Ein subjektiv-öffentliches Recht des Hilfebedürftigen bestehe in diesem Zusammenhang nicht.84 Zur Begründung führt das Gericht aus, der Hilfebedürftige erleide mit dem Erlaß eines Verwaltungsaktes keinerlei Rechtsverlust.85 Ein Anspruch des Hilfebedürftigen auf Eingliederungsleistungen lasse sich sowohl mit einer Eingliederungsvereinbarung als auch mit einem Eingliederungs-Verwaltungsakt begründen.86 Außerdem vermöge die einer Eingliederungsvereinbarung vorgeschaltete Verhandlung allein „keine passgenaue Betreuung und Vermittlung des Arbeitsuchenden (. . .) (zu) gewährleisten“. Dagegen könne „eine angemessene Anhörung des Hilfebedürftigen vor Erlass eines Verwaltungsaktes (§ 24 SGB X) (. . .) für ‚passgenaue‘ Eingliederungsleistungen sorgen“.87 Schließlich bestätige auch die Entstehungsgeschichte des § 15 SGB II, daß die „Einseitigkeit der Durchsetzungsmöglichkeiten im Hinblick auf die Vorstellungen des Grundsicherungsträgers (. . .) im Gesetz nicht eingeschränkt worden“ ist.88 (2) Entkräftung dieser Einwände Die einzelnen Argumente können weder für sich noch in ihrer Gesamtheit überzeugen. Ein subjektiv-öffentliches Recht liegt vor, wenn eine Rechtsnorm die Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet und die Rechtsnorm zumindest auch dem Schutz der Interessen der einzelnen Bürgers dient.89 Für eine Pflicht des Grundsicherungsträgers, mit dem 83 Der Gesetzgeber hat die Bezeichnung „Hilfebedürftiger“ durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) zum 1. April 2011 durch die Bezeichnung „Leistungsberechtigter“ ersetzt, ohne in der Sache etwas zu ändern. Die Arbeit behält die ursprüngliche Terminologie „Hilfebedürftiger“ aus Gründen der Authentizität bei, soweit sie Argumente aus der noch 2009 ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSGE 104, 185 [185 ff.]) vorstellt. 84 BSGE 104, 185 (187); dem folgend Wolfgang Spellbrink, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II und ihre Sanktionierung, in: Deutscher Sozialgerichtstag e. V. (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte – Bilanz und Perspektiven, 2009, S. 45 (53 f.), und ders., Sozialrecht durch Verträge?, NZS 2010, S. 649 (653). 85 BSGE 104, 185 (187). 86 BSGE 104, 185 (188 und 190). 87 BSGE 104, 185 (190). 88 BSGE 104, 185 (189). 89 Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 8 Rn. 6 ff.; Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 31), § 40 Rn. 133; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 4. Aufl. 2010, § 71 Rn. 2; deutlich großzügiger Johannes Masing, Der Rechtsstatus des Einzelnen im Verwaltungsrecht, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/

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Leistungsberechtigten grundsätzlich eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen und nur ausnahmsweise einen Eingliederungs-Verwaltungsakt zu erlassen, spricht schon der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Das muß auch das Bundessozialgericht einräumen.90 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II unterstreicht dieses Verständnis, weil er den Erlaß eines Verwaltungsaktes nur zuläßt, „wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande“ kommt. Sinn und Zweck des § 15 SGB II lassen ebenfalls auf eine entsprechende Pflicht des Grundsicherungsträgers schließen. Anders als das Bundessozialgericht offenbar meint, geht es nämlich nicht allein darum, dem Leistungsberechtigten mit der Eingliederungsvereinbarung oder dem EingliederungsVerwaltungsakt eine Anspruchsgrundlage für seine Eingliederungsleistungen zu verschaffen.91 Vielmehr sollen die Beteiligten in aktiv kooperativer Weise eine Eingliederungsvereinbarung aushandeln92, was mehr Richtigkeit und Paßgenauigkeit der Eingliederungsmaßnahmen verspricht als eine einseitige Vorgabe durch Verwaltungsakt, auch nach ordnungsgemäßer Anhörung.93 Diese Vorzüge kooperativen Handelns sind in der Verwaltungsrechtswissenschaft seit langem bekannt und anerkannt.94 Die gegenteilige Auffassung des Bundessozialgerichts darf mindestens als überholt gelten.95 Auch die Verwaltungspraxis zeichnet ein ganz anderes Bild als es dem Gericht vorschwebt. Demnach sind die persönlichen Ansprechpartner, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkennen, Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 7 Rn. 102 ff., 109 ff. 90 BSGE 104, 185 (188). 91 S. dazu noch einmal BSGE 104, 185 (188 und 190). 92 Zu Begründung und Ausgestaltung der Verhandlungspflichten sogleich unter C.II.1.d). 93 S. nur BT-Drs. 15/1516, S. 46; SG Hamburg vom 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 21; von Koppenfels-Spies, Kooperation (Fn. 31), S. 2. 94 S. dazu aus der umfangreichen Literatur etwa Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 8 ff.; Arthur Benz, Kooperative Verwaltung, 1994, S. 13, 23 ff.; Martin Eifert, Regulierungsstrategien, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 19 Rn. 52 ff.; Helmuth Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabewahrnehmung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 12 Rn. 64 ff., insbes. Rn. 75, u. a. mit dem Hinweis auf Kooperationstendenzen zwischen Bürger und Staat schon im 19. Jahrhundert (!); Jan Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht (Public Private Partnership), 2001, S. 59 ff., 70 f., 94 ff.; alle m. w. N. 95 Von einer gewissen „Theorienphobie, die nicht selten einhergeht mit einer ordentlichen Prise Ignoranz und Unkenntnis über den praktischen Nutzen ‚guter‘ Theorie“, spricht allg. auch mit Blick auf die Verwaltungsrechtsprechung Andreas Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1 Rn. 48.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

signifikant erfolgreicher als jene, die die Eingliederungsvereinbarung wie einen klassischen Verwaltungsakt behandeln.96 Vor diesem Hintergrund weist systematisch neben § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch § 14 Satz 1 SGB II in die Richtung des vorrangigen Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung. Der Grundsicherungsträger unterstützt den Leistungsberechtigten nur dann umfassend, wenn er mit ihm den offensichtlich erfolgreicheren Weg über die Eingliederungsvereinbarung beschreitet und damit auch die in § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB II propagierte Eigenverantwortung des Leistungsberechtigten fordert und fördert. Schließlich spricht die Entstehungsgeschichte des § 15 SGB II viel mehr für den Vorrang der Eingliederungsvereinbarung vor dem Verwaltungsakt als für eine Gleichordnung der beiden Handlungsformen. Das Gericht trägt selbst vor, in der ursprünglichen angedachten Fassung des § 15 SGB II sei von „festgelegten“ Eingliederungsleistungen die Rede gewesen, während der Gesetzgeber sich später mit Blick auf einen partnerschaftlichen Umgang zwischen den Beteiligten für ein „vereinbaren“ entschieden habe.97 Deutlicher läßt sich der Unterschied zwischen Eingliederungsvereinbarung und Eingliederungs-Verwaltungsakt kaum noch herausstellen. So wie die vorgetragenen Argumente die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zum vorrangigen Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung anzeigen, belegen sie, daß die einschlägigen Vorschriften zumindest auch dem Schutz der Interessen des einzelnen Leistungsberechtigten dienen. Mit dem hier entwickelten Verständnis unterstreichen sie seine Rechtssubjektivität am stärksten und ermöglichen ihm die erfolgversprechendste Art und Weise der Eingliederung. Das räumt im Ergebnis selbst das Bundessozialgericht ein, wenn es ausführt, daß die „Eingliederungsvereinbarung die Stellung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gegenüber der reinen Ermessensentscheidung“ verbessert98. Diese Sichtweise gewinnt unter dem Eindruck von Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG besonderes Gewicht, wenn der Einzelne so am wahrscheinlichsten wieder die Möglichkeit erhält, seine Persönlichkeit durch Arbeit zu entfalten und 96 Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis hat gezeigt, daß von den Ansprechpartnern, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkennen, etwa doppelt so viele einen Eingliederungserfolg verzeichnen können wie ihre Kollegen aus der Vergleichsgruppe; s. insbes. § 7 A. Die unzutreffende Vorstellung des Bundessozialgerichts von der Wirklichkeit ist zwar unerfreulich aber nachvollziehbar, weil den Vertretern namentlich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durch ihre naturgemäß „pathologische Sicht“ auf die Realität (s. dazu nur Schlette, Vertragspartner [Fn. 1], S. 239 f.) schlicht die erforderlichen Kenntnisse über die „normale“ Verwaltungspraxis fehlen. 97 BSGE 104, 185 (189); s. ferner BT-Drs. 15/1749, S. 32. 98 BSGE 104, 185 (190 f.).

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damit Achtung und Selbstachtung zu erfahren.99 Ein subjektiv-öffentlicher Anspruch aus § 15 SGB II ist vor diesem Hintergrund nicht in Abrede zu stellen.100 bb) Inhalt Der Grundsicherungsträger schuldet zur Erfüllung seiner Abschlußpflicht keinen Erfolg, weil der Abschluß der Vereinbarung nicht von ihm allein abhängt.101 Davon geht auch das Gesetz aus, wenn es hilfsweise den Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes102 zuläßt. Allerdings kann sich die Abschlußpflicht nicht wie bei dem Leistungsberechtigten darin erschöpfen, lediglich ein Angebot zu einer Eingliederungsvereinbarung anzunehmen. Anderenfalls könnte das jeweils pflichtgemäße Verhalten der Beteiligten nie zu einer Vereinbarung führen. Zudem widerspräche das § 14 Satz 1 SGB II, wonach der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten umfassend mit dem Ziel der Eingliederung unterstützt. Dafür muß er sich so verhalten, daß der Leistungsberechtigte seine Pflichten überhaupt erfüllen kann. Die Abschlußpflicht hat folglich handlungsbezogenen Charakter mit dem Inhalt, selbst ein entsprechendes Vertragsangebot abzugeben.103 § 31 SGB II a. F. bestätigte diese Sichtweise zusätzlich, wenn er ausdrücklich die dem Leistungsberechtigten angebotene Eingliederungsvereinbarung erwähnte104. Das Angebot selbst muß rechtmäßig sein, was schon aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folgt. Verstärkend wirkt wieder § 14 Satz 1 SGB II, wonach der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten „umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit“ unterstützt. Dafür darf das Angebot nicht nur inhaltlich rechtmäßig, es muß auch sachlich richtig, also paßgenau und effizient sein. Das ist nur bei Wahrung der formellen Voraussetzungen, also aller zur Eingliederungsvereinbarung hinführenden Pflichten – und zwar beider Parteien – hinreichend gewährlei99

S. dazu BVerfGE 100, 271 (284); 103, 293 (306 f.). So. i. E. auch die in Fn. 80 genannten Nachweise. 101 Er ist auf die Mitwirkung des Leistungsberechtigten und im gesetzlichen Regefall auf das Einvernehmen des kommunalen Trägers (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II) angewiesen. Allg. zu der daraus folgenden Indizwirkung gegen einen erfolgsbezogenen Charakter der jeweiligen Pflichtenstellung noch einmal Medicus, Schuldrecht II (Fn. 25), Rn. 362. 102 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 103 Vgl. die insofern undeutlichen Ausführungen bei Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 15; Rixen, SGB II (Fn. 81), § 15 Rn. 4; Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 15. 104 § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. 100

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

stet.105 Deshalb konkretisiert sich die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers erst dann, wenn beide Parteien ihren leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten nachgekommen sind106, das Angebot insbesondere ausgehandelt ist. In ihrer Gesamtheit ist auch die Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers abhängig von der Zeit, die bis zur erfolgreichen Wiedereingliederung des Leistungsberechtigten vergeht, weil die Eingliederung nach einer Eingliederungsvereinbarung verlaufen soll107. Demnach entsteht die Abschlußpflicht erforderlichenfalls immer wieder neu, bis eine entsprechende wirksame Vereinbarung vorliegt. Kommt es nicht gleich mit dem ersten Angebot zum Abschluß, müssen also weitere Angebote nachfolgen. Gelingt die Eingliederung nicht mit der ersten Vereinbarung108, ist grundsätzlich ein Neuabschluß geboten. Die Abschlußpflicht entsteht unter diesen Umständen als wiederkehrende Verpflichtung im Laufe der Zeit fortgesetzt neu, insofern spiegelbildlich zur Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten. cc) Erlöschen Das Erlöschen der jeweiligen Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers richtet sich wie schon bei der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten nach den allgemeinen, grundsätzlich für alle Pflichten geltenden Gesetzmäßigkeiten.109 Insbesondere Erfüllung110 tritt demnach ein, sobald der Grundsicherungsträger dem Leistungsberechtigten den Abschluß einer rechtmäßigen ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung angeboten hat; freilich entsteht die Abschlußpflicht sogleich wieder neu, wenn es auf Grundlage des Angebotes nicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gekommen ist. Eine taugliche Leistung an Erfüllungs statt111 liegt vor, wenn der Grund105 Zur Notwendigkeit der Beachtung leistungsbezogener Verhaltenspflichten für die ordnungsgemäße Erfüllung der Leistungspflicht und zur Richtigkeitsgewähr durch Verfahren s. die Nachweis in Fn. 31. 106 Der Leistungsberechtigte muß darüber hinaus seinen Melde- und Erscheinenspflichten nachgekommen sein, soweit eine entsprechende Aufforderung des Grundsicherungsträgers ergangen ist und der Zweck der Aufforderung sich nicht mittlerweile erledigt hat. 107 S. dazu die Nachweise in Fn. 23. 108 Die Eingliederungsvereinbarung ist grds. auf sechs Monate zu befristen (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Näher zu möglichen Beendigungstatbeständen einer Eingliederungsvereinbarung s. u. § 13 B. 109 Allg. zu den möglichen Erlöschensgründen von Pflichten s. die Nachweise in Fn. 35. 110 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 362 BGB. 111 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 364 Abs. 1 BGB.

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sicherungsträger ein Angebot des Leistungsberechtigten zum Abschluß einer rechtmäßigen ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung annimmt oder die Parteien den Text der Vereinbarung gemeinsam aufsetzen und danach durch ihre Unterschrift ihr Einverständnis bekunden112. Die Abschlußpflicht erlischt schließlich auch im Falle ihrer Unmöglichkeit113. Dabei dürfte aus Sicht des Grundsicherungsträgers vor allem der Wegfall des Leistungsberechtigten von Bedeutung sein; allein in diesem Fall kann die Abschlußpflicht auch in ihrer Gesamtheit erlöschen114. Kein Erlöschensgrund liegt im Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II.115 b) Zahlung von Arbeitslosengeld II Die Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II ist eine weitere Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers, die bereits im vorvertraglich geprägten Eingliederungs-Rechtsverhältnis besteht. Sie trägt entscheidend zum Charakter dieser Phase der Eingliederung bei, weil vor allem sie dem Leistungsberechtigten während seiner gesetzlich geforderten Bemühungen um den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung den Lebensunterhalt sichert116. Das erlaubt ihm überhaupt erst die ungestörte und ordnungsgemäße Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten. Umgekehrt muß der Leistungsberechtigte mit einer Zurückbehaltung der Arbeitslosengeld IIZahlung rechnen, wenn er seiner Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung nicht nachkommt.117 Wenn das Rechtsverhältnis demnach auch nicht in erster Linie um der Zahlungspflicht Willen zustande gekommen sein mag, so steht diese Verpflichtung doch in so enger Verbindung mit der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten, daß sie sich ebenfalls als (Haupt-)Leistungspflicht einordnen läßt. Ihre gesetzliche Grundlage findet die Verpflichtung in § 19 SGB II.118 Sie entsteht mit dem Antrag des Leistungsberechtigten auf Leistungen der Grundsicherung für 112 Zum sog. „Vertragsschluß durch beiderseitige Zustimmung“ s. bereits oben Fn. 40. 113 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 Abs. 1 BGB. 114 Allgemein zum Erlöschen einer Dauerschuld noch einmal Wenzel, Münchener Kommentar (Fn. 35), § 362 Rn. 28. 115 S. dazu die entsprechend geltenden Ausführungen unter C.I.1.a)cc). 116 Die Sicherung des Lebensunterhalts erfolgt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 19 SGB II grds. durch Zahlung von Arbeitslosengeld II; s. dazu nur Frank Brünner, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Vor §§ 19 ff. Rn. 1 ff. 117 S. u. § 10 A.I.1. 118 Brünner, Sozialgesetzbuch II (Fn. 116), § 19 Rn. 1; Wolfgang Eicher, in: ders./Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), 2. Aufl. 2008, § 19 Rn. 1.

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Arbeitsuchende, soweit die Leistungsvoraussetzungen im übrigen119 erfüllt sind.120 Bis zum Wegfall dieser Voraussetzungen ist sie dann auf monatlich wiederkehrende Einzelleistungen gerichtet.121 Die einzelnen Leistungen sollen jeweils im Voraus erbracht werden,122 sind also zum ersten Tag jeden Monats fällig.123 Der Gesamtumfang der Arbeitslosengeld II-Zahlungen ist abhängig von der Zeit, während der die Leistungsvoraussetzungen bestehen. Die Verpflichtung in ihrer Gesamtheit erlischt durch die Einzelleistungen folglich immer nur teilweise. c) Exkurs: Abgabe eines „Sofortangebotes“ Die Pflicht des Grundsicherungsträgers zur Abgabe eines „Sofortangebotes“ nach § 15a SGB II ist wie die Pflicht des Leistungsberechtigten zur Wahrnehmung des „Angebotes“ zwar nicht auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung angelegt und auch nicht darauf, Gegenstand einer solchen Vereinbarung zu werden.124 Wegen der schon beschriebenen Wechselwirkungen des „Sofortangebotes“ mit der Eingliederungsvereinbarung bedarf es aber auch an dieser Stelle wenigstens eines kurzen Hinweises: Das „Sofortangebot“ an erwerbsfähige Leistungsberechtigte darf unbeschadet weiterer Einschränkungen nur Eingliederungsleistungen enthalten, deren Umsetzung Leistungsberechtigter und Grundsicherungsträger jederzeit einvernehmlich und ohne rechtliche oder tatsächliche Nachteile beenden können. Anderenfalls droht die Umgehung des gesetzlichen Konzepts von der Eingliederungsvereinbarung. Von daher kann die Pflicht unter anderem durch eine entsprechende Regelung in der Eingliederungsvereinbarung untergehen oder modifiziert werden, weil grundsätzlich die Vereinbarung den Eingliederungsverlauf vorgeben soll125.

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§§ 7 ff. SGB II. Das folgt aus §§ 37, 1 Abs. 3 Nr. 2 und 19 SGB II. 121 §§ 41 Abs. 1 Satz 4 und 20 Abs. 2 SGB II. 122 § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. 123 So auch Dietrich Hengelhaupt, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand 11/2006, § 41 Rn. 35; a. A. Eicher, Sozialgesetzbuch (Fn. 118), § 41 Rn. 11. 124 Dazu und zum folgenden s. auch oben C.I.1.c), dort freilich aus der Perspektive des Leistungsberechtigten. Vgl. im übrigen Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15a Rn. 1 und 16; Thie, Sozialgesetzbuch II (Fn. 71), § 15a Rn. 7. 125 S. nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 1, und die weiteren Nachweise in Fn. 23. 120

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II. Weitere Verhaltenspflichten Weitere Verhaltenspflichten fordern von den beteiligten Rechtssubjekten ein Verhalten, wie es jeder mit Rücksicht auf den konkreten Zweck des Rechtsverhältnisses, die bestehenden Leistungspflichten und die Erfordernisse loyalen Zusammenwirkens vom anderen erwarten darf.126 Auch wenn der Pflichteninhalt im Detail oft situationsabhängig bleibt, läßt sich für die angehenden Parteien verallgemeinernd zwischen leistungsbezogenen (1) und nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (2) unterscheiden. Vergleichbares kann für Dritte (3) gelten. 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der angehenden Parteien Die ordnungsgemäße Erfüllung der vorvertraglichen Leistungspflichten erfordert ein leistungskonformes, ein leistungstreues Verhalten. Soweit eine konkretere gesetzliche Regelung fehlt, folgt die jeweilige Pflicht aus dem auch im Öffentlichen Recht anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben,127 verstärkt durch die Wertungen aus den Generalklauseln der § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Satz 1 SGB II (Prinzip des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes)128. Die wichtigsten, wenn auch nicht immer klar abgrenzbaren und sich zum Teil überschneidenden Gruppen solcher Leistungstreuepflichten sind das Verbot der Erfüllungsverweigerung (a), Informationspflichten (b), Untersuchungspflichten (c) und Verhandlungspflichten (d). Weitere solcher Pflichten oder Pflichtengruppen können im Einzelfall hinzutreten (e). a) Verbot der Erfüllungsverweigerung Eine besondere Leistungstreuepflicht ist die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers, vor allem aber des Leistungsberechtigten, die Erfüllung 126

S. nur Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 10. Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979, S. 174, 274 und 361; Hans-Günter Henneke, Informelles Verwaltungshandeln im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, NuR 1991, S. 267 (275); Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 96 ff. und 102 ff.; vgl. auch Hartmut Bauer, Informelles Verwaltungshandeln im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, VerwArch 78 (1987), S. 241 (263 und 266); ders., Verwaltungsrechtslehre (Fn. 20), S. 321 f.; Hermann Hill, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, NJW 1986, S. 2602 (2607 f.). 128 Näher zu diesem aus §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 14 Satz 1 SGB II folgenden Prinzip s. o. § 8 C.III.2. 127

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seiner vorvertraglichen Leistungspflichten nicht zu verweigern.129 Zwar ist jede dieser Leistungspflichten schon aus sich heraus zu erfüllen, was ihre Verweigerung bereits ausschließt. Doch begründet die Nichterfüllung einer Leistungspflicht in Gestalt der Verweigerung eine besondere Treuwidrigkeit, was eine besondere Pflichtenstellung rechtfertigt. b) Informationspflichten Die Informationspflichten bilden einen Schwerpunkt unter den weiteren Verhaltenspflichten im vorvertraglichen Eingliederungs-Rechtsverhältnis.130 Sie betreffen die Unterrichtung des jeweils anderen Teils durch Hinweis, Aufklärung und Beratung über vertragsrelevante Umstände nach Maßgabe des Einzelfalls131. Entstehung, Gestalt und Umfang der Informationspflicht bestimmen sich vorbehaltlich abweichender Regeln nach drei Kriterien: dem Informationsbedarf des einen und den Informationsmöglichkeiten des anderen Beteiligten und beider Stellung im Rechtsverhältnis. Dabei ist der Informationsbedarf um so höher, je langfristiger das Rechtsverhältnis angelegt und je größer das informationelle oder intellektuelle Übergewicht des Informationsinhabers ist.132 Unabhängig davon ist eine Information stets richtig, vollständig und unmißverständlich zu geben.133 129 Zur Einschätzung im zivilen Vertragsrecht Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 22 Rn. 7. 130 Allg. zur großen Bedeutung von Informationspflichten im vorvertraglichen Stadium Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 96; vgl. auch Hufen, Fehler (Fn. 2), Rn. 117 ff. und 207. 131 Eine generelle Informationspflicht kennt das Allgemeine Verwaltungsrecht nicht; für die Behörde BVerwGE 61, 15, (19 ff.); 69, 278 (279); BVerwG NJW 1987, S. 2098 (2099); BVerwGE 84, 375 (376 f.); BGH NJW 1985, S. 1335 (1337); s. außerdem Hermann Pünder, Grundmodell des Verwaltungsverfahrens, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 14 Rn. 40; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 418 ff.; Dieter Kallerhoff, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 25 Rn. 10; für den Bürger Kallerhoff, a.a.O., § 26 Rn. 46. Zum Sozialverwaltungsrecht Mönch-Kalina, SGB I (Fn. 42), § 14 Rn. 28, 35 (Behörde); Matthias von Wulffen, in: ders. (Hrsg.), SGB X, 7. Aufl. 2010, § 21 Rn. 11 (Bürger). Insgesamt zum deutschen Recht Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 101. Großzügiger Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 168. 132 S. nur Stephan Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten bei Vertragsschluß, 1989, S. 52 und 61 ff., und Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 7 Rn. 8 ff. 133 Für Behördenauskünfte BGH NJW 1992, S. 1230 (1231), und NJW 1994, S. 2087 (2090); Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 131), § 25 Rn. 15 m. w. N.; für Auskünfte des Bürgers Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 7 Rn. 11.

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aa) Informationspflichten des Leistungsberechtigten Für die Informationspflichten des Leistungsberechtigten bestehen keine besonderen gesetzlichen Vorschriften. Vor allem § 60 SGB I134 kommt im Vorfeld der Eingliederungsvereinbarung nicht zur Anwendung.135 Seinem Wortlaut nach muß zwar, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, unter anderem alle Tatsachen angeben, die für die Leistung erheblich sind, also deren Tatbestandvoraussetzungen betreffen.136 Nach § 37 SGB II beantragt der Leistungsberechtigte allerdings nur ganz allgemein „Leistungen nach diesem Buch“, deren Voraussetzungen das 2. Kapitel des SGB II allgemein ohne Bezug auf eine konkrete Leistung regelt. Einen Antrag auf konkrete Eingliederungsleistungen sieht das Gesetz nicht vor. Diese Leistungen sind vielmehr auszuhandeln und in einer Eingliederungsvereinbarung festzuschreiben,137 was nicht dem konzeptionellen Hintergrund des § 60 SGB I entspricht. Noch deutlicher wird das durch dessen Verknüpfung mit § 66 SGB I, wonach der Leistungsträger die Leistung bis zur Angabe der relevanten Tatsachen unter Umständen „ganz oder teilweise entziehen oder versagen“ kann138. Steht fest, welche Eingliederungsleistungen der Leistungsberechtigte erhalten soll, sind die dafür erforderlichen Informationen aber schon ausgetauscht. Die Frage nach dem Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen stellt sich nicht mehr, weil insoweit die Eingliederungsvereinbarung nun verbindlichen Vorrang hat. Hinzu kommt, daß in dem vorangehenden Aushandlungsprozeß nicht nur Informationen für die in Betracht kommenden Eingliederungsleistungen des Grundsicherungsträgers benötigt werden, sondern auch Informationen für die möglichen Eigenbemühungen des Leistungsberechtigten139; ein Informationsspektrum, das § 60 SGB I von vornherein nicht abdeckt. Die Regelung will also in keiner Hinsicht so 134

Die §§ 60 ff. SGB I gelten nach § 37 Satz 1 SGB I grds. auch für den Bereich des Grundsicherungsrechts; so auch BSGE 101, 260 (261). 135 Undeutlich, aber wohl ebenso Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 42), Vor §§ 60–67 Rn. 3; anders Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 23), S. 46 der allerdings nur pauschal und ohne Begründung von der Anwendbarkeit der Norm ausgeht. 136 § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I; Barbara Kampe, in: Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB I, 2005, § 60 Rn. 27; Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 42), § 66 Rn. 6 und 8. 137 S. nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 17 ff.; Rixen, SGB II (Fn. 81), § 15 Rn. 4; eingehend zur Verhandlungspflicht der Parteien s. u. C.II.1.d). 138 § 66 Abs. 1 und 3 SGB I. Näher dazu Kampe, SGB I (Fn. 136), § 66 Rn. 23 ff., und Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 42), § 66 Rn. 6 ff. 139 Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind die Pflichten des Leistungsberechtigten ein Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung; s. dazu vorerst nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 25.

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recht passen. In der Sache ebenso unpassend ist die allgemeine Mitwirkungsregel nach § 21 Abs. 2 SGB X, weil sie einerseits nicht von der für das Eingliederungs-Rechtsverhältnis typischen Gleichordnung von Bürger und Staat ausgeht140 und andererseits nur fordert, daß der Leistungsberechtigte mitwirken „soll“, also keine echte Mitwirkungsverpflichtung begründet141. Aus dem eingliederungsrechtlich aufgeladenen Grundsatz von Treu und Glauben mit seinen bereits erwähnten Maßstäben142 lassen sich die Informationspflichten des Leistungsberechtigten dagegen leicht und in ihrer ganzen Breite ableiten. So richtet sich der Informationsbedarf des Grundsicherungsträgers für seine Pflicht zum Abschluß einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung in besonderem Maße auf alle eingliederungsrelevanten Umstände aus der Sphäre des Leistungsberechtigten, wobei es insbesondere um Neigung, Eignung, Leistungsfähigkeit, soziale Lage und soziales Umfeld geht143. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Leistungsberechtigte in diesem Zusammenhang regelmäßig ein deutliches informationelles Übergewicht gegenüber dem Grundsicherungsträger hat.144 Seine Informationsmöglichkeiten liegen ebenfalls auf der Hand. Die umfassende Weitergabe der fraglichen Informationen und deren Nachweis passen auch zu seiner Stellung im Rechtsverhältnis. Dort muß er alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen und aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken.145 Deshalb ist der Leistungsberechtigte verpflichtet, grundsätzlich über 140 So mit Blick auf die entsprechende Regelung in § 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 131), § 26 Rn. 44 m. w. N. 141 Heinrich Lang, in: Björn Diering/Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 3. Aufl. 2010, § 21 Rn. 28; von Wulffen, SGB X (Fn. 131), § 21 Rn. 11. 142 S. dazu oben die Einleitung zu C.II.1.b). 143 S. dazu § 3 Abs. 1 Satz 2 SGB II; zu § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III, wo die Merkmale Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit noch einmal ausdrücklich benannt sind, Bernd Mutschler, in: ders./Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 35 Rn. 33; ferner Rainer Göckler, Beschäftigungsorientiertes Fallmanagement, 2. Aufl. 2006, S. 55 f. 144 Zur Frage des informationellen Übergewichtes im Lichte des § 60 SGB I Kampe, SGB I (Fn. 136), § 60 Rn. 14 f.; allg. Martens, Praxis (Fn. 31), Rn. 132. Soweit der Leistungsberechtigte aus dem Bezug des Arbeitslosengeldes I kommt, kann der Grundsicherungsträger zumindest auf die dort gesammelten Informationen und Erfahrungen zurückgreifen. Das gilt insbes. mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs. 2 und 3 SGB III. 145 S. dazu § 2 Abs. 1 SGB II. Positiv zum Prinzip der „Arbeitsteilung“ bei der Sachverhaltsermittlung im Allgemeinen Verwaltungsrecht etwa Hufen, Fehler (Fn. 2), Rn. 362; Martens, Praxis (Fn. 31), Rn. 133 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht

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alle ihm bekannten oder bekannt werdenden eingliederungsrelevanten Umstände aus seiner Sphäre Auskunft zu geben und darüber Nachweis zu führen, im Bedarfsfalle auch Dritte zu Auskunft und Nachweis zu ermächtigen.146 Die Verpflichtung kann jedoch im Einzelfall aus Gründen der Verhältnismäßigkeit entfallen, insbesondere wenn der Grundsicherungsträger die Informationen mit geringerem Aufwand selbst beschaffen könnte.147 bb) Informationspflichten des Grundsicherungsträgers Die Informationspflichten des Grundsicherungsträgers sind zumindest dem Grunde nach gesetzlich besonders geregelt. So hat der Leistungsberechtigte aus § 14 SGB I Anspruch auf Beratung über seine im Eingliederungsprozeß relevanten Rechte und Pflichten.148 § 15 SGB I begründet einen Anspruch auf Auskunft zu allen Sach- und Rechtsfragen, die für die Eingliederung des Leistungsberechtigten von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung der Grundsicherungsträger imstande ist.149 Die Pflichten entstehen spätestens mit dem vorvertraglichen Eingliederungs-Rechtsverhältnis.150 Mögliche Beratungs- und Auskunftsgegenstände sind etwa das Antragserfordernis nach § 37 SGB II, das Konzept der Eingliederungsvereinbarung mit seinem Sanktionensystem, die Rechte, Pflichten und Möglichkeiten des Leistungsberechtigten und anderes mehr. Zu Umfang und Tiefe der gebotenen Informationen trifft das Gesetz keine Regelung. Sie sind einzelfall(Fn. 2), § 19 Rn. 23; kritisch etwa Wilfried Berg, Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung bei ungewissem Sachverhalt, 1980, S. 249. 146 In dem Sinne auch § 60 Abs. 1 SGB I für die in seinem Anwendungsbereich gelegenen Fälle. Weil im Regelfall nicht erwartet werden kann, daß der Leistungsberechtigte sich über die „Eingliederungsrelevanz“ vollständig im klaren ist, bedarf es grds. einer entsprechenden Aufklärung durch den Grundsicherungsträger; näher dazu unten C.II.1.b)bb). Allg. zur Eigenverantwortlichkeit des Bürgers im Verwaltungsverkehr Hufen, Fehler (Fn. 2), Rn. 362; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 19 Rn. 23. 147 Weitere Beispiele zur Grenze der Verhältnismäßigkeit zeigt § 65 Abs. 1 SGB I; s. dazu nur Kampe, SGB I (Fn. 136), § 65 Rn. 7 ff. 148 Zur Anspruchsbegründung nach § 14 SGB I s. nur Mönch-Kalina, SGB I (Fn. 42), § 14 Rn. 12. 149 Zur im Vgl. zu § 14 SGB I unklareren Anspruchsbegründung nach § 15 SGB I Ralf Kreikebohm/Friedrich von Koch, Das Sozialleistungsverhältnis, in: Bernd von Maydell/Franz Ruland/Ulrich Becker (Hrsg.), Sozialrechtshandbuch, 4. Aufl. 2008, § 6 Rn. 26; Mönch-Kalina (Fn. 42), § 15 Rn. 29. 150 Die Beratungs- und Auskunftsansprüche nach §§ 14 f. SGB I kann jedermann jederzeit geltend machen; Mönch-Kalina, SGB I (Fn. 42), § 14 Rn. 19, und § 15 Rn. 29; enger wohl Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 42), § 14 Rn. 10. Ein vorheriger Antrag nach § 37 SGB II und die Eröffnung eines Verwaltungsverfahren (§§ 8 ff. SGB X) sind jedenfalls nicht erforderlich.

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abhängig und orientieren sich an den bereits erörterten Maßstäben aus dem eingliederungsrechtlich verstandenen Grundsatz von Treu und Glauben.151 Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, daß die Eingliederung von Arbeitsuchenden für alle Beteiligten sowohl tatsächlich als auch rechtlich oft anspruchsvoll ist,152 so daß der Leistungsberechtigte bei aller gebotenen Eigenverantwortlichkeit regelmäßig einen hohen Informationsbedarf haben wird.153 Der Grundsicherungsträger hat die zur umfassenden Unterstützung (§ 14 Satz 1 SGB II) erforderlichen Informationen dagegen regelmäßig verfügbar, so daß er sie unaufgefordert weitergeben muß.154 c) Untersuchungspflichten Die vorgestellten Informationspflichten betreffen nur Informationen, die dem Pflichtigen bekannt sind. Auch bei ihrer vollständigen Erfüllung ist es also möglich, daß der Abschluß einer paßgenauen Eingliederungsvereinbarung weitere Informationen erfordert. In konsequenter Fortsetzung des Rechtsgedankens hinter den Informationspflichten muß das Informationsdefizit zu entsprechenden Untersuchungspflichten führen. Anderenfalls hätten es die Beteiligten in der Hand, ihre Informationspflichten mit der Behauptung fehlenden Wissens ohne weiteres und nicht nachweisbar zu unterlaufen. Soweit keine besondere gesetzliche Regelung vorliegt, folgen die Untersuchungspflichten wieder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, verstärkt durch das Prinzip der bestmöglichen Eingliederung und den sich daraus ergebenden, schon bei den Informationspflichten erörterten Maßstäben.155 151 Soweit eine gesetzliche Regelung fehlt, greifen die Maßstäbe aus Treu und Glauben ein. Maßgeblich sind also der Informationsbedarf des Leistungsberechtigten sowie die Informationsmöglichkeiten und die Stellung des Beteiligten im Rechtsverhältnis. Näher dazu und mit entsprechenden Nachweisen die Einleitung zum Abschnitt Informationspflichten (s. o. Einleitung zu C.II.1.b]). 152 Zur dahingehenden rechtstatsächlichen Wahrnehmung bei den Grundsicherungsträgern s. oben § 6 B.III.6. und § 6 B.V. Allg. zur Komplexität und Schwierigkeit des Sozialrechts Eberhard Eichenhofer, Sozialrecht, 7. Aufl. 2010, Rn. 210; vgl. auch Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 19 Rn. 23 a. E. 153 Vgl. dazu Mönch-Kalina, SGB I (Fn. 42), § 14 Rn. 14; Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 42), § 14 Rn. 5. 154 In diesem Zusammenhang kommt – oft nur flankierend – auch die Ausgabe von Belehrungs- und Fragebögen in Betracht; vgl. BSG vom 17. August 2000, Az. B 13 RJ 87/98 R, juris Rn. 41; BSG vom 7. November 1991, Az. 12 RK 22/91, juris Rn. 18; Mönch-Kalina, SGB I (Fn. 42), § 14 Rn. 35. 155 S. dazu Einleitung zu C.II.1.b). Zur Anwendbarkeit der für die Informationspflichten geltenden Maßstäbe s. nur Breidenbach, Informationspflichten (Fn. 132), S. 83 ff., der die Untersuchungspflichten dann freilich im Lichte des Zivilrechts entfaltet. Allg. zur rechtlichen Grundlage vorvertraglicher Pflichten Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 96 ff. und 102 ff., und die weiteren Nachweise aus Fn. 127.

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aa) Untersuchungspflichten des Leistungsberechtigten Für die Untersuchungspflichten des Leistungsberechtigten bestehen wie schon für seine Informationspflichten keine besonderen gesetzlichen Vorschriften. Das gilt vor allem mit Blick auf § 21 Abs. 2 SGB X, der lediglich fordert, daß der Leistungsberechtigte bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken „soll“.156 Deshalb lassen sich die Untersuchungspflichten des Leistungsberechtigten ebenso begründen wie seine Informationspflichten.157 Demnach trifft ihn eine echte Verpflichtung, nach eingliederungsrelevanten Informationen aus seiner Sphäre auch zu forschen. Allerdings bildet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz mehr noch als bei den Informationspflichten eine wichtige Pflichtengrenze, da eine Nachforschung mit deutlich mehr Aufwand verbunden sein kann als die bloße Informationsweitergabe. Deshalb entfällt die Verpflichtung vor allem dann, wenn der Grundsicherungsträger die Untersuchung mit geringerem Aufwand selbst durchführen kann.158 bb) Untersuchungspflicht des Grundsicherungsträgers Die Untersuchungspflicht des Grundsicherungsträgers folgt aus § 20 SGB X, wonach die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt und dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände berücksichtigt.159 Das betrifft vor allem eingliederungsrelevante Umstände, die nicht zur Sphäre des Leistungsberechtigten gehören. Für seine eigenen Angelegenheiten hat grundsätzlich zuerst der Leistungsberechtigte eine Untersuchungspflicht.160 Wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung161 156

S. dazu bereits oben C.II.1.b)aa) a. E. mit Fn. 141. Zur Begründung der Informationspflichten eingehend oben C.II.1.b)aa). Allg. zum Möglichkeitsgefälle zwischen Bürger und Verwaltung Hufen, Fehler (Fn. 2), Rn. 152 ff.; Martens, Praxis (Fn. 31), Rn. 132; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 417; Friedrich Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Innovation und Flexibilität, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 199 (226 f.); Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 131), § 26 Rn. 46; von Wulffen, SGB X (Fn. 131), § 21 Rn. 11. 158 Deshalb muß der Leistungsberechtigte grds. auch nur nach Informationen aus seiner Sphäre forschen. Weitere denkbare Beispiele zur Grenze der Verhältnismäßigkeit zeigt § 65 Abs. 1 SGB I; s. dazu nur Kampe, SGB I (Fn. 136), § 65 Rn. 7 ff. 159 Zur Geltung des Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungsvertragsrecht Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 10), § 62 Rn. 13; Hufen, Fehler (Fn. 2), Rn. 359; Jürgen Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, ca. 1988, S. 57 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 417. 160 S. oben C.II.1.c)aa). 161 Zur Bedeutung des Grundsatzes von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung für die behördliche Untersuchungspflicht Raimund Brühl, Die Sachverhaltsermittlung 157

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darf sich der Grundsicherungsträger darauf aber nicht unbesehen verlassen, so daß er, sobald sich Bedenken aufdrängen, dort ebenfalls eigene Ermittlungen anstellen muß162. Eigene Ermittlungen sind in diesem Bereich außerdem geboten, soweit ihm die Informationsbeschaffung mit geringerem Aufwand möglich ist als dem Leistungsberechtigten, weil an dieser Stelle die Untersuchungspflicht des Leistungsberechtigten ihre Grenze findet163. Sämtliche Ermittlungsmaßnahmen stehen freilich unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Die Ermittlungspflicht endet, wo der Ermittlungsaufwand nicht mehr in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht.164 Ferner sind Ermittlungs-, Beweis- und Verwertungsverbote zu beachten.165 d) Verhandlungspflichten Nicht weniger bedeutsam als die Informations- und Untersuchungspflichten der angehenden Vertragsparteien, ist deren Pflicht zum Aushandeln der Eingliederungsvereinbarung. Dabei stellt sich vor allem die Frage nach den rechtlichen Grundlagen (aa) und der Ausgestaltung dieser Pflicht (bb). aa) Rechtsgrundlage Eine Pflicht zum Aushandeln der Eingliederungsvereinbarung ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Sie folgt auch nicht schon daraus, daß es sich bei der Eingliederungsvereinbarung um einen Vertrag handelt.166 Das im Verwaltungsverfahren und ihre Bedeutung für den Entscheidungsprozeß, JA 1992, S. 193 (196); Pitschas, Verwaltungsverantwortung (Fn. 5), S. 729; SchmidtAßmann, Verwaltungsverfahren (Fn. 31), § 70 Rn. 14; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 417. 162 Zum Einsatz der behördlichen Untersuchungspflicht erst bei begründeten Zweifeln BT-Drs. 8/2034, S. 32; von Wulffen, SGB X (Fn. 131), § 20 Rn. 4; Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 131), § 24 Rn. 25 f. 163 Das wird selten der Fall sein; vgl. von Wulffen, SGB X (Fn. 131), § 20 Rn. 6. 164 Näher Brühl, Sachverhaltsermittlung (Fn. 161); Udo Di Fabio, Information als hoheitliches Gestaltungsmittel, JuS 1997, S. 1 (6); Kallerhoff, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 131), § 24 Rn. 36. S. auch § 9 Satz 2 SGB X. 165 Näher dazu Stephan Rixen, in: Björn Diering/Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 3. Aufl. 2010, § 20 Rn. 9 ff. 166 So aber Rixen, SGB II (Fn. 81), § 15 Rn. 4, bei dem es heißt: „Verhandlungen sind notwendiger Teil vertraglicher Regelung“. Für das Aushandeln als Vertragsvoraussetzung außerdem wohl Norbert Achterberg, Der öffentlich-rechtliche Vertrag, JA 1979, S. 356 (358); ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, § 21 Rn. 240; Wilfried Braun, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsakt und verwaltungsprivatrechtlichem Rechtsgeschäft, JZ 1983, S. 841 (842); Werner Frotscher/Urs Kramer, Wirtschaftsverfassungs- und Wirt-

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Aushandeln von Vertragsbedingungen ist kein Begriffsmerkmal des Vertrages.167 Zur Pflichtenbegrünung ist vielmehr eine Gesamtschau auf die einschlägigen Bestimmungen des SGB II geboten, ergänzt durch die Wertungen aus Treu und Glauben und dem Prinzip des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes. So fordern die §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II von den Beteiligten prinzipiell den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung, während der Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes nur ausnahmsweise zulässig bleibt.168 Demnach hat die einverständliche Gestaltung des Rechtsverhältnisses durch eine Einigung169 zwischen den Beteiligten den Vorrang vor einer einseitigen Vorgehensweise170. Soll dieses RegelAusnahme-Verhältnis keine bloße Formalie bleiben, müssen die Parteien den Inhalt der Einigung zuvor gemeinsam gestaltet, also ausgehandelt haben. Dem entspricht die ebenfalls in § 2 SGB II niedergelegte Regelung, daß der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muß. Dazu gehört die Mitgestaltung der Eingliederungsvereinbarung in besonderem Maße, weil dabei die Weichen für den weiteren Eingliederungsverlauf gestellt werden und eine ausgehandelte Vereinbarung den größten Eingliederungserfolg verspricht.171 Entsprechendes gilt mit Blick auf § 14 SGB II, der den Grundschaftsverwaltungsrecht, 5. Aufl. 2008, Rn. 570. S. außerdem BVerwGE 60, S. 208 (210). 167 Insbes. aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 145 ff. BGB folgt keine solche Anforderung. Aus der Perspektive des Allgemeinen Verwaltungsrechts Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang HoffmannRiem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 243 (256); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 10), § 54 Rn. 32a; Henke, Wirtschaftssubventionen (Fn. 127), S. 30; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 16, 183. Für die entsprechende Sichtweise im Zivilrecht Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 39), S. 609; Wolfgang Zöllner, Regelungsspielräume im Schuldvertragsrecht, AcP 196 (1996), S. 1 (14). 168 S. dazu schon oben C.I.2.a). 169 Zur Gestalt der vertraglichen Einigung s. nur Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, Einf v § 145 Rn. 1 ff.; Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 39), S. 618 f.; Larenz, Allgemeiner Teil (Fn. 39), S. 525 f. 170 Zur Einseitigkeit des Verwaltungsaktes im Vergleich zum Vertrag s. Matthias Ruffert, Verwaltungsakt, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 21 Rn. 17; Ulrich Stelkens, in: Paul Stelkens/ Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 35 Rn. 104; vgl. auch BVerwGE 66, 218 (220). Zwar soll es auch den ausgehandelten und damit konsensgeprägten Verwaltungsakt geben; zu Recht kritisch Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 189 f. Doch würde der Eingliederungs-Verwaltungsakt nicht darunter fallen, weil er gerade erst ergeht, wenn eine Eingliederungsvereinbarung, also Konsens zwischen den Beteiligten nicht zustande kommt. 171 S. dazu § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II. Die im Zusammenhang mit dieser Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der

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sicherungsträger zur umfassenden Unterstützung des Leistungsberechtigten verpflichtet.172 Eine Verhandlungspflicht der Beteiligten entspricht schließlich auch der gesetzlichen Intention, von Anfang an die Eigenverantwortung der Leistungsberechtigten zu stärken und Eigeninitiative zu fördern. Der Leistungsberechtigte soll nicht abwarten dürfen, sondern sich mit Unterstützung des Grundsicherungsträgers eigenständig um seine berufliche Eingliederung bemühen.173 Ziel ist die wirksame und paßgenaue Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt.174 Das alles erfordert grundsätzlich eine gemeinsame Gestaltung, ein Aushandeln der Vereinbarung.175 bb) Ausgestaltung Die Grundlagen der Verhandlungspflicht bestimmen auch deren Ausgestaltung. Sie zeigen, daß die Verhandlung zweckgerichtet auf die einverständliche Regelung paßgenauer und effizienter Eingliederungsmaßnahmen hinauslaufen muß. Ihr Ziel kann mit anderen Worten nur eine sachgerechte Lösung des bestehenden Eingliederungsproblems sein. Dann ist auch die wichtige Akzeptanz der vereinbarten Maßnahmen176 und die womöglich für längere Zeit notwendige gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten am ehesten gewährleistet.177 Eine sachgerechte Lösung aber läßt sich – sieht man von zufälligen Erfolgen auf anderen Wegen ab – immer nur Praxis hat gezeigt, daß diejenigen persönlichen Ansprechpartner den größeren Eingliederungserfolg verzeichnen, die in der Eingliederungsvereinbarung einen ausgehandelten Vertrag erkennen; s. o. insbes. § 7 A. 172 S. dazu § 14 Satz 1 SGB II. 173 S. § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB II; außerdem BT-Drs. 15/1516, S. 2 und 50 f. 174 BT-Drs. 15/1516, S. 44 und 69. 175 Für eine Verhandlungspflicht ebenfalls etwa SG Leipzig v. 19. Februar 2007, Az. S 19 AS 392/06, juris Rn. 34; SG Hamburg v. 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/ 07 ER, juris Rn. 22; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 28), § 15 Rn. 15, in der Neuauflage allerdings undeutlich ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 15; Ernst Huckenbeck, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 10 f.; Rixen, SGB II (Fn. 81), § 15 Rn. 4; Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 15. Vgl. ferner Hammel, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 30), S. 592; Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 15 Rn. 46. 176 Die für diese Arbeit durchgeführte Erhebung zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis hat nicht ganz unerwartet gezeigt, daß die Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung auf Seiten der Hilfebedürftigen um ein Vielfaches höher ist, wenn die persönlichen Ansprechpartner die Vereinbarung als ausgehandelten Vertrag ansahen, als wenn sie die Vereinbarung als einseitig vorgegebenen Vertrag oder andere behördliche Vorgabe betrachteten; s. o. § 7 C. 177 Allg. zur sachgerechten Lösung als bestmögliche Problembehandlung vor allem in länger angelegten Beziehungen s. nur Fritjof Haft, Verhandlung und Mediation, 2. Aufl. 2000, S. 116, und Roger Fisher/William Ury/Bruce Patton, Das Harvard-Konzept, 23. Aufl. 2009, S. 27 ff., 33 ff. und 203 ff.

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durch rationale Verhandlungen finden;178 darauf nimmt in Teilen auch das für die Eingliederung von Arbeitsuchenden immer wieder propagierte sog. Fallmanagement Bezug179. Solche Verhandlungen zeichnen sich durch vier Grundsätze aus: sie halten erstens die Sach- und Beziehungsebene strikt auseinander, konzentrieren sich zweitens auf Interessen, nicht auf Positionen, suchen drittens nach Verhandlungsergebnissen zum beiderseitigen Vorteil, und stützen die Übereinkunft viertens auf neutrale Kriterien, das heißt auf Maßstäbe, die vom Willen der Verhandelnden soweit wie möglich unabhängig sind.180 Um diesen Grundsätzen die bestmögliche Geltung zu verschaffen, müssen die Verhandlungen darüber hinaus einer passend logischen Struktur folgen.181 Dafür ist prinzipiell eine persönliche Beziehung zwischen den Partnern herzustellen, sind Rahmen und Gestalt der Verhandlung abzustecken, das Thema präzise zu bestimmen und der zugrundeliegende streitige und unstreitige Sachverhalt zu klären. In der dann folgenden entscheidenden Phase sind die aufgeworfenen Fragen nach Maßgabe der vier 178 Haft, Verhandlung (Fn. 177), S. 20 ff., 116 ff., 118 ff. und 123 ff.; ders., Intuitive und rationale Verhandlung, in: ders./Katharina von Schlieffen (Hrsg.), Handbuch Mediation, 2. Aufl. 2009, § 4 Rn. 5 ff., 10 und 11 ff. Außerdem Günter Bierbrauer, Zur Sozialpsychologie der Verhandelns, in: Walther Gottwald/Fritjof Haft (Hrsg.), Verhandeln und Vergleichen als juristische Fertigkeiten, 2. Aufl. 1993, S. 34 (35 f. und 40 f.); Fisher/Ury/Patton, Harvard-Konzept (Fn. 177), S. 20 f., 27 ff., 33 ff. und 203 ff.; Walther Gottwald, Stadien, Strategien und Maximen in Verhandlungen, in: ders./Fritjof Haft (Hrsg.), Verhandeln und Vergleichen als juristische Fertigkeiten, 2. Aufl. 1993, S. 65 (71 f. und 72 ff.); Leo Montada/Elisabeth Kals, Mediation, 2. Aufl. 2007, S. 23 f. 179 Dazu BT-Drs. 15/1516, S. 44 und 54; Göckler, Fallmanagement (Fn. 143), S. 46 f., 54 und 59 ff. Außerdem Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 14 Rn. 10 ff. und § 15 Rn. 19; Deutscher Verein, Empfehlungen zu Qualitätsstandards für das Fallmanagement, NDV 2004, S. 149 (149 ff.); Timo Hebeler, Der persönliche Ansprechpartner nach dem SGB II, DÖD 2005, S. 241 (244 f.); Martin Klein/ Hans Langnickel, Case Management in der Bundesagentur für Arbeit: Schnittstellenmanagement als erfolgskritischer Faktor, NDV 2004, S. 294 (294 ff.); Martin Löns, in: ders./Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 15 Rn. 7; Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 14 Rn. 8 ff. 180 Dazu eingehend Fisher/Ury/Patton, Harvard-Konzept (Fn. 177), S. 41 ff., 69 ff., 89 ff. und 120 ff.; Gottwald, Stadien (Fn. 178), S. 72 ff. Vgl. auch Haft, Verhandlung (Fn. 177), S. 118 ff., und Montada/Kals, Mediation (Fn. 178), S. 23. 181 Über das Erfordernis einer logischen Verhandlungsstruktur für ein sachgerechtes Verhandlungsergebnis und über die dafür erforderlichen Handlungsabfolgen besteht – soweit ersichtlich – zumindest grds. Einigkeit. Allein die zur Systematisierung vorgeschlagenen Verhandlungsphasen sind unterschiedlich fein gegliedert. Eingehend Haft, Verhandlung (Fn. 177), S. 123 ff.; ders., Intuitive und rationale Verhandlung (Fn. 178), § 4 Rn. 35 ff.; Fisher/Ury/Patton, Harvard-Konzept (Fn. 177), insbes. S. 89 ff. Ferner Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 112; Göckler, Fallmanagement (Fn. 143), S. 46 f., 54 und 59 ff.; Gottwald, Stadien (Fn. 178), S. 66 f.; Klein/Langnickel, Case Management (Fn. 179), S. 205 f.

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genannten und in die Verhandlung eingeführten Grundsätze einer Lösung zuzuführen, namentlich alle denkbaren Lösungsmöglichkeiten zu erörtern. Unter diesen Lösungsmöglichkeiten entscheiden sich die Parteien nach den zuvor festgelegten neutralen Kriterien für diejenige, die den beiderseitigen Interessen am besten zur Geltung verhilft und damit die Eingliederung am stärksten fördert.182 Intensität, Umfang und konkrete Ausgestaltung der Verhandlungen sind freilich abhängig von der Komplexität des Problems, der Schwierigkeit der Verhandlungspartner und der jeweiligen Situation.183 Vor allem die Verhandlungsleitung wird wegen des regelmäßigen Fertigkeitsvorsprungs und der Beratungspflicht in aller Regel bei dem Grundsicherungsträger liegen.184 e) Sonstige Weil Entstehung, Inhalt und Reichweite einer leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflicht weitgehend von den Umständen des Einzelfalls abhängen, können diese Pflichten vielfältig und in großer Zahl auftreten. So verdient auch die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers, dem Leistungsberechtigten einen persönlichen Ansprechpartner zu benennen185 und die Leistungsberechtigten insbesondere bei der Zuteilung von begrenzten Eingliederungsleistungen gleich zu behandeln, ausdrückliche Erwähnung. Eine Besonderheit gilt für die Gebote, Vertragsverhandlungen nicht grundlos abzubrechen und unwirksame Verträge zu vermeiden. Sie gehen in den Pflichten zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung auf. Entsprechendes gilt für die Pflicht zur Anhörung des Leistungsberechtigten nach dem Rechtsgedanken der §§ 61 Satz 1, 24 SGB X wegen der Verhandlungspflicht des Grundsicherungsträgers.186 182 Fisher/Ury/Patton, Harvard-Konzept (Fn. 177), S. 89 ff. und 120 ff.; Haft, Verhandlung (Fn. 177), S. 142 ff. 183 Zum Umgang mit besonderen Situationen und schwierigen Verhandlungspartnern s. nur Fisher/Ury/Patton, Harvard-Konzept (Fn. 177), S. 141 ff., 154 ff., 179 ff. und 197 ff.; Haft, Verhandlung (Fn. 177), S. 153 ff. und 158 ff.; ders., Intuitive und rationale Verhandlung (Fn. 178), § 4 Rn. 16 ff. 184 So sind auch die rechtstatsächlichen Gegebenheiten, s. o. § 6 B.III.1. und 2. 185 S. § 14 Satz 2 SGB II; Anspruch auf Zuweisung eines bestimmten persönlichen Ansprechpartners besteht aber nicht. Näher Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 14 Rn. 11 ff.; Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 14 Rn. 8 ff. Zweifelhaft die insofern etwas undeutlichen und in der Sache fast durchweg systemwidrigen und wirklichkeitsfremden Ausführungen in BSGE 104, 185 (191 f.), wonach zumindest kein Anspruch auf einen „unbefangenen und qualifizierten“ persönlichen Ansprechpartner bestehen soll. Völlig zu Recht kritisch auch Berlit, a. a. O., § 14 Rn. 16. 186 Bei Abschluß von Verwaltungsverträgen soll zumindest der rechtsstaatliche Gedanke des rechtlichen Gehörs Anwendung finden. Dazu näher und m. w. N. Kel-

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2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der angehenden Parteien Von den bisher behandelten weiteren Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug sind die nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) zu unterscheiden. Diese Pflichten sollen dem anderen Teil den personen- und vermögensrechtlichen Status erhalten, der ihm ohne Rücksicht auf sein Leistungsinteresse zu eigen ist. Sie schützen also sein Integritätsinteresse.187 Damit treten diese Pflichten auf wie in jedem anderen Rechtsverhältnis. Doch können sie in Abhängigkeit von der Intensität der sich entwickelnden Eingliederungskooperation und damit verbundener überdurchschnittlicher Einwirkungsmöglichkeiten auf die Rechts- und Interessensphäre des anderen Teils schwerer wiegen als das bei Dauerschuldverhältnissen gewöhnlich der Fall ist. Treffen die angehenden Parteien bestimmungsgemäß mit Dritten zusammen, muß die Schutzpflicht zudem auch Wirkung zu Gunsten dieser Dritten entfalten.188 Demnach hat etwa der Leistungsberechtigte nicht nur das Eigentum des Grundsicherungsträgers zu achten, sondern auch Eigentum und Gesundheit von dessen Leuten, soweit sie mit ihm in entsprechenden Kontakt kommen. 3. Weitere Verhaltenspflichten von Dritten Im vorvertraglichen Eingliederungs-Rechtsverhältnis können auch solche Rechtssubjekte weitere Verhaltenspflichten haben, die selbst nicht Partei einer Eingliederungsvereinbarung werden sollen. Eigentlich außenstehende Behörden kann im Einzelfall eine Amtshilfepflicht treffen.189 Für verschiedene Dritte – wie etwa Arbeitgeber, Banken, Versicherungen und Partner ler, Schuldverhältnisse (Fn. 1), S. 144; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 423 f. Das ist bei Verhandlungen grds. gewährleistet. 187 So auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 12), § 7 Rn. 1 ff.; Kramer, Münchener Kommentar (Fn. 39), Einl. Rn. 80; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 10; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 31), § 241 Rn. 90. 188 Zu vergleichbaren Einwirkungsmöglichkeiten in anderen Konstellationen Roth, Münchener Kommentar (Fn. 31), § 241 Rn. 96; vgl. auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, S. 633 (634) (Rauchbelästigung der Mitglieder einer Flugreisegruppe). Ob die Schutzpflicht dann auch mit einem entsprechenden Schutzrecht des Dritten oder nur des Vertragspartners korrespondiert, ist abhängig vom Einzelfall und beurteilt sich nach dem Konzept vom Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte; näher zu diesem Konzept Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 817 ff. 189 §§ 3–7 SGB X als Folgerung aus Art. 35 GG. Allg. dazu Rainer Pitschas, Die Amtshilfe für und durch Sozialhilfeträger, SGb 1990, S. 233 (233 ff.), und Bernhard Stüer, Amtshilfeersuchen zwischen Sozialleistungsträgern und allgemeinen

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des Leistungsberechtigten – sehen die §§ 57 ff. SGB II bestimmte Auskunfts- und Bescheinigungspflichten vor.190 Zeugen und Sachverständige sind nach Maßgabe des § 21 Abs. 3 SGB X zur Mitwirkung verpflichtet.191 Aufmerksamkeit verdienen ferner § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 3 BGB, wonach Pflichten für einen Dritten auch entstehen, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluß erheblich beeinflußt.192 Das kann er insbesondere dann, wenn er die Verhandlungen für eine Partei führt193 oder als deren Sachwalter194 in Erscheinung tritt.195 Zur Entstehung gelangen dann vor allem Auskunfts- und Beratungspflichten. III. Pflichten Leistungsberechtigter ohne volle Geschäftsfähigkeit Ist der Leistungsberechtigte beschränkt geschäftsfähig, entstehen ihm Pflichten aus dem vorvertraglichen Eingliederungs-Rechtsverhältnis nur, soweit seine gesetzlichen Vertreter der Aufnahme des geschäftlichen Kontakts mit dem Grundsicherungsträger zugestimmt haben. Ist er geschäftsunfähig, entstehen nie Pflichten zu seinen Lasten.196 Das gilt auch im Lichte des Verwaltungsbehörden, DÖV 1985, S. 720 (720 ff.), sowie Engelmann, SGB X (Fn. 10), §§ 3 bis 7. S. auch Pünder, Grundmodell (Fn. 131), § 14 Rn. 43 ff. 190 §§ 57 f. sowie 60 Abs. 3 und 5 SGB II. S. dazu nur Jens Blüggel, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, §§ 57 und 58 sowie § 60 Rn. 21 ff. 191 S. dazu nur Lang, Sozialgesetzbuch X (Fn. 141), § 21 Rn. 28 ff. 192 Grundlegend Kurt Ballerstedt, Zur Haftung für culpa in contrahendo bei Geschäftsabschluß durch Stellvertreter, AcP 151 (1950/1951), S. 501 (501 ff.); außerdem Claus-Wilhelm Canaris, Sondertagung Schuldrechtsmodernisierung, JZ 2001, S. 499 (520 f.); Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 231 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 188), Rn. 110 f. 193 Dafür kommen vor allem der persönliche Ansprechpartner und Verhandlungsgehilfen des Leistungsberechtigten in Betracht. Allg. zur Haftung in einer solchen Konstellation Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 236 ff. und 241; Johann Kindl, in: Walter Erman (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 1, 13. Aufl. 2011, § 311 Rn. 48 f. Zur entsprechenden Rechtslage vor der Schuldrechtsreform Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 114 f. 194 Dafür kommen vor allem Sachverständige und vergleichbare „Auskunftspersonen“ in Betracht. Zu den strengen Voraussetzungen einer Sachwalterhaftung BGH NJW-RR 2005, S. 1137 (1137 f.); Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 244 ff.; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 115. 195 Zu möglichen Fallgruppen der Dritthaftung aus § 311 Abs. 3 BGB allg. Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 236 ff. 196 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 104 ff. BGB. Vgl. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 20; ders., Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 23), S. 47; Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungs-

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§ 36 Abs. 1 SGB I.197 Die Norm sieht zwar eine Handlungsfähigkeit ab dem vollendeten fünfzehnten Lebensjahr vor, aber eben nur für Anträge auf Sozialleistungen oder die Entgegennahme dieser Leistungen. Ähnliches betrifft § 7 SGB II,198 der für Personen ab dem vollendeten fünfzehnten Lebensjahr nur das grundsätzliche Recht auf Leistungen nach dem SGB II regelt. Auch § 15 SGB II führt nicht weiter.199 Selbst wenn der Grundsicherungsträger danach mit jedem Leistungsberechtigten eine Eingliederungsvereinbarung schließen soll, ist damit noch nichts zu den Abschlußvoraussetzungen für den Leistungsberechtigten gesagt. Der Grundsicherungsträger bleibt dem nicht voll Geschäftsfähigen dagegen aus dem vorvertraglichen Rechtsverhältnis verpflichtet,200 das folglich nur zu seinen Lasten entsteht. IV. Pflichten vor Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes Vor Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes ergeben sich keine weiterreichenden Verpflichtungen der Beteiligten als vor Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung. Insbesondere die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung ist mit den freilich gescheiterten Vertragsverhandlungen bereits erfolgt.

§ 10 Vorvertragliche Phase – Leistungsstörungen und Beendigung Ein wesentliches Anliegen dieser Arbeit ist es, die Eingliederungsvereinbarung in dem mit ihr verbundenen Eingliederungsprozeß vollständig zu erform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (280); Philipp Stark, in: Martin Estelmann (Hrsg.), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), Losebl. Stand Juli 2008, § 15 Rn. 111; a. A. wohl Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 19. Allg. zur vorvertraglichen Pflichtenstellung nicht voll geschäftsfähiger Personen Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 90; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 116; beide m. w. N. auch zur Gegenauffassung. 197 Die prinzipielle Geltung der Bestimmung auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende folgt aus § 37 Satz 1 und 2 SGB I. Gegen ihre Anwendbarkeit auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung zu Recht auch Berlit, Sozialgesetzbuch (Fn. 23), § 15 Rn. 20. 198 § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. So auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 23), § 15 Rn. 20; a. A. wohl Spellbrink, SGB II (Fn. 23), § 15 Rn. 19. 199 Dazu Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 196), S. 280. 200 Allg. zur Stellung des geschäftsfähigen Verhandlungspartners gegenüber dem Geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten Emmerich, Münchener Kommentar (Fn. 10), § 311 Rn. 90; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 16), S. 116. Außerdem BGH NJW 1973, S. 1790 (1790 ff.) mit Anm. von Dieter Medicus, Beschädigung eines Mietwagens durch Minderjährige, JuS 1974, S. 221 ff.

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fassen. Schon für die vorvertragliche Phase der Eingliederung genügt es deshalb nicht, die vereinbarungsbezogenen Rechte und Pflichten in ihren Zusammenhängen und Abhängigkeiten systematisch zu erschließen. Auch die darüber hinausgehenden und noch nicht behandelten, durch Leistungsstörungsrecht vermittelten Folgen der Verletzung dieser Pflichten bedürfen einer systematischen Betrachtung (A). Außerdem ist noch auf die Beendigung der vorvertraglichen Eingliederungsphase einzugehen (B).

A. Vorvertragliche Leistungsstörungen Das Recht der vorvertraglichen Leistungsstörungen folgt nach der gesetzlichen Neuregelung zum SGB II im Frühjahr 20111 auch für das Eingliederungs-Rechtsverhältnis in erster Linie aus den Bestimmungen des allgemeinen Vertragsrechts.2 Als vorvertragliche Leistungsstörung gilt demnach die Verletzung einer Pflicht aus der vorvertraglichen Phase des Rechtsverhältnisses.3 Eine solche Pflichtverletzung liegt vor, wenn „das Verhalten des Schuldners vom objektiven Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses abweicht“.4 1 Zum 1. April 2011 hat der Gesetzgeber u. a. den bisherigen spezifischen Sanktionsmechanismus des SGB II neu geregelt und soweit aufgehoben, als darin besondere Bestimmungen zur Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten enthalten waren; s. Art. 14 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Nr. 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453). S. dazu auch BT-Drs. 17/3404, S. 110 ff. 2 Zur prinzipiellen Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches bei öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 62 Rn. 33; Björn Diering, in: ders./Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 3. Aufl. 2011, § 61 Rn. 10 f.; Elke Gurlit, Vertragserfüllung und Leistungsstörungen, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 33 Rn. 5; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 52; Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2008, Rn. 856; ferner Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 584 f., und Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 330, beide freilich noch zu Rechtslage vor der Schuldrechtsmodernisierung. 3 Zur Unbestimmtheit des Begriffs der Leistungsstörung s. nur Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 1 Rn. 1, und Dieter Medicus, Die Leistungsstörungen im neuen Schuldrecht, JuS 2003, S. 521 (521). Zur zentralen Rolle der Pflichtverletzung im allgemeinen Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches Claus-Wilhelm Canaris, Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen, JZ 2001, S. 499 (511 ff.); Ulrich Huber, Die Pflichtverletzung als Grundtatbestand der Leistungsstörung im Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, ZIP 2000, S. 2273 (2276); Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 335. 4 BT-Drs. 14/6040, S. 135 f., zum Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches.

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Mit Rücksicht auf die nach wie vor bestehenden dogmatischen Besonderheiten des Eingliederungsrechts ist dabei allerdings noch einmal zu differenzieren zwischen den Folgen der Verletzung von Leistungspflichten (I) und der Verletzung weiterer Verhaltenspflichten (II). I. Verletzung von Leistungspflichten 1. Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten Die Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten kann durch eine Erklärung des Leistungsberechtigten erfolgen, mit der er den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung ganz allgemein oder ein konkretes Angebot des jeweiligen Grundsicherungsträgers ablehnt. Diese Ablehnung ist sowohl ausdrücklich als auch konkludent denkbar.5 Eine konkludente Ablehnung liegt insbesondere vor, wenn der Leistungsberechtigte ein Angebot nur mit Erweiterungen, Einschränkungen oder weiteren Änderungen annimmt, also ein eigenes Angebot abgibt.6 Der Leistungsberechtigte kann seine Abschlußpflicht aber auch dadurch verletzen, daß er das Angebot des Grundsicherungsträgers schlicht nicht rechtzeitig annimmt.7 Hat der Grundsicherungsträger keine angemessene Frist bestimmt,8 entscheiden die Umstände des Einzelfalls und dessen sachgerechte Bewertung über die Rechtzeitigkeit.9 So ist ein Angebot unter Anwesenden grundsätzlich sofort anzu5 Noch mit Blick auf die Sanktionsregelung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. LSG Nordrhein-Westfalen v. 20. Dezember 2006, Az. L 20 B 298/06 AS ER, juris Rn. 19 f.; Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rn. 26; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (593); Klaus Lauterbach, Das Sanktionensystem im SGB II, NJ 2008, S. 241 (242); Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 12; einschränkend, allerdings ohne Begründung, Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 31 Rn. 5. 6 Das folgt aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 150 Abs. 2 BGB. 7 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 146 BGB. 8 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 148 BGB. 9 Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 637. So liegt es etwa, wenn der Leistungsberechtigte sich eine Bedenkzeit von beispielsweise acht Tagen erbittet und der Grundsicherungsträger ihm diese Zeit zugesteht, ohne diese Frist ausdrücklich als Annahmefrist zu bestimmen; vgl. dazu auch LSG Berlin-Brandenburg v. 28. November 2005, Az. L 10 B 1293/05 AS ER, juris Rn. 13; LSG Hessen, ZfSH/SGB 2006, S. 739 (741 f.); LSG Nordrhein-Westfalen v. 20. Dezember 2006, Az. L 20 B 298/06 AS ER, juris Rn. 20; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 12d.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

nehmen.10 Doch kann auch unter Anwesenden eine Frist wie „unter Abwesenden“ gelten,11 wenn der Leistungsberechtigte die tatsächlichen und rechtlichen Dimensionen der Vereinbarung möglicherweise nicht allein oder nicht sogleich umfassend beurteilen kann und deshalb Bedenk- oder Beratungszeit mit Dritten benötigt.12 Liegt eine entsprechende Verletzung der Abschlußpflicht vor, kann das den Grundsicherungsträger berechtigen, für bestimmte Zeit die Zahlung von Arbeitslosengeld II zu verweigern (a). Unabhängig davon kommen Schadenersatzansprüche des Grundsicherungsträgers in Betracht (b). a) Recht zur Verweigerung der Zahlungspflicht aa) Maßgebliche Leistungsstörungsnorm Für eine Zahlungsverweigerung muß sich der Grundsicherungsträger auf eine passende Leistungsstörungsnorm berufen können. Dafür fällt der Blick zunächst auf die §§ 31 ff. SGB II. Die Normen regeln im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung jedoch nur bestimmte Leistungspflichtverletzungen, wozu die Verletzung der gesetzlichen Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten seit der Neuregelung vom Frühjahr 201113 nicht mehr gehört. Ähnliches gilt für den prinzipiell auch im Grundsicherungsrecht anwendbaren § 66 SGB I14. Danach kann der Leistungsträger die beantragte Leistung zwar „bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen“. Doch gilt das nur im Zusammenhang mit der Aufklärung von Tatsachen, die für den Anspruch auf die beantragte 10 Das gilt unabhängig davon, daß das Angebot für eine Eingliederungsvereinbarung schriftlich zu erfolgen hat. § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB treffen für schriftliche Angebote unter Anwesenden keine Sonderregelung; so auch Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 9), S. 638, und wohl Karl Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, S. 518 f. 11 Allg. zu solchen Problemlagen Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 9), S. 638 m. w. N. 12 Vgl. LSG Berlin-Brandenburg v. 28. November 2005, Az. L 10 B 1293/05 AS ER, juris Rn. 3 f. und 13; LSG Nordrhein-Westfalen, v. 7. Februar 2008, Az. L 7 B 201/07 AS ER, juris Rn. 8; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 5), § 31 Rn. 25. In solchen Konstellationen empfiehlt es sich, dem Leistungsberechtigten eine konkrete Annahmefrist zu setzen. Für die Verweigerung des Arbeitslosengeldes II ist das aber nicht zwingend; ungenau Berlit, a. a. O., § 31 Rn. 26 (zu § 31 SGB II a. F.) mit der nicht ganz zutreffenden Berufung auf LSG Baden-Württemberg v. 16 April 2008, Az. L 7 AS 1398/08 ER-B, juris Rn. 11. 13 S. dazu nur noch die Anmerkung oben in Fn. 1. 14 Die prinzipielle Anwendbarkeit des § 66 SGB I auch im Grundsicherungsrecht folgt aus § 37 SGB I; s. dazu auch BSGE 101, 260 (261).

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Leistung erheblich sind, d.h. dessen Voraussetzungen betreffen.15 Beantragt hat der Leistungsberechtigte zunächst nur ganz allgemein Eingliederungsleistungen und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Grundsicherung für Arbeitsuchende).16 Die Anspruchsvoraussetzungen dafür sind im 2. Kapitel des SGB II genannt. Der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gehört nicht dazu, und damit auch nicht die darauf bezogene Abschlußpflicht.17 Folgen für die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers könnten sich aber noch aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB18 ergeben. Die Anwendbarkeit des § 273 BGB als besondere Ausprägung von Treu und Glauben19 ist im Öffentlichen (Verwaltungsvertrags-) Recht ganz überwiegend anerkannt20 und eine passende sachnähere Regelung nicht mehr ersichtlich21. 15 S. dazu § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I, auf den sich § 66 Abs. 1 SGB I bezieht. Außerdem Barbara Kampe, in: Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB I, 2005, § 66 Rn. 23 und 26, und § 60 Rn. 27; Helmut Reinhardt, in: Utz Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, 2. Aufl. 2008, § 66 Rn. 6 und 8. 16 § 37 SGB II spricht von „Leistungen nach diesem Buch“, die in § 1 Abs. 3 SGB II die erwähnte Zweiteilung erfahren haben. Eine weitergehende Spezifikation des Antrags jedenfalls mit Blick auf einzelne Eingliederungsleistungen kommt nicht in Betracht, weil solche Leistungen in Übereinstimmung mit dem System des SGB II überhaupt erst im Rahmen des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung nach den bereits vorgestellten Maßstäben (s. o. § 9 C.II.) auszuhandeln sind. 17 Gegen die Anwendbarkeit der §§ 60 ff. SGB I im Recht der Eingliederungsvereinbarung auch Reinhardt, Sozialgesetzbuch I (Fn. 15), Vor §§ 60–67 Rn. 3. 18 § 273 BGB stellt zwar keine echte Leistungsstörungsnorm dar, er kann aber bei Pflichtverletzungen dennoch zum Einsatz kommen; s. nur Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 3), Rn. 232. Deshalb erscheint es vertretbar, die Vorschrift im Leistungsstörungsrecht mitzubehandeln. 19 Zur Regelung des § 273 BGB als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben s. nur RGZ 32, 34 (34); 126, 383 (385); 152, 71 (73); Wolfgang Krüger, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 273 Rn. 2; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 425. 20 Allg. VGH Kassel, NJW 1996, S. 2746 (2748); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 62 Rn. 34; Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 5; Jürgen Möllgaard, in: Hans Joachim Knack (Begr.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl. 1994, § 62 Rn. 3 (S. 872); Utz Schliesky, in: Hans Joachim Knack/HansGünter Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 62 Rn. 24 f.; Rolf Stober, Das Zurückbehaltungsrecht wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen, DVBl. 1973, S. 351 (353); ders., Öffentliche Aufträge und sonstige verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 55 Rn. 157; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 426 f.; Maximilian Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2009, § 8 Rn. 47; Thomas Würtenberger, Zurückbehaltungsrechte und Schadenersatzansprüche beim Abschleppen verbotswidrig parkender Kraftfahrzeuge, DAR 1983, S. 155 (156); dagegen Stephen Lampert, Verwalten durch Zurückbehalten, 2003, S. 212 ff. Zum Sozialverwaltungsvertragsrecht Diering, Sozial-

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bb) Kein Ausschluß durch die Natur des Rechtsverhältnisses Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB darf allerdings nicht durch die Natur des EingliederungsRechtsverhältnisses ausgeschlossen sein.22 (1) Bedeutung und Eigenart der gegenübergestellten Pflichten Für die Anwendbarkeit von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB kommt es in erster Linie auf Bedeutung und Eigenart der gegenübergestellten Pflichten auch in deren Verhältnis zueinander an.23 Die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers soll dem Leistungsberechtigten durch vorläufige Sicherung seines Lebensunterhalts die Gelegenheit geben, unbelastet und eigenverantwortlich alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit wahrzunehmen.24 Ein unumgänglicher Schritt dahin ist der Abschluß einer paßgenauen und wirkungsvollen Eingliederungsvereinbarung25 und damit die Erfüllung der zugrundeliegenden gesetzbuch X (Fn. 2), § 61 Rn. 6 und 9; Klaus Engelmann, in: Matthias von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 7. Aufl. 2010, § 61 Rn. 4a. 21 Nach § 61 Satz 2 SGB X gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur ergänzend und entsprechend; näher dazu Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 62 Rn. 22, mit Bezug auf die gleichlautende Bestimmung in § 62 Satz 2 VwVfG. Demnach darf sich aus dem gesamten Sozialgesetzbuch (enger Engelmann, SGB X [Fn. 20], § 61 Rn. 4: nur SGB X), keine auf den konkreten Fall unmittelbar anwendbare Regelung ergeben. 22 Damit ist die sowohl in § 61 Satz 2 SGB X als auch in § 273 Abs. 1 BGB allg. formulierte Frage angesprochen, ob und wie weit das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB auf die in Rede stehende Pflichtenkonstellation anwendbar ist; so allg. de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 428. Die im übrigen gebotenen wechselseitigen Verpflichtungen sind mit der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten und der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers gegeben. Die Pflichten entstammen ferner demselben rechtlichen Verhältnis (Eingliederungs-Rechtsverhältnis); näher zu dieser weit verstandenen Voraussetzung Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 13 m. w. N. Die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten ist zudem auch fällig, soweit der Grundsicherungsträger ein formell und materiell rechtmäßiges Angebot unterbreitet hat. 23 Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 47. 24 §§ 1 Abs. 3 Nr. 2 und 19 ff. SGB II i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II; s. auch BT-Drs. 15/1516, S. 41; Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 2 Rn. 1 und 3; Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 1 Rn. 4; vgl. zudem Eberhard Eichenhofer, Geschichte des Sozialstaats in Europa, 2007, S. 144, und Helga Spindler, Arbeiten für die Grundsicherung, SozSich 2008, S. 365 (366). 25 Diese Wertung verdeutlicht das Gesetz in den §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 15 SGB II. S. dazu auch BT-Drs. 15/1516, S. 44 f.; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 15 Rn. 1; Spellbrink, SGB II (Fn. 24), § 15 Rn. 1 ff.

