Corpus fabularum, Band 1: Die Sagen der monathlichen Unterredungen Otto von Grabens zum Stein: [Nachricht von den monathlichen Unterredungen von dem Reiche der Geister] [Reprint 2019 ed.] 9783111427966, 9783111062983

160 83 26MB

German Pages 344 [348] Year 1961

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Corpus fabularum, Band 1: Die Sagen der monathlichen Unterredungen Otto von Grabens zum Stein: [Nachricht von den monathlichen Unterredungen von dem Reiche der Geister] [Reprint 2019 ed.]
 9783111427966, 9783111062983

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
1. Athanasius Kircher
2. Die gefallenen Engel
3. Der Hekla
4. Die Berliner Besessene
5. Die Hausgeister der Rosenberge
6. Bertha von Rosenberg
7. Der Hausgeist zu Ogulin
8. Der Brautschatz im
9. Der geldbringende Zwerg
10. Der Schatz im Stall
11. Der Leipziger Eeistersichtige
12. Eeisterphantasien
13. Die Anmeldung am 28.
14. Der Schlag gegen das
15. Der unruhige Toten
18. Der Langemantel
17. Das Ehepaar aus dem Fegfeuer
18. Der Neisser Totentanz
19. Die Tote im Brautkleide
20. Rickmodis von der Aducht
21. Der wiedergehende
22. Der Homunkulus der Alchimisten
23. Das Recht der Begrabenen
24. Die ermordete Schwangere
25. Zum Bahrrecht
26. Der Affe des Ritters von Rabi
27. Das Pulver der Zwerge
28. Besuch der Unterwelt
29. Flucht in die Unterwelt
30. Schatzbeschwörung auf dem Geben
31. Der Berggeist
32. Nix-Annchen
33. Der Nix und fein Weib
34. Der brennende Mönch
35. Das Licht auf dem Galgenberge
36. Das unheimliche Feuer
37. Der Galgen
38. Das rufende Licht
39. Die gestörte Ruhestätte der Toten
40. Der Teufelsbund des Dresdener Arnold
41. Der Freikugelgutz des Schreibers
42. Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein
43. Rübezahl ist ein arger East
44. Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger
45. Der ausgetriebene Poltergeist
46. Die Hölle im Vulkan
47. Peter von Appono
48. Der Geist im Glas
49. Kaiser Rudolphs Alraune
50. Der ohrfeigende Mönch
51. Die Lichter im Pauliner-Kollegium
52. Spukende Mönche
53. Der Dresdener Mönch
54. Die Frau auf dem Roten Turm
55. Der wiedergehende Goldschmied
56. Polterspuk in der Kirche
57. Vorzeichen, die den Papst angehen
58. Polterspuk in der Kosliner Kirche
59. Das steinerne Bild im Johannisspital
60. Das verliebte Gespenst
61. Der Prager Klosterschatz
62. Der Scheidewasser-Hans
63. Die bockreitende Wiedergängerin
64. Junker Ludwig
65. Die russische Mittagsfrau
66. Der Teufel von Löbestädt
67. Der tobende Selbstmörder
68. Der Pakt des Lehrjungen
69. Der Gräfin Esterhazy Kirchen
70. Der Schatz der Fra« v. Eberstein
71. Im Paradies gewesen
72. Die Berliner Meitze
73. Frau Perchta
74. Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben
75. Der Neuhauser sütze Brei
76. Böhmische Wunder
77. Johann von Nepomuk
78. Die Altenburger Götzen
79. Papistische Heiligtümer
80. Ziskas Trommel
81. Das Labyrinth der Libussa
82. Junker Radibor
83. Die Prager Säule
84. Der Lichterspul auf dem Wissehrad
85. Das nächtliche Fest
86. Die nächtliche Schildwache
87. Der reitende Mönch
88. Der Prager Hirnschädel
89. Die Krainer Briiderschädel
90. Das St. Georgs-Bild in Prag
91. Feurige Reiter am Weißen Berge
92. Die Bernsteinsche Jungfrau
93. Die Versöhnung auf Schloß Eifenberg
94. Noch einmal die Bernsteinsche Jungfrau
95. Die Pelzfrau
96. Der Asse von Blasnie Eora
97. Der echte und der falsche Erbherr
98. Die ermordete Kammerfrau
99. Der Ring in der Wunde
100. Das Vorzeichen von der Enthauptung des Grafen Nadasti
101. Der Stock im Eisen
102. Der Teufel Baumeister
103. Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche
104. Der wiederkehrende Klostermönch
105. Das ewige Licht auf dem Friedhofe
106. Die strafenden Toten
107. Die Alraune Kaiser Rudolphs II
108. Die magischen Geräte Kaiser Rudolphs II
109. Der militärische Spuk im Wiener Zeughause
110. Die mißglückte Schatzerhebung
111. Todvorzeichen Kaiser Josephs
112. Die Eisenberger Versöhnung
113. Das Spukschlotz bei Tülle
114. Die Mord-Säule
115. Das Leopoldschloß auf dem Kahlen Berge und das Prügelbrot
116. Die Lichter aus dem Meinhardsberge
117. Der Pest-Riese
118. Die Riesen von Enns
119. Kinderschreck
120. Arme Seelen
121. Die Seelenerlöserin
122. Der nächtliche Tanz der Zwerge im Linzer Schlosse
123. Der Matrose stillt den Sturm
124. Die geschlagene Kindeshand
125. Das Seeweiblein im Traunsee
126. Der Tod des Abtes
127. Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder
128. Der Weg durch die Unterwelt
129. Die Höhle der Sibylle
130. Das Familienkleinod der Alvensleben
131. Der Hörselberg
132. Die Hölle in den Vulkanen
133. Die Schlangenjungfra« von Kleinvest in Krain
134. Das Bergmännleinfchloß
135. Der Teufel wehrt dem Echloßbau
136. Die Wunder des Schlosies Etermol
137. Die Wallfahrt nach Clanitz
138. Die geforderte Bettelfahrt
139. Eeisterbegleiter und Eeisterkampf
140. Der Gerber und sein Besuch
141. Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosie
142. Margaretha Maultasch
143. Das Dessauer Familienkleinod
144. Wein in seiner Haut
145. Die Aschentöpfe von Schloß Wolsfsberg
148. Bruder Bertram
147. Das Vaterunser des Pferdejungen
148. Um Ruhe gebetet
149. Wie es drüben ist
150. Der Melancholikus und sein Plagegeist
151. Der nächtliche Hilferuf
152. Der Stein int Hof zu Thäte
153. Quinta essentia
154. Trithemii Grab
155. Die Ehelosigkeit des Magus
156. Der schwitzende Grabstein
157. Die Rose im Lübecker Chor
158. Das Wiedehopfennest
159. Das Todesglöcklein in Salerno
160. In Jerusalem
161. Joachim II. wußte den Tod voraus
162. Die Berliner Weiße Frau
163. Die Uhr der toten Ehefrau
164. Taubmanns Ende
165. Der Teufel trägt Säulen herzu
166. Die unerfahrene Beschwörung
167. Lucas Eauricus
168. Trithemii Lehrer
169. Das Kloster in Georgien
170. Das Kloster zu Salerno
171. Syburg
172. Der Leipziger Advokat im Kerker
173. Die Schatzbefchwörung in der Leipziger Angermühle
174. Die Jenaer Christnacht-Beschwörung
175. Paracelfi Elektrum
176. Das Christophelgebet
177. Die Christophelbeschwörung in Lauda
178. Grosses Schatz
179. Des Krummen Stoffel Silberader
180. Der Schatz des Erhängten
181. Der Peterneller Schatz
182. Die Wiener Schatzbeschwörung
183. Wünschelrute im Amt
184. Die Wünschelrute des Böhmen
185. Der verlorene Schatz des Klosters
186. Der Kobold im Pfarrhause
187. Der in den Arm gehexte Unrat
188. Schmalzowscher Hexenprozeß
189. Das stecknadlige Brot
190. Das vorbedeutende Spannen der Flinte
191. Ich werde heut noch sterben
192. Die Vorzeichen im Berliner Schlosse 1713
193. Der Nachtspuk im Berliner Schlosse
Nachweise
Konkordanz
Register

