Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch: Nebst dem Preussischen Einführgsgesetze vom 24. Juni 1861 und der Instruktion vom 12. Dez. 1861. Für den praktischen Gebrauch aus den Quellen erläutert [11., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2018] 9783111647227, 9783111263991

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Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch: Nebst dem Preussischen Einführgsgesetze vom 24. Juni 1861 und der Instruktion vom 12. Dez. 1861. Für den praktischen Gebrauch aus den Quellen erläutert [11., verm. u. verb. Aufl. Reprint 2018]
 9783111647227, 9783111263991

Table of contents :
Vorrede zur ersten Auflage
Vorrede zur zweiten Auflage
Vorrede zur dritten bis elften Auflage
Abkürzungen
Inhalt
I. Einleitung
II. Gesetz, betreffend die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetze
III. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch
Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs. Allgemeine Bestimmungen
Zweites Buch. Von den Handelsgesellschaften
Drittes Buch. Von der stillen Gesellschaft und von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung
Viertes Buch. Von den Handelsgeschäften
Fünftes Buch. Vom Seehandel
IV. Anhang
V. Sachregister

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Das allgemeine

Deutsche Kandetsgesehöuch nebst dem

Preußischen Einfiihrungsgesehe vom

Juili 18(>1.

mit» der Znstrvktion Vom 12. Dezember 18**1.

Für den praktischen Gebrauch ans den Quellen erläutert von

H.

MaKower

und S.

Meyer.

elfte, vermehrte un( verbesserte Auslage.

Berlin.

I. Suttentag, Verlagsbuchhandlung. 1893.

Das allgemeine

Deutsche Kandetsgesehbuch. Mit Kommentar herausgegeben von

H. Makower, Recht-anwalr und Notar

eiste, vermehrte unt »etbeffette Auflage«

Berlin.

I Guttentag, Verlagsbuchhandlung. 1893.

Vorrede zur ersten Auflage Jas allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch ist auf Grund des Preußischen Ent­ wurfs in drei, und soweit es das Seerecht angebt, in zwei Lesungen berathen und festgestellt worden. Die Schlußredaktion bat Gesetzeskraft erhalten. Der Preußische Entwurf, dessen Motive veröffentlicht worden sind, bat biebei die wesentlichsten Aen­ derungen erlitten, so daß diese Motive nicht überall zu den nunmehr mit Gesetzeskraft ausgestatteten Bestimmungen passen. Dennoch ist in jenen Motiven ein reichhaltiges Material zur Erklärung des HG B. enthalten. Bei den Berathungen der Nürnberger und Hamburger Konferenz sind fast zu jedem Artikel des Preuß. Entwurfs Streichungs- und beziehungsweise AbänderungSanträge gestellt worden : die Begründung dieser Anträge findet sich in den veröffentlichten Konferenzprotokollen. Man kann sagen, daß die Feststellung fast jedes einzelnen Artikels aus einem besonderen Kampfe hervorgegangen ist, und daß sowohl die Noth­ wendigkeit einer gesetzlichen Regulirung der betreffenden Materie überhaupt als die Möglichkeit einer allgemeinen Bestimmung für ganz Deutschland in jedem einzelnen Falle erwogen worden ist. Neben diesen Erwägungen allgemeinerer Natur finden sich in den Protokollen überwiegend auch die besonderen Erörterungen der einzelnen Abänderungsanträge, und zwar die Gründe, welche für und gegen die Feststellung der einzelnen Artikel in einem bestimmten Sinne nnd in einer konkreten Fassung geltend gemacht worden sind. Der Natur von Konferenzprotokollen entspricht es, daß zuvörderst der Inhalt der Debatten über die verschiedenen Anträge angegeben, und sodann das Resultat der Ab­ stimmung vernierkt ist. Bei dieser Beschaffenheit der Protokolle ist es jedoch häufig sehr schwer zu erkennen, welches die Gründe gewesen sind, aus denen die Mehrheit sich für einen bestimmten Antrag erklärt hat. Nicht immer ist anzunehmen, daß sie der Begründung des Antragstellers beipflichtete. Dadurch besteht eine besondere Schwierig­ keit für die kritische Aussonderung der Gründe, von welchen nach Lage der Protokolle anzunehmen ist. daß sie muthmaßlich der Absicht der Konferenz bei Annahme gewiffer Bestimmungen entsprechen. Diese Untersuchung wird um so mehr erschwert, als in den verschiedenen Berathungen wiederholt zu den einzelnen Artikeln neue Anträge gestellt nnd Beschlüsse gefaßt worden sind. Trotzdem ergiebt sich aus der Vergleichung und Prüfung Alles dessen, was zu einer bestimmten Materie angeführt worden ist, ein reichliches Material zur Erkennt­ niß der von der Konferenz schließlich angenommenen Prinzipien und zum Verständnisse der gewählten Fassungen. Dem Praktiker, welcher int einzelnen Falle Aufklärung über eine gesetzliche Be­ stimmung sucht, und derselben häufig schnell bedarf, ist es nicht immer znzumutben, daß er sich in diese weitschichtigen Materialien, welche über die Entstehung des Gesetzes Ausschluß geben, vertiefe. Es liegt auch die Gefahr nahe, daß er wegen der wieder­ holten Aenderungen, welche die einzelnen Materien erlitten haben, sich bei der Prüfung einer vereinzelten Frage verirre, und Prinzipien oder Gründe, welche zwar einmal geltend gemacht und von der Konferenz gebilligt, nachher aber in Folge anderweitiger Beschlüsse verlassen worden sind, für die richtigen atmehme. Die vorliegende Bearbeitung des Handelsgesetzbuchs soll jenen Irrthümern möglichst vorbeugen. Unter steter Bezugnahme auf die Preuß. Motive und die Konferenz­ protokolle, und unter möglichster Benutzung der in denselben gewählten Ausdrucksweise

VI

ist es versucht worden, zu den einzelnen Artikeln Alles das zusammen zu stellen, was sich aus diesen Quellen zur Erläuterung des Handelsgesetzbuchs in seiner gegenwärtigen Gestalt ergiebt. Das Bestreben war vorzüglich daraus gerichtet, dasjenige auszuscheiden, was in der Schlußredaktion keinen gesetzlichen Ausdruck erlangt bat, sowie dasjenige anzuführen, was zur Aufklärung der angenommenen Prinzipien dienlich schien. Hiebei war aber gerade des Ausgeschiedenen, also von der Konferenz nicht Angenommenen mehrfach zu gedenken, sei es. daß die Ablehnung die Folge einer Annahme entgegen­ gesetzter Grundsätze war, sei es, daß die Konferenz mit der Ablehnung nur bezweckte, die angeregte Frage offen zu lassen. Ein solcher aus den Gesehesquellen geschöpfter Kommentar schien um so mehr für den praktischen Gebrauch des Handelsgesetzbuches angemessen, als dasselbe nicht eine Kodifikation aller gesetzlichen Bestimmungen innerhalb eines bestimmt umschriebenen Rechtsgebietes darstellt, sondern sich mehr wie eine Novelle zu dem Civilrechte der ver­ schiedenen deutschen Staaten verhält. Die Einfügung in dasselbe wird durch die Kennt­ niß der Motive, welche den Gesetzgeber bei Annahme der einzelnen Bestimmungen geleitet haben, wesentlich erleichtert. Es kommt hinzu, daß das Handelsgesetzbuch nicht die systematische und konsequente Entwickelung einiger wenigen Grundprinzipien enthält, sondern — und hierin besteht sein besonderer Vorzug — daß es von den bereits be­ stehenden rechtlichen Ueberzeugungen und Rechtsanschauungen der Handelswelt ausgeht und diese zu rechtlichen Satzungen gestaltet. Diese Entstehungsart hat aber zur Folge, daß nicht aus jeder Bestimmung selbst, und auch nicht aus ihrem Zusammenhange mit den übrigen immer, der innere Grund derselben erhellt. Ohne Kenntniß der ratio legie ist die sachgemäße Anwendung eines Gesetzes selten möglich, unb am wenigsten dann zu erwarten, wenn das Gesetz, wie es im vorliegenden geschehen, von Grundsätzen ausgeht, welche ganz oder doch sehr erheblich verschieden sind von denjenigen, welche bisher gegolten haben. Diese Rücksichten sind die Veranlassung zur Herausgabe des vorliegenden Kom­ mentars gewesen, welcher sich im Wesentlichen auf Exzerpte aus den vorhandenen Gesetzesquellen beschränkt. Woher die einzelnen Erläuterungen geschöpft sind, ist jedes­ mal angegeben worden, um die Aufsuchung der Quellen zu erleichtern, wo sie erforder­ lich scheint. Wörtliche Anführungen aus denselben waren jedoch wegen der Beschaffen­ heit der Quellen in der Regel unmöglich: es liegen daher fast in jedem Falle Be­ arbeitungen vor. Es darf die Hoffnung ausgesprochen werden, daß durch die gegenwärtige Zu­ sammentragung des vorhandenen Materials künftigen Kommentarien vorgearbeitet ist, welche theils die Einfügung des Handelsgesetzbuchs in das sonst geltende Civilrecht, theils die Vergleichung desselben mit den Handelsgesetzbüchern anderer Länder, und namentlich dem Code de commerce, zum besouderen Vorwurfe haben. Es sei schließlich die Bemerkung gestattet, daß der Erstunterzeichnete wesentlich die vier ersten Bücher, und der Zweitunterzeichnete vorzugsweise das fünfte Buch (Vom Seebandel) bearbeitet hat. H. Makower. S. Merier.

vn

Vorrede zur zweiten Auflage. Aie erste Auslage dieses Buchs erschien unmittelbar nachdem das A. D. H.G.B. in Preußen Gesetzeskraft erlangt hatte; sie bezweckte, durch passende Auszüge aus den um­ fangreichen Quellen so wie durch eine übersichtliche Zusammenstellung derselben die großen Gesichtspunkte leicht erkennbar zu machen, von denen das neue bedeutsame Gesetz ausgegangen ist. Bei der gegenwärtigen Auflage — deren Bearbeitung tion dem Unterzeichneten allein vorgenommen wurde — ist der Versuch gemacht worden, einen Schritt weiter zu gehen. Unter freierer Benutzung der Gesetzesguellen zur Verdeutlichung dessen, was der Gesetzgeber hat bestimmen wollen, ist besonderer Werth darauf gelegt worden, die einzelnen Rechtssätze scharf auszusondern und die Voraussetzungen anzugeben, von welchen die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs abhängig erscheint. Hierbei sind die entstandenen Streitfragen berücksichtigt, und zum Theil ist ihre Lösung versucht worden. Zum anderen Theile habe ich geglaubt, die Lösung derselben der weiteren Entwickelung des Handelsrechts durch Theorie liitb Praxis über lassen zu müssen. Bei der neuen Bearbeitung bat ferner das Streben vorgewaltet, an das ältere Recht anzuknüpfen und — soweit dies jetzt schon angeht — zu zeigen, wie das Handels­ gesetzbuch mit dem in den altländischen Provinzen Preußens geltenden Civilrechte in Einklang zu bringen ist. Zn diesem Zwecke sind die sämmtlichen veröffentlichten Ent­ scheidungen des Obertribunals, welche das Gebiet des Handelsrechts berühren, geprüft und soweit sie noch jetzt von Erheblichkeit sein dürsten, unter Angabe ihres wesentlichen Inhalts angezogen worden. Endlich bat die Benutzung der neueren handelsrechtlichen Literatur insoweit statt­ gefunden, als diese zur Herbeiführung eines besseren Verständnisses des Gesetzbuchs an­ gethan schien; Citate sind in der Regel nur dann erfolgt, wenn Abhandlungen über Detailfragen anzuführen waren, deren Auffindung. weil in verschiedenen Zeitschriften zerstreut, schwierig wäre. Die angegebenen Ziele konnten — wie ich nicht verkenne — bei der Neuheit des Handelsgesetzbuchs, bei seiner eingreifenden Aenderung des bisherigen Rechts und der häufig hervortretenden Kollision mit dem sonstigen Civilrechte, sowie bei dem Mangel einer Durcharbeitung desselben in gerichtlichen Entscheidungen und bei den durch wissenschastliche Bearbeitungen immerhin noch spärlich gewährten Hülfsmitteln nur verfolgt, aber nicht erreicht werden, zumal nicht, wenn man in den engen Schranken eines für die Praxis bestimmten, und deshalb übersichtlich zu erhaltenden Kommentars verbleiben wollte. Wenn indeß diese erneute Bearbeitung jenen Zielen sich auch nur genähert hat, so wird dieselbe — wie ich hoffe — eine billige Beurtheilung finden. Berlin im Januar 1864. H. Makowrr.

VIII

Vorrede zur dritten bis elften Auflage. Die seit der zweiten Auslage dieses Buchs ergangenen Urtheile des höchsten Gerichts­ hofs (des Obertrib. des R.O.G. u. des R.G. bis einschl. Bd. 28), welche zum besseren Verständniß des H.G.B. dienen oder Kontroversen desselben entscheiden, sind nach­ getragen. und mehrere Aenderungen in den Noten vorgenommen. Die Zusammenstellung der Urtheile bei den einzelnen Artikeln bezweckt, aus den Entscheidungen mehrerer co it er et er Fälle die Theorie des höchsten Gerichtshofes in den einzelnen Materien erkennbar zu machen. Es ist selbstverständlich, daß die kurzen Auszüge nicht das Studium der vollen Urtheile entbehrlich machen, sondern nur die Aufsuchung derselben dann erleichtern sollen, wenn es darauf ankommt, die Meinung des höchsten Gerichts­ hofes über eine bestimmte Frage zu erforschen. Die seit Emanation des H.G.B. erlassenen Gesetze, welche mit demselben in naher Verbindung stehen, sind theils in erkennbarer Weise dem Texte eingefügt, theils in einem Anhange nachgetragen. Das Jnhalts-Verzeichniß giebt hierüber näheren Aufschluß. Das Register endlich erleichtert die Auffindung derjenigen Materien, welche in den Noten behandelt sind und mit dem Texte der Gesetze manchmal nur in loser Verbindung stehen. Berlin, 1. Juni 18i)2.

Abkürzungen. H.G.B. — Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch. P. = Protokolle der Kommission zur Berathung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs. Herausgegeben von I. Lutz. Würzburg, Verlag der Stahel'schen Buch- und Kunst­ handlung. 1858. Pr. Entw. — Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten. Erster Theil: Entwurf. Verlag der Kgl. Ober-Hofbuchdruckerei. Berlin, 1859. M. = Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten. Zweiter Theil: Motive. Verlag der Kgl. Ober-Hofbuchdruckerei. Berlin, 1859. M. z. Einf.-Ges. — Motive zum Entwurf des Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch. Ä.B.A. — Kommissionsbericht des Hauses der Abgeordneten über den Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs. (Nr. 223, 224, 225, de 1861.) K.B.H. — Kommissionsbericht des Herrenhauses zu demselben Entwürfe. (Nr. 134, de 1861.) M. — Motive zum G. v. 18. Juli 1884. Einf.-Ges. — Einführungsgesetz. Wo dieses ohne Zusatz citirt worden, ist darunter der 1. Titel, I. Abschnitt: „Bestimmungen für ade Landestheile der Monarchie" enthaltend, verstanden. Einf.-Ges. (A.L.R. und A.G.O.) — Einführungsgesetz. 1. Titel, II. Abschnitt. Bestimmungen für die Landestheile, in welchen daS Allgemeine Landrecht und die Allgemeine Gerichts­ ordnung Gesetzeskraft haben. Einf.-Ges. (gem. R.) = Einführungsgesetz. 1. Titel, III. Abschnitt. Bestimmungen für die Landestheile, in welchen das gemeine Deutsche Recht gilt. Einf.-Ges. (Köln.) — Einsührungsgesetz. 1. Titel, IV. Abschnitt. Bestimmungen für den Bezirk des AppellationSgerichtshofeS zu Köln. Jnstr. — Instruktion des Justizministers vom 12. Dezember 1861. (Just.Min.Blatt 1861 S. 328 bis 374.) Entsch. = Entscheidungen des König!. Geheimen Obertribunals, herausgegeben im amtlichen Aufträge. Berlin. Str. — Striethorst, Archiv für Rechtfälle aus der Praxis der Rechtsanwälte des Königt. Obertribunals. Berlin, Verlag von I. Guttentag. R.O.H. — Entscheidungen des Reichs-Oberhandelögerichts, herausgegeben von den Räthen des Gerichtshofes. Erlangen. Steg. — Stegemann, die Rechtsprechung des Deutschen Oberhandelsgerichts zu Leipzig. Berlin, Verlag von I. Guttentag.

X

Abkürzungen.

R.G. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Civilsachen. herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofes. Leipzig. Verlag von Beit & Co. Centralorgan — Centralorgan für den deutschen Handelsstand, tiöln, sodann Elberfeld. C.P.O. — Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich. v. Gerber = v. Gerber, System des deutschen Privatrechts. 8. Auflage. Jena, 1863. Goldschmidt — Goldschmidt. Handbuch des Handelsrechts. Erlangen, 1864. v. Hahn — v. Hahn, Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuche. Braunschweig, 1862. 1. Aufl. Die Citate aus den späteren Auflagen sind als solche besonders bezeichnet. Kayser — Kayser, Gesetz, betr. die Kommanditgesellschaften aus Aktien und die Aktien­ gesellschaften v. 18. Juli 1884. Berlin, 1884. Kaltenborn — Kaltenborn, Grundsätze des praktischen Europäischen Seerechts. Berlin, 1851. K.O. = Konkursordnung für das Deutsche Reich. Koch — Koch, Kommentar zum Allgemeinen Landrecht Band III, Abth. 2, Berlin. 1863. Verlag von I. Guttentag. Renaud = Renaud, das Recht der Aktiengesellschaften. Leipzig, 1863. Ren au d K.G. — Renaud, das Recht der Kommanditgesellschaften. Leipzig. 1881. Ring — Ring, das Reichsgesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktien­ gesellschaften v. 18. Juli 1884. Berlin, 1886. Thöl — Thöl, das Handelsrecht in Verbindung mit dem Allgemeinen Deutschen Handels­ gesetzbuche. 4. Auslage. Göttingen 1862. UHr. — Ullrich, Sammlung von secrechtlichen Erkenntnissen. Hamburg, 1861. v. Bölderndorff. das Reichsgesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884. Erlangen, 1885. Die anderweitigen Citate werden auch ohne Erklärung der bei ihnen vorgenommenen Ab­ kürzungen verständlich sein. Citate, welche nur den Band und die Seite angeben, beziehen sich aus die Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts bezw. des Reichsgerichts.

Inhalt. I. Einleitung. II. Bnndesgesetz, betreffend die Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetz­ buchs als Bundesgesetze, vom 5. Juni 1869 (B.G.Bl. S. 379).

III. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch. Inhalt desselben: (Die in den Text eingefügten Gesetze sind in lateinischen Buchstaben nachstehend angegeben.)

Allgemeine Bestimmungen

Artikel

Erstes Juch. Vom Handelsstandr. Erster Titel. Von Kaufleuten .... Zweiter Titel. Von dem Handelsregister Dritter Titel. Von Handelsfirmen...................................... .....

Reichsgesetz, betr. die Löschung nicht mehr bestehender Firmen und Prokuren im Handelsregister vom 30. März 1888 (R.Gr.Bl. 8. 129)......................................................................... Vierter Titel. Von den Handelsbüchern....................................................... Fünfter Titel. Von den Prokuristenund Handlungsbevollmächtigten . Sechster Titel. Von den Handlungsgehülfen...................... . Siebenter Titel. Von den Handelsmäklern oder Sensalen Zweites Auch.

1— 3 4— 11 12— 14 15— 27

nach Artikel26 -

- 28— 40 41— 56 57— 65 66— 84

Non den Handelsgesellschaften.

Erster Titel. Von der offenen Handelsgesellschaft. Erster Abschnitt. Von der Errichtung der Gesellschaft................................. Zweiter Abschnitt. Von dem Rechtsverhältnisse der Gesellschafter unter einander............................................................................................................ Dritter Abschnitt. Von dem Rechtsverhältnisse der Gesellschaft zu dritten Personen............................................................................................................ Vierter Abschnitt. Von der Auflösung der Gesellschaft und dem Austreten einzelner Gesellschafter ausderselben .... Fünfter Abschnitt. Von derLiquidation der Gesellschaft.......................... Sechster Abschnitt. Von der Verjährung der Klagen gegen die Gesell­ schafter .................................................................................................. Zweiter Titel. Von der Kommanditgesellschaft.

85— 89 90—109 110—122 123—132 133—145

Erster Abschnitt. Von der Kommanditgesellschaft im Allgemeinen... - 150—172 Reichsgesetz, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und nach die Aktiengesellschaften vom 18. Juli 1884 (R.G.B1. 8. 123) Artikel 172 Zweiter Abschnitt. Von der Kommanditgesellschaft auf Aktien insbesondere - 173—206

146—14

XII

Inhalt.

Dritter Titel. Von der Aktiengesellschaft. Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze.............................................. Artikel 207—215 Reichsgesetz, betr. die Umwandlung von Aktien in Reichsnach Währung vom 16. Dezember 1875 (R.G.B1. 8. 317) Artikel 207a Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältnisse der Aktionäre . 216—226 Dritter Abschnitt. Rechte und Pflichten des Vorstandes 227—241 Vierter Abschnitt. Auflösung der Gesellschaft 242—248 Fünfter Abschnitt. Schlußbestimmungen................................................... 249 Reichsgesetz, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Hafnach tung vom 20. April 1892 (R.G.B1. 8. 477) Artikel 249 g Drittes Buch. Von der stillen Gesellschaft und von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung. Erster Titel. Von der stillen Gesellschaft............................................... Zweiter Titel. Von der Bereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung . .

250—265 266—270

Viertes Buch. Von den Handelsgeschäften. Erster Titel. Von den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Erster Abschnitt. Begriff der Handelsgeschäfte............................... 271—277 Zweiter Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Handelsgeschäfte . 278—316 Bundesgesetz, betr. die vertragsmässigen Zinsen vom 14. Nonach vember 1867 (BGBl. 8. 159) Artikel 292 Dritter Abschnitt. Abschließung der Handelsgeschäfte - 317—323 Vierter Abschnitt. Erfüllung der Handelsgeschäfte . 324—336 Zweiter Titel.Vom Kaufe.............................. 337—359 Dritter Titel. Von dem Kommissionsgeschäfte 360—378 Vierter Titel. Bon dem Speditionsgeschäfte 379—389 Fünfter Titel. Von dem Frachtgeschäfte. Erster Abschnitt. Vom Frachtgeschäfte überhaupt............................... 390—421 Zweiter Abschnitt. Von dem Frachtgeschäfte der Eisenbahnen insbesondere 422—431 Reichsgesetz, betr. die Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die beim Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken etc. nach herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen vom Artikel 423 7. Juni 1871 (R.G.B1. 8. 207) fünftes Auch. Vom Srrhandrl. Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen.............................................. Verordnung, betr. die Registrirung von Seeschiffen vom 27. Februar 1862. (G.S. 8. 61.) Bundesgesetz, betr. die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugniss zur Führung der Bundesflagge vom 25. Oktober 1867 (B.G.B1. 8. 35), in der Fassung des Reichsgesetzes vom 23. Dezember 1888. (R.G.B1. 8. 300.) Reichsgesetz, betr. die Befugniss von Seefahrzeugen, welche der Gattung der Kauffahrteischiffe nicht angehören, zur Führung der Reichsflagge vom 15. April 1885. (R.G.B1. 8.89.) Verordnung, betr. die Bundesflagge für Kauffahrteischiffe vom 25. Oktober 1867. (B.G.B1. 8. 39.) Reichsgesetz, betr. die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe vom 28. Juni 1873. (R.G.B1. 8. 184.)

432—449

nach Artikel

438

Inhalt.

xra

Vorschriften über die ßegiatrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe vom 13. November 1873. (R.G.Bl. 3.367.) Reichsgesetz, betr. die Küstenfrachtfahrt vom 22. Mai 1881. nach R.G.B1. 8. 97.) Artikel 438 Reichsgesetz, betr. die Prisengerichtsbarkeit vom 3. Mai 1884. (R.G.Bl. 8. 49 ) Zweiter Titel. Bon dem Rheder und von der Rhederei .... 450—477 Dritter Xitel. Bon dem Schiffer......................................................... 478—527 Reichsgesetz, betr. die Untersuchung von Seeunf&llen vom 27. Juli 1877. (R.G.Bl. 8. 549.) Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872. (R G.B1. 8. 409.) Reichsgesetz, betr. die Verpflichtung deutscher Kauffahrtei­ schiffe zur Mitnahme hilfsbedürftiger Seeleute vom 27. Denach zember 1872. (R.G.Bl. 8. 432.) Artikel 527 Reichsgesetz, betr. die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des deutschen Reichs v. 25. März 1880. (R.G.B1. 8. 181.) Verordnung, betr. die Schiffsmeldungen bei den Konsulaten des deutschen Reichs vom 28. Juli 1880. (R.G.Bl. 8 183.) Bierter Titel. Bon der Schiffsmannschaft.............................................. - 526—556 Fünfter Titel. Bon dem Frachtgeschäfte zur Beförderung von Gütern 557—664 Sechster Titel. Bon dem Frachtgeschäfte zur Beförderung von Reisenden 665—679 Siebenter Titel. Bon der Bodmerei................................................... - 680—701 Achter Titel. Bon der Haverei. Erster Abschnitt. Große (gemeinschaftliche) Haverei und besondere Haverei 702—735 Zweiter Abschnitt. Schaden durch Zusammenstoß von Schiffn, . . 736—741 Neunter Titel. Bon der Bergung und Hülfsleistung in Seenoth . 742—756 Strandungsordnung vom 17. Mai 1874 (R.G.Bl. 8. 73) und nach Instruktion vom 24. November 1875. Artikel 756 Zehnter Titel. Bon den Schiffsgläubigern.............................................. - 757—781 Elfter Titel. Bon der Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt. Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze................................................... - 782—809 Zweiter Abschnitt. Anzeigen bei dem Abschluffe des Vertrags... 810—815 Dritter Abschnitt. Verpflichtungen deS Versicherten auS dem Ver­ sicherungsverträge ............................................................................. - 816—823 Bierter Abschnitt. Umfang der Gefahr................................................... - 824—857 Fünfter Abschnitt. Umfang deS Schadens.............................................. - 858—885 Sechster Abschnitt. Bezahlung deS Schadens......................................... - 886—898 Siebenter Abschnitt. Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie.................................................................................................. - 899 -905 Zwölfter Titel. Bon der Verjährung................................................... - 906—911

XIV

Anhang. 1. Preuß. Einf.-G. zum A. D. H.G.B. vom 24. Juni 1861. (G.S. S. 449.) 2. Allg. Bers. und Instruktion betr. die Ausführung dieses G. vom 12. Dezbr. 1861. (J.M.Bl. S. 328—374.) 3. Allg. Berf., betr. die Führung des Schiffsregisters v. 25. März 1868. (J.M.Bl. S. 95.) 4. Verordnung, betr. die durch die Eins. des A. D. H.G.B. nöthig gewordene Ergänzung der Gesetze über die gerichtlichen Gebühren und Kosten, vom 27. Jan. 1862. (G.S. S. 33.) 5. Allg. Vers., betr. den Ansatz der Gerich Ist osten in Handels- und Schiffahrts-Angelegen­ heiten v. 26. September 1864. (J.M.Bl. S. 270.) 6. Auszug auS dem Preuß. Ausf.-G. zum deutschen Gerichtskostengesetze, v. 10. März 1879. (G.S. S. 145.) 7. Einf.G. zum A.D. H.G.B. für das Königreich Hannover v. 5. Oktbr. 1864. (Han­ növer'sche G.S. S. 213.) 6. Verordnung, betr. die Eins. des A. D. H.G.B. in die Herzogthümer Holstein und Schles­ wig v. 5. Juli 1867. (G.S. S. 1133.) 9. Verordnung, betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien in den durch die Gesetze v. 20. September u. 24. Dezember 1866 (G.S. S. 555, 876) mit der Preuß. Monarchie vereinigten Landestheilen, mit Ausnahme der vormals Königlich Baierischen Enklave Kaulsdors, v. 24. August 1867. (G.S. S. 1645.) 10. G. betr. die Einführungsbestimmungen zum A. D. H.G.B. für das Jadegebiet und die Einführung verschiedener seerechtlicher Vorschriften in dasselbe v. 9. März 1870. (G.S. S. 248.) 11. Bundesgesetz betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften v. 11. Juni 1870. (B.G.Bl. S. 375.) 12. G. betr. d. Eins. d. A. D. W.O. und des A. D. H.G.B. in Elsaß-Lothringen v. 19. Juni 1872. (G.Bl. für Elsaß-Lothringen Nr. 14, S. 213.) 13. G. über die Handelskammern v. 24. Februar 1870. (G.S. S. 134.) 14. Auszug aus dem Preuß. G. über die Zuständigkeit der BerwaltungS- u. der BerwaltungsgerichtSbehörden v. 1. August 1883. (G.S. S. 237.) 15. Bankgesetz v. 14. März 1875. (R.G.Bl. S. 177.) 16. Preuß. G. wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber enthalten, v. 17. Juni 1883. (G.S. S. 75.) 17. Bundesg. über die Ausgabe von Papiergeld v. 16. Juni 1870. (B.G.Bl. S. 507.) 18. ReichSg., betr. die Jnhaberpapiere mit Prämien v. 8. Juni 1871. (R.G.Bl. S. 210.) 19. Reichsg., betr. die Ausprägung von Reichsgoldmünzen v. 4. Dezember 1871. (R.G.Bl. S. 404.) 20. Münzgesetz v. 9. Juli 1873. (R.G.Bl. S. 233.) 21. ReichSg., betr. die Ausgabe von Reichskassenscheinen v. 30. April 1874. (R.G. Bl. S. 40.) 22. ReichSg. über den Markenschutz v. 30. November 1874. (R.G.Bl. E. 143.) 23. Bekanntmachungen des Bundesraths zur Ausführung des G. über den Markenschutz. (Centralblatt sür das deutsche Reich S. 123 de 1875 u. S. 418 de 1886.) 24. Reichsg., betr. das Urheberrecht an Mustern u. Modellen u. 11. Jan. 1876. lR.G.Bl. S. 11.) 25. Bestimmungen des Reichskanzleramts über die Führung des Musterregisters. iCentralblatt für das deutsche Reich S. 123 de 1876 u. S. 418 de 1886.) 26. Reichsg., betr. den Schutz von Gebrauchsmustern v. 1. Juni 1891 (R.G.Bl. S. 290). 27. Verordnung zur Ausführung des Patentgesetzes v. 7. April 1891 u. des G. betr. den Schutz von Gebrauchsmustern v. 1. Juni 1891 — v. 11. Juli 1891. (R.G.Bl. S. 349.) 26. Verordn, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See v. 15. August 1876. (R.G.Bl. S. 189.) 29. Verordn, zur Verhütung des Zusammenst oßens der Schiffe auf See v. 7. Januar 1880. (R.G.Bl. S. 1) nebst Verordn, v. 16. Februar 1881. (R.G.Bl. S. 28.) 30. Verordn, zur Ergänzung der beiden vorstehenden Verordnungen v. 29. Juli 1889. (R.G.Bl. S. 171.)

I.

Einleitung*). Der von der Deutschen Nation lebhaft gehegte Wunsch, ein einheitliches Recht zu erlangen, um in demselben ein neue« starkes Band der Vereinigung aller Deutschen Staaten und Volksstämme zu besitzen, sieht seiner Erfüllung zunächst auf denjenigen Rechtsgebieten entgegen, auf welchen die Interessen de« Verkehr« das Bedürfniß der Rechtseinheit doppelt fühlbar machen und die Verschiedenheit des Recht« nicht in dem Verhältniß der Familie und des Grundeigenthum« eine tiefe Grundlage hat. In der Allgemeinen Wechselordnung besitzt Deutschland bereit« ein Erstlings­ werk der einheitlichen Gesetzgebung, welche« als eine der glücklichsten Schöpfungen unserer Zeit anerkannt ist und von dem Handelsstande in Hinblick auf die früheren Zustände al« eine Quelle des Segens betrachtet wird. Das Gelingen diese« Werk« ist ein Vorbild für die noch ungleich bedeutendere Bestrebung gewesen, ein All­ gemeine« Deutsches Handelsgesetzbuch zu Stande zu bringen; die Deutschen Staats­ regierungen haben hierbei einen ähnlichen Weg zur Verständigung wie bei der Wechselordnung verfolgt, und Preußen kann sich einer ähnlichen Wirksamkeit für da« gemeinsame Handelsgesetzbuch, wie für die Wechselordnung rühmen. Bereits in den Jahren 1836 und 1846 brachte die Württembergische Regierung bei Berathungen der Zollvereinsstaaten eine möglichst gleichmäßige Gesetz­ gebung im Gebiete de« Handelsrecht« in Anregung. Der erste Versuch, zu einem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch die Einleitung zu treffen, wurde von dem Reichsministerium der Justiz in Frankfurt gemacht**), eine von demselben zur Fertigung eines Entwurf« berufene Kommission arbeitete über eine Anzahl von Materien des Handelsrechts Gesetzesvorschläge au«, welche im Jahre 1849 im Druck veröffentlicht wurden. *) Diese Einteilung ist wörtlich den Motiven zum Preußischen Einsührungsgesetze ent­ nommen. **) Die Anregung hierzu ging von dem Unterstaatssekretär Widenmann aus. Außer ihm bejanden sich in der Kommission die AppellationSgerichtSräthe Grimm und Broicher au« Köln und der Professor Th öl aus Rostock. In einer Denkschrift, welche diese Kommission am 12. Dezember 1848 dem Reichsministerium der Justiz einreichte, wird über daS Prinzip, welches einer Kodifikation deS Handelsrechts zu Grunde zu legen ist, Folgendes gesagt: „Im Allgemeinen wird dabei der Grundsatz festzuhalten sein, daß weniger ein neues Recht zu schassen, als dasjenige in gesetzliche Normen zu bringen ist, waS in dem Bewußtsein der zum Handelsstande gehörenden Personen bereits als Recht gilt. Es wird besondere Rücksicht darauf genommen werden muffen, daß Kaufleute als Richter das Gesetz

Nach Abänderung der Verhältnisse wurde dieser Gegenstand sehr bald vom der Preußischen Regierung aufgenommen, theil« weil in Preußen selbst da« Be­ dürfniß eine« Handelsrecht« für die ganze Monarchie stch sehr entschieden geltenid gemacht hatte, theils auch, weil in dem Umstande, daß bei der für Preußen errforderlichen Legislation die so sehr von einander verschiedenen Rechtssysteme bet« Allgemeinen Landrechts, des gemeinen Rechts und de« Rheinischen Recht« zu beerücksichtigen sind, eine Gewähr dafür vorlag, daß da« Werk auch für die übrigem Deutschen Staaten eine annehmbare Grundlage bilden würde. Im Jahre 1850 wurden juristische Kommissarien mit der Vorbereitung einees Handelsrechts-Entwurfs besonder« befaßt, und im Mai desselben Jahres die verr fchiedenen Gesichtspunkte und Prinzipien in Ministerialkonferenzen mit Sachhverständigen, welche aus dem Handelsstande der verschiedenen Provinzen dazu enttsendet waren, in spezielle Berathung genommen. Die Sache wurde sodann naöch einer inmittelst durch die Bearbeitung der Konkursordnung veranlaßten Unterrbrechung um so angelegentlicher verfolgt, als bei den Generalkonferenzen de« Zollllverein« von der Württembergischen und mehreren anderen Staatsregierungen bett Wunsch an den Tag gelegt worden war, daß die Preußische Regierung mit denm Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsrechts zum Zweck einer Vereinbarunag der Deutschen Staaten vorgehen möge. Im Anfange des Jahre« 1866 waren die Vorarbeiten bis zur Zusammen» stellung eines vollständigen Entwurfs gediehen, so daß, als zu dieser Zeit di>ie Bayerische Regierung in der Bundesversammlung die Herbeiführung eines Allllgemeinen Handelsgesetzbuchs für die Deutschen Bundesstaaten in Anregung brachtet, in Aussicht gestellt werden konnte, daß nach Begutachtung des Entwurf« durckch Rechtsgelehrte und sachverständige Kaufleute ein fester Haltepunkt gewonnen fein, um zu Einleitungen überzugehen, welche analog dem bei der Berathung der Wechseblordnung eingeschlagenen Verfahren zu treffen seien. Die Bundesversammlung beschloß am 17. April 1856 die Niedersetzunng einer Kommission zur Ausarbeitung des Entwurf« eines Allgemeinen Handelsgesetz tzbuch« für die Deutschen Bundesstaaten und lud die Bundesregierungen ein, Rechts swerden in Anwendung zn bringen haben. Eine Hauptaufgabe wird es sein, daas Handelsrecht von denjenigen rein positiven Vorschriften des gewöhnlicheien Civilrechts zu befreien, welche auf Gründen beruhen, die dem Handel fremüd sind, und welche in Handelssachen nur deshalb angewendet worden sind, weil es nicht gelungeren war, die Nothwendigkeit einer Ausnahme von der Regel, oder vielmehr die Nichtanwendbarkeieit der Regel auf die Verhältnisse des Handels bei den RechtSgelehrten zur Anerkennung zu bringenm. Der gedachte Entwurf enthält folgende Titel: 1) Von Kaufleuten und Handelsgeschäftewn. 2) Bon der Form der Verträge und von den Beweismitteln in Handelssachen überhaupt, unmd von den Handelsbüchern insbesondere. 8) Von Handelsgesellschaften. 4) Von den Börsen unmd von den Mäklern. 5) Von dem Kommissionär, dem Spediteur und dem Frachtführer. Den einzelnen Gesetzesvorschlägen sind die Motive beigefügt. Vgl. Entwurf eineieS allgemeinen Handelsgesetzbuchs für Deutschland. Frankfurt a. M.. I. D. Sauerländerers Verlag, 1849.

Einleitung.

nn

gelehrte oder Sachverständige dahin abzuordnen, sie wählte am 18. Dyernber des­ selben Jahres die Stadt Nürnberg zum Sitz der Konferenz und er wurde zugleich ins­ besondere vereinbart, daß, dem Vorgänge der Wechselrechtskonferenzen entsprechend, die Beschlußfassung durch einfache Stimmenmehrheit stattfinden und jeder einzelne durch einen Bevollmächtigten in der Versammlung vertretene Staat eine Stimme haben solle. . Inzwischen wurde der Entwurf eines Handelsgesetzbuch- für Preußen voll­ endet und in den Ministerien, sowie in besonderen Konferenzen, welche in den Monaten Oktober bi- Dezember 1866 stattfanden, einer eingehenden Berathung unterworfen. Hierbei waren sowohl eine Anzahl von Kaufleuten aus den ver­ schiedenen Provinzen und sonstige Fachmänner des Handels- und Seerechts, als auch Richter und Rechtsanwälte aus verschiedenen Landestheilen der Monarchie thätig. Mit Rücksicht auf die Ergebniffe der Berathung ist sodann der Preußische Entwurf nochmals bearbeitet und festgestellt worden*). Die Handelsrechtskonferenz in Nürnberg wurde am 15. Januar 1867 er­ öffnet. Bei ihr waren durch Bevollmächtigte vertreten die Staatsregierungen von Oestreich, Preußen, Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg, Baden, Kurheffen, Großherzogthum Heffen, der Sächsischen Herzogthümer, von Nassau, Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Anhalt-Dessau, Lübeck, Frankfurt, Bremen und Hamburg**). Außer den Bevollmächtigten der einzelnen Staaten war eine erhebliche Zahl aus­ gezeichneter Männer des Kaufmannsstandes von den verschiedenen Regierungen, *) In den Vorbemerkungen (S. V) zu diesem Entwürfe wird über die Quellen desselben, abgesehen vom Allgemeinen Landrechte, Folgende- gesagt: „Bei der Ausstellung de- Entwurffind neben dem reichen wissenschaftlichen Material der neueren Zeit die Gutachten, Erinnerungen und Antrage der Kaufmannschaften, sowie die in den Sammlungen der deutschen Gericht-praxis niedergelegten Entscheidungen der deutschen Gerichtshöfe und die in auswärtigen Staaten ein­ geführten Handelsgesetzbücher beachtet und einer sorgfältigen Prüfung unterzogen worden. Unter letzteren ist zunächst da- französische Handelsgesetzbuch zu erwähnen. Dasselbe ist für die Rhein­ provinz bestehendes Recht; es gilt, theils in ursprünglicher Gestalt, theils in Ueberarbeitung, in großen lind verkehrsreichen Ländergebieten, und eS steht seinem Hauptinhalte die Gewähr einer langen Erfahrung zur Seite, wenngleich im Einzelnen mehrfache Lücken und Mängel der Abhülfe bedürfen. In gleicher Weise ist die Benutzung deS Holländischen Handelsgesetzbuch- vom Jahre 1838 hervorzuheben, welches wegen der ausgedehnten Handelserfahrungen der Holländischen Ration und ihre- lebhaften Verkehrs mit Deutschland von hoher Wichtigkeit ist. Endlich ist unter dem benutzten Material noch da- Spanische Handelsgesetzbuch vom Jahre 1829, sowie die erste Abtheilung de- Entwurfs eines allgemeinen Handelsgesetzbuch- für Deutschland von der durch da- Reichsministerium der Justiz niedergesetzten Kommission, ingleichen der Entwurf eineHandelsgesetzbuchs für Württemberg vom Jahre 1839 und ein für Oestreich über einzelne Materien des Handelsrechts int Jahre 1848 abgesaßter^Entwurf zu erwähnen." **) Als Bevollmächtigte erschienen namentlich: A. von Oestreich: Dr. Ritter v. Raul e,'. Präsident des k. k. Handelsgericht- zu Wien, und Dr. Schindler, Sektion-rath im k. k. Handelsministerium zu Wien. B. von Preußen: Dr. Bischofs, Geh. Justizrath aus Berlin (später Dr. Heimsöth, Geh. Oberjustizrath und Senatspräsident am Appellationsgericht zu Köln, und Geh. Justizrath Dr. Pape aus Berlin, demnächst Präsident des Reichs-Oberhandelsgerichts zu Leipzig). C. von Bayern: Dr. Seufsert, Direktor des Kreis- und Stadt-, dann des HandelSappellationSgerichtS zu Nürnberg. Äalewct, H«rdtl»gesetzL»ch. 1L Lust. b

Einleitung.

XVIII

insbesondere auch von der Preußischen Regierung, als Sachverständige zu den Konferenzen gesendet**); durch die rege Theilnahme derselben wurde die Versamm­ lung in lebendiger Anschauung des kaufmännischen Rechtsbewußtsein» und der dem Handelsleben zusagenden Rechtsnormen erhalten. Die Konferenz beschloß, den Preußischen Entwlirf zur Grundlage der Berathungen zu nehmen**), dabei auch dem von der Oestreichischen Regierung vorgelegten Entwurf volle Beachtung zuzu­ wenden; sie wählte den Preußischen Bevollmächtigten zum Referenten, während sie dem Bevollmächtigten von Oestreich, soweit nicht der als Ehrenpräsident gewählte Staatsminister von Bayern den Vorsitz führte, die Präsidialfunktionen anvertraute. Rach 98 Sitzungen wurde am 2. Juli 1857

die Berathung der ersten drei

Bücher des Preußischen Entwurfs (welche im Wesentlichen den vier ersten Büchern des in Nürnberg zuletzt festgestellten Entwurfes entsprechen) in erster Lesung be­ endigt, und eine zweimonatliche Vertagung der Konferenz beschlossen, damit eine von

dem

Fassungsausschuß

gefertigte Redaktion

der

bisherigen Beschlüsse den

Regierungen vorgelegt und das Material zur zweiten Lesung gesammelt werden konnte.

D. vom Königreich Sachsen: Georgi, Staalsminister a. D. auS Mylau, und Dr. Tauch­ nitz, AppellationsgerichtSralh aus Leipzig. E. von Hannover: Dr. Thöl, Professor aus Göttingen (später Dr. Leonhardt, Ober­ justizrath aus Hannover). F. von Württemberg: Dr. v. Gerber, UniversitätSkanzler und Professor aus Tübingen. G. von Baden: Ammann, Ministerialrath aus Karlsruhe. H. vom Kurfürstenthum Hessen: Schuppius, ObergerichtSrath aus Kassel. I. vom Großherzogthum Hessen: Franck, Ministerialrath auS Darmstadt. K. vom Großherzogthum Sachsen, Herzogthümern Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg und Sachsen-Coburg und Gotha (später auch von Anhalt-Dessau): Dr. v. Hahn, Professor aus Jena, jetzt Rath am Reichsgericht. L. von Nassau: Bollprächt, Präsident deS. Finanzkollegiums aus Wiesbaden.

M. von Braunschweig: Tr ieps, Obergerichtsrath. N. von Mecklenburg-Schwerin: Dr. Mann, Senator auS Rostock. O. von Lübeck: Dr.

Hallermann, Richter auS Lübeck.

P. von Frankfurt: Dr. Müller, Senator auS Frankfurt. Q. von Bremen:

Dr. Heinecken, Direktor deS Handelsgerichts

aus Bremen, und

Gabain, Aeltermann, Mitglied deS Handelsgerichts und der Handelskammer aus Bremen. R von Hamburg: und

de

Dr. Halle, vormalS Präsident des Handelsgerichts auS Hamburg,

Chapeaurouge,

vormals

Richter

am

Handelsgerichte

zu

Hamburg

(später

Dr. Trümmer). Während der Verhandlungen' haben die Personen der Bevollmächtigten mehrfach gewechselt, insbesondere waren bei der Bearbeitung des Seerechts zum Theil andere Personen thätig, als bei der Berathung der ersten vier Bücher des Handelsgesetzbuchs. *) Für Preußen: der Kommerzienrath Warschauer aus Berlin und der Geh. Kommerzienrath Rufser auS Breslau; und speziell für daS Seerecht: der Kommerzienrath Rahm aus Stettin und der Navigations-Schuldirektor Albrecht auS Danzig. *•) Dies geschah in Folge

der Erwägung, daß der Preußische Entwurf mehr Materien

umfasse als der Oestreichische (z. B. auch daS Seerecht und einen Abschnitt über die Assekurranzen), und daß es bei legislativen Berathungen erfahrungSmäßig weit leichter sei, auS einem größeren Material etwa Entbehrliches auszuscheiden, als zu einer minder umfangreichen Grundlage Alles, waS für wesentlich befunden werden könnte, hinzuzufügen. P. S. 6.

XIX

Einleitung.

Zu dieser zweiten Lesung trat die Konferenz am 16. September 1867 wieder zusammen; sie schloß dieselbe in ihrer 176sten Sitzung am 3. März 1868. Die Resultate wurden sowohl den Regierungen vorgelegt, al» auch nebst den Proto­ kollen über die Berathung durch den Druck veröffentlicht. E« wurde vorbehalten, nach Berathung de» Seerecht» noch eine kurze dritte Lesung der vier ersten Bücher vorzunehmen. Äl» Ort für die Verhandlungen über da» Seerecht wurde Hamburg gewählt und die Bevollmächtigten der Regierungen von Oestreich, Preußen, Bayern, Han­ nover, der Sächsischen Herzogthümer, von Braunschweig, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, Lübeck, Bremen und Hamburg traten dort am 26. April 1858 zusammen. Da» Seerecht wurde ebenfalls auf der Grundlage de» Preußischen Entwurf» und auf da» Referat de» Preußischen Bevollmächtigten berathen; die erste Lesung war am 25. Oktober 1869 beendigt, und nachdem da» Ergebniß der Verhand­ lungen den Regierungen mitgetheilt und da» Material zu einer nochmaligen Be­ rathung gesammelt war, die zweite und letzte Lesung de» Seerecht» in der Zeit vom 9. Januar bi» zum 22. August 1860 durchgeführt und an diesem Tage in der 54sten Sitzung der Konferenz beendet.

Während der Dauer der Berathungen über da» Seerecht wurde von einzelnen Regierungen, insbesondere von Württemberg und von Bayern, in dem dringenden Wunsche, da» große Werk zu Stande zu bringen, eine sofortige unveränderte An­ nahme de» au» der zweiten Lesung in Nürnberg hervorgegangenen Entwurf» der ersten vier Bücher in Anregung gebracht. Dabei war die Rücksicht auf baldige Befriedigung de» lebhaft gefühlten Bedürfniffe» und die Ansicht leitend, daß der Entwurf schon so, wie er damals vorlag, sich zur allgemeinen Annahme empfehle, — eine Ansicht, welche insbesondere auch der Preußische Handel»stand nach den durch seine Organe an den Handelsminister erstatteten Gutachten theilte. In Veranlaffung jener Anregungen verständigte sich die Preußische Regierung mit der Oestreichischen und Bayrischen dahin, die sämmtlichen übrigen Regierungen einzuladen, daß sie die von ihnen gewünschten wesentlichen Abänderungen de» Entwurfs zweiter Lesung unter Beschränkung der Erinnerungen auf da» geringste Maß und unter Vermeidung von Wiederholungen an die Konferenz einsenden möchten, uud daß die dritte Lesung der vier ersten Bücher auf die Erledigung dieser Erinnerungen beschränkt werde. Nachdem da» Einverständniß der übrigen Regierungen nicht zweifelhaft war, wurde auf den Antrag de« Preußischen Bevoll­ mächtigten am 24. Oktober 1869 auch von der Konferenz in diesem Sinne beschloffen. Die Erinnerungen der Regierungen gingen bi» zum August 1860, dem Zeitpunkt der Beendigung der Berathungen über da» Seerecht, ein. Allein die Zusammenstellung derselben ergab, daß, während ein Theil der Regierungen, unter anderen insbesondere auch Oestreich und Preußen, in Festhaltung de» mit so vielen Schwierigkeiten verbundenen Ziels, ein gemeinsames Gesetzbuch zu Stande zu bringen, und in Würdigung de« für die Gesammtheit daraus erwachsenden Vor­ theil« sich den Majoritätsbeschlüffen der Konferenz möglichst gefügt und gar keine oder doch nur sehr wenige Erinnerungen eingebracht hatten, von anderen Regierungen au» abweichenden Gesichtspunkten in einer für die Einigung nicht zuträglichen b*

Weise eine sehr große Zahl von Erinnerungen aufgestellt war. Da» in sehr langwierigen Verhandlungen nach zweimaliger Lesung durch Majoritätsbeschlüffe der Bevollmächtigten unter Mitwirkung der sachverständigen Kaufleute endlich ge­ wonnene Resultat erschien durch die gegen die 394 Artikel erhobenen 500 Ein­ wendungen wesentlich gefährdet. Von der Absicht geleitet, den Wünschen der sämmtlichen Regierungen und den Bedürfnissen und berechtigten Erwartungen de» Handelsstandes entgegenzu­ kommen, führten die Regierungen von Oestreich, Preußen und Bayern, auf An­ regung der Preußischen Regierung, die Sache auf den von anderen Seiten ver­ lassenen Standpunkt zurück. Es wurde von den erwähnten drei Regierungen durch übereinstimmende Noten vom 12., 18. und 23. Oktober 1860 den sämmtlichen Bundesregierungen vorgeschlagen, an dem vorliegenden Entwurf zweiter Lesung möglichst festzuhalten, in eingreifende Veränderungen der Prinzipien und des organischen Zusammenhangs nicht einzugehen, Ansichten und Vorschläge, welche bereits in der Konferenz durchberathen worden, nicht zu nochmaligen Debatten und Abstimmungen wieder aufzunehmen, und Bemängelungen von Fassungen ohne praktische Bedeutung oder sonstige unerhebliche Dinge nicht zum Gegenstand von Verhandlungen des Plenums der Konferenz zu machen. Zu diesem Zweck fügten die genannten drei Regierungen ihren Noten ein Verzeichniß derjenigen Erinnerungen bei, welchen gegenüber an dem in zweiter Lesung beschlossenen Entwurf festgehalten, und welche daher von der dritten Lesung auszuscheiden wären, ferner ein Verzeichniß derjenigen Erinnerungen, welche durch einen Redaktionsausschuß zu erledigen wären. Bei der dritten Lesung der vier ersten Bücher, welche hierauf am 19. No­ vember 1860 in Nürnberg eröffnet wurde, stellte der Preußische Bevollmächtigte den Antrag, es möge der Abschluß de» Werks in dem Sinne der erwähnten Noten erfolgen. Nach Einsprache von anderen Seiten wurde von dem Präsidenten durch Umfrage konstatirt, daß die Majorität der in der Versammlung vertretenen Regierungen dem vorgeschlagenen Verfahren beigetreten war und daß außerdem noch eine weitere Zahl von augenblicklich in der Versammlung nicht vertretenen Regierungen zugestimmt hatte. Die dritte Lesung fand nunmehr in dem durch die Majorität angenommenen Verfahren statt und auch die Diffentirenden nahmen, unter Wahrung aller Zuständigkeiten ihrer Regierungen, an den Berathungen und Abstimmungen regen Antheil*). Vor dem Abschluß dieser Arbeiten wurde zugleich wegen einer Verständigung über da» fünfte und sechste Buch des Preußischen Entwurfs, den kaufmännischen Konkurs und die Handelsgerichtsbarkeit betreffend, welche bisher nicht Gegenstand einer förmlichen Berathung gewesen waren, ausführlich verhandelt**). Schon im Verlaus der früheren Lesungen hatte eö sich als unzweifelhaft herausgestellt, daß in dieser Beziehung die große Verschiedenheit des Prozeßrecht» und der Gerichts*) Ueber das bei der drillen Lesung eingeschlagene Versahren vgl. P. E. 4493 ff. und Thöl: Zur Geschichte des Entwurfs eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuchs. Güttingen, Verlag der Dietrich'schen Buchhandlung, 1861. **) Vgl. P. S. 5144, 5146.

Einleitung.

XXI

in den einzelnen Deutschen Staaten einer Einigung auf den Grund­ lagen des Preußischen Entwurfs unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstelle. Die Preußische Regierung hatte diesen Theil ihres Entwurf» zurückgezogen und statt deffen einen abgekürzten Entwurf ausarbeiten lasten, in welchem die rein prozessualischen Bestandtheile ausgeschieden und nur für das materielle Recht sehr wichtige Punkte, über welche insbesondere bezüglich de» kaufmännischen Konkurse» eine Einigung dringend wünschenswerth schien, in beschränkter Anzahl behandelt sind. Dieser Entwurf, welcher auch dem Handelsstande in Preußen mitgetheilt und von demselben beifällig begutachtet wurde, war Anfang« Juli 1860 den übrigen Regierungen zugesendet und zugleich von dem Preußischen Bevollmächtigten in der Konferenz eingebracht worden. Indessen ist auf Grund der ant 16. Februar 1861 in Nürnberg hierüber eröffneten Debatten in eine spezielle Berathung diese» Ent­ wurf» ebenfalls nicht eingegangen worden. E» machte sich die Ueberzeugung geltend, daß da» Bedürfniß zu einem gemeinsamen Handel«-Konkur»recht und Handels-Prozeßrecht sich nur im Zusammenhang mit weit allgemeineren Aenderungen in den verschiedenen Konkurs- und Prozeßgesetzgebungen überhaupt befriedigen lasse, und daß, so lange nicht in einer Anzahl von deutschen Staaten da» System der Pfand-, Hypotheken- und Vorzugsrechte, sowie die Prozeßgesetzgebungen einer Reform unterworfen würden, die Versuche, ein den berechtigten Erwartungen ent­ sprechende» gemeinsames Handels-Konkursrecht und Prozeßrecht zu vereinbarm, keinen Erfolg haben könnten. Zu so weit eingreifenden Aenderungen der ver­ schiedenen Civilgesetzgebungen fehlten der Handelsrechts-Konferenz sowohl die Zu­ ständigkeit, al« auch die Vorarbeiten und Vorlagen, und sie hat, wie sehr sie auch die große praktische Wichtigkeit der Sache erkannte, es der Zukunft anheimgeben müssen, dieselbe zur Erledigung zu bringen, nachdem die bi« dahin glücklich gewonnenen Resultate der Einigung gesichert und zur praktischen Geltung gebracht sein würden*). Am 12. März 1861 wurde die Konferenz in Nürnberg in ihrer 689 sten Sitzung geschloffen und der Entwurf de» Handelsgesetzbuch« der Bundesversammlung und den Bundesregierungen vorgelegt. Die Dauer der Verhandlungen dieser Konferenz und die umfangreichen Pro­ tokolle ihrer Berathtmgen beweisen die Schwierigkeiten, welche bei dem Werke zu überwinden waren, und die Sorgfalt, die Umsicht und den Eifer, mit denen die Aufgabe gelöst worden ist. Bei der Betheiligung so vieler Staaten, deren innere Verhältnisse mannigfaltig verschieden sind, bei der großen Verschiedenheit der in Deutschland geltenden Rechtssysteme, in welche die Bestimmungen de» gemeinsamen Handelsrechts sich einssieben müssen, bei der Mannigfaltigkeit der auf Handel Organisation

*) Die ferneren Anträge: a. auch über andere Versicherungsgefchäfte als Leeassekuranzen Bestimmungen aufzunehmen, und b. festzusetzen, welche Bestimmungen deS Leerechts auch auf die Flußschifffahrt auszudehnen, wurden von der Versammlung abgelehnt, weil es wegen der Verschiedenheit der faktischen Ver­ hältnisse unausführbar sei, gemeinsame Bestimmungen zu treffen. P. L. 5125, 5126. Die Ver­ sammlung war nach den mehr als vierjährigen Verhandlungen offenbar zu ermattet, um noch neue Materien in Angriff zn nehmen.

xxn

Einleitung.

und Gewerbe bezüglichen Einrichtungen in den einzelnen Staaten und bei der großen Verschiedenheit der Interessen, welche, je nach dem Betriebe der Handels­ zweige, nach der Oertlichkeit oder nach anderen Verhältnissen der einzelnen Staaten, nicht selten einander entgegenstehen und welche nur zu oft durch die leidenschaft­ lichen Kämpfe de» Egoismus der Gesetzgebung hindernd in den Weg treten, mußte zu bewährter theoretischer und praktischer Sachkenntniß die über einen engeren Gefichtskrei« sich erhebende Bereitwilligkeit hinzutreten: für die Gemeinschaftlichkeit de» Rechts, für den unschätzbar großen Vortheil, welcher durch dieselbe in jedweder Beziehung erreicht wird, das Sonderrecht und die Sonderintereffen, sowie die vielleicht richtigere Sonderansicht bis zu einem gewissen Grade hinzugeben. Die Preußische Regierung hat, während die Befriedigung vorliegt, daß der Entwurf, welcher auf Preußen berechnet und zur erforderlichen Reform des Handelsrechts im gesammten Preußischen Staate geeignet befunden war, in den wesentlichen Grundlagen angenommen worden ist, sich nicht minder auf jenem höheren Stand­ punkte bewähren zu müssen geglaubt. Sie hat mit Vorlegung de» Einführungsgesetzes den Vorgang gemacht, indem sie mit Zuversicht der Nachfolge der übrigen Bundesstaaten entgegensehen kann. Da» Gesetz, durch welches der von der Konferenz in Nürnberg berathene Ent­ wurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs für Preußen Gesetzeskraft er­ halten soll, ist nach den wesentlichsten Bestandtheilen eines Einführungsgesetzes in drei Titel gebracht, deren erster einführende Bestimmungen im engeren Sinne ent­ hält, während der zweite Titel die in Folge der Einführung aufgehobenen Gesetze bezeichnet und der dritte Titel Uebergangsbestimmungen zum Gegenstände hat, welche in Bezug auf die vor dem Eintritt der Gesetzeskraft begründeten Rechts­ verhältnisse erforderlich erscheinen. In dem erwähnten ersten Bestandtheile des Gesetzes tritt in mehrfacher Beziehung ein Unterschied desselben von sonstigen Einführungsgesetzen hervor. Die große Zahl der Staaten und die Ausdehnung der Territorien, für welche das Handelsgesetzbuch bestimmt ist, sowie die Verschiedenheit der Gesetze und der Verhältnisse, welche in diesen Staaten und Landestheilen bestehen, hat es bei Entwerfung des Handelsgesetzbuchs in einzelnen Punkten unvermeidlich erscheinen lassen, dem Rechte der einzelnen Staaten einen gewissen Spielraum zu geben. Theils aus Gründen der inneren Zweckmäßigkeit, theils um eine sehr schwer zu erreichende Einigung dennoch möglich zu machen, sind im Gesetzbuch bei mehreren Materien einzelne Bestimmungen getroffen, welche, statt unbedingt allgemeine Satzungen festzustellen, auf die Landesgesetze (b. h. das gegenwärtig bestehende oder künftig entstehende Recht des einzelnen Staates) hinverweisen, und diesen Landesgesetzen ausdrücklich gleich wie einem Bestandtheil des Handelsrechts für den einzelnen Staat die Geltung wahren; ferner sind aus denselben Gründen und Erwägungen in mehreren Materien Bestimmungen in dem Handelsgesetzbuch getroffen, kraft welcher den Landesgesetzen der einzelnen Staaten in Bezug auf gewisse Punfte für Gegenwart und Zukunft der Erlaß besonderer Vorschriften oder die Wahl zwischen einer oder der anderen Vorschrift vorbehalten wird.

Einleitung.

XXIII

Diese sowohl in Bezug auf die materielle Disposition als rückfichtlich de» formellen Ausdrucks hervortretende Eigenthümlichkeit de» Handelsgesetzbuchs findet in der besonderen Natur des auf ganz Deutschland berechneten, gleichwohl nur in dem einzelnen Staate besonders für diesen zu publizirenden Rechtsbuchs ihre Erklärung und hat bereits in der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung (Art. 3) ein Vorbild. Bei der Einführung des Handelsgesetzbuch» ist in Betracht zu ziehen, ob und in welcher Weise Veranlassung vorliege,' die betreffenden Stellen durch gesetzliche Vorschriften in Preußen zu ergänzen oder die den Landes­ gesetzen belassenen Vorbehalte in Anwendung zu bringen. Hierzu kommt der fernere Umstand, daß nach der Natur der Sache der Eintritt des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs in das Rechtsganze der ein­ zelnen Staaten die in den letzteren sich vorfindenden auf da» Handelsrecht bezüg­ lichen Rechtsnormen nicht überall deckt und nicht genau innerhalb bestimmter Grenzen vollständig aufhebt oder bestehen läßt. Wenn dieser Gesichtspunkt über­ haupt bei Einführung neuer Gesetze und so auch hier bi« zu einem gewissen Grade der Wissenschaft und der praktischen vernünftigen Gesetzesanwendung überlassen werden muß, so ist die» doch bei Einführung de» Handelsgesetzbuch» weniger als bei Aenderungen, welche im Zusammenhang der Gesetzgebung de» einzelnen Staate» vorgenommen werden, der Fall. E« wird einer Zahl von ausdrücklichen Gesetzes­ bestimmungen bedürfen. Ein Theil derselben hat da» Handelsgesetzbuch mit Rück­ sicht auf die Landesgesetze insoweit zu ergänzen, als besondere Einrichtungen zu treffen, oder Vorschriften zu geben sind, um Bestimmungen de» Handelsgesetzbuchs in entsprechender Weise in Ausführung zu bringen, oder in Anschluß an da» Handelsgesetzbuch Lücken ausgefühlt werden müssen, welche durch Einführung des Handelsgesetzbuchs nach Maßgabe der Verhältnisse de» besonderen Staats eintreten, oder Mißverständnissen vorzubeugen ist, welche bei Anwendung de» Handelsgesetzbuchs au» der Besonderheit bestehender landesgesetzlicher Vor­ schriften zu besorgen sind; andere Gesetzesbestimmungen werden die bestehenden Gesetze modifiziren oder abändern müssen, um sie dem System des Handelsgesetzbuchs anzupassen, ihren Anschluß an dasselbe zu vermitteln, oder die nunmehrige Gestaltung des Rechtgenau und nach festen Grenzen erkennbar zu machen. Die sämmtlichen bezeichneten Gesichtspunkte sind innerlich durchaus verwandter Natur, bei manchen Gegenständen treffen mehrere derselben zusammen, und die au» ihnen hervorgehenden Vorschriften, mögen sie das Handelsgesetzbuch für da» Gebiet de» einzelnen Staats ergänzen, oder die Gesetze des letzteren in Folge des Handelsgesetzbuchs oder in Anschluß an dasselbe modifiziren und abändern, gehören den einführenden Bestimmungen an, und sind deshalb in dem I. Titel des Gesetz­ entwurfs zusammengefaßt.

XXIV

Einleitung.

Die

verschiedenen Rechtssysteme,

welche

im Preußischen Staate

bestehen,

haben Unterabtheilungen dieses Titels nöthig gemacht. Zwar ist vor Allem im Auge behalten, bei den hier neu zu treffenden Bestimmungen ein einheitliches Recht für die ganze Monarchie zu wahren, oder soweit irgend möglich herbeizuführen, wie dies der Inhalt des I. Abschnitts Artt. 2—18 darthut; verschiedene Punkte aber betreffen die Behandlung von Besonderheiten der in den einzelnen Landestheilen bestehenden Gesetzgebungen, oder es kommen Rechtsnormen oder Rechtsverhältnifle in Betracht, in welchen sich gegenwärtig eine Gleichmäßigkeit unmöglich herbei­ führen läßt. Die deshalb erforderlichen besonderen Vorschriften sind theils um Zweifel und Mißverständniffe zu verhüten, theils damit die für die betreffenden Landestheile bestimmten

Rechtsnormen

sich

sofort

zusamenfinden,

nach

den Territorien der

großen Rechtssysteme de» Allgemeinen Landrechts, des gemeinen Rechts und des Rheinischen Rechts in den Abschnitten II., III. und IV. zusammengestellt.

Ueberall

ist bei der Anordnung des Details, soweit möglich, die Materienfolge des Handels­ gesetzbuch» beibehalten und der Artikel des Handelsgesetzbuchs, auf welchen die betreffende Bestimmung sich bezieht, erkennbar gemacht.

Dem entsprechend bilden

denn auch die Bestimmungen zum Seerecht einen besonderen und letzten Abschnitt. Die Vorbemerkungen über das Einführungsgesetz

im Allgemeinen mögen

nicht geschlossen werden, ohne daß zur Darlegung des Standpunkts der Preußischen Regierung, sowie zur richtigen Würdigung der Bestimmungen, welche das Ein­ führung-gesetz im Einzelnen enthält, noch hervorgehoben werde: daß — entsprechend

dem

Verhalten

Preußens

in

Bezug

auf die

Allgemeine Deutsche Wechselordnung — in das Einführungsgesetz keine

Bestimmung

aufgenommen

ist,

durch

welche

die

Aenderung einer Bestimmung des Handelsgesetzbuchs ein­ treten würde. Es ist selbst jede deklaratorische Bestimmung über Punkte, in welchen eine Vorschrift des Handelsgesetzbuchs materiell verschieden aufgefaßt werden oder zweifel­ haft erscheinen könnte,

grundsätzlich vermieden worden, um die Lösung derartiger

Zweifel zunächst der gemeinsamen Deutschen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung anheimzugeben.

Durch ein anderes Verhalten würde die Gemeinschaftlichkeit des

Rechts, der Hauptzweck und der hauptsächlichste Nutzen des Gesetzbuchs, wesentlich gefährdet werden*). ') In beut vorliegenden Werke sind die Bestimmungen des obengedachten Ei nsührungsgesetzes, soweit

sie zur Zeit noch von praktischer Bedeutung erscheinen,

Handelsgesetzbuchs, auf welche sie sich beziehen, eingeschaltet worden.

Um

bei den Stellen des indeß den Ueberblick

zu erleichtern, ist int Anhange jenes Einführungsgesetz in seiner Gesammtheit besonders ab­ gedruckt. Der obigen Einleitung mag hinzugefügt werden, daß durch das Bundesgesetz vom 5. Juni 1869 (B.G.Bl. ©.379) das H.G.B. zum Bun deSgesetze, durch die Verfassung des Deutschen Reichs zum Reichsgesetze erhoben, und dadurch vor jeder partikularrechtlichen Abänderung geschützt ist.

I.

Gesetz, betreffend

die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung, der Nürn­ berger Wechsel-Novellen und deS Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetze. vom 6. Juni 1869

(B.G.Bl. S. 379)').

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen rc. verordnen im Namen de« Norddeutschen Bunde«, nach erfolgter Zustimmung de« Bundesrathe« und de« Reichstage«, wa« folgt: §. 1.

Die Allgemeine Deutsche Wechsel-Ordnung (Anlage A.) nebst den die Er­ gänzung und Erläuterung derselben betreffenden sogenannten Nürnberger Novellen (Anlage B.), sowie da« Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (Anlage C.) werden zu Bundesgesetzen erklärt und al« solche in da« gesammte Bundesgebiet eingeführt, jedoch unbeschadet der Vorschriften de« Bundesgesetze« über die Nationalität der Kauffahrteischiffe und ihre Befugnis, zur Führung der Bunde«flagge vom 25. Oktober 1867. (Bunde«gesetzbl. S. 36.) und de» Bundesgesetze« über die Aufhebung der Schuldhast vom 29. Mai 1868. (Bundesgesetzbl. S. 237.). §. 2.

Die bei oder nach der Einführung der Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Novellen und de« Handelsgesetzbuche« in die einzelnen Bundesstaaten oder deren Landestheile im Wege der Landesgesetzgebung erlassenen Vorschriften bleiben al« landesgesetzliche Vorschriften insoweit in Kraft, al« sie nur 'eine Ergänzung und nicht eine Abänderung einer Bestimmung der Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Novellen oder de« Handelsgesetzbuche« enthalten. §• 3.

Insbesondere bleiben folgende auf die Einführung der Wechsel-Ordnung und ve« Handelsgesetzbuche« sich beziehende lande«gesetzliche Vorschriften in Kraft: A. in Ansehung der Wechsel-Ordnung: die Vorschriften der §§. 6. bi« 7. der für die freie und Hansestadt Hamburg am 5. März 1849. in Bezug auf die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung publizirten Verordnung und der entsprechenden §§. 8. bi« 10. der Königlich Preußischen Verordnung, be­ treffend die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung in die Heyogthümer Holstein und Schleswig, vom 13. Mai 1867.; B. in Ansehung de« Handelsgesetzbuche«: 1) die Vorschriften, nach welchen unter Landesgesetzen int Sinne de« Handelsgesetzbuche« nicht blo« die förmlichen ') Dieses G. gilt auch für Baden, ganz Hessen und Württemberg; für Bayern vom 13. Mai 1871 ab. §. 2 ad I Rr. 8 G. betr. die Einführung Norddeutscher Bundesgesepe in Bayern vom 22. April 1871 (B.G.Bl. S. 87) und Art. 4 Nr. 13 der Reichsverfassung.

Makower, Handelsgesetzbuch, li. Aufl.

1

2 I Grs., betr. d. Eins. d. A. D.Wechselordng., d. Nürnb. Nov. u. d. A.D.H.G.B. v. 5. Juni 1869.

Gesetze, sondern da« gesammte Landesrecht zu verstehen und in Ansehung der be­ treffenden Borbehalte de« Handelsgesetzbuche« die Erlaffung maaßgebender Vor­ schriften auf anderem Wege, als auf dem Wege der förmlichen Gesetzgebung, soweit die« nach dem Landesrecht zulässig, nicht ausgeschloffen ist; 2) die Vorschriften, welche in Ansehung der Eintragungen in das Handelsregister noch andere als die in dem Handelsgesetzbuch bestimmten Eintragungen zulassen oder gebieten; 3) die Vorschriften, welche den Prokuristen zur Ertheilung von Konsensen vor den mit der Führung der Eigenthums- und Hypothekenbücher oder der Schuld- und Pfand­ protokolle beauftragten Behörden und Beamten nur für den Fall befugt erklären, daß demselben diese Befugniß besonder» beigelegt ist: 4) die Vorschriften, welche bestimmen, daß die Vorschriften des Landesrechts über die rechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb de« Eigenthums an unbeweglichen Sachen durch die Bestimmungen des Handelsgesetzbuche« nicht berührt werden; 5) die Vorschriften, welche die An­ wendung de« Artikels 295. des Handelsgesetzbuches insoweit beschränken, als sie die abweichenden Vorschriften, welche das bürgerliche Recht für die zur Eintragung in da» Hypothekenbuch bestimmten Schuldurkunden enthält, in Kraft erhalten; 6) die Vorschriften, welche die Artikel 306. und 307. des HandeSgesetzbuche» auf Jnhaberpapiere, so lange dieselben außer Kurs gesetzt sind, für nicht anwendbar erklären; 7) die Vorschriften, welche bestimmen, daß unter Konkurs im Sinne des Handelsgesetzbuche« auch da« Falliment de« Rheinischen Recht« und das Debitver­ fahren de« Bremischen Rechts zu verstehen sei; 8) die Vorschriften, welche bestimmen, daß durch die Artikel 313. bi« 316. de« Handelsgesetzbuches die im bürgerlichen Rechte in einem weiteren Umfange begründete Zulaffung des Zurückbehaltungsrechtes (Retentionsrechte«) nicht berührt werden3). §• 4.