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Abschlußpflicht. Erfüllt der Leistungsberechtigte diese Pflicht nicht, stellt er seine paßgenaue und effiziente Eingliederung in Frage. Geschieht das aus freien Stücken, begründet sein Verhalten einen unlösbaren Selbstwiderspruch zu seinem Begehren um Grundsicherung auf Kosten der Gemeinschaft. „Wer Solidarität von der Gesellschaft einfordert, hat seinerseits gegenüber der Gesellschaft Solidarität zu üben“.26 Unabhängig von der Treuwidrigkeit27 eines davon abweichenden Verhaltens zeigt sich im Rückzug des Leistungsberechtigten auf die passive Entgegennahme von Zahlungen und Weisungen durch einen Eingliederungs-Verwaltungsakt28 auch ein unlösbarer Widerspruch zu einem Kernziel der Grundsicherung. Sein Verhalten widerspricht dem Gebot eigenverantwortlicher Lebensführung, in deren Rahmen der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpft.29 Bedeutung und Eigenart der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten aber auch der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers fordern also geradezu den Rückgriff auf ein Zurückbehaltungsrecht. (2) Kein Ausschluß durch Gewährung des Arbeitslosengeldes II über Verwaltungsakt Die Anwendung von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Arbeitslosengeld II durch Ver26 So allgemein zur Idee des aktivierenden Sozialstaats Eichenhofer, Geschichte (Fn. 24), S. 144 mit dem zusätzlichen Hinweis, daß dieses Gebot zwar keineswegs neu sei, es aber auch nicht schade, „daran immer wieder zu erinnern“; vgl. auch ders., Sozialreformen zwischen Vision und Wirklichkeit, NZS 2007, S. 57 (60), und ders., Arbeit und Sozialleistungen, in: Peter Hanau/Jens T. Thau/Harm Peter Westermann (Hrsg.), Gegen den Strich – Festschrift für Klaus Adomeit, 2008, S. 159 (159 und 165 f.); s. auch BT-Drs. 17/3404, S. 110. 27 Zur Treuwidrigkeit von Verhalten, das zu einem unlösbaren Selbstwiderspruch führt Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 242 Rn. 57; Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 242 Rn. 255 und 287. Solche Konstellationen gelten grds. als venire contra factum proprium nulli conceditur est; vgl. näher Reinhard Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993, S. 43 ff. 28 Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, soll der (vorläufige) Eingliederungsverlauf durch Verwaltungsakt geregelt werden (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). 29 S. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zum gebotenen Vorrang der Selbsthilfe vor der Hilfe der Gemeinschaft Eichenhofer, Geschichte (Fn. 24), S. 140 f., 145 und 149; Wolfgang Spellbrink, Viel Verwirrung um Hartz IV, JZ 2007, S. 28 (30); ders., SGB II (Fn. 24), § 1 Rn. 4. Vgl. auch BT-Drs. 17/3404, S. 110; Michael Opielka, Sozialpolitik, 2004, S. 25 f. und 86 ff.

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waltungsakt gewährt wird. Dabei mag offen bleiben, ob das Recht unmittelbar gegen die mit dem Bewilligungsbescheid festgesetzte Zahlung des Arbeitslosengeldes II in Stellung gebracht werden könnte,30 weil seine Anwendung zumindest über § 48 SGB X vermittelbar ist. Nach § 48 SGB X kann der Grundsicherungsträger einen auch schon bestandskräftigen und mit Dauerwirkung ausgestatteten Verwaltungsakt aufheben, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben, die bei Erlaß des Verwaltungsaktes vorgelegen haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob die mit dem Verwaltungsakt bewilligten Leistungen bereits gewährt wurden.31 Der Bescheid zur Bewilligung des Arbeitslosengeldes II ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.32 Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn nunmehr ein inhaltlich zumindest teilweise abweichender Bewilligungsbescheid erlassen werden müßte.33 Das ist unter anderem dann der Fall, wenn der Grundsicherungsträger die Zahlung des Arbeitslosengeldes II unter Berufung auf Treu und Glauben verweigern darf. Der Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben ist nämlich auch im Öffentlichen Recht als Einrede gegen bestehende Ansprüche anerkannt.34 Damit erlaubte es auch der berechtigte Verweis auf § 61 Satz 2 30 Vorbehalte etwa bei HessVGH, NJW 1996, S. 2746 (2747 f.), und Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 5, für einen ähnlich gelagerten Fall, allerdings mit der Besonderheit, daß dort § 61 Satz 2 SGB X/§ 62 Satz 2 VwVfG nicht eingriffen, um eine Verbindung zu § 273 BGB herzustellen. 31 Arg. ex § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X; s. dazu nur Dirk Waschull, in: Björn Diering/Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 3. Aufl. 2010, § 50 Rn. 20 ff. 32 Arg. ex § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. So auch Wolfgang Conradis, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 41 Rn. 8; Andy Groth, Einstweiliger Rechtsschutz in Streitigkeiten der Grundsicherung, NJW 2007, S. 2294 (2294); Wolfgang Eicher, in: ders./Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 39 Rn. 13. Vgl. ferner Christian Armborst, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Anhang Verfahren Rn. 63. Für den Bereich der Sozialhilfe nach dem BSHG s. aber BVerwGE 25, 307 (309), und Ernst-Walter Grieger, Der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sozialhilferecht, ZfSH/SGB 2002, S. 451 (451). 33 BSGE 59, 111 (112 f.); 88, 172 (174 f.); 89, 151 (153 f.); Bernd Schütze, in: Matthias von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 6. Aufl. 2008, § 48 Rn. 12; Elisabeth Straßfeld, Aufhebung und Rücknahme von Bescheiden nach § 69 SGB IX, SGb 2003, S. 88 (89); Waschull, Sozialgesetzbuch X (Fn. 31), § 48 Rn. 27 ff. S. auch Michael Sachs, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 49 Rn. 66 ff. 34 Dazu allg. aus der umfangreichen Rechtsprechung und Literatur BVerwGE 44, 294 (298 ff.); 44, 339 (343 f.); 48, 247 (251); vgl. auch 85, 213 (215); Hartmut Bauer, Die Verwirkung von Nachbarrechten im öffentlichen Baurecht, DV 23 (1990), S. 211 ff.; Hermann Pünder, Verwaltungsverfahren, in: Hans-Uwe Erichsen/ Dirk Ehlers (Hrsg.), 14. Aufl. 2010, § 14 Rn. 21; Helge Sodan/Jan Ziekow, Grundkurs Öffentliches Recht, 4. Aufl. 2010, § 96 Rn. 9; Sachs, Verwaltungsverfahrensge-

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SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB35, erforderlichenfalls über § 48 SGB X vorläufig kein Arbeitslosengeld II zu gewähren.36 Wie sich gezeigt hat, sind die Voraussetzungen dieser Bestimmung prinzipiell erfüllt, wenn der Leistungsberechtigte seiner Abschlußpflicht nicht nachkommt. (3) Kein Ausschluß durch Eingliederungs-Verwaltungsakt Weiterhin ist die Anwendung von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB nicht durch die Möglichkeit des Grundsicherungsträgers ausgeschlossen, einen Eingliederungs-Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu erlassen.37 Das galt bereits mit Blick auf die bei einer Abschlußverweigerung eingreifende Sanktionsregelung in § 31 SGB II a. F., wogegen sich allerdings manche Stimmen aus Rechtsprechung38 und Literatur39 wandten. So war etwa nach Berlit ein „Festhalten am Angebot zum Absetz (Fn. 33), § 53 Rn. 21; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 247; je zur Verwirkung. Insbes. mit Blick auf das Sozialrecht BSGE 41, 275 (278); 47, 194 (196); 80, 41 (43); Engelmann, SGB X (Fn. 20), § 52 Rn. 7; Eberhard Jung, Verjährung, Ausschluß und Verwirkung von sozialrechtlichen Ansprüchen, ZfSH/SGB 1988, S. 16 (22 f.); Waschull, Sozialgesetzbuch X (Fn. 31), § 37 Rn. 9, § 45 Rn. 27 und 76; jeweils zur Verwirkung. 35 Zur Einordnung der Wertungen des § 273 BGB als besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben s. die Nachweise in Fn. 19. 36 Um am dieser Stelle jedes Mißverständnis auszuschließen: Entscheidungserheblich ist nicht die Pflichtverletzung des Leistungsberechtigten allein, sondern die hinzukommende berechtigte Berufung des Grundsicherungsträgers auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB. 37 So schon mit Blick auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. zutreffend SG Reutlingen v. 22. Februar 2008, Az. S 2 AS 445/08 ER, juris Rn. 40 f. 38 LSG Bayern v. 1. August 2007, Az. L 7 B 366/07 AS ER, juris Rn. 18; LSG Hansestadt Hamburg v. 22. September 2008, Az. L 5 B 483/07 ER AS, juris Rn. 5; SG Magdeburg v. 6. Dezember 2005, Az. S 27 AS 702/05 ER, juris Rn. 16. Nicht aber LSG Baden-Württemberg v. 22. Januar 2007, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6 a. E.; LSG Niedersachsen-Hansestadt Bremen v. 31. Juli 2007, Az. L 8 AS 605/ 06 ER, juris Rn. 23, die eine Sanktion nur nach Erlaß des Verwaltungsaktes ablehnen. 39 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 5), § 31 Rn. 14; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 16; Imme Müller, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand Juni 2007, § 15 Rn. 18; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 12a; Spellbrink, SGB II (Fn. 24), § 15 Rn. 12; Leandro Valgolio, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand Juni 2007, § 31 Rn. 20; Ute Winkler, in: Alexander Gagel (Hrsg.), SGB II/SGB III, Losebl. Stand Dezember 2006, § 31 Rn. 19; dem folgend nunmehr der Gesetzgeber in BT-Drs. 17/3404, S. 111 (freilich wurde das Gesetzgebungsverfahren von Vertretern der dem modernen Eingliederungskonzept – zumindest in Teilen – reserviert gegenüberstehenden Richterschaft „hautnah begleitet“; s. die Selbsteinschätzung bei Andy Groth/Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, S. 5). Vorsichtiger Herold-Tews, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 7.

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schluss einer Eingliederungsvereinbarung (. . .) bei erkennbar fehlender Bereitschaft, diese abzuschließen, (. . .) nicht geeignet, die Sanktionsfolgen des § 31 Abs. 1 auszulösen, wenn der Leistungsträger auch durch Verwaltungsakt hätte vorgehen können“.40 Nach Rixen fehlte es schon an einem Angebot „im Rechtssinne (. . .), wenn die Behörde ohne sachlichen Grund von der Möglichkeit, einen VA nach § 15 Abs 1 S 6 zu erlassen, absieht“41.42 Diese gewiß wohlmeinenden, augenscheinlich rechtpolitisch motivierten Stimmen, konnten schon deshalb nicht überzeugen, weil sie gegen das Gesetz verstießen.43 Sie können auch das hier behandelte Recht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II44 nicht wirksam in Frage stellen. Bereits dem Wortlaut nach schließt § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB ein Nebeneinander von Zahlungsverweigerung und Erlaß eines EingliederungsVerwaltungsaktes nicht aus. Systematische Erwägungen sprechen dann sogar für ein solches Nebeneinander, insbesondere das Zusammenspiel mit § 15 SGB II. Danach soll ein Verwaltungsakt die Leistungen und Bemühungen zur Eingliederung nur dann bestimmen, wenn „eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande“ kommt.45 Das aber steht erst fest, nachdem der Leistungsberechtigte den Abschluß der Vereinbarung abgelehnt, seiner Abschlußpflicht also nicht nachgekommen ist und die prinzipielle Sanktionsmöglichkeit nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB bereits herbeigeführt hat. Der Eingliederungs-Verwaltungsakt selbst ist ersichtlich nicht als Sanktion gedacht. Er kann deshalb auch nicht in Konkurrenz zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II treten. Mit ihm wird vielmehr nur der vorläufige, wenn auch nicht paßgenaue und akzeptanzsichere Fortgang der Eingliederung gewährleistet.46 Auch Sinn und Zweck der gesetzlichen 40

Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 5), § 31 Rn. 14. Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 12a unter Verweis auf SG Berlin, NDV-RD 2005, S. 104; ähnlich Spellbrink, SGB II (Fn. 24), § 15 Rn. 12, und Valgolio, SGB II (Fn. 39), § 31 Rn. 20. Einen sachlichen Grund sieht Rixen, a.a.O., § 31 Rn. 12a, wenn „die Behörde (. . .) verdeutlicht, dass ohne Abschluss einer EV das Ziel der Arbeitsmarktintegration erschwert wird und ein VA insoweit nicht wirkt“. 42 Zur Wirklichkeitsferne dieser rechtlich nicht überzeugenden, politisch freilich bislang wohlfeilen Argumentation s. o. § 7, insbes. A. und C. 43 Berlit räumte das auch freimütig ein, indem er die seiner Sichtweise entsprechende Bestimmung in den Handlungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit (Handlungsanweisung zu § 31 SGB II, Stand 20. Dezember 2009, Rn. 31.6a) als Vorgriff (!) auf eine zu dieser Zeit erst noch beabsichtigte Gesetzesänderung bezeichnet und damit – etwas erstaunlich – ein rechtswidriges Verhalten befürwortete; Berlit, Sozialgesetzbuch (Fn. 5), § 31 Rn. 14 a. E. 44 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB sowie § 48 SGB X. 45 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 46 Dahingehend auch SG Reutlingen v. 22. Februar 2008, Az. S 2 AS 445/08 ER, juris Rn. 41; Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (894 und 898). 41

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Regelung streiten für das vorgetragene Verständnis. Das Recht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II konkretisiert den Grundsatz des Forderns und will den Leistungsberechtigten dazu anhalten, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen.47 Es gilt, der Verpflichtung zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung besonderen Nachdruck zu verleihen und damit den Weg in eine möglichst schnelle und paßgenaue Eingliederung zu befördern. Die beabsichtigte Aktivierung der Beteiligten, insbesondere die Stärkung von Eigenverantwortung und Eigeninitiative des Leistungsberechtigten soll in der Vereinbarung erstmals einen greifbaren Ausdruck finden.48 Könnte der Leistungsberechtigte nun vor allem bei erkennbar fehlender Initiativbereitschaft einfach den Eingliederungs-Verwaltungsakt abwarten ohne sonst Folgen seiner Pflichtverletzung befürchten zu müssen, wäre es ihm ein leichtes, sich aus Eigenverantwortung und Eigeninitiative zu stehlen, den Eingliederungserfolg zu gefährden und das Ziel des Gesetzes zu hintertreiben. Der alternative Erlaß eines – wenn auch sanktionsbewehrten – Eingliederungs-Verwaltungsaktes könnte daran nichts mehr ändern.49 Damit aber wäre man zurück in den nicht nur für viele Leistungsberechtigte behaglichen und geruhsamen Zeiten vor Einführung des SGB II, was auf Kosten unserer Gemeinschaft freilich zu hohen Arbeitslosenzahlen und einem starken Stamm an Langzeitarbeitslosen führte50. (4) Verhältnismäßigkeitserwägungen Verhältnismäßigkeitserwägungen stehen der Anwendung des Rechts zur Verweigerung von Arbeitslosengeld II ebenfalls nicht entgegen, insbesondere nicht mit Blick auf die soeben schon aus anderer Perspektive erörterte Möglichkeit, einen Eingliederungs-Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu erlassen. Paßte das Verdikt der Unverhältnismäßigkeit schon nicht so recht auf die bei einer Abschlußverweigerung vorgesehene Sanktion nach § 31 Abs. 1 SGB II a. F.51 Noch viel weniger paßt es auf die nunmehr möglich gewordene52 Anwendung von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. 47 Zu diesem Erfordernis ganz deutlich § 2 Abs. 1 SGB II; s. außerdem BT-Drs. 15/1516, S. 50 f. Mit Blick auf die mit derselben Zielrichtung ausgestattete Sanktionsregelung in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. BT-Drs. 15/1516, S. 60; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 1 ff.; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 1. 48 Vgl. allg. nur BT-Drs. 15/1516, S. 50 f., 54 und 60. 49 S. dazu bereits oben § 9 C.I.1.a)cc) und die nachfolgenden Verhältnismäßigkeitserwägungen. 50 Zum damaligen Zustand des Arbeitsmarktes s. nur Peter Hartz u. a., Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Bericht der Kommission, 2002, S. 271. 51 Zu den verfassungsrechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Eingliederungskonzept des SGB II s. o. § 3 C.I.2.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

§ 273 Abs. 1 BGB, um die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten rechtlich zu bewehren. So ist es bereits zweifelhaft, ob dem Grundsicherungsträger mit der Möglichkeit, einen Eingliederungs-Verwaltungsakt zu erlassen, ein „milderes Mittel zur Verfügung“ steht, um „verbindliche Pflichten für den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zu regeln“53. Dagegen spricht der Umstand, daß dem Leistungsberechtigten mit Erlaß des Verwaltungsaktes ein bestimmter Eingliederungsverlauf diktiert wird und sich die Verwaltung von der rechtlichen Gleichordnung der Parteien auf ein obrigkeitsstaatlich anmutendes Über-Unterordnungsverhältnis begibt. Bei Abschluß einer als Vertrag verstandenen ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung bleibt es dagegen bei der rechtlichen Gleichordnung der Parteien und der Leistungsberechtigte hat es in der Hand, den Eingliederungsverlauf durch Verhandlungen mitzubestimmen; selbst wenn am Ende dieser Verhandlungen eine Abschlußpflicht steht.54 Vor allem aber stellt der Eingliederungs-Verwaltungsakt gegenüber der Eingliederungsvereinbarung kein auch nur annähernd gleich wirksames Mittel zur effizienten und paßgenauen Eingliederung des Leistungsberechtigten dar.55 Die Rechtswirklichkeit hat gezeigt, daß die Eingliederung signifikant erfolgreicher verläuft, wenn sie durch eine als ausgehandelten Vertrag verstandene Eingliederungsvereinbarung anstatt durch einen Eingliederungs-Verwaltungsakt gesteuert wird.56 Die Bewehrung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB ist auch nicht unangemessen. Dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter wie der Bekämpfung der Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit oder dem Fortbestand der sozialen Sicherungssysteme57 steht der Eingriff durch eine vor allem im Vergleich zu § 31 Abs. 1 SGB II a. F. sehr flexible58 Regelung zur Verweigerung des 52 Die Sperrwirkung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. ist mit Streichung dieser Sanktionsregel durch den Gesetzgeber entfallen. 53 So BT-Drs. 17/3404, S. 111. Ferner etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 16; Andy Groth, Neustrukturierung des Sanktionsrechts, in: ders./Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, § 13 Rn. 401; Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 31 Rn. 12. 54 S. dazu noch einmal oben § 9 C.I.1.a)cc). 55 Zu diesem wichtigen Element der Verhältnismäßigkeitsprüfung s. nur BVerfGE 118, 168 (194 f.), und 120, 274 (321); ferner Michael Sachs, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 152 f. Die Kritiker einer sanktionsbewehrten Abschlußpflicht gehen darauf verständlicherweise nicht ein, müßten sie ihre Behauptungen dadurch doch selbst in Frage stellen. 56 S. dazu insbes. § 7 A. und C. 57 S. dazu nur Kretschmer, „Sozialhilfe“ (Fn. 44), S. 897 f. m. w. N. 58 S. dazu unten A.I.1.a)dd). Kritisch, aber auch wirklichkeitsfern zu dem angeblich zu unflexiblen Sanktionensystem des SGB II Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31a Rn. 3 ff., insbes. Rn. 5.

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Arbeitslosengeldes II gegenüber. Zudem lassen sich besondere Härten über die sogleich zu erörternden Einschränkungen59 und durch ergänzende Sachleistungen60 hinreichend abfangen. Nur am Rande sei rechtsvergleichend darauf hingewiesen, daß namentlich das Eingliederungsrecht in Großbritannien und Australien nicht weniger rigoros vorgeht. Dort ist die Zahlung der Jobseeker’s bzw. Newstart Allowance sogar von vornherein und vollständig ausgeschlossen, solange der Leistungsberechtigte kein Jobseeker’s bzw. Activity Agreement abgeschlossen hat.61 Das gilt, obwohl dort einseitige, dem deutschen Verwaltungsakt ähnliche Weisungen ebenfalls bekannt sind.62 Das vorgestellte Gesetzesverständnis bildet daher keine groteske deutsche Besonderheit. Es ist in ähnlicher Gestalt auch in anderen bewährten Rechtsstaaten anerkannt. cc) Einschränkungen Die Anwendung des § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB sowie § 48 SGB X kann bei der Abschlußverweigerung des Leistungsberechtigten im Einzelfall gleichwohl entfallen, wenn offensichtlich nur eine kurze Verzögerung der ausstehenden Pflichten zu erwarten ist oder wegen ausbleibender Zahlungen ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht.63 Darüber hinaus unterliegt die Anwendung der genannten Vorschriften von vornherein sechs weiteren ausdrücklichen oder teleologischen Einschränkungen. Sie entfällt, wenn ein rechtswidriges Angebot des Grundsicherungsträgers vorlag (1) oder der Leistungsberechtigte ein rechtmäßiges Gegenangebot unterbreitet hat (2), neue eingliederungsrelevante Umstände zutage getreten sind (3), ein beschränkt Geschäftsfähiger ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten gehandelt hat (4), keine Belehrung und Anhörung erfolgt ist (5) oder der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten vorweisen kann (6).

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S. u. A.I.1.a)cc) und dd). Dafür kommt die entsprechende Anwendung von § 31a Abs. 3 SGB II in Betracht. 61 Für Großbritannien Sec. 1(2)(a) bis (c) JSA 1995; konkretisierend Reg. 5 ff. und 18 ff. und 31 ff. JSAR, und für Australien Sec. 593(1)(c)–(f) i. V. m. Sec. 605 SSA 1991. Mit Abschluß des Jobseeker’s bzw. Activity Agreements setzen die Zahlungen der Jobseeker’s bzw. Newstart Allowance dann freilich in voller Höhe ein. 62 Näher dazu oben § 4 D.IV. sowie E.II. und IV. 63 S. nur Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 72 f. m. w. N. 60

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

(1) Rechtswidriges Angebot § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB sind bei Ablehnung eines rechtswidrigen Angebotes des Grundsicherungsträgers nicht anwendbar. In solchen Fällen ist der Leistungsberechtigte schon nicht zum Abschluß der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, weil die Eingliederungsvereinbarung paßgenau und effizient sein soll.64 Paßgenauigkeit und Effizienz sind aber nur auf Grundlage eines formell und materiell rechtmäßigen Angebotes gewährleistet. Das Recht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II darf nur bei Ablehnung eines in jeder Hinsicht rechtmäßigen, insbesondere ausgehandelten Angebotes eingreifen.65 (2) Rechtmäßiges Gegenangebot Eine Verweigerung des Arbeitslosengeldes II bleibt ferner außer Betracht, wenn der Leistungsberechtigte selbst ein formell und materiell rechtmäßiges Angebot zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung abgibt. Damit lehnt er zwar das Angebot des Grundsicherungsträgers ab.66 Allerdings bietet er im selben Zuge eine Leistung an Erfüllungs statt an,67 die ebenfalls zum Abschluß einer paßgenauen und effizienten Vereinbarung führt und vom Grundsicherungsträger nur noch angenommen werden muß. Damit ist Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung mehr als Genüge getan, weil der Leistungsberechtigte über sein Pflichtenprogramm hinaus selbst die Initiative zum Abschluß einer „richtigen“ Eingliederungsvereinbarung ergriffen hat.68

64 S. o. § 9 C.I.1.a); ferner BT-Drs. 15/1516, S. 2, 41, 44, 46 und 69; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 15 Rn. 1; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (590 f.); Ernst-Wilhelm Luthe/Markus A. Timm, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II, SGb 2005, S. 261 (261); Spellbrink, SGB II (Fn. 24), § 15 Rn. 1 f. 65 Noch mit Blick auf die Sanktionsregelung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. etwas undeutlich Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 5), § 31 Rn. 24; s. ferner Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 12b, der in der Rechtswidrigkeit des Angebotes allerdings einen „wichtigen Grund“ i. S. d. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. zur Ablehnung erkennen wollte; großzügiger Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 5), S. 242. Zum Gebot der Rechtmäßigkeit des Angebotes s. auch LSG Baden-Württemberg v. 22. Januar 2007, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 5 f.; LSG Rheinland-Pfalz v. 5 Juli 2007, Az. L 3 ER 175/07 AS, juris Rn. 18; VG Bremen v. 17. Mai 2005, Az. S 1 V 725/05, juris Rn. 22; SG Hamburg v. 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 22. 66 Er weigert sich also, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen; s. dazu § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 150 Abs. 2 BGB. 67 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 364 Abs. 1 BGB.

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(3) Bekanntwerden neuer eingliederungsrelevanter Umstände Die Ablehnung eines Angebotes kann ebenfalls nicht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II führen, wenn nach Abgabe des Angebotes durch den Grundsicherungsträger neue eingliederungsrelevante Umstände bekannt werden. Das umfaßt auch Vorschläge des Leistungsberechtigten zum weiteren Eingliederungsverlauf, soweit die damit verbundenen „Vorstellungen nicht gänzlich fragwürdig“ sind.69 Nun beruht das Angebot nicht mehr auf Verhandlungen, die alle eingliederungsrelevanten Umstände berücksichtigen, und hat damit nachträglich seine Rechtmäßigkeit verloren. Dann aber entfällt bereits die Annahmepflicht des Leistungsberechtigten. Unbeachtlich bleibt, aus wessen Sphäre die relevanten Umstände kommen und ob sie schon vor Angebotsabgabe eingebracht werden konnten, weil es bei Abschluß der Vereinbarung um die höchstmögliche Paßgenauigkeit geht.70 (4) Verweigerung durch beschränkt Geschäftsfähige Beschränkt geschäftsfähige Leistungsberechtigte, vor allem Minderjährige, können die Eingliederungsvereinbarung nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters wirksam abschließen oder verweigern.71 Erst dann sehen sie sich mit den daraus resultierenden Folgen konfrontiert. Die Ablehnung eines Angebotes vernichtete nämlich die zu ihren Gunsten begründete Rechtsposition, brächte also unabhängig von der drohenden Verweigerung des Arbeitslosengeldes II schon rechtliche Nachteile mit sich.72 Nimmt der beschränkt Geschäftsfähige das Angebot nicht rechtzeitig an, erlischt es zwar von Gesetzes wegen.73 Zumindest die weiteren für ihn nachteiligen Rechtsfolgen dürfen wegen seiner gesetzlich angeordneten Schutzwürdig68

Methodisch ist eine teleologische Reduktion des Gesetzeswortlautes angezeigt. Zur Methodik der teleologischen Reduktion s. nur Karl Larenz/Claus Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 210 ff. 69 Vgl. noch mit Blick auf die Sanktionsregelung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) SGB II a. F. LSG Hessen, ZfSH/SGB 2006, S. 739 (742); Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 12 d. 70 Bestanden die nun zutage getretenen Umstände bereits vor Abschluß der Vertragsverhandlungen zu dem jetzt abgelehnten Angebot des Grundsicherungsträgers, kommt allerdings eine Haftung des jeweiligen Pflichtverletzers aus c. i. c. in Betracht. 71 S. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 15 Rn. 20; Dieter Knoblauch/ Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (280). 72 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 107 BGB. S. dazu nur Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 146 Rn. 1. 73 § 62 Satz 1 SGB X i. V. m. § 146 BGB.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

keit aber nur eintreten, wenn das bewußt und mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschah. (5) Belehrung und Anhörung Ferner muß der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten grundsätzlich schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt haben, die eintreten, wenn der Leistungsberechtigte den Abschluß einer ihm angebotenen Eingliederungsvereinbarung verweigert. Die Belehrung muß „konkret, richtig, vollständig und verständlich“74 vor der Abschlußverweigerung erfolgt sein, und auch sonst im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang damit stehen75. Der Leistungsberechtigte muß erkennen können, was im Einzelfall von ihm verlangt wird, um eine Minderung des Arbeitslosengeldes II zu vermeiden.76 Deshalb haben sich Art und Weise der Belehrung an seinem erkennbaren Verständnis- und Empfängerhorizont zu orientieren.77 Eine dementsprechende Belehrung ist nur dann nicht geboten, wenn der Leistungsberechtigte auch ohne sie Kenntnis von den drohenden Rechtsfolgen hat.78 Diese Erfordernisse folgen zwar nicht unmittelbar aus den in diesem Abschnitt erörterten Rechtsvorschriften zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II.79 Sie ergeben sich aber aus einer entsprechenden Anwendung des § 31 Abs. 1 SGB II. Die dort für bestimmte Pflichtverletzungen vorgesehenen spezifischen Sanktionen können ebenfalls nur eingreifen, wenn der Leistungsberechtigte vor der Pflichtverletzung schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt wurde oder anderweitig Kenntnis von den drohenden Rechtsfolgen hatte.80 Sinn und Zweck dieses Belehrungserfordernisses ist es, den Lei74 BSGE 53, 13 (15), schon mit Blick auf das Sperrzeitenrecht im AFG; s. ferner BSGE 105, 297 (301 f.); bestätigt in BSG v. 15. Dezember 2010, Az. B 14 AS 92/ 09 R, juris Rn. 24. 75 BSGE 102, 201 (210 f.); 105, 297 (301 f.); LSG Hessen v. 26. März 2007, Az. L 9 AS 38/07 ER, juris Rn. 16; s. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 73, und Herold-Tews, SGB II (Fn. 53), § 31 Rn. 6. 76 BT-Drs. 15/1516, S. 61; LSG Niedersachsen v. 31. Juli 2007, Az. L 8 AS 605/06 ER, juris Rn. 12; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 44; ferner Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 72. 77 LSG Berlin-Brandenburg v. 12. März 2007, Az. L 28 B 153/07 AS ER, juris Rn. 5. 78 S. § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dazu Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 79 ff.; a. A., allerdings trotz des klaren Gesetzeswortlautes ohne Begründung, Groth, Neustrukturierung (Fn. 53), § 13 Rn. 399. 79 Weder § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB noch § 48 SGB X fordern eine der Pflichtverletzung vorgeordnete Rechtsfolgenbelehrung für ihre Anwendbarkeit. 80 Für Einzelheiten s. die Nachweise zu den vorangegangenen Ausführungen, die zwar zum Teil noch die Rechtslage nach § 31 SGB II a. F. betreffen. An den inhalt-

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stungsberechtigten im Bedarfsfalle über seine Pflichten aufzuklären und von vornherein zu einem eingliederungsgerechten Verhalten ohne Pflichtverletzungen zu bewegen.81 Das begünstigt eine paßgenaue und effiziente Eingliederung, so daß das grundsätzliche Belehrungserfordernis auch im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Recht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II eingreift. Der Umstand, daß dieses Verweigerungsrecht wesentlich flexibler angelegt ist als das Sanktionensystem nach § 31 SGB II, macht das Belehrungserfordernis wegen seines vorbeugenden Charakters nicht entbehrlich. Unabhängig von dem soeben behandelten Belehrungserfordernis ist auch eine Anhörung nach § 24 SGB X durchzuführen.82 (6) Wichtiger Grund Das Recht zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II entfällt schließlich, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für die Ablehnung der Eingliederungsvereinbarung darlegt und nachweist. Diese Einschränkung läßt sich ebenfalls mit einer entsprechenden Anwendung des § 31 SGB II begründen, der bei Darlegung und Nachweis eines wichtigen Grundes ebenfalls eine Sanktionierung ausschließt83. Hier wie dort ist eine Sanktionierung des Verhaltens des Leistungsberechtigten nicht angezeigt, weil ihm kein eingliederungswidriges Verhalten vorzuwerfen ist, das den Entzug der Hilfe durch unsere Gemeinschaft rechtfertigte. Unter den wichtigen Grund fallen alle Umstände des Einzelfalls, die sich nicht einer der oben genannten Fallgruppen zuordnen lassen und das Verhalten des Leistungsberechtigten nach Abwägung seiner berechtigten Interessen mit den entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit rechtfertigen.84 Dabei hanlichen Vorgaben für das Belehrungserfordernis hat sich aber auch nach der gesetzlichen Neuregelung nichts geändert; s. nur Groth, Neustrukturierung (Fn. 53), § 13 Rn. 398. 81 Von einer „Warn- und Erziehungsfunktion“ spricht Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 71; s. auch ders., Die Hartz IV-Rechtsprechung – geklärte und offene Fragen (Teil 2), info also 2009, S. 10 (18); Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 5), S. 244; deutlich ebenfalls LSG Hessen v. 26. März 2007, Az. L 9 AS 38/07 ER, juris Rn. 16, und LSG Niedersachsen-Bremen v. 31. Juli 2007, Az. L 8 AS 605/06 ER, juris Rn. 12; vgl. auch BSGE 105, 297 (302), wo allerdings – in der Sache zu eng – ausschließlich auf die Warnfunktion abgestellt wird. 82 Ebenso – allerdings noch zu § 31 SGB II a. F. – SG Osnabrück v. 22. Juni 2005, Az. S 10 AS 68/05 ER, juris Rn. 13; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 44d. 83 § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 84 BSGE 66, 94 (96 f.), zu § 119 AFG; für § 31 SGB II a. F. bestätigt durch BSG v. 9. November 2010, Az. 4 AS 27/10 R, juris Rn. 29; s. ferner Berlit, Sozialgesetzbuch (Fn. 24), § 31 Rn. 63 f.; Herold-Tews, SGB II (Fn. 53), § 31 Rn. 35.

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delt es sich grundsätzlich um Umstände aus seiner Sphäre und seinem Verantwortungsbereich, insbesondere also um solche mit familiärem oder gesundheitlichem Hintergrund;85 das rechtfertigt auch die gesetzlich angeordnete Beweislastumkehr.86 Sind dem Leistungsberechtigten Maßnahmen zur Beseitigung des wichtigen Hinderungsgrundes möglich und zumutbar, kann er sich erst auf den wichtigen Grund berufen, wenn er diese Maßnahmen erfolglos ergriffen hat.87 dd) Zeitliche Dimension der Rechtsfolgen Der für eine mögliche Verweigerung des Arbeitslosengeldes II maßgebliche Zeitraum beginnt mit dem der Abschlußpflichtverletzung88 folgenden Tag und endet mit Ablauf des Tages, an dem die Pflichtverletzung ihr Ende findet.89 Solange kein (weiteres) ordnungsgemäß ausgehandeltes Angebot des Grundsicherungsträgers vorliegt, endet eine Verletzung der Abschlußpflicht, sobald sich der Leistungsberechtigte zu ernsthaften Verhandlungen mit dem Ziel eines Vertragsschlusses bereit findet. Deutlicher kann er das Ende seines pflichtverletzenden Verhaltens in Ermangelung eines ausgehandelten Angebotes90 nicht dokumentieren. Anfang und Ende der Zahlungsverweigerung sind durch einen eigenen Verwaltungsakt nach § 48 SGB X zu regeln, weil auch die Leistungsbewilligung durch Verwaltungsakt erfolgt ist.91 Der Verwaltungsakt muß dem 85 BT-Drs. 15/1516, S. 60; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 65; Ursula Fasselt, in: Otto Fichtner/Gerd Wenzel (Hrsg.), Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 15 Rn. 12 und 14; zu weitgehend Herold-Tews, SGB II (Fn. 53), § 31 Rn. 37 ff., und Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 35b, die dogmatisch unpassend auch die Rechtswidrigkeit der potentiellen Eingliederungsvereinbarung mit unter den wichtigen Grund fassen. 86 Dazu Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31 Rn. 69 f.; Herold-Tews, SGB II (Fn. 53), § 31 Rn. 41 f. Vgl. auch Winfried Boecken, Eigenverantwortung in der Sozialhilfe: Einführung einer Beweislastumkehr bei der Hilfe zur Arbeit, VSSR 2003, S. 45 (45 ff.). 87 BSGE 64, 202 (205); SG Duisburg, info also 1994, S. 130 (131 f.) (Tabakrauch); Herold-Tews, SGB II (Fn. 53), § 31 Rn. 36. 88 S. dazu bereits oben die Einleitung unter A.I.1. 89 Die Fristberechnung erfolgt nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 26 SGB X. 90 Hat der Leistungsberechtigte ein Angebot des Grundsicherungsträgers abgelehnt oder nicht rechtzeitig angenommen, ist dieses Angebot erloschen (§ 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 146 BGB), nicht aber die Pflicht zum Abschluß einer ordnungsgemäß ausgehandelten Eingliederungsvereinbarung. 91 Vgl. dazu nur die freilich mit Blick auf § 31 SGB II a. F. ergangene – im dortigen Zusammenhang allerdings etwas zweifelhafte – Entscheidung des Bundessozialgerichts in BSGE 105, 194 (197).

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Pflichtverstoß stets unverzüglich nachfolgen, sollen die Verweigerung des Arbeitslosengeldes II und die damit bezweckte Motivation des Leistungsberechtigten ihre volle Wirkung entfalten.92 So läßt sich eine schnelle und paßgenaue Eingliederung auf Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung erreichen. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist für die Zeit der Zahlungsverweigerung allerdings in entsprechender Anwendung von § 31a Abs. 3 SGB II die Gewährung ergänzender Sachleistungen in Betracht zu ziehen. Nach Ende der berechtigten Verweigerung des Arbeitslosengeldes II durch den Grundsicherungsträger, wird der Leistungsberechtigte eine Zahlung grundsätzlich nur noch für die Zukunft fordern können. Arbeitslosengeld II wird nur bei entsprechendem Bedarf des Leistungsberechtigten geleistet.93 Eine Bedarfslage in der Vergangenheit aber läßt sich regelmäßig nicht durch Leistungen in der Gegenwart überwinden.94 Hat der Leistungsberechtigte zudem die Pflichten aus einem zwischenzeitlich ergangenen Eingliederungs-Verwaltungsakt verletzt, erhält er das weitere Arbeitslosengeld II darüber hinaus nur in entsprechend geminderter Höhe.95 b) Schadenersatz Verletzt der Leistungsberechtigte seine Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung ist prinzipiell eine Haftung auf Schadenersatz aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB denkbar. Eine Haftung nach diesen Vorschriften entfiele nur, soweit ihnen eine speziellere Vorschrift im Wege stünde.96 Eine solche Vorschrift ist nach dem Wegfall von § 31 SGB II a. F.97 nicht mehr ersichtlich. Nach allgemeinem Schadenersatzrecht 92

Die Verwaltung hat insoweit keinerlei Entscheidungsspielräume. So mit Blick auf den mit diesem Hintergrund erlassenen § 31 SGB II a. F. SG Berlin v. 12. Januar 2006, Az. S 37 AS 11525/05 ER, juris Rn. 10; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 5), § 31 Rn. 150; Herold-Tews, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 91; Rixen, SGB II (Fn. 5), § 31 Rn. 60. Zu § 31b SGB II nunmehr Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 24), § 31b Rn. 7. 93 BT-Drs. 15/1516, S. 44 f. und 56; Michael Wolff-Dellen, in: Martin Löns/ Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 9 Rn. 4; Christian Mecke, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 9 Rn. 7. 94 BVerwGE 58, 68 (70 ff. und 72); Christian Grube, Der Anspruch auf Sozialhilfe im gerichtlichen Verfahren, NordÖR 1999, S. 176 (178); ders., „Keine Hilfe für die Vergangenheit“ – im SGB II und SGB XII, S. 11 (11); Gerhard Igl/Felix Welti, Sozialrecht, 8. Aufl. 2007, § 56 Rn. 5. 95 S. dazu unten § 13 D.I. 96 Allg. zur Anwendbarkeit des Bürgerlichen Gesetzbuches im öffentlichen Verwaltungsvertragsrecht Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 62 Rn. 22 ff., und de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 62. 97 § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) und Abs. 2 SGB II a. F.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

haftet der Leistungsberechtigte bei Verletzung seiner Abschlußpflicht auf Schadenersatz, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.98 An einer relevanten Pflichtverletzung fehlt es unter anderem, wenn der Leistungsberechtigte ein rechtswidriges Angebot des Grundsicherungsträgers nicht annimmt, ein rechtmäßiges Gegenangebot unterbreitet oder ein ursprünglich rechtmäßiges Angebot nach Bekanntwerden neuer eingliederungsrelevanter Umstände nicht annimmt. In allen diesen Fällen besteht schon keine Abschlußpflicht. Liegt ein wichtiger Grund i. S. d. § 31 SGB II vor, wird die Pflichtverletzung zumindest nicht zu vertreten sein. Eine Haftung entfällt weiterhin bei beschränkt Geschäftsfähigen, die ohne Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter handeln. Auf eine Rechtsfolgenbelehrung kommt es dagegen nicht an.99 Haftet der Leistungsberechtigte, muß er grundsätzlich den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde, und wenn das nicht möglich ist, einen finanziellen Ausgleich für die Folgen der Pflichtverletzung leisten.100 Letzteres dürfte der Regelfall sein, weil die Verletzung der Abschlußpflicht für den Grundsicherungsträger normalerweise zu einem Eingliederungsmehraufwand führt, der nicht mehr rückgängig zu machen ist. Dieser Mehraufwand kann sich etwa in den Kosten für ein weiteres Angebot zeigen, aber auch in der nun länger andauernden Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II. Keine Schadensposition bilden die Aufwendungen, die der Grundsicherungsträger bis zu der Pflichtverletzung mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung gemacht hat. Es ist nicht zu vermuten, daß diese Aufwendungen mit der Eingliederungsvereinbarung ausgeglichen worden wären.101 Außerdem kann der Schadenersatzanspruch nicht auf die Annahme des ursprünglichen Angebotes gerichtet sein, weil das Angebot mittlerweile erloschen ist.102 Er kann den Abschluß der ursprünglich angestrebten Eingliederungsvereinbarung auch nicht auf anderem Wege beinhalten. Die Abschlußpflicht der 98 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Leistungsberechtigte muß beweisen, daß er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Bei Verletzung der Abschlußpflicht dürfte die Exkulpationsmöglichkeit allerdings kaum praktische Bedeutung entfalten, weil es sich um eine tätigkeitsbezogene Verpflichtung handelt. Ist die Verletzung einer solchen Pflicht nachgewiesen, gilt das grds. auch für das Verschulden; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 3), Rn. 338. 99 Mit Ausnahme der Rechtsfolgenbelehrung gelten für eine Schadenersatzhaftung des Leistungsberechtigten wegen Verletzung seiner Abschlußpflicht also die im Zusammenhang mit dem Verweigerungsrecht des Grundsicherungsträgers nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB sowie § 48 SGB X entwickelten Einschränkungen entsprechend. Für Einzelheiten dazu s. o. A.I.1.a)cc). 100 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 BGB. 101 Statt der Schadenersatzforderung kommt aber die Forderung von Aufwendungsersatz nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 284 BGB in Betracht, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 102 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 146 BGB.

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Parteien richtet sich nach den besonderen und damit vorrangigen103 eingliederungsrechtlichen Bestimmungen für eine paßgenaue und effiziente Eingliederungsvereinbarung. Unbeschadet möglicher Schwierigkeiten beim Nachweis der Schadenshöhe wird ein Anspruch aus allgemeinem Schadenersatzrecht wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse der Leistungsberechtigten oft nur schwer zu realisieren sein. Eine sofortige Liquidation des Schadens dürfte regelmäßig nicht in Betracht kommen.104 2. Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten des Leistungsberechtigten Für die Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten105 des Leistungsberechtigten gelten eigene Gesetzmäßigkeiten, die von dem vorgestellten Regelwerk zur Abschlußpflichtverletzung deutlich abweichen. Die maßgebliche Ausgangsregelung bildet § 32 SGB II, der auch bei der Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten nach Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung einschlägig ist. Systematisch steht die Vorschrift in engem Zusammenhang mit dem übrigen, nach Abschluß der Vereinbarung geltenden Leistungsstörungsrecht, so daß sie nur in Verbindung mit dessen Betrachtung so recht verständlich wird. Deshalb wird die Arbeit erst dort auf die Gesetzmäßigleiten bei einer Verletzung der vorvertraglichen Melde- und Erscheinenspflichten näher eingehen.106 3. Verletzung der Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers Verletzt der Grundsicherungsträger seine Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung, kommt als Rechtsfolge nur eine Haftung nach allgemeinem Schadenersatzrecht in Betracht. Spezielle Regelungen, die der Anwendung dieser Normen wenigstens teilweise entgegenstehen, liegen 103

Reinhold Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. 2006, S. 38 f. Der Leistungsberechtigte muß insbesondere keinen Verlust der Zahlungen des Arbeitslosengeldes II fürchten, weil die Schadenersatzansprüche des Grundsicherungsträgers zu dieser Zeit wegen §§ 51 Abs. 1 und 54 Abs. 4 SGB I weder durch Pfändung noch durch Aufrechnung befriedigt werden dürften; das übersieht Ingmar Fröhlich, Vertragsstrukturen in der Arbeitsverwaltung, 2007, S. 149. 105 Gemeint sind die Pflichten, sich nach Aufforderung durch den zuständigen Träger zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen. 106 S. dazu unten § 13 A.I.2. 104

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

nicht vor.107 Das gilt insbesondere mit Blick auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch108. Dieser Anspruch ist zwar auch auf eine Art Naturalrestitution gerichtet,109 er greift jedoch von vornherein nur ein, soweit die jeweilige Pflichtverletzung nicht schon gesetzlich geregelt ist.110 Eine solche Regelung aber bietet im Recht der Eingliederungsvereinbarung § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB. Verletzt der Grundsicherungsträger danach seine Abschlußpflicht, entkommt er einer Schadenersatzhaftung nur noch, wenn er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.111 Im Haftungsfalle muß er grundsätzlich Naturalrestitution, und wenn das nicht möglich 107 Allenfalls zusätzlich kommt noch eine Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht; s. allg. Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997, S. 45. 108 Aus der umfangreichen Literatur s. nur Hans-Peter Adolf, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1991; Karl-Jürgen Bieback, Grundlagen und Schranken des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, SGb 1990, S. 517 (517 ff.); Winfried Brugger, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch – Wildwuchs oder Baustein im System der Staatshaftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln?, AöR 112 (1987), S. 389 (389 ff.); Alexander Gagel, Der Herstellungsanspruch, SGb 2000, S. 517 (517 ff.); Eckhard Kreßel, Öffentliches Haftungsrecht und sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, 1990; Klaus Ladage, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1990; Sylvia Schmidt/Benjamin Schmidt, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, Jura 2005, S. 372 (372 ff.); Reimund Schmidt-De Caluwe, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1991; Maximilian Wallerath, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch und die Herrschaft des Rechts, DÖV 1994, S. 757 (757 ff.) 109 Freilich geht es dabei grds. nur darum, wegen rechtswidrigen Behördenverhaltens nicht erfüllte Anspruchsvoraussetzungen gesetzlicher Sozialleistungen zu fingieren. Ein echter Schadenersatzanspruch, der den gesamten Schaden des Betroffenen ausgleicht, liegt also nicht vor. Näher BSGE 55, 261 (263); Gagel, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 518; Ladage, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 55; Rainer Pietzner/Judith Müller, Herstellungsanspruch und Verwaltungsgerichtsbarkeit, VerwArch 85 (1994), S. 603 (609 f.); Wallerath, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 762 f. 110 Als subsidiäres richterrechtliches Institut darf der sozialrechtliche Herstellungsanspruch gesetzliche Wertungen – wie sie etwa über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommen – nicht unterlaufen. BSG 60, 158 (167); Adolf, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 53 und 109 Fn. 1; Bieback, Grundlagen (Fn. 108), S. 517 und 519; Gagel, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 518; Schmidt/Schmidt, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 373. Das muß um so eher gelten, als der sozialrechtliche Herstellungsanspruch weder in seinen dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen noch in seinen Rechtsfolgen abschließend geklärt ist; s. nur die immer noch aktuelle Bestandsaufnahme von Bieback a. a. O., S. 517 und 519. 111 Dafür trifft den Grundsicherungsträger die Beweislast. Bei Verletzung der Abschlußpflicht dürfte ihm die Exkulpationsmöglichkeit allerdings kaum etwas nutzen, weil die Abschlußpflicht eine tätigkeitsbezogene Verpflichtung ist. Ist die Verletzung einer solchen Pflicht nachgewiesen, gilt das grds. auch für das Verschulden; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 3), Rn. 338. Insoweit besteht für den Grundsicherungsträger kein wesentlicher Unterschied zur reinen Rechtswidrigkeitshaftung nach

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ist, einen finanziellen Ausgleich für die Folgen der Pflichtverletzung leisten.112 Ein möglicher Schaden kann für den Leistungsberechtigten darin liegen, daß ihm wegen der Pflichtverletzung des Grundsicherungsträgers eine finanzielle Förderung entgeht, die ursprünglich mit der nun doch noch vereinbarten Eingliederungsmaßnahme verbunden war.113 Denkbar ist auch, daß wegen der Pflichtverletzung eine Eingliederungsmöglichkeit wegfällt und der damit verbundene Einkommenszuwachs ausbleibt. Ein solcher Schaden wird jedoch nur schwer nachweisbar und deshalb praktisch kaum relevant sein. Keine taugliche Schadensposition stellen wieder die Aufwendungen dar, die der Leistungsberechtigte vor der Pflichtverletzung mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung gemacht hat. Auch für ihn ist nicht zu vermuten, daß diese Aufwendungen mit Abschluß der Eingliederungsvereinbarung ausgeglichen worden wären.114 Der Schadenersatzanspruch kann ferner nicht auf die Abgabe eines Angebotes gerichtet sein. Die Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers richtet sich bereits nach den besonderen und damit vorrangigen115 eingliederungsrechtlichen Bestimmungen. 4. Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers Verletzt der Grundsicherungsträger seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II, kann das den Leistungsberechtigten zur Verweigerung seiner eingliederungsbezogenen Pflichten berechtigen (a). Daneben kommt eine Schadenersatzhaftung des Grundsicherungsträgers in Betracht (b). a) Recht zur Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten Die Suche nach einer Leistungsstörungsnorm für den Fall, daß der Grundsicherungsträger seine Zahlungspflicht verletzt, lenkt den Blick bald dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch; vgl. auch Brugger, Herstellungsanspruch (Fn. 108), S. 419. 112 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 BGB. 113 Vgl. den allerdings in anderem Zusammenhang entschiedenen Fall des BSG v. 30. Oktober 1985, Az. 5b RJ 86/84, juris Rn. 1 ff., 9 f. Dort hatte der Leistungsempfänger infolge verzögerter Behandlung seines Antrags auf Berufsförderung durch den Leistungsträger eine um mehr als 50% reduzierte Zahlung von damit verbundenem Übergangsgeld zu beklagen. 114 In Betracht kommt dafür wieder die Forderung von Aufwendungsersatz nach § 61 Satz 2 SGB X i. V.m. § 284 BGB, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 115 Zippelius, Methodenlehre (Fn. 103), S. 38 f.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

auf § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB116. Danach könnte der Leistungsberechtigte der angesprochenen Konstellation zur Verweigerung seiner Leistungspflichten und seiner weiteren Verhaltenspflichten berechtigt sein. Eine passende sachnähere Regelung – etwa aus den §§ 31 ff. SGB II – ist nicht ersichtlich117, und über die prinzipielle Anwendbarkeit des § 273 BGB als besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Öffentlichen (Verwaltungsvertrags-)Recht ist an dieser Stelle kein weiteres Wort mehr zu verlieren.118 Ferner ist das Zurückbehaltungsrecht auch in der vorliegenden Konstellation nicht durch die Natur des EingliederungsRechtsverhältnisses ausgeschlossen.119 Das zeigen erneut die dafür in erster Linie maßgebliche Bedeutung und Eigenart der gegenübergestellten Pflichten für sich und im Verhältnis zueinander,120 nunmehr freilich aus anderer Perspektive. Die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten dient dem Zustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung zur paßgenauen und effizienten Steuerung des Eingliederungsverlaufs. Danach soll der Leistungsberechtigte von Anfang an und unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten auf seine dauerhafte Eingliederung hinarbeiten, an allen darauf bezogenen Aktivitäten mitwirken und dadurch seine Eigenverantwortung stärken.121 Dem kann er freilich nur genügen, wenn auf diesem Weg auch sein Lebensunterhalt gesichert ist. Konsequenterweise verpflichtet das Gesetz den jeweiligen 116

Zur Einordnung des § 273 BGB in das Leistungsstörungsrecht s. o. Fn. 18. Zu der nur ergänzenden und entsprechenden Geltung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Anwendungsbereich des § 61 Satz 2 SGB X s. die Nachweise in Fn. 21. 118 Zu § 273 BGB als besondere Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben näher de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 426 f., und die Nachweise in Fn. 19. Dafür, daß die prinzipielle Anwendbarkeit des § 273 BGB im Öffentlichen Recht ganz überwiegend anerkannt ist s. de Wall, a. a. O., S. 426 f. und die Nachweise in Fn. 20. 119 Damit ist die sowohl in § 61 Satz 2 SGB X als auch in § 273 Abs. 1 BGB allg. formulierte Frage angesprochen, ob und wie weit das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB auf die in Rede stehende Pflichtenkonstellation anwendbar ist; so allg. de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 2), S. 428. Daß die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten und die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers wechselseitige Verpflichtungen aus demselben rechtlichen Verhältnis sind, wurde bereits dargelegt (s. o. Fn. 22). Insbes. Handlungen können über das Zurückbehaltungsrecht verweigert werden; BAG NJW 1997, S. 274 (275); BGHZ 55, 344 (347); Bettina Heiderhoff, Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitskraft und fristlose Kündigung, JuS 1998, S. 1087 (1088). Auch ist die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers grds. schon fällig (s. nur noch § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), wenn die Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten zu erfüllen ist. 120 Zur vorrangigen Maßgeblichkeit dieser Pflichten und ihres Verhältnisses zueinander Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 47. 121 S. insbes. § 2 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 Satz 1 SGB II, und BT-Drs. 15/ 1516, S. 51 f., 54 und 60. 117

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Grundsicherungsträger – gleichsam im Gegenzug – zur Sicherung des Lebensunterhalts durch Zahlung von Arbeitslosengeld II.122 Bleibt diese Absicherung ohne Rechtfertigung aus, passen auch die vor dem Hintergrund ihrer Gewährung geforderten umfassenden Eingliederungsbemühungen nicht mehr. Der Leistungsberechtigte muß in der Zeit ausbleibender Zahlungen die Möglichkeit haben, anderweitig für seinen Lebensunterhalt zu sorgen und die Erfüllung seiner Leistungspflichten und weiteren Verhaltenspflichten nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB zu verweigern. Etwas anderes kann gelten, wenn offensichtlich nur noch eine kurzfristige Verzögerung der Zahlungen zu erwarten ist oder wegen der Abschlußverweigerung unverhältnismäßig hoher Schaden droht.123 b) Schadenersatz Die Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers führt darüber hinaus zur Verzinsung des ausstehenden Betrages nach Maßgabe des § 44 SGB I. Weitergehender (Verzugs-)Schadenersatz soll ausgeschlossen sein.124 II. Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten Bei der Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten ist zwischen den Folgen bei Pflichten mit Leistungsbezug (1) und solchen ohne Leistungsbezug zu unterscheiden (2). Eine eigenständige Erwähnung verdient schließlich noch die Haftung Dritter (3). 1. Verletzung von leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten Bei der Verletzung leistungsbezogener weiterer Verhaltenspflichten kommen je nach Konstellation verschiedene Rechtsfolgen in Betracht. So kann 122

§§ 1 Abs. 3 Nr. 2 und 19 ff. SGB II; vgl. auch BT-Drs. 15/1516, S. 44 f. und

60. 123

Allg. zu möglichen Einschränkungen des § 273 BGB in Einzelfall, die freilich stets im Lichte des Eingliederungsrechts zu sehen sind, s. nur Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 72 f. m. w. N. 124 S. nur Hinnerk Timme, in: Utz Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, 2. Aufl. 2008, § 44 Rn. 2; vorsichtiger Axel Wagner, in: Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB I, 2005, § 44 Rn. 3 und 9; vgl. auch BSGE 24, 118 (118 f.), mit allerdings zweifelhafter Argumentation; BSG NJW 1965, S. 1198 (1198 ff.); a. A. – jedenfalls mit Blick auf § 291 BGB a. F. – BVerwGE 38, 49 (50 f.).

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

eine entsprechende Pflichtverletzung des Leistungsberechtigten den Grundsicherungsträger berechtigen, für die einschlägige Zeit die Zahlung von Arbeitslosengeld II zu verweigern (a). Unabhängig davon sind Schadenersatzansprüche des jeweils anderen Teils denkbar (b). a) Recht zur Verweigerung der Zahlungspflicht Verletzt der Leistungsberechtigte seine leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten, kann der Grundsicherungsträger seine Zahlungspflicht grundsätzlich über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB und § 48 SGB X verweigern. Für den Fall einer Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten sind die Argumente zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften bereits eingehend erörtert worden.125 In der nunmehr zur Diskussion stehenden Konstellation gelten die Argumente entsprechend. Nur noch ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, daß der Rückgriff auf die genannten Vorschriften zudem eine einheitliche Vorgehensweise bei Verletzung aller leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten des Leistungsberechtigten gewährleistet.126 Die eine Anwendung von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB rechtfertigende Treuwidrigkeit folgt nunmehr aus der Forderung von Grundsicherung, ohne die in Rede stehen Pflichten zu erfüllen, die unter anderem dem Austausch aller eingliederungsrelevanten Informationen für den Abschluß einer paßgenauen und wirkungsvollen Eingliederungsvereinbarung sicherstellen soll127. Erfüllt der Leistungsberechtigte diese Pflichten aus freien Stücken nicht, entzieht er dem Grundsicherungsträger bereits den Boden für das Angebot einer solchen Vereinbarung und stellt seine Eingliederung von Anfang an und grundlegend in Frage. Er ist weit davon entfernt, alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen. Gerade zur unbelasteten, eigenverantwortlichen und entschlossenen Ausschöpfung aller dieser Möglichkeiten erhält er aber das mit der Grundsicherung beantragte Arbeitslosengeld II, das ihm dafür vorläufig den Lebensunterhalt sichert.128 125

S. dazu noch einmal oben A.I.1.a)aa) und bb). § 66 SGB I wäre allenfalls bei Verletzung von Auskunfts- und Nachweispflichten durch den Leistungsberechtigten und auch dann nur entsprechend heranziehbar. Insbes. bei Verletzung seiner Verhandlungspflicht wäre ggf. doch ein Rückgriff auf § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB nötig. Die möglichst einheitliche Behandlung einer Pflichtengruppe aber ist im Interesse einer einfachen und klaren Dogmatik. 127 Zur Bedeutung der Eingliederungsvereinbarung für eine paßgenaue und wirkungsvolle Eingliederung s. nur noch die in den §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 15 SGB II verdeutlichte Wertung des Gesetzes, sowie BT-Drs. 15/1516, S. 44 f. 128 §§ 1 Abs. 3 Nr. 2 und 19 ff. SGB II i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II; s. auch BT-Drs. 15/1516, S. 41 und die weiteren in Fn. 24 genannten Nachweise. 126

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Die Natur der involvierten Pflichten fordert also geradezu den Rückgriff auf ein Zurückbehaltungsrecht, wegen der Gewährung des Arbeitslosengeldes II durch Verwaltungsakt vermittelt über § 48 SGB X129. Im praktischen Ergebnis kann der Grundsicherungsträger nach Anhörung130 des Leistungsberechtigten das Arbeitslosengeld II bis zur Erfüllung der in Streit stehenden leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflicht daher zurückbehalten. Voraussetzung ist, daß er den Leistungsberechtigten vor dessen Pflichtverletzung über die Rechtsfolgen belehrt hat, es sei denn, der Leistungsberechtigte hatte Kenntnis von diesen Rechtsfolgen.131 Weitere Einschränkungen mögen im Einzelfall gelten, etwa wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegen und nachweisen kann,132 offensichtlich nur eine kurze Verzögerung der ausstehenden Pflichten zu erwarten ist oder wegen ausbleibender Zahlungen ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht.133 Entfällt die Pflichtverletzung, wird der Leistungsberechtigte sein Arbeitslosengeld II grundsätzlich nur noch für die Zukunft fordern können. Arbeitslosengeld II wird nur bei entsprechendem Bedarf des Leistungsberechtigten geleistet,134 und damit prinzipiell nicht für die Vergangenheit.135 b) Schadenersatz Verletzt einer der Beteiligten eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht, haftet er nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 und (erforderlichenfalls) §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 oder 3 BGB. Besondere Normen, nach denen die Anwendung dieser Vorschriften ausgeschlossen oder modifi129

S. dazu schon oben A.I.1.a)bb)(2). § 24 Abs. 1 SGB X. 131 Eingehend zur entsprechenden Einschränkung der Rechtsfolgen bei der Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten s. o. A.I.1.a)cc)(5). Die Einschränkung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch in der vorliegenden Konstellation angezeigt. 132 Eingehend zur entsprechenden Einschränkung der Rechtsfolgen bei der Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten s. o. A.I.1.a)cc)(6). Die Einschränkung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch in der vorliegenden Konstellation angezeigt. 133 S. dazu die allgemeinen Ausführungen bei Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 19), § 273 Rn. 72 f. m. w. N. 134 BT-Drs. 15/1516, S. 44 f. und 56; Wolff-Dellen, SGB II (Fn. 93), § 9 Rn. 4; Christian Mecke, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 9 Rn. 7. 135 Dazu, daß eine Bedarfslage in der Vergangenheit sich regelmäßig nicht durch Leistungen in der Gegenwart überwinden läßt s. BVerwGE 58, 68 (70 ff. und 72) und die weiteren in Fn. 94 genannten Nachweise. 130

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

ziert sein könnte, sind bei der Verletzung weiterer Verhaltenspflichten nicht ersichtlich.136 Sind die Tatbestandvoraussetzungen erfüllt, muß der Schädiger den Geschädigten so stellen, als ob er seiner Verhaltenspflicht genügt hätte.137 Welchen Inhalt die jeweilige Schadenersatzpflicht hat, hängt von der konkret verletzten Pflicht und der daraus folgenden Schädigung ab. Grundsätzlich können wegen der Störung des paßgenauen Eingliederungsverlaufs solche Schäden entstehen und zu ersetzen sein, wie sie auch bei Verletzung der Abschlußpflicht in Betracht kommen. Erwähnung verdienen an dieser Stelle nur noch die Besonderheiten. aa) Schadenersatz wegen Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung Bei Verletzung leistungsbezogener weiterer Verhaltenspflichten kann ein bedeutsamer Schaden darin liegen, daß ein Partner zum Abschluß einer bestimmten, ihm ungünstigen, aber wirksamen Eingliederungsvereinbarung veranlaßt wurde. Das ist etwa bei unrichtigen Angaben, falscher Beratung oder pflichtwidrigem Verhandeln möglich. Bei ordnungsgemäßer Pflichterfüllung, so die widerlegbare Vermutung,138 hätte der andere Teil diese Vereinbarung nicht, oder doch nicht mit diesem Inhalt geschlossen. Er kann dann je nach Art und Gewicht der Pflichtverletzung eine Anpassung nach Maßgabe des Eingliederungsrechts oder sogar eine Aufhebung der Eingliederungsvereinbarung verlangen.139 Der Nichtigkeitskatalog des § 58 SGB X 136 Auf Seiten des Grundsicherungsträgers ist allenfalls zusätzlich noch eine Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG denkbar; s. allg. auch Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 107), S. 45. 137 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 Abs. 1 Var. 1 BGB. 138 Claus-Wilhelm Canaris, Wandlungen des Schuldvertragsrechts – Tendenzen zu seiner „Materialisierung“, AcP 2000, S. 273 (304 ff. und 315); Volker Emmerich, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 311 Rn. 117; ders., Leistungsstörungen (Fn. 3), § 7 Rn. 19; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 27), § 311 Rn. 13, 40 und 57; Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, S. 112 f. 139 Dahingehend allg. für die c. i. c. bei öffentlichrechtlichen Verträgen Jürgen Fluck, Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Vertrages durch Verwaltungsakt, 1985, S. 51 Fn. 22; Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 107), S. 196 ff.; Möllgaard, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 20), § 54 Rn. 7.1. a. E.; Hans Reckers, Gesetzwidrige und gesetzesabweichende Regelungen in Verwaltungsverträgen zwischen Bürger und Staat, 1988, S. 141 f.; Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 323 ff.; Schliesky, VwVfG (Fn. 20), § 54 Rn. 37. A. A., mit allerdings wenig überzeugenden Argumenten Martin Kellner, Fallgruppen der culpa in contrahendo im Verwaltungsrecht, DÖV 2011, S. 26 (30 f.). Verweigert der Leistungsberechtigte die Anpassung, steht das der Verweigerung einer (neuen) Eingliederungsvereinbarung gleich, und muß deshalb entsprechend sanktionierbar sein.

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wird dadurch noch nicht umgangen.140 Schließlich weist die Haftung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB drei Besonderheiten auf, die sie von § 58 SGB X deutlich absetzen. Sie fordert eine schuldhafte Pflichtverletzung, eröffnet auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene flexible Rechtsfolgen und entfaltet nur dann Wirkung, wenn sich der Anspruchsberechtigte darauf beruft. § 58 SGB X hingegen wirkt verschuldensunabhängig mit einer weitgehend starren Nichtigkeitsrechtsfolge und ist von Amts wegen zu beachten, grundsätzlich auch wenn die über den Nichtigkeitsgrund geschützte Person das Geschäft gegen sich gelten lassen will.141 Zudem kommt eine vollständige Aufhebung der Eingliederungsvereinbarung auch im Rahmen der Schadenersatzhaftung nicht in jedem Falle in Betracht. Regelmäßig muß die Pflichtverletzung dafür so weit reichen, daß die Vereinbarung in ihren wesentlichen Zügen in Frage steht.142 bb) Schadenersatz bei Ausbleiben einer Eingliederungsvereinbarung Ist die beabsichtigte Eingliederungsvereinbarung wegen der schuldhaften Pflichtverletzung des einen Partners nicht zustande gekommen, kann das zwar ebenfalls einen Schaden darstellen. Daraus folgt gleichwohl keine eigenständige (Sekundär-)Pflicht, diese Eingliederungsvereinbarung doch noch abzuschließen. Die Paßgenauigkeit nach Maßgabe der nunmehr bestehenden eingliederungsrelevanten Umstände wäre nicht mehr gewährlei140

So aber allg. zur Möglichkeit, einen öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag im Wege der c. i. c. aufzuheben, Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 475; Jürgen Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, ca. 1988, S. 201 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 428 f.; Herbert Wiedemann, in: Hans-Theodor Soergel/Manfred Wolf, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 2, 12. Aufl. 1990, vor § 275 Rn. 199, 211 und 213. Eine direkte Stellungnahme zur Möglichkeit der Vertragsanpassung über das Institut der c. i. c. findet sich, außer bei Schlette, a.a.O., S. 429, in den vorgenannten Nachweisen nicht. Da die Anpassung eines Vertrages aber stets mit dessen wenigstens teilweiser Aufhebung (und Neufassung) einhergeht, gelten die zur Aufhebung getroffenen Aussagen auch für die Vertragsanpassung; einschränkend Schlette, a.a.O., S. 429, mit dem allerdings nicht weiterführenden Verweis auf Punke, a.a.O., S. 202. Zur überwiegenden Gegenauffassung s. die Nachweise in Fn. 139. 141 Das übergeht Schlette, Vertragspartner (Fn. 2), S. 429. Zur Beachtung der Nichtigkeitsfolgen des § 58 SGB X von Amts wegen s. Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 59 Rn. 1; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 2), § 14 Rn. 44; andeutungsweise etwa auch Schliesky, VwVfG (Fn. 20), § 59 Rn. 50 ff. sowie 53 ff., und Rolf Stober, Verwaltungsrechtliche Verträge, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 61. 142 Es ist außerhalb solcher Fälle nicht einzusehen, weshalb sich die Beteiligten an dem zur Eingliederung Vereinbarten nicht insoweit festhalten lassen sollten, als die vorangegangene Pflichtverletzung darauf keinen Einfluß hatte. Vgl. auch Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 107), S. 199 f.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

stet. Insoweit geht die nach wie vor bestehende primäre Abschlußpflicht mit ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten vor. 2. Verletzung von nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten Bei Verletzung nicht leistungsbezogener weiterer Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) kommt nur eine Haftung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 oder 3 BGB in Betracht. Dabei gilt im Grundsatz nichts anderes als bei der Verletzung weiterer Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug. Eigentümlichkeiten ergeben sich allerdings in besonders schweren Fällen. Ist die Pflichtverletzung so erheblich, daß dem anderen Beteiligten ein Festhalten an dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis unzumutbar ist, kann er sich aus dem Rechtsverhältnis lösen, was das zumindest vorläufige Ende der Grundsicherung bedeuten kann.143 Daran sind wegen der prinzipiellen Möglichkeit des Ausgleiches durch anderweitigen Schadenersatz – etwa in Geld – hohe Anforderungen zu stellen, so daß regelmäßig nur vorsätzliche Straftaten von einigem Gewicht hinreichende Bedeutung haben dürften. 3. Haftung von Dritten Auch Dritte können dem Verhandlungsgegner nach allgemeinem Schadenersatzrecht haftbar sein, und zwar als Vertreter neben dem Vertretenen. Das wird freilich fast nie vorkommen. Voraussetzung wäre unter anderem die Verletzung einer eigenen leistungsbezogenen Verhaltenspflicht gegenüber dem Verhandlungsgegner. Eine solche Pflicht entsteht zu Lasten eines Vertreters aber nur in seltenen Ausnahmefällen. Gleiches gilt für Dritte, die zwar nicht als Vertreter einer Verhandlungspartei, wohl aber als deren Sachwalter aufgetreten sind.144 Inhaltlich gleicht die Haftung – vor allem des Vertreters – der Haftung des Vertretenen, soweit ihm die entsprechende Ersatzleistung noch möglich ist. Anderenfalls bleibt es bei einem Ersatzanspruch in Geld.

143 Diese Regel folgt ursprünglich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, s. BGHZ 41, 104 (108); 82, 354 (359); 133, 316 (320). Sie hat in den freilich nur anderweitig einschlägigen § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 Abs. 1 BGB bzw. § 324 BGB eine beispielhafte Konkretisierung gefunden. 144 Betroffen sind in erster Linie Fälle, in denen der Dritte ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch Vertragsverhandlungen oder Vertragsschluß erheblich beeinfluß hat; Näheres s. o. § 9 C.II.3. m. w. N.

§ 10 Vorvertragliche Phase

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B. Beendigung der vorvertraglichen Phase Die Beendigung der vorvertraglichen Eingliederungsphase führt je nach Beendigungstatbestand zum Wegfall, teilweise aber auch zum Übergang der bisherigen Pflichten in die vertragliche Phase der Eingliederung. Unter den Beendigungstatbeständen gibt es sowohl tatsachen- (I) als auch rechtsaktbezogene (II) Tatbestände. I. Tatsachenbezogene Beendigungstatbestände Ein tatsachenbezogener Beendigungstatbestand kann im Tode des Leistungsberechtigten (1), im Wegfall der Grundsicherungsvoraussetzungen im übrigen (2) sowie in einem treuwidrigen Verhalten oder einer Schutzpflichtverletzung (3) liegen. 1. Tod des Leistungsberechtigten Die vorvertragliche Eingliederungsphase endet mit dem Tod des Leistungsberechtigten. Seine Rechte und Pflichten haben, weil sie zur paßgenauen Eingliederung des Leistungsberechtigten führen sollen, einen höchstpersönlichen Charakter und sind deshalb einer Rechtsnachfolge nicht zugänglich.145 Für Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen des Grundsicherungsträgers in der vorvertraglichen Phase, folgt das auch aus § 59 Satz 1 SGB I.146 Nichts anderes gilt im übrigen für Ansprüche auf Geldleistungen. Diese Leistungen sind im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende stets bedarfsorientiert wie Sozialhilfeansprüche und auch deshalb höchstpersönlicher Natur. Eine Rechtsnachfolge ist dort im Grundsatz ebenfalls ausgeschlossen.147 145 Allg. zum Ausschluß der Rechtsnachfolge in höchstpersönliche Rechtspositionen Dietmar Weidlich, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 1922 Rn. 36; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 27), § 399 Rn. 6. 146 Hintergrund des § 59 Satz 1 SGB I ist der höchstpersönliche Charakter von Ansprüchen auf soziale Dienst- und Sachleistungen; s. Annemarie Diebold/MarieLuise Schiffer-Werneburg, in: Utz Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, 2. Aufl. 2008, § 59 Rn. 6; ähnlich Wagner, SGB I (Fn. 124), § 59 Rn. 7. 147 § 59 Satz 2 SGB I greift insofern grds. nicht ein. Dazu und zu Ausnahmekonstellationen Diebold/Schiffer-Werneburg, Sozialgesetzbuch I (Fn. 146), § 56 Rn. 6, § 58 Rn. 9 und § 59 Rn. 7; kritisch Wagner, SGB I (Fn. 124), § 59 Rn. 18. Für Sozialhilfeansprüche vor Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende BVerwGE 58, 68 (72); 96, 18 (21); BVerwG DVBl. 1994, S. 1306 (1307). Nicht ausgeschlossen bleiben an dieser Stelle nicht weiter interessierende Rückabwicklungsansprüche für und gegen die Rechtsnachfolger des Erblassers, etwa mit Blick auf im Voraus erbrachtes Arbeitslosengeld II.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

2. Wegfall des Rechts auf Grundsicherung Entfällt das Recht des Leistungsberechtigten auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende etwa wegen Ende der Hilfebedürftigkeit,148 endet die vorvertragliche Phase ebenfalls ohne weiteres. Das gilt jedenfalls soweit die Pflichten zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung nicht aus einer schon bestehenden Vereinbarung folgen, sondern wie üblich auf gesetzlicher Grundlage beruhen. Die gesetzlich begründeten Abschlußpflichten sind Ausdruck der gesetzlich vermittelten Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sie erlöschen daher mit dem Recht auf diese Grundsicherung. 3. Treuwidriges Verhalten und Schutzpflichtverletzung Die Verletzung von Pflichten aus dem vorvertraglichen EingliederungsRechtsverhältnis führt grundsätzlich nicht zum vollständigen Ende dieser Phase der Eingliederung. Nur ausnahmsweise ist es denkbar, daß ein Beteiligter alle seine Rechte auf Grundsicherung durch treuwidriges Verhalten im allgemeinen149 und eine Schutzpflichtverletzung im besonderen verwirkt. Davon wird man allerdings nur bei besonders schweren Verfehlungen ausgehen dürfen, nach denen jegliche Einforderung von Leistungen des Gegenübers arglistig erscheint.150 Verwirkt ein Beteiligter sämtliche Leistungsund leistungsbezogenen Rechte aus dem vorvertraglichen EingliederungsRechtsverhältnis, erlöschen zugleich seine entsprechenden Pflichten. Sie hätten keine eigenständige Bedeutung mehr, wie der Blick auf die Ab148

Zu den allg. Voraussetzungen des Rechts auf Grundsicherung s. nur § 7 Abs. 1 SGB II, und Stephan Thie/Dietrich Schoch, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 7 Rn. 7 ff. 149 Allg. zur Verwirkung von Rechten nicht durch Zeitablauf, sondern durch treuwidriges Verhalten Roth, Münchener Kommentar (Fn. 27), § 242 Rn. 238 ff., und Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 27), § 242 Rn. 88. 150 Solche Konstellationen dürften – wenn überhaupt und bei aller gebotenen Vorsicht mit solchen Einschätzungen – in der Praxis weniger von Seiten des Grundsicherungsträgers als vielmehr von Seiten des Leistungsberechtigten ausgehen; vgl. dazu auch die folgenden Nachweise. Nach BVerwGE 3, 297 (299 f.) hat ein Antragsteller seine Ansprüche wegen treuwidrigen Verhaltens verwirkt, wenn er bei Antragstellung eine arglistige Täuschung begeht. Zur Verwirkung staatlicher Förderung durch staatsfeindliche Aktivitäten BGH WM 1969, S. 721 (724). Außerdem BGH, NJW 2004, S. 1324 (1325 f.) (Unterhaltsansprüche); BAG ZIP 1990, S. 1612 (1612, 1615 und 1617) (Ruhegehaltsansprüche, bei denen allerdings die Besonderheit besteht, daß der Berechtigte sich diese Ansprüche durch frühere Dienstleistungen verdient hat); Wolfgang Blomeyer, Der Widerruf von Versorgungszulagen infolge „Treuepflichtverletzung“ des Arbeitnehmers, ZIP 1991, S. 1113 (1113 ff.). Zur Verletzung von nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) s. auch oben A.II.2.

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schlußpflicht der Beteiligten beispielhaft zeigt. Im Einzelfall ist es allerdings möglich, daß nun Pflichten zur Abwicklung des bisherigen Rechtsverhältnisses entstehen. II. Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände können der Abschluß der Eingliederungsvereinbarung (1) und die Rücknahme des Antrags auf Leistungen der Grundsicherung sowie die einvernehmliche Beziehungsaufgabe (2) sein. 1. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung Der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung ist der wichtigste Tatbestand für die Beendigung der vorvertraglichen Phase der Eingliederung überhaupt. Er bildet den Regelfall. Die bisherigen Pflichten erlöschen, soweit sie mit der Eingliederungsvereinbarung oder auf dem Weg dahin erfüllt wurden. Im übrigen gehen sie in die Phase der Durchführung der Vereinbarung über; das betrifft namentlich die bislang entstandenen Schutzpflichten und die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers.151 2. Antragsrücknahme und einvernehmliche Beziehungsaufgabe Prinzipiell hat der Leistungsberechtigte die Möglichkeit das vorvertragliche Eingliederungs-Rechtsverhältnis zu beenden, indem er seinen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zurücknimmt152.153 Darüber hinaus können die Beteiligten das Rechtsverhältnis auch durch dessen einvernehmliche Aufgabe beenden.