Citation preview

Corpus Fabularum

I

herausgegeben von Will-Errch Peuckert

Walker de Gruyker & Co. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung • I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl I. Trübner • Veit & Comp.

Berlin 1961

Die Gagen der Monathlichen Unterredungen Otto von Grabens zum Gtein

herausgegeben von Will-Erich Peuckert

Walker de Gruyker & Co. vormals G. I. Göscheu'sche Verlagöhandlung • I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl I. Trübner • Veit & Comp.

Berlin 1961

©

Archiv-Irr. 462861 Printed in Germany Alle Rechte des I^achdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photo­ kopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Deutsche Zentraldruckerei AG, Berlin

Vorwort Die „Monathliche Unterredung", später die „Unterredungen Von dem Reiche der Geister" erschienen in insgesamt achtzehn Stücken oder drei Bänden in den Jahren 1731 und 1741, und zwar die beiden ersten Bände in Leipzig bei Samuel Benjamin Wallern 1731, der dritte Band erst 1741 in Verlegung des Auctoris in Berlin. Der Wolfenbüttler Katalog nennt als Verfasser Otto von Graben zum Stein. Die Angabe geht auf Jöcher zurück. Mein Assistent Dr. Möller war so freundlich, sie nachzuprüfen; Jöcher erklärte demnach: Von Graben zum Stein (Otto), aus einer alten adeligen Familie in Tyrol, trat in den Seroiten-Orden, ward Garnison-Prediger zu Milazzo in Sicilien, mußte aber flüchtig werden, weil er in der folgenden Schrift die Rechte des kaiserlichen Hofes wider den päpstlichen vertheidigte. Weil er von Rom aus überall verfolget ward, so begab er sich durch Böhmen nach Leipzig, trat daselbst zur Lutherischen Kirche, und gab Unterricht im Italiäni­ schen. Man hat von ihm De Jure Eaesaris investiendi Episcopos in Sicilia; Begebenheiten des auf wundersamen Wegen gereiseten Pil­ grims, Leipzig 17...., sechs Stücke in 4°, unter dem Nahmen Krittle; Nachricht von den monathlichen Unterredungen... Eben das. 1729, 8°, voll Aberglauben und Schwärmerey, daher die Fortsetzung desselben verbothen ward, „Schematismus anatomiae hodiernae Ecclesiae Roma nae, Köln 1731 in 4°; Spanisches Kriegs-Reglement in das Deutsche übersetzt. Berlin 1730 in 8°. Unschuldige Nachrichten 1731, 280.“ Aber, wie unsere Vorlage zeigt, sind zwar die beiden ersten Bände der „Mo­ nath!. Unterredungen" verboten worden, doch v. Graben hat sie zehn Jahre später in einem Berliner Drucke fortgesetzt. Das mag erklären, weshalb die ersten Bände reich an sächsischen, der letzte reich an brandenburgischen Nachrichten ist. Der Untertitel des ersten Bandes erklärt, er gebe eine „Gründliche Untersuchung von dem Wesen der Geister, deren Fall, und was die­ selben für Eigenschaften vor und nach dem Falle bekommen, ob und wie es ihnen möglich, Körper anzunehmen, wie weit ihnen EOtt nach seiner heil. Ordnung zugelassen, in der Welt die Elemente zu verwalten, was von der Zauberey, Bindnissen mit den Geistern, der Bewahrung ver­ borgener Schätze und deren Entdeckungen zu halten, in was für einem Zustande sich die Besessenen befinden. Hierzu kommen die verschiedenen Meynungen von den Seelen der Verstorbenen, ihren Erscheinungen, wie weit man die vielfältigen Erzehlungen von den Geistern für wahr halten solle. Nach den Grund-Sätzen der Heil. Schrift, alter glaub­ würdiger Kirchen-Väter, der besten Philosophen und anderer berühmter Männer, untersuchet und der gelehrten Welt so wohl als andern Lieb­ habern solcher wunderlichen Begebenheiten zum Nutzen angestellet zwi-