Al» Landergesetze bleiben, auch insoweit sie Abänderungen de» Handelsgesetz­ buche« enthalten, in Geltung: für da« Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin: die §§. 61. bis 65. der die Publikation des Handelsgesetzbuches betreffenden Ver­ ordnung vom 28. Dezember 1863.3); für die freie Hansestadt Bremen: die am 12. Februar 1866. publizirte, die Löschung der Seeschiffe betreffende obrigkeitliche Verordnung ; für die freie und Hansestadt Hamburg: der §. 50 des am 22. Dezember 1865. publizirten Einführungsgesetzes zum Allgemeinen Teutschen Handelsgesetzbuch. §. 5. Die in Gemäßheit der §§. 16. und 52. der unter dem 6. Juni 1864. von dem Senate der freien Hansestadt Bremen publizirten obrigkeitlichen Verordnung, betreffend die Einführung de« Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuche«, den Privat­ gläubigern eine« Handelsgesellschafter« in Ansehung de« Vermögen« einer Handels­ gesellschaft zu der Zeit, zu welcher diese« Gesetz in Geltung tritt, zustehenden Pfand- und Vorzugsrechte bleiben unberührt. §• 6Diese« Gesetz tritt am 1. Januar 1870. in Kraft. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem BundeS-Jnsiegel. Gegeben Schloß Babelsberg, den 5. Juni 1869. (L. S.) Wilhelm. ________ Gr. v. Bismarck-Schönhausen. *) Im amtlichen Text steht: „werden". ES mutz jedoch offenbar „wird" heitzen. Dgl. Entsch. des R.O.H. Bd. b, S. 189. ') Bgl. Entsch. deS R.O.H. Bd. 5, S. 159.

II.

Vas

Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch.

Preuss. Einf.-Gesetz zom A. D. H. B. v. 24. Juni 1861 (G. 8. 8. 449). Art 1. Der in der Anlage enthaltene, aus der Berathung von Eommissarien der Regierungen Deutscher Bundesstaaten hervorgegangene Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs erlangt in dem ganzen Umfange der Monarchie mit dem 1. März 1862. Gesetzeskraft. Mit demselben Zeitpunkte sollen zugleich die nachfolgenden EinführungsBestimmungen in Geltung treten1).

Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs. Ällgemnse Bestimmungen. Artikel 1. In Handelssachen kommen, insoweit diese- Gesetzbuch keine Bestimmungen enthält**), die Handel-gebräuche*) und in deren Ermangelung da- allgemeine bürger­ liche Rechts zur Anwendung. Pr. E»tw. (Preußischer (Enftourf) Art. 1. Prot. 6. 10—18. Elltv. I. (Entwurf erster Lesung) Art 1. Prot. 6. 884 f. Eutv. II. (Entwurf zweiter Lesung) Art. 1. Prot. S. 4607, 5068 s. ') a. In den Erk. v. 9. Febr. u. 29. Nov. 1864 (Sir. Bd. 53, S. 122 u. Bd. 56, S. 325) nahm da- Dbertr. an, daß, wenn ein Vertrag vor Einführung de- H.G.B. abgeschloffen worden, sich aber in seiner Dauer und Wirkung in die Zeit der bereit- eingetretenen Herrschaft de- H.G.B. erstreckt hat, bei Beurtheilung der au- demselben entstandenen Rechte und Pflichten beider Theile die zur Zeit seine- Abschlusses geltenden Vorschriften der landrechtlichen Gesetz­ gebung, und nicht die de- H.G.B. zur Anwendung zu bringen seien. Diese Ansicht ist indeß durch Erk. v. 30. Juni 1868 (S tr. Bd. 70, S. 349) ausdrücklich reprobirt. b. Ist unter der Herrschaft de- H.G.B., den Formvorschriften desselben entsprechend, mündlich kontrahirt, so erleidet die formelle Gültigkeit diese- Vertrage- nicht dadurch Abbruch, daß durch denselben der frühere, in Gemäßheit der damals zur Norm dienenden Bestimmungen de- A.L.R. schriftlich abgeschlossene Vertrag Abänderungen erfahren hat. Der § 388, I, 5 A.L.R. findet auf den vorliegenden Fall de- Wechsel- der Gesetzgebung keine Anwendung (Erk. d. Dbertr. v. 18. Okt. 1866, Str. Bd. 64, S. 285). — Vgl. Note 1, c zu Art. 317. c. Der §. 17 Einl. zum A.L.R. ist auf wesentliche Vertrag-formen nicht zu beziehen; folglich werden Verträge, welche vor der Geltung de- H.G.B. zur Recht-gültigkeit der schrift­ lichen Form bedurften, aber nur mündlich geschlossen wurden, nicht durch Art. 317 de- letzteren gültig. (R.D.H. Bd. 5, S. 255.) *) a. Das H.G.B. enthält mit Absicht (P. 5058 ff.) keine Definition der „Handels­ sachen". ES gebraucht diesen Ausdruck nur an wenigen Stellen (Artt. 1, 9, 34). Im Wesent­

lichen sind darunter alle unmittelbar durch den Handel begründeten Rechtsverhältnisse dePrivatrecht- zu verstehen. — Der Art. 2 de- Einf.-Ges. ergänzt diese Lücke für Preußen. b. Daß in Handelssachen die Bestimmungen deS H.G.B., soweit solche vorhanden sind, zur Anwendung kommen, ist im Art. 1 nicht ausdrücklich gesagt, und brauchte nicht gesagt zu werden, da jene Bestimmungen eS selbst enthalten. Gleichgültig ist, ob ein Recht-satz auf einer ausdrücklichen Vorschrift de- Gesetzes beruht, oder aus dem Sinne und Zusammenhange der gesetzlichen Bestimmungen sich ergießt. Der Art. 1 bestimmt vielmehr nur, inwieweit die subsidiären Rechtsquellen, die Handelsgebräuche und da- allgemeine bürgerliche Recht, zur An­ wendung kommen; dies soll nur insoweit geschehen, als nicht das H.G.B. Bestimmungen enthält, sei es, daß diese- die betreffende Materie überhaupt nicht regelt (wie z. B. da- Der-

6

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

sicherungSwesen) oder nur unvollkommen regelt (wie z. B. die Lehre vom Kauf). — Aus dem Art. 1 ergeben sich folgende Rechtssätze: a) Das H.G.B. kommt jedenfalls vor den Handelsgebräuchen zur Anwendung. P. 13. Folglich sind bestehende Handelsgebräuche, insoweit als das Gesetzbuch die betreffenden Materien anderweitig regulirt, aufgehoben. (Sir. Bd. 60, S. 244.) Ausländische Gewohnheitsrechtssätze sind, sofern das ausländische Recht überhaupt entscheidet, auch im Widerspruch mit dem H.G.B. anzuwenden, weil Art. 1 nur die Rangordnung zwischen einheimischen Rechtsquellen feststellt (R.O.H. Bd. 7, S. 7, Steg. Bd. 7, S. 309). ß) Das H.G.B. kann durch Handelsgebräuche nicht abgeändert werden. P. 13. Die derogatorische Kraft ist den letzlern namentlich im Interesse der Erhaltung eines einheitlichen Rechts genommen. P. 884. Folglich können neue Gewohnheiten sich nur praeter, nicht contra legem bilden, auch dann nicht, wenn eine auch nur dispositive Bestimmung des H.G.B. entgegensteht (R.O.H. Bd. 11, S. 243). y) Den Handelsgebräuchen ist bezüglich der Handelssachen eine das H.G.B. ergänzende Wirkung vor dem allgemeinen bürgerlichen Rechte eingeräumt (P. 13), gleichviel ob das H.G.B. die betr. Materie überhaupt nicht, oder nur unvollständig regulirt (R.O.H. Bd. 11, S. 409). *) a. Der Ausdruck „Handelsgebräuche" wurde in der Konferenz beanstandet, weil er nicht nur Gewohnheits r e ch 1 s s ä tz e, sondern auch die blos faktischen Beliebungen umfasse, welche zwar als die thatsächlichen Grundlagen der Rechtsgeschäfte anzuerkennen, welche aber nicht als RechtSquelle anzusehen seien. — Dagegen wurde bemerkt: Es sei beabsichtigt, die Schranken wegzuschaffen, welche den Handelsgewohnheiten bisher entgegenstanden; dies werde nicht erreicht, wenn man nur das den Erfordernissen der verschiedenen deutschen Civilgesetze entsprechende Gewohnheitsrecht gelten lassen wolle. Deshalb müsse man nicht nur dem HandelSgewohnheitSrechte, dessen Voraussetzungen nach den jedes Orts über die Entstehung des Gewohnheitsrechts gellenden Civilrechten zu beurtheilen wären, sondern auch denjenigen gleich­ mäßigen Uebungen eine entscheidende Kraft beilegen, welche, wenn sie auch eines solchen spezifisch juristischen Charakters entbehrten, doch eine entsprechende Zeit lang immer in gleicher Weise vom Handelsstande beobachtet und mit einer faktischen Geltung versehen worden seien. P. 11. Hieraus ergiebt sich, daß das Wort „Handelsgebräuche" im Art. 1 dasselbe bedeutet, wie Rechts­ sätze deS Handelsgewohnheitsrechts (R.O.H. Bd. 6, S. 370, Bd. 8, S. 256, Steg. Bd. 7, S. 344), daß aber von den rein positiv angeordneten Voraussetzungen der einzelnen Civilrechte über die Gültigkeit eines Gewohnheitsrechts abzusehen ist, und daß vielmehr — wie es P. 12 heißt — es der Praxis überlassen ist, festzustellen, ob in einem einzelnen Falle eine Uebung mit Grund als gültiger Handelsgebrauch betrachtet werden könne oder nicht. Anderer Meinung Th öl (S. 67). b. Es wurde anerkannt, daß Art. 1 nicht nur den allgemeinen, sondern auch den ört­ lichen Gebräuchen, d. h. solchen, welche sich nur an einem bestimmten Orte gebildet haben, eine subsidiäre Geltung einräumt, sowie ferner: daß die Frage, ob man sich aus einen lokalen Handelsgebrauch berufen könne, davon abhängt, ob nach allgemeinen Grundsätzen die Gesetze deS Ortes, an welchem er gilt, zur Anwendung kommen müßten. P. 13. c. In prozessualischer Beziehung entstehen mehrere Fragen: a) Muß der Richter auf einen ihm bekannten Handelsgebrauch auch dann Rücksicht nehmen, wenn die Parteien sich nicht auf denselben bezogen haben? Ich glaube ja. denn die Handelsgebräuche sind im Art. 1 den geschriebenen Gesetzen als objektive Rechtsnorm gleichgestellt. ß) Muß der Richter einen Handelsgebrauch als vorhanden annehmen, wenn die Parteien über dessen Vorhandensein einig sind? Ich glaube nein, weil die Parteien über die Geltung eines RechtSsatzeS im Jnlande nicht mit verbindlicher Kraft für den Richter sich vereinigen können. y) Streiten die Parteien über das Vorhandensein eines Handelsgebrauchs, so muß hierüber

Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

7

Beweis erhoben werden. Beweis durch EideSdelation über die Existenz de- Handels­ gebrauchs dürste unzulässig sein; die subjektive Ansicht de- Schwörenden beweist nicht, daß objektiv ein Recht-satz besteht. Muß aber der Beweis nothwendig auf einzelne Fälle der Anwendung, oder kann er auch schlechtweg auf die Hnstenz de- Handels­ gebrauchs gerichtet werden? Th öl (S. 39) erklärt sich für die letztere Alternative, namentlich auch in Betreff der kaufmännischen ParereS, und hierin dürste ihm bei­ zutreten sein. — Selbstverständlich genügt nicht zur Feststellung eine- Handel-gebrauchs die Meinung der vernommenen Kaufleute über das, wa- im einzelnen Falle als Recht zu betrachten sei, sondern eS muß erhellen, daß diese Meinung bereit- ihren Ausdruck in der faktischen Uebung gefunden hat (R.O.H. Bd. 9, S. 25). Daß ein Parere nicht beschworen ist, beeinträchtigt seine Bedeutung nicht, wenn eS amtlich von einer kaufmännischen Körperschaft ertheilt ist, zu deren A m t s funktionen eS gehört, die von öffentlichen Behörden erforderten Gutachten zu ertheilen (R.O.H. Bd. 13, S. 369, Bd. 16, S. 38). Bgl. §. 382 C.P.O. — Der §. 118 des Gerichtsverfassung-gesetzebestimmt: Ueber Gegenstände, zu deren Beurtheilung eine kaufmännische Begutachtung genügt, sowie über das Bestehen von Handel-gebräuchen kann die Kammer für Handelssachen aus Grund eigener Sachkunde und Wiffenschaft entscheiden. S) Kann ein Kontrahent ohne ausdrückliches Kompromiß lediglich auf Grund einer für ihn verbindlichen Börsenusance gezwungen werden, vor Schiedsrichtern Recht zu nehmen? Verneint vom Obertr. (Str. Bd. 76, S. 235), tveil Art. 1 sich nur auf Handel-gebräuche des materiellen Recht- beziehe. — Diese Ansicht wird von dem R.O.H. Bd. 1, S. 93, Bd. 4, S. 140 nicht getheilt; sie scheint auf einer Ver­ wechslung zu beruhen von Handelsgebrauch (Rechtssatz) und Usance (BertragSbedingung, welche so üblich ist, daß, wer nicht widerspricht, als nach dieser kontrahirend angesehen wird). Ueber den Unterschied beider vgl. La band in GoldschmidtS Archiv Bd. 17, S. 466, R.O.H. Bd. 7, S. 10, Bd. 17, S. 368, Steg. Bd. 7. S. 313. — Bgl. jetzt §§. 851 ff. C.P.O. e) Die genaue Kenntniß der betreffs eines RechtSverhältniffeS bestehenden HandelSgebräuche ist nicht überall die Voraussetzung der Unterwerfung unter diese Handels­ gebräuche (R.O.H. Bd. 6, S. 78, Bd. 13, S. 370). d. Da- H.G.B. spricht an mehreren Stellen von den Handel-gebräuchen (Artt. 1, 342, 319) und versteht darunter sowohl allgemeine al- lokale; an anderen Stellen kommen die Ausdrücke: OrtSgebrauch (Artt. 339, 346, 351 und häufig im Geerecht z. B. Art. 596, R. G. 150) und: Handel-gebrauch an einem bestimmten Orte (Art. 352) vor; ersterer wird zur Bezeichnung solcher Gebräuche benutzt, welche mit Rücksicht auf die lokalen Berhältniffe sich nur an einem bestimmten Orte gebildet haben, letzterer dagegen dient zur Bezeichnung desjenigen Gebrauchs, welcher zur Anwendung kommen soll, wenn an verschiedenen Orten verschiedene Gebräuche über denselben Gegenstand vorkommen. Die Technik ist indeß nicht ganz klar. — Die im Art. 279 bezeichneten Gewohnheiten und Gebräuche, auf welche in Beziehung aus die Bedeutung und Wirkung von Handlungen.und Unterlaffungen Rücksicht genommen werden soll (dahin gehören z. B. die Usancen über Sackmiethe, R.O.H. Bd. 19, S. 304), sind nicht als Rechtsquelle, sondern als JnterpretationSmittel für faktische Vorgänge gemeint (Bd. 22, S. 131). Auch an einigen anderen Stellen deS H.G.B. (z. B. Artt. 326, 342, Abs. 3) kommt der Ausdruck Handelsgebrauch im letzteren Sinne vor, worin ich Laband 1. c. beitrete. — Die sog. Schlußscheinbedingungen sind keine aus dem Rechte der Autonomie herzuleitenden Satzungen, sondern Vorschläge eines bestimmten Kontrakts­ inhalts für den Kreis der Betheiligten; es ist daher für deren Auslegung nicht die Intention der sie Aufstellenden, sondern die Ausfaflung der Handeltreibenden, für die sie bestimmt sind, maßgebend (R.O.H. Bd. 17, S. 368). Ebenso erachtete daS R.O.H. (Bd. 8, S. 26, Bd. 19, S. 185) die Bestimmungen der Eisenbahnbetriebs-Reglements v. 1. März 1865 und

in,

8

Allgemeine Bestimmungen. Art. 1.

Eins.- Gesetz Art. 2. Handelssachen*5)* 4sind die Rechtsangelegenheiten, welche eines der folgenden Privatrechts Verhältnisse zum Gegenstände haben: 1) das Rechtsverhältniss, welches aus Handelsgeschäften (Artikel 271—273. des Handelsgesetzbuchs) zwischen den Betheiligten entsteht; 2) die Rechtsverhältnisse zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft, zwischen dem stillen Gesellschafter, und dem Inhaber des Handelsgewerbes, sowie zwischen den Theilnehmern einer Vereinigung zu einzelnen Handels­ geschäften oder einer Vereinigung zum Handelsbetriebe (Artikel 10. des Handelsgesetzbuchs), sowohl während des Bestehens, als nach Auflösung des gesellschaftlichen Verhältnisses, imgleichen das Rechtsverhältniss zwischen den Liquidatoren oder den Vorstehern einer Handelsgesellschaft und der Gesellschaft oder den Mitgliedern derselben; 3) das Rechtsverhältniss, welches das Recht zum Gebrauch einer Handels­ firma betrifft; 4) das Rechtsverhältniss, welches durch die Veräusserung eines bestehenden Handelsgeschäfts zwischen den Kontrahenten entsteht; o) die Rechtsverhältnisse zwischen dem Prokuristen, dem Handlungsbevoll­ mächtigten oder dem Handlungsgehülfen und dem Eigenthümer der Handelsniederlassung, sowie das Rechtsverhältniss zwischen einer dritten Person und demjenigen, welcher ihr als Prokurist oder Handlungs­ bevollmächtigter aus einem Handelsgeschäfte haftet (Artikel 55. des Handels­ gesetzbuchs) ; 6) das Rechtsverhältniss, welches aus den Berufsgeschäften des Handelsmäklers zwischen diesem und den Parteien entsteht6);

11. Mai 1874 nicht als rechtSgrundsätzliche, sondern als Theile der in jedem betreffenden Falle auf ihrer Grundlage zu schließenden Frachtverträge. 4) Unter beul „allgemeinen bürgerlichen Recht" ist geschriebene- und Gewohnheitsrecht verstanden. P. 13 und 885. Die subsidiäre Geltung deS allgemeinen bürgerlichen Rechts — sagen die M. 3 — beruht daraus, daß daS Handelsrecht kein ganz für sich bestehendes, von dem allgemeinen Rechte völlig gesondertes Rechtssystem darstellt, sondern zu dem allgemeinen Rechte in dem Verhältnisse der Ausnahme zur Regel steht. ES umfaßt eben nur die von den allgemeinen RechtSgrundsätzen abweichenden Bestimmungen, welche durch die eigenthümliche Natur der handelsrechtlichen Beziehungen geboten sind. — DieS ist nicht ganz zutreffend. Die Rechtssätze deS Handelsrechts sind nicht bloße Ausnahmen von dem sonstigen Civilrecht, waS zur Folge hätte, daß sie stricte zu interpretiren wären, vielmehr gelten sie in Handelssachen als die Regel, und sind daher in diesen nicht nur stricte, sondern auch analog anzuwenden (v. Hahn 3. Ausl. @. 1). 5) Der Umfang deS Begriffs der Handelssachen ist um deshalb hier speziell angegeben, weil seine Feststellung namentlich für die Anwendbarkeit des Art. 1 des Gesetzbuchs über die Geltung der Handelsgebräuche erforderlich schien, und daran (prozessualische Vorschriften, ins­ besondere für den Bezirk des Appellhofs zu Köln, sowie) Bestimmungen über die Höhe der Zinsen und über die durch Einführung des Handelsgesetzbuchs bedingte Aufhebung bestehender Gesetze anzuschließen waren. M. z. Einf.-Ges. S. 10. — Die hier als Handelssachen bezeichneten Angelegenheiten sind, unter Einschränkung der Ziffer 1 auf Klagen gegen einen Kaufmann auS beiderseitigen Handelsgeschäften und Ausdehnung auf Klagen aus einem Wechsel und aus den Rechtsverhältnissen, welche sich auf den Schutz der Marken, Muster und Modelle beziehen, durch §. 101 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen überwiesen. 6) Die amtlichen Geschäfte der Handelsmäkter sind zwar keine Handelsgeschäfte iMrt. 272, Z. 4), die Rechtsverhältnisse, welche aus denselben zwischen den Mäklern und den Parteien entstehen, werden hier aber zu den Handelssachen gezählt.

Allgemeine Bestimmungen.

Art. J.

9

7) die Rechtsverhältnisse des Seerechts, insbesondere diejenigen, welche auf die Rhederei, die Rechte und Pflichten des Rheders, des KorrespondentRheders und der Schiffsbesatznng, auf die Bodmerei und die Haverei, auf den Schadensersatz im Falle des Zusammenstossens von Schiffen, auf die Bergung und Hülfeleistung in Seenoth und auf die Ansprüche der Schiffs­ gläubiger sich beziehen. Einf.-Gesetz II. Titel.

Bestimmungen, die Aufhebung bisheriger Gesetze betreffend.

Art. 60. Mit dem 1. März 1862. treten die nachfolgenden Gesetze und Ver­ ordnungen nebst allen dieselben ergänzenden oder erläuternden Bestimmungen ausser Kraft: 1) die §§. 475. bis 712. und die §§. 1305. bis 2464. des achten Titels des zweiten Theils des Allgemeinen Landrechts"), jedoch die §§. 1934. bis 2358. nur insoweit, als dieselben auf die Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt sich beziehen; ferner das Schwedisch-Pommersche See­ recht*8);* * * 2) die beiden ersten Bücher des Rheinischen Handelsgesetzbuchs und sämmt­ liche in dem Bezirke des Appellationsgerichtshofes zu Cöln publizirten Französischen Gesetze und Verordnungen über die Börsen und die Handels­ mäkler; 3) alle bisherigen Gesetze oder gesetzlichen Vorschriften, welche über Handels­ sachen (Art. 2. dieses Gesetzes) besondere, von dem allgemeinen bürger­ lichen Recht abweichende, privatrechtliche °) Bestimmungen enthalten, sofern nicht dieselben einen Gegenstand betreffen, in Ansehung dessen das Handelsgesetzbuch auf die Landesgesetze hinweist, oder insofern nicht die Fortdauer ihrer Geltung in diesem Einfuhrungsgesetze bestimmt ist Die das Prozessrecht10) betreffenden Bestimmungen bleiben in Kraft, sofern sie nicht in diesem Gesetze für abgeändert oder aufgehoben erklärt sind. Art. 61. Ungeachtet der Vorschrift unter Ziffer 3. des vorstehenden Artikels bleiben in Kraft, soweit nicht Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs entgegenstehen: 1) die Gesetze oder gesetzlichen Vorschriften, welche zum Gegenstände haben: die Versicherung11), ausser der Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt, 7) Die dazwischen liegenden §§. 713—1304, TH. II, Tit. 8 A.L.R. sind bereit- durch die §§. 1 u. 9 de- Einf.-Ges. zur A. D. Wechselordnung v. 15. Febr. 1870 aufgehoben. — Daß durch die obige Bestimmung die §§. 1305—2464 1. c. allgemein, also auch für die Stromschifsfahrt, aufgehoben sind, hat daS Obertr. anerkannt (Entfch. Bd. 60, S. 337). 8) DaS Schwedisch-Pommersche Seerecht war bisher noch im Bezirke des AppellationSgerichts zu Greifswald in Kraft. 8) — privatrechtliche, im Gegensatz zu allgemein gewerblichen, polizeilichen, straf­ rechtlichen Bestimmungen u. dgl. m. 10) Hierbei ist namentlich an die speziell für Handelssachen erlassenen Vorschriften prozeßrechtlichen Inhalts gedacht, wozu auch die Vorschriften über den kaufmännischen Konkurs, einschließlich der auf daS materielle Konkursrecht sich beziehenden, gehören. M. z. Einf.-Ges. S. 91. Dies hat sich durch die Einführung der neuen Justizgesetze wesentlich geändert. ") z. B. die §§. 1934—2358, Th. II, Tit. 8 A.L.R.; unter diesen aufrecht erhaltenen Bestimmungen ist nach der Ansicht des Obertr. (Entsch. Bd. 63, S. 289, Str. Bd. 80, S. 10), auch der §. 2064 1. c. für Versicherungen auf Prämie gegen Feuer-gefahr mithegriffen. Da gegen R.O.H. Bd. 5, S. 9, wo ausgeführt ist, daß die als Handels­ geschäfte geltenden Versicherungsverträge ausnahmslos nicht mehr den Formvorschriften dePreuß. Rechts unterworfen sind.

10

Allgemeine Bestimmungen.

Artt. 2. 3.

die Rechtsverhältnisse der Kaufleute zu ihren Gehülfen und Lehrlingen, das Rechtsverhältniss der Stromschiffer zu ihren Leuten l2), das Rechtsverhältniss der Wirthe zu den bei ihnen einkehrenden Personen. das Apotheker-Gewerbe13); 2) die Gesetze oder gesetzlichen Vorschriften, welche in Abweichung von dem allgemein bürgerlichen Rechte kürzere Verjährungsfristen für Forderungen der Kaufleute oder einzelner Klassen von Kaufleuten bestimmen; insbesondere das Gesetz vom 31. März 1838. (Gesetz-Sammlung 8. 249.)u), die Ver­ ordnung vom 15. April 1842. (Gesetz-Sammlung 8. 114.), die Verordnung für die Landestheile, in welchen noch gemeines Recht gilt, vom 6. Juli 1845. (Gesetz-Sammlung 8. 483.), die Verordnung für die Hohenzollernschen Lande vom 12. März 1860. (Gesetz-Sammlung 8. 97.), und die Artikel 2271. ff. des Rheinischen Zivilgesetzbuchs; 3) die nachfolgenden Gesetze: die Verordnung über die Ermittelung des Handelsgewichts beim Handel mit roher Seide vom 14. Oktober 1844. (Gesetz-Sammlung 8. 661.); die Verordnung vom 5. Oktober 1833., betreffend die Verpflichtung der Preussischen Seeschiffe zur Mitnahme verunglückter vaterländischer Schiffsmänner (Gesetz-Sammlung 8. 122).,5); das Gesetz vom 31. März 1841. zur Erhaltung der Mannszucht auf den Seeschiffen (Gesetz-Sammlung 8. 64.)16).

Artikel 2. An den Bestimmungen der Deutschen Wechsel-Ordnung wird durch dieses Gesetzbuch nichts geändert"). Pr. Ent». Art. — Prot. S. 415. (Fern. I. Art. — Prot. 6. 884. Ent». II. Art. L. Prot. S. 4508 Artikel 3. Wo dieses Gesetzbuch von dem Handelsgerichte spricht, tritt in Ermangelung eines besonderen Handelsgerichts das gewöhnliche Gericht an dessen Stelle"). Pr. Ent». Art. 974. Prot. S. 22. Ent». I. Art — Prot. S. — ,

Th. I, Tit. JT A.L.R.) b. Wohl aber kann der Gesellschafter gegen einen

angerichteten Schaden diejenigen Bor­

theile ausrechnen, welche er bei eine m u n d demselben Geschäfte der Gesellschaft durch seinen Fleiß verschafft hat. — Einige waren

der Ansicht,

daß auch in

pensation anszuschließen sei, meil, wenn der Gesellschafter auch den wende,

er doch immer nur

seine

Schuldigkeit

diesem Falle die Kom­

ausgezeichnetsten Fleiß an­

thue und solglich nicht

berechtigt

sei,

dadurch

erworbene Bortheile in Abzug zu bringen,

wenn er andererseits durch Nachlässigkeit oder Ab­

sichtlichkeil

Die

Geschäjt

der

Gesellschaft

als ein

Ganzes

geschadet

habe.

zu betrachten sei;

Mehrheit

jedoch ging davon auS,

daß

jedes

daS Gesammtresultat entscheide, und dies ergebe

sich erst nach Ausgleichung von Einbuße und Bortheil,

worin von selbst die Rechtfertigung der

Kompensation liege; die entgegengesetzte Ansicht führe zu Unbilligkeiten, welche am wenigsten mit den Verhältnissen inniger Gemeinschaftlichkeit lFraternität) vereinbarlich feien, in welchen sich die Gesellschaster zu einander befänden. ,8) a. Der Art.

P. 180.

Wo (vgl. die entsprechenden §§. 203, ‘204, 224, Th. I, Tit. 17 A.L.R. >

bestimmt, daß ein Gesellschafter: 1. wenn er seine Geldeinlage nicht zur rechten Zeit einzahlt, vom Tage, an welchem die Zahlung hätte erfolgen sollen, 2. wenn er eingenommene Gesellschaftsgelder nicht zur rechten Zeit abliefert, vom Tage, an welchem die Ablieferung hätte erfolgen sollen, 3. wenn er unbefugt Gelder

aus der Gesellschastskasse für sich entnimmt, v om Tage

der Herausnahme des Geldes an, von Rechtswegen (d. h. ohne Mahnung, ipso facto, P. 181) zur Zahlung von Zinsen (sechs vom Hundert, Art. 287, Abs. 2) verpflichtet

ist,

unbeschadet der Verpflichtung zum Ersätze des

etwa entstandenen größeren Schadens und der übrigen rechtlichen Folgen der Handlung (s. z. B. Art. 125, Z. 2, 3, 4). b. Die Fassung des Art. 95 wurde beanstandet (P. 182). wurde

angeführt, — bestehe ohne Zweifel darin,

der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten

Die Absicht desselben, — so

zu sagen, daß der Gesellschafter, welcher mit

im Verzüge sei, für das Interesse hafte, und daß

das Interesse bei Geldleistungen, abgesehen von dem Nachweise größerer Schäden, w e n i g st e n s in Zinsen bestehe.

Er spreche aber nicht daS Prinzip auS, sondern entscheide nur einzelne

Erster Titel.

Von der offenen Handelsgesellschaft. Art. 97.

107

eines Dritten Geschäfte machen, noch an einer anderen gleichartigen Handels­ gesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehmen"). Eine Genehmigung der Theilnahme an einer anderen gleichartigen Handels­ gesellschaft ist schon dann anzunehmen, wenn den übrigen Gesellschaftern bei Ein­ gehung der Gesellschaft bekannt war, daß der Gesellschafter an jener Handelsgesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehme, und gleichwohl das Aufgeben der Theilnahme nicht ausdrücklich bedungen worden ist20). Pr. Eutw. Art. 101. Abs. 1. u. S. Eutw. I. Art. 95. Eutw. II. Art. 95.

Prot. 183-185. 190. Prot. S. 986. Prot. S. —

Artikel 97. Ein Gesellschafter, welcher den vorstehenden Bestimmungen zuwiderhandelt, muß sich auf Verlangen der Gesellschaft gefallen lasten, daß die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen angesehen werden; Fälle, so daß man nicht wisse, was in anderen Fällen, z. B. dann Rechtens sein solle, wenn ein Gesellschafter es pflichtwidrig unterlasse, Gelder einzukassiren. — Bon anderer Seite war man hingegen der Meinung, der Art. 95 wolle nicht einen allgemeinen Satz hinstellen, sondern nur die wichtigsten Fälle entscheiden; eine analoge Anwendung auf andere Fälle sei nicht beabsichtigt. Letzteres wurde wiederum von dritter Seite in Abrede gestellt und wohl mit Recht, da im Art. 95 zwar nur konkrete Fälle behandelt, diese aber nicht abweichend von allgemeinen RechtSgrundsätzen (exceptionell) entschieden sind. 10) a. Grund dieser Bestimmung ist, daß ein Sozius dem anderen nicht Konkurrenz im Handelszweige der Gesellschaft oder einem gleichartigen Geschäfte machen solle, nicht aber die Befürchtung, daß der Sozius durch die anderweitigen Geschäfte sein Vermögen ver­ ringern könne, was auf die Gesellschaft zurückwirken könnte. Die letztere Rücksicht hätte, — wenn sie als entscheidend angenommen worden wäre, — dahin führen müssen, dem Gesellschafter auch die Beiheiligung an einer stillen Gesellschaft, den Ankauf von Aktien, ja jede Disposition über sein Privatvermögen zu verbieten. (P. 988.) — Die Artt. 96 u. 97 leiden daher auf die Theilhaber einer ausgelösten, in Liquidation befindlichen Firma keine Anwendung (R.O.H. Bd. 21, S. 145). b. Das Verbot trifft alle Gesellschafter ohne Unterschied, ob sie an der Geschäftsführung Theil haben oder nicht (gegen §. 636, Th. II, Tit. 8 A.L.R.), ob sie Kapital einlegen oder nur ihre Industrie beisteuern, weil sie alle durch Kenntniß der Bücher und der Verbindungen der Gesellschaft derselben eine gefährliche Konkurrenz machen können. M. 55. e. DaS Verbot deS Art. 96 ist wirksam, auch wenn nur Einer der Gesellschafter wider­ spricht, alle übrigen aber ihre Genehmigung ertheilen. DieS wurde für zweifellos erachtet, denn der Einspruch eines solchen Einzelnen stütze sich aus den streng gebietenden Rechtssatz dieses Artikels, auf ein gesetzliches Verbot, und um ein solches in Wirksamkeit treten zu lassen, müsse eine einfache Anrufung dieses Verbots genügen. Hieran knüpfe daS Gesetz nun verschiedene Wirkungen, von denen einige (z. B. daS Recht, Schadensersatz und nach Art. 125 Auslösung der Gesellschaft zu verlangen), auch schon der Einzelne als solcher für sich in Anspruch nehmen könne. P. 1*7. 20) Nach dem Entw. erster Lesung (Art. 95, Abs. 2) sollte eine Genehmigung der anderen Gesellschafter schon dann anzunehmen sein, wenn denselben bei Eingehung der Gesellschaft bekannt war, daß der Gesellschafter Geschäfte in dem Handelszweige der Gesellschaft betreibe oder an einer gleichartigen Handelsgesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehme, und gleich­ wohl die Aufgabe des Geschäfts oder der Theilnahme an der anderen Gesellschaft nicht auS

108

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften. Art. 97.

auch kann die Gesellschaft statt dessen den Ersatz des entstandenen Schadens fordern; alles dieses unbeschadet des Rechts, die Auflösung des Gesellschaftsvertrags in den geeigneten Fällen herbeizuführen-*). Das Recht der Gesellschaft, in ein von dem Gesellschafter für eigene Rech­ nung gemachtes Geschäft einzutreten oder Schadensersatz zu fordern, erlischt nach drei Monaten, von dem Zeitpunkte an gerechnet, in welchem die Gesellschaft von dem Abschlüsse des Geschäfts Kenntniß erhalten hat-*). Pr. EMw. Art. 101. Abs. 2. Prot. S. IS« -191. 280. Eatto. I. Art. 96. Prot. S. 989. (Sotto. II. Art. 96.

Prot. 5. 4519.

drückt ich bedungen worden ist. Die vorstehend gesperrt gedruckten Worte, welche gerade den im §. 637, Th. II, Tit. 8 A.L.R. allein behandelten Fall betreffen, sind aber in zweiter Lesung l'P. 988) gestrichen worden, so daß aus dem bloßen Stillschweigen der Sozien nicht mehr die Genehmigung zum Fortbetriebe des von einem aocius bei Eingehung der Gesellschaft im Handelszweige derselben betriebenen eigenen Geschäfts folgt. 2‘) a. Handelt ein Gesellschafter den vorstehenden Bestimmungen (nämlich denen decArt. 9b) zuwider, so hat die Gesellschaft unbeschadet des Rechts, die Auslosung des GesellschaftsVertrages in den geeigneten Fällen herbeizuführen (Art. IV5», Ziffer die Wahl, entweder die von dem zuwiderhandelnden Gesellschafter für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen zu betrachten, und den a>us denselben entstandenen Gewinn zur Gesellschastskasse zu ziehen (P. 18b), oder statt dessen von dem bezeichneten Gesellschafter Schadensersatz zu fordern. Anders lautet die Bestimmung des Art. 56; in dem dort be­ zeichneten Falle hat der Prinzipal diese Rechte kumulat iv. — Vgl. den Rechtsfall Sir. Bd. 56, S. 116. b. Die Ausübung des Wahlrechts setzt einen Gesellichastsbeschluß voraus, für dessen Fassung dieselben Vorschriften als in dem Falle gelten, wenn es sich um die Frage handelt, ob überhaupt ein Geschäft für die Gesellschaft unternommen werden soll oder nicht. P. 157. Die Konferenz gab eine ausdrückliche Erklärung in dem Sinne zu Protokoll, daß bei Gesellschafts­ beschlüssen über die Anwendung des Art. 97 «Art. 101 des Pr. Entw.) der zuwiderhandelnde Sozius kein Stimmrecht habe. P. 188. c. Der Art. 97 Abs. 1 sagt nur, daß der Gesell schal ster sich ans Berlangen der Ge­ sellschaft gefallen lassen müsse, daß die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft geschlossen angesehen werden. Der Abs. 2 nennt dies ein Recht der Gesellschaft, in das betr. Geschäst einzutreten. Die Frage aber, ob die Gesellschaft gegenüber dem Dritten einer Cession der Rechte des verbotswidrig handelnden Gesellschafters bedürfe, oder jenen mit einer actio utilis belangen könne, ist hier wie im Art. 56 offem gelassen. P. 19«». Nach P re ns;. Recht wird eine Eession erforderlich sein. d. Kann gegen den Gesellschafter, welcher sich anschick t, den Bestimmungen des Art. 9b entgegenzuhandeln, aus Unterlassung künftiger Zuwiderhamdlungen geklagt werden? Diese Frage ist ventilirt in Busch, Arch. I, S. 282. Die Beamtwortung hängt davon ab, welche Erfordernisse das Prozeßrecht für eine actio nata aufstellt. Mach den Grundsätzen der A.G.L. war die Frage wohl zu verneinen, da in dem bezeichneten Fällte eine Rechtsverletzung noch nicht vorhanden ist, sondern erst droht. Renaud K.G. S. 339 erlachtet die Klage nur unter der Voraussetzung bereits abgeschlossener Geschäfte für zulässig. Mir scheint die klage aus §. 231 C.P.O. auf Feststellung des Rechtsverhältnisses zmlässig, daß Bekl. im Verhältnisse zu seinen Sozien nicht befugt ist, ein bestimmtes oder mehrere bestimmte bereits in Angriff genommene Geschäfte zu machen oder sich als offener Geselllschafter an einer gewissen (gleich­ artigen) Gesellschaft zu betheiligen, wenn die Vorbereitungen hüerzu getroffen sind; ein rechtliches

Erster Titel. Won der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 98.

109

Artikel 98. Ein Gesellschafter faran ohne die Einwilligung der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft .aufnehmen. Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem Antheile betheiligt oder seinen Antheil an demselben abtritt, so erlangt dieser gegen die Gesellschaft unmittelbar keine Rechte; er ist insbesondere zur Einsicht der Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft nicht berechtigt^). Pr. (kutw. Art. 102. Prot. S. 19L Eutw. I. Art. 97. Entw. II. Art. 97.

Prot. S. 989. Prot. S. —

Jnlereffe an der alsbaldigen Feststellung ist freilich darzuthun. — Ob nach eingetretenen Zuwiderhandlungen überhaupt dies Unterlassung pro faturo geklagt werden kann, s. R.O.H. Bd. 19, S. 138. ”) In dem Antrage (P. 190, 269), welchem der Abs. 2 des Art. 97 seine Entstehung verdankt, stand: „Das Recht den Gesellschaft rc. verjährt". An Stelle deS letzteren Wortes ist: „erlischt" gesetzt, wodurch kLar wird, daß es sich im Abs. 2 nicht um eine Verjährungs­ frist mit ihren möglichen Unterbrechungen, sondern um eine Präklusivfrist handelt. Ebenso Renaud K.G. S. 348. *3) a. Kein Gesellschafter (auch nicht ein geschäftsführender, code civil Art. 1861) kann ohne die Einwilligung der übrigen Sozien (welche Einwilligung jedoch auch im Voraus ertheilt werden kann, Str. Bd. 66, S. Al8) einen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen. Dies folgt aus der Natur des Gesellffchmftsvertrages (und gilt daher nicht nur von der durch einen Gesellschafter ohne Konsens der übirigen erfolgenden Aufnahme eines offenen, sondern auch eines stillen Gesellschafters, R.O.H. Bkd. 13, S. 64); wohl aber (P. 192) kann ein Gesellschafter (einseitig) auf den aus dem (GesiellschaftSbetriebe ihm zustehenden Gewinnantheil einem Dritten Rechte einräumen, sei e-.. daß er mit dem Dritten eine Sozietät hinsichtlich seines GeschäftSantheilS eingeht, ihn „mit seinem Antheile beiheiligt", sei es, daß er ihm seinen Antheil abtritt. Ein solches Abkommem ifft eine innere Angelegenheit unter den Kontrahenten; die übrigen Gesellschafter haben aruf daflelbe keine Rücksicht zu nehmen; ihnen gegenüber ist daS AntheilSrecht eines socius mit bien daraus fließenden einzelnen Befugniffen (z. B. auf Rechnungs­ legung, selbst nach eingetretenerr Liquidation, Str. Bd. 83, S. 129) nicht cessibel. Hat also eine der gedachten TranSaktionem sttattgefunden, so erlangt der Dritte gegen die Gesellschaft un­ mittelbar keine Rechte und stimm insbesondere von ihr die Gewährung der Einsicht in die Handelsbücher und Papiere nichtt verlangen; er muß sich vielmehr an seinen Kontrahenten halten, kann aber (R.O.H. Bd. 23, S. 120) auch von diesem nicht die Beschaffung der Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft, noch eine detaillirte, den nähern Einblick in den Geschäfts­ betrieb und die inneren Berhälltmiffe der offenen Gesellschaft gestattende Jahresbilanz fordern, sondern muß sich mit der Bekamntcgebung der allgemeinen Resultate der Jahresbilanzen (Aktiva, Passiva, Saldo) und den Gewimn- und Verlust-Berechnungen nach Art. 106 ff. begnügen. Diese Satzung entspricht im Wesentlichen dem §. 218, Th. I, Tit. 17 und dem §. 638, Th. II, Tit. 8 A.L.R., hebt aber (M. 57) das dmselbst dem Dritten zugestandene Recht aus, von den übrigen Gesellschaftern die Mittheilmncg des jährlichen Abschlusses (balance) zu fordern. b. Von der Ueberweisunjp dies einem Sozius zustehenden Gewinnantheils an einen Privatgläubiger desselben im Wege derr Zwangsvollstreckung handeln die Artt. 126, 132. c. Für die rechtliche Wircksarmkett der Genehmigung zur Abtretung aller Gesellschaftsrechte seitens eines Sozius an einen Drillten genügt es, wenn die Genehmigung auch nur gegenüber dem Abtretenden erklärt ist (R.O.H. Bd. 17, S. 354).

110

Zweites Buch. Von den Handelsgesellschaften.

Artt. 99. liiO.

Artikel 99. Wenn die Geschäftsführung in dem Gesellschaftsvertrage einem oder mehreren der Gesellschafter übertragen ist, so schließen diese die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung aus; sie sind berechtigt, ungeachtet des Widerspruchs der übrigen Gesellschafter alle Handlungen vorzunehmen, welche der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt"24). Pr. «nt». Art. 103. Abs. 1. ent». I. Art. 98. ent». II. Art. 92.

Prot. 2. 192. Prot. 2. 989. Prot. 5. —

Artikel 100. Wenn die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern mit der ausdrücklichen Beschränkung übertragen ist, daß einer nicht ohne den andern handeln könne, so darf keiner allein Geschäfte vornehmen, es sei denn, daß Gefahr im Verzüge ist-5). 24i a. Ein Gesellschafter, welcher zur Geschäftsführung befugt ist, sann alle .Handlungen vornehmen, welche der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, doch must bei dem Widerspruche eines Gesellschafters die beabsichtigte Handlung unter­ bleiben «Art. 102). Dieser Sah gilt nicht, wenn einigen Gesellschaftern vertraglich die Geschäftsführung übertragen ist: jene können nicht durch den Widerspruch der übrigen von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter in den zum gewöhnlichen Betriebe des .Handelsgewerbes gehörenden Handlungen gehemmt werden. Dies würde der vertraglichen Uebertragung der Gejchästssührung widersprechen (M. h>). b. Die Worte: „in dem Gesellschastsvertrage", welche hier und im Art. 101 gebraucht find, bilden den Gegensatz zu einer später nur faktisch erfolgten Uebertragung der (Geschäfts­ führung; aus diese findet weder der Art. 99, noch der Art. J01 Anwendung: sie gelten aber beide, wenn einzelnen Gesellschaftern ein Recht auf die ausschliestliche Geschästssührung eingeräumt ist, sei es in dem Gesellschastsvertrage, sei es in einem Nach trage zu demselben. Gegen diese Auffassung der bezeichneten Worte läßt sich indeß einwenden, daß dieselben (). M. f>Si ihre Quelle int Art. des code civil haben, welcher bestimmt, dast die durch eine spezielle Klausel deS Gesellschaftsvert rages übertragene Geschästssührung während der Dauer der Gesellschaft nur aus legitimen Gründen widerrufen werden kann, daß sie aber wie ein einfaches Mandat widerrufen werden samt, wenn sie erst durch einen nach dem Gesellschastsvertrage errichteten Akt übertragen worden ist. In diesem Sinne ist wohl die P. 192 enthaltene Bemerkung zu ver­ stehen: Mit den Worten „int Gesellschaftsvertrage" solle ausgedrückt tverden, daß eine nach Abschluß des Gescllschaflsvertrages gegeu die Bestimntuugen desselben geschehene GeschäftsÜbertragung widerruflich sei. M. E. kommt es jedoch, da jene Bestimmung des code nicht übernommen ist, aus die Zeit der Uebertraguttg der Geschäftsführung nicht an, sondern darauf, ob sie durch einseitigen Akt (Mandat) ersolgt ist, oder ob ein Vertrag über dieselben geschlossen worden, durch welchen einem Sozius ein Recht aus die Geschäftsführung ertheilt ist. c. Zu Geschästeu, welche über den gewöhnlichen Betrieb des handelsgcwerbes der Gesell­ schaft hinausgehen, bedürfen auch die vertraglich zur Geschäftsführung befugten einzelnen Mitglieder des Konsenses aller übrigen Gesellschafter. Art. 103. *5) Bon der Kollektivprokura (Art. 41, Abs. 3) unterscheidet sich der hier gedachte Iall darin (P. 194, 950), daß bei Gefahr int Verzüge auch der einzelne Gesellschafter handeln samt, wenngleich int Uebrigen er nur gemeinsam mit einem anderen Gesellschafter zum Abschlüsse von Geschäften befugt ist. Der Art. 100, Abs. 1 bezieht sich aber, wie seine Stellung im Abschnitt zwei dieses Titels ergiebt, nur aus daS Rechtsverhältttist der Gesellschafter unter einander.

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Artt. 101. 102.

111

Ist hingegen mehreren Gesellschaftern die Geschäftsführung ohne diese aus­ drückliche Beschränkung übertragen, so darf jeder derselben allein alle zur Geschäfts­ führung gehörenden Handlungen vornehmen. Jedoch muß, wenn einer unter ihnen gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch erhebt, dieselbe unterbleiben""). Pr. Eotto. Art. 103. Abs. 2. (Sotto. I. Art. 99. (Sotto. II. Art. 99.

Prot. S. 192-194. Prot. S. 989. Prot. S. 4662.

Artikel 101. Die int Gesellschaftsvertrage einem oder mehreren Gesellschaftern geschehene Uebertragung der Geschäftsführung kann, so lange die Gesellschaft dauert, nicht ohne rechtmäßige Ursache widerrufen werben27). Die Beurtheilung, ob eine rechtmäßige Ursache vorliege, bleibt dem Ermessen des Richters überlasten. Der Widerruf kann insbesondere in den int Artikel 125. Ziffer 2. bis 5. bezeichneten Fällen für begründet erklärt werden2"). Pr. (Sotto. Art. 108 Abs. 2. (Sotto. I. Art. 100. (Sotto. II. Art. 100.

Prot. S. 192. Prot. S. 989. Prot. S. 4519.

Artikel 102. Wenn im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung nicht einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist, so sind alle Gesellschafter zum Betriebe der Geschäfte der Gesellschaft gleichmäßig berechtigt und verpflichtet. Erhebt ein Gesellschafter gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch, so muß dieselbe unterbleiben2"). Pr. (Sotto. Art. 104. (Sotto. I. Art. 101. (Sotto, n. Art. 10L

Prot. S. 194. 197-204. Prot. S. 989-991. Prot. S. —

26) Die mehreren zur Geschäftsführung sammt oder sonders besugten Gesellschafter stehen zu einander ebenso, wie alle Gesellschafter zu einander stehen, wenn keinem die Geschäftsführung besonders übertragen ist und daher ein Jeder zu derselben befugt ist. (Art. 102.) ES gilt in den gedachten beiden Fällen der gemeinrechtliche Grundsatz: Melior est conditio prohibentia. 27) a. Mit den Worten „so lange die Gesellschaft dauert", soll angedeutet werden, daß der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigte offene Gesellschafter damit noch kein un­ widerrufliches Recht hat, auch die Liquidation zu besorgen. P. 989. Nach der Fassung deArt. 133 wären diese Worte jedoch entbehrlich gewesen. b. Ueber die Worte „im Gesellschaftsvcrtrage" s. die vorstehende Note 24, b. 29) Die Abs. 2 u. 3 des Art. 101 sind erst in dritter Lesung (P. 4519) angenommen worden, und zwar ohne nähere Motivirung; sie sind offenbar bestimmt, einen Anhalt dafür zu geivähren, was unter „rechtmäßiger Ursache" zu verstehen ist. — Einen RechtSfall, in welchem durch einstweilige Verfügung die GeschäftSsührung einem Gesellschafter entzogen und einem Dritten von dem Richter übertragen wurde, s. R.G. XXII, 170. 2e) a. Der Art. 102 bestimmt, daß. wenn nicht vertraglich besondere geschästssührende Gesellschafter bestellt sind, jeder Gesellschafter zum Betriebe der Geschäfte der Gesellschaft gleich­ mäßig berechtigt und verpflichtet ist, und daß, wenn ein Gesellschafter gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch erhebt, dieselbe unterbleiben muß. Diese Satzung bezicht sich

112

Zweites Buch. Bon den Handelsffesellschasten.

Art. 103.

Artikel 103. Ein Beschluß der sämmtlichen Gesellschafter muß vor der Vornahme von Geschäften eingeholt werden, welche über den gewöhnlichen Betrieb des Handels­ gewerbes der Gesellschaft hinausgehen, oder welche dem Zweck derselben fremd sind. Die» ist auch dann erforderlich, wenn die Geschäftsführung einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist. Zur Fassung des Beschlusses ist Stimmeneinhelligkeit erforderlich. Ist diese nicht zu erlangen, so muß die Handlung, in Ansehung deren Beschluß gefaßt werden soll, unterbleiben'"). Pr. Eatw. Art. 105. 106. ent». I. Art. 102. ent». II. Art. 102.

Pro». S. 197-204. Prot. S. 991. Prot. S. —

jedoch, wie aus dem Gegensatze im Art. 103 hervorgeht, nur auf die (Geschäfte, welche inner­ halb des gewöhnlichen, dem Zwecke und den Verhältnissen der Gesellschaft entsprechenden Geschäftskreises fallen, und legt in Betreff dieser dem einzelnen Gesellschafter keine RechtsPflicht auf (P. 202), sich vor jeder Handlung der Zustimmung der übrigen Gesellschafter zu vergewissern. b. Es war vorgeschlagen (P. 091), im Abs. 2 des Art. 102 1. statt Vornahme einer Handlung zu sagen: Abschluß eines Rechtsgeschäfts, weil der Widerspruch doch wohl bei solchen Handlungen nicht gelten könne, zu denen die Gesellschaft verpflichtet sei, wie z. B. bei Zahlungen. — Dieser Vorschlag wurde jedoch als zu eng abgelehnt, weil er viele hierher gehörige Handlungen nicht treffen würde, z. B. nicht die Jnstruktionsertheilung an einen Schiffskapitän in Betreff einer vorzunehmenden Reise. Es war ferner vorgeschlagen: 2. den Zusatz zu machen: „sofern der Widerspruch durch den Richter nicht für ungerechtjertigt erklärt wird", damit nicht jeder Gesellschafter willkürlich durch seinen Widerspruch die ganze Thätigkeit der Gesellschaft lähmen könne. — Man war jedoch der Ansicht, daß bei Handlungen, für welche die Gesellschaft eine Rechtspflicht habe, das gervöhnliche Prozeßverfahren ausreiche, daß dagegen bei anderen Handlungen der Richter außer Stande sein werde, darüber zu entscheiden, ob die Vornahme derselben für die Gesell­ schaft vortheilhast sei, oder nicht, und daß in solchen Fällen, in welchen ein Gesell­ schafter sein Widerspruchsrecht zu Ehikanen mißbrauche, für die übrigen Gesellschafter — was der Natur deS Gefellschaflsverhältnisies alsdann angemessen sei — nur ein An­ trag auf Auflösung der Gesellschaft in Gemäßheit des Art. 125 übrig bleibe. c. Der Pr. Entw. hatte für Handelsgesellschaften, entsprechend dem §. 209, Th. I, Tit. 1T A.L.R., ganz allgemein das Prinzip der Majoritätsbeschlüsse aufgestellt. Bon der Konferenz (P. 204) wurde jedoch das Prinzip der Stimmeneinhelligkeit angenommen. Dasselbe in im Abs. 3 des Art. 103 ausdrücklich anerkannt, und der Abs. 2 des Art. 102 enthält einen Ausfluß desselben. 30) Geschäfte, welche über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, oder welche dem Zwecke derselben fremd sind, dürfen von einem Gesellschafter, auch wenn ihm, oder ihm und einigen anderen Mitgliedern die Geschäftsführung übertragen worden, nicht eher als nach Anhörung aller Mitgesellschafter und auch dann nur vorgenommen werden, wenn Alle konsentiren. Vgl. die vorstehende Note 29, a. u. c.

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Artt. 104. 105.

113

Artikel 104. Zur Bestellung eines Prokuristen ist, sofern nicht Gefahr im Verzüge ist, die Einwilligung aller geschästsführenden Gesellschafter, und wenn keine solche ernannt sind, die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich. Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Ertheilung derselben befugten Gesellschafter geschehen^'). Pr. Eatw. Art. 107. Eutw. I. Art. 108. Eutw. II. Art. 108.

Prot. S. 194. 197 -204. Prot. 6. 991. Prot. S. —

Artikel 105. Jeder Gesellschafter, auch wenn er nicht in dem Geschäftsbetriebe der Gesell­ schaft thätig ist, kann sich persönlich von dem Gange der Gesellschaftsangelegenheiten unterrichten; er kann jederzeit in das Geschäftslokal kommen, die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehen und auf ihrer Grundlage eine Bilanz zu seiner Uebersicht anfertigen. Ist im Gesellschaftsoertrage ein Anderes bestimmt, so verliert diese Be­ stimmung ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der Geschäftsführung nach­ gewiesen nrirb32). Pr. Eutw. Art. 108.

Prot. S. 195 f. Prot. S. 991. Prot. S. -

(gnttD. I. Art. 104.

Eutw. II. Art. 104.

fll) a. Der An. 104 bezieht sich. wie seine Stellung im zweiten Abschnitt dieses Titels „Von dem Rechtsverhältnisse der Gesellschafter unter einander" ergiebt, nur aus dieses. Bon dem Verhältnisse zu Dritten handelt der Art. 118. b. Zur Bestellung eines Prokuristen ist in der Regel die Einwilligung aller geschäftssührenden Gesellschafter erforderlich, gleichviel ob sie nur in Gemeinschaft oder ob jeder einzelne die Gesellschaft zu vertreten befugt ist (P. 991); sind keine Geschäftsführer ernannt, so ist die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich. Eine Ausnahme ist für den Fall zugelassen, daß Gefahr im Verzüge obwaltet; alsdann kann jeder gefchäftsführende Gesell­ schafter fcfr. den analogen Art. 100, Abs. 1), und wenn keine solche ernannt sind, jeder Gesell­ schafter einen Prokuristen bestellen. Der Widerruf der Prokura (P. 195 bis 205) kann von jedem der zur Ertheilung befugten Gesellschafter geschehen; es bedarf also nicht der Einwilligung der übrigen zur Ertheilung befugten Gesellschafter. Sozien, welche von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, können weder Prokuristen für die Gesellschaft bestellen, noch Prokuren, welche gemäß Art. 104 ertheilt sind, unmittelbar widerrufen; sie können in dieser Beziehung nur durch die geschästsführenden Gesellschafter einwirken, und nöthigenfalls gegen diese auf die Bestimmung des Art. 101 rekurriren. c. Die Frage, ob ein von der Geschäftsführung ausgeschlossener Gesellschafter zum Prokuristen der Gesellschaft bestellt werden könne, wird in Busch, Arch. I, S. 147 verneint, von Renaud K.G. S. 282 bejaht. d. Der Abs. 1 des Art. 104 findet nicht — wie nach P. 204, 194 scheinen möchte — aus die Bestellung von Handlungsbevollmächtigten analoge Anwendung, denn deren Bestellung gehört zweifelsohne zu dem gewöhnlichen Betriebe der Geschäfte, weshalb auf dieselbe die allgemeinen Regeln (Artt. 100 u. 102) zur Anwendung kommen. Vgl. die §§. 633 und 521, Th. II, Tit. 8 A.L.R. Makowcr. Handelsgesetzbuch,

ll. Slufl.

114

Zweite- Buch. Bon den Handelsgesellschaften. Art. 105.

e. Ter Abs. 2 des Art. ist' nur subsidiäres Recht, kann also vertraglich unter den Gesellschaftern geändert werden. (R.G. II. 34.) — Sind alle Gesellschafter von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen, so kann eine von ihnen ertheilte Prokura auch von einem der Gesellschafter roiberrufen werden. (Iohow X, 28.) 82) a. Der Grund des Art. 105 liegt darin, daß die Ausschließung von dem Betriebe der Geschäfte die sonstigen gesellschaftlichen Rechte nicht aufhebt, und daß ein Verzicht aus diese immer nur unter der stillschweigenden Bedingung verstanden wird, daß nicht in der Geschäfts­ führung dolos verfahren werde. — Ist die Gesellschaft ausgelöst, so hört von da ab der Unterschied zwischen geschästssührenden Gesellschaftern und anderen Gesellschastern auf. b. Tie Frage, ob jeder geschäftsführende Gesellschafter aus Verlangen der anderen Gesellschafter über die von ihm geführten Geschäfte Rechnung legen müsse (vgl. §. 219, Th. I, Tit. 17 A.L.R.), und ob im Falle vorgekommener Unregelmäßigkeiten trotz eines vorher­ gegangenen Verzichts aus die Rechnungslegung dennoch dieselbe für alle bereits erledigten Rechnungsjahre sowie für die Zukunst begehrt werden dürfe (§§. 222, 223 1. c.), ist besonders erwogen worden. Es wurde für die Verneinung geltend gemacht, daß eS unmöglich fei, bei einer ordentlichen Buchführung und bei ordentlicher Ausstellung der bereits vorgeschriebenen Bilanz eine Rechnung zu legen, die mehr als Buchführung und Bilanz enthalte; die Führung der Bücher und die Aufstellung der Bilanz bildeten gerade die zweckentsprechendste Rechnungs­ legung; diese hätte übrigens auch die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter zu leisten; wenn nun gleichwohl etwas über die Pflicht der Rechnungslegung in daS Gesetz ausgenommen würde, so werde dies zu Mißverständnissen führen. -- Dagegen wurde eingewendet: daß Buchführung und Bilanz nicht ausreichend seien, wenn sie schlecht beschaffen wären. Ter Begriff der Rechnungslegung sei ein technisch-juristischer, und es könne nicht im Voraus be­ hauptet werden, daß im speziellen Falle die kaufmännische Buchführung den Erfordernissen derselben entspreche; hierüber habe das richterliche Ermessen zu entscheiden. — Die Mehrheit der Versammlung hielt dafür, daß kein Grund vorhanden sei, eine besondere Bestimulnng über die obigen Fragen in das Gesetz aufzunehmen, weil es selbstverständlich sei, daß jeder Gesellschafter über die einzelnen Geschäfte, die er (R.O.H. Bd. 25, S. 180) vorgenommen habe, auf Verlangen Aufklärung und Rechenschaft geben müsse, und daß ein vorgängiger Verzicht entkräftet werde, sobald dem geschästssührenden Gesellschafter Unredlichkeiten nach­ gewiesen werden könnten, daß ferner durch Ausstellung einer Bilanz und durch die Buchführung die gemeinrechtlich feststehendes Pflicht der Rechnungslegung der Gesellschafter allerdings nicht unbedingt erledigt werde, daß es vielmehr Sache des richterlichen Ermessens sei. zu ent­ scheiden. ob in einem besonderen Falle die Bilanz und die Buchführung die Stelle der Rechnungs­ legung vertreten könnten. P. 196. Ebenso R O H. Bd. 19, S. 346. Vgl. Art. 125, Zifs. 2. — Im Erk. des Obcrtr. vom 28. Juni 1866 (Str. Bd. 64, S. 161) wird iin Anschluß hieran ausgeführt, daß, wenn int Art. 105 gewisse Befugnisse ausdrücklich dem einzelnen Gesell­ schafter verliehen seien, hieraus nicht ein Ausschluß der im allg. bürgert. Rechte begründeten Besugniß des Gesellschafters Rechnungslegung von dent administrirenden Sozius zu verlangen, folge: im Gegentheil erkenne das H.G.B. im Art. 130 dies Recht ausdrücklich an. Vgl. Steg. Bd. 3, S. 266. — Das ROH. (Bd. 16, S. 48) bemerkt: Tie Verpflichtung eines jeden von mehreren Gesellschaftern zur Rechnungslegung über diejenigen Geschäfte der Gesell­ schaft, die er geführt hat. steht zu der Verpflichtung der anderen Gesellschafter zur Rechnungs­ legung nicht in dem Verhältnisse von sich bedingenden Leistungen; sie ist nicht ein Aequivalent des einen Gesellschafters für die Verpflichtung dcS anderen Gesellschafters zur Rechnungslegung. Tie Silage des einen Gesellschafters auf Rechnungslegung des anderen kann deshalb von diesem mit der Einrede, daß der St läget* selbst nicht Rechnung gelegt habe iexc. non impleti eontractus) nicht beseitigt werden.

Erster Titel.

Bon der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 106.

115

Artikel 10683). Jedem Gesellschafter werden am Schluffe eines jeden Geschäftsjahres von seiner Einlage, oder, wenn sich dieselbe beim Schluffe des vorigen Jahres durch Hinzu­ rechnung

seines Antheils

am Gewinne

vermehrt

oder durch Abrechnung seines

Antheils am Verluste vermindert hat, von seinem Antheile am Gesellschaftsvermögen Zinsen zu vier vom Hundert gutgeschrieben und von den während des Geschäfts­ jahres auf den Antheil entnommenen Geldern Zinsen in demselben Maaßstabe zur Last geschrieben. Die dem Gesellschafter hiernach zukommenden Zinsen vermehren seinen An­ theil am Gesellschaftsvermögen. Vor Deckung dieser Zinsen ist kein Gewinn vorhanden, und der Verlust der Gesellschaft wird durch dieselben vermehrt oder gebildet"). Pr. Entw. Art. 110. Elltw. I. Art. 106. Eutw. II. Art. 105.

Prot. S. 206. 208 f. Prot. S. 991-990. 1019-1026. Prot. S. 4620. 4682.

88) a. Die Artt. 106—109 enthalten Vorschriften über die Gewinn- und Verlust­ vertheilungen unter den Gesellschaftern in Ermangelung anderer Vereinbarungen (Artt. 90 und 109). getheilt.

Das angenommene System ist folgendes: Alljährlich wird Gewinn und Verlust

Am Schluffe des ersten Geschäftsjahres werden jedem Gesellschafter für seine Ein­

lage 4 °/o Zinsen gutgeschrieben; die Summe, welche zu dieser Zinszahlung erforderlich ist, wird auf das Verlustkonto der Gesellschaft geschrieben.

Demnächst wird berechnet, welchen

Gewinn- und Verlust die Gesellschaft im verflossenen Jahre gemacht hat, dieser nach Köpfen vertheilt, und den einzelnen Gesellschaftern auf ihr Privatkonto

zu- bez. abgeschrieben.

Der

Betrag, welcher sich ergiebt, wenn man daS Konto jedes einzelnen Gesellschafters hiernach auf­ rechnet, bildet seinen Antheil am Gesellschaftsvermögen für daS folgende Jahr. Dieser Betrag wird in dem folgenden Jahre wie seine Einlage behandelt, also am Schluffe deS Geschäftsjahres mit 4°/o verzinst; es werden jedoch von den Summen, welche er im Laufe des Jahres etwa entnommen hat, ihm wiederum 4 °/o Jahreszinsen seit der Entnahme zur Last geschrieben. Im Uebrigen wird mit der Gewinn- und Berlustvertheilung wie im ersten Geschäftsjahre

verfahren.

Diese

Prozedur erneuert

sich

am

Schluffe

jedes

folgenden

Ge­

schäftsjahres. b.

Der Ausdruck: „Antheil am Gesellschaftsvermögen", welcher in den Artt. 106, 107

und 108 gebraucht ist, wurde mit Recht als ungenau monirt (P. 1024); der Sinn desselben wurde jedoch dahin deklarirt, daß mit ihm nicht Anderes bezeichnet werden solle als die Einlage, unter Hinzurechnung (der Zinsen, Art. 106, Abs. 2, und) des Gewinnes und unter Abrechnung des

Verlustes (Art. 106, Abs. 1; Art. 107, Abs. 2). — Dieser Antheil

geschästliche

Behandlung

nicht

als

Miteigenthum,

zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaftsfirma,

sondern

als

ein

ist

für seine rechtsForderunsrecht

d. i. zwischen dem Privatvermögen der

einzelnen Gesellschafter und dem Gesellschaftssonds anzusehen (R.G. XVIII, 43), daher durch Session

übertragbar.

Die

Uebertragung

eines Gesellschastsantheils an einem Gesellschafts­

vermögen, zu welchem Grundstücke gehören, unterliegt daher auch nicht dem preußischen Jmmobiliarstempel (ibid.). ") a. Die int Art. 106 gedachten Zinsansprüche sind — wie Abs. 3 ergiebt — als eine absolute

Forderung

an

die

Gesellschaft

aufgefaßt worden

(P. 1026);

die Zinsen sind den

einzelnen Gesellschaftern gutzuschreiben, auch wettn kein Gewinn von der Gesellschaft gemacht, also durch jene der Verlust der Gesellschaft gebildet oder vermehrt wird; dieselben sind daher ganz ähnlich denjettigen Zinsen behandelt worden, welche die Gesellschaft für daS ihr von einem Nichtgesellschafter geliehene Kapital zu entrichten hätte. Der Entwurf zweiter Lesung (Art. 105)

8*

116

Zweite- Buch. Von den Handelsgesellschaften. Artt. 107. 108.

Artikel 107. Am Schluffe eines jeden Geschäftsjahres wird, auf Grund des Inventars und der Bilanz, der Gewinn oder der Verlust dieses Jahres ermittelt und für jeden Gesellschafter sein Antheil daran berechnet. Der Gewinn jedes Gesellschafters wird seinem Antheile am GesellschaftsVermögen zugeschrieben, der Verlust von demselben abgeschrieben36). Pr. Eutw. Art. 109. Eutw. I. Art. 107. Abs. 2. u. 3. Eutw. II. Art. 106.

Prot. S. 205. Prot. S. 991—999. 1019-1020. Prot. S. —

Artikel 108. Ein Gesellschafter darf ohne Einwilligung der übrigen Gesellschafter seine Einlage oder seinen Antheil am Gesellschaftsvermögen nicht vermindern. Er darf jedoch, auch ohne diese Einwilligung, auf seinen Antheil am Ge­ sellschaft svermögen die Zinsen deffelben für das letztverfloffene Jahr, und soweit es nicht zum offenbaren Nachtheil der Gesellschaft gereicht, Gelder bis zu einem Betrage entnehmen, welcher seinen Antheil am Gewinne des letztverfloffenen Jahres nicht übersteigt36). Pr. Eutw. Art. 112. Eutw. I. Art. 105. Eutw. II. Art. 107.

Prot. S. 206. Prot. S. 991-999. 1019-1026. Prot. 8. -

hatte ausdrücklich gesagt: jene Zinsen „bilden eine Schuld der Gesellschaft". Die Streichung dieser Worte wurde jedoch beschlossen (P. 4520), weil sie dahin mißverstanden tverden könnten, als ob der Gesellschaster wegen der Zinsen einem dritten Gläubiger der Gesellschaft gleichstehe, während es sich nur darum handle, auszusprechen, daß diese Zinsen im Verhältniß der Gesell­ schafter zu einauder den Gewinn der Gesellschaft vermindern oder den Verlust derselben ver­ mehren, was mit Rücksicht aus Art. 109 von Bedeutung ist. b. Tie nicht erhobenen Zinsen wachsen, wenn nichts Anderes ausgemacht worden, von Rechtswegen der Einlage des betreffenden Gesellschafters hinzu; sie werden als eine Mehrung derselben angesehen und in der Folge mit dem Einlagekapital verzinst. P. 40.‘>o. c. Der Zinsfuß von 4 Prozent ist statt der sonst im Handelsverkehre üblichen 6 Prozent angenommen worden, weil viele Handelsgeschäfte zur Besriedigung der Betheiligten betrieben werden, ohne daß sich ein höherer als 7—8prozentiger Gewinn ergiebt. Wenn in solchen Fällen schon 6 Prozent für die Kapitaleinlage einzelner Gesellschaster verwendet werden müßten, so würde bei Weitem zu wenig für die Vertheilung an die anderen Gesellschaster übrig bleiben, welche keine, oder nur geringe Kapitalien eingelegt haben. P. 998 u. 1026. 3:,j Der Art. 107 bestimmt nur, daß der Gewinn und Verlust eines jeden Jahres am Schlüsse des Geschästsjahrs berechnet, und den einzelnen Gesellschaftern, soweit sie partizipiren, gutgeschrieben oder abgeschrieben wird; er bestimmt jedoch Nichts über die Auszahlung des etwaigen Gewinns; hiervon handelt der Abs. '2 des folgenden Artikels. Die Berechnung erfolgt jährlich und beschränkt sich auf ben Gewinn und Verlust des verflossenen Jahres. Hier­ durch ist die Annahme ausgeschlossen, daß, wenn in einem Jahre die Einlagen der Gesellschafter vermindert worden, nicht eher ein Gewinn als vorhanden anzusehen und zur Vertheilung zu bringen sei, als bis das Stammkapital zu seiner ursprünglichen Höhe ersetzt worden ist. :ie) a. Dem Art. 108 liegt der Gedanke zum Grunde iP. 1025), daß eine Gesellschaft während der ganzen Dauer ihres Geschäftsbetriebes als ein zusammengehöriges Ganze zu be­ trachten ist, so daß erst bei Beendigung des Betriebes definitiv ersehen werden kann, welcher

Erster Titel.

Von der offenen Handelsgesellschaft.

Artt. 109. 110.

117

Artikel 109. Der Gewinn oder Verlust wird, in Ermangelung einer anderen Verein­ barung, unter die Gesellschafter nach Köpfen vertheilt^'). Pr. Eotw. Art. 110. Prot. S. LOS. 208 f. ento. I. Art. 107. Ads. 1. Prot. S. 991-999. 1019—1026. ent». II. Art. 108. Prot. S. —

Dritter Abschnitt.

Bon dem Rechtsverhiiltniß der Gesellschaft zu dritten Personen. Artikel 110. Die rechtliche Wirksamkeit einer offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältniß zu britteu Personen mit dem Zeitpunkte ein, in welchem die Errichtung der Gesell­ schaft in das Handelsregister eingetragen ist, oder die Gesellschaft auch nur ihre Geschäfte begonnen hat**). Gewinn oder Verlust gemacht worden ist, und die jährlichen Gewinn- und Berlustberechnungen nur als provisarische erscheinen. Dieser Satz würde zur Folge gehabt haben, daß erst am Ende der Sozietät Zahlungen an die Gesellschafter hätten geleistet werden können. Diese starre Folge ist jedoch durch den Abs. 2 gemildert worden. b. Der Abs. 2 bestimmt nur, wie viel ein Gesellschafter in dem zweiten und den folgenden Geschäftsjahren aus der Gesellschaftskasse für sich entnehmen darf. Man wird deshalb annehmen müssen, daß ein Gesellschafter im ersten Geschäftsjahre ex lege nicht ein Recht zu solchen Entnahmen hat. c. Der Gesellschafter, welcher unbefugt Gelder aus der Gesellschastskasse entnimmt, ist verpflichtet, sie der Gesellschaft als seiner Gläubigerin zurückzuzahlen; insoweit der Gesellschafter aber gemäß Art. 108 Abs. 2 oder einer Uebereinkunft Gelder entnimmt, werden sie ihm zwar zur Last geschrieben, aber nur zum Zwecke der Berechnung am Schlüsse deS Geschäftsjahres; er muß sich dieselben also auf seinen Geschäftsantheil anrechnen lassen (R.G. III, f>9). 17) Die Bertheilung von Gewinn und Verlust nach Köpfen (und nicht pro rata der Einlagen) ist in zweiter Lesung (P. 998 u. 1026) beschlossen worden. Bei Anwendung dieser Vorschrift ist zu beachten, daß nach Abs. 3 des Art. 106 vor Deckung der dort bezeichneten Zinsen kein Gewinn vorhanden ist und der Verlust der Gesellschaft durch dieselben vermehrt oder gebildet wird. *) Ist die Gesellschaft nicht eingetragen, so ist nur derjenige Geschästsbeginn Tritten gegenüber maßgebend, welcher dem Willen aller Gesellichaster entspricht, mag dieser ausdrücklich erklärt sein oder aus dem Verhalten der Gesellschafter hervorgehen (R.O.H. Bd. 12, S. II": «d. 15, S. 428). Der GeschästSbeginn kann auch durch das einmalige Aecept mit der Firma konstatirt werden (Bd. 12, E. 413). — Wer sich selbst als Theilhaber einer Sozietät be­ zeichnet und sich als solcher obligirt, kann, wenn in Wahrheit jene Gesellschaft nicht besteht, persönlich analog Art. 55 haftbar gemacht, und wenn die anderen von ihm angegebenen Theil­ haber nicht verpflichtet sind. ex dolo zum Schadensersatz verpflichtet werden (R.O.H. Bd. 13, S. 376). — Wer einen Anderen als den „Theilhaber" seiner Firma Dritten gegenüber bezeichnet, berechtigt diesen zu der Annahme, daß eine offene Handelsschaft mit unbeschränkter BeriretungSbefugnitz der Sozien vorliege (R.O.H. Bd. 15, S. 21). - Leugnet der Beklagte

118

ZweileS Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 111.