151 Allg. zum Schicksal einer vorvertraglichen Phase bei Abschluß des anvisierten Vertrages s. nur Larenz, Schuldrecht I (Fn. 138), S. 117. 152 Die Zurücknahme bildet den actus contrarius zu dem zuvor gestellten Antrag. Weil der Antrag im Antragsverfahren einen Rechtsakt in Form einer empfangsbedürftigen verwaltungsrechtlichen Willenserklärung darstellt (s. nur Winfried Kluth, Rechtsfragen der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung, NVwZ 1990, S. 608 [609], und Rolf Stober, Das allgemeine Verwaltungsverfahren, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 60 Rn. 4), muß die Zurücknahme daher einen ebensolchen Rechtsakt darstellen. 153 Zur Möglichkeit der Rücknahme eines Leistungsantrags BVerwGE 30, 185 (186 f.); BSGE 60, 79 (83); Sabine Mönch-Kalina, in: Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB I, 2005, § 16 Rn. 30; Reinhardt, SGB I (Fn. 15), § 16 Rn. 11.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung A. Einleitende Bemerkungen Mit dem Abschluß einer wirksamen Eingliederungsvereinbarung kommt es zu einer bedeutenden Zäsur in der Entwicklung des EingliederungsRechtsverhältnisses. Die vorvertragliche Phase der Eingliederung endet. Der weitere Eingliederungsverlauf richtet sich nun für die Dauer der Vereinbarung nach dem Vereinbarten. Darauf waren die vorvertraglichen Pflichten der Beteiligten angelegt, die zu einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung hinführen sollten.1 Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß die vorvertraglichen Pflichten den Weg zu Paßgenauigkeit und Effizienz nur verfahrensrechtlich absichern können. Sie geben noch keine Auskunft darüber, wie und worauf sich die Parteien zum weiteren Eingliederungsverlauf in der Vereinbarung am besten verständigen können. Das ist Aufgabe der Vertragsgestaltung. Bislang hat die Rechtspraxis in diesem Segment allerdings – wie in den meisten anderen Verwaltungsrechtsgebieten – kaum hinreichende Unterstützung aus der Verwaltungsvertragsrechtslehre erhalten,2 obwohl entsprechender Bedarf besteht3 und die richtige Ge1 S. o. insbes. § 9 A., § 9 C.I.1.a) und § 9 C.I.2.a); über das Ziel, eine paßgenaue und effizienten Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, besteht soweit ersichtlich Einigkeit; s. dazu schon oben § 8 C.III.3. und die dazu vorgetragenen Nachweise, insbes. Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn. 1; Manfred Hammel, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II – eine sehr umstrittene Materie, ZFSH/SGB 2007, S. 589 (590 f.); Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (894); Edeltrud Zahn, in: Otto Mergler/Günter Zink (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, Losebl. Stand Juli 2005, § 15 Rn. 35. 2 Die Rechtspraxis behilft sich vor allem mit eigenen Gestaltungsideen; s. dazu insbes. die Mustervereinbarung in: Bundesagentur für Arbeit, Handlungsempfehlung 5/ 2005 vom 20. Mai 2005, Az. II-1202, Anlage – Eingliederungsvereinbarung; zu weiteren eigenen Hilfsmitteln s. o. § 6 B.IV.2. Einige Hinweise auf Gestaltungsdirektiven finden sich ferner in ebenfalls eher von Praktikern verfaßten Beiträgen aus der Kommentar- und Zeitschriftenliteratur, die das in Betracht kommende Gestaltungsspektrum allerdings nur zu einem geringen Teil abdecken und soweit ersichtlich keine weiterführenden Gestaltungsvorschläge enthalten; exemplarisch: Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 22 ff., ferner Wolfgang Spellbrink, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II und ihre Sanktionierung, in: Deutscher Sozialgerichtstag e. V. (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte – Bilanz und Perspektiven, 2009, S. 45 (51 ff.); etwas eingehender jetzt immerhin Ernst Huckenbeck, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 24 ff. Aktuell zu Lage und Entwicklungstendenzen im übrigen Verwaltungsrecht Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 121.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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staltung der Eingliederungsvereinbarung ein wesentlicher Erfolgsfaktor4 für eine paßgenaue und effiziente Eingliederung ist. Das wiegt um so schwerer, als das SGB II ebenfalls keine eingehenderen Gestaltungsvorschläge enthält. Auch ein Rückgriff auf allgemein gehaltene Gestaltungsratgeber hilft naturgemäß nur begrenzt weiter. Das ist vor allem angesichts des in der Praxis massenhaften Abschlusses von Eingliederungsvereinbarungen5 unbefriedigend. Vor diesem Hintergrund soll es nun nach einem Blick auf den Abschluß (B) und die Wirksamkeit (C) der Eingliederungsvereinbarung auch um ausgewählte Fragen der Gestaltung (D) gehen. Nicht unerwähnt bleiben dürfen schließlich einige ergänzende Hinweise zum EingliederungsVerwaltungsakt (E).

B. Abschluß der Eingliederungsvereinbarung I. Parteien Wie jeder Vertrag kann auch die Eingliederungsvereinbarung nur von Rechtssubjekten geschlossen werden. Das SGB II verengt den Kreis dieser Rechtssubjekte auf den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auf der einen (1) und den Träger der Grundsicherung auf der anderen Seite (2). Weitere Rechtssubjekte kommen als Parteien der Eingliederungsvereinbarung nicht in Betracht (3). 1. Erwerbsfähiger Leistungsberechtigter Wichtigste Partei der Eingliederungsvereinbarung ist der erwerbsfähige Leistungsberechtigte6. Nur seinetwegen kommt es überhaupt zum Abschluß. Es kann immer nur ein einzelner Leistungsberechtigter Partei derselben Ein3

S. o. § 6 B.III.8., § 6 B.IV., § 6 B.V., § 6 B.VI.1. und 3. Allg. zum hohen Stellenwert der Vertragsgestaltung in der Verwaltungspraxis Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 121; insbes. zu Kooperationsverhältnissen Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.), Public Private Partnership Projekte, 2005, S. 11, 32 f., 60 und 65; Sibylle Roggenkamp, Public Private Partnership, 1999, S. 205 f.; Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, 2001, S. 190. 5 Zum massenhaften Aufkommen der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis vgl. o. § 1 A.I.2. und § 6 B.II.2.; entsprechende Einschätzungen etwa bei Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 37, und Uwe-Dietmar Berlit, Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (41). 6 S. dazu die insofern unmißverständliche Formulierung in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Näher zur Rechtsfigur des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten s. o. § 8 C.II.1.a). 4

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

gliederungsvereinbarung sein. Eine Gläubiger-7 oder Schuldnermehrheit8 mit weiteren Leistungsberechtigten kommt nicht in Betracht.9 Mit anderen Worten: Mehrere erwerbsfähige Leistungsberechtigte können im Einzelfall zwar gleiche, nicht aber dieselben Rechte und Pflichten haben. Schon nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II vereinbart der zuständige Grundsicherungsträger „mit jeder“ leistungsberechtigten Person die für „ihre Eingliederung“ erforderlichen Leistungen. Satz 2 desselben Absatzes geht nur darauf ein, was „der Erwerbsfähige“ erhält. Gemeinsame Rechte oder Pflichten mehrerer Leistungsberechtigter wären auch mit dem höchstpersönlichen Charakter der Eingliederung in Arbeit nicht vereinbar. Als Individuum hat jeder Betroffene notwendigerweise eine eigene Eingliederungsbiographie, nach der nur individuell zugeschnittene Rechte und Pflichten eine paßgenaue und effiziente Eingliederung gewährleisten;10 selbst unter Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft.11 Schließlich gipfelt die erfolgreiche Eingliederung auch in einem Einzel- und keinem „Gruppen“-Arbeitsvertrag. Ferner passen die Gesetzmäßigkeiten nach dem Zustandekommen einer Gläubiger- oder Schuldnermehrheit nicht recht zum Konzept einer paßgenauen und effizien7

Allg. zu parteibezogenen Gläubigermehrheiten s. nur Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. 1987, S. 621 ff. und 624 f.; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 826 ff. 8 Allg. zu parteibezogenen Schuldnermehrheiten s. nur Larenz, Schuldrecht I (Fn. 7), S. 628 ff. und 631 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 7), Rn. 838 ff. 9 So wohl auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 49; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 13; Tobias Rauch/Frank Zellner, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II, 2008, S. 29 (ganz anders aber noch auf S. 25 [Personen aus der Bedarfsgemeinschaft ebenfalls als Partei der Vereinbarung]); Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 22; Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15 Rn. 18; Karola Stephan, Die Ansprüche zusammenlebender Personen nach SGB II und SGB XII, 2008, S. 274 oben; anders wohl BTDrs. 15/1516, S. 54; zumindest mißverständlich Philipp Stark, in: Martin Estelmann (Hrsg.), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), Losebl. Stand Juli 2008, § 15 Rn. 47 ff. 10 Zum höchstpersönlichen Charakter der zu einer Eingliederung führenden Rechte und Pflichten s. auch oben § 9 C.I.1.a) i. V. m. § 10 B.I.1. und unten § 12 C.I.1.a) i. V. m. § 13 B.I.1.; außerdem Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 18 sowie § 7 Rn. 32, und Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 45. 11 Nicht ohne Grund spricht das Gesetz von einer Bedarfsgemeinschaft und nicht von einer Eingliederungsgemeinschaft. Besonders augenscheinlich wird das vorgetragene Argument in Fällen sog. „Versorgerehen“, in denen – vielleicht etwas überzeichnet, dafür aber um so anschaulicher – beispielsweise ein Teil der Bedarfsgemeinschaft mit Hochschulabschluß und langjähriger Berufserfahrung aufwarten kann, während der andere Teil allein einen Realschulabschluß ohne jede Berufserfahrung vorzuweisen hat. Dann ist es undenkbar, daß die Beteiligten mit gleichen, erst recht nicht mit denselben Rechten und Pflichten zu erfolgreicher Eingliederung gelangen könnten.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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ten Eingliederung(svereinbarung). Sie könnten die Durchführung der Vereinbarung erheblich erschweren und zu deren unzeitigem Ende führen.12 Damit ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen, die Eingliederungsvereinbarungen der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft zumindest ihrem Text nach in dieselbe Vertragsurkunde aufzunehmen, solange die Vereinbarungen nur in der Sache klar und deutlich voneinander getrennt bleiben.13 Ebenfalls möglich und sogar geboten bleibt es, solche Vereinbarungen inhaltlich aufeinander abzustimmen,14 solange datenschutzrechtliche Vorgaben nicht entgegenstehen. 2. Träger der Grundsicherung Als Vertragspartner steht dem Leistungsberechtigten stets ein einzelner Träger der Grundsicherung gegenüber, im gesetzlichen Regelfall wie im Ausnahmefall des Optionsmodells. Im gesetzlichen Regelfall nach § 6 SGB II wird die Bundesagentur für Arbeit zum Vertragspartner des Leistungsberechtigten. Zwar soll nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II nur eine „Agentur für Arbeit“ mit dem Leistungsberechtigten die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. Doch unterläuft der Regelung des § 15 SGB II insofern nur eine sprachliche Ungenauigkeit, die der Bundesagentur ihren Parteistatus nicht nimmt.15 Dagegen tritt der kommunale Träger im gesetzlichen Regelfall nicht als Partei neben die Bundesagentur.16 Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II muß die Bundesagentur lediglich „im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger“ handeln.17 Ausnahmsweise ist ein kommunaler Träger alleiniger Vertragspartner des Leistungsberechtigten, nämlich dann, wenn er nach § 6a SGB II auch als Träger der Leistungen zugelassen wurde, die eigentlich bei der Bundesagentur für Arbeit liegen 12

Zu den rechtlich nicht unerheblichen Herausforderungen beim Umgang mit Gläubiger- und Schuldnermehrheiten s. die Nachweise in Fn. 7 und 8. 13 Ebenso Rixen, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 22; ferner wohl Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 49. 14 S. o. § 9 C.II.1.b) und c); die Abstimmungen sind auch in gemeinsamen Verhandlungen zwischen Grundsicherungsträger und sämtlichen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft denkbar. Dabei ist aber für jeden Einzelfall gesondert zu entscheiden, ob solche Verhandlungen wirklich zweckdienlich sind. 15 Eingehend dazu s. o. § 8 C.II.1.b). 16 Das ist soweit ersichtlich unbestritten; s. etwa Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 43; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 11; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 27 f.; Rixen, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 5; Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2007, § 15 Rn. 49 f.; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 16; Zahn, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 20; wohl auch Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 40 ff. 17 Zur rechtlichen Einordnung dieses Einvernehmens s. u. C.I.

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(Optionsmodell).18 Der kommunale Träger als sog. Optionskommune hat dann insoweit die Rechte und Pflichten der Bundesagentur.19 3. Keine weiteren Rechtssubjekte Weitere Rechtssubjekte, insbesondere dritte Eingliederungsdienstleister, können nicht Partei einer Eingliederungsvereinbarung werden, weder mit noch anstatt der schon erwähnten Beteiligten.20 § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II benennt ausdrücklich nur die „Agentur für Arbeit“21 und die „leistungsberechtigte(. . .) Person“ als Vertragspartner. Selbst für die kommunalen Träger, immerhin Träger eines wesentlichen Teils der Grundsicherung,22 bleibt es im Regelfall bei der Erklärung des Einvernehmens.23 Nur ausnahmsweise erlaubt das Gesetz die Ablösung der Agentur durch einen explizit „zugelassenen kommunalen Träger“ (Optionskommune).24 Auch im übrigen ist das Recht der Eingliederungsvereinbarung streng auf den Leistungsberechtigten, den jeweiligen Grundsicherungsträger und die paßgenaue und effiziente Eingliederung des Leistungsberechtigten zugeschnitten. Hingewiesen sei nur beispielhaft auf die Abschluß- sowie die flankierenden Informations- und Verhandlungspflichten vor dem Zustandekommen der Vereinbarung, die Besonderheiten bei deren Durchführung und nicht zuletzt auf das damit eng verknüpfte Sanktionensystem. Diese Vorschriften wollen auf Dritte nicht recht passen. Bei weiteren Parteien der Eingliederungsvereinbarung müßte das maßgebliche Recht nun auch den legitimen, womöglich wirtschaftlichen Interessen dieser unter Umständen privaten Personen Rechnung tragen. Darunter könnten Paßgenauigkeit und Ef18 S. dazu auch oben § 8 C.II.1.c), und Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 (1021); ders., Hartz IV und die Kommunen, in: Christiane Büchner/Olaf Gründel (Hrsg.), Hartz IV und die Kommunen, 2005, S. 30 (30 ff.); Frauke Brosius-Gersdorf, Hartz IV und die Grundsicherung für hilfebedürftige erwerbsfähige Arbeitsuchende, VSSR 2005, S. 335 (338 f. und 344 f.); Hans Lühmann, Verfassungswidrige Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im SGB II?, DÖV 2004, S. 677 (678 f.); Markus Mempel, Hartz IV-Organisation auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand, 2007, S. 22 f. und 24 f. 19 S. § 6b Abs. 1 Satz 2 SGB II. 20 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 11; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 12 ff.; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 16 ff.; undeutlich, aber wohl a. A. Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 47 ff.; s. dazu auch oben § 8 C.II. 21 Gemeint ist die Bundesagentur für Arbeit; s. o. B.I.2. 22 S. dazu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II, und im übrigen nur Johannes Münder, in: ders. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 6 Rn. 7 ff. 23 S. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II, und oben B.I.2. 24 S. §§ 6a, 6b Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II, und oben B.I.2.

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fizienz der Eingliederung leiden. Zudem kann „eingliederungsfremdes“ Recht zu Rechtsunsicherheit, weiterer Störanfälligkeit und einem unzeitigen Ende der Vereinbarung führen. Nicht zuletzt käme dem Leistungsberechtigten bei der Einbindung Dritter in die Eingliederungsvereinbarung die einheitliche Anlaufstelle abhanden. Diesen Bedenken folgt das Gesetz, wenn es in § 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II feststellt, daß die Grundsicherungsträger zu ihrer Unterstützung „Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen“ können25. Von einer Einbindung in die Vereinbarung als Vertragspartner ist keine Rede. Dem entspricht es, daß die Eingliederungsvereinbarung nur das Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigtem und Grundsicherungsträger regeln und konkretisieren soll.26 Schließen Dritte mit dem Leistungsberechtigten oder dem Grundsicherungsträger im Zusammenhang mit der Eingliederung des Leistungsberechtigten einen Vertrag, folgt dieser Vertrag also seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Eine inhaltliche Abstimmung mit der Vereinbarung ist aber sinnvoll und soweit möglich auch geboten. Selbst die Aufnahme aller dieser Verträge in dieselbe Vertragsurkunde ist denkbar, doch bleibt es auch dann bei der rechtlichen Eigenständigkeit. Davon unabhängig besteht selbstverständlich die Möglichkeit, gemeinsame Verhandlungen zu führen. II. Abschlußerklärungen Die Eingliederungsvereinbarung kommt in Anlehnung an das allgemeine Vertragsrecht27 dadurch zustande, daß sich Leistungsberechtigter und Grundsicherungsträger durch einander entsprechende Willenserklärungen über den weiteren Eingliederungsverlauf einigen.28 Die Einzelheiten dazu folgen prinzipiell aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 145 ff. BGB.29 Unan25 Eingehend zur Möglichkeit, Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben zu beauftragen Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 22), § 6 Rn. 11 f., und Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 6 Rn. 14 ff. 26 BT-Drs. 15/1516, S. 54; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 8. 27 Allg. zum öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 106; Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/ Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 54 Rn. 28; Klaus Engelmann, in: Matthias von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 53 Rn. 5; Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 441; zum Vertrag im Zivilrecht s. nur Karl Larenz/Manfred Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, § 29 Rn. 8 ff. 28 Ebenso etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 18, und Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 45. 29 Eingehend zum Vertragsschluß nach den §§ 145 ff. BGB s. nur Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 599 ff. sowie

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

wendbar bleiben diese Vorschriften nur, soweit sie auf einen mündlichen Vertragsschluß zugeschnitten sind, weil die Eingliederungsvereinbarung der Schriftform bedarf30. Alle Willenserklärungen zu Abschluß oder Ablehnung der Eingliederungsvereinbarung sind wie die Vereinbarung selbst verwaltungsrechtlicher Natur.31 Ihre Wirksamkeit beurteilt sich daher nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 130 ff. BGB und §§ 119 ff. BGB, ihre Auslegung erfolgt wie die der Eingliederungsvereinbarung insgesamt nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 133, 157 BGB.32 Entscheidend ist demnach, wie der Empfänger die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen durfte.33 Dabei sind allerdings eingliederungsrechtliche Besonderheiten zu beachten. So ist die Vereinbarung in den Grenzen von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 133, 157 BGB nicht nur so auszulegen, daß sie einen rechtmäßigen Inhalt hat,34 sondern auch so, daß sie zugleich möglichst paßgenau und effizient ist. Letzteres gilt schon deshalb, weil im Zweifel anzunehmen ist, daß die Parteien vernünftige Ziele und redliche Absichten verfolgen.35 Die 635 ff., und Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (Fn. 27), § 29 Rn. 8 und 10. Zum Sonderfall der beiderseitigen Zustimmung zum Vertragstext Flume, a. a. O., S. 619 f., und Larenz/Wolf, a. a. O., § 29 Rn. 15. 30 S. u. D.I. 31 Zur Einordnung der auf Abschluß oder Ablehnung eines öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrages gerichteten Willenserklärungen als verwaltungsrechtliche Willenserklärungen VGH München, NJW 1978, S. 2410 (2411); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 54 Rn. 36; Elke Gurlit, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 31 Rn. 2; Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979, S. 214; Winfried Kluth, Rechtsfragen der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung, NVwZ 1990, S. 608 (608). A. A. Alfons Gern, Der Vertrag zwischen Privaten über öffentlich-rechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen, 1977, S. 51 ff., 74 ff. und 90, mit Blick auf die Erklärung des Bürgers; differenzierend auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 441 und 448 ff., allerdings mit Blick auf die Annahme (Willenserklärung) und die endgültige Ablehnung (Verwaltungsakt) eines Vertragsangebotes. 32 Eingehend Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 442 f. S. außerdem BVerwGE 84, 257 (264 ff.); BGHZ 86, 104 (110); BGH NJW 1998, S. 2138 (2140); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 54 Rn. 34; Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 133 Rn. 4; Gurlit, Vertrag (Fn. 31), § 32 Rn. 7; Utz Schliesky, in: Hans Joachim Knack/Hans-Günter Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2010, § 62 Rn. 18; Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 132 ff. und 143. 33 BVerwGE 41, 305 (306); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (Fn. 27), § 28 Rn. 6. Allg. zur Auslegung von Verwaltungsverträgen BVerwGE 60, 162 (175 ff.); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 54 Rn. 34; Kluth, Rechtsfragen (Fn. 31), S. 610 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 442 f. 34 Zum entsprechenden Gebot der Vertragsauslegung im allg. BayVGH BayVBl. 1977, 246 (247); Gurlit, Vertrag (Fn. 31), § 32 Rn. 7.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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Schriftformbedürftigkeit des in der Eingliederungsvereinbarung Erklärten36 schließt es nicht aus, außerhalb der formgebundenen Erklärung liegende Umstände als Mittel der Auslegung zu verwerten.37 Insofern können also auch vorausgegangene informelle Absprachen zur Eingliederung eine Rolle spielen. Der so ermittelte Erklärungs- und Vertragsinhalt muß in der Vertragsurkunde aber wenigstens eine Andeutung erfahren haben.38

C. Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung Haben die Parteien eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, kann die Vereinbarung den weiteren Eingliederungsverlauf gleichwohl nur bestimmen, wenn sie wirksam ist. Mögliche Wirksamkeitshindernisse können in der fehlenden Zustimmung Dritter oder dem fehlenden Einvernehmen einer Behörde (I), aber auch in einem sonstigen Fehler der Vereinbarung (II) liegen. I. Zustimmung Dritter und behördliches Einvernehmen Wie jeder öffentlichrechtliche Verwaltungsvertrag wird auch eine Eingliederungsvereinbarung, die in Rechte eines Dritten eingreift, nach § 57 Abs. 1 SGB X erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.39 Unklar ist, ob die Vereinbarung auch dann schwebend unwirksam bleibt, wenn im gesetzlichen Regelfall nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II die „Agentur für Arbeit“ bei Vertragsschluß nicht „im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger“ gehandelt hat.40 § 57 Abs. 2 SGB X könnte für eine entsprechende 35 Für die Annahme, daß die Parteien im Zweifel Vernünftiges und Redliches gewollt und vereinbart haben s. BGHZ 79, 16 (18); 122, 211 (220); BGH NJW 2000, S. 1333 (1335); Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 133 Rn. 25 und § 157 Rn. 7; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (Fn. 27), § 28 Rn. 45, 113 und 116; Theo Mayer-Maly/Jan Buschke, in: Kurt Rebmann/Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, 4. Aufl. 2001, § 133 Rn. 56; Ernst Zeller, Auslegung von Vertrag und Gesetz, 1989, S. 452 ff. 36 S. dazu vorerst nur § 56 SGB X. 37 S. nur BGHZ 63, 359 (362); 86, 41 (46); Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 133 Rn. 19; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (Fn. 27), § 28 Rn. 86. 38 BGH NJW 1996, S. 2792 (2793); NJW 2000, S. 1569 (1670); Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 133 Rn. 19. Anders ist es bei ergänzender Vertragsauslegung (BGHZ 86, 41 [47 f.]) und unabsichtlicher Falschbezeichnung (BGHZ 87, 150 [153], und BGH NJW 2008, S. 1658 [1659]). 39 Unstr.; s. nur Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (280), und Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 200.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Rechtsfolge nur dann unmittelbar eingreifen, wenn die Vereinbarung einen Verwaltungsakt ersetzte, „bei dessen Erlass nach einer Rechtsvorschrift (. . .) das Einvernehmen einer anderen Behörde erforderlich ist“. So liegen die Dinge im vorliegenden Falle zwar nicht. Doch ist das Anliegen der Bestimmung41 erst recht einschlägig, wenn eine Rechtsvorschrift das Einvernehmen unmittelbar für den Vertrag einfordert, so daß § 57 Abs. 2 SGB X jedenfalls im Wege der Analogie eingreift und ggf. zur schwebenden Unwirksamkeit der Vereinbarung führt.42 II. Fehler der Eingliederungsvereinbarung Die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung bestimmt sich im weiteren nach § 58 SGB X. Die Vorschrift begründet „eine abgestufte Rechtsfolgenanordnung“43 für weitere rechtliche Fehler von öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen. Auch wenn ihr Eingreifen durchweg zur (Teil-)Nichtigkeit des Vertrages führt, kann doch nicht jeder Fehler diese Rechtsfolge begründen. Vielmehr muß einer der im Tatbestand besonders genannten Nichtigkeitsgründe vorliegen.44 Das kann im vorliegenden Zusammenhang dazu führen, daß eine Eingliederungsvereinbarung zwar rechtswidrig, aber doch unanfechtbar wirksam ist. Sie hat insofern einen „Bindungsmehrwert“45 gegenüber einem vergleichbaren Eingliederungs-Verwaltungsakt.46 40 Dafür Rixen, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 5; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 50; Zahn, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 20; dagegen Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 11; zu Unrecht offengelassen bei Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 28, und Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 16, die nicht alle denkbaren Ausprägungen der internen Entscheidungsverfahren berücksichtigen, die für die jeweiligen Arbeitsgemeinschaften bzw. nunmehr Gemeinsamen Einrichtungen vereinbart werden können. Ebenso unbeachtet geblieben sind die mit der Neufassung von § 44b SGB II nunmehr freilich ausgeschlossenen Fälle getrennter Trägerschaft ohne Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II a. F. 41 S. dazu nur Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 58 Rn. 25 f. 42 Ebenso Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 27 f.; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 50. 43 Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 93; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 538. 44 Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 93; Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 37; Rolf Stober, Verwaltungsrechtliche Verträge, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 60. 45 Begriff nach Martin Bullinger, Zur Notwendigkeit funktionalen Umdenkens des öffentlichen und privaten Vertragsrechts im leistungsintensiven Gemeinwesen, in: Hermann Conrad (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Hans Peters, 1967, S. 667 (681). 46 Allg. zum öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 93; Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags, 1988, S. 211; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 539 f.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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Insoweit bestehen gegenüber dem Allgemeinen Verwaltungsrecht keine Besonderheiten. Eine andere Sichtweise läßt sich auch nicht mit Blick auf die bestehende Abschlußpflicht der Parteien begründen. Zum einen verpflichtet das Gesetz nicht zum Abschluß rechtswidriger Eingliederungsvereinbarungen und zum anderen würde die Annahme jeder Rechtswidrigkeit als Nichtigkeitsgrund47 das fein ausdifferenzierte Regelungssystem des § 58 SGB X vollständig aushebeln.48 Auch für eine besonders strikte Anwendung des § 58 SGB X besteht deshalb grundsätzlich kein Anlaß.49 Auf die Einzelheiten des Systems ist nicht mehr näher einzugehen. Dazu liegen bereits zahlreiche detaillierte Ausarbeitungen vor,50 auf die ergänzend verwiesen werden kann. Erwähnung verdienen nur noch zwei Fragenkreise, nämlich ob die Eingliederungsvereinbarung über § 58 Abs. 2 SGB X als Austauschoder Vergleichsvertrag angesehen werden kann (1) und wie weit sie sich über § 58 Abs. 1 SGB X dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellen muß (2). 1. Austauschvertrag und Vergleichsvertrag Die Eingliederungsvereinbarung ist stets auch ein Austauschvertrag i. S. d. § 55 SGB X.51 Dagegen wird zwar vorgetragen, die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu regelnden Pflichten stünden nicht im synallagmatischen 47 Dazu versteigt sich allen Ernstes LSG Berlin-Brandenburg v. 15. Juli 2008, Az. L 14 B 568/08 AS ER, juris Rn. 4; ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 30 f.; i. E. wohl zustimmend Wolfgang Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung nach SGB II und Leistungsabsprache nach dem SGB XII aus Sicht der Sozialgerichtsbarkeit, Sozialrecht aktuell 2006, S. 55 (55); ders., SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 11. 48 I. E. ebenso Sofia Davilla, Die Eigenverantwortung im SGB III und SGB II, 2011, S. 144 f.; Ernst-Wilhelm Luthe/Markus A. Timm, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II, SGb 2005, S. 261 (263); Mario Martini/Jan-Erik Schenkel, Die Eingliederungsvereinbarung – ein verfassungswidriger Formenmissbrauch?, VSSR 2010, S. 393 (412 ff.); Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 123; wohl auch Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 39), S. 279 f. 49 Mehr Vorsicht ist freilich geboten, wenn die Eingliederungsvereinbarung erst nach dem Einsatz von Sanktionen zum Abschluß kam. Vgl. auch Imme Müller, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand Juni 2007, § 15 Rn. 20; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 109 f. 50 S. etwa Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 407 ff.; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 14 Rn. 36 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 536 ff.; Matthias Werner, Allgemeine Fehlerfolgenlehre für den Verwaltungsvertrag, 2008, passim; Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 3, VerwArch 95 (2004), S. 281 (281 ff.); alle m. w. N. aus der umfangreichen Literatur. 51 Ebenso Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 39), S. 278; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 55 f.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Gegenseitigkeitsverhältnis.52 Außerdem sei die Gegenleistung des Bürgers als Zweck der Vertragsleistung schon gesetzlich vorgesehen,53 so daß die Anforderungen des § 55 SGB X überflüssig würden. Diese Einwände greifen allerdings nicht durch. Auch wenn § 55 SGB X auf synallagmatische Verträge Anwendung findet, so erschöpft er sich doch nicht darin. Ein so strenges Verständnis läßt sich dem Wortlaut der Norm nicht entnehmen,54 wo nur von Gegenleistung die Rede ist. Es genügt, wenn die vereinbarten Leistungen funktionell verbunden sind.55 Das ist bei Leistungen der Eingliederungsvereinbarung der Fall, sind doch diese Leistungen zur paßgenauen und effizienten Eingliederung des Leistungsberechtigten sogar sehr genau aufeinander abzustimmen.56 Die Anwendung des § 55 SGB X entspricht auch Sinn und Zweck der Norm, die insbesondere den „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ und die unverhältnismäßige und sachfremde Belastungen des Bürgers verhindern will.57 Dieses Anliegen paßt ohne weiteres auf die Konstellation der Eingliederungsvereinbarung, kann die paßgenaue und effiziente Eingliederung eines Leistungsberechtigten doch schnell von zahlreichen und unübersichtlichen Faktoren abhängen. Das begünstigt unerwünschte Leistungsverkoppelungen und Unverhältnismäßigkeiten und verweist auf einen entsprechenden Schutzbedarf.58 Unschädlich für die Anwen52 Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 42; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 30; ebenso wohl Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 55 Rn. 11; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 39 ff.; vgl. Dieter Freischmidt, in: Karl Hauck/ Wolfgang Noftz (Hrsg.), SGB X, Losebl. Stand VIII/82, § 55 Rn. 7. 53 Ernst-Wilhelm Luthe, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand VII/08, § 3 Rn. 8; Luthe/Timm, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 48), S. 261; vgl. Freischmidt, SGB X (Fn. 52), § 55 Rn. 2. 54 So auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 472 f.; Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 39), S. 278; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 38; Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 2, VerwArch 95 (2004), S. 133 (145); A. A. KlausDieter Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 67, und die Autoren in Fn. 52. 55 Deutlich Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 54), S. 145. 56 Unstreitig; s. nur Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 42. 57 Das zeigt schon der Wortlaut des § 55 Abs. 1 SGB X, nach dem die Gegenleistung nicht mit Blick auf die Leistung der Behörde, sondern „den gesamten Umständen nach“ angemessen sein und in „sachlichem Zusammenhang“ mit der behördlichen Leistung stehen muß; s. dazu nur Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 14 Rn. 17; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 477 ff. 58 So kommen auch die meisten Gegner der Annahme eines Austauschvertrages noch zur (entsprechenden) Anwendung von § 55 SGB X; s. etwa Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 42; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 10; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 55 Rn. 11; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 39 ff.; anders nur Luthe/Timm, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 48), S. 261 und die weiteren in Fn. 53 genannten Nachweise.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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dung des § 55 SGB X ist der Umstand, daß das Erfordernis des sachlichen Zusammenhangs zwischen den Leistungspflichten der Parteien bereits über § 15 SGB II zum Wesensmerkmal der Eingliederungsvereinbarung gehört. § 55 SGB X bildet dann eben nur eine „zusätzliche Auffangbastion“59 zur Verhältnismäßigkeit, was das Fachrecht ersichtlich nicht ausschließen will.60 Unabhängig von den vorangegangenen Ausführungen kann die Eingliederungsvereinbarung im Einzelfall auch die Gestalt eines Vergleichsvertrages i. S. d. § 54 SGB X annehmen. Bei der Aushandlung einer Eingliederungsvereinbarung ist es ohne weiteres denkbar, daß trotz verständiger Würdigung eine Ungewißheit über den Sachverhalt oder die Rechtslage besteht, auf die die Parteien ihre Verhandlungen und den Vertragsinhalt aufbauen müssen.61 2. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Die prinzipielle Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag ist spätestens nach Aufnahme der entsprechenden Vorschriften in das Bürgerliche Gesetzbuch nicht mehr ernsthaft zu bezweifeln. Das gilt auch mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung, bei deren massenhaftem Abschluß der Einsatz vorformulierter Vertragsbedingungen „für eine Vielzahl von Verträgen“ (§ 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den ersten Blick naheliegt. Allerdings ist eine Eingliederungsvereinbarung in allen ihren Teilen ein sehr einzelfallbezogener Vertrag,62 so daß für wirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen im Ergebnis doch nur wenig Raum bleiben dürfte.

D. Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung Die Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung dient der Befestigung eines paßgenauen und effizienten Eingliederungsprozesses. Sie steht unter dem Eindruck der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten. Letztere folgen aus dem einschlägigen Verwaltungsvertragsrecht, das die Parteien 59

So die zutreffende Charakterisierung des § 56 VwVfG/§ 55 SGB X bei Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 50), S. 336. 60 Das übersehen die einen Austauschvertrag ablehnenden Stimmen in Fn. 53. 61 Zu weitgehend mit ihrer im Grds. zutreffenden Stellungnahme gegen den Vergleichsvertrag deshalb Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 42, und Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 33 f. 62 S. dazu insbesondere den in § 8 C.III.3. dargestellten Grds. der Paßgenauigkeit und Effizienz und die darauf zugeschnittenen vorvertraglichen Pflichten, so wie sie oben § 9 vorstellt.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

bei der Vertragsgestaltung durch normative Direktiven steuert. Diese Direktiven erschöpfen sich nicht in der Begrenzung gestalterischen Handelns (negative Funktion des Verwaltungsvertragsrechts), selbst wenn die hergebrachte Lehre vom Verwaltungsvertrag gerade dort den „gestalterischen“ Schwerpunkt setzt.63 Vielmehr eröffnen sie den Parteien auch Optionen und Freiräume zur schöpferischen und zweckgerichteten Optimierung des Vertrages (positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts),64 und schaffen ihnen dadurch eine „gesetzesdirigierte Vertragsfreiheit“. Erst diese erweiterte Perspektive als Ausgangspunkt kann zu einer „richtigen“ Eingliederungsvereinbarung führen, die eben nicht allein wirksam, sondern auch paßgenau und effizient sein soll.65 Den folgenden Ausführungen geht es deshalb darum, wenigstens in Grundzügen die bestehenden rechtlichen Handlungsspielräume zur kreativen Wahrnehmung aufzuzeigen und Anregungen zu geben, wie diese Handlungsspielräume sinn- und wirkungsvoll nutzbar sind.66 Davon betroffen ist sowohl die formale (I) als auch die inhaltliche Gestaltung (II) der Eingliederungsvereinbarung.

63 Angesprochen ist damit in erster Linie die schon gestreifte Nichtigkeitslehre (s. o. C.), in deren extensiver Behandlung mancher die „höchste rechtsstaatliche Erfüllung“ zu sehen scheint (Eberhard Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverträge im Städtebaurecht, in: Wolfgang Lenz [Hrsg.], Festschrift für Konrad Gelzer, 1991, S. 117 [119]). Dazu und zu den Hintergründen dieser „negativen“ Sichtweise Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 121; s. außerdem Herbert Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, 2002, S. 16 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 467 f.; Eberhard Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Gunnar Folke Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 11 (59). 64 Das systematisierende Wissen um die „negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts“ bei der Vertragsgestaltung geht wie die Begrifflichkeit zurück auf Hartmut Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, 1996, S. 11 (13 ff.); vgl. auch ders., Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 40 und 121 a. E. 65 Das beweist einmal mehr, daß Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 122 die (gesetzesdirigierte) Vertragsfreiheit völlig zu Recht als einzig zeit-, sach- und rechtsadäquaten „Ausgangspunkt einer überzeugenden Vertragsgestaltungslehre“ bezeichnet. 66 Zu diesem Anliegen der Vertragsgestaltungslehre s. nur Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 121 a. E., und Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 467 f.

§ 11 Abschluß, Wirksamkeit und Gestaltung

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I. Formale Gestaltung Die Direktiven für die Form der Eingliederungsvereinbarung folgen zunächst aus § 56 SGB X. Danach ist die Vereinbarung schriftlich zu schließen.67 Das SGB II sieht insofern weder Erschwerungen noch Erleichterungen vor. Und tatsächlich ist die Berechtigung der mit dem Schriftformerfordernis verbundenen Funktionen68 – also Warnung, Klarstellung, Beweis, Information und Appell – bei der Eingliederungsvereinbarung nicht zu leugnen. Immerhin kann die Schriftform einen wichtigen Beitrag dazu leisten, daß die Parteien paßgenaue und effiziente Eingliederungspflichten aushandeln.69 Sie fördert die Präsenz der ausgehandelten Pflichten und ihre Beachtung; auch mit Blick auf die Sanktionsregeln in den §§ 31 ff. SGB II. Bleiben die Parteien hinter der Schriftform zurück, führt das nach § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 125 Satz 1 BGB grundsätzlich zur Nichtigkeit des Vertrages.70 Damit stellt sich die Frage, was Schriftlichkeit bedeutet (1) und inwieweit gleichwertigen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen (2). 1. Schriftlichkeit § 56 SGB X und das SGB II klären nicht darüber auf, wie eine Eingliederungsvereinbarung „schriftlich“ zu schließen ist. Das gilt sowohl mit Blick auf den Vertragsinhalt (a) als auch für die Frage, ob nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 126 BGB Eigenhändigkeit der Unterschrift (b) und Urkundeneinheit (c) zu wahren sind71.

67 Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 47; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 17; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 34; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 48. 68 Allg. zum Zweck von Formvorschriften s. nur Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 125 Rn. 1 ff.; speziell zur Schriftform in § 57 VwVfG Schliesky, VwVfG (Fn. 32), § 57 Rn. 8, und Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 54), S. 134; s. auch Björn Diering, in: ders./Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 2. Aufl. 2007, § 56 Rn. 2 f. 69 Wegen der bestehenden Abschlußpflichten (s. o. § 9 C.I.1. und 2.) dürfte darin die eigentliche Bedeutung der Warnfunktion liegen. 70 Allg. Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 25 f.; Gurlit, Vertrag (Fn. 31), § 32 Rn. 21; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 451; Schliesky, VwVfG (Fn. 32), § 57 Rn. 29; ausnahmsweise kann die Berufung auf die Formnichtigkeit nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein; s. dazu nur Schlette, a.a.O., S. 451 f. Für die Eingliederungsvereinbarung Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 17. Zu einer möglichen Haftung aus c. i. c. s. o. § 10 A.II.1.b). 71 Zu den insofern bestehenden Anforderungen des § 126 BGB s. nur Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 126 Rn. 6 ff. und 13.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

a) Wiedergabe des Vertragsinhalts Außer Frage steht, daß der Inhalt der Eingliederungsvereinbarung nach § 56 SGB X urkundlich festgehalten, also schriftlich verkörpert und nachlesbar sein muß.72 Diese Anforderung erfaßt alle Abreden, aus denen sich die Vereinbarung nach dem Willen der Parteien zusammensetzen soll, nicht nur die wesentlichen.73 Dazu gehört auch die Wiedergabe der Vertragspartner,74 wobei für den Grundsicherungsträger auch die handelnde Behörde allein und im eigenen Namen auftreten kann75. Die Eingliederungsvereinbarung muß nicht als solche überschrieben sein, weil das nicht zum Vertragsinhalt gehört. Auch müssen die Parteien grundsätzlich nicht Zeit und Ort des Vertragsschlusses angeben.76 Ebenso wenig ist die schriftliche Zustimmung eines Dritten oder einer anderen Behörde nach § 57 SGB X aufzunehmen,77 was bei der Eingliederungsvereinbarung vor allem im Zusammenhang mit dem Einvernehmen des kommunalen Trägers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II eine Rolle spielen kann. Weil die Zustimmung aber der Bekanntgabe an alle Beteiligten bedarf, ist ihre Feststellung in der Vertragsurkunde gleichwohl zweckmäßig. Eine bis in die letzten Einzelheiten reichende Ausformulierung der vertraglichen Abreden ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn sich der konkrete Inhalt im Wege der Auslegung eindeutig und unzweifelhaft ermitteln läßt und wenigstens Anhaltspunkte dafür in der Vertragsurkunde enthalten sind.78 Das schafft Raum für „ergänzende“ form72 S. nur Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 13; vgl. auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 453. 73 BVerwGE 84, 236 (244); 106, 345 (351); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 15 f.; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 5; Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl. 2010, § 57 Rn. 9; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 461. Dabei ist freilich zu berücksichtigen, daß die Parteien bestimmte Regelungen von Gesetzes wegen in ihren Willen aufnehmen müssen. Zu pflichtigen und freiwilligen Abreden in der Eingliederungsvereinbarung s. u. D.II.1. und D.II.2. 74 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 13; Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 8; vgl. auch BGH NJW 2002, S. 3389 (3390). 75 Allg. zu dem dahinterstehenden verwaltungsrechtlichen Grds. Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 21 Rn. 3 und 43; enger Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 13, der immer auch die Bezeichnung des Rechtsträgers fordert. 76 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 15; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 461. Etwas anderes kann für die Eingliederungsvereinbarung im Zusammenhang mit der Regelbefristung nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II und in Abhängigkeit von der dabei verwendeten Vertragsklausel gelten; Näheres dazu unten bei D.II.1.d). 77 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 8; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 461. 78 BVerwGE 84, 236 (244); 111, 162 (168); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 15; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 5; Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 9; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 461.

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lose Absprachen, die in der Eingliederungspraxis keinen Seltenheitswert haben79 und die Vertragsurkunde entlasten. Doch birgt eine solche Vorgehensweise gewiß Konfliktpotential in sich. Drohen spätere Streitigkeiten, insbesondere mit Blick auf die §§ 31 ff. SGB II, sollte die Urkunde jedenfalls so konkret, klar und verständlich wie möglich verfaßt sein. b) Eigenhändige Unterschrift Die Eingliederungsvereinbarung ist nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 126 Abs. 1 BGB durch alle Parteien eigenhändig zu unterschreiben.80 Schon im Allgemeinen Verwaltungsrecht wird ein entsprechendes Erfordernis beim Abschluß von Verwaltungsverträgen auch hinsichtlich der vertragsschließenden Behörde ganz überwiegend bejaht.81 Auf die dafür vorgetragenen Argumente82 kann im wesentlichen verwiesen werden. Zum Teil erfahren diese Argumente unter dem Eindruck des Eingliederungsrechts sogar eine noch stärkere Betonung: So unterstreicht die beiderseitige Abschlußpflicht83 noch einmal die rechtliche Gleichordnung der Parteien beim Vertragsschluß, zu der nur ein für beide Seiten gleichwertiges Unterschriftserfordernis paßt. Zudem ist die mit der eigenhändigen Unterschrift auch durch die Behördenseite verbundene Beweis- und Klarstellungsfunktion zum si79

Fast 45% der für diese Arbeit zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis befragten persönlichen Ansprechpartner trafen mit den Hilfebedürftigen solche Absprachen häufig oder fast immer. Weitere annähernd 45% trafen solche Absprachen immerhin noch gelegentlich; Näheres s. o. § 6 B.IV.4. 80 Ebenso LSG Hessen v. 17. August 2008, Az. L 7 AS 251/08 B ER, juris Rn. 48; Martin Löns, in: ders./Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 15 Rn. 11, und zustimmend Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 17; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 48. 81 S. etwa Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 17; Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 5; Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 126 Rn. 1; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 6; undeutlich Gurlit, Vertrag (Fn. 31), § 32 Rn. 14; Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 10; außerdem Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 455 f. mit einer ausführlichen Darstellung des Meinungsspektrums und weiteren Nachweisen. A. A. Michael Fehling, in: ders./Berthold Kastner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 57 Rn. 21, sowie Schliesky, VwVfG (Fn. 32), § 57 Rn. 14, und Stober, Verträge (Fn. 44), § 54 Rn. 55, die eine analoge Anwendung von § 37 Abs. 3 VwVfG/§ 33 Abs. 3 Satz 1 SGB X befürworten, dabei aber vor allem die Sperrwirkung des § 62 Satz 2 VwVfG/§ 61 Satz 2 SGB X übersehen, der eine entsprechende Anwendung nur von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Dazu Bonk, a. a. O., § 62 Rn. 6; Diering, a. a. O., § 61 Rn. 1 und 3; Engelmann, a. a. O., § 61 Rn. 3 und 3c; Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 62 Rn. 4; Schliesky, a. a. O., § 62 Rn. 5 und 10. 82 S. dazu nur die eingehende Darstellung bei Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 455 f. m. w. N. 83 S. o. § 9 C.I.1. und 2.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

cheren Abschluß der Eingliederungsvereinbarung für den Leistungsberechtigten mit Blick auf die drohenden Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II von ganz besonderer Bedeutung. Schließlich ist nach dem (zeit-)intensiven Aushandeln einer Eingliederungsvereinbarung84 kein legitimes Interesse des Grundsicherungsträgers erkennbar, von der eigenhändigen Unterschrift abzusehen. Die Verweigerung der persönlichen Unterschrift könnte bei dem Leistungsberechtigten vielmehr den für seine Motivation fatalen Verdacht erwecken, nicht nur bei der Unterschrift werde mit zweierlei Maß gemessen. Nicht zuletzt soll die Eingliederungsvereinbarung alle Parteien aktivieren,85 wofür die eigenhändige Unterschrift eine wesentlich höhere Appellwirkung haben dürfte. c) Urkundeneinheit Für die Eingliederungsvereinbarung gilt über § 61 Satz 2 SGB X auch das in § 126 Abs. 2 BGB verankerte Prinzip der Urkundeneinheit.86 Dafür müssen beide Parteien die Vereinbarung auf derselben Vertragsurkunde unterzeichnen. Fertigen sie zwei gleichlautende Urkunden, genügt es, daß jede Partei die für die andere Seite bestimmte Urkunde unterzeichnet.87 Empfehlenswerter, weil mit höherer Beweis- und Appellfunktion verbunden,88 ist die gemeinsame Unterschrift auf ein und derselben Urkunde, wenn beide Parteien eine solche Urkunde erhalten. Die für den öffentlichrechtlichen Vertrag im Allgemeinen Verwaltungsrecht verbreitete Auffassung, es genüge, wenn getrennte, von jeweils nur einer Partei unterzeichnete schriftliche Erklärungen so aufeinander Bezug nehmen, daß sich Vertragsschluß und Vertragsinhalt in einer Gesamtschau eindeutig ermitteln lassen,89 überzeugt 84

S. o. § 9 C.II.1.d). S. o. § 3 B. 86 Ebenso Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 48; offen gelassen bei Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 11. 87 Zu den insofern bestehenden Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB s. nur Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 126 Rn. 13. Die zweite Möglichkeit zur Herstellung einer Urkundeneinheit übersehen offenbar Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 19 ff., und Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 7, und Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 9a f. 88 Vgl. LAG Hamm DB 1991, S. 2593 (2593). 89 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 19 ff.; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 81), § 57 Rn. 16; Gurlit, Vertrag (Fn. 31), § 32 Rn. 14; Schliesky, VwVfG (Fn. 32), § 57 Rn. 16 ff.; Stober, Verträge (Fn. 44), § 54 Rn. 56. S. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 9a mit dem unverständlichen Hinweis auf § 37 Abs. 3 VwVfG, die in § 57 Rn. 10 dann aber doch noch Urkundeneinheit fordern; vergleichbar widersprüchlich Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 7; beide Kommentare übersehen offenbar, daß § 126 Abs. 2 BGB zwei Varianten der Urkundeneinheit vorsieht. 85

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schon dort nicht.90 Sie überzeugt im Recht der Eingliederungsvereinbarung noch viel weniger. Die Informations-, Beweis- und Appellfunktion der schriftlichen Vereinbarung ist nach dem Gebot des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes91 so weit wie möglich auszuschöpfen. Das ist bei einer einheitlichen Vertragsurkunde am ehesten gewährleistet,92 weil jede Partei ihre Rechte und Pflichten durch eine unmittelbar damit verbundene Unterschrift bestätigen muß, sie aber auch jederzeit ohne weiteres vollständig aufnehmen und nachweisen kann. 2. Gleichwertige Gestaltungsmöglichkeiten Mit den vorangegangenen Direktiven sind die formalen Mindestanforderungen an eine Eingliederungsvereinbarung formuliert.93 Statt dessen können die Parteien noch die elektronische Form,94 die notarielle Beurkundung95 und die gerichtliche Protokollierung im Rahmen eines Vergleiches96 wählen. Freilich dürfte im Grundsicherungsrecht nur letztere noch praktische Bedeutung haben. Die notarielle Beurkundung wird regelmäßig zu umständlich und kostenintensiv, die elektronische Form an zu hohe technische Anforderungen gebunden97 sein. 90 S. dazu Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 456 ff. m. w. N.; bestätigend Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 54), S. 135 f.; außerdem Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 6; s. auch BVerwGE 98, 59 (67). 91 S. o. § 8 C.III.2. 92 So i. E. wohl auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 48. 93 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 22; Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 7; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 81), § 57 Rn. 24. 94 § 61 Satz 2 SGB II i. V. m. § 126 Abs. 3 BGB. Zur elektronischen Form nach § 36a SGB I Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 10, und nach dem in den Absätzen 1 bis 3 im Ergebnis gleichlautenden § 3a VwVfG Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 17a. 95 § 61 Satz 2 SGB II i. V. m. § 126 Abs. 4 BGB. 96 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 127a, 126 Abs. 4 BGB, §§ 101, 122 SGG i. V. m. §§ 159 ff. ZPO. Ebenfalls in Betracht kommt die praktisch freilich irrelevante Ersetzung durch notarielle Beurkundung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 126 Abs. 4 BGB. S. dazu nur Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 57 Rn. 22, und Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 7. 97 Auch bei Nutzung der elektronischen Form ist das Gebot der Urkundeneinheit zu beachten. So auch Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 56 Rn. 10. Die nicht nachvollziehbare und auch nicht näher begründete Gegenauffassung findet sich etwa bei Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 81), § 57 Rn. 24; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 56 Rn. 7; Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 73), § 57 Rn. 11a. Zur technischen Möglichkeit, das Gebot der Urkundeneinheit auch mit der elektronischen Form zu wahren vgl. Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 32), § 126a Rn. 10, und Arnd Arnold, in: Walter Erman (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 1, 13. Aufl. 2011, § 126a Rn. 9.

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II. Inhaltliche Gestaltung Wesentlich umfangreicher als die Direktiven zur formalen sind die Direktiven zur inhaltlichen Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung. Sie folgen sowohl aus dem SGB II als auch aus den vertragsrechtlichen Regelungen des SGB X und des Bürgerlichen Gesetzbuches. Von dort aus fordern sie einen bestimmten Inhalt der Vereinbarung obligatorisch ein (1), auch wenn damit bei weitem keine punktgenaue Vorformulierung einhergeht. Noch offener für eine Selbststeuerung der Vertragspartner ist dann der Bereich des fakultativen Vertragsinhalts (2).98 Damit eröffnet das Gesetz den Parteien eine weite „Vertragsfreiheit“ zur Ausgestaltung einer paßgenauen und effizienten Vereinbarung. Weil die Eingliederungsvereinbarung ihrer Natur nach in allen ihren Teilen sehr einzelfallbezogen ist,99 liegt der Schwerpunkt der weiteren Ausführungen im wesentlichen bei der Individualvereinbarung. Fragen zur formularmäßigen Gestaltung finden erforderlichenfalls am Rande Erwähnung. 1. Obligatorischer Vertragsinhalt Der obligatorische Inhalt der Eingliederungsvereinbarung ergibt sich im Ausgangspunkt aus § 15 Abs. 1 und 3 SGB II und § 55 Abs. 1 SGB X. Er umfaßt die Parteien (a), eine Zweckbestimmung (b), die Leistungspflichten der Parteien (c), die Dauer der Vereinbarung (d) und eine Schadenersatzregelung (e). a) Parteien Die Festlegung der Parteien ist wie bei jedem Vertrag der erste zwingende Bestandteil der Eingliederungsvereinbarung.100 Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II können das auf der einen Seite nur der erwerbsfähige Leistungsberechtigte und auf der anderen Seite nur der jeweilige Grundsicherungsträger sein.101 Dem ist nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen auch dann noch Genüge getan, wenn die für den Grundsicherungsträger han98 Die für die Rechtsgestaltung wichtige Unterscheidung zwischen obligatorischen und fakultativen Vertragsinhalten im Öffentlichen Recht findet sich soweit ersichtlich erstmals bei Bauer, Funktion (Fn. 64), S. 26 f. 99 S. dazu insbesondere den in § 8 C.III.3. dargestellten Grds. der Paßgenauigkeit und Effizienz und die darauf zugeschnittenen vorvertraglichen Pflichten, so wie sie oben § 9 C. vorstellt. 100 Eine für die Eingliederungsvereinbarung nicht relevante Ausnahme soll bei dem „Geschäft für den, den es angeht“ gelten; s. dazu nur Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 29), S. 765 ff. mit zu Recht kritischer Würdigung. 101 Näher zur Parteistellung in der Eingliederungsvereinbarung s. o. B.I.

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delnde Behörde im eigenen Namen auftritt und aus Sicht des Leistungsberechtigten scheinbar zum Vertragspartner wird.102 Rechtliche oder tatsächliche Nachteile ergeben sich dadurch für keinen der Vertragspartner.103 b) Zweckbestimmung Nach § 55 Abs. 1 SGB X müssen die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten für einen bestimmten Zweck vereinbart werden. Dieser Zweck muß konkret und einzelfallbezogen sein.104 Im Regelfall wird dafür auch in der Vertragsurkunde eine hinreichend präzise Angabe gefordert, solange die Zweckbestimmung nicht auf der Hand liegt.105 Hohe Anforderungen bestehen jedenfalls nicht.106 Um jedes gestalterische Risiko zu vermeiden, empfiehlt sich eine kurze Darstellung nach folgendem Muster: „Die nachfolgend vereinbarten Pflichten der Parteien dienen der paßgenauen und effizienten Eingliederung von Herrn/Frau . . . in eine Arbeit als . . . (z. B. Metallbauer).“

Die Aufnahme einer Zweckbestimmung für die Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers ist zwar nicht zwingend, der besseren allseitigen Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung aber förderlich. Das gilt um so mehr, als die Leistungen der Parteien in der Hauptsache denselben Zweck verfolgen. Noch sinnvoller wäre die Einbindung einer Zweckbestimmung für die Leistungspflichten beider Parteien in eine der eigentlichen Vereinbarung vorangehenden Präambel107. c) Leistungspflichten Die gesetzlichen Direktiven zu den Leistungspflichten der Parteien betreffen deren Art (aa), Auswahl und Ausmaß (bb) sowie Konkretisierung (cc). 102

S. dazu schon oben D.I.1.a) und Fn. 75. Selbst dann, wenn der Leistungsberechtigte aus der Eingliederungsvereinbarung eine Klage gegen den jeweiligen Grundsicherungsträger erhebt, genügt in der Klageschrift nach § 92 Abs. 1 SGG die Angabe der Behörde zur Bezeichnung des Beklagten. 104 BVerwGE 42, 331 (344); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 56 Rn. 51; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 55 f.; Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 54), S. 146; für die Eingliederungsvereinbarung SG Hamburg v. 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 19. 105 S. nur Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 56 Rn. 51; Engelmann, SGB X (Fn. 27), § 55 Rn. 7; Schliesky, VwVfG (Fn. 32), § 56 Rn. 17; großzügiger BVerwGE 89, 236 (242); Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 68), § 55 Rn. 15. 106 Zutreffend Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 478. 107 S. dazu unten D.II.2.a). 103

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Besondere Erwähnung verdienen abschließend die Direktiven zu den Nachweispflichten des Leistungsberechtigten (dd). aa) Art der Leistungspflichten Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II die für eine „Eingliederung erforderlichen Leistungen“.108 Demnach können die Parteien allein eingliederungsbezogene Pflichten vereinbaren, wobei diese Pflichten stets für beide Seiten festzulegen sind.109 Nur dann kann davon die Rede sein, daß der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zu seiner Eingliederung ausschöpft110 und der Grundsicherungsträger ihm dabei umfassende Unterstützung gewährt111. Nur dann kann es zu einer nachhaltigen Aktivierung aller Beteiligten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit kommen112. In diesem Lichte sind auch die Regelbeispiele des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu sehen.113 Ausgeschlossen ist damit die Vereinbarung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach §§ 19 ff. SGB II114 und zur Feststellung von Voraussetzungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.115 108 Die Soll-Bestimmung in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezieht sich auf die Pflicht zum Abschluß, nicht auf den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung; s. o. § 9 C.I.1. und 2. 109 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23; ders., Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 42; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 24 ff. und 33 ff.; Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 39), S. 278; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 51 ff.; Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 47 ff.; Zahn, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 21 ff. 110 § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 111 § 14 Satz 1 SGB II. 112 Zu dieser Zielvorstellung s. schon oben § 3 B. 113 Dort heißt es u. a., die Eingliederungsvereinbarung „soll insbesondere bestimmen“, welche Leistungen der Leistungsberechtigte „zur Eingliederung in Arbeit erhält“ und welche Bemühungen er „zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen“ muß (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB II). Mit Blick darauf ist die Sollbestimmung unter dem Eindruck der vorgetragenen Argumente als zwingende Regelung zu verstehen; ebenso Löns, SGB II (Fn. 80), § 15 Rn. 17; vgl. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23; Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 39), S. 278; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 51 ff. Zur Deutung des Begriffes „soll“ im Allgemeinen Verwaltungsrecht s. nur Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 7 Rn. 11, und Rolf Stober, Gesetzesgebundenheit und Verwaltungsspielräume, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 31 Rn. 41. 114 Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 43; ders., SGB II (Fn. 1), § 15 Rn. 22; Davilla, Eigenverantwortung (Fn. 48), S. 136; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 22. 115 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 22; LSG Rheinland-Pfalz v. 5. Juli 2007, Az. L 3 ER 175/07, juris Rn. 19; LSG Hessen v. 17. August 2008,

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Unter den eingliederungsbezogenen Leistungsinhalten sind den Parteien dann aber – fast116 – keine thematischen Grenzen mehr gesetzt. Für die Leistungspalette der Grundsicherungsträger halten vor allem die §§ 16 ff. SGB II direkt oder im Wege der Verweisung117 typische, an besondere Voraussetzungen geknüpfte Leistungsmöglichkeiten bereit.118 Dazu gehören unmittelbar arbeitsmarktbezogene Leistungen wie die Berufsberatung oder Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung119, aber auch Leistungen ohne unmittelbaren Arbeitsmarktbezug, wie die Schuldner- oder Suchtberatung.120 Ein abschließender Kreis ist mit den gesetzlichen Vorgaben nicht gezogen.121 Für den Leistungsberechtigten besteht ein nicht minder weites Feld eingliederungsbezogener Leistungsinhalte. Soweit die Pflichten nicht auf die Wahrnehmung der vereinbarten Leistungen des Grundsicherungsträgers hinauslaufen, können sie sich etwa äußern in der regelmäßigen Aufgabe von Stellengesuchen und Auswertung von Stellenanzeigen, Initiativbewerbungen oder der Annahme bestimmter Arbeit.122 Für beide Parteien kann schließlich auch die Pflicht zu Aushandlung und Abschluß einer (Folge-)Eingliederungsvereinbarung in Betracht kommen.123 Az. L 7 AS 251/08 B ER, juris Rn. 58. Anders liegen die Dinge aber bei Untersuchungen zum Ausmaß der Erwerbsfähigkeit in Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung. 116 Ausgeschlossen bleiben von vornherein solche eingliederungsbezogenen Leistungen, die gegen ein Verbotsgesetz verstoßen oder sittenwidrig sind; § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. §§ 134 und 138 BGB. 117 Zentrale Verweisungsnorm ist § 16 Abs. 1 SGB II, der in weiten Teilen zum Leistungskatalog des SGB III führt. Mittlerweile ist über § 16 Abs. 2 SGB II ausdrücklich klargestellt, daß § 16 Abs. 1 SGB II Rechtsgrundverweisungen ausspricht; s. nur Tilman Breitkreuz, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 16 Rn. 3; Wolfgang Eicher, in: ders./Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 16 Rn. 25. 118 Eingehend dazu Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 38 ff.; s. auch Stephan Thie, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Anhang zu § 16. 119 § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. §§ 29 ff. und 35 ff. SGB III. Zur notwendigen Konkretisierung dieser Pflichten sogleich unter D.II.1.c)cc), wodurch sich auch die etwa bei Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 28 m. w. N. geäußerten Bedenken auflösen dürften. 120 S. § 16a SGB II. 121 So wohl auch LSG Baden-Württemberg v. 19. Juli 2007, Az. L 7 AS 689/07, juris Rn. 22 (Förderung beruflicher Aus- und Weiterbildung, die nach dem SGB III nicht möglich gewesen wäre); Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 24; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 44. 122 Weitere Beispiele bei LSG Nordrhein-Westfalen v. 18. Oktober 2006, Az. L 1 B 27/06 AS ER, juris Rn. 28; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 27; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 33 ff.; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 24 a. E. und 28; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 65 f.; Stark, Sozialgesetzbuch (Fn. 9), § 15 Rn. 63.

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bb) Auswahl und Ausmaß der Leistungspflichten Die gesetzlichen Direktiven zum Inhalt der Eingliederungsvereinbarung enthalten auch Vorgaben zu Auswahl und Ausmaß der Leistungspflichten. Danach müssen die Eingliederungspflichten so angelegt sein, daß der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpft und der Grundsicherungsträger ihn dabei umfassend unterstützt (Grundsatz des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes).124 Ziel ist ein dauerhafter Eingliederungserfolg.125 Damit sind hohe Anforderungen formuliert, denen nur ein paßgenaues und effizientes, also ein planmäßiges Vorgehen nach einem der konkreten Eingliederungslage angepaßten Eingliederungskonzept genügt.126 Dafür sind alle Umstände des Einzelfalles wie etwa Eignung und individuelle Lebenssituation des Leistungsberechtigten oder die Lage am Arbeitsmarkt strikt zu berücksichtigen.127 Alle einer dauerhaften Eingliederung günstigen Faktoren, wie etwa Eigenverantwortung und Unabhängigkeit des Leistungsberechtigten, sind zu fördern, allen ungünstigen Faktoren ist entgegenzuwirken.128 Insgesamt sollen Maßnahmen zwar den Vorrang haben, wenn sie „die unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglichen“.129 Wegen des Gebotes einer dauerhaften Eingliederung können aber ohne weiteres auch Maßnahmen erforderlich sein, die nicht unmittelbar zu 123 Das scheint nach der zweifelhaften Entscheidung des Bundessozialgerichts in BSGE 104, 185 (185 ff.) – Näheres dazu s. o. § 9 C.I.2.a)aa) – zumindest aus Klarstellungsgründen ratsam. Die Aufnahme einer Abschlußpflicht in die Eingliederungsvereinbarung kann allerdings nicht dazu führen, daß bei einer Abschlußpflichtverletzung doch noch die §§ 31 ff. SGB II zur Anwendung kommen. Insofern gilt ausnahmsweise das für vorvertragliche Pflichten entwickelte Rechtsregime weiter. Das folgt aus einer Gesamtschau auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und deren Entstehungsgeschichte. 124 § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II (Leistungsberechtigter), § 14 Satz 1 SGB II (Grundsicherungsträger). S. dazu auch oben § 8 C.III.2. 125 § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II. 126 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 51, 53 f. und 58; s. auch SG Hamburg v. 28. November 2005, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6, und SG Leipzig v. 19. Februar 2007, Az. S 19 AS 392/06, juris Rn. 34, und BT-Drs. 15/1516, S. 46. 127 BT-Drs. 15/1516, S. 46; Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 5), S. 46; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 26; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 58; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 24; Helga Spindler, Mitwirkungspflichten und Rechte von Arbeitslosen nach BSHG unter Berücksichtigung von SGB I und SGB III, ASR 2003, S. 47 (54); s. auch § 3 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 128 § 1 Abs. 2 SGB II; eingehend dazu Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 22), § 1 Rn. 9 ff. 129 § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II.

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einer Erwerbstätigkeit führen.130 Schematische Pflichtvereinbarungen verbieten sich.131 Einschränkend sind bei Auswahl und Ausmaß der Pflichten des Grundsicherungsträgers insbesondere die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit132 sowie der Gleichbehandlung133 zu beachten. Die Pflichten des Leistungsberechtigten müssen in erster Linie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Die Grundlage dafür bildet § 55 SGB X, weil die Eingliederungsvereinbarung immer auch ein Austauschvertrag im Sinne dieser Norm ist134. Allerdings sollte der Grundsatz eher zurückhaltend Anwendung finden.135 Das deutet sich schon mit den konkretisierenden Kriterien des § 10 SGB II an, der mit Blick auf persönliche Umstände des Leistungsberechtigten im Grundsatz feststellt, dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten „ist jede Arbeit zumutbar“. Im Anschluß daran benennt die Vorschrift nur einige Regelbeispiele für „hoch angebundene“ Ausnahmen.136 Hinzu tritt die eingangs erwähnte Forderung des Gesetzes, daß der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muß.137 Zu berücksichtigen ist ferner, daß der Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten dabei durch das Gesetz stets gesichert ist. Das alles vermag den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwar nicht auszuhebeln, drängt ihn aber doch etwas zurück. Auch dann kann die Verhältnismäßigkeit aber noch eine gefährliche Grenze für die Eingliederungsvereinbarung bilden, weil jeder Verstoß über §§ 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X zur Nichtigkeit mindestens der betroffenen Regelung führt. 130

So auch Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 22), § 3 Rn. 9; vgl. auch Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 3 Rn. 7. 131 SG Berlin v. 12. Mai 2006, Az. S 37 AS 11713/05, juris Rn. 19; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 26; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 22. 132 § 3 Abs. 1 Satz 4 und § 14 Satz 3 SGB II; Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 22), § 3 Rn. 10 f. 133 Zu den verfassungsrechtlichen Einflüssen auf entsprechende Konkurrentensituationen s. nur Christian Starck, in: ders. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Rn. 33 ff. und 203 ff. 134 S. o. C.II.1. Angedeutet ist das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit auch in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wo von den zur „Eingliederung erforderlichen Leistungen“ die Rede ist; Hervorhebung durch Verf. 135 Ganz anders freilich Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 32 f.; ihm wohl zustimmend Spellbrink, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 47), S. 55; ders., SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 11. 136 Näher dazu Christian Armborst, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 10 Rn. 7 ff.; Kerstin Feldhoff, „Nicht jede Arbeit ist zumutbar“ – Lohnwucher als Zumutbarkeitsgrenze im SGB II, SGb 2006, S. 701 (701 ff.); Wolfhardt Kothe, Zumutbare Arbeit – Zumutungen im SGB II, SozSich 2005, S. 146 (146 ff.). 137 § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II; s. auch oben § 8 C.III.2.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Diese Gefahr können die Parteien schmälern, wenn sie sich – soweit sie einen kritischen Punkt erkennen – in der Vereinbarung dazu beispielsweise wie folgt äußern: „Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Leistungspflichten von Herrn/Frau . . . insgesamt, vor allem aber die Verpflichtung . . . (genaue Bezeichnung) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Letztgenannte Verpflichtung erscheint ihnen auch vor dem Hintergrund (z. B. der gebotenen Pflege eines Angehörigen) durch Herrn/Frau . . . nicht als unzumutbar.“

Die Vertragspartner machen damit deutlich, das Problem erkannt und einer Lösung zugeführt zu haben. Daran ist ein eventuell angerufenes Gericht zwar nicht gebunden. Auch wird die Aufmerksamkeit des Gerichts nun auf eine mögliche Schwachstelle der Vereinbarung gelenkt. Doch kann der Kläger sich unter diesen Umständen nach Treu und Glauben schwerer auf die fehlende Verhältnismäßigkeit berufen, als das ohne eine entsprechende Vertragsklausel der Fall wäre. Das wiegt die mit der Klausel verbundenen Unwägbarkeiten deutlich auf. Einen eigenen Wert hat die Vertragsklausel allerdings nur in individuell ausgehandelter Form. Als (abgewandelte) Standardformulierung ohne konkreten Fallbezug dürfte sie weitgehend nutzlos sein. cc) Konkretisierung der Leistungspflichten Die Parteien müssen für beide Seiten138 konkrete Leistungspflichten vereinbaren. Anderenfalls fehlt es an den wesentlichen Bestandteilen des Vertragstyps Eingliederungsvereinbarung. Das schließt nicht aus, daß gleichwohl ein Vertrag zustande kommt, doch gelten dafür andere Gesetzmäßigkeiten und insbesondere die Sanktionsregeln der §§ 31 ff. SGB II finden keine Anwendung.139 Ungenügend wären deshalb Formulierungen, die der bloßen Wiederholung des abstrakten Gesetzeswortlautes gleichkommen,140 wie etwa: Der Leistungsberechtigte „unternimmt alles, um seine Arbeitslo138

S. o. D.II.1.c)aa). So auch Löns, SGB II (Fn. 80), § 15 Rn. 17; weitergehend Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23, mit der aus dem Gesetz nicht ableitbaren Forderung, daß die Pflichten der Beteiligten eine vergleichbare Konkretisierung erfahren haben müssen. Zurückhaltender, im praktischen Ergebnis aber ebenso SG Leipzig v. 19. Februar 2007, Az. S 19 AS 392/06, juris Rn. 34; SG Hamburg v. 28. November 2005, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6; SG Hamburg v. 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 20. Letztlich ebenfalls zustimmend Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 23, allerdings ohne Festlegung auf eine Begründung; s. auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 53 f. 140 LSG Berlin-Brandenburg v. 11. September 2006, Az. L 14 B 771/06 AS/ER, juris Rn. 3; LSG Baden-Württemberg v. 22. Januar 2007, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 24; vgl. auch Ham139

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sigkeit zu beseitigen,“ und der Grundsicherungsträger gewährt dafür „die bestmögliche Unterstützung“.141 Gerade mit Blick auf die konkrete Wiedergabe der Pflichten des Grundsicherungsträgers deuten sich in der Praxis bedenkliche Tendenzen zu unzulässigen Verallgemeinerungen an.142 Im übrigen reicht es zwar, wenn sich die konkreten Pflichten der Beteiligten wenigstens im Wege der Auslegung eindeutig ermitteln lassen.143 Fehlt es danach aber noch immer an der gebotenen Eindeutigkeit, kann das dem Pflichtigen nicht mehr zum Nachteil gereichen. Zugunsten des Leistungsberechtigten kann unter Umständen sogar schon das Erfordernis zusätzlicher wertender Stellungnahme für ein eindeutiges Auslegungsergebnis eine Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II ausschließen. Zwar greift die Sanktionsregel noch ein, wenn der Leistungsberechtigte seine Pflichten nur mit Eventualvorsatz verweigert.144 Doch muß der Grundsicherungsträger auch das beweisen, was bei Auslegungsstreitigkeiten nur selten gelingen dürfte.145 Deshalb ist es ratsam, die einzelnen Pflichten der Parteien so präzise wie möglich zu vereinbaren und jede Unklarheit zu vermeiden.146 Die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten und des Grundsicherungsträmel, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 1), S. 597 f. m. w. N., und Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 31. 141 S. auch Hammel, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 1), S. 597 f.; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 51 ff. 142 S. o. § 6 B.IV.3. Fast 90% der für diese Arbeit zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, die Pflichten des Hilfebedürftigen seien in der Vereinbarung eher konkret formuliert, weniger als 50% (!) konnten gleiches auch von den Pflichten des Grundsicherungsträgers behaupten. Diese Praxis widerspricht auch den Handlungsempfehlungen der Bundesagentur für Arbeit, die für die Pflichten des Grundsicherungsträgers einen „konkreten“ Eintrag fordern; Bundesagentur für Arbeit, Handlungsempfehlung (Fn. 2), Anlage – Eingliederungsvereinbarung, Gliederungspunkt 1.a). 143 S. dazu oben B.II. 144 S. u. § 13 A.I.1.a)aa). 145 Ein solcher Nachweis ist aber nicht undenkbar, vor allem wenn Zeugen bei konkretisierenden mündlichen Absprachen anwesend waren. 146 Das gilt um so mehr, als in der Literatur vereinzelt schon Stimmen laut wurden, die zumindest für die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten zwingend eine Klarheit forderten, die „zusätzliche Akte wertender Erkenntnis“ überflüssig macht; so Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 28, der sich allerdings zu Unrecht auf SG Hamburg v. 28. November 2005, Az. S 53 AS 1428/05, juris Rn. 13 beruft; Müller, SGB II (Fn. 49), § 15 Rn. 35. Den Nachweis einer hinreichenden rechtlichen Grundlage blieben die Vertreter dieser Auffassung freilich schuldig. Er ist auch nicht zu führen, weil es in der Natur der Sprache liegt, daß eine Klarheit, die jeden zusätzlichen Akt wertender Erkenntnis überflüssig macht, weder praktisch noch theoretisch möglich ist; vgl. dazu nur Helmut Kromrey, Empirische Sozialforschung, 12. Aufl. 2009, S. 305 ff. und 336 f. Gleichwohl sind diese Auffassungen bei der Gestaltung einer Eingliederungsvereinbarung zu bedenken.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

gers müssen aber keine vergleichbare Präzision haben, solange sie den vorgenannten Mindestanforderungen genügen.147 Eine Angleichung kann im Einzelfall zur allseitigen und besseren Akzeptanz des Vereinbarten aber zweckmäßig sein. dd) Insbesondere Nachweispflichten Nach § 15 SGB II müssen die Parteien in der Eingliederungsvereinbarung auch festlegen, in welcher Form der Leistungsberechtigte seine Eingliederungsbemühungen nachzuweisen hat.148 Die Vertragspartner müssen daher bestimmen, welche Belege in Betracht kommen. Im Regelfall wird das der Urkundenbeleg sein. Denkbar ist aber auch eine Belegführung durch Zeugen und durch (mündliche) Auskunft des Leistungsberechtigten. Darüber hinaus ist festzulegen, welchen Mindestinhalt der Beleg haben muß,149 und wann und wo er zu führen ist. Für Ausmaß und Konkretisierung der Verpflichtung gelten im Detail die schon vorgetragenen allgemeinen Direktiven, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.150 So ist zu berücksichtigen, daß bei Initiativbewerbungen oft keine Eingangsbestätigungen oder Absagen ergehen.151 Zudem sollte der Leistungsberechtigte eine Auswahl an Beweismöglichkeiten haben. Regelmäßig dürfte die Verpflichtung zu einer (schriftlichen) Selbstauskunft ausreichen, die bei Bedarf überprüfbar ist.152 In der Eingliederungsvereinbarung lassen sich diese Erfordernisse beispielsweise wie folgt umsetzen: „Herr/Frau . . . (erwerbsfähiger Leistungsberechtigter) teilt seinem persönlichen Ansprechpartner Herrn/Frau . . . bei . . . (z. B. dem Jobcenter . . .) am Freitag jeder 147

Ebenso wohl Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 54; a. A. aber Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23. 148 § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II; kritisch Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 27; zum Nachweis von Eigenbemühungen, freilich noch vor Einsatz des SGB II, vgl. auch Ulrich Stascheit, „Wer immer strebend sich bemüht“ – Zu den Anforderungen an die Eigenbemühungen des Arbeitslosen nach § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 SGB III, info also 1997, S. 145 (145 ff.). 149 Das können die Anschrift des aufgesuchten Arbeitgebers, Ort und Zeit der Vorstellung sowie die Gegenzeichnung durch den angetroffenen Ansprechpartner sein. Weitere Beispiele bei Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 67, und Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 101. 150 S. o. D.II.1.c)bb) und cc). 151 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 28; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 66. 152 Dazu und zu weiteren Verhältnismäßigkeitserwägungen Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 28; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 27; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 100 ff.; vgl. auch Stascheit, Anforderungen (Fn. 168), S. 148, und ferner Davilla, Eigenverantwortung (Fn. 48), S. 330 f.

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Woche bis . . . Uhr schriftlich mit, bei welchen Arbeitgebern er sich im Laufe der Woche beworben hat. Zum weiteren Nachweis fügt er der Mitteilung eine Fotokopie seiner Anschreiben an diese Arbeitgeber und eine Fotokopie oder das Original der Quittung für die zugehörigen Postversandkosten bei. Alternativ kann er den geforderten Nachweis auch mit einer schriftlichen Eingangsbestätigung oder Absage des Arbeitgebers erbringen.“

d) Dauer der Vereinbarung Ein weiterer zwingender Bestandteil der Eingliederungsvereinbarung ist die Festlegung der Wirkungsdauer dieser Vereinbarung, präziser der darin vereinbarten Leistungspflichten. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II „soll“ die Eingliederungsvereinbarung „für sechs Monate geschlossen werden“, was sich wie folgt umsetzen läßt: „Diese Eingliederungsvereinbarung gilt bis zum . . . um 24.00 Uhr.“

Eine solche Formulierung ist kurz und verständlich. Sie gibt keinerlei Anlaß zu Mißverständnissen. Möglich wäre auch die Übernahme des oben erwähnten Gesetzestextes unter Bezugnahme auf das Abschlußdatum der Vereinbarung. Eine solche Formulierung wäre zwar nicht weniger präzise, sie fordert von den Parteien aber erst noch eine Berechnung des Endtermins nach § 40 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 26 SGB X und §§ 187 ff. BGB und ist damit umständlicher und fehleranfälliger. Die Vertragspartner können ausnahmsweise eine kürzere oder eine längere Frist vereinbaren.153 Eine kürzere Frist kommt vor allem in Betracht, wenn die Parteien ein abschließendes Eingliederungskonzept wegen ausstehender Informationen etwa aus einer Eignungsprüfung noch nicht entwerfen können. Eine längere Frist ist bei länger andauernden und vollzeitigen Eingliederungsmaßnahmen denkbar. Insgesamt ist mit solchen Ausnahmen Zurückhaltung geboten, weil die gesetzlich vorgesehene Befristung gute Gründe hat. Sie wirkt stabilisierend und sorgt zugleich alle sechs Monate für eine vollständige Überprüfung des Eingliederungskonzepts. Die Verwaltungspraxis hält die vorgegebene Frist gleichwohl zu fast zwei Dritteln für unpassend, doch dürften die Vorbehalte im Wege der Vertragsflexibilisierung leicht abbaubar sein.154 153 Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II „soll“ die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen werden; s. dazu auch Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 69; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 31. Zur Deutung des Begriffs „soll“ im Allgemeinen Verwaltungsrecht s. die Nachweise in Fn. 113. 154 Fast 20% der für diese Arbeit zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis befragten persönlichen Ansprechpartner waren der Auffassung, die Sechsmonatsfrist sei zu kurz, fast 4% meinten, die Frist sei zu lang, und reichlich 40%

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

e) Schadenersatzpflicht bei Abbruch einer Bildungsmaßnahme Letzter zwingender Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung ist nach § 15 SGB II eine Schadenersatzregelung für den Fall, daß die Parteien eine Bildungsmaßnahme vereinbaren.155 Nach der gesetzlichen Direktive ist dafür zunächst zu regeln, „unter welchen Voraussetzungen (. . .) der erwerbsfähige Leistungsberechtigte schadenersatzpflichtig ist“.156 Dafür stellt das Gesetz klar, daß die geforderte Schadenersatzvereinbarung nur Fälle erfassen darf und muß, in denen der Leistungsberechtigte „eine Bildungsmaßnahme (. . .) nicht zu Ende führt“. Eine Vereinbarung, die schon vor Antritt der Maßnahme ansetzt, ist damit ausgeschlossen, weil eine Maßnahme nur dann nicht zu Ende geführt werden kann, wenn sie überhaupt begonnen wurde.157 Weiterhin darf der Schadenersatzanspruch nur eingreifen, wenn der Leistungsberechtigte die Maßnahme aus einem „von ihm zu vertretenen Grund“ nicht beendet. Welcher Maßstab dabei gilt, können die Parteien selbst bestimmen. Allerdings dürfte eine Vereinbarung zur verschuldensunabhängigen Haftung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommen.158 Ferner können die Parteien eine Haftung wegen Vorsatzes nicht ausschließen, weil die Schadenersatzregelung sonst obsolet würde. Zum Umfang des Schadenersatzanspruches fehlen zwar ebenfalls detaillierte Vorgaben. Nach dem Gesetzeswortlaut muß die Vereinbarung „Umfang und (. . .) Voraussetzungen“ der Schadenersatzpflicht bestimmen. Dadurch bleibt für weitere Schadenersatzforderungen nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 ff. BGB an dieser Stelle kein Raum mehr.159 Die nach § 15 waren der Auffassung, sie sollte ganz entfallen. Nur etwa 33% hielten die Befristung für „gerade richtig“. Zu den Einzelheiten s. o. § 6 B.VI.3. Zu den Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Eingliederungsvereinbarung sogleich unter D.II.2. 155 § 15 Abs. 3 SGB II. 156 § 15 Abs. 3 SGB II, erster Satzteil. 157 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 52 a. E.; Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 49; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 146; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 35; weshalb der Gesetzgeber diese Einschränkung vorgenommen, die Möglichkeit der Ersatzvereinbarung überhaupt auf den Zusammenhang mit einer Bildungsmaßnahme beschränkt hat, ist schwer verständlich. 158 § 55 SGB X findet zwar keine unmittelbare Anwendung, weil die Schadenersatzpflicht keine Primär-, sondern eine Sekundärpflicht darstellt; i. E. ebenso für die ähnlich gelagerten Vertragsstrafeversprechen Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 27), § 56 Rn. 19; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 530 f. Doch hat die Norm wenigstens mittelbare Wirkung, weil die Verhältnismäßigkeit der Eingliederungs-Leistungspflichten auch von der Schadenersatzregelung beeinflußt wird. I. E. ebenso etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 52, unter Verweis etwa auf BVerwGE 55, 288 (295 f.), und 58 132 (146); Löns, SGB II (Fn. 80), § 15 Rn. 20.