schon Andrenio und Pneumatophilo". Der Tenor des Untertitels läßt bereits erkennen, daß es sich hier nicht so um eine Streitschrift gegen den „Geisterglauben", den Glauben an Dämonen, Mittelwegen, Miedergänger, Teufel handeln wird, sondern daß hier die Geister als ein Wirk­ liches behandelt werden. Das ist um 1731, in den Jahrzehnten der triumphierenden Aufklärung, immerhin verwunderlich. Aber es kenn­ zeichnet Ort und Meinung dieses Werkes, für die die „materialifchen Irr- oder Freygeister" ärgerniserregend sind. Und der Verfasser zählt in seiner achtzehnten Unterredung (3, 558) alle ihm und seiner Schrift Zuwideren auf: „Besonders ist Wierius bekannt... Was aber die Haupt-Gründe wider das gantze Geister-Wefen in der Thomasischen Lehr-Art sind, so sind selbige aus Balthasar Beckers bezauberter Welt genommen. Weil doch aber die Lehr-Sätze Thomasii wider das gantze Eeister-Wesen, Zauberey und Hexen-Wercke, absonderlich in diesen Landen so viel Aufsehens gemacht, und gleichsam eine neue Reformation auf eines eintzigen Mannes Schriften ist eingegangen worden, obschon Becker die Poltzen gemachet, Thomasius aber sie nur verschossen hat: so kan man dieses Thomasio doch nicht zu schreiben, sondern man mutz auf denjenigen sehen, von welchem er seine vermeinte Grund-Sätze geborgt hat" (: 3,558 f.). Wir haben hier also eine gegen die Aufklärung, gegen Thomasius und Balthasar Bekker gerichtete Schrift, die das als wirklich zu beweisen versucht, was jene als Trug und Torheit abgestritten haben. Es ist Hier nicht der Ort, die geistige Situation der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in bezug auf Hexen und Dämone, Zauberei und astrologischen Glauben darzulegen, dafür verweise ich auf den zwei­ ten Band der „Pansophie", — mir liegt zur Stunde nur daran, ein wichtiges sagenkundliches Quellenwerk der nicht-verdienten Vergessen­ heit zu entreißen. Es ist wahrhaftig seltsam, daß dieses etwa dreimal siebenhundert Seiten umfassende und sehr reiche Werk, von sehr ge­ legentlichen Bemerkungen der Gebrüder Grimm und Johann Wilhelm Wolfs abgesehen, allein in Grätzes sächsischen und preußischen Sagen laut geworden ist. Die neueren Sammlungen, etwa Meiches Sagenbuch des Königreichs Sachsen, begnügten sich damit, Grätze auszuziehen und dessen Flüchtigkeitsfehler rote Zuschreibungen zu übernehmen. Grätze, der große Bücherwurm und Bibliothekar in Dresden, hat 1855, als er die erste Auflage seines sächsischen Sagenwerkes ausgab, die „Unter­ redungen" zwar noch nicht gekannt, hat sie jedoch um 1876, als er sein preußisches Sagenwerk begann, zitiert; in diesen zwölf Jahren also stöberte er die Heute noch seltener gewordenen „Unterredungen" auf. Warum die „Unterredungen" schon gegen Ende des Jahrhunderts vergessen worden sind, ist schwer zu sagen; möglicherweise hat die sehr streitbare Aufklärung sie „erledigt". Der dritte Band beklagt sich, datz man den ersten 1731 „dergestalt censiret habe", „datz einem grauen möchte, an solche Materie ferner zugedencken", und er bezeichnet als Rezensenten aufgeklärte Orthodoxe, Anhänger des Thomasius und Bek­ ker. Es kommt dazu ein zweites: die „Monatlichen Unterredungen"