Die Beschränkung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkte, als dem der Eintragung, ihren Anfang nehmen soll, hat gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung. Pr. Eutw. Art. 94. Entw. I. Art. 109. Eutw. II. Art. 109.

Prot. S. 173. 175. Prot. S. 1000. Prot. S. 4520.

Artikel 111. Die Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Ver­ bindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt roerben.38). seine Handlungsfähigkeit zur Zeit des abgeschlossenen Vertrage-?, so ist dies eine Einrede, deren Beweis ihm obliegt; leugnet er dagegen, daß er aus dem von einem Anderen abge­ schlossenen Geschäfte haste, weil derselbe eine Stellvertretungsbefugniß für ihn (noch nicht oder) nicht mehr gehabt habe, z. B. nicht mehr sein Sozius gewesen sei, als er das Geschäft unter der Firma abschloß, so hat der Ä lag er die Stellvertretungsbefugniß zu beweisen, denn es besteht keine Vermuthung dafür, daß die von einem zur Vertretung eines Anderen einmal berechtigt Gewesenen für Letzteren vorgenommene Handlung gerade während der Tauer seiner Bertretungsbefugniß vorgenommen sei (R.O.H. Bd. 19, S. 318). In dem dort referirten Falle war die Erklärung des Vertreters undatirt. a. Vgl. zu Art. 111 im Allgemeinen Note 2, a. im Eingänge dieses zweiten Buches. b. Der Satz, daß die Handelsgesellschaft unter ihrer Firma Eigenthum und andere dingliche Rechte (also auch ein Nießbrauchsrecht, R.G. XVI, 1) an Grundstücken erwerben könne, ist aus Zweckmäßigkeitsgründen aufgenommen worden, obschon bemerklich gemacht war, daß der Verkehr mit Grundstücken außerhalb der gewöhnlichen GeschäftSsphäre liege, und nach partikularrechtlichen Bestimmungen es nothwendig sei, im Hypothekenbuche die jeweiligen Firma­ inhaber und die späteren Personaländerungen den Eintragungen aus den Namen der Firma beizufügen. Es wurde jedoch erwogen (P. 278, 1001), daß durch diesen Satz nichts in Betreff der Grundsätze über den Eigenthumserwerb von Immobilien geändert, sondern nur die Möglichkeit gegeben werden solle, durch Eintragung einer aus dem Handelsregister zu er­ gänzenden Bezeichnung (Firma) in der kürzesten Form eine Reihe von betheiligten Personen zu treffen, um öftere Umschreibungen zu ersparen. Eigenthümer der auf den Namen der Firma eingetragenen Grundstücke seien immer die einzelnen Gesellschafter, und wer diese seien, ergebe das Handelsregister. Trete einer derselben aus, so höre er auf, Miteigenthümer zu sein; trete ein Neuer hinzu, so werde er alsbald Miteigenthümer der aus den Namen der Firma stehenden Grundstücke, ohne daß es in beiden Fällen einer Bemerkung in dem Grundbuche bedürfe. Löse sich die Gesellschaft auf, so seien die zur Zeit der Auslösung vorhandenen Gesellschafter die Eigenthümer. Vgl. die folgende Note 40. c. Die Gründe für und gegen die Zulässigkeit von klagen der Gesellschafts-Firmen und gegen solche sind in den Prot, (namentlich S. 277) ausführlich geltend gemacht. Das Gesetz erkennt diesebe an (über den Sinn des Satzes, daß Firmen klagen und verklagt werden können, s. R.L.H. Bd. 23, S. 101); es ist daher die Wirkung zu prüfen, je nachdem eine Gesellschaftsfirma verklagt oder die Klage gegen die Inhaber der Firma aus dieser ihrer Eigenschaft gerichtet ist. Selbstverständlich können diese Klagen cumulirt werden, auch bedarf es nicht einer Vorausklagc gegen die Firma, ehe die einzelnen Gesellschafter angegriffen werden (Prot. S. 216—230), da diese (abgesehen von dem Falle des Gefellschaftskonkurses) nicht subsidiarisch bezüglich der Gesellschaft, sondern solidarisch für deren Schulden haften

Erster Titel.

Bon der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 111.

119

(R.O.H. Bd. 7, S. 385, Bd. 17, S. 288, R.G. V, 53). Das R.O.H. (Bd. 20, S. 182) faßt die verschiedenen Folgen jener beiden Arten von Klagen wie folgt zusammen: Wird gegen die Gesellschafter oder einige derselben geklagt, dann haften diese nach Art. 112 solidarisch (doch bewirkt diese äußerliche Klagekumulation nicht, daß sie prozessualisch ganz gleich stehen unb gegen sie nur gleich erkannt werden könnte, R.O.H. Bd. 21 S. 46); die Gesellschafter können auch solche Einwendungen vorbringen, welche der Gesellschaft als solcher nicht zustehen, so ein pactum de non petendo für ihre Person, Verjährung nach Am. 146, 147; bei eröffnetem Gesellschaftstonkurse können sie nur auf den Ausfall, nicht auf die ganze Forderung belangt werden. Die Zwangsvollstreckung findet nicht in das Gesellschaftsvermögen, sondern nur in das übrige Vermögen der Gesellschafter statt (Art. 119). Wird aber gegen die GesellschaftSfirma geklagt, so findet Art. 117 über die Vertretung statt (und die Rechtshängigkeit ist gegen alle actuellen Gesellschafter begründet, R.G. III, 58, der einzelne Gesellschafter kann aber in diesem Prozesse interveniren, R.G. V, 69); die Entscheidung gilt, wenn im Prozesse die Gesellschaft auch nur durch einen Gesellschafter vertreten ist, gegen alle Gesellschafter (als Korreal­ schuldner) jedoch nur in Betreff des Gesellschaftsvermögens. Die Zwangsvollstreckung findet nur gegen diese- statt. (R.O.H. Bd. 6, S. 419, Bd. 21 S. 130.) Ist das Urtheil gegen die Gesellschaft rechtskräftig (R.G. III, 340), so können die Gesellschafter in einem demnächst gegen sie persönlich anhängigen Verfahren (actio judicati) nicht mehr die Entstehung der Gejellschaftsschuld bestreiten, und sind derjenigen Einreden verlustig, welche in dem Prozeffe gegen die Gesellschaft vorgeschützt waren oder hätten hervorgebracht werden müssen (R.G. III, 56, XIII, 97). d. Das Obertr. hat in dem Erk. v. 25. Okt. 1664 (S tr. Bd. 57, S. 36) ausgeführt, daß auch nach dem älteren Preuß. Recht, wenn auS Geschäften geklagt werde, die unter einer Firma abgeschlossen worden, es nicht deS Nachweises bedürfe, daß die jetzigen Inhaber der Firma auch die Inhaber derselben zur Zeit des Abschlusses jener Geschäfte gewesen seien. DaS R.O.H. (Bd. 9, S. 17) meint, daß, wenn eine Handelsgesellschaft unter ihrer Firma klagt, die einzelnen Gesellschafter nicht von Anfang an benannt zu werden brauchen, daß ferner ein Wechsel in der Person der Gesellschafter während der Dauer des Prozesses für diesen und überhaupt in der Regel in prozessualischer Hinsicht unerheblich bleibt (weil es sich um Vertretung desselben juristischen Ganzen, des Handlungssonds, handle), endlich daß, wenn allen Gesellschaftern ein nothwendiger Eid auferlegt worden, derselbe von den Personen zu leisten sei, welche zur Zeit der Eidesleistung die Gesellschafter sind (ebenso Bd. 16, S. 396 u.. Bd. 20, S. 181 u. R.G. XIV, 20). — Anders liegt jedoch der Fall, wenn nach der Rechtskraft deS auf einen Eid für die beiden Inhaber einer Gesellschaft lautenden Erkenntnisses der Eine von ihnen (nicht durch Tod) ausscheidet, dadurch die Gesellschaft aufgelöst wird und der allein übrig bleibende Gesellschafter die Aktiva einschl. der streitigen Forderung mit dem Rechte der Fort­ führung der zeitherigen Firma überlassen erhält. AlSdann ist der Ausgeschiedene prozessualisch wie ein Ce deut zu behandeln (R.O.H. Bd. 14, S. 5). DaS Obertr. hält es gleichfalls für noch rechtzeitig, wenn sich die Inhaber einer Firma, für welche auf einen Eid erkannt ist, im SchwörungStermine legitimiren ((Str. Bd. 58, 6. 159), will aber, wenn Streit obwaltet, durch neues Urtheil und nicht durch bloße Purifikatoria den Fall entschieden haben (Str. Bd. 78, S. 333, ebenso R.O.H. Bd. 16, S. 396), wenn auf einen nothwendigen Eid erkannt war und erst bei der Abnahme des Eides sich ergiebt, daß derjenige, welcher schwören soll, nicht eine physische Person, sondern eine Firma ist. — Daß auf Verlangen der Gegenpartei alle Sozien einen der Handelsgesellschaft zugeschobenen Eid (als Litiskonsorten) leisten müssen, ist in den Entsch. des R.O.H. Bd. 6, S. 111, wenngleich nicht speziell für das Preuß. Recht, anerkannt. Vgl. jetzt §§. 433, 434, 436 C.P.O. — Offene Handelsgesellschaften können unter ihrer Firma keine Injurienklagen anstellen, noch unter ihrer Firma mit solchen belangt werden (Entsch. Bd. 76, S. 346), wohl aber können sie wegen verläumderischer Gefährdung ihres Kredits (§. 167 Straf-Ges.B.) klagen (Entsch. Bd. 79, S. 346).

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Zweites Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 111.

Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat^). Pr. Entw. Art. 87. 90. Eotw. I. Art. 110. Entw. II. Art. 110.

Prot. S. 154-161. 274 - 271). 284. Prot. S. 1001 f. Prot. S. 4520.

Einf.-Ges. (A.L.R. und A.G.O.) Art. 23. Grundstücke, Gerechtigkeiten, dingliche Rechte und Hypothekenforderungen, welche zu dem Vermögen einer Handelsgesellschaft gehören, sei diese eine offene Gesellschaft, eine Kommandit­ gesellschaft, eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, oder eine Aktiengesellschaft, werden auf den Namen der Gesellschaft in das Hypothekenbuch eingetragen40). Hierbei gelten nachstehende Bestimmungen: 3e) Der Abs. 2 des Art. 111 bestimmt, daß eine offene Handelsgesellschaft ihren allge­ meinen ordentlichen Gerichtsstand bei dem Gerichte hat, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, welchen gerade zum Zwecke der Feststellung des allgemeinen Gerichtsstandes jede Gesellschaft in ihrer Anmeldung (Art. 86, Z. 2) anzugeben verpflichtet ist. Unter dem Orte, an welchem die Gesellschaft ihren Sitz hat, verstand man (P. 4660) denjenigen, an welchem sie ihre Haupt­ niederlassung (Entsch. Bd. 71, S. 98) hat im Gegensatz zu den Orten, an welchen nur Zweigniederlassungen bestehen. Durch die Fassung des Abs. 2 wollte man aber die etwa geltenden prozessualischen Vorschriften, daß an den Orten der Zweigniederlassung besondere Gerichtsstände für die Klagen aus Ansprüchen an diese Zweigniederlassungen bestehen, nicht beseitigen. Die A.G.O. enthielt keine solche Vorschriften. Es war daher am Orte der Zweigniederlassung ein forum nur begründet, wenn nach dem Prozeßrechte ein außerordentlicher Gerichtsstand stattfand (R.O.H. Bd. 12, S. 216), z. B. das formn contractus (R.O.H. Bd. 17, S. 317) ober gestae administrationis (§§. 148, 154, Th. I, Tit.. 2 A.G.O.). Gegenwärtig kommen die Bestimnlungen der C.P.O. zur Anwendung, namentlich §. 19 Abs. 1: „Ter allgemeine Gerichts­ stand ......... derjenigen Gesellschaften............ welche als solche verklagt werden können, wird durch den Sitz derselben bestimmt. Als Sitz gilt, wenn nicht ein anderes erhellt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird......... Neben beut durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstände ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig;" ferner §. 22 Abs. 1: „Hat Jemand zum Betriebe einer Fabrik, einer Handlung oder eines anderen Gewerbes eine Niederlassung, von welcher auS unmittelbar Geschäfte ge­ schlossen werden, so können gegen ihn alle Klagen, welche auf den Geschäftsbetrieb der Nieder­ lassung Bezug haben, bei dem Gerichte des Orts erhoben werden, wo die Niederlassung sich be­ findet;" endlich §. 29: „Für Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Vertrags, auf Erfüllung oder Aufhebung eines solchen, sowie auf Entschädigung wegen Nicht­ erfüllung ober nicht gehöriger Erfüllung ist das Gericht des OrtS zuständig, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist." 4Ü) Die M. z. Eins.-Ges. (S. 42) sagen: Nach bisherigem Rechte (§§. 13, 22, 81 ff., Th. II, Tit. 6 A.L.R.) konnten weder Grundstücke noch Forderungen auf den Namen einer Handels­ gesellschaft eingetragen werden. Nach Einführung des H.G.B., welches den Grundsatz zur vollett Geltung bringt, daß das Gesellschaftsvermögen im Verhältniß der Gesellschaft zu Dritten ein für sich bestehendes besonderes Ganze bildet, welches lediglich den gesellschaftlichen Zweckett getvidmet ist, und daß die Gesellschaft Grundstücke und Forderungen auf ihren Namen erwerben kann, konnten jene früheren Vorschriften nicht mehr aufrecht erhalten tverden. Es mußte also ein dem preuß., auf dem Legalitätsprinzipe beruhenden Hypothekenverfahren entsprechender Weg gesunden werden, um die Eintragung des Eigenthums und der Forderung einer Gesellschaft in das Hypothekenbuch möglich zu machen. Zu diesem Zwecke ist das Hypothekenbuch mit dem Handels­ register in Verbindung gesetzt, was um so mehr anging, als die Eintragung in das Handelsregister für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften aus Aktien Bedingung ihrer Existenz,

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Art. 111.

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§. I41). Die Eintragung erfolgt ohne Benennung der einzelnen Gesellschafter; sie darf erst geschehen, wenn die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nachgewiesen ist. Bei der Eintragung ist die Firma der Gesellschaft und der Ort, wo sie ihren Sitz hat, anzugeben. Tritt in Bezug auf die Firma oder den Sitz der Gesellschaft eine Aenderung ein, so ist diese im Hypothekenbuche zu vermerken. und für andere Gesellschaften bei Ordnungsstrafen vorgeschrieben ist, so daß es sich recht­ fertigte, jede Eintragung in daS Hypothekenbuch für eine Gesellschaft davon abhängig zu machen, daß sie in das Handelsregister eingetragen sei. Da das letztere, nach Absicht des H.G.B., ein Organ ist, aus welchem jeder Dritte zuverlässige Auskunft erlangen kann, welche Personen im Namen der Handelsgesellschaft und für dieselbe mit rechtlicher Wirkung zu verfügen berufen sind, so konnte dies auch in Betreff des Hypothekenbuchs angenommen worden. Um nun die Führung desselben zu vereinfachen, ist davon ausgegangen worden, daß die in dem Handelsregister ent­ haltenen Eintragungen gleichwie in dem Hypothekenbuch enthalten angesehen werden. Dies hat zur Folge, daß jede Eintragung in das Hypothekenbuch aus den Namen der Gesell­ schaft sich nur aus die Bezeichnung der letzteren zu beschränken, und weder die einzelnen Gesell­ schafter noch die sonstigen daraus bezüglichen Rechtsverhältnisse zu erwähnen hat. Die Unvoll­ ständigkeit der Eintragung wird durch das Handelsregister in der Art ersetzt, daß, wenn eS sich später um Verfügungen handelt, welche in das Hypothekenbuch einzutragen sind, die Be­ rechtigung desjenigen, der die Verfügung getroffen hat, im Namen der Gesellschaft in der geschehenen Art mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte zu verfügen, aus dem Handelsregister nach­ zuweisen ist. — Die Eintragung einer Hypothek aus die Firma eines Einzelkausmanns ist nach der Ansicht des Kammergerichts unstatthaft (Johow IX, 5). tl) a. Die Frage, ob es zur Wahrung des Prinzips der Legalität schon genüge, nur den Nachweis der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu fordern, obschon bei der Eintragung der offenen Gesellschaft und der einfachen Kommanditgesellschaft in das Handels­ register der, möglicherweise nur mündlich geschloffene Gesellschaftsvertrag nicht vor­ gelegt wird (Artt. 85, 86, 150, 151 H.G.B), hat unbedenklich bejaht werden müssen, da die Eintragung in das Handelsregister nur auf Grund einer Anmeldung geschehen kann, welche von allen Gesellschaftern persönlich vor dem Handelsgericht unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht ist, ein Weiteres aber nach dem Gesetze nicht erforderlich ist, um die Gesellschaft, gleichviel waS die Parteien vereinbart haben mögen, im Verhältniß zu dritten Personen zur vollen rechtlichen Existenz zu bringen. (Artt. 88, 152 H.G.B.) Der §. 1 bestimmt übrigens, wie von selbst spricht, nicht- darüber, wie der Nachweis geführt werden müsse, daß für die Gesellschaft erworben und diese Eigenthümerin geworden sei. In dieser Beziehung bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen, nach welchen der Hypothekenrichter nur auf Grund öffent­ licher Urkunden eintragen darf. So würde z. B., wenn ein auf den Namen eines Gesellschafters eingetragenes Grundstück auf den Namen der Gesellschaft umgeschrieben werden soll, durch eine öffentliche Urkunde der Nachweis zu liefern sein, daß der Gesellschafter daffelbe der Gesell­ schaft zum Eigenthume überlassen habe. (An. 91 des H.G.B.) M. z. Einf.-Ges. 43. b. Das Kammergericht hat angenommen (Johow, Jahrbuch VI, ©. 65), daß, wenn dieselben Personen, welche eingetragene Eigenthümer eines Grundstücks sind, auch die Handels­ gesellschaft bilden, zur Jllation deS Grundstückes in die Gesellschaft (wenigstens in dem Falle, wenn die Antheile derselben Personen an der Gesellschaft die nämlichen sind, wie die MiteigenthumSquoten) Auflassung nicht erforderlich ist, daß in diesem Falle vielmehr das Eigenthum ohne solche aus den Namen der Gesellschaft umgeschrieben werden kann. — Bon der Richtigkeit dieser Entscheidung kann ich mich nicht überzeugen, einerseits, weil das frühere Sonder­ eigenthum an den Quoten aufhört und alle Sozien Miteigenthümer derselben werden, folglich eine freiwillige Veräußerung vorliegt, und andererseits, weil nicht erkennbar ist, was in jener Entscheidung unter „gleichen Antheilen an der Gesellschaft" verstanden wird; man könnte nur an die betr. Einlagen denken; in jener Entscheidung ist aber von gleichen Antheilen am

122

Zweites Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 11!?.

§. 2. Soll eine Verfügung, welche im Namen der Gesellschaft über einen der im Eingänge dieses Artikels bezeichneten Gegenstände erfolgt ist, in das Hypotheken­ buch eingetragen werden, so genügt zur Feststellung der Befugnis desjenigen, welcher im Namen der Gesellschaft verfügt hat, der Nachweis aus dem Handelsregister, dass derselbe zu der Gesellschaft in einem Verhältnis gestanden hat, wodurch er nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs befugt war, in der geschehenen Art im Namen der Gesellschaft mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte zu verfügen. §. 3. Die Nach Weisungen aus dem Handelsregister weiden durch Atteste des Handelsgerichts geliefert, welches das Handelsregister führt42).

Artikel 112. Die Gesellschafter haften für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen. Eine entgegenstehende Verabredung hat gegen Dritte keine rechtliche Wirkung"). Pr. Entw. Art. 91. Abs. 2. Entw. I. Art. 111. Entw. II. Art. 111.

Prot. S. 165 f. Prot. S. 1002. Prot. S. —

Gewinn und Verlust die Rede, was hier jedenfalls irrelevant erscheint. — DaS Kammergerichl nimmt ferner an (JohowVII, 69), daß Auflassung erforderlich ist, wenn die Gesellschaster einer ausgelösten Handelsgesellschaft einem der ehemaligen Gesellschafter das Eigenthum an Grund­ stücken übertragen, während (VIII, 65) die bloße Eintragung einer Aenderung der Firma bei bestehen bleibendender Gesellschaft eine Auslassung nicht erforderlich macht, auch wenn die Aenderung durch das Ausscheiden eines Gesellschafters veranlaßt ist. 42) Ueber die im §. 3 gedachten Atteste s. Jnstr. Th. I, §. 15, und zu dem Art. 23 des Einf.-Ges. überhaupt vgl. Jnstr. Th. I, §§. 102—105. 4,1j a. Der Art. 112 enthält den für das Verhältniß der offenen Gesellschaft Dritten gegenüber wichtigen Satz, daß jeder Gesellschafter für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft (also auch für Strafen und Schadensersatz auS Verträgen der Gesellschaft, S t r. Bd. 67, S. 143, solidarisch (d. h. ganz, nicht antheilweise, Art. 281) und mit seinem ganzen Vermögen, also nicht etwa bloß mit seinem Antheile am Gesellschaftsvermögen, sondern auch mit seinem Privatvermögen hastet (P. 162—165), und daß eine entgegenstehende Verabredung unter den Gesellschaftern Dritten gegenüber keine rechtliche Wirkung hat. iP. 165, 166.) Das Letztere wird auch dann gelten, wenn der Dritte die Abrede, wonach die Gesellschafter nur für Quoten haften wollen, bei Eingehung eines Geschäftes mit der Gesellschaft gekannt hat, oder jene unter den Gesellschaftern getroffene Abrede ihm ausdrücklich mitgetheilt worden ist. Die Solidarhaft der Gesellschafter nach Außen ist als zum Wesen der offenen Handelsgesellschaft gehörig betrachtet worden; sie erstreckt sich aber nur so weit, als die Gesellschaft haftet (R.O.H. Bd. 25, S. 126), und daher stehen dem aus der Solidarhaft in Anspruch genommenen Gesellschafter alle Einreden zu, deren die Gesellschaft sich bedienen könnte. — Unter einander (Art. 92) haften die Sozien nicht solidarisch, und zwar auch insoweit nicht, als der einzelne Gesellschaster etwa Gläubiger der Gesellschaft ist (R.O.H. Bd. 13, S. 145), vielmehr ent­ scheidet, wenn ein Gesellschafter Gläubiger der Gesellschaft geworden ist, der Gesellschafts­ vertrag darüber, wieviel jeder der in Anspruch genommenen Gesellschafter aus seinem Privat­ vermögen ohne Solidarhaft zur Deckung der Forderung des gedachten Gläubigers nach Abzug des ihm selbst obliegenden Beitrags zu zahlen hat (vgl. §§. 492—494, I, 16 A.L.R.). — Bei dem Abschlüsse eines Handelsgeschäfts für gemeinschaftliche Rechnung muß der nicht-handelnde Gesellschaster auch für den dolus des Handelnden auskommen; aber der bona-fide handelnde Gesellschaster haftet nicht für den dolus des von ihm vertretenen nicht-handelnden Socius (R.O.H« Bd. 16, S. 155).

Erster Titel.

Bon der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 113.

123

Artikel 113. Wer in eine bestehende Handelsgesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern für alle von der Gesellschaft vor seinem Eintritte eingegangenen Ver­ bindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht. Ein entgegenstehender Vertrag ist gegen Dritte ohne rechtliche SBirhmg44). Pr. Entw. Art. 89. Euiw. I. Art. 112. Entw. II. Art. 112.

Prot. S. 279- 284. Prot. S. 1002. 1431-1485. Prot. S. —

b. Das Obertr. (Entsch. Bd. 62, S. 175) ver wirft die Ansicht, daß die Hingabe eines Wechsels für eine Kausgelderschuld dieselbe novirt, und hat deshalb angenommen, daß der Theilhaber einer offenen Handelsgesellschaft von seiner Verhaftung für eine Kaufgelderschuld der­ selben dadurch nicht befreit wird, daß er auS der Gesellschaft ausscheidet, dies bekannt gemacht wird, und demnächst der Gläubiger sich einen von ihm (dem Gläubiger) auf die Handelsfirma gezogenen Wechsel über den Schuldbetrag von Demjenigen, welcher die Handlung fortführt, acceptiren läßt, gleichviel ob der Gläubiger den Wechsel behält oder fortgiebt. Auch das R.O.H. (Bd. 4, S. 365; Bd. 5, S. 253; Bd. 7, S. 43; Bd. 9, S. 245; Bd. 10, S. 48 u. 133; Bd. 14, S. 418; Bd. 17, S. 270; Bd. 23, S. 316) nimmt allgemein an, daß in der Regel die Begebung und Annahme eines Wechsels weder als Novation, noch als Zahlung, noch als ein anderer Erlöschungsgrund für das ursprüngliche Schuldverhältniß erscheint, daß aber, wenn der Wechsel zahlungshalber angenommen ist (worin jedoch nicht die Uebernahme eines JncaffoMandats liegt, Bd. 23, S. 316), die ursprüngliche Forderung so lange suspendirt ist, bis feststeht, daß der Gläubiger keine definitive Zahlung erlangt hat, daß dieser also nur unter der Voraussetzung auf die ursprüngliche Forderung zurückgreifen darf, daß ihm durch den Wechsel keine oder doch keine dauernde Befriedigung geworden ist. Der Wechsel­ nehmer haftet dem Gtber für jedes Versehen bei Einziehung der Wechselsumme und kann durch ein solches einen zur Kompensation geeigneten Schadensersatz gegen sich begründen; er kann nur gegen Rückgabe des unversehrten Wechsels Zahlung der ursprünglichen Schuld verlangen oder muß mindesten- darthun, daß eine etwaige Bitiirung des Wechsels ohne sein vertretbares Verschulden eingetreten ist. In einem späteren Urtheile (Bd. 19, S. 175) wird hervorgehoben: die vom Gläubiger verschuldete Präjudizirung des Wechsels (oder Einlösung desselben ungeachtet seiner Präjudizirung, er mag acceptirt sein oder nicht, Bd. 20, S. 85, Bd. 23, S. 106) hindere die Einklagung der ursprünglichen Kausgelderschuld, und mache ihn nicht etwa bloß entschädigungspflichtig, denn wenn das Accept eines Dritten zahlungs­ halber auf eine bestehende Schuld gegeben und angenommen werde, dann gehe der Wille beider Theile dahin, daß der Gläubiger deS Rückgriffs verlustig sein solle, wenn er durch wechselwidriges Verhalten das Erlöschen der Wechselverpflichtung des Acceptanten herbeiführe. Der Wechsel­ nehmer (Bd. 21, S. 38) hat im Streitfälle den Beweis zu führen, daß er bei der versuchten Einziehung des Wechsels die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns angewendet habe. — Die Scontration dagegen (d. h. die Ausgleichung mittelst Hereinziehung aller für einen bestimmten Zeitpunkt in einem Effekt fälliger Engagements in einem Ausgleichsverfahren zur möglichsten Ersparung der Effektivlieserungen) wirkt wie eine Novation hinsichtlich aller in das Scontrationsverfahren hineingezogenen Lieserungs- und Abnahmeverpflichtungen. (Bd. 20, S. 25.) ") a. Der Art. 113 handelt nur von dem Falle, wenn Jemand in eine (gemäß Art. 110, Abs. 2) mit Wirksamkeit nach Außen (Bd. 17, S. 355) bereits bestehende offene (Bd. 6, S. 15) Handelsgesellschaft eintritt, wenn auch gleichzeitig taut Abrede der eine der bereits vorhandenen zwei Gesellschafter austritt, aber doch die Absicht besteht, die seitherige Handels­ gesellschaft fortzusetzen und nur einen Wechsel in der Person des einen Sozius eintreten zu lassen (Bd. 14, S. 152). — Der Art. 113 handelt aber nicht von dem Falle, wenn Jemand in das Handelsgewerbe, welches bisher ein einzelner Kaufmann betrieben hat, eintritt und dadurch

124

Zweites Buch.

Von den Handelsgesellschaften. Art. 111

erst eine Handelsgesellschaft gebildet wird. Die Frage über die Haftbarkeit des Eintretenden in dem letzteren Falle ist mehrfach von der Konferenz ventilirt (P. 279—283, 1431—1435), aber nicht erledigt worden. Das Handelsappellationsgericht zu Nürnberg (Centralorgan Bd. III, S. 186) ist der Meinung, daß die Haftbarkeit in solchen Fällen von der durch die Umstände zu ermittelnden Absicht der Parteien und ihren Aeußerungen (z. B. in den Cirkularen) abhänge. Das Obertr. (Str. Bd. 77, S. 12; Entsch. Bd. 63, 3. 243) nimmt zwar auch für diese Fälle die solidarische und direkte Haftung des Eintretenden für die vor seinem Eintritte entstandenen Schulden der Handlung an, jedoch soll dies nur gelten, wenn die Handlung unter der früheren Firma fortgeführt wird, also nicht, wenn diese eine Aenderung erleidet. Das R.L.H. (Steg. Bd. 1, 3. 127 u. 367) ist dieser extensiven Ansicht nicht beigetreten; es hat viel­ mehr angenommen, daß der Art. 113 aus der Voraussetzung des Eintritts in eine bestehende Handelsgesellschaft beruht, also nicht ein allgemeines Prinzip für die Succession in Handelsgeschäfte zum Ausdruck bringt; im Uebrigen hat es sich der angeführten Meinung des H.A.G. zu Nürnberg angeschlossen, daß der in das Geschäft eines Einzelkauimanns Eintretende (gleichviel ob die Firma beibehalten oder geändert wird), dann für die früheren Schulden haftbar wird, wenn die Uebernahme des bestehenden Handelsgeschäfts mit allen Passiven von beit Betheiligten in öffentlichen Blättern oder durch Cirkttlare oder in sonstiger Weise öffentlich bekannt gemacht wird. Dies folge aus dem Wesen und Zwecke der öffentlichen Bekanntmachung (eines nach Handelsgebrauch selbstständig wirksamen, von der Acceptation des Geschästsgläubigers un­ abhängigen, obligatorischen Dispositivakts, Bd. '21, S. 233) und aus dem Prinzipe von Treue und Glauben, da die Ablehnung der Haftung nach solcher Bekanntmachung offenbar dolos wäre. — Das R.G. VIII, 66 nahm eine mit dem Antrage aus Bekanntmachung gemachte Anmeldung des Einzelkausmanns und des hinzutretenden Sozius, daß die Firma des Ersteren mit den vorhandenen Aktiven und Passiven fortgeführt werde, als genügend an, um den Letzteren gegenüber den Geschäftsgläubigern zu obligiren, weil auch die Registerakten Jedermann zur Einsicht offen stehen und also eine auch für die Gläubiger bestimmte Erklärung vorliege. — Liegt eine gegenüber Dritten wirksame, allgemeine Erklärung vor, daß die Aktiva und Passiva mit der Firma übernommen werden, so erstreckt sich die Haftung des Uebernehmers nicht nur auf die vertragsmäßigen Schulden, sondern auf alle Verpflichtungen, welche mit dem Geschäftsbetriebe in einer so engen Verbindung stehen, daß sie als eine Folge derselben erscheinen (wie z. B. aus Entschädung wegen Verletzung der aus dem Dienstvertrage mit Arbeitern gesetzlich entspringenden Verpflichtungen, §. 120 R.Gew.L.. oder aus Schadensersatz wegen Patentverletzungen) R.G. XV, 54 u. 133. b. Das Obertr. (Entsch. Bd. 57, S. 357; Str. Bd. 70, 8. 356; Bd. 71, S. 550; Bd. 74, S. 38) deduzirt aus dem Art. 113, daß, wenn die darin enthaltenen Rechtssätze schon auf den Anwendung finden, welcher in eine Sozietät eintritt, dieselben umsomehr von demjenigen gelten müssen, welcher ein Geschäft mit Ausscheidung des bisherigen Inhabers allein über­ nimmt und unter der alten Firma (welcher durch einen Zusatz wie; „Nachfolger" nicht als alterirt anzusehen ist, Str. Bd. 78, S. 230) fortführt; die Handlungsgläubiger seien deshalb für befugt zu erachten, sich ohne Weiteres auch au den neuen Erwerber wegen ihrer älteren Forderungen zu halten, ganz gleich, was zwischen diesem und dem Veräußerer des Geschäfts über die bereits vorhandenen Handlungsschulden ausgemacht sei. Dagegen Erk. des R.L.H. Bd. 2, S. 47; Steg. Bd. 1, S. 285, wo diese Ansicht mit überzeugenden Gründen widerlegt wird; vgl. auch R.L.H. Bd. 3, S. 363 und Note 22 e zu Art. 23. c. Aus der Stellung des Art. 113 im dritten Abschnitte dieses Titels ergiebt sich, daß derselbe nur das Rechtsverhältniß des neu Eintretenden zu den früheren Gläubigern der Gesellschaft, nicht aber das Verhältniß zwischen dem neuen Sozius und älteren S ozieu betrifft. Unter diesen kann beliebig verabredet werden (M. 48), ob und inwieweit der Eintretende für die früher entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft hasten soll.

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Art. J14.

125

Artikel 114. Jeder zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter ist ermächtigt, alle Arten von Geschäften und Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft vor­ zunehmen, insbesondere auch die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke zu ver­ äußern und zu belasten45). Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, welche ein zur Vertretung der Gesellschaft befugter Gesellschafter in ihrem Namen schließt, berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Gesellschaft geschloffen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, daß es nach dem Willen der Kontrahenten für die Gesellschaft geschloffen werden sollte45). Pr. Entw. Art. 114. Abs. 1. Euw. I. Art. 113. Elltw. II. Art. 113.

Prot. S. 175. 192. 214. Prot. S. 1003. Prot. S. 4663- 4670.

d. Die Haftung des Eintretenden findet auch dann statt, wenn die Firma eine Aenderung erleidet, z. B. (P. 281) den Zusatz „et Comp.“ erhält. Man ging davon aus (P. 281 u. 1003), der Name einer Handlung sei doch mehr die Nebensache, die Hauptsache sei das Geschäft, und wenn dieses dasselbe, das alte bleibe, müsse die fragliche Haftung des neu eintretenden Gesell­ schafters Platz greifen. Hiernach ist die Frage, ob eine alte Gesellschaft fortbesteht oder eine neue begründet wird, zu einer faktischen gemacht, bei deren Beantwortung auf die Erklärungen der Gesellschafter an ihre Geschäftsfreunde, auf die größere oder geringere Aenderung der Firma, auf die unveränderte äußere Geschäftsführung, namentlich auf die Thatsache, ob eine Liquidation stattgefunden hat, selbst auf das innere Moment, ob der alte Handlungssonds beibehalten wird, und dergleichen Umstände Rücksicht zu nehmen ist. Der bloße Hinzutritt eines neuen Gesellschafters und die bloße Aenderung der Firma sind jedoch nicht entscheidend. 46) a. Der Abs. 1 des Art. 114 ist erst in dritter Lesung (P. 4670) aufgenommen worden. Er ist bestimmt, den materiellen Umfang der Befugnisse eines zur Vertretung der Sozietät befugten Gesellschafters zu bezeichnen. Nach zwei Richtungen geht die Vollmacht weiter, als die eines Prokuristen (Art. 42); sie ist nicht beschränkt auf die Geschäfte und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (P. 214 u. 4665), vielmehr ist sie aus alle Arten von Geschäften und Rechtshandlungen im Namen der Gesellschaft ausgedehnt, selbst wenn diese keine Handelsgeschäfte sind oder außerhalb des Handels­ gewerbes der Firma liegen (R.G. XXVI, 18), und außerdem ist sie auch auf die Veräußerung und Belastung der der Gesellschaft eigenthümlich gehörenden (nicht bloß zur Benutzung inferirten, P. 4669) Grundstücke erstreckt. b. Man ging davon aus (P. 4665), daß durch die dem Abs. 1 ertheilte Fassung die Einrede des Dolus von feiten der Gesellschaft, wenn sie aus Geschäften eines geschäfts­ führenden Gesellschafters von einem Dritten belangt werde, nicht unbedingt ausgeschloflen sei, sondern daß trotz der vom Gesetze dem geschästssührenden Gesellschafter beigelegten un­ umschränkten Vollmacht jene exceptio zulässig sei, wenn der Gesellschafter betrügerisch gegen die Gesellschaft gehandelt und der Tritte an dem Dolus desselben Theil genommen habe. Vgl. R.L.H. Bd. 7, S. 404; Bd. 8, S. 392; Bd. 9, S. 432; Steg. Bd. 8, S. 325. R.G. IX, 149. c. Aus dem von einem firmirenden Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft in blanco ausgestellten und ausgehändigten Accepte können auch nach Auflösung der Gesell­ schaft die übrigen Gesellschafter, selbst wenn der Wechsel erst demnächst ausgefüllt ist, in Anspruch genommen werden, und es steht ihnen nur die Einrede des dolus aus der civilrechtlichen causa gemäß Art. 82 W.O. zu (R.O.H. Bd. 21, S. 329).

Zweites Buch.

126

Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 115.

Artikel 115. Die Gesellschaft wird durch Rechtsgeschäfte eines Gesellschafters nicht ver­ pflichtet, wenn derselbe von der Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, ausgeschloffen 46) a. Der Abs. 2 des Art. 114 bestimmt zuvörderst die formellen Wirkungen der gesellschaftlichen Stellvertretung (P. 4636, 4664, 4669) und will sagen: Wenn überhaupt ein Sozius durch seine Rechtsgeschäste die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet, so geschieht dies in der Weise (analog dem Art. 52 Abs. 1), daß die Gesellschaft unmittelbar gegenüber dem Dritten berechtigt und verpflichtet wird, und daß es nicht erst einer Cession aus dem betreffenden Geschäfte bedarf.

Sodann bestimmt der Abs. 2 (analog dem Art. 52 Abs. 2), wann anzu­

nehmen sei, daß ein Gesellschafter für die Gesellschaft habe kontrahiren wollen, insbesondere daß der Gebrauch der Gesellschasts f i r m a bei dem Abschlüsse des Geschäfts nicht nothwendig ist.

unbedingt

(Dieser Satz bezieht sich selbstverständlich nicht auf solche Rechtsgeschäfte, für

welche besondere F o r m Vorschriften wie z. B. beim Wechsel bestehen, R.O.H. Bd. 14, S. 202; Bd. 20, S. 262.) Immerhin muß der kontrahirende Sozius sowie der Dritte den Willen haben, für resp. mit der Gesellschaft zu kontrahiren, da es sonst an dem erforderlichen Konsense über die Person des einen Kontrahenten fehlen würde (Bd. 16, S. 357). Sieht aber der Wille Namens der Gesellschaft und mit ihr zu kontrahiren fest, so ist eine ungenaue oder irrige Bezeichnung derselben ohne Einfluß auf die Gültigkeit des Vertrages und ihre Ver­ pflichtung (R.G. XXVIII, 120). einer

offenen Handelsgesellschaft

Eine gesetzliche Vermuthung dafür, bei Abschließung

eines

daß ein Theilhaber

Handelsgeschäfts

als

Vertreter

der

Gesellschaft handele, besteht nicht (Bd. 18, S. 226), aber ebensowenig eine ^Vermuthung für das Gegentheil, und zwar auch dann nicht, wenn derselbe einen Wechsel unter seinem Privat­ namen wie

aus stellte (Bd. 22, S. 62).

die Gesellschaftsfirma,

Lautet

deren Theilhaber er

der Privatname eines Kaufmanns ebenso ist,

den von

ihm geschlossenen

Verträgen nach den Umständen zu entscheiden, in welcher Eigenschaft

so

ist bei

er gehandelt hat

(R.G. XVII, 75). b.

Der Abs. 2

spricht nur von

geschäfte eines Gesellschafters.

der Verpflichtung

der Gesellschaft

In erster und zweiter Lesung

durch Rechts­

(P. 214 n. 1005) war auch

bestimmt worden, daß die Gesellschaft für den Schaden haftet, welcher von einem zur Ge­ schäftsführung befugten Gesellschafter in Ausführung der Geschäfte der Gesellschaft einem Dritten zugefügt worden ist.

Dieser Satz ist jedoch in dritter Lesung (P. 4528, 4518) gestrichen worden,

so daß es in dieser Beziehung an einer unmittelbaren Entscheidung im H.G.B. fehlt. — Ein Sozius hatte bei seinen Rechtsgeschäften für die Firma die Marke eines Dritten unbefugt gebraucht.

Das R.G. (X, 300) nahm an, daß nach r h e i n. Recht auch der andere Sozius

civilrechtlich für den Schaden dem Dritten haftet, weil er durch die Eingehung der Sozietät kraft Rechtssatzes Vollmacht zur Abschließung von Rechtsgeschäften ertheilt habe und die betr. Rechts­ geschäfte selbst ein Delikt gegen den Dritten enthalten.

Dagegen nahm es (wie R.G. XV, 125

berichtet ist) in einem nicht nach bem Code zu beurtheilenden Falle an,

daß der Inhaber

eines Verlagsgeschäfts durch den von seinem Handlungsbevollmächtigten (gewählten Vertreter) mit Fahrlässigkeit verübten Nachdruck nicht als fahrlässiger Nachdrucker ersatzpflichtig werde.

In dem Urtheil Bd. XV, 121

griffe eines geschäftsführenden

ist die Haftung der Gesellschaft für wissentliche Ein­

Sozius

in fremde Rechte

(wie Firmen —

Urheber —

Markenschutz — Patentrecht u. dgl.) durch Handlungen, welche dem Geschäftsbetriebe der Gesell­ schaft nach Zweck, Mittel oder Ergebniß angehören, ausführlich erörtert und bejaht. Endlich ist Bd. XVII, 95 angenommen, daß die Gesellschaft auch für denjenigen Schaden hastet, welchen ein Gesellschafter durch

rechtswidrige Akte (Delikte, z. B. Betrug) bei seiner Geschäftsführung

unter dem Namen der Firma anrichtet. c. Die von einem Gesellschafter nach Maßgabe des Art. 114, Abs. 2 geschlossenen Rechts­ geschäste gelten auch seinen Mit ge sei lschafte r n gegenüber bis zum Beweise des Gegentheils als für die Gesellschaft geschlossen (R.O.H. Bd. 18, S. 117).

Erster Titel.

Bon der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 116.

127

(Artikel 86. Ziff. 4.), oder seine Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, aufgehoben ist (Artikel 87.), sofern hinsichtlich dieser Ausschließung oder Aufhebung die Voraus­ setzungen vorhanden sind, unter welchen nach Artikel 46. hinsichtlich des Erlöschens der Prokura die Wirkung gegen Dritte eintritt47). Pr. entto. Art. 114. Nr. 1. Prot. S. 174. 210. Entto. I. Art. 116. Nr. 1. Prot. S. 1008. ent». II. Art. 114.

Prot. 6. 4527.

Artikel 116. Eine Beschränkung des Umfanges der Befugniß eines Gesellschafters, die Ge­ sellschaft zu vertreten, hat dritten Personen gegenüber keine rechtliche Wirkung; ins­ besondere ist die Beschränkung nicht zulässig, daß die Vertretung sich nur auf gewiffe Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken, oder daß sie nur unter gewissen Um­ ständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden solle48). Pr. entto. Art. 94. 114. entto. I. Art. 114. entto. II. Art. 115.

Prot. S. 174. 210. Prot. S. 1004. Prot. S. 4528. 4684- 4686.

47) a. Eine Verpflichtung der Gesellschaft durch die Rechtsgeschäste eines Gesellschafters tritt nicht ein. wenn dieser von Anfang an oder nachträglich von der Geschäftsführung gänzlich ausgeschlossen oder nur in Gemeinschaft mit einem oder mehreren anderen Gesellschaftern zu derselben für befugt erklärt worden ist (diese beiden Fälle hat man durch das Citat des Art. 86, Ziff. 4 treffen wollen, P. 1004), und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach Art. 46 hinsichtlich des Erlöschens der Prokura die Wirkung gegen Dritte eintritt (vgl. die Noten zu diesem Art.). — S. den RechtSsall Entsch. des Obertr. Bd. 59, S. 285. b. Auch wenn die Kollektivvertretung (oder was damit identisch, die Kollektivzeichnung, R.G. XXIV, 28) in das Handelsregister eingetragen ist, kann sie durch thatsächliche Ueber* affung eines Geschäftszweiges zur alleinigen Ausübung an einen der Gesellschafter außer Kraft gesetzt sein oder dem Dritten gegenüber dafür gelten, wenn die Ergebnisse solchen Handelnfortgesetzt unbeanstandet von der Gesellschaft, wenngleich auch nur Anderen gegenüber, übernommen oder Einrichtungen zur Erfüllung der von einem Gesellschafter allein geschlossenen Geschäfte ohne Einholung der Genehmigung der übrigen getroffen sind (R.G. V, 18). Auch erachtet daS R.G. (XXIV, 28) eS nicht für unzulässig, einzelnen Kollektivertretern im Gesellschafts­ vertrage die Ermächtigung zu ertheilen, bestimmte Rechtsgeschäfte mit einer einzelnen bestimmten Person abzuschließen. 46) a. Der Umfang der Vollmacht eines Gesellschafters ist nach Außen hin ein gesetzlich bestimmter (Art. 114). Hieraus folgert daS Obertr. (Erk. v. 8. Mai 1865, S t r. Bd. 64, S. 117), daß ein Gesellschafter der sonst nach den Landesgesetzen erforderlichen Spezialvollmacht, z. B. zur (Ernennung eines Schiedsgerichts (§. 101, I, 13 A.L.R.), nicht bedarf. — Es ist aber zulässig, die Vollmacht einem Gesellschafter gänzlich zu nehmen; auch können mehrere Gesell­ schafter zu Trägern einer Vollmacht (cfr. jedoch Note 8, b zu Art. 86 und die vorstehende Note 47b) bestellt werden, ein Fall, welcher der Kollektivprokura ähnlich ist; alle materiellen Beschränkungen der Vollmacht aber sind Dritten gegenüber für unwirksam erklärt (Art. 116), und können deshalb auch in das Handelsregister nicht eingetragen werden (Jnstr. 1, §. 55). b. Im Entw. zweiter Lesung (Art. 115 desselben) war bestimmt, daß auch die Beschränkung eines Gesellschafters „auf gewisse Geschäftszweige" nicht zulässig sein solle. Hiergegen wurde in dritter Lesung R.L.H. Bd. 11, 103, N. 4C zu Art. 85). — Einen Rechtsfall, Recht eingeräumt war,

für ihre Rechnung,

S. 102;

des

durch die Beerbung

Bd. 23,

S. 166,

aber mit den vollen Befugnissen und Pflichten, wie

sie dem Verstorbenen zustanden, einen Vertreter zu bestellen, s. R.G. II, 30. scheidung ist jedoch nicht überzeugend,

denn

R.G. X,

in welchem den Erben eines Gesellschafters das

es

Die dortige Ent­

dürfte schwerlich die Absicht der Kontrahenten

gewesen sein, daß der Vertreter die Stellung eines Prokuristen, also weder die Rechte noch die Pflichten des verstorbenen Sozius haben solle. — Ausführlich erörtert ist die Vertragsklausel, „daß die Gesellschaft mit den Erbet! des Verstorbenen fortgesetzt werden soll", des R.G. XVI, 41. angegeben,

daß

in dem Urtheil

Die gesetzliche Wirkung derselben (wenn nur dies bedungen ist) wird dahin

diejenigen,

welche

Erben

werden,

nunmehr

Gesellschafter

sind

und

daher

solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen für die Gesellschaftsschulden haftbar werden, gleichviel ob sie im Uebrigen Benefieialerben

sind oder nicht.

Verworfen ist a.

im gedachten Falle erst noch eines besonderen Beitritts

die Meinung, daß es

der Erben zur Sozietät bedürfe —

weil dies Erforderniß nicht zu dem F ortbestehen der Gesellschaft, sondern zur Begründung eines neuen Gesellschaftsverhältnisses

durch neue Willenserklärung führen würde;

b. die Meinung,

daß die Erben als eine dem Erblasser vertretende, nur mit dessen Nachlaß haftbare Personeu­ es n heit zu erachten wären, und daß sie erst dann mit ihrem eigenen Vermögen haftbar würden, wenn sie gegen diese Haftung nicht ihr Widerspruchsrecht thatsächlich schaft fortsetzten — weil mehrere Personen nicht

zusammen

ausübten

und die Gesell­

die Rechtsstellung als ein Gesell­

schafter einer offenen Handelsgesellschaft einnehmen könnten. — In jenem Urtheile ist die Zulässig­ keit anderer Vertragsabreden über den Eintritt der Erben selbstverständlich anerkannt.

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Art. 123.

135

3) durch die Eröffnung de- Konkurse- über da- Vermögen eine- der Gesell­ schafter oder durch die eingetretene rechtliche Unfähigkeit eine- der Gesell­ schafter zur selbstständigen Vermögensverwaltung^); 4) durch gegenseitige Uebereinkunft; 5) durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen ist*4),* *sofern nicht die Gesellschafter dieselbe stillschweigend fortsetzen; in diesem Falle gilt sie von da an als auf unbestimmte Dauer eingegangen*); 6) durch die von Seiten eines Gesellschafters geschehene Aufkündigung, wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer eingegangen ist. Eine auf Lebenszeit eingegangene Gesellschaft ist als eine Gesellschaft von unbestimmter Dauer zu betrachten*). Pr. (Eittto. Att. 118. Ent®. I. Att. 118. (Ent®. II. Art. 119.

Prot. S. 280-285. Prot. S. 1007. Prot. S. —

b. Die obige Bestimmung ändert das ältere preußische Recht; denn während ftüher die Erben in Ermangelung entgegenstehender Verabredungen noch bis zum Ende des SozietätSjahreS am Gewinne und Verluste der Sozietät Theil nahmen (§§. 661 ff., II, 8 A.L.R.), tritt jetzt in Ermangelung entgegenstehender Abreden die Auflösung der Gesellschaft sofort ein, woraus jedoch nicht folgt, daß die offene Handelsgesellschaft durch den Tod eines Handels­ gesellschafters in jeder Hinsicht zu bestehen aufhört; eS kann daher sehr wohl noch nach dem Tode eines Gesellschafters ein die Gesellschaft treffender Verlust eintreten (R.G. XVII, 96). 8) a. Im Falle der Eröffnung des Konkurses über daS Vermögen eines Gesellschafters muß neben diesem Konkurse die Liquidation oder die sonstige Auseinandersetzung der Gesell­ schaft erfolgen. (Str. Bd. 68, S. 323.) Att. 44 ReichS-K.O. b. ES gehören namentlich hierher: die gerichtliche Entmündigung (Jnterdiktion) und die Prodigalitätserklärung. Physische Unfähigkeit fällt dagegen nicht unter diese Kategorie, sondern unter Att. 125, Nr. 5. — Die gesetzlichen Vertreter deS Unfähigen können nicht an besten Stelle an der Gesellschaft Theil nehmen, denn die Gesellschaft würde dadurch eine wesentlich andere werden. M. 66. P. 232. 4) ES wurde bemerkt: daß dieser Satz sowohl den Fall der Verabredung eines eigentlichen dies, als auch den Fall einer Verabredung, wonach die Gesellschaft bis zum Eintritte eines anderweitigen EreignisieS dauern solle, in sich begreift. P. 1007. R) ES findet daher aus solche fortgesetzte Gesellschaften der Att. 124 Anwendung, so daß mit der in jenem Artikel gedachten Frist sofort gekündigt werden kann. •) Der letzte Absatz des Att. 123 ist auS der Erwägung hervorgegangen, daß Gesellschafts­ verträge auf die Lebenszeit eines, mehrerer oder aller Gesellschafter wohl kaum anders als von jungen unerfahrenen Leuten geschloffen werden würden, und eS wünschenSwerth sei, ihnen die Gelegenheit zu geben, eine Unbesonnenheit wieder gut zu machen, für welche sie sonst während des ganzen Lebens büßen müßten, daß es auch der sittlichen Freiheit deS Menschen widerspreche, sich für eine Bereinigung bloß jum Zwecke des Erwerbes auf Lebenszeit zu binden. — Da­ gegen wurde freilich bemerkt, daß hiernach ein auf Lebensdauer geschloffener Gesellschafts­ vertrag gegen die Absicht der Kontrahenten weniger bindend sei, als einer, der aus eine be­ stimmte Zeit, z. B. aus zwei Jahre, geschloffen worden; während bei dem letzteren der Sozius wenigstens zwei Jahre lang gebunden sei, stehe bei Verträgen auf Lebensdauer das Recht der Kündigung alsbald nach dem Bettragsschluffe zu. P. 233. — Vgl. §. 289, Th. I, Tit. 17 A.L.R. u. Code Napoleon art. 1844, Art. 170, Abs. 2, Art. 261, Abs. 2. — Wenn die BettragSdauer auf die Lebenszeit eincS der Konttahenten gestellt ist, so findet der letzte Absatz deS Art. 123 Anwendung, gleichviel wessen Lebenszeit für die erstere maßgebend sein soll (R.G. XX, 166)'

136

Zweite- Buch. Bon den HandelSgesrllschasten. Artt. 124. 125.

Artikel 124. Die Aufkündigung einer Gesellschaft von unbestimmter Dauer Seitens eine» Gesellschafters muß, wenn nicht ein Andere» vereinbart ist, mindestens sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft erfolgen'). Pr. , S. 206). S. die folgende Note 19, c. 19) a. Der Pr. Entw. (Art. 126) hatte eine Frist von einem Jahre angeordnet, nach deren Ablauf unter allen Umständen der Ausgeschiedene den Nachweis der Beendigung der lausenden Geschäfte, die Auszahlung der hiernach auf ihn fallenden Beträge und seine Ent­ lastung von den Gesellschaftsschulden sollte fordern können. Man entschied sich jedoch gegen jede Fristbestimmung, weil eine gesetzliche Frist bald zu lang, bald (namentlich bei Geschäften nach außereuropäischen Plätzen) zu kurz sein werde, und weil eine richterliche Fristbestimmung theils unangemessen sei, theils wegen der Dauer deS Prozesses erfolglos fein werde. P. 245. b. Der Ausgeschiedene oder Ausgeschlossene hat die int letzten Abs. des Art. li-to be­ zeichneten Befugnisse, „wenn eine frühere vollständige Auseinandersetzung nicht möglich ist". Ist dieselbe früher möglich, so kann er aus Auseinandersetzung klagen iP. 244). Hierin fand man den Schutz gegen eine chikanöse Verzögerung der Auseinandersetzung. c. Den Gläubigern der Gesellschaft bleibt der Ausgeschiedene oder Ausgeschlossene aus den bisherigen Geschäften der Gesellschaft nach wie vor verhaftet, wenn er sich auch über diese Schulden mit seinen Sozien auseinandergesetzt hat. Zu seinen Gunsten tritt jedoch die in den Ant. 146 ff. angeordnete Klagverjährung ein. Gegenüber seinen srü Heren Gesellschaftern hat er einen Anspruch daraus, daß die Gesellschaft nach Maßgabe der Auseinandersetzung, wie sie erfolgt ist oder von ihm gefordert werden kann, die Gesellschaftsschttlden so bezahlt, daß er wegen derselben nicht angegriffen werden kann. Diesen Anspruch

Erster Titel. Bon der offenen Handelsgesellschaft. Artt. 131. 132.

143

Artikel 131. Ein ausgeschiedener oder ausgeschlossener Gesellschafter muß sich die Aus­ lieferung seines Antheils am Gesellschaftsvermögen in einer den Werth desselben darstellenden Geldsumme gefallen lassen; er hat kein Recht auf einen verhältnißmäßigen Antheil an den einzelnen Forderungen, Waaren oder anderen BermögenSstücken der Gesellschaft-"). Pr. Eutw. Art. 127. Eutw. I. Art. 125. Eutw. II. Art. 126.

Prot. 6. 247. Prot. 8. 1008. Prot. S. —

Artikel 132. Macht ein Privatgläubiger eines Gesellschafters von dem nach Artikel 126. ihm zustehenden Rechte Gebrauch, so können die übrigen Gesellschafter auf Grund eines einstimmigen Beschlusses statt der Auflösung der Gesellschaft die Auseinander­ setzung und die Auslieferung des Antheils des Schuldners nach den Bestimmungen der vorhergehenden Artikel vornehmen; der letztere ist dann als aus der Gesell­ schaft ausgeschieden zu betrachten^). Pr. Entw. Art. — Eutw. I. Art. — Eutw. II. Art. -

Prot. S. — Prot. S. — Prot. S. 4639. 5144.

aus Liberation kann er geltend machen, sobald er von einem Gläubiger angefaßt wird. Der Liberationsanspruch ist sachlich identisch mit dem Regreßanspruch auf Erstattung, falls der Ausgeschiedene gezahlt hat (R.G. XXVII, 58), — Seine RestilutionSpflicht für Depositen erlischt, wenn der Deponent zu erkennen giebt, daß er daS Depositum der neuen Gesellschaft anver­ trauen wolle, oder wenn er statt der deponirten Sache demnächst eine andere deponirt. (R.O.H. Bd. 19, S. 23.) 20) a. Zur Begründung dieser Bestimmung wurde angeführt: Nach gemeinem Rechte habe das Ausscheiden eines Gesellschafters die Folge, daß über daS Gesellschaftsvermögen eine sörmliche Auseinandersetzung gemacht werden müsse. ES sei aber ein unverkennbares Bedürfniß, auch daS Gegentheil möglich zu machen, daß die Gesellschaft unter Festhaltung der bestehenden Aktiva und Passiva und ihres ganzen gewerblichen Verkehrs fortgesetzt werde. Um dies zu ermöglichen, sei der Satz nothwendig, daß der ausgeschiedene Sozius seinen Antheil am Geschäftsvermögen nicht in Natur, durch Zuweisung der betreffenden Antheile an den einzelnen AktiviS verlangen könne, sondern sich gefallen lassen müsse, daß dieser Theil geschätzt und ihm in Gelde vergütet werde. P. 248. Bgl. Str. Bd. 74, S. 277. — Der Art. 131 enthält übrigens nur eine Konsequenz aus dem Art. 91, und steht in Uebereinstimmung mit dem Art. 143. — Der in Gelde festgestellte Betrag des Guthabens ist ein Passivum der fortbestehenden Gesellschaft; ist die Rückzahlung in Raten ausgemacht, so wird in der Regel anzunehmen sein, daß diese Art der Rückzahlung der fortbestehenden Gesellschaft, und nicht den einzelnen Gesellschaftern gewährt sei. also fortfällt, wenn die Gesellschaft dann liquidirt (R.L.H. Bd. 10. S. 64). b. Hinsichtlich der Stempel pflichtigkeit der Auseinandersetzungs-Verträge nach Preuß. Recht s. Urtheile des R.G. v. 11. Novbr. 1889. Jur. Wochenschrift Nr. 54/55, S. 487 de 1889, Unheil desselben v. 5. Dezbr. Ir-90, ebenda Nr. 4, S. 32 de 1890 und Entsch. XXV, 252; ferner Jur. Wochenschrift S. 198 de 1890. 21) Die Stellung des Art. 132 im Gesetzbuche ist dadurch bestimmt worden (P. 4639), daß er eine Ausdehnung der im Art. 131 enthaltenen Bestimmung auf den Fall des An. 126 enthält.

Zweites Buch.

144

Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 133.

Fünfter Abschnitt.

Bov der Liquidation der Gesellschaft'). Artikel 133. Nach Auflösung der Gesellschaft außer dem Fall des Konkurses derselben erfolgt die Liquidation, sofern diese nicht durch einstimmigen Beschluß der Gesell­ schafter oder durch den Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern oder anderen Personen übertragen ist, durch die sämmtlichen bisherigen Gesellschafter oder deren Vertreter al» Liquidatoren"). Ist einer der Gesellschafter gestorben, so haben dessen Rechtsnachfolger einen gemeinschaftlichen Vertreter zu bestellen^). *) a. Nach Auslösung der Gesellschaft muß die Feststellung und Versilberung des Gesellschastsvermögens, sowie die Auseinandersetzung der Gesellschaster unter einander erfolgen. ist der Zweck des Liquidalionsverfahrens.

Ties

Die A.G.O. Th. l, Tit. 46, §§. 35—40, Tit. 51.

§§. 162—168 enthielt nur Vorschriften über gerichtliche Auseinandersetzungen von Gesellschaftern. Die Weitläufigkeiten und Kosten solcher gerichtlichen Theilungsprozeduren entsprechen aber weder dem Interesse der Gesellschaster,

noch den Interessen der Gesellschaftsgläubiger.

gebrauch hat daher in zweckmäßiger Weise Vermögens herausgebildet.

Der Handels­

die außergerichtliche Liquidirung des Gesellschafts-

Mit dem Momente der Auslösung der Gesellschaft hört dieselbe streng

genommen auf zu bestehen. Es gewährt indessen für die Liquidation selbst die erheblichsten Vortheile und entspricht auch der Ansicht deS Handelsstandes, die Fortdauer der Gesell­ schaft, soweit es die Liquidation betrifft, bis zur thatsächlichen Auseinandersetzung zu singiren. Tie Gesellschaft bedient sich namentlich in Folge dessen während der Liquidation noch ihrer bis­ herigen Gesellschastsfirma als Liquidationsfirma (Art. 139) und behält ihren alten Gerichtsstand. (Art. 144.)

M. 70.

Die Liquidation des Geschäfts eines Einzelkaufmanns hat in recht­

licher Beziehung nichts Besonderes. — Der Eintritt deS Liquidationszustandes ist nicht obligatorisch, denn er ist nicht durch die öffentliche Ordnung oder das Jntereffe der Gläubiger hervorgerufen, sondern durch das Jntereffe der Gesellschafter, welche jede andere Art der Herbeiführung der Theilung oder auch eine Auseinandersetzung ohne Theilung vereinbaren können (R.O.H. Bd. 24, 0. 145, Bd. 25, 0. 277). b. Ist eine beabsichtigte offene Handelsgesellschaft noch vor Eintritt ihrer Grundlagen (der Leistung der vertraglichen Einlagen) vertraglich aufgehoben worden, obschon sie bereits ihre Geschäfte begonnen hatte, so ist im Verhältniß unter den Gesellschaftern anzunehmen, daß alle Vertragsleistungen, welche

bis dahin

noch nicht bewirkt waren,

in Wegsall kommen

sollen, und die bis dahin bewirkte Gemeinschaft ist nur als eine thatsächliche zu betrachten, deren Auseinandersetzung nicht im Wege der Liquidation einer offenen Handelsgesellschaft, sondern nach den Grundsätzen der communio incidens (Tit. 17, Th. I A.L.R0 zu erfolgen hat.

lR.L.H.

Bd. 22. 0. 201.) -) a. Verfällt eine offene Gesellschaft in Konkurs, so erfolgt die Liquidation nach den Vorschriften der Konkursordnung.

Wird dieselbe aus anderen Gründen aufgelöst «) Der Abs. 2 des Art. 142 soll der Verwechslung der Liquidatoren mit Schieds­ richtern vorbeugen. (M. 72.) Die Sozien muffen den Streit selbst führen (R.O.H. Bd. 5, (£. 391, Bd. 25, S. 160). Es können aber außer dem Streite über die Auseinandersetzung noch anderweile Streitigkeiten mit der actio pro socio unter ihnen geltend gemacht werden, so daß nicht nothwendig immer aus das Saldo des Guthabens geklagt werden muß (R.O.H. Bd. 12, S. 275).

153

Zweite- Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 144.

Fehlt e- an dieser Werthbestimmung, so geschieht die Erstattung nach dem Werthe, welchen die Sachen zur Zeit der Einbringung hatten").

Pr. Eittw. Art. 185. Erttw. I. Art. 186. Erttw. II. Art. 185.

Prot. S. 255. Prot. S. 1018. Prot. S. —

Artikel 144. Ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft kommen bis zur Beendigung der Liquidation in Bezug auf das RechtSverhältniß der bisherigen Gesellschafter unter einander, sowie der Gesellschaft zu dritten Personen die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen de4 gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes, ergiebt"). Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur Beendigung der Liquidation für die aufgelöste Gesellschaft bestehen. Zustellungen an die Gesellschaft geschehen mit rechtlicher Wirkung an einen der Liquidatoren").

Pr. Erttw. Att. 187. (Entm. I. Art. 188. Eutw. II. Att. 136.

Prot. S. 259. Prot. e. 1016. Prot. S. 4530. 4542. 4560.

17) Hinsichtlich der von einem Gesellschafter in das Eigenthum der Gesellschaft (Art. 91) inserirten Gegenstände wird bei der Auseinandersetzung die Sache so angesehen, als ob der Gesellschafter nicht jene, sondern den für dieselben bedungenen Preis oder wenn es an einer solchen Abrede fehlt, denjenigen Preis mferivt hätte, welcher dem Werthe der Gegenstände zur Zeit der Einbringung entspricht. 18) Der Abs. 1 deS Art. 144 ist in dritter Lesung (P. 4543, 4560) ausgenommen worden, um dem Mißverständnisse vorzubeugen, als ob durch die bloße Auflösung der Gesellschaft (Art. 123 ff.) schon alle Bestimmungen des zweiten und dritten Abschnittes außer Anwendung gesetzt wurden (R.G. XVII, 95), während erst die Beendigung der Liquidation diese Folge hat. Für den Zeitraum zwischen Auslösung der Gesellschaft und Beendigung der Liquidation gelten also die Vorschriften, welche während des Bestehens einer Gesellschaft zur Anwendung kommen, noch fort, (z. B. Art. 92, R.O.H. Bd. 25, S. 100), insoweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnittes oder aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt. AuS letzterem Grund hielt man namentlich die Artt. 96 u. 97 für unanwendbar auf eine liquidirende Gesellschaft. (Ebenso R.O.H. Bd. 21, 3. 145.) — Ebensowenig gilt der Art. 114 unbedingt für die Liquidatoren (R.O.H. Bd. 9, S. 67), noch finden die Artt. 114—117 Anwendung (R.O.H. Bd. 21, S. 390). — Durch die Auflösung der Gesellschaft und deren Eintritt in Liquidation hören nicht ohne Weiteres die von der Gesellschaft mit ihren Angestellten geschlossenen Dienstverträge, vorbehaltlich der Entschädigungsansprüche auf, vielmehr sind die Umstände des EinzelsalleS zu prüfen (R.G. XXIV, 70, wo es sich um eine A.G. handelte). — Für eine liquidirende Firma können Prokuristen im Sinne deS H.G.B. nicht bestellt werden; ist dies gleichwohl erfolgt, so iit anzunehmen, daß beabsichtigt ist, einen Handlungsbevollmächtigten mit allen Befugnissen eines Liquidators zu bestellen (R.O.H. Bd. 13, S. 225). ie) Der Ausdruck „Zustellungen" begreift in sich auch die Ladungen, vgl. Art. 117, Abs. 2, und Note 50 a zu demselben.

Erster Titel. Bon der offene» Handelsgesellschaft. Artt. 145. 146.

163

Artikel 146. Nach Beendigung der Liquidation werden die Bücher und Schriften der auf­ gelösten Gesellschaft einem der gewesenen Gesellschafter oder einem Dritten in Ver­ wahrung gegeben10). Der Gesellschafter oder der Dritte wird in Ermangelung einer gütlichen Uebereinkunst durch da« Handelsgericht bestimmt. Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger behalten das Recht auf Einsicht und Benutzung der Bücher und Papiere. Pr. E,tw. Art. 188. E,tw. I. Art. 18». Eatw. II. Art. 187.

Prot. S. 260. Prot. S. 1017. Prot. 8. —

Sechster Abschnitt.

Bon der Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafters. Artikel 146. Die Klagen gegen einen Gesellschafter au« Ansprüchen gegen die Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft oder nach seinem Au«*°) Diese Bestimmung dient zur Ausführung des Art. 33. *) In der Konferenz ist die Streichung diese- ganzen Abschnitts aus folgenden Gründen beantragt worden: Der Gläubiger, dem für eine Forderung nur ein Schuldner hafte, habe die ordentliche BerjährungSftist für sich; eS fei nun nicht abzusehen, warum der Gläubiger, der für eine Forderung mehrere Schuldner habe, in einer schlechteren Lage sich befinden und seine Forderungen schon nach fünf Jahren verjährt sehen solle. In der neueren Zeit seien in vielen Staaten Gesetze über Abkürzung der Verjährungsfristen erlassen worden; aber alle hätten sie nur die Verjährung der Klagen der GewerbSleute gegen daS Publikum zum Gegenstände, und nicht die Verjährung der Klagen deS Publikums gegen GewerbSleute. Auch gingen die Gesetze von dem Gesichtspunkte auS, daß die Abkürzung der Verjährung nur auS Gründen be­ stimmt sei, welche in der besonderen Natur deS Gegen standeS der Klage liegen, währendhier ohne solche Unterscheidung ganz allgemein jene Abkürzung gegenüber gewissen Personen eingeführt werden solle. Die GewerbS- und Kaufleute müßten durch ihre Buchführung ihre Schulden kennen, und hätten nach allen Gesetzgebungen Mittel, sich von denselben zu befteien z. B. durch gerichtliche Deposition. Die Absicht, den ausgeschiedenen Sozius zu liberiren, werde nicht überall erreichbar sein, weil nicht zugleich für die actio pro socio eine kürzere Verjährungsfrist gesetzt worden sei. ES könne vorkommen, daß die Verjährung gegen den einen Gesellschafter unterbrochen worden sei, gegen einen anderen nicht. Dann werde der Gläubigereben gegen denjenigen Gesellschafter klagen, von welchem er die Einrede der Verjährung nicht zu fürchten habe; dieser aber werde mit der actio pro socio theilweisen Ersatz der bezahlten Schuld von dem anderen Gesellschafter verlangen können, obschon zu dessen Gunsten schon lange die Verjährung der Klage des Gläubigers vollendet gewesen sei. In allen diesen Fällen sei die schließliche Wirkung nicht die Verjährung der Forderung überhaupt, sondern nur das Auf­ hören der solidarischen Haftbarkeit. Mehr sei jedenfalls nicht gerechtfertigt, als nach Ablauf einer gewissen Zeit die Gesellschafter von ihrer Solidarverpflichtung für liberirt zu erklären. — Die Beibehaltung dieses Abschnittes wurde jedoch mit Rücksicht daraus beschlossen, daß die Verkürzung der in Deutschland geltenden Berjährungsftisten im Allgemeinen wünschenSwerth, und bei der Verschiedenheit der gesetzlichen Bestimmungen über die Berjährungsftisten die gest

154

Zweites Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 146.

scheiden ober seiner Ausschließung aus derselben, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich eintritt2). stellung einer gemeinsamen Frist im Interesse deS Verkehrs nothwendig sei, daß ferner für den ehemaligen Gesellschafter einmal eine Zeit kommen müsse, nach deren Ablauf er sich von allen bekannten und unbekannten Schulden auS dem Geschäftsbetriebe der Gesellschajt voll­ ständig frei missen könnte. Trotz der Buchführung könnten, zumal wenn ein Sozius unredlich gehandelt habe, Schulden entstanden sein, die auS den Büchern nicht ersichtlich wären. Ein Kredit über fünf Jahre hinaus sei nicht üblich, und es sei ganz angemessen, ihn durch daS Gesetz abzuschneiden. Fälle, in denen die Verjährung gegen den einen der Gesellschafter unter­ brochen würde, gegen den anderen nicht, würden zu den seltensten Ausnahmen gehören. P. 260—265. — Das R.G. XIX, 142 erachtet den Satz, daß die Wirkungen der Verjährung ganz allgemein nach Landesrecht zu beurtheilen seien, für unzutreffend, vielmehr sei an­ zunehmen, daß daS H.G.B. bei den von ihm eingeführten Verjährungen nach deren Zweck von einem bestimmten Begriffe ausgehe. Zu diesem passe das Prinzip deS Pr. Landrechts (§. 569 I, 9) nicht, daß die vollendete Verjährung nur eine widerlegbare Vermuthung der Tilgung begründe, und deshalb sei dasselbe insbesondere auf den Art. 146 unanwendbar. *) a. Ter Art. 146 ist nur auf offene Handelsgesellschaften zu beziehen, kommt aber auch bei diesen nicht zur Anwendung, wenn die Auslösung durch Eröffnung des GesellschaftskonkurseS erfolgte (R.O.H. Bd. 23, S. 232). Zu den in demselben bezeichneten Klagen gehören nur diejenigen, welche von Dritten auS Ansprüchen gegen die Gesellschaft wider einen Sozius (auf Grund seiner gesetzlichen Solidarhaft und nicht etwa auf Grund einer daneben von ihm übernommenen persönlichen Verpflichtung, R.G. X, 47, XI, 125) angestellt werden. Unter den Art. 146 fallen auch die Wechsel klagen Dritter, wenn wegen besonderer Ver­ hältnisse die Verjährung der Klage auS dem Wechsel erst nach fünf Jahren eintreten würde. Dies ist (P. 4508) trotz Art. 2 deS H.G.B. für unbedenklich gehalten worden, weil die Wechselordnung über die Klagen gegen Gesellschafter gar nichts enthalte. Das R.O.H. QB der Art. 146 zwar auf reine Ausgleichungsansprüche der ehemaligen Sozien unter einander nicht anwendbar sei, wohl aber dem Ansprüche deS ausgeschiedenen Sozius aus Zahlung der im AuseinandersetzungSvertrage ihm für die Ausgabe seines Antheils am Gesellschaftsvermögen von der fortgesetzten Gesellschaft zugesagten Summe entgegengesetzt werden könne; insoweit sei er als Dritter anzusehen. d. Die fünfjährige Frist ist dem französischen Rechte (Rheinisches Handelsgesetzbuch Art. 64) entnommen, jedoch ist die in demselben enthaltene Beschränkung, daß diese Frist den Gesellschaftern, welche Liquidatoren sind, nicht zu Statten kommen soll, nicht übernommen worden. M. 75. c. Der Art. 146 ist dahin zu verstehen (P. 1017), daß die fünfjährige Verjährung zu Gunsten aller Gesellschafter eintritt, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird, daß aber im Falle des Ausscheidens oder der Ausschließung eines Gesellschafters nur zu Gunsten dieses, nicht aber der übrigen Gesellschafter die gedachte Verjährung stattfindet. d. ES kommt nicht darauf an (P. 1019), ob der betreffende Gesellschafter Kenntniß Don dem Bestehen der Schuld hat (oder haben konnte) oder nicht. Er kann sich selbst im ersteren Falle auf die Extinktivverjährung berufen, für welche auch im übrigen Civilrecht auf Seiten deS Schuldners nicht bona fides erfordert wird. Ein Antrag, das Gegentheil im

Erster Titel.