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Abs. 3 SGB II geforderte Vereinbarung ergibt dann aber nur einen eigenen Sinn, wenn die Parteien den Schadensumfang pauschal festlegen können,160 was den Grundsicherungsträger vom Nachweis des konkreten Schadens im Einzelfall entbindet.161 Anderenfalls gäbe es keinen Unterschied zum schon bestehenden gesetzlichen Schadensrecht nach §§ 249 ff. BGB.162 Die Schadenspauschalierung ist auch zweckmäßig, weil beim Nachweis des konkreten Schadens regelmäßig Schwierigkeiten zu befürchten sind.163 Die Verschärfung der schadensrechtlichen Regeln entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers. Der wollte „den Anreiz für den Betroffenen erhöhen, die Bildungsmaßnahme planmäßig zu beenden“.164 Weil es sich bei der Vereinbarung dann nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes immer noch um eine Schadenersatz- und keine Vertragsstrafenregelung handelt, hat der Leistungsberechtigte aber die Möglichkeit, einen geringeren oder völlig ausgebliebenen Schaden nachzuweisen.165 Die Höhe der Schadenspauschale ist so genau wie möglich zu beziffern, damit der Leistungsberechtigte das Schadensrisiko überblicken kann.166 Sie muß mit Blick auf die Umstände 159 Näher zu Schadenersatzansprüchen des Leistungsberechtigten bei Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung durch die jeweils andere Seite s. u. § 13 A.I.1.b), 3.a) und II. 160 Zur Möglichkeit der pauschalen Festlegung des Schadensumfanges s. auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 154. Eine pauschale Festlegung des zu ersetzenden Betrages befürwortet auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 55, allerdings nur, damit der Leistungsberechtigte das Schadensrisiko abschätzen kann. Widersprüchlich Löns, SGB II (Fn. 80), § 15 Rn. 20, der zunächst viel zu weitgehend von einer Regelung mit Vertragsstrafencharakter spricht und damit sogar eine grds. unwiderlegliche Schadenspauschalierung zulassen müßte, dann aber ein Bild zeichnet, das mit einer Vertragsstrafenregelung nur noch wenig zu tun hat; eingehend zum Konzept der Vertragsstrafe im deutschen Recht s. nur Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 6), Rn. 545 und 547 ff. 161 A. A. Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 56; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 154; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 90. 162 Insbesondere eine bloße Warnfunktion der Vereinbarung wäre rechtsgestalterisch schon mit einem deutlichen Hinweis auf das bestehende gesetzliche Schadensrecht ohne weiteres erreichbar. 163 Schwierigkeiten bei der Bezifferung einer konkreten Schadenshöhe sieht auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 150; zu möglichen Schadenspositionen s. ferner Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 54 m. w. N. 164 BT-Drs. 15/1516, S. 54. 165 Zum Wesen der Schadenspauschale Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 276 Rn. 26; deutlicher noch Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 6), Rn. 544. Im Falle einer Vertragsstrafe ist der Nachweis eines geringeren Schadens dagegen grds. unbeachtlich; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 6), Rn. 545 und 549. 166 Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 55; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 90; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 37. Insoweit bleibt die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Handlungsempfehlung (Fn. 2), Anlage –

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

des Einzelfalls verhältnismäßig sein.167 Zu berücksichtigen ist auch, daß eine gleichzeitige Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II den geschuldeten Schadenersatz in Höhe der damit einhergehenden Minderung des Arbeitslosengeldes II bereits aufzehrt.168 Die Formulierung einer entsprechenden Schadenersatzregelung in der Eingliederungsvereinbarung kann vor diesem Hintergrund lauten: „1 Herr/Frau . . . verpflichtet sich zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von . . . Euro, für den Fall, daß er/sie die . . . (genaue Bezeichnung der Bildungsmaßnahme) nicht zu Ende führt. 2 Die Bildungsmaßnahme ist dann nicht zu Ende geführt, wenn Herr/Frau . . . das angestrebte Bildungsziel nicht erreicht. 3 Das angestrebte Bildungsziel ist nur erreicht, wenn . . . 4 Der Umfang des Schadenersatzes mindert sich, soweit der tatsächliche Schaden niedriger ist.“

Die Klausel greift im ersten Satz zunächst die gesetzliche Formulierung auf, um die Tatbestandsvoraussetzung „nicht zu Ende führt“ im zweiten und dritten Satz näher zu erläutern.169 Diese Erläuterung ist nicht zwingend geboten. Sie stärkt aber die Klarheit der Regelung ganz erheblich, hat dadurch eine höhere Appellwirkung und mindert die Streitgefahr. Die Formulierung im vierten Satz der vorgeschlagenen Klausel ist ebenfalls nicht zwingend, weil sie in der Natur der Sache liegt.170 Unentbehrlich bleibt dagegen eine Bestimmung zum Vertretenmüssen. Beispiel: „Die Schadenersatzhaftung greift nicht ein, wenn Herr/Frau . . . die ausbleibende Beendigung nicht zu vertreten hat. Er/Sie hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.“

Die Formulierung lehnt sich an das Schadenersatzrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches an, so daß der Leistungsberechtigte für das Nichtvertretenmüssen beweispflichtig ist. Sie kann, sollte aber für eine möglichst intensive Eingliederung nicht milder ausfallen.

Eingliederungsvereinbarung, Gliederungspunkt 3. tatsächlich hinter den Anforderungen zurück. 167 Mögliche Orientierungspunkte sind insbes. die anteiligen Kosten der Bildungsmaßnahme und der Grad des Verschuldens; eingehender Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 148 ff.; s. außerdem Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 54 f. m. w. N. 168 S. u. § 13 A.I.1.b)bb), auch mit Hinweisen zur Charakterisierung der Sanktionsregel in den §§ 31 ff. SGB II. A. A. Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 154; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 34; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 89. 169 Zur Frage, wann eine Bildungsmaßnahme zu Ende geführt ist s. nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 52; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 89. 170 S. dazu die soeben vorgetragenen Gedanken zur Schadenspauschalierung und noch einmal Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 6), Rn. 545 und 549.

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2. Fakultativer Vertragsinhalt Das Gesetz ermöglicht es den Vertragsparteien, über den vorgestellten zwingenden Vertragsinhalt hinaus weitere Regelungen in der Eingliederungsvereinbarung zu treffen. Darauf weist § 15 SGB II deutlich hin, wenn er feststellt, was die Vereinbarung „insbesondere“ bestimmen soll.171 Der Charakter der Eingliederungsvereinbarung fordert zwar einen Eingliederungsbezug. Selbst dann bestehen aber noch weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, von denen die nachfolgende Darstellung nur die für die Eingliederungsvereinbarung interessantesten herausgreifen kann. a) Präambel Die Eingliederungsvereinbarung dient der paßgenauen und effizienten Eingliederung eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Die in ihr festgelegten Parteipflichten müssen ein planmäßiges Vorgehen erkennen lassen und dafür einem je nach Eingliederungslage mehr oder weniger intensiv ausgearbeiteten, in jedem Fall aber widerspruchsfreien Eingliederungskonzept folgen.172 Dieses Konzept muß sich nicht ausdrücklich in der Vereinbarung wiederfinden. Gleichwohl ist seine Wiedergabe in wenigstens groben Zügen sinnvoll, weil die Vereinbarung dann über jeden Verdacht der Konzeptionslosigkeit erhaben ist. Außerdem müssen sich die Parteien das ausgearbeitete Konzept bei dieser Vorgehensweise noch einmal verdeutlichen. Zugleich erhöht sich die allseitige Akzeptanz der Vereinbarung dauerhaft, weil klarer wird, daß die festgelegten Pflichten nicht bezugs- und sinnlos im Raum stehen. Ferner kann die Aufnahme des Eingliederungskonzepts wertvolle Dienste als Auslegungshilfe leisten173 und der ohnehin obligatorischen Wiedergabe des Zwecks der Leistungen des Leistungsberechtigten174 ist nun sicher Genüge getan. Als ideale Wiedergabemöglichkeit bietet sich daher die Einfügung einer entsprechenden Präambel175 an. Sie gibt dem Konzept auch formal den hervorgehobenen Platz, der ihm als Leitidee zukommt.

171 Unstr.; s. Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 31, und Huckenbeck, SGB II (Fn. 2), § 15 Rn. 44. 172 S. o. D.II.1.c)bb); außerdem Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 23; Sonnhoff, SGB II (Fn. 16), § 15 Rn. 51 und 53 f. 173 Das ist vor allem bzgl. der Sanktionsregelung in den §§ 31 ff. SGB II bedeutsam. 174 S. dazu oben D.II.1.b). 175 Zu Bedeutung und Rechtscharakter einer Präambel vgl. – freilich auf das Grundgesetz bezogen – Starck, Grundgesetz (Fn. 133), Präambel Rn. 29 f.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

b) Flexibilisierung Wie bei den meisten auf gewisse Dauer angelegten Rechtsverhältnissen besteht in dem von der Eingliederungsvereinbarung geprägten Rechtsverhältnis das Bedürfnis nach situationsangepaßter Flexibilität.176 Dafür sprechen schon die Vorbehalte der Rechtspraxis gegenüber der gesetzlich vorgesehenen Regelbefristung der Vereinbarung177, die in fast zwei Drittel der Fälle vorkommenden Anpassungen des Vertragsinhalts während dieser Frist178 und nicht zuletzt die erstaunlich häufigen formlosen Eingliederungsabsprachen neben oder anstatt der Eingliederungsvereinbarung179. Diese Erscheinungen lassen sich durch eine flexiblere Gestaltung der Vereinbarung rechtlich weitgehend in den Griff bekommen. Das gilt nicht nur in der Erprobungs- und Experimentierphase180 zu einem neuen Eingliederungskonzept. Stets kann die Flexibilisierung der anstehenden Leistungspflichten auch das Scheitern anstehender (weiterer) Vertragsverhandlungen oder die Unverhältnismäßigkeit der Vereinbarung verhindern. Nicht zuletzt verbessert sie die Möglichkeit schneller Reaktion auf neue Tatsachen oder Rechtsänderungen und gewährleistet so dauerhaft mehr Paßgenauigkeit, Effizienz und Akzeptanz des Vereinbarten.181 Die Rechtsordnung bietet für alle Konstellationen ausreichende Flexibilisierungsmöglichkeiten, solange nur die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nach § 55 SGB X gewahrt bleiben.

176 Zum prinzipiellen Flexibilitätsbedürfnis bei auf Dauer angelegten Schuldverhältnissen Bauer, Funktion (Fn. 64), S. 27 f.; ders., Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann, Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 (275); Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 510; vgl. auch Eberhard Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2006, S. 348. 177 S. dazu schon oben Fn. 154, und § 6 B.VI.3. 178 Über 95% der der für diese Arbeit zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis befragten persönlichen Ansprechpartner gaben an, daß nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung eine Anpassung erforderlich werde; bei etwa 60% kam das häufig oder fast immer vor. Näheres s. o. § 6 B.VI.3. 179 Etwa 45% der der für diese Arbeit zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis befragten persönlichen Ansprechpartner trafen ergänzenden Absprachen häufig bis immer, weitere 45% immerhin gelegentlich. Ersetzende Absprachen kamen bei 22% häufig bis immer vor, bei etwa 45% gelegentlich. Näheres s. o. § 6 B.III.8., und § 6 B.IV.4. 180 Den Flexibilitätsbedarf in solchen Phasen betont ganz allg. auch Bauer, Funktion (Fn. 64), S. 25; ebenso Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 510. 181 Deutlich in diese Richtung auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 39 f., der allerdings viel zu weit gehend eine Anpassung analog § 37 Abs. 3 Satz 2 SGB III befürwortet.

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aa) Information und Kooperation Zur Flexibilisierung der Eingliederung ist es von besonderer Bedeutung, daß alle Beteiligten stets über die eingliederungswesentlichen Fragen und Entwicklungen informiert sind.182 Information ist die Grundlage jeder Flexibilität, weil die Parteien nur dann ihr Verhalten nach dem insofern Vereinbarten ausrichten können. Das legt die ausdrückliche Bestimmung entsprechender Informations-, Untersuchungs-, Kontroll- und Kooperationspflichten nahe. So kann etwa der Leistungsberechtigte über die ohnehin bestehende Nachweispflicht183 hinaus verpflichtet werden, den Grundsicherungsträger über das normale Eingliederungsgeschehen regelmäßig, über unvorhergesehene Vorkommnisse umgehend zu informieren oder bestimmte Kontrollen zu erlauben. bb) Einseitige Gestaltung Als erste echte Flexibilisierung können die Vertragspartner die Bestimmung oder Konkretisierung einzelner Eingliederungspflichten in die Zukunft verschieben und dort nur einer Partei (§§ 315 f. BGB) oder Dritten (§§ 317 ff. BGB) überlassen.184 Beispiel: „Herr/Frau . . . unterzieht sich der nächsten verfügbaren und medizinisch angezeigten . . . (z. B. Drogentherapie). Welche Therapieform, -dauer und -einrichtung medizinisch angezeigt ist, bestimmt . . . (Sachverständiger). . . .“

Insbesondere zur Vermeidung vollendeter Tatsachen können sie darüber hinaus besondere Zustimmungsvorbehalte vereinbaren. Beispiel: „Vor dem Wechsel in eine andere Ausbildungsgruppe muß Herr/Frau . . . die Zustimmung des . . . (z. B. persönlicher Ansprechpartner) einholen.“

cc) Befristung und Bedingung Weiterhin haben die Parteien die Möglichkeit, die Vertragspflichten unter eine aufschiebende oder auflösende Bedingung oder Befristung zu stellen 182 Allg. ebenso Bauer, Anpassungsflexibilität (Fn. 176), S. 280; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 514. S. dazu auch die in § 12 C.II.1.b)–d) dargestellten weiteren Verhaltenspflichten. 183 S. o. D.II.1.c)dd). 184 Die Anwendung vermittelt § 61 Satz 2 SGB X. Allg. zur Möglichkeit einseitiger Gestaltungsregelungen im Verwaltungsvertragsrecht Bauer, Anpassungsflexibilität (Fn. 176), S. 280 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 511; Stober, Verträge (Fn. 44), § 54 Rn. 23 ff.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

(§§ 158 ff. BGB).185 So lassen sich unter anderem unverhältnismäßige Gestaltungen vermeiden. Beispiel: „Herr/Frau . . . nimmt vom . . . (Datum 1) bis einschließlich zum . . . (Datum 2) an einem Bewerbungstraining bei . . . (Veranstalter) teil. In derselben Zeit versendet er/sie außerdem eine schriftliche Bewerbung pro Woche. Vom . . . (Folgetag zu Datum 2 [= Datum 3]) bis einschließlich zum . . . (Datum 4) versendet er zwei schriftliche Bewerbungen pro Woche. Außerdem . . .“

Bedingungen und Befristungen kommen vor allem auch im Zusammenhang mit Anpassungspflichten in Betracht, die für die Paßgenauigkeit und Effizienz der Eingliederungsvereinbarung von besonderer Bedeutung sein können. Beispiel: „Sollten sich die vereinbarten Pflichten bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung als unzulänglich oder unpassend herausstellen, verpflichten sich die Vertragsparteien zur Aufnahme entsprechender Anpassungsverhandlungen.“

dd) Anpassung und Kündigung Wie bereits angedeutet können die Parteien zur Flexibilisierung Anpassungs- und Kündigungsrechte vereinbaren. Diese Rechte dürfen die Anforderungen des § 59 SGB X allerdings nicht verschärfen und die Rechtsfolgen der Norm nicht einschränken.186 Ausgeschlossen sind ferner unbegrenzte, an keinerlei Voraussetzungen gebundene Änderungs- oder Kündigungsrechte, weil dann jede Vertragsbindung praktisch aufgehoben wäre.187 ee) Sonstiges, insbesondere Kombinationen Die vorgestellten Flexibilisierungsmöglichkeiten stellen keinen abschließenden Katalog dar. Sie lassen sich vor allem in jeder erdenklichen Weise kombinieren. Außerdem können die Parteien die Eingliederungsvereinba185 Die Anwendung dieser Vorschriften vermittelt § 61 Satz 2 SGB X. Zur Modifizierung von § 315 Abs. 1 und § 317 Abs. 1 BGB durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II s. u. § 12 C.I.1.a) a. E. Allg. zur Möglichkeit von Bedingungen und Befristungen im Verwaltungsvertragsrecht BVerwGE 84, 236 (243 f.); Bauer, Anpassungsflexibilität (Fn. 176), S. 282; Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 511; Stober, Verträge (Fn. 44), § 54 Rn. 23 ff.; frühzeitig auch schon Willibalt Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920, S. 195 ff. 186 Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 521. In Betracht kommt auch eine bloße Konkretisierung der Voraussetzungen des § 59 SGB X. 187 BVerwG, NVwZ 1996, S. 174 (174); Schlette, Vertragspartner (Fn. 27), S. 522 f.

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rung bei Bedarf immer noch einvernehmlich ändern oder aufheben.188 Ferner können sie, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind, einseitig eine Anpassung nach § 59 SGB X fordern.189 c) Belehrung Kommt der erwerbsfähige Leistungsberechtigte einer Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung nicht nach, drohen ihm unter anderem Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II. Diese Sanktionen können allerdings nur dann eingreifen, wenn der Leistungsberechtigte vor der Pflichtverletzung über die Rechtsfolgen ordnungsgemäß, insbesondere schriftlich belehrt wurde oder Kenntnis von den drohenden Rechtsfolgen hatte.190 Für die Belehrung oder Kenntnisverschaffung bedarf es selbstverständlich keiner vertraglichen Einigung. Gleichwohl ist es sinnvoll, eine auf die vereinbarten Pflichten bezogene und auf die Rechtsfolgen für die nächsten denkbaren Pflichtverstöße konkretisierte Vertragsklausel in die Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen. Dabei muß die Klausel den für eine Belehrung geltenden Bestimmtheitsanforderungen genügen, also vor allem „konkret, richtig, vollständig und verständlich“ sein.191 Das gilt unabhängig davon, ob sie der Belehrung oder der anderweitigen Kenntnisvermittlung dient, weil das Gesetz Belehrung und Kenntnis alternativ nebeneinander stellt, so daß beide die gleichen „handlungsleitenden Wirkungen“ haben müssen.192 Der Vorteil einer so „ausgehandelten“ Klausel liegt darin, daß sie die Appell- und Warnfunktion der Eingliederungsvereinbarung erhöht und es dem Leistungsberechtigten im Streitfalle nach Treu und Glauben mindestens erschwert, sich auf eine fehlende Kenntnis der Rechtsfolgen während der Pflichtverletzung zu berufen. Wegen der bekannten oder absehbar hohen Anforderungen der Rechtsprechung an Rechtsfolgenbelehrung und -kenntnis193 erscheint es allerdings ratsam, eine hinreichende Belehrung unabhängig von der einschlägigen Passage in der Eingliederungsvereinbarung bei Bedarf regelmäßig oder zumindest vor möglichen Pflichtverletzungen er188 Die jederzeitige einvernehmliche Änderungs- oder Aufhebungsmöglichkeit folgt aus dem Umstand, daß die Parteien die „Herren der Verträge“ sind; dazu allg. Bauer, Anpassungsflexibilität (Fn. 176), S. 284; speziell zur Eingliederungsvereinbarung Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 38 m. w. N. 189 Näheres dazu sogleich in § 12 C.III.1. 190 §§ 31 Abs. 1 Satz 1 und 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 191 Näher dazu schon oben § 10 A.I.1.a)cc)(5). 192 So zutreffend Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 31 Rn. 79. 193 S. dazu noch einmal Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 31 Rn. 72 und 79 ff.; vgl. auch Andy Groth, Neustrukturierung des Sanktionsrechts, in: ders./Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, § 13 Rn. 398 f.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

neut vorzunehmen und das wegen der Nachweispflicht194 des Grundsicherungsträgers auch zu dokumentieren.195 Um unvorhergesehene Entwicklungen auffangen zu können, ist zudem eine belehrungsbezogene Nachverhandlungsklausel zweckmäßig. d) Leistungen an sonstige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Die Vertragsparteien können nach § 15 Abs. 2 SGB II auch vereinbaren, welche Leistungen die Personen erhalten, die mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Das kann allerdings nur für Personen aus der Bedarfsgemeinschaft gelten, die selbst nicht erwerbsfähig sind oder das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet oder die Altersgrenze nach § 7a SGB II bereits überschritten haben. Mit den übrigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist eine eigene Eingliederungsvereinbarung zu schließen.196 Außerdem dürfen die Parteien mit Blick auf die systematische Stellung des § 15 Abs. 2 SGB II auch jetzt nur Eingliederungsleistungen vereinbaren, nicht aber Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Weil der begünstigte Personenkreis nach Maßgabe des SGB II aber noch nicht oder nicht mehr einzugliedern ist, müssen die Leistungen an das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft so ausgerichtet sein, daß sie im Ergebnis der Eingliederung des Leistungsberechtigten dienen. Es wird sich also regelmäßig um Leistungen nach § 16a SGB II handeln.197 Dieses Mitglied ist bei der Aushandlung zu beteiligen.198 Es wird aber nicht selbst Vertragspartei. Die Eingliederungsvereinbarung ist dann ein Vertrag zu Gunsten Dritter.

E. Hinweise zur Gestaltung des Eingliederungs-Verwaltungsaktes Für die inhaltliche Gestaltung des Eingliederungs-Verwaltungsaktes gelten – soweit sie nicht explizit auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung zugeschnitten sind – die gleichen Direktiven wie für die Eingliederungs194

S. dazu nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 31 Rn. 80. Die gegenwärtige Rechtslage stellt solche strengen Anforderungen allerdings nicht; s. dazu unten § 13 A.I.1.a)cc)(1). 196 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 46; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 30; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 19; s. außerdem oben B.I.1. 197 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 47; Spellbrink, SGB II (Fn. 9), § 15 Rn. 19. 198 § 15 Abs. 2 Satz 2 SGB II; näher Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 48; Rauch/Zellner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 9), S. 31. 195

§ 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten

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vereinbarung.199 Die Anwendbarkeit der vorgestellten Direktiven auf die einseitig befehlende Handlungsform ist demnach für jeden einzelnen Fall gesondert zu prüfen. An dieser Stelle ist nur noch auf die beiden wichtigsten Einschränkungen hinzuweisen. Die erste Einschränkung folgt aus dem Umstand, daß der Verwaltungsakt rechtmäßig erst ergehen darf, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen ist,200 und daß die Parteien dann gleichwohl noch verpflichtet sind, eine solche Vereinbarung abzuschließen.201 Der Verwaltungsakt stellt nur eine Übergangslösung dar. Die darin angeordneten Pflichten müssen deshalb so angelegt sein, daß sie den Parteien noch den zeitlichen Freiraum für das Aushandeln und den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung geben und jederzeit einem neuen Eingliederungskonzept aus der Vereinbarung weichen können.202 Eine weitere deutliche Einschränkung liegt darin, daß Leistungen an andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht durch den Verwaltungsakt geregelt werden dürfen.203

§ 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten A. Einleitende Bemerkungen Die Verwaltungsrechtswissenschaft hat der Phase der Vertragsdurchführung bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet.1 Dabei ist die Vertrags199 Allg. zur Flexibilität des Verwaltungsaktes s. nur Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 2), § 36 Rn. 77. 200 § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 201 Eingehend dazu oben § 9 C.I.1.a)cc). 202 Zur vergleichbaren Problemlage im Zusammenhang mit einem Sofortangebot s. o. § 9 C.I.1.c). 203 Das folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II, der nicht auf § 15 Abs. 2 SGB II verweist; ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 1), § 15 Rn. 49 a. E. 1 Exemplarisch für die Lehrbuchliteratur Steffen Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2011, Rn. 821 f., und Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 52, die der Vertragsdurchführung nur wenige Worte widmen; etwas ausführlicher zwar Elke Gurlit, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 33, mit Schwerpunkt aber auf der Regelung des § 60 VwVfG. Exemplarisch für die knappe Abhandlung der Vertragsdurchführung in der übrigen Literatur Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 9 (die Vertragsdurchführung wird für den Vertrag offenbar nicht als „phasenspezifisch“ angesehen) und 565 ff. (7 Seiten mit Schwerpunkt auf § 60 VwVfG); Hans Christian Röhl, Verwaltung durch Vertrag, Typoskript, o. J., S. 309 ff. (4 Seiten); Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 4, VerwArch 95

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

durchführung in der Entwicklung des jeweiligen Rechtsverhältnisses von großer Bedeutung,2 was sich im Eingliederungs-Rechtsverhältnis besonders deutlich zeigt. Haben die Parteien eine Eingliederungsvereinbarung ausgehandelt und abgeschlossen, geht es an deren Umsetzung und damit an nicht weniger als die eigentliche (Wieder-)Eingliederung des Leistungsberechtigten in Arbeit. Nur darauf war die gesamte bisherige Entwicklung angelegt. Nun können und sollen die vorangegangenen Bemühungen um eine paßgenaue und effiziente Eingliederungsvereinbarung erst ihren Ertrag bringen. Wie hoch dieser Ertrag und wie erfolgreich im Anschluß daran der weitere Eingliederungsverlauf ist, hängt allerdings nicht nur von der Paßgenauigkeit und Effizienz des Vereinbarten ab. Mindestens ebenso wichtig ist die vereinbarungsgerechte Umsetzung der ausgehandelten Maßnahmen. Der großen praktischen Bedeutung der Vertragsdurchführung begegnet das Sozialgesetzbuch indessen mit erstaunlicher Zurückhaltung.3 Die Erfüllung der Vertragspflichten und dabei womöglich auftretende Herausforderungen behandelt es nur ansatzweise. Ausdrücklich geschieht das vor allem durch eine kurze Sanktionsregel für Pflichtverletzungen des Leistungsberechtigten,4 und punktuelle Vorschriften zu Anpassung und Kündigung der Vereinbarung in besonderen Fällen sowie zur Vollstreckung.5 Im übrigen begnügt sich das (2004), S. 573 (573 ff., nur mit Blick auf § 60 VwVfG). Ganz anders als die zitierten Nachweise freilich Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 117 ff., und Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 580 ff. Nähere Darstellungen aus älterer Literatur etwa Gerd Beinhardt, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im deutschen und französischen Recht, Teil II, VerwArch 55 (1964), S. 210 (255 ff.); Martin Bullinger, Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, DÖV 1977, S. 812 (812 ff.); KlausDieter Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 92 bis 261; Klaus Obermayer, Leistungsstörungen beim öffentlichrechtlichen Vertrag, BayVBl. 1977, S. 546 (546 ff.); Hans-Jürgen Papier, Die Forderungsverletzung im öffentlichen Recht, 1970, S. 146 ff.; Lothar Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, 1967, S. 71 ff. 2 So auch die Einschätzung bei Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 116 f., und Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 580. Das gilt jedenfalls soweit der geschlossene Vertrag kein Verfügungsvertrag ist, dessen unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung keine weitere Vertragsdurchführung erforderlich macht; s. dazu nur Schlette, a.a.O., S. 580. 3 Zur insoweit ähnlichen Lage im Verwaltungsverfahrensgesetz s. nur Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 580 f.; außerdem Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 117. 4 S. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Zwar kennt das SGB II weitere Vorschriften, die auch bei Vertragsdurchführung zu beachten sind, etwa § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II. Doch gelten diese Vorschriften für die gesamte Eingliederung, so daß sie stets erst der Konkretisierung bedürfen. 5 §§ 59 f. SGB X; s. dazu vorerst nur Klaus Engelmann, in: Matthias von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 7. Aufl. 2010, § 59 und § 60.

§ 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten

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Gesetz mit dem knappen Verweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches.6 Dabei gilt freilich der Vorbehalt, „für jede Einzelnorm zu prüfen, ob sie unverändert auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag mit seinen Besonderheiten übertragen werden kann“7. Damit verbundene Unsicherheiten sind insbesondere wegen der oft längeren Dauer des Eingliederungsverlaufs und der unabdingbaren Zusammenarbeit zwischen den Parteien mißlich. Deshalb ist eine nähere dogmatische Untersuchung auch zur Durchführung der Eingliederungsvereinbarung unerläßlich.

B. Begründung der Durchführungsphase Die Begründung der Durchführungsphase erfolgt mit Abschluß der Eingliederungsvereinbarung. Von nun an ist zuallererst die jeweilige Vereinbarung Grundlage und Maßstab für den weiteren Eingliederungsverlauf und die Eingliederungsmaßnahmen. Der Vertragsschluß bildet also nicht den Endpunkt der Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten. Er setzt vielmehr den Startschuß zur eigentlichen Eingliederung des Leistungsberechtigten auf einvernehmlicher und kooperativer Basis.8

C. Pflichten der Rechtssubjekte Die Pflichten der Rechtssubjekte bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung entsprechen ihrer Struktur nach denen jeder klassischen Vertragsdurchführung9. So haben die Parteien primäre Leistungspflichten aus der Vereinbarung, die der Durchführungsphase ihr besonderes Gepräge geben und deshalb die nachfolgenden Ausführungen eröffnen (I). Flankierend bestehen weitere Verhaltenspflichten, die im Regelfall aus dem eingliederungsrechtlich aufgeladenen Grundsatz von Treu und Glauben folgen und neben den Vertragsparteien auch Dritte binden können. Ihre Untersuchung schließt sich dem Blick auf die Leistungspflichten an (II).

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§ 61 Satz 2 SGB X. So für die entsprechende Rechtslage nach § 62 Satz 2 VwVfG Max-Emanuel Geis, Die Schuldrechtsreform und das Verwaltungsrecht, NVwZ 2002, S. 385 (386); außerdem Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 117; Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 62 Rn. 22; zu § 61 Satz 2 SGB X Engelmann, SGB X (Fn. 5), § 61 Rn. 4. 8 Allg. zur Bedeutung des Vertragsschlusses für den Kontakt zwischen Bürger und Verwaltung Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 580. 9 Zur klassischen Struktur vertraglich geregelter Rechtsverhältnisse s. nur Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl. 1987, S. 6 ff. 7

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

I. Leistungspflichten Als Leistungspflichten gelten im folgenden wie schon in der vorvertraglichen Phase alle Pflichten, die dem Rechtsverhältnis vornehmlich Inhalt und Bedeutung geben und seinen Charakter bestimmen. Sie betreffen also regelmäßig Leistungen, um deren Willen das Rechtsverhältnis überhaupt besteht.10 Leistungspflichten bestehen bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung sowohl für den Leistungsberechtigten (1) als auch für den Grundsicherungsträger (2). 1. Leistungspflichten des Leistungsberechtigten Die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten sind seine in der Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten (a). Darüber hinausgehende Leistungspflichten bestehen im Geltungszeitraum der Vereinbarung nicht (b). a) Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung Die in der Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten des Leistungsberechtigten sind vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung Leistungspflichten, weil sie einen Hauptzweck und ein Wesensmerkmal des Rechtsverhältnisses abbilden. Sie bestimmen, was der Leistungsberechtigte „in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen“ muß11, so daß das Eingliederungs-Rechtsverhältnis in seiner jetzigen Form (auch) um ihretwillen besteht. aa) Entstehung und Inhalt Die Pflicht zur Umsetzung einer vereinbarten Eingliederungsmaßnahme entsteht grundsätzlich mit dem Abschluß der Eingliederungsvereinbarung.12 Dabei hat der Leistungsberechtigte im Zweifel in Person zu leisten, weil seine Eigenverantwortung gestärkt werden soll und er es ist, der alle Möglichkeiten zu seiner Eingliederung ausschöpfen und aktiv an allen Maßnahmen zu seiner Eingliederung in Arbeit mitwirken soll.13 Das ist selbst10 Näher zum Pflichtenkonzept dieser Arbeit s. o. § 8 C.IV., und Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 7. 11 § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. 12 Die Parteien haben es in der Hand, ausdrücklich oder konkludent eine abweichende Regelung zu treffen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ist eine ausdrückliche Regelung jedenfalls vorzugswürdig.

§ 12 Durchführungsphase – Begründung und Pflichten

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verständlich bei Pflichten etwa zur Teilnahme an einem Eignungstest oder einem Vorstellungsgespräch, die schon ihrer Natur nach unvertretbare Handlungen beinhalten. Das Gebot der persönlichen Leistung muß aber auch gelten, wenn es um einen vertretbaren Gegenstand geht, der Leistungsberechtigte also beispielsweise Bewerbungsunterlagen anfertigen oder Stellenanzeigen auswerten muß, weil das Gesetz gerade den Leistungsberechtigten aktivieren und seine Eigenverantwortlichkeit stärken will.14 Davon unabhängig ist die Frage, ob die jeweilige Verpflichtung einen erfolgs- oder einen handlungsbezogenen Charakter hat. Eine Zuordnung ist für die Praxis von Interesse, weil daran sowohl die Pflichterfüllung als auch die Sanktion bei einer Pflichtverletzung15 anknüpfen. Einer einheitlichen Pflichteneinordnung stehen allerdings die Vielfalt möglicher Eingliederungsmaßnahmen des Leistungsberechtigten und die weitreichenden Möglichkeiten ihrer vertraglichen Ausgestaltung entgegen. Soweit sich die Parteien dazu in der Vereinbarung nicht ausdrücklich geäußert haben, sind Charakter und Inhalt der einzelnen Pflicht durch Auslegung zu ermitteln16. Die Abgrenzung von erfolgs- und handlungsbezogenen Pflichten kann, weil ein sicheres Einzelkriterium fehlt, wie bei der Unterscheidung von Dienstund Werkverträgen nur durch eine Gesamtschau auf mehrere typische Merkmale erfolgen.17 So geht es bei einer verhaltensbezogenen Tätigkeit um das Verhalten als solches, bei einer erfolgsbezogenen Tätigkeit um das Resultat des Verhaltens.18 Für eine verhaltensbezogene Pflicht spricht es, wenn der Eintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolges nicht allein von 13 S. nur § 1 Abs. 2 Satz 1 und § 2 Abs. 1 SGB II. Dazu paßt es, daß nach erfolgreicher Eingliederung in Arbeit die Arbeitspflicht regelmäßig auch in eigener Person zu erfüllen ist (§ 613 Satz 1 BGB); s. dazu Hermann Reichold, Pflichten des Arbeitnehmers, in: Reinhard Richardi/Otfried Wlotzke/Hellmut Wißmann/Hartmut Oetker (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 36 Rn. 6; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht II, 15. Aufl. 2010, Rn. 625 f. 14 Mögliche Handicaps des Leistungsberechtigten (z. B. Lese-Rechtschreibschwäche) sind bereits bei Abschluß der Vereinbarung zu berücksichtigen und durch die Einbindung Dritter auszugleichen. 15 S. dazu vorerst nur § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 16 Näher zur Auslegung einer Eingliederungsvereinbarung s. o. § 11 B.II. 17 Zur Lage bei der Abgrenzung von Werk- und Dienstverträgen s. die immer noch aktuellen Überlegungen von Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II Hlbd. 1, 13. Aufl. 1986, S. 310; Reinhard Richardi, Gegenstand und System des Arbeitsrechts, in: ders./Otfried Wlotzke/Hellmut Wißmann/Hartmut Oetker (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 3 Rn. 7 ff.; Hartwig Sprau, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, Einf v § 631 Rn. 8. 18 S. die allg. Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag in: Deutsches Reich, Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. II, Recht der Schuldverhältnisse, 1888, S. 471.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

den Bemühungen des Leistungsberechtigten abhängt, sondern auch von anderen Umständen.19 In dieselbe Richtung geht es, wenn der Umfang der zu leistenden Tätigkeit zeitbestimmt ist.20 Für eine erfolgsbezogene Pflicht streitet dagegen ein festumrissener Leistungsgegenstand.21 Handlungsbezogen ist demnach etwa die Verpflichtung, eine bestimmte Zahl von Bewerbungen durchzuführen oder eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Der Erfolg der Bewerbungen und die Aufnahme einer Arbeit liegen eben nicht allein in der Hand des Leistungsberechtigten, so daß immer nur ein entsprechendes Verhalten geschuldet sein kann. Die Pflicht zur Anfertigung einer Bewerbungsmappe läßt sich dagegen als erfolgsbezogen qualifizieren. Das zeigt, daß es in einer Eingliederungsvereinbarung sowohl erfolgs- als auch handlungsbezogene Pflichten geben kann. Für den Bestand der Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob diese Pflichten in jeder Hinsicht rechtmäßig sind, solange sie nur dem Nichtigkeitsverdikt aus § 58 SGB X entgehen.22 Der Leistungsberechtigte kann die Erfüllung seiner Vertragspflichten nur aus wichtigem Grund23 verweigern, wenn ihm die Erfüllung nach Abschluß der Vereinbarung unzumutbar geworden ist.24 Für alle Umstände aus der Zeit vor oder bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung muß er sich grundsätzlich entgegenhalten lassen, die Vereinbarung trotz dieser Umstände abgeschlossen zu haben. Unter dem Eindruck der Vertragstreue und nach dem 19 Larenz, Schuldrecht II/1 (Fn. 17), S. 310 f.; Dieter Medicus, Schuldrecht II, 11. Aufl. 2003, Rn. 362. 20 Larenz, Schuldrecht II/1 (Fn. 17), S. 311. 21 Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 17), Einf v § 631 Rn. 8; zu weiteren Kriterien s. Richardi, Arbeitsrecht (Fn. 17), § 3 Rn. 7 f. 22 Die sog. schlichte Rechtswidrigkeit der Eingliederungsvereinbarung kann auch keinen wichtigen Grund i. S. d. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II zur Verweigerung der vereinbarten Pflichten darstellen, weil sonst die Regelung des § 58 SGB X unterlaufen würde. Vgl. auch Sofia Davilla, Die Eigenverantwortung im SGB III und SGB II, 2011, S. 144 f.; Ernst-Wilhelm Luthe/Markus A. Timm, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II, SGb 2005, S. 261 (263); Mario Martini/Jan-Erik Schenkel, Die Eingliederungsvereinbarung – ein verfassungswidriger Formenmissbrauch?, VSSR 2010, S. 393 (412 ff.). Allg. zur Unbeachtlichkeit sog. schlichter Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsvertrags für die Verbindlichkeit darin enthaltener Pflichten BVerwGE 89, 7 (10); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 59 Rn. 10; Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags, 1988, S. 212; Engelmann, SGB X (Fn. 5), § 58 Rn. 3; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 407 f. und 636; Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 14 Rn. 37; Utz Schliesky, in: Hans Joachim Knack/Hans-Günter Henneke, VwVfG – Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2010, § 59 Rn. 1; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 538 f. 23 § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II. 24 S. dazu vorerst nur Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 2 f. und 35, zu weitgehend dann aber in Rn. 35b.

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darauf aufbauenden § 58 SGB X können „Verstöße gegen das Angemessenheitsgebot nur auf zurückgezogener Linie festgestellt werden“25. Das gilt auch mit Blick auf die in den Sanktionstatbeständen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II genannten Pflichten zu Anbahnung, Aufnahme oder Fortführung bestimmter Arbeiten, Ausbildungen oder Arbeitsgelegenheiten sowie dem Antritt oder Abbruch von Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit. Zwar spricht das Gesetz dort erneut ein Zumutbarkeitserfordernis aus. Doch greifen die erwähnten Sanktionstatbestände bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung nur ein, soweit die Parteien die Bestimmung der betreffenden Leistungen dem Grundsicherungsträger oder einem Dritten überlassen haben.26 Weil die konkrete Pflichtenbestimmung dann nicht durch Vertragsschluß erfolgt, kann insbesondere der Filter des § 58 SGB X keine Schutzwirkung zu Gunsten des Bürgers entfalten. Das rechtfertigt und erklärt27 die eigenständige Zumutbarkeitsregelung für die in Rede stehenden Fälle der Leistungsbestimmung auch bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung.28 Außerhalb der Fälle einer vertraglich vorgesehenen einseitigen Leistungsbestimmung bleibt es bei der Anwendung von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Ansonsten ginge der Vorschrift ein wesentlicher und wichtiger Teil ihres dem Wortlaut nach eröffneten Anwendungsbereichs wieder verloren, was auch ihrer systematischen Stellung widerspräche. Vor allem aber 25 Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 2, VerwArch 95 (2004), S. 133 (148); s. außerdem Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 56 Rn. 55 ff.; Eckart Hien, Bemerkungen zum städtebaulichen Vertrag, in: Jörg Berkemann (Hrsg.), Planung und Plankontrolle – Otto Schlichter zum 65. Geburtstag, 1995, S. 129 (137); Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2010, § 56 Rn. 14. 26 S. dazu auch Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 31 Rn. 23 und 52. Vgl. ferner BT-Drs. 17/3404, S. 111, und Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 31 Rn. 19. Zur Regelung in § 31 SGB II a. F. vgl. Rixen, SGB II (Fn. 24), § 31 Rn. 15, und Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 31 Rn. 60 und 71. Eigene Bedeutung kann die Zumutbarkeitsregel in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II noch in den hier nicht behandelten Fällen entfalten, in denen keine Eingliederungsvereinbarung sondern ein Sofortangebot i. S. d. § 15a SGB II oder ein Eingliederungs-Verwaltungsakt i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II vorliegt. 27 Ein Schutz des Bürgers ließe sich bei der vertraglich vorgesehenen einseitigen Leistungsbestimmung auch über die Ermessenvorschrift in § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 315 Abs. 1 bzw. § 317 Abs. 1 BGB herleiten. Doch sind die Zumutbarkeitsregeln in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II insoweit spezieller und damit vorrangig anzuwenden. S. dazu auch unten § 13 A. I. 1. a) ff.). 28 Für Umstände, die nach erfolgter Leistungsbestimmung eintreten und die Pflichterfüllung unzumutbar machen, kommt dann wieder die Erfüllungsverweigerung aus wichtigem Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Betracht.

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formuliert sie systemgerecht kein weiteres Zumutbarkeitserfordernis, weil die damit verbundenen Fragen bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung bereits über § 58 SGB X aufgefangen werden.29 bb) Erlöschen Von den Gründen, aus denen eine einzelne Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung erlöschen kann30, kommen zuvorderst die reguläre Erfüllung und ihre Surrogate nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 362 ff. BGB, aber auch das Ende der Eingliederungsvereinbarung vor allem durch Zeitablauf in Betracht. Ferner kann das Erlöschen wegen Unmöglichkeit der Leistung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 BGB eine wichtige Rolle spielen.31 Eine solche Unmöglichkeit tritt bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung im Regelfall schon dann ein, wenn der Leistungsberechtigte seine Leistungspflicht nicht bei Fälligkeit erfüllt hat. Durfte er die Pflicht innerhalb eines Zeitraumes erfüllen, kommt es auf dessen Ende an. Insoweit ist von einer absoluten Fixschuld32 auszugehen. Für die damit einhergehende Entlastung des Leistungsberechtigten von seiner Verpflichtung spricht entscheidend, daß alle nur vorübergehenden Leistungshindernisse die weiteren Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung unberührt lassen. Ist die Vereinbarung aber so gefaßt, daß der Leistungsberechtigte auch in zeitlicher Hinsicht alle zumutbaren Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpft,33 bleibt ihm schon aus tatsächlichen Gründen gar keine zumutbare Gelegenheit zur Nachholung mehr. 29 S. dazu auch § 11 D.II.1.c) und sogleich C.I.1.b); zum Vorrang der Eingliederungsvereinbarung und der damit verbundenen Vorschriften s. o. § 8 C.III.5. 30 Zu den möglichen Erlöschensgründen von Pflichten s. Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, Überbl v § 362 Rn. 3 f.; Joachim Wenzel, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, Vor § 362 Rn. 2 ff. Zur entsprechenden Anwendbarkeit der zugehörigen Vorschriften auf öffentlichrechtliche Schuldverhältnisse Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 441 ff. 31 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 BGB bzw. § 58 Abs. 2 Nr. 1 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB X; zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 275 BGB auf öffentlichrechtliche Verwaltungsverträge s. nur Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 62 Rn. 25, und de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 30), S. 360 ff. 32 Zur absoluten Fixschuld s. Wolfgang Ernst, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 275 Rn. 45 ff.; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 414 und 420. 33 Dazu s. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

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b) Keine weiteren Leistungspflichten Die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten folgen im Geltungsbereich der Eingliederungsvereinbarung ausschließlich aus der Vereinbarung. Das schließt eine einseitige Leistungsbestimmung durch den Grundsicherungsträger oder einen Dritten nicht aus. Doch muß ein entsprechendes Leistungsbestimmungsrecht ausdrücklich in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen worden und die auf dieser Grundlage bestimmte Leistung in der Vereinbarung zumindest angelegt gewesen sein. In diesem Lichte sind auch die § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II besonders genannten Pflichten zu sehen, auf die an dieser Stelle noch einmal34 zurückzukommen ist. Der einschlägige Gesetzeswortlaut ist zunächst zwar etwas offener gehalten, so daß auf den ersten Blick auch eine gesetzlich begründete Verpflichtung denkbar wäre, die der Grundsicherungsträger einseitig konkretisieren könnte.35 Dagegen spricht aber das gesetzliche Konzept um die Eingliederungsvereinbarung.36 Es bedürfte keiner verbindlich und paßgenau ausgehandelten Vereinbarung des weiteren Eingliederungsverlaufs und der zu ergreifenden Maßnahmen mit rechtlicher Gleichordnung der Beteiligten, wenn eine Partei ohne Rücksicht darauf einseitig Maßnahmen verbindlich vorgeben dürfte. Die Eingliederungsvereinbarung als zentrales Steuerungsinstrument der Eingliederung, auf dessen Grundlage die Eingliederung prinzipiell zu erfolgen hat,37 und die damit verbundene Idee der Kooperation zwischen den Beteiligten wären entwertet. Das wird bei den in Rede stehenden Maßnahmen um so deutlicher, als diese Maßnahmen von erheblicher Tragweite und einschneidender Bedeutung für den Eingliederungsverlauf sein können. Dementsprechend kommt den Sanktionsregeln aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung nur eigenständige Bedeutung zu, soweit die Parteien die nähere Be34

S. bereits oben C.I.1.a)aa) a. E. Undeutlich Andy Groth, Neustrukturierung des Sanktionsrechts, in: ders./Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, § 13 Rn. 403; Herold-Tews, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 19. 36 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 31 Rn. 53, mit Blick auf Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit; mißverständlich, aber wohl in dieselbe Richtung BT-Drs. 17/3404, S. 111; s. außerdem oben § 3 B. und § 8 C.III.5. 37 Zur Eingliederungsvereinbarung als zentralem Steuerungsinstrument der Eingliederung des SGB II Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 15 Rn. 1; ders., Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (41); Miriam Hannes, Was gilt bei Eingliederungsvereinbarungen?, SozSich 2007, S. 68 (68); Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (277); Kai-Holmger Kretschmer, „Sozialhilfe“ durch Vertrag, DÖV 2006, S. 893 (893 und 901); Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, §§ 15 Rn. 1 und 15a Rn. 16. 35

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stimmung der genannten Leistungen zwar dem Grundsicherungsträger oder einem Dritten übertragen, die Pflichten in der Vereinbarung aber wenigstens schon angelegt hatten.38 Ebenso können die in § 32 SGB II erwähnten Melde- und Erscheinenspflichten39 innerhalb eines vereinbarungsgemäß geordneten Eingliederungsprozesses im Ergebnis nur nach Maßgabe der Vereinbarung erfolgen.40 Zwar spricht der hinzutretende § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III noch deutlicher für eine davon unabhängige gesetzlich begründete Verpflichtung. § 309 SGB III gilt im Grundsicherungsrecht aber nur entsprechend, so daß es dort für jede Konstellation der gesonderten Feststellung bedarf, ob und wieweit seine Anwendung in Betracht kommt.41 Dabei ist zu berücksichtigen, daß die von einer bestehenden Eingliederungsvereinbarung unabhängige und einseitige Anordnung eingliederungsbezogener Maßnahmen nicht dem kooperativ angelegten gesetzgeberischen Konzept genügt.42

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S. dazu schon oben C.I.1.a)aa) a. E. Etwas undeutlich in diese Richtung wohl auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 31 Rn. 53. War die Verpflichtung des Leistungsberechtigten bereits hinreichend bestimmt in der Eingliederungsvereinbarung benannt, ohne daß es einer konkretisierenden einseitigen Leistungsbestimmung bedurfte, hat § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II vor den Nummern 2 und 3 der Vorschrift den Anwendungsvorrang. 39 Gemeint sind die in § 32 Abs. 1 SGB II angesprochenen Pflichten des Leistungsberechtigten, sich nach Aufforderung durch den zuständigen Träger zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen. 40 Wie hier wohl Blüggel, SGB II (Fn. 41), § 59 Rn. 5 und 8. Anders dagegen Ulrich-Arthur Birk, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 59 Rn. 2, und Katja Meyerhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 59 Rn. 11, die das Problem ohne Rücksicht auf die vertragsrechtlichen Besonderheiten übergehen. 41 So auch Jens Blüggel, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 59 Rn. 5; vgl. auch Herold-Tews, SGB II (Fn. 26), § 59 Rn. 1. Zur ähnlichen Lage in § 62 Satz 2 VwVfG Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 62 Rn. 22; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 62 Rn. 11. Allg. zur entsprechenden Anwendung einer gesetzlichen Regelung Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 202 ff.; Reinhold Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. 2006, S. 64 ff. 42 Anders ist die Lage vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung oder bei Geltung eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes, weil der weitere Eingliederungsverlauf dort gerade (noch) nicht einvernehmlich und paßgenau ausgehandelt und damit abschließend vereinbart wurde. Ebenfalls entsprechend anwendbar ist § 309 SGB III – auch bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung – bei allen nicht auf Eingliederungsmaßnahmen bezogenen Fragen. So etwa mit Blick auf die Feststellung der Grundsicherungsvoraussetzungen nach §§ 7 ff. SGB II; s. dazu auch Blüggel, SGB II (Fn. 41), § 59 Rn. 8.

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2. Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers Die Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers sind seine in der Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten (a) sowie seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II (b). a) Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung Die in der Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten des Grundsicherungsträgers sind vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung Leistungspflichten, weil sie ebenfalls einen Hauptzweck und ein Wesensmerkmal des Rechtsverhältnisses abbilden. Sie bestimmen nämlich, „welche Leistungen“ der Leistungsberechtigte „zur Eingliederung in Arbeit erhält“43, so daß das Eingliederungs-Rechtsverhältnis in seiner jetzigen Form auch um ihretwillen besteht. aa) Entstehung und Inhalt Die Pflicht zur Umsetzung der jeweils vereinbarten Eingliederungsmaßnahme entsteht wie bei dem Leistungsberechtigten grundsätzlich mit dem Abschluß der Eingliederungsvereinbarung.44 Der Grundsicherungsträger muß im Zweifel aber nicht in Person leisten.45 Nach § 14 SGB II ist er es zwar, der den Leistungsberechtigten umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit unterstützt.46 Doch während das Gesetz dabei ausdrücklich die Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit fordert47, ist von einer persönlichen Leistungspflicht keine Rede. Sie wäre den vorgenannten Zielen auch nicht förderlich, weil der Rückgriff auf Dritte oft einen Zuwachs an Fachkompetenz und Einsparungsmöglichkeiten verspricht, also mehr Effizienz und Leistungsfähigkeit bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu Gunsten des Bürgers.48 Folgerichtig erlaubt auch § 6 43

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Die Parteien können ausdrücklich oder konkludent eine abweichende Regelung treffen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit ist eine ausdrückliche Regelung jedenfalls vorzugswürdig. 45 Anders, allerdings nur mit Blick auf den öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag im allg., Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 583, nach dem „das Regel-Ausnahmeverhältnis eher ein umgekehrtes“ sein soll. Auch hier können die Parteien selbstverständlich etwas abweichendes vereinbaren. 46 § 14 Satz 1 SGB II. 47 § 14 Satz 3 SGB II. 48 Zu den freilich nicht unbestrittenen Vorzügen der Einbindung Dritter in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch mit Blick auf ordnungspolitische Erwägungen 44

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SGB II die Einbindung Dritter in die Aufgabenwahrnehmung der Grundsicherungsträger.49 § 17 SGB II gebietet sie sogar, soweit dem Grundsicherungsträger eigene Kapazitäten fehlen und „geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können“.50 Gegen eine prinzipielle persönliche Leistungspflicht spricht schließlich noch, daß der Leistungsberechtigte den Grundsicherungsträger nicht nach dessen Fähigkeiten ausgesucht und deshalb zu seinem Vertragspartner gemacht hat51, sondern weil er die Eingliederungsvereinbarung nur mit ihm abschließen kann und muß. Schaltet der Grundsicherungsträger berechtigterweise einen Dritten zur Leistung ein, muß er jedoch deren ordnungsgemäße Erbringung sicherstellen. Er muß den Dritten im Regelfalle also entsprechend beobachten, kontrollieren und im Bedarfsfalle auf ihn einwirken oder doch noch selbst in die Pflicht gehen.52 Ausnahmsweise kann die Einbindung Dritter allerdings aus Kompetenzgründen entfallen, wenn der Grundsicherungsträger eine hoheitliche Maßnahme, insbesondere den Erlaß eines Verwaltungsaktes versprochen hat.53 Hartmut Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54 (1995), S. 243 (256 f.); ders., Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 44; Friedrich Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, S. 962 (966 f.); ders., Public Private Partnership, in: Hans-Uwe Erichsen (Hrsg.), Kommunale Verwaltung im Wandel, 1999, S. 101 (104 f.); Helmuth Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabewahrnehmung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 12 Rn. 93; Andreas Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 1 Rn. 59. 49 § 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II; näher Johannes Münder, in: ders. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 6 Rn. 11 f.; Rixen, SGB II (Fn. 24), § 6 Rn. 14 ff. 50 § 17 Abs. 1 Satz 1 SGB II; näher Rixen, SGB II (Fn. 24), § 17 Rn. 2 ff. 51 Anderenfalls wäre zumindest mit Blick auf verhaltensbezogene Pflichten eine persönliche Leistungspflicht naheliegend; allg. zu diesem Wertungshintergrund, auf den auch § 613 Satz 1 BGB Bezug nimmt, Medicus/Lorenz, Schuldrecht II (Fn. 13), Rn. 625 f., und auch Larenz, Schuldrecht II/1 (Fn. 17), S. 315. 52 Zur Gewährleistungspflicht des Grundsicherungsträgers, freilich aus allgemeinerer Sicht, Münder, Sozialgesetzbuch II (Fn. 49), § 17 Rn. 21. Allg. zur Gewährleistungspflicht bei Einschaltung Dritter in vertragliche Leistungen Wolfgang Blomeyer, Arbeitspflicht und Nebenpflichten des Arbeitnehmers, in: Reinhard Richardi/ Otfried Wlotzke, (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, § 48 Rn. 15 f. Zur fortbestehenden Verwaltungsverantwortung bei einer Aufgabenübertragung grundlegend Bauer, Privatisierung (Fn. 48), S. 277 ff.; s. auch Schulze-Fielitz, Aufgabewahrnehmung (Fn. 48), § 12 Rn. 120; Voßkuhle, Verwaltungsrechtswissenschaft (Fn. 48), § 1 Rn. 61. 53 So allg. auch Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 583, dessen daraus folgende Einschätzung, daß die Einbindung Dritter in die Erfüllung öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge grds. einen Ausnahmefall darstellt, jedenfalls für die Eingliederungsvereinbarung nicht gerechtfertigt ist.

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Ob die jeweilige Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers einen erfolgs- oder einen handlungsbezogenen Charakter hat, ist wie bei den Leistungspflichten des Leistungsberechtigten abhängig vom Einzelfall, und bedeutsam namentlich für die Frage der vollständigen Erfüllung der jeweiligen Verpflichtung. Die Vielfalt möglicher Eingliederungsleistungen und die oft weitreichenden Möglichkeiten ihrer vertraglichen Ausgestaltung gestatten dazu keine generalisierende Aussage. Fehlt eine ausdrückliche Bestimmung in der Vereinbarung, sind Charakter und Inhalt der jeweiligen Verpflichtung wieder durch Auslegung54 und anhand typanzeigender Abgrenzungskriterien zu ermitteln. Für einen Handlungsbezug spricht demnach der Umstand, daß es bei der geschuldeten Leistung in erster Linie um ein Verhalten und weniger um das Resultat dieses Verhaltens geht,55 ferner daß der unmittelbar bezweckte Leistungserfolg nicht nur von den Bemühungen des Grundsicherungsträgers abhängig ist,56 und daß der Leistungsumfang abhängig von der Zeit ist57. Indiz für einen Erfolgsbezug ist dagegen ein hochdetailliert umrissener Leistungsgegenstand.58 Handlungsbezogen ist demnach die Verpflichtung, mit dem Leistungsberechtigten ein Bewerbungstraining durchzuführen. Erfolgsbezug hat die Pflicht, ihm einen Zugang zur hauseigenen elektronischen Jobbörse zu schalten. Also kann auch der Grundsicherungsträger aus der Eingliederungsvereinbarung erfolgs- und handlungsbezogene Pflichten zugleich haben. Für den Bestand der einzelnen Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob die Eingliederungsvereinbarung in jeder Hinsicht rechtmäßig ist. Eine Ausnahme gilt für die die Fälle, in denen die Nichtigkeitsvorschrift aus § 58 SGB X eingreift.59 Weitere Ausnahmen, wie sie es für bestimmte Leistungspflichten des Leistungsberechtigten gibt, bestehen nicht. bb) Erlöschen Die einzelnen Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers können vor allem durch die reguläre Erfüllung und deren Surrogate nach § 61 Satz 2 54

Näher zur Auslegung einer Eingliederungsvereinbarung s. o. § 11 B.II. Allg. zu diesem Abgrenzungskriterium Motive (Fn. 18), S. 471. 56 Dazu allg. Larenz, Schuldrecht II/1 (Fn. 17), S. 310 f.; Medicus, Schuldrecht II (Fn. 19), Rn. 362. 57 Dazu allg. Larenz, Schuldrecht II/1 (Fn. 17), S. 311. 58 Dazu allg. Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 17), Einf v § 631 Rn. 8; zu weiteren Kriterien s. Richardi, Arbeitsrecht (Fn. 17), § 3 Rn. 7 f. 59 Zur Unbeachtlichkeit der sog. schlichten Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsvertrags für die Verbindlichkeit darin enthaltener Pflichten BVerwGE 89, 7 (10) und die weiteren in Fn. 22 genannten Nachweise. 55

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SGB X i. V. m. §§ 362 ff. BGB sowie mit dem Ende der Eingliederungsvereinbarung durch Fristablauf erlöschen. Soweit der Grundsicherungsträger nicht in Person zu leisten hat, darf nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 267 BGB auch ein Dritter die Leistung bewirken.60 Bedeutsam werden kann außerdem das Erlöschen der Pflicht des Grundsicherungsträgers wegen Unmöglichkeit der Leistung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 BGB.61 Wie bei den Pflichten des Leistungsberechtigten ist das prinzipiell schon dann anzunehmen, wenn der Grundsicherungsträger seine Pflichten zum Fälligkeitszeitpunkt oder bis zum Ende eines Fälligkeitszeitraumes nicht erfüllt. Insoweit ist ebenfalls von einer absoluten Fixschuld62 auszugehen. Zwar wird diese Annahme regelmäßig nicht schon daraus folgen, daß der Grundsicherungsträger durch seine weiteren, mittlerweile fälligen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet ist und eine Nachholung der versäumten neben den nun regulär fälligen Leistungen deshalb aus tatsächlichen Gründen ausscheidet.63 Üblicherweise sind die Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers und des Leistungsberechtigten aber so miteinander verzahnt, daß einer seine Leistungen nicht oder nicht sinnvoll ohne die Leistungen des anderen erbringen kann.64 Versäumt der Grundsicherungsträger dann die Erfüllung seiner fälligen Leistungspflicht, kann der Leistungsberechtigte seine damit verbundene Leistungspflicht ebenfalls nicht erbringen. Soweit dem Leistungsberechtigten aber eine Nachholung der geschuldeten Leistung unmöglich ist, muß das dann auch für die verbundene Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers gelten, weil der angestrebte Leistungserfolg nun nicht mehr eintreten kann65. 60 Zu den möglichen Erlöschensgründen von Pflichten s. die Nachweise in Fn. 30. Zur entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 362 ff. BGB auf öffentlichrechtliche Schuldverhältnisse s. de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 30), S. 441 ff. 61 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 BGB bzw. § 58 Abs. 2 Nr. 1 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB X; zur entsprechenden Anwendbarkeit des § 275 BGB auf öffentlichrechtliche Verwaltungsverträge de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 30), S. 360 ff. und die übrigen Nachweise in Fn. 31. 62 Zur absoluten Fixschuld s. Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 32), § 275 Rn. 45 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 32), Rn. 414 und 420. 63 Anders liegen die Dinge in der entsprechenden Situation für den Leistungsberechtigten. Ist die Eingliederungsvereinbarung nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II so gefaßt, daß der Leistungsberechtigte (auch) in zeitlicher Hinsicht alle zumutbaren Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpft (vgl. nur Spellbrink, SGB II [Fn. 37], § 2 Rn. 4 ff.), bleibt ihm schon aus tatsächlichen Gründen keine Gelegenheit zur Nachholung mehr. 64 S. dazu die knappen Stellungnahmen etwa bei Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 15 Rn. 23, und Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 15 Rn. 51, 53 f. und 58. Eingehender zu dieser Thematik und mit weiteren Nachweisen s. o. § 11 D.II.1.c).

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b) Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II Die Zahlung des Arbeitslosengeldes II ist auch in der Durchführungsphase der Eingliederungsvereinbarung eine Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers. Sie prägt den Charakter dieser Phase aus mehreren Gründen entscheidend mit: Indem das Arbeitslosengeld II dem Leistungsberechtigten den Lebensunterhalt sichert,66 ermöglicht es ihm überhaupt erst die ungestörte und ordnungsgemäße Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten sowie die umfassende Wahrnehmung der Eingliederungsleistungen des Grundsicherungsträgers. Ein zwar mittelbarer, aber unentbehrlicher Eingliederungsbeitrag. Bleibt die Zahlung aus, muß der Leistungsberechtigte seine Vertragspflichten unter Umständen nicht erfüllen.67 Umgekehrt entfällt die Zahlungspflicht auf ganz spezifische Weise, wenn der Leistungsberechtigte die Erfüllung der vereinbarten Pflichten verweigert.68 Damit läßt sich die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers als (Haupt)Leistungspflicht im vertraglich geprägten Eingliederungs-Rechtsverhältnis einordnen, auch wenn sich ihre rechtliche Grundlage noch immer in § 19 SGB II findet.69 Unabhängig davon bleibt die Zahlung bis zum Wegfall der allgemeinen Leistungsvoraussetzungen70 grundsätzlich auf monatlich wiederkehrende Einzelleistungen gerichtet.71 Die einzelnen Leistungen sollen jeweils im Voraus erbracht werden,72 sind also zum ersten Tag jeden Monats fällig.73 Der Umfang der Gesamtleistung ist nach wie vor abhän65 Zur Unmöglichkeit wegen Ausschluß des angestrebten Leistungserfolges s. nur Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 32), Rn. 414. 66 Die Sicherung des Lebensunterhalts erfolgt für erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 19 SGB II grundsätzlich durch Zahlung von Arbeitslosengeld II; s. dazu nur Anne Lenze/Frank Brünner, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Vor §§ 19 ff. Rn. 1 ff. 67 Darauf wird zurückzukommen sein. 68 S. dazu vorerst nur § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 69 Für die dogmatische Einbindung gesetzlich begründeter Pflichten in das vertragliche Rechtsverhältnis, soweit damit eine hinreichende Verknüpfung besteht, auch Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 119 f.; Dieter Medicus/Jens Petersen, Bürgerliches Recht, 19. Aufl. 2002, Rn. 203; vgl. ferner Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 242 Rn. 127; jeweils mit Blick auf die weiteren Verhaltenspflichten der Vertragsparteien. Dagegen insbes. Claus-Wilhelm Canaris, Ansprüche wegen „positiver Vertragsverletzung“ und „Schutzwirkung für Dritte“ bei nichtigen Verträgen, JZ 1965, S. 475 (478 ff.); Ernst A. Kramer, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, Einl. Rn. 83. 70 §§ 7 ff. SGB II. 71 §§ 41 Abs. 1 Satz 4 und 20 Abs. 2 SGB II. 72 § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II.

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gig von der Länge der Zeit, während der die Leistungsvoraussetzungen bestehen. Die Verpflichtung in ihrer Gesamtheit erlischt durch die Einzelleistungen folglich immer nur teilweise. II. Weitere Verhaltenspflichten Die weiteren Verhaltenspflichten bei der Vertragsdurchführung haben nur teilweise Ähnlichkeit mit denen des vorvertraglichen Stadiums.74 Das folgt aus ihrer Bindung an die jeweiligen Zwecke des Rechtsverhältnisses, die bestehenden Leistungspflichten und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens. Während sie im vorvertraglichen Stadium in erster Linie am Abschluß der Eingliederungsvereinbarung orientiert waren, stehen sie nun im Zusammenhang mit der Erfüllung der vereinbarten Pflichten. Auch jetzt ist der Pflichteninhalt im Detail oft situationsabhängig, doch läßt sich verallgemeinernd wieder zwischen leistungsbezogenen (1) und nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (2) unterscheiden. Schließlich können erneut Dritte als Träger weiterer Verhaltenspflichten auftreten (3). 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der Parteien Die leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten der Parteien folgen soweit keine besondere gesetzliche Regelung eingreift unmittelbar aus der Eingliederungsvereinbarung.75 Sie sind der Vereinbarung im Regelfall durch Auslegung nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte sowie die Umstände des Einzelfalles zu entnehmen.76 Außerdem sind die Wertungen aus den Generalklauseln der § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Satz 1 SGB II (Prinzip des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes) zu beachten. Maßgebend sind demnach die Stellung der Beteiligten im Rechtsverhältnis, 73

So auch Dietrich Hengelhaupt, in: Karl Hauck/Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand 11/2006, § 41 Rn. 35; a. A. Wolfgang Eicher, in: ders./Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 41 Rn. 11. 74 S. nur Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 22 Rn. 1 ff. 75 Allg. zu den Grundlagen ergänzender Pflichtmomente Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtslehre im Umbruch?, DV 25 (1992), S. 301 (321 f.); Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 2 und 19; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 23; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 9 f. und 138 ff.; Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 47 Rn. 12; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 30), S. 276 ff. 76 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 45; andeutungsweise auch Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 141. Näher zur Auslegung einer Eingliederungsvereinbarung s. o. § 11 B.II.

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der Inhalt der vereinbarten Leistungspflichten, Art und Umfang der jeweiligen Zusammenarbeit und das Ausmaß, in dem eine Partei auf die Fähigkeiten und die Loyalität der anderen angewiesen ist.77 Die Grenze bilden in erster Linie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Geheimnisschutz und das allgemeine Persönlichkeitsrecht.78 Daher müssen die Parteien neben der Erfüllung ihrer Leistungspflichten ein insgesamt leistungstreues Verhalten zeigen, um den bezweckten Eingliederungserfolg oder den Leistungseintritt nicht zu gefährden oder zu beeinträchtigen.79 Die wichtigsten daraus folgenden (Leistungstreue-)Pflichten lassen sich in folgenden Fallgruppen erfassen: Verbot der Erfüllungsverweigerung (a), Vorbereitungs- und Herbeiführungspflichten (b), Sicherungs- (c), Informations- (d), Rücksichtsund Mitwirkungspflichten (e).80 Eine abschließende Aufzählung ist damit wegen der Vielfalt möglicher Eingliederungslagen selbstverständlich nicht verbunden. a) Verbot der Erfüllungsverweigerung Eine besonders wichtige Leistungstreuepflicht ist die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers, vor allem aber des Leistungsberechtigten, die Erfüllung der Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht zu verweigern.81 Zwar ist jede dieser Leistungspflichten schon aus sich heraus zu erfüllen, was ihre Verweigerung an und für sich bereits ausschließt. Doch begründet die Nichterfüllung einer Leistungspflicht durch die Verweigerung eine besondere Treuwidrigkeit. Sie zeitigt besondere Rechtsfolgen und rechtfertigt deshalb eine besondere Pflichtenstellung. Darauf wird zurückzukommen sein.

77 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 19; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 23 ff.; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 126 f., 138 ff.; s. auch Bauer, Verwaltungsrechtslehre (Fn. 75), S. 322. 78 Allg. zu diesen Grenzpunkten Heribert Schmitz, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 9 Rn. 37; ferner BVerfGE 61, 82 (109 ff.); 69, 1 (46); 84, 192 (192). 79 So allg. für leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 9 ff. S. auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 2; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 27; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 67. 80 Eine einheitliche und allg. anerkannte Terminologie und Klassifizierung der leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten hat sich bislang nicht herausgebildet; s. nur Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 27. 81 Zur Einschätzung im zivilen Vertragsrecht Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 7.

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b) Vorbereitungs- und Herbeiführungspflichten Die Vorbereitungs- und Herbeiführungspflichten fordern von den Parteien ein sorgfältiges und sachgemäßes Verhalten im Zusammenhang mit der Leistungshandlung, weil nur dann die Gewähr für eine „richtige“ Leistung besteht.82 So muß der Leistungsberechtigte bei einer vereinbarungsgemäß anberaumten Bewerbung beispielsweise pünktlich zum Bewerbungsgespräch erscheinen und angemessen auftreten. Der Grundsicherungsträger muß für eine vereinbarte Trainingsmaßnahme geeignetes Personal bereitstellen und das Personal regelmäßig kontrollieren. c) Sicherungspflichten Die Parteien dürfen den mit ihrer Leistung gewonnenen Eingliederungsfortschritt auch im Nachhinein nicht gefährden, geschweige denn ihn aufheben oder schmälern. Dafür treffen sie entsprechende Sicherungspflichten83. Gegen diese Sicherungspflichten verstößt der Leistungsberechtigte etwa dann, wenn er unmittelbar nach einem positiv verlaufenen Vorstellungsgespräch bei dem potentiellen Arbeitgeber durch Alkoholgenuß84 negativ auffällt oder von dem Arbeitgeber noch erbetene Unterlagen nicht nachreicht. Der Grundsicherungsträger hingegen darf sich gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber beispielsweise nicht ohne Grund in einer Art und Weise über den Leistungsberechtigten äußern, die seine bisher erfolgversprechenden Eingliederungsmaßnahmen in Frage stellt.85 Außerdem können Sicherungs82 Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 28 und 30; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 10 Fn. 5; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 72 f. Diese Pflichtengruppe ist im Vertragsrecht allg. anerkannt. Anders etwa Ernst Wolf, Rücktritt, Vertretenmüssen und Verschulden, AcP 153 (1954), S. 97 (112), der ihr eine selbständige Bedeutung abspricht. 83 Allg. zu den Sicherungspflichten einer Vertragspartei RGZ 116, 330 (338); BGHZ 61, 176 (179); Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 29; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 77 f.; vgl. auch Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 32), § 280 Rn. 91. 84 Das kann bis zum absoluten Alkoholverbot führen. Zur Brisanz des Alkoholgenusses und entsprechenden Genußverboten in arbeitsrechtlichen Verhältnissen BAG NJW 1995, S. 1851 (1852); Reinhard Künzl, Alkohol im Betrieb, BB 1993, S. 1581 (1586); Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 49 Rn. 21. 85 Zu denken ist etwa an einen Hinweis auf die Schwangerschaft einer Leistungsberechtigten, soweit die Leistungsberechtigte dem potentiellen Arbeitgeber selbst nicht zur Anzeige verpflichtet wäre. Zur Pflicht der Anzeige einer Schwangerschaft bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz Herbert Buchner, Personalplanung und Personalauswahl, in: Reinhard Richardi/Otfried Wlotzke/Hellmut Wißmann/Hartmut Oetker (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 30 Rn. 292 ff.

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pflichten vor allem vom Grundsicherungsträger eine Überwachung, Untersuchung, Erörterung, Anhörung, Bescheinigung oder Zeugniserteilung fordern. d) Informationspflichten Die Informationspflichten der Beteiligten sind wie schon in der vorvertraglichen Phase auf Hinweis, Aufklärung und Beratung des anderen Teils angelegt. Nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung dienen sie allerdings der Vertragsdurchführung, wo sie wieder in großer Vielfalt auftreten können.86 Für Inhalt und Ausmaß der einzelnen Informationspflicht kommt es weiterhin auf den Informationsbedarf sowie die Informationsmöglichkeiten und die jeweilige Stellung der Beteiligten im Rechtsverhältnis an,87 nunmehr freilich nach Maßgabe der Eingliederungsvereinbarung. Soweit der Grundsicherungsträger zu Beratung und Auskunft verpflichtet ist, finden diese Pflichten zumindest dem Grunde nach auch in den §§ 14 und 15 SGB I eine gesetzliche Absicherung. Für den Leistungsberechtigten bestehen solche gesetzlichen Regelungen nicht. Sie sind insbesondere nicht in § 60 SGB I zu finden, der auf vertragliche Konstellationen nicht zugeschnitten ist.88 Im einzelnen muß der Grundsicherungsträger zum Beispiel auf rechtliche Bedenken gegen die Art und Weise der Umsetzung bestimmter Eingliederungsmaßnahmen hinweisen,89 um Verstöße des Leistungsberechtigten gegen die Eingliederungsvereinbarung oder gegen gesetzliche Vorschriften zu vermeiden. Weiß der Grundsicherungsträger um die Unzuverlässigkeit potentieller Arbeitgeber des Leistungsberechtigten, muß er darauf ebenfalls aufmerksam machen.90 Umgekehrt trifft den Leistungsberechtigten beispielsweise eine Anzeigepflicht, wenn sich Erfüllungsgehilfen des Grundsicherungsträgers – etwa eine private Fortbildungseinrichtung – als 86 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 21. Bei der Vertragsdurchführung haben die Informationspflichten gleichwohl oft keine so große Bedeutung mehr wie in der vorvertraglichen Phase, die ganz wesentlich auf Informationsaustausch angelegt ist; s. nur Emmerich, a. a. O., § 7 Rn. 7. 87 S. dazu die allerdings auf das vorvertragliche Rechtsverhältnis zugeschnittenen Ausführungen bei Stephan Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten bei Vertragsschluß, 1989, S. 52 und 61 ff.; zur entsprechenden Anwendbarkeit der genannten Kriterien auf Informationspflichten bei der Vertragsdurchführung Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 21 Rn. 22. 88 S. dazu noch einmal die Erwägungen zu den Informationspflichten des Leistungsberechtigten in der Phase vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung unter § 9 C.II.1.b)aa). 89 Strukturell vergleichbar BGHZ 61, 118 (119, 123) am Beispiel eines Werbeaktionsvertrages. 90 Strukturell vergleichbar BGH WM 1967, 97 (98) am Beispiel eines Maklervertrages.

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fachlich oder persönlich unzuverlässig erweisen oder ein anderer Leistungsberechtigter durch Fehlverhalten gemeinsame Eingliederungsmaßnahmen gefährdet.91 Ganz allgemein sind bestehende oder vorhersehbare Leistungshindernisse mit ihrer Entdeckung von jedem Teil unverzüglich und ungefragt anzuzeigen, um stets die bestmögliche Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung zu gewährleisten.92 e) Rücksichts- und Mitwirkungspflichten Zu einem leistungskonformen Verhalten gehört es außerdem, auf die Leistungshandlungen der jeweils anderen Partei Rücksicht zu nehmen, ihr insbesondere die Erfüllung ihrer Leistungspflichten nicht zu erschweren.93 Noch weitergehend können sich für die Beteiligten sogar Pflichten zur Mitwirkung an den Eingliederungsmaßnahmen des anderen Teils ergeben.94 Für diese Pflichten kommt es darauf an, ob der eine Vertragspartner die von ihm vertraglich geschuldete Eingliederungsmaßnahme noch sinnvoll ohne die Mitwirkung des anderen Vertragspartners erbringen kann. Ist das nicht der Fall, kann sich die ohnehin bestehende Rücksichtnahmepflicht zu einer echten Mitwirkungspflicht verdichten.95 So muß der Leistungsberechtigte beispielsweise aktiv an einem Eignungstest mitwirken, soweit das nicht schon 91

Zu entsprechenden Informationspflichten im Arbeitsrecht Rudi Müller-Glöge, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 4, 5. Aufl. 2009, § 611 Rn. 1082; vgl. auch BAG NZA 1996, S. 135 (136 f.). 92 Dabei ist wegen des Rechtsgedankens hinter der umfassenden Mitwirkungsund Unterstützungspflicht nach §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 14 Satz 1 SGB II unmaßgeblich, ob das erkannte Leistungshindernis aus der jeweils eigenen Sphäre oder von außerhalb kommt. Für die in den Folgen insoweit vergleichbaren Lage im Arbeitsrecht BAG NZA 1996, S. 135 (136 f.); Alfons Kraft, in: Hans-Theodor Soergel (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 4/1, 12. Aufl. 1998, § 611 Rn. 145; MüllerGlöge, Münchener Kommentar (Fn. 91), § 611 Rn. 1075; Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 49 Rn. 8 f. 93 Die Wertung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 verdeutlicht das. Näher zu dieser Fallgruppe außerhalb der Eingliederung von Arbeitsuchenden BGHZ 136, 295 (298); Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 31; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 81 f. 94 Zur Maßgeblichkeit der vertraglichen Regelung Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 23; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 401; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 30), S. 276; wohl auch Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 47 Rn. 12 f. Zur Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung mit Blick auch auf Mitwirkungspflichten s. o. § 11 D.II.1.c). 95 Die Generalklauseln in § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 14 Satz 1 SGB II unterstreichen dieses Erfordernis besonders deutlich. Allg. dazu Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 38; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 64 f.