haben sich auch bei den Sagenforschern nicht recht halten können; die Brüder Grimm bevorzugen ihnen gegenüber aus der gleichzeitigen Literatur dis „Nachrichten von Geistern. Frankfurt 1737", die öster­ reichischen und reichsdeutschen Sammler I. B. Küchelbeckers „Allerneueste Nachricht vom römisch-kaiserlichen Hofe... Hannover 1730“; weswegen man sich so entschied, vermag ich nicht zu sagen, allein das Faktum ist recht offensichtlich. Darüber hinaus jedoch auch noch ein zweites: die Unterredungen wie die beiden eben genannten Schriften bringen fast dieselben Sagen; das aber heißt, daß wir den Sammlungen so etwas wie eine zeitliche Glaubenslage abzusehen vermögen, ein Umstand, auf den man bisher nicht geachtet hat, der aber für eine Geschichte der Sagen von erheblicher Bedeutung ist. Um nun die „Unterredungen" selbst zu charakterisieren, — es sind Dispute zwischen einem Andrenio und Pneumatophilus, anknüpfend an ein die Jahre um 1730 anscheinend sehr erregendes Geschehen: die „jüngsthin ausgesprengte Berlinische Historie von einer besessenen Weibs-Person“. Andrenio beginnt: „Werthester Pneumatophilus! Gleichwie es dir nicht unbekannt seyn kan, da ich in vielen Sachen ein ungläubiger Thomas bin, so gestehe ich gar gerne, daß es vornehmlich in der Materie von den Geistern geschiehet", und er knüpft an die eben erwähnte Geschichte von der Berliner Besessenen (Nr. 4) an. Darauf entgegnet ihm Pneumatophilus: „Du begehrest, lieber Andrenio, als ein Recht-Gläubiger“, — beide stehen auf dem protestantischen Elaubensboden, — „von mir deinem Neben-Bruder erstlich zu viel zu wissen, und hernach bist du in der Materie von den Geistern so gar ungläubig, daß ich nicht anders drucken kan, als daß du über die Schriften des Hobesti oder Spinozae gerathen...“ Damit ist aber der Ausgangspunkt des ganzen Werkes, den ich vorhin bereits andeutete, klargelegt. Ein „Geisterfreund“ belehrt den Frager, was es mit den Dämonen, Geistern, Zauberwesen auf sich habe; ein an die Zwischenwesen und an deren Möglichkeiten Klaubender, von deren religiösen und philosophischen Grunde er im Vorwort spricht, geht gegen die Meinung der Hobbes, Spinoza, Bekker an, bekämpft die aufgeklärte Welt und ihre Schlüsse. Und schließt sein Werk mit der Bekehrung des Andrenio zu seiner An­ sicht und zu seinem Glauben. — Es bleibt, einen Bericht über die nicht aufgenommenen Sagen der „Monatlichen Unterredungen“ zu geben. Aus den deutschen Überliefe­ rungen blieben die Angaben 2,501—503 zurück, die nur einen resümie­ renden Auszug aus Agricola, de re Metallica darstellen. Aus einem Versehen wurde die Luthersage 3,398 f. zurückgelassen; ich gebe sie des­ halb hier: „Es erzehlet Viedenbach Collat. lib. VII. mp. 39, daß an dem Tage, da der sei. Lutherus verstorben, alle Besessene, welche zu Gehlen, einem Flecken in Braband bey dem Grabe der heiligen Dymnae zugegen gewesen, auf einmahl erlöset worden; Doch hätten diese Geister nicht lange hernach insgesammt ihre alte Wohnung wieder bezogen, und da sie von dem Exorcisten befraget worden, wo sie den vorigen Tag ver-

borgen gelegen? zur Antwort gegeben, sie hätten aus Befehl ihres Fürsten dem Begräbniß des neuen Propheten und ihres getreuen Mit­ helfers beywohnen müssen. Diese Begebenheit soll Lutheri Bedienter, welcher bey seinem Tode gegenwärtig gewesen, bekräfftiget, und gemeldet haben, daß, da er, um frische Lufft zu schöpffen, durch das Fenster hin­ aus gefchauet, er mit grossem Schrecken viele heßliche Geister hin und wieder einen Reihen halten gesehen, wie er denn auch ausgesaget, daß eben diejenigen Raben, welche die Leiche von Eibleben bis nach Witten­ berg begleitet, solche dienstbare Geister gewesen seyn müssen", welcher Sage dieses Gegenstück beigegeben wurde: „Es ist der Weltberühmte Paulus Sarpius, ein Servile, sonst auch Petrus Suavis genannt, wel­ cher die Gerechtsame der Durchlauchtigsten Republik Venedig wieder den Päbstlichen Stuhl ritterlich behauptet, und das bekannte Concilium zu Trident mit lebhafften Farben abgemahlet. Weil dieser Ehrwürdige EOttes-Gelahrte durch einen Meuchel-Mord nach dem gewöhnlichen Principio: Es ist besser, daß ein Mensch sterbe, als daß eine gantze Secte darunter Schaden leide, auf Päbstliches Anstifften nicht tonte auf die Seite geschaffet werden; So muste er noch auf seinem Tod-Bette von gelehrten Scribenten diesen Schand-Flecken davon tragen, daß er in den letzten Zügen grausam zu brüllen angefangen, und mit den Augen beständig gegen das Fenster gesehen habe; da nun der Auffwärter, nicht wissend warum, dasselbe geöffnet, wäre eine grosse Menge Raben hinein geflogen, welche unter einem gräßlichen Geschrey in der Cammer herum geschwärmet, bis der gute Sarpius den Geist aufgegeben." Unser Autor gibt sich in seinem Werke als gereifter Mann. Es ist einer, ja vielleicht der größte Reiz dieser „Unterredungen", daß ihr Verfasser gleichzeitige Berichte veröffentlicht, in Akten, Briefen und versteckten Drucken zu Hause ist und sich textkritisch viele Mühe gibt. Er kennt das ganze deutsche Sprachgebiet aus eigener Anschauung, hat beispielsweise Krain gesehen, besuchte Böhmen, kennt die Niederlande. Dagegen scheint ihm das Außerdeutsche fremd geblieben zu sein. Die Sagen, die er von „draußen" beibringt, entstammen Büchern. Es schien nicht richtig, diese entlehnten und aus vom Autor nicht besuchten Ländern stammenden Stücke abzudrucken, aber ich zähle sie kurz auf: aus Schweden stammt die Beschreibung des Opfers für das Jul-Heer (Samuel Rheen) (75 f) : 3,74, die Beschreibung des Thors-Hammers (Rudbeck, Atlantis II6): 3,113 ff., aus England die Sage von der die Sterbestunde der Tochter ansagenden Mutter (Beaumon): 3,317 ff., aus dem Florentinischen die Sage vom Höllengesicht des Brandenburgischen Markgrafen Hugo (Andreas Engel, Breviar. rer. March.) und der Stiftung der sieben Benediktinerklöster: 3,301 ff., aus Venedig die Geschichte von dem Exorcisten Vitalis, der ungläubigen Studenten die ausgetriebenen Dämonen zeigt, und der eine Theatervorstellung mit Dämonen in Wien geben wollte: 3,401 ff., aus Schottland zitiert er zwei von Morison übernommene Sagen vom Zweiten Gesicht: 3,289 ff., aus Irland (Schottland) Berichte über das Doppelsehen oder Zweite Gesicht (John Aubrey, De miscellaneis):