Von der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 146.

155

Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Auflösung der Ge­ sellschaft oder da» Ausscheiden oder die Ausschließung de» Gesellschafter« au« der­ selben in da« Handelsregister eingetragen ist3). Gesetze zu bestimmen, ist von der Konferenz abgelehnt worden. — Ob die betr. Forderung gegen die Gesellschaft als solche bereit- eingeklagt war oder nicht, ist für die Anwendung des Art. 146 nicht entscheidend (R.G. XIII, 96). e. Die fünfjährige Verjährungsfrist tritt ein, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich bestimmt ist. sei eS in dem H.G.B. (z. B. Artt. 349, 386, 40ti Abs. 3 rc.), sei eS in einem anderen Gesetze. Die mit Rücksicht aus die Beschaffenheit, die besondere Natur der einzelnen Forderungen eingefühNen kürzeren Ver­ jährungsfristen bleiben hiernach neben dem Art. 146 bestehen, dagegen nicht die aus per­ sönlichen Gründen in einem anderen Gesetze für Forderungen an eine Gesellschaft bestimmten kürzeren Verjährungsfristen. P. 265. Bei kündbaren Forderungen beginnt der Lauf der Verjährung nach Pr. Recht mit dem Ablauf der Kündigungsfrist nach Eintritt des­ jenigen Zeitpunkts, in welchem zuerst gekündigt werden konnte. Ist hiernach die Haupt­ forderung verjährt, so ist auch die Klage wegen eines Zinsen-RückstandeS nicht mehr zulässig (R.O.H. Bd. 23, E. 233). a) a. Die Verjährung beginnt für alle bis zum Tage der Eintragung fälligen For­ derungen (von den später fälligen spricht Abs. 3) von diesem Tage an und nicht etwa (P. 267, 1016) von dem Tage der Veröffentlichung der Eintragung an; jener Anfangs­ termin wurde gewählt, weil er einen festeren und gleichmäßigeren Anhaltspunkt für die Frist­ berechnung gewährt (ebenso R.G. X, 45). Andererseits kann ohne Eintragung die Ver­ jährung des Art. 146 nicht zu lausen beginnen (Entsch. Bd. 65, S. 194, Sir. Bd. 80, S. 244); eS fehlt dann an dem positiv festgesetzten terminus a quo, welcher durch keinen anderen (also z. B. auch nicht durch den Tag der sonst bekannt gemachten Auflösung) ersetzt werden kann. Ebenso daS R.O.H. Bd. 5, S. 82, Bd. 8, S. 246. Der Tag der Eintragung kann, wenn diese nicht datirt ist, in jeder anderen Weise bewiesen werden (Bd. 20, S. 350). Die Ein­ tragung der Auslösung kann auch dann begehrt werden, wenn die Errichtung uneingelragen geblieben ist (Bd. 22, S. 204). Die nachträgliche Eintragung der Errichtung zum Zwecke deS alsbaldigen Vermerks der Auflösung ist vom Gesetze nicht auSgeschloflen (Bd. 23, S. 227). b. In der Konferenz bestand Meinungsverschiedenheit darüber (P. 267), ob dem Ein­ wände eines Gläubigers, daß eS ihm unmöglich gewesen sei, innerhalb der Verjährungsfrist Kenntniß von den entscheidenden Einträgen zu erlangen, eine rechtliche Bedeutung zugewendet werden dürfe oder nicht. — Koch (Kommentar, Note 108 zu Art. 146) ist der Ansicht, daß die §§. 512, 513, Th. I, Tit. 9 A.L.R. für die Bejahung sprechen. DieS dürfte jedoch nicht zutreffend sein, denn eS handelt sich hier nicht um den Fall, welchen jene §§. im Auge haben, daß nämlich Jemand (ein Gläubiger) von seinem Rechte (d. h. von einer ihm zustehenden Forderung) nicht hat unterrichtet sein können, sondern um den Fall, wenn ein Gläubiger seine Forderung gekannt hat, dieselbe bereits vor der Eintragung der GesellschaftSauflösung fällig war. also die Klageverjährung an sich schon begonnen hatte, und nun ein Ereigniß eintritt, welches gesetzlich die Verjährungsfrist abkürzt. — Auch das R.G. X, 45 nimmt an, daß gegen­ über dem Art. 146 der §. 512, I, 9 A.L.R. keine Anwendung findet, weil dessen Aushebung durch jene Bestimmung beabsichtigt sei (ebenso XVI, 14). c. Es wurde ferner (P. 267) die Frage offen gelassen, waS Rechtens sein solle, wenn eine Verjährung schon auS anderen Gründen, als aus dem im Art. 146 gedachten begonnen habe, ob z. B. eine Forderung, für welche nach anderen gesetzlichen Bestimmungen eine Ver­ jährungsfrist von 10 Jahren gesetzt und welche schon seit 9 Jahren in der Verjährung begriffen gewesen sei, als eS zur Eintragung der Auflösung der Gesellschaft gekommen, nun in 1 oder ,n 5 Jahren verjähre. — Die ratio legis spricht offenbar für die erste Alternative. Der

156

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Artt. 147. 148.

Wird die Forderung erst nach der Eintragung fällig, so beginnt die Ver­ jährung mit dem Zestpunkte der Fälligkeit*4).* * Pr. E»tw. Art. 139. 140. Hbf. 1. Prot. S. 200-268. Entw. I. Art. 140. 141. Prot. S. 1016. 1018. ent». II. Art. 188. Prot. S. 4683. Artikel 147. Ist noch ungeteilte« Gesellschaftsvermögen vorhanden, so kann dem Gläubiger die fünfjährige Verjährung nicht entgegengesetzt werden, sofern er seine Befriedigung nur au- dem Gesellschaft-vermögen sucht'). Pr. Ent». Art. 140. Hbf. 2. Prot. S. 208. @nt». I. Art. 142. Prot. S. 1017. ent». II. Art. 189. Prot. S. —

Artikel 148. Die Verjährung zu Gunsten eines ausgeschiedenen oder ausgeschlossenen Ge­ sellschafter« wird durch Rechtshandlungen nicht unterbrochen, welche gegen die fort­ bestehende Gesellschaft oder einen anderen Gesellschafter vorgenommen werden. Die Verjährung zu Gunsten eine« bei der Auflösung einer Gesellschaft zu derselben gehörigen Gesellschafter- wird nicht durch Rechtshandlungen gegen einen anderen Gesellschafter, wohl aber durch Rechtshandlungen gegen die Liquidatoren unterbrochen'). Pr. ent». Art. 14L Prot. S. 268. ent». I. Art. 143. Prot. S. 1017. ent». II. Art. 140. Prot. S. 4686. Art. 146 bestimmt eine kurze Verjährungsfrist zu Gunsten der bisherigen Gesellschafter, nicht zu ihrem Nachtheil. d. Durch den Art. 146 wird natürlich nicht ausgeschlossen, daß die Verpflichtung der Gesellschaft innerhalb der fünf Jahre durch ein anderweites Rechtsgeschäft ihre Erledigung findet; auch ist auS diesem Artikel nicht zu folgern, daß die ausgeschiedenen Gesellschafter auch für Handlungen und Unterlassungen, welche in die Zeit nach ihrem Ausscheiden fallen, unbedingt verantwortlich sind. (R.O.H. Bd. 19, S. 24.) — Die Verjährung auS Art. 146 schützt nur vor der Haftung aus dem GesellschasiSverhältnisse, nicht aber dann, wenn noch ein anderer besonderer Berpflichtungsgrund gegenüber dem Gläubiger hinzugekommen ist (R.G. X, 47, XI, 125). 4) Der Abs. 3 des Art. 146 enthält dasselbe Prinzip wie der §. 369, Th. I, Tit. 17 A.L.R. — Ter Ausdruck „fällig" ist nicht im engsten Sinne zu verstehen, sondern umfaßt hier auch den Fall, wenn die Forderung erst nach der Eintragung der Auslösung entstanden ist (R.G. X. 46). *) Der Art. 147 hat darin seinen Grund (M. 75), daß mit der kürzeren Verjährung nur bezweckt ist, den vormaligen Gesellschafter gegen Angriffe auf sein Privat vermögen sicher zu stellen. *) a. Hinsichtlich der zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Rechtshandlungen bleiben die Grundsätze deS allgemeinen bürgerlichen Rechts maßgebend. (P. 4535, R.G. II, 12, X, 44, XIII, 98; gern. Recht R.G. V, 10.) b. Der Abs. 1 deS Art. 148 handelt von dem Falle, wenn die Gesellschaft fortbesteht. Mit den Worten: „Rechtshandlungen gegen die fortbestehende Gesellschaft" sind diejenigen Klagen gegen dieselbe gemeint (P. 268), durch welche der Gläubiger zu erkennen giebt, daß er das Gesellschastsvermögen in Anspruch nehmen wolle.

Erster Titel.

Bon der offenen Handelsgesellschaft.

Art. 149.

167

Artikel 149. Die Verjährung läuft auch gegen Minderjährige und bevormundete Personen, sowie gegen juristische Personen, denen gesetzlich die Rechte der Minderjährigen zu­ stehen, ohne Zulassung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, jedoch mit Vorbehalt des Regresses gegen die Vormünder und Verwalters.

Pr. Entw. Art. 142 Eutw. I. Art. 144. E«tw. II. Art. 141.

Prot. S. 269. Prot. S. 1017. Prot. S. —

Eins.-Ges. (A.L.R. u. A.G.O.) Art. 24. Bei der Auflösung von Handels­ gesellschaften kommen die Vorschriften der §§. 308. 309. 310. Theil I. Titel 17. des Allgemeinen Landrechts, so wie der §. 163. Theil I. Titel 51. der Allgemeinen Gerichts-Ordnung fortan nicht zur Anwendung*8).* * * * * 7 Art. 25. Die bisherigen Vorschriften über die Zulässigkeit des öffentlichen Aufrufs und der Präklusion unbekannter Gläubiger einer Handelsgesellschaft in Folge des Austritts eines Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft, sowie die bisherigen Vorschriften über die Zulässigkeit des öffentlichen Aufrufs und der Präklusion unbekannter Gläubiger, welche aus den Rechtshandlungen eines Pro­ kuristen oder Handlungsfaktors gegen den Eigenthümer der Handlung Ansprüche herleiten, insbesondere die Vorschriften der §§. 159. bis 162. und 164. bis 168. Theil I. Titel 51. der Allgemeinen Gerichts-Ordnung, treten ausser Kraft9). c. Der Abs. 2 des Art. 148 handelt von dem Falle, wenn die Gesellschaft ausgelöst ist. Die Klage gegen die Liquidatoren unterbricht die Verjährung gegenüber den bei der Auf­ lösung der Gesellschaft zu ihr gehörigen Gesellschaftern, weil die Liquidatoren Bevollmächtigte aller Gesellschafter einer ausgelösten Sozietät sind (P. 269), und die Klage daher so anzusehen ist, als wäre sie gegen jeden einzelnen Sozius gerichtet, freilich beschränkt auf da- ungetheilte Vermögen. — Ist aber der Anspruch gegen den einzelnen Gesellschafter bereits durch Ver­ jährung erloschen, so kann diese selbstverständlich durch eine Klage gegen die Liquidatoren nicht mehr unterbrochen werden (R.O.H. Bd. 9, S. 86). 7) Der §. 9 des Preuß. G. betr. die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger rc. v. 5. Juli 1875 bestimmt allgemein: die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Minderjährigkeit findet gegen die nach Erlaß diese- Gesetze- vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht statt. Die- gilt auch von den Rechtsgeschäften der den Minderjährigen gleichgestellten Personen. 8) Die Aushebung der im Art. 24 des Einf.-Ges. bezeichneten Bestimmungen, soweit sie die Auslösung von Handelsgesellschaften betreffen, hat in der abweichenden Regulirung der Klagenverjährung gegen Gesellschafter im H.G.B. ihren Grund. Auch die §§. 672—674, Th. II, Zit 8 A.L.R. sind aufgehoben (vgl. Art. 60 Einf.-Ges.). ®) Die Aufhebung der im Art. 25 deS Einf.-Ges. angeführten, an sich bedenklichen Vor­ schriften rechtfertigt sich dadurch, daß der Zweck derselben im Art. 146 deS H.G.B. auf anderem Wege zu erreichen versucht ist, und jene Voy'chriften auch mit den Artt. 25, 129 desselben kollidiren würden. M. z. Eins.-Ges.-16. — Diese Kollision ist in der Konferenz nicht allgemein anerkannt worden. P. 453o.

158

Zweiles Buch. Von den HandelSgesellschastcn.

Art. 150.

Zweiter Titel.

Von der Kommanditgesellschaft'). Erster Abschnitt.

Bon der Kommanditgesellschaft im Allgemeinen. Artikel 150. Eine Kommanditgesellschaft ist vorhanden, wenn bei einem unter einer gemein­ schaftlichen Firma betriebenen Handelsgewerbe ein oder mehrere Gesellschafter sich nur mit Vermögen-einlagen betheiligen (Kommanditisten), während bei einem oder mehreren anderen Gesellschaftern die Betheiligung nicht in dieser Weise beschränkt ist (persönlich hastende Gesellschafter)"). *) Ter Pr. Entw. handelte von der „stillen Gesellschaft" in dem dritten Titel des zweiten Bnchs, und betrachtete sie als ein GefellschanSverhältniß nach Innen und nach Außen; namentlich verlangte er die Errichtung eines schriftlichen GesellschastSvertrages und dessen Eintragung in das Handelsregister. Bei der ersten Lesung ging man jedoch davon aus, daß die stille Gesellschaft nur nach Innen und nicht nach Außen als Gesellschaft zu gelten habe, strich deshalb insbesondere die namentlich hervorgehobenen Bestimmungen des Preuß. Entw., sah sich jedoch am Schlüsse der Berathung genöthigt, die Redaktionskommission mit einer umfassenden Umarbeitung des Titels zu betrauen (P. 309). Deren Vorlage bildet den gedruckten Entwurf erster Lesung über die stille Gesellschaft. In dieselbe wurden die unentbehr­ lichsten Bestimmungen des Pr. Entw., durch welche ein GesellschastSverhältniß auch nach Außen anerkannt wurde, wieder ausgenommen (P. 1030—1033). In zweiter Lesung schied man die neue stille Gesellschaft, welche der Pr. Entw. und der Entwurf erster Lesung im Auge gehabt hatten und welche nicht nur nach Innen, sondern auch nach Außen als Gesellschaft anerkannt wird, von der alten deutschen stillen Gesellschaft, von welcher man bei den Berathungen in erster Lesung ausgegangen war und welche nur nach Innen als eine Gesellschaft behandelt wird. Tie erstere verwies man unter dem üblichen Namen der Kommanditgesellschaft (P. 1158, 1166) in das zweite Buch: „Bon den Handelsgesellschaften" unmittelbar hinter die Lehre von der offenen Gesellschaft, weil sie nur eine modifizirte offene Gesellschaft darstelle; die letztere verwies man (P. 1166) unter Beibehaltung deS Namens stille Gesellschaft in das dritte Buch, weil sie nach den für dieselbe angenommenen Bestimmungen nicht mehr zu den Handelsgesellschaften im technischen Sinne, d. h. zu den Bereinigungen mit gemein­ schaftlichem Vermögen und gemeinschaftlicher Firma gezählt werden können. Ueber die erheb­ lichsten Unterschiede zwischen diesen beiden Arten von genossenschaftlichen Verbindungen, sowie über das ihnen Gemeinsame vgl. Note 1 zu Art. 250. 2) a. Die Worte: „bei einem unter einer gemeinschaftlichen Firma betriebenen Handelsgewerbe" wurden zur Unterscheidung der neuen Kommandite von der alten stillen Ge­ sellschaft für nothwendig erachtet, denn während bei der letzteren der stille Gesellschafter lediglich als ein Kapitalist erscheint, der sein Geld in ein fremdes Handelsgeschäft einlegt (weshalb auch mehrere stille Gesellschafter unter sich in keiner Beziehung stehen, sondern so viele stille Gesellschaften als Gesellschafter vorhanden sind), erscheinen der stille Gesellschafter oder die mehreren stillen Gesellschafter bei der neuen Kommandite als Milt heil ha der des Handels­ geschäfts und des HandelSnamens, daher als Mitglieder einer und derselben Gesellschaft. P. 1094. — Der Komplementär kann nach der Ansicht des Kammergerichts (Johow u. Küntzel II, 21) auch eine offene Handelsgesellschaft sein.

Zweiter Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft.

Art. 150.

169

Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so ist in Ansehung ihrer die Gesellschaft zugleich eine offene Gesellschaft^). b. Gegen Abs. 1 deS An. 150 wurde erinnert (P. 228): eS muffe auch dann eine K.G. als vorhanden angesehen werden, wenn unter den entsprechenden Voraussetzungen sich ein Gesell­ schafter bloß mit Industrie oder mitanderen geldeswerthen Leistungen betheilige. Dies wurde von anderer Seite verneint, und hierbei hervorgehoben: der Zweck der K.G.sei der, daß dadurch der Kapitalist Gelegenheit erhalte, kaufmännische Geschäfte mit seinem Gelde zu unter­ stützen. ohne sich mit persönlicher Thätigkeit zu betheiligen, und daß ihm mit Rücksicht aus den Mangel der Beiheiligung durch persönliche Thätigkeit möglich gemacht werde, von jeder Haftung frei zu bleiben, welche weiter als der Betrag deS zugeschossenen Kapitals gehe. Bon allem dem treffe bei einem Manne, der sich nur durch Dienstleistungen rc. und nicht durch Geld­ einlagen beiheilige, gar nichts zu. Es könne beim Mangel an Geldeinlagen der zuerst erwähnte Zweck nichts gedacht werden, und eS sei auch kein genügender Grund vorhanden, die persönliche Haftbarkeit deS Gesellschafters auszuschließen, wenn er sich persönlich bei der Geschäftsführung betheilige. Das Wesen der K.G. bestehe ganz besonders darin, daß dem handelnden Kauf­ manne von einem, der nicht mithandle, etwas zum Betriebe des Geschäfts anvertraut werde; schon der Name „Kommanditgesellschaft" (von commenda) deute darauf hin. Ein Gesellschafter, welcher keine Geldeinlagen, sondern nur industrielle Dienstleistungen einbringe, sei nach der allgemeinen Anschauung deS Handelsstandes nichts als ein commis int6rea66, aber kein Kommanditist. P. 288. — Anderer Meinung ist v. Hahn (S. 361), welcher annimmt, daß der Kommanditist seine Einlage nicht nur durch Einzahlung von Geld in die GesellschaftSkaffe und durch Uebertragung deS Eigenthums anderer Sachen an die Gesellschaft, sondern auch dadurch machen kann, daß er Dienste leistet. Ersteres ist wohl unzweifelhaft, da BermögenSeinlage nicht mit Geldeinlage identisch ist und daS Gesetz jenen Ausdruck gebraucht. Dagegen sind unter BermögenSeinlagen schwerlich auch Dienstleistungen verstanden; dieS würde nicht nur dem Sprachgebrauch zuwider sein, sondern auch zu mehreren Bestimmungen dieses Abschnitts (z. B. Art. 151, Ziss. 4 und letzter Satz, Artt. 165, 171 u. a.) durchaus nicht paffen. — Dies stellt Renaud K.G. S. 119 in Abrede, weil unentgeltliche Dienstleistungen, die BermögenSwerth haben, sehr wohl als Einlagen an Vermögen zum Vermögen der Gesell­ schaft bezeichnet werden könnten, und weil, wenn das Gesetz wiederholt (namentlich bei der Eintragung in daS Handelsregister) von dem Betrage der BermögenSeinlage deS Kommandi­ tisten spreche, darunter die bestimmte Geldsumme zu verstehen sei, zu welcher alle nicht in Geld bestehenden Einlagen im Gesellschaftsvertrage zu veranschlagen seien. Unter Voraus­ setzung dieser Veranschlagung stehe der Theilnahme deS Kommanditisten am GesellschaftsUnternehmen mit bloßen Diensten Nichts entgegen. — So beachtenSwerth diese Ausführungen sind, so scheinen sie doch nicht überzeugend, weil sie die im Worte „BermögenSeinlage" enthaltene Beschränkung ganz elidiren und daS Wort „Einlage" genügt hätte, weil von einer obligatorischen Taxe keine Spur sich im Gesetze findet und eS bedenklich gewesen wäre, sie für versprochene Dienste vorzuschreiben, da der Kommanditist Dritten gegenüber doch (gegen Renaud K.G. S. 417) in Ermangelung eines positiven Gesetzes nur mit den versprochenen Diensten und nicht auf Höhe des vorher taxirten Geldbetrages derselben hasten würde, die Taxe also gerade da bedeutungslos wäre, wo sie wirken sollte, endlich weil für die Einlage von Sachen (außer Geld) der Betrag dieser nicht nothwendig durch eine Geldtaxe angegeben werden muß. Das Gesetz spricht weder von Geldbetrag noch von Werth der Einlage. Weshalb soll die Eintragung nicht genügen: der Kommanditist N. hat das Rittergut Z. ein­ gelegt ? Schließlich würde bei fehlender Taxe gar keine bloße Kommanditbetheiligung vor­ liegen können, was wohl nicht anzunehmen ist. 3) Der Abs. 2 ist auS dem Pr. Entwurf (Art. 144, Abs. 2) entnommen, und trotz eines LtreichungSantrags, welcher damit begründet wurde, daß fein Inhalt selbstverständlich sei

160

Zweite» Buch. Bon den Handelsgesellschaften. Art. 151.

Zur Gültigkeit de« Gesellschaftsvertrages bedarf e« der schriftlichen Ab­ fassung nicht. Pr. (Sehn. Art. 144. (Ent». I. Art. 145. Ent». II. Art. 142.

Prot. S. 287- 289. Prot. S. 1096. 1146. 1157—1161. 1180. Prot. ©• —

Artikel 151. Die Errichtung einer Kommanditgesellschaft ist von sämmtlichen Gesellschaftern bei dem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, Behufs der Eintragung in da« Handelsregister anzumelden"). Die Anmeldung muß enthalten: 1) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes persönlich haftenden Gesellschafters; 2) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes Kommanditisten mit der Bezeichnung desselben al» solchen; 3) die Firma") der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz hat; 4) den Betrag der Vermögenseinlage jede« Kommanditisten"). Die Anmeldung muß von allen Gesellschaftern persönlich vor dem Handels­ gerichte unterzeichnet, oder in beglaubigter Form eingereicht werden; sie ist nach ihrem ganzen Inhalt in das Handelsregister einzutragen. Bei der Bekanntmachung der Kommanditgesellschaft in den öffentlichen Blättern (Artikel 13.) unterbleibt die Angabe der Namen, de» Standes und des Wohnorts der Kommanditisten, sowie die Angabe des Betrages ihrer Vermögenseinlagen'). Pr. Eotw. Art. 145. @nt». I. Art. 146. Ent». II. Art. 143.

Prot. «. 289-294. Prot. «. 1096-1099. 1147—1149. Prot. L. 4655—4662.

(P. 288), beibehalten worden. Der Sinn ist dunkel: die Bestimmung, dag die K.G. in An­ sehung der mehreren persönlich hastenden Gesellschafter zugleich eine offene Gesellschaft ist, kann wohl nichts Anderes bedeuten, als daß die mehreren persönlich hastenden Gesellschafter unter einander und Tritten gegenüber so stehen, als ob zwischen ihnen eine offene Gesellschaft bestände. *) Tie Anmeldung muß von sämmtlichen Gesellschaftern, also auch von de» Kommanditisten ausgehen. Dies wurde beschlossen, weil die einseitig erwirkten Eintragungen der Komplementäre kein Vertrauen erwecken würden, oder von den Letzteren benutzt werden könnte», sich durch un­ richtige Angaben Kredit zu verschaffen. P. 293. ') Ueber die nothwendige Beschaffenheit der Firma s. Art. 17, Abs. 9 ii. 3 und die ver­ bietende Borschrist des Art. 168. ®) Auch die nachträgliche Erhöhung der VermögenSeinlagc eines Kommanditisten ist einzutragen (R.O.H. Bd. 25, 2. 117). ’j a. Die Anmeldung wird ihrem ganzen Inhalte nach (Ziff. 1—4 dieses Art.) in das Handelsregister eingetragen. ES unterbleibt bei der Bekanntmachung, welche gemäß Art. 13 erfolgen muß, jedoch die Veröffentlichung der Namen der Kommanditisten und die Angabe ihrer Einlagen ^Ziff. 2 u. 4). Ersteres unterbleibt, weil man annahm (P. 293), daß die Bekanntmachung der Namen der Kommanditisten viele Kapitalisten von der Betheiligung an solchen Gesellschaften abhalten tvürde, letzteres (P. 293 u. 1097), weil die Bekanntmachung der Einlagen ohne Nennung derjenigen, welche sie versprochen haben, illusorisch sein würde, weil ferner keine Garantie dafür vorhanden sei, daß ihr Inhalt immer der Wahrheit entspreche, und weil derjenige, welcher ein Interesse daran habe, sich auS dem Handelsregister insormircn könne.

Zweiter Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft.

Witt. 152. 153. 154. 155.

161

Artikel 162. Bei jedem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Kommanditgesellschaft eine Zweigniederlassung hat, muß die» Behuf» der Eintragung in da» Handelsregister angemeldet werben9). Die Anmeldung muß die in Artikel 161. Ziff. 1. bis 4. bezeichneten Angaben enthalten, und von sämmtlichen persönlich haftenden Gesellschaftern vor dem Handels­ gericht unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden. Pr. Ent». Art. — @nt». I. Art. — ent». II. Art. -

Prot. S. — Prot. S. — Prot. S. 4656—4662.

Artikel 163. Die persönlich hastenden Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, und vor jedem Handelsgericht, in dessen Bezirk sie eine Zweigniederlassung hat, zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen. Pr. ent». Art. — ent». L Art. 146. Abs. 5. ent». II. Art. 148. Abs. 4.

Prot. S. — Prot. S. 1148. 1162. Prot. S. 4666-4662.

Artikel 164. Das Handelsgericht hat die persönlich haftenden Gesellschafter zur Befolgung der in den Artikeln 161. 162. und 153. enthaltenen Vorschriften von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Pr. ent». Art. — ent». I. Art. 6nt». II. Art. 148. 146.

Prot. S. — Prot. S. 1148. 1168. Prot. S. 4666.

Artikel 166. Wenn die Firma einer bestehenden Kommanditgesellschaft geändert, oder der Sitz der Gesellschaft an einen anderen Ort verlegt wird, so sind diese Thatsachen von sämmtlichen Gesellschaftern in der durch Artikel 161. bestimmten Weise Behuf» der Eintragung in da» Handelsregister anzumelden. Da» Handelsgericht hat die persönlich hastenden Gesellschafter zur Befolgung dieser Anordnung von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Bei der Bekanntmachung kommt in Betreff der Kommanditisten die Vor­ schrift de» Artikel» 161. zur Anwendung. Die Wirkung gegen Dritte richtet sich nach den Bestimmungen de» Artikels 25. Pr. ent». Art. — ent». 1. Art. 148. ent». II. Art. 146.

Prot. S. — Prot. S. 1088. 1150. 1152. Prot. S. —

d. Die Fassung des letzten Abs. ist diSpositiv („unterbleibt"). Die gerichtliche Veröffent­ lichung darf also (P. 1098) selbst aus Antrag der Betheiligten nicht auf Namen und Einlage der Kommanditisten ausgedehnt werden. 0) Vgl. Art. 21, Abs. 3. Makower. Handelsgesetzbuch. 11. Aufl.

162

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Artt. 156. 157. 158. 159.

Artikel 156. Wenn in eine bestehende Kommanditgesellschaft ein neuer Kommanditist ein­ tritt, so muß die» von sämmtlichen Gesellschaftern zur Eintragung in da« Handels­ register und zur Bekanntmachung nach den Bestimmungen des Artikels 151. an­ gemeldet werden').

Pr. (Enho. Art. — (Ent». I. Art. — (Ent». II. Art. 146.

Prot. S. — Prot. S. 1099. 1150. Prot. S. 4689. Artikel 157").

Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.

Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen

die gesetzlichen Bestimmungen über das Rechtsverhältniß der offenen Gesellschafter unter einander auch hier zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel (158. bis 162.) ergeben.

Pr. (Entro. Art. — (Ent». I. Art. — (Ent». II. Art. 147.

Prot. S. — Prot. S. 1094. 1150. 1153. Prot. S. — Artikel 158.

Die Geschäftsführung der Gesellschaft wird durch den oder die persönlich haftenden Gesellschafter besorgt. Ein Kommanditist ist zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft weder be­ rechtigt noch verpflichtet.

Er kann gegen die Vornahme einer Handlung der Geschäftsführung durch die persönlich haftenden Gesellschafter (Artikel 99. bis 102.) Widerspruch nicht erheben").

Pr. (Ent». Art. — (Ent». I. Art. — Ent». II. Art. 148.

Prot. S. — Prot. S. 1160. 1163. Prot. S. — Artikel 159.

Ein Kommanditist darf ohne Genehmigung der anderen Gesellschafter in dem Handelszweig der Gesellschaft

für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen

®) Unterbleibt die Anmeldung und in Folge dessen auch die Eintragung in das Handels­ register,

dann

tritt

gegen

den neuen Kommanditisten das Präjudiz beS Art. 163,

Abs. 3 ein

(P. 4539), was wegen der Bestimmung des Art. 166 zu ganz besonderen Härten fuhren kan». 10) Tie Art. 157—162 handeln von den schaften.

inneren Verhältnissen der Kommanditgesell­

Daraus weisen — bei dem Mangel an Marginalien — die ersten Worte des Art. 157,

sein materieller Inhalt und das in ihm enthaltene Citat hin. u) a. Das Handelsgewerbe der K.G. wird für Rechnung aller Gesellschafter, des Kom­ plementärs und der Kommanditisten betrieben, aber nur der erstere vertritt die Gesellschaft nach außen.

Seine Stellung

ist daher nicht analog

der eines

Handlungsbevollmächtigte»,

welcher

nur abgeleitete Befugnisse hat, und neben welchem der Prinzipal volle Verfügungsgewalt behält (R.O.H. Bd. 15, S. 7). b. Von dem Falle,

wenn

handelt der Art. 167, Abs. 3.

ein Kommanditist

für die Gesellschaft Geschäfte

schließt,

und an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft al» offener Gesellschafter Theil nehmen"). Pr. Entw. Art. 154. Abs. 2. Cut». 1. Art. 152. (Ent». II. Art. 149.

Prot. S. 808. Prot. S. 1150. 1168. Prot. S. 4642.

Artikel 160. Jeder Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mittheilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und die Richtigkeit derselben unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Die im Artikel 106. bezeichneten weiteren Rechte eine» offenen Gesellschafter« stehen einem Kommanditisten nicht zu. Jedoch kann da« Handelsgericht auf den Antrag eine» Kommanditisten, wenn wichtige Gründe dazu vorliegen, die Mittheilung einer Bilanz ober sonstiger Auf­ klärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere jit jeder Zeit anordnen"). Pr. Ent«. Art. 160. @nt». I. Art. 158. ent». II. Art. 150.

Prot. S. 286. Prot. S. 1106. 1160. 1164. Prot. S. 4640.

Artikel 161. Die Bestimmungen der Artikel 106. bi» 108. über die Verzinsung der Ein­ lage, über die jährliche Berechnung de« Gewinne» oder Verluste» und über die Befugnis,, Zinsen und Gewinn zu erheben, gelten auch in Betreff de» Kommanditisten. Jedoch nimmt ein Kommanditist an dem Verluste nur bi» zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage Antheil. Er ist nicht verpflichtet, die Zinsen und den Gewinn, welche er bezogen hat, wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, so lange seine ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung de« Ver­ luste» verwendet"). Pr. ent». Art. 16t 152. Prot. S. 297-299. €nt». 1. Art. 164. 166. ent». II. Art. 161.

Prot. S. 1106. 1160. 1164. Prot. S. 4620. 4642.

**) Der Art. 159 erklärt die Bestimmung des Art. 96 für unanwendbar aus den Kom­ manditisten, weil dieser auf die Geschäftsführung der Gesellschaft gar keinen Einfluß hat (vgl. Art. 158) und folglich die Befürchtung fortfällt, daß er den Gesellschaftshandel zu Gunsten feine» eigenen Handels gefährden könnte. '*) AuS dem Art. 160 ergiebt sich, daß die gesellschaftlichen Rechte de4 Kommanditisten geringer sind als die Rechte, welche ein im Geschäftsbetriebe einer offenen Gesellschaft nicht thätiger Sozius hat (Art. 105). Der Abs. 3 des Art. 160 ist erst in dritter Lesung (P. 4540) aufgenommen worden. Welche Grunde als „wichtige" anzusehen sind, hat daS Handelsgericht nach freiem Ermessen zu bestimmen; erkennt es an, daß ein wichtiger Grund vorliegt, so muß eS dem Antrage deS Kommanditisten stattgeben; daS Wort „kann" stellt dies nicht in die Willkür des Handelsgerichts, sondern drückt nur aus, daß daS Handelsgericht berechtigt ist, die im Gesetz bezeichnete Anordnung zu treffen. — In dieser Bemerkung ist nicht — wie Renaud K G. S. 331 meint — davon ausgegangen, daß der Richter dem Kommanditisten ein Recht ver­ leihe, welches derselbe nicht schon habe, sondern eS ist angenommen, daß der Kommanditist berechtigt sei, die betr. richterliche Anordnung zu verlangen, wenn der Richter daS Vorhanden­ sein der Voraussetzung, den wichtigen Grund, anerkenne.

164

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Art. 162.

Artikel 162. Ist über die Höhe der Betheiligung an Gewinn und Verlust nichts ver­ einbart, so wird dieselbe nach richterlichem Ermessen, nöthigenfalls unter Zu­ ziehung von Sachverständigen, festgestellt"). Pr. Eatw. Art. 15L Abs. 2. Eutw. I. Art. 154. Abs. 3. Eatw. II. Art. 152.

Prot. S. 299—302. Prot. S. 1106. 1151. 1154. Prot. S. —

u) Der Abs. 1 des Art. 161 erklärt die Grundsätze, welche für das Verhältniß der offenen Gesellschafter zu einander hinsichtlich der Verzinsung der Einlage, der jährlichen Be­ rechnung von Gewinn und Verlust, und der Befugniß, Zinsen und Gewinn zu erheben, gelten (vgl. Art. 106—108 und die Noten zu denselben), auch auf das Verhältniß der Mitglieder einer Kommanditgesellschaft zu einander für maßgebend. Der Abs. 2 spricht den aus dem Wesen der Kommanditgesellschast sich ergebenden Grundsatz auS, daß der Kommanditist wegen der Verluste, welche die Gesellschaft gemacht bat, niemals zu höheren Einschüssen verpflichtet ist, als seine Einlage beträgt. Der Abs. 3 besagt, daß Zins- und Gewinnzahlungcn an die Kommanditisten im Verhältnisse zu den Gesellschaftern als definitive anzusehen sind, wenn auch (P. 4643) die Voraussetzungen des Art. 165, Abs. 6 «welcher vom Verhältnisse zu Dritten handelt) nicht vorliegen. Es wurde indeß mehrseitig anerkannt (P. 1107, 1088), daß Kondiktionen von aus­ gezahlten Zinsen und Gewinn, wenn die Zahlung durch offenbare Rechnungsfehler oder sonstigen Irrthum veranlaßt war, nicht ausgeschlossen sind. Der Schlußsatz des Art. 161 endlich verordnet, daß, so lange die ursprüngliche Einlage des Kommanditisten durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn (nicht die ihm zu Gute kommenden Zinsen, P. 4642) zur Deckung des Verlustes zu verwenden ist. — Fordert der Kommanditist Zahlung seines durch die Bilanz fest­ gestellten Gewinnantheils aus der Gesellschaftskasse, so muß die Klage nicht gegen die einzelnen Gesellschafter, sondern gegen die Gesellschast selbst bezw. deren Vertreter gerichtet werden (R.O.H. Bd. 19, S. 416). ,6) Der Pr. Entw. hatte im Art. 151 verordnet: „Sofern nicht vertragsmäßig ein Anderes bestimmt ist, werden von den Einlagen keine Zinsen berechnet; der Gewinn wird nach Verhältniß der Einlagen vertheilt. Der Gesellschafter, welcher keine Bermögenseinlage gemacht hat, steht rücksichtlich der Gewinnvertheilung demjenigen Gesellschafter gleich, beffcn Vermögens­ einlage die kleinste ist." (Vgl. M. 79.) — Man bemerkte jedoch: Die Unangemessenheit dieser Bertheilungsari ergebe sich unter Anderem aus folgenden Beispielen: Wenn A., der, ohne eine Vermögenseinlage zu machen, das Geschäft leite, und durch seine Geschicklichkeit das­ selbe aus einen großen Ertrag erhebe, mit B. assoziirt sei, welcher mit einer Einlage von 10,000 Fl. sich beiheiligt habe, dann theile A. den Gewinn so, als wenn er auch 10,000 Fl. eingelegt hätte. Wenn aber zur Gesellschaft außerdem noch E. als stiller Gesellschafter (Kom­ manditist) mit 5000 Fl. hinzutrete, dann bekomme A. trotz vermehrter Geschäfte nur so viel Gewinn, als wenn er 5000 Fl. eingelegt hätte. Ferner, wenn A., der ohne Geldeinlage das Geschäft leite, mit B. als einem stillen, mit 50,000 Fl. beiheiligten Gesellschafter (Kom­ manditisten) verbunden sei, dann beziehe er die Hälfte des Gewinnes. Wenn er nun selbst von dem in einem Jahre gezogenen Gewinne 1000 Fl. erübrige und einlege, dann würde er nur aus diesen 1000 Fl. einen Gewinn, somit nur ein %i des Gewinnes erhallen. — Bezüglich der Vertheilung nach Kopstheilen wurde angeführt, daß A. in dem eben erwähnten Beispiele die Hälfte erhalte. Wenn aber die 50,000 Fl. statt von einem stillen Gesellschafter (Kom­ manditisten) von fünf beigetragen seien, so bekommt er bei gleicher Mühe nur 1 e deS Ge­ winnes rc. — Da auch alle ferneren Vorschläge über die Art der Vertheilnng gleiche Unzuträg­ lichkeiten bei ihrer Anwendung ergaben und abgelehnt wurden (P. 299—302). so blieb Nichts übrig, als das richterliche Ermessen eintreten zu lassen. P. 1151. Dasselbe ist an die Vorschrift deS Art. 109 nicht gebunden.

Zwritrr Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft.

Art. 163.

166

Artikel 163"). Im Verhältniß zu dritten Personen tritt die rechtliche Wirksamkeit einer Kommanditgesellschaft mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Errichtung der Ge­ sellschaft bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen ist, oder die Gesellschaft auch nur ihre Ge­ schäfte begonnen hat. Die Beschränkung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunft als dem der Eintragung ihren Anfang nehmen soll, hat gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung*'). Hat die Gesellschaft vor der Eintragung ihre Geschäfte begonnen, so hastet jeder Kommanditist dritten Personen für die bi« zur Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem persönlich hastenden Gesellschafter, wenn er nicht beweist, daß denselben seine beschränkte Betheiligung bei der Gesellschaft bekannt war"). Pr. ent». Art. 14«. ent». I. Art. 147. 166. ent». II. Art. 168.

Prot. S. 288-284. 808. Prot. S. 1088. 1107. 1148. 1162. Prot. S. 4686-4688. 4640-4642.

16) Die Artt. 163—169 handeln von dem Verhältnisse der Kommanditgesellschaft Dritten gegenüber. Die ersten Worte deS Art. 163 weisen darauf hin, daß auf dieses Verhältniß über­ gegangen wird (P. 4641). ,7) a. Die Abs. 1 und 2 deS Art. 163 entsprechen dem Art. 110. b. ES war beantragt (P. 4537), die Schlußworte deS ersten Absatzes: „oder die Gesell­ schaft auch nur ihre Geschäfte begonnen hat" zu streichen. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, nachdem gegen ihn bemerkt worden war: Derselbe führe dazu, daß vor der Eintragung der Kommanditgesellschaft in daS Handelsregister, wenn von dieser Eintragung die rechtliche Existenz der Gesellschaft abhängig gemacht werde, daS Vorhandensein eines Handlungsfonds nicht angenommen werden könnte, die Gläubiger sonach die mit besten Gründung verbundenen Rechte nicht erlangen könnten, die Vorschrift deS Art. 164 und die sich daran knüpfenden wesentlichen Bestimmungen nicht gälten, und demzufolge auch daS Verhältniß der Gesellschafter unter einander unaufgeklärt bleibe. 18) a. Für diese Bestimmung wurde angeführt (P. 4535—4539): Die K.G. und die offene Gesellschaft hätten daS mit einander gemein, daß ein gemeinschaftliches Handelsvermögen unter einem gemeinschaftlichen HandelSnamen zu gründen beabsichtigt werde, und daß, da die Firma eben sowohl HandelSname deS Kommanditisten wie deS Komplementärs sei, die Rechts­ geschäfte der Gesellschaft also nicht bloß für Rechnung des Ersteren, wie bei der stillen Gesellschaft, sondern auch zugleich in dessen Namen mit abgeschloffen würden, jeder der Gesellschafter alS Kontrahent erscheine. Nur darin unterscheide sich die K.G. von der offenen Gesellschaft, daß bei der ersteren ein Verfahren gesetzlich festgestellt sei, durch welches der eine Sozius seine beschränkte Haftung Dritten gegenüber zur Geltung bringen könne. Hieraus folge, daß, so lange dies Verfahren nicht beobachtet worden, die Kontrahenten so anzusehen seien, als hätten sie eine offene Gesellschaft ohne weitere Modifikation verabredet, und daß sie Dritten gegenüber solidarisch hasten müßten, weil, sie dieselben in Ungewißheit gelassen hätten, welcher Art das bestehende Sozietätsverhältniß sei und ob es als ein solches anzusehen sei, welches gesetzlich nur eine beschränkte Haftung nach sich ziehe. — Zur Milderung der getroffenen Bestimmung ist dem Kommanditisten jedoch der Beweis offen gelassen, daß seine beschränkte Betheiligung bei der Gesellschaft (seine Eigenschaft als Kommanditist) dem Dritten bei dem Geschästsabschluffe bekannt war. Auf welche Weise der Dritte diese Kenntniß erlangt, und

166

Zweite- Buch. Von den Handelsgesellschaften. Artt. 164. 165.

Artikel 164.

Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Ver­ bindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken") erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat"). Pr. ent». Art. 87. 90. ent». I. Art. 157. ent». II. Art. 154.

Prot. S. 808. Prot. S. 1107. 1154. 1162. Prot. S. 4527. 4540. 4656.

Artikel 165.

Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft hastet der Kommanditist nur mit der Einlage und, soweit diese nicht eingezahlt ist, mit dem versprochenen Betrage. Die Einlage des Kommanditisten kann während des Bestehens der Gesellschaft weder ganz noch theilweise zurückbezahlt oder erlassen werden. Zinsen können ihm von der Gesellschaft nur insoweit bezahlt werden, als dadurch die ursprüngliche Einlage nicht vermindert wird. Er kann bis zur Wiederergänzung der durch Verlust verminderten Einlage weder Zinsen noch Gewinn beziehen. Er haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn und insoweit er diesen Bestimmungen entgegen Zahlungen von der Gesellschaft empfangen hat. ob er auch den Betrag der Vermögenseinlage gekannt hat, ist gleichgültig (9t.®. XII, 137). — Bgl. den Rechtfall R.O.H. Bd. 23, S. 280. b. TaS R O H. (Bd. 12, S. 15) erachtet den Abs. 3 ob paritatem rationis auch dann für anwendbar, wenn die Kommanditist in eine bis dahin offene Gesellschaft eintritt; derselbe sei dann jedoch nur für bie feit seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten gleich einem persönlichen Gesellschafter haftbar, nicht aber gemäß Art. 113 auch für die vorher entstandenen. '•) a. Bgl. Eins.-Ges. Art. 23. — Verträge, durch welche der persönlich haftende Ge­ sellschafter oder ein Kommanditist der K G. das Eigenthum eines Grundstücks unter An­ rechnung des Preises aus die von ihm versprochene Einlage abtritt, sind nach Preuß. Recht dem Stempel von Kaufverträgen über Grundstücke unterworfen (Oberir.-Entsch. Bd. 72, S. 79). b. Aus den Artt. 150 u. 164 ergiebt sich, daß der Gläubiger einer K.G. nach seiner Wahl sich wegen seiner Forderung an den Komplementär für dessen Person oder an die Ge­ sellschaft unter deren Firma halten kann, mit der Wirkung, daß im ersteren Falle die Zwangs­ vollstreckung nur in daS Vermögen des Komplementärs zulässig ist. Es erscheint dagegen zweifel­ haft, ob dieselbe ohne Weitere- auch gegen das Vermögen des Komplementärs erfolgen kann, wenn nur die Firma verurtheilt ist (R.O.H. Bd. 2, S. 169, Steg. Bd. 3, S. 26). Mir scheint, daß die Frage zu verneinen ist. *°) Bgl. Note 39 zu Art. 111. — Der Gerichtsstand der Gesellschaft wird auch der des Komplementärs sein, wenn er aus der Solidarhast der Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen wird (R.L.H. Bd. 24, S. 166, C.P.O. §§. 19, 22).

Zweiter Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft.

Art. 165.

167

Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Zinsen und den Gewinn zurückzuzahlen, welche er auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben bezogen hat").

Pr. Erttw. Art. 147. 161-163. Eutw. I. Art. 149. 166. Ads. 2. u. 8. Eatw. II. Art. 166.

Prot. S. 294. 802-808. Prot. ©. 1099-1104.1107.1160.1164.1162. Prot. S. 4648-4046.

ai) a. Während der Art. 161 das RechtSverhältniß deS Kommanditisten zu den persönlich haftenden Gesellschaftern und den anderen Kommanditisten regelt, bestimmt der Art. 165 daS Verhältniß deS Kommanditisten Dritten gegenüber. An die Spitze gestellt (Abs. 1) ist der Satz, daß er für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur mit der Einlage (d. h. mit dem gemäß seiner ursprünglichen oder später erhöhten vertraglichen Verpflichtung zur Gesellschaftskaffe eingezahlten Betrage) und soweit diese nicht eingezahlt ist, mit dem versprochenen Einlagen­ beträge haftet, und zwar (R.O.H. Bd. 25, S. 116) auch mit demjenigen Theile seiner Einlage, welcher nicht in daS Handelsregister eingetragen ist. Hat er seine Einlage gezahlt, und diese nicht etwa gegen die Bestimmungen deS Art. 165, Abs. 2 zurückerhalten, so kann er nicht weiter von Dritten in Anspruch genommen werden. Hat er sie noch nicht oder noch nicht ganz ein­ gezahlt, so hastet er solidarisch mit den Kommanditisten, welche sich in gleicher Lage befinden, und mit den persönlich haftenden Gesellschaftern für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (und zwar nicht etwa bloß für Raten derselben, P. 1100) mit seinem ganzen Vermögen aber nur auf Höhe des rückständigen Betrage- seiner Einlage. b. Dritten gegenüber ist eS nach Abs. 2 u. 5 rechtlich ohne Einfluß, wenn die Einlage dem Kommanditisten während der Dauer der Sozietät ganz oder theilweise zurückbezahlt oder erlassen worden ist; jenen gegenüber Haftel er auch in diesen Fällen mit der Einlage, denn diese bildet einen Theil de- den Gesellschaftsgläubigern verhafteten Handlung-fond-, welcher ihnen durch Verträge unter den Mitgliedern der Gesellschaft, den Mitschuldnern, nicht ent­ zogen werden kann. — Die Haftung im Falle unberechtigten RückempfangS der Einlage tritt insoweit ein, als der Kommanditist sich dadurch bereichern würde, fällt also fort, wenn erwiesen wird, daß da- Empfangene zur Beftiedigung von GesellschastSgläubigern verwendet worden ist (R.G. VII, 49). Anders zu beurtheilen ist der Fall, wenn der Kommanditist mit seiner zu machenden Einlage Forderungen, welche er gegen die Gesellschaft hat, kompensirt. Vgl. R.O.H. Bd. 25, S. 284 u. R.G. XVII, 40. c. Zinsen von den Einlagen werden dem Kommanditisten in Folge der Bestimmungen Artt. 161 u. 106 auch dann gutgeschrieben, wenn von der Gesellschaft kein wirklicher Ge­ winn gemacht ist; dergleichen Zinsen, welche, wenn kein wirklicher Gewinn gemacht ist, aus den Einlagen selbst entnommen werden müßten, darf der Kommanditist sich nicht zahlen lassen (Abs. 3), widrigenfalls gegen ihn im Verhältniß zu Dritten auf Höhe de- Empfangenen daS Präjudiz deS Abs. 5 eintritt. d. Die Verminderung der Einlagen soll möglichst verhütet werden. Deshalb schreibt schon Art. 161, Abs. 3 vor, daß, wenn die ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung deS Verlustes verwendet werden soll. Dies muß umsomehr Dritten gegenüber gelten; daher die Vorschrift im Abs. 4 d. Art. Daß in demselben auch der Zinsen gedacht ist, kann nicht befremden, denn sie sind entweder ein kraooipuum vom Gewinne, gehören also zu demselben, oder sie müßten auS den Einlagen entnommen werden, wenn kein Gewinn gemacht worden, und fallen dann schon unter die Bestimmung des Abs. 3 d. Art. e. Der Abs. 6 des Art. 165 ist aus der Erwägung hervorgegangen (P. 303), daß im Interesse der Sicherheit des Verkehrs Zins- und Gewinnvertheilungen, wenngleich sie nur auf Grund der Bilanzen und der ihnen zu Grunde liegenden imaginären Schätzungen, nicht aber auf Grund von förmlichen Auseinandersetzungen erfolgten, doch nicht leicht anfechtbar sein dürsten. Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist deshalb nur für den Fall ausgesprochen (P. 1107, 1163),

168

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Artt. 166. 167.

Artikel 166. Wer in eine bestehende Handelsgesellschaft als Kommanditist eintritt, hastet nach Maaßgabe des vorhergehenden Artikels für alle von der Gesellschaft vor seinem Eintritt eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht. Ein entgegenstehender Vertrag ist gegen Dritte ohne rechtliche Wirkung").

Pr. Eutw. Art. 89. Eutw. I. Art. 158. Eutw. II. Art. 156.

Prot. S. — Prot. S. 1108. 1155. 1163. Prot. S. — Artikel 167.

Die Kommanditgesellschaft wird durch die persönlich hastenden Gesellschafter berechtigt und verpflichtet; sie wird durch dieselben vor Gericht üertreten23). wenn der Kommanditist bei dem Bezüge der Zinsen und des Gewinns,

oder derjenige, welcher

die Bilanz errichtete, bei der Ausstellung derselben, oder beide zugleich in dolo waren. f. Ueber die Frage, ob

den Gesellschaftsgläubigern ein direktes Klage recht

gegen

die Kommanditisten eingeräumt werden solle, herrschte in der Konferenz Meinungsverschieden­ heit.

Man entschied sich. Nichts darüber in das Gesetz ausdrücklich aufzunehmen,

annahm, daß

diese Frage wohl nur im Konkurse praktisch werden würde,

weil man

bei welchem schon

ohnehin allgemeine Rechtsgrundsätze aus den geeigneten Weg führen würden (P. 1100—1104).— Nach dem Gesetze, wie es vorliegt, wird die Frage, ob die Gläubiger, einzeln oder in der Ge­ sammtheit,

ein direktes Klagerecht

von dem materiellen Inhalte des

Art. 166) gegen die Kommanditisten haben, zu

bejahen

sein.

Art.

165 (cfr.

auch

Dafür spricht namentlich die

Natur der K.G., welche nach dem H.G.B. lediglich eine modifizirte offene Gesellschaft ist, bei welcher die Kommanditisten zum Unterschiede von jener nur limitirt hasten, ferner die Stellung der Artt. 165 u. 166 in der Lehre von dem Rechtsverhältniffe der K.G. nach Außen (vgl. Note 16 zu Art. 163), sodann die Fassung dieser Artikel und endlich der Gegensatz zu dem Abs. 3 des Art. 163. —

Für die Bejahung der Frage erklären sich auch v. Gerber (S. 505; und v. Hahn

(S. 384), welcher Letztere bemerkt, daß der klagende Gläubiger nur seine Forderung darzuthun habe, während der Kommanditist den Einwand, daß er beschränkt oder in concreto gar nicht hafte, zu substanziiren und zu beweisen habe. Das ROH. (Bd. 19, S. 350; Bd. 25, S. 279) scheint derselben Ansicht hinsichtlich deS KlagerechtS jedes einzelnen Gläubigers zu sein, und be­ jaht sie jedenfalls für die Zeit nach Auslösung der K.G. bedenklich

(Bd. 25, S. 115), daß die

Dasselbe erachtet es auch für un­

Rechte auS Art. 165 von der Gesammtheit

der

Gläubiger für den ihnen durch den Ausbruch des Gesellschaftskonkurses zu ihrer Befriedigung überwiesenen Gesellschastssonds durch den Massenverwalter ausgeübt werden können. — Auch das R.G. I, 71 u. XVII, 39 hat sich für die Bejahung erklärt; es bemerkt, der Art. 165 gewähre den GeseVschastsgläubigem ein direktes, nicht aus dem Vertrage des Komplementärs mit dem Kommanditisten abgeleitetes und daher von diesem Vertrage unabhängiges Recht gegen den letzteren, daß er für die über seine Beiheiligung zum Handelsregister gemachten Angaben (Art. 151, Ziff. 4) auch einstehe. Verwalter

Im Konkurse der Gesellschaft werde dieses Recht von

dem

der Masse in Vertretung der Gläubiger ausgeübt. — Die Haftung erstreckt sich aber

nur aus die Einlage, nicht auf stehen gelassenen Gewinn (R.G. XXVIII, 56). **) Der Art. 166 entspricht dem Art. 113.

*») a. Durch den Abs. 1 des Art. 167 wird nur ausgeschlossen, daß auch die Komman­ ditisten bei

die Gesellschaft zu vertreten berechtigt sind, jedoch nicht gleichzeitig bestimmt,

der K.G. nur

unter sich

die sämmtlichen offenen Gesellschafter,

etwas über die Vertretung

gerichtlichen Vertretung berechtigt sind.

der Gesellschaft

ohne Rücksicht

ausgemacht haben

daraus,

daß

ob sie

oder nicht, zur

P. 1163. — Kommanditisten können zur Leistung eines

Zweiter Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft.

Art. 168.

169

Zur Behändigung von Vorladungen und anderen Zustellungen an die Gesell­ schaft genügt es, wenn dieselbe an einen der zur Vertretung befugten Gesellschafter geschieht**). Ein Kommanditist, welcher für die Gesellschaft Geschäfte schließt, ohne aus­ drücklich zu erklären, daß er nur als Prokurist oder als Bevollmächtigter handle, ist aus diesen Geschäften gleich einem persönlich hastenden Gesellschafter verpflichtet"). Pr. Evtw. Art. 149. Evtw. I. Art. 15t Evtw. II. Art. 167.

Prot. S. 296. Prot. S. 1106. 1155. 1163. Prot. S. —

Artikel 168. Der Name eines Kommanditisten darf in der Firma der Gesellschaft nicht enthalten sein; im entgegengesetzten Falle hastet er den Gläubigern der Gesellschaft gleich einem offenen Gesellschafter"). Pr. Evtw. Art. 148. Evtw. I. Art. 150. Evtw. II. Art. 157.

Prot. S. 294. Prot. S. 1104. 1155. 1164. Prot. S. —

der Gesellschaft auferlegten EideS nicht herbeigezogen werden (ROH. Bd. 15, S. 6; Bd. 21, S. 344). b. S. Einf.-Ges. Übergangsbestimmungen Art. 67. *) Wegen der Zustellungen s. Note 50a zu Art. 117. 24) a. Die M. 78 bemerken: Die Vorschrift deS Abs. 3 Art. 167 bezweckt, die Komman­ ditisten von der Geschäftsführung gänzlich auszuschließen; sie ist.im Jntereffe des Publikums, um Täuschungen zu vermeiden, durchaus nöthig, denn dieses sieht überwiegend auf die Wirklich­ keit und konkrete Erscheinung, ohne sich bei jedem Geschäfte die Eintragungen in daS Register gegenwärtig zu halten. Dasselbe würde daher sehr häufig den geschäftsführenden Gesellschafter für den persönlich Verpflichteten halten, während dieser nachträglich als nur mit der Einlage verhaftet sich erweisen würde. — Eine Ausnahme von der in Folge der Geschäftsführung ein­ tretenden persönlichen Haftung ist nur für den Fall gemacht, daß der Kommanditist bei dem Abschlüsse der einzelnen Geschäfte ausdrücklich erklärt, daß er nur als Prokurist oder Bevoll­ mächtigter der Gesellschaft handle, weil alsdann eine Täuschung über die Haftbarkeit des Kontrahirenden ausgeschlossen ist. b. Der Pr. Entw. wollte noch weiter gehen und hatte nach dem Vorbilde de- ftanzösischen RechtS im Art. 149 verordnet: „Ein stiller Gesellschafter, welcher Namens der Gesellschaft Rechts­ handlungen vornimmt oder für dieselbe auch nur als Faktor oder Bevollmächtigter Geschäfte führt, Haftel den Gläubigern der Gesellschaft persönlich und solidarisch." Diese Be­ stimmung ist jedoch nicht übernommen worden, weil nicht abzusehen sei, weshalb derjenige, welcher sich bloß als Prokurist gerire, der also jedem dritten Kontrahenten durch sein Be­ nehmen zu erkennen gebe, daß er nicht als Gesellschafter handeln und hasten wolle, dennoch eine Haftbarkeit übernehmen solle, alS wenn er Gesellschafter wäre, und weil eS unbillig sei, daß ein Kommanditist, welcher einmal in einem dringenden Falle eine Rechtshandlung für die Ge­ sellschaft vornimmt, persönlich und solidarisch für alle vor- und nachher kontrahirten Handels­ schulden des Komplementärs haften solle; eS könne nur gebilligt werden, daß er insoweit persönlich und solidarisch haste, alS er ohne ausdrückliche Angabe seiner Eigenschaft alS Be­ vollmächtigter ein bestimmtes Rechtsgeschäft für die Gesellschaft gemacht habe. P. 296. c. Der Abs. 3 des Art. 167 findet keine Anwendung auf Kommandit-Aktiengesellschaften; vgl. Art. 196 Abs. 3. 26) a. Durch die Aufnahme des Namens in die Gesellschaftsfirma können Dritte zu der Annahme verleitet werden, daß eine offene Handelsgesellschaft besteht, und mit Rücksicht hieraus

170

Zweite- Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

Artt. 169. 170.

Artikel 169. Die Bestimmungen der Artikel 119. 120. 121. und 122. finden auch bei der Kommanditgesellschaft Anwendung'"). Pr. @nh». Art. — E»tw. I. Art. — Eotw. II. Art. -

Prot. S. — Prot. S. — Prot. L. 4527. 4540.

Artikel 170.

Wenn ein Kommanditist stirbt oder zur Verwaltung seines Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge. Im Uebrigen gelten die in den Artikeln 123. bis 128. für die offene Gesell­ schaft gegebenen Bestimmungen auch für die Kommanditgesellschaft'^). Pr. Entw. Art. 154. Eotw. I. Art. 160. Eotw. II. Art. 160.

Prot. S. $08. Prot. S. 1155. 1164. Prot. S. 4645-4648.

einen größeren Kredit geben. Dies führt dahin, daß ein in der Firma benannter Kommanditist gleich einem offenen Gesellschafter hasten muß. M. 77. — Vgl. Art. 257. b. Zu der Bestimmung destzArt. 168 war im Pr. Entw. (Art. 148) die Ausnahme vor­ geschlagen, daß der Name eines aufgetretenen offenen Gesellschafters in der Firma bei­ behalten werden könne, wenn er als Kommanditist beim Geschäfte betheiligt bleibe. Vgl. M. 78. Zu Gunsten dieser Ausnahme machte man geltend, es solle durch dieselbe für die Fälle gesorgt werden, in welchen z. B. Vater und Sohn in offener Gesellschaft gestanden, und in denen der Vater wegen vorgerückten Alters auf dem Geschäfte austrete, um von der Haftung frei zu werden, aber gleichwohl seinem Sohne ein Betriebskapital im Geschäfte und die vielleicht berühmt gewordene Firma überlassen wolle. Die Konsequenz — so meinte man — erfordere eine solche Bestimmung, denn wenn man die Beibehaltung der alten Firma gestatte, wenn der auftretende offene Gesellschafter für die Folge gar nicht mehr haste (Art. 24), so muffe man sie doch auch zulassen, wenn er immer noch mit einem Theile seines Vermögens hasten wolle; endlich sei jene Bestimmung unschädlich, denn nach dem Systeme des H.G.B. dürfe man von der Firma keinen nothwendigen Schluß aus die bei einem Handelsgeschäfte betheiligten Personen ziehen. — Dagegen wurde jedoch bemerkt: Die gedachte Ausnahme werde ein passendes Mittel zur Umgehung der Vorschrift sein, daß der Name des Komman­ ditisten in der Firma nicht vorkommen solle, und leicht zu Mißbräuchen dienen, so z. B. wenn ein Mann von ausgezeichnetem Kredite bloß deshalb auf kurze Zeit als offener Gesellschafter mit einem Anderen sich verbinde, um bald danach als Kommanditist zurückzutreten und doch dem Anderen die Beibehaltung seines Namens in der Firma zu sichern. Wenn ein offener Gesellschafter ganz auftrete, so werde dies in der Regel hinreichend bekannt werden, dagegen das Verbleiben in dem Geschäfte als Kommanditist sehr leicht, wenn die alte Firma beibehalten werde, zu der Auffassung führen, daß das ganze alte Verhältniß fortbestehe. — Aus diesen Gründen ist die Zulassung der vorgeschlagenen Ausnahme abgelehnt worden. P. 295 und 1104. Ebenso Renaud K.G. S. 131. 26) Der Art. 169 ist, wie die Artikel, auf welche er Bezug nimmt, erst in dritter Lesung (P. 4527, 4540) ausgenommen worden. Er erklärt im Wesentlichen die Bestimmungen, durch welche der Handlungssonds der offenen Gesellschafter den unmittelbaren Angriffen der Privatgläubiger der einzelnen Gesellschafter entzogen worden ist, auch aus den Handlungssonds der K.G. für anwendbar. *7) a. Ter Art. 170 erklärt die Bestimmungen der Artt. 123—128 über die Auflösung einer offenen Gesellschaft und das Austreten einzelner Gesellschafter aus derselben auch aus die

Zweiter Titel.

Bon der Kommanditgesellschaft. Art. 170.

171

K.G. für anwendbar, mit der Ausnahme jedoch (Abs. 1), daß der Tod eineS Kommanditisten und sein Verfall in die rechtliche Unfähigkeit zur Verwaltung seines Vermögens die Auflösung der Gesellschaft nicht ipso jure zur Folge haben sollen. Die Ausnahme betrifft also die Ziffer 2 und zum Theil die Ziffer 3 des Art. 123; sie hat ihren Grund darin (M. 80), daß bei der K.G. weit weniger die Persönlichkeit als die Einlage deS Kommanditisten in Betracht kommt, und sich die übrigen Gesellschafter vertraglich dagegen sichern können, daß an Stelle des ursprünglichen Kommanditisten deffen Erben bez. deffen Vertreter (vergl. Einf.-Ges. Art. 33), Einsicht in die GesellschaftSverhältnifle (Art. 160) erlangen. — Ren au d K.G. S. 203 führt aus, daß die Rechte deS Kommanditisten nicht bloß auf feine Univerfalfuccefforen übergehen, sondern auch durch ein seitens desielben bestelltes Bermächtniß auf den Legatar übertragen werden können (ebenso v. Hahn 3. Aufl. S. 586), nicht aber durch Kauf, Tausch, Session an Dritte. Alle Gründe aber, welche für die Unübertragbarkeit jener Rechte durch diese Rechts­ geschäfte unter Lebenden gellend gemacht werdeit, sprechen m. E. auch gegen die Zulässigkeil einer einseitigen Uebertragimg durch Legat. — Daß die bloßen Rechte auf Bezug der Zinsen, der Gewinnantheile und aus Rückforderung der Einlage oder ihres Restes bei der Auflösung der Gesellschaft abtretbar sind, ist unstreitig; diese Ansprüche erschöpfen jedoch nicht daS ganze Recht des Kommandisten. b. Die besonderen Bestimmungen der Deutschen Konkursordnung über den Konkurs einer K.G. f. Rote ♦) zu Art. 123. c. In erster Lesung (P. 306) war noch eine fernere Ausnahme beschlossen, daß nämlich auch der Konkurs eines Kommanditisten (vergl. Art. 123, Ziff. 3) die Auslösung der K.G. nicht sollte zur Folge haben. Dieser Beschluß wurde in dritter Lesung (P. 4645 biS 4648) aufgehoben. Man ging davon aus, daß die Konsequenz erfordere, den Art. 126, sowie den zur Milderung seiner praktischen Nachtheile bestimmten Art. 132 (vgl. daS Citat im Art. 172) auch auf die Privatgläubiger eines Mitgliedes einer K.G. für anwendbar zu erklären, daß aber dann. wenn ein einzelner Gläubiger wegen Nichtbefriedigung auS dem Privatvermögen seines Schuldners die Auflösung der K.G. herbeiführen könne, eS sich um so mehr rechtfertige, diese Auflösung eintreten zu laffen, wenn der Schuldner wegen deS Vorhandenseins einer Mehrzahl von Gläubigern, die auS seinem Privatvermögen nicht befriedigt werden könnten, in Konkurs verfalle. — Diese Ausführung ist jedoch nicht ganz zutreffend, denn der Konkurs eines GesellschastSmitgliedeS bewirkt nunmehr ipso jure die Auflösung der Gesellschaft, und diese kann nicht durch ein Verfahren gemäß Art. 132 abgewendet werden; eS treten also ganz andere Folgen ein. d. Zur Rechtfertigung, daß auch die Artt. 127 u. 128 aus die K.G. anwendbar sein sollen, wurde bemerkt (P. 1164): Mit Ausnahme deS Falles, wenn ein Kommanditist auf Aus­ schließung deS einzigen verantwortlichen Sozius antrage, in welchem Falle die Auslösung der Gesellschaft allerdings unvermeidlich sei, paßten die Artt. 127 u. 128 auch auf die K.G. Einerseits werde dadurch den offenen Gesellschaftern daS Recht entzogen, gegen den Willen eines Kommanditisten auf Ausschließung eine- verantwortlichen Sozius anzutragen und zu beschließen, daß nach dessen Austritt die Sozietät unter ihnen fortgesetzt werde, obschon der Kommanditist vielleicht nur mit Rücksicht aus die Persönlichkeit deS Austretenden Mitglied der Gesellschaft sein wollte. Andererseits sei eS unbedenklich, dem Kommanditisten zuzugestehen, auf Ausschließung eineS von mehreren verantwortlichen Gesellschaftern statt aus Auslösung der Sozietät anzutragen, weil doch auch die übrigen verantwortlichen Gesellschafter zustimmen müßten, um einem solchen Antrage Nachdruck zu geben. e. Ob mit der im Art. 170 erfolgten Verweisung auf die Artt. 127, 128 auch daS Recht der Komplementäre anerkannt sei, unter den geeigneten Voraussetzungen auf Ausschließung eines Kommanditisten anzutragen, blieb streitig (P. 1165). Da das Gesetz nicht unterscheidet, so wird man sich wohl für die Bejahung entscheiden müssen.

172

Zweites Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Art». 171. 172.

Artikel 171.

Wenn eine Kommanditgesellschaft ausgelöst wird, oder wenn ein Kommanditist mit seiner ganzen Einlage oder mit einem Theile derselben ausscheidet, so müssen diese Thatsachen in da» Handelsregister eingetragen werden. Bei der Bekanntmachung unterbleibt die Bezeichnung de» Kommanditisten und die Angabe des Betrages der Einlage. Die Bestimmungen de« Artikel« 129. kommen auch hier zur Anwendung. Pr. ) Zu den Handelsbüchern gehören nach der Ansicht der M. 244, welche sich auf Art. 14T> berufen, auch die Handelsschristen. — Diese Ansicht erscheint in solcher Allgemeinheit wohl nicht zutreffend, da daS H.G.B. sowohl in jenem Artikel als auch sonst (Art. 33) die Briese (Papiere) neben den Büchern erwähnt. Dagegen werden die Kopirbücher, welche die abgesandten Briese enthalten, in der That zu den Handelsbüchern gezählt, nicht aber die empfangenen Briefe, Rechnungen, Frachtbriefe u. dgl. — Es ist selbstverständlich, daß die Aufbewahrung der Bücher auf Kosten der Aktiengesellschaft stattzufinden hat. P. 367. 40) Diese neue Vorschrift soll den Aktionären und den Gläubigern, sowie den Rechts­ nachfolgern derselben beim Nachweise eines berechtigten Interesses die Einsicht der Bücher auch nach beendeter Liquidation ermöglichen; der Richter wird aber vor Ertheilung der Ermächtigung das Interesse deS Nachsuchenden zu prüfen und zu erwägen haben, daß die Vermögensinteressen Dritter, welche mit der A.G. in Verbindung standen, nicht ohne Noth bloßgestellt werden dürfen (M. 244). 4‘) Fusion. — Die Bestimmung der Ziff. 1 ist zwingend. Es kann daher vertraglich etwas Anderes nicht wirksam festgesetzt werden. Die Pflicht der getrennten VermögensVerwaltung ist eine gesetzliche Folge deS Fusionsvertrages. — Fusion ist nicht Eintritt in Liquidation, insbesondere nicht in dem Sinne einer Beendigung der produktiven Seite des Geschäfts. Der Art. 247 (und namentlich die in demselben enthaltene Anordnung der g e trennten Verwaltung) ergiebt, daß die Rechtspersönlichkeit der aufgelösten Gesellschaft durch die neue Gesellschaft, soweit es sich um die Gläubiger der ersteren handelt, fortgesetzt wird (R.G. IX, 16 ff.). — Wegen des Untergangs des verpflichteten Subjekts haftet die neue

Dritter Titel,

von der Aktiengesellschaft.

Art. 248.