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Teil seiner Leistungspflichten ist. Der Grundsicherungsträger muß dem Leistungsberechtigten einen gültigen Zugang zu seinem Recherchenetzwerk verschaffen, wenn der Leistungsberechtigte darüber nach potentiellen Arbeitgebern suchen soll. Die Parteien müssen mit anderen Worten gemeinsam die Voraussetzungen für die Durchführung der Vereinbarung schaffen und mögliche Erfüllungshindernisse beseitigen. Doch ist stets darauf zu achten, daß die Annahme der Mitwirkungspflicht einer Partei nicht die Verantwortlichkeit der anderen Partei für ihre Leistungspflicht auflöst.96 2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten der Parteien Neben den bisher behandelten weiteren Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug haben die Parteien aus der Eingliederungsvereinbarung heraus auch nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten (Schutzpflichten). Sie sollen dem anderen Teil den personen- und vermögensrechtlichen Status erhalten, der ihm ohne Rücksicht auf sein Leitungsinteresse zu eigen ist, schützen mit anderen Worten das Integritätsinteresse.97 Mehr noch als in der vorvertraglichen Phase können diese Pflichten jetzt durch die regelmäßig hohe Intensität der vertraglich bestimmten Eingliederungskooperation schwerer wiegen als das bei Dauerschuldverhältnissen gewöhnlich der Fall ist.98 Treffen die Parteien anläßlich vereinbarter Eingliederungsmaßnahmen bestimmungsgemäß mit Dritten zusammen, muß die Schutzpflicht zudem für diese Dritten gelten.99 Soweit entsprechender Kontakt besteht, hat etwa der Leistungsberechtigte auch Eigentum und Gesundheit der Leute des 96 Darauf weist völlig zu Recht Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 38 hin; ohne diese Einschränkung dagegen zu weit gehend Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 32; undeutlich auch Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 61 f. 97 So auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 24 ff., vgl. ferner § 7 Rn. 1 ff.; Kramer, Münchener Kommentar (Fn. 69), Einl. Rn. 80; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 10; Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 90; weitergehend Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 242 Rn. 24 und 35. 98 Zur ähnlichen Lage im Arbeitsrecht Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 93. 99 Zu der durch vergleichbare Einwirkungsmöglichkeiten gekennzeichneten Situation im Arbeitsrecht Roth, Münchener Kommentar (Fn. 69), § 241 Rn. 96; vgl. auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, S. 633 (634) (Rauchbelästigung der Mitglieder einer Flugreisegruppe). Ob die Schutzpflicht dann auch mit einem entsprechenden Schutzrecht des Dritten oder nur des Vertragspartners korrespondiert ist abhängig vom Einzelfall und beurteilt sich nach dem Konzept vom Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte; näher zu diesem Konzept Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 32), Rn. 817 ff. Für den Bereich des Arbeitsrechts im Grundsatz wohl ablehnend Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 49 Rn. 42 (Mobbing).

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Grundsicherungsträgers zu achten. Selbst die Rechtsgüter anderer Leistungsberechtigter können in den Schutzbereich fallen, wenn sie zum Beispiel im Rahmen einer gemeinsamen Eingliederungsmaßnahme mit dem Leistungsberechtigten zu tun haben.100 3. Weitere Verhaltenspflichten von Dritten In der Durchführungsphase des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses können ausnahmsweise auch Dritte weitere Verhaltenspflichten haben, wenn sie als Sachwalter einer Partei in besonderem Maße für sich besonderes Vertrauen in Anspruch genommen haben. Darüber hinaus muß die andere Partei sich nur wegen der Beteiligung dieser Dritten – etwa eines bestimmten Eingliederungsdienstleisters – an der Vertragsdurchführung auf die konkrete Vereinbarung eingelassen haben.101 III. Pflichten in besonderen Fällen Bislang unerwähnt geblieben sind Pflichten, die nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung eine Sonderstellung einnehmen, weil sie nicht der Durchführung der bis dahin geltenden Vereinbarung dienen und auch nicht dem Schutz der außervertraglichen Rechtsgüter des Vertragspartners. Sie sind vielmehr auf die Anpassung der bestehenden Eingliederungsvereinbarung an geänderte Verhältnisse (1) oder sogar auf den Abschluß einer neuen Vereinbarung (2) angelegt oder stehen damit in unmittelbarem Zusammenhang. 1. Pflichten zur Anpassung der Eingliederungsvereinbarung Nach Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung sind die Parteien grundsätzlich an deren Inhalt gebunden. Eine Änderung kann im Geltungszeitraum der Vereinbarung102 nur durch eine weitere Vereinbarung103 erfol100

Zur Lage im Arbeitsrecht Reichold, Pflichten (Fn. 13), § 49 Rn. 21 ff. (Rauchen), 39 f. (sexuelle Belästigung), 41 ff. (Mobbing). 101 Dazu allg. BGHZ 70, 337 (343 ff.); Canaris, Ansprüche (Fn. 69), S. 480; Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 22 Rn. 27. 102 Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II). 103 Zur Aufhebung von Vertragsbindungen durch einen Aufhebungsvertrag (actus contrarius) vgl. zunächst § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 1 BGB. S. außerdem Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 (284); Uwe Kaminski, Die Kündi-

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gen, soweit die Parteien keine abweichende Regelung getroffen haben. Dieser Änderungsvertrag ist im Normalfall allerdings nicht erzwingbar. Anderweitige Bestimmungen in der Eingliederungsvereinbarung oder Ansprüche aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung können freilich Ausnahmen begründen. Unabhängig davon kann sich auch bei Änderungen im Umfeld der Vereinbarung ein Bedürfnis nach Anpassung der Vereinbarung ergeben. a) Anpassung nach § 59 SGB X § 59 SGB X nimmt dieses Bedürfnis auf und begründet eine weitere Pflicht zur Vertragsanpassung unter anderem dann, wenn sich die Verhältnisse, die für den Inhalt eines Vertrages maßgebend waren, seit Abschluß der Vereinbarung so wesentlich geändert haben, daß einer Partei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht mehr zumutbar ist.104 Spezielle gesetzliche Regeln haben allerdings Vorrang vor dem sehr allgemein gehaltenen § 59 SGB X. Zu denken ist insbesondere an die Anfechtungsregeln nach den § 61 Satz 1 SGB X i. V. m. §§ 119 ff. BGB oder die Bestimmungen zu den Leistungsstörungen.105 gung von Verwaltungsverträgen, 2005, S. 82 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 610; außerdem Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl. 1992, S. 607 ff.; Karl Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, S. 548 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 32), Rn. 556 ff. 104 § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zur dogmatischen Grundlage des § 59 SGB X/ § 60 VwVfG einerseits etwa Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 1; Efstratiou, Bestandskraft (Fn. 22), S. 303 ff., und Ralf Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz, 1991, S. 74 ff. und 159 ff. (jeweils für das Institut der „clausula rebus sic stantibus“); andererseits etwa Michael Fehling, in: ders./Berthold Kastner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 60 Rn. 1, Sigurd Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht, 1982, S. 9 ff.; Dieter Lorenz, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, DVBl. 1997, S. 865 (865), und Rolf Stober, Verwaltungsrechtliche Verträge, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 68 (jeweils für das Institut vom „Wegfall der Geschäftsgrundlage“). Wegen der allenfalls geringfügigen Unterschiede zwischen beiden Instituten und der fehlenden ausdrücklichen Bezugnahme des § 59 SGB X/§ 60 VwVfG auf die eine oder andere Richtung, kann die Vorschrift allerdings losgelöst von dieser Differenzierung allein nach ihrem Wortlaut und dem verwaltungsvertraglichen Kontext zur Anwendung kommen; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 607 mit näherer Begründung; s. auch BVerwGE 97, 331 (340 ff.), und Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 1), § 14 Rn. 54. 105 Überzeugend und mit ausführlicher Begründung Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 608 f.; so außerdem Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 6; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 104), § 60 Rn. 6; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 25), § 60 Rn. 6b; Hans Meyer, Das neue öffentliche Vertragsrecht und die Leistungsstörungen, NJW 1977, S. 1705 (1710 ff.); Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung sei-

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Keinen Vorrang kann § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 BGB beanspruchen, soweit er ein Kündigungsrecht gewährt, wo § 59 SGB X nur eine Vertragsanpassung erlaubt. Anderenfalls liefe der gesetzlich vorgesehene Anpassungsvorrang gerade bei Dauerschuldverhältnissen ins Leere.106 Es ist auch nicht erkennbar, weshalb der Grundsatz der Vertragstreue bei der Eingliederungsvereinbarung weniger Geltung beanspruchen sollte als in anderen Schuldverhältnissen. Die bei Durchführung von Dauerschuldverhältnissen regelmäßig erforderliche besondere Rücksicht und Sorgfalt107 dürfte sogar mehr Vertragstreue fordern. Ebenfalls keine Konkurrenz zu § 59 SGB X läßt sich über eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 3 Satz 2 SGB III herleiten. Der Versuch, auf diesem Wege die Anpassungsflexibilität der Eingliederungsvereinbarung des SGB II schon aus dem Gesetz heraus zu erhöhen108, scheitert gleich an mehreren Hürden. Zunächst ist schon fraglich, wie weit § 37 Abs. 3 Satz 2 SGB III tatsächlich niedrigere Anforderungen an die Anpassung der dort geregelten Eingliederungsvereinbarung stellt.109 Unterstellt man ein niedriner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 306; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 4; wohl auch Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 182 (anders freilich noch auf S. 121). A. A. etwa Bullinger, Leistungsstörungen (Fn. 1), S. 818 f., und Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 569 f. 106 Das Verhältnis zwischen § 314 BGB und den Regeln zum Wegfall der Geschäftsgrundlage ist nach wie vor ungeklärt; s. etwa Reinhard Gaier, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 314 Rn. 14 m. w. N.; Peer Feldhahn, Die Störung der Geschäftsgrundlage im System des reformierten Schuldrechts, NJW 2005, S. 3381 (3382 f.); Karl von Hase, Fristlose Kündigung und Abmahnung nach neuem Recht, NJW 2002, S. 2278 (2279). Die überwiegende Auffassung geht aber dahin, daß die Vorschriften zum Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht umgangen werden dürfen; s. etwa BT-Drs. 14/6040, S. 177; Gaier, a.a.O., § 314 Rn. 14; Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn. 14 und § 314 Rn. 9; von Hase, a.a.O., S. 2279; a. A. Horst Eidenmüller, Der Spinnerei-Fall – Die Lehre von der Geschäftsgrundlage nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und im Lichte der Schuldrechtsmodernisierung, Jura 2001, S. 824 (832). 107 S. nur Larenz, Schuldrecht I (Fn. 9), S. 32. 108 Dafür Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 15 Rn. 39; mit Recht dagegen Christine Fuchsloch, in: Alexander Gagel (Hrsg.), SGB III/SGB II, Losebl. Stand Juni 2006, § 15 Rn. 74; Ernst Huckenbeck, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 15 Rn. 23; Martin Löns, in: ders./Heike HeroldTews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 15 Rn. 21; Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 15 Rn. 132 ff.; Spellbrink, SGB II (Fn. 37), § 15 Rn. 33, freilich unter dem Vorbehalt, daß die Eingliederungsvereinbarung ein Vertrag ist; wohl auch Philipp Stark, in: Martin Estelmann (Hrsg.), Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), Losebl. Stand Juli 2008, § 15 Rn. 209. 109 Die Norm gibt darüber jedenfalls keine genaue Auskunft. Nach Bernd Mutschler, in: ders./Ralf Bartz/Reimund Schmidt-De Caluwe (Hrsg.), Sozialgesetzbuch III, 3. Aufl. 2008, § 35 Rn. 61 eröffnet die Regelung dem Bürger einen An-

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geres Anforderungsniveau, fehlt es im SGB II zumindest an einer planwidrigen Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage110. Die Anpassung der Eingliederungsvereinbarung ist nach § 59 SGB X möglich und das Gesetz läßt nicht erkennen, daß es unabhängig von den Vereinbarungen der Vertragsparteien eine weitergehende Anpassungsflexibilität für erforderlich hält. Darauf weist schon die Regelbefristung der Vereinbarung auf sechs Monate hin, die eine „zeitnahe kritische Überprüfung“ sicherstellen soll111. Darüber hinaus läßt das Sanktionensystem der §§ 31 ff. SGB II erkennen, wie wichtig dem Gesetz die strikte Verbindlichkeit der Eingliederungsvereinbarung ist, was zugleich einen gewichtigen Unterschied zur Eingliederungsvereinbarung des SGB III bildet112. Eine leichte Änderbarkeit der Vereinbarung stellte zudem das gesamte zuvor aufwendig erarbeitete Eingliederungskonzept in Frage, nähme dem Konzept den stabilen und verläßlichen Rahmen und öffnete hektischem Aktionismus Tür und Tor. Schließlich verweist das SGB II zwar häufig in das SGB III113, aber gerade nicht im Zusammenhang mit seiner Eingliederungsvereinbarung. Es ist auch nicht erkennbar, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit eines solchen Verweises übersehen haben sollte,114 was einmal mehr gegen die entsprechende Anwendung der Vorschriften zur Eingliederungsvereinbarung des SGB III spricht. Es bleibt daher bei der Anwendbarkeit des § 59 SGB X mit den genannten Anforderungen. b) Änderung der maßgebenden Verhältnisse Die für den Inhalt eines Vertrages maßgebenden Verhältnisse betreffen alle Umstände, deren Vorliegen die Parteien als gemeinsame, wesentliche und unabdingbare Vertragsgrundlage angesehen haben.115 Dabei dürfen die Verhältnisse aber nicht Vertragsinhalt geworden sein.116 Dazwischen komspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Anpassungsbegehren. Ermessensleitende Kriterien nennt die Bestimmung keine. 110 Näher dazu in methodischer Hinsicht Larenz/Canaris, Methodenlehre (Fn. 41), S. 191 ff. und 202 ff. 111 BT-Drs. 15/1516, S. 54. 112 Löns, SGB II (Fn. 108), § 15 Rn. 21; zu prononciert Spellbrink, SGB II (Fn. 37), § 15 Rn. 33. 113 S. insbes. § 15a, § 16 Abs. 1–3 und 5, § 31 Abs. 2 und § 31b Abs. 1 SGB II. 114 In diese Richtung auch Löns, SGB II (Fn. 108), § 15 Rn. 21; Stephan Thie, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Anh. zu § 16 Rn. 6. 115 Eingehender Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 10; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 557 f.; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 170 f.; Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Rn. 858; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 610 f.; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 13; Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 1), S. 575.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

men dann sowohl tatsächliche als auch rechtliche Umstände zum Tragen,117 sofern sie Eingliederungsrelevanz haben. Die Änderung maßgeblicher Tatsachen aus dem Umfeld des Leistungsberechtigten kann demnach im neuen Ausmaß seiner Hilfebedürftigkeit und Erwerbsfähigkeit liegen, aber auch im Wandel seiner Neigungen, seiner Eignung, Leistungsfähigkeit und sozialen Lage sowie seines sozialen Umfeldes118. Dem lassen sich vielfältige Beispiele zuordnen, wie etwa Entzug oder Erteilung einer Fahrerlaubnis, das Bestehen einer Prüfung oder der Beginn einer Schwangerschaft. Zu denken ist auch an die Änderung tatsächlicher Umstände, die nicht zur Sphäre des Leistungsberechtigten gehören, wie etwa technische oder wissenschaftliche Neuerungen, Wandlungen auf dem Arbeitsmarkt oder dem „Markt“ für Eingliederungsleistungen oder im Finanzhaushalt des Grundsicherungsträgers.119 Die Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen aus dem Umfeld der Eingliederungsvereinbarung bezieht sich in erster Linie auf den Bestand und die Gestalt der Rechtsvorschriften, die für Abschluß und Inhalt der Vereinbarung die rechtliche Basis bilden. Gleichfalls kann eine neue oder geänderte (höchstrichterliche) Rechtsprechung von Belang sein.120 Zeitlich erfaßt § 59 SGB X nur die nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung eingetretene Änderung der Sach- oder Rechtslage. Er gilt aber entsprechend, wenn die Parteien schon bei Abschluß der Vereinbarung eine unzutreffende Vorstellung zur Vertragsgrundlage hatten.121 116 Efstratiou, Bestandskraft (Fn. 22), S. 300; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 122; Peine, Verwaltungsrecht (Fn. 115), Rn. 858; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 611; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 13; Roman Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, 1996, S. 427; wobei die Grenze zwischen Vertragsinhalt und Vertragsgrundlage im Einzelfall fließend sein kann. 117 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 9 und 14; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 104), § 60 Rn. 10; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 172; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 123; Peine, Verwaltungsrecht (Fn. 115), Rn. 858; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 611; Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 1), S. 575. 118 S. dazu auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 15 Rn. 135. 119 Allg. Beispiele für vertragswesentliche Tatsachen etwa bei Volker Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge, 1979, S. 151 f.; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 104), § 60 Rn. 10; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 25), § 60 Rn. 9. Speziell zur Änderung der Haushaltslage OVG Berlin, DÖV 1997, S. 879 (879 f.); OVG Münster, NVwZ-RR 1997, S. 475 (475 ff.); Michael Kloepfer, Berufungsvereinbarungen in der Krise, JZ 1999, S. 161 (166). 120 Allg. zu Einzelfragen um den Wandel des rechtlichen Umfeldes i. S. d. § 60 VwVfG Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 611 ff.; s. außerdem Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 14 ff.; Büchner, Bestandskraft (Fn. 119), S. 155 f.; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 558 ff.; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 172 ff.; Peine, Verwaltungsrecht (Fn. 115), Rn. 859. 121 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 13; Björn Diering, in: ders./Hinnerk Timme/Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 2. Aufl. 2007,

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c) Unzumutbarkeit Die Vertragsanpassung stellt eine Ausnahme zu dem auch im Öffentlichen Recht anerkannten Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda) dar.122 Deshalb kann nicht jede Änderung eines eingliederungsrelevanten Umstandes ohne weiteres auch eine Pflicht zur Anpassung der Eingliederungsvereinbarung begründen. Folgerichtig müssen sich die maßgebenden Verhältnisse nach § 59 SGB X „so wesentlich geändert“ haben, daß einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen Vertragsregelung „nicht zuzumuten ist“.123 Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Parteien die Vereinbarung unter Berücksichtigung der mittlerweile gewandelten Bedingungen mit Sicherheit so nicht geschlossen hätten.124 Allerdings kann es auf das Ausmaß der Störung des Gleichgewichts zwischen den sich gegenüberstehenden Leistungen zumindest im vertraglichen EingliederungsRechtsverhältnis nicht ankommen.125 Zwar stehen die Leistungen in einem § 59 Rn. 5; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 174 f.; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 130 ff.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 619 f.; Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 1), S. 575; anders mit Blick auf die rechtliche Grundlage Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 14, der über § 62 Satz 2 VwVfG (§ 61 Satz 2 SGB X) i. V. m. dem von der Schuldrechtsreform eingebrachten § 313 Abs. 2 BGB vorgehen will. Näher zur Regelung des § 313 Abs. 2 BGB etwa Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 27 Rn. 21 f.; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 30), § 313 Rn. 38 f. 122 Allg. Auffassung in Rechtsprechung und Literatur; BVerwGE 25, 299 (302); BVerwG NVwZ 1991, S. 1096; BGH MDR 1986, S. 736 (737); BGH NJW 1991, S. 1478 (1479); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 17; Köbler, Rechtsgrundsatz (Fn. 104), S. 214 ff.; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 867; Peine, Verwaltungsrecht (Fn. 115), Rn. 856; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 613 und 17; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 15; Paula Macedo Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, 1999, S. 86. 123 § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Vorschrift formuliert insofern eine einheitliche Tatbestandsvoraussetzung; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 179; Köbler, Rechtsgrundsatz (Fn. 104), S. 213; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 613 f.; Seer, Verständigungen (Fn. 116), S. 427. 124 Allg. und ohne Bezug zum Eingliederungsrecht BVerwGE 85, 66 (77); VGH München BayVBl. 1991, S. 437 (438); VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 (257); VGH Mannheim NVwZ-RR 1998, S. 465 (466); VG Braunschweig NdsVBl. 1996, S. 42 (43); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 19; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 179 f.; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 867; Peine, Verwaltungsrecht (Fn. 115), Rn. 860; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 614. 125 Auf das Kriterium der Störung der Leistungsäquivalenz verweisen allg. und ohne die gebotene Differenzierung etwa Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 20; Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 179; etwas vorsichtiger Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 561; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 614. Dieses Kriterium kann nur in Rechtsverhältnissen durchgreifen, in denen es maßgeblich auf das wirtschaftliche Gleichgewicht der Leistungen ankommt. Das läßt sich jedenfalls für die Eingliederungsvereinbarung nicht annehmen.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

deutlichen Zusammenhang. Doch ist dieser Zusammenhang nicht durch den Gedanken wirtschaftlicher Äquivalenz geprägt, sondern durch das an alle Vertragsparteien gerichtete Gebot paßgenauer und effizienter Eingliederung; kurz, durch das Gebot entsprechender Eingliederungsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit. Erforderlich ist deshalb, daß Paßgenauigkeit und Effizienz der vereinbarten Leistungen insgesamt so stark gestört sind, daß das der Vertragsbeziehung innewohnende „Änderungsrisiko“ weit überschritten ist.126 Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Eine Unzumutbarkeit fehlt aber regelmäßig dann, wenn sich lediglich ein typisches und von Anfang an erkennbares Risiko realisiert hat, ohne daß dazu eine vertragliche Regelung getroffen worden wäre, weil die Parteien das offenbar hinnehmen wollten.127 Sie kann unter anderem auch dann fehlen, wenn eine Partei die sie beeinträchtigenden Veränderungen zu vertreten hat oder wenn die Veränderungen beide Parteien gleich belasten.128 d) Pflichteninhalt Sind die Voraussetzungen aus § 59 SGB X erfüllt, kann der jeweilige Vertragspartner die Anpassung der Eingliederungsvereinbarung verlangen. Erst mit dem Anpassungsverlangen, das zumindest aus Gründen der Rechtssicherheit in schriftlicher Form erfolgen sollte,129 entsteht für den anderen Teil eine Anpassungsverpflichtung.130 Das heißt, daß nun für beide Parteien 126 In Anlehnung etwa an VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 (258); VGH Mannheim NVwZ-RR 1998, S. 465 (466); BGH NJW 1991, S. 428; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 867; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 614; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 16. 127 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 27 Rn. 51; Gurlit, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 561; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 135 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 615; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 16; Weiß, Pacta (Fn. 122), S. 87. 128 In beiden Beispielsfällen ist freilich genau auf die Umstände des Einzelfalles zu achten. Allg. zur Unzumutbarkeit in Fällen, in denen die Partei die sie belastenden Veränderungen zu vertreten hat Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 74), § 27 Rn. 52; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 136; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 867; allg. zur Unzumutbarkeit bei gleichmäßiger Belastung der Parteien Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 20; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 135. 129 Ob das Anpassungsverlangen schriftlich erfolgen muß, ist umstritten. Dafür wohl BVerwGE 97, 331 (341 f.), und Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 1), S. 577; dagegen etwa Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 23a; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 618; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 19; zur Lage bei einer Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage s. nur Kaminski, Kündigung (Fn. 103), S. 118 ff. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Schriftform aber empfehlenswert.

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– wenigstens ergänzend – wieder die Pflichten wie in der vorvertraglichen Phase der Eingliederung gelten.131 Die Anpassung erfolgt dann durch Abschluß eines Änderungsvertrages, der die ursprüngliche Paßgenauigkeit und Effizienz der Eingliederungsvereinbarung für die Zukunft wiederherstellen soll. Anknüpfungspunkt ist der Zeitpunkt des Zugangs des Änderungsbegehrens bei der anderen Partei.132 2. Pflichten zum Neuabschluß einer Eingliederungsvereinbarung Die Parteien sollen nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB II eine neue Eingliederungsvereinbarung abschließen, nachdem die Wirksamkeit der bisherigen Vereinbarung abgelaufen133 ist. Sie sind mit anderen Worten zum Abschluß einer Folgevereinbarung verpflichtet, soweit keine atypische Fallkonstellation vorliegt.134 Damit unterstreicht die Regelung den Charakter der Eingliederungsvereinbarung als zentrales Steuerungsinstrument zur Eingliederung von Arbeitsuchenden. Ferner hat sie eine klarstellende Funktion, indem sie die bereits erörterte Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten und des Grundsicherungsträgers bei Fehlen einer Eingliederungsvereinbarung für einen besonderen Fall bestätigt. Nichts anderes kann bei der Beendigung einer Eingliederungsvereinbarung durch Aufhebungsvertrag, Kündigung oder – soweit vereinbart – durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung gelten.135 Im einzelnen bestehen dann die Pflichten, die jedes vorvertragliche Einglie130 Zum Erfordernis eines Anpassungsverlangens für den Eintritt von Rechtsfolgen bei Wegfall der Geschäftsgrundlage BVerwGE 97, 331 (340); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 23a; Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 121), § 59 Rn. 11; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 869 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 617; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 19; Ziekow/Siegel, Entwicklung (Fn. 1), S. 576. 131 Allg. in diese Richtung auch Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 23b; Fehling, Verwaltungsrecht (Fn. 104), § 60 Rn. 18; a. A. Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 21. Eingehend zu den vorvertraglichen Pflichten und den Folgen von Leistungsstörungen s. o. § 9 und § 10. 132 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 7), § 60 Rn. 23a; Kopp/Ramsauer, VwVfG (Fn. 25), § 60 Rn. 14; Lorenz, Wegfall (Fn. 104), S. 869 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 1), S. 618; Schliesky, VwVfG (Fn. 22), § 60 Rn. 19. 133 Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate geschlossen werden (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II). 134 So auch Löns, SGB II (Fn. 108), § 15 Rn. 22. Die Verpflichtung steht freilich unter dem Vorbehalt, daß der Leistungsberechtigte nach wie vor die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§ 7 ff. SGB II erfüllt. 135 Beendigung bedeutet dabei nur, daß aus der Eingliederungsvereinbarung keine weiteren Leistungspflichten mehr entstehen können.

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derungs-Rechtsverhältnis ausmachen. Bei den gebotenen Vertragsverhandlungen sind nun selbstverständlich auch die seit Abschluß der bisherigen Eingliederungsvereinbarung gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.136 Entsprechende Rückwirkungen ergeben sich für die zugehörigen Informations- und Untersuchungspflichten, was eine Pflicht zur Beobachtung und Erfassung der Erfahrungen schon während der Durchführung der bisherigen Eingliederungsvereinbarung beinhaltet.137 IV. Pflichten bei Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes Die Leistungs- und weiteren Verhaltenspflichten bei Durchführung eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes entsprechen strukturell grundsätzlich den Pflichten bei Durchführung einer Eingliederungsvereinbarung. Ausgenommen sind solche Pflichten, die im Zusammenhang mit einem Eingliederungs-Verwaltungsakt nicht auftreten können, so wie das etwa bei den Pflichten zur Anpassung einer Eingliederungsvereinbarung der Fall ist. Hinzu kommen dagegen alle auf den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gerichteten Pflichten, weil diese Pflichten mit dem Erlaß des Verwaltungsaktes noch nicht erloschen sind138.

§ 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung Im vorangegangenen Abschnitt der Arbeit ging es darum, die Rechte und Pflichten der Beteiligten bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung in ihren Zusammenhängen und Abhängigkeiten systematisch zu erschließen. Nun sind die darüber hinausgehenden und noch nicht behandelten, durch Leistungsstörungsrecht vermittelten Folgen der Verletzung dieser Pflichten systematisch zu durchdringen (A). Allerdings ist die Eingliederungsvereinbarung in dem mit ihr verbundenen Eingliederungsprozeß auch dann noch nicht vollständig erfaßt. So ist weiterhin auf die Beendigung der Durchführungsphase einzugehen (B). Ferner bedürfen die Folgen von Pflichtverletzungen bei Anpassung und Erneuerung der Vereinbarung (C) 136

So auch (deklaratorisch) § 15 Abs. 1 Satz 5 SGB II. Dahingehend wohl auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 26), § 15 Rn. 41, und Löns, SGB II (Fn. 108), § 15 Rn. 22; vgl. ferner Huckenbeck, SGB II (Fn. 108), § 15 Rn. 22. 138 Eine eingehende Begründung dieser Einschätzung findet sich im Zusammenhang mit der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten unter § 9 C.I.1.a)cc). 137

§ 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung

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und nach Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes (D) wenigstens kurzer Betrachtung.

A. Leistungsstörungen in der Durchführungsphase Das Recht der Leistungsstörungen folgt bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung zuerst aus den Vorschriften des SGB II und ergänzend aus den Bestimmungen des allgemeinen Vertragsrechts.1 Als Leistungsstörung gilt die Verletzung einer Pflicht aus der Vereinbarung.2 Eine Pflichtverletzung liegt demnach vor, wenn „das Verhalten des Schuldners vom objektiven Pflichtenprogramm“ der Eingliederungsvereinbarung abweicht.3 Wegen der dogmatischen Besonderheiten des Eingliederungsrechts ist dabei wieder zu differenzieren zwischen den Folgen der Verletzung von Leistungspflichten (I) und der Verletzung weiterer Verhaltenspflichten (II). I. Verletzung von Leistungspflichten 1. Verletzung der Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten Die Verletzung der vertraglich begründeten Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten kann zur Minderung oder sogar zum Wegfall des Arbeitslosengeldes II (a) und zu Schadenersatzansprüchen des Grundsicherungsträgers führen (b). Mit Ausnahme einer Kündigungsmöglichkeit4 des Grundsicherungsträgers kommen weitere durch Leistungsstörungsrecht vermittelte Rechtsfolgen nicht in Betracht (c).

1

Zur prinzipiellen Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches bei öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen s. nur noch Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 62 Rn. 33, und Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 14 Rn. 52. Für weitere Nachweise s. § 10 Fn. 2. 2 Zur Unbestimmtheit des Begriffs der Leistungsstörung und zur zentralen Rolle der Pflichtverletzung im Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches; s. nur noch Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 1 Rn. 1, und Claus-Wilhelm Canaris, Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen, JZ 2001, S. 499 (511 ff.). Für weitere Nachweise s. § 10 Fn. 3. 3 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 135 f., zum Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. 4 Darauf wird zurückzukommen sein. Eingehendere Ausführungen zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung finden sich unter B.II.2.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

a) Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II Die wichtigsten Leistungsstörungsnormen bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung sind die §§ 31 ff. SGB II. Danach mindert sich das Arbeitslosengeld II im Grundsatz um 30% des maßgeblichen Regelsatzes5, wenn sich der Leistungsberechtigte weigert, die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten zu erfüllen.6 Stellt die Erfüllungsverweigerung eine wiederholte Pflichtverletzung i. S. d. § 31 SGB II dar, kann die Minderung sogar bei 60 oder 100% liegen.7 aa) Erfüllungsverweigerung Der Leistungsberechtigte verweigert die Erfüllung seiner Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, wenn er erklärt, sich nicht entsprechend 5 Der maßgebliche Regelsatz folgt aus § 20 SGB II. Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Regelsätze s. Uwe-Dietmar Berlit, Paukenschlag mit Kompromißcharakter – zum SGB II-Regelleistungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010, KJ 2010, S. 145 (145 ff.) m. w. N.; Stephan Rixen, Entspricht die neue Hartz IV-Regelleistung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts?, Sozialrecht aktuell 2011, S. 121 (121 ff.); Heiko Siebel-Huffmann, Regelbedarfe und deren Ermittlung, in: Andy Groth/Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, § 10 Rn. 191. 6 S. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zu den Besonderheiten im Zusammenhang mit den Sanktionstatbeständen aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II s. u. A.I.1.a)ff). Schärfere Rechtsfolgen gelten nach § 31a Abs. 2 SGB II für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die zwar das 15. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben; s. dazu Sofia Davilla, Die schärferen Sanktionen im SGB II für Hilfebedürftige unter 25 Jahren, SGb 2010, S. 557 (557 ff.), mit der fragwürdigen Forderung nach Abschaffung dieser Sanktionsverschärfung; zur Rechtslage nach § 31 SGB II a. F. Uwe-Dietmar Berlit, Die besondere Rechtsstellung der unter 25-Jährigen im SGB II (Teil 1 und 2) info also 2011, S. 59 (59 ff.) und 124 (124 ff.). 7 § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II. Zur Berechnung vgl. Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 45a und 50. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entfallen auch bei einer vollständigen Minderung des Arbeitslosengeldes II nicht gänzlich. Obwohl der Leistungsberechtigte eine eigens ausgehandelte Pflicht verletzt hat, kann er immer noch in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erhalten (§ 31a Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II). Ferner kommt bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mindestens 60% eine Direktzahlung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte in Betracht, soweit das Arbeitslosengeld II den Bedarf an Heizungs- und Unterkunftskosten decken soll (§ 31a Abs. 3 Satz 3 SGB II). Das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum ist damit weiterhin gesichert; vgl. schon zur alten Rechtslage Hartmut Bauer, Sozialrecht in der Reform: Hartz IV, DÖV 2004, S. 1017 (1025); Peter Christian Kunkel, Existenzsicherung in SGB II und SGB XII, ZFSH/SGB 2004, S. 280 ff.

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der festgelegten Regeln verhalten zu wollen. Die Erklärung kann ausdrücklich oder konkludent gegenüber dem Vertragspartner oder dessen Erfüllungsgehilfen erfolgen.8 Damit sind auch Fälle erfaßt, in denen der Leistungsberechtigte die Erfüllung der vereinbarten Leistungspflicht nachträglich unmöglich macht. Das kann etwa dadurch geschehen, daß er zum Tage eines vereinbarten Bewerbungsgesprächs verreist oder sich in einem Maße betrinkt, daß das Gespräch ausfallen muß. Zwar entfällt die Verpflichtung mit der Unmöglichkeit ihrer Erfüllung.9 Es reicht aber aus, daß sie im Zeitpunkt der konkludenten Weigerung, also bei Herbeiführung der Unmöglichkeit, noch bestand. Über die genannten Voraussetzungen hinaus muß der Leistungsberechtigte bei seiner Weigerung schon dem Begriff nach mit Vorsatz gehandelt haben.10 Dabei genügt es, daß er um die Leistungspflicht und ihre zwangsläufige Verletzung weiß oder das Bestehen der Pflicht und ihre Verletzung wenigstens für möglich hält und billigend in Kauf nimmt11. Dafür muß sich die eingeforderte Pflicht und das daraus geschuldete Verhalten der Eingliederungsvereinbarung eindeutig entnehmen lassen,12 zumindest im Wege der 8

Ebenso LSG Hessen, ZFSH/SGB 2006, S. 739 (741 a. E.); Uwe-Dietmar Berlit, Das neue Sanktionensystem, ZFSH/SGB 2005, S. 707 (711); Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 14 und 11, mit dem zutreffenden Hinweis, daß Mitteilungen Dritter über die Weigerung grds. nur Anlaß für eigene Ermittlungen des Grundsicherungsträgers sein können; einschränkend, allerdings ohne Begründung, Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews (Hrsg.), SGB II, 3. Aufl. 2011, § 31 Rn. 11. 9 Das gilt zumindest bei („echter“) Unmöglichkeit i. S. d. § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 Abs. 1 BGB; in den Fällen nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 275 Abs. 2 und 3 BGB muß sich der Schuldner zuvor auf die („normative“) Unmöglichkeit berufen; eingehend zu den Fällen der Unmöglichkeit s. nur Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 275 Rn. 3 ff., und Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, Rn. 413 ff. und 423 ff. 10 Dazu eingehend und mit überzeugender Begründung Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 8 ff. und 14; i. E. ebenso Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 16; wohl auch Berlit, Sanktionensystem (Fn. 8), S. 709; undeutlich Klaus Lauterbach, Das Sanktionensystem im SGB II, NJ 2008, S. 241 (243). A. A. Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 31 Rn. 20; Andrea Loose, Sanktionierung von Pflicht- und Obliegenheitsverletzungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ZFSH/SGB 2010, S. 340 (344). Zu den Besonderheiten im Zusammenhang mit den Sanktionstatbeständen aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II s. u. A.I.1.a)ff). 11 Zu den möglichen Formen des Vorsatzes bei Vertragsverletzungen s. nur Stefan Grundmann, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 276 Rn. 150, und Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), § 276 Rn. 10. 12 SG Leipzig v. 19. Februar 2007, Az. S 19 AS 392/06, juris Rn. 34; SG Hamburg v. 28. November 2005, Az. L 13 AS 4160/06 ER-B, juris Rn. 6; SG Hamburg v. 23. April 2007, Az. S 12 AS 820/07 ER, juris Rn. 20; Berlit, Sanktionensystem

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Vertragsauslegung13. Zweifel gehen notwendigerweise zu Lasten des Grundsicherungsträgers,14 der aus der Pflichtverletzung Rechtsfolgen herleiten will. Jedenfalls wachsen mit zunehmender Allgemeinheit der Pflichtenformulierung der Umsetzungsspielraum und die vorsatzausschließende Irrtumswahrscheinlichkeit bei dem Leistungsberechtigten. Die Beweislast für einen solchen Irrtum liegt dann aber bei ihm. bb) Wiederholte Pflichtverletzung Stellt die Erfüllungsverweigerung eine wiederholte Pflichtverletzung i. S. d. § 31a Abs. 1 SGB II dar, führt das grundsätzlich zur weiteren Minderung des Arbeitslosengeldes II. Das kann bis zum vollständigen Wegfall der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers und aller darauf bezogenen weiteren Verhaltenspflichten führen.15 Für eine wiederholte Pflichtverletzung ist es nicht erforderlich, daß der Leistungsberechtigte exakt dieselbe Pflicht erneut verletzt.16 Doch lassen sich Fallgruppen unterscheiden, in denen nicht mehr von einem Wiederholungsfalle gesprochen werden kann. So kann eine wiederholte Pflichtverletzung von vornherein nur vorliegen, wenn zuvor bereits eine Minderung des Arbeitslosengeldes II wegen einer anderweitigen Pflichtverletzung festgestellt wurde.17 Darüber hinaus darf (Fn. 8), S. 711; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 20; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 243; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 13. 13 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 133 und 157 BGB. So auch Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 243; näher zur Auslegung einer Eingliederungsvereinbarung s. o. § 11 B.II. 14 LSG Nordrhein-Westfalen v. 18. Oktober 2006, Az. L 1 B 27/06 AS ER, juris Rn. 28; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 13; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 243. 15 § 31a Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II. Der Grundsicherungsträger kann die Minderung auf den Satz von 60% zu begrenzen, wenn der Leistungsberechtigte sich nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen, § 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II. 16 § 31a Abs. 1 Satz 2 SGB II spricht lediglich von einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II. So auch Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31a Rn. 4; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 50b. 17 § 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II. S. dazu Uwe-Dietmar Berlit, Änderungen im Sanktionsrecht des SGB II zum 1. April 2011, info also 2011, S. 53 (57). Vor Einführung des § 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II war umstritten, ob für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung bereits ein Sanktionsbescheid zu der vorangegangenen Pflichtverletzung ergangen sein muß; dagegen die zutreffende Stellungnahme bei LSG Mecklenburg-Vorpommern v. 8. Januar 2009, Az. L 8 AS 59/06, juris Rn. 62, sowie Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 245, und Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 50d; dafür etwa Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rn. 86; Heike Herold-Tews, in: Martin Löns/Heike Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl. 2009, § 31 Rn. 51.

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der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraumes nicht länger als ein Jahr zurückliegen.18 Keine wiederholte Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Leistungsberechtigte mit ein- und demselben Verweigerungsakt mehrere Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung gleichzeitig verletzt. Das deutet schon der Wortlaut des § 31 Abs. 1 SGB II an, der von der Weigerung spricht, „in der Eingliederungsvereinbarung (. . .) festgelegte Pflichten zu erfüllen“19. Damit läßt sich ohne weiteres die gleichzeitige Verweigerung nur einer, mehrerer oder sämtlicher Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung erfassen. Das Gesetz hätte die Formulierung enger fassen müssen, sollte die Wiederholungsregelung aus § 31a Abs. 1 SGB II auch in solchen Fällen eingreifen. Hinzu kommt, daß Wiederholung gemeinhin das zeitlich versetzte „nochmalige Ausführen einer Handlung“ bedeutet,20 was bei einem einzigen Verweigerungsakt nicht der Fall ist, mag er noch so weitreichende Wirkung haben. Zudem wäre das gesamte Druckpotential der §§ 31 ff. SGB II spätestens bei der Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung mit wenigstens drei Leistungspflichten zu befolgen, mit einem Schlage verbraucht.21 Zwar kann der Leistungsberechtigte versuchen, den Einsatz weiterer Sanktionen nach § 31a Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II zu umgehen, indem er in einem Zuge die Erfüllung aller seiner Vertragspflichten auf Dauer verweigert. Doch hat der Grundsicherungsträger dann die Möglichkeit, die Eingliederungsvereinbarung zu kündigen und die Parteien in das vorvertragliche Stadium zurück zu versetzen. Dort drohen wieder Sanktionen22 und ein seinerseits sanktionsbewehrter Eingliederungs-Verwaltungsakt, wenn der Leistungsberechtigte keine neue Eingliederungsvereinbarung abschließen will. Eine wiederholte Pflichtverletzung fehlt außerdem, wenn der Leistungsberechtigte seine konkrete Leistungsverweigerung nur noch bestätigt.23 18

§ 31a Abs. 1 Satz 5 SGB II. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 20 Kathrin Kunkel-Razum u. a., in: Dudenredaktion (Hrsg.), Duden – Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl. 2002, S. 1049, Stichwort: Wiederholung. 21 Gegen die Annahme eines Wiederholungstatbestandes nach § 31 Abs. 3 SGB II bei gleichzeitiger Verletzung mehrerer Leistungspflichten durch ein und denselben Verweigerungsakt i. E. auch Uwe-Dietmar Berlit, Das neue Sanktionensystem, ZFSH/SGB 2006, S. 11 (12); Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31a Rn. 4; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 246; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 50c; allerdings alle ohne nähere Begründung. 22 Dabei handelt es sich freilich nicht um Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II; s. o. § 10 A.I.1.a). 23 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31a Rn. 15; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31a Rn. 4; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 246. 19

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Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Verweigert der Leistungsberechtigte die Erfüllung einer seiner Pflichten schon vor Fälligkeit ernsthaft und endgültig, so bestätigt er die Pflichtverletzung nur noch, wenn er seinen Entschluß erneut kundgibt, insbesondere die Pflicht bei Fälligkeit tatsächlich nicht befolgt. Für eine Sanktion nach § 31a Abs. 1 SGB II ist dann kein Raum. Hatte er seine zunächst geäußerte Verweigerungshaltung zwischenzeitlich nach außen erkennbar aufgegeben indem er etwa doch die Erfüllung der fraglichen Pflicht begann, kann der erneute Verweigerungsentschluß allerdings keine bloße Bestätigung der ursprünglichen Ablehnung mehr darstellen, weil die vorherige Willensänderung insofern Zäsurwirkung hat.24 Ausgeschlossen ist eine wiederholte Pflichtverletzung schließlich, wenn die Erfüllung dieser Pflicht mittlerweile unmöglich geworden ist. cc) Einschränkungen Die Anwendung des § 31 SGB II unterliegt bei der Erfüllungsverweigerung des Leistungsberechtigten von vornherein zwei wichtigen Einschränkungen. Sie entfällt grundsätzlich, wenn keine Belehrung oder Anhörung erfolgt ist (1). Sie entfällt ferner, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten vorweisen kann (2). (1) Belehrung und Anhörung Der Grundsicherungsträger muß den Leistungsberechtigten vor dessen Vertragspflichtverletzung grundsätzlich schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt haben, will er eine Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II verhängen.25 Dabei sollen die gleichen Anforderungen gelten wie für Rechtsfolgenbelehrungen zur Verletzung von Pflichten, die nicht auf vertraglicher Grundlage beruhen.26 Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen, soweit die Eingliederungs24 In diese Richtung auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31a Rn. 15, der für den Ausschluß einer Wiederholung einen Fortsetzungszusammenhang fordert. 25 § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zum Erfordernis einer Belehrung vor der Pflichtverletzung s. nur Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 73, und Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 244. 26 Soweit ersichtlich übernehmen die einschlägigen Gerichtsentscheidungen und Literaturstimmen weitgehend pauschal und unreflektiert das Anforderungsprofil für Belehrungen, das sich unter dem Eindruck einer einseitig-diktierenden Verwaltung entwickelt hatte, der das vertrags- und konsensorientierte Konzept der Eingliederungsvereinbarung fremd war. S. dazu etwa BSGE 105, 297 (302); LSG Hessen v. 26. März 2007, Az. L 9 AS 38/07 ER, juris Leitsatz 2 und Rn. 16; ferner beispielsweise Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 72 ff.; ders., Die Hartz IV-

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vereinbarung selbst keine Rechtsfolgenbelehrung enthält. Einer etwas differenzierteren Betrachtung bedürfen allerdings die Fälle, in denen die Parteien eine solche Belehrung zum Bestandteil ihrer Vereinbarung gemacht und sich dadurch über die Folgen einer Pflichtverletzung geeinigt haben. Zwar muß die Belehrung weiterhin hinreichend bestimmt, also „konkret, richtig, vollständig und verständlich“27 sein, damit sie ihre Warn- und Erziehungsfunktion entfalten kann. Die bloße Aufnahme des Gesetzestextes in die Vereinbarung genügt daher auch jetzt nicht. Zweifelhaft bleibt allerdings, ob stets ein so enger zeitlicher Zusammenhang mit der Pflichtverletzung geboten ist, wie man das für außervertragliche Konstellationen zutreffend fordert.28 Der Wortlaut des § 31 SGB II trifft dazu keine nähere Aussage. Dort ist nur ganz allgemein von einer „Belehrung über die Rechtsfolgen“ die Rede. Für eine großzügige Betrachtungsweise spricht aber der Umstand, daß der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung eine deutliche Zäsur im Prozeß der Eingliederung darstellt. Er soll den Leistungsberechtigten unter anderem zu mehr Eigenverantwortung führen,29 die sich auch im Umgang mit den Pflichten und den Folgen einer Pflichtverletzung niederschlägt. Das gilt erst recht, wenn die Parteien einvernehmlich eine hinreichend bestimmte Belehrung in die Vereinbarung aufgenommen haben.30 Daran muß sich der Leistungsberechtigte nach Treu und Glauben viel eher festhalten lassen, als wenn er eine einseitige Erklärung des Grundsicherungsträgers Rechtsprechung – geklärte und offene Fragen (Teil 2), info also 2009, S. 10 (18); Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 4 ff.; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 43 ff.; Loose, Sanktionierung (Fn. 10), S. 340 f.; Andreas Sonnhoff, in: Astrid Radüge (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2007, § 31 Rn. 139 ff.; Leandro Valgolio, in: Karl Hauck/ Wolfgang Noftz/Thomas Voelzke (Hrsg.), SGB II, Losebl. Stand Juli 2009, § 31 Rn. 69 ff.; jeweils mit Verweisen auf Rechtsprechung aus der Zeit vor Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende oder auf Rechtsprechung, die sich auf Entscheidungen aus dieser Zeit bezieht. Konsequenterweise werden im Zusammenhang mit Pflichtverletzungen aus der Eingliederungsvereinbarung und aus dem Eingliederungs-Verwaltungsakt keine unterschiedlichen Belehrungserfordernisse formuliert; exemplarisch zur fehlenden Differenzierung Berlit, a. a. O., § 31 Rn. 72 ff., und Herold-Tews, a. a. O., § 31 Rn. 4 ff. 27 BSGE 105, 297 (301 f.); bestätigt in BSG v. 15. Dezember 2010, Az. B 14 AS 92/09 R, juris Rn. 24. 28 So wohl BSG ZFSH/SGB 2009, S. 211 (216); LSG Hessen v. 26. März 2007, Az. L 9 AS 38/07 ER, juris Rn. 16; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 73; Loose, Sanktionierung (Fn. 10), S. 341; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 44b; Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 140. 29 §§ 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 Abs. 1 SGB II. S. außerdem BT-Drs. 15/1516, S. 50 f. 30 Diese Voraussetzung läßt sich von vornherein nicht erfüllen, wenn die Bestimmung der jeweiligen Leistungspflicht in der Eingliederungsvereinbarung noch gar nicht erfolgt ist, sondern dem Grundsicherungsträger oder einem Dritten überlassen wurde; s. dazu unten A.I.1.a)ff).

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einfach nur zur Kenntnis nimmt. Darüber hinaus hat eine Belehrung im Rahmen der schriftlichen Eingliederungsvereinbarung eine deutlich stärkere Warn-, Klarstellungs-, Informations- und Appellwirkung, als das bei einer einseitigen Belehrung der Fall ist.31 Die entsprechende Gestaltung der Vereinbarung rechtfertigt daher ein weniger strenges Verständnis des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Belehrung und Pflichtverletzung als das in anderen Konstellationen angezeigt ist. Maßgeblich ist, daß der Leistungsberechtigte erkennen kann, was im Einzelfall von ihm verlangt wird, um eine Minderung des Arbeitslosengeldes II zu vermeiden.32 Dann kann auch eine in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommene Belehrung ausreichen, um eine Pflichtverletzung kurz vor Ablauf der auf sechs Monate angelegten Vereinbarung nach §§ 31 ff. SGB II zu sanktionieren.33 Unabhängig davon ist eine Sanktionierung nach §§ 31 ff. SGB II möglich, soweit der Leistungsberechtigte Kenntnis von den drohenden Rechtsfolgen hat.34 Eine solche Kenntnis kann in Anknüpfung an die soeben erfolgten Ausführungen daraus resultieren, daß die Parteien eine hinreichend bestimmte Belehrung in die aktuelle Eingliederungsvereinbarung aufgenommen haben und der Leistungsberechtigte vor und in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Pflichtverletzung noch einmal auf die Belehrung hingewiesen wurde. Zumindest in solchen Konstellationen werden ihm Treu und Glauben35 regelmäßig verwehren, sich auf Nichtwissen zu berufen.36 Unberührt bleibt stets das Erfordernis einer Anhörung nach § 24 SGB X.37 31 Allg. zu Funktion und Wirkung der Schriftform im Vergleich zu mündlicher Rechtsgestaltung s. Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 125 Rn. 1 ff.; speziell zur Schriftform in § 57 VwVfG Jan Ziekow/Thorsten Siegel, Entwicklung und Perspektiven des Rechts des öffentlich-rechtlichen Vertrages, Teil 2, VerwArch 95 (2004), S. 133 (134). 32 LSG Niedersachsen v. 31. Juli 2007, Az. L 8 AS 605/06 ER, juris Rn. 12; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 72; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 44. 33 Ungenügend ist jedenfalls eine „lediglich allgemeine, formelhafte Belehrung 11 Monate“ vor der Pflichtverletzung; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 44b m. w. N. 34 S. § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Dazu Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 79 ff.; ders., Änderungen (Fn. 17), S. 55 f.; a. A., allerdings trotz des klaren Gesetzeswortlautes ohne Begründung, Andy Groth, Neustrukturierung des Sanktionsrechts, in: ders./Steffen Luik/Heiko Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, § 13 Rn. 399. 35 Zur Geltung dieses Grundsatzes im Eingliederungsrecht s. o. § 8 C.III.1. 36 S. dazu auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 81 f., und HeroldTews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 8 f. 37 Ebenso SG Osnabrück v. 22. Juni 2005, Az. S 10 AS 68/05 ER, juris Rn. 13; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 44d.

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(2) Wichtiger Grund Eine Sanktion entfällt außerdem, wenn der Leistungsberechtigte nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II einen wichtigen Grund für die Verweigerung seiner Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung darlegt und nachweist.38 Dafür gilt im Ausgangspunkt nichts anderes als im Zusammenhang mit der Verletzung vorvertraglicher Pflichten, wo entsprechende Anforderungen bestehen.39 Beachtlich sind demnach alle Umstände des Einzelfalls, die nicht schon anderweitig einen Wegfall der jeweiligen Verpflichtung begründen und das Verhalten des Leistungsberechtigten nach Abwägung seiner berechtigten Interessen mit den entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit rechtfertigen. Die Pflichterfüllung muß dem Leistungsberechtigten kurz gesagt unzumutbar sein.40 Allerdings dürfen die maßgeblichen Umstände nicht schon bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung vorgelegen haben und den Parteien bekannt gewesen sein41. Es widerspräche dem Gebot der Vertragstreue42, wenn der Leistungsberechtigte sich auch wegen solcher Umstände auf eine Unzumutbarkeit berufen könnte. Solange eine wirksame Vereinbarung vorliegt, ist kein guter Grund ersichtlich, aus dem der Leistungsberechtigte sich in den angesprochenen Konstellationen nicht vertragstreu verhalten und über die Grenzen des § 58 SGB X sowie die allgemeinen Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung oder Vertragsanpassung43 hinaus geschützt werden sollte.44

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§ 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II. S. dazu im einzelnen § 10 A.I.1.a)cc)(6). 40 BSGE 66, 94 (96 f.), zu § 119 AFG; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 64; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 35; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 2 und 35. 41 Schon vor diesem Hintergrund empfiehlt sich die Führung eines Verhandlungsprotokolls. Hat der Leistungsberechtigte während der Vertragsverhandlungen eingliederungsrelevante Umstände verschwiegen, kann er sich zumindest schadenersatzpflichtig gemacht haben; Näheres dazu oben unter § 10 A.II.1.b). 42 Zu dem auch im Öffentlichen Recht anerkannten Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda) Willibalt Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920, S. 50; Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags, 1988, S. 164; Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1973, S. 277; Wilhelm Henke, Recht und Staat: Grundlagen der Jurisprudenz, 1988, S. 210 ff.; Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 16 f.; Klaus Stern, Zur Grundlegung einer Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrag, VerwArch 49 (1958), S. 106 (130). 43 S. dazu auch die sich unmittelbar anschließenden Ausführungen unter dd). 44 Enger und in seinen Folgerungen ohne die letzte Konsequenz Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 2a; anders und ohne jede Differenzierung dagegen Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 64. 39

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dd) Keine weiteren Einschränkungen Die Anwendbarkeit der §§ 31 ff. SGB II unterliegt bei Vertragspflichtverletzungen keinen weiteren Einschränkungen. Insbesondere die Rechtswidrigkeit der verletzten Pflicht bleibt unbeachtlich, solange damit keine Nichtigkeit nach § 58 SGB X einhergeht.45 Dagegen wenden sich zwar verschiedene Stimmen in der Literatur, die nur Verstöße gegen rechtmäßige Regelungen der Eingliederungsvereinbarung für beachtlich erklären.46 Wenn überhaupt, wird zur Begründung allein auf die vermeintliche „Asymmetrie der Verhandlungsmacht der Vertragsbeteiligten“ und die „gestörte Vertragsparität“ verwiesen, denen Rechnung zu tragen sei47. Die §§ 31 ff. SGB II erwähnen von alldem freilich nichts. Von einem Sanktionsausschluß bei jeder Rechtswidrigkeit der Vereinbarung ist keine Rede.48 Ein solcher Ausschluß paßte auch nicht in das System des verwaltungsrechtlichen Vertrages, in dem sich die Eingliederungsvereinbarung nun einmal befindet. Er entzöge jeder rechtswidrigen Vereinbarung im Ergebnis die Rechtswirksamkeit gegenüber dem Leistungsberechtigten, weil bei einem Ausschluß des Sanktionsmechanismus nach §§ 31 ff. SGB II kein vergleichbar effektives Druckmittel zur Pflichtendurchsetzung mehr bereitsteht.49 Das differenzierte Fehlerfolgenkonzept des § 58 SGB X macht aber deutlich, daß die Rechtswirksamkeit des Vertrages und die darin geregelten Pflichten nicht ohne weiteres durch jeden beliebigen Gesetzesverstoß in Frage gestellt werden sollen. Maßgeblich sind allein die dort geregelten Nichtigkeitstatbestände.50 45 Ebenso Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 45; ähnlich Ernst-Wilhelm Luthe/ Markus A. Timm, Die Eingliederungsvereinbarung des SGB II, SGb 2005, S. 261 (263). 46 S. etwa Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 19; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 14; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 243; Loose, Sanktionierung (Fn. 10), S. 342 mit Fn. 26; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 35b. 47 Berlit, Sanktionensystem (Fn. 8), S. 711 f.; ders., Eingliederungsvereinbarungen nach dem SGB II – Rechtsrahmen und Rechtsschutz, Sozialrecht aktuell 2006, S. 41 (50). Exemplarisch für die unbegründete Behauptung des Rechtmäßigkeitserfordernisses Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 14; Lauterbach, Sanktionensystem (Fn. 10), S. 243; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 35b. 48 Diese Hürde will Berlit entweder durch eine entsprechende ungeschriebene Ergänzung der tatbestandlichen Minderungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 SGB II nehmen (Berlit, Sozilagesetzbuch II [Fn. 10], § 31 Rn. 19 [teleologische Reduktion]) oder durch eine entsprechend „erweiternde Auslegung“ der Nichtigkeitsbestimmungen des § 58 SGB X (Berlit, Sanktionensystem [Fn. 8], S. 712; ders., Eingliederungsvereinbarungen [Fn. 47], S. 50 [teleologischen Extension]). Rixen will mit einem Rückgriff auf den „wichtigen Grund“ in § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II helfen (Rixen, SGB II [Fn. 7], § 31 Rn. 35b [Auslegung]). 49 S. dazu auch unten A.I.1.c). 50 Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 59 Rn. 4; Efstratiou, Bestandskraft (Fn. 42), S. 212; Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, S. 407 ff.;

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Für eine Abweichung von dieser Regelungsidee besteht mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung des SGB II kein Bedürfnis. Insbesondere die vermeintliche „Asymmetrie der Verhandlungsmacht der Vertragsbeteiligten“ und die „gestörte Vertragsparität“51 können ein solches Bedürfnis nicht begründen, bestehen doch zu Gunsten des Leistungsberechtigten zahlreiche Sicherungen gegen rechtswidrige Eingliederungsvereinbarungen. So ist er von vornherein nicht verpflichtet, eine rechtswidrige Vereinbarung abzuschließen. Im Zweifel kann er vor Vertragsschluß auch den Rat Dritter einholen oder eine Sicherungsklausel in die Vereinbarung aufnehmen lassen. Kommt es doch zum Abschluß einer rechtswidrigen Eingliederungsvereinbarung, besteht im Falle einer damit einhergehenden c. i. c. des Grundsicherungsträgers die Möglichkeit, sich von der Vereinbarung zu lösen oder sie zumindest anzupassen. Entsprechendes gilt, wenn die Rechtswidrigkeit so schwer wiegt, daß sie die Geschäftsgrundlage der Vereinbarung entfallen läßt. Darüber hinaus schützt die Nichtigkeitsvorschrift des § 58 SGB X vor besonders schweren Fällen der Rechtswidrigkeit. Diese Möglichkeiten entschärfen die Lage des Leistungsberechtigten ganz erheblich. Die noch denkbaren Fälle rechtswidriger Eingliederungsvereinbarungen haben ein so geringes Gewicht, daß sie eine Aushebelung des Fehlerfolgensystems für Verwaltungsverträge nicht rechtfertigen. Zudem hätte die Eingliederungsvereinbarung dann gegenüber dem nach Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftigen Eingliederungs-Verwaltungsakt eine „Wirksamkeitsschwäche“52, die ihrer gesetzlichen Einordnung als zentrales Steuerungsinstrument der Eingliederung nicht gerecht würde. ee) Zeitliche Dimension der Rechtsfolgen Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II dauern nach § 31b SGB II drei Monate.53 Sie werden durch einen eigenen, die gesetzliche vorgegebene Rechtsfolge nachvollziehenden Verwaltungsakt festgestellt.54 Die dies., Verwaltungsrechtlicher Vertrag und andere verwaltungsrechtliche Sonderverbindungen, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 32 Rn. 19 ff.; Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, Rn. 838; Schlette, Vertragspartner (Fn. 42), S. 538 f.; Rolf Stober, in: ders./Winfried Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl. 2007, § 54 Rn. 60. 51 Berlit, Sanktionensystem (Fn. 8), S. 711 f.; ders., Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 50. 52 So BVerwGE 49, 359 (362) zur Lage des öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrages vor Erlaß des Verwaltungsverfahrensgesetzes. 53 § 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II. Die Fristberechnung erfolgt nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 26 SGB X. 54 § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der nachvollziehende Charakter des MinderungsVerwaltungsaktes folgt bereits aus dem Wortlaut von § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II,

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Frist läßt sich grundsätzlich nicht abkürzen,55 unabhängig davon, ob der Leistungsberechtigte die verletzte Pflicht zwischenzeitlich doch noch erfüllt hat.56 Sie beginnt erst mit dem Kalendermonat, der auf das Wirksamwerden des zumindest insoweit konstitutiven57 Minderungs-Verwaltungsaktes folgt.58 Der Verwaltungsakt muß dem Pflichtverstoß stets unverzüglich nachfolgen, sollen die Minderung des Auszahlungsanspruchs, die damit bezweckte Motivation des Leistungsberechtigten und die nach wie vor maßgebliche Eingliederungsvereinbarung ihre volle Wirkung entfalten.59 Dem steht § 31b Abs. 1 Satz 5 SGB II nicht entgegen,60 wenn es dort heißt, daß die Minderungsfeststellung „nur innerhalb von sechs Monaten“ ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig ist. Damit ist lediglich eine Höchstgrenze festgesetzt, die den „zeitlichen Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Eintritt der Sanktion“ absichern soll61. Das Erfordernis unverzüglichen Handelns der Verwaltung wird dadurch nicht in Frage stellt.62 Das kann bei wiederholten Pflichtverletzungen zu sich überscheidenden Sanktionszeiträumen führen.63 In diesem Falle bestimmen sich Ausmaß und Dauer ausschließlich nach den für die letzte Pflichtverletzung maßgeblichen wo nur noch davon die Rede ist, daß der Verwaltungsakt die Pflichtverletzung und den Minderungsumfang „feststellt“. Bestätigend wirkt zudem § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II, der bereits aus sich heraus bestimmt, daß sich das Arbeitslosengeld II bei „einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert“. Ebenso BT-Drs. 17/3404, S. 112; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31b Rn. 2; a. A., allerdings ohne hinreichende Differenzierung, Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31b Rn. 4. 55 Eine Ausnahme kann nach § 31b Abs. 1 Satz 4 SGB II für erwerbsfähige Leistungsberechtigte eingreifen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben. 56 So schon BT-Drs. 15/1516, S. 61 zur entsprechenden Rechtslage nach § 31 SGB II a. F.; mittelbar bestätigend nunmehr BT-Drs. 17/3404, S. 112 (Anm. zu § 31a Abs. 1 a. E.). Zustimmend Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31b Rn. 8, und noch mit Blick auf § 31 SGB II a. F. etwa Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 56. Bei vollständiger Minderung des Anspruchs auf Auszahlung des Arbeitslosengeldes II kann der Grundsicherungsträger die Minderung aber im Einzelfall auf 60% begrenzen, wenn der Leistungsberechtigte sich nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen (§ 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II). 57 Ebenso Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31b Rn. 1 f.; insoweit zutreffend auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31b Rn. 4. 58 § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II. Das dient neben der Verwaltungsvereinfachung auch der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit. 59 Noch mit Blick auf § 31 SGB II a. F. SG Berlin v. 12. Januar 2006, Az. S 37 AS 11525/05 ER, juris Rn. 10; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 17), § 31 Rn. 147 ff., insbes. Rn. 150; Herold-Tews, SGB II (Fn. 17), § 31 Rn. 91; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 60. 60 Jetzt mindestens mißverständlich Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31b Rn. 10. 61 BT-Drs. 17/3404, S. 112; Groth, Neustrukturierung (Fn. 34), § 13 Rn. 423. 62 So dürfte auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31b Rn. 17 ff. zu verstehen sein.

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Folgen. Eine Addition der jeweils einschlägigen Minderungssätze sieht das Gesetz nicht vor.64 ff) Besonderheiten bei der Verletzung einseitig bestimmter Leistungspflichten Ausgangspunkt der Betrachtungen zu Minderung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II war bislang die Sanktionsregelung aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Wie sich gezeigt hat, behandelt diese Vorschrift den Fall, daß der Leistungsberechtigte eine in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Leistungspflicht verletzt. Daneben begründen die Nummern 2 und 3 des § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II weitere Sanktionstatbestände.65 Diese Tatbestände greifen bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung allerdings nur ein, soweit es die Parteien in der Vereinbarung dem Grundsicherungsträger oder einem Dritten überlassen haben, die betreffenden Leistungen nachträglich zu bestimmen.66 Die einseitige Leistungsbestimmung hat dann zwar nach Maßgabe der Eingliederungsvereinbarung zu verlaufen. Weil sie naturgemäß nach Vertragsschluß erfolgt, unterfällt sie aber nicht mehr dem Filter des § 58 SGB X. Zum Ausgleich dieses Schutzdefizits fordert § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die in Rede stehenden Fälle, daß die einseitig bestimmte Leistung zumutbar sein muß.67 Darüber hinaus bedarf es für einige einseitig bestimmte Leistungspflichten keiner Erfüllungsverweigerung des Leistungsberechtigten mehr, um eine Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II auszulösen. Vielmehr genügt dort jede subjektiv vorwerfbare Pflichtverletzung.68 Im 63 So auch Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31b Rn. 8; vgl. ferner Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31b Rn. 11. Noch mit Blick auf § 31 SGB II a. F. ebenso BT-Drs. 15/1516, S. 61 f.; a. A. Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 60a. 64 Ebenso Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31a Rn. 6 und § 31b Rn. 8; vgl. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31a Rn. 17 und § 31b Rn. 11. 65 Eingehend zu den von diesen Tatbeständen erfaßten Arbeiten, Ausbildungen, Arbeitsgelegenheiten und Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit sowie den damit verbundenen sanktionswürdigen Verhaltensweisen Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 24 ff.; außerdem Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 18 ff. Zur Struktur dieser Sanktionstatbestände vor der Neuregelung der §§ 31 ff. SGB II knapp Groth, Neustrukturierung (Fn. 34), § 13 Rn. 401 ff. 66 Näheres dazu schon oben unter § 12 C.I.1.a)aa) a. E. und § 12 C.I.1.b) m. w. N. 67 S. die jeweils einleitende Formulierung in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 SGB II. Für eine nach der Leistungsbestimmung eintretende Unzumutbarkeit muß sich der Leistungsberechtigte weiterhin auf einen wichtigen Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II berufen und diesen Grund auch nachweisen. 68 S. nur Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 34. Ob diese Verschärfung des Sanktionsmechanismus im Vergleich zu den von § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfaßten Fällen sinnvoll ist, mag hier dahingestellt bleiben.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

übrigen bleibt es jedoch bei den zu § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II geschilderten Gesetzmäßigkeiten69. b) Schadenersatz Verletzt der Leistungsberechtigte seine Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, kann das grundsätzlich zu einer Haftung auf Schadenersatz nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB führen. Eine derartige Haftung entfällt allerdings, soweit die §§ 31 ff. SGB II und die nach § 15 Abs. 3 SGB II vorgesehene Schadenersatzvereinbarung als besondere Regelungen dem allgemeinen Schadenersatzrecht vorgehen.70 aa) Schadenersatz und die §§ 31 ff. SGB II Sollen die §§ 31 ff. SGB II gegenüber dem allgemeinen Schadenersatzrecht eine vorrangige Stellung haben,71 müßten sie zumindest auch den Charakter von Schadenersatznormen haben. Zunächst verdeutlichen die §§ 31 ff. SGB II allerdings nur den Zusammenhang zwischen den Leistungspflichten des Leistungsberechtigten und den Arbeitslosengeld II-Zahlungen des Grundsicherungsträgers. Zugleich haben die Vorschriften Sanktionscharakter, wenn sie bei Verletzung der Leistungspflichten die pauschale Minderung des Arbeitslosengeldes II anordnen.72 Das soll in erster Linie einen vorbeugenden, möglichst wirkungsvollen Druck auf den Leistungsberechtigten ausüben, seine Pflichten gerade ohne Sanktion zu erfüllen.73 Funktionell ist die Sanktionsregelung damit einer Vertragsstrafe ver69

S. dazu die vorangegangenen Ausführungen unter A.I.1.a). Zur subsidiären Anwendbarkeit des allg. Schadenersatzrechts im öffentlichen Verwaltungsvertragsrecht s. nur Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 1), § 62 Rn. 22 ff., und Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, 1999, S. 62. 71 Dahin wohl Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 49, der seine Auffassung allerdings nicht näher begründet; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 1, ebenfalls ohne Begründung. 72 Das bestätigt auch die Überschrift von Unterabschnitt 5 in Kapitel 3 Abschnitt 2 des SGB II. Näher zum Sanktionscharakter der Norm BT-Drs. 15/1516, S. 47 und 61; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 2; ders., Hartz IV-Rechtsprechung (Fn. 26), S. 18; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 1 ff.; Helga Spindler, Fordern und Fördern – zur Eingliederung arbeitsuchender Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt, AWPA 2008, S. 70 (70 ff.). 73 Dieser Aspekt wird oft nicht genug herausgestellt, obwohl er sich auch in dem jeder Sanktion vorangehenden Belehrungserfordernis zeigt. Zum Motivationscharakter der Sanktionsregel s. auch BT-Drs. 15/1516, S. 60; Berlit, Sanktionensystem (Fn. 8), S. 707; ders., Das neue Sanktionensystem, ZFSH/SGB 2008, S. 3 (3); ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 4; Sofia Davilla, Die Eigenverantwortung im 70

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gleichbar.74 Vertragsstrafen aber ist noch eine weitere Funktion zu eigen. Sie sollen dem Gläubiger wenigstens teilweise Ersatz für seinen Schaden verschaffen, ohne daß er dafür einen Schadensnachweis führen müßte.75 Und tatsächlich greift das dahinterstehende Anliegen auch im Zusammenhang mit einer Pflichtverletzung durch den Leistungsberechtigten, weil der Grundsicherungsträger regelmäßig Schwierigkeiten haben wird, die Höhe des entstandenen Schaden ohne erheblichen Aufwand nachzuweisen.76 Soweit die §§ 31 ff. SGB II demnach auf ihre Art Schadenersatz gewähren,77 gehen sie einer entsprechenden Forderung über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB als speziellere Normen vor.78 Davon unbeschadet bleibt aber eine auf allgemeines Schadenersatzrecht gestützte Forderung für weiSGB III und SGB II, 2011, S. 242 f. und 249; vgl. auch Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 16; Leandro Valgolio, Stellungnahme zur Absenkung von Arbeitslosengeld II nach § 31 SGB II, wiedergegeben von Peter G. Winter, Kurz notiert, SGb 2008, S. 257 (259); ferner Heinrich Lang, Die Eingliederungsvereinbarung zwischen Autonomie und Bevormundung, NZS 2006, S. 176 (182). 74 Zur primären Funktion einer Vertragsstrafe, Erfüllungsdruck auszuüben BGHZ 49, 84 (89), und 105, 25 (27); Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, S. 376; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 545. Diese wichtige Funktion übersieht Davilla, Eigenverantwortung (Fn. 73), S. 249, die unter dem ausschließlichen Hinweis auf die Funktion der Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II, den „Hilfebedürftigen zu einem obliegenheitskonformen Verhalten anzuhalten“, das Vorliegen einer Vertragsstrafe gerade ablehnt und ihre Argumentation damit selbst ad absurdum führt. Die Übernahme zivilrechtlicher Vorschriften zur Vertragsstrafe nach §§ 339 ff. BGB ist gleichwohl nur mit Vorsicht und Rücksicht auf die vorrangige – weil speziellere – Regelung der §§ 31 ff. SGB II möglich. 75 Zur ganz überwiegend anerkannten Doppelfunktion der Vertragsstrafe etwa Eduard Bötticher, Wesen und Arten der Vertragsstrafe sowie deren Kontrolle, ZfA 1970, S. 3 (3 ff.); Peter Gottwald, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 340 Rn. 8 und 15 ff.; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 74), S. 377; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 545. 76 Vgl. zu den Schwierigkeiten eines Schadensnachweises auch Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 49, freilich nur aus Perspektive des Leistungsberechtigten gesehen. Insoweit dienen die §§ 31 SGB II also auch der Verwaltungsvereinfachung. Zum Anliegen der Vertragsstrafe, den Ersatz für einen durch Vertragspflichtverletzung entstandenen Schaden zu sichern, dessen Höhe ggf. nur schwer nachweisbar ist, s. die Nachweise in Fn. 75. Vgl. dazu auch Davilla, Eigenverantwortung (Fn. 73), S. 249, deren Ausführungen allerdings erneut eher uninformiert wirken. 77 S. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 4. 78 Vgl. auch Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 49; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 1, und vgl. § 15 Rn. 51; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 2 und § 31a Rn. 2; noch deutlicher dies., SGB II (Fn. 17), § 31 Rn. 2; Wolfgang Spellbrink, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15 Rn. 36. Erleichterungen gelten noch einmal im Fall des § 15 Abs. 3 SGB II; darauf wird zurückzukommen sein.

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tergehende Schäden oder Schäden aus sonst nicht sanktionierten Leistungspflichtverletzungen79. An einer Anspruchsgrundlage fehlt es dann ersichtlich nicht,80 und weshalb die §§ 31 ff. SGB II insofern eine Ausschlußwirkung entfalten sollten, ist ebenso wenig wie im allgemeinen Recht der Vertragsstrafe81 erkennbar.82 Das gilt um so mehr, als ein Anspruch aus allgemeinem Schadenersatzrecht weniger leicht zu realisieren ist. Auch ist dort die konkrete Schadenshöhe nachzuweisen, und eine sofortige Liquidation des Schadens kommt anders als über § 31 SGB II regelmäßig nicht in Betracht.83 Soweit das allgemeine Schadenersatzrecht eingreift, haftet der Leistungsberechtigte dem Grundsicherungsträger für die Vertragspflichtverletzung, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.84 Anders als im Geltungsbereich der §§ 31 ff. SGB II hat der Leistungsberechtigte jetzt stets für jede Fahrlässigkeit einzustehen, doch können die Parteien in der Eingliederungsvereinbarung abweichendes vereinbaren.85 Liegt ein wichtiger Grund i. S. d. § 31 SGB II vor, wird die Pflichtverletzung jedenfalls 79 Das betrifft insbes. Pflichtverletzungen, die über die §§ 31 ff. SGB II nicht mehr sanktionierbar sind, etwa weil das Arbeitslosengeld II bereits vollständig gemindert ist oder eine fahrlässige Pflichtverletzung vorliegt. 80 Anders Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2005, § 15 Rn. 27, und Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 15 Rn. 36 jeweils mit dem Hinweis, daß sich ein Schadenersatzanspruch aus dem Gesetz nicht herleiten lasse. Dieser Hinweis erscheint nachvollziehbar, soweit man wie Spellbrink (a.a.O., § 15 Rn. 10) davon ausgeht, daß die Eingliederungsvereinbarung kein öffentlichrechtlicher Verwaltungsvertrag ist. Bejaht man dagegen wie Rixen (a.a.O., § 15 Rn. 2 ff.) das Vorliegen eines solchen Vertrages, entbehrt das Argument jeder Grundlage. 81 Die fehlende Ausschlußwirkung einer – selbstverständlich nicht unmittelbar gegebenen – Vertragsstrafenregelung für weitergehende Schadenersatzansprüche hat der Gesetzgeber in § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 340 Abs. 2 BGB sogar ausdrücklich festgeschrieben; s. auch Bötticher, Vertragsstrafe (Fn. 75), S. 3 ff., und Larenz, Schuldrecht I (Fn. 74), S. 380. 82 Ebenso Dieter Knoblauch/Torsten Hübner, Die Eingliederungsvereinbarung als Handlungsform im SGB II und SGB III, NDV 2005, S. 277 (281). Anders Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 49; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 1, und vgl. § 15 Rn. 51; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 2 und § 31a Rn. 2; noch deutlicher dies., SGB II (Fn. 17), § 31 Rn. 2; freilich jeweils ohne Begründung. 83 Der Leistungsberechtigte muß auch keinen Verlust der Zahlungen des Arbeitslosengeldes II fürchten, weil die Schadenersatzansprüche des Grundsicherungsträger zu dieser Zeit wegen §§ 51 Abs. 1 und 54 Abs. 4 SGB I weder durch Pfändung noch durch Aufrechnung befriedigt werden dürften; das übersieht Ingmar Fröhlich, Vertragsstrukturen in der Arbeitsverwaltung, 2007, S. 149. 84 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB; vgl. auch § 311a Abs. 2 BGB. 85 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 276 BGB.