2,192 ff., aus Polen (Delrop, Disquisitiones mag. lib. II Quaestio 27 Sejt. 2) Angaben über die Kobolde oder Coltri: 2,503 f., aus Litauen drei Sagen (Adam Naramowski, Facies rerum Sarmaticarum in säete regni Poloniae et Magni Ducatus Lithuaniae gestarum 1725) von einem Erabraub und Aufstand der verdammten Toten gegen den Räu­ ber: 3,24 ff., vom Leichenfest eines Kosakenhetmans, der sich wälzt, Blut wirft und „flieht!" ruft: 3,33 ff., und endlich von einer wiedergehenden geizigen Frau, die im Kloster begraben wurde, störte und durch den Bischof beschworen ward: 3,36 ff., aus Griechenland gibt er Nachrichten über schädigende Wiedergänger: Burcalaccos: 3,67 f., endlich von den Lappen die Sage über die drei Windknoten, die ja auch Olaus Magnus kennt: 3,100, und schließlich berichtet er über ihre Zaubertrommel: 3,80 ff. und die Zaubertasche der Finnen: 3,109 ff. Nach diesem Bericht über das Vorhandene und Nichtvorhandene darf ich auf die Eigenart des Erzählers eingehen. Daß er an die Jen­ seitigen glaubt, wurde schon gesagt. Daß er aus eigener Anschauung spricht, habe ich vorhin angedeutet, aber ich gebe noch ein ausführliches Beispiel dafür: „In der Croatischen Meer-Eräntze, welche von Croaten und Wallachen, oder Griechischen Glaubens-Genossen bewohnet wird, befindet sich ein gewisses Bißthum eben dieses Glaubens, welches in der Ober-Hauptmannschaft Ogulin gelegen ist. Allda starb vor einiger Zeit Pavel Vulkouiz Serdor, Fähndrich zu Ottock, da man denn Anstalt machte, denselben in das Begräbniß seiner Familie beyzusetzen. Es war dasselbe bey Menschen-Gedencken nicht geöffnet worden, wie denn auch keiner von den Anverwandten zu sagen wüste, wer eigentlich aus ihrer Familie daselbst seine Ruhe-Stelle genommen hätte. Bey Eröffnung dieses Grabes erblickte man einen scheußlichen Cörper, welcher gantz schwärtzlich aussähe, hoch aufgeschwollen, gantz unverweset und an Härte einem Steine zu vergleichen war. Man kan leicht erachten, wie hierbey den Anwesenden zu Muthe und wie groß ihre Erstaunung gewesen. In­ zwischen wurde der Ruff von dieser Sache gar bald weiter ausgebreitet, und insonderheit dem commandirenden General der selben Zeit, welcher Peter Paul Bonaza hieß, davon Bericht erstattet. Gleichwie nun der­ selbe ein sehr curieuser Mann war; also trug er grosse Begierde, dieses Abentheuer selbst in Augenschein zu nehmen, da ich denn Gelegenheit bekam, denselben an gedachten Ort zu begleiten. Wir funden auch in der That, daß sich die Sache also verhielte, wie es uns das Gerüchte und andere Nachrichten hinterbracht hatten. Unsere Verwunderung aber war um so viel größer, je weniger wir einen Zusammenhang zwischen den Reguln der Natur und diesem Phaenomeno finden lernten. Ich meines Theils erwog die Sache nach allen ihren Umständen, zumahlen mir der Betrug, den man mit solchen Toden-Cörpern zu spielen pflegt, gar zu wohl bekannt war, als daß man mir mit einigen Blendwerck die Augen hätte verkleistern können. Allein ich fand nicht die geringsten Merckmahle von List und Verstellung... Man ließ kurtz nach unserer Ankunft den Popp oder Priester Peter Stanick aus dem zwey Stunden davon

gelegenen Dorffe Modrischa beruffen, um von demselben zu vernehmen, was er von diesem seltsamen Zufall hielte. Dieser brach ohne langes Vedencken alsobald heraus, es müste der Verstorbene in den grossen Kirchen-Bann ohne erhaltene Bischöfliche Absolution von der Welt ab­ geschieden und begraben seyn, folglich könne sein Cörper nicht eher ver­ faulen, woferne er nicht von demselben losgesprochen würde. Der Ge­ neral ließ hierauf den Cörper durch Croatische Eräntz-Soldaten, welche der Römischen Religion zugethan waren, bewachen, auch zugleich an den damahligen Bischof Johann Wladica einen ordentlichen Bericht ergehen, mit angehengter Bitte, daß er diesen Cörper nach Griechischer Art absolviren möchte. Dieser stellte sich den 4ten Tag darauf, nemlich, den 7beit Sept. mit welchen Monath das Reue Jahr in gedachter Kirche anfängt, in Ogulin nebst sechs Calogeris oder Mönchen ein, reifete darauf mit dem General und andern Gefolge nach Ottock ab, alwo sie den Cörper annoch in eben der Gestalt antraffen, wie er vorhin war ausgegraben worden. Nachdem nun der Bischof seine ordentlichen Kleider angeleget und in Beyseyn der übrigen Geistlichkeit weitläuftige Cere­ monien verrichtet, die wir aber wegen der fremden Redens-Art dieser Nation nicht gar zu deutlich verstehen kanten, geschahe bey dem Cörper ein Knall, als wenn ein starcker Reiffen an einem Faß zersprünge. Hier­ über fielen die Ribben und Knochen ineinander, und obgleich die Haut ihr voriges Wesen und Geistalt behielt, so begonnte doch dieselbige artige verwirrete Runtzeln anzunehmen und einzuschrumpfen. Der Cörper blieb einige Stunden ausgesetzt, biß er mit gewöhnlichen Leichen-Ceremonien nach der Vesper, unter Anführung eben desselbigen Bischofs in ein Reben-Grab eingefencket wurde. Uber der Tafel fragte der General den Bischof um alle Umstände, die sich bey dergleichen Begebenheiten zu ereignen pflegten, dieser aber versicherte ihm aufs nachdrücklichste, daß in ihrer Kirche alle diejenigen, welche in dem Bann verstorben, auf keine Weise verwesen könten, im Fall nicht der Cörper durch einen ordentlichen Bischof die Absolution erhielte. Diese Geschichte kanst du um so viel sichrer glauben, weil ich derselben vom Anfang biß zu Ende mit beygewohnet, und wirst du alle von mir angeführte Umstände von allen, welche um das Jahr 1719. sich in derselbigen Gegend befunden, auf gleiche Art erzehlet bekommen." Einen deutlicheren Hinweis auf die Augenzeugenschaft, int weiteren auf die kritische Art, mit welcher der Autor seine Berichte besah und aufnahm, kann man sich kaum wünschen. Das aber erklärt es auch, daß er Betrug und Schwindelei, soweit ihm solche zu erkennen möglich war, kennzeichnet und nicht unterschlägt; ich weise da nur auf den Austreibungsbetrug von anno 1685 im Breslauer Dome hin: 3,405 ff. Eins freilich muß man ihm ankreiden: die alte Variante zum „Tode des großen Pan" notiert er zwar, hat aber seinen Fundort unterschlagen: „Man erzehlet von einem See-Fahrer, daß der­ selbe einer belagerten Stadt, von welcher er noch sehr weit entfernet gewesen, habe Sucours zubringen wollen. Da er nun ein gewisses Bor­ gebürge, welches von keinem Menschen bewohnet worden, vorbey ge-