377

Vermögen beider Gesellschaften mit ihrem Wiffen und ohne ihr Ein­ schreiten erfolgt ist"). 4. Die Auflösung der Gesellschaft ist zur Eintragung in da» Handelsregister anzumelden. 5. Die öffentliche Aufforderung der Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft (Art. 243) kann unterlassen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Jedoch ist die Vereinigung der Vermögen der beiden Gesell­ schaften erst in dem Zeitpunkte zulässig, in welchem eine Vertheilung de» Vermögens einer aufgelösten Aktiengesellschaft unter die Aktionäre erfolgen darf (Art. 245). Artikel 248"). Eine theilweise Zurückzahlung de« Grundkapital» an die Aktionäre oder eine Herabsetzung desselben kann nur auf Beschluß der Generalversammlung und nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen erfolgen, welche für die Vertheilung de» Gesellschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind (Art. 243, 245). Der Beschluß hat zugleich die Art, in welcher die Zurückzahlung oder Herabsetzung erfolgen soll, und die zu ihrer Durchführung erforderlichen Maßregeln festzusetzen"). Er muß, sofern der Gesellschaft-vertrag für die Beschlußfassung nicht noch andere Erforderniffe aufstellt, durch eine Mehrheit von drei Viertheilen de« in der General­ versammlung vertretenen Grundkapital« erfolgen. Sind verschiedene Gattungen von Aktien ausgegeben, so bedarf e« zu dem von der gemeinschaftlichen Generalversamm­ lung gefaßten Beschluffe der Zustimmung einer besonderen Generalversammlung der benachtheiligten Aktionäre, deren Beschlußfaffung derselben Vorschrift unterliegt. Gesellschaft den Gläubigern der aufgelösten auch ohne daß eine verpflichtende Erklärung der ersteren gegenüber den Gläubigern der letzteren abgegeben ist. (R.G. XXVUI, 363). ") Die Bestimmung, daß auch die Mitglieder deS AussichtSrathS verantwortlich sind, enthält eine Neuerung gegenüber dem bisherigen Rechte; mit ihr correspondiren die Artt. 215 Abs. 4 und 226 Ziff. 5. — Zu beachten ist, daß hier nicht von dem Borstande oder AufsichtSrathe, sondern von besten betreffenden einzelnen Mitgliedern die Rede ist (M. 244). ") Der Art. 248 bezweckt den Schutz der Gesellschaftsgläubiger gegen die Gefährdung durch vorzeitige Kapitalheimzahlungen und durch Beseitigung aller Mittel zu ihrer Befriedigung. Eine solche Garantie, wie sie der Art. gewährt, wurde für um so nöthiger erachtet, als bei den A.G. die Gesellschaftsgläubiger in keiner Weise den Personen, vielmehr nur dem zusammen­ geschossenen Vermögen vertrauen. P. 311. Vgl. Art. 203. — Der Art. 248 geht zwar von dem Falle einer gleichmäßigen Rückzahlung auf jede Aktie als dem gewöhnlichen aus, hat jedoch andere Fälle nicht ausgeschlossen (R.O.H. Bd. 18, S. 432). — Mit Recht hat daS R.O.H. (Bd. 24, S. 245) darauf hingewiesen, daß theilweise Zurückzahlung deS Grundkapitals und Herabsetzung desselben nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen, wie für die 93er-theilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Auslösung erfolgen dürfen, daß aber jene Fälle nicht wie diese das Untergehen des alten Rechtssubjektes, sondern meistens gerade besten Erhaltung, wenngleich mit veränderter Organisation, bezwecken. 4A) Dieser Satz enthält mehr als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Die Tragweite ist in den M. 245 auseinandergesetzt und von der Kommission des Reichstags (K.B. 28, 5) gebilligt. Die ersteren bemerken: ES handle sich darum, eine Schwierigkeit bei der Herabsetzung des Grundkapitals zu beseitigen. Auch für diese gelte die Grenze, daß die Minimalhöhe der

278

Zweite- Buch. Von den Handelsgesellschaften. Art. 249.

Der Beschluß ist in da» Handelsregister einzutragen ; auf die Eintragung finden die Vorschriften im Artikel 214 Anwendung").

Vierter Titel.

Strafbestimmungen1). Artikel 249. Persönlich hastende Gesellschafter, Mitglieder des Aussichtsraths und Liqui­ datoren einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Mitglieder de« Vorstandes und de« Aufsichtsrath« und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft werden, wenn sie absichtlich zum Nachtheile der Gesellschaft handeln, mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bi« zu zwanzigtausend Mark bestraft. Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden*). Aktien ausnahmslos einzuhalten sei (Art. 207a), und daß kein Aktionär genöthigt werden könne, zu den Zwecken der Gesellschaft und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr als den statutenmäßig zu leistenden Betrag beizutragen (Art. 219). Innerhalb dieser Grenzen müsse die Generalversammlung (jedoch ohne Befugniß zur Delegation, vgl. R.G. XXVI, 134) das Recht haben, nicht nur die Zurückzahlung oder Herabsetzung des Grundkapitals, sondern auch jede der Arten einer solchen (Herabsetzung des Nominalbetrags oder Verminderung der Zahl der Aktien durch Zurückerwerb und Vernichtung, Amortisation einer Anzahl. Zusammen­ legung mehrerer zu einer Aktie von geringerem Betrage als deren Gesammtbelrag) und die zur Durchführung der gewählten A r t erforderlichen Maßregeln zu beschließen. Dem gegenüber könne der einzelne Aktionär kein Sonderrecht geltend machen. Hieraus folge, daß, wenn bei einer beschlossenen Zusammenlegung von Aktien ein Aktionär die hierzu erforderliche Anzahl von Aktien nicht habe, er zu einer Veräußerung seiner hierzu unzureichenden Aktien oder zur Ueberlassung an die Gesellschaft gegen Entschädigung gezwungen werden könne. Der Reduktionsbeschluß könne und solle die erforderlichen Maßregeln mit verbindlicher Kraft auch für die dissentirenden Aktionäre festsetzen. Mit Rücksicht auf diese der Generalversammlung verliehene Macht sei ein solcher Beschluß mit besonderen schützenden Formen im Art. 248 versehen, selbst wenn schon das Statut die Zulässigkeit einer Zurückzahlung oder Herabsetzung des Grund­ kapitals vorgesehen habe. 4:>) Wenn auch die Vollziehung des Beschlusses über Herabsetzung des Grundkapitals nicht vor Ablauf des Sperrjahres erfolgen darf, so braucht doch für die Eintragung des Beschlusses und der hierauf beruhenden Statutenänderung in das Handelsregister diese Frist nicht abgewartet zu werden (Johow, IX, 21). ') In diesem Titel sind die Strafbestimmungen für K.A.G. und A.G. zusammengefaßt. Für die zeitliche Anwendung dieser Strafbestimmungen auf frühere Fälle enthält §. 2 Abs. 2 des St.G.B. die maßgebende Bestimmung. In den Fällen Artt. 249 bis 249d tritt kumulativ Gefängniß und Geldstrafe ein. Nach dem Maaße der daselbst und in den Artt. 249 e und f bestimmten Strafen sind daher in allen diesen Fällen gemäß §. 74 Ziff. 2, §.73 Ziff. 1 und §. 27 Ziff. 2 des Gerichtsversassungsgesetzes die Strafkammern der Landgerichte zuständig. -) Dieser Art. bestimmt Strafen für die Untreue in Anlehnung an §. 266 Ziff. 1 und 2 des St.G.B. Die Komplementäre bezw. Vorsteher, die Mitglieder des Aufsichtsraths

Vierter Titel.

Strafbestimmungen.

Art. 249 a.

279

Artikel 249a. Mit Gefängniß und zugleich mit Geldstrafe bi« zu zwanzigtausend Mark werden bestraft: 1. persönlich haftende Gesellschafter oder Mitglieder de« Auffichttrath« einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Gründer, Mitglieder de« Vor­ stände« oder de« Auffichttrath« einer Aktiengesellschaft, welche behufs Ein­ tragung de« Gesellschastsvertrage« in da« Handelsregister rückfichtlich der Zeichnung oder Einzahlung de« Gesammtkapital« der Kommanditisten oder de« Grundkapital« der Aktiengesellschaft oder der im Artikel 175 b oder 209b vorgesehenen Festsetzungen wissentlich falsche Angaben machen*); 2. diejenigen, welche rückfichtlich der bezeichneten Thatsachen wissentlich falsche Angaben in einer im Artikel 180 a, 213 b vorgesehenen Ankündigung von Sitten machen; 3. persönlich haftende Gesellschafter oder Mitglieder de« Aufsichtsrath« einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Mitglieder de« Vorstände« und de« Aufsichtsrath« einer Aktiengesellschaft, welche behuf« Eintragung einer Erhöhung de« Gesammtkapital« der Kommanditisten oder de« Grund­ kapital« der Aktiengesellschaft in da« Handelsregister (Artt. 180 h und 180 i, 215a und 215b) rückfichtlich der Einzahlung de« bisherigen oder rücksichtlich der Zeichnung oder Einzahlung de« erhöhten Kapitals wissentlich falsche Angaben machen. Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein8). und die Liquidatoren von K.A.G. und A.G. sind, um Zweisel über die analoge Anwendung jener Ziff. 1 zu vermeiden, hier ausdrücklich benannt, und es ist der weitere Thatbestand auS Ziff. 1 übernommen. Die Anwendung deS Art. 249 setzt nicht den Nachweis einer Absicht, sich oder einem anderen einen BermögenS-Bortheil zu verschaffen, voraus (M. 250), wohl aber den Nachweis deS absichtlichen (wiffentlichen K.B. 34) Handelns zum Nachtheil der Gesellschaft. *) Die Nichterfüllung der den Gründern nach Art. 209 g auferlegten Pflichten begründet die strafrechtliche Verantwortlichkeit derselben gemäß Ziff. 1 d. Art. (R.G. Entsch. in Straf­ sachen XVIII, 105). *) Dieser Art. bestraft wissentlich falsche Angaben: 1. behufs Eintragung deS Statuts in das Handelsregister seitens Derjenigen, welche bei der Errichtung von K.A.G. und A.G. nach dem Gesetze mitzuwirken haben (insbesondere auch der Gründer), in Bezug auf die Zeichnung oder Einzahlung des Gesammt- resp. Grundkapitals, die den Gesellschaftern bezw. Aktionären ein­ geräumten Vortheile, die nicht baar zu leistenden Einlagen und den GründungSauswand, 2. hinsichtlich derselben Thatsachen bei der öffentlichen Ankündigung, um Aktien in den Verkehr einzuführen, seitens der Emittenten, 3. behuss Eintragung einer Erhöhung des Grundkapitals in das Handels­ register seitens Derjenigen, welche nach dem Gesetze hierbei mitzuwirken haben, in Bezug aus Einzahlung deS bisherigen oder die Zeichnung oder Einzahlung des erhöhten Kapitals (Gesichtspunkt der Neugründung).

Artikel 249b. Persönlich haftende Gesellschafter, Mitglieder des Aufsichtsraths und Liqui­ datoren einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie Mitglieder des Vorstande» und de» Aufsichtsrath« und Liquidatoren einer Aktiengesellschaft werden mit Ge­ fängniß bi« zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bi» zu zwanzigtausend Mark bestraft: 1. wenn sie wissentlich in ihren Darstellungen, in ihren Uebersichten über den VerniögenSstand der Gesellschaft oder in den in der Generalversamm­ lung gehaltenen Vorträgen den Stand der Verhältnisse der Gesellschaft unwahr darstellen oder verschleiern; 2. wenn sie vor der vollen Leistung de» Nominalbetrages der Aktien oder des in den Fällen der Artikel 175a Ziffer 2, 180h Absatz 2, 209a Ziffer 2, 215 a Absatz 2 festgesetzten Betrages Aktien ausgeben; 3. wenn sie in dem Falle einer stattgefundenen Erhöhung de» Gesammtkapital» oder de» Grundkapitals vor Eintragung derselben in das Handels­ register (Artt. 180 i Abs. 3, 215 c Abs. 3) Aktien oder Jnterimsscheine ausgeben; 4. wenn sie auf einen geringeren Betrag als eintausend Mark gestellte Aktien oder Jnterimsscheine ausgeben, welche nicht die im Artikel 181a Absatz 3, 216c Absatz 4 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Im Falle der Ziffer 1 kann zugleich auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein*4).* * Die Absicht des Gesetzes ist eS: hier wie in Art. 249d Ziff. 1 und 2 schon das be­ trügerische Manöver an sich ohne Rücksicht auf den nachweisbaren Zusammenhang (Kausal­ nexus) mit der Schädigung als strafbar zu erklären (M. 248). Es ist ein anderer Thatbestand als im §. 263 St.G.B., weil eine Jrrthumserregung und dadurch herbeigeführte Bermögensbeschädigung nicht Voraussetzung für die Anwendung des Art. 249a ist (M. 251). — In der Reichstags-Kommission (K.B. 34) wurde bemerkt, daß die Ziff. 1 d. Art. auch den Fall trifft, wenn Gründer in der im Art. 209g erforderten Gründlings )Erklärung wissentlich falsche Angaben machen, weil auch diese nach Art. 210 Ziff. 1 dem Richter zum Zwecke der Eintragung der Gesellschaft überreicht werden muß. 4) Dieser Artikel und der solgcnde wollen Pslichtwidrigkciten der die K.A.G. und A.G. leitenden Personen bestrafe», um die Erfüllung der betreffenden Pflichten zu sichern. Tie Strafen sind milder als int Art. 249 a normal, weil es sich hier nicht um eine betrügerische Täuschung der Aktionäre und des Publikums über die erheblichsten Grundlagen der Gesell­ schaft, sondern um Täuschungen handelt, welche die Gesellschaft weniger schädigen und bei einer größeren Theilnahme der Aktionäre an der Kontrole leichter entdeckt werden können (M. 252). Im Falle der Ziff. 1 ist es nach Abs. 3 zugelassen, aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen, um auch solche Handlungen angemessen bestrafen zu können, welche aus ehrloser Gesinnung, namentlich aus gewinnsüchtiger Absicht hervorgegangen sind (11. ibid.). Zu Ziff. 2 ist in der Reichstags-Kommission (K.B. 35) konstatirt, daß die Ausgabe der einzelnen Aktien statthaft ist, sobald der für sie festgesetzte Betrag voll eingezahlt ist, nicht erst nach Vollbezahlung aller Aktien.

Vierter Titel.

Strafbestimmungen.

Artt. 249c. 249 d.

281

Artikel 249c. Mt Gefängniß bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bi» zu fünfteufenb Mark werden bestraft: 1. die persönlich haftenden Gesellschafter, die Mitglieder de» Aufsicht-rath» und die Liquidatoren einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, sowie die Mitglieder de» Vorstande» und de» Aufsicht-rath» und die Liquidatoren einer Aktiengesellschaft, wenn länger als drei Monate die Gesellschaft ohne Aufsichtsrath geblieben ist oder in dem letzteren die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Zahl von Mitgliedern gefehlt hat; 2. die Mitglieder de» Vorstandes und die Liquidatoren einer Aktiengesell­ schaft, wenn sie entgegen der Vorschrift de» Artikel» 240 Absatz 2 eö unterlassen haben, die Eröffnung de» Konkurse» zu beantragen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist auf die Geldstrafe ausschließlich zu erkennen. Die Strafe tritt nicht gegen denjenigen ein, welcher nachweist, daß die Be­ stellung oder Ergänzung de» Aufsichtsrath« oder der Eröffnungsantrag ohne fein Verschulden unterblieben ist'). Artikel 249de). Mit Gefängniß bis zu einem Jahr und zugleich mit Geldstrafe bi» zu zehn­ tausend Mark wird bestraft: 1. wer in öffentlichen Bekanntmachungen wiffentlich falsche Thatsachen vor­ spiegelt oder wahre Thatsachen entstellt, um zur Betheiligung an einem Aktienunternehmen zu bestimmen7); 2. wer in betrügerischer' Absicht auf Täuschung berechnete Mittel anwendet, um auf den Kur» von Aktien einzuwirken'); 6) Im Abs. 3 dieses Art. ist ausnahmsweise der ExulputionsbeweiS zugelassen (K.B. 35). *) Dieser Artikel wendet sich gegen Jeden, der in allgemein gefährdender Weise auf dem Gebiete des Aktienverkehrs Schwindeleien begeht (M. 253). ’) Die Ziff. 1 richtet sich insbesondere gegen die Werbung zur Betheiligung an einem Aktienunternehmen (K.A.G. oder A.G. des In- oder Auslandes, K.B. 38) durch Täuschungen vermöge unrichtiger Prospekte in öffentlichen Bekanntmachungen, insbesondere durch die Presse. Eine Verantwortlichkeit für die Hervorhebung aller etwa wichtig erscheinenden Thatsachen in Prospekten ist im Gesetze nicht einmal civilrechtlich verlangt, weil dem Einen manchmal wichtig erscheint, was dem Anderen unwesentlich ist. Die Strafbarkeit ist daher nicht an die Unterdrückung wahrer Thatsachen, sondern an die Vorspiegelung unwahrer Thatsachen oder die Entstellung wahrer Thatsachen geknüpft (M. 253). In der Ziff. 1 d. Art. ist das Wort „wissentlich" aus einen Antrag Reichensperger (ReichStagS-Prot. S. 1159) und der 4. Abs. d. Art. aus einen Antrag Windthorst, der in 2. Lesung (ReichStagS-Prot. S. 982) abgelehnt, in 3. Lesung (Reichstags-Prot. S. 1160) angenommen wurde, zum Schutze der ZeitungS-Redakteure (K.B. 36) hinzugefügt. •) Die Ziff. 2 sucht dem betrügerischen Einwirken auf den Kurs von Aktien (gleichviel ob zur Zeit schon Aktienbriese oder nur noch Jnterimsscheine existiren K.B. 38) durch auf Täuschung berechnete Mittel entgegenzutreten, seien diese darauf berechnet das Steigen oder Fallen des Kurses zu bewirken oder einen in Wirklichkeit nicht vorhandenen Kurs scheinbar zu

Zweit«- Buck.

282 3. wer

Bon den Handelsgesellschaften.

An. 249e.

über die Hinterlegung von Aktien ober JnterimSscheinen Bescheini­

gungen, welche zum Nachweise der Stimmrecht» in einer Generalversammlung dienen sollen, wissentlich

falsch ausstellt oder verfälscht,

oder von einer

solchen Bescheinigung, wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zur Aus­ übung des Stimmrechts Gebrauch macht**).

Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorbanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein. Ist die öffentliche Bekanntmachung ad 1 im Jnseratentheil einer periodischen Druckschrift genannt,

erfolgt und der Verfaffer des Inserates nicht nur

sondern

auch

in

unter demselben

dem Bereiche der richterlichen Gewalt eine» deutschen

Bundesstaates, so findet § 20 Alinea 2 des Gesetze« über die Preffe vom 7. Mai 1874 (ReichS-Gesetzbl. S. 65) keine Anwendung.*)

Artikel 249e.

Wer sich besondere Vortheile dafür hat gewähren oder versprechen lasten, daß er bei einer Abstimmung in der Generalversammlung von Kommanditisten oder Aktionären in einem gewissen Sinne stimme, wird mit Geldstrafe bis zu drei­ tausend Mark oder mit Gefängniß bi« zu einem Jahre bestraft'").

erzeugen. Objektiv wird hiernach die Anwendung aus Täuschung berechneter Mittel zum Zwecke der Einwirkung auf den Kurs und subjektiv die betrügerische Absicht verlangt,

d. h. die Absicht sich oder einem Anderen dadurch einen rechtswidrigen Vermögens­

vortheil zu verschaffen oder Andere zu benachtheiligen (M. V54). Deshalb ist die Ziff. 2 aus daS bei Einführung neuer Papiere an der Börse vorkonvnenden Abschließen fingirter 5taufe und Verkäufe, um nur erst überhaupt einen Kurs festzustellen, ohne hinzutretende betrügerische Absicht nicht anwendbar. — Ob die zur Täuschung angewendeten Mittel Erfolg gehabt haben, ist dagegen gleichgültig (K.B. 38). — Unter Kurs ist hier nicht blos der im amtlichen Kurszettel notirte, sondern jede in die Oeffentlichkeit tretende Feststellung des Durchschnittspreises einer Aktie zu verstehen (K.B. ibid.). 9) Die Ziff. 3 richtet sich gegen daS betrügerische Einwirken auf das Stimmverhä ltniß in den Generalversammlungen;

die salsche Ausstellung

oder Verfälschung von Be­

scheinigungen über die zur Ausübung des Stimmrechts erfolgte Hinterlegung von Aktien oder JnterimSscheinen, sowie die wissentliche Benutzung solcher wird bestraft. In allen diesen Fällen liegt die Gefahr einer Fälschung des Mehrheitswillens vor; auf den Erfolg kommt es nach dem Thatbestände nicht an. verstanden, also sowohl

Unter falscher Ausstellung wird sowohl die subjektive als die objektive der Fall, daß

die Fälschung die Person des zur Ausstellung Be­

rechtigten betrifft als auch den Fall, daß der Berechtigte einen falschen Inhalt bescheinigt hat. Der Thatbestand der Urkundenfälschung oder des Betruges kann konkurriren (M. 255). *) Dieses Alinea lautet: Ist die Druckschrift eine periodische,

so ist der verantwortliche

Redakteur als Thäter zu bestrafen, wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner Thäterschaft ausgeschlossen wird. ,0) Dieser Artikel ist dem §. 213 der R.K.O. nachgebildet, weil dort wie hier eine öffent­ liche Pflicht der in der bestimmten Gemeinschaft Befindlichen anerkannt wurde, ihre Stimmen unbestochen von besonderen Vortheilen abzugeben (K.B. 39). Er umfaßt nicht blos Aktionäre und Kommanditisten, sondern auch Bevollmächtigte und Vertreter, welche zur Ausübung des StimmrechtS befugt sind (M. 256).

Vierter Titel. Strafbestimmungen.

Artt. 249f. 249 g.

283

Artikel 249f. Wer in der Generalversammlung die Aktien eine- Anderen, zu deffen Ver­ tretung er nicht befugt ist, ohne deffen Einwilligung zur Ausübung des Stimm­ rechts benutzt, wird mit einer Geldstrafe von zehn bis dreißig Mark für jede der Aktien, jedoch nicht unter eintausend Mark, bestraft. Die gleiche Strafe trifft den­ jenigen, welcher Aktien eine- Anderen gegen Entgelt leiht und für diese da- Stimm­ recht ausübt, sowie denjenigen, welcher hierzu durch Verleihung der Aktien wissent­ lich mitgewirkt bot11). Artikel 249g. Die persönlich haftenden Gesellschafter und die Liquidatoren einer Kommandit­ gesellschaft auf Aktien sind zur Befolgung der in den Artikeln 179, 185, 185 c, 190 a Absatz 4 und 5, 193 Absatz 2 und 205 Absatz 3 enthaltenen Vorschriften von dem Handelsgerichte durch Ordnungsstrafen anzuhalten. In gleicher Weise sind die Mitglieder des Vorstandes und die Liquidatoren einer Aktiengesellschaft zur Befolgung der in den Artikeln 212, 213 f Absatz 4, 222 (Art. 190 a Abs. 4, 5), 222 a Absatz 3 und 4, 225 Absatz 1, 228, 233 Absatz 1, 238 a Absatz 2, 239 Absatz 2, 239 b (Art. 185c), 240 Absatz 1, 243 Absatz 1, 244 Absatz 3, 244 a Absatz 3 und 247 Ziffer 4 enthaltenen Vorschriften anjubstlten1*). 8- 2").

Die in den Artikeln 173, 173a, 174a, 175 Absatz 1 und 2, 175a bis 177, 180 und 207, 207 a, 209 Absatz 1 und 2, 209 a bis 210c, 213a der neuen Fassung enthalteneu Bestimmungen finden auf Gesellschaften, welche vor dem Tage des Inkraft") Dieser Artikel ist durch die Reich-tagSkommission hinzugefügt (K.B. 39); er richtet sich gegen die Benutzung von Aktien, welche man für Andere nur in Depot hat, ohne deren Zu­ stimmung zur Ausübung deS Stimmrecht-, und gegen da- Leihen und Verleihen von Aktien gegen Entgelt behufs Ausübung deS Stimmrecht-. Nicht getroffen wird also die unentgelt­ liche Bertheilung von Aktien an mehrere Personen Zwecks Umgehung der Beschränkungen, welchen etwa die Besitzer einer Mehrzahl von Aktien (Artt. 190, 221 Abs. 2) rücksichtlich der Ausübung de- Stimmrecht- für die mehreren Aktien unterliegen. Erlaubt bleibt ferner der Erwerb von Aktien zu dem Zwecke der Ausübung de- Stimmrecht- im Wege de- Reportgeschäft-. Abgelehnt ist ein Antrag, zu bestimmen, daß nur die Eigenthümer und die von diesen mit formeller Voll­ macht versehenen Personen stimmen dürften, weil die leichte Art der Legitimation-beschaffung alS ein natürlicher Vorzug der Inhaberaktie festgehalten werden müffe (K.B. 39). 12) Dieser Artikel saht die verschiedenen Fälle der zulässigen Ordnungsstrafen zu­ sammen (M. 256). 1S) Die §§. 2—7 enthalten UebetgangSbestimmungen, durch welche im Wesentlichen da- Gesetz aus die bei seinem Inkrafttreten bereits bestehenden Gesellschaften insoweit für anwendbar erklärt ist. als nicht deren Rechtsverhältnisse auf vertragsmäßiger Grundlage beruhen und dadurch bereits begründete Rechte verletzt werden würden. Sofort anwendbar sind seine Bestimmungen insoweit sie zur Ergänzung von Vorschriften des bisherigen Recht- ergangen sind oder daS öffentliche Recht berühren. Dahin zählen die M. 257 beispielsweise die Anordnungen hinsichtlich der Amortisation von Aktien (Art. 215 d Abs. 2), hinsichtlich der Zuständigkeit und Beschluß­ fassung der Generalversammlung (Artt. 215 und 180g), deS Beschlußrechts der Erschienenen (Artt. 221 Abs. 1 u. 186), der Anfechtung der Beschlüsse (Artt. 222, 190a u. 190b), der Be­ stellung von Revisoren (Art. 222 a), des KlagerechtS der Minorität (Art. 223, R.G. XVIII, 61),

284

Zweite- Buch. Bon den Handelsgesellschaften.

tretens dieses Gesetzes angemeldet sind, aber erst an oder nach diesem Tage zur Eintragung in das Handelsregister gelangen, keine Anwendung, sofern schon vor dem bezeichneten Tage die Voraussetzungen erfüllt sind, an deren Nachweis die bisherigen Bestimmungen die Eintragung knüpfen14). Dasselbe gilt für diese Gesellschaften sowie für die schon bestehenden Gesell­ schaften von den Vorschriften der Artikel 180a bis 180e, 181 und 213b bis 213f15).

Die Vorschrift im Artikel 181 a und 215 c über die Unzulässigkeit der Aus­ gabe von Interimsscheinen vor der Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Handelsregister findet auf die im ersten Absätze bezeichneten Gesellschaften An­ wendung16). §. 3. Auf eine Erhöhung des Gesammtkapitals der Kommanditisten oder des Grund­ kapitals bestehender Gesellschaften kommen die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht zur Anwendung, sofern der auf die neu auszugebenden Aktien eingeforderte Betrag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geleistet ist17). des Rechts derselben aus Berufung einer Generalversammlung und Stellung von Anträgen (Artt. 237 u. 188), der Frist ihrer Berufung und Tagesordnung (Art. 238), der Form der Protokolle .

305

§. 27.

Ist die Nachschusspflicht nicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt, so hat jeder Gesellschafter, falls er die Stammeinlage vollständig eingezahlt hat, das Recht, sich von der Zahlung des auf den Geschäftsantheil eingeforderten Nachschusses dadurch zu befreien, dass er innerhalb eines Monats nach der Aufforderung zur Einzahlung den Geschäftsantheil der Gesellschaft zur Befriedigung aus demselben zur Verfügung stellt. Ebenso kann die Gesellschaft, wenn der Gesellschafter binnen der angegebenen Frist weder von der bezeichneten Befugniss Gebrauch macht, noch die Einzahlung leistet, demselben mittelst eingeschriebenen Briefes erklären, dass sie den Geschäfts­ antheil als zur Verfügung gestellt betrachte49). Die Gesellschaft hat den Geschäftsantheil innerhalb eines Monats nach der Er­ klärung des Gesellschafters oder der Gesellschaft durch einen Makler oder einen zur Vornahme von Versteigerungen befugten Beamten öffentlich verkaufen zu lassen. Eine andere Art des Verkaufs ist nur mit Zustimmung des Gesellschafters zulässig. Ein nach Deckung der Verkaufskosten und des rückständigen Nachschusses verbleibender Ueberschuss gebührt dem Gesellschafter50). 40) a. Um die ökonomische Abhängigkeit der Gesellschafter von der Gesellschaft nicht ins Ungemessene zu steigern, gestaltet das Gesetz bei vertraglich zugelassener unbeschränkter Nachschußpflicht jedem Gesellschafter, sich von der persönlichen Haftung für den eingeforderten Nachschub dadurch zu befreien, daß er der Gesellschaft seinen GeschästSantheil zur Verfügung stellt, d. h. ihr dessen außergerichtliche Veräußerung als alleiniges HaflungSobjekt für den Nachschub behufs ihrer Befriedigung anheim giebt. Bis zur Vollziehung deS Verkaufs ist der Gesellschafter rechtlich immer noch alS Inhaber deS Geschäft-antheils zu betrachten. Nur wenn der Verkauf für seine Rechnung ohne Erfolg versucht ist, tritt der unmittelbare llebergang deS Geschäftsantheils auf die Gesellschaft ein, welche dann denselben für eigene Rechnung verkaufen kann. — Besitzt ein Gesellschafter mehrere Geschäslsantheile, so kann er hinsichtlich aller oder einzelner von dem vorstehenden Rechte Gebrauch machen (Begr. S. 59, 34). b. Dem Gesellschafter ist seine Befteiung von der persönlichen Verbindlichkeit für die Nachschubzahlung in der vorstehend angegebenen Weise aber nur dann gestattet, wenn die Stammeinlage von ihm vollständig eingezahlt ist, weil anderenfalls durch die Aufgabe des Geschäftsantheils auch die Haftung hinsichtlich de- Restes der Stammeinlage (§. 23) beeinträchtigt würde. ES ist ferner dem Gesellschafter eine Frist von einem Monat nach der Aufforderung zur Einzahlung für die Abgabe seiner Erklärung, daß er seinen Geschästsantheil zur Verfügung stelle, eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist steht ihm ein Recht, seine persönliche Haftung da­ durch zu beseitigen, nicht zu; eS kann aber die Gesellschaft, wenn er dann mit der Zahlung des NachschusseS noch säumig ist, ihm durch eingeschriebenen Brief erklären, daß sie den Geschäftsantheil als zur Verfügung gestellt betrachte. DieS hat aber keine andere Wirkung, als wenn die Erklärung von dem Gesellschafter rechtzeitig abgegeben wäre, und ist daher keine Kaduzirung des Geschäftsantheils wie im Falle deS §. 21 bei Nichtzahlung der Stammeinlage. Daher hastet hier der Gesellschafter nicht für einen Ausfall, welchen die Gesellschaft beim Verkauf erleidet, und behält den Anspruch aus den Ueberschuß über den rückständigen Nachschub und die BerkausSkosten, welcher etwa dabei erzielt wird (Begr. S. 59). ) a. Gleichviel, ob der Gesellschafter seinen Geschästsantheil zur Verfügung stellt oder ob die Gesellschaft ihn als zur Verfügung gestellt erklärt, soll der Verkauf in der im Gesetz be­ zeichneten Weise, falls der Gesellschafter nicht einer anderen Art des Verkaufs zustimmt, innerhalb eines MonatS nach der Erklärung erfolgen. Ein Verkauf nach Ablauf der Frist verpflichtet die Gesellschaft zum Schadensersätze, falls nicht der Gesellschafter die Aussetzung des Verkaufs genehmigt hat (Begr. S. 60). b. Der Erlös aus dem Verkauf dient in erster Linie zur Befriedigung der Gesellschaft wegen ihrer Nachschußsorderung. Auch ein Pfandgläubiger, welchem der Geschästsantheil von dem Gesellschafter verpfändet ist, muß der Gesellschaft gegenüber zurückstehen und kann nur Makowcr, Handrlkgtsctzbuch. il. Must. 20

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Ist die Befriedigung der Gesellschaft durch den Verkauf nicht zu erlangen, so fällt der Geschäftsantheil der Gesellschaft zu. Dieselbe ist befugt, den Antheil für eigene Rechnung zu veräussern51). Im Gesellschaftsvertrage kann die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen auf den Fall beschränkt werden, dass die ans den Geschäftsantheil eingeforderten Nachschösse einen bestimmten Betrag überschreiten52). §. 28. Ist die Nachschusspflicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt, so finden, wenn im Gesellschaftsvertrage nicht ein Anderes festgesetzt ist, im Falle verzögerter Einzahlung von Nachschüssen die auf die Einzahlung der Stammeinlagen bezüglichen Vorschriften der §§. 21 bis 23 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt im Falle des §. 27 Absatz 4 auch bei unbeschränkter Nachschusspflicht, soweit die Nachschüsse den im Gesellschaftsvertrage festgesetzten Betrag nicht überschreiten53). Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, dass die Einforderung von Nachschüssen, auf deren Zahlung die Vorschriften der §§. 21 bis 23 Anwendung finden, schon vor vollständiger Einforderung der Stammeinlagen zulässig ist54) den etwaigen Ueberschuß des Berkaufserlöses beanspruchen, weil die Befugniß der Gesellschaft, sich auS dem Geschästsantheile zu befriedigen, aus einem selbstständigen Rechte derselben beruht, die Verbindlichkeiten auf dem Geschästsantheile selbst haften, und daher von jedem, welcher Rechte an dem Antheil erwirkt, als Belastung desselben anerkannt werden müssen (Begr. S. 60). 61) Der Abs. 3 will sagen, daß, wenn durch den Verkauf die (auch nur theilweise) Be­ friedigung der Gesellschaft nicht zu erlangen ist, der Verkaufsversuch also erfolglos bleibt, der Geschästsantheil der Gesellschaft zufällt und daß sie demnächst nach Zeit und Gelegenheit den Antheil, ohne an bestimmte Fristen und Formen gebunden zu sein, für ihre eigene Rechnung verkaufen kann (Begr. S. 60). ") Das Recht der Gesellschafter, durch Verweisung auf den Geschäftsantheil sich von der persönlichen Haftung für die Nachschubzahlung zu befreien, kann durch den Gesellschastsvertrag nicht ganz ausgeschlossen, wohl aber dahin beschränkt werden, daß die erforderten Nachschüsse zusammen, abzüglich der zurückgezahlten Summen, einen bestimmten Betrag überschreiten (Begr. S. 60). 68) Ist die Nachschubpflicht im Gesellschaftsvertrage aus einen bestimmten Betrag be­ schränkt, so ist davon auszugehen, dah die beschlossenen Nachschüsse, ebenso wie die Stamm­ einlagen, einen unbedingt erzwingbaren Anspruch der Gesellschaft bilden. Deshalb sind die §§. 21—23 auch für solche Nachschüsse — falls im Gesellschaftsvertrage nicht ein Anderes be­ stimmt ist — für analog anwendbar erklärt, nicht auch der §. 24, welcher die Gesammthastung der Gesellschafter für Ausfälle an Slammeinlagen verordnet. Dieselben Grundsätze, welche hier für den Fall ausgestellt sind, dah die Nachschubpflicht aus einen bestimmten Betrag beschränkt ist, finden wegen Gleichheit des Grundes auch auf den Fall Anwendung (§. 27 Abs. 4), wenn bei unbeschränkter Nachschubpflicht die Verweisung auf den Geschästsantheil erst bei Ueberschreitung eines bestimmten Betrages zugelassen, dieser Betrag aber bei dem erforderten Nachschusse noch nicht überschritten ist. 54) a. Der Abs. 1 bestimmt die beiden in der vorigen Note näher angegebenen Fälle, in welchen auf die verzögerte Einzahlung von Nachschüssen, falls nichts Anderes im Vertrage bestimmt ist, bfe §§. 21—23 entsprechende Anwendung finden sollen; nur für diese beiden Fälle kann nach Abs. 2 durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dah Nachjchüsse schon vor vollständiger Einsorderung der Slammeinlagen ausgeschrieben werden dürfen, jedoch nur dann, wenn nicht der Gesellschastsvertrag die Anwendbarkeit der §§. 21—23 aus die er­ forderten Nachschüsse ganz oder theilweise abgeändert hat (Begr. S. 61). b. Zur Rechtsertigung der Bestimmung, daß in den gedachten Fällen die Einsorderung von Nachschüssen vor der Einforderung der ganzen Stammeinlage zugelast'en ist, bemerkt die Begr. S. 26 u. 3b im Wesentlichen Folgendes: Es sei nothwendig, dem Gesellschastsvermögen bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine gröbere Beweglichkeit als bei den A.G. zu

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§. 29. Die Gesellschafter haben Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich er­ gebenden Reingewinn, soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt ist. Die Vertheilung erfolgt nach Verhältniss der Geschäftsantheile. Im Gesell­ schaftsvertrage kann ein anderer Massstab der Vertheilung festgesetzt werden55). §. 30. Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden56). Eingezahlte Nachschösse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rück­ zahlungsbeschluss durch die im Gesellschaftsvertrage für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blätter und in Ermangelung solcher durch die für die Bekanntmachungen aus dem Handelsregister bestimmten öffentlichen Blätter bekannt gemacht ist57). Im Falle des §. 28 Absatz 2 ist die Zurückzahlung von geben. DieS geschehe durch die Zulassung von Nachschüffen, die neben dem Stammkapital zu erforbent seien, welches allein als KveditbasiS für die Gläubiger öffentlich bekannt gemacht werde. Die Nachschüffe könnten, so lange das Stammkapital unversehrt ist, zur Deckung von Ausgaben oder Verlusten verwendet und bei etwaiger Verminderung des KapitalbedürmifleS zurückbezahlt werden. Für die Fälle beschränkter Nachschubpflicht sei die Einforderung von Nachschüssen vor der Vollzahlung der Stammeinlagen unbedenklich zuzulassen. Diese Besugniß sei namentlich für solche Gesellschaften von Werth, deren Unternehmen in der ersten Zeit deS Betriebes erhebliche Aufwendungen erfordert, die nicht in unmittelbar ersichtlichen Gegenwerthen, sondern nur in der mehr oder weniger entfernten Aussicht künftiger Erträgniffe ihre Ausgleichung finden. Aus den eingezogenen Nachschüffen könnten solche Ausgaben unter Abschreibung von dem Conto der ersteren bestritten, und bei beginnender Rentabilität deS Unternehmens könnte mit Erlheilung von Gewinnen vorgegangen werden, während wenn die Ausgaben vom Stammkapital entnommen würden, erst diese- voll zu ergänzen wäre, ehe Dividenden gezahlt werden dürsten. ft5) Den Gesellschaftern steht ein Anspruch aus den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingelvinn insoweit zu, als nicht durch den Gesellschaftsvertrag ein andere- bestimmt, z. B. die Anlegung eines Reservefonds oder eine Verwendung nach Gesellschaftsbeschluß zu bestimmten Zwecken vorbehalten ist. Wenn der Vertrag keinen anderen Bertheilung-maßstab bestimmt, so findet die Bertheilung nach Verhältniß der Geschäft-antheile statt. Namentlich da, wo die Gesellschafter noch zu anderen Leistungen als zu Kapitalzahlungen verpflichtet sind, wird unter Umständen daS Bedürfniß vorhanden sein, einen entsprechenden Theil deS Gewinnes nach Verhältniß dieser Leistungen zur Bertheilung zu bringen (Begr. S. 62). 86) Der Abs. 1 verbietet die Schmälerung des Stammkapitals (des im Gesellschastsvertrage festgesetzten Sollvermögens) durch Herauszahlungen an die Gesellschafter. Der Ausdruck des Art. 217 H.G.B., daß nur der nach der jährlichen Bilanz sich ergebende reine Gewinn aus­ gezahlt werden darf, ist hier vermieden worden, weil außer der Vertheilung des Gewinnes hier auch die Rückzahlung von Nachschüffen in Betracht zu ziehen war. Zinsen von bestimmter Höhe dürfen auch bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht gezahlt werden (Begr. S. 62). :’7) a. DieNachschüsse bilden den beweglichen Theil des Gesellschastskapitals, können daher auch zurückgezahlt werden, aber nur soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind; diese Einschränkung ergiebt sich als Konsequenz aus der Vorschrift des Abs. 1, denn wenn das Stammkapital bei richtiger Bilanzirung nicht mehr durch die Aktiva gedeckt wird, so könnte eine Rückzahlung nur aus dem zur Deckung des Stammkapitals noth­ wendigen Vermögen stattfinden (Begr. S. 63). b. Nach den §§. 46, 47 Zisf. 2 bedarf es, wenn im Gesellschaftsvertrage nichts Anderes be­ stimmt ist, zu jeder Rückzahlung von Nachschüssen eines Beschlusses der Gesellschafter. Der Be-

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Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Nachschüsse gelten als nicht eingezogen5-).

Zurückgezahlte

§. 31. Zahlungen, welche den Vorschriften des §. 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist5"). Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsantheile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem be­ zeichneten Verhältnis auf die übrigen vertheilt60). schluß ist in den durch den Vertrag bestimmten Gesellschaftsblättern und in deren Ermangelung in den für die Bekanntmachungen aus dem Handelsregister bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen, und darf erst 3 Monat nach der ersten Bekanntmachung vollzogen werden, damit die Gläubiger allenfalls Schritte zu ihrer Sicherung thun können (K.B. S. 71). Rück­ zahlungen ohne vorgängige Publikation sind ungültig und begründen einen Erstattungs­ anspruch gegen die Empfänger (Begr. S. 63). :’8) Der vorletzte Satz des §. 30 verordnet, daß die Zurückzahlung von Nachschüssen vor­ der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig ist, wenn die Nachschüsse in einem der beiden §. 28 91 bj. 2 erwähnten Fälle eingezogen worden sind (in welchen sie allein vorher erfordert werden können). Der Schlußsatz des §. 30 bezeichnet die Wirkung der Rückzahlung dahin, das; zurückgezahlte Nachschüsse nicht als eingezogen gelten, also bei beschränkter Nachschubpflicht (§. 28 Satz 1) oder bei zwar unbeschränkter Nachschubpflicht aber vertraglich beschränkter Besugniß, den Geschäftsantheil zur Verfügung zu stellen (§. 28 Satz 2), die ursprü ngli che Nachschußsumme nicht ändern (Begr. S. 63). st0) Der §. 31 bestimmt, daß alle Zahlungen, welche zuwider dem §. 30 an Gesellschafter geleistet sind, von dem Empfänger erstattet werben müssen, auch von dem gutgläubigen (ab­ weichend von den Artt. 165 Abs. 6, 198 u. 218 H.G.B.), von diesem jedoch nur soweit, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich sind. Als Empfänger ist derjenige Gesellschaster anzusehen, tvelcher selbst die Zahlung empfangen hat oder mit dessen Willen sie, insbesondere aus Grund einer Anweisung oder (Session, an einen Dritten geleistet ist. Gleich­ gültig ist, unter welchem Titel die unzulässige Zahlung erfolgt ist, ob als Gewinnvertheilung, als Rückgewähr von Nachschüssen oder Stammeinlagen oder unter welcher anderen Bezeichnung. Auch wird die Erstattungspflicht dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Zahlung auf Grund einet formrichtigen Bilanz durch einen Gesellschaftsbeschluß gutgeheißen war. Die materielle Unrichtig­ keit der Bilanz genügt. Nach §. 29 reicht zwar die festgestellte Bilanz zur Begründung be* Gewinnanspruchs hin, aber diese Begründung kann innerhalb der in den §§. 30, 31 gezogenen Grenzen durch den Nachweis der Unrichtigkeit der Bilanz entkräftet werden ^Begr. S. 64j. 00) Insoweit die Erstattung von dem Zahlungspflichtigen (welcher Gesellschaster ist oder es zur Zeit der Zahlung war) nicht zu erlangen ist, tritt die Kol lektivhaftung der übrigen Gesellschaster, aber immer nur soweit ein, als die Erstattung zur Befriedigung der Gesellschafts­ gläubiger erforderlich ist. Die Kollektivhaftung ist hier also beschränkter als im Falle des §. 24 (Begr. S. 64). Dieselbe wurde nach dem K.B. S. 8 zur Sicherung der Gläubiger, namentlich im Falle des Konkurses, für nothwendig erachtet, denn diese erführen von der Rückzahlung des Stammkapitals überhaupt Nichts, die Gesellschaftsmitglieder könnten aber aus die Angelegenheiten der Gesellschaft immer einwirken, einen gesetzwidrigen Rückzahlungsbeschluß anfechten, die Aus­ führung einstweilen hindern, äußerstenfalls die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft nach §. 61, sowie die Wiedereinziehung der zurückbezahlten Beträge durch einen gerichtlich bestellten Liquidator {§. 66) herbeiführen.

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Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden. Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren; die Verjährung be­ ginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung be­ ansprucht wird, geleistet ist. Fällt dem Verpflichteten eine bösliche Handlungsweise zur Last, so findet die Bestimmung keine Anwendung. Für die in den Fällen des Absatz 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in Betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersätze verpflichtet61). §. 32. Liegt die im §.31 Absatz 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Falle verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnantheile bezogen haben, zurückzuzahlen62). §. 33. Die Gesellschaft darf eigene Geschäftsantheile, auf welche die Stammeinlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben. Sie soll auch eigene Geschäftsantheile, auf welche die Stammeinlage vollständig eingezahlt ist, nicht erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen kann63).

•') Der Abs. 6 des §. 31 giebt den in Folge der Kollektivhaftung zahlenden Gesellschaftern (nicht aber dem Empfänger der Zahlung, welcher das zu Unrecht Empsangene erstattet) den Rückgriff gegen die Geschäftsführer, welchen in Betreff der geleisteten Zahlung ein Derschulden zur Last fällt. Dieselben haften ihnen solidarisch. Die Geschäftsführer hasten in dem gedachten Falle außerdem solidarisch und unmittelbar der Gesellschaft für den Ersatz (§. 44 Abs. 3). (Begr. S. 64.) 6i) Der §. 32 schließt die Rückzahlung von in gutem Glauben bezogenen Gewinnen dann auS, wenn sie zwar zu Unrecht venheilt sind, aber das Stammkapital nicht beeinträchtigen. Es ist z. B. (sagt die Begr. S. 64) an den Fall zu denken, daß die im Gesellschastsvertrage vor­ gesehene Dotirung eines Reservefonds unterblieben ist, oder daß die richtige Bilanzaufstellung zwar eine Unterbilanz, aber mit Rücksicht auf das Vorhandensein eines Reservefonds keinen Verlust am Stammkapital ergiebt. °3) ft. Der Erwerb eigener GeschäftSantheile, bevor die Stammeinlage auf dieselben voll eingezahlt worden, ist der Gesellschaft verboten. DaS Erwerbsgeschäft wäre daher ungültig. Nach der Bollzahlung können solche GeschäftSantheile von der Gesellschaft gültig erworben werden; der Erwerb soll aber nur geschehen, wenn er auS dem über den Betrag des Stamm­ kapitals hinausgehenden Vermögen geschehen kann. z. B. aus Reservefonds, Nachschüffen u. dgl. m. Eine Zuwiderhandlung der Geschäftsführer gegen dieses Gebot macht dieselben schadensersatzpflichtig (§. 44 Abs. 3). (Begr. S. 66.) Der Erwerb bewirkt, daß die Gesellschaft Eigenthümerin des betr. Geschäftsantheils wird, nicht aber erlischt derselbe durch Consolidation. Trotzdem ruhen die an den Antheil geknüpften Gesellschastsrechte, solange derselbe der Gesellschaft gehört (wie z. B. das Stimmrecht), denn die Gesellschaft kann nicht ihr eigener Gesellschafter sein. b. Soweit der Erwerb eigener GeschäftSantheile der Gesellschaft verboten ist, macht es keinen Unterschied, ob sie den Erwerb für eigene oder fremde Rechnung vornimmt, wenn sie nur überhaupt in eigenem Namen handelt, auch erstreckt sich das Verbot nicht (wie in Art. 215d H.G.B.) lediglich aus einen Erwerb „int geschäftlichen Betriebe", sondern auch auf jeden anderen; dagegen ist die Annahme zum Pfande oder die Pfändung deS Geschäftsantheils im Wege der Zwangsvollstreckung der Gesellschaft überhaupt nicht verboten (Begr. S. 66).

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§. 34. Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsantheilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrage zugelassen ist. Ohne die Zustimmung des Antheilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsantheil erworben hat, im Gesellschaftsvertrage festgesetzt waren. Die Bestimmung im §. 30 Absatz 1 bleibt unberührt64). Dritter Abschnitt.

Vertretung und Geschäftsführung. §. 35. Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und aussergerichtlich vertreten65). Dieselben haben in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form ihre Willenserklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muss die Erklärung und Zeichnung durch sämmtliche Geschäfts­ führer erfolgen66). Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, so genügt es, wenn dieselbe an einen der Geschäftsführer erfolgt67). 61) a. Die Amortisation, d. h. die gänzliche Beseitigung von Geschästsamheilen durch deren Einziehung darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschastsvertrage zugelassen ist. Ta jedoch nach dem unberührt bleibenden §. 30 Abs. 1 das zur Erhaltung der Stammeinlagen erforderliche Vermögen an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden darf, so kann die Amorti­ sation nur erfolgen, wenn die hierzu erforderlichen Aufwendungen aus dem Jahresgewinn oder sonst verfügbaren Fonds bestritten werden kann. In diesem Falle bleibt der Betrag des Stamm­ kapitals unverändert und ist in den Passiven der Bilanz in der alten Höhe weiterzuführen. Sind die erforderlichen Aufwendungen nicht in dieser Weise zu beschaffen, so kann die Amortisation nicht anders als nach vorgängiger Herabsetzung des Stammkapitals (§. 59) erfolgen. Geschäfts­ anteile, auf welche die Slammeinlage nicht vollständig eingezahlt ist, dürfen unter allen Umständen nur nach Maßgabe der Vorschriften des §. 59 amortisirt werden, weil nur in einem solchen Falle nach §. 19 Abs. 2 ein Erlaß weiterer Einzahlungen auf die Slammeinlage zulässig ist (Begr. S. 67). b. Die Amortisation kann ein geeignetes Mittel sein, eine beschlossene Reduktion des Stammkapitals zur Ausführung zu bringen, oder auch ohne eine solche durch Verminderung der Zahl der Betheiligten die Rentabilität des Unternehmens für die Verbleibenden zu erhöhen, oder einzelnen Gesellschaftern ein Ausscheiden aus der Gesellschaft ohne Uebertragung des Antheils an Dritte zu ermöglichen. Im Einverständnisse zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter kann das Ausscheiden des Letzteren und die Amortisation seines GeschäftsantheilS unter den Voraussetzungen der vorstehenden Note erfolgen. Ebenso kann die Gesellschaft einen von ihr rechtmäßig erworbenen Antheil amortisiren. Die Krastloserklärung des Antheils bedarf in Er­ mangelung einer abweichenden Bestimmung des GesellschaftSvertrqges nach den §§. 46, 47 Ziff. 3 eines Beschlusses der Gesellschaft. Ohne Zustimmung des Antheilsberechtigten ist die Amortisation nur zulässig, wenn sie im Gesellschastsvertrage (Abs. 1) oder doch vor dem Erwerbe deS Antheils durch den Berechtigten in einem Nachtrage zum Gesellschastsvertrage (Abs. 2) festgesetzt worden ist. eft) Vgl. Art. 227 Abs. 1 H.G.B. — Die Art der Bestellung ergiebt sich aus den §§. 6 u. 47 Ziff. 4. M) Vgl. Art. 2J9 Abs. 1 H.G.B. Wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, dann ist von der Kollektivvertretung als Regel auszugehen; es bedarf daher einer besonderen Be-

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Die Zeichnung geschieht in der Weise, dass die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft ihre Namensunterschrift beifügen68). §. 36. Die Gesellschaft wird durch die in ihrem Namen von den Geschäftsführern vor­ genommenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Gesellschaft vorgenommen worden ist, oder ob die Umtsände ergeben, dass es nach dem Willen der Betheiligten für die Gesellschaft vorgenommen werden sollte69). §. 37. Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die Beschrän­ kungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugniss, die Gesellschaft zu ver­ treten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein Anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind10). Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugniss der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder dass die Zustimmung der Gesellschafter oder eines Organs der Gesellschaft für einzelne Geschäfte erfordert ist71). §. 38. Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen72). Im Gesellschaftsvertrage kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall be­ schränkt werden, dass wichtige Gründe denselben nothwendig machen. Als solche Gründe sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen73). §. 39. Jede Aenderung in den Personen der Geschäftsführer, sowie die erneute Be­ stellung oder die Beendigung der Vollmacht eines Geschäftsführers muss ohne Verzug stimmung deS Gesellschaftsvertrages, wenn den einzelnen Geschäftsführern die selbstständige Brrtretunst zustehen soll (Begr. S. 68). 67) Zusatz der Kommission (K.B. S. 8). ") Bgl. Art. 229 Abs. 2 H.G.B. ••) Bgl. Art. 230 H.G.B. 70) Bgl. Art. 231 Abs. 1 H.G.B. Dort sind die Beschlüsie der Generalversammlung, hier die Beschlüsse der Gesellschafter als maßgebend für den Umfang der BerlretungSbefugniß der Geschäftsführer im Verhältniß zur Gesellschaft erklärt, weil bei den Gesellschaften mit be­ schränkter Haftung die Beschlüsie auch schriftlich gefaßt werden können (§. 49 Abs. 2). ") Bgl. Art. 231 Abs. 2 H.G.B. «) Bgl. Art. 227 Abs. 3 H.G.B. 73) Der zweite Absatz deS §. 38 gestaltet, durch daS Statut die freie Widerruflichkeit der Bestellung zum Geschäftsführer auf den Fall, daß wichtige Gründe für den Widerruf vor­ liegen. zu beschränken, weil eS bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung, namentlich wenn eine kleine Zahl von Mitgliedern vorhanden ist, möglich sein muß, durch den GesellschastSvertrag allen oder einzelnen Mitgliedern ein dauerndes Recht aus die Geschäftsführung einzuräumen und ihnen dadurch eine gewisse Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu verleihen (Begr. S. 69). Die im letzten Satze des §. 38 enthaltene Exemplifikation ist von der Kommission hinzugefügt (K.B. S. 9). Im Streitfälle hat der Prozeßrichter zu entscheiden, ob wichtige Gründe für den Widerruf vorliegen, und durch einstweilige Verfügung kann die Geschäftsführung vorläufig untersagt werden.

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zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Die Legitimation der an­ gemeldeten Geschäftsführer ist beizufügen74). Zugleich haben neu bestellte Geschäftsführer ihre Unterschrift vor dem Gericht zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen75). §. 40. Eine Aenderung in den Personen der Geschäftsführer, eine Beendigung der Voll­ macht eines Geschäftsführers, sowie eine Aenderung des Gesellschaftsvertrages rück­ sichtlich der Form für Willenserklärungen der Geschäftsführer kann, solange sie nicht in das Handelsregister eingetragen und öffentlich bekannt gemacht ist, einem Dritten von der Gesellschaft nur entgegengesetzt werden, wenn letztere beweist, dass der Dritte beim Abschlüsse des Geschäfts von der Aenderung oder Beendigung Kenntniss hatte. Nach geschehener Eintragung und Bekanntmachung muss der Dritte, sofern nicht durch die Umstände die Annahme begründet wird, dass er beim Abschlüsse des Geschäfts die Aenderung oder Beendigung weder gekannt habe, noch habe kennen müssen, dieselbe gegen sich gelten lassen70). §. 41. Alljährlich im Monat Januar haben die Geschäftsführer eine von ihnen unter­ schriebene Liste der Gesellschafter, aus welcher Name, Vorname, Stand und Wohnort der letzteren sowie ihre Stammeinlagen zu entnehmen sind, zum Handelsregister ein­ zureichen. Sind seit Einreichung der letzten Liste Veränderungen hinsichtlich der Person der Gesellschafter und des Umfangs ihrer Betheiligung nicht eingetreten, so genügt die Einreichung einer entsprechenden Erklärung77). §. 42. Die Geschäftsführer sind verpflichtet, für die ordnungsmässige Buchführung der Gesellschaft zu sorgen78). Sie müssen in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres die Bilanz für das verflossene Geschäftsjahr nebst einer Gewinn- und Verlustrechnung aufstellen. Durch den Gesellschaftsvertrag kann die bezeichnete Frist bis auf sechs Monate, bei Gesellschaften, deren Unternehmen den Betrieb von Geschäften in überseeischen Gebieten zum Gegenstände hat, bis auf neun Monate erstreckt werden71). Für Gesellschaften, bei welchen der Gegenstand des Unternehmens im Betriebe von Bankgeschäften besteht, ist die Bilanz innerhalb der vorbezeichneten Fristen in den im §. 30 Absatz 2 bestimmten öffentlichen Blättern durch die Geschäftsführer bekannt zn machen. Die Bekanntmachung ist zum Handelsregister einzureichen*0). 74) Vgl. 91 rt. 233 Abs. 1 H.G.B. — Die Bestimmungen über die erste Anmeldung der Geschäftsführer enthalten die §§. 7 u. 8 Ziff. 2& dieses Gesetzes. w) Vgl. Art. 228 Abs. 2 H.G.B. 7#) Vgl. Art. 233 Abs. 2; 46, 25 H G.B. 77) Vgl. Note 14 zu §. 8. Die bei Ordnungsstrafe (§. 77) angeordnete, jährliche Ein­ reichung einer neuen Liste erspart den Interessenten die Mühe, Ermittelungen über etwa ein­ getretene Veränderungen auf eine allzulange Zeit auszudehnen. Die Unterschriften der Liste be­ dürfen keiner Beglaubigung (Begr. S. 70). 78) Vgl. Art. 239 Abs. 1 H.G.B. 7Ö) Die Ausstellung der Bilanz durch die Geschäftsführer muß in der Regel in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres erfolgen; diese Frist kann aber durch den GesellschaftsVertrag bis auf 6 Monate, und bei Gesellschaften, welche den Betrieb von Geschäften in über­ seeischen Gebieten zum Gegenstände haben (namentlich bei Kolonialgesellschaften) wegen des Zeit­ verlustes, welcher mit der Beschaffung ihrer Bilanzgrundlagen verbunden ist, auf 9 Monate aus­ gedehnt werden.

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§. 43. Für die Aufstellung der Bilanz kommen die Vorschriften des Artikels 31 des Handelsgesetzbuchs mit folgenden Massgaben zur Anwendung: 1. Anlagen und sonstige Vermögensgegenstände, welche nicht zur Weiterveräusserung, sondern dauernd zum Betriebe des Unternehmens bestimmt sind, dürfen höchstens zu dem Anschaffungs- oder Herstellungspreise angesetzt werden; sie können ohne Rücksicht auf einen geringeren Werth zu diesem Preise angesetzt werden, sofern ein der Abnutzung gleichkommender Betrag in Abzug oder ein derselben entsprechender Emeuerungsfonds in Ansatz ge­ bracht wird81); 2. die Kosten der Organisation und Verwaltung dürfen nicht als Aktiva in die Bilanz eingesetzt werden82); 3. das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesell­ schafter ist als Aktivum in die Bilanz nur insoweit einzustellen, als die Ein­ ziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäftsantheil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht; den in die Aktiva der Bilanz aufgenommenen Nachschussansprüchen muss ein gleicher Kapitalbetrag in den Passiven gegenübergestellt werden83); 4. der Betrag des im Gesellschaftsvertrage bestimmten Stammkapitals ist unter die Passiva aufzunehmen. Das Gleiche gilt von dem Betrage eines jeden Reserve- und Erneuerungsfonds, sowie von dem Gesammtbetrage der einge­ zahlten Nachschüsse, soweit nicht die Verwendung eine Abschreibung der betreffenden Passivposten begründet84);

80) Der Abs. 4 ist von der Kommission hinzugefügt, um bei Bankgeschäften durch die Veröffentlichung der Bilanzen dem Publikum einigen Schutz gegen die unrichtige Beurtheilung ihrer Leistungsfähigkeit zu gewähren (K B. S. 2, 9). Unter der zu veröffentlichenden Bilanz ist hier die festgestellte Bilanz (§§. 47 Ziff. 1, 48, 49), und nicht der von den Geschäftsführern an­ gefertigte Entwurf zu verstehen. Die Bekanntmachung ist zum Handelsregister der Haupt- und jeder Zweigniederlassung bei Ordnungsstrafe einzureichen (§§. 76 Abs. 2, 77). 81) Die Ziff. 1 u. 2 deS Art. 185a H.G.B., wonach BermögenSgegenstände jeder Art, auch wenn sie zur Weiterveräußerung bestimmt sind, höchstens mit dem Anschaffung-- oder Her­ stellungspreise angesetzt werden dürfen, sind nicht hierher übernommen, weil die Erstattung-Pflicht, welche nach §. 31 bei Beeinträchtigung deS Stammkapital- durch Auszahlung fiktiver Gewinne eintritt, hier von selbst die vorsichtige Bewerthnng der Aktiva herbeiführen wird. Dagegen ist die Ziff. 3 de- Art. 185a übernommen, damit nicht Anlagen und sonstige zum dauernden Be­ triebe de- Unternehmen- bestimmte Gegenstände nach jedesmaliger Taxe zur Grundlage der Bertheilung eines Geschäftsgewinnes gemacht werden, dessen Verwirklichung durch ihre Zweckbestimmung ausgeschlossen ist. Die erwähnten Gegenstände dürfen aber auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen geringeren Taxwerth als stabile, nur durch entsprechende Abschreibungen regulirte Konten in der Bilanz figuriren (Begr. S. 71). 8S) Vgl. die Ziff. 4 deS Art. 185 a H.G.B., deren Schlu bWorte wesentlich auS redaktionellen Gründen hier fortgelassen sind (Begr. S. 72). 8a) Nachschußsorderungen können in die Bilanz nur dann als Aktivposten eingestellt werden, wenn die Einziehung eines bestimmten Betrages beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht nicht mehr zusteht, sich durch Verweisung auf den GeschästSantheil von der Zahlung zu befreien (§. 27). Die hiernach einstellbaren Nachschutzsorderungen sind keine gewöhnlichen ausstehenden Forderungen der Gesellschaft, sondern bilden einen noch nicht eingezahlten Theil des Gesellschafskapitals, und müssen deshalb in der Bilanz nicht blos auf der Aktivseite, sondern auch als KapitalSkonto auf der Passivseite figuriren; sie können niemals einen zur Gewinnvertheilung verfügbaren Ueberschutz der Aktiva über die Passiva begründen, sind aber bei der Frage der Zulänglichkeit des Aktivvermögen- zur Schuldendeckung mitzuzählen (Begr. S. 73).

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5. der aus der Vergleichung sämmtlicher Aktiva und Passiva sich ergebende Gewinn oder Verlust muss am Schlüsse der Bilanz besonders angegeben werden*5). §• 44. Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorg­ falt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden. Insbesondere sind sie zum Ersätze verpflichtet, wenn den Bestimmungen des §. 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des §. 33 zuwider eigene Geschäftsantheile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen im §. 9 Absatz 2 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Ver­ pflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, dass dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben. Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren86). §. 45. Die für die Geschäftsführer gegebenen Vorschriften gelten amh für Stellvertreter von Geschäftsführern87). §. 46. Die Rechte, welche den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in Bezug auf die Führung der Geschäfte zustehen, sowie die Ausübung derselben bestimmen sich, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, nach dem Gesellschaftsvertrage. In Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages finden die Vorschriften der §§. 47 bis 52 Anwendung88). 84) Einen unveränderlichen Posten der in die Passiva einzustellenden Kapitalsonten bildet der volle Betrag des Stammkapitals, wie er in dem ursprünglichen oder durch einen ErhöhungS- oder Herabsetzungsbeschluß nachträglich geänderten Gesellschaftsvertrage festgesetzt ist, also nicht bloS der eingezahlte Betrag des Stammkapitals. Zu den veränderlichen Kapitalkonten gehört außer den etwaigen Reserve- und Erneuerungsfonds auch der Gesammtbetrag der eingezahlten Nachschüsse. Die Verfügung über dieselben findet mittelst Ab­ schreibung statt, und unterliegt in Folge dessen, auch wenn nicht eine Rückzahlung an die Gesell­ schafter stattfindet f§. 47 Ziff. 3), der Beschlußnahme derselben bei Feststellung der Bilanz (Begr. S. 73). 85) Vgl. Ziff. 6 des Art. 185 ft H.G.B. 8fl) Vgl. Art. 241 H.G.B. — Wenn die Geschäftsführer nach Abs. 3 des §. 44 der Gesellschaft ersatzpflichtig find, dann können die GesellschaftSgläubiger sich deren Ansprüche überweisen, und im Falle deS Konkurses der Gesellschaft dieselben durch den Konkursverwalter verfolgen lassen. Durch die Verweisung auf den §. 9 Abs. 2 ist verhindert, daß die Gesellschaft selbst durch Vergleiche oder Verzichte die zur Befriedigung der Gläubiger nothwendige Geltend­ machung von Ansprüchen unmöglich macht (Begr. S. 74). 87) Vgl. Art. 232 & H.G.B. 88) ft. Der §. 46 ergiebt, daß für das Verhältniß der Gesellschafter untereinander, soweit gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen, zunächst der Gesellschastsvertrag entscheidet, und daß die folgenden §§. nur subsidiär gelten, wenn es im Vertrage an Bestimmungen fehlt. Derselbe kann daS Prinzip der Mehrheitsbeschlüsse beseitigen, die Zustimmung sämmtlicher Ge-

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§. 47. Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen89): 1. die Feststellung der Jahresbilanz und die Vertheilung des aus derselben sich ergebenden Reingewinns90); 2. die Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen91); 3. die Rückzahlung von Nachschüssen92); 4. die Theilung sowie die Einziehung von Geschäftsantheilen93); 5. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Ent­ lastung derselben94); 6. die Massregeln zur Prüfung und Ueberwachung der Geschäftsführung95);

sellfchafler für gewisse Maßnahmen fordern, Individualrechte der einzelnen Gesellschafter an­ erkennen, u. dgl. m. b. Die Besugniß jedes einzelnen Gesellschafters, Beschlusse wegen Verletzung de- Gesetzes oder deS GesellschaftSvertrageS durch Klage anzufechten, ergiebt sich auS allgemeinen Grundsätzen und bedurfte deshalb nicht der besonderen Anerkennung im Gesetze (Begr. S. 75). 89) Der § 47 bezeichnet die Gegenstände, welche der Beschlußfassung der Gesellschafter unterliegen, falls nicht- Andere- int Gesellschaftsvertrage bestimmt ist. In einigen anderen Fällen ist eine Beschlußfaffung vom Gesetze al- zwingend vorgeschrieben, so im §. 26 über die Einsorderung von Nachschüssen, in den §§. 54 ff. über Aenderungen de- Gesellschaft-vertrages einschl. einer Erhöhung oder Herabsetzung de- Grundkapital-, int §. 60 Ziff. 2 über die Auf­ lösung der Gesellschaft. ®°) Die von den Geschäftsführern entworfene Bilanz wird (Begr. S. 60) zur bindenden Grundlage für die Rechnung-ergebnisse de- Geschäftsjahre- gegenüber den Gesellschaftern erst durch bereit Anerkennung. Diese Feststellung erfolgte nach den Bestimmungen de- Gesellschafts­ vertrages (z. B. durch Stillschweigen binnen bestimmter Frist nach Empfang der Bilanz), und in Ermangelung solcher Bestimmungen durch Mehrheitsbeschluß der Gesellschafter in einer Versammlung (§§. 48, 49 Abs. 1) oder Unterzeichnung der Bilanz durch alle Gesellschafter (§. 49 Abs. 2). — Der Beschluß über die Vertheilung de- Reingewinn- hat regelmäßig nur die Bedeutung eineAnerkenntniffe- de- Gewinnanspruchs der Gesellschafter (§. 29); wenn aber im GesellschastSvertrage die Verwendung deS Gewinne- ganz oder theilweife der freien Entschließung der Gesellschafter überlaffen ist, so hat der Beschluß eine weitergehende Bedeutung (Begr. S. 75). •*) Die Ziffer 2 ist von der Kommission hinzugefügt (KB. S. 9). ••) Eine Verfügung über eingezahlte Nachschliffe zur Deckung von Au-gaben und Verlusten vollzieht sich durch eine Bilanzoperalion (§. 43 Ziff. 4), und unterliegt de-halb nach §. 47 Ziff. 1 der Beschlußfaffung der Gesellschafter; dagegen braucht die Rückzahlung nicht aus Grund einer Bilanz zu erfolgen, kann vielmehr auch im Laufe de- Geschäftsjahre- geschehen, wenn die Vermögenslage der Gesellschaft sie zweifellos gestattet. Deshalb ist in der Ziff. 3 des §. 47 die Nothwendigkeit eines BeschluffeS besonders hervorgehoben (Begr. S. 75). es) Bei der Theilung von Geschäftsantheilen (§. 17) genügt es für die Gültigkeit deS BeräußerungSgefchäflS, daß die Geschäftsführer Namen- der Gesellschaft die Genehmigung erklären. Die Geschäftsführer sind aber der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, vorher einen Beschluß der Gesellschaft herbeizuführen. Ein solcher Beschluß ist auch int Falle der Ein­ ziehung von GeschästSantheilen (§. 34) zu veranlassen, selbst wenn die Einziehung nicht mit einer Herabsetzung deS Stammkapital- verbunden ist (Begr. S. 75). **) S. die §§. 6, 37 Abs. 1 u. 38 dieses Gesetzes. 9i) Die in Ziff. 6 des §. 47 erwähnten Maßregeln können in der dauernden oder vorübergehender Beauftragung einzelner Mitglieder mit der Ausübung der Kontrole, in der Anordnung außerordentlichen Revisionen durch besondere Delegirte oder Sachverständige, in der Einsorderung von Berichten der Geschäftsführer u. dgl. nt. bestehen (Begr. S. 76).

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Zweites Buch. Bon den Handelsgesellschaften. 7. die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesummten Geschäftsbetriebe1*6); 8. die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.

§• 48. Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlussfassung nach der Mehrheit der ab­ gegebenen Stimmen. Jede hundert Mark eines Geschäftsantheils gewähren eine Stimme97). Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechts­ streites gegenüber einem Gesellschafter betrifft98). §.

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Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. Der Abhaltung einer Versammlung bedarf es nicht, wenn sämmtliche Gesell­ schafter schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Ab­ gabe der Stimmen sich einverstanden erklären99). §. 50. Die Versammlung der Gesellschafter wird durch die Geschäftsführer berufen. Sie ist ausser den ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Insbesondere muss die Versammlung unverzüglich berufen werden, wenn aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz sich ergiebt, dass die Hälfte des Stammkapitals verloren ist100). eo) Dritten gegenüber wird die Wirksamkeit der Bestellung zum Prokuristen oder General-Handlungsbevollmächtigten durch die Geschäftsführer nicht davon berührt, ob die Letzteren einen Beschluß der Gesellschaft herbeigeführt haben; wegen der Wichtigkeit der Maßregel ist den Geschäftsführern die Pflicht der vorherigen Befragung der Gesellschaft auferlegt (Begr. S. 76). •7) Wenn der Gesellschaft-vertrag nichts Anderes bestimmt, so werden die Beschlüsse der Gesellschaft mit Stimmenmehrheit nach der Kapitalbetheiligung gefaßt; jede einhundert Mark eines GeschästöantheilS gewähren eine Stimme. Diese Bestimmung ist zum Zwecke der Ver. einfachnng der Sache von der Kommission (K.B. S. 10) vorgeschlagen worden. Die Festsetzung einer höchsten Zahl, über welche die Stimmen eines einzelnen Gesellschafters nicht hinausgehen dürfen, kann im Gesellschastsvertrage erfolgen. 08) Die Abs. 3 u. 4 des §. 48 (Form der Vollmachten und Ausschluß deS Stimmrechts bei einer Jnteressenkollision) entsprechen den Abs. 2 u. 3 deS Art. 190 H.G.B. ••) Die Versammlung der Gesellschafter bildet daS allgemein zuständige Organ für die Fassung der von den Gesellschaftern zu fastenden Beschlüsse. Auch ohne eine solche können Beschlüste gefaßt werden, wenn alle Gesellschafter schriftlich zustimmen oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen sich einverstanden erklären. Im letzteren Falle genügt für den Beschluß selbst die Stimmenmehrheit. Der Gesellschaftsvertrag könnte auch von der schriftlichen Form absehen (Begr. S. 77). 10°) Die Berufung der Versammlung erfolgt durch die Geschäftsführer oder durch die nach dem Gesellschaftsvertrage sonst noch dazu ermächtigten Personen, und hat außer den im Gesetze oder im Gesellschaft-verträge (Art. 187 Abs. 2 H.G.B.) ausdrücklich bestimmten Fällen

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§. 51. Gesellschafter, deren Geschäftsantheile zusammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals entsprechen, sind berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. In gleicher Weise haben die Gesellschafter das Recht zu verlangen, dass Gegen­ stände zur Beschlussfassung der Versammlung angekündigt werden. Wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu richten wäre, nicht vorhanden, so können die im Absatz 1 bezeichneten Gesell­ schafter unter Mittheilung dos Sachverhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschlosst, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind101). §. 52. Die Berufung der Versammlung erfolgt durch Einladung der Gesellschafter mittelst eingeschriebener Briefe. Sie ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken. Der Zweck der Versammlung soll jederzeit bei der Berufung angekündigt werden. Ist die Versammlung nicht ordnungsmässig berufen, so können Beschlüsse nur gefasst werden, wenn sämmtliche Gesellschafter anwesend sind. Das Gleiche gilt in Bezug auf Beschlüsse über Gegenstände, welche nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung in der für die Berufung vorgeschriebenen Weise angekündigt worden sind102). §. 53. Ist nach dem Gesellschaftsvertrage ein Aufsichtsrath zu bestellen, so finden auf denselben, soweit nicht im Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt ist, die für den Aufsichtsrath einer Aktiengesellschaft nach den Artikeln 224 bis 226 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder des Aufsichtsraths wegen Ver­ letzung ihrer Obliegenheiten verjähren in fünf Jahren103). zu erfolgen, wenn eine Versammlung im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Der Abs. 3 des §. 50 ist dem Abs. 1 des Art. 240 H.G.B. nachgebildet und bezweckt, die Mitglieder von der bedrohlichen Lage der Gesellschaft unverzüglich zu unterrichten. Eine Ordnungsstrafe ist jedoch im §. 77 für die Zuwiderhandlung (abweichend von Art. 240g Abs. 2 H.G.B.) nicht angedroht. 101) Wenn der Gesellschaftsvertrag nicht- Anderes bestimmt, so kann nicht jeder einzelne Gesellschafter die Berufung einer Versammlung oder die Ankündigung eine- Gegenstände- für die Beschlußfassung der Versammlung verlangen, fonbem nur der Gesellschafter oder die Gesell­ schafter, deren GeschäftSantheile zusammen mindestens Vio de- Stammkapitals ausmachen. DaS Verlangen ist an die GeschüftSführer zu richten unter Angabe des Zweckes und der Gründe. Entsprechen diese dem Verlangen nicht oder sind Personen, an welche daS Verlangen zu richten, nicht vorhanden, dann ist den betr. Gesellschaftern das Recht verliehen, selbst die Berufung oder Ankündigung zu bewirken (ol)ne Anrufung deS Gerichts, wie sie im Art. 237 H.G.B. er­ fordert ist); sie müssen jedoch hierbei, um den anderen Gesellschaftern ein Urtheil über die Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens zu ermöglichen, das Eachverhältniß mittheilen, d. h. die Höhe ihrer Betheiligung und das fruchtlos gestellte Verlangen oder die Unmöglichkeit seiner Geltend­ machung angeben (Begr. S. 78). 10"2) Die Formen und Fristen der Berufung und Ankündigung sind int §. 52 einfacher als bei A.G. (Art. 238 H.G.B.) bestimmt, da die Mitglieder in der Regel nicht sehr zahlreich und überdies bekannt sein werden. Wenn sämmtliche Mitglieder anwesend sind, dann können sie auch ohne ordnungsmäßige Berufung oder Ankündigung beschließen; jedes Mitglied kann in einem solchen Falle durch seine Entfernung eine Überrumpelung verhindern.