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nicht zu vertreten sein. Im Haftungsfalle ist grundsätzlich Naturalrestitution zu leisten, und wenn das nicht möglich ist, finanzieller Ausgleich für die Folgen der Pflichtverletzung.86 Ein möglicher Schaden kann bei dem Grundsicherungsträger beispielsweise in den Kosten für die im Einzelfall gebotene Anpassung der Eingliederungsvereinbarung liegen, ferner in der Gewährung von Arbeitslosengeld II, soweit die Pflichtverletzung das Ende der Hilfebedürftigkeit des Bürgers tatsächlich verzögert hat. Unbeachtlich bleiben insbesondere die Aufwendungen, die der Grundsicherungsträger im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Pflichterfüllung des Leistungsberechtigten gemacht hat, weil nicht zu vermuten ist, daß diese Aufwendungen bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung ausgeglichen worden wären.87 bb) Schadenersatz und § 15 Abs. 3 SGB II Etwas anders liegen die Dinge bei § 15 Abs. 3 SGB II, der für den Fall, daß die Parteien eine Bildungsmaßnahme vereinbaren, auch die Vereinbarung einer Schadenersatzregelung fordert. Diese Regelung schließt in ihrem Anwendungsbereich § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB aus, da sie „Umfang und (. . .) Voraussetzungen“ der Schadenersatzpflicht abschließend bestimmt.88 Weil es bei der Vereinbarung nach § 15 Abs. 3 SGB II aber letztlich doch nur um eine – wenn auch ausgehandelte – Schadenersatzregelung geht, sind wie bei der Anwendung des allgemeinen Schadenersatzrechts wieder die §§ 31 ff. SGB II zu berücksichtigen. Soweit diese Vorschrift eingreift und einen freilich nicht abschließenden Ersatz für den Schaden gewährt weil der Leistungsberechtigte „eine Bildungsmaßnahme (. . .) nicht zu Ende führt“, kann aus der Vereinbarung nur noch der überschießende Schadensbetrag gefordert werden. c) Keine weiteren Rechtsfolgen Die Verletzung der Leistungspflichten des Leistungsberechtigten hat mit Ausnahme einer unter Umständen bestehenden Kündigungsmöglichkeit des Grundsicherungsträgers89 keine weiteren durch Leistungsstörungsrecht ver86

§ 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 BGB. Es liegt in der Natur des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses, daß die Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht dem Ausgleich der Kosten des Grundsicherungsträgers dienen. Eine Leistungsrentabilität ist gerade nicht Zweck der Grundsicherung; vgl. § 1 Abs. 2 SGB II. Zur Möglichkeit einer alternativen Aufwendungsersatzforderung s. § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 284 BGB. 88 S. dazu auch oben § 11 D.II.1.e). 87

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mittelten Rechtsfolgen. Die §§ 31 ff. SGB II regeln die Folgen für die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers abschließend, so daß mit Blick darauf eine prinzipiell denkbare Anwendung der allgemeineren § 66 SGB I oder § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 bzw. § 320 Abs. 1 BGB von vornherein ausscheidet.90 Die §§ 31 ff. SGB II geben den Folgen für die Zahlungspflicht eine spezifische inhaltliche und zeitliche Dimension, die bei Anwendung der genannten Vorschriften weitgehend unterlaufen würde. Deshalb kommt auch ein Rückgriff auf die Unmöglichkeitsvorschriften nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 326 Abs. 1 bis 4 BGB nicht in Betracht.91 Auch die vereinbarten Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers einschließlich der sie flankierenden weiteren Verhaltenspflichten bleiben von den erwähnten Vorschriften unberührt. Insbesondere § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 320 BGB findet keine Anwendung.92 Nach dem im Eingliederungsrecht geltenden Gebot des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes muß der Grundsicherungsträger den Leistungsberechtigten „umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit“ unterstützen.93 Dem widerspräche es, wenn er grundsätzlich die Erfüllung seiner Eingliederungspflichten verweigern dürfte, nur weil der Leistungsberechtigte seine Eingliederungspflichten verletzt. Das gilt um so mehr, als der Eingliederungsprozeß durch die Pflichtverletzung des Leistungsberechtigten ohnehin schon erheblich gestört ist.94

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Darauf wird zurückzukommen sein. Eingehendere Ausführungen zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung finden sich unter B.II.2. 90 Zum Rechtsgrundsatz „lex specialis derogat legi generali“ s. nur Reinhold Zippelius, Juristische Methodenlehre, 10. Aufl. 2006, S. 38 f. 91 In § 326 Abs. 1 bis 4 BGB findet sich zwar ein fein ausdifferenziertes Fehlerfolgensystem zu Fällen der Unmöglichkeit; Einzelheiten dazu bei Wolfgang Ernst, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 326 insbes. Rn. 8 ff. und 18 ff.; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), § 326 Rn. 2 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 436 ff. und 439 ff. Doch sind die dort vorgesehenen Rechtsfolgen auf eine wesentlich andere Interessenkonstellation zugeschnitten als sie im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung vorliegt. 92 Anders Fröhlich, Vertragsstrukturen (Fn. 83), S. 148. 93 § 14 Satz 1 SGB II. Näheres zum Gebot des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes s. außerdem unter § 8 C.III.2. 94 Das übersieht Fröhlich, Vertragsstrukturen (Fn. 83), S. 148, der völlig bedenkenlos und ohne Begründung den auf eine vollkommen andere Interessenkonstellation zugeschnittenen § 320 BGB eingreifen lassen will.

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2. Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten des Leistungsberechtigten Verletzt der Leistungsberechtigte seine vertraglichen Melde- und Erscheinenspflichten95, richten sich die Folgen der Pflichtverletzung in erster Linie nach § 32 SGB II. Zwar geht es weiterhin um die Folgen einer Vertragspflichtverletzung, für die prinzipiell die §§ 31 ff. SGB II Geltung beanspruchen. Doch stellt § 32 SGB II die speziellere Vorschrift dar. Mit ihm liegt für den Fall der Verletzung von Melde- und Erscheinenspflichten eine eigenständige Sanktionsregelung vor,96 die strukturell zwar noch ähnliche, aber deutlich mildere Sanktionsfolgen vorsieht als die §§ 31 ff. SGB II. § 32 SGB II hat deshalb den Vorrang.97 Verweigert sich der Leistungsberechtigte einer Melde- oder Erscheinensaufforderung, kommt es demnach zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um jeweils 10% des maßgeblichen Regelbedarfs98. Dabei können sich Zeitraum und Höhe mehrerer solcher Sanktionen überlappen und summieren.99 Weil das Gesetz keine Weigerung sondern nur ein „Nichtnachkommen“ fordert, genügt auch die fahrlässige Nichterfüllung dieser Pflichten, um eine Sanktion auszulösen.100 Die Terminsbestimmung muß rechtmäßig gewesen sein,101 nunmehr freilich gemessen am Maßstab der Eingliederungsvereinbarung, weil für die Parteien das Vereinbarte gilt. Ferner muß der Leistungsberechtigte ordnungsgemäß und schriftlich über die möglichen Rechtsfolgen seines Verhaltens belehrt worden sein, es sei denn, die drohenden Rechtsfolgen waren ihm bekannt.102 Die Sanktion entfällt, wenn er für die Pflichtverletzung einen 95 Gemeint sind die Pflichten des Leistungsberechtigten, sich nach Aufforderung durch den zuständigen Träger zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen. 96 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen im Überblick Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 32 Rn. 4 ff., und Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 32 Rn. 3 ff. 97 Im Ergebnis ebenso Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 13c; vgl. auch Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 32 Rn. 1. Zum Rechtsgrundsatz „lex specialis derogat legi generali“ s. nur Zippelius, Methodenlehre (Fn. 90), S. 38 f. 98 Der maßgebende Regelbedarf folgt aus § 20 SGB II. 99 Insofern besteht ein deutlicher Unterschied zu den Sanktionsfolgen in den §§ 31 ff. SGB II; ebenso Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 32 Rn. 6. Die Minderung nach § 32 SGB II kann zudem zu einer Minderung nach § 31a SGB II hinzutreten (§ 32 Abs. 2 Satz 1 SGB II). 100 Ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 32 Rn. 2; undeutlicher noch ders., Sanktionensystem (Fn. 8), S. 709; ferner Davilla, Eigenverantwortung (Fn. 73), S. 375; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 32 Rn. 5; zu eng Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 24. 101 S. auch LSG Hamburg v. 13. Februar 2007, Az. L 5 B 43/07 ER AS, juris Rn. 4; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 32 Rn. 4; Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 26.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

wichtigen Grund darlegt und nachweist.103 Mit Blick auf die zeitliche Dimension der erwähnten Rechtsfolgen gilt das zu den sonstigen Vertragspflichtverletzungen des Leistungsberechtigten Gesagte entsprechend.104 Grundsätzlich ist vor Verhängung der Sanktion auch eine Anhörung erforderlich.105 Soweit bei einer Verletzung der sonstigen Vertragspflichten des Leistungsberechtigten das allgemeine Schadenersatzrecht nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 ff. BGB eingreift, gilt das entsprechend bei einer Verletzung seiner Melde- und Erscheinenspflichten. Ein relevanter Schadensposten kann insbesondere in den Kosten für die Anberaumung eines weiteren Melde- oder Erscheinenstermins liegen. 3. Verletzung der Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers a) Schadenersatz Verletzt der Grundsicherungsträger seine Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, droht ihm in erster Linie ein Schadenersatzanspruch des Leistungsberechtigten nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 ff. BGB. Besondere Haftungsvorschriften, die einen Anwendungsvorrang beanspruchen könnten, bestehen nicht.106 Das gilt insbesondere mit Blick auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, der von vornherein nur zur Geltung kommt, soweit die jeweilige Pflichtverletzung nicht schon gesetzlich geregelt ist.107 Nach allgemeinem Schadenersatzrecht 102

§ 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Näheres dazu bei den entsprechend geltenden Ausführungen zu den sonstigen Vertragspflichtverletzungen des Leistungsberechtigten unter A.I.1.a)cc)(1). 103 § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Näheres dazu bei den entsprechend geltenden Ausführungen zu den sonstigen Vertragspflichtverletzungen des Leistungsberechtigten unter A.I.1.a)cc)(2). Eingehend Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 32 Rn. 13 ff. mit zahlreichen Fallbeispielen. 104 § 32 Abs. 2 Satz 2 SGB II ordnet die entsprechende Geltung von § 31b SGB II an; zum Regelungsgehalt dieser Vorschrift s. o. A.I.1.a)ee). Für mögliche Ergänzungsleistungen und Leistungen für Heizung und Unterkunft (§ 31 Abs. 2 Satz 2 SGB II i. V. m. § 31a Abs. 3 SGB II) s. o. Fn. 7. 105 § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 24 SGB X. 106 Allenfalls zusätzlich kommt noch eine Amtshaftung des Grundsicherungsträgers nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht; s. allg. auch Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997, S. 45, der sich freilich nur zur Phase vor Abschluß eines Vertrages äußert. 107 Als subsidiäres richterrechtliches Institut darf der sozialrechtliche Herstellungsanspruch gesetzliche Wertungen – wie sie etwa über § 61 Satz 2 SGB X

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muß der Grundsicherungsträger prinzipiell Naturalrestitution, und wenn das nicht möglich ist, einen finanziellen Ausgleich für die Folgen der Pflichtverletzung leisten.108 Ein möglicher Schaden kann bei dem Leistungsberechtigten insbesondere darin liegen, daß ihm durch die Pflichtverletzung des Grundsicherungsträgers eine Eingliederungsmöglichkeit und ein damit verbundener Einkommenszuwachs entgehen.109 Unbeachtlich für die Schadensbemessung bleibt dagegen der wirtschaftliche Wert der nicht erbrachten Leistungen.110 Die Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers dienen ihrer Natur nach der paßgenauen und effizienten Eingliederung des Leistungsberechtigten.111 Es geht ihnen nicht um die bloße Zuweisung der in den Leistungen ruhenden Vermögenswerte. Ebensowenig kann der Leistungsberechtigte Aufwendungen ersetzt verlangen, die er im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Pflichterfüllung des Grundsicherungsträgers gemacht hat.112 b) Keine weiteren Rechtsfolgen Die Verletzung der Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers aus der Eingliederungsvereinbarung hat mit Ausnahme einer denkbaren Kündigungsmöglichkeit113 des Leistungsberechtigten keine weiteren durch Leistungsstörungsrecht vermittelten Rechtsfolgen. Die vereinbarten Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten mit den sie flankierenden weiteren Verhaltenspflichten bleiben insbesondere von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommen – nicht unterlaufen; s. etwa BSG 60, 158 (167); Hans-Peter Adolf, Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, 1991, S. 53, 109 Fn. 1; Karl-Jürgen Bieback, Grundlagen und Schranken des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, SGb 1990, S. 517 (517 und 519). Das muß um so eher gelten, als der sozialrechtliche Herstellungsanspruch weder in seinen dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen noch in seinen Rechtsfolgen abschließend geklärt ist; s. nur die immer noch aktuelle Bestandsaufnahme von Bieback a. a. O. Für weitere Nachweise s. § 10 Fn. 108. 108 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 BGB. 109 So auch Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 82), S. 281. 110 So im Ergebnis auch Knoblauch/Hübner, Eingliederungsvereinbarung (Fn. 82), S. 281. 111 S. dazu nur §§ 1 Abs. 2 und 14 Satz 1 SGB II. 112 Insofern gilt nichts anderes als für mögliche Schadenersatzansprüche des Grundsicherungsträgers, weil nicht anzunehmen ist, daß die Aufwendungen der Parteien mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung ausgeglichen worden wären; s. schon oben I.1.b). Anstatt Schadenersatz zu fordern, besteht allerdings die Möglichkeit, Aufwendungsersatz nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 284 BGB geltend zu machen, soweit die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. 113 Darauf wird zurückzukommen sein. Eingehendere Ausführungen zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung finden sich unter B.II.2.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

i. V. m. § 320 BGB unberührt.114 Nach dem im Eingliederungsrecht geltenden Gebot des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes muß der Leistungsberechtigte „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen“.115 Dem widerspräche es, wenn er grundsätzlich die Erfüllung seiner Eingliederungspflichten verweigern dürfte, nur weil der Grundsicherungsträger seine Eingliederungspflichten verletzt, zumal der Eingliederungsprozeß durch die Pflichtverletzung ohnehin schon erheblich gestört ist. 4. Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers Verletzt der Grundsicherungsträger seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II, kann das den Leistungsberechtigten zur Verweigerung seiner Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung berechtigen (a). Daneben kommt erneut eine Schadenersatzhaftung des Grundsicherungsträgers in Betracht (b). a) Recht zur Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten Das Gesetz regelt in den §§ 31 ff. SGB II wenigstens teilweise die Rechtsfolgen einer Vertragspflichtverletzung des Leistungsberechtigten für die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers. Es trifft aber keine Aussage zu dem Fall, daß der Grundsicherungsträger seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II verletzt. Das leitet über zu den allgemeinen vertragsrechtlichen Bestimmungen. Dort sieht insbesondere § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 320 BGB grundsätzlich ein Recht des vertraglich Verpflichteten vor, „die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung“ zu verweigern. § 320 BGB fordert allerdings ein besonderes Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) zwischen den in Rede stehenden Leistungen.116 Eine Partei darf die betreffende Pflicht nur zu dem Zweck übernommen haben, von der anderen dafür eine bestimmte Gegenleistung zu erhalten. Jede Partei muß die Leistung der anderen Partei dabei als Gegenwert für die eigene Leistung ansehen.117 Das ist im Verhältnis zwischen 114 Anders Fröhlich, Vertragsstrukturen (Fn. 83), S. 148; allerdings ohne nähere Begründung. 115 § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Näheres zum Gebot des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes s. außerdem unter § 8 C.III.2. 116 Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), § 320 Rn. 4; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 74), S. 203; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 249.

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der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers und den Leistungspflichten des Leistungsberechtigten gerade nicht der Fall. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes II soll primär den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten sichern.118 Sie bemißt sich nach dessen Hilfebedürftigkeit und steht damit in keiner Wertrelation zu Art und Umfang der vereinbarten Eingliederungsbemühungen.119 Die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten dagegen dienen primär dessen paßgenauer und effizienter Eingliederung in Arbeit,120 nicht aber dem Erhalt von Arbeitslosengeld II. Sie sollen vielmehr dazu beitragen, daß der Leistungsberechtigte seinen Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann.121 Schon deshalb122 muß eine Anwendung des § 320 BGB in der vorliegenden Konstellation ausscheiden. 117 BGHZ 15, 105 (105); 77, 359 (363); BGH NJW 2006, S. 2773 (2775); Volker Emmerich, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, Vor 320 Rn. 5 und 17; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), Einf v 320 Rn. 5; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 74), S. 203; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 115. Dabei kommt es allein auf die subjektive Äquivalenz der Leistungen an; s. nur Larenz, a.a.O., S. 203. 118 S. §§ 19 ff. SGB II i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II; s. auch Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 19 Rn. 2. 119 Die Höhe des Arbeitslosengeldes II bemißt sich gem. § 19 Abs. 1 S. 3 i. V. m. §§ 20 ff. SGB II ausschließlich nach dem Ausmaß der Hilfebedürftigkeit i. S. d. §§ 9 ff. SGB II; s. dazu nur Frank Brünner/Anne Lenze, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 19 Rn. 3 und 6. 120 S. dazu nur § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 2 Abs. 1 und 2 SGB II. 121 S. dazu die Aufgaben- und Zielbestimmung des Grundsicherungskonzeptes in § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB II; näher Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 1 Rn. 4 und 11. 122 Ein weiteres Anwendungsproblem des § 320 BGB liegt in der Frage, ob die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers eine Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung ist. Dagegen spricht zwar auf den ersten Blick, daß der Leistungsberechtigte nach Maßgabe der §§ 19 ff. SGB II einen gesetzlich geregelten Anspruch auf die Zahlung des Arbeitslosengeldes II hat und ein öffentlichrechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nach § 53 Abs. 2 SGB X nur geschlossen werden kann, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Doch kann das speziellere Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II die allg. Bestimmungen des SGB X verdrängen und die Sperre des § 53 Abs. 2 SGB X durchbrechen; vgl. zum Beispiel vertraglich vereinbarter Eingliederungsleistungen, auf die an und für sich ein gesetzlicher Anspruch besteht, auch Berlit, Eingliederungsvereinbarungen (Fn. 47), S. 41 f.; Klaus Engelmann, in: Matthias von Wulffen (Hrsg.), SGB X, 7. Aufl. 2010, § 55 Rn. 2; Bedenken bei Björn Diering, in: ders./Hinnerk Timme/ Dirk Waschull (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 3. Aufl. 2010, § 54 Rn. 16. Dabei schadete es nicht, wenn die Parteien die Zahlungspflicht eben mit Rücksicht auf die schon bestehende gesetzliche Regelung in der Eingliederungsvereinbarung nicht ausdrücklich erwähnen; allg. zur Lage bei sog. hinkenden Austauschverträgen Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 56 Rn. 20; Ulrich Stelkens, „Hinkende“ Verwaltungsverträge: Wirkungen und Rechtsnatur, DÖV 2009, S. 850 (850 ff.).

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Unabhängig davon könnte der Leistungsberechtigte aber nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB123 berechtigt sein, die vertraglich geschuldeten Eingliederungsleistungen zu „verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird“.124 Zweifelhaft bleibt unter den Voraussetzungen des § 273 BGB nur, ob sich aus dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis nicht etwas anderes ergibt.125 Dagegen spricht der Umstand, daß die Parteien ihre Eingliederungsvereinbarung unter dem Eindruck der sozialen Sicherung des Leistungsberechtigten schließen. Die soziale Sicherung erfolgt durch Zahlung von Arbeitslosengeld II und erlaubt es dem Leistungsberechtigten, unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten paßgenau und effizient auf seine dauerhafte Eingliederung hinzuarbeiten.126 Mit dieser Perspektive planen die Parteien den weiteren Eingliederungsprozeß und gestalten sie die Vereinbarung. Die Eingliederungsvereinbarung müßte notwendigerweise einen anderen Inhalt annehmen, wenn der Leistungsberechtigte sich neben seiner Eingliederung auch um seinen Lebensunterhalt zu bemühen hätte. Paßgenauigkeit und Effizienz stünden dann verständlicherweise im Hintergrund.127 Vor diesem Hintergrund erschiene es grundsätzlich treuwidrig, die 123

Allg. zur Anwendbarkeit der Vorschrift im Öffentlichen Recht VGH Kassel, NJW 1996, S. 2746 (2748); Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 1), § 62 Rn. 34; Utz Schliesky, in: Hans Joachim Knack/Hans-Günter Henneke, VwVfG, 9. Aufl. 2010, § 62 Rn. 24 f.; de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 70), S. 426 f.; weitere Nachweise auch zur Gegenauffassung in § 10 Fn. 20. 124 § 273 BGB stellt zwar keine echte Leistungsstörungsnorm dar, sie kann aber bei Pflichtverletzungen dennoch zum Einsatz kommen; s. nur Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 232. Deshalb erscheint es vertretbar, die Vorschrift im Leistungsstörungsrecht mitzubehandeln. 125 Damit ist die sowohl in § 61 Satz 2 SGB X als auch in § 273 Abs. 1 BGB allg. formulierte Frage angesprochen, ob und wie weit das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB auf die in Rede stehende Pflichtenkonstellation anwendbar ist; so allg. auch de Wall, Anwendbarkeit (Fn. 70), S. 428. Die im übrigen gebotenen wechselseitigen Verpflichtungen sind mit den vertraglichen Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten und der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers gegeben. Die Pflichten entstammen ferner demselben rechtlichen Verhältnis (Eingliederungs-Rechtsverhältnis); näher zu dieser weit verstandenen Voraussetzung Wolfgang Krüger, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 273 Rn. 13 m. w. N. Auch die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers ist grds. schon fällig, wenn die vertraglichen Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten zu erfüllen sind; s. nur noch § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II. 126 S. insbes. § 2 Abs. 1 SGB II, und BT-Drs. 15/1516, S. 51 f., 54 und 60. 127 Zu Sinn und Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts im Zusammenhang mit den übrigen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende §§ 1 Abs. 3 Nr. 2, 19 ff. SGB II i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II; s. auch BT-Drs. 15/ 1516, S. 41; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 2 Rn. 1 und 3; Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 1 Rn. 4; vgl. zudem Helga Spindler, Arbeiten für die Grundsicherung, SozSich 2008, S. 365 (366).

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Erfüllung der vereinbarten Pflichten losgelöst von der zugrundegelegten sozialen Sicherung zu fordern. Die Anwendung des § 273 Abs. 1 BGB ist durch die Natur des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses daher sogar geboten, soweit die Zahlung des Grundsicherungsträgers nicht zu Recht ausbleibt.128 Ausnahmen können sich vor allem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben, wenn etwa nur noch eine kurzfristige Verzögerung der Zahlungen zu erwarten ist oder wegen der Leistungsverweigerung des Leistungsberechtigten ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht oder ein naheliegender Eingliederungserfolg vereitelt wird.129 b) Schadenersatz Bei Verletzung der Zahlungspflicht kann der Leistungsberechtigte zudem eine Verzinsung des ausstehenden Arbeitslosengeldes II nach Maßgabe des § 44 SGB I verlangen. Weitergehender (Verzugs-) Schadenersatz soll ausgeschlossen sein.130 II. Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten Die Verletzung von weiteren Verhaltenspflichten kann unbeschadet der Möglichkeit einer Kündigung der Eingliederungsvereinbarung131 zu einer Schadenersatzhaftung nach § 61 Satz 2 SGB X i.V.m. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB führen.132 Im Haftungsfalle muß der Schädiger den Geschädigten so stellen, als ob er seiner Verhaltenspflicht genügt hätte.133 Wiegt die Verletzung der weiteren Verhaltenspflichten so schwer, daß sie sich zugleich wie eine Leistungspflichtverletzung nach Maßgabe der §§ 31 ff. SGB II darstellt, gelten die dazu vorgestellten Gesetzmäßigkeiten134. 128 Ein berechtigtes Ausbleiben des Arbeitslosengeldes II liegt vor allem im Falle einer entsprechenden Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II vor. 129 Allg. zu möglichen Einschränkungen des § 273 BGB im Einzelfall s. nur Krüger, Münchener Kommentar (Fn. 125), § 273 Rn. 72 f. m. w. N. 130 S. dazu nur Hinnerk Timme, in: Utz Krahmer (Hrsg.), Sozialgesetzbuch I, 2. Aufl. 2008, § 44 Rn. 2, und die weiteren zu § 10 A.I.4.b) genannten Nachweise. Unterstellt man die beschriebene Ausschlußwirkung des § 44 SGB I, kann auch an dieser Stelle offen bleiben, ob die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung zur Vertragspflicht wird. 131 Darauf wird zurückzukommen sein. Eingehendere Ausführungen zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung finden sich unter B.II.2. 132 Daneben kommt wieder eine Amtshaftung des Grundsicherungsträgers nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht; s. allg. auch Keller, Schuldverhältnisse (Fn. 106), S. 45, allerdings zur Phase vor Abschluß eines Vertrages. 133 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 ff. BGB. 134 S. dazu oben § 13 A.I.1.a) und b).

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

Verletzt der Leistungsberechtigte seine leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten, kann das den Grundsicherungsträger darüber hinaus berechtigen, für die einschlägige Zeit die Zahlung des Arbeitslosengeldes II zu verweigern. Dafür gelten im wesentlichen die gleichen Gesetzmäßigkeiten wie vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung. Die dort bereits erfolgte dogmatische Aufbereitung135 entlastet an dieser Stelle und erlaubt eine Beschränkung auf die wesentlichen Eckpunkte der Thematik. Demnach kann sich der Grundsicherungsträger für die Verweigerung der Arbeitslosengeld II-Zahlung im Ausgangspunkt auf § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB136 berufen. Aus dem Eingliederungs-Rechtsverhältnis ergibt sich auch jetzt nichts, was der Anwendung dieser Vorschriften entgegenstehen könnte. Die Zahlung des Arbeitslosengeldes II soll dem Leistungsberechtigten durch vorläufige Sicherung seines Lebensunterhalts die Gelegenheit geben, unbelastet und eigenverantwortlich alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit wahrzunehmen.137 Dem genügt der Leistungsberechtigte nicht allein mit dem Abschluß einer paßgenauen und effizienten Eingliederungsvereinbarung.138 Er muß die Vereinbarung konsequenterweise auch ordnungsgemäß umsetzen, wofür die Erfüllung der weiteren Verhaltenspflichten eine wesentliche Voraussetzung ist139. Die Verletzung dieser Pflichten begründet einen unlösbaren Widerspruch zu dem Begehren um Grundsicherung auf Kosten der Gemeinschaft und dem Kernziel der Grundsicherung, wonach jeder seinen Lebensunterhalt so weit wie möglich „aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten“140 soll. Das fordert einen prinzipiellen Rückgriff auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB geradezu heraus. Die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II durch Verwaltungsakt steht dem nicht im Wege. Der Grundsicherungsträger kann ferner auch einen schon bestandskräftigen Bescheid über § 48 SGB X aufheben, wenn er sich zugleich berechtigterweise auf das Zurückbehaltungsrecht beruft. Voraussetzung ist allerdings stets, daß 135

S. o. § 10 A.II.1.a). Zur Einordnung des § 273 BGB in das Leistungsstörungsrecht s. o. Fn. 124. 137 S. dazu die Nachweise in Fn. 127. 138 S. dazu §§ 2 Abs. 1 Satz 2 und 15 SGB II; ferner BT-Drs. 15/1516, S. 44 f.; Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 15 Rn. 1; Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 15 Rn. 1 ff. 139 Näher Larenz, Schuldrecht I (Fn. 74), S. 9 ff. und 110 f.; vgl. Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 3), § 7 Rn. 7 ff.; Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 241 Rn. 67 ff. und 90. 140 S. § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II. Zum gebotenen Vorrang der Selbsthilfe vor der Hilfe der Gemeinschaft Wolfgang Spellbrink, Viel Verwirrung um Hartz IV, JZ 2007, S. 28 (30); ders., SGB II (Fn. 78), § 1 Rn. 4. Vgl. dazu auch Michael Opielka, Sozialpolitik, 2004, S. 25 f. und 86 ff. 136

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er den Leistungsberechtigten vor dessen Pflichtverletzung über die Rechtsfolgen belehrt hat oder der Leistungsberechtigte Kenntnis von diesen Rechtsfolgen hatte.141 Zudem darf der Leistungsberechtigte keinen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegen und nachweisen.142

B. Beendigung der Durchführungsphase Die Beendigung der Durchführungsphase einer Eingliederungsvereinbarung kann sowohl auf tatsachen- (I) als auch auf rechtsaktbezogenen (II) Tatbeständen beruhen. In ihren Wirkungen sind verschiedene eingliederungsrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen (III). I. Tatsachenbezogene Beendigungstatbestände Als tatsachenbezogene Beendigungstatbestände kommen der Tod des Leistungsberechtigten (1), ein Bedingungseintritt oder ein Zeitablauf (2) in Betracht, nicht aber der Wegfall der Berechtigung auf Grundsicherung (3). 1. Tod des Leistungsberechtigten Mit dem Tod des Leistungsberechtigten findet auch die Durchführung der Eingliederungsvereinbarung ihr Ende. Eine Rechtsnachfolge in die Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung ist ebenso ausgeschlossen wie in die gleichfalls zum Eingliederungs-Rechtsverhältnis gehörenden Ansprüche des Leistungsberechtigten zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wegen der Höchstpersönlichkeit der in Rede stehenden Rechtspositionen kann insofern nichts anderes gelten als in der vorvertraglichen Eingliederungsphase.143

141 Eingehend zur entsprechenden Einschränkung der Rechtsfolgen bei einer Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten des Leistungsberechtigten s. o. A.I.1.a)cc)(1). Die Einschränkung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch in der vorliegenden Konstellation angezeigt. 142 Eingehend zur entsprechenden Einschränkung der Rechtsfolgen bei einer Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten des Leistungsberechtigten s. o. A.I.1.a)cc)(2). Die Einschränkung ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch in der vorliegenden Konstellation angezeigt. 143 S. dazu § 10 B.I.1. Nicht ausgeschlossen bleiben an dieser Stelle nicht weiter interessierende Rückabwicklungsansprüche für und gegen die Rechtsnachfolger des Erblassers, etwa mit Blick auf im Voraus erbrachtes Arbeitslosengeld II.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

2. Bedingungseintritt und Zeitablauf Eigenständige Beendigungstatbestände für die Eingliederungsvereinbarung und ihre Durchführung sind ein Bedingungseintritt oder ein Zeitablauf, soweit die Vereinbarung unter einer entsprechenden auflösenden Bedingung oder Befristung steht.144 Die auflösende Befristung wird dabei allerdings die größte Bedeutung haben, weil § 15 SGB II für den Regelfall fordert, daß die Eingliederungsvereinbarung „für sechs Monate geschlossen“ wird.145 3. Wegfall des Rechts auf Grundsicherung Anders als in der vorvertraglichen Phase der Eingliederung führt der Wegfall der Berechtigung des Leistungsberechtigten auf Leistungen der Grundsicherung nach Vertragsschluß nicht ohne weiteres zum Ende des Rechtsverhältnisses146 oder auch nur der Eingliederungsvereinbarung und ihrer Durchführung. Der Wegfall der Leistungsberechtigung stellt aber eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, die jede Partei zur Kündigung berechtigen147. Insbesondere die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten können, soweit sie nach der Eingliederungsvereinbarung über das Ende der gesetzlich bestimmten Berechtigung auf Grundsicherung hinaus zu erfüllen wären, zusätzlich dem Nichtigkeitsverdikt des § 58 SGB X unterfallen. II. Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände Rechtsaktbezogene Beendigungstatbestände für die Eingliederungsvereinbarung und ihre Durchführung können in einem Aufhebungsvertrag (1), einer Anfechtung oder einer Kündigung (2) liegen. Rücktritt und Widerruf haben keine Bedeutung (3).

144

Das zeigt für die auflösende Befristung § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 163 und 158 Abs. 2 BGB, und für die auflösende Bedingung § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 158 Abs. 2 BGB. Näher zur Dogmatik von Rechtsgeschäften mit auflösender Bedingung oder Befristung im allg. s. nur Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 681 ff., 723 ff., 728 f. und 729 f., und Karl Larenz/Manfred Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, § 50 Rn. 1 ff., insbes. 9 und 57 ff. 145 § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II. 146 Zu den Folgen des Wegfalls der Berechtigung auf Grundsicherung in der vorvertraglichen Phase der Eingliederung s. o. § 10 B.I.2. 147 Mehr dazu sogleich unter B.II.2.

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1. Aufhebungsvertrag Die Parteien können das Ende der Leistungspflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung durch den Abschluß eines Aufhebungsvertrages148 herbeiführen. Dieser Aufhebungsvertrag kann selbständig oder als Teil einer neuen Eingliederungsvereinbarung erscheinen, aus freien Stücken oder aus einer Verpflichtung heraus149 geschlossen sein. 2. Anfechtung und Kündigung Die Eingliederungsvereinbarung und ihre Durchführung können weiterhin durch Anfechtung150, vor allem aber durch Kündigung enden. Weil die Vereinbarung grundsätzlich zu befristen ist, im gesetzlich vorgesehenen Regelfall151 für sechs Monate, dient die Kündigung der vorzeitigen Beendigung. Um das Prinzip der Vertragstreue (pacta sunt servanda) nicht übermäßig zu relativieren, bedarf die Kündigung eines besonderen Grundes. Haben die Parteien keinen besonderen Kündigungsgrund vereinbart, bleibt ihnen nur die Berufung auf ein gesetzlich vorgesehenes Kündigungsrecht. Ein solches Kündigungsrecht kann nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 BGB zunächst aus einer Pflichtverletzung oder einer Vertrauensstörung152 folgen, wenn dem anderen Teil „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet wer148 Zur Aufhebung von Vertragsbindungen durch einen Aufhebungsvertrag (actus contrarius) vgl. zunächst § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 1 BGB. S. außerdem Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 (284); Uwe Kaminski, Die Kündigung von Verwaltungsverträgen, 2005, S. 82 f.; Schlette, Vertragspartner (Fn. 42), S. 610; s. außerdem Flume, Allgemeiner Teil (Fn. 144), S. 607 ff.; Karl Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, S. 548 ff.; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 556 ff. 149 Eine Pflicht zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages kann sich insbes. im Zusammenhang mit einer c. i. c., aber auch aus der Eingliederungsvereinbarung selbst ergeben. 150 Allg. zu Möglichkeit und Grenzen der Anfechtung öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 62 Rn. 28; Diering, Sozialgesetzbuch X (Fn. 122), § 61 Rn. 6; Michael Fehling, in: ders./Berthold Kastner (Hrsg.), Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2010, § 62 Rn. 11 f.; Schliesky, VwVfG (Fn. 123), § 62 Rn. 16 ff. 151 S. § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II. 152 Das gilt jedenfalls dann, wenn die Vertrauensstörung nicht zugleich einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 59 SGB X begründet; dazu sogleich.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

den kann“153. Ein Kündigungsrecht kann nach § 59 Satz 1 SGB X weiterhin aus einem Wegfall der Geschäftsgrundlage folgen, dort aber nur, soweit eine Anpassung des Vertrages „nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist“154. Diese Anforderung darf auch über § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 BGB nicht umgangen werden.155 Die vorgetragenen Kündigungsgründe geben ein restriktives gesetzgeberisches Konzept zu erkennen, das die Zumutbarkeitsgrenze als eine „Erträglichkeitsgrenze“156 erscheinen läßt. Wann diese Grenze überschritten ist, bleibt letztlich eine Frage des Einzelfalles. Deren Antwort findet sich grundsätzlich dort, wo die paßgenaue und effiziente Eingliederung von Leistungsberechtigten in Arbeit als überragend wichtigem Gut unserer Gemeinschaft157 am ehesten gewährleistet ist. Bei Verletzung einer Vertragspflicht ist auch die prinzipielle Möglichkeit eines Schadensausgleichs158 zu beachten, bei einer Pflichtverletzung durch den Leistungsberechtigten insbeson153 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB; s. auch BGH NJW-RR 2009, S. 1189 (1191). 154 § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X a. E. Das Kündigungsrecht nach § 59 Abs. 1 Satz 2 SGB X dürfte keine Rolle spielen; nach Schlette, Vertragspartner (Fn. 42), S. 620 tendiert die praktische Bedeutung dieses Kündigungsrechts überhaupt gegen Null. 155 So die ganz überwiegende Auffassung; s. etwa Reinhard Gaier, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 314 Rn. 14 m. w. N.; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), § 313 Rn. 14 und § 314 Rn. 9; Karl von Hase, Fristlose Kündigung und Abmahnung nach neuem Recht, NJW 2002, S. 2278 (2279); s. außerdem auch oben § 12 C.III.1.a). Ebenfalls für einen Anwendungsvorrang des § 59 SGB X/§ 313 BGB etwa BT-Drs. 14/6040, S. 177. 156 So die treffende Formulierung von Roman Seer, Verständigungen im Steuerverfahren, 1996, S. 428 allg. mit Blick auf das Zumutbarkeitserfordernis bei Wegfall der Geschäftsgrundlage. 157 Die Eingliederung von Arbeitsuchenden dient der Schaffung eines hohen Beschäftigungsstandes und der Funktions- und Leistungsfähigkeit unseres sozialen Sicherungssystems, die als überragend wichtige Güter unserer Gemeinschaft anerkannt sind; zum Ziel des hohen Beschäftigungsstandes s. nur BVerfGE 21, 245 (251), und Thomas Mann, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 133 ff. und Fn. 468; zum Ziel der Funktions- und Leistungsfähigkeit unserer sozialen Sicherungssysteme s. nur BVerfGE 77, 84 (107), und Otto Depenheuer, in: Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 389. 158 Das wird vor allem bei Schutzpflichtverletzungen in Betracht kommen, weil deren Verletzung im Regelfall keinen unmittelbaren Einfluß auf Paßgenauigkeit und Effizienz der Eingliederung haben dürfte. Ist die Schutzpflichtverletzung schwer genug, kann sie im übrigen nicht nur zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung berechtigen, sondern sogar zur Verweigerung des Arbeitslosengeldes II, wofür über § 48 SGB X vorzugehen wäre. Zu ähnliche Folgen von Schutzpflichtverletzungen aus zivilrechtlicher Sicht vgl. BGHZ 41, 104 (108); 82, 354 (359); 133, 316 (320); ferner Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 91), § 324 Rn. 1 ff. und 6 ff.

§ 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung

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dere die Möglichkeiten aus dem Sanktionsmechanismus nach den §§ 31 ff. SGB II. Ist eine der Parteien zur Kündigung der Eingliederungsvereinbarung berechtigt, bedarf die Kündigung für ihre Wirksamkeit der Schriftform.159 Sie soll – muß also regelmäßig – begründet werden, freilich ohne daß ihre Wirksamkeit davon abhinge.160 Soweit § 314 BGB eingreift, sind außerdem dessen Absätze 2 und 3 zu berücksichtigen. 3. Widerruf und Rücktritt Widerruf161 und Rücktritt162 haben neben den vorangegangenen Beendigungstatbeständen um die Eingliederungsvereinbarung kaum eigenständige Bedeutung. Beide zeichnen sich dadurch aus, daß sie den Vertrag rückwirkend beseitigen und zur Rückabwicklung der erbrachten Leistungen führen.163 Beides kommt im Eingliederungs-Rechtsverhältnis nur in den seltenen Fällen in Betracht, in denen der vermeintlich Leistungsberechtigte in Wirklichkeit gar nicht erwerbsfähig oder hilfebedürftig war und ein entsprechender Widerrufs- oder Rücktrittsvorbehalt in die Eingliederungsvereinbarung Eingang gefunden hat.164 III. Eingeschränkte Beendigungswirkung Die vorgestellten Beendigungstatbestände wirken grundsätzlich nur eingeschränkt, und zwar prinzipiell nur für die Zukunft (1) und ohne notwendig das gesamte Eingliederungs-Rechtsverhältnis zu beenden (2). 159 Das gilt nach § 59 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausdrücklich für die Kündigung nach § 59 Abs. 1 SGB X. Das Schriftformerfordernis findet bei anderweitig begründeter Kündigung öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge aber entsprechende Anwendung Kaminski, Kündigung (Fn. 148), S. 121 ff. und 151. 160 Das gilt nach § 59 Abs. 2 Satz 2 SGB X für die Kündigung nach § 59 Abs. 1 SGB X; näher dazu Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 60 Rn. 32, freilich mit Blick auf den gleichlautenden § 60 VwVfG. Das Begründungserfordernis findet bei anderweitig begründeter Kündigung öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge aber entsprechende Anwendung Kaminski, Kündigung (Fn. 148), S. 146. 161 Allg. zum Widerrufsrecht in öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen Hartmut Bauer, Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, S. 89 (91 ff.); Kaminski, Kündigung (Fn. 148), S. 86. 162 Allg. zum Rücktrittsrecht in öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen Bonk, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 2), § 62 Rn. 38; Schliesky, VwVfG (Fn. 123), § 62 Rn. 36. 163 Näher Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 9), Einf v § 346 Rn. 6 und 13; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I (Fn. 9), Rn. 555. 164 Dazu sogleich unter B.III.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

1. Beendigungswirkung nur für die Zukunft Eine rückwirkende Auflösung der Eingliederungsvereinbarung entfällt regelmäßig deshalb, weil das eine Rückabwicklung der erbrachten Eingliederungsleistungen mit sich brächte. Gegen eine solche Rückabwicklung sprechen zwar nicht schon die damit möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten,165 weil diese nicht von der Anwendung des Rechts entbinden können.166 Eine Rückabwicklung der Eingliederungsleistungen widerspräche aber fundamental dem Wesen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses, dessen Grundanliegen stets der Eingliederungsfortschritt, nicht aber dessen Gefährdung oder gar Rückabwicklung ist.167 Etwas anderes mag ab dem Zeitpunkt gelten, ab dem der Leistungsberechtigte auf Dauer nicht erwerbsfähig oder nicht hilfebedürftig war. Dann war eine Eingliederung nicht mehr geboten, so daß auch kein Eingliederungsfortschritt gefährdet werden kann. 2. Kein vollständiger Wegfall des Rechtsverhältnisses Auch für die Zukunft entfallen die Rechte und Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung bei Vorliegen eines Beendigungstatbestandes grundsätzlich nicht vollständig. Zwar entfallen die Leistungspflichten aus der Vereinbarung und die dahinführenden weiteren Verhaltenspflichten. Bestehen bleiben können aber Pflichten zur ordnungsgemäßen Abwicklung der bisherigen Sonderverbindung, die dann ihren Platz in weiteren Eingliederungsphasen, insbesondere in einer „nachvertraglichen“ Phase finden können.168

165 Soweit eine Rückgewähr der Eingliederungsleistungen in natura nicht möglich ist weil die Leistungen in Diensten bestanden, müßte der Rückgewährschuldner ggf. Wertersatz leisten (§ 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 251 BGB). 166 Ebenso, allerdings mit Blick auf die Rückabwicklungsproblematik im Arbeitsrecht, BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB, und Hartmut Oetker, Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung, 1994, S. 443; anders BAG NJW 1962, S. 74 (74); Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 31), § 119 Rn. 5. 167 Das zeigt sich besonders deutlich in den §§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 14 Satz 1 SGB II, wonach der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muß, und der Grundsicherungsträger ihn dabei umfassend mit dem Ziel der Eingliederung unterstützt. 168 S. dazu vorerst und allg. nur Wolfgang Zöllner, Die vorvertragliche und die nachwirkende Treue- und Fürsorgepflicht im Arbeitsverhältnis, in: Theodor Tomandl (Hrsg.), Treue- und Fürsorgepflicht im Arbeitsrecht, 1975, 91 (94 ff.).

§ 13 Durchführungsphase – Leistungsstörungen und Beendigung

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C. Exkurs: Pflichtverletzungen bei Vertragsanpassung und -erneuerung Unter den Pflichten, die nach Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung auftreten können, nehmen die auf Anpassung oder Erneuerung der Vereinbarung gerichteten Pflichten eine Sonderstellung ein. Sie dienen weder der Durchführung der bis dahin geltenden Vereinbarung, noch schützen sie außervertragliche Rechtsgüter des Vertragspartners. Sie sind vielmehr darauf gerichtet, das Rechtsverhältnis auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen. Damit führen sie zu einer Konstellation, wie sie typischerweise vor Abschluß der Eingliederungsvereinbarung vorliegt. Dann aber müssen auch die dafür entwickelten Gesetzmäßigkeiten169 Anwendung finden.

D. Pflichtverletzungen nach Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes Erläßt der Grundsicherungsträger einen Eingliederungs-Verwaltungsakt weil eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande gekommen ist,170 kann sich auch die Frage nach den Folgen einer Verletzung von Pflichten aus dem Verwaltungsakt stellen. Dabei bestehen im Vergleich zur Verletzung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung einige Besonderheiten, auf die noch kurz hinzuweisen ist. I. Folgen von Pflichtverletzungen Verletzt der Leistungsberechtigte seine Leistungspflichten aus dem Eingliederungs-Verwaltungsakt, greifen seit der Gesetzesänderung im Frühjahr 2011171 nun ebenfalls die Sanktionsregeln der §§ 31 ff. SGB II ein.172 Der „Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6“ SGB II wird dort jetzt ausdrücklich erwähnt.173 Die mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung entwikkelten Gesetzmäßigkeiten zur Anwendung der §§ 31 ff. SGB II174 gelten 169

S. o. § 10. S. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. 171 Die maßgebliche Gesetzesänderung erfolgte nach Art. 2 Nr. 31 i. V. m. Art. 14 Abs. 3 Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) mit Wirkung zum 1. April 2011. 172 Die Anwendung des § 31 SGB II a. F. kam bei der Verletzung von Pflichten aus dem Eingliederungs-Verwaltungsakt nicht in Betracht, s. etwa Rixen, SGB II (Fn. 7), § 31 Rn. 13a; Valgolio, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 34; a. A. unter anderem Sonnhoff, SGB II (Fn. 26), § 31 Rn. 58 ff. 173 S. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. 170

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

dafür grundsätzlich entsprechend.175 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß der Eingliederungs-Verwaltungsakt anders als die Vereinbarung von einer einseitig-diktierenden Verwaltung im Zustand der Konfrontation zwischen Grundsicherungsträger und Leistungsberechtigten erlassen wird. Deshalb muß etwa die Rechtsfolgenbelehrung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II über die zur Eingliederungsvereinbarung entwickelten Anforderungen176 hinaus ohne jede Ausnahme im engen zeitlichen Zusammenhang zur sanktionswürdigen Pflichtverletzung erfolgt sein.177 Dagegen dürfen die Umstände, die dem Leistungsberechtigten die Berufung auf einen wichtigen Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II erlauben, wie im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung178 nicht schon bei Erlaß des wirksamen Verwaltungsaktes vorgelegen haben. In diesem Falle wäre der Eingliederungs-Verwaltungsakt nämlich von Anfang an rechtswidrig und zuvorderst durch Erhebung eines Widerspruches anzugreifen.179 Auf diesen Weg ist der Leistungsberechtigte im übrigen auch in allen anderen Fällen eines wirksamen rechtswidrigen Eingliederungs-Verwaltungsaktes zu verweisen. Die in einem solchen Verwaltungsakt geregelten Pflichten sind nach allgemeinen Grundsätzen verbindlich und deshalb zu befolgen.180 Ihre Verletzung kann daher auch Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II begründen.181 Neben der Anfechtung des Eingliederungs-Verwaltungsaktes kann schließlich noch ein Antrag auf dessen Aufhebung nach § 44 SGB X in Betracht kommen.182 Im übrigen zeitigt die Verletzung von Pflichten aus dem EingliederungsVerwaltungsakt durch einen der Beteiligten keine Rechtsfolgen. Insbesondere dürften sich daraus keine Schadenersatzansprüche ergeben, weil dafür 174

S. dazu oben die eingehende Darstellung unter A.I.1.a). Vgl. auch Berlit, Änderungen (Fn. 17), S. 56; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 18 ff.; Groth, Neustrukturierung (Fn. 34), § 13 Rn. 402; HeroldTews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 17. 176 S. dazu oben A.I.1.a)cc)(1). 177 I. E. ebenso Berlit, Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 73, und HeroldTews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 6, die ohnehin nicht auf die Besonderheiten bei der Eingliederungsvereinbarung eingehen und für Vereinbarung und Eingliederungs-Verwaltungsakt die gleichen strengen Belehrungsanforderungen stellen. 178 S. dazu oben A.I.1.a)cc)(2). 179 Erforderlichenfalls ist wegen § 39 Nr. 1 SGB II außerdem einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in Anspruch zu nehmen. 180 Allgemein zum Verwaltungsakt Maurer, Verwaltungsrecht (Fn. 21), § 10 Rn. 21; Matthias Ruffert, Verwaltungsakt, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hrsg.), 14. Aufl. 2010, § 22 Rn. 1. 181 Anders, allerdings ohne Begründung Berlit, Änderungen (Fn. 17), S. 56; ders., Sozialgesetzbuch II (Fn. 10), § 31 Rn. 19; Herold-Tews, SGB II (Fn. 8), § 31 Rn. 17 i. V. m. 14. 182 Darauf verweist letztlich auch Berlit, Änderungen (Fn. 17), S. 56. 175

§ 14 „Nachvertragliche“ Phase

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zumindest nach klassischem Verständnis eine Haftungsgrundlage fehlt.183 Denkbar ist allerdings eine Amtshaftung des Grundsicherungsträgers. II. Beendigung der Durchführungsphase Das Ende der Durchführungsphase des Eingliederungs-Verwaltungsaktes kann wie bei der Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich nur für die Zukunft erfolgen. Mit Blick auf die tatsächlichen Beendigungstatbestände gelten dabei keine Besonderheiten. Als rechtlicher Beendigungstatbestand spielt dagegen nur die Aufhebung des Verwaltungsaktes eine Rolle.

§ 14 „Nachvertragliche“ Phase A. Einleitende Bemerkungen Über die „nachvertragliche“ Phase von Vertragsrechtsverhältnissen ist in „der Verwaltungsvertragsrechtslehre wenig bekannt, zumindest aber wenig geschrieben“.1 Das gilt auch mit Blick auf das Eingliederungs-Rechtsverhältnis. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte in dem Umstand liegen, daß den „nachvertraglichen“ Pflichten auf den ersten Blick nicht die Bedeutung zukommt, wie denen vor Abschluß oder bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung. Gleichwohl bestehen diese Pflichten, und mit ihnen das Rechtsverhältnis. Sie dürfen schon deshalb nicht unbeachtet bleiben. Das gilt um so mehr, als sich auch nach dem Ende einer Eingliederungsvereinbarung noch Eingliederungsentscheidendes ereignen kann. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn die Eingliederung noch keinen endgültigen Erfolg hatte und der Eingliederungsprozeß mit weiteren Vereinbarungen fortzusetzen ist. Auch wenn die Eingliederung im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung zunächst erfolgreich war, ist sie noch nicht notwendig gesichert. Die frei183 Vgl. Rixen, SGB II (Fn. 80), § 15 Rn. 27, und Spellbrink, SGB II (Fn. 78), § 15 Rn. 36 mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung, wo diese Auffassung wegen § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB allerdings von vornherein unverständlich ist. 1 So Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 120. Soweit ersichtlich, sind in der Vergangenheit vor allem Bauer, a.a.O., § 36 Rn. 120, Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979, S. 361 ff., und Klaus-Dieter Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 253 wenigstens kurz auf die Frage der „nachvertraglichen“ Pflichten im Verwaltungsvertragsrecht eingegangen. Aus der Rechtsprechung s. etwa OLG Schleswig, NVwZRR 2006, S. 811 (814).

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

lich vertragsunabhängigen Institute der „nachgehenden Betreuung“ aus dem früheren Arbeitsförderungsrecht2 oder der „nachgehenden Hilfe“ aus dem früheren Sozialrecht3 zeugen davon. Jede Partei kann nach Beendigung der Eingliederungsvereinbarung noch ganz erheblichen Einfluß auf den zuvor herbeigeführten Eingliederungserfolg und die übrigen Rechtsgüter der anderen Seite haben.4 Das verlangt nach rechtlicher Ordnung. Es rechtfertigt und erfordert die nähere Betrachtung der „nachvertraglichen“ Phase im Eingliederungs-Rechtsverhältnis mit Blick auf ihre Begründung (B), ihre Pflichten (C), Leistungsstörungen (D) und ihre Beendigung (E).

B. Begründung der „nachvertraglichen“ Phase Die Begründung der „nachvertraglichen“ Phase erfolgt üblicherweise in dem Augenblick, in dem die letzte Leistungspflicht aus der Eingliederungsvereinbarung endet.5 Dieser Augenblick hat eine Zäsurwirkung in dem Sinne, 2 S. dazu § 14 Abs. 3 AFG i. V. m. Nr. 52 der Richtlinien für die Arbeitsvermittlung vom 3. September 1963 (abgedruckt in ANBA 1962, Beilage), und außerdem oben § 2 B.I.2. 3 S. dazu § 6 Abs. 2 BSHG, und außerdem oben § 2 B.II.2. 4 Die Möglichkeit eines ganz erheblichen Einflusses der Parteien auf den zuvor herbeigeführten Vertragserfolg und die übrigen Rechtsgüter der anderen Seite ist im Zivilrecht mittlerweile unbestritten, auch wenn sich das Wissen um Bestehen und Bedeutung „nachvertraglicher“ Pflichten dort ebenfalls erst im Laufe der Zeit durchgesetzt hat; s. dazu nur OLG Frankfurt a. M., OLGZ 79, S. 338 (341), und HansWolfgang Strätz, Über sog. „Nachwirkungen“ des Schuldverhältnisses und den Haftungsmaßstab bei Schutzpflichtverstößen, in: Walther J. Habscheid/Hans Friedhelm Gaul/Paul Mikat (Hrsg.), Festschrift für Friedrich Wilhelm Bosch, 1976, S. 999 (1001) m. w. N. zur anfänglich zögerlichen Aufnahme des Themas. Die mittlerweile breite Akzeptanz der „nachvertraglichen“ Pflichten zeigt schon die aktuellere zivilrechtliche Literatur; s. etwa Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl. 2005, § 22 Rn. 44 ff.; Wolfgang Ernst, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 280 Rn. 109 ff.; Josef Esser/Eike Schmidt, Schuldrecht Bd. I Allgemeiner Teil, 8. Aufl. 1995, S. 89 und 110 f.; Christian Grüneberg, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 280 Rn. 7; Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, S. 141 f.; Dieter Medicus, Bürgerliches Recht, 17. Aufl. 1998, Rn. 31 und 308; Dieter Medicus/Jens Petersen, Bürgerliches Recht, 22. Aufl. 2009, Rn. 31; Hartmut Oetker, Der Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers bei nachträglichem Wegfall des Kündigungsgrundes, ZIP 2000, S. 643 (649). 5 Das entspricht der Lage im allgemeinen Vertragsrecht; s. dazu etwa Christian von Bar, „Nachwirkende“ Vertragspflichten, AcP 179 (1979), S. 452 (452); Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 44; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 141; Esser/Schmidt, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 110; Wolfgang Zöllner, Die vorvertragliche und die nachwirkende Treue- und Fürsorgepflicht im Arbeitsverhältnis, in: Theodor Tomandl (Hrsg.), Treue- und Fürsorgepflicht im Arbeitsrecht, 1975, S. 91 (93 f.).

§ 14 „Nachvertragliche“ Phase

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daß sich die aus dieser Vereinbarung folgende Sonderbeziehung zwischen den Parteien von nun an immer weiter abschwächt und im Laufe der Zeit erlischt, weil die mit der Vereinbarung verfolgten Leistungen erbracht oder nicht mehr zu erbringen sind. Schließen sich keine weiteren Vereinbarungen an, haben die früheren Parteien am Ende dieser Entwicklung nicht mehr miteinander zu tun als mit jedem anderen Rechtssubjekt.6 Soweit nach dem Ende der Leistungspflichten aus der jeweiligen Eingliederungsvereinbarung weitere Vereinbarungen auszuhandeln und durchzuführen sind, besteht die „nachvertragliche“ Phase zwar auch, sie hat dann aber wenigstens vorläufig keine eigenständige Bedeutung.7 Die „nachvertraglichen“ Pflichten fügen sich vielmehr in die nun folgenden Aushandlungs- und Durchführungsphasen der weiteren Eingliederungsvereinbarungen ein oder gehen in dort geltenden Pflichten auf, soweit inhaltliche Identität besteht. Eine solche Identität kann etwa bei der Verpflichtung bestehen, den anderen Teil über bestimmte Umstände aus dem Eingliederungsgeschehen zu informieren.

C. „Nachvertragliche“ Pflichten Ein Blick auf die „nachvertraglichen“ Pflichten erfordert zunächst Klarheit über deren rechtliche Grundlage (I), um danach Inhalt und Einteilung dieser Pflichten (II) zu untersuchen. 6 S. dazu auch die zutreffende, freilich in anderem Zusammenhang getroffene Einschätzung bei BGH NJW 1981, S. 1089 (1090) (Arbeitsvertrag); andeutungsweise ferner OLG Frankfurt a. M. OLGZ 79, S. 338 (338 ff.) (Mietvertrag); außerdem von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 106; Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1012; Zöllner, Treue- und Fürsorgepflicht (Fn. 5), S. 102 ff. und 106. 7 Zur Pflicht eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen s. o. § 9 C.I.1.a) und § 9 C.I.2.a). Die in Rechtsprechung und Literatur behandelten Fälle zu den „nachvertraglichen“ Pflichten betreffen soweit ersichtlich durchweg Konstellationen, in denen das Verhältnis zwischen den Parteien von vornherein auf eine durch einen einzigen Vertrag geprägte Sonderverbindung angelegt ist, so daß das Ende der darin geregelten Leistungspflichten auch das Ende dieses besonderen Rechtsverhältnisses einleitet; s. etwa die in Fn. 6 genannten Nachweise und außerdem RGZ 161, 330 (338) (Mietvertrag); BGH NJW 1956, S. 1513 (1513) (Arbeitsvertrag); BGH NJW 1973, S. 1923 (1924) (Auskunftsvertrag); BGH NJW-RR 1990, S. 141 (141 f.) (Treuhändervertrag); OLG Zweibrücken, NJW-RR 2003, S. 1600 (1600 f.) (Werkvertrag); aus den darauf Bezug nehmenden Beiträgen s. etwa von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 461 ff.; Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1000 f.; Zöllner, Treue- und Fürsorgepflicht (Fn. 5), S. 102. Etwas anders liegen die Dinge im Eingliederungs-Rechtsverhältnis, das nach dem gesetzgeberischen Konzept durch immer neue befristete Vereinbarungen ständig fortgesetzt werden soll, bis der Leistungsberechtigte sein Recht auf Grundsicherung für Arbeitsuchende – im Idealfall durch eine erfolgreiche Eingliederung und einen damit verbundenen Wegfall seiner Hilfebedürftigkeit – verloren hat.

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

I. Rechtliche Grundlage „Nachvertragliche“ Pflichten dienen der ordentlichen Abwicklung eines Rechtsverhältnisses, dessen vertragliche Leistungspflichten bereits erloschen sind.8 Es kann sich bei den „nachvertraglichen“ Pflichten also nur noch um weitere Verhaltenspflichten handeln. Dieser Umstand mag auf den ersten Blick für die Annahme eines gesetzlichen Schuldverhältnisses streiten, so wie es aus der Phase der Anbahnung von Verträgen bekannt ist.9 Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, daß sich auch die „nachvertraglichen“ Pflichten ausnahmslos aus der Eingliederungsvereinbarung herleiten lassen und den daraus folgenden vertragsbezogenen Charakter bis zu ihrem Erlöschen beibehalten. Besonders gut erkennbar ist das, soweit es sich dabei um weitere Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug handelt, die nunmehr als Leistungstreuepflichten in Erscheinung treten. Diese Pflichten entstehen notwendigerweise im Zusammenhang mit den von ihnen flankierten Leistungspflichten und gehen schon deshalb auf den damit verbundenen Vertragsschluß zurück.10 Sie waren bei Durchführung der Vereinbarung zumindest schon angelegt und verlängern sich nun in den Zeitraum der Vertragsabwicklung hinein. Insbesondere die zwischenzeitliche Erfüllung der flankierten Leistungspflichten hat keinen unmittelbaren Einfluß auf Grundlage und Bestand der übrigen Pflichten. Mit der Erfüllung nach § 362 BGB erlischt nämlich nur die konkrete Leistungspflicht, nicht das gesamte Schuldverhältnis.11 Weniger deutlich ist die Lage zwar bei den sonstigen weiteren Verhaltenspflichten, den sog. Schutzpflichten. Schutzpflichten entstehen bereits in der Phase vor Vertragsschluß, wo sie noch Teil des vorvertraglichen, gesetzlichen Schuldverhältnisses sind. Allerdings geht das gesetzliche Schuldverhältnis bei Zustandekommen eines wirksamen Vertrages in dem nunmehr entstehenden vertraglichen Schuldverhält8 Von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 452; Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 44; Oetker, Wiedereinstellungsanspruch (Fn. 4), S. 649; Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1006. 9 Daran erinnern auch die im Zusammenhang mit der Verletzung „nachvertraglicher“ Pflichten entwickelten – in der Sache gleichbedeutenden – Begriffe von der „culpa post pactum“, „. . . post pactum perfectum“, „. . . post pactum finitum“ oder „. . . post pactum solutum“; näher zu diesen Begrifflichkeiten mit entsprechenden Nachweisen Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1003. Für die Annahme eines gesetzlichen Schuldverhältnisses s. die Nachweise bei Strätz, a.a.O., S. 1002 Fn. 34; aus dem Öffentlichen Recht Henke, Wirtschaftssubventionen (Fn. 1), S. 361 f. 10 S. Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 10; ebenso Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1006, der in diesem Zusammenhang allerdings den Begriff der Nebenleistungspflichten gebraucht. 11 BGHZ 97, 197 (199); Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Überbl v § 362 Rn. 3; Dieter Medicus/Stephan Lorenz, Schuldrecht I, 19. Aufl. 2010, vor Rn. 260.

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nis auf. Die bisher gesetzlichen Schutzpflichten folgen dann aus dem jeweiligen Vertrag.12 Auch an ihrem Bestand und ihrer nunmehr vertraglichen Grundlage können Erfüllung und Wegfall der Leistungspflichten nichts mehr ändern. Diese Sichtweise darf bei fehlenden gegenteiligen Anhaltspunkten auch dem Willen der Parteien unterstellt werden. Im Zweifel verfolgen Vertragsparteien vernünftige Ziele und haben redliche Absichten, und diese Ziele und Absichten wollen sie durch entsprechende Vertragspflichten mindestens stillschweigend abgesichert wissen.13 Dazu gehören auch die Vereinbarung und der Fortbestand von Pflichten zur ordnungsgemäßen Abwicklung des bisherigen Vertragsverhältnisses. Die „nachvertraglichen“ Pflichten im Eingliederungsrecht lassen sich also geradewegs durch Auslegung nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte sowie die Umstände des Einzelfalles aus der vorangegangenen Eingliederungsvereinbarung ableiten.14 Sie wirken nach dem Ende der vertraglichen Leistungspflichten schlicht als Restbestand des Rechtsverhältnisses fort.15 12 So die ganz überwiegende Auffassung im Zivilrecht; s. nur Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 311 Rn. 25; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), 119 f.; undeutlich mittlerweile Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht (Fn. 4), Rn. 203, allerdings mit Verweis auf die gleiche, weitaus klarere Fundstelle in der Vorauflage; vgl. auch Günter H. Roth, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 242 Rn. 127. Dagegen insbesondere Claus-Wilhelm Canaris, Ansprüche wegen „positiver Vertragsverletzung“ und „Schutzwirkung für Dritte“ bei nichtigen Verträgen, JZ 1965, S. 475 (478 ff.); Ernst A. Kramer, in: Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, Einl. Rn. 83. 13 Für die Annahme, daß die Parteien im Zweifel Vernünftiges und Redliches gewollt und vereinbart haben s. BGHZ 79, 16 (18); 122, 211 (220); BGH NJW 2000, S. 1333 (1335); Jürgen Ellenberger, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, § 133 Rn. 25 und § 157 Rn. 7; Karl Larenz/Manfred Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, § 28 Rn. 45, 113 und 116; Theo Mayer-Maly/Jan Buschke, in: Kurt Rebmann/Franz-Jürgen Säcker/Roland Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, 4. Aufl. 2001, § 133 Rn. 56; Ernst Zeller, Auslegung von Vertrag und Gesetz, 1989, S. 452 ff.; außerdem oben § 11 B.II. 14 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45; andeutungsweise auch Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 141. Allgemein zu den Grundsätzen der Vertragsauslegung s. Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 13), § 133 Rn. 1 ff. und § 157 Rn. 1 ff.; Werner Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 4. Aufl. 1992, S. 291 ff.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil (Fn. 13), § 28. 15 So i. E. auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 44 f.; Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 4), § 280 Rn. 109 f.; Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 141 f.; Medicus, Bürgerliches Recht, (Fn. 4), Rn. 308; Zöllner, Treue- und Fürsorgepflicht (Fn. 5), S. 96; ebenso wohl auch Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 1), § 36 Rn. 120; im Grundsatz ähnlich von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 460; dif-

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II. Struktur und Inhalt Wie soeben schon angedeutet, entsprechen die „nachvertraglichen“ Pflichten strukturell den bekannten weiteren Verhaltenspflichten aus der Vertragsdurchführung. Wenn der konkrete Pflichteninhalt im Detail auch situationsabhängig bleibt, läßt sich doch verallgemeinernd wieder zwischen leistungsbezogenen (1) und sonstigen weiteren Verhaltenspflichten (2) unterscheiden. Eigene Leistungspflichten kennt die „nachvertragliche“ Phase dagegen nicht mehr,16 weil sie gerade erst nach Ende der letzten Leistungspflicht aus dem vorangegangenen Vertrag beginnt. 1. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten Als Vertragspflichten können Pflichten zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Rechtsverhältnisses in der Eingliederungsvereinbarung ausdrücklich verabredet sein. Denkbare Beispiele sind Wohlverhaltens- oder Informationspflichten für diesen Zeitraum. Dann handelt es sich allerdings regelmäßig um Leistungspflichten, die genau genommen noch der Durchführungsphase des Vertrages zuzuordnen und wie alle anderen Leistungspflichten zu behandeln sind.17 Sie bedürfen an dieser Stelle keiner Erwähnung mehr. Anders liegen die Dinge, soweit die Parteien keine ausdrücklichen Abwicklungsregelungen getroffen haben. Die Abwicklungsregeln sind der Vereinbarung dann als weitere Verhaltenspflichten nach den bereits erwähnten Auslegungsgrundsätzen zu entnehmen. Verstärkend wirken die Generalklauferenzierend Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1006 ff.; zur a. A. s. die in Fn. 9 genannten Nachweise. 16 So auch Larenz, Schuldrecht I (Fn. 4), S. 141 f.; Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1006; vgl. außerdem Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45; Henke, Wirtschaftssubventionen (Fn. 1), S. 361 f.; Kawalla, Verwaltungsvertrag (Fn. 1), S. 253; anders – wohl zu weit gehend – von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 461 ff. 17 Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 44 spricht insofern von Vertragsfortwirkungen. Zu den Gestaltungsmöglichkeiten in der Eingliederungsvereinbarung s. o. § 11 D.II. Kommt es zur Störung solcher Leistungspflichten, drohen prinzipiell auch Minderung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II. Bedeutsam wird das allerdings nur, soweit die Eingliederung des Leistungsberechtigten infolge der Pflichtverletzung scheitert, und er wieder der Grundsicherung für Arbeitsuchende und damit auch der Zahlung von Arbeitslosengeld II bedarf. § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II tritt in diesem Fall hinter die vertragsbezogenen Sanktionen zurück; vgl. auch Uwe-Dietmar Berlit, in: Johannes Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, § 31 Rn. 99; Stephan Rixen, in: Wolfgang Eicher/Wolfgang Spellbrink (Hrsg.), SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 31a; ferner BSGE 105, 194 (198 ff.), und BSG v. 22. März 2010, Az. B 4 68/09 R, juris Rn. 14.

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seln aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Satz 1 SGB II. Danach bleiben die Beteiligten auch nach Erfüllung aller Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung wenigstens für eine Übergangszeit verpflichtet, den jeweiligen Leistungserfolg zu sichern. Diese Verpflichtung zur Leistungstreue bestand schon bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung,18 und sie besteht auch noch im „nachvertraglichen“ Stadium. Ihre Intensität orientiert sich vor allem daran, wie eng und langandauernd das bisherige Eingliederungs-Rechtsverhältnis war19 und wie fragil der Eingliederungserfolg ist. Insgesamt haben die einzelnen Treuepflichten aber eine im Laufe der Zeit abnehmende Intensität.20 Als zeitlicher Orientierungspunkt für eine spürbare Abschwächung kommt das Ende der Probezeit des Leistungsberechtigten innerhalb eines zur Eingliederung ergriffenen Arbeitsverhältnisses in Betracht, weil sich der Eingliederungserfolg dann spürbar verfestigt hat. Die wichtigsten, wenn auch nicht immer klar abgrenzbaren und sich zum Teil überschneidenden Gruppen leistungsbezogener „nachvertraglicher“ Pflichten sind Unterlassungs- (a) und Informationspflichten (b). Sonstige Pflichten oder Pflichtengruppen können im Einzelfall hinzutreten (c). a) Unterlassungspflichten Als Ausdruck ihrer Leistungstreue haben die Parteien alles zu unterlassen, was den bisher erreichten Eingliederungserfolg nachträglich auch nur gefährden könnte. Sie dürfen keine Handlungen vornehmen, die den Eingliederungsfortschritt wieder in Frage stellen.21 So darf der Leistungsberechtigte beispielsweise das mit seiner Eingliederung begonnene Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht ohne weiteres beenden und dem Arbeitgeber auch keinen Anlaß für die Beendigung geben. Eine im Zuge seiner Eingliederungsmaßnahmen erworbene Qualifikation darf er nicht ohne weiteres verfallen lassen22, solange die Qualifikation für seine Eingliederung in Arbeit noch bedeutsam ist. Der Grundsicherungsträger darf sich ohne ent18

Zu den Einzelheiten s. o. § 12 C.II.1. BGH NJW 1997, S. 1302 (1302); Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 50; Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 4), § 280 Rn. 116. 20 S. BGH NJW 1981, S. 1089 (1090); Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1012; Zöllner, Treue- und Fürsorgepflicht (Fn. 5), S. 103. 21 Näher zu den insofern aus Treu und Glauben folgenden Anforderungen außerhalb des Eingliederungsrechts RGZ 116, 330 (338); BGHZ 61, 176 (179); Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45; Ernst, Münchener Kommentar (Fn. 4), § 280 Rn. 91; Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 242 Rn. 29. Verstärkend wirken im Eingliederungs-Rechtsverhältnis die Generalklauseln in § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Satz 1 SGB II. 22 Zum Verfall einmal erworbener Qualifikationen s. etwa § 15 f. FAO (Fachanwaltstitel). 19

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sprechende Pflicht gegenüber dem nunmehrigen Arbeitgeber des Leistungsberechtigten nicht in einer Art und Weise äußern, die dem Leistungsberechtigten zum Nachteil gereichen könnte. Gleiches gilt, wenn er dem Leistungsberechtigten ein Zeugnis über dessen Eingliederungsbemühungen ausstellt.23 b) Informationspflichten Die Informationspflichten der Beteiligten können wie schon in den anderen Phasen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses24 auf Hinweis, Aufklärung und Beratung des anderen Teils gerichtet sein. Nun dienen sie allerdings nur noch der Sicherung des erreichten Eingliederungserfolges. Für Entstehung, Gestalt und Umfang kommt es nach Treu und Glauben auf den sicherungsrelevanten Informationsbedarf, sowie die Informationsmöglichkeiten und die Stellung der Beteiligten im Rechtsverhältnis an.25 So kann der Grundsicherungsträger zum Beispiel verpflichtet sein, auf eine passendere Eingliederungsmöglichkeit hinzuweisen, vor allem wenn sich diese Möglichkeit noch in der Probezeit des Leistungsberechtigten ergibt. Darüber hinaus muß er den Leistungsberechtigten auf Fortbildungsmöglichkeiten aufmerksam machen, wenn eine entsprechende Fortbildung für die Absicherung der Eingliederung offensichtlich bedeutsam ist. Umgekehrt kann den Leistungsberechtigten beispielsweise die Pflicht treffen, sich über weitergehende Chancen oder Herausforderungen bei dem neuen Arbeitgeber zu informieren, so daß der Grundsicherungsträger eventuell unterstützend eingreifen kann. Ganz allgemein sind bestehende oder vorhersehbare Gefahren für den erkämpften Eingliederungserfolg mit ihrer Entdeckung von jedem Teil unverzüglich und ungefragt anzuzeigen, um stets die bestmögliche Wahrung des Erfolges zu gewährleisten.26 23

Zu den Anforderungen an Zeugnisse für Arbeitnehmer im Arbeitsrecht s. § 109 GewO, und Walter Weidenkaff, in: Otto Palandt (Begr.), Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, Anh zu § 630, Rn. 4 ff. 24 S. o. § 9 C.II.1.b) und § 12 C.II.1.d). 25 Näher zur Herleitung der Informationspflichten aus den Grundsätzen von Treu und Glauben s. oben § 9 C.II.1.b) und § 12 C.II.1.d). Für den Grundsicherungsträger dürften die Informationspflichten dem Grunde nach auch in der „nachvertraglichen“ Eingliederungsphase noch aus §§ 14 f. SGB I folgen; s. dazu auch oben § 9 C.II.1.b)bb). 26 Zur Unmaßgeblichkeit, ob das erkannte Leistungshindernis aus der jeweils eigenen Sphäre oder von außerhalb kommt s. bereits oben § 12 C.II.1.d) und vgl. die dort in Fn. 92 aufgeführten Nachweise, insbes. BAG NZA 1996, S. 135 (136 f.), und Wolfgang Blomeyer, Arbeitspflicht und Nebenpflichten des Arbeitnehmers, in: Reinhard Richardi/Otfried Wlotzke, (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, § 54 Rn. 6 f.

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c) Sonstige Leistungstreuepflichten Weil Entstehung, Inhalt und Reichweite der „nachvertraglichen“ Leistungstreuepflichten regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängen, können diese Pflichten noch in vielfältigen anderen Formen auftreten.27 Dafür kommen Pflichten etwa zur Mitwirkung, Überwachung, Untersuchung, Erörterung, Anhörung oder Rückgabe in Betracht. Denkbar sind auch Pflichten zur Bescheinigung oder Zeugniserteilung. Letztere werden vor allem den Grundsicherungsträger treffen, etwa wenn er dem Leistungsberechtigten ein Zeugnis über dessen Eingliederungsbemühungen erteilen muß. Eine solche Verpflichtung kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn das Zeugnis ähnlich einem Arbeitszeugnis im Einzelfall einen wesentlichen Faktor für die endgültige Eingliederung des Leistungsberechtigten in Arbeit bildet. 2. Nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten Neben den weiteren Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug können die Parteien auch nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) aus der Eingliederungsvereinbarung treffen. Diese Pflichten schützen das Integritätsinteresse des jeweils anderen Teils ohne Rücksicht auf den Eingliederungserfolg, und bestehen deshalb mindestens so lange fort, wie der eingliederungsspezifische Kontakt zwischen den Parteien noch andauert.28 Zum Beispiel haftet der Grundsicherungsträger weiterhin auf vertraglicher Grundlage, wenn der Leistungsberechtigte zur Absicherung seiner Eingliederung nochmals in den Geschäftsräumen des Grundsicherungsträgers erscheint und dort etwa wegen eines ordnungswidrigen Zustandes der Treppen, Flure oder Räume einen Schaden erleidet.29 Unter anderem kommt die vertraglich Haftung eines Beteiligten auch dann in Betracht, wenn er an Dritte sensible Informationen über den anderen Teil weitergibt, die er im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Eingliederungsprozeß erfahren hat.

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S. nur Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45. So auch Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45 a. E.; vgl. dort ferner § 7 Rn. 1 ff. und § 22 Rn. 24 ff. 29 Allgemein Emmerich, Leistungsstörungen (Fn. 4), § 22 Rn. 45 m. w. N. 28

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3. Teil: Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis und seine Elemente

D. Leistungsstörungen Die weitgehend isolierte Betrachtung typischer Pflichten kann auch die „nachvertragliche“ Phase des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses nur unzureichend beschreiben. Ein abschließendes Bild erschließt sich wieder erst nach einem Blick auf die Folgen möglicher Leistungsstörungen. Verletzt einer der Beteiligten eine „nachvertragliche“ Pflicht, haftet er dem Geschädigten nach den allgemeinen Bestimmungen aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB auf Schadenersatz (sog. Haftung aus culpa post pactum perfectum)30. Besondere Normen, die den Einsatz dieser Vorschriften ausschließen oder modifizieren könnten, sind nicht ersichtlich.31 Sind die Tatbestandvoraussetzungen erfüllt, muß der Schädiger den Geschädigten so stellen, als ob er seiner Verhaltenspflicht genügt hätte.32 So muß sich der Leistungsberechtigte beispielsweise um Wiedereinstellung bei dem bisherigen Arbeitgeber bemühen, wenn er dort gekündigt oder einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatte und ihm die erneute Aufnahme des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist. Welcher Schaden im übrigen zu ersetzen ist, hängt von der konkret verletzten Pflicht und der daraus folgenden Schädigung ab.33 Eine Besonderheit gilt im Falle einer so schwerwiegenden Verletzung von Leistungstreuepflichten, daß die Pflichtverletzung den vorangegangenen Eingliederungserfolg egalisiert. Dann muß die jeweilige Partei sich im Nachhinein noch behandeln lassen, als habe sie die Erfüllung der auf den Eingliederungserfolg bezogenen Leistungspflicht verweigert. Für den Leistungsberechtigten kann das nach den §§ 31 ff. SGB II zu Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II führen, soweit er nun wieder hilfebedürftig wird und damit dem Grunde nach auch Anspruch auf Grundsicherung und Arbeitslosengeld II hat.34 Das wird ohne weiteres der Fall sein, wenn 30 Zur Begrifflichkeit s. von Bar, Vertragspflichten (Fn. 5), S. 452 f.; für den Grundsicherungsträger kommt außerdem eine Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG in Betracht. 31 Die auf Seiten des Grundsicherungsträgers außerdem in Betracht kommende Amtshaftung nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG greift allenfalls zusätzlich ein; vgl. auch Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, 1997, S. 45. 32 § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 249 Abs. 1 und 251 Abs. 1 Var. 1 BGB. 33 Soweit die Verletzung der leistungsbezogenen „nachvertraglichen“ Pflichten so schwer wiegt, daß sie die vorangegangene Pflichterfüllung egalisiert, erfolgt die Schadensermittlung wie bei einer Leistungspflichtverletzung in der Durchführungsphase; s. dazu oben § 13 A.II. 34 Verletzt der Leistungsberechtigte eine Leistungstreuepflicht, kann das bei entsprechender Schwere der Pflichtverletzung also auch mit Blick auf die §§ 31 ff. SGB II noch wie eine Verletzung der ursprünglichen Leistungspflicht zu bewerten sein.

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er wegen Verletzung einer „nachvertraglichen“ Pflicht seinen Arbeitsplatz in der Probezeit wieder verliert. Außerdem kann eine schwere Verletzung nicht leistungsbezogener „nachvertraglicher“ Pflichten es dem Geschädigten ausnahmsweise erlauben, sich sogleich vollständig von dem Rechtsverhältnis zu lösen.35 Weitere Rechtsfolgen sind nicht zu gewärtigen. Es widerspräche insbesondere dem Grundsatz des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes36, wenn eine Partei etwa von ihren Leistungstreuepflichten Abstand nehmen dürfte, nur weil der Vertragspartner sich so verhält. Das gilt um so mehr, als die Sicherung des Leistungserfolges ohnehin schon gefährdet ist, wenn einer der Beteiligten seiner Treuepflicht nicht nachkommt.