segelt, habe er entsetzliche Stimmen gehöret, welche ihm zugeruffen: Er solle mit seiner See-Macht nur wieder umkehren, indem die Festung bereits an den Feind übergegangen wäre. Er habe anfänglich geglaubet, daß vielleicht in derselben Gegend Hirten seyn möchten, und daher gefraget, wie sie von einem so weit entlegenen Orte Nachricht haben könten? worauf er die Antwort bekommen: Sie hätten solches von andern Geistern gehöret, die sich in der Luft befunden. Nachdem er nun hierauf, ohne dem erhaltenen Bericht Gehör zu geben, seine Reise fortgesetzet; habe er bey seiner Ankunft, dasjenige so er gehöret hätte, in der That also befunden": 3,93f. Hingegen ist dem Verfasser in einer andern Hinsicht Lob zu erteilen. Er kennt nicht nur die gängige klassische wie die kirchliche Literatur, nicht nur die aufgeklärte von der Art Bekkers oder Thomasii, ihm ist auch die für jene Zeit schon nicht mehr gültige, abgesunkene Welt der Alchemie, Magie und Kabbalah geläufig. Ich kann das wieder nur an einem Beispiel sichtbar machen. Anläßlich des Grabes Trithemii (Nr. 154) will er dem Partner die geheime Meinung entdecken, „welche ich aus dem Buche Sophnat Paamaach R. Abraham Ben Moses Aaron gezogen habe. Er schreibet aber also: ,Es ist bekant, daß Jehova der HErr alles Himmels-Heeres die unsichtbaren Geister erschaffen hat, welche in der Höhe sind, doch so, daß sie auch auf Erden und bey den Menschen seyn können. Eben diese Geister bewegen die Gestirne, sonderlich die Pla­ neten, daß sie alle Witterung in der Luft würcken, und zu der Geburt aller mineralischen, vegetabilischen und animalischen Essentien ihre Kräfte geben. Wie nun die Seele in dem Menschen den gantzen Leib mit allen Gliedern in festem Grunde erhält; also dependiret die Kraft der Mineralien, Vegetabilien und Animalien von den Geistern. Daher wenn man die Natur der Geister erkundigen will, mutz man zuförderst dahin trachten, datz man mit solchen himmlischen Jntelligentien in ge­ heime Kundschaft komme. Hier aber mutz man vor allen Dingen wissen, datz zweyerley Geister sind, gute und böse; die guten haben Michael zum Fürsten, die böten stehen dem Leviathan zu Gebot: Die guten sind es, um deren Kundschaft man soll bemühet seyn; denn sie lehren die Ge­ heimnisse ohne Betrug zur Ehre Jehovae, und zum Nutzen der reinen Menschen; Hingegen die bösen kommen gar selten vor EOtt, wandern die gantze Welt durch, und richten unzehligen Schaden an; derer soll man sich durchaus enthalten, denn man hat nichts als Betrug von ihnen zu gewarten: und ob sie gleich denen Sterblichen etwas von einem und dem andern Geheimnisse kund thun; so ist es doch nur Stückwerck, und wieder EOttes Gebot, auch zu lauter Betrug und Schaden gerichtet. Wer nun den rechten Zweck erlangen will, der mache Gemeinschaft mit den guten Geistern, so werden sie sich ihm nicht nur, so vielmal der Sterb­ liche sie zur Ehre EOttes erfordert, offenbaren, sondern auch die ver­ borgensten Dinge ihm kund thun, auch allerdings dem Leviathan mit seinen Geistern die Macht nehmen, datz sie keinen Schatz in ihrem Besitz halten mögen. Wie aber die guten Geister ein göttliches Leben führen,