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Vierter Abschnitt.

Abänderungen des Gesellschaftsvertrages. §• 54. Eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages kann nur durch Beschluss der Gesellschafter erfolgen. Der Beschluss muss gerichtlich oder notariell beurkundet werden, derselbe bedarf einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen. Der Gesell­ schaftsvertrag kann noch andere Erfordernisse aufstellen104). Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrage ob­ liegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämmtlicher betheiligter Gesellschafter beschlossen werden105). § 55. Der Beschluss, welcher eine Abänderung des Gesellschaftsvortrages zum Gegen­ stände hat, muss zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Die Veröffentlichung der Eintragung findet nur insoweit statt, als die Abänderung eine der im §. 10 Absatz 2 und 3 bezeichneten Bestimmungen zum Gegenstände hat. Die Abänderung hat keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister eingetragen ist106). §. 56. Wird eine Erhöhung des Stammkapitals beschlossen, so bedarf es zur Ueber­ nahme jeder auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stammeinlage einer gerichtlich oder notariell aufgenommenen oder beglaubigten Erklärung des Uebernehmers107). 108) Der AussichtSrath ist kein nothwendiges Organ der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Wenn ein solcher im Gesellschastsvertrage bestimmt ist, so finden subsidiär die Artt. 224—226 Abs. 1 H.G.B. auf ihn entsprechende Anwendung. Die fünfjährige Verjährung der Schadensersatzansprüche entspricht dem letzten Absätze des Art. 226 1. c. 104j Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages erfordert einen gerichtlich oder notariell beurkundeten Beschluß mit einer Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen. Der Gescllschastsvertrag kann noch andere Erfordernisse (z. B. Einstimmigkeit) aufstellen. i°») Der Abs. 3 des §. 54 enthält im Grunde etwas Selbstverständliches, soll aber dem Mißverständniß vorbeugen, als ob die Verpflichtung. Nachschüsse zu leisten, im Wege einer Aenderung des Gesellschaftsvertrages nachträglich durch Mehrheitsbeschluß festgesetzt werden könne. Ebensowenig kann das Rechtsverhältniß der Gesellschafter zu einander zum Nachtheile einiger durch Mehrheitsbeschluß abgeändert w.'rden, da kein Gesellschafter sich eine Aenderung des Gesellschaftsvertrages gefallen zu lassen braucht, welche eine Beeinträchtigung seiner etwaigen Sonderrechte oder eine nicht alle Mitglieder gleichmäßig treffende Schmälerung seiner all­ gemeinen Mitgliederrechte zum Gegenstände hat (Begr. S. 79). 10®j Der §. 55 enthält eine Konsequenz der für die erste Eintragung des Gesellschafts­ vertrages und deren Wirkung in den §§. 7 u. 11 getroffenen Bestimmungen. Vgl. Art. 214 H.G.B. 107) a. Der Beschluß über die Erhöhung des Stammkapitals enthält eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages und unterliegt deshalb den für eine solche vorgeschriebenen Bedingungen. Die Uebernahme der neuen Stammeinlagen erfolgt durch Vertrag zwischen dem Uebernehmer und der Gesellschaft. Die Erklärung des Ersteren bedarf der gerichtlichen oder notariellen Aus­ nahme oder Beglaubigung. Die Zulassungs-Erklärung der Letzteren ist formlos gültig und wird aus der Einreichung der Uebernahme-Erklärung zum Handelsregister (§. 58 Abs. 3 Ziff. 1) zu entnehmen sein.

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Zar Uebernahme einer Stammeinlage können von der Gesellschaft die bis­ herigen Gesellschafter oder andere Personen, welche durch die Uebernahme ihren Beitritt zu der Gesellschaft erklären, zugelassen werden. Im letzteren Falle sind ausser dem Betrage der Stammeinlage auch sonstige Leistungen, zu welchen der Bei­ tretende nach dem Gesellschaftsvertrage verpflichtet sein soll, in der im Absatz 1 bezeichneten Urkunde ersichtlich zu machen108). Wird von einem der Gesellschaft bereits angehörenden Gesellschafter eine Stamm­ einlage auf das erhöhte Kapital übernommen, so erwirbt derselbe einen weiteren Geschäftsantheilt09). Die Bestimmungen im §. 5 Absatz 1 und 3 über den Betrag der Stammeinlagen sowie die Bestimmung im §. 5 Absatz 2 über die Unzulässigkeit der Uebernahme mehrerer Stammeinlagen finden auch hinsichtlich der auf das erhöhte Kapital zu leistenden Stammeinlagen Anwendung110). §. 57. Soll auf das erhöhte Stammkapital eine Einlage gemacht werden, welche nicht in Geld zu leisten ist, oder soll eine Vergütung für Vermögensgegenstände, welche die Gesellschaft übernimmt, auf eine Einlage angerechnet werden, so muss die Person desjenigen, welcher die Einlage zu leisten oder die Vermögensgegenstände zu über­ lassen hat, sowie der Gegenstand der Einlage oder Ueberlassung und der Geldwerth, für welchen die Einlage angenommen wird, oder die für den überlassenen Gegenstand zu gewährende Vergütung in dem Beschlusse auf Erhöhung des Stammkapitals fest­ gesetzt und in der im §. 56 Absatz 1 bezeichneten Erklärung angegeben werden. Die Bestimmung im §. 19 Absatz 3 findet entsprechende Anwendung111). §. 58. Die beschlossene Erhöhung des Stammkapitals ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, nachdem das erhöhte Kapital durch Uebernahme von Stammeinlagen gedeckt ist. b. Die Erhöhung des Stammkapitals ist nicht davon abhängig gemacht, daß daS frühere Kapital der Gesellschaft voll eingezahlt ist (Begr. S. 81). 108) Der zweite Satz deS Abs. 2 im §. 56 will eine Gewähr dafür schaffen, daß wenn andere Personen als die bisherigen Mitglieder durch die Uebernahme von Stammeinlagen der Gesellschaft beitreten, sie auch alle die Verpflichtungen kennen, welche sie außer der Stamm­ einlage nach dem Gesellschaft-verträge übernehmen, z. B. die Nachschubpflicht. Erklärungen, welche dies nicht ergeben, darf der Registerrichter nicht als Beleg für die Deckung der KapitalSerhöhung (§. 58) annehmen. loe) Die GeschästSantheile bewahren ihre S o nderexistenz auch dann, wenn mehrere in der Hand eines Gesellschafters zusammentreffen; eine Verschmelzung verbietet sich schon auS dem Grunde, weil bei noch nicht vollbezahlter Stammeinlage der Rückgriff auf die etwaigen Bor­ männer und die Rückgewähr der alten GeschästSantheile an dieselben möglich bleiben muß (Begr. S. 48, 81). n0) Die angeführten Bestimmungen ergeben, daß auch die neuen Stammeinlagen mindestens je 500 Mark betragen und mit 100 theilbar sein müssen, daß sie aber ihrem Betrage nach verschieden hoch sein können, und daß Niemand mehrere Stammeinlagen übernehmen kann. Ul) Da Vorschriften über die „Nachgründung" (Art. 213 f. H.G.B.) in das Gesetz nicht ausgenommen sind, so ist bei Erhöhungen des Grundkapitals hinsichtlich der apports im Wesent­ lichen dasselbe bestimmt, waS für dieselben bei dem ursprünglichen Grundkapital angeordnet ist. Die betreffenden Festsetzungen sind in den Beschluß über die Erhöhung des Grundkapitals auf­ zunehmen und von dem Uebernehmer mit zu beurkunden. Insoweit dieS unterblieben ist, wird der Uebernehmer durch die Leistung von seiner Verpflichtung nicht befreit (Begr. S. 81).

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Die Bestimmung im §. 7 Absatz 2 über die vor der Anmeldung des Gesell­ schaftsvertrages zu leistende Einzahlung, sowie die Bestimmung im §. 8 Absatz 2 über die in der Anmeldung abzugebende Versicherung finden entsprechende An­ wendung. Der Anmeldung sind beizufügen: 1. die im §. 56 Absatz 1 bezeichneten Erklärungen oder eine beglaubigte Abschrift derselben; 2. eine von den Anmeldenden unterschriebene Liste der Personen, welche die neuen Stammeinlagen übernommen haben; aus der Liste muss der Betrag der von jedem übernommenen Einlage ersichtlich sein. In Bezug auf die Verantwortlichkeit der Anmeldenden für die Richtigkeit ihrer Angaben finden die Bestimmungen im §. 9 entsprechende Anwendung112). §. 59. Eine Herabsetzung des Stammkapitals kann nur unter Beobachtung der nach­ stehenden Bestimmungen erfolgen: 1. der Beschluss auf Herabsetzung des Stammkapitals muss von den Geschäfts­ führern zu drei verschiedenen Malen durch die im §. 30 Absatz 2 be­ zeichneten Blätter bekannt gemacht werden; in diesen Bekanntmachungen sind zugleich die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei derselben zu melden; die aus den Handelsbüchern der Gesellschaft ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern; 2. die Gläubiger, welche sich bei der Gesellschaft melden und der Herabsetzung nicht zustimmen, sind wegen der erhobenen Ansprüche zu befriedigen oder sicherzustellen; 3. die Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses zur Eintragung in das Handels­ register erfolgt nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tage, an welchem die Aufforderung der Gläubiger in den öffentlichen Blättern zum dritten Male stattgefunden hat; 4. mit der Anmeldung sind die Bekanntmachungen des Beschlusses einzureichen; zugleich haben die Geschäftsführer die Versicherung abzugeben, dass die Gläubiger, welche sich bei der Gesellschaft gemeldet und der Herabsetzung nicht zugestimmt haben, befriedigt oder sichergestellt sind113). 118) Abweichend von der Bestimmung für A.G., wonach erst der Erhöhungsbeschluß und dann die erfolgte Zeichnung und Einzahlung anzumelden und einzutragen ist (Artt. 215a, 215b H.G.B.) findet hier nur eine Anmeldung und Eintragung statt. Die neuen Milglied­ schaftsrechte kommen erst durch die Eintragung zur Entstehung. Die Veröffentlichung ist in §. 55 angeordnet. 11S) a. Die Bestimmungen über die Herabsetzung des Stammkapitals im §. f>V beruhen auf den gleichen Gesichtspunkten wie die analogen Bestimmungen der Artt. 203 u. 248 H.G.B., sind jedoch zum Theil abweichend von diesen und speziell im Zusammenhange geregelt. Die Geschäftsführer haben den Beschluß über die Herabsetzung durch die im §. 30 Abs. 2 bezeichneten Blätter dreimal bekannt zu machen und die Gläubiger zur Meldung auf­ zufordern; außerdem sind die bekannten Gläubiger durch besondere Aufforderungen zur An­ meldung ihrer Forderungen zu veranlassen. Die Gläubiger, welche sich gemeldet und der Herabsetzung nicht zugestimmt haben, sind zu befriedigen oder sicherzustellen; dies braucht hin­ sichtlich der bekannten Gläubiger, welche sich nicht gemeldet oder der Herabsetzung zugestimmt haben, nicht zu geschehen. Die Anmeldung des Herabsetzungsbeschlusses zum Handelsregister erfolgt nicht vor Ablaus eines Jahres seit der dritten öffentlichen Bekanntmachung (des Sperr­ jahres) unter Ueberreichung der Bekanntmachungen und der in Ziff. 4 bezeichneten Ver­ sicherung, deren Richtigkeit durch die Strafbestimmung §. 79 Ziff. 2 gesichert werden soll. Erst nach der Eintragung im Handelsregister darf die Herabsetzung ausgeführt werden.

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Die Bestimmung im §. 5 Absatz 1 über den Mindestbetrag des Stammkapitals bleibt unberührt. Erfolgt die Herabsetzung zum Zweck der Zurückzahlung von Stamm­ einlagen oder zum Zweck des Erlasses der auf diese geschuldeten Einzahlungen, so darf der verbleibende Betrag der Stammeinlagen nicht unter den im §. 5 Absatz 1 und 3 bezeichneten Betrag herabgehen114).

Fünfter Abschnitt.

Auflösung und Liquidation. §. 60. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird aufgelöst: 1. durch Ablauf der im Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeit; 2. durch Beschluss der Gesellschafter; derselbe bedarf, sofern im Gesellschafts­ vertrage nicht ein Anderes bestimmt ist, einer Mehrheit von drei Viertheilen der abgegebenen Stimmen; 3. durch gerichtliches Urtheil oder durch Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder der Verwaltungsbehörde in den Fällen der §§. 61 und 63; 4. durch die Eröffnung des Konkursverfahrens. Im Gesellschaftsvertrage können weitere Auflösungsgründe festgesetzt werden115). §. 61. Die Gesellschaft kann durch gerichtliches Urtheil aufgelöst werden, wenn die Erreichung des Gesellschaftszweckes unmöglich wird, oder wenn andere, in den Ver­ hältnissen der Gesellschaft liegende, wichtige Gründe für die Auflösung vorhanden sind. Die Auflösungsklage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Sie kann nur von Gesellschaftern erhoben werden, deren Geschäftsantheile zusammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals entsprechen.

b. Die Wirkung der Herabsetzung besteht in einer entsprechenden Verminderung deS Sollvermögens der Gesellschaft und demzufolge deS betreffenden Passiv Postens der Bilanz. Nur wenn ein Ueberschuß der Aktiva über die reduzirten Passiva sich ergiebt, ist nach §. 30 eine Rückzahlung an die Gesellschafter oder Verrechnung auf den von ihnen noch nicht eingezahlter: Theil der Stammeinlagen zulässig; dann aber hasten die Gesellschafter mit dem zurückgezahlten Theile nicht mehr für die Gesellschaftsschulden (Begr. S. 83). IU) Durch die Herabsetzung darf da- Stammkapital nicht unter 20000 Mark sinken, und wenn eine Rückzahlung oder Verrechnung auf noch geschuldete Einzahlungen statt­ finden soll, darf der verbleibende Betrag der Stammeinlagen nicht unter fünfhundert Mark herabgehen und muß mit 100 theilbar bleiben. (Dies soll wohl mit der von der Kommission [93er. S. 11) hinzugefügten Bezugnahme auf Abs. 3 deS H. 5 gemeint sein.) Diese Beschränkung hinsichtlich der Stammeinlagen findet nicht statt, wenn die Herabsetzung deS Stammkapitals nur zum Zwecke der Beseitigung einer vorhandenen Unterbilanz erfolgt, denn die Herabsetzung deS Grundkapitals als solche bedingt noch nicht eine Minderung der Geschäftsantheile, da diese nicht wie die Aktien einen Nennwerth haben, dessen Nennwerth mit den: jeweiligen Betrage deS Stammkapitals übereinstimmen müßte (Begr. S. 84). 11 *) Den einzelnen Theilnehmern ist als solchen nicht das Recht beigelegt, durch be­ liebige Kündigung die Auslösung der Gesellschaft herbeizuführen, weil sie in der Regel durch Veräußerung ihres Geschäftsantheils aus der Gesellschaft ausscheiden können. Auch der Tod und der Konkurs eines Gesellschafters ist kein gesetzlicher Auflösungsgrund. Für den Liquidations­ beschluß ist, salls der Gesellschaftsvertrag nicht ein Anderes bestimmt, entsprechend dem Art. 242 Ziff. 2 H.G.B. eine Mehrheit von drei Biertheilen der abgegebenen Stimmen erfordert. Makvwer, Handelsgesetzbuch, li. Aufl. 21

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Zweite- Buch.

Bon den Handelsgesellschaften.

Für die Klage ist das Landgericht ausschliesslich zuständig, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat116). 62.

Wenn eine Gesellschaft das Gemeinwohl dadurch gefährdet, dass die Gesell­ schafter gesetzwidrige Beschlüsse fassen oder gesetzwidrige Handlungen der Geschäfts­ führer wissentlich geschehen lassen, so kann sie aufgelöst werden, ohne dass deshalb ein Anspruch auf Entschädigung stattfindet. Das Verfahren und die Zuständigkeit der Behörden richtet sich nach den für streitige Verwaltungssachen landesgesetzlich geltenden Vorschriften. Wo ein Ver­ waltungsstreitverfahren nicht besteht, kann die Auflösung nur durch gerichtliches Erkenntniss auf Betreiben der höheren Verwaltungsbehörde erfolgen. Ausschliesslich zuständig ist in diesem Falle das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat117). §. 63.

Ueber das Vermögen der Gesellschaft findet das Konkursverfahren ausser dem Falle der Zahlungsunfähigkeit auch in dem Falle der Ueberschuldung statt. Die auf das Konkursverfahren über das Vermögen einer Aktiengesellschaft bezüglichen Vorschriften im §. 193 Absatz 2, §. 194 der Konkursordnung finden auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechende Anwendung118). §. 64.

Die Geschäftsführer haben die Eröffnung des Konkursverfahrens zu beantragen, sobald die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft eintritt oder aus der Jahresbilanz oder aus einer im Laufe des Geschäftsjahres aufgestellten Bilanz Ueberschuldung sich ergiebt Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersätze aller nach diesem Zeit­ punkt geleisteten Zahlungen verpflichtet. Auf den Ersatzanspruch finden die Be­ stimmungen im §. 44 Absatz 3 und 4 entsprechende Anwendung. Die Eröffnung des Konkursverfahrens ist von Amtswegen in das Handelsregister einzutragen. Eine Veröffentlichung der Eintragung findet nicht statt119). ,16) Will die zu einem Liquidationsbeschlusse erforderliche Mehrheit sich nicht zu einem solchen verstehen, so können Gesellschafter, deren Geschäftsantheile mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals entsprechen, bei dem Landgerichte, in dessen Bezirke die Gesellschast ihren Sitz hat, aus wichtigen Gründen (anal. Art. 125 H.G.B.) die Auflösung der Gesellschaft durch Urtheil beantragen. DaS Gesetz hebt den Fall hervor, daß die Erreichung des Gesellschafts­ zwecks unmöglich geworden ist und will auch im Uebrigen nur solche Gründe als wichtig gelten lassen, welche in den Verhältnissen der Gesellschaft selbst liegen, nicht aber auch solche, welche dem einzelnen Gesellschafter mit Rücksicht auf seine persönlichen Verhältnisse die Auflösung wünschenswerth machen (Begr. S. 85). 117) Die Fassung des §. 62 ist in der Kommission (Ber. S. 11) festgestellt. Die ver­ waltungsgerichtliche Auflösung, und wo ein Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht, die Auf­ lösung durch den ordentlichen Richter auf Antrag der höheren Verwaltungsbehörde ist mit Rücksicht daraus, daß die Zwecke, zu welchen Gesellschaften mit beschränkter Hast errichtet werden dürfen, vollständig freigegeben sind, für den Fall zugelassen, wenn eine Gesellschaft das Ge­ meinwohl dadurch gefährdet, daß die Gesellschafter gesetzwidrige Beschlüsse fassen oder gesetzwidrige Handlungen der Geschäftsführer wissentlich geschehen lassen. Vgl. §. 79 des Ge­ nossenschaftsgesetzes. 118) Da für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur deren Vermögen haftet, so muß ebenso wie bei den A.G. die Eröffnung des Konkurses nicht blos bei Eintritt der Zahlungs­ unfähigkeit, sondern auch im Falle der Ueberschuldung stattfinden. Die als entsprechend

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8 65. Ausser dem Falle des Konkursverfahrens ist die Auflösung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Sie muss ausserdem von den Geschäftsführern zu drei verschiedenen Malen durch die im §. 30 Absatz 2 bezeichneten öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden. Durch die Bekanntmachung sind zugleich die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei derselben zu melden. Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern120). §. 66. In den Fällen der Auflösung ausser dem Falle des Konkursverfahrens erfolgt die Liquidation durch die Geschäftsführer, wenn nicht dieselbe durch den Gesellschafts­ vertrag oder durch Beschluss der Gesellschafter anderen Personen übertragen wird. Auf Antrag von Gesellschaftern, deren Geschäftsantheile zusammen mindestens dem zehnten Theile des Stammkapitals entsprechen, kann aus wichtigen Gründen die Bestellung von Liquidatoren durch das Gericht (§. 7 Absatz 1) erfolgen. Die Abberufung von Liquidatoren kann durch das Gericht unter derselben Vor­ aussetzung wie die Bestellung stattfinden. Liquidatoren, welche nicht vom Gericht ernannt sind, können auch durch Beschluss der Gesellschafter vor Ablauf des Zeit­ raums, für welchen sie bestellt sind, abberufen werden121).

§. 67. Die ersten Liquidatoren sind durch die Geschäftsführer, jede Aenderung in den Personen der Liquidatoren sowie eine Beendigung ihrer Vollmacht ist durch die Liqui­ datoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Zugleich haben die angemeldeten Liquidatoren ihre Unterschrift persönlich vor dem Gericht zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form* einzureichen. Der Anmeldung der gerichtlich oder durch Beschluss der Gesellschafter be­ stellten Liquidatoren ist die Legitimation derselben beizufügen122). anwendbar bezeichneten §. 193 Abs. 2 u. §. 194 der Konkursordnung ergeben, daß die Konkurs­ eröffnung nach Auslösung der Gesellschaft noch so lange zulässig ist, als die Bertheilung deS Vermögen- nicht vollzogen ist, daß zum Antrage auf Konkurseröffnung außer den Konkurs­ gläubigern jeder Geschäftsführer und jeder Liquidator berechtigt ist, und daß, falls der Antrag nicht von allen Geschäftsführern bezw. Liquidatoren gestellt wird, derselbe zuzulaffen ist, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Ueberschuldung glaubhaft gemacht wird, die übrigen Geschäftsführer bezw. Liquidatoren aber vom Gerichte zu hören sind, und daß diese Anhörung unterbleiben kann, falls eine öffentliche Zustellung oder eine Zustellung im AuSlande erfolgen müßte. ,,e) Vgl. Artt.240 Abs. 2, 241 Abs. 3 H.G.B. und §. 92 Abs. 2, §. 95 GenossenschaftSgesetz. 18u) Die Auflösung der Gesellschaft ist außer dem Falle des Konkursverfahrens von den Geschäftsführern zum Handelsregister anzumelden und dreimal mit der Aufforderung an die Gläubiger sich zu melden in den §. 30 Abs. 2 bezeichneten öffentlichen Blättern bekannt zu machen. Besondere Aufforderungen sind, wie bei der Herabsetzung des Stammkapitals, an die bekannten Gläubiger zu richten. 1'-*1) Vgl. Art. 244 H.G.B. und §. 81 Genossenschaftsgesetz. — Eine dem §. 38 Abs. 2 des vorliegenden Gesetzes analoge Bestimmung ist für die Abberufung der nicht vom Richter er­ nannten Liquidatoren nicht getroffen, und auch, wenn der Widerruf der Bestellung zum Geschäfts­ führer durch den Gesellschaftsvertrag beschränkt ist, wirkt die Beschränkung nicht aus das Stadium der Liquidation. In gleicher Weise endet bei der offenen Handelsgesellschaft (Art. 131 H.G.B.) das ausschließliche Recht der Geschäftsführung mit dem Eintritt der Liquidation (Begr. S. 87). Vgl. §. 82 Genoffenschaftsgesetz. — Die Eintragung der Liquidatoren muß auch dann erfolgen, wenn die Geschäftsführer als Liquidatoren weiter fungiren oder die Liquidatoren im 21*

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§. 68. Die Liquidatoren haben in der bei ihrer Bestellung bestimmten Form ihre Willens­ erklärungen kundzugeben und für die Gesellschaft zu zeichnen. Ist nichts darüber bestimmt, so muss die Erklärung und Zeichnung durch sämmtliche Liquidatoren erfolgen. Die Bestimmung ist mit der Bestellung der Liquidatoren zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Zeichnungen geschehen in der Weise, dass die Liquidatoren der bisherigen, nunmehr als Liquidationsfirma zu bezeichnenden Firma ihre Namensunterschrift bei­ fügen123).

§. 69. Die Vorschriften des §. 40 über das Verhältnise zu Dritten finden bezüglich der Liquidatoren Anwendung124). §. 70. Bis zur Beendigung der Liquidation kommen ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft in Bezug auf die Rechtsverhältnisse derselben und der Gesellschafter die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt. Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur vollzogenen Vertheilung des Vermögens bestehen125). §. 71. Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtun­ gen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen; sie haben die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen126). §. 72. Die Liquidatoren haben die aus §§. 36, 37, §. 42 Absatz 1, §. 44 Absatz 1, 2 und 4, §. 50 Absatz 1 und 2, §. 64 dich ergebenden Rechte und Pflichten der Geschäftsführer. Sie haben sofort bei Beginn der Liquidation und demnächst in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen127). Gesellschaftsvertrage bezeichnet sind. Ein besonderer Nachweis der Bestellung (Legitimation) ist zu führen, tvenn die Liquidatoren durch Beschluß der Gesellschafter oder durch das Gericht bestellt sind (Begr. S. 87). ,23) Vgl. §. 83 Genossenschastsgesetz. 124j Vgl. §. 84 Genossenschaftsgesetz. 126) Vgl. §. 85 Genossenschaftsgesetz. ,26) Vgl. §. 86 Genossenschaftsgesetz. 127) Vgl. 8- 87 Genossenschastsgesetz. — Die im obigen 8- 72 enthaltene Bezugnahme aus 8- 37 ergiebt, daß die Vertretungsbesugniß der Liquidatoren Dritten gegenüber bezüglich des ihnen nach §. 71 eingeräumten Wirkungskreises nicht wirksam beschränkt werden kann. Eine Bestimmung, daß die Liquidatoren unbewegliche Sachen ohne besondere Genehmigung nicht anders als durch öffentliche Versteigerung veräußern dürfen (Art. 137 Abs. 2, Art. 244a Abs. 4 H.G.B., §. 87 Abs. 2 Genossenschastsgesetz), ist hier nicht getrosten, weil es den Gesellschaftern un­ benommen ist. im geeigneten Falle solche Anweisungen den Liquidatoren zu ertheilen (Begr. S. 83).

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§. 73. Das Vermögen der Gesellschaft wird unter die Gesellschafter nach Verhältnise ihrer Geschäftsantheile vertheilt. Durch den Gesellschaftsvertrag kann ein anderes Verhältnis für die Vertheilnng bestimmt werden128). §. 74. Die Vertheilnng darf nicht vor Tilgung oder Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft und nicht vor Ablauf eines Jahres seit dem Tage vorgenommen werden, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger (§. 65 Absatz 2) in den öffentlichen Blättern zum dritten Male erfolgt ist. Nicht erhobene Schuldbeträge, sowie die Beträge für betagte, schwebende oder streitige Verbindlichkeiten sind zu hinterlegen. Liquidatoren, welche diesen Vorschriften zuwiderhandeln, sind zum Ersätze der vertheilten Beträge solidarisch verpflichtet. Auf den Ersatsanspruch finden die Be­ stimmungen im §. 44 Absatz 3 und 4 entsprechende Anwendung129). 8- 75. Nach Beendigung der Liquidation sind die Bücher und Schriften der Gesell­ schaft für die Dauer von zehn Jahren einem der Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung zu geben. Der Gesellschafter oder der Dritte wird in Ermangelung einer Bestimmung des Gesellschaftsvertrages oder eines Beschlusses der Gesellschafter durch das Gericht (§. 7 Absatz 1) bestimmt. Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger sind zur Einsicht der Bücher und Schriften berechtigt. Gläubiger der Gesellschaft können von dem Gericht (§. 7 Absatz 1) zur Einsicht ermächtigt werden130). Sechster Abschnitt.

Schlussbestimmungen. §. 76. Die in diesem Gesetze vorgeschriebenen Anmeldungen zum Handelsregister sind durch sämmtliche Geschäftsführer oder sämmtliche Liquidatoren persönlich zu bewirken oder in beglaubigter Form einzureichen131). ,se) Wenn im Gesellschaft-verträge nicht ein andere- Verhältniß für die Bertheilung, z. B. die vorzugsweise Berücksichtigung eine- Theile- der Gesellschafter, bestimmt ist, erfolgt die Bertheilung de- Gesellschaft-vermögen- nach Verhältniß der Geschäft-antheile (Begr. S. 88). **•) Da- Sperrjahr dient zum Schutze der Gläubiger (Art. 245 H.G.B, §. 88 Genossenschaft-gesetz). Die Hinterlegung ist hier allgemeiner al- im H.G.B. und Genossen­ schaft-gesetze vorgeschrieben. Die Haftung der Liquidatoren bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der Abs. 1 u. 2 de- §. 74 besteht nur gegenüber der Gesellschaft (H. 44 Abs. 3 u. 4), aber zu Gunsten der Gläubiger. Daneben besteht die Verpflichtung der Gesellschafter zur Erstattung der zu Unrecht vertheilten Beträge (Begr. S. 88). 1S0) Vgl. §. 90 Genossenschaft-gesetz, Art. 246 H.G.B. Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger sind hier jedoch auch ohne gerichtliche Ermächtigung zur Einsicht der Bücher für befugt erklärt. lßl) Der Abs. 1 de- §. 76 bezieht sich auf die in den §§. 7, 12, 39, 55, 58 Abs. 1, 59 Ziff. 3, 65, 67, 68 Abs. V, 78 Ziff. 5 bezeichneten Anmeldungen und auf die in den §§. 8 Abs. 2, 58 Abs. 2 u. 59 Ziff. 4 erwähnten Versicherungen, nicht aber auf die im §. 41 gedachte Jahre-liste der Mitglieder oder Erklärung und nicht auf die im §. 42 Abs. 4 ge­ dachte Bilanz der Bankgeschäfte.

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Die in §§. 39, 41, §. 42 Absatz 4, §. 55, §. 58 Absatz 1 und Absatz 3 No. 2, §. 59 Absatz 1 No. 3, §§. 65, 67, §. 68 Absatz 2 vorgeschriebenen Anmeldungen und Einreichungen müssen auch zu dem Handelsregister einer jeden Zweigniederlassung erfolgen132). Für den Eintritt der in §§. 11, 40, §. 55 Absatz 2, §. 69 vorgesehenen Wirkungen entscheidet die Eintragung in das Handelsregister der Hauptnieder­ lassung133). §. 77. Die Geschäftsführer und die Liquidatoren sind von dem Gericht (§. 7 Absatz 1. §. 12) zur Bewirkung der in §§. 12, 39, 41, §. 42 Absatz 4, §§. 65, 67, §. 68 Absatz 2, §. 76 Absatz 2 vorgeschriebenen Anmeldungen und Einreichungen durch Ordnungsstrafen anzuhalten. Rücksichtlich des Verfahrens sind die Vorschriften massgebend, welche zur Erzwingung der im Handelsgesetzbuch angeordneten Anmeldungen zum Handels­ register gelten134). §• 78. Wird eine Aktiengesellschaft zum Zweck der Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgelöst, so kann die Liquidation derselben unterbleiben, wenn hinsichtlich der Errichtung der neuen Gesellschaft den nachstehenden Be­ stimmungen genügt wird. Das Stammkapital der neuen Gesellschaft darf nicht geringer sein als das Grundkapital der aufgelösten Gesellschaft. Den Aktionären ist durch öffentliche Bekanntmachung oder in sonst geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, mit dem auf ihre Aktien entfallenden Antheil an dem Vermögen der aufgelösten Gesellschaft sich bei der neuen Gesellschaft zu betheiligen. Die Aktien der sich betheiligenden Mitglieder müssen mindestens drei Viertheile des Grundkapitals der aufgelösten Gesellschaft darstellen. Der auf jede Aktie entfallende Antheil an dem Vermögen der aufgelösten Gesellschaft wird auf Grund einer Bilanz berechnet, welche der Generalversammlung der Aktionäre zur Genehmigung vorzulegen ist. Der Beschluss, durch welchen die Genehmigung erfolgt, bedarf einer Mehrheit von drei Viertheilen des in der General­ versammlung vertretenen Grundkapitals. Die neue Gesellschaft muss spätestens binnen einem Monate nach Auflösung der Aktiengesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Die Eintragung darf nur erfolgen, nachdem die Beobachtung der vorstehenden Bestimmungen nachgewiesen ist135). 13a) Der Abs. 2 des §. 76 schreibt vor, daß alle Anmeldungen, welche überhaupt durch Registrirung bekundet werden sollen, auch zu dem Handelsregister jeder Zweigniederlassung zu reichen sind. Dahin gehört auch die jährliche Mitgliederliste; dagegen sind die besonderen Nach­ weise und Versicherungen, welche im §. 58 Abs. 2 u. Abs. 3 Ziff. 1, sowie im §. 59 Ziff. 4 für die Fälle der Erhöhung und Herabsetzung des Stammkapitals vorgeschrieben sind, aus das Register der Hauptniederlassung beschränkt lBegr. S. 89). Sofern nach dem Gesetze die Eintragung mit bestimmten Rechts lvi r tun gen ver­ bunden ist (Jnslebentreten der Gesellschaft, Aenderungen in den Personen der Geschästssührer oder Liquidatoren und ihrer Zeichnung oder Beendigung ihrer Vollmacht und Aenderung des Gesellschastsvertrages), entscheidet ausschließlich die Eintragung im Register der Haupt­ niederlassung. 1SI) Die Vorschriften betr. das Verfahren sind hinter Art. 14 H.G.B. abgedruckt. 18ft) a. Die Umwandlung einer A.G. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung würde nach bestehendem Recht die Liquidation der ersteren, die Abwartung des Sperrjahres und die Befriedigung oder Sicherstellung aller Gläubiger erfordern, somit die Fortsetzung des Betriebes

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§. 79. In dem Falle des §. 78 geht das Vermögen der aufgelösten Gesellschaft ein­ schliesslich ihrer Schulden mit der Eintragung der neuen Gesellschaft in das Handels­ register auf diese von Rechtswegen über. Jeder Aktionär, welcher bei der neuen Gesellschaft sich nicht betheiligt hat, kann von dieser die Auszahlung eines seinem Antheil an dem Vermögen der auf­ gelösten Gesellschaft entsprechenden Betrages verlangen. Unverzüglich nach der Eintragung der neuen Gesellschaft in das Handels­ register sind die Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft nach Massgabe der Be­ stimmungen des Artikels 243 des Handelsgesetzbuchs durch die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft aufzufordern, sich bei dieser zu melden. Die Gläubiger, welche sich melden und der Umwandlung nicht zustimmen, sind zu befriedigen oder sicher­ zustellen. Die Geschäftsführer sind den Gläubigern der aufgelösten Gesellschaft per­ sönlich und solidarisch für die Beobachtung dieser Vorschriften verantwortlich136). und die Kontinuität des Unternehmens stören. Um aber jene Umwandlung in geeigneten Fällen zu erleichtern, ist davon ausgegangen, daß bei einer solchen die Liquidation unterbleiben kann, wenn die neue Gesellschaft nach ihren wirtschaftlichen Grundlagen und nach dem Kreise der Beteiligten im Wesentlichen mit der früheren A.G. identisch ist. DieS wird vom Gesetze angenommen, wenn daS Stammkapital der neuen Gesellschaft nicht niedriger als daS statutenmäßige Grundkapital der A.G. normirt ist, wenn den Aktionären durch öffentliche Be­ kanntmachung oder in sonst geeigneter Weise Gelegenheit gegeben ist, sich mit dem auf ihre Aktien entfallenden nach Abs. 4 de- §. 78 festzustellenden Antheil an dem Vermögen der A.G. an der neuen Gesellschaft zu beiheiligen und die Aktien der sich beiheiligenden Mitglieder mindestens drei Biertheil deS Grundkapitals der A.G. ausmachen. Außerdem ist die Anmeldung der neuen Gesellschaft binnen spätestens einem Monat nach Auflösung der A.G. und die Prüfung des Registerrichters, ob allen gesetzlichen Voraussetzungen genügt ist, vorgeschrieben. — AuS diesen Bestimmungen ergiebt sich, daß eS jedem Aktionär freisteht, sich an der neuen Gesellschaft zu be­ iheiligen oder die Auszahlung deS auf seine Aktien fallenden Betrages zu verlangen, ferner daß der Betrag, welcher zur Abfindung der nicht beitretenden Aktionäre erforderlich ist, auS dem das Grundkapital übersteigenden Vermögen der A.G. entnommen, oder durch Uebernahme weiterer Stammeinlagen seitens der beitretenden Aktionäre oder dritter Personen gedeckt werden kann. Hat die A.G. mit einer Unterbilanz geschloffen, so ist eine Umwandlung nur möglich, wenn der Fehlbetrag durch weitere Stammeinlagen gedeckt wird, da andernfalls das erforder­ liche Stammkapital nicht voll vorhanden wäre (Begr. S. 91). Wird die Anmeldefrist versäumt, so verbleibt eS bei der Auflösung der A.G. und die Liquidation derselben tritt nach den gesetzlichen Bestimmungen ein. b. Der §. 78 enthält nur erleichternde Vorschriften für die Umwandlung einer Aktiengesellschast in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gleichviel wann die A.G. gegründet ist, ob vor oder nach dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes (K.B. S. 13). Für die Umwandlung anderer Gesellschaften in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung bedurfte es keiner besonderen Vorschriften, weil bei jenen die Liquidation nicht obligatorisch ist, die Uebertragung des Gesellschastsvermögens auf eine neue Gesellschaft daher sich ohne Schwierigkeit bewerkstelligen läßt (Begr. S. 92). 13b) a. Die Wirkung einer Umwandlung nach §. 78 besteht darin, daß daS Vermögen der aufgelösten Gesellschaft einschließlich ihrer Schulden mit der Eintragung der neuen Gesellschaft von Rechtswegen auf diese übergeht. Dies hat zur Folge, daß stempel- und abgabe­ pflichtige Rechtsgeschäfte hinsichtlich des Ueberganges des Vermögens nicht vorkommen werden, und daß es sich bei Immobilien nur um Eintragung der neuen Gesellschaft in daS Grundbuch als Eigentümerin auf ihren einseitigen Antrag handeln wird. Der Uebergang des Vermögens im Wege der Universalsuccession entspricht der wirtschaftlichen Natur der Umwandlung mehr als eine Uebertragung der einzelnen Bestandtheile deS Vermögens mittelst besonderer Ueber-

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Bon den Handelsgesellschaften. §. 80137).

Mit Gefängniss bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu fünf­ tausend Mark werden bestraft: 1. Geschäftsführer und Mitglieder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche behufs Eintragung des Gesell SchaftsVertrages in das Handelsregister, sowie Geschäftsführer, welche behufs Eintragung einer Erhöhung des Stamm­ kapitals in das Handelsregister dem Gericht (§. 7 Absatz 1) hinsichtlich der Einzahlungen auf die Stammeinlagen wissentlich falsche Angaben machen138); 2. Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche, um die Eintragung einer Herabsetzung des Stammkapitals in das Handelsregister zu erwirken, dem Gericht (§. 7 Absatz 1) hinsichtlich der Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger wissentlich eine unwahre Versicherung abgeben139); 3. Geschäftsführer, Liquidatoren, sowie Mitglieder eines Aufsichtsraths oder ähnlichen Organs einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche in einer öffentlichen Mittheilung die Vermögenslage der Gesellschaft wissentlich unwahr darstellen oder verschleiern140). Zugleich kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschliesslich die Geldstrafe ein. tragungsakte. Der neue Gesellschaftsv ertrag wird dadurch von der Stempelpflichtigkeil nach Landesrecht nicht befreit (K.B. S. 15). b. In Folge des UebergangS der Aktiva und Passiva der A.G. auf die neue Gesellschaft vermöge Universalsuccession kann jeder der Umwandlung nicht beigetretene Aktionär die Aus­ zahlung seines nach §. 78 Abs. 4 in quanto festgestellten Antheils nur von dieser fordern. c. Der Uebergang hat die weitere Folge, daß auch die G l ä u b i g e r der ausgelösten A.G. sich nur an die neue Gesellschaft wegen ihres Anspruchs auf Befriedigung oder Sicherstellung auS dem Vermögen der aufgelösten A.G. halten können. Ein Absonderungsrecht ist ihnen nicht zugestanden. Zu ihrer Sicherung ist jedoch vorgeschrieben, daß die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft unverzüglich nach deren Eintragung in daS Handelsregister die Gläubiger der A.G. in deren GesellschastSblättern dreimal aufzufordern haben, sich bei der neuen Gesellschaft zu melden. Diejenigen Gläubiger, welche sich melden und nicht der Umwandlung zustimmen, sind zu befriedigen oder (wenn ihre Forderungen streitig oder nicht fällig sind) sicherzustellen. Die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft haften persönlich und solidarisch den Gläubigern für die Beobachtung dieser Vorschriften. 1SI7) Die §§. 79—81 bezwecken den Schutz des Publikums, welchem ausschließlich das GesellschaftSvermögen haftet, gegen arglistige Täuschung über die wesentlichen finanziellen Grund­ lagen deS Unternehmens. Ein besonderer über das gemeine Strafrecht hinausgehender Schutz der Mitglieder der Gesellschaft erscheint nicht erforderlich, da es sich hier nicht so wie bei der A.G. um die wechselnde Beiheiligung einer sehr großen Zahl von Mitgliedern handelt (Begr. S. 92). m) Die Ziff. 1 des §. 79 stellt die wissentlich falsche Angaben über Einzahlungen bei der ersten Anmeldung der Gesellschaft oder bei der Anmeldung einer Kapitals er Höhung unter Strafe (analog Art. 249 a Ziff. 1 u. 3 H.G.B.). ,89) Die Ziff. 2 deS §. 79 bestraft die wissentlich unwahre Versicherung (§. 59 Ziff. 4), daß die Gläubiger befriedigt oder sichergestellt sind bei der Anmeldung einer Herabsetzung des Stammkapitals. ,4°) Die Ziff. 3 des §. 79 bedroht mit Strafe die wissentlich unwahre Darstellung oder Verschleierung der Vermögenslage der Gesellschaft durch die Geschäftsführer, Liquidatoren, Mit­ glieder des AussichtSraths oder ähnlichen OrganS, wenn sie in einer öffentlichen Mittheilung erfolgt. Durch diese Einschränkung, welche wesentlich nur daS Interesse deS Publikums und nicht

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z. 8i. Die StrafVorschriften der §§. 209 bis 211 der Konknrsordnnng finden gegen die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche ihre Zahlungen eingestellt hat oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen be­ gangen haben141). §. 82. Die Geschäftsführer oder Liquidatoren einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung werden mit Gefangniss bis zu drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu ein­ tausend Mark bestraft, wenn entgegen den Vorschriften im §. 64, §. 72 Absatz 1 der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens unterlassen ist Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschliesslich die Geldstrafe ein. Straflos bleibt derjenige, bezüglich dessen festgestellt wird, dass der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens ohne sein Verschulden unterblieben ist142). Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben im Schloss zu Berlin, den 20. April 1892. (L. S.)

Wilhelm. Graf von Caprivi.

Preuss. Ges. betr. die Kosten für die in Folge des Reichsgesetzes v. 20. April 1892 bei der Führung des Handelsregisters vorkommenden Geschäfte v. 12. Juni 1892 (G.S. 8. 123). §. 1. Für die in Folge des Reichsgesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, vom 20. April 1892 (Reichs-Gesetzbl. 8. 477) bei der Führung des Handelsregisters vorkommenden Geschäfte werden Gebühren und Auslagen unter entsprechender Anwendung der für Actiengesellschaften nach Massgabe der Verordnung vom 27. Januar 1862 (Gesetz-Samml. 8. 33) beziehungsweise der Gesetze vom 10. März 1879 (Gesetz-Samml. 8. 145) und vom 21. März 1882 (Gesetz-Samml. 8. 129) geltenden Vorschriften erhoben. Hierbei sind die den Vorstand der Aktiengesellschaft betreffenden Bestimmungen auf die für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestellten Geschäftsführer zu beziehen. §. 2. Dieses Gesetz tritt mit der Verkündigung in Kraft*). das der Gesellschafter wahren will, unterscheidet sich die Bestimmung von der im Art. 249b Ziff. 1 H.G.B. enthaltenen Vorschrift (Begr. S. 93). 141) Der §. 80 enthält eine nothwendige Ergänzung der §§. 209—211 u. 214 der KonkurSOrdnung über betrügerischen und einfachen Bankerutt und vorsätzliche Begünstigung von Gläubigern. Die Liquidatoren brauchten hier nicht besonders erwähnt zu werden, weil im §. 214 1. c. die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft bereits erwähnt sind und die Gesell­ schaften mit beschränkter Haftung als solche gelten (§. 13 Abs. 3 des vorliegenden Gesetzes). ua) Der §. 81 stellt analog Art. 249c H.G.B. die Unterlassung des gesetzlich (§. 64) gebotenen KonkurSantrags durch Geschäftsführer oder Liquidatoren unter Strafe, enthält jedoch mit Rücksicht auf die allgemeinen Grundsätze über den Beweis im Strafverfahren, nicht wie der angeführte Artikel eine Bestimmung, datz der Exculpationsbeweis dem Beschuldigten obliegt (Begr. S. 93). *) Das betr. Blatt der G.S. ist ant 17. Juni 1892 in Berlin ausgegeben.

Drittes Buch.

Hon der ftiftm Gesellschaft und von der Her­ einigung zu einzelnen Handelsgeschäften für ge­ meinschaftliche Hechnung. Erster Titel.

Von der stillen Gesellschaft'). Artikel 250. Eine stille Gesellschaft ist vorhanden, wenn sich Jemand an dem Betriebe deü Handelsgewerbes eines Anderen mit einer Vermögenseinlage gegen Antheil an Gewinn und Verlust betheiligt. Zur Gültigkeit des Vertrages bedarf es der schriftlichen Abfassung oder sonstiger Förmlichkeiten nicht. Pr. Eutw. Art. — Prot. S. 287—294. Eutw. I. Art. — Prot. S. 1081. 1085. 1156. 1166. Eutw. II. Art. 236. Prot. E. — *) a. Die Kommanditgesellschaft und die stille Gesellschaft haben miteinander gemein, daß sowohl der Kommanditist als der stille Gesellschafter sich an dem Verluste des von der Gesellschaft betriebenen Handelsgewerbes nur bis zum Betrage ihrer Einlage betheiligen, während der oder die anderen Gesellschafter mit ihrem ganzen Vermögen haften (Art. 150 u. Art. 250). Der Kommanditist wie der stille Gesellschafter giebt sein Geld zum Betriebe eines Handelsgewerbes, um statt fester Zinsen, je nach dem Resultate des Geschäftsbetriebes, Antheil am Gewinn zu haben oder den Verlust, jedoch nur bis zum Betrage seiner Einlage, mit zu tragen. Innerhalb dieser Grenze bewegen sich die vom Gesetze geregelten Formen der Kommandit­ gesellschaft und der stillen Gesellschaft. — Wesentlich verschieden von einander sind diese Ver­ einigungen darin, daß abweichend von der Kommanditgesellschaft bei der deutschen stillen Gesell­ schaft nur nach Innen hin, im Verhältniß der Gesellschafter zu einander, nicht aber nach Außen hin, Dritten gegenüber, eine Gesellschaft besteht. Die stille Gesellschaft hat kein be­ sonderes Vermögen, vielmehr geht das seitens des stillen Gesellschafters eingeschossene Kapital in das Vermögen des Geschäftsinhabers (Komplementärs) über. Im Gegensatz hierzu tritt die Kommanditgesellschaft auch nach Außen hin als eine Gesellschaft mit gesellschaftlicher Firma auf; die Einlagen der Kommanditisten werden bei der Anmeldung zum Handelsregister (Artt. 151, Zisf. 4) mitgetheilt und die Kommanditgesellschaft hat ihr selbständiges Vermögen,

Erster Titel. Von der stillen Gesellschast.

Art. 251.

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getrennt von dem Privatvermögen deS Komplementärs oder persönlich hastenden Gesellschafters (Vgl. K.B. A. S. 23). Konsequenzen dieser Verschiedenheit sind namentlich, daß bei der stillen Gesellschast keine gemeinsame Firma vorhanden ist (Artt. 251, 257), das Vorhandensein der stillen Gesellschaft überhaupt nicht kundgemacht werden soll (Artt. 251, 260), folgeweise eine Eintragung in das Handelsregister unzulässig ist, daß kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, vielmehr die Einlage des stillen Gesellschafters in daS Eigenthum des Komplementärs übergeht (Art. 252), daß seine Einlage auch für die Privat schuld en des Komplementärs haftet, weil eine Gesell­ schast mit einem besonderen Fonds auch nach Außen hin nicht existirt, daß er aber mit allen Gläubigern des Komplementärs im Konkurse desselben insoweit konkurrirt, als feine Einlage den Betrag des aus ihn fallenden AntheilS am Verluste übersteigt (Art. 258) u. f. w. — Wegen des Mangels einer gemeinschaftlichen Firma und eines gemeinschaftlichen Handlungsfonds ist die stille Gesellschaft zu den Handelsgesellschaften im Sinne dieses Gesetzbuchs nicht gezählt worden (P. 1166); die- hat zur Folge gehabt, daß man die Bestimmungen über die stille Gesellschaft aus dem zweiten Buche „von den Handelsgesellschaften" aussonderte und hierher übertrug. Vgl. Note 1 vor Art. 150. b. Das A.L.R. handelte von der stillen Gesellschaft nur in den §§. 651, 652, 795, Th. II, Tit. 8 und im §. 250, Th. I, Tit. 17. c. Das R.O.H. Bd. 12, S. 100 führt auS, daß wenn der Wille der Kontrahenten eine stille Gesellschaft zu begründen aus dem Vertrage erhelle, die Abrede, daß der Kapitaleinleger am Verluste nicht Theil nehmen solle, weil gesetzlich nicht unzulässig, die Annahme einer stillen Gesellschast nicht ausschließe; eS fügt in dieser Entscheidung hinzu, daß in einem solchen Falle der Einlegende „vermöge des Gesetzes (vgl. Art. 259) gegen den Verlust seiner Kapitalseinlage nicht geschützt ist." Dieser gelegentliche Zusatz hinsichtlich der Stellung des Einlegers zu den Konkursgläubigern des Inhabers des Handelsgewerbes befindet sich in einem Streitfälle unter den Kontrahenten, ergiebt aber immerhin, daß das R.O.H. den Einleger trotz des vertraglichen Ausschlusses der Haftung für den Verlust als stillen Gesellschafter auch jenen Dritten gegenüber betrachtet. Derselbe müßte nach den Abs. 1 u. 2 Art. 259 die zurückempfangene Einlage zur Masse zahlen und könnte sie wie jeder andere Gläubiger voll liquidiren, da der Art. 258 bei dem vertraglichen Ausschlusie jeder Haftung für den Verlust der Gesellschaft un­ anwendbar ist. — Das R.G. III, 9 hat sich diesen Ausführungen in einem Prozeffe, welcher gleichfalls nur da- Verhältniß zwischen dem Geschäftsinhaber und dem angeblichen stillen Sozius betraf, nicht angeschloffen, vielmehr angenommen, daß die Abrede, Letzterer solle für den Verlust nicht haften, zwar zulässig sei, daß aber in einem solchen Falle ex lege eine stille Gesellschast im Sinne dieses Titels nicht vorliege, dessen Bestimmungen daher nicht unmittelbar ver­ wendbar seien, daß vielmehr zu prüfen sei, inwieweit nach dem Willen der Kontrahenten eine Unterwerfung unter die Vorschriften des H.G.B. als vereinbart gelten darf. — In einem Urtheile Bd. XX, 165 nimmt das R.G. jedoch wieder an, daß der vertragliche Ausschluß der Haftung für einen Verlust nicht mit dem Wesen der stillen Gesellschaft nach dem H.G.B. un­ vereinbar sei; es verneinte in dem gedachten Falle die Existenz einer stillen Gesellschast nach dem H.G.B. weil neben dem Ausschlüsse der Haftung für einen Verlust dem Einleger feste, lebens­ längliche Bezüge und nur accessorifch und eventuell (also nebensächlich) ein Gewinnantheil zu­ gesichert war. In Folge dessen nahm der Gerichtshof an, eS liege ein creditnm vor. — Noch bestimmter erklärt daS Reichsgericht XXVII, 16, daß die Theilnahme am Verluste neben einer solchen am Gewinne nicht zu den Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft im Sinne des H.G.B. gehöre, der Art. 250 nur einen Hinweis aus den regelmäßigen Fall enthalte und dem gesetz­ lichen Erforderniß für das Bestehen einer stillen Gesellschast genügt sei, wenn nur eine Abhängig­ keit deS Theilhabers von dem Ergebnisse deS Handelsgewerbes, somit eine Betheiligung am Gewinne bestehe. Daher könnten die Kontrahenten auch bei dem Ausschlüsse des Theilhabers vom Verluste die Begründung einer stillen Gesellschast im Sinne des H.G.B. vereinbaren.

332

Dritte» Buch. Bon der stillen Gesellschaft rc.

Artt. 251. 252. 253.

Artikel 251. Der Inhaber des Handelsgewerbes betreibt die Geschäfte unter seiner Firma. Eine das Verhältniß einer Handelsgesellschaft andeutende Firma darf der­ selbe wegen der Betheiligung eines stillen Gesellschafters bei Ordnungsstrafe nicht annehmen*). Pr. (Ent». Art. — (Ent». I. Art. — (Ent». II. Art. 237.

Prot. S. — Prot. S. 1166. 1166. Prot. S. —

Artikel 252. Der Inhaber des Handelsgewerbes wird Eigenthümer der Einlage des stillen Gesellschafter»*). Der stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, die Einlage über den vertrags­ mäßigen Betrag zu erhöhen, oder die durch Verlust verminderte Einlage zu er­ gänzen. Pr. (Ent». Art. — Prot. S. — (Ente. I. Art. — Prot. S. 1081. 1082. 1088 f. 1156. 1160. Ent». II. Art. 238. Prot. S. — Artikel 253. Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die abschriftliche Mittheilung der jähr­ lichen Bilanz zu verlangen und die Richtigkeit derselben unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Da» Handelsgericht kann auf den Antrag des stillen Gesellschafter«, wenn wichtige Gründe dazu vorliegen, die Mittheilung einer Bilanz oder sonstiger Auf­ klärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere zu jeder Zeit anordnen*). Pr. Ent». Art. — Prot. S. — Ent». I. Art. Prot. S. 1156. 1166. Tnt». II. Art. 289. Prot. S. 4646. *) Zu Abs. 1 Art. 251 vgl. Abs. 1 Art. 16. — Der Inhaber des Handelsgewerbes kann ebensowohl ein Einzelkaufmann alS eine Handelsgesellschaft, z. B. eine Kommanditgesellschaft (R.G. XXV, 41) sein. 8) Eine entgegen stehende Verabredung wurde bei der stillen Gesellschaft als rechtlich unmöglich angesehen. ES gehe nicht an — so wurde ausgeführt — dem Inhaber des HandelSgewerbeS den Geschäftsbetrieb und den Abschluß aller Verträge für eigene Rechnung völlig anheimzugeben, und gleichwohl anzunehmen, daß, was er erwerbe, ipso jure und ohne Eession und Tradition Miteigenthum deS stillen Gesellschafters werde, denn die Gesetze über Eigenthumserwerb könnten durch Vertrag nicht abgeändert werden. P. 1090. 4) a. Vgl. Art. 160 und die Noten zu demselben. b. In dritter Lesung (P. 4546) wurde allgemein anerkannt, daß der stille Gesellschafter auch ohne Zustimmung des Inhabers deS Handelsgewerbes für eigene und fremde Rechnung alle Handelsgeschäfte vornehmen und an anderen Handelsgesellschaften sich betheiligen darf; die ausdrückliche Aufnahme einer dem Art. 159 analogen Bestimmung wurde jedoch nicht für nöthig erachtet, weil eS im Titel von der stillen Gesellschaft an einer beni Art. 157 entsprechenden Verweisung auf die Vorschriften über die offene Gesellschaft überhaupt fehle.

Erster Titel. Bon der stillen «esellschast. Bitt. 254. 255. 256.

333

Artikel 254. Ist über die Höhe der Betheiligung de« stillen Gesellschafter« an Gewinn und Verlust nicht« vereinbart, so wird dieselbe nach richterlichem Ermessen, nöthigenfall« unter Zuziehung von Sachverständigen festgestellt"). Pr. Eotw. Art. — Eatw. I. Art. — Eatw. II. Art. —

Prot. S. — Prot. S. — Prot. S. 4646. Artikel 256.

Am Schluffe eine« jeden Geschäftsjahre« wird der Gewinn und Verlust be­ rechnet und dem stillen Gesellschafter der ihm zufallende Gewinn «»«bezahlt. Der stille Gesellschafter nimmt an dem Verluste nur bi« zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage Antheil. Er ist nicht verpflichtet, den be­ zogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, so lange seine ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung de« Verluste« verwendet. Der Gewinn, welcher von dem stillen Gesellschafter nicht erhoben wird, ver­ mehrt dessen Einlage nicht, sofern nicht ein Andere« vereinbart ist"). Pr. Eotw. Art. — Eotw. I. Art. — Eotw. II. Art. 240.

Prot. S. — Prot. S. 108t 1088-1000. 1166. 1166. Prot. S. 4646. Artikel 256.

Au« den Geschäften de« Handelsgewerbe« wird der Inhaber desselben dem Dritten gegenüber allein berechtigt und verpflichtet. Pr. Eotw. Art. — Eatw. I. Art. Eotw. II. Art. 24t

Prot. S. — Prot. S. 1166. 1166. Prot. S. -

*) Der Art. 254 ist in dritter Lesung (P. 4546) ausgenommen worden, um den Zweifel auszuschließen, ob nicht ein GesellschastSvertrag, in welchem über Bertheilung von Gewinn und Verlust nichts bestimmt worden, als nichtig anzusehen sei. Vgl. Art. 162. •) Der Abs. 3 des Art. 255 wurde in dritter Lesung ausgenommen, und seine Fassung in Hinblick auf die entgegenstehende Bestimmung deS Art. 106 gewählt. Man ging davon auS iP. 4546), daß sein Inhalt der Natur der stillen Gesellschaft entspreche, und daß, wenn der stehengebliebenc Gewinn des stillen Gescllschasters nicht als ein bloßeS Kreditum, sondern als eine Mehrung der Einlage angesehen werden solle, und somit die Wechseljälle von Gewinn und Verlust mittragen müsse, eine unzweideutige Willenserklärung deS stillen Gesellschafters erforderlich tväre, zumal die jährliche Gewinnvertheilung nach Maßgabe deS Art. 255 unverkenn­ bar als eine desinitive, und nicht blos provisorische anzusehen sei. — Hieraus folgert das R.L.H. Bd. 13, S. 65, daß von der Zeit an, zu welcher die Gewinnberechnung zur Kenntniß deS stillen Gesellschasters gebracht ist, dieser sich gegenüber dem Komplementär in der Lage des Gläubigers einer fälligen Forderung befindet, welche den Einwirkungen durch den späteren Gang des Geschäfts nicht unterliegt. Vgl. Note 15 zu Art. 265.

334

Drittes Buch. Von der stillen Gesellschaft ;c. Artt. 257. 258. 259.

Artikel 257.

Der Name eines stillen Gesellschafters darf in der Firma des Inhabers des Handelsgewerbes nicht enthalten fein; im entgegengesetzten Falle haftet der stille Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft persönlich und solidarisch 7).8 Pr. ent». Art. — 6nt». I. Art. ent». 11. Art. 242.

Prot. S. — Prot. S. 1082. 1090. 1109. 1157. 1166. Prot. S. -

Artikel 258.

Wenn der Inhaber des Handelsgewerbes in Konkurs verfällt, so ist der stille Gesellschafter befugt, wegen seiner Einlage, soweit dieselbe den Betrag des auf ihn fallenden Antheils am Verluste übersteigt, seine Forderung als Konkursgläubiger geltend zu machen. Ist die Einlage rückständig, so hat der stille Gesellschafter dieselbe bis zu dem Betrage, welcher zur Deckung seines Antheils am Verluste erforderlich ist, in die Konkursmasse zu zahlen^). Pr. ent». Art. — ent». I. Art. ent». II. Art. 243.

Prot. S. — Prot. S. 1092. 1157 f. 1167. Prot. S. 4647-4552. 4650.

Artikel 259.

Wenn innerhalb eines Jahres vor Eröffnung des Konkurses über das Ver­ mögen des Inhabers des Handelsgewerbes durch Vereinbarung zwischen ihm und dem stillen Gesellschafter das Gesellschaftsoerhältniß aufgelöst worden ist, so können die Konkursgläubiger verlangen, daß der stille Gesellschafter die ihm zurückbezahlte Einlage in die Konkursmasse einzahle, unbeschadet seines Rechts, die in dem Zeit­ punkt der Auflösung ihm aus dem Gesellschaftsverhältnisse zustehende Forderung als Konkursgläubiger geltend zu machen. 7) Bgl. Note 25 zu Art. 168 und die Ausführung in dem vor dem H.G.B. ergangenen Erk. des Cbertr. v. 9. August 1845 (Entsch. Bd. 12, S. 354). — Das R O H. (Bd. 23, S. 55) läßt es dahin gestellt, ob der stille Gesellschafter auch dann hastet, wenn er zur Benutzung seines Namens seine Einwilligung nicht gegeben hat, erachtet ihn aber für verpflichtet, wenn er die Benutzung kennt und die persönliche Haftbarkeit ausschließen will, öffentlich kund zugeben, daß sein Name ohne seinen Willen in die Firma ausgenommen sei, oder die Auslösung der stillen Gesellschaft (Art. 262) herbeizuführen. Aus seinem bloßen Stillschweigen kann sonst die Einwilligung entnommen werden. 8) In zweiter Lesung (P. 1167, 1174) ist der Satz angenommen worden, daß, wenn der Inhaber des HandelSgewerbeS in Konkurs verfällt, alle Gläubiger desselben (also auch die Privat­ gläubiger) vor dem stillen Gesellschafter befriedigt werden müssen. Hiergegen wurde jedoch in dritter Lesung (P. 4548) siegreich geltend gemacht: Jener Satz entbehre der inneren Begründung, denn die stille Gesellschaft sei im Gegensatz zu der offenen nur ein obligatorisches Verhältniß zwischen dem stillen und dem gerirenden Gesellschafter. Danach entscheide sich, wieviel der erstere zum Verlust beizutragen habe, und insoweit haste seine Einlage den Gläubigern. Den Ueberrest müsse er gleich jedem anderen Gläubiger liquidiren können. Sei die Einlage rückständig, so habe er nur den ihn treffenden Verlustantheil einzuzahlen.

Erster Titel.

Bon der stillen Gesellschaft.

Art. 259.

336

Dasselbe gilt, wenn dem stillen Gesellschafter in dem bezeichneten Zeüraum ohne Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses die Einlage zurückbezahlt wurde. In gleicher Weise ist, wenn der Inhaber des Handelsgewerbes in dem be­ zeichneten Zeitraum dem stillen Gesellschafter dessen Antheil an dem entstandenen Verluste ganz oder theilweise erlassen hat, der Erlaß zu Gunsten der Konkurs­ gläubiger unwirksam. Die Bestimmungen dieses Artikels treten nicht ein, wenn der stille Gesell­ schafter beweist, daß der Konkurs in Umständen seinen Grund hat, welche erst nach dem Zeitpunkt der Auflösung, der Zurückzahlung oder des Erlasse- ein­ getreten ftnb9). Pr. Cutw. Art. — (Lot. I. Art. Ent«. II. Art. 248. Abs. 2.

Prot. S. — Prot. S. 1082. 1091. 1157. 1167-1170. Prot. S. 4552. 4654-4569. 4650.

•) a. Der Art. 259, über dessen Entstehung die P. 1096, 1159, 1167—1171, 4554-4559, 4650 zu vergleichen sind, gewährt den Konkursgläubigern daS Recht, gewisse Handlungen deÄridars anzufechten, wenn dieselben innerhalb bestimmter Zeit vor der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen von ihm vorgenommen worden sind. DaS Recht der Gläubigerschast ist ein derselben durch positives Gesetz beigelegte-, und nicht ein Recht deS KridarS, dessen Aus­ übung in Folge der Konkurseröffnung auf sie übergegangen ist. Es kommt deshalb Nichts darauf an, ob der Kridar — was häufig nicht der Fall sein wird — seine eigene Rechts­ handlung hätte anfechten können; ebensowenig kann der Kridar, wenn mit der Beendigung des Konkurses die Rechte, welche seine Gläubigerschaft während des Konkurses ausgeübt hat, wieder aus ihn übergehen, aus dem Art. 259 ein Anfechtungsrecht herleiten. b. Für anfechtbar erklärt ist die (gänzliche oder theilweise, R.G. XXVII, 17) Rückzahlung der Einlage an den stillen Gesellschafter (mit welchem AuSdrucke alle Fälle der Solution um­ faßt sind, nicht blos bie numeratio, also auch die eine völlige Beftiedigung vor den Konkurs­ gläubigern sichernde Einräumung einer Hypothek, R.O.H. Bd. 14, S. 93, R.G. XXVII, 1&) in Folge einer vereinbarten Auflösung des GesellschaftSverhältniffeS (Abs. 1) oder ohne Auflösung desselben (Abs. 2), sowie der gänzliche oder theilweise Erlaß seine- Antheil- an dem entstandenen Verluste (Abs. 3), wenn innerhalb eine- Jahre- nach der Auflösung de- Gesell­ schaftSverhältniffeS (Abs. 1), der Rückzahlung (Abs. 2) oder de- Erlasses (Abs. 3) der KonkurS über daS Vermögen deS Inhabers de- Handelsgewerbes eröffnet worden ist. Diese Bestimmung hat ihren Grund in der angenommenen Vermuthung, daß der Inhaber de- Handel-gewerbeschon vor diesen Transaktionen mit dem stillen Gesellschafter insolvent gewesen oder durch dieselben geworden ist, wenngleich der formelle Konkurs erst innerhalb eine- JahreS nach denselben zur Eröffnung kam. Die Vermuthung kann durch Gegenbeweis entkräftet werden; der stille Gesellschafter wird nach Abs. 4 d. A. zu dem Beweise zugelassen, daß der Konkurs (lediglich) in Umständen seinen Grund hat, welche erst nach dem Zeitpunkte der Auslösung de- Gesellschafts­ verhältnisses (Abs. 1), der Rückzahlung der Einlage (Abs. 2) oder des Erlasses seines Verlustantheils (Abs. 3) eingetreten sind (vgl. R.O.H. Bd. 14, S. 96). c. Der Abs. 1 des Art. 259 gewährt den Konkursgläubigern das Anfechtungsrecht nur dann, wenn die Auslösung des GesellschaftSverhältniffeS durch Vereinbarung zwischen dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem stillen Gesellschafter innerhalb der bestimmten Zeit erfolgt ist; nur in einem solchen Falle ist die Vermuthung begründet, daß der stille Gesellschafter mit dem Inhaber des Handelsgewerbes zum Nachtheil der Gläubiger des Letzteren kolludirt habe; tritt die Auflösung des Gesellschastsverhältnisses aus anderen Gründen ein (Art. 261, Ziffer 1, 2, 5, 6 und die zweite Alternative der Ziffer 3), so ist kein Grund zu jener Vermuthung vor­ handen und daS Anfechtungsrecht auS Abs. 1 des Art. 259 findet nicht statt.

336

Drittes Buch.

Bon der stillen Gesellschaft rc.

Artt. 260. 261.

Artikel 260. Ob und inwieweit eine rechtliche Wirkung zu Gunsten dritter Personen ein­ tritt, wenn durch einen stillen Gesellschafter oder mit dessen Willen das Vorhanden­ sein der stillen Gesellschaft kundgemacht wird, ist nach allgemeinen Rechtsgrund­ sätzen zu beurtheilen"). Pr. Eatw. Art. — (Ent». I. Art. — Ent». H. Art. 244.

Prot. S. 305-308. Prot. S. 1082.1091s. 1156. 1160.1170 s. Prot. S. -

Artikel 261. Die stille Gesellschaft wird aufgelöst: 1) durch den Tod des Inhabers des Handelsgewerbes, wenn nicht der Ver­ trag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den Erben des Verstorbenen fort­ bestehen soll; 2) durch die eingetretene rechtliche Unfähigkeit des Inhabers des Handels gewerbes zur selbstständigen Vermögensverwaltung; 3) durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes oder des stillen Gesellschaftersn); d. Muß der stille Gesellschafter in Gemäßheit der Abs. 1 oder 2 des Art. 259 die zurück­ erhaltene Einlage wieder zur Masse zahlen, so wird sein Verlustantheil im ersteren Falle nach dem Zeitpunkte der vereinbarten Auslösung, im letzteren Falle nach dem Zeitpunkte der Konkurserössnung (Art. 261, Zifs. 3) berechnet, und der stille Gesellschafter kann nur den Ueberschuß seiner Einlage als Konkursgläubiger liquidiren. e. Der Art. 259 enthält eine im Interesse der Gläubiger gegebene Vorschrift von öffentlichrechtlichem Charakter; er setzt eine vertragliche Beiheiligung des stillen Gesellschafters am Ver­ luste nicht voraus, und ist daher auch dann anwendbar, wenn die Absicht der Berlragschließeuden feststeht, eine stille Gesellschaft im Sinne deS H.G.B. zu gründen, ohne dabei dem stillen Theil­ haber die Uebernahme eines Antheils am Verluste aus seine Einlage zuzumuthen (R.G. XXVII, 16,. 10) De? AN. 260, über dessen Entstehung insbesondere die P. 1160, 1170 — 1174 zu ver­ gleichen sind, überläßt eS der Beurtheilung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, ob event, inwieweit eine rechtliche Wirkung zu Gunsten dritter Personen eintritt, wenn durch einen stillen Gesellschafter oder mit dessen Willen daS Vorhandensein der stillen Gesellschaft kund­ gemacht wird. Die Absicht des Art. ist, erkennbar zu machen, daß die Frage, ob und inwieweit in der gedachten Kundmachung, insbesondere nach kaufmännischer Auffassung, ein Kredit­ mandat zu finden sei. offen bleiben solle. Man ging davon aus «P. 1170 u. 1173;, daß, wenn auch die Kundmachung der stillen Gesellschaft durch Cirkulare u. dgl. nicht ohne Wirkung sein könne, doch die bei Publikationen zur Sprache kommenden Fälle zu verschieden seien, namentlich auch mit Rücksicht auf diejenigen Personen, welchen eine solche Mittheilung gemacht worden, und von denen man nicht immer sagen könne, daß sie im Vertrauen auf die kund­ gegebene Existenz der stillen Gesellschaft gehandelt hätten, als daß man es nicht vorziehen sollte, dem Richter die Entscheidung der einzelnen Fälle nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen anheimzugeben. H) Gegen die Bestimmung, daß der Konkurs des stillen Gesellschafters die Auflösung der Gesellschaft zur Folge haben solle, wurde eingewendet: Dadurch werde der Inhaber des Handelsgewerbes erheblich gefährdet; den Privatgläubigern des stillen Gesellschafters stehe ein Recht, die Auslösung der Gesellschaft und die Rückgabe der Einlage ihres Schuldners zu begehren, so wenig zu, als den Gläubigern eines DarlehnSgebers, der sich bei Hingabe des Darlehns sehr

Erster Titel. Sen der stillen Gesellschaft, Art». 262. 263.