E. Beendigung der „nachvertraglichen“ Phase Die Beendigung der „nachvertraglichen“ Phase erfolgt in dem Augenblick, in dem die letzte „nachvertragliche“ Pflicht ihre Intensität soweit verloren hat, daß sie erlischt. Wann das der Fall ist, erschließt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalles und der in Rede stehenden Verpflichtung.37 Zwei Orientierungspunkte lassen sich gleichwohl geben. So wird eine leistungsbezogene „nachvertragliche“ Pflicht spätestens dann entfallen, wenn der frühere Leistungsberechtigte sich soweit von der Grundsicherung für Arbeitsuchende entfernt hat, daß er selbst bei einem Rückfall in die Arbeitslosigkeit nicht sogleich wieder in deren „Schutzbereich“ fiele38. Dann erscheint es für den Regelfall nicht mehr treuwidrig, den Eingliederungserfolg zur Disposition zu stellen. Eine nicht leistungsbezogene „nachvertragliche“ Pflicht dürfte spätestens dann enden, wenn das von ihr geschützte Rechtsgut nicht mehr wegen einer eingliederungsspezifischen Zugriffsmöglichkeit geschädigt werden kann. Erfolgt die Schädigung nur noch aus dem allgemeinen Ausgeliefertsein des Einzelnen gegenüber Rechtsgutsverletzungen Dritter, müssen die vertraglichen Fortwirkungen nach Treu und Glauben nicht mehr eingreifen.39 35 Diese Regel folgt aus dem auch im Öffentlichen Recht anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben, s. BGHZ 41, 104 (108); 82, 354 (359); 133, 316 (320). Sie hat in dem anderweitig einschlägigen § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 314 Abs. 1 BGB bzw. § 324 BGB eine beispielhafte Konkretisierung gefunden. Zurückhaltung ist aber geboten, wenn sich die Rechtsverletzung schon durch Schadenersatz ausgleichen läßt. 36 Für Einzelheiten zu diesem Grundsatz s. o. § 8 C.III.2. 37 So allgemein auch Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1012. 38 Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Leistungsberechtigte mittlerweile wieder einen hinreichenden Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben hat. 39 So auch Strätz, „Nachwirkungen“ (Fn. 4), S. 1012.

4. Teil

Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke § 15 Zusammenfassung in Thesen I. 1. Der Gesetzgeber setzt bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden zunehmend auf Verträge. Das hat dem Vertrag im Deutschen Verwaltungsrecht einen geradezu revolutionären Bedeutungszuwachs verschafft. Bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden ist der Vertrag nämlich nicht mehr nur eine selbstverständliche und gleichwertige Handlungsalternative zum Verwaltungsakt. Er hat dort sogar den Vorrang. Einseitiges Verwaltungshandeln kommt nur noch im Ausnahmefall in Betracht. Bei Millionen von Arbeitsuchenden führt das zu einer Massenverwaltung durch Vertrag (§ 1 A.I.). 2. Eingliederungsverträge sind zugleich das Symbol eines neuen Eingliederungskonzeptes, das im Zeichen des „aktivierenden Staates“ steht. Wichtigstes Element ist eine Verantwortungspartnerschaft des Sozialstaates mit der Bürgergesellschaft, die alle Beteiligten nach der Maxime des Förderns und Forderns gleichermaßen in die Pflicht nimmt. Dabei verfolgen die Beteiligten einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Einflußfaktoren für die berufliche Eingliederung berücksichtigt. Die Eingliederungsverträge übernehmen bei alldem eine zentrale Steuerungsfunktion (§ 1 A.II.). 3. Die Eingliederungspraxis kann mit dem neuen Modell noch nicht durchweg Schritt halten, was nicht zuletzt an unzureichenden Verwaltungsressourcen liegen mag. Darüber hinaus scheinen auch die einzelnen Akteure die Idee der Eingliederungsverträge noch nicht umfassend verinnerlicht zu haben (§ 1 A.III.). 4. Auch die hergebrachte, nur an der Handlungsform orientierte Vertragsdogmatik sieht sich durch die Eingliederungsverträge einmal mehr vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Mit ihrer Konzentration auf Handlungsform und Verwaltung vermag die reine Vertragslehre die Einbindung der Eingliederungsverträge in den Eingliederungsprozeß, die wichtige Rolle des aktiven Bürgers und Dritter, sowie die Verknüpfung mit anderen Handlungsformen kaum zu erfassen. Fremd sind ihr auch das Phänomen des Vertrages in der Massenverwaltung sowie die Aufnahme der für die Eingliede-

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rungsvereinbarung so bedeutenden Kommunikationsprozesse und Gestaltungsoptionen (§ 1 B.). 5. Eine weiterführende dogmatische Untersuchung kann sich deshalb nicht allein an der Handlungsform orientieren. Sie muß auch die Herausforderungen aus deren Umfeld aufgreifen und verarbeiten. Als idealer Ordnungsrahmen bietet sich dafür die Rechtsverhältnislehre an, die den gestellten Anforderungen ohne weiteres gerecht wird und im Sozialverwaltungsrecht ohnehin etabliert ist (§ 1 C.). II. 6. Eine praxistaugliche Dogmatik bedarf verschiedener Bausteine. Ein solcher Baustein ist das Wissen um die Ursprünge des neuen Eingliederungskonzeptes, das nicht vom Himmel gefallen ist. Es liegt zunächst im Trend einer schon seit längerem stattfindenden internationalen Neuorientierung bei der Eingliederung von Arbeitsuchenden. So gibt es bereits geraume Zeit vergleichbare Entwicklungen in fast allen westlichen Industriestaaten, insbesondere in Australien, Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden und den USA. Eine wichtige Schlüsselrolle spielte dabei stets die Eingliederungsvereinbarung. Der zeitliche Schwerpunkt dieser Reformen lag in der Mitte der 1990er Jahre, wenngleich erste Ansätze oft bis in das vorangehende Jahrzehnt zurückreichten und manche Reformprojekte noch immer nicht abgeschlossen sind (§ 2 A.). 7. Obwohl das Eingliederungskonzept des SGB II sich an dem beschriebenen internationalen Geschehen orientieren konnte, war für seine Entwicklung ein Rückgriff auf ausländische Vorbilder nicht notwendig. Die wesentlichen Ausprägungen des neuen Eingliederungskonzeptes waren im hergebrachten deutschen Arbeitsförderungs- und Sozialhilferecht längst angelegt. Sie mußten nur noch zusammengeführt und entsprechend akzentuiert werden. Das gilt auch für die Eingliederungsvereinbarung, die seit Mitte der 1990er Jahre zunächst im Soziahilferecht und später auch im Arbeitsförderungsrecht gesetzlich eingeführt wurde, wenn sie auch lange nicht so verbreitet war wie jetzt (§ 2 B.). III. 8. Die eigentliche Entstehungsgeschichte des neuen Eingliederungskonzeptes begann, als Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen nach ihrem Wahlsieg im Jahre 1998 die Entwicklung einer neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende ankündigten. Zu ernsthaften Schritten kam es allerdings erst Anfang 2002 mit der von der Bundesregierung berufenen Kommission „Mo-

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4. Teil: Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke

derne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ unter dem Vorsitz von Peter Hartz. Nach den Vorschlägen dieser Kommission brachten die Regierungsfraktionen im September 2003 den Entwurf eines Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (sog. Hartz IV-Gesetz) in den Bundestag ein, das nach einigen Änderungen außerhalb des eigentlichen Eingliederungskonzeptes am 1. Januar 2005 vollständig in Kraft treten konnte (§ 3 A.). 9. Ziel der Neuregelung war die Aktivierung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der helfenden Verwaltung im Zeichen des Förderns und Forderns. Im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit ging es zuvorderst um schnelle und paßgenaue Eingliederung durch ein ganzheitliches Fallmanagement aus einer Hand, mit Rechten und sanktionsbewehrten Pflichten des Leistungsberechtigten und der Eingliederungsvereinbarung als zentralem Steuerungselement (§ 3 B.). 10. Die rechtlichen Grundlagen des neuen Eingliederungskonzeptes reichen bis in das Europarecht hinein. Dort findet sich unter anderem die Forderung nach einem hohen Beschäftigungsstand, nach umfassenden Dienstleistungen bei der Arbeitsuche und flankierenden individuellen Aktionsplänen für die Betroffenen. Auch das deutsche Verfassungsrecht fordert einen hohen Beschäftigungsstand. Daneben sind die Grundrechte zu beachten, insbesondere mit ihrer Gewährleistung von Vertragsfreiheit und Rechtsschutz (§ 3 C.I.). 11. Das mit dem Hartz IV-Gesetz eingeführte SGB II bildet die wesentliche, aber nicht abschließende einfachrechtliche Grundlage des neuen Eingliederungskonzeptes. Zu erinnern ist dabei vor allem an die §§ 15 und 31 ff. SGB II. Ergänzend kommen insbesondere Regelungen des SGB III, des SGB X und des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung (§ 3 C.II.). IV. 12. Moderne Rechtswissenschaft muß immer auch die Entwicklungen außerhalb ihrer nationalen Grenzen im Auge behalten, um das eigene Recht unvoreingenommen analysieren, kreativer betrachten und gegebenenfalls fortentwickeln zu können. Für das Recht der Eingliederungsvereinbarung verspricht der Vergleich mit dem Ausland vor allem deshalb Erkenntnisgewinn, weil die Entwicklung in Deutschland – wie sich gezeigt hat – einem internationalen Trend entspricht. Das gilt besonders mit Blick auf die Länder Großbritannien und Australien, in denen das (Eingliederungs-)Agreement zur Zeit der deutschen Arbeitsmarktreformen bereits eine zentrale Rolle spielte und die wie Deutschland mit dem Problem struktureller und langzeitiger Arbeitslosigkeit ringen. Zwar mag auch das Eingliederungsrecht anderer Staaten gute Ansatzpunkte für einen Rechtsvergleich bieten,

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doch verhilft schon ein Blick auf die genannten Referenzstaaten dazu, das eigene Recht in anderem Lichte zu betrachten (§ 4 A.-C.). 13. In Großbritannien und Australien ist beispielsweise der Abschluß eines (Eingliederungs-)Agreements von vornherein Voraussetzung für finanzielle Hilfen. Verstöße gegen das Agreement haben zunächst allerdings keine unmittelbaren Folgen. Statt dessen tritt dort eine nicht notwendig inhaltsgleiche Eingliederungsanweisung der Verwaltung dazwischen, deren Verletzung dann aber gleich den sofortigen und vollständigen – in zeitlicher Hinsicht freilich begrenzten – Wegfall der finanziellen Hilfen zur Folge hat. Erhellend sind auch die Parallelen zum eigenen Recht, die etwa bei der Diskussion um die Rechtsnatur der (Eingliederungs-)Agreements zutage treten (§ 4 D. und E.). V. 14. Verwaltungsrechtsdogmatik läßt sich ohne stetige Rückkopplung mit der Verwaltungspraxis nicht sinnvoll und fruchtbar betreiben. Eine damit verbundene Rechtstatsachenforschung muß deshalb als wichtiger Baustein der Dogmatik gelten. Obwohl sich die Rechtstatsachenforschung seit längerem im Aufwind befindet, fehlt es in weiten Teilen noch immer an verläßlichen empirischen Daten. Dieses Defizit wird hier behoben (§ 5 A.). 15. Das Forschungsprojekt erfaßt das gesamte Eingliederungs-Rechtsverhältnis. Denn die Eingliederungsvereinbarung ist in dieses Rechtsverhältnis eingebunden und nur daraus verständlich und erklärbar. Für den passenden empirischen Unterbau der Arbeit waren die Bedürfnisse und Realitäten der Verwaltungspraxis im Lichte der gesetzlichen Bestimmungen aufzuklären. Als Informationsquellen eigneten sich besonders die persönlichen Ansprechpartner bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Für die Erhebung selbst war eine schriftliche Befragung angezeigt. Die eigens dafür entworfenen Fragebögen orientierten sich am Verlauf des EingliederungsRechtsverhältnisses als „roten Faden“ (§ 5 B.–F.). 16. Zur Gewinnung möglichst repräsentativer Erkenntnisse über die Verwaltungspraxis wandte sich die Untersuchung an alle deutschen Arbeitsgemeinschaften, Optionskommunen und Arbeitsagenturen in getrennter Aufgabenwahrnehmung des SGB II. Die Durchführung erfolgte dann in enger Abstimmung insbesondere mit der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände in Deutschland. Versand und Erfassung der Fragebögen erfolgten im Laufe des Jahres 2009 (§ 5 G.).

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4. Teil: Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke

VI. 17. Die Ergebnisse aus der Erhebung führen zu einem repräsentativen Bild von der Eingliederungsvereinbarung und ihrem Umfeld in der Rechtswirklichkeit. Die deutschlandweite Befragung bei den erwähnten Behörden der Bundesagentur für Arbeit und den Optionskommunen erbrachte 1.172 Fragebögen bei einer Rücklaufquote von über 90%. Die große Zahl an gewonnenen Daten und die außerordentlich hohe Rücklaufquote machen die Erhebung zur bislang größten und ertragsreichsten systematischen Umfrage zum Verwaltungsvertrag (§ 6 A.). 18. Die systematische Auswertung der gewonnen Daten hat gezeigt, daß die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis einen festen Platz einnimmt und vielfältigen Einsatz findet. Sie dient der Betreuung eines mannigfaltigen Klientels, das nicht selten erhebliche Eingliederungsherausforderungen zu bewältigen und relativ geringe Eingliederungserfolge zu verzeichnen hat. Gleichwohl stößt die Eingliederungsvereinbarung auf breite Akzeptanz. Die Beurteilung ihrer Rechtsnatur weist zwar eine große Bandbreite auf, die von einer einseitigen behördlichen Vorgabe bis zum ausgehandelten Vertrag reicht. Dennoch befürwortete der übergroße Teil der Befragten insbesondere den gesetzlich angeordneten Vorrang der Vereinbarung vor dem Eingliederungs-Verwaltungsakt (§ 6 B.I. und II.). 19. Die Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung liegt zu einem großen Teil in der Verantwortung und der Hand der Verwaltung, die eine Verhandlungspflicht des Leistungsberechtigten gleichwohl befürwortet. Dabei hat sich gezeigt, daß auch praktischer Bedarf an einem Sanktionensystem im Zusammenhang mit dem Abschluß der Vereinbarung besteht, und daß entsprechende Sanktionen durchaus auf Verständnis bei den betroffenen Leistungsberechtigten stoßen. Naturgemäß finden andere, kooperativ angelegte Verhandlungsmaßnahmen in größerem Umfang Einsatz und Verständnis. Auch ruhen dort noch einige Potentiale, doch ist die Bewehrung der Pflichten durch ein Sanktionensystem wie bei allen Pflichten unentbehrlich (§ 6 B.III.). 20. Bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung hält eine überwältigende Mehrheit die schriftliche Form mit der Unterschrift beider Parteien für zweckmäßig. Zur inhaltlichen Ausgestaltung orientiert sich die überwiegende Praxis offensichtlich an Vereinbarungsmustern. Gleichwohl kommt es nicht selten zu vereinbarungsersetzenden, und häufig zu vereinbarungsergänzenden formlosen Absprachen. Allein der Eingliederungs-Verwaltungsakt fristet eher ein Schattendasein (§ 6 B.III.8. und § 6 B.IV.). 21. Die rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Eingliederungsvereinbarung stuften die Befragten zum großen Teil als hoch oder sehr hoch ein,

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auch wenn sich offenbar nur wenige Leistungsberechtigte auf eine Unwirksamkeit der Vereinbarung berufen. Dennoch bestehen bei der Durchführung der Vereinbarung immer wieder rechtliche Unklarheiten. Es ist weiterhin ein praktischer Bedarf an einem Sanktionensystem zur Bewehrung der vereinbarten Pflichten auszumachen. Die gesetzlich vorgesehene Befristung stößt überwiegend auf Zustimmung, auch wenn es im Laufe dieser Frist häufiger zu Anpassungen der Eingliederungsvereinbarung kommt (§ 6 V. und VI.). VII. 22. Eine wertvolle Ergänzung zu dem bereits gewonnenen Bild lieferte der Blick auf die Folgen der Einordnung der Eingliederungsvereinbarung in der Praxis als ausgehandelten Vertrag einerseits und als klassischen Verwaltungsakt andererseits für den Eingliederungserfolg der Beteiligten. Aus rechtsdogmatischer Sicht waren diese Analysen von besonderem Interesse, weil sie eine weitere grundsätzliche Orientierung gaben, um der erfolgversprechendsten praktischen Einordnung der Eingliederungsvereinbarung den gebotenen Vorschub leisten zu können (Einleitung § 7). 23. Die ergänzende Betrachtung enthüllte eindrucksvoll die allseits klare Überlegenheit der Eingliederungsvereinbarung als ausgehandelten Vertrag gegenüber ihrem konzeptionswidrigen Einsatz als einseitige behördliche Vorgabe. Diese Überlegenheit zeigte sich vor allem in einem erheblich größeren Eingliederungserfolg, einer wesentlich höheren Akzeptanz bei Verwaltung und Leistungsberechtigten, einem deutlich individualisierteren Eingliederungsverlauf, einem viel genauer ausgearbeiteten Vereinbarungsinhalt und einer spürbar geringeren Flucht in formlose Absprachen. Damit kann auch der Eingliederungs-Verwaltungsakt in der Eingliederungspraxis nur die ultima ratio des Verwaltungshandelns darstellen. Darüber hinaus konnte der ergänzende Blick auf die Rechtswirklichkeit einmal mehr den Bedarf an einem Sanktionensystem zur Absicherung der Pflichten des Leistungsberechtigten belegen, insbesondere auch für den vorvertraglichen Bereich (§ 7 A.–B.). 24. Insgesamt führt der erweiterte Blick auf die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis zu einer klaren Absage an alle Befürworter einseitiger behördlicher Vorgaben und Gegner des gesetzlichen Sanktionensystems (§ 7 C.). VIII. 25. In der hergebrachten Verwaltungsrechtswissenschaft steht die dogmatische Erfassung von Handlungsformen, also die Ordnung künstlich isolierter Kristallisationspunkte, im Vordergrund des Interesses. Eine zeitgemäße

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Dogmatik kann sich darauf aber nicht mehr beschränken. Will sie den Rechtsanwendern zu orientiertem und sicherem Umgang mit dem Recht verhelfen, muß sie ihre Perspektive auf die komplexe Realität und Dynamik des rechtlich zusammengehörenden Gesamtgeschehens richten. Das führt nicht zur Unbeachtlichkeit, aber doch zum Zurücktreten der Handlungsformen in die Reihen des so erweiterten dogmatischen Gefüges. Dieser neuen Perspektive kann die Rechtsverhältnislehre am ehesten genügen. Der dogmatische Zugriff auf das Recht der Eingliederungsvereinbarung des SGB II erfolgt deshalb über das Eingliederungs-Rechtsverhältnis (§ 8 A.–B.). 26. Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis ist ein eigenes typisiertes Rechtsverhältnis. Typologischer Anknüpfungspunkt ist die Eingliederung erwerbsfähiger Leistungsberechtigter in Arbeit mittels einer Eingliederungsvereinbarung. Zugleich weist das Eingliederungs-Rechtsverhältnis Merkmale anderer, allgemeinerer Rechtsverhältnisse auf. So ist es zugleich ein Schuld-Rechtsverhältnis. Außerdem hat es den Charakter eines Dauerschuldverhältnisses (§ 8 C.I.). 27. (Haupt-)Rechtssubjekte des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses sind der erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Bundesagentur für Arbeit und der jeweilige kommunale Träger, weil nur sie als Parteien der Eingliederungsvereinbarung in Betracht kommen. (Neben-)Rechtssubjekte sind all jene, die zwar nicht Partei der Eingliederungsvereinbarung des Leistungsberechtigten werden, das Rechtsverhältnis aber gleichwohl beeinflussen können. Dafür kommen insbesondere die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, der Amtswalter des „persönlichen Ansprechpartners“, die Gemeinsame Einrichtung nach § 44b SGB II und andere Beteiligte wie etwa Bevollmächtigte, Beistände oder externe Dienstleister in Betracht (§ 8 C.II.). 28. Im Eingliederungs-Rechtsverhältnis wirken verschiedene rechtliche Grundsätze, die das Rechtsverhältnis prägen. Zu ihnen gehören vor allem der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben und die besonderen Grundsätze des bestmöglichen Eingliederungseinsatzes, der Paßgenauigkeit und Effizienz, der Hilfe nur zur Selbsthilfe und des Vorrangs der Eingliederungsvereinbarung (§ 8 C.III.). 29. Das Eingliederungs-Rechtsverhältnis ist ein Inbegriff von Rechten und Pflichten zwischen wenigstens zwei Rechtssubjekten. Sowohl der Leistungsberechtigte als auch der jeweilige Grundsicherungsträger haben grundsätzlich echte, miteinander korrespondierende Rechte und Pflichten, nicht bloße Obliegenheiten. Die zwischen den Hauptrechtssubjekten bestehenden Pflichten lassen sich nach Leistungs- und weiteren Verhaltenspflichten unterscheiden. Hinzutreten können Gestaltungsrechte. Die Nebenrechtssubjekte haben nur weitere Verhaltenspflichten (§ 8 C.IV.).

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30. Die typischen Handlungsformen des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses sind die als Vertrag ausgestaltete Eingliederungsvereinbarung, der Verwaltungsakt und die informelle Absprache. In ihrem Gefolge gibt es weitere Ausprägungen einzelfallbezogenen Handelns, die das Rechtsverhältnis zwar nicht kennzeichnen, sein Schicksal aber doch entscheidend beeinflussen können (§ 8 C.V.). 31. In zeitlicher Hinsicht läßt sich das Eingliederungs-Rechtsverhältnis in mehrere Phasen aufteilen, die sich am Lebenszyklus der Eingliederungsvereinbarung orientieren. Es gibt eine vorvertragliche Phase, eine Phase der Vertragsdurchführung einschließlich Vertragsanpassung und -fortentwicklung und eine nachvertragliche Phase (§ 8 C.VI.). 32. Für den Rechtsschutz des Leistungsberechtigten ergeben sich keine größeren Besonderheiten. Zur Realisierung seiner Ansprüche vor oder nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung ist er auf die Leistungsklage verwiesen. Gegen Sanktionen steht ihm der Anfechtungsweg offen, gegebenenfalls im Eilrechtsschutz. Der Grundsicherungsträger kann die Erfüllung der Pflichten des Leistungsberechtigten grundsätzlich nicht im Klagewege erzwingen. Er ist regelmäßig auf Sanktionen und Zurückbehaltungsrechte verwiesen (§ 8 C.VII.). IX. 33. Die im Allgemeinen Verwaltungsrecht oft vernachlässigte vorvertragliche Phase ist der erste wichtige Abschnitt im Lebenszyklus des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses. Sie ist gekennzeichnet durch einen Entscheidungs- und Einigungsprozeß, in dem die Parteien über den Inhalt der Eingliederungsvereinbarung befinden. Vor allem hier werden die Weichen für das künftige Miteinander und den Verlauf der Eingliederung gestellt. Die geringe gesetzliche Vorordnung dieses Bereichs verleiht dem Geschehen im Vorfeld und dessen dogmatischer Aufbereitung ein um so größeres Gewicht (§ 9 A.). 34. Die Begründung der vorvertraglichen Phase der Eingliederung richtet sich nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 311 Abs. 2 BGB. Danach genügt es, wenn der Leistungsberechtigte sich mit dem Begehren um Grundsicherung erstmals in den Geschäftsbereich des Grundsicherungsträgers begibt (§ 9 B.). 35. Die vorvertraglichen Phase der Eingliederung hat eine besondere Pflichtenstruktur. Es gibt hier nicht nur weitere Verhaltenspflichten, so wie es für vorvertragliche Rechtsverhältnisse im allgemeinen üblich ist. Darüber hinaus haben die Parteien auch schon bestimmte Leistungspflichten (Einleitung zu § 9 C.).

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36. Die wichtigste vorvertragliche Leistungspflicht des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist die Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung (Kontrahierungszwang). Sie entsteht mit dem Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende und korrespondiert mit einem entsprechenden Anspruch des Grundsicherungsträgers. Ein Erfolg ist nicht geschuldet. Die Abschlußpflicht hat einen handlungsbezogenen Charakter mit dem Inhalt, ein formell und materiell rechtmäßiges Angebot zu einer Eingliederungsvereinbarung anzunehmen. Sie besteht, solange der Leistungsberechtigte zu Recht Grundsicherung einfordert und der Abschluß einer Vereinbarung geboten ist. Die Verpflichtung erlischt nach allgemeinen Grundsätzen. Sie entsteht im Laufe der Zeit fortgesetzt neu, soweit der Abschluß einer weiteren Eingliederungsvereinbarung geboten ist. Der Erlaß eines EingliederungsVerwaltungsaktes kann nicht zu ihrem Wegfall führen (§ 9 C.I.1.). 37. Neben dem Leistungsberechtigten trifft auch den jeweiligen Grundsicherungsträger vor allem die Leistungspflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung. Für seine Abschlußpflicht gilt im Ergebnis weitgehend entsprechendes wie für die des Leistungsberechtigten. Ein wesentlicher Unterschied liegt allerdings darin, daß der Grundsicherungsträger ein formell und materiell rechtmäßiges Angebot abzugeben hat. Darauf hat der Leistungsberechtigte ein subjektiv-öffentliches Recht. Eine weitere wichtige Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers ist die Zahlung des Arbeitslosengeldes II, das dem Leistungsberechtigten überhaupt erst die Möglichkeit zur ungestörten und ordnungsgemäßen Erfüllung aller seiner vorvertraglichen Pflichten gibt (§ 9 C.I.2.). 38. Die vorvertraglichen weiteren Verhaltenspflichten im Eingliederungs-Rechtsverhältnis fordern von den beteiligten Rechtssubjekten ein Verhalten, wie es jeder mit Rücksicht auf den konkreten Eingliederungszweck, die bestehenden Leistungspflichten und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens vom anderen erwarten darf. Verallgemeinernd läßt sich für die angehenden Parteien zwischen leistungsbezogenen und nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten unterscheiden (Einleitung zu § 9 C.II.). 39. Leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten können vor allem als Verbot der Erfüllungsverweigerung sowie als Informations-, Untersuchungsund Verhandlungspflichten auftreten. Sie folgen grundsätzlich aus dem eingliederungsrechtlich aufgeladenen Grundsatz von Treu und Glauben, die Informations- und Untersuchungspflichten des Grundsicherungsträgers dem Grunde nach allerdings schon aus den §§ 14 f. SGB I und § 20 SGB X. Ihre Funktion ist es, den Abschluß einer rational ausgehandelten und damit paßgenauen sowie effizienten Eingliederungsvereinbarung zu gewährleisten (§ 9 C.II.1.).

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40. Die nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) dienen dem Integritätsinteresse des anderen Teils und im Einzelfall auch dem Dritter (§ 9 C.II.2.). 41. Außer den angehenden Parteien können in der vorvertraglichen Phase ausnahmsweise auch Dritte Träger weiterer Verhaltenspflichten sein. Bei den Pflichten handelt es sich regelmäßig um Informationspflichten, die – sofern keine besonderen gesetzlichen Regeln bestehen – ebenfalls aus Treu und Glauben folgen (§ 9 C.II.3.). 42. Für Leistungsberechtigte ohne volle Geschäftsfähigkeit gelten die §§ 104 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend (§ 9 C.III.). 43. Vor Erlaß eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes ergeben sich keine weiterreichenden Verpflichtungen der Beteiligten als vor Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung (§ 9 C.IV.). X. 44. Um die Eingliederungsvereinbarung in dem mit ihr verbundenen Eingliederungsprozeß vollständig zu erfassen, genügt es nicht, die vereinbarungsbezogenen Rechte und Pflichten in ihren Zusammenhängen und Abhängigkeiten systematisch zu erschließen. Auch die darüber hinausgehenden und noch nicht behandelten Folgen der Verletzung dieser Pflichten – das spezifische Leistungsstörungsrecht – bedarf systematischer Betrachtung. Außerdem ist auf die Beendigung der vorvertraglichen Eingliederungsphase einzugehen. (Einleitung zu § 10). 45. Verletzt der Leistungsberechtigte seine Pflicht zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung, kann der Grundsicherungsträger nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB und § 48 SGB X für die einschlägige Zeit grundsätzlich die Zahlung des Arbeitslosengeldes II verweigern. Das folgt aus Bedeutung und Eigenart der gegenübergestellten Pflichten. § 66 SGB I greift nicht ein. Der Anwendung von § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB steht es wegen § 48 SGB X auch nicht entgegen, daß Arbeitslosengeld II durch Verwaltungsakt gewährt wird und daß bei Nichtzustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung vorläufig ein Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergeht. Nur in einigen Ausnahmefällen müssen die in Rede stehenden Vorschriften außer Betracht bleiben, so etwa wenn der Grundsicherungsträger ein rechtswidriges Angebot unterbreitet hat oder der Leistungsberechtigte vor seiner Pflichtverletzung nicht hinreichend über die möglichen Rechtsfolgen seines Verhaltens belehrt wurde und auch sonst keine Kenntnis von diesen Rechtsfolgen hatte (§ 10 A.I.1.a]).

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46. Außerdem kommt bei Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten eine Schadenersatzhaftung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB in Betracht (§ 10 A.I.1.b]). 47. Für die Verletzung der Melde- und Erscheinenspflichten des Leistungsberechtigten gelten eigene Gesetzmäßigkeiten, die von dem vorgestellten Regelwerk zur Abschlußpflichtverletzung deutlich abweichen. Die maßgebliche Ausgangsregelung bildet § 32 SGB II, der ein gestuftes System von Rechtsfolgen vorsieht (§ 10 A.I.2.). 48. Verletzt der Grundsicherungsträger seine Abschlußpflicht, haftet er dem Leistungsberechtigten nur nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB. (§ 10 A.I.3.). 49. Verletzt der Grundsicherungsträger seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II, darf der Leistungsberechtigte die Erfüllung seiner eingliederungsbezogenen Pflichten für diese Zeit nach § 62 Satz 1 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB verweigern. Er hat außerdem einen Zinsanspruch nach Maßgabe des § 44 SGB I (§ 10 A.I.4.). 50. Verletzt der Leistungsberechtigte eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht, kann der Grundsicherungsträger wie bei einer Abschlußpflichtverletzung des Leistungsberechtigten nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB und § 48 SGB X für die einschlägige Zeit grundsätzlich die Zahlung des Arbeitslosengeldes II verweigern (§ 10 A.II.1.a]). 51. Im übrigen führt die Verletzung einer weiteren Verhaltenspflicht zu einer Schadensersatzhaftung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. den allgemeinen Vorschriften der Bürgerlichen Gesetzbuches. Kommt es wegen der Verletzung einer weiteren Verhaltenspflicht mit Leistungsbezug zum Abschluß einer ungünstigen Eingliederungsvereinbarung, kann der andere Teil je nach Art und Gewicht der Pflichtverletzung unter anderem eine Korrektur oder Anpassung bis hin zur Aufhebung der Vereinbarung fordern. Bleibt die Vereinbarung wegen der Pflichtverletzung aus, folgt daraus zumindest keine zusätzliche Abschlußpflicht. Dann hat die allgemeine eingliederungsrechtliche Abschlußpflicht Vorrang. (§ 10 A.II.1.b]). 52. Bei Verletzung nicht leistungsbezogener weiterer Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) kommt nur eine Haftung nach allgemeinem Schadenersatzrecht in Betracht. Dabei gilt im Grundsatz nichts anderes als bei der Verletzung weiterer Verhaltenspflichten mit Leistungsbezug. Allerdings kann der Geschädigte sich bei schweren Pflichtverletzungen unter Umständen aus dem Rechtsverhältnis lösen, was das zumindest vorläufige Ende der Grundsicherung bedeuten kann (§ 10 A.II.2.).

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53. Auch Dritte können dem Verhandlungsgegner nach allgemeinem Schadenersatzrecht haftbar sein, und zwar als Vertreter neben dem Vertretenen. Das wird freilich nur ausnahmsweise der Fall sein (§ 10 A.II.3.). 54. Die Beendigung der vorvertraglichen Phase der Eingliederung führt je nach Beendigungstatbestand zum Wegfall, teilweise aber auch zum Übergang der bisherigen Pflichten in die vertraglich geprägte Phase der Eingliederung. Unter den Beendigungstatbeständen lassen sich tatsachen- und rechtsaktbezogene Tatbestände unterscheiden. Der wichtigste (rechtsaktbezogene) Beendigungstatbestand ist der Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung (§ 10 B.). XI. 55. Eine bedeutende Zäsur im Lebenszyklus des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses ist der Abschluß einer wirksamen Eingliederungsvereinbarung. Die vorvertragliche Phase endet, und es beginnt die Durchführung der Vereinbarung. Weil die Eingliederungsvereinbarung nun den weiteren Eingliederungsverlauf bestimmt, ist ihre richtige Gestaltung ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine paßgenaue und effiziente Eingliederung (§ 11 A.). 56. Parteien einer Eingliederungsvereinbarung können immer nur ein einzelner Leistungsberechtigter und ein Grundsicherungsträger sein. Mehr oder andere Rechtssubjekte kommen als Parteien nicht in Betracht. Es ist aber möglich, Dritte in die Vertragsverhandlungen einzubeziehen oder mehrere Eingliederungsvereinbarungen aufeinander abzustimmen (§ 11 B.I.). 57. Die Eingliederungsvereinbarung kommt in Anlehnung an das allgemeine Vertragsrecht dadurch zustande, daß sich Leistungsberechtigter und Grundsicherungsträger durch einander entsprechende Willenserklärungen über den weiteren Eingliederungsverlauf einigen. Die Einzelheiten dazu folgen prinzipiell aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 145 ff. BGB, soweit diese Vorschriften nicht auf einen mündlichen Vertragsschluß zugeschnitten sind. Die Bedeutung der einzelnen Erklärungen und der Vereinbarung insgesamt ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung zu erschließen. Die Vereinbarung ist so auszulegen, daß sie nicht nur rechtmäßig, sondern auch möglichst paßgenau und effizient ist (§ 11 B.II.). 58. Eine Eingliederungsvereinbarung, die in Rechte eines Dritten eingreift, wird nach § 57 Abs. 1 SGB X erst wirksam, wenn der Dritte zustimmt. Ist bei Abschluß der Vereinbarung das Einvernehmen eines kommunalen Trägers erforderlich, bedarf es für die Wirksamkeit der Vereinbarung seiner Zustimmung analog § 57 Abs. 2 SGB X. Ohne die erforderliche Zustimmung bleibt die Eingliederungsvereinbarung schwebend unwirksam (§ 11 C.I.).

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59. Die Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung bestimmt sich ferner nach § 58 SGB X und dessen abgestufter Rechtsfolgenanordnung. Das kann dazu führen, daß eine Vereinbarung zwar rechtswidrig, aber doch wirksam und damit zu befolgen ist. Insoweit bestehen keine Besonderheiten im Vergleich zum Allgemeinen Verwaltungsrecht. Dabei muß sich die Eingliederungsvereinbarung insbesondere an den Anforderungen des § 55 SGB X messen lassen, weil sie ein Austauschvertrag ist. Im Einzelfall kann auch das Recht des Vergleichsvertrages oder der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Anwendung kommen (§ 11 C.II.). 60. Die Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung dient der Befestigung eines paßgenauen und effizienten Eingliederungsprozesses. Neben tatsächlichen Gegebenheiten steuert das Verwaltungsvertragsrecht die Parteien bei der Vertragsgestaltung, und zwar durch normative Direktiven. Diese Direktiven erschöpfen sich nicht in der Begrenzung gestalterischen Handelns. Sie eröffnen den Parteien auch Optionen und Freiräume zur schöpferischen und zweckgerichteten Vertragsoptimierung und schaffen ihnen dadurch eine „gesetzesdirigierte Vertragsfreiheit“ (Einleitung zu § 11 D.). 61. In formaler Hinsicht bedarf die Eingliederungsvereinbarung der Schriftform nach § 56 SGB X. In Anlehnung an die Anforderungen des § 126 BGB muß der Vertragsinhalt also schriftlich verkörpert und nachlesbar sein, so daß er sich zumindest im Wege der Auslegung eindeutig und unzweifelhaft ermitteln läßt. Darüber hinaus müssen beide Parteien die Vereinbarung auf derselben Vertragsurkunde eigenhändig unterzeichnen. Fertigen sie von der Vereinbarung zwei gleichlautende Urkunden, genügt es, daß jede Partei die für die andere Seite bestimmte Urkunde unterzeichnet (eigenhändige Unterschrift und Urkundeneinheit). Die Parteien können strengere Formen nutzen, insbesondere die gerichtliche Protokollierung im Rahmen eines Vergleichs (§ 11 D.I.). 62. Bei der inhaltlichen Gestaltung ist zwischen obligatorischem und fakultativem Vertragsinhalt zu unterscheiden. Zum obligatorischen Inhalt der Eingliederungsvereinbarung gehören die Angabe der Parteien, eine Zweckbestimmung für die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten, die hinreichend konkrete Festlegung der Leistungspflichten beider Parteien, eine Einigung über die Dauer der Vereinbarung sowie über die Schadenersatzpflicht des Leistungsberechtigten für den Fall des Abbruchs einer Bildungsmaßnahme (§ 11 D.II.1.). 63. Fakultativ können die Parteien beispielsweise eine Präambel oder Flexibilisierungsregelungen in die Vereinbarung aufnehmen. Darüber hinaus können sie sich etwa über eine Rechtsfolgenbelehrung und Leistungen an bestimmte Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einigen. Vor allem die angesprochenen Flexibilisierungsregelungen bieten kaum zu überschätzende

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Potentiale für dauerhaft höchste Akzeptanz, Paßgenauigkeit und Effizienz der Vereinbarung (§ 11 D.II.2.). 64. Ergeht ein Eingliederungs-Verwaltungsakt, müssen vor allem die darin festgelegten Pflichten so angelegt sein, daß sie noch genügend zeitlichen Freiraum für das Aushandeln und den Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung geben und jederzeit dem neuen Eingliederungskonzept aus einer solchen Vereinbarung weichen können (§ 11 E.). XII. 65. Die Durchführungsphase der Eingliederungsvereinbarung ist ein weiterer wichtiger Abschnitt im Lebenszyklus des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses. Nun geht es an die Umsetzung des Vereinbarten und damit um nicht weniger als die eigentliche (Wieder)Eingliederung des Leistungsberechtigten in Arbeit. Mindestens ebenso wichtig wie Paßgenauigkeit und Effizienz der ausgehandelten Maßnahmen ist deren vereinbarungsgerechte Umsetzung. Weil das Sozialgesetzbuch dazu nur wenige Aussagen trifft, ist eine dogmatische Ausformung der Durchführungsphase unentbehrlich (§ 12 A.). 66. Die Begründung der Durchführungsphase erfolgt durch den Abschluß der Eingliederungsvereinbarung, die nun Grundlage und Maßstab für den weiteren einvernehmlichen und kooperativen Eingliederungsverlauf ist (§ 12 B.). 67. Wie bei jeder klassischen Vertragsdurchführung haben die Parteien auch bei der Durchführung der Eingliederungsvereinbarung primäre Leistungspflichten und flankierende weitere Verhaltenspflichten (Einleitung zu § 12 C.). 68. Die Leistungspflichten des Leistungsberechtigten folgen nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung ausschließlich aus der Vereinbarung. Das schließt eine einseitige Leistungsbestimmung durch den Grundsicherungsträger oder einen Dritten nicht aus. Doch muß ein entsprechendes Leistungsbestimmungsrecht ausdrücklich in die Eingliederungsvereinbarung aufgenommen worden und die auf dieser Grundlage bestimmte Leistung in der Vereinbarung zumindest angelegt gewesen sein (§ 12 C.I.1.). 69. Der Leistungsberechtigte hat im Zweifel in Person zu leisten. Ob die jeweilige Verpflichtung einen erfolgs- oder handlungsbezogenen Charakter hat ist für jeden Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Für den Bestand der Pflichten bleibt grundsätzlich unbeachtlich, ob die Vereinbarung in jeder Hinsicht rechtmäßig ist, solange nicht das Nichtigkeitsverdikt des § 58 SGB X eingreift. Die Pflichten des Leistungsberechtigten erlöschen nach allgemeinen Grundsätzen, wobei für die einzelnen Verpflichtungen von einer absoluten Fixschuld auszugehen ist (§ 12 C.I.1.).

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70. Die Leistungspflichten des Grundsicherungsträgers folgen mit Ausnahme seiner Pflicht zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II ebenfalls aus der Eingliederungsvereinbarung. Sie entstehen grundsätzlich mit dem Abschluß der Vereinbarung, jedoch muß der Grundsicherungsträger im Zweifel nicht in Person leisten. Ob die einzelne (Eingliederungs-)Leistungspflicht dann einen erfolgs- oder einen handlungsbezogenen Charakter hat, ist wieder durch Auslegung zu ermitteln. Ihr Erlöschen richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. Wegen der engen Verzahnung mit den Pflichten des Leistungsberechtigten ist im Regelfall ebenfalls von einem absoluten Fixschuldcharakter auszugehen (§ 12 C.I.2.). 71. Die Pflicht des Grundsicherungsträgers zur Zahlung des Arbeitslosengeldes II folgt nicht aus der Eingliederungsvereinbarung. Sie ist gleichwohl eine (Haupt)Leistungspflicht im Eingliederungs-Rechtsverhältnis, nicht zuletzt weil die Zahlung dem Leistungsberechtigten überhaupt erst die ungestörte und ordnungsgemäße Erfüllung aller seiner Pflichten aus der Vereinbarung ermöglicht. Die Zahlungspflicht ist bis zum Wegfall ihrer Voraussetzungen prinzipiell auf monatlich wiederkehrende Einzelleistungen gerichtet. In ihrer Gesamtheit erlischt sie durch die Einzelleistungen folglich immer nur teilweise (§ 12 C.I.2.). 72. Die weiteren Verhaltenspflichten der Parteien sind in weiten Teilen verschieden von denen des vorvertraglichen Stadiums. Das folgt aus ihrer Bindung an die jeweils maßgeblichen Zwecke des Rechtsverhältnisses, die bestehenden Leistungspflichten und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung. Ihr Inhalt bleibt situationsabhängig. Verallgemeinernd läßt sich aber wieder zwischen leistungsbezogenen und nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten unterscheiden (Einleitung zu § 12 C.II.). 73. Die leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten haben den Charakter von Leistungstreuepflichten. Ihnen läßt sich zuvorderst das Verbot der Erfüllungsverweigerung zuordnen. Ferner können sie unter anderem als Vorbereitungs- und Herbeiführungspflichten, aber auch als Sicherungs-, Informations-, Rücksichts- und Mitwirkungspflichten auftreten. Sie sind in ihrer konkreten Gestalt einzelfallabhängig und ergeben sich grundsätzlich durch Auslegung der Eingliederungsvereinbarung nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte sowie die Umstände des Einzelfalles. Außerdem sind die Wertungen aus den Generalklauseln der § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Satz 1 SGB II zu beachten (§ 12 C.II.1.). 74. Die nicht leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten (Schutzpflichten) dienen dem Integritätsinteresse des anderen Teils, und im Einzelfall auch dem Dritter (§ 12 C.II.2.).

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75. Außer den Vertragsparteien kommen bei Durchführung der Eingliederungsvereinbarung wie in der vorvertraglichen Phase ausnahmsweise auch Dritte als Träger weiterer Verhaltenspflichten in Betracht (§ 12 C.II.3.). 76. Neben den bereits erwähnten Primärpflichten können die Parteien nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung noch besondere Pflichten zur Anpassung der Vereinbarung an geänderte Verhältnisse oder zum Neuabschluß der Vereinbarung treffen (Einleitung zu § 12 C.III.). 77. Die Anpassung der Eingliederungsvereinbarung richtet sich grundsätzlich nach § 59 SGB X. Ein Rückgriff auf § 37 Abs. 3 SGB III kommt nicht in Betracht. Die Parteien können Erleichterungen vereinbaren. Erst mit dem Anpassungsverlangen einer Partei entsteht für die andere Partei eine entsprechende Anpassungspflicht für die Zukunft. Unabhängig von § 59 SGB X müssen die Parteien nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB II grundsätzlich eine neue Eingliederungsvereinbarung abschließen, wenn die bisherige Vereinbarung endete. Sowohl bei Anpassung als auch bei Neuabschluß besteht eine besondere Pflichtenlage wie in der vorvertraglichen Phase (§ 12 C.III.). 78. Die Leistungs- und weiteren Verhaltenspflichten bei Durchführung eines Eingliederungs-Verwaltungsaktes entsprechen grundsätzlich den Pflichten bei Durchführung einer Eingliederungsvereinbarung. Daneben bleiben aber stets alle auf Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung gerichteten Pflichten bestehen (§ 12 C.IV.). XIII. 79. Um die Eingliederungsvereinbarung in dem mit ihr verbundenen Eingliederungsprozeß vollständig zu erfassen, bedarf es auch für den Bereich der Vertragsdurchführung einer systematischen Betrachtung des spezifischen Leistungsstörungsrechts. Außerdem ist auf die Beendigung der Durchführungsphase einzugehen (Einleitung zu § 13). 80. Weigert sich der Leistungsberechtigte, seine Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung zu erfüllen, führt das nach den §§ 31 ff. SGB II in einem gestuften System von Rechtsfolgen grundsätzlich zu Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II (§ 13 A.I.1.a]). 81. In Ausnahmefällen bleiben diese Rechtsfolgen aus, insbesondere dann, wenn der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegt und nachweist oder der Leistungsberechtigte vor seiner Pflichtverletzung nicht hinreichend über die möglichen Rechtsfolgen seines Verhaltens belehrt wurde und auch sonst keine Kenntnis von diesen Rechtsfolgen hatte (§ 13 A.I.1.a]cc]).

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82. Keine Ausnahme bildet dagegen prinzipiell der Fall einer lediglich rechtswidrigen Eingliederungsvereinbarung. Die Rechtswidrigkeit schadet nur, soweit damit auch eine Nichtigkeit nach § 58 SGB X einhergeht und die gestörte Verpflichtung ohnehin entfällt (§ 13 A.I.1.a]dd]). 83. Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II dauern nach § 31b SGB II drei Monate. Sie werden durch einen eigenen, die gesetzliche vorgegebene Rechtsfolge nachvollziehenden Verwaltungsakt festgestellt, der dem Pflichtverstoß stets unverzüglich nachfolgen, jedenfalls aber innerhalb von sechs Monaten ergangen sein muß (§ 13 A.I.1.a]ee]). 84. Ausgangspunkt der Betrachtungen zu Minderung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II wegen der Verletzung vertraglicher Leistungspflichten ist die Sanktionsregelung aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Daneben begründen die Nummern 2 und 3 des § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB II weitere Sanktionstatbestände. Diese Tatbestände greifen bei Vorliegen einer Eingliederungsvereinbarung allerdings nur ein, soweit es die Parteien in der Vereinbarung dem Grundsicherungsträger oder einem Dritten überlassen haben, die betreffenden Leistungen nachträglich zu bestimmen (§ 13 A.I.1.a]ff]). 85. Verletzt der Leistungsberechtigte seine Leistungspflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, kann das zu einer Haftung auf Schadenersatz nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB führen (§ 13 A.I.1.b]). 86. Die §§ 31 ff. SGB II stehen dem nur teilweise entgegen. Die Vorschrift gleichen funktionell einer Vertragsstrafenregelung und gewähren dem Grundsicherungsträger damit auch Schadenersatz, ohne daß dafür ein Schadensnachweis notwendig wäre. In der jeweiligen Höhe gehen die §§ 31 ff. SGB II einer Forderung aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht vor. Davon unbeschadet bleibt aber eine Forderung aus allgemeinem Schadenersatzrecht für nachweisbare weitergehende Schäden oder Schäden aus sonst nicht sanktionierten Leistungspflichtverletzungen (§ 13 A.I.b]aa]). 87. Etwas anderes gilt mit Blick auf § 15 Abs. 3 SGB II, der für den Fall, daß die Parteien eine Bildungsmaßnahme vereinbaren, eine Schadenersatzregelung einfordert. Die Regelung schließt für ihren Anwendungsbereich das allgemeine Schadenersatzrecht vollständig aus, kommt aber selbst nur zum Zuge, soweit der Schaden nicht schon über eine Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II abgedeckt ist (§ 13 A.I.b]bb]). 88. Die Verletzung der Leistungspflichten des Leistungsberechtigten hat mit Ausnahme einer unter Umständen bestehenden Kündigungsmöglichkeit des Grundsicherungsträgers keine weiteren Rechtsfolgen. Die §§ 31 ff. SGB II regeln die Folgen für die Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers abschließend, so daß insbesondere die Anwendung der allgemeineren § 66 SGB I oder § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 bzw. § 320 Abs. 1 BGB von vornherein ausscheidet (§ 13 A.I.1.c]).

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89. Die vereinbarten Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers einschließlich der sie flankierenden weiteren Verhaltenspflichten bleiben von den erwähnten Vorschriften ebenfalls unberührt. Insbesondere § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 320 BGB findet keine Anwendung (§ 13 A.I.1.c]). 90. Verletzt der Leistungsberechtigte seine vertraglich begründeten oder angelegten Melde- und Erscheinenspflichten, greift eine ähnliche Sanktionsstruktur ein wie bei Verletzung vertraglicher Leistungspflichten. Allerdings sind die Sanktionsfolgen in erster Linie nach dem nunmehr maßgeblichen, weil spezielleren § 32 SGB II zu bestimmen (§ 13 A.I.2.). 91. Verletzt der Grundsicherungsträger eine Leistungspflicht aus der Eingliederungsvereinbarung, haftet er dem Leistungsberechtigten nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB. Weitere Rechtsfolgen kommen mit Ausnahme einer denkbaren Kündigung durch den Leistungsberechtigten nicht in Betracht (§ 10 A.I.3.). 92. Bei einer Verletzung der Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers, darf der Leistungsberechtigte die Erfüllung seiner Eingliederungspflichten für diese Zeit nach § 61 Satz 2 SGB II i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB verweigern. § 320 BGB findet keine Anwendung. Im übrigen haftet der Grundsicherungsträger nur noch auf Zinsen nach Maßgabe des § 44 SGB I (§ 13 A.I.4.). 93. Die Verletzung einer weiteren Verhaltenspflicht kann zu einer Schadensersatzhaftung nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches führen. Verletzt der Leistungsberechtigte eine leistungsbezogene weitere Verhaltenspflicht, kann der Grundsicherungsträger außerdem nach § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. § 273 Abs. 1 BGB und § 48 SGB X für die einschlägige Zeit grundsätzlich die Zahlung des Arbeitslosengeldes II verweigern (§ 13 A.II.). 94. Die Beendigung der Durchführung einer Eingliederungsvereinbarung kann sowohl auf Grund tatsachen- als auch rechtsaktbezogener Tatbestände erfolgen. Eine Rückabwicklung der erbrachten Leistungen kommt grundsätzlich nicht in Betracht (§ 13 B.). 95. Für Pflichten zur Vertragsanpassung und -erneuerung gelten die Leistungsstörungsregeln aus der vorvertraglichen Phase der Eingliederung (§ 13 C.). 96. Die Verletzung von Pflichten aus einem Eingliederungs-Verwaltungsakt kann seit der Gesetzesänderung im Frühjahr 2011 ebenfalls zu Sanktionen nach den §§ 31 ff. SGB II führen. Die mit Blick auf die Eingliederungsvereinbarung entwickelten Gesetzmäßigkeiten zu den §§ 31 ff. gelten dafür grundsätzlich entsprechend; ihre Anwendbarkeit auf den Verwaltungsakt ist aber stets gesondert zu prüfen. Auf Seiten des Grundsicherungsträ-

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gers kommt allerdings eine Amtshaftung in Betracht. Die Durchführung des Eingliederungs-Verwaltungsaktes endet grundsätzlich nur für die Zukunft (§ 13 D.). XIV. 97. Auch nach Ende einer Eingliederungsvereinbarung kann sich noch Eingliederungsentscheidendes zutragen. Unabhängig davon wie erfolgreich der bisherige Eingliederungsverlauf war, kann jede Partei noch ganz erheblichen Einfluß auf den zuvor herbeigeführten Eingliederungserfolg und die übrigen Rechtsgüter der anderen Seite haben. Das rechtfertigt und erfordert die dogmatische Aufbereitung auch der „nachvertraglichen“ Phase des Eingliederungs-Rechtsverhältnisses (§ 14 A.). 98. Die Begründung der „nachvertraglichen“ Phase erfolgt üblicherweise mit Erlöschen der letzten Leistungspflicht aus der Eingliederungsvereinbarung. Eigenständige Bedeutung hat diese Phase im Eingliederungs-Rechtsverhältnis allerdings nur, wenn nach dem Ende der letzten Leistungspflicht aus der Eingliederungsvereinbarung keine Vereinbarungen mehr auszuhandeln und durchzuführen sind. Anderenfalls fügen sich die „nachvertraglichen“ Pflichten in die folgenden Aushandlungs- und Durchführungsphasen ein oder gehen in den dort geltenden Pflichten auf (§ 14 B.). 99. „Nachvertragliche“ Pflichten sind Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, die nach dem Ende der vertraglichen Leistungspflichten als Restbestand des Rechtsverhältnisses fortwirken. Sie haben also keinen echten nachvertraglichen Charakter (§ 14 C.I.). 100. „Nachvertragliche“ Pflichten haben die Struktur weiterer Verhaltenspflichten. Sie treten in vielfältiger Form sowohl mit als auch ohne Leistungsbezug auf. Die leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflichten haben auch im „nachvertraglichen“ Rechtsverhältnis den Charakter von Leistungstreuepflichten, wobei sie vor allem auf Unterlassung und Information gerichtet sind (§ 14 C.II.). 101. Verletzt einer der Beteiligten eine „nachvertragliche“ Pflicht, haftet er dem Geschädigten nach den allgemeinen Bestimmungen aus § 61 Satz 2 SGB X i. V. m. §§ 280 ff. BGB; sog. Haftung aus culpa post pactum perfectum. Die schwerwiegende Verletzung einer leistungsbezogenen weiteren Verhaltenspflicht kann im Falle weiterer oder erneuter Hilfebedürftigkeit außerdem zur Minderung des Arbeitslosengeldes II führen. Ferner kann eine schwere Verletzung nicht leistungsbezogener „nachvertraglicher“ Pflichten es dem Geschädigten ausnahmsweise erlauben, sich sogleich vollständig von dem Rechtsverhältnis zu lösen (§ 14 D.).

§ 16 Rückblicke und Ausblicke

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102. Die Beendigung der „nachvertraglichen“ Phase erfolgt, wenn die letzte „nachvertragliche“ Pflicht ihre Intensität so weit verloren hat, daß sie erlischt (§ 14 E.).

§ 16 Rückblicke und Ausblicke Der Gesetzgeber hat mit dem Sozialgesetzbuch II ein hochmodernes Gesetz geschaffen, das unübersehbar den Geist des aktivierenden und kooperierenden Staates atmet. Beleg dafür sind die mehrfach vorgesehenen Zielvereinbarungen zwischen bestimmten öffentlich-rechtlichen Akteuren1 und die vertraglich einzurichtenden Gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b SGB II, vor allem aber die mit dieser Arbeit untersuchte Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II.2 Damit liegt das Sozialgesetzbuch II im verstärkten Trend3 einer schon längere Zeit erkennbaren Entwicklung zur kooperativen Verwaltung, wie sie etwa auch in der Eingliederungsvereinbarung des SGB III4, den Leistungsabsprachen des SGB XII5, den baurechtlichen Durchführungsverträgen6 oder den zum „Standardinstrument der Naturschutzverwaltung“7 gewordenen Naturschutzverträgen8 deutlich wird. Selbst im Ausland sind solche Tendenzen leicht auszumachen, wie die Jobseeker’s und Activity Agreements zur Eingliederung von Arbeitsuchenden in Großbritannien und Australien beispielhaft zeigen.9 Darüber hinaus hat das SGB II mit seiner Eingliederungsvereinbarung den Vertrag endgültig in die moderne Massenverwaltung eingeführt10 und 1

S. dazu §§ 6a Abs. 2 Nr. 4 und 48b SGB II. Ein weiteres Kennzeichen des aktivierenden und kooperierenden Staates liegt neben zahlreichen Pflichten der Beteiligten in der nach §§ 53 ff. SGB II vorgesehenen Statistik und Wirkungsforschung zu den Leistungen zur Eingliederung und zur Sicherung des Lebensunterhalts. 3 S. dazu nur noch Hartmut Bauer, Verwaltungsverträge, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, 2008, § 36 Rn. 10; Ernst-Hasso Ritter, Der kooperative Staat, AöR 104 (1979), S. 389 (389 ff.); Helmuth Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabewahrnehmung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann/ Andreas Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, 2006, § 12 Rn. 64 ff. 4 § 37 Abs. 2 und 3 SGB III. 5 § 12 SGB XII. 6 § 12 Abs. 1 BauGB. 7 Hans-Werner Rengeling/Martin Gellermann, Kooperationsrechtliche Verträge im Naturschutzrecht, ZG 6 (1991), S. 317 (320). 8 S. dazu §§ 3 Abs. 3, 21 Abs. 4, 32 Abs. 4 und 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG. 9 S. o. § 4 D. und E. 10 S. o. § 1 A.I. 2

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4. Teil: Zusammenfassung, Rückblicke und Ausblicke

sogar dessen Vorrang vor dem (Eingliederungs)Verwaltungsakt11 hergestellt. Das Zurückdrängen des Verwaltungsaktes in die zweite Reihe ist mit dieser Klarheit und Deutlichkeit ein Novum im Deutschen Verwaltungsrecht. Daneben finden sich weitere innovative Regelungen, die etwa in Aussagen zu Pflichten vor und nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung zum Ausdruck kommen, insbesondere zu einer Abschlußpflicht der Beteiligten, ferner in Aussagen zu den Folgen bestimmter vertraglicher Leistungsstörungen und in Aussagen zur Gestaltung der Eingliederungsvereinbarung. Zwar wäre auch im Interesse der Verwaltungspraxis an der einen oder anderen Stelle eine detailliertere Regelung wünschenswert gewesen, etwa mit Blick auf die Verhandlungspflichten der Parteien. Doch läßt sich der Pflichtenkanon der Beteiligten auch unter Rückgriff auf das Allgemeine Verwaltungsrecht und das Bürgerliche Gesetzbuch komplettieren. Damit macht das Gesetz zudem deutlich, daß sich das Recht der Eingliederungsvereinbarung nicht allein in einer Handlungsform der Verwaltung und deren Wirksamkeitsanforderungen erschöpft. Die Strahlkraft der Neuerungen des Sozialgesetzbuches II hat in ihrer Intensität manchen möglicherweise etwas irritiert, der sich im „langen Schatten Otto Mayers“12 gut eingerichtet hatte. Insbesondere gegen die Vorrangstellung der Eingliederungsvereinbarung mit ihren aktivierenden und auf Kooperation angelegten Elementen wenden sich immer noch beachtliche Stimmen, die den klassischen Verwaltungsakt als die zentrale Handlungsform der Verwaltung nicht missen mögen.13 Deren Argumentation weist allerdings auf subordinationsrechtliche Vorstellungen zum Staat-Bürger-Verhältnis zurück, von denen sich nach 60 Jahren Grundgesetz eigentlich herumgesprochen haben sollte, daß sie – zurückhaltend formuliert – nicht mehr ganz zeitgemäß sind. Zudem war es doch gerade das mit solchen subordinationsrechtlichen Vorstellungen verbundene frühere Eingliederungskonzept, das auf Kosten unserer Gemeinschaft hohe Arbeitslosenzahlen und einem starken Stamm an Langzeitarbeitslosen (mit)produzierte14 und zu den nach wie vor begrüßenswerten Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre 11

§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 6 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 3), § 36 Rn. 134. 13 Beispielhaft sei auf eine jüngere Entscheidung des Bundessozialgerichts verwiesen: BSGE 104, 185 (187 f.); zustimmend Wolfgang Spellbrink, Die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II und ihre Sanktionierung, in: Deutscher Sozialgerichtstag e. V. (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte – Bilanz und Perspektiven, 2009, S. 45 (53 f.), und – mit etwas irritierender Diktion – ders., Sozialrecht durch Verträge?, NZS 2010, S. 649 (653). Zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts s. außerdem oben § 9 C.I.2.a). 14 Zum damaligen Zustand des Arbeitsmarktes s. nur Peter Hartz u. a., Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Bericht der Kommission, 2002, S. 271. 12

§ 16 Rückblicke und Ausblicke

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führte. Schon deshalb wird die neue Eingliederungsstrategie mit dem Vertrag im Mittelpunkt nicht mehr aufzuhalten sein. Ein Blick in die Praxis bestätigt diese Sichtweise eindrucksvoll. Es hat sich gezeigt, daß die Akteure doppelt so erfolgreich sind, wenn sie die Eingliederungsvereinbarung nach der Idee des Sozialgesetzbuches II als ausgehandelten Vertrag begreifen, anstatt auf die Verwaltungskultur des klassischen Verwaltungsaktes zu bauen.15 Weil sich diese Erkenntnis auch in der Verwaltung noch längst nicht überall durchgesetzt zu haben scheint, sind entsprechende Entwicklungen in der Zukunft noch viel stärker zu forcieren, geht es doch um die erfolgreiche Eingliederung von Millionen von Arbeitsuchenden. Dem kommt es zugute, daß der Gesetzgeber unbeschadet mancher Änderungen im Sozialgesetzbuch II an der Grundkonzeption im Zusammenhang mit der Eingliederungsvereinbarung richtigerweise festhält.16 Anlaß zu kritischen Rückfragen gibt die Eingliederungsvereinbarung des SGB II auch mit Blick auf das Allgemeine Verwaltungsrecht. Dort ist der Anschluß an die Entwicklungen in der Verwaltungspraxis und der Gesetzgebung zum Besonderen Verwaltungsrecht noch immer nicht in allen Bereichen hergestellt. Defizite zeigen sich zunächst in der nach wie vor fragmentarischen Regelung des Vertragsrechts im Verwaltungsverfahrensgesetz und im Sozialgesetzbuch X, die weit hinter den ausführlichen Bestimmungen zum Verwaltungsakt zurückbleibt.17 Das begünstigt nicht nur Unsicherheiten bei der rechtsanwendenden Verwaltung,18 sondern auch den längst 15

S. insbes. oben § 7 A. Das zeigt sich auch in der jüngeren Gesetzgebung zum SGB II, die am Rande zwar auch die Eingliederungsvereinbarung und dort insbes. die spezielle Sanktionierung einer Verletzung der Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten betroffen, die bisherige Grundaussage des Gesetzes aber nicht in Frage gestellt hat; vgl. dazu im Überblick Johannes Münder, in: ders. (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II, 4. Aufl. 2011, Einleitung Rn. 22 ff., insbes. Rn. 25 ff., und exemplarisch BT-Drs. 17/1555, S. 1 f., 15 f. und 23 f. (Dienstleistungen aus einer Hand durch Gemeinsame Einrichtungen nach § 44b SGB II) sowie 17/3404, S. 110 f. (Sanktionsmechanismus nach §§ 31 ff. SGB II). 17 Die Fortentwicklung der Vorschriften zum öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag ist freilich schon seit einigen Jahren im Gespräch, wobei zwischen den von Gunnar Folke Schuppert und Jan Ziekow vorgeschlagenen „großen Lösungen“ und einer im gegenwärtigen Politikbetrieb offenbar aussichtsreicheren, aber noch lange nicht beschlossenen „kleinen Lösung“ unterschieden wird; s. dazu nur Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/Heinz Joachim Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 54 Rn. 13 ff., und Heribert Schmitz, „Die Verträge sollen sicherer werden“ – Zur Novellierung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag, DVBl. 2005, S. 17 (17 ff.). 18 Vgl. nur noch Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner, 2000, S. 2 f. 16

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überholten, wahrscheinlich noch nie so ganz zutreffenden Eindruck,19 der Vertrag sei anders als der Verwaltungsakt ein Sonderling in der Peripherie des Verwaltungshandelns. Dementsprechend ist der Verwaltungsvertrag in der einschlägigen Lehrbuchliteratur ebenfalls noch deutlich unterrepräsentiert.20 Neben diesen quantitativen Unzulänglichkeiten in der Gesetzgebung und in Teilen21 des Schrifttums zum Allgemeinen Verwaltungsrecht kann unter dem Eindruck des Rechts der Eingliederungsvereinbarung auch der qualitative Umgang mit dem Vertragsrecht oft nicht überzeugen. Gemeint ist die häufig anzutreffende Befassung mit dem Vertrag nur im Lichte der „Handlungsformen der Verwaltung“, was nur einen kleinen Teil des Vertragsgeschehens in den Blick nimmt. Eine Systematisierung des mit dem Vertrag untrennbar verbundenen Umfeldes bleibt dabei weitgehend „auf der Strecke“, insbesondere mit Blick auf die in der Praxis so bedeutsamen Phasen vor und nach Vertragsschluß, die dabei denkbaren Rechte und Pflichten, die Folgen von Pflichtverletzungen, die Herausforderungen und Möglichkeiten der Vertragsgestaltung einschließlich damit einhergehender Aushandlungsprozesse, sowie das Zusammenspiel zwischen mehreren Beteiligten und Handlungsformen.22 Leider hilft dabei auch die sog. „Neue Verwaltungsrechtswissenschaft“ kaum weiter, weil sie ebenfalls noch tief im klassischen Denken von den Handlungsformen verwurzelt ist und damit bislang gar nicht so neu daherkommt, wie sie gern Glauben machen möchte.23 Wie die Untersuchung zum Recht der Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II gezeigt hat, lassen sich die genannten Herausforderungen aber mit einer weniger handlungsform- als vielmehr rechtsdirigierten Betrachtungsweise problemlos bewältigen. Das damit angesprochene Denken in Rechtsverhältnissen erlaubte eine übersichtliche und ungezwungene Syste19 Zur weiten Verbreitung des Vertrages im Öffentlichen Recht s. nur die aufschlußreiche Darstellung bei Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 3), § 36 Rn. 20 ff. 20 S. dazu nur beispielhaft das im Allgemeinen Verwaltungsrecht führende Lehrbuch von Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, das dem Verwaltungsakt einschließlich der damit verbundenen Verfahrensfragen 203 Seiten, dem Verwaltungsvertrag dagegen nur 53 Seiten widmet. 21 Läßt man die Lehrbuchliteratur außer Betracht, hat der Verwaltungsvertrag im verwaltungsrechtlichen Schrifttum mittlerweile einen ganz erheblichen Aufmerksamkeitszuwachs erfahren. Nur beispielhaft sei dafür auf die Habilitationsschriften von Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz, 2000, Hans Christian Röhl, Verwaltung durch Vertrag, Typoskript, o. J., und Schlette, Vertragspartner (Fn. 18) verwiesen. 22 S. o. § 8 A. 23 Näher dazu Bauer, Verwaltungsverträge (Fn. 3), § 36 Rn. 136; deutliche Kritik auch bei Jörn Ipsen, Grundlagen des Verwaltungsrechts – Ein großer Bestand an Altem im vorgeblich Neuen, DV 44 (2011), S. 290 (296 f.); ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2011, § 3 Fn. 6.

§ 16 Rückblicke und Ausblicke

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matisierung. Das gilt für den mit der Vereinbarung untrennbar verbundenen Eingliederungsprozeß und die Phasen von dessen Lebenszyklus ebenso wie für die Beteiligten mit ihren beziehungsprägenden Rechten und Pflichten und für die Folgen möglicher Pflichtverletzungen. Leicht erfassen ließ sich ferner das Zusammenspiel der Vereinbarung mit dem für Ausnahmefälle vorgesehenen Eingliederungs-Verwaltungsakt, mit dem bei bestimmten Pflichtverletzungen eingreifenden Sanktionsverwaltungsakt und mit informellen Verhaltensweisen der Beteiligten.24 Als integraler Bestandteil des Ganzen konnten auch Fragen der Vertragsgestaltung und die Erkenntnisse der klassischen Handlungsformenlehre ohne weiteres Aufnahme in die Betrachtungen finden.25 Damit mag eine Empfehlung auch für eine „Neue Verwaltungsrechtswissenschaft“ einhergehen, sich rechtsverhältnisorientierter Betrachtungsweise zu öffnen und die darin ruhenden Potentiale nutzbar zu machen.

24 25

S. o. § 8 B., und §§ 9 bis 13. S. o. § 11.

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Anhang Anlage I Anschreiben zum Fragebogen des Forschungsprojekts „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“

Anlage I

Universität Potsdam ⋅ August-Bebel-Straße 89 ⋅ 14482 Potsdam

An die Geschäftsführung der ARGE … (ARGEs in Baden-Württemberg)

427

Prof. Dr. Hartmut Bauer Wiss. Ass. Kai-Holmger Kretschmer Lehrstuhl für Öffentliches Recht Juristische Fakultät Kommunalwissenschaftliches Institut Bearbeiter: Regina Kiekebusch Telefon: 0331/977-3209 Telefax: 0331/977-3310 Datum:

Eingliederungsvereinbarung des SGB II in der Praxis Anlage: Empfehlungsschreiben zwei Fragebögen mit Briefumschlägen Sehr geehrte Damen und Herren, die Universität Potsdam begleitet seit Beginn an die Entwicklung der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ein Forschungsschwerpunkt ist derzeit die Eingliederungsvereinbarung des SGB II als Herzstück des neuen Eingliederungskonzeptes. Die Vereinbarung wird – wie die Rechtsprechung zeigt – zunehmend zum „Zankapfel“ zwischen Verwaltung und Bürger. Rechtsstreitigkeiten aber lenken vom Wesentlichen ab, schaffen Unsicherheiten und gefährden den Eingliederungserfolg. Wir wollen das rechtliche Konfliktpotential entschärfen und für die Verwaltungspraxis juristisch verläßliche Problemlösungen erarbeiten. Dafür benötigen wir detaillierte Kenntnisse über die Rechtspraxis. Mit einer Rechtstatsachenforschung möchten wir deshalb alle Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen zur Eingliederungsvereinbarung befragen. Insbesondere die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit, die kommunalen Spitzenverbände und das Land Baden-Württemberg unterstützen das Projekt. Daher bitten wir Sie, die zwei beiliegenden Fragebögen durch je einen Ihrer persönlichen Ansprechpartner/Fallmanager ausfüllen und bis zum 4. Mai 2009 portofrei an uns zurücksenden zu lassen. Aufnahme und Auswertung der Antworten erfolgen anonym und erlauben keinen Rückschluß auf die Befragten. Die Zahl der beantworteten Fragebögen hat entscheidenden Einfluß auf Aussagekraft und Verläßlichkeit der gewonnenen Erkenntnisse. Ihre Unterstützung wäre also ein wichtiger Beitrag zum Erfolg der gesamten Erhebung. Möchten Sie deshalb mehr als zwei Ihrer Mitarbeiter in die Umfrage einbinden, können Sie über weitere Fragebögen beziehen. Über jede positive Reaktion würden wir uns sehr freuen und verbleiben mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hartmut Bauer Bankverbindung: Landeszentralbank Kontonummer: 160 015 00 BLZ: 160 000 00

Kai-Holmger Kretschmer Dienstgebäude: Universitätskomplex III-Haus I August-Bebel-Straße 89 14482 Potsdam

E-Mail:

[email protected]

Internet: http://www.uni-potsdam.de/ fakultaeten/jur.html

Anlage II Fragebogen zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“

Anlage II

431 www.Eingliederungsvereinbarung.de

Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Fragebogen für die Verwaltung

Ein Forschungsprojekt zur Eingliederungsvereinbarung des SGB II

an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam

und dem Kommunalwissenschaftlichen Institut Potsdam

insbesondere mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände

April 2009

432

Anhang

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“ ist Teil eines Forschungsprojekts an der Universität Potsdam. Das Projekt beschäftigt sich mit der Eingliederungsvereinbarung des SGB II und soll die künftige Arbeit der Verwaltung erleichtern. Zuverlässiges Wissen über die Verwaltungspraxis ist dafür unabdingbare Voraussetzung und nur durch direkte Befragung der Beteiligten zu erlangen. Deshalb bitten wir Sie, den vorliegenden Fragebogen auszufüllen und an uns zurückzusenden.

Die Beantwortung der folgenden Fragen nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Für eine möglichst realitätsnahe Erhebung ist es wichtig, daß Sie selbst zu Wort kommen. Bitte geben Sie daher Ihre persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse wieder. Auch die Beantwortung nur eines Teils der Fragen würde uns bereits weiterhelfen. Ihre Angaben werden in jedem Fall vollständig anonymisiert und vertraulich behandelt, sodaß keine Verbindung zu Ihnen oder Ihrer Behörde hergestellt werden kann.

Bitte benutzen Sie einen Kugelschreiber zum Ausfüllen des Fragebogens.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Fragebogenblätter bitte nicht heften!

Hinweis zum Zahlen- und Feldschlüssel am unteren Ende der Fragebogenblätter Der Zahlen- und Feldschlüssel am unteren Ende der Fragebogenblätter ist bei allen Fragebögen zu dieser Umfrage identisch. Er dient lediglich der Zuordnung der Blätter zur Umfrage insgesamt und ermöglicht eine maschinelle Erfassung der Antworten. Rückschlüsse auf einzelne Befragte oder deren Behörde sind ausgeschlossen.

Anlage II

433

Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Fragebogen für die Verwaltung Rückfragen bitte an Wiss. Ass. Rechtsassessor Kai-Holmger Kretschmer Telefon: 0331/977 3209, Email: [email protected]

Abschnitt 1 - Angaben zu Behörde, betreuten Hilfebedürftigen und Eingliederungserfolg 1. In welchem Bundesland befindet sich Ihre Behörde? Bayern

Hessen

Sachsen

Baden-Württemberg

Mecklenburg-Vorpommern

Sachsen-Anhalt

Berlin

Niedersachsen

Schleswig-Holstein

Brandenburg

Nordrhein-Westfalen

Thüringen

Bremen

Rheinland-Pfalz

Hamburg

Saarland

2. Zu welcher Altersgruppe gehören die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen? bis zum vollendeten 25. Lebensjahr

ab dem vollendeten 25. Lebensjahr

alle Altersgruppen

3. Welche Qualifikation haben die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen? eher ohne B ildungsabschluß

eher mit B ildungsabschluß

4. Wie lange sind die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen üblicherweise schon arbeitslos? bis zu 1 Jahr (K urzzeit -A rbeit slose)

länger als 1 Jahr (Langzeit -A rbeit slose)

5. Wie oft gelingt es Ihnen, einen Hilfebedürftigen in Arbeit oder Berufsausbildung zu vermitteln? häuf ig

selt en

f ast nie

6. Was hat für Sie den entscheidenden Einfluß auf Ihre Bemühungen zur Eingliederung der betreuten Hilfebedürftigen? (Mehrere Antworten möglich.) Gruppe der betreuten Hilfebedürftigen (z.B. leicht oder schwer vermittelbare Hilfebedürftige)

Betreuungsverhältnis (z.B. günstiges oder ungünstiges Verhältnis von Ansprechpartner zu Betreutenzahl)

zeitliche Ressourcen (z.B. ausreichend oder zu wenig Zeit zur Betreuung der Hilfebedürftigen)

Zusammenarbeit mit dem Hilfebedürftigen

Arbeitsmarktbedingungen (z.B. strukturstarke oder -schwache Region)

Sonstiges

Abschnitt 2 - Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung 7. Wie viele Hilfebedürftige haben Sie durchschnittlich zu betreuen? (Ggf. bitte schätzen.) bis 75

76-150

151-250

mehr als 250

8. Wie viele Eingliederungsvereinbarungen schließen Sie durchschnittlich pro Woche ab? (Ggf. bitte schätzen.) 1-5

6-10

11-15

16-20

mehr als 20

9. Wie hilfreich ist die Eingliederungsvereinbarung bei der Eingliederung von Hilfebedürftigen nach Ihrer Erfahrung? sehr hilfreich

eher hilfreich

eher nicht hilfreich

überhaupt nicht hilfreich

10. Wie begegnen die Hilfebedürftigen der Eingliederungsvereinbarung im allgemeinen? sehr aufgeschlossen

eher aufgeschlossen

eher gleichgültig

157

eher mißtrauisch

sehr mißtrauisch

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Anhang

Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis - Fragebogen für die Verwaltung Rückfragen bitte an Wiss. Ass. Rechtsassessor Kai-Holmger Kretschmer Telefon: 0331/977 3209, Email: [email protected]

11. Welchen Charakter nimmt die Eingliederungsvereinbarung nach Ihrer Beobachtung in der Praxis überwiegend an? einseitig erarbeitete behördliche Vorgabe

einseitig erarbeiteter Vertrag

ausgehandelte behördliche Vorgabe

ausgehandelter Vertrag

Sonstiges

12. Wie beurteilen Sie den gesetzlich bestimmten Vorrang der Eingliederungsvereinbarung vor der Regelung durch Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II)? Vorrang der Eingliederungsvereinbarung ist gerade richtig

Vorrang des Verwaltungsaktes wäre vorzugswürdig

Verwaltung sollte frei wählen können

13. Wie oft haben Sie die nachfolgend genannten Personen schon bei der Erarbeitung einer Eingliederungsvereinbarung beteiligt? gar nicht

selt en

häuf ig

f ast immer

einen Vertreter des kommunalen Trägers nach § 15 SGB II (gilt nicht für Optionskommunen)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft des Hilfebedürftigen

gar nicht

selten

häufig

fast immer

andere Personen aus dem Umfeld des Hilfebedürftigen (Eltern, Betreuer, Rechtsanwalt usw.)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Hilfebedürftige anderer Bedarsfgemeinschaften (Gruppenverhandlungen/-abschlüsse)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Vertreter der freien Wohlfahrtspflege (Caritas, Diakonie usw.)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

andere Eingliederungs-Dienstleister (Schuldnerberatung, Suchtberatung usw.)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Sonstige (z.B. Ausländerbehörde)

gar nicht

selten

häufig

fast immer

14. Was ist üblicherweise Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung? (Mehrere Antworten möglich.) Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen (z.B. Bewerbungshilfe)

Aufnahme einer konkreten Beschäftigung

Bekanntmachung des Stellengesuches (z.B. im Internet oder in Zeitungen)

Inanspruchnahme von Diensten zur Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen

Unterbreitung individueller Vermittlungsangebote

Inanspruchnahme von Schuldnerberatung

Übernahme von Kosten (z.B. für Bewerbungsgespräche oder -unterlagen)

Inanspruchnahme psychologischer oder ärztlicher Dienste (z.B. zur Verarbeitung der sozialen Situation)

Zahl, Inhalt und Nachweis konkreter Bewerbungen

Inanspruchnahme von Suchtberatung

Aufnahme einer Fort- oder Weiterbildung

Sonstiges

Abschnitt 3 - Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung 15. Wer gestaltet nach Ihrer Erfahrung üblicherweise den Verlauf der Besprechungstermine (Verhandlung/Absprache) zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung? eher der persönliche Ansprechpartner

eher der Hilfebedürftige

157

beide gleichermaßen

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Anlage II

435

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16. Wie oft bringen die Hilfebedürftigen eigene Vorstellungen und Wünsche in die Verhandlung/Absprache der Eingliederungsvereinbarung ein? gar nicht

selt en

häuf ig

im mer

17. Wie zweckmäßig erscheint Ihnen die Pflicht zum Aushandeln/Absprechen der Eingliederungsvereinbarung? sehr zweckmäßig

eher zweckmäßig

eher unzweckmäßig

sehr unzweckmäßig

18. Wie viel Zeit steht Ihnen beim Abschluß einer neuen Eingliederungsvereinbarung mit dem Hilfebedürftigen durchschnittlich zur Verfügung? 1-10 min

11-20 min

21-30 min

31-45 min

mehr als 45 min

Bitte geben Sie die durchschnittliche Verhandlungs-/Besprechungsdauer an; ggf. bitte schätzen. 19. Nach welchen Regeln verhandeln/sprechen Sie mit dem Hilfebedürftigen (z.B. Regeln der Gesprächsführung/Kommunikation)? (Mehrere Antworten möglich.) nach Regeln aus Verwaltungsvorschriften

nach sonstigen Regeln

nach Regeln aus Leitfäden

ohne bestimmte Regeln

nach Regeln, die Sie mit dem Hilfebedürftigen vereinbaren 20. Wie oft kommt es beim Aushandeln/Absprechen der Eingliederungsvereinbarung zu folgenden Herausforderungen? gar nicht

selten

häufig

immer

Zeitknappheit

gar nicht

selten

häufig

immer

fehlende Motivation des Hilfebedürftigen

gar nicht

selten

häufig

immer

fehlende Verhandlungsfertigkeiten des Hilfebedürftigen

gar nicht

selten

häufig

immer

Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar

gar nicht

selten

häufig

immer

Störungen (z.B. durch Telefon oder Kollegen)

gar nicht

selten

häufig

immer

Sonstiges,

gar nicht

selten

häufig

immer

und zwar: (z.B. zu wenig gesetzliche Vorgaben) -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------21. Wie oft haben Sie schon eine der nachfolgend genannten Maßnahmen ergriffen, wenn die Verhandlungen zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung scheiterten? gar nicht

selten

häufig

immer

Versuch neuer Verhandlungen

gar nicht

selten

häufig

immer

Absenkung des Arbeitslosengeldes II

gar nicht

selten

häufig

immer

Einschaltung eines Konfliktmittlers (z.B. Teamleiter)

gar nicht

selten

häufig

immer

Sonstiges (außer Erlaß eines "Ersatz"-Verwaltungsaktes)

gar nicht

selten

häufig

immer

157

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436

Anhang

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22. Wie reagieren die betroffenen Hilfebedürftigen auf die jeweilige Maßnahme (Frage 21) üblicherweise?