vor GOtt wandeln, schlecht, recht, und ohne falsch sind, heilig, keusch und demüthig sich aufführen; also mutz derjenige, der in die Gemeinschaft mit diesen Geistern treten will, ein göttliches Leben führen, wie unser Henoch, das Böse meiden, wie Hiob, der Fürst von Uz, vor Gott wan­ deln, wie unsere Väter, Abraham und Jsaac, keusch und heilig seyn, wie Sophnat Panaach iederzeit beflissen gewesen. Darnach soll du wissen, Sterblicher, daß ein ieder Geist seinen besonderen Planeten habe, durch welchen er wircket, und eben auch diejenigen Gestirn an dem Zodtaco, welche ihre Natur mit den Planeten gemein haben. Derowegen, wenn du nun etwas in Geheimnissen der Natur wircken wilst, so must du sehen, welcher Planet hierüber sonderlich sein Dominium habe, eben desselben Geistes, der den Planeten regieret, must du dich bedienen. Jetzt will ich dich erst lehren, wie du solcher Geister-Offenbarung kauft theil­ haftig werden, nemlich du must solche Eigenschaften, wie ich dir gesaget habe, besitzen, und nichts suchen, als was zum Ruhm Jehovae und der Sterblichen Ersprießlichkeit gereichen kan. Eure Wirckung muß alleine seyn, daß ihr euch öfters auf Gebürgen heimlich allein besprechet; das Besprechen aber bestehet im Verlangen, welches die Wirckung des Ge­ müthes ist; denn mit leiblicher Zunge könnet ihr euch mit den Geistern nicht besprechen. Darum muß einer nur Gespräche im Gemüth haben, mit Verlangen und Menschlichen innerlichen Bitten, alles desjenigen, was ihr begehret, so wird es geschehen. Denn es wird sich der Geist bald mit euren Eedancken vereinigen, und euch in dem, was ihr verlanget, unterrichten. Dannenhero ihr wol auf die Abwechselung euerer Eedancken, und auf die Träume, die ihr in eurer Extasi gewahr werdet, Achtung geben müsset. Denn so vielmal die Geister euer Verlangen wollen erfüllet wissen, so geben sie ein Getöne, gleich einer ehernen Schelle von sich: Derswegen du auch ein gewisses Glöcklein bey Handen haben must, damit du, so bald du des Geistes Getöne hörest, mit deinem Glöcklein mögest die Losung geben, daß du zu hören bereit seyst. Hier­ nächst wird dich alsobald die Extasis überfallen, in welcher dir alles wird vorkommen, was du wachend begehret hast, es seyn Schätze, Weis­ heit, Gesundheit, und andere Güter, welche du für dich oder andere ver­ langest, und wirst sie auch gewiß, wenn du aufwachest, auf die Art und Weise, wie dich der Geist gelehret, finden. Nur must du alles zum Preiß Jehovae vornehmen. Er fähret weiter fort; aber ein anderer mir be­ kannter Geist saget mir ins Ohr, nicht weiter zu reden..: 3,276 ff. Es handelt sich offensichtlich um einen aus dem kabbalistischen Denken kom­ menden Unterricht, denn die Kabbalah ist die Vereinigung des jüdischen mit dem neuplatonischen Systeme; doch dieser Prozeß ist jung, er klingt sowohl an das unechte Buch der Agrippaeischen philosophia occulta wie an Pseudo-Paracelsus an, von dem er den Gedanken der magischen Glocke übernahm. Es ist anscheinend ein dem sechzehnten oder siebzehnten Jahrhundert angehörender Prozeß, ein solcher, wie er dem an den alten Ideen hängenden Verfasser angenehm sein mußte.

Vielleicht ist der hier in den Zeugnissen angedeutete Weg der Weg, den der Autor der „Unterredungen" selbst einmal gegangen ist. Denn ihm, wie eingangs schon gesagt wurde, ist das Eeisterreich nicht leer und tot. Und weil es nicht leer und tot ist, lockt es ihn dorthin; er ist ein letzter, in den Bereich der Aufklärung gebannter, sehnsüchtig nach den alten Überlieferungen greifender Erkenner. „Ich habe wegen dieser Materie", so beschließt er seine Untersuchungen int dritten Bande, „meinem Gedächtniß den theuren Ausspruch Paracelsi sehr tief ein­ gepräget, da er spricht", — ich kann den Ausspruch zwar nicht nach­ weisen, er gehört wahrscheinlich Pseudo-Paracelsus an, aber ich will ihn doch nicht unterschlagen, — „Mein lieber Geist! der du meine Nach EOttes Ebenbild erschaffene Seele mit dem irrdischen Cörper verknüpf­ test, und von der Jrrdigkeit aufgelöset zu seyn trachtest, um so mehr und mehr denen Geistern, die den Menschen zu Nutzen erschaffen seyn, gleich­ förmiger zu werden; wende alle die Kräffte deines Verstandes dahin, daß du zur wahren Eeister-Erkenntniß gelangen mögest, und wenn du diese besitzest, so hast du den Zweck der Menschlichen Glückseligkeit er­ reichet. Dann das irrdische kan dich nicht vergnügen, wie näher du aber zur Erkenntniß des Wesen eines Geistes eingehest, desto näher gehest du zu EOtt, welcher diese dienstbare Geschöpfe zur Ausübung feines gnädig­ sten und gerechtiglsten Willen verordnet hat, die von ihme abtrünnigen aber in ihren nothwendigen Schrämten hält, und ihre Verdammniß in der Zeit u. Ewigkeit bey sich haben." Es ist ein in das Kirchliche und nicht eben in die paracelsische Erkenntnis eingezogener Schluß, aber ein etwas an ihm wird man nicht bestreiten können, das wirklich paracel­ sische: Je mehr Erkenntnis der Werke Gottes, je mehr Seligkeit, — und auch das Wissen um das mythische Erlebnis jener Jahre ist ein Stück Begreifen und ein wenig Seligkeit. In der Engelsmühle am 18. November 1960