337

4) durch gegenseitige Uebereinkunst; 5) durch Ablauf der Zeit, ans deren Dauer die stille Gesellschaft eingegangen ist, wenn dieselbe nicht stillschweigend fortgesetzt wird; in diesem Falle gilt der Vertrag von da an al« auf unbestimmte Dauer geschlossen; 6) durch die Aufkündigung eines der beiden Theile, wenn der Vertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen ist. Ein auf Lebenszeit geschloffener Vertrag ist als auf unbestimmte Dauer geschloffen zu betrachten**). Die Aufkündigung eines auf unbestimmte Dauer geschloffenen Ver­ trages muß, wenn nicht ein Anderes vereinbart ist, mindestens sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen. Pr. Quito. Art. — Eutw. I. Art. Eutw II. Art. 245.

Prot. S. — Prot. S. 1167. 1178. Prot. S. 4651-4658.

Artikel 262. Die Auflösung der stillen Gesellschaft kann vor Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit oder bei einem Vertrage von unbestimmter Dauer ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden, wenn dazu wichtige Gründe vorhanden find. Die Beurtheilung, ob solche Gründe anzunehmen sind, bleibt im Falle des Widerspruchs dem Ermeffeil des Richters überlassen"). Pr. Eutw. Art. Eutw. I. Art. — Eutw. II. Art. 246.

Prot. S. — Prot. S. 1178. Prot. S. 4654.

Artikel 263. Die Bestimmung des Artikels 126. gilt auch zu Gunsten der Privatgläubiger eines stillen Gesellschafter»"). Pr. Eutw. Art. — Eutw. I. Art. — Eutw. II. Art. -

Pro». S. — Prot. S. — Prot. S. 466L

lästigen Bedingungen in Ansehung der Zurückzahlung desselben unterworsen habe, das Recht zustehe, mit Hintenanscpung dieser Bedingungen die Darlehnsforderung geltend zu machen. — Hieraus wurde jedoch erwidert: ES sei fortdauernd auch bei der stillen Gesellschaft daS gesell­ schaftliche Element festgehalten worden; die Gründe, welche zur Annahme , des Art. 126 be­ stimmt hätten (f. Note 11 zu demselben), träfen auch hier zu. P. 4653. Vgl. Art. 263. *) Vgl. Art. 123 Abs. 2, Art. 170 Abs. 2; R.O.H. Bd. 13, S. 418. IJ) Vgl. Arlt. 62, 125, 170 Abs. 2. — Das R.O.H. (Bd. 12, S. 101) verwirft die Ansicht, daß der Anspruch auf Auslösung in dem gegebenen Falle nur im Wege der Klage gellend zu machen sei. und die Auslösung erst mit der Rechtskrast des Urtheils in Wirksamkeit trete, weil das richterliche Urtheil nicht Rechte schaffe, sondern nur über streitige Rechtsverhältnisse entscheide. Es könne daher auch einredeweise geltend gemacht werden, die Auflösung sei aus ivichtigen Gründen gefordert worden und das Urtheil habe nur festzustellen, ob solche Gründe vorhanden gewesen seien. ”) Für diesen Artikel wurde geltend gemacht, daß die Zulässigkeit der Anwendung des Art. 126 aus die Privatgläubiger eines stillen Gesellschafters sich noch mehr als bei der Kommanditgesellschaft rechtfertige, weil bei der stillen Gesellschast der Gemcinschuldner einen Makowcr, Hondtligejetzbuch. II Ausl22

338

Drittes Buch.

Bon der stillen Gesellschaft rc.

Artt. 264. 265.

Artikel 264. Wenn der stille Gesellschafter stirbt, oder zur Verwaltung seines Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Folge"). Pr. Entw. Att. — Gntto. I. Art. — Entw. II. Art. 247.

Prot. 8. 308. Prot. 8. 1082. 1090. 1157. 1178. Prot. 8- 4663.

Artikel 265. Nach Auflösung der stillen Gesellschaft muß der Inhaber des Handelsgewerbes sich mit dem stillen Gesellschafter auseinandersetzen und die Forderung desselben in Gelde berichtigen. Der Inhaber des Handelsgewerbes besorgt die Liquidation der bei der Auf­ lösung noch schwebenden Geschäfte"). Pr. Eotw. Art. Entw. 1. Art. — Entw. II. Art. 248.

Prot. 8. — Prot. 8. 1157. 1178. Prot. S. —

Vermögenstheil ganz in bad Vermögen eines Anderen gegeben habe, die Gläubiger des Ersteren somit noch mehr als bei der Kommanditgesellschaft gefährdet wären, meim sie kein Mittel hätten, vor anderweitiger Auslösung der Gesellschaft das dem stillen Gesellschafter gegenüber dem Inhaber deS Handelsgewerbes zukommende Guthaben behufS ihrer Befriedigung anzugreifen. P. 4651. ") Wohl aber hat der Konkurs des stillen Gesellschafters die Auflösung der stillen Gesellschaft zur Folge. S. Art. 261 Ziff. 3. 16) a. Die Streichung dieses ganzen Artikels wurde aus dem Grunde beantragt, weil er selbstverständlich und darum entbehrlich sei. Dem entgegen erachtete man die Beibehaltung desselben mit Rücksicht daraus für angemessen, daß eine ähnliche Bestimmung auch bei den Bereinigungen zu einzelnen Handelsgeschäften angenommen worden sei is. Art. 270), und daß derselbe deutlich ergebe, der stille Gesellschafter könne erst nach Abwickelung der schwebenden Ge­ schäfte sein Guthaben verlangen. P. 1179. Nach Auslösung der Gesellschaft kann der stille Gesellschafter seine ursprüngliche Einlage nicht ohne Weiteres, sondern nur soweit zurückfordern, als er darthut, daß sie noch in der ursprünglichen Höhe vorhanden ist. Behauptet der Inhaber des Handelsgewerbes, daß sie durch Verlust vermindert sei, so mutz er in Folge des Art. 253 diese Behauptung namentlich durch Vorlegung einer ordnungsmäßigen Bilanz begründen (R.O.H. Bd. 23, S. 131). Der Inhaber des Handelsgewerbes ist nicht Liquidator im Sinne des Art. 133; eS kann daher auch nicht ein Liquidator nach Abs. 2 jenes Artikels mit den Be­ fugnissen aus Art. 137 durch den Richter ernannt werden (R.G. XIX, 167, 170). b. Der stille Gesellschafter hat.gegen den Inhaber des Handelsgewerbes von Ansang an nur ein Forderungsrecht, und kein irgend wie geartetes Miteigenthum. Jenes Recht ist daher durch Cession übertragbar (R.G. XVIII, 43). c. Diejenigen den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitig­ keiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem stillen Gesellschafter unb dem Inhaber eines Handelsgewerbes, sowohl während des Bestehens als nach Auslösung des geschäftlichen Verhältnisses, geltend gemacht wird, gehören nach §. 101 Ziff. 3a des Gerichtsverfassungsgesetzes zur Kompetenz der Kammern für Handelssachen.

Zweiter Titel.

Bereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften ic.

Art. 266.

339

Zweiter Titel.

Von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung'). Artikel 266. Die Vereinigung zu einem oder mehreren einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung bedarf einer schriftlichen Abfassung nicht und ist sonstigen Förmlichkeiten nicht unterworfen*). Pr. Eutw. Art. 20«. Eutw. I. Art. 228. Eutw. II. Art. 249.

Prot. 6. SSL. Prot. S. 1076. 1180. Prot. 6. —

2) a. Der zweite Titel handelt von der sogenannten Gelegenheitsgesellschaft, consortium (vgl. die RechtSfälle R.O.H. Bd. 9, S. 135; Bd. 13, S. 313; Bd. 17, S. 391, Unterbetheiligung Bd. 10, S. 262; Bd. 17, S. 203 und die folgende Note d.), association en participation, Unternehmung von Handelsgeschäften a conto meta. Der äußerliche und nächste Unterschied von der eigentlichen Handelsgesellschaft besteht darin, daß diese auf den Betrieb eines HandelSgewerbeS gerichtet ist, während Vereinigungen zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaft­ liche Rechnung sich eben nur auf die Unternehmung eines einzelnen oder mehrerer einzelner Handelsgeschäfte beziehen. Im letzteren Falle ist eS aber erforderlich, daß die Ge­ schäfte sich alS vereinzelte, zur Zeit der Vereinbarung bereits als solche (ihrer RechtSnatur und Ausführungsart nach, R.O.H. Bd. 9, S. 162; Bd. 10, S. 261; R.G. IX, 108) bestimmt zu bezeichnende darstellen, weil sonst der Vertrag den Betrieb eines, wenn auch auf einen be­ stimmten Handelszweig beschränkten Handelsgewerbes betreffen, und also eine wirkliche Handelsgesellschaft (nach H.G.B., oder wenn deren Requisite nicht vorliegen, nach den Be­ stimmungen deS bürgerlichen Rechts über Sozietäten, R.O.H. Bd. 5, S. 390, oder über Gemein­ schaften, welche durch Vertrag entstehen, Bd. 17, S. 399) darstellen würde. Die Grenze hier in jedem einzelnen Falle zu ziehen, muß der richterlichen Beurtheilung überlaffen bleiben. Eine Bereinigung der im Art. 266 gedachten Art wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der mit Ausführung der einzelnen Geschäfte betraute Kontrahent zugleich ein gleichartiges Handelsgewerbe für eigene alleinige Rechnung betreibt und ihm mit Rücksicht hierauf die Geschäftsführung über­ tragen ist (R.OH. Bd. 9, S. 162). Der innere und wesentliche Unterschied zwischen einer Bereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung und einer eigentlichen Handelsgesellschaft liegt in dem Mangel eines rechtlich für sich bestehenden Gesellschaftsvermögens (und einer Firma). Die Einlagen der einzelnen Theilnehmer bleiben nach den Grundsätzen deS CivilrechtS entweder im gemeinschaftlichen Eigenthume aller Gesellschafter oder sie gehen in daS ausschließliche Eigenthum deS mit der Geschäftsführung betrauten TheilnehmerS über, gegen welchen alsdann die übrigen Theilnehmer, beziehungsweise deren Gläubiger, nur einen persön­ lichen Anspruch erhallen. M. 99. — Auf die hier gedachten Bereinigungen finden die im 2. Buche von den Handelsgesellschaften enthaltenen allgemeinen Vorschriften (z. B. Art. 102) nicht Anwendung (Str. Bd. 67, S. 136), vielmehr sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts maßgebend, insoweit daS H.G.B. nicht besondere Bestimmungen über die Gelegenheilsgesellschaft enthält (R.G. XIX, 166). Ebensowenig kann unter einander von einer Anwendung des An. 347 die Rede sein (R.O.H. Bd. 4, S. 338). b. Nach §. 101 Ziff. 3 a des Gerichtsverfassungsgesetzes gehören diejenigen den Land­ gerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage ein Anspruch zwischen den Theilnehmern einer Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften, sowohl

Drittes Buch.

340

Von der stillen Gesellschaft rc.

Art. 267.

Artikel 267. Wenn nicht ein Anderes verabredet ist, so sind alle Theilnehmer in gleichem. Verhältnisse zu dem gemeinsamen Unternehmen beizutragen verpflichtet.

Pr. Eotw. Art. 207. Gntto. I. Art. 228. Eatw. II. Art. 250.

Prot. S. 395. Prot. S. 1076. Prot. 0. —

wahrend des Bestehens als nach Auflösung des geschäftlichen Verhältnisses, gellend gemacht wird, zur Kompetenz der Kammern für Handelssachen.

*) a. Das R.O.H. (Bd. 10, S. 429; Bd. 16, 0. 1) erachtet den Art. 266 auch dann für anwendbar, wenn es sich um sog. abgeleitete Handelsgeschäfte (Art. 273 Abs. 1) handelt. Z. V. um die mit einem Kausmanne oder unter Kaufleuten getroffene Vereinbarung über die Vermittelung eines Grundstücksverkaufs für gemeinschaftliche Rechnung. d. Da der Kauf eines Grundstücks, auch

wenn er zum Zweck der Wiedcrverüußerung

und von einem Kaufmanne geschlossen wird. kein Handelsgeschäft ist «Art. 275), so ist auch eine Vereinigung mehrerer Personen, welche den Zweck hat, ein Grundstück zu erwerben, um es mit Gewinn wieder zu veräußern, nicht eine Vereinigung zu einem Handelsgeschäfte (R.O.H. Bd. 12, S. 55). — Ein gleiches gilt von der gerneinschaftlichen Pacht von Grund­ stücken (Bd. 23, 0. 133, ebenso N.G. VI, 8). — Einen Fall der Anfechtung einer Beiheiligung an dem zur Begründung einer A.G. bewirkten Ankauf eines Immobiles lvegen Betruges siehe Str. Bd. 46, S. 64. c. Das R.O.H. (Bd. 13, 0. 510; Bd. 15, 0. 252; Bd. 17, 0. 201) erachtet Kon­ sort i a l - und (aus einen Antheil beschränkte Bd. 22, 0. 381 sog.) Unter-K onf ortialbetheiligungen zur Aktienbegebung

wegen

der aus der Unternehmung eines Geschäfts auf

gemeinschaftlichen Gewinn und Verlust mit beiderseitigen Leistungen hervorgehenden Absicht, eine Gesellschaft einzugehen, in der Regel als unter die Artt. 266 ff. fallenden Assoziationen zum bestmöglichen Verkauf der betr. bereits emittirten oder künftig zu emittirenden Papiere aus gemeinschaftliche Rechnung, und nicht als bedingte Kaufgeschäfte von Aktien mit prinzipalem Verkaussau st rag an den 0yndika1sleiter und eventueller Verpflichtung, die nicht abgesetzten Aktien

abzunehmen.

Dabei

ist jedoch die Möglichkeit offen gelassen,

daß unter besonderen

Umständen auch wohl der Verkauf, zwar nicht der Aktien, aber doch eines Gründerantheils als beabsichtigt angenommen werden könnte. Rechts, selbst unaufgefordert,

den

Der gerirende 0ozius muß bei Verlust seines

übrigen Theilnehmern von jedem erheblichen 0chritte, der

zur austragmäßigen Ausführung des Geschäfts gehört. Mittheilung machen (R.L.H. Bd. 22. 0. 182) und bei Auflösung des Konsortiums sofort Abrechnung ertheilen und die abzunehmenden Effekten anbieten (Bd. 22, 0. 381). — Die Besonderheiten des Unterkonsortialgeschäfts sind R.G. I, 79, und die üblichen Unterschiede zwischen Finanzkonsorticn und Konsortialbetheiligungen R.G. VII, 102 hervorgehoben. d. Wegen der bedingten Verpflichtung, die nicht abgesetzten Werthpapiere zu bestimmten Kursen abzunehmen, ist bei den Unterkonsortialbetheiligungen die Voraussetzung für die 0tempelpflichtigkeit als Anschaffungsgeschäst nach §. 7 des Reichsstempelgesetzes v. 29. Mai 1885 gegeben (R.G. XXI, 65,i. e. Bei bloßen Vereinigungen zu einzelnen Handelsgeschäften ist es für das Publikum (Art. 269) ohne Bedeutung, ob das fragliche Geschäft für alleinige Rechnung dessen, der eS ein­ geht, oder für Rechnung mehrerer Theilnehmer geschloffen wird. Allgemein gestalten daher die Gesetze die formlose Eingehung solcher Vereinigungen. (Vgl. Th. I, Tit. 17, §. 184 u. Th. II, Tit. 8, §§. 615, 616 A.L.R.) M. 99.

Ta die Eingehung einer Gelegenheitsgejellschaft formlos

geschehen kann, so kann es auch die Auflösung (R.O.H. Bd. 16, 0. 384).

Zweiter Titel.

Bereinigung -u einzelnen Handelsgeschäften rc.

Artt. 268. 269.

341

Artikel 268. Ist über den Antheil der Theilnehmer am Gewinn und Verlust nicht» ver­ einbart, so werden die Einlagen verzinst, der Gewinn oder Verlust aber nach Köpfen vertheilt*).

Pr. Eutw. Art. 208. Eutw. I. Art. 280. Eutw. II. Art. 25t

Prot. S. 396. Prot. S. 1076. Prot. S. — Artikel 269.

Au» Geschäften, welche ein Theilnehmer mit einem Dritten geschloffen hat, wird Ersterer dem Dritten gegenüber allein berechtigt und verpflichtet*). Ist ein Theilnehmer zugleich im Auftrage und Namen der übrigen aufge­ treten, oder haben alle Theilnehmer gemeinschaftlich oder durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten gehandelt, so ist jeder Theilnehmer Dritten gegenüber solidarisch berechtigt und verpflichtet*).

Pr. Eutw. Art. 209. Eutw. I. Art 281. Eutw. II. Art. 252.

Prot S. 397 -399. 402. 496f. Prot S. 1076. 1181s. Prot. S. —

3) Der Pr. Entw. (Art. 208) verordnete, daß Gewinn und Verlust in Ermangelung einer vertraglichen Abrede nach Verhältniß der Einlagen zu vertheilen fei; der Referent gab zu demselben die Erklärung ab (P. 396), daß man unter dem Worte „Einlagen" nach der Absicht des Entw. zwar nur Geldeinlagen zu verstehen habe, aber nicht allein die von einem jeden der Theilnehmer wirklich eingeschossene Einlage, sondern denjenigen Betrag, welchen er zum Ge­ schäfte beizuschießen bei Eingehung der Verbindung sich verpflichtet. — Die Konferenz lehnte jedoch jene BertheilungSart ab und nahm die im Texte angeordnete an, nach welcher die Einlagen (d. h. die wirklich aufgewendeten oder doch mindesten- zur Verwendung in da- beab­ sichtigte Handelsgeschäft bereit gehaltenen Gelder) vorweg verzinst, Gewinn und Verlust aber nach Köpfen vertheilt werden. — Wenn feststeht, daß eine GelegenheitSgesellschast und nicht eine bloße Gewinnbeiheiligung verabredet ist, so braucht der Kläger, welcher den Gewinn nach Köpfen berechnet fordert, eine hierauf abzielende Abrede, auch wenn sie bestritten wird, nicht zu beweisen, weil sie der GesetzeSregel entspricht, vielmehr hat Beklagter, wenn er eine abweichende Abrede behauptet, diese zu beweisen (R.G. VI, 82). ES liegt dem Kläger aber der Beweis ob, wenn er eine von der subsidiären Regel der Theilung nach Köpfen abweichende Abrede be­ hauptet (R.G. VII, 47). — Darüber, ob erst nach völliger Beendigung der Geschäfte Aus­ einandersetzung und Gewinnvertheilung zu erfolgen hat, lasten sich keine allgemeinen Grundsätze aufstellen (R.O.H. Bd. 23, S. 94). 4) Da nach Außen eine Gesellschaft nicht vorhanden ist, so treten dritte Personen nur zu demjenigen Theinehmer in ein unmittelbares RechtSverhältniß, welcher mit ihnen daS Geschäft abgeschloffen hat, ohne Unterschied, ob ihnen das Vorhandensein mehrerer Theilhaber bekannt war oder nicht. M. 100. Daher tritt der bei einem Unterkonsortium zur Begebung von Aktien Beiheiligte nur zu dem ihn betheiligenden Konsortialen, nicht aber zu dem Hauptkonsortium in eine RechtSbeziehung (R.O.H. Bd. 17, S. 203). — Ob gerade das bezielte Geschäft zu Stande gekommen, ist gleichgültig; es genügt, wenn nur überhaupt ein RechtSverhältniß zwischen dem Theilnehmer und dem Dritten, z. B. durch eine Offerte, ent­ standen ist (R.O.H. Bd. 8, S. 48). 5) a. Ist ein Theinehmer zugleich im Austrage und Namen der übrigen ausgetreten, d. h. (P. 497) hat derselbe nicht nur für sich, sondern zugleich als Bevollmächtigter der übrigen Theilnehmer kraft einer ihm ertheilten Vollmacht kontrahirt und dies äußerlich

Drittes Buch.

342

Von der stillen Gesellschaft re.

Art. 270.

Artikel 270. Nach

Beendigung

des gemeinschaftlichen Geschäfts muß

welcher dasselbe führte, den übrigen Theilnehinern

der Theilnehmer,

unter Mittheilung der Beläge

Rechnung ablegen. Er besorgt die Liquidation").

Prot. S. 402. 498. Prot. S. 1076. Prot. S. 4554.

Pr. Eotw. Art. 210. Eotw. I. Art. 232. Eotw. II. Art. 253.

zu erkennen gegeben, ferner: haben alle Theilnehmer gemeinschaftlich oder durch einen gemein­ samen Bevollmächtigten gehandelt, so ist jeder Theilnehmer Tritten gegenüber solidarisch be­ rechtigt und verpflichtet. Ebenso R.O.H. Bd. 9, S. 283; Bd. 13, S. 2. — Die Anwendung der Bestimmungen des Abs. 2 d. Art. über solidarische Berechtigung und Verpflichtung ist nicht aus die Vereinigungen zu einzelnen Handelsgeschäften beschränkt, sondern auch in Fällen der Vereinigung zu einem Handelsgewerbe statthast, z. B. bei Vereinigungen von Kleinkausleuten zum Handelsbetriebe (91(9. IX, 81). b. Gegen die bereits in erster Lesung (P. 498) angenommene solidarische Berechtigung wurde in zweiter Lesung (P. 1182) eingewendet: Sie sei selbst bei der offenen Gesellschaft nicht angenommen worden: noch viel weniger könne sie hier gellen, wo die einzelnen Theilnehmer nicht einmal Prokuristen der übrigen seien. Unter solidarischer Berechtigung sei eine aktive Korrealobligation, das Vorhandensein einer Obligation in Bezug auf denselben Gegenstand, welche jedoch von jedem Theilnehmer geltend gemacht werden könne, zu verstehen.

Nun sei

aber bei der aktiven Korrealobligation namentlich die Berechtigung zur Kompensation Dies werde viele Kontroversen verursachen. — Man weil man annahm,

streitig.

blieb jedoch bei der obigen Bestimmung,

daß eine antheilige Berechtigung noch weit mehr Schwierigkeiten zur

Folge haben würde. P. 1182. c. Die solidarische Verpflichtung, im Gegensatze zu der nur antheilsmüffigen, ist im Interesse des Verkehrs zur Vermeidung von Weitläufigkeiten Dritten gegenüber, nament­ lich in Folge des Gutachtens der kaufmännischen Sachverständigen angenommen worden (P. 397, 402, 495); sie tritt unter der im Gesetze enthaltenen Voraussetzung bei allen mit dem Gesell schastSunternehmen in Verbindung stehenden Geschäften und eingegangenen Verbindlichkeiten ein, z. B., wenn das Unternehmen Verkäufe bezweckte, bei der Rückgewähr deS gemeinsam vereinnahmten Kaufpreises nicht

immer ein, wenn es

oder des Betrages der Minderung; sich

die Solidarhaft

tritt

jedoch

um die Rückgabe eines indebite solutum handelt, denn,

wenn der Empfänger in gutem Glauben war, so

hastet

er nur. insoweit

er

bereichert

ist

(R.O.H. Bd. 24, S. 13). d. Tie solidarische Berechtigung und Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ausdrücklich oder stillschweigend etwas Anderes ausgemacht worden.

Dies wurde als selbsterständlich erachtet und

deshalb in das Gesetz nicht ausgenommen, jedoch wurde hierbei besonders hervorgehoben, es ge­ nüge nicht, daß nur diskursive die verschiedenen Antheile der Interessenten genannt seien, sondern es müsse besonders verabredet sein, daß die einzelnen Interessenten nur pro rata ihrer Antheile berechtigt und verpflichtet sein sollten.

P. 498.

e. Ueber die Rechtsverhältnisse der mehreren Theilnehmer untereinander disponirt der Art. 269 nicht (R.G. XIV, 126); hierüber vgl. Erk. des Obertr.

v. 17. März 1864,

Entsch. Bd. 52, S. 437.

6) a. Nach dem Erk. des Obertr. v. 29. Nov. 1864 (S t r. Bd. 48, S. 108) findet die Vorschrift des §. 159, Th. I, Tit. 14 A.L.R. — nach welcher es einer ausdrücklichen Er­ lassung der Rechnungslegung gleich zu achten ist, wenn der Prinzipal dem Verwalter eine

Zweiter Titel.

Bereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften rc.

Art. 270.

343

Rechnung abzufordern durch fünf Jahre vernachlässigt hat — auf andere und insbesondere auf solche Rechtsverhältnisse keine Anwendung, wo die Rechnungslegung die nothwendige Grund­ lage für die Auseinandersetzung der Gesellschafter bildet. Vgl. auch die Erk. deffelben Gerichtshofs v. 7. Januar 1857 (Entsch. Bd. 34, S. 122) und v. 2. Mai 1862 (Str. Bd. 44, S. 307). b. Der Art. 210 des Pr. Entw., welchem der obige Art. 270 entnommen ist, bestimmte in einem dritten Absätze, daß derjenige Theilnehmer, welcher daS gemeinschaftliche Geschäft geführt habe, berechtigt sei, für die Geschäftsbesorgung eine Vergütung zu verlangen. Hier­ gegen machte man in der Konferenz geltend, daß die Berücksichtigung der geleisteten Arbeit schon im Art. 268 liege, daß eine besondere Vergütung nur für die Führung fremder Geschäfte gebräuchlich sei, und daß jeder Kaufmann eS schon als einen Vortheil betrachte, daS Geschäft in die Hand zu haben. Andererseits wurde bemerkt: Der Art. 268 bewirke nicht immer eine angemessene Ausgleichung; die Provision solle der geschästsführende Theilhaber nur von dem Antheile der übrigen Theilhaber, also insoweit nur von dem fremden Geschäfte erhalten; bei Ausführung gemeinschaftlicher Geschäfte habe der Ausführende auch Kosten (z. B. für Komptoir), welche bei Gesellschaften auS der Gesellschaftskaffe gedeckt würden, bei einzelnen Geschäften nicht. — Es wurde jedoch mit Rücksicht darauf, daß an verschiedenen Orten ein verschiedener Gebrauch herrsche und diese Handelsgebräuche erhalten bleiben sollten, beschtoffen, gar keine Bestimmung hierüber in daS Gesetz aufzunehmen und eS also bei den Handelsgebräuchen jedeS Ortes zu belassen. P. 403, 498. c. In dritter Lesung war beantragt, dem Art. 270 — wie bei den Artt. 160 und 253 geschehen — einen Zusatz des Inhalts beizufügen, daß der Richter aus Antrag der übrigen Theilnehmer, falls dringende Gründe dazu vorliegen, die Ertheilung einer Abrechnung oder sonstiger Aufklärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere zu jeder Zeit anordnen könne. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, nachdem mehrfach bemerkt worden war (P. 4554): Ter Zusatz sei entbehrlich, weil die im Art. 270 dem geschäftssührenden Theilnehmer auferlegte Pflicht der Rechnungslegung den Übrigen Theilnehmcrn genügenden Schutz gewähre; außerdem fei cs selbstverständlich, daß der Richter aus Antrag der Beiheiligten auS dringenden Gründen zu jeder Zeit die Ertheilung einer Abrechnung oder sonstiger Aufklärungen unter Vorlegung der Bücher und Papiere anordnen könne, und ein argumentum e contrario (auS den Artt. 160 u. 253) liege zu fern, als daß eS einer ausdrücklichen Bestimmung hierüber bedürfen sollte. Auch daS R.O.H. (Bd. 22, S. 180) nimmt an, daß der Art. 270, indem er die Pflicht zur Rechnungsablage nach völliger Beendigung deS Geschäfts auSspreche, die Rechenschaftspflicht hierauf nicht beschränke. — Nach Preuß. Recht scheint mir die Bestimmung des A.L.R. §. 261, Th. I, Tit. 17 anwendbar: „Die Rechnung über Gewinn und Verlust muß, wenn nichts Besonderes verabredet ist, nach erfolgter Beendigung des gemeinschaftlichen Geschäfts, falls aber dieses durch mehrere Jahre fortwährt, alljährlich abgeschlossen werden." Vgl. auch §. 219 1. c. Die Rechnungs­ legung (b. h. im Wesentlichen den Nachweis der Einnahme deS Rechnungspflichtigen) kann übrigens jeder einzelne Theilnehmer fordern (R.O.H. Bd. 5. S. 203); diese Forderung ist nicht schon damit erledigt, daß der Rechnungspflichtige zur Vorlegung seiner Handelsbücher verurtheilt ist, da diese möglicherweise nicht Alle- enthalten, was hätte eingetragen werden sollen (R.O.H. Bd. 13, S. 41); vielmehr muß der RechnungSpflichtige die Thatsachen darlegen, auS welchen das Maaß seiner Verpflichtung beurtheilt werden kann, denn die Rechnungslegung bezweckt eben, dem Berechtigten dieS Material zur Geltendmachung seiner Rechte zu verschaffen (R.O.H. Bd. 14, S. 88; Bd. 25, S. 179 u. 345). Die vertragliche Befreiung von der Rechnungs­ legung ist unwirksam, sobald der Beweis der Unrichtigkeit der Rechnung, auf welche ein Anspruch gestützt wird, geführt ist (R.O.H. Bd. 17, S. 209). Auch involvirt die Befreiung von der Rechnungslegung noch nicht die Befteiung von der Auskunstsertheilung über das GeschäftSrefultat, durch welche der Befreite mindestens äußerlich auf der Grundlage seiner eigenen An­ gaben seinen Anspruch zu rechtfertigen hat (Bd. 17, S. 391).

344

Drittes Buch.

Bon der stillen Gesellschaft rc.

Art. 270.

d. Auf die Abtretung der Rechte eineS TheilnehmerS an einer Bereinigung der hier gedachten Art finden die §§. 216—218, Th. I, Tit. 17 A.L.R. Anwendung. e. Der 2. Abs. d. Art.: „Er (der Theilnehmer, welcher das gemeinschaftliche Geschäft führte) besorgt die Liquidation" besagt nur, daß er daS Geschäft so abzuwickeln habe, daß daS Ergebniß klar vorliegt und Gewinn und Verlust vertheilt werden kann (analog Art. 265); er ist aber nicht Liquidator im Sinne des Art. 133, weil ungeachtet des Art. 270 die landes­ gesetzlichen Vorschriften über die Theilung einer aus der Gelegenheitsgesellschaft entstandenen Gemeinschaft zur Einwendung kommen, und eS kann daher an Stelle des TheilnehmerS nicht gemäß Abs. 2 des Art. 133 ein Liquidator mit den Befugnissen des Art. 137 durch den Richter ernannt werden (R.G. XIX, 169). — Jedem Theilnehmer steht gegen den anderen bei der GelegenheitSgesellschaft betreffs der zu Zwecken der Bereinigung angeschafften Gegenstände die actio communi dividundo wie jedem sonstigen Miteigenthümer zu (R.O.H. Bd. 14, S. 237; R.G. XIX, 167).

Viertes Buch.

Wo« -e« Landelsgeschafieu. Erster Titel.

von den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Erster Abschnitt.

Begriff der Handelsgeschäfte*). Artikel 271«). Handelsgeschäfte find: 1) der Kauf oder die anderweite Anschaffung von Waaren oder anderen beweglichen Sachen, von Staatspapieren, Aktien oder anderen für ben *) Der Unterschied zwischen Handelsgeschäften und gewöhnlichen civilrechtlichen Geschäften ist im Allgemeinen nicht in der Art und Natur der Geschäfte selbst, sondern darin zu suchen, daß die ersteren eine unmittelbare Beziehung auf den Handel haben, die letzteren nicht. Fast alle Arten von Geschäften werden Handelsgeschäfte, sobald sie in diese Beziehung zum Handel treten. M. 101. P. 1284. Auch die Form und der Ort deS Abschlusses eines Geschäfts (durch Mäkler, an der Börse rc.) entscheidet nicht über seine Eigenschaft alS Handels­ geschäft. P. 522. — DaS H.G.B. unterscheidet zwei Klassen von Handelsgeschäften: a. absolute (objektive), d. h. solche, denen diese Eigenschaft wegen ihrer objektiven Er­ scheinung und ohne Rücksicht aus die Person deS Unternehmenden, also selbst dann zukommt, wenn ein solches Geschäft auch nur einmal von zwei Nichtkaufleuten vorgenommen wird (Art. 271), und b. relative (subjektive), d. h. solche, denen diese Eigenschaft nur mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb der Person, von welcher eS vorgenommen wird, zukommt (Artt. 272, 273). Bei jenen, wie bei diesen Handelsgeschäften ist eine einseitige Anwendung des Handelsrechts ausgeschlossen; es kommen vielmehr die Bestimmungen dieses vierten Buchs in der Regel auf beide Kontrahenten zur Anwendung, wenn auch ein Rechtsgeschäft vorliegt, das nur auf der Seite eines der Kontrahenten ein Handelsgeschäft ist (Art. 277). P. 512, 541. DaS Nähere ergiebt sich aus den folgenden Noten. 2) Der Art. 271 bezeichnet diejenigen Geschäfte, welche ohne Rücksicht auf die Person deS Unternehmenden als Handelsgeschäfte anzusehen sind (absolute Handelsgeschäfte). P. 512. — Die M. (101) sagen: Einzelne Geschäfte sind derartig, daß sie schon an und für sich, ohne Rücksicht auf einen gewerbemäßigen Betrieb, in das Gebiet deS Handels fallen; eS gehören dahin ins-

Viertes Buch.

346

Handelsverkehr

Von den Handelsgeschäften.

Art. 271.

bestimmten Werthpapieren, um dieselben weiter zu ver­

äußern^) ; es macht keinen Unterschied, ob die Waaren oder anderen be­ besondere solche Geschäfte,

die nicht zur unmittelbaren Befriedigung der Bedürfnisse dessen, der

sie abschließt, sondern lediglich in der dem Handel charakteristischen Absicht eingegangen werden, aus der Preisoerschiedenheit beim Umsätze der angeschafften Waaren einen Gewinn zu ziehen (Spekulalions geschäfte). 3) a. Die Ziff. 1 erklärt nur den Kauf oder die anderweile Anschaffung gewisser Gegenstände in der Absicht gewinnbringender Veräußerung für ein absolutes Handelsgeschäft; sie qualifizirt aber nicht auch die in Verfolg jener Anschaffung erfolgende Veräußerung (den Realisationsverkauf) als

ein solches (P. 1289).

Die letztere

kann

jedoch

unter den im

Art. 273 Abs. 3 bezeichneten Umständen gleichfalls ein Handelsgeschäft (aber immer nur ein relatives) sein. b. Dem Kaufe ist die anderweite Anschaffung gleichgestellt; mit dieser Bezeichnung sollen alle anderen Arten des entgeltli.chen (derivativen) Eigenthumserwerbes (beweglicher Sachen), z. B. Tausch, getroffen werden.

Das R.G. XXI, 36 rechnet hierzu auch den Erwerb

durch

uneigentliche Lombardgeschäfte (bei denen der Darlehnsgeber, welcher Werthpapiere zu seiner Sicherheit empfängt, befugt istj andere von gleicher Art zurückzugewähren). — Das Obertr. hat in dem Erk. v. 15. Juli 1862 (Sir. Bd. 54, S. 5)

ausgesprochen: unter ander­

weiter Anschaffung werde auch die Selbstproduktion (aus einer Ziegelei) verstanden. Die Unrichtigkeit dieser Ansicht wird von Kraewel (Gruchot, Beiträge Bd. 7, S. 68) mit über­ zeugenden Gründen dargethan.

Das Obertr. ist indeß auch in einer späteren Entscheidung (Str.

Bd. 70, S. 279) bei seiner Ansicht geblieben. Jngleichen hat der österreichische oberste Gerichts­ hof in dem Erk. v. 27. Jänner 1864 (Gerich 1 shalle S. 494 de 1864) angenommen, daß eine gewerbsmäßig betriebene Erzeugung und Verarbeitung

von Rohprodukten (Kupfererz) zum

Behufe des gewerbsmäßig in kaufmännischer Geschäftssorm betriebenen Verkaufs als unter den Begriff der Handelsgeschäfte int Sinne des Art. 271 H.G.B. fallend anzusehen ist. Schließlich hat das Obertr. seine Ansicht geändert und (Str. Bd. 73, S. 5 (Entsch. Bd. 62, S. 1771, Bd. 73, S. 365 u. Bd. 75 S. 349) angenommen, daß unter „anderweiter Anschaffung" eine mittelbare Erwerbsart, im Gegensatze zur Selbstproduktion und zur Okkupation, zu ver­ stehen sei. Das R.O.H. (Bd. 9, S. 192) ist dem in einem Falle beigetreten, in welchem zwei Nichtkaufleute sich zum gemeinschaftlichen Betriebe eines Ziegelgeschäfts mit dem aus ihren eigenen Grundstücken entnommenen Material vereinigt halten; ingleichen hat es (Bd. 11, S. 263 u. 342; Bd. 15, S. 237) den Verkauf von auf eignem Grund und Boden (aus einem Stein­ bruch) gewonnenen Erzeugnissen, beziehungsweise von Theilen des Grundes und Bodens selbst für kein Handelsgeschäft erachtet, wie überhaupt nicht (Bd. 13, S. 385; Bd. 16, S. 380) die Verwerthung selbstg ewonnener Produkte (Bernstein, feuerfester Steine); es sagt (Bd. 14, S. 117): Der Produzent ist der Regel nach von dem Gebiete des Handelsrechts ausgeschlossen. Ebenso das R.G. VI, 9, welches hervorhebt, daß in der hier fraglichen Beziehung kein Unter­ schied obwaltet, ob die Produktion der beweglichen Sache aus einem eigenen oder fremden (ge­ pachteten) Grundstücke erfolgt.

S. auch die folgende Note 5, b.

c. Ob der Verkauf oder die Anschaffung der in Ziffer 1 gedachten Gegenstände in Folge einer gesetzlichen Verpflichtung, dergleichen Gegenstände vorräthig zu haben (wie z. B. bei Apothekern), oder aus freien Stücken erfolgt, ist gleichgültig. S. Centralorgan 1862, S. 141, 269. d. In Ziffer 1 wird des Kaufes re. von Waaren oder anderen beweglichen Sachen gedacht.

Obschon anerkannt wurde, daß Waaren auch bewegliche Sachen seien, weshalb sie nicht

besonders genannt zu werden

brauchten, so wurde die Beibehaltung des Wortes

dennoch für rathsam gehalten,

weil hierin eine populäre Diktion und

„Waaren"

eine Hinweisung darauf

liege, daß es sich besonders um solche Sachen handle, welche gewöhnlich im Handel feilgeboten würden.

P. 1289. — Früchte auf dem Halme und Holz auf dem Stamme werden wie beweg­

liche Sachen behandelt.

Vgl. Note 21, b zu Art. 275.

Erster Titel. Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Art. 271.

347

weglichen Sachen in Natur oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter veräußert werden sollen4); e. Der Kauf rc. der in Ziffer 1 gedachten Gegenstände ist nur dann ein Handelsgeschäft, wenn er erfolgt: um dieselben Weiler zu veräußern. Die M. S. 103 bemerken: Man hat es bedenklich gesunden, Geschäfte zu den Handelsgeschäften zu zählen, welche sich von anderen nur durch die Absicht, in welcher sie eingegangen worden, und nicht durchwein sicheres äußeres Kennzeichen unterscheiden. ES versteht sich indessen von selbst, daß jene Absicht beim Abschluffe des Geschäfts äußerlich erkennbar geworden sein muß, um das Geschäft zu einem Handels­ geschäfte zu machen; meistens wird sich dieselbe schon aus den Umständen, z. B. aus der Art (s. z. B. R.O.H. Bd. 8, S. 47) oder Menge der gekauften Sachen ergeben. Ob eine solche Absicht vorgewaltet habe oder nicht, ist lediglich dem Ermessen des erkennenden Richters zu über­ lassen. — Ein- und Verkäufe von Vieh zum Zwecke der Viehzucht oder zum Betriebe der Landwirthschaft sind daher keine Handelsgeschäste ^R.O.H. Bd. 14 S. 266); ebensowenig ist der An­ kauf eines WerthpapierS, in der Absicht, eine Erfparniß oder die Kapitalien eines Pupillen fruchtbringend anzulegen (P. 1289), ein absolutes Handelsgeschäft. In allen diesen Fällen ge­ schieht der Erwerb mit einer anderen Absicht als der, die angeschafften Gegenstände weiter zu veräußern. — v. Hahn, 2. Ausl. II, S. 10 nimmt an, der Kauf sei nur dann objektives Handelsgeschäft, wenn er geschlossen werde, um das Gekaufte später zu veräußern, nicht aber, wenn er geschlossen werde, um die Ausführung eines bereits vor der Anschaffung abge­ schlossenen Beräußerungs-(LieferungS-)GeschästS (Art. 271 Z. 2) zu ermöglichen, daß aber, wenn die Absicht der demnächstigen Weiterveräußerung feststeht, nicht noch ferner dargethan zu werden braucht, es sei beabsichtigt worden, mit Gewinn weiterzuveräußern. Mir scheint auch dann ein objektives Handelsgeschäft vorzuliegen, wenn Waaren zum Zwecke der Erfüllung eines bereits vorher geschlossenen Lieserungsvertrages angeschafft werden, denn auch dann geschieht die Anschaffung in der Absicht, sie nicht zu behalten, sondern sich derselben zu entäußern. Die Absicht, die angeschaffte Sache mit Gewinn zu veräußern, ist mit Recht nicht als eirsErsorderniß in Ziff. J aufgestellt (P. 1280). f. „Für den Handelsverkehr bestimmte Werthpapiere" sind solche, welche durch ihre Be­ schaffenheit (Form und Inhalt) nach den Anschauungen und Bedürfniffen des Berkehrslebens geeignet sind als Objekt des Handels zu dienen, wofür insbesondere die leichte Uebertragbarkeil und gesicherte Realisirung deS Papiers entscheidend sind (Inhaber-, Ordrepapiere oder solche Namenpapiere, welchen die Uebertragbarkeit durch Indossament beigelegt ist, nicht aber Papiere, welche nur durch Cession, sei es auch in blanco, übertragen werden können). Dafür, ob Werthpapiere zu den für den Handelsverkehr bestimmten zu rechnen sind, ist weder die Absicht des Emittenten allein, noch der thatsächliche Erfolg maßgebend. 4) a. Eine Verordnung des Appellationsger, zu Dresden v. Mai 1862 (Busch, Arch. I, S. 94) führt aus, daß der Art. 271 Ziff. 1 die Absicht einer Weiterveräußerung der beweglichen Sachen in beweglichem Zustande voraussetze, daß er daher nicht anwendbar sei, wenn bewegliche Sachen angeschafft werden, um sie verbaut mit dem Grundstücke zu veräußern. Ebenso R.O.H. Bd. 13, S. 344. Dasselbe bemerkt dort weiter: Es sei kein Handelsgeschäft, wenn ein Bauunternehmer Rohmaterialien anschaffe, um sie auf eigenem Grund und Boden in ein zu verkaufendes Gebäude zu verwenden, oder um sie aus fremdem Grund und Boden in den für einen bestimmten Preis übernommenen Bau zu verwenden; wohl aber liege im letzteren Falle ein Handelsgeschäft vor, wenn bedungen sei, daß der Bauunternehmer die erforderlichen Materialien einzeln berechnen und bezahlt erhalten solle. Der gewerbernäßige Betrieb von Geschäften der zuletzt erwähnten Art begründe die Kausmannseigenschast deS Bauunternehmers (Art. 4). Sei diese begründet, so würden seine Anschaffungen von Baumaterialien, wenn und so weit sie (was gemäß Art. 274 zu präsumiren) in seinem Gewerbebetriebe vorgenommen werden, zu Handelsgeschäften (Art. 273), auch wenn sie an sich nach dem Obigen keine Handelsgeschäfte wären. — Mir scheint es für die hier in Rede stehende Frage unerheblich, „ob der Bauunter-

348

Viertes Buch.

Bon den Handelsgeschäften.

Art. 271.

2)

Die Uebernahme einer Lieferung von Gegenständen der unter Ziffer 1. bezeichneten Art, welche der Uebernehmer zu diesem Zweck anschafft^); 3) die Uebernahme einer Versicherung gegen Prämieb); nehmer die erforderlichen Materialien einzeln berechnen und bezahlt erhalten solle", vielmehr kommt es daraus an, ob ein opus locatum ist. Wenn der Bauunternehmer ein Gebäude her­ zustellen hat, so veräußert er die Materialien als solche nicht, auch wenn die Berechnung nach Maaßgabe der Bertvendungen erfolgen soll. b. Nach Ziffer 1 sind insbesondere die Anschaffungen der Fabrikanten und Apo­ theker (M. 6, P. 513), sowie der Wirthe (Str. Bd. 66, S. 286) absolute Handelsgeschäfte: ebenso die Einkäufe der Handwerker an Materialien, die sie bearbeitet oder verarbeitet weiter veräußern wollen, gleichviel ob die Verarbeitung aus Spekulation oder zum Zwecke einer über­ nommenen Lieferung (Art. 338) geschieht (R.O.H. Bd. 7, S. 240; Steg. Bd. 8, S. 309). Die letzteren Personen werden, wenn sie gewerbemäßig dergleichen Einkaufsgeschäfte machen, dadurch zu Kaufleuten im Sinne deS H.G.B. (z. B. R.O.H. Bd. 19, S. 251; R.G. XX, 127) selbst wenn ihre Verkaujsgeschäste nach Art. 273 Abs. 3 nicht als Handelsgeschäfte anzu­ sehen sind. 6) a. Die Ziffer 1 erklärt den Kauf re. für ein Handelsgeschäft, der zum Zwecke des Weiterverkaufs erfolgt, und die Ziffer 2 die Uebernahme einer Lieferung, d. h. den Ver­ kauf, wenn er Gegenstände der unter Ziffer 1 bezeichneten Art betrifft, welche der Unternehmer zu diesem Zwecke, d. h. zur Erfüllung von dergl. LieferungSgeschästen anschafft. Ob die Anschaffung vor oder nach dem Abschlüsse des Lieferuugsgeschästs erfolgt, ist für die Eigenschaft deS letzteren als eines Handelsgeschäfts ohne Einfluß. Ein hiergegen gerichteter Antrag, statt „anschafft" zu setzen: „anschaffen will" wurde abgelehnt. P. 1289. Anderer Meinung v. Hahn, 2. Aufl. II, S. 25, welcher die Worte „zu diesem Zweck anschafft" dahin interpretirt: „um Gegenstand der übernommenen Lieferung zu sein", so daß die Uebernahme der Lieferung der Anschaffung nothwendig vorhergehen muß, wenn die erstere als objektives Handelsgeschäft gelten soll. b. In Ziffer 2 bildet das Wort „anschaffen" den Gegensatz zu „produziren", (ebenso R.G. VI, 8). Ein Gutsbesitzer also, der nur in Betreff seiner eigenen GutSerzeugnisse ein Lieferungsgeschäft abschließt, macht damit kein Handelsgeschäft. Dies ist bei der Berathung monirt worden, weil kein Grund abzusehen sei, weshalb es diesen Charakter erhalten solle, wenn der Gutsbesitzer die zu liefernden Produkte aufkaufe, und nicht auch dann, wenn er sie produzire. Man war jedoch der Meinung, daß man die beantragte Ausdehnung deS Begriffs von Handelsgeschäften nicht annehmen könne, da es kaum ein Mittel gebe, die Wirkungen eines solchen Verfahrens auf den großen Verkehr deS Kaufmanns mit dem Gutsbesitzer zu beschränken, wo eS wohl am Platze sein würde, und zugleich dieselben von den kleinen Bauern fern zu hallen, für welche sie wegen der damit verbundenen Spekulation verderblich werden könnten. P. 517. 6) a. Die Ziffer 3 erklärt den Akt des Versicherers für ein absolutes Handelsgeschäft. Alle Arten von Versicherungen gegen (feste) Prämie wurden als Handelsgeschäfte angesehen, weil das Kriterium der Spekulation mit fremder Gefahr, worin der handelsrechtliche Charakter derselben liegt, bei allen zutrifft. M. 104, P. 1290. Es gehört also auch die Uebernahme einer Versicherung auf Prämie von Immobilien gegen Feuersgesahr hierher (R.O.H. Bd. 5, S. 12), und auf den Akt des Versichernden findet der Art. 277 Anwendung. b. ES war beantragt, auch die Versicherung aus Gegenseitigkeit für ein Handels­ geschäft zu erklären. P. 5064. Dies wurde jedoch aus dem Grunde abgelehnt, weil es wesent­ liches Ersorderniß eines jeden Geschäfts sei, welchem die Eigenschaft eines Handelsgeschäfts beigelegt werden solle, daß eS in der Absicht, Gewinn zu machen und dadurch zn erwerben, vorgenommen werde. Diese Absicht fehle aber bei den Versicherungen auf Gegenseitigkeit (M. 7, P. 5057), bei

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 272.

349

4) die Uebernahme der Beförderung von Gütern oder Reisenden zur See und das Darleihen gegen Verbodmung^). Pr. Eutw. Art. 212.

Prot. S. 405-407. 412-414. 500—524. 532. 547. Prot. S. 1263-1272. 1283-1291. Prot. S. 4560. 5056-5064. 5116—5119.

Elltw. I. Art. 234. (Entto. II. Art. 254.

Artikel 272°). Handelsgeschäfte sind ferner die folgenden Geschäfte, wenn sie gewerbsmäßig betrieben werden: 1) die Uebernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung beweglicher Sachen für Andere, wenn der Gewerbebetrieb des Uebernehmers über den Umfang des Handwerks hinausgeht**); welchen die sog. Prämien nur die rechtliche Natur von Vorschüssen haben (R.G. XIV, 238). Obertr. hat deshalb auch angenommen,

gesellschaften keine Handelsgesellschaften sind (Str. Bd. 56, S. 327). S. 20j.

DaS

daß die auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungs­ Vgl. auch R.O.H. Bd. 4,

Mit Recht bemerkt v. Hahn, 2. Aust. II, 28, daß auch bei den Versicherungsanstalten,

welche sich als auf Gegenseitigkeit gegründet bezeichnen, im einzelnen Falle der Charakter der von ihnen ertheilten Versicherungen zu prüfen ist, da diese sehr wohl als eigentliche Versicherungen erscheinen könnten.

Vgl. hierzu R.G. XVIII, 314.

7) Die Ziffer 4 erklärt für absolute Handelsgeschäfte die Akte deS Verfrachters (Artt. 557ff. und 665ff.) und des Bodmereigeber- (Art. 680ff.). ®) Der Art. V72 bezeichnet diejenigen

Geschäfte, welchen

die Eigenschaft

geschäft nur mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb der Personen, von genommen werden,

als Handels­

welchen

sie vor­

beigelegt ist (relative Handelsgeschäfte); d. h. die im Art. 272 gedachten

Geschäfte gelten nur dann als Handelsgeschäfte, wenn sie von einem Kaufmanne (Art. 4) vorgenommen

werden. — Ueber den Begriff eines gewerbemäßigen Betriebes s. Note 6

zu Art. 4. •) a. In Ziffer 1 handelt eS sich um solche Geschäfte, bei welchen die zu bearbeilendetl Sachen nicht von dem Uebernehmer angeschafft (R.O.H. Bd. 14, S. 69), sondern ihm zum Zwecke der Bearbeitung oder Verarbeitung von Anderen übergeben werden, bei welchen also dieselben Sachen zurückgegeben werden und — wenn auch im Großen — um Lohn gearbeitet wird.

P. 530.

Dahin werden also gehören die Geschäfte der Färbereien, Bleichen, Appretur-

anstalten, Kattundruckereien, Spinnereien, Eisenhämmer, Fabriken, welche bewegliche Sachen für Andere bearbeiten u. dgl. m. b. Nur dann aber, wenn der Gewerbebetrieb deS Unternehmers über den Umsang des Handwerks hinausgeht (was quaestio facti ist), liegt in der Uebernahme der Bearbeitung ?c. für Andere ein Handelsgeschäft.

Daher werden z. B. die Geschäfte der gewöhnlichen Schneider,

welche lediglich das ihnen von ihren Kunden übergebene Material in einem den Handwerks­ betrieb nicht übersteigenden Umfange bearbeiten, keine Handelsgeschäfte sein. c.

Es wurde bemerklich gemacht,

daß in Folge der Ziffer 1

Gebiete deS Handelsrechts ausgeschlossen

sei,

der Produzent vom

was z. B. in Betreff der großartigen Berg-

und Hüttenwerke nicht richtig sei; es müsse zwischen dem Falle,

in welchem

der Produzent

lediglich zum eigenen Bedarfe seine landwirthschaftlichen Erzeugnisse zu Ganz- oder Halb­ fabrikanten, z. B. sein Getreide zu Mehl, seine Runkelrüben zu Meliszucker umgestalte, und dem­ jenigen Falle unterschieden werden, wo er seine Erzeugnisse gewerbsmäßig für dritte Personen verarbeite.

Im ersteren Falle sei

kein

handen. — Es wurde jedoch eiroo^eii, daß,

Gewerbebetrieb, wohl aber int letzteren Falle vor­ wenn der Produzent hier erwähnt würde, dieS weit

über die richtige, dem Handelrechte gesteckte Grenze hinausgehe, indem dann jeder Lekonom und

350

Viertes Buch. Bon den Handelsgeschäften.

Art. 272.

2) die Bankier- und Geldrvechslergeschäste**); 3) die Geschäfte des Kommissinairs (Art. 360.), des Spediteurs und des Frachtführers"), sowie die Geschäfte der für den Transport von Personen bestimmten Anstalten"); 4) die Vermittelung oder Abschließung von Handelsgeschäften für andere ^erfonen12); die amtlichen Geschäfte der Handelsmäkler sind jedoch hierin nicht einbegriffen"); alle Produktion durch Ausnutzung von Grund und Boden in das Handelsrecht gezogen würde, daß aber aus der anderen Seite eine sichere Unterscheidung zwischen großartiger und geringfügiger Produktion aufzustellen ganz unmöglich sei, und daß die Hauptfülle großartiger Produktion aus anderen Gründen unter das Handelsrecht fallen würden, weil die Produzenten, ohne zu ihren Zwecken Ankäufe zu machen, nur selten durchkommen könnten, weshalb sie mit Rücksicht hierauf als Kaufleute erscheinen würden. P. 1292. *) Welche Geschäfte unter der Bezeichnung Bankiergeschäfte zu verstehen sind, s. R.O.H. Bd. 24, S. 30. 10) a. Zu den Handelsgeschäften gehören die gewerbsmäßigen Geschäfte des kauf­ männischen Kommissionärs; um anzudeuten, daß dieser allein hier gemeint ist, hat man im Texte das Citat des Art. 360 beigefügt. P. 1293. b. Die von der R e i ch s p o st in Bezug auf den Güter- und GeldtranSport abge­ schlossenen Frachtverträge (R.O.H. Bd. 12, S. 314; Bd. 17, S. 127), sowie ihre Geschäfte des Zeitschriftendebits (Bd. 23, S. 10) haben die Eigenschaft von Handelsgeschäften, ebenso ist die gewerbsmäßige Beförderung von Briefen durch Privatpersonen im Lokalverkehr Handelsgeschäft (R.G. XX, 47). n) Es wurde zwar eingewendet, die Abgrenzung der Einrichtungen für den Transport von Personen durch das Wort „Anstalten" sei viel zu unbestimmt, indeß war man der Meinung, das gedachte Wort weise nicht nur auf einen größeren Umfang des Betriebes, sondern auch aus eine mehr kaufmännische Betriebsart hin, und biete somit dem ver­ ständigen richterlichen Ermessen einen genügenden Anhaltspunkt. P. 1294. Es werden daher nicht hierher gehören die Geschäfte der einfachen Lohukutscher. wohl aber die Omnibus-, Drojchken-Unternehmungen u. dgl. 12) a. Hier handelt es sich nur um die Vermittelung oder Abschließung von Handels­ geschäften durch nicht verpflichtete Vermittler, welche theils Agenten, theils (weil sie aus fremden Namen abschließen, u n e i g e n t l i ch:) Kommissionäre genannt zu werden pflegen. P. 1294. — Ist ein solcher Kommissionär berechtigt, zur Vermittelung eines Kaufgeschäfts Aufträge beider Kontrahenten anzunehmen? Bejaht von dem R.O.H. (Bd. 7, S. 91; Bd. 9, 8. 240; Steg. Bd. 8, S. 127), weil nach §. 22, I, 13 A.L.R. ein Bevollmächtigter nur dann Aufträge verschiedener Personen nicht annehmen dürfe, wenn deren Interessen einander entgegenlaufen. Dies sei beim Vermittler, namentlich von Handelsgeschäften, nicht ohne Weiteres der Fall. Der Kontrahent muß aber jedenfalls die Provision zahlen, wenn er bei deren Zusage wußte, daß der Vermittler auch von dem Gegenkontrahenten mit der Ver­ mittelung beauftragt war (R.G. IV, 223). — Für einen besonderen Fall, in welchem einem Agenten eine gewisse Emkaussprovision und ein Antheil am Nettogewinn zugesagt war, nahm das R.O.H. (Bd. 10, S. 361) cm, daß dieser eine von den Verkäufern bezogene Extraprovision dem Mandanten auch ohne besondere Abrede in Rechnung zu stellen habe, tveil dem Mandate ein Sozietätselement beigemischt sei. und die Provision den Einkaufspreis vertheuert habe. — Einen anderen Fall, in welchem eine Kollision der Interessen der Kontrahentell und der des Vermittlers mit denen des zugesührten Käufers und deshalb die Ungültigkeit deS Provisionsversprechens des Letzteren angenommen wurde, s. R.G. IV, 8. 290. Ob eine Jnteresjen-Kollision vorliegt, ist concrete Thatsrage (R.G. XXIV, 91). Ueber die Frage, wann

Erster Titel.

Von den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 273.

361

5) die Verlagsgeschäfte, sowie die sonstigen Geschäfte des Buch- oder Kunst­ handels"); ferner die Geschäfte der Druckereien, sofern nicht ihr Betrieb nur ein handwerksmäßiger ist. Die bezeichneten Geschäfte stnd auch alsdann Handelsgeschäfte, wenn sie zwar einzeln, jedoch von einem Kaufmann

im Betriebe seine» gewöhnlich auf andere

Geschäfte gerichteten Handelsgewerbes gemacht werden"). Pr. Eatw. Art. 211 Abs. 1 u. S. €nt». I. Art. 238 Ads. 1 n. 2.

Prot. S. 406 f. 412 f. 518.616.624-636.56L Prot. S. 1263-1272.1288 1288.1291 bi» 1297. 1806. 1424. Prot. S. 4560. 6064.

Ent». II. Art. 255.

Artikel 273. Alle

einzelnen

Geschäfte

eine» Kaufmanns,

welche zuin

Betriebe

feine»

Handelsgewerbes gehören, sind als Handelsgeschäfte anzusehen"). die Bermittlergebühr verdient ist. s. R.G. VI, 187 u. 189; darüber, ob sie durch Widerruf nach Ausführung deS aufgetragenen Geschäfts noch beseitigt werden kann s. R.G. XXV, 321, oder wenigstens dann noch, wenn der Widerruf vor Ablauf der zur Herbeiführung des Geschäfts ge­ währten Frist erfolgt, f. R.G. XXII, 380, endlich über das RechtSverhältniß mehrerer Ver­ mittler zu einander, wenn Einer dem Anderen die Ausführung eines erhaltenen Auftrags überträgt, f. R.G. XVIII, 165. b. Welche verschiedene Bedeutungen der Abschluß eines Kaufs durch einen Vermittler mit vorbehaltener Angabe des Käufers haben kann, s. R.G. XX, 37, XXIV, 64. ,#) Schon in zweiter Lesung (P. 1295) wollte man in Ziffer 4 eine Ausnahme zu Gunsten der amtlichen Geschäfte der Handelsmäkler machen, weil man von diesen mit einer öffentlichen Funktion beauftragten Personen nicht sagen könne, daß sie mit ihren Funktionen ein Gewerbe betrieben.

Die Mehrheit in der Konferenz war jedoch der Meiuung, daß in dem Verbote,

Handelsgeschäfte aus eigene Rechnung zu machen (Art. 69 Ziff. I) kein Grund liege, auch die Vermittelung derselben nicht als ein gerade ihnen obliegendes Handelsgeschäft zu bezeichnen. In dritter Lesung (P. 4560 und 5065) wurde jene Ausnahme aber wieder hergestellt. u) Darunter fallen insbesondere die Geschäfte deS Verlags- und Sortimentsbuchhandels, des Verlags von Zeitungen, Journalen, Zeichnungen. Mustkalien und Kunstwerken aller Art (P. 1296), dagegen nicht die Geschäfte der Leihbibliotheken (ROH. Bd. 23, S. 400).

Auch

wer seine eigenen Werke verlegt, kann die- gewerbemäßig thun (R.G. V, 69). 16) a. Der Schlußsatz deS Art. 272 hat den mehrfach (z. B. in der Lehre von der Prokura) zur Geltung gebrachten Gedanken zur Grundlage, daß daS Gewerbe eines Kaufmanns handelsrechtlich nicht auf eine gewisse Gattung von Handelsgeschäften beschränkt werden kann. P. 1297.

Er enthält deshalb den Rechtssatz (P. 544): Ein relatives Handelsgeschäft verliert

die Eigenschaft als Handelsgeschäft darum noch nicht, weil es über den besonderen, von einem Kaufmanne betriebenen Zweig von Hangelsgeschästen hinausgeht. b. Werden die im Art. 272 Ziff. 1—5 bezeichneten Geschäfte nicht gewerbemäßig betrieben, so erlangen

sie

die Eigenschaft als Handelsgeschäfte nicht

Kaufmanne gemacht werden, sondern

schon dadurch, daß sie von einem

nur dadurch, daß

sie von einem Kaufmanne im

Betriebe seines gewöhnlich aus andere Geschäfte gerichteten Handelsgewerbes gemacht werden.

Man meinte (P. 1297), daß — je nachdem das Geschäft z. B. im Komploire, durch

Handlungsbevollmächtigte rc. geschlossen, in die Handelsbücher eingetragen sei oder nicht, u. dgl. m. — eS an den Kriterien zur Unterscheidung selten fehlen werde, ob der Kaufmann als solcher oder abgesehen von dieser seiner Eigenschaft ein Geschäft gemacht habe. 16) a. Der Abs. 1 des Art. 273 bezieht sich auf diejenigen Geschäfte, welche zwar nicht wie die in den Artt. 271 und 272 aufgeführten den Anhaltspunkt für den juristischen Begriff

352

Viertes Buch.

Bon den Handelsgeschäften. Art. 273.

Dies gilt insbesondere für die gewerbliche Weiterveräuberung der zu diesem Zweck angeschafften Waaren, beweglichen Sachen und Werlhpapiere, sowie für die Anschaffung von Gerathen, Material und anderen beweglichen Sachen, welche bei dem Betriebe des Gewerbes unmittelbar benutzt oder verbraucht werden sollen^). eines Handelsgewerbes darbieten, aber doch aus irgend einem Grunde mit dem Betriebe eines einzelnen Handelsgewerbes könn ex sind (abgeleitete Handelsgeschäftes Der Abs. 1 enthält demgemäß, wie der Art. 273 überhaupt eine ergänzende Klausel zu den einzelnen Aufzählungen des Art. 272. P. 1297. Das Lbertr. sagt (8 t r. Bd. 66, S. 238): Der Abs. 1 umfaßt nicht bloß Geschäfte, welche einen unmittelbaren Güterumsatz zum Gegenstände haben, sondern auch Geschäfte, durch welche die zu dem Umsatz erforderliche Betriebsthätigkeit selbst vermittelt wird (z. B. das Engagement des Haudelspersonals, vgl. Note 4c zu Art. 61, oder des technischen Personals für den Fabrikbetrieb, R.O.H. Bd. II, S. 388). Ebenso umfaßt er die zwischen Kauf­ leuten über das Ergebniß ihrer für gemeinschaftliche Rechnung gemachten Handelsgeschäfte sowie ihrer hieraus erwachsenen gegenseitigen Forderungen erfolgende Berechnung, gleichviel ob sie zur Zeit derselben noch Kaufleute sind oder nicht (R.O.H. Bd. 7, S. b*, Steg. Bd. 3, S. 65 j ebenso die im Betriebe des Handelsgewerbes geleisteten oder empfangenen Zahlungen (R.O.H. Bd. 23, S. 144, Bd. 24, S. 12). b. Ter Abs. 1 spricht nur von den einzelnen Geschäften eines Kaufmanns, welche zum Betriebe seines Handelsgewerbes (nicht eines Handelsgewerbes überhaupt) gehören, weil es sich hier nicht mehr um den am Schlüsse des vorigen Artikels berührten Grundsatz (s. die vorstehende Note 15, a), sondern um die Beurtheilung der in einem konkreten Handelsgewerbe geschlossenen einzelnen Geschäfte und Verträge handelt. P. 1. c. Ebenso R.O.H. Bd. 14, S. 283. c. Der Preuß Entw. (Art. 211) hatte alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmanns, in welchen entweder sein Gewerbe besteht, oder durch welche „dasselbe möglich gemacht oder befördert wird", für Handelsgeschäfte erklärt. (M. 102.) Die letztere Alternative wurde bei der Berathung als zu weit gehend angefochten, weil durch dieselbe zum Theil ganz geringfügige Geschäfte getroffen würden, denen man die Eigenschaft von Handelsgeschäften nicht beilegen könne (z. B. Ankäufe von Möbeln und Feuerungsmaterial für das Komptoir u. dgl.). Andererseits hob man hervor, daß die erste Alterative zu eng sei, denn man müsse nicht nur diejeiligen Ge­ schäfte hier ins Auge fassen, in welchen das Gewerbe des Kaufmanns bestehe, man müsse viel­ mehr auch manche, die bloße Vorbereitung (R.O.H. Bd. 12, S. 369) und Ausführung solcher Verträge betreffenden Geschäfte erfassen, wie z. B. die Frachtgeschäfte. Um diese Bedenken zu erledigen, wurde die Fassung gewählt: Alle einzelnen Geschäfte re., welche zum Betriebe eines kaufmännischen Gewerbes gehören. P. 546. Diese Fassung ist mit einer geringfügigen Aenderung (s. Note b) in das Gesetz übergegangen. Vgl. auch Abs. 2 des Art. 273. — Feuer­ versicherungs-Verträge eines Fabrikanten hinsichtlich seiner Fabrikgebäude, Maschinen 2C. sind als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig anzusehen (R.O.H. Bd. 5, S. 18). Auch sann ein Vertrag, vermöge dessen ein Kaufmann eine Sache leiht, um sie zu benutzen, für ihn ein Handelshülssgeschäst sein, da die Entgeltlichkeit der Benutzung für die Frage, ob ein solches Ge­ schäft vorliegt, ohne Einfluß ist (R.O.H. Bd. 19, S. 354). d. Daß Anschaffungen für den eigenen Haushalt dcS Kaufmanns (wenn sie nicht zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören) nicht als Handelsgeschäfte bcffclbeii anzusehen sind, ver­ steht sich nach der Natur des Handels von selbst (M. 102); sie können jedoch in Folge des Art. 277 der Beurtheilung nach Handelsrecht unterliegen, wenn sie für den anderen Kon­ trahenten ein Handelsgeschäft ausmachen. P. 544. 17) a. Der Abs. 2 enthält eine Anwendung des im Abs. 1 ausgesprochenen Grundsatzes. Durch denselben werden namentlich auch die Detailverkäuse eines Kaufmanns an die K o nsumenten für relative Handelsgeschäfte erklärt. Ein Antrag, von dieser Bestimmung die Ver­ käufe aus offenem Kram und Laden auszunehmen, wurde abgelehnt. P. 543 und 129\

Erster Titel. Bon den Hondel-geschästen im Allgemeinen. Art. 274.

363

Die Weiterveräußerungen, welche von Handwerkern vorgenommen werden, sind, insoweit dieselben nur in Ausübung ihres Handwerksbetriebes geschehen, als Handelsgeschäfte nicht zu betrachten"). Pr. (kutw. Art. 211 Abs. 1. Entw. I. Art. 238 Abs. L Eotw. II. Art. 256.

Prot. S. 406 - 407. 513. 528—581. 541 bi£ 546. Prot. S. 1264. 1297-1299. 1424. Prot. S. —

Artikel 274. Die von einem Kaufmann geschloffenen Berträge gelten im Zweifel als zum Betriebe des Handelsgewerbes gehörig"). b. Es ist quaestio facti (Str. Bd. 72, S. 28), ob eine angeschaffte Sache bei dem Be­ triebe des Gewerbes unmittelbar oder nur mittelbar benutzt resp. verbraucht werden soll. — Hierher rechnet das R.O.H. (Steg. Bd. 3, S. 283) z. B. die als Theil der Löhnung erfolgende Anschaffung der Verpflegung für die Arbeiter, welche behufs Zurichtung der Waare zum Zwecke des Weiterverkaufs angestellt sind, ebenso bie Anschaffung beweglicher Sachen, welche zur Ein­ richtung oder Ausschmückung eines Gasthauses, eines Wein- oder BierschankS dienen sollen (Entsch. dess. Bd. 10, S. 243), dagegen nicht (ibid.) die Anschaffung von Baumaterialien, welche in ein GeschäftSlokal bonentb verwendet werden sollen. — Wenn Materialien (z. B. Kohlen) für die Fabrik und den von ihr getrennten Hausstand des Kaufmanns zusammen angeschafft werden, so wird die Bestimmung deS überwiegenden Theils dafür entscheidend sein müssen, ob ein HülfshandelSgeschäst vorliegt oder nicht, denn ein Geschäft kann nicht nach Quoten Handelsgeschäft und Nicht-HandelSgeschäst sein. ,8) Ausgenommen von den Handelsgeschäften sind durch den Abs. 3 deS Art. 273 alle Weiterveräußerungen eines Handwerkers, welche nur in Ausübung seines Handwerks­ betriebes geschehen, ohne Unterschied, ob die verkaufte Sache schon fertig angekauft oder erst be­ arbeitet worden ist, während der Ankauf unter Umständen (Art. 271 Ziff. 1) ein Handelsgeschäft sein kann. P. 1299 u. 1424 R.O.H. Bd. 7, S. 239, Steg. Bd. 8, S. 309. 10) — folglich nach Art. 273 als Handelsgeschäfte (R.O.H. Bd. 14, S. 273, wo bemerkt wird, daß die Worte „zum Betriebe de- HandelSgewerbeS" keine sachliche Verschiedenheit von den Worten im Art. 273 „zum Betriebe seines HandelSgewerbeS" bezwecken). Der Art. 274 findet z. B. Anwendung auf daS Ausstellen und Acceptiren von Wechseln (Str. Bd. 53, S. 268 und und Bd. 57, S. 297); auch ist seine Anwendung aus Schenkungsverträge nicht schlechthin aus­ geschlossen (R.O.H. Bd. 16, S. 185, R.G. XXVI, 15); ebenso findet er Anwendung auf AnerkennungSverträge (R.O.H. Bd. 17, S. 169), auf die Geschäfte eines Kaufmanns bei Gründung einer A.G. (R.O.H. Bd. 20, S. 198), auf die Annahme der Funktion als Mitglied des Auf­ sichtsraths und daraufhin erfolgte Hinterlegung von Aktien (R.G. XIX, 123). Der Art. 274 giebt aber nur eine Vorschrift für den Fall eines begründeten Zweifels, findet daher keine Anwendung, wo die Natur des Vertrages ergiebt, daß derselbe nicht einen handelsgewerblichen Charakter hat (R.G. XVIII, 49 angewendet auf eine Schenkung auf den Todesfall im Sinne deS gern. Rechts, ebenso R.G. XXVI, 20, XXVIII, 315. — Die M. S. 102 bemerken: Die Ver­ hältnisse eines Kaufmanns rechtfertigen es, bis zum Beweise des Gegentheils die Vermuthung aufzustellen (also eine praesumtio Juris, nicht Juris et de jure, Str. Bd. 67, S. 43; Bd. 74, S. 221, ohne daß es zur Widerlegung der Vermuthung eines strikten Gegenbeweises bedarf, R. O.H. Bd. 20, S. 402), daß er bei feinen Geschäften seinen Gewerbebetrieb im Auge gehabt habe. Diese Bermuthung gilt auch für Bürgschaften, mögen sie von einer Handelsfrau für ihren Ehemann oder für einen Dritten geleistet sein (R.O.H. Bd. 9, S. 173; vgl. jedoch Bd. 15, S. 369; Bd. 20, S. 402). Es ist aber, wie auch das Cbeitr. (Entsch. Bd. 57, S. 365, Str. Bd. 80, S. 260) annimmt, der Beweis, daß die Verträge nicht zum Betriebe deS HandelSrMako wer. Handelsgesetzbuch, ll. Aufl. 23

354

Vierte- Buch.

Bon den Handelsgeschäften.

Art. 275.

Die von einem Kaufmann gezeichneten Schuldscheine gellen als im Betriebe des Handelsgewerbes gezeichnet, sofern sich nicht aus denselben das Gegentheil ergiebt20). Pr. Eutw. Art. 211 Abs. 1 n. 2. E«tw. I. Art. 233 Ads. 2 u. 3. Evtw. H. Art. 257.