Versuch neuer Verhandlungen Absenkung des Arbeitslosengeldes II Einschaltung eines Konfliktmittlers (z.B. Teamleiter) Sonstiges (außer Erlaß eines "Ersatz"-Verwaltungsaktes)

voll akzeptiert voll akzeptiert voll akzeptiert voll akzeptiert voll akzeptiert

eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert

eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert

23. Wie oft erlassen Sie a n s t a t t einer Eingliederungsvereinbarung einen Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II)? gar nicht

selt en

häuf ig

f ast im mer

24. Wie oft treffen Sie a n s t a t t einer Eingliederungsvereinbarung eine formlose Absprache? gar nicht

selt en

häuf ig

f ast im mer

Abschnitt 4 - Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 25. Welche Form halten Sie bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung für zweckmäßig? (Mehrere Antworten möglich.) Schriftform, mit Unterschrift der Beteiligten (auch auf getrennten Ausdrucken)

Mündlichkeit

Schriftform, mit Unterschrift nur eines Beteiligten

sonstige Form

Schriftform, ohne jede Unterschrift (z.B. bloßer Computerausdruck)

Form sollte frei wählbar sein

26. Verwenden Sie bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung vorformulierte Textbausteine oder Vereinbarungsmuster? (Mehrere Antworten möglich.) ja, von der Bundesagentur für Arbeit

ja, von anderen Einrichtungen

ja, von dem kommunalen Träger

ja, von Ihnen oder Ihrer Behörde selbst entworfene

nein

27. Wie genau sind die Pflichten des Hilfebedürftigen in der Eingliederungsvereinbarung formuliert? eher allgemein (z.B.: "... unternimmt alles, um seine Arbeitslosigkeit zu beseitigen ...") eher konkret (z.B.: "... verschickt fünf Bewerbungen pro Woche ...") 28. Wie genau sind die Pflichten der Verwaltung in der Eingliederungsvereinbarung formuliert? eher allgemein (z.B.: "... gewährt die bestmögliche Unterstützung ...") eher konkret (z.B.: "... unterbreitet fünf Vermittlungsangebote pro Woche ...") 29. Wie oft treffen Sie n e b e n der Eingliederungsvereinbarung formlose Eingliederungsabsprachen mit dem Hilfebedürftigen? gar nicht

selt en

häuf ig

157

f ast im mer

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Anlage II

437

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Abschnitt 5 - Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung 30. Wie hoch sind Ihrer Ansicht nach die rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Eingliederungsvereinbarung? sehr niedrig

eher niedrig

eher hoch

sehr hoch

weiß nicht

31. Wie oft beruft sich ein Hilfebedürftiger nach Ihrer Erfahrung im Nachhinein auf die Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung? gar nicht

selt en

häuf ig

f ast im mer

Abschnitt 6 - Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung 32. Wie oft kommt es n a c h Abschluß der Eingliederungsvereinbarung zu folgenden Herausforderungen? gar nicht

selten

häufig

fast immer

fehlende Motivation des Hilfebedürftigen

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung unklar

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Sonstiges,

gar nicht

selten

häufig

fast immer

und zwar: (z.B. zu wenig gesetzliche Vorgaben) ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------33. Wie oft haben Sie schon eine der nachfolgend genannten Maßnahmen ergriffen, wenn der Hilfebedürftige die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht in die Tat umgesetzt hat? gar nicht

selten

häufig

immer

Hinweis auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II

gar nicht

selten

häufig

immer

Absenkung des Arbeitslosengeldes II

gar nicht

selten

häufig

immer

Nachverhandlung und Vertragsanpassung

gar nicht

selten

häufig

immer

Forderung von Schadenersatz

gar nicht

selten

häufig

immer

Klage und Vollstreckung

gar nicht

selten

häufig

immer

Sonstiges

gar nicht

selten

häufig

immer

34. Wie reagieren die betroffenen Hilfebedürftigen auf die jeweilige Maßnahme (Frage 33) üblicherweise? voll akzeptiert voll Hinweis auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II akzeptiert voll Absenkung des Arbeitslosengeldes II akzeptiert voll Nachverhandlung und Vertragsanpassung akzeptiert voll Forderung von Schadenersatz akzeptiert voll Klage und Vollstreckung akzeptiert voll Sonstiges akzeptiert

157

eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert eher akzeptiert

eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert eher nicht nicht akzeptiert akzeptiert

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438

Anhang

Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis - Fragebogen für die Verwaltung Rückfragen bitte an Wiss. Ass. Rechtsassessor Kai-Holmger Kretschmer Telefon: 0331/977 3209, Email: [email protected]

35. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II) geschlossen werden. Wie beurteilen Sie diese Befristung? zu kurz

gerade richt ig

zu lang

sollt e ent f allen

36. Wie oft kommt es wegen veränderter Umstände zur Anpassung einer Eingliederungsvereinbarung vor Ablauf dieser Frist? gar nicht

selt en

häuf ig

f ast im mer

37. Wie lange sollte nach Ihrer Ansicht ein Hilfebedürftiger mit einer Eingliederungsvereinbarung betreut werden? bis zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit

bis zum Ablauf der Probezeit des Hilfebedürftigen bei dem neuen Arbeitgeber

bis zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

bis zu einem späteren Zeitpunkt

Abschnitt 7 - Ergänzende Bemerkungen 38. Welche ergänzenden Bemerkungen zur Eingliederungsvereinbarung sind Ihnen wichtig? -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Bitte senden Sie uns s o w e i t m ö g l i c h eine Kopie - vorhandener Regelwerke (Frage 19) und - Textbausteine oder Vereinbarungsmuster (Frage 26) mit diesem Fragebogen oder über Email an [email protected] zu. Von Interesse sind nur Unterlagen, die I h r e A r b e i t s g e m e i n s c h a f t , I h r k o m m u n a l e r T r ä g e r o d e r S i e s e l b s t entworfen haben (z.B. behördeninterne Formulierungshilfen oder Lehrgangsunterlagen). Falls die Regelwerke, Textbausteine oder Vereinbarungsmuster öffentlich zugänglich sind, genügt ein Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

157

Seite 6 / 6

Anlage III Tabellarische und graphische Darstellung der Erhebungsergebnisse zum Forschungsprojekt „Die Eingliederungsvereinbarung in der Praxis“

Anlage III

441

Abschnitt 1 – Angaben zu Behörde, betreuten Hilfebedürftigen und Eingliederungserfolg 1. In welchem Bundesland befindet sich Ihre Behörde? Bundesland keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

8

0,7%

Bayern

171

14,6%

Baden-Württemberg

143

12,2%

Berlin

21

1,8%

Brandenburg

45

3,8%

8

0,7%

Hamburg

28

2,4%

Hessen

66

5,6%

Mecklenburg-Vorpommern

88

7,5%

Niedersachsen

87

7,4%

194

16,6%

Rheinland-Pfalz

66

5,6%

Saarland

21

1,8%

Sachsen

57

4,9%

Sachsen-Anhalt

40

3,4%

Schleswig-Holstein

92

7,8%

Thüringen

37

3,2%

Bremen

Nordrhein-Westfalen

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Graphische Darstellung zu Frage 1 auf der Folgeseite

0

194

e in be ke nga A

8

143

21

rg - be rn den tem n e y Ba ürt rli Ba Be W

171

Graphische Darstellung zu Frage 1

nde an r B urg b

45

en em r B

8

H

am

b

g ur

28

88

87

194

gen ur n in hs nb er e he len ac l m r s k r d n ec om or f a se de N est M orp ie es N H W V

66

Bundesland

dan nl i e Rh falz P

66

nd la ar a S

21

40

en hs lt en c s ch Sa nha Sa A

57

ig sw n e hl tei Sc ols H

92

n ge rin ü Th

37

442 Anhang

Anlage III

443

2. Zu welcher Altersgruppe gehören die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen? Alter

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

15

, 1,3%

bis zum vollendeten 25. Lebensjahr

218

, 18,6%

ab dem vollendeten 25. Lebensjahr

721

, 61,5%

alle Altersgruppen

218

, 18,6%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Altersgruppen 721 721

218

15

ke in eA ng ab b e 25 is zu .L m eb vo en lle sja nd hr et en ab 25 de .L m eb vo en lle sja nd hr ete n al le A lte rs gr up pe n

0

218

444

Anhang

3. Welche Qualifikation haben die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen? Qualifikation

Nennungsanzahl

keine Angabe

68

, 5,8%

eher ohne Bildungsabschluß

791

, 67,5%

eher mit Bildungsabschluß

313

, 26,7%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Häufigkeit

Altersgruppen 791 791

313

68

eh Bi er ld mi un t gs ab sc hl uß

eh Bi er ld oh un ne gs ab sc hl uß

ke in eA ng ab e

0

Anlage III

445

4. Wie lange sind die von Ihnen betreuten Hilfebedürftigen üblicherweise schon arbeitslos? Dauer der Arbeitslosigkeit

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

37

, 3,2%

bis zu 1 Jahr (Kurzzeit-Arbeitslose)

90

, 7,7%

länger als 1 Jahr (Langzeit-Arbeitslose)

1045

, 89,2%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Dauer der Arbeitslosigkeit

1045 1045

90

37

Ja s1

hr

al

Ja

er

1



ng

u sz bi

ke in eA ng ab e

hr

0

446

Anhang

5. Wie oft gelingt es Ihnen, einen Hilfebedürftigen in Arbeit oder Berufsausbildung zu vermitteln? Eingliederungserfolg

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

76

, 6,5%

häufig

168

, 14,3%

selten

836

, 71,3%

92

, 7,8%

fast nie Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Eingliederungserfolg

836 836

168 92

76 0

keine Angabe

häufig

selten

fast nie

Anlage III

447

6. Was hat für Sie den entscheidenden Einfluß auf Ihre Bemühungen zur Eingliederung der betreuten Hilfebedürftigen? (Mehrere Antworten möglich.) Gründe für den Erfolg

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

18

1,5%

Gruppe der betreuten Hilfebedürftigen (z. B. leicht oder schwer vermittelbare Hilfebedürftige)

706

60,2%

zeitliche Ressourcen (z. B. ausreichend oder zu wenig Zeit zur Betreuung der Hilfebedürftigen)

607

51,8%

Arbeitsmarktbedingungen (z. B. strukturstarke oder -schwache Region)

782

66,7%

Betreuungsverhältnis (z. B. günstiges oder ungünstiges Verhältnis von Ansprechpartner zu Betreutenzahl)

647

55,2%

Zusammenarbeit mit dem Hilfebedürftigen

629

53,7%

65

5,5%

Sonstiges Gesamtbeobachtungen

1172

Die Anzahl der Nennungen ist größer als die der Beobachtungen, da mehrere Antworten möglich sind (maximal 6). Graphische Darstellung zu Frage 6 auf der Folgeseite

782 607

0 647

So ns tig es

G H rup ilf pe eb d ed er ür be fti tr ge eu n ten ze itl ic he Re ss ou A rc rb en ei tsm ar kt be di ng un ge Be n tre uu ng sv er hä ltn is Zu de sa m mm H e ilf na eb rb ed ei ür t m fti it ge n

ke in eA ng ab e

448 Anhang

Graphische Darstellung zu Frage 6

Gründe für den Erfolg

706 782 629

18 65

Anlage III

449

Abschnitt 2 – Grundfragen zur Eingliederungsvereinbarung 7. Wie viele Hilfebedürftige haben Sie durchschnittlich zu betreuen? (Ggf. bitte schätzen.) Betreuungsverhältnis

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

10

, 0,9%

bis 75

90

, 7,7%

76–150

215

, 18,3%

151–250

354

, 30,2%

mehr als 250

503

, 42,9%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Betreuungsverhältnis

503 503 354

215

90 0

10

keine Angabe

bis 75

76–150

151–250

mehr als 250

450

Anhang

8. Wie viele Eingliederungsvereinbarungen schließen Sie durchschnittlich pro Woche ab? (Ggf. bitte schätzen.) Eingliederungsvereinbarungen pro Woche

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

22

, 1,9%

1–5

200

, 17,1%

6–10

394

, 33,6%

11–15

291

, 24,8%

16–20

171

, 14,6%

94

, 8,0%

mehr als 20 Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Eingliederungsvereinbarungen pro Woche 394 394 291

200 171

94

0

22

keine Angabe

1–5

6–10

11–15

16–20

mehr als 20

Anlage III

451

9. Wie hilfreich ist die Eingliederungsvereinbarung bei der Eingliederung von Hilfebedürftigen nach Ihrer Erfahrung? Eignung der Eingliederungsvereinbarung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

22

, 1,9%

sehr hilfreich

90

, 7,7%

eher hilfreich

512

, 43,7%

eher nicht hilfreich

447

, 38,1%

überhaupt nicht hilfreich

101

, 8,6%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Eignung der Eingliederungsvereinbarung 512 447

512

101

90

hi lfr ei ch

hi lfr ei ch

üb er ha up tn ic ht

eh er ni ch t

eh er hi lfr ei ch

22

se hr hi lfr ei ch

ke in eA ng ab e

0

452

Anhang

10. Wie begegnen die Hilfebedürftigen der Eingliederungsvereinbarung im allgemeinen? Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

28

, 2,4%

sehr aufgeschlossen

15

, 1,3%

eher aufgeschlossen

206

, 17,6%

eher gleichgültig

720

, 61,4%

eher mißtrauisch

194

, 16,6%

sehr mißtrauisch

9

, 0,8%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz der Eingliederungsvereinbarung 720 720

206

28

se hr m iß tra ui sc h

eh er m iß tra ui sc h

9

eh er gl ei ch gü lti g

fg

es

ch

lo

ss en eh er au fg es ch lo ss en

15

au se hr

ke in eA ng ab e

0

194

Anlage III

453

11. Welchen Charakter nimmt die Eingliederungsvereinbarung nach Ihrer Beobachtung in der Praxis überwiegend an? Rechtliche Einordnung der Eingliederungsvereinbarung

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

51

, 4,4%

einseitig erarbeitete behördliche Vorgabe

400

, 34,1%

ausgehandelte behördliche Vorgabe

393

, 33,5%

einseitig erarbeiteter Vertrag

172

, 14,7%

ausgehandelter Vertrag

130

, 11,1%

26

, 2,2%

Sonstiges Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Rechtliche Einordnung der Eingliederungsvereinbarung

400

393

400

172 130

51 26

So ns tig es

au Ve sge rtr ha ag nd el te r

ke in eA ng ab e

ei be nse hö iti rd g e lic ra he rb Vo eite rg te ab au e s be ge hö ha rd nd lic el he te Vo rg ab ei e Ve nse rtr itig ag e ra rb ei te te r

0

454

Anhang

12. Wie beurteilen Sie den gesetzlich bestimmten Vorrang der Eingliederungsvereinbarung vor der Regelung durch Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II)? Vorrang der Eingliederungsvereinbarung

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

62

, 5,3%

Vorrang der Eingliederungsvereinbarung ist gerade richtig

749

, 63,9%

Vorrang des Verwaltungsaktes wäre vorzugswürdig

52

, 4,4%

Verwaltung sollte frei wählen können

309

, 26,4%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Vorrang der Eingliederungsvereinbarung 749 749

309

62

52

ke in eA Vo ng ve rra ab re ng e in ba der ru E ng in ist glie ge de Vo ra ru de ng w rra är n ric sev g ht d or es ig zu V gs er w wa ür lt di un g gs ak te s V w erw äh al le tu n ng kö s nn oll en te fre i

0

Anlage III

455

13. Wie oft haben Sie die nachfolgend genannten Personen schon bei der Erarbeitung einer Eingliederungsvereinbarung beteiligt? a) Vertreter des kommunalen Trägers Vertreter des kommunalen Trägers

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

222

, 18,9%

gar nicht

691

, 59,0%

selten

188

, 16,0%

häufig

46

, 3,9%

fast immer

25

, 2,1%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Vertreter des kommunalen Trägers 691 691

222

188

46

0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

25

fast immer

456

Anhang

b) Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

28

, 2,4%

gar nicht

327

, 27,9%

selten

624

, 53,2%

häufig

154

, 13,1%

39

, 3,3%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft 624 624

327

154

0

39

28

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

457

c) Andere Personen aus dem Umfeld des Hilfebedürftigen Andere Personen aus dem Umfeld des Hilfebedürftigen

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

29

, 2,5%

gar nicht

249

, 21,2%

selten

742

, 63,3%

häufig

143

, 12,2%

9

, 0,8%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Andere Personen aus dem Umfeld des Hilfebedürftigen 742 742

249 143 0

29

keine Angabe

9

gar nicht

selten

häufig

fast immer

458

Anhang

d) Hilfebedürftige anderer Bedarfsgemeinschaften Hilfebedürftige anderer Bedarfsgemeinschaften

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

34

, 2,9%

1031

, 88,0%

selten

101

, 8,6%

häufig

6

, 0,5%

fast immer

0

, 0,0%

gar nicht

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Hilfebedürftige anderer Bedarfsgemeinschaften 1031 1031

101 0

34

6 0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

459

e) Vertreter der freien Wohlfahrtspflege Vertreter der freien Wohlfahrtsverbände

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

29

, 2,5%

gar nicht

526

, 44,9%

selten

491

, 41,9%

häufig

124

, 10,6%

2

, 0,2%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Vertreter der freien Wohlfahrtspflege 526 491 526

124

0

29 2 keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

460

Anhang

f) Vertreter anderer Eingliederungsdienstleister Vertreter anderer Eingliederungsdienstleister

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

27

, 2,3%

gar nicht

398

, 34,0%

selten

500

, 42,7%

häufig

238

, 20,3%

9

, 0,8%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Vertreter anderer Eingliederungsdienstleister 500 500

398

238

0

27

keine Angabe

9

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

461

g) Sonstige Sonstige

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

83

, 7,1%

gar nicht

638

, 54,4%

selten

406

, 34,6%

häufig

45

, 3,8%

0

, 0,0%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Sonstige 638 638

406

83 45 0 0 keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

462

Anhang

14. Was ist üblicherweise Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung? (Mehrere Antworten möglich.) Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

8

0,7%

Eignungsfeststellung und Trainingsmaßnahmen (z. B. Bewerbungshilfe)

927

79,1%

Bekanntmachung des Stellengesuches (z. B. im Internet oder in Zeitungen)

426

36,3%

Unterbreitung individueller Vermittlungsangebote

716

61,1%

Übernahme von Kosten (z. B. für Bewerbungsgespräche oder -unterlagen)

1037

88,5%

Zahl, Inhalt und Nachweis konkreter Bewerbungen

1033

88,1%

Aufnahme einer Fort- oder Weiterbildung

787

67,2%

Aufnahme einer konkreten Beschäftigung

270

23,0%

Inanspruchnahme von Diensten zur Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen

238

20,3%

Inanspruchnahme von Schuldnerberatung

750

64,0%

Inanspruchnahme psychologischer oder ärztlicher Dienste (z. B. zur Verarbeitung der sozialen Situation)

774

66,0%

Inanspruchnahme von Suchtberatung

736

62,8%

Sonstiges

229

19,5%

Gesamtbeobachtungen

1172

Die Anzahl der Nennungen ist größer als die der Beobachtungen, da mehrere Antworten möglich sind (maximal 12). Graphische Darstellung zu Frage 14 auf der Folgeseite

8

927

426

716

1037 1033

787

270 238

750

774 736

s e e g g g g en en n) ng r ot gs he ab un un un un ng he atio uu eb at at hm un uc n) ig ld ng c e u r r t i g a s i b r f b e e n n tl tu ä rb be et be er er eA sa rz Si aß ng g te w er ht ch rb in le un ei ew ng r ä len es uc de dn sm Be ke u e el eit l B n S l g B W t . a d i u t r o zi n h in ) er it .B on sS nZ te et de in en rK m er so Sc (z de er i re ra ung kr er ev zu n -o n en) ch der k n t T g o e s t V d r m n n t o i i g n o d e r o h o g te ev os la hu t sk un Z lo ng na lle rk rF ns K er ei ac ne hm ie gen ch ue ho eitu n unt ne ne ng er in w a i i c m nter u d o D t u i h r n e e i l v p h sy arb e e ac nn I el od e v er on hör di ns uc m m N e p er ka im tst t in hm e od pr e v nge na d ah ah m rV I s a es erne g n n n Be . B. h f m n n n h a u r h A a uf uf tu gs nt tu (z In hn . z be äc A A na n al ei un I Ü espr uc z. B ch e vo nh br r I r gn . im u i p ( r g e , s E .B nt hl sp leg an ste U (z an Pf Za In ien In der D o

0

1037

Gegenstand der Eingliederungsvereinbarung

ns So

es tig

229

Anlage III 463

464

Anhang

Abschnitt 3 – Vorbereitung der Eingliederungsvereinbarung 15. Wer gestaltet nach Ihrer Erfahrung üblicherweise den Verlauf der Besprechungstermine (Verhandlung/Absprache) zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung? Gestalter der Vertragsverhandlungen

Nennungsanzahl

keine Angabe eher der persönliche Ansprechpartner eher der Hilfebedürftige beide gleichermaßen Gesamtbeobachtungen

Häufigkeit

28

, 2,4%

1061

, 90,5%

1

, 0,1%

82

, 7,0%

1172

100%

Gestalter der Vertragsverhandlungen 1061 1061

82

28

0

A

eh e ns r de pr r p ec e hp rsö ar nl tn ic er he eh er de rH ilf eb ed ür fti ge be id eg le ic he rm aß en

ke in eA ng ab e

1

Anlage III

465

16. Wie oft bringen die Hilfebedürftigen eigene Vorstellungen und Wünsche in die Verhandlung/Absprache der Eingliederungsvereinbarung ein? Verhandlungsanteil

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

28

, 2,4%

gar nicht

122

, 10,4%

selten

858

, 73,2%

häufig

160

, 13,7%

immer

4

, 0,3%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Verhandlungsanteil der Hilfebedürftigen 858 858

160

122 0

28 4 keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

466

Anhang

17. Wie zweckmäßig erscheint Ihnen die Pflicht zum Aushandeln/Absprechen der Eingliederungsvereinbarung? Zweckmäßigkeit der Verhandlungspflicht

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

22

, 1,9%

sehr zweckmäßig

276

, 23,5%

eher zweckmäßig

577

, 49,2%

eher unzweckmäßig

241

, 20,6%

sehr unzweckmäßig

56

, 4,8%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Zweckmäßigkeit der Verhandlungspflicht 577 577

276 241

eh er un zw ec km äß ig se hr un zw ec km äß ig

se hr zw ec km äß ig

eh er zw ec km äß ig

22

ke in eA ng ab e

56 0

Anlage III

467

18. Wie viel Zeit steht Ihnen beim Abschluß einer neuen Eingliederungsvereinbarung mit dem Hilfebedürftigen durchschnittlich zur Verfügung? Durchschnittliche Verhandlungsdauer keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

22

, 1,9%

1–10 min

152

, 13,0%

11–20 min

296

, 25,3%

21–30 min

350

, 29,9%

31–45 min

272

, 23,2%

80

, 6,8%

mehr als 45 min Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Durchschnittliche Verhandlungsdauer 350 296

350

272

152

80

0

22

keine Angabe

1–10 min

11–20 min

21–30 min

31–45 min

mehr als 45 min

468

Anhang

19. Nach welchen Regeln verhandeln/sprechen Sie mit dem Hilfebedürftigen (z. B. Regeln der Gesprächsführung/Kommunikation)? (Mehrere Antworten möglich.) Verhandlungsregeln

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

43

3,7%

nach Regeln aus Verwaltungsvorschriften

372

31,7%

nach Regeln aus Leitfäden

424

36,2%

nach Regeln, die Sie mit dem Hilfebedürftigen vereinbaren

493

42,1%

nach sonstigen Regeln

287

24,5%

ohne bestimmte Regeln

311

26,5%

Gesamtbeobachtungen

1172

Die Anzahl der Nennungen ist größer als die der Beobachtungen, da mehrere Antworten möglich sind (maximal 4). Verhandlungsregeln 493 424

493 372

287

43

ke in eA ng ab e

n Ve ach rw Re al ge tu ln ng a sv us or sc na hr ch ift en Re ge ln au sL ei na tfä H ch de ilf R n eb eg ed el ür n, fti di ge e S n ie ve m re it in d ba em na re n ch so ns tig en Re ge ln oh ne be sti m m te Re ge ln

0

311

Anlage III

469

20. Wie oft kommt es beim Aushandeln/Absprechen der Eingliederungsvereinbarung zu folgenden Herausforderungen? a) Zeitknappheit Zeitknappheit

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

30

, 2,6%

gar nicht

85

, 7,3%

selten

490

, 41,8%

häufig

493

, 42,1%

immer

74

, 6,3%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Zeitknappheit

490

493

493

85 0

74

30

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

470

Anhang

b) Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

26

, 2,2%

2

, 0,2%

selten

238

, 20,3%

häufig

899

, 76,7%

immer

7

, 0,6%

gar nicht

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen 899 899

238

0

26

7 2

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

Anlage III

471

c) Fehlende Verhandlungsfertigkeiten des Hilfebedürftigen Fehlende Verhandlungsfertigkeiten des Hilfebedürftigen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

51

, 4,4%

gar nicht

16

, 1,4%

selten

325

, 27,7%

häufig

752

, 64,2%

immer

28

, 2,4%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Fehlende Verhandlungsfertigkeiten des Hilfebedürftigen 752 752

325

0

51

keine Angabe

28

16

gar nicht

selten

häufig

immer

472

Anhang

d) Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

45

, 3,8%

gar nicht

103

, 8,8%

selten

685

, 58,4%

häufig

327

, 27,9%

immer

12

, 1,0%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar 685 685

327

103 0

45

keine Angabe

12

gar nicht

selten

häufig

immer

Anlage III

473

e) Störungen Störungen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

35

, 3,0%

gar nicht

66

, 5,6%

selten

530

, 45,2%

häufig

438

, 37,4%

immer

103

, 8,8%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Störungen 530 530

438

103 66 0

35

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

474

Anhang

f) Sonstige Herausforderungen Sonstige Herausforderungen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

957

, 81,7%

gar nicht

59

, 5,0%

selten

48

, 4,1%

häufig

91

, 7,8%

immer

17

, 1,5%

keine Angabe

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Sonstige Herausforderungen 957 957

59

0

keine Angabe

gar nicht

48

selten

91 17

häufig

immer

Anlage III

475

21. Wie oft haben Sie schon eine der nachfolgend genannten Maßnahmen ergriffen, wenn die Verhandlungen zum Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung scheiterten? a) Versuch neuer Verhandlungen Versuch neuer Verhandlungen

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

50

, 4,3%

gar nicht

120

, 10,2%

selten

430

, 36,7%

häufig

405

, 34,6%

immer

167

, 14,2%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Versuch neuer Verhandlungen 430 405 430

167 120 50 0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

476

Anhang

b) Absenkung des Arbeitslosengeldes II Absenkung des Arbeitslosengeldes II

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

71

, 6,1%

gar nicht

385

, 32,8%

selten

506

, 43,2%

häufig

198

, 16,9%

immer

12

, 1,0%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Absenkung des Arbeitslosengeldes II 506 506

385

198

71 12

0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

Anlage III

477

c) Einschaltung eines Konfliktmittlers Einschaltung eines Konfliktmittlers

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

86

, 7,3%

gar nicht

537

, 45,8%

selten

502

, 42,8%

häufig

44

, 3,8%

immer

3

, 0,3%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Einschaltung eines Konfliktmittlers 537 502 537

86 44 0

3

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

478

Anhang

d) Sonstiges Sonstiges

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

446

, 38,1%

gar nicht

462

, 39,4%

selten

232

, 19,8%

häufig

26

, 2,2%

immer

6

, 0,5%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Sonstiges

446

462

462

232

26

0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

6

immer

Anlage III

479

22. Wie reagieren die betroffenen Hilfebedürftigen auf die jeweilige Maßnahme (Frage 21) üblicherweise? a) Akzeptanz des Versuchs neuer Verhandlungen Akzeptanz des Versuchs neuer Verhandlungen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

152

, 13,0%

voll akzeptiert

159

, 13,6%

eher akzeptiert

691

, 59,0%

eher nicht akzeptiert

156

, 13,3%

14

, 1,2%

nicht akzeptiert Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz des Versuchs neuer Verhandlungen 691 691

152

159

156

14

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

0

480

Anhang

b) Akzeptanz der Absenkung des Arbeitslosengeldes II Akzeptanz der Absenkung des Arbeitslosengeldes II

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

322

, 27,5%

voll akzeptiert

14

, 1,2%

eher akzeptiert

154

, 13,1%

eher nicht akzeptiert

417

, 35,6%

nicht akzeptiert

265

, 22,6%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Akzeptanz der Absenkung des Arbeitslosengeldes II 417 417 322 265

154

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

eh er ak ze pt ie rt

14

0

Anlage III

481

c) Akzeptanz der Einschaltung eines Konfliktmittlers Akzeptanz der Einschaltung eines Konfliktmittlers

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

506

, 43,2%

voll akzeptiert

104

, 8,9%

eher akzeptiert

439

, 37,5%

eher nicht akzeptiert

93

, 7,9%

nicht akzeptiert

30

, 2,6%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz der Einschaltung eines Konfliktmittlers 506 439

506

104

93 30

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

0

482

Anhang

d) Akzeptanz sonstiger Maßnahmen Akzeptanz sonstiger Maßnahmen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

851

, 72,6%

voll akzeptiert

26

, 2,2%

eher akzeptiert

116

, 9,9%

eher nicht akzeptiert

92

, 7,8%

nicht akzeptiert

87

, 7,4%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz sonstiger Maßnahmen 851 851

116

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

vo ll ak ze pt ie rt

0

ke in eA ng ab e

92

26

87

Anlage III

483

23. Wie oft erlassen Sie anstatt einer Eingliederungsvereinbarung einen Verwaltungsakt (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II)? Häufigkeit des EingliederungsVerwaltungsaktes

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

28

, 2,4%

gar nicht

393

, 33,5%

selten

732

, 62,5%

häufig

12

, 1,0%

7

, 0,6%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Häufigkeit des Eingliederungs-Verwaltungsaktes 732 732

393

0

28

keine Angabe

12

gar nicht

selten

häufig

7

fast immer

484

Anhang

24. Wie oft treffen Sie anstatt einer Eingliederungsvereinbarung eine formlose Absprache? Häufigkeit einer Ersatzabsprache

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

44

, 3,8%

gar nicht

367

, 31,3%

selten

512

, 43,7%

häufig

230

, 19,6%

19

, 1,6%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Häufigkeit einer Ersatzabsprache 512 512 367

230

44

19

0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

485

Abschnitt 4 – Abschluß der Eingliederungsvereinbarung 25. Welche Form halten Sie bei Abschluß einer Eingliederungsvereinbarung für zweckmäßig? (Mehrere Antworten möglich.) Zweckmäßige Form einer Eingliederungsvereinbarung keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

28

, 2,4%

975

, 83,2%

Schriftform, mit Unterschrift nur eines Beteiligten

50

, 4,3%

Schriftform, ohne jede Unterschrift (z. B. bloßer Computerausdruck)

38

, 3,2%

Mündlichkeit

48

, 4,1%

sonstige Form

11

, 0,9%

220

, 18,8%

Schriftform, mit Unterschrift der Beteiligten (auch auf getrennten Ausdrucken)

Form sollte frei wählbar sein Gesamtbeobachtungen

1172

Die Anzahl der Nennungen ist größer als die der Beobachtungen, da mehrere Antworten möglich sind (maximal 6). Graphische Darstellung zu Frage 25 auf der Folgeseite

orm For ms ollt e fr ei w ähl bar sein

eF

38

stig

50

son

28

Mü ndl ich kei t

0

kei ne An Sch gab r i e f tfor (au ch m , auf mit get ren Unter s nte n A chrift usd d ruc er Be ken teil igte ) n Sch r i f t nur f ein orm, m es B i etei t Unte ligt r en schrif Sch t r (z. B iftfor m . bl oße , ohne rC om jede U put era ntersc usd ruc hrift k)

486 Anhang

Graphische Darstellung zu Frage 25

Zweckmäßige Form einer Eingliederungsvereinbarung

975

975

220

48 11

Anlage III

487

26. Verwenden Sie bei Abschluß der Eingliederungsvereinbarung vorformulierte Textbausteine oder Vereinbarungsmuster? (Mehrere Antworten möglich.) Verwendung von Textbausteinen oder Vereinbarungsmustern

Nennungsanzahl

keine Angabe ja, von der Bundesagentur für Arbeit ja, von dem kommunalen Träger ja, von anderen Einrichtungen ja, von Ihnen oder Ihrer Behörde selbst entworfene nein Gesamtbeobachtungen

Häufigkeit

24

, 2,0%

756

, 64,5%

97

, 8,3%

6

, 0,5%

772

, 65,9%

74

, 6,3%

1172

Die Anzahl der Nennungen ist größer als die der Beobachtungen, da mehrere Antworten möglich sind (maximal 4).

Verwendung von Textbausteinen oder Vereinbarungsmustern 772

756 772

97

74

ke in eA ng ab e

ja fü , vo rA n rb der ei B t un de sa ge ja nt , ur Tr vo äg n er de m ko m m ja un ,v al on en an de re n Ei nr ic ht un ja ge Be , vo n hö n I rd hn e s en el o bs de te rI nt hr w er or fe ne

6

ne in

24

0

488

Anhang

27. Wie genau sind die Pflichten des Hilfebedürftigen in der Eingliederungsvereinbarung formuliert? Formulierungsgenauigkeit der Pflichten des Hilfebedürftigen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

48

, 4,1%

eher allgemein (z. B.: „. . . unternimmt alles, um seine Arbeitslosigkeit zu beseitigen . . .“)

98

, 8,4%

eher konkret (z. B.: „. . . verschickt fünf Bewerbungen pro Woche . . .“)

1026

, 87,5%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Formulierungsgenauigkeit der Pflichten des Hilfebedürftigen 1026 1026

98

eh er ko nk re t

48

eh er al lg em ei n

ke in eA ng ab e

0

Anlage III

489

28. Wie genau sind die Pflichten der Verwaltung in der Eingliederungsvereinbarung formuliert? Formulierungsgenauigkeit der Pflichten der Verwaltung

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

52

, 4,4%

eher allgemein (z. B.: „. . . gewährt die bestmögliche Unterstützung . . .“)

543

, 46,3%

eher konkret (z. B.: „. . . unterbreitet fünf Vermittlungsangebote pro Woche . . .“)

577

, 49,2%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Formulierungsgenauigkeit der Pflichten der Verwaltung 577 543 577

eh er ko nk re t

eh er al lg em ei n

0 ke in eA ng ab e

52

490

Anhang

29. Wie oft treffen Sie neben der Eingliederungsvereinbarung formlose Eingliederungsabsprachen mit dem Hilfebedürftigen? Häufigkeit einer Ergänzungsabsprache

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

35

, 3,0%

gar nicht

97

, 8,3%

selten

517

, 44,1%

häufig

467

, 39,8%

56

, 4,8%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Häufigkeit einer Ergänzungsabsprache 517 467 517

97 0

56

35

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

491

Abschnitt 5 – Wirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung 30. Wie hoch sind Ihrer Ansicht nach die rechtlichen Anforderungen an eine fehlerfreie Eingliederungsvereinbarung? Fehlergefahr

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

31

, 2,6%

sehr niedrig

6

, 0,5%

eher niedrig

60

, 5,1%

eher hoch

298

, 25,4%

sehr hoch

749

, 63,9%

weiß nicht

28

, 2,4%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Fehlergefahr 749 749

298

0

31

keine Angabe

60

28

6

sehr niedrig

eher niedrig

eher hoch

sehr hoch

weiß nicht

492

Anhang

31. Wie oft beruft sich ein Hilfebedürftiger nach Ihrer Erfahrung im Nachhinein auf die Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung? Berufung auf die Unwirksamkeit

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

28

, 2,4%

gar nicht

319

, 27,2%

selten

732

, 62,5%

häufig

87

, 7,4%

6

, 0,5%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Berufung auf die Unwirksamkeit 732 732

319

87 0

28

keine Angabe

6

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

493

Abschnitt 6 – Umsetzung der Eingliederungsvereinbarung 32. Wie oft kommt es nach Abschluß der Eingliederungsvereinbarung zu folgenden Herausforderungen? a) Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

26

, 2,2%

3

, 0,3%

selten

213

, 18,2%

häufig

881

, 75,2%

49

, 4,2%

gar nicht

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Fehlende Motivation des Hilfebedürftigen 881 881

213

0

49

26 3 keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

494

Anhang

b) Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

45

, 3,8%

gar nicht

106

, 9,0%

selten

764

, 65,2%

häufig

243

, 20,7%

14

, 1,2%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Rechte und Pflichten im Einzelfall unklar 764 764

243 106 0

45

keine Angabe

14

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

495

c) Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung unklar Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung unklar

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

65

, 5,5%

gar nicht

239

, 20,4%

selten

673

, 57,4%

häufig

176

, 15,0%

19

, 1,6%

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung unklar 673 673

239 176 65 19

0

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

fast immer

496

Anhang

d) Sonstiges Sonstiges

Nennungsanzahl

Häufigkeit

1014

, 86,5%

gar nicht

82

, 7,0%

selten

40

, 3,4%

häufig

30

, 2,6%

6

, 0,5%

keine Angabe

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Sonstiges 1014 1014

82 0

keine Angabe

gar nicht

40

30

selten

häufig

6

fast immer

Anlage III

497

33. Wie oft haben Sie schon eine der nachfolgend genannten Maßnahmen ergriffen, wenn der Hilfebedürftige die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht in die Tat umgesetzt hat? a) Hinweis auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II Hinweis auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

21

, 1,8%

gar nicht

18

, 1,5%

selten

144

, 12,3%

häufig

621

, 53,0%

immer

368

, 31,4%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Hinweis auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II 621 621

368

144

0

21

keine Angabe

18

gar nicht

selten

häufig

immer

498

Anhang

b) Absenkung des Arbeitslosengeldes II Absenkung des Arbeitslosengeldes II

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

26

, 2,2%

gar nicht

23

, 2,0%

selten

352

, 30,0%

häufig

672

, 57,3%

immer

99

, 8,4%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Absenkung des Arbeitslosengeldes II 672 672

352

99 0

26

keine Angabe

23

gar nicht

selten

häufig

immer

Anlage III

499

c) Nachverhandlungen und Vertragsanpassung Nachverhandlungen und Vertragsanpassung keine Angabe

Nennungsanzahl

Häufigkeit

53

, 4,5%

gar nicht

180

, 15,4%

selten

647

, 55,2%

häufig

281

, 24,0%

immer

11

, 0,9%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Nachverhandlungen und Vertragsanpassung 647 647

281 180

53 0

11

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

500

Anhang

d) Forderung von Schadenersatz Forderung von Schadenersatz

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

48

, 4,1%

gar nicht

772

, 65,9%

selten

330

, 28,2%

häufig

12

, 1,0%

immer

10

, 0,9%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Forderung von Schadenersatz 772 772

330

0

48

keine Angabe

gar nicht

selten

12

10

häufig

immer

Anlage III

501

e) Klage und Vollstreckung Klage und Vollstreckung

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

73

, 6,2%

gar nicht

965

, 82,3%

selten

131

, 11,2%

häufig

3

, 0,3%

immer

0

, 0,0%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Klage und Vollstreckung 965 965

131 73 0

keine Angabe

gar nicht

selten

3

0

häufig

immer

502

Anhang

f) Sonstiges Sonstiges

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

926

, 79,0%

gar nicht

207

, 17,7%

selten

31

, 2,6%

häufig

5

, 0,4%

immer

3

, 0,3%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Sonstiges 926 926

207

31

0

5 3

keine Angabe

gar nicht

selten

häufig

immer

Anlage III

503

34. Wie reagieren die betroffenen Hilfebedürftigen auf die jeweilige Maßnahme (Frage 33) üblicherweise? a) Akzeptanz des Hinweises auf mögliche Absenkung des Arbeitslosengeldes II Akzeptanz des Absenkungshinweises

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

35

, 3,0%

voll akzeptiert

161

, 13,7%

eher akzeptiert

620

, 52,9%

eher nicht akzeptiert

291

, 24,8%

65

, 5,5%

nicht akzeptiert Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz des Absenkungshinweises 620 620

291

161 65

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

35

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

0

504

Anhang

b) Akzeptanz der Absenkung des Arbeitslosengeldes II Akzeptanz der Absenkung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

38

, 3,2%

voll akzeptiert

31

, 2,6%

eher akzeptiert

400

, 34,1%

eher nicht akzeptiert

542

, 46,2%

nicht akzeptiert

161

, 13,7%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Akzeptanz der Absenkung 542 542 400

161

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

31

eh er ak ze pt ie rt

38 0

Anlage III

505

c) Akzeptanz von Nachverhandlungen und Vertragsanpassung Akzeptanz von Nachverhandlungen und Vertragsanpassung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

226

, 19,3%

voll akzeptiert

241

, 20,6%

eher akzeptiert

631

, 53,8%

eher nicht akzeptiert

59

, 5,0%

nicht akzeptiert

15

, 1,3%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz von Nachverhandlungen und Vertragsanpassung 631 631

226

241

59 15

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

0

506

Anhang

d) Akzeptanz der Forderung von Schadenersatz Akzeptanz der Schadenersatzforderung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

613

, 52,3%

voll akzeptiert

29

, 2,5%

eher akzeptiert

104

, 8,9%

eher nicht akzeptiert

220

, 18,8%

nicht akzeptiert

206

, 17,6%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Akzeptanz der Schadensersatzforderung 613 613

220

104

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

eh er ak ze pt ie rt

29

0

206

Anlage III

507

e) Akzeptanz von Klage und Vollstreckung Akzeptanz von Klage und Vollstreckung

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

775

, 66,1%

voll akzeptiert

18

, 1,5%

eher akzeptiert

39

, 3,3%

eher nicht akzeptiert

128

, 10,9%

nicht akzeptiert

212

, 18,1%

1172

100%

Gesamtbeobachtungen

Akzeptanz von Klage und Vollstreckung 775 775

212 128

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

39

18

0

508

Anhang

f) Akzeptanz von sonstigen Maßnahmen Akzeptanz von sonstigen Maßnahmen

Nennungsanzahl

Häufigkeit

keine Angabe

1084

, 92,5%

voll akzeptiert

10

, 0,9%

eher akzeptiert

19

, 1,6%

eher nicht akzeptiert

13

, 1,1%

nicht akzeptiert

46

, 3,9%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Akzeptanz von sonstigen Maßnahmen 1084 1084

19

ni ch ta kz ep tie rt

ak ze pt ie rt

13

eh er ni ch t

eh er ak ze pt ie rt

10

vo ll ak ze pt ie rt

ke in eA ng ab e

0

46

Anlage III

509

35. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate (§ 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II) geschlossen werden. Wie beurteilen Sie diese Befristung? Beurteilung der Regelbefristung

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

40

, 3,4%

zu kurz

213

, 18,2%

gerade richtig

384

, 32,8%

46

, 3,9%

489

, 41,7%

1172

100%

zu lang sollte entfallen Gesamtbeobachtungen

Beurteilung der Regelbefristung 489 489 384

213

46

40

so llt ee nt fa lle n

la ng zu

ric ht ig ge ra de

rz ku zu

ke in eA ng ab e

0

510

Anhang

36. Wie oft kommt es wegen veränderter Umstände zur Anpassung einer Eingliederungsvereinbarung vor Ablauf dieser Frist? Anpassung vor Fristablauf

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

25

, 2,1%

5

, 0,4%

selten

430

, 36,7%

häufig

658

, 56,1%

54

, 4,6%

gar nicht

fast immer Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Anpassung vor Fristablauf 658 658

430

0

25

keine Angabe

54 5

gar nicht

selten

häufig

fast immer

Anlage III

511

37. Wie lange sollte nach Ihrer Ansicht ein Hilfebedürftiger mit einer Eingliederungsvereinbarung betreut werden? Empfohlene Betreuungsdauer

Nennungsanzahl

keine Angabe

Häufigkeit

85

, 7,3%

bis zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit

491

, 41,9%

bis zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

494

, 42,2%

bis zum Ablauf der Probezeit des Hilfebedürftigen bei dem neuen Arbeitgeber

66

, 5,6%

bis zu einem späteren Zeitpunkt

36

, 3,1%

Gesamtbeobachtungen

1172

100%

Empfohlene Betreuungsdauer

491

494

494

85

66 36

bi sz um

ke in eA W eg ng fa ab ll e de rH bi ilf eb pf s zu ed lic r ür ht Au fti ig fn gk en a h ei Be m t sc e e hä in e fti r gu ve ng rs ic he bi ru de s zu ng sH m silf Ab eb la ed uf ür de fti r ge Pr n ob ez ei t bi Ze s zu itp e un ine kt m sp ät er en

0

Sachwortverzeichnis Abschluß 259, 260, 261 ff. Abschlußerklärungen 265 ff. Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers – Bedeutung 204, 392 – Bundessozialgericht 205 f. – Entstehung 204 ff. – Erlöschen 210 f. – handlungsbezogener Charakter 209 – Inhalt 209 f. – Rechtmäßigkeitserfordernis 209 f. – subjektiv-öffentliches Recht 179, 205 f., 206 ff. – wiederkehrende Verpflichtung 210 – siehe auch Leistungsstörungen, vorvertragliche Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten – Bedeutung 194, 392 – Eingliederungs-Verwaltungsakt 198 ff. – Entstehung und Inhalt 194 ff. – Erlöschen 197 – handlungsbezogener Charakter 195 – Rechtmäßigkeitserfordernis 195 f. – wiederkehrende Verpflichtung 196 – Zweck 199 f., 250 – siehe auch Leistungsstörungen, vorvertragliche Activity Agreement siehe Australien „Activity Test“ siehe Australien aktivierender Staat – Ausland 43, 44, 46, 47, 49 f., 51, 84 f., 90, 98 – Deutschland 29 ff., 57, 58, 61, 62 ff., 66 f., 67 ff., 73, 80, 172, 179, 185, 237, 276, 280, 301, 391 f.

Allgemeine Geschäftsbedingungen 271 Änderungsvertrag 319 Anfechtung 355 Angebot, rechtswidriges 240 Anhörung 243, 334 Anpassung 254 f., 294, 318 ff., 356, 359 Anpassungsflexibilität 294, 320 Anpassungsverlangen 324 Antragsrücknahme 259 Arbeitslosengeld II siehe Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) Arbeitsmarktreformen – Ausland 43 ff. – Deutschland – siehe Hartz IVReform Aufhebung 254 f. Aufhebungsvertrag 355 Auslegung siehe Vertragsauslegung Austauschvertrag 269 ff., 283 Australien – Activity Agreement 50, 85, 93 ff., 391 – Durchsetzbarkeit 99 – Inhalt 95 f., 97, 98 – Rechtsnatur 100 f. – Schriftform 96 – „Activity Test“ 50, 98 f. – Aktivierungspolitik 49, 94 f., 98 – Centrelink 50, 95 f., 97, 98 – Eingliederungsprozeß 95 ff. – einseitige Weisungen 96 – Fallmanagement 50 – Ganzheitlichkeit 97 f. – Job-Network 93, 96, 98

Sachwortverzeichnis – Massenverwaltung durch Vertrag 100 f. – Mutual Obligation 94 – Newstart Allowance 94 – Rechte und Pflichten 98 f. – Rechtsschutz 99 – Rechtsvergleich 85 ff. – Return-to-Work-Plan 96 – Sanktionen 50, 94 f., 98 f. – Schadensersatz 99 – Social Security Act 1991 50, 93 – „Work for the Dole“ 95 – „Work Test“ 49 f., 94 back-to-work-Pläne siehe Großbritannien Bedarfsgemeinschaft 168 Bedingung 293 f. Bedingungseintritt 354 Beendigung – Durchführungsphase – Beendigungswirkung 162 f., 175 ff., 357 ff. – Tatbestände 353 ff. – Überblick 353 – „nachvertragliche“ Phase 371 – vorvertragliche Phase 257 ff. Befristung 293 f. Belehrung siehe Rechtsfolgenbelehrung beschäftigungspolitische Leitlinien 72 Bestimmtheit 329 f. Beziehungsaufgabe, einvernehmliche 259 Bildungsmaßnahme 343 Bindungsmehrwert 268 Bundesagentur für Arbeit 165, 263 Bürgerengagement 34 Centrelink siehe Australien culpa in contrahendo 253 ff. culpa post pactum perfectum 370 „culture of dependency“ 51

513

Dänemark siehe Reformstaaten Dauerschuldverhältnis siehe Eingliederungs-Rechtsverhältnis Deaktivierung 46, 47, 49 Durchführungsphase – Bedeutung 297 f. – Beendigung 353 ff., 357 ff. – Begründung 229 – eigentliche (Wieder-)Eingliederung 298 – gesetzliches Steuerungsdefizit 298 – Leistungspflichten – Grundsicherungsträger 307 ff. – Leistungsberechtigter 300 ff. – Pflichten in besonderen Fällen 318 ff. – weitere Verhaltenspflichten – Dritte 318 – Parteien 312 ff., 317 f. Eigenbemühungen 27, 45, 47, 48, 64, 87, 94 Eigenverantwortung 67, 185, 199, 208, 222, 237, 250, 282, 300, 333 Eingliederungsbiographie 262 Eingliederungserfolg, empirische Beziehungen 123, 141 ff. Eingliederungskonzept des SGB II – aktivierender Staat 29 ff., 62 ff., 67 ff., 73, 80, 172, 179, 185, 237, 276, 280, 301, 391 f. – einfachrechtliche Ausgestaltung 76 ff. – Hartz-Kommission 64 f. – internationale Entwicklungen 42, 43 ff. – Nahziel 68 – nationale Ursprünge 42, 53 ff., 57, 61 – rechtliche Grundlagen 69, 70 ff., 72 f., 73 ff. – Vertragsgestaltung 282, 291 Eingliederungspartnerschaft 31

514

Sachwortverzeichnis

Eingliederungsphilosophie siehe Eingliederungskonzept des SGB II Eingliederungsprozeß – Arbeitsförderungsrecht 54 f. – Australien 95 ff. – dogmatische Herausforderung 34 – Erkenntnisinteresse 39 – Großbritannien 87 ff. – Grundsicherungsrecht 31, 76 ff. – Hartz-Kommission 64 – Sozialhilferecht 59 f. Eingliederungs-Rechtsverhältnis – Dauerschuldverhältnis 162 f. – Elemente – Handlungsformen 182 ff. – Handlungsgrundsätze 171 ff. – Phasen 187 – Rechte und Pflichten 175 ff. – Rechtssubjekte 163 ff. – Überblick 163 – Erkenntnisinteresse 39 ff. – Rechtsschutz 187 ff. – Rechtsverhältnis im weiteren Sinne 176 – Restbestand 365 – Schuldrechtsverhältnis 162 – sinnhaftes Gefüge 176 – Struktur- und Ordnungsrahmen 40 – strukturierender Überblick 176 f., 179 ff. – typisiertes Rechtsverhältnis 161 ff. – siehe auch Durchführungsphase – siehe auch „nachvertragliche“ Phase – siehe auch vorvertragliche Phase eingliederungsrelevante Umstände – Bekanntwerden 241 – Informationspflicht 215 ff., 217 f. – Untersuchungspflicht 219, 219 f. Eingliederungsvereinbarung – Abschluß 259, 260, 261 ff. – Anpassung 254 f., 318 ff., 356, 359 – Aufhebung 254 f.

– – – – – – –

Auslegung siehe Vertragsauslegung Austauschvertrag 269 ff., 283 Bindungsmehrwert 268 Dauer 287 einfache Rechtswidrigkeit 302 ff. Eingliederungskonzept 282, 291 Eingliederungs-Verwaltungsakt – dogmatischer Vergleich 198 ff. – rechtstatsächlicher Vergleich 134, 141 ff., 150 – Erneuerung 325 f., 359 – Fehler 269 ff. – Flexibilisierung 292 ff. – Form 273 ff., 277 – Gestaltung 271 ff. – formal 273 ff. – inhaltlich 278 ff. – Handlungsperspektiven 200 – Hartz-Kommission 64 – Inhalt 274, 278 ff. – Neuabschluß 325 f., 359 – Parteien 164 ff., 261 ff., 278 f. – Praxis siehe Eingliederungsvereinbarung in der Praxis – Rechtsnatur 182 ff., 269 ff., 271 – Richtigkeitsgewähr 196, 200, 207, 209 f. – „Sofortangebot“ 203 f., 212 – Überlegenheit 152, 393 – Vergleichsvertrag 271 – Wirksamkeit 267 ff. Eingliederungsvereinbarung in der Praxis – Abschlußzahlen 124 f. – Akzeptanz durch Hilfebedürftige 125, 145 f. – Anpassung 140 f. – Befristung 140 f. – Bestimmtheit 136, 149 f. – Betreuungsverhältnis 124 – Durchführungsmaßnahmen und deren Akzeptanz 138 ff. – Eingliederungserfolg 124, 143, 393

Sachwortverzeichnis – Eingliederungs-Verwaltungsakt 134, 141 ff., 150 – Erfolgskriterien 123, 144 ff. – Form 135 – formlose Eingliederungsabsprachen 134, 136, 151 – Gegenstände 128 – Hilfebedürftige 123 – Impulse für Dogmatik 152 f. – Nützlichkeit 125 – Rechtsnatur 125 f. – Sanktionen 132 f., 138 ff., 145 f. – Sanktionsbedarf 145 f. – Überlegenheit 152, 393 – Umsetzung 137 f. – Vereinbarungsmuster 135 – Verhandlung – Anteile 129, 147 – Einbindung Dritter 127 f., 148 f. – Herausforderungen 131 f. – Maßnahmen und deren Akzeptanz 132 f. – Regeln 130 f. – Verhandlungsgestaltung 128 f., 146 f. – Verhandlungspflicht 129 f., 147 f. – Zeit 130 – Vorrang vor Verwaltungsakt 126 f. – Wirksamkeit 137 Eingliederungsverträge – aktuelles Politikum 25 ff. – Arbeitsförderungsrecht 26 f., 55 – Ausland 45, 47, 48, 50, 51 f. – Australien 50, 85, 93 ff. – Großbritannien 45, 85 ff. – Grundsicherungsrecht siehe Eingliederungsvereinbarung des SGB II – moderne Massenverwaltung 25 ff., 57 f., 92 f., 100 f., 391 – rechtsdogmatisches Problem 33 ff. – Sozialhilferecht 59 f., 61 f. – Symbol 29 ff. Eingliederungs-Verwaltungsakt 39

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– bei Abschlußpflichtverletzung 235 ff. – Beendigung 361 – Eingliederungs-Rechtsverhältnis 185 f. – Eingliederungsvereinbarung – dogmatischer Vergleich 198 ff. – rechtstatsächlicher Vergleich 134, 141 ff., 150 – einseitig-diktierende Verwaltung 360 – Fremdbestimmung 201 – Gestaltung 296 f. – Pflichten bei Erlaß 326 – Pflichten vor Erlaß 227 – Pflichtverletzungen 359 ff. – Praxis 134, 150 – Rechtsfolgenbelehrung 360 – Sanktionensystem 359 f. – ultima ratio des Verwaltungshandelns 150, 152, 297 – wichtiger Grund 360 Einvernehmen 263, 267 Entscheidungs- und Einigungsprozeß 190 Erfüllungsverweigerung 328 ff. Erneuerung 325 f., 359 Existenzgrundlagengesetz 66 Fallmanagement 30 f., 38, 47, 50, 52, 60, 64, 66, 68, 223 „Faulheitsdebatten“ 57 Fehler 268 ff. Fixschuld 304, 310 Flexibilisierung 292 ff. Flexibilität 38 Flexibilitätsbedarf 151 Flucht in informelle Steuerungsformen 134, 136, 140 f. Folgevereinbarung 325 Fordern und Fördern 30, 67 Form 273 ff. Formenautismus 35 f., 157 f.

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Sachwortverzeichnis

Formenmix 35 f., 39, 157 f., 160 formlose Eingliederungsabsprachen siehe informelle Absprachen Fortnightly Reviews siehe Großbritannien Fremdbestimmung 201 Ganzheitlichkeit – Arbeitsförderungsrecht 55 – Australien 97 f. – Großbritannien 89 ff. – Grundsicherungsrecht 79 ff. – Hartz-Kommission 64 – Sozialhilferecht 60 mit Fn. 99 Gegenangebot 240 Gemeinsame Einrichtung 169 f., 390 Gesamtfallgrundsatz siehe Ganzheitlichkeit (Sozialhilferecht) Geschäftsfähigkeit 226, 241 f. Gesetzesdirektion siehe normative Direktiven Gestaltungsfreiheit siehe Vertragsfreiheit Gestaltungsrechte 182, 347, 351, 355, 357 Gewährleistungspflicht 308 Gläubigermehrheit 262 Großbritannien 44 ff., 85 ff. – Aktivierungspolitik 44, 86 f., 90 – back-to-work-Pläne 44 – Eingliederungsprozeß 87 ff. – Fortnightly Reviews 88 – Ganzheitlichkeit 89 ff. – JobcentrePlus 45, 90 – Jobseeker Direction 88, 91 – Jobseeker’s Agreement 45, 85 ff., 391 – Durchsetzbarkeit 91 – Inhalt 88, 89 f., 90 f. – Rechtsnatur 92 f. – Schriftform 88 – Jobseeker’s Allowance Regulations 85

– Jobseekers Act 1995 44, 85 ff. – Jobseekers Allowance 44, 86, 89 – Massenverwaltung durch Vertrag 92 f. – New Deal Action Plan 89 – New Deal-Phasen 89 – New Deal-Programme 45 – New Jobseeker Interview 88 – Rechte und Pflichten 90 ff. – Rechtsschutz 91 – (Rechts-)Subjektstellung des Bürgers 90 ff. – Rechtsvergleich 85 ff. – Sanktionen 45, 87, 90 ff. – Social Security Act 1989 44 – „Work first“ 86 Grundsatz des Eingliederungsvorrangs 53, 58, 76, 86, 94 Grundsicherung für Arbeitsuchende 28 f. Handlungsformen – Eingliederungsvereinbarung 182 ff. – informelle Absprachen 186 – sonstiges 187 – Verwaltungsakt 185 f. Handlungsformenlehre – Bedeutung 154 f. – ergänzende Lehren 158 – Leistungsschwächen 155 ff. – Ergebnisbezogenheit 156 f. – Formenautismus 35 f., 157 f. – Normenautismus 158 – Verwaltungsbezogenheit 156 – siehe auch Lehre vom Verwaltungsvertrag Handlungsgrundsätze – bestmöglicher Eingliederungseinsatz 172 – Hilfe nur zur Selbsthilfe 173 f. – Paßgenauigkeit und Effizienz 173 – Treu und Glauben 171 f.

Sachwortverzeichnis – Vorrang der Eingliederungsvereinbarung 174 f., 392 – weitere Grundsätze 175 Hartz IV-Gesetz 28 f., 65 ff., 67 ff. Hartz IV-Reform – Leitbild 62 – Ursprünge im Arbeitsförderungsrecht 53 ff. – Ursprünge im Sozialhilferecht 58 ff. – Vorabend 62 f. – siehe auch Hartz-Kommission Hartz-Kommission 63 ff. Herbeiführungspflichten 314 Hilfe zur Selbsthilfe 58, 67, 86, 94, 173 f. Informationspflichten 214, 215 ff., 217 f., 293, 315 f., 368 informelle Absprachen 134, 136, 151, 186, 267, 274 f. Job-AQTIV-Gesetz 26 ff. JobcentrePlus siehe Großbritannien Job-Network siehe Australien Jobseeker Direction siehe Großbritannien Jobseeker’s Agreement siehe Großbritannien Jobseeker’s Allowance Regulations siehe Großbritannien Jobseekers Act 1995 siehe Großbritannien Jobseekers Allowance siehe Großbritannien Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ siehe HartzKommission Kommunaler Träger 167, 263 f. konsensuale Verwaltungskultur 42, 43, 57, 61, 391 Kontrollpflichten 293 Kooperationspflichten 293

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kooperativer Staat siehe konsensuale Verwaltungskultur Krise des Arbeitsmarktes 43 Kündigung 294, 347, 351, 355 f. Lehre vom Verwaltungsvertrag 33 ff., 39 Leistungen aus einer Hand 45, 46, 49, 50, 52, 64, 68, 95 f., 97, 98, 169 f. Leistungsberechtigter 164 f., 261 ff. Leistungsbestimmung, einseitige 293, 305, 339 f. Leistungspflichten, vertragliche – Begriff 180 – Eingliederungspflichten 300 ff., 307 ff. – Aktivierungsbezug 280 – Ausschließlichkeit 305 f. – Auswahl und Ausmaß 282 ff. – Einbindung Dritter 307 f. – einfache Rechtswidrigkeit 302 ff. – einseitige Leistungsbestimmung 293, 305 f. – Entstehung und Inhalt 300 ff., 307 ff. – Erfolgsbezogenheit 301 f., 309 – Erlöschen 302 f., 309 f. – Fixschuld 302, 310 – Gestaltung 279 ff. – Gewährleistung 308 – Handlungsbezogenheit 301 f., 309 – höchstpersönlicher Charakter 262, 300 f., 307 f. – Konkretisierung 284 ff. – Melde- und Erscheinenspflichten 306 – Nachweispflicht 286 f. – Unmöglichkeit 304, 310 – unvertretbare Handlungen 301 – Verzahnung 310 – wesentlicher Vertragsbestandteil 284

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Sachwortverzeichnis

– „nachvertragliche“ 366 – Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) 311 f. – siehe auch Leistungsstörungen, vertragliche Leistungspflichten, vorvertragliche – Abschlußpflicht 194 ff., 204 ff. – Begriff 180, 193 – höchstpersönlicher Charakter 257 – Melde- und Erscheinenspflichten 202 – „Sofortangebot“ 203 f., 212 – Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) 211 f. – siehe auch Leistungsstörungen, vorvertragliche Leistungsstörungen, „nachvertragliche“ – Begriff 370 – siehe auch Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II – siehe auch Schadensersatz Leistungsstörungen, vertragliche – Begriff 327 – Leistungspflichten – Eingliederungspflichten des Grundsicherungsträgers 356 ff. – Eingliederungspflichten des Leistungsberechtigten 327 ff. – Melde- und Erscheinenspflichten 345 f. – Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers 348 ff. – weitere Verhaltenspflichten 351 ff. – siehe auch Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II – siehe auch Schadensersatz – siehe auch Verweigerung der Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) – siehe auch Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten Leistungsstörungen, vorvertragliche – Begriff 228 f. – Leistungspflichten

– Abschlußpflicht des Grundsicherungsträgers 247 ff. – Abschlußpflicht des Leistungsberechtigten 229 ff. – Melde- und Erscheinenspflichten 247 – Zahlungspflicht des Grundsicherungsträgers 249 ff. – weitere Verhaltenspflichten – leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten 251 ff. – nicht leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten 256 – siehe auch Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II – siehe auch Schadensersatz – siehe auch Verweigerung der Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) – siehe auch Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten Lohnzurückhaltung 46 Massenarbeitslosigkeit 43 Massenverwaltung durch Vertrag – Arbeitsförderungsrecht 26 ff., 57 f. – Australien 100 f. – dogmatische Herausforderung 37 – Eintritt 25 ff. – Großbritannien 92 f. – Grundsicherungsrecht 28 f., 391 – Politikum 25 ff. – rechtspraktische Herausforderung 39 – Sozialhilferecht 62 Melde- und Erscheinenspflichten 202, 247, 306, 345 f. Minderung oder Wegfall des Arbeitslosengeldes II – besondere Schadensersatzregelung 290, 340 ff. – Melde- und Erscheinenspflichten 247, 345 f. – „nachvertragliche“ Pflichten 370 f.

Sachwortverzeichnis – vertragliche Eingliederungspflichten 327 ff. – besondere Sanktionstatbestände 339 f. – Einschränkungen 332 ff. – einseitige Leistungsbestimmung 339 f. – Erfüllungsverweigerung 328 ff. – Leistungsstörungsnorm 328 – rechtswidrige Pflichten 336 f. – wiederholte Pflichtverletzung 330 ff., 338 f. – zeitliche Dimension 337 ff. – Vertragsstrafecharakter 340 ff. Mitwirkungspflichten 316 f. Modellprogramm FAIR 63 Modellvorhaben MoZArT 63 Momentaufnahme 34 Mutual Obligation siehe Australien nachgehende Betreuung 55, 362 nachgehende Hilfe 59, 362 Nachrangprinzip 58 Fn. 87 „nachvertragliche“ Phase – Bedeutung 361 f., 363 – Beendigung 371 – Begründung 362 f. – Pflichten – abnehmende Intensität 367 – als weitere Verhaltenspflichten 364 – Fortbestand früherer Pflichten 358 – rechtliche Grundlage 364 ff. – vertraglicher Charakter 364 Nachweispflichten 286 f. Neuabschluß 325 f., 359 New Deal Action Plan siehe Großbritannien New Deal-Phasen siehe Großbritannien New Deal-Programme siehe Großbritannien

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New Jobseeker Interview siehe Großbritannien Newstart Allowance siehe Australien Nichtigkeitsverdikt 302 Niederlande siehe Reformstaaten normative Direktiven 37 ff., 191, 271 f., 298 Obliegenheiten 177 ff. Optionskommune 263 f. Parteien 164 ff., 261 ff., 278 f. persönlicher Ansprechpartner 167 f. Pflichten 177, 179 ff. Pflichten in besonderen Fällen – Neuabschluß 325 f. – Vertragsanpassung 294, 318 ff. – maßgebende Verhältnisse 321 f. – Pflichteninhalt 324 f. – Rechtsgrundlagegrundlage 319 ff. – Unzumutbarkeit der Vertragstreue 323 f. Pflichtverletzung – Bedeutung und Begriff 228, 327 – Erkenntnisinteresse 39 – wiederholte P. 330 ff., 338 f. Präambel 279 Praxis siehe Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Privatisierung 46 Profiling siehe Standortbestimmung Recht, subjektiv-öffentliches 178 f., 179, 205 f., 206 ff. Rechte und Pflichten 39, 160 f., 162 f., 175 ff. Rechtsbeziehungen 35 f. Rechtsdogmatik 33 Rechtsfolgenbelehrung – Eingliederungs-Verwaltungsakt 360 – Vertragsdurchführung 332 ff., 345 – Vertragsinhalt 295 f. – vorvertragliche 242 f.

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Sachwortverzeichnis

Rechtsschutz 91 f., 99, 187 ff. Rechtssubjekt – Begriff 163 f. – Hauptrechtssubjekte – Begriff 164 – Bundesagentur für Arbeit 165 f., 263 – Kommunaler Träger 167, 263 f. – Leistungsberechtigter 164 f., 261 ff. – Nebenrechtssubjekte – Angehörige der Bedarfsgemeinschaft 168 – Begriff 167 – Gemeinsame Einrichtung 169 f., 391 – persönlicher Ansprechpartner 167 f. – Sonstige 170 – Mehrheit von Rechtssubjekten 31, 262 (Rechts-)Subjektstellung des Bürgers 56, 61, 80 f., 90 ff., 159, 208 f. Rechtstatsachenforschung – Aufgabe 104 f. – bivariate Häufigkeitsauszählung 142 – deskriptive Querschnittserhebung 104 – Dogmatik 41 – Durchführung 116 ff. – Ergebnisse 119 ff., 141 ff. – Erhebungsmethode 109 f. – Fragebögen – Erfassung 118 ff. – Gestaltungsvorgaben 111 f. – Umsetzung der Gestaltungsvorgaben 113 ff. – Versand 118 ff. – Fragestellung 105 – Gegenstand und Form 104 – Informationsquellen 105 ff. – multivariate Analyse 142 – Notwendigkeit 102 ff.

– – – – –

Pretest 117 f. Repräsentativität 119 ff. Subgruppenanalyse 142 Werbung 116 ff. siehe auch Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Rechtsvergleich 41, 82 ff. Rechtsverhältnis siehe Eingliederungs-Rechtsverhältnis Rechtsverhältnislehre – Bedeutung der Handlungsformen 159 f. – Diskurs 40 – Formenmix 160 – mehrpolige Rechtsverhältnisse 159 – prozeßhaftes Geschehen 160 – Rechte und Pflichten 39, 160 f., 162 f., 175 ff. – (Rechts-)Subjektstellung des Bürgers 159 – Vorzüge 159 ff. – zeitgemäße Dogmatik 159, 394 Reformdiskussion, verwaltungsrechtliche 42, 57, 61 Reformstaaten – außereuropäische – Australien 49 f. – Überblick 49 – Vereinigte Staaten von Amerika 51 f. – europäische – Dänemark 47 ff. – Großbritannien 44 ff. – Niederlande 46 f. – Überblick 43 Return-to-Work-Plan siehe Australien Richtigkeitsgewähr 196, 200, 207, 209 f. Rückabwicklung, Ausschluß der 162 f., 175 ff., 357 ff. Rückfragen, Allgemeines Verwaltungsrecht 393 f. Rücksichtspflichten 316 f. Rücktritt 357

Sachwortverzeichnis Sanktionensystem – Arbeitsförderungsrecht 56 f. – Ausland 45, 46, 48, 50, 52, 87 – Australien 50, 94 f. – Großbritannien 45, 87, 90 ff. – Grundsicherungsrecht siehe Sanktionensystem des SGB II – Sozialhilferecht 61 Sanktionensystem des SGB II – besondere Sanktionstatbestände 339 f. – besondere Schadensersatzregelung 340 ff. – Bestimmtheit verletzter Pflichten 329 f. – Bildungsmaßnahme 290 – Eingliederungs-Verwaltungsakt 359 f. – Einschränkungen 332 ff. – einseitige Leistungsbestimmung 339 f. – Erfüllungsverweigerung 328 ff. – grundrechtliche Gewährleistungen 74 f. – Hartz-Kommission 64 – Konkurrenz der Sanktionstatbestände 303 f. – Leistungsstörungsnorm 328 – Melde- und Erscheinenspflichten 247, 345 f. – „nachvertragliche“ Pflichten 370 f. – Praxis 132 f., 138 ff., 145 f. – rechtswidrige Pflichten 336 f. – Spezialregelung 344, 392 – Überblick 80 f. – vertragliche Eingliederungspflichten 327 ff. – Vertragsstrafecharakter 340 ff. – wiederholte Pflichtverletzung 330 ff., 338 f. – zeitliche Dimension 337 ff. Sanktionsbedarf 145 f. Sanktions-Verwaltungsakt 39, 185 f., 337 f.

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Schadenersatz – Abschlußpflicht 245 ff., 247 ff. – Bildungsmaßnahme 288 ff., 343 – Melde- und Erscheinenspflichten 247, 345 f. – „nachvertragliche“ Pflichten 370 – Subsidiarität 340, 343 – vertragliche Eingliederungspflichten 340 ff., 346 ff. – weitere Verhaltenspflichten 253 ff., 256, 351 ff. – Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) 251, 351 Schadenspauschale 289 Schriftform 273 ff. Schuldnermehrheit 262 Schutzpflichten 225, 317 f., 364, 369 Schutzpflichtverletzung 256, 258 f. Sicherungspflichten 314 f. Social Security Act 1989 siehe Großbritannien Social Security Act 1991 siehe Australien „Sofortangebot“ 203 f., 212 sozialrechtlicher Herstellungsanspruch 248, 346 Standortbestimmung 54, 64, 164, 214 ff., 218 ff., 222 ff. Tod des Leistungsberechtigten 257, 353 Träger der Grundsicherung 165 ff., 263 f., 264 treuwidriges Verhalten 258 f. Unmöglichkeit 304, 310 Unterlassungspflichten 367 f. Unterschrift 275 f. Untersuchungspflichten 218 ff., 293 Urkundeneinheit 276 f. Verbot der Erfüllungsverweigerung 213 f., 313

522

Sachwortverzeichnis

Vereinbarungsgestaltung siehe Vertragsgestaltung Vereinigte Staaten von Amerika siehe Reformstaaten Vergleichsvertrag 271 Verhandlung 223 f. Verhandlungspflicht 210, 220 ff. Vertrag zu Gunsten Dritter 296 Vertragsauslegung 266 f., 274, 285, 291, 301, 309, 312, 330, 365, 366 Vertragsdurchführung siehe Durchführungsphase Vertragsfreiheit 37 ff., 200, 271 f., 278 Vertragsgestaltung – Aufgabe 260 – Bedeutung 260 f., 271 ff. – Bestimmtheitserfordernis 329 f. – Erkenntnisinteresse 39 – Fallmanagement 30 f., 38, 64, 66, 68, 223 – Flexibilität 38, 292 ff. – formale V. 273 ff. – gesetzesdirigierte V. 38, 272, 392 – Gestaltungsoptionen 38 – inhaltliche V. – fakultative 291 ff. – obligatorische 278 ff. – Überblick 278 – Kommunikationsprozesse 38 – Möglichkeiten und Grenzen 39 – normative Direktiven 271 f. Vertragsinhalt – fakultativer V. 291 ff. – Bedarfsgemeinschaft 296 – Belehrung 295 f. – Flexibilisierung 292 ff. – Nachverhandlungsklausel 296 – Präambel 279 – obligatorischer V. 278 ff. – Leistungspflichten 279 ff. – Parteien 278 f.

– Schadensersatzregelung, Bildungsmaßnahme 288 ff. – Vereinbarungsdauer 287 – Zweckbestimmung 279 – Wiedergabe 274 f. Vertragsstrafe 340 ff. Vertragstreue 302, 320, 323, 335, 355 Vertragsurkunde 263 Verwaltung, einseitig-diktierende 360 Verwaltungspraxis – Überforderung 31 ff. – siehe auch Eingliederungsvereinbarung in der Praxis Verwaltungsrechtsverhältnis siehe Eingliederungs-Rechtsverhältnis Verweigerung der Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II), Recht zur – Abschlußpflichtverletzung 211, 230 ff. – Einschränkungen 239 ff. – Leistungsstörungsnorm 230 ff. – Natur des Rechtsverhältnisses 232 ff. – Verhältnismäßigkeit 237 ff. – zeitliche Dimension 244 f. – leistungsbezogene weitere Verhaltenspflichten, Verletzung 252 f., 352 f. Verweigerung eingliederungsbezogener Pflichten, Recht zur 249 ff., 348 ff. Vorbereitungspflichten 312 Vorrang der Eingliederung siehe Grundsatz des Eingliederungsvorrangs Vorrang der Eingliederungsvereinbarung – Abschlußpflicht 206 ff. – Grundsatz 174 f., 297, 392 – Praxis 126 f. vorvertragliche Phase – Bedeutung 189 f. – Beendigung 257 ff. – Begründung 191 ff.

Sachwortverzeichnis – Entscheidungs- und Einigungsprozeß 190 – gesetzliches Steuerungsdefizit 191 – Leistungspflichten 193 ff. – Grundsicherungsträger 204 ff. – Leistungsberechtigter 194 ff. – weitere Verhaltenspflichten – angehende Parteien 213 ff., 225 – Dritte 225 f. weitere Verhaltenspflichten, „nachvertragliche“ – abnehmende Intensität 367 – Begriff 180 f., 366 f. – leistungsbezogene 366 ff. – Auslegung 266 f., 365, 366 – Fallgruppen 367 – Informationspflichten 368 – leistungstreues Verhalten 364, 367 ff., 369 – Unterlassungspflichten 367 f. – nicht leistungsbezogene 369 weitere Verhaltenspflichten, vertragliche – Begriff 180 f., 312 f. – Dritte 318 – leistungsbezogene 312 ff. – Auslegung 266 f., 312 – Fallgruppen 313 – Herbeiführungspflichten 314 – Informationspflichten 315 f., 368 – leistungstreues Verhalten 313, 367 ff., 369 – Mitwirkungspflichten 316 f. – Rücksichtspflichten 316 f. – Sicherungspflichten 314 f. – Unterlassungspflichten 367 f.

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– Verbot der Erfüllungsverweigerung 313 – Vorbereitungspflichten 312 – nicht leistungsbezogene 317 f. weitere Verhaltenspflichten, vorvertragliche – Begriff 180 f., 213 – Dritte 225 f. – leistungsbezogene 213 ff. – Informationspflichten 214 ff., 326 – sonstige 224 – Untersuchungspflichten 218 ff., 326 – Verbot der Erfüllungsverweigerung 213 f. – Verhandlungspflichten 220 ff. – nicht leistungsbezogene 225 wichtiger Grund 243 f., 302, 335, 342 f., 345 f., 360 Widerruf 357 Wirksamkeit 267 ff. Wirkungsdauer 287 Wisconsin 66 „work first“ 51 f., 86 „Work for the Dole“ siehe Australien „Work Test“ siehe Australien Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) 211 f., 311 f., 250 f. – siehe auch Verweigerung der Zahlungspflicht (Arbeitslosengeld II) Zeitablauf 354 Zielvereinbarung 391 Zustimmung 267 Zweckbestimmung 279