Prot. S. 544. 54«. Prot. S. 1264. 1271 1297. Prot. S. -

Artikel 275. Verträge über unbewegliche Sachen sind keine Handelsgeschäfte^). Pr. Eutw. Art. 211 Abs. 4. Eutw. I. Art. 233 Abs. 4. Eutw. II. Art. 258

Prot. 6. 54«. Prot. S. 1300-1302. Prot. S. 5035.

gewerbes gehörig sind (was bei unbeweglichen Sachen nach Art. 275 schon gesetzlich der Fall, R. O.H. Bd. 14, S. 50), in jeder Weise zulässig; anders bei den von einem Kaufmann ge­ zeichneten Schuldscheinen (s. folgende Note). — Ob die Verträge ein- oder zweiseitige sind, er­ scheint für die Anwendung des Art. 274 ohne Einfluß (R.O.H. Bd. 2, S. 44; Steg. Bd. 2, S. 51). — Aus dem Art. 274, welcher nur für die handelsgeschäftliche Qualität der betr. Verträge eine Präsumtion ausstellt (R.O.H. Bd. 18, S. 227), läßt sich keine Vermuthung dafür ableiten, daß ein Geschäft, welches von einem bei einer Handelsgesellschaft beteiligten Kaufmann in eigenem Namen geschlossen worden, eine Gesellschafts-Angelegenheit sei (R.O.H. Bd. 13, S. 288; Bd. 18, S. 227); der Art. 274 findet daher auf die von dem Theilnehmer einer offenen Handelsgesellschaft abgeschlossenen Geschäfte nur dann Anwendung, wenn feststeht, daß die Ge­ schäfte für die Gesellschaft abgeschlossen worden sind (R.O.H. Bd. 16, S. 380). — UttenU schieden gelaffen ist in der Entsch. des R.O.H. Bd. 18, S. 119 die Frage, ob die im Art. 274 aufgestellte Präsumtion für die Zugehörigkeit der von einem Kaufmann geschloffenen Verträge und gezeichneten Schuldscheine zu dem Handelsgewerbs-Betriebe des betr. Kaufmanns sich mir auf das RechtSverhältniß des Kaufmanns zu seinem Mitkontrahenten bezieht (hierüber s. P. 4561), oder ob sich auf diese Präsumtion auch ein Gesellschafter berufen darf, um seinem Socius gegenüber ein von ihm abgeschlossenes Rechtsgeschäft als Geschäft der Gesellschaft geltend zu machen. *°) Was unter Schuldscheinen hier zu verstehen, s. R.O.H. Bd. 20, S. 402. Ein anderer Beweis als der Inhalt des Schuldscheins selbst dafür, daß derselbe nicht int Betriebe des Handelsgewerbes gezeichnet worden (Steg. Bd. 3, S. 57), ist im Interesse des Verkehrs nicht zugelassen worden, weil Schuldscheine Gegenstand des Handelsverkehrs zu sein pflegen, und sonst Dritte gefährdet würden. Man nahm — jedoch nicht ohne Widerspruch — an, der Zusatz: „sofern sich nicht auS demselben das Gegentheil ergiebt", werde z. B. wirksam sein, wenn ein Kaufmann, der eine von seinem Namen verschiedene Firma führe, einen Schuld­ schein nicht mit dieser, sondern mit seinem Namen gezeichnet habe. Ein Antrag, zu setzen: „Die von einem Kausmanne unter seiner Firma gezeichneten Schuldscheine gelten jc." wurde indessen abgelehnt. P. 1298. Hieraus folgt, daß die Zeichnung des Schuldscheins mit dem von der Firma verschiedenen Namen für sich allein kein unbedingter Beweis dafür ist. daß er zu anderen Zwecken als zum Betriebe deS Handelsgewerbes gezeichnet worden ist. (Ebenso das R.O.H. Bd. 2, S. 430; Bd. 3, S. 367; Bd. 9, S. 174; Bd. 14, S. 12 u. 210.) Einen Fall, m welchem die Zeichnung mit dem Privatnamen in Verbindung mit Zugeständnissen des Klägers über die Nichtzugehörigkeit des Schuldscheins zum Betriebe des Handelsgewerbes als genügend zur Widerlegung der gesetzlichen Präsumtion aus Art. 274 angesehen wurde, s. R.O.H. Bd. 14, S. 286. Dieser Gerichtshof subsumirt unter die hier gedachten Schuldscheine auch die von einem Kausmanne gezeichneten Wechsel (Bd. 4, S. 53; Bd. 9, S. 174), und nimmt an (Bd. 14, S. 211), daß, wenn nach den sonstigen Umständen der Schuldschein als im Betriebe des Handelsgewerbes gezeichnet gilt, hieran Nichts geändert werde, wenn der Schuldschein gleich­ zeitig die accessorische Pfandbestellung an einem Immobile enthalte.

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 276.

365

Artikel 276**). Die Eigenschaft oder die Gültigkeit eines Handelsgeschäfts wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß einer Person wegen ihres Amtes oder Standes, oder aus 2l) a. Es fallen daher unter die Bestimmung des Art. 275: Veräußerungen, Parzellirungen, Verpfändungen von Grundstücken, Ankäufe eines Etablissements zum Fabrik- und sonstigen Handelsbetriebe u. dgl. m. (M. 102, 103), sowie die Uebernahme eines Grundstücks zum AuStorfen (Erk. deS Obertr. v. 19. März 1866, Sir. Bd. 62, S. 243) oder zur Bernsteingräberei (R.O.H. Bd. 13, S. 985), die Uebernahme der Herstellung eines EisenbahnbaueS (R.G. XIV, 233), die Herstellung eineS Weges zu einer Straße, auch wenn solche Geschäfte gewerbemäßig und unter Verwendung von Materialien betrieben werden (R.O.H. Bd. 15, S. 259), ebenso die Bereinigungen von Kaufleuten zum spekulativen Ankauf bezw. Verkauf von Grundstücken und Theilung des Gewinnes (Bd. 12, S. 52) oder zum Zwecke der Pacht von Grundstücken (Bd. 23, S. 133). Der Pr. Entw. (Art. 211) rechnete zu den Verträgen über unbewegliche Sachen auch die Miethe von Lager- und Ladenräumen. M. 1. c. In erster Lesung (P. 547) wurde da­ gegen eine Fassung beschlossen, durch welche die MiethSverträge über Lager- und Ladenräume von der Beurtheilung nach Handelsrecht nicht ausgeschlossen wurden. Diese Fassung wurde in zweiter Lesung (P. 1301) jedoch wieder abgelehnt und die deS Pr. Entw. restituirt, weil kein Grund vorhanden sei, die materiellen RechtSsätze des Handelsrechts auf die Miethe von Lager­ räumen anzuwenden, die Rücksicht auf ein schnelles Verfahren in Streitigkeiten und auf die Usancen aber anderweitig beachtet werden könne. ES werde, so meinte man. zu großen Ver­ wirrungen führen, wenn die Bermiethung einer und derselben Lokalität bald nach gewöhnlichem Civilrechte, bald nach Handelsrechte beurtheilt werden müsse, je nachdem ein Privatmann oder ein Kaufmann zu gewerblichen Zwecken gemiethet habe. — Hieraus ergiebt sich, daß der Art. 275 auch auf die Miethe von Lager- und Ladenräumen Anwendung findet. (Erk. deS Obertr. vom 24. Febr. 1865, Str. Bd. 56, S. 355.) b. ES fallen aber nicht unter die Bestimmung deS Art. 275: Käufe von Früchten auf dem Halme (vgl. Str. Bd. 83, S. 350) oder von Holz auf dem Stamme (Steg. Bd. 2, S. 224), weil bei diesen Geschäften die separirten Früchte und daS gefällte Holz, also künftige Mobilien, Gegenstand deS Vertrages sind (M. 103); ferner nicht: der Ankauf eines Gebäudes behufs deS Abbruchs, weil die Absicht dahin geht, die durch den Abbruch gewonnenen Materialien ander-weit zu veräußern (Busch, Arch. Bd. 4, S. 369). Buch gehören nicht die Fälle hierher, wenn Kaufleute Kredit-Gewährung oder -Verlängerung gegen hypothekarische Sicherheit verabreden (R.O.H. Bd. 5, S. HO), oder wenn bei einem Darlehnsversprechen, daS im betreffenden Falle ein Handelsgeschäft ist, daS Gegenversprechen der hypothekarischen Eintragung gegeben ist (Bd. 7, S. 226) oder der Vertrag über die Bermittelung deS Verkaufs eine- Grundstücks (Bd 10, S. 429; Bd. 16, S. 1; Bd. 23, S. 131; R.G. I, 256 contra Entsch. deS Obertr. Bd. 70, ®. 275. Str. Bd. 89, S. 215). c. Dem Art. 275 darf nicht die Tragweite gegeben werden, daß, wenn sich unter den zu einem veräußerten Handelsgeschäfte gehörigen Gegenständen auch eine unbewegliche Sache wie z. B. ein zu Geschästszwecken benütztes Grundstück befindet, deshalb der ganze VeräußerungsVertrag aus der Kategorie der Handelsgeschäfte, falls er an sich dieser angehörte, entfernt wird (R.O.H. Bd. 15, S. 102); dies gilt ebensowenig, wenn in einem Vergleiche, der ein Handels­ geschäft ist. unter anderem auch Leistungen von unbeweglichen Sachen oder Verzichte auf solche bedungen sind, die Immobilien aber nicht den Hauptgegenstand des Vertrages bilden (Bd. 16, S. 306; Bd. 23, S. 131). Ein Vertrag jedoch, der objektiv, der Hauptsache nach über ein Immobile geschlossen worden, wird bloß wegen seiner Beziehung auf einen dem Handels­ gewerbe des Kontrahenten angehörigen Zlveck nicht der Bestimmung deS Art. 275 entzogen. 2*) Wie nach Art. 4 die Eigenschaft eines Kaufmanns tnt Sinne des H.G.B. lediglich von der thatsächlichen Voraussetzung abhängig gemacht ist, daß Jemand gelverbemäßig 23*

356

Bierles Buch. Bon den Handelsgeschäften.

Art. 277.

gewerbepolizeilichen oder anderen ähnlichen") Gründen untersagt ist, Handel zu treiben oder Handelsgeschäfte zu schließen. Pr. Eotto. Art. 218. Eotto. I. Art. 285. (kotto. II. Art. 259.

Prot. ®. 587. 548— 551. Prot. S. 1802. Prot. S. 5065.

Artikel 277. Bei jedem Rechtsgeschäft, welches auf der Seite eines der Kontrahenten ein Handelsgeschäft ist, sind die Bestimmungen dieses vierten Buchs in Beziehung auf beide Kontrahenten gleichmäßig anzuwenden, sofern nicht aus diesen Bestimmungen selbst sich ergiebt, daß ihre besonderen Festsetzungen sich nur auf denjenigen von beiden Kontrahenten beziehen auf dessen Seite das Geschäft ein Handelsgeschäft ist24). Pr. (Sotto. Art. — (5nt®. I. Art. 286. (Sotto. II. Art. 260.

Prot. S. 512. 541. 543. 547. Prot. S. 1263-1269. 1283—1285. Prot. S. —

Handelsgeschäfte betreibt, und wie es nach Art. 11 rücksichtlich seiner p r i v a t r e ch 1 l i ch e n Stellung als Kaufmann keinen Unterschied macht, ob in gewerbepolizeilicher oder gewerbesteuer­ licher Beziehung von ihm den Erfordernissen zur Begründung der Eigenschaft eines Kaufmanns genügt ist, ebenso soll nach Art. 276 die Eigenschaft und die Gültigkeit eines Handels­ geschäftes lediglich nach dem H.G.B. ohne Rücksicht auf die Gesetze beurtheilt werden, welche etwa einer Person wegen ihres Amtes und Standes (§. 1939, Th. II, Tit. 8 A.L.R.), oder aus gewerbepolizeilichen oder anderen ähnlichen Gründen den Betrieb eines Handelsgewerbes oder den Abschluß von Handelsgeschäften überhaupt oder von gewissen Handelsgeschäften untersagen. M. 104, P. 537. Wer gegen ein in jenen Gesetzen begründetes Verbot ein Handelsgeschäft schließt, kann daher trotzdem aus demselben klagen und auf Grund desselben belangt werden. P. 551. Dergleichen Verbote oder doch bedingte Verbote für bestimmte Klassen von Personen finden sich z. B. in dem nur für Seeversicherungen ausgehobenen §. 1939, Th. II, Tit. 8 A.L.R. im §. 19 der Preuß. Gewerbe-Lrdnung v. 17. Januar 1845 für den Gewerbebetrieb der aktiven Militärpersonen und der Staatsbeamten, im §. 43 des Reichsmilitärgesetzes v. 2. Mai 1874 für Militärpersoncn des Friedensstandcs und für die in Dienstgebäuden bei ihnen wohnenden Mitglieder des Hausstandes, im §. 16 des ReichSbeamtengesetzes v. 31. März 1873 für Reichs­ beamte hinsichtlich des Gewerbebetriebes und Eintrittes in den Vorstand, Berwaltungs- oder Aufsichtsrath einer Erwerbsgescllschast, endlich in dem Preuß. G. v. 10. Juni 1874 (G.S. S. 244-, betr. die Betheiligung der Staatsbeamten bei der Gründung und Verwaltung von Aktien-, Kommandit- und Bergwerks-Gesellschaften. ’23) Das Wort „ähnlichen" soll die Mißdeutung ausschließen, als sollten auch die in manchen Gesetzgebungen anerkannten Uniähigkeitsgründe zur Eingehung von Rechtsgeschäften (z. B. daß für Verschwender Erklärte keine Verträge schließen dürfen) bei der Frage nach der Gültigkeit eines Handelsgeschäfts außer Betracht bleiben. P. 1302. Ebensowenig gehören zu den im Art. 276 gedachten ähnlichen Gründen die Beschränkungen der Handlungsfähigkeit eines Ehemannes, welche in den landesrechtlichen Gütersystemen ihre Quelle haben (R.G. XXIV, 39). 84) a. Der Pr. Entw. ging davon aus, daß ein und dasselbe Geschäft für den einen Kontrahenten ein Handelsgeschäft und für den anderen ein Nichthandelsgeschäst sein könne, so baß, wenn ein solcher Fall eintrete, in Bezug auf daS nämliche Geschäft die eine Partei nach Handelsrecht und die andere nach Civilrecht zu beurtheilen sei. Bei der ersten Lesung (P. 501, 506, 508, 512, 541, 547) nahm man jedoch an, daß dies zu unlösbaren Verwickelungen führen würde (z. B. hinsichtlich der Bestimmungen über die Perfektion der Verträge, Artt. 318 ff., über die laeaio enormia, Art. 286 rc.), daß vielmehr auf beide Kontrahenten ein und dasselbe Recht, und zwar das Handelsrecht, anzuwenden sei, und daß dies ungefährlich erscheine, weil

Erster Titel. Von den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Art. 278.

357

Zweiter Abschnitt.

Allgemeine Bestimmungen über Handelsgeschäfte. Artikel 278. Bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte hat der Richter den Willen der Kontrahenten zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften*). Pr. Eatw. Art. 214. Abs. 1. «Fat». I. Art. 287 Abs. 1. @nt». II. AN. 261.

Pr»t. 6. 407. Prot. S. 1806. Prot. S. —

die Abänderungen deS Eivilrechts durch das H.G.B., namentlich insoweit sie die Handels­ geschäfte betreffen, fast alle so beschaffen seien, daß sie auch für den allgemeinen Verkehr paßten. Man stellte daher den Grundsatz auf, daß es keine einseitigen Handelsgeschäfte gebe, daß vielmehr ein jedes Geschäft, welches auS irgend einem Grunde, sei eS wegen seiner objektiven Beschaffenheit (Art. 271), sei eS mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb deS Unter­ nehmenden (Artt. 272, 273), für ein Handelsgeschäft erklärt worden, als ein solches in Betreff aller dabei betheiligten Personen beurtheilt werden müsse, insoweit daS Gesetz selbst nicht eine Ausnahme mache. — In zweiter Lesung (P. 1267, 1303) erlitt dieser Grundsatz einige Aenderung. Man hielt dafür, daß die anerkannte Nothwendigkeit aus ein und dasselbe Geschäft gegenüber allen dabei Betheiligten dasselbe Recht anzuwenden, nur zu der Bestimmung führe, daß bei jedem Rechtsgeschäfte, welches auf der Seite eines der Kontrahenten ein Handelsgeschäft ist, die Bestimmungen des H.G.B. über Handelsgeschäfte („dieses vierten BuchS") auf beide Kontrahenten gleichmäßig anzuwenden seien, ohne das man dieses Rechtsgeschäft jedoch auch für den anderen Kontrahenten als ein Handelsgeschäft zu erklären brauche, was viel weiter gehende Folgen haben und mit der sonstigen Technik deS H.G.B. nicht übereinstimmen würde. Diesem Gedanken giebt der Art. 277 Ausdruck. Derselbe bezieht sich jedoch nur auf daS materielle Recht, nicht auch auf daS Prozeßrecht (R.O.H. Bd. 15, S. 390). Nach §. 101 Ziff. 1 des GerichtSverfassungSgesetzes gehören vor die Kammern für Handelssachen diejenigen den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch gegen einen Kaufmann (Art. 4) auS Geschäften, welche auf Seiten beider Kontrahenten Handelsgeschäfte (Artt.'271 bis 276) sind. Die Bestimmung deS Art. 277 hat also keine Wirkung aus die Kompetenz der Kammer für Handelssachen. b. Der allgemeine Satz, daß die Vorschriften deS vierten Buchs auch auf denjenigen Kontrahenten Anwendung finden, aus dessen Seite das Rechtsgeschäft kein Handelsgeschäft ist, mußte die Einschränkung erleiden, daß dies nur so weit gelte, als nicht das Gesetz selbst die Eigenschaft eines Kaufmannes oder das Vorhandensein eines Handelsgeschäfts zur Voraus­ setzung einer seiner Bestimmungen gemacht hat. (Vgl. z. B. Artt. 280, 282 [cfr. Steg. Bd. 1 S. 106], 288, 289, 292 Abs. 2, 309, 310 rc.) Diese Ausnahme ist in den Worten des Texte-: sofern nicht rc. enthalten. c. Das Lbertr. führt (Str. Bd. 53, S. 268) aus, daß, wenn ein Kaufmann einen Wechsel aus einen Nichtkaufmann gezogen, und dieser einen Dritten auch nur mündlich beauftragt hat, denselben für ihn zu acceptiren, der Nichtkaufmann in Folge der Artt. 283, 274, 277 und 317 durch Befolgung des Auftrags seitens des Dritten rechtsgültig verpflichtet wird; ferner (Str. Bd. 59, S. 148), daß der von einem Kaufmanne mit einem Nichtkaufmanne geschlossene Stundungsvertrag bezüglich eines von dem Ersteren aus den Letzteren gezogenen und von diesem acceptirten Wechsels nach den Artt. 277 und 317 der schriftlichen Form zu seiner Gültigkeit nicht bedarf; endlich (Str. Bd. 64, S. 295 u. Bd. 70, S. 66), daß vermöge der Artt. 277 u. 317 zur Gültigkeit des von dem Bevollmächtigten eines N ichtkaufmannes mit

358

Viertes Buch. Bon den Handelsgeschäften.

Art. 279.

Artikel 279. In Beziehung auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unter; lafsungen ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rückficht zu nehmen-). Pr. Eutto. Art. 214 Abs. 2. Elltw. I. Art. 237 Abs. 2. Entw. II. Art. 262.

Prot. S. 407. Prot. S. 1306. Prot. ®. —

einem Maus manne abgeschlossenen Handelsgeschäfts eine mündliche Vollmacht des Bevollmächtigten ausreichend sei. — Vgl. im Uebrigen Note lb zu Art. 317. *) Es war die Streichung diese- Artikel beantragt, weil er entweder eine allgemein gültige Jnterpretationsregel enthalte, und dann entbehrlich sei, oder ein Mehrere- enthalte und dann angenommen werden könnte, dag selbst gegenüber den unzweideutigsten Ausdrücken Streitig­ keiten über den Willen der Kontrahenten erhoben und zugelassen werden sollten, was bedenklich fei. — Hieraus wurde jedoch erwidert: Wenn der nachgewiesene nnd überein­ stimmende Wille der Kontrahenten mit den gebrauchten Ausdrücken im Widersprüche stehe, so werde kein Zweifel sein, daß der Wille maßgebend sei; der Artikel enthalte aber eine Warnung für den Richter, sich bei seinen Urtheilen nicht allzu sehr durch den von den Kon­ trahenten gebrauchten Ausdruck bestimmen zu lassen. Eine solche Warnung sei namentlich in Ansehung der Handelsgerichte zweckmäßig, denn die Kaufleute, wo sie als Mitglieder bei Handelsgerichte thätig würden, seien ersahrungsmäßig sehr geneigt zu einer wörtlichen Aus­ legung der Verträge. Die gedachte Bestimmung sei insbesondere auch mit Rücksicht auf das preuß. Landrecht Th. I, Tit. 4, §. 65 nicht entbehrlich, weil dieses die Vorschrift enthalte, daß die Verträge und die in denselben gebrauchten Ausdrücke nach Maßgabe der denselben int ge­ wöhnlichen Leben zukommenden Bedeutung vom Richter aufzufassen seien, weil sonach in demselben eine andere Auslegungsregel sanktionirt fei. Die Fassung der Bestimmung deute zur Genüge an, daß der Richter nicht veranlaßt werden solle, bei unzweifelhaften Ausdrücken immer noch zu forschen, waS die eigentliche Meinung der Kontrahenten sei, sondern daß er nur vor einer allzu pedantischen Auffassung der bei den Verabredungen der Parteien gebrauchten Ausdrücke gewarnt werden solle. P. 408. In gleichem Sinne erklärt sich das Obertr. (Skr. Bd. 75, S. 196), welches bemerkt, für die Interpretation von Verträgen über Handels­ geschäfte (ausdrückliche Willenserklärungen in Worten fR.O.H. Bd. 7, S. 288, (Steg. Bd. ö, S. 2751) gelten die allgemeinen Auslegungsregeln und dieser Art. 278, nicht der folgende Art. 279, denn letzterer befasse sich nur mit der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen (stillschweigenden Willenserklärungen). — DaS R.O.H. Bd. JO, S. 306; findet in diesem und dem folgenden Artikel einen allgemein im gesammten Verkehr der civilisirlen Nationen geltenden Grundsatz, und wendet ihn deshalb auch aus die Interpretation von Rechtsgeschäften an, welche im Auslande geschlossen sind. Es meint (Bd. 1J, S. 3), das in diesen Artikeln ausgedrückte Prinzip von Treue und Glauben bewirke, daß für die richterliche Entscheidung über den Inhalt einer Willenserklärung der wirkliche Wille selbst in Wider­ spruch mit beut Wortlaute maßgebend sei, nicht aber daß der Richter einen unvollständigen Willen ergänzen könne, und daß (Bd. 11, S. 239; der Prozeßrichter bei Feststellung des streitigen Inhalts eines Rechtsgeschäfts sich auch an den Wortlaut der Partei behauptungen und Zeugenaussagen nicht ängstlich zu binden, sondern den Willen der Kontrahenten zu erforschen habe. *) Es wurde als selbstverständlich angesehen, daß in der Anwendung immer auf die den Geschäjtett und Betheiliglen entsprechende Art des Handelsverkehrs werde gesehen werden. P. 1307. Bei der Auslegung ist auf daS Gewöhnliche und Gebräuchliche besonders zu achten (R.L.H. Bd. 17, S. 9;, namentlich darauf sehen, ob jene Gewohnheiten und Gebräuche am Wohnort beider Kontrahenten in Uebung und beiden Theilen gleichmäßig bekannt sind (Bd. 22, S. 146).

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 280.

359

Artikel 280. Wenn zwei oder mehrere Personen einem Anderen gegenüber in einem Ge­ schäft, welches auf ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist, gemeinschaftlich eine Ver­ pflichtung eingegangen find, so find sie als Solidarfchuldner zu bettachten, sofern sich nicht aus der Uebereinkunft mit dem Gläubiger das Gegentheil crgiebt8).

Pr. Eatw. Art. 215 Ads. L Eulw. 1. Art. 288. Emu». II. Art. 208.

Prot. S. 408. 499. Prot. S. 1807. Prot. S. —

Die Feststellung der rechtlichen Wirkung eine- Stillschweigens bildet — nach der Ansicht des Lbertr. (Str. Bd. 67, S. 330) — keinen Gegenstand für Handelsgewohnheiten, sondern ist von dem Richter nach Vorschrift der Gesetze (§§. 60ff., I, 4 A.L.R.) zu treffen. Dagegen das R. O.H. Bd. 15, S- 05. — Das R.O.H. (Bd. 1, S. 80, Steg. Bd. 1, S. 139) nimmt an, daß auch im Handelsrecht der Satz qui tacet consentire videtur keine allgemeine Geltung hat, daß die Fälle, in welchen daS H.G.B. eine ungesäumte Erklärung unter dem Präjudiz der Ge­ nehmigung vorgeschrieben hat, nicht bloße Konsequenzen jenes Satzes, und daß sie daher auch der analogen Anwendung nicht fähig seien. Eine RechtSpflicht, auf Mittheilungen und An­ fragen al-bald sich zu erklären, sei nach Handelsgebrauch nur unter besonderen Umständen, namentlich dann anzuerkennen, wenn die Unterlaffung der Erklärung als Verletzung von Treue und Glauben erscheinen würde, z. B. wenn das von dem Gegenkontrahenten kundgegebene Mißverständniß deS Vertrages absichtlich, um daraus Vortheil zu ziehen, unaufgeklärt gelaffen werde (R.O.H. Bd. 17, S. 278), oder wenn eine rechtzeitige Antwort auf das fernere Verhalten deS zu Benachrichtigenden von Einfluß sein konnte; das Stillschweigen (R.O.H. Bd. 2 S. 91, Bd. 13, S. 46, Bd. 14, S. 430, Bd. 15, S. 96, Bd. 19, S. 123; Steg. Bd. 1, S. 323, Bd. 2, S. 350) könne nach Lage deS Falles konkludent sein, eS sei aber Sache der freien richterlichen Ueber­ zeugung, im konkreten Falle die Bedeutung des Schweigens in Verbindung mit den sonstigen Umständen zu würdigen. So könne z. B. der Inhalt eines bereits abgeschloffenen Kontrakts, dessen Bedingungen einer der Kontrahenten dem Anderen zum Zwecke der Feststellung schriftlich mitgetheilt hat, als durch deffen unterlaffenen Widerspruch für gebilligt gelten (R.O.H. Bd. 14, S. 377; Bd. 19. S. 5), ferner die Aufhebung eines in regelmäßigen Lieferungen zu er­ füllenden Vertrages durch die Erklärung deS zur Lieferung Verpflichteten und die unterlassene Reklamation deS Mitkontrahenten als konsentirt erachtet werden (R.O.H. Bd. 14, S. 396), oder unter Hinzutritt besonderer Umstände (R.O.H. Bd. 16, S. 133) die Annahme und das Be­ halten der mit (Faktura) PreiSnota übersendeten Waaren als Preisgenehmigung angesehen werden (Steg. Bd. 3, S. 272; R.O.H. Bd. 16, S. 41), oder die Unterlassung jedes Widerspruchs gegen eine erhaltene Abrechnung oder Spesennota während längerer Zeit als stillschweigende Anerkennung derselben (Entsch. dess. Bd. 4, S. 351; Bd. 10, S. 191), doch seien diese An­ nahmen nicht in allen Fällen gerechtfertigt (R.O.H. Bd. 13, S. 410). — Das R.G. XIII, 77 nimmt eine stillschweigende Unterwerfung unter die Bedingung der nach Handelsgebrauch üblichen, gehörig veröffentlichten Prospekte an, unter welchen größere Geschäfte (Versicherungs­ gesellschaften, Transportunternehmer rc.) ihre Thätigkeit anbieten, falls nichts Abweichendes bedungen wird. $) a. Die Solidarverpflichtung ist mit Rücksicht aus das Bedürfniß deS Handelsverkehrs zur Förderung der dem Gläubiger zu gewährenden Sicherheit als Regel, und die blos antheilige Verpflichtung als Ausnahme hingestellt worden. P. 499. b. Der Art. 280 entspricht im Allgemeinen den §§. 424ff., Th. I, Tit. 5 A.L.R. und bezieht sich wie diese auf vertraglich übernommene Verpflichtungen (R.O.H. Bd. 24, S. 12); er geht weiter als diese Bestimmungen, indem er es für genügend erklärt, wenn die Absicht, die solidarische Verbindlichkeit auszuschließen, aus der Uebereinkunft mit dem Gläubiger hervor­ geht, während jene Bestimmungen eine ausdrückliche Verabredung deS Gegentheils verlangen

360

Vierte- Buch. Bon den Handelsgeschäften.

Art. 281.

Artikel 281. Bei Handelsgeschäften, ingleichen in allen Fällen, in welchen in diesem Gesetzbuche eine solidarische Verpflichtung auferlegt wird, steht einem Solidarschuldner die Einrede der Theilung oder der Dorau-klage nicht ju*4).** 6* Dasselbe gilt von Bürgen, wenn die Schuld au- einem Handelsgeschäft auf Seiten de» Hauptschuldners hervorgeht, oder wenn die Bürgschaft selbst ein Handels­ geschäft ist4). Pr. E»tw. Art. 215 Abs. 1. Prot. S. 408. 498. Eatw. I. Art. 289. Prot. S. 1808. 1419. E»tw. II. Art. 264. Prot. S. 4560. 5066. er ist andererseits enger als die gedachten landrechtlichen Vorschriften, weil er die solidarische Verpflichtung nur für diejenigen ausspricht, welche aus ihrer Seite ein Handelsgeschäft ge­ schlossen haben, während das A.L.R. Nichts von dieser Beschränkung enthält. Das ROH. (Bd. 22, S. 63) nimmt an, daß der An. 280 auch dann Anwendung findet, wenn zwei Per­ sonen einem Anderen gegenüber eine Verpflichtung übernommen haben und daS Geschäft nur aus der Seite eines der Verpflichteten ein Handelsgeschäft ist, weil die Entstehung und Gültigkeit einer Solidarobligation für den einen Mitkontrahenten durch Hindernisse in der Person des anderen nicht ausgeschlossen ist. — DaS H.G.B. sagt nicht positiv, welcheWirkung eine soli­ darische Verpflichtung hat (P. 1308),vielmehr schließt es nur bei solidarischenVerpflichtungen gewisse Einreden (Art. 281) auS. Nach dem A.L.R. (§§. 430 ff. 1. c.) haften Solidarschuldner als correi. Vgl. R.O.H. Bd. 15, S. 17. 4) a. Die praktische Bedeutung der Solidarverpflichtung liegt hauptsächlich in der Sicherheit und Bequemlichkeit der Rechtsverfolgung, welche dem Gläubiger dadurch gewährt wird, daß er aus mehreren Schuldnern denjenigen auswählen kann, gegen dessen Zahlungsfähigkeit die wenigsten Zweifel vorhanden sind, und daß er durch eine Klage sein ganzes Interesse zu erhalten im Stande ist, während er bei anderen getheilten Schuldverhältnissen die einzelnen, vielleicht zerstreut wohnenden Schuldner jeden aus seinen Antheil belangen müßte, und durch die Zahlungsunfähig­ keit auch nur eines derselben wenigstens theilweise von Verlust betroffen werden würde. Diese Vortheile der Solidarverpflichtung würden aber fast gänzlich wieder aufgehoben, wenn man dem Solidarschuldner die Einrede der Theilung oder der Vorausklage zugestehen wollte. Das A.L.R. setzt in den §§. 430 ff., Th. I, Tit. 5 die U n z-u l ä s s i g k e i t dieser Einrede ausdrücklich fest. M. 106. b. Bon solidarischen Verpflichtungen spricht das H.B.G. in den ersten vier Büchern an folgenden Stellen: Artt. 112, 113, 178, 18". 180a, 180b, 181a, 190b, 204, 206a, 211,213a, 213b, 213c, 213f, 215c, 226, 241, 247, 257, 269 u. 280. 6) a. Aehnliche Rücksichten, wie bei der Verbindlichkeit mehrerer Mitverpflichteten. greifen auch bei der Bürgschaft für Handelsverbindlichkeiten Platz. Das Interesse des Handelsverkehrs erfordert es, daß der Gläubiger, welcher seinerseits ebenfalls wieder Handelsverbindlichkeilen zu erfüllen hat, so schleunig als möglich und ohne unnütze Weiterungen befriedigt werde. Dies würde nicht der Fall sein, wenn er zuvor den Hauptschuldner auszuklagen verpflichtet wäre, ehe er sich an den Bürgen halten könnte. (Th. I, Tit. 14, §. 283 A.L.R.) M. 106. b. Der Pr. Entw. (Art. 215) hatte hinzugefügt: „Der.Bürge kann nur verlangen, daß der Gläubiger die Aufforderung des Hauptschuldners zur Erfüllung nachweist." Dieser Zusatz wurde jedoch gestrichen (P. 500), weil eine solche Aufforderung weder in allen Fällen innerlich gerechtfertigt sei, noch auS äußeren Gründen (z. B. Abwesenheit des Schuldners re.) immer erfolgen könne. — Das R G. (II, 187) nahm an, daß, wenn eine selbstschuldnerische Bürgschaft für eine nach Kündigung zahlbare Schuld vorliegt, der Bürge schon dann in An­ spruch genommen werden kann, wenn i h m und nicht auch dem Hauptschuldner gekündigt worden ist.

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 281.

361

c. Die Fassung deS Abs. 2 im Art. 281 ist etwas knapp. Die Worte: „Dasselbe gilt von Bürgen rc." wollen sagen: Die Einrede der Theilung (beneficium divisionis) steht mehreren Bürgen und die Einrede der BorauSktage (beneficiam excussionis) einem oder mehreren Bürgen nicht zu, wenn rc. Selbstverständlich ist eine entgegenstehende Vereinbarung, daß nämlich jene Einreden dem Bürgen zustehen sollen, nicht ausgeschlossen; eine solche Verein­ barung ist in der Uebernahme einer bloßen Schadlosbürgschaft (b. h. der Eingehung einedurch einen zu erleidenden Ausfall bedingten Schuldverhältnisses) als stillschweigend getroffen anzusehen (R.O.H. Bd. 13, S. 176). — Die Worte: „wenn die Bürgschaft selbst ein Handels­ geschäft ist" zielen (P. 1308) hauptsächlich auf die kaufmännischen Formen der Bürgschaft ab. namentlich aus das del credere Stehen (vgl. Art. 370) und daS Kreditmandat (§§. 217 ff., Tit. 13; §§. 207 ff., Tir. 14, Th. I, A.L.R., R.O.H. Bd. 19, S. HO); über Rath und Em­ pfehlung nach Preuß. Recht vgl. Entsch. desObertr. Bd. 21. S. 92, Str. Bd. 36, S. 230, Bd. 71, S. 337, Bd. 80, S. 6 (die Worte: „ohne Präjudiz" schützen nicht gegen die Konsequenzen deS faktisch beobachteten arglistigen Verhaltens, ebenso R.G. XX, 193), und Steg. Bd. 1, S. 105, R. O.H., Bd. 11, S. 411, nach badischem Landrecht R.O.H. Bd. 9, S. 152. Ueber Rath und Empfehlung nach gemeinem Recht R.O.H. Bd. 10, S. 403 u. Bd. 19, S. 196. In letzterem Urtheil (auch Bd. 25, S. 347) wird ausgeführt, daß in der Regel die auf Anfrage erfolgende Ertheilung einer Auskunft, eines Raths oder einer Empfehlung, selbst wenn sie unter Kaufleuten erfolge, nicht den Willen enthalte, eine Verpflichtung zu übernehmen, daß folglich kein Vertrag zwischen dem Rathgeber und dem Berathenen zu Stande komme (noch (Bd. 22, S. 119] eine Bürgschaft des Empfehlenden für den Empfohlenen). ES fänden also die Grundsätze über den Ersatz deS außer VertragSverhältniffen durch Verschulden angerichteten Schadens, und zwar der actio doli statt. (Empfehlung wider besseres Wiffen, Bd. 23, S. 153.) Zur Be­ gründung derselben gehöre nicht wesentlich, daß die Person, welcher gegenüber die arglistige Handlung begangen worden, mit der Person, welche Schaden erlitten hat, identisch sei. Die arg­ listige Empfehlung seitens deS Vertreters einer Handelsgesellschaft verpflichte die Letztere, abgesehen von dem Falle einer etwaigen Bereicherung, nicht, weil die Vertretungsbefugniß sich nur aus Geschäfte, welche vorgenommen werden dürfen, nicht auf Delikte beziehe (Bd. 25, S. 349). Die letztere Ansicht ist vom Reichsgericht (XX, 196) jedoch reprobirt, weil die von einer GesellschaftSfirma auf Anfrage ertheilte Auskunft über die Kreditwürdigkeit eines Dritten mit zum Gewerbebetriebe gehöre und daher die Gesellschaft verpflichte und nicht bloS die Person desjenigen Gesellschafters, welcher die Auskunft ertheilte. — Die Regel, daß Empfehlung und AuSkunftsertheilung kein vertragliches Verhältniß begründen, erachtet daS R.G. (Jur. Wochenfchr. S. 326 de 1891 R.G. XXVII, 121) dann für u n zutreffend, wenn zwischen den Betheiligten eine Geschäftsverbindung besteht. In einem solchen Falle könne allerdings ein vertragsmäßiges Verhältniß durch den Rath oder die Empfehlung, und durch schuldhaftes Verhalten bei denselben eine Verpflichtung zum Schadensersätze begründet werden, und daher sei der Berjährungseinwand aus §. 54, Th. I, Tit. 6 A.L.R., welcher von außer contractlichem Schaden handelt, in einem solchen Falle unzulässig. d. Die §§. 20?, 203, I, 14 A.L.R. (s. die Erläuterungen R.O.H. Bd. 6, S. 279; Bd. 16, S. 414) fordern zur Gültigkeit einer Bürgschaft ohne Unterschied deS Gegenstandes schriftliche Form. Dies hat vielfache Komplikationen verursacht, welche durch die Judikatur nach anfäng­ lichem Schwanken dahin gelöst sind: Schriftlichkeil ist zur Rechtsgültigkeit der Bürgschaft nicht erforderlich, wenn die Bürgschaft für den Bürgen nach den Artt. 271—274 ein Handelsgeschäftist oder wenn aus die Bürgschaft in Folge des Art. 277 die Bestimmungen dieses vierten Buchs deS H.G.B. (unter diesen Art. 317) anwendbar sind. Die mündliche Form genügt also, wenn die Bürgschaft von einem Nichtkausmanne einem Kausmanne geleistet wird, weil daS Rechtsgeschäft für den Gläubiger ein Handelsgeschäft ist (R.G. I, 25). Dagegen erachtete daS Obertribunal die schriftliche Form zur Rechtsaültigkeit der Bürgschaft für erforderlich, wenn zwar die Schuld

362

BierteS Buch.

Bon den Handelsgeschäften.

?(rt. 28

Artikel 262. Wer aus einem Geschäft, welches aus seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, einem Anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, muß die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwenden"). Pr. (Entw. Art. Litt Ads. 1. (Entto. I. Art. 240. (Ent». II. Art. 265.

Prot. S. 403. Prot. S. 1308. Prot. S. 5066.

aus einem Handelsgeschäfte des Hauptschuldners hervorgegangen, die Bürgschaft selbst cibei für den Bürgen kein Handelsgeschäft ist. e. Der Gläubiger, welcher den Bürgen principaliter in Anspruch nimmt, weit die Schuld auS einem Handelsgeschäfte auf Seiten des Hauptschuldners hervorgeht, braucht nur diesen Ur­ sprung der Schuld, nicht aber auch zu beweisen, daß dieser Ursprung dem Bürgen bei Uebernahme der Bürgschaft bekannt gewesen ist. Eine Beweisführung der letzteren Art — so meinte man (P. 4560) — beschwere den Gläubiger allzusehr und sei mit den Anschauungen des HandelSstandeS nicht vereinbar. Ueber die Natur deS in Rede stehenden Geschäfts bem Bürgen Aufschluß zu geben, sei Sache des Hauptschuldners, nicht des Gläubigers. Wer eine Bürgschaft übernehme, möge zusehen, für welche Art von Forderungen er inlercebire. f. Der §. 320, Th. I, Tit. 14 A.L.R. bestimmt: „Hat Jemand eine Bürgschaft nur auf eine gewisse bestimmte Zeit für ein Darlehn übernommen, so erlischt dieselbe, wenn der Gläubiger den Hauptschuldner nicht spätestens am dritten Tage nach Ablauf dieser Zeit belangt, oder die Klage nicht fortgesetzt hat." Das Obenr. lStr. Bd. 70, S. 21, Entsch. Bd. 63, S. 143i hält diese Bestimmung für unanwendbar bei selbstschuldnerischen Bürgschaften, weit bei solchen eine Beipflichtung zur Vorausklage gegen den Hauptschuldner überhaupt nicht bestehe. Ob p&ritatem rationis muß dies auch von Bürgschaften von der im Art. 281 bezeichneten Natur gelten. g. Der selbstschuldnerische B ürge ist nicht in allen Beziehungen als reiner Correalschuldner zu behandeln; unter Umständen (Art. 278) wird man bei der Bürgschaft für künftige Schulden auS dauernden Bertragsverhältniffen annehmen können, daß sich dieselbe nur auf solche Forderungen beziehen sollte, welche bei ordentlicher Handhabung des bezüglichen Ver­ hältnisses existent werden, nicht aber auf solche, welche ohne eigenes Verschulden bet Promissars nicht entstanden sein würden. Dem Bürgen wird daher die Einrede, daß sich der Gläubiger die von dem Bürgen auszugleichende Einbuße durch eigene Nachlässigkeit zugezogen habe, nicht in allen Fällen zu versagen sein (R.O.H. Bd. 70, S. 48). — Wie die Regreßklage des die Forderung ganz oder theil weise tilgenden Bürgen gegen die Correalbürgen zu be­ gründen ist, darüber s. R.O.H. Bd. 24, S. 99. 6) a. Der Art. 282 bestimmt, daß Jeder, der aus einem Geschäfte zur Sorgfalt ver­ pflichtet ist, welches auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist — dies können beide Kontra­ henten oder auch nur einer sein — die Sorgfalt eineö ordentlichen Kaufmanns anwenden muß, d. h. für diligentia in abstracto, und nicht blos für diligentia in concreto (quam suis rebus adhibere solet) hastet. (P. 409.) Jedoch wurde zur Erläuterung bemerkt, es handle sich hier nicht durchweg um die Sorgfalt desjenigen, den man im gewöhnlichen Leben einen Kaufmann von höherer Bildung zu nennen pflege, sondern um die Sorgfalt eines ordentlichen Gewerbsmannes von dem Stande und Gewerbe, welchem die jeweils in Frage stehende Person angehöre. (Korrekter, da eS auf den Stand nicht ankommt, drückt dies v. Hahn, 2. Aust. II, 01 dahin auS: es handle sich um die Sorgfalt, die von einer Person erwartet werden dürfe, welche diejenige Art von Handelsgeschäften, zu welchen das fragliche Geschäft gehört, gewerbemäßig betreibt.) Der Ausdruck: „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" repräsentire demnach für das Handelsrecht einen technischen Begriff, ähnlich „der Sorgfalt des diligeus pater familias" im gewöhnlichen Civilrechte. P. 1309.

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 283.

363

Artikel 283. Wer Schadensersatz zu fordern hat, kann die Erstattung des wirklichen Schadens und des entgangenen Gewinnes verlangen ^). Pr. Entw. Art. 216 Abs. 2. (Ent». I. Art. 24t Entw. II. Art. 266.

Prot. S. 409. Prot. S. 1809. Prot. S. —

b. Wer die ihm obliegende Pflicht zur Sorgfalt verletzt, hastet zwar nur für den Schaden, welcher als eine wirNiche Folge der zum Ersätze verpflichtenden Thatsache erscheint, der Schade braucht aber ebensowenig eine nothwendige oder vorauszusehende Folge der schädigenden Handlung oder Unterlaffung zu sein. als diese die alleinige und ausschließliche Ursache des Schaden- zu sein braucht (R.G. XIII, 66). c. Durch den Art. 282 sind die entgegenstehenden Bestimmungen deS A.L.R. Th. I, Tit. 5, §§. 278 ff., in welchen verschiedene Grade der Sorgfalt unterschieden sind, für das Handelsrecht unanwendbar gemacht. M. 106. Ebenso R.O.H. Bd. 22, S. 411. 7) a. Der Art. 283 findet Anwendung, ganz gleich, auS welchen Gründen Schadensersatz gefordert wird, ob wegen Versäumung der schuldigen Sorgfalt oder aus anderweitigen Gründen (P. 409), und ob daS Geschäft auch auf Seite deS Ersatzpflichtigen ein Handelsgeschäft ist oder nicht. — Der richtigen Ansicht zufolge — sagt das R.O.H. Bd. 2, S. 387, Bd. 13, S. 207, Bd. 23, S. 374, Steg. Bd. 2, S. 328 — darf der Schade nicht in Anrechnung gebracht werden, welcher durch Anwendung gehöriger Sorgfalt seitens des Beschädigten vermieden werden konnte, wobei es gleichgültig erscheint, ob es sich um bloß faktische Versäumnisse auf Seiten deS Beschädigten oder um daS Unterlassen des AbschluffeS anderweitiger Rechtsgeschäfte handelt. — Liegt eine solche konkurrirende culpa deS Berechtigten nicht vor, so führt der Verzug deS Schuldners zur Ersatzpflicht deffelben auch hinsichtlich einer vom Gläubiger zu zahlenden, wenngleich noch nicht gezahlten (Bd. 15, S. 46) Konventionalstrafe, fall- nur der nöthige Kausalzusammenhang vorhanden ist (R.O.H. Bd. 4, S. 193; Bd. 7, S. 365). — Die Belastung deS Vermögens mit einer Verbindlichkeit stellt sich als ein bereit- eingetretener Schade dar, auch roenu derselben noch nicht genügt ist. Bei der Bestimmung eines zu ersetzenden Schaden­ ist das Interesse in Rechnung zu bringen, welches darin besteht, daß der Berechtigte einem Dritten dadurch verpflichtet worden ist, weil der Andere seine Verbindlichkeit gegen ihn, den Be­ rechtigten, nicht erfüllt hat. Gleichgültig ist, ob der Beschädiger bei der Beschädigung die auS ihr dem Beschädigten gegen Dritte entstehende Verbindlichkeit kannte oder nicht. DieS gilt namentlich bei dem durch Erfüllungsverzug begangenen Vertragsbrüche im Handelsverkehr (R.O.H. Bd. 16, S. 277, 279, R.G. XIX, 26). b. Zu ersetzen ist der durch die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung oder Unter­ lassung verursachte Schaden, gleichviel ob dies wirklicher Schaden oder entgangener Gewinn ist (R.G. XV, 17). — Der entgangene Gewinn ist immer ein Verlust, den der eine Theil erleidet; schon die Konsequenz erfordert, daß da, wo da- Gesetz eine Verpflichtung zum Schadens­ ersätze anerkennt, der entstandene Verlust nicht theilweise, sondern ganz vergütet werde. Ueberdies wird bei allen Handelsgeschäften Gewinn beabsichtigt; der Gewinn bildet den regelmäßigen Erwerb der Handeltreibenden, und eS wird derselbe stets im Voraus nach Maßgabe der be­ stehenden Konjunkturen in Berechnung gezogen. Die Vereitelung dieses Gewinnes steht im Handel mit dem positiven Vermögensverluste auf gleicher Linie. Hierzu kommt, daß die Beantwonung der Frage, was als wirklicher Schaden und was als entgangener Gewinn anzusehen, im Einzelnen und vorzugsweise bei Handelsgeschäften höchst zweifelhaft ist und erfahrungsmäßig zu entgegengesetzten Entscheidungen geführt hat. Ans diesen Gründen ist von der Bestimmung des A.L.R. (Th. 1, Tit. 5, §.285; Tit. 6, §§. 10 ff.) abgegangen, wonach der Schuldige in der Regel nur zum Ersätze des wirklichen Schadens, und nur bei vorhandenem Vorsatze oder grobem Versehen zur Erstattung des entgangenen Gewinns verpflichtet sein soll. M. 107,

Viertes Buch.

364

Bon den Handelsgeschäften.

Art. 284.

Artikel 284»). Die Konventionalstrafe unterliegt keiner Beschränkung in Ansehung des Be­ trages; sie kann das Doppelte des Jntereffes übersteigen»). P. 1309.

Der Art. 283 beseitigt für Handelsgeschäfte die const. un. Cod. 7, 47 (R.O.H. Bd. 19,

S. 3^5), sowie die im Z. 410, I, 5 A.L.R. enthaltenen Einschränkungen der Schadensersatz­ pflicht (R.O.H. Bd. 14, S. 20 n. 22), nicht aber die Modalitäten der Schadensverqütung, z. B. nicht den §. 91, I, 6 A.L.R., nach welchem der Beschädigte wählen kann, ob er Vergütung des Schadens an der beschädigten beweglichen Sache oder Ersatz des ganzen Werthes vor der Beschädigung gegen Ueberlassung derselben verlangen will (R.O.H. Bd. 16, S. 43), und ebenso­ wenig den §. 660, I, 11 A.L.R., nach welchem der Darlehnssucher, welcher das ihm zugesagte Darlehn anzunehmen verweigert, mindestens

einen halbjährlichen landesüblichen Zins des zu­

gesagten Kapitals als Schadensersatz zu leisten hat (R.G. XXIII, 200). — Nach §. 6, I, 6 A.L.R. ist bei Bestimmung des entgangenen Gewinns nur auf solche Vortheile Rücksicht zu nehmen, die entweder nach dem gewöhnlichen Lause der Dinge und der Geschäfte deS bürgerlichen Lebens, oder vermöge gewisser schon getroffener Anstalten und Vorkehrungen vernünftiger Weise er­ wartet werden konnten.

(Vgl. R.O.H. Bd. 9, S. 138, Bd. 11, S. 17.)

Der Schadensanspruch

wnd dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Schaden möglicherweise auch ohne Eintritt der zum Ersätze verpflichtenden Thatsache eingetreten wäre (R.G. XXV, 77).

Das Odertr. (S t r. Bd. 95,

S. 213) sagt zwar, „daß bei verzögerter Lieferung von Börsenpapieren der Kursverlust vom Lieferungstage ab bis zum Tage der wirklichen Uebergabe den Schadensanspruch ergiebt", der Zusammenhang des Urtheils macht jedoch klar, daß als Regel nur die Differenz zwischen dem vertraglichen Lieferungslage und dem Tage der Erfüllung gemeint ist, und nur der konkrete Fall eine abweichende Beurtheilung fand, weil am vertraglichen Lieserungstage kein Geldkurs vorhanden war. — Ueber die Schadensberechnung s. Note 44 a zu Art. 357 und über die pro­ zessualische Ermittelung. ob ein Schade entstanden sei, und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, §. 260 der C.P.O., R.G. XXV, 78.

8) a. Der Art. 284 hat nicht die Lehre von der Konventionalstrafe neu geregelt, sondern nur einzelne Streitfragen gelöst; insoweit jenes nicht geschehen, bleibt daher — abgesehen von einem etwaigen Handelsgebrauch

nach Art.1 — daS bürgerliche Recht in Wirksamkeit (R O H.

Bd. 16, S. 146 u. die folgende

Note 10b, ebenso R.G. XXV, 349), z. B. §. 307 I, 5 A.L.R.,

nach welchem die Konventionalstrase nicht verlangt werden kann, wenn die nachherige Erfüllung ganz oder zum Theil ohne Vorbehalt angenommen worden ist (R.G. II, 28, wo zugleich die Beweis last hinsichtlich des erklärten oder unterbliebenen Vorbehalts bei der Annahme der verspäteten Lieferung als Vertragserfüllung erörtert ist). — Wer die aus eine Zuwiderhandlung gestellte Konventionalstrafe fordert, braucht nur die Zuwiderhandlung, nicht aber auch zu be­ weisen, daß sie schuldbarer Weise erfolgte.

Der Beklagte mag in einem solchen Falle die

Gründe seiner Entschuldigung geltend machen (R.G. XX, 33). b. Der Art. 284 ist aufdie Konventionalstrafe aller theiligten Personen gleichmäßig,

bei einem Handelsgeschäfte

be-

und nicht bloß aus diejenige Konventionalstrafe anwendbar,

welche von Personen versprochen worden, auf deren Seite das Geschäft als Handelsgeschäft gilt.

P. 1310.

Ebenso R.O.H. Bd. 11, S.

57.

Konventionalstrafen sind strikte,

und

im

Zweifel zu Gunsten des Verpflichteten zu interpretiren (R.O.H. Bd. 13, S. 387; Bd. 14, S. 269 Bd. 17, S. 19), sie bezwecken auch nach Preuß. Recht nicht ausschließlich

die Fixirung des

Vermögensinteresses für den Fall der Nichterfüllung einer Vertragsverpflichtung,

sondern

dienen auch als Sicherungs- oder Bestärkungsmittel für Verträge durch Unterwerfung unter eine Privat st rase (R.O.H. Bd. 16, S. 40 t).

Noch nicht verfallene Konventionalstrafen sind nach

Preuß. R. nicht selbstständig cessibel (R.G. XV, 263). ö) Der Abs. 1 des Art. 284 hebt für alle Geschäfte, welche nach Handelsrecht zu be­ urtheilen sind (P. 1310), d. h. auf welche er überhaupt Anwendung findet, die Vorschrift des

Erster Titel. Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen. Art. 285.

366

Der Schuldner ist im Zweifel nicht berechtigt, sich durch Erlegung der Konventionalstrafe von der Erfüllung zu befreien10). Die Verabredung einer Konventionalstrafe schließt im Zweifel den Anspruch auf einen den Betrag derselben übersteigenden Schadensersatz nicht aus"). Pr. Entw. Art. 217. Eutw. I. Art. 242. Entw. II. Art. 267.

Prot. S. 409-412. Prot. S. 1310-1318. Prot. S. —

Artikel 285. Die Taraufgabe (Arrha) gilt nur dann als Reugeld, wenn dies vereinbart oder ortsgebräuchlich ist. §. 301, Th. I, Tit. 5 A.L.R. auf, nach welcher die Konventionalstrafe den doppelten Betrag des zu ermittelnden Interesses nicht übersteigen darf. — Bei Handelsgeschäften bedarf der Verzicht auf schon verwirkte Konventionalstrafen nicht der schriftlichen Form (R.O.H. Bd. 13, S. 19). 10) a. Die Konventionalstrafe ist also im Zweifel nicht als eine Wandelpön anzu­ sehen. Dieser Satz entspricht den §§. 311, 312, Th. I, Tit. 5 A.L.R. b. Bestimmungen darüber (P. 1313), ob die Konventionalstrafe mit dem Eintritte der­ jenigen Thatsachen, von denen sie im Vertrage abhängig gemacht worden, oder erst dann als verfallen anzusehen ist, wenn sich der Verpflichtete einer Zögerung schuldig gemacht hat (g. 305, Th. I, Tit. 5 A.L.R.), ferner, welche Rechte dem Gläubiger au- der Festsetzung der Konventional­ strafe zustehen, namentlich ob er zwischen der Klage auf Erfüllung und der auf Bezahlung der Konventionalstrafe zu wählen habe, oder ob er beides zugleich verlangen könne, sind in das Gesetz nicht ausgenommen. Dies wird daher nach den sonstigen Vorschriften des Civilrechts zu be­ urtheilen sein. — Nach §. 304, I, 5 A.L.R. ist eS unzulässig, Zinsen von einer Konventionalstrase vorzubedlngen; dagegen können ZögerungSzinsen gefordert werden (Sir. Bd. 27, S. 24; Bd. 82, S. 47 ; R.O.H. Bd. 5, S. 409). — Ueber den Fall, wenn bei nicht rechtzeitiger Lieferung zweier Gegenstände eine Konventionalstrafe bedungen worden, der Käufer aber die verspätete Lieferung des einen Gegenstandes verschuldet hat, s. R.O.H. Bd. 22, S. 169. n) Hierfür wurde gellend gemacht: Ein solches Recht müsse dem Gläubiger zugestanden werden, sonst werde in vielen Fällen die Konventionalstrafe gleich einem Reugelde sein, obschon dies von den Kontrahenten nicht bezweckt gewesen, denn der Schuldner brauche nur einfach die Erfüllung zu unterlassen, dann werde sich von selbst ergeben, daß er durch Entrichtung der Konventionalstrafe von der Erfüllung frei werde. Dies widerspreche aber der Natur der Sache und führe oft zu großen Härten, denn die Konventionalstrafe werde oft nur als Kompelle ohne besondere Abwägung der Angemessenheit ihre- Betrages verabredet und stehe nicht immer im Verhältniß 51t dem Interesse des Gläubigers an der Vertragserfüllung, welches nicht immer im Voraus übersehen werden könne. Die Konventionalstrafe sei aber zu Gunsten des Gläubigers bedungen; sie enthalte die Festsetzung eines Minimums, welches der Gläubiger ohne jede weitere Liquidation solle fordern dürfen, wenn der Schuldner da, wo er kein Recht dazu habe, die Erfüllung verweigere, und diese nicht erzwungen werden könne. Werde die Konventionalstrafe als das Höchste betrachtet, was der Gläubiger fordern könne, so kehre sie sich in ein zu Gunsten des Schuldners bedungenes Reugeld um, durch dessen Entrichtung er sich loskaufen könne. P. 412. Es müsse deshalb entsprechend dem gemeinen Recht und gegen die Bestimmung des §. 293, Th. I, Tit. 5 A.L.R. angeordnet werden, daß dem Gläubiger das Recht zustehe, ein nachweisbares, über die Konventionalstrafe hinausgehendes Interesse zu fordern. P. 1312. Insoweit ist durch Art. 284 das Preuß. Recht geändert, dagegen ist an der Bestimmung desselben Rechts über den Zeitpunkt, in welchem, wenn eine Konventionalstrafe bedungen war, der Anspruch aus der verspäteten Erfüllung gellend zu machen ist, Nichts geändert (R.O.H. Bd. 24, S. 273).

366

Vierte- Buch. Bon den Handelsgeschäften. Artt. 286. 287.

Sie ist, wenn nichts Anderes vereinbart oder ortsgebräuchlich ist, zurück­ zugeben oder in Anrechnung ju bringen12). Pr. 6nt». Art. 218. Snt». 1# Art. 243. ent». II. Art. 268.

Prot. S. 414. Prot. 6. 1313. Prot. 6. —

Artikel 286. Wegen übermäßiger Verletzung, insbesondere wegen Verletzung über die Hälfte, können Handelsgeschäfte nicht angefochten werden"). Pr. ent». Art. 219. ent». I. Art. 244. ent». II. Art. 269.

Prot. S. 416. Prot. S. 1813. Prot. S. —

Artikel 287. Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, insbesondere auch der Verzugszinsen, ist bei Handelsgeschäften sechs vom Hundert jährlich. In allen Fällen, in welchen in diesem Gesetzbuche die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen wird, sind darunter Zinsen zu sechs vom Hundert jährlich zu verstehen"). Pr. ent». Art. 221 Abs. 1. ent». I. Art. 243. ent». II. Art. 270.

Prot. S. 420. Prot. S. 1314. 1319. Prot. S. —

,2) a. Aus Abs. 1 des Art. 285 geht hervor, daß die Daraufgabe in der Regel als arrha confirmatoria, d. h. als Zeichen des Zustandekommens eines Vertrages, und nicht als arrha poenitentialis, d. h. nicht als Reugeld (Wandelpön) gilt, und daß von dieser Regel nur dann eine Ausnahme stattfindet, wenn (ausdrücklich oder stillschweigend, P. 415) verabredet ist, daß die Darausgabe als Reugeld gelten soll, oder wenn dies ortsgebräuchlich ist. b. Der Abs. 2 des Art. 285 bestimmt, daß die Darausgabe, wenn nichts Anderes ver­ abredet oder ortsgebräuchlich ist, als Angeld zu betrachten ist, d. h. als aus Abschlag der schuldigen Summe oder Leistung gegeben, und nicht als eine dem Empfänger zusallende Extraleistung. P. 416. Dies entspricht den §§. 207, 210, 211, Th. 1, Tit. 5 A.L.R. Die Fassung im Entwürfe erster Lesung lautete: Sie ist, wenn ?c., als ein Vorschuß anzusehen. Gegen dieselbe wurde erinnert (P. 1313), es scheine in ihr mit Unrecht vorausgesetzt zu sein, daß die Arrha immer in Geld und nur wegen Geldleistungen gegeben werde; deshalb wurde die Fassung, welche der Text enthält, vorgeschlagen. Aber auch diese Fassung ist nicht glücklich; man fragt gleich: wer hat die Wahl? während eine Wahl gar nicht eingeräumt werden soll. Das „oder" will sagen: je nach der Verschiedenheit der Fälle soll die Arrha, wenn sie als ein Theil der Er­ füllung gelten kann (dieser gleichartig ist) und soll, angerechnet, und wenn sie als solcher nicht gelten kann (ungleichartig ist) oder nicht gelten soll, zurückgegeben werden. Eine falsche Anwendung des Abs. 2 wird indeß ausgeschlossen, wenn man im Auge behält, daß die Arrha in der Regel nicht als eine dem Empfänger zusallende Extraleistung anzusehen ist. c. Der Art. 285 findet auf alle bei einem Handelsgeschäfte betheiligten Personen gleich­ mäßig Anwendung, und nicht blos auf diejenigen, auf deren Seite das Geschäft ein Handels­ geschäft ist. P. 1313, 1310. 1S) a. Nach manchen Partikulargesetzgebungen giebt schon die Verletzung über ein Drittel ?c. und nicht nur über die Hälfte (§§. 58ff., Th. I, Tit. 11 A.L.R.) Grund zur Auflösung des Vertrages; cs ist deshalb der allgemeine Ausdruck: „laesio enormis, übermäßige Verletzung" gebraucht. P. 1314. — Einen Fall der Anfechtbarkeit wegen laesio enormis statuirt jedoch das H.G.B. selbst im Art. 743.

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 288.

367

Artikel 288. Wer aus einem Geschäft, welches auf seiner Seite ein Handelsgeschäft ist, eine fällige Forderung hat, kann wegen derselben vom Tage der Mahnung an Zinsen fordern, sofern er nicht nach

dem bürgerlichen Recht schon von einem

früheren Zeitpunkte an Zinsen zu fordern berechtigt ist"). Die Uebersendung der Rechnung gilt für sich allein nicht als Mahnung").

Pr. (Ent». Art. 222 Ads. 2. (Ent». L Art. 247 Ads. 2 u. 3. (Ent». II. Art. 27L

Prot. S. 420 -428. Prot. S. 1315-1317. Prot. S. —

b. Der Art. 286 findet auf alle bei einem Handelsgeschäfte betheiligten Personen gleich­ mäßig Anwendung, und nicht blos aus diejenigen, auf deren Seite daS Geschäft ein Handels­ geschäft ist.

P. 1314.

") a. Daß die gesetzlichen Zinsen bei Handelsgeschäften aus sechs Prozent festgesetzt sind, während sonst die gesetzlichen Zinsen nur fünf Prozent betragen, beruht daraus, daß im Handels­ verkehre ein schnellerer Geldumsatz als

imgewöhnlichen

ausbleibender Zahlung nicht selten zu Opfern

Leben stattfindet,undder Gläubiger

genöthigt wird, um sich dieentbehrten

bei

Gelder zu

verschaffen. M. 109. — Die Bestimmung deS Abs. 1 im Art. 287 ist durch Art. 14 des Eini.-Ges. auf alle Handelssachen ausgedehnt. b.

Der

Art. 287

Vgl. Zusatz zu Art. 292.

beseitigt für das Gebiet deS Handelsrechts

die

kasuistischen Be­

stimmungen der §§. 695, 696, Th. II, Tit. 8, §. 664 ibid., §§.841, 805, 832, Th. I, Tit. 11 A.L.R. c. Die Worte „ohne Bestimmung der Höhe"

im zweiten Abs. deS Art. 287 sind mit

Rücksicht auf den Art. 106, in welchem die gesetzlichen Zinsen für den dort bezeichneten Fall ausdrücklich auf vier vom Hundert festgesetzt sind, aufgenommen worden.

P. 1314. — Eine

Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ist z. B. ausgesprochen in den Artt. 93, 95, 668, Abs. 2 u. a. d. Der Art. 287 findet aus alle bei einem Handelsgeschäfte beiheiligten Personen gleich­ mäßig Anwendung und nicht bloß auf diejenigen, auf deren Seite daS Geschäft ein Handels­ geschäft ist (R.O.H. Bd. 11, S. 407). e.

Stundung deS Kaufpreise- nach eingetretener Fälligkeit enthält im Zweifel keinen

Verzicht auf die Verzugszinsen (R.O.H. Bd. 23, S. 392). ,5) a. Der Art. 288 findet — im Gegensatze zu Art. 269 — Anwendung ohne Unterschied, ob der Gläubiger Kaufmann ist oder nicht („Wer auS einem Geschäft rc."); er konstituirt ein Recht, aber nur für denjenigen, aus deffen Seite daS Geschäft ein Handelsgeschäft ist. b.

Der Antrag,

den Abs. 1 zu streichen, wurde abgelehnt, weil der Satz, daß der

Schuldner durch eine Mahnung

in Verzug gesetzt

werde, selbst wenn diese Mahnung eine

außergerichtliche sei, zwar nach gemeinem Recht (sowie nach Preußischem: §. 71, Th. I, Tit. 16 und etwa- modifizirt: §. 684, Th. II, Tit. 8 A.L.R.) sich von selbst verstehe, nicht aber auch nach allen anderen Civilgesetzgebungen, so namentlich nicht nach dem französischen Civil­ rechte.

P. 4Jl u. 1317. — DaS R.O.H. (Bd. 12, S. 89)

eine Bestimmung nur für den Fall, gefordert werden können,

daß nach dem

bemerkt:

Der Art.

287

enthalte

bürgerlichen Recht überhaupt Zinsen

und schreibe für einen solchen Fall vor, daß der Zinsenlauf (in Er­

mangelung eines früheren, durch das bürgerliche Recht bestimmten terminus a quo, R.O.H. Bd. 15, S. 39; R.G. II, 201) spätestens mit dem Tage der Mahnung beginne, wenn die Forderung fällig sei und auS einem Geschäfte herrühre, welches auf Seite des Gläubigers ein Handelsgeschäft ist. lö) Der Abs. 2 des Art. 286 enthält eine Abänderung des §. 685, Th. II, Tit. 8 A.L.R., nach

welchem

werden sollte.

die Zustellung

der Rechnung

der

ausdrücklichen Mahnung gleichgeachtet

368

Vierte- Buch.

Bon den Handelsgeschäften. Artt. 289. 290.

Artikel 289. Kaufleute unter einander sind berechtigt, in auch ohne Verabredung oder Mahnung von jeder welchem sie fällig war, Zinsen zu forbern17). Pr. Eutw. Art. 222 Abs. 1. Prot. S. Eotw. I. Art. 247 Ads. 1. Prot. S. Eotw. II. Art. 272. Prot. S.

beiderseitigen Handelsgeschäften Forderung seit dem Tage, an 420-423. 1316-1317. —

Artikel 290. Ein Kaufmann, welcher in Ausübung des Handelsgewerbes einem Kaufmann oder Nichtkaufmann Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne vorherige Verabredung Provision**), und wenn es sich um Aufbewahrung handelt, zugleich auch Lagergeld nach den an dem Orte gewöhnlichen Sätzen fordern"). 17) a. Der Art. 289 enthält eine Rechtsregel nur für den Fall, daß beide Kontrahenten Kaufleute sind und das Geschäft für Jeden von ihnen („beiderseitig") ein Handelsgeschäft ist. — Das R.G. XIV, 31 erachtet es für die Anwendung des Art. 289 auf beiderseitige Handels­ geschäfte unter deutschen Kaufleuten als unerheblich, ob das betr. Handelsgeschäft nach deutschem oder nach einem auswärtigen Rechte zu beurtheilen ist. b. Der Art. 289 bezieht sich auf alle fälligen Forderungen eines Kaufmanns, ohne Unterschied, ob die Fälligkeit sofort bei der Entstehung iKontant-Ausstände) oder erst nach Ablauf einer Zeit (Ziel-Ausstände) oder Eintritt einer Bedingung eintrat (P. 422 u. 1313) oder eine Forderung auf Schadensersatz betrifft (R.G. XX, 122). Es war beantragt, die Worte: „auch ohne Verabredung" zu streichen, weil der Artikel eben für den Fall, daß keine Verabredung hinsichtlich deS terminus a quo der Zinszahlung getroffen sei, disponire. Man erläuterte diese Worte jedoch dahin, daß die Vorschrift des Art. 289 zur Anwendung kommen solle, auch wenn über die Höhe der Zinsen Nichts bedungen sei. P. 423. Vgl. hierüber den §. 696, Th. II, Tit. 8 A.L R., welchem der Art. 289 offenbar nachgebildet ist. c. Aus dem Art. 2^9 kann nicht e contrario gefolgert werden, daß vor der Fällig­ keit der Forderung niemals Zinsen gefordert werden können; dies darf allerdings geschehen, wenn besondere Gründe hierzu vorhanden sind, wie z. B. dann, wenn ein Darlehn auf 6 Monate gegeben ist, die Zinsen vom Tage der Hingabe gefordert werden können. >Vgl. Art. 290 Abs. 2) P. 1318. d. Die im Art. 289 gedachten Zinsen haben eher die Natur von st i l l s ch w e i g e n d versprochenen (Konvential-) Zinsen als von Verzugszinsen; es kommt daher auf einen schuldbaren Verzug des Schuldners (mora solvendi) nicht an. Jedoch kann der Art. 289, wie sich von selbst versieht, keine Anwendung finden, wenn der Gläubiger verpflichtet ist, die Leistung des Schuldners bei diesem abzuholen, und sich in mora accipiendi befindet. P. 1316. Gegen diese Aeußerungen in den Protokollen wendet sich v. Hahn, 2. Aufl. II, 102 und weist nach, daß der Art. 289 lediglich von Verzugszinsen handle. *) Ueber den Begriff der Provision R.O.H. Bd. 22, S. 408; Bd. 23, S. 16. 18) Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 290 ist, daß ein Kaufmann in Aus­ übung des Handelsgewerbes (nicht nothwendig: seines Handelsgewerbes, P. 427, R.O.H. Bd. 7, S. 363), d. h. als Kaufmann einem Anderen Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, z. B. Bürgschaften dauernd für ihn übernimmt (R.O.H. Bd. 11, S. 248). Die besorgten Geschäfte oder geleisteten Dienste müssen in den Betrieb des Handelsgewerbes des Leistenden fallen (R.O.H. Bd. 10, S. 243) und anö seiner gewerblichen Thätigkeit hervorgehen (Bd. 23, S. 97), auch zu solchen Leistungen gehören, welche vergütet zu werden pflegen (Bd. 16, S. 34). Er ist alsdann befugt, auch ohne vorherige Verabredung Provision, und, wenn es sich um

Erster Titel.

Bon den Handelsgeschäften im Allgemeinen.

Art. 291.

369

Von seinen Darlehen, Vorschüssen, Auslagen und anderen Verwendungen kann er, vom Tage ihrer Leistung oder Beschaffung an, Zinsen in Ansatz bringen"). Dies gilt insbesondere auch von dem Kommissionair und Spediteur. Pr. Eutw. Art. 227. Eutw. I. Art. 248. Eutw. II. Art. 273.

Prot. S. 426—429, Prot. S. 1817. Prot. S. —

Artikel 291. Wenn ein Kaufmann mit einem anderen Kaufmann in laufender Rechnung (Kontokurrent) steht, so ist derjenige, welchem beim Rechnungsabschlüsse ein Ueber* schuß gebührt, von dem ganzen Betrage desselben, wenngleich darunter Zinsen be­ griffen sind, seit dem Tage des Abschlusses Zinsen zu fordern berechtigt. Der Rechnungsabschluß geschieht jährlich einmal, sofern nicht von den Parteien ein Anderes bestimmt ist20). Pr. Eutw. Art. 224. Eutw. I. Art. 249. Eutw. II. Art. 274.

Prot. S. 424. Prot. S. 1817. Prot. S. 4560.

Aufbewahrung (in seinen, oder den ihm zur Verfügung stehenden Räumen, oder bei Dritten, R. G. 1, 286) handelt, zugleich auch Lagergeld zu fordern, und zwar Beides (P. 1317) nach den an dem Orte gewöhnlichen Sätzen. Ebenso kann er Entschädigung für die Mühewaltung bei der Verpackung verlangen, wenn dieselbe eine besondere Aufmerksamkeit und Anwendung entsprechender Vorsichtsmaßregeln erfordert (Steg. Bd. 3, S. 359). Vgl. §§. 693—701, Th. H, Tit. 8 A.L.R.) Steht die Höhe der Provision nicht anderweit fest, so wird anzunehmen sein, daß nach dem Willen der Kontrahenten sie zunächst dem billigen Rimessen deS Leistenden überlassen ist; macht dieser daher in einem solchen Falle von seinem Rechte der Preisbestimmung Gebrauch, so ist er an die gestellte Forderung gebunden und kann sie nicht später erhöhen, auch wenn der Empfänger seine Zahlungspflicht überhaupt bestritten hat. Letzterer braucht aber nur eine angemessene Vergütung zu gewähren (R.O.H. Bd. 11,