Will-Erich Peuckert

Inhalt Borwort ................................................................................................ V 1. Athanasius Kircher ..................................................................... 1 2. Die gefallenen Engel .................................................................. 1 3. Der Hekla...................................................................................... 2 4. Die Berliner Besessene ............................................................... 2 5. Die Hausgeister der Rosenberge ................................................. 3 6. Bertha von Rosenberg.................................................................. 6 7. Der Hausgeist zu Ogulin ........................................................... 8 8. Der Vrautschatz im Turm ........................................................... 8 9. Der geldbringende Zwerg ........................................................... 11 10. Der Schatz im Stall..................................................................... 12 11. Der Leipziger Eeistersichtige .................................................... 13 12. Geisterphantasien ......................................................................... 15 13. Die Anmeldung am 28. Mai........................................................ 16 14. Der Schlag gegen das Weinglas................................................. 17 15. Der unruhige Totenkopf............................................................... 18 16. Der Langemantel ......................................................................... 20 17. Das Ehepaar aus dem Fegfeuer................................................. 22 18. Der Reisser Totentanz.................................................................. 26 19. Die Tote im Vrautkleide ........................................................... 33 20. Rickmodis von der Aducht ........................................................... 37 21. Der wiedergehende Barbier ........................................................ 38 22. Der Homunkulus der Alchimisten .............................................. 45 23. Das Recht der Begrabenen ........................................................ 46 24. Die ermordete Schwangere ........................................................ 47 25. Zum Bahrrecht ............................................................................ 49 26. Der Affe des Ritters von Rabi ................................................. 49 27. Das Pulver der Zwerge............................................................... 50 28. Besuch der Unterwelt .................................................................. 51 29. Flucht in die Unterwelt ............................................................... 56 30. Schatzbeschwörung auf dem Seben .............................................. 57 31. Der Berggeist ................................................................................ 60 32. Rix-Annchen ................................................................................ 61 33. Der Rix und sein Weib ............................................................... 61 34. Der brennende Mönch .................................................................. 61 35. Das Licht auf dem Ealgenberge................................................. 62 36. Das unheimliche Feuer ............................................................... 64 37. Der Galgen ................................................................................... 65 38. Das rufende Licht ......................................................................... 65 39. Die gestörte Ruhestätte der Toten .............................................. 66 40. Der Teufelsbund des Dresdener Arnold.................................... 70

41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86.

Der Freikugelguß des Schreibers ............. Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein.............. Rübezahl ist ein arger Eajst........................ Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger Der ausgetriebene Poltergeist Die Hölle im Vulkan .......... Peter von Appono................. Der Geist im Glas................. Kaiser Rudolphs Alraune ... Der ohrfeigende Mönch ....... Die Lichter im Pauliner-Kollegium ........................... Spukende Mönche .......................................................... Der Dresdener Mönch.................................................... Die Frau auf dem Roten Turm.................................. Der wiedergehende Goldschmied .................................. Polterspuk in der Kirche ............................................... Vorzeichen, die den Papst angehen............................... Polterspuk in der Kosliner Kirche............................... Das steinerne Bild im Johannisspital........................ Das verliebte Gespenst ............................................... Der Prager Klosterschatz............................................... Der Scheidewasser-Hans............................................... Die bockreitende Wiedergängerin .............................. Junker Ludwig ............................................................. Die russische Mittagsfrau ............................................ Der Teufel von Löbestädt ............................................ Der tobende Selbstmörder............................................ Der Pakt des Lehrjungen ............................................ Der Gräfin Esterhazy Kirchen ..................................... Der Schatz der Frau v. Eberstein .............................. Im Paradies gewesen................................................... Die Berliner Weiße Frau ............................................ Frau Perchta ................................................................ Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben Der Neuhauser süße Brei ............................................ Böhmische Wunder ...................................................... Johann von Nepomuk.................................................... Die Altenburger Götzen ............................................... Papistische Heiligtümer ............................................... Ziskas Trommel ......................................................... Das Labyrinth der Libusia ......................................... Junker Radibor............................................................. Die Prager Säule........................................................... Der Lichterspuk auf dem Wissehrad ........................... Das nächtliche Fch't ...................................................... Die nächtliche Schildwache ............................................

73 75 77 78 79 80 81 82 82 82 83 83 84 85 86 86 87 87 88 88 90 91 92 94 94 94 96 97 99

102 112 113 118 118 120 122 122 124 126 126 127 127 128 129 130 132

87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132.

Der reitende Mönch ..................................................................... Der Prager Hirnschädel ............................................................... Die Krainer Brüderschädel ........................................................ Das St.-Georgs-Bild in Prag..................................................... Feurige Reiter am Weißen Berge.............................................. Die Bernsteinsche Jungfrau ........................................................ Die Versöhnung auf Schloß Eisenberg....................................... Noch einmal die Bernsteinsche Jungfrau.................................... Die Pelzfrau ................................................................................ Der Affe von Blasnie Eora........................................................ Der echte und der falsche Erbherr .............................................. Die ermordete Kammerfrau ........................................................ Der Ring in der Wunde............................................................... Das Vorzeichen von der Enthauptung des Grafen Nadasti — Der Stock im Eisen ..................................................................... Der Teufel Baumeister .................................. Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche .................................... Der wiederkehrende Klostermönch .............................................. Das ewige Licht auf dem Friedhofe .......................................... Die strafenden Toten .................................................................. Die Alraune Kaiser Rudolphs n................................................. Die magischen Geräte Kaiser Rudolphs II................................... Der militärische Spuk im Wiener Zeughause ......................... Die mißglückte Schatzerhebung.................................................... Todvorzeichen Kaiser Josephs .................................................... Die Eisenberger Versöhnung ..................................................... Das Spukschloß bei Tülle ........................................................... Die Mord-Säule ......................................................................... Das Leopoldschloß auf dem Kahlen Berge und das Prügelbrot Die Lichter auf dem Meinhardsberge ....................................... Der Pest-Riefe ............................................................................ Die Riesen von Enns .................................................................. Kinderschreck ................................................................................ Arme Seelen ................................................................................ Die Seelenerlöserin ..................................................................... Der nächtliche Tanz der Zwerge im Linzer Schlosse ............... Der Matrose stillt den Sturm.................................................... Die geschlagene Kindeshand ........................................................ Das Seeweiblein im Traunfee.................................................... Der Tod des Abtes ..................................................................... Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder ................... Der Weg durch die Unterwelt ..................................................... Die Höhle der Sibylle .................................................................. Das Familienkleinod der Alvensleben....................................... Der Hörfelberg ............................................................................ Die Hölle in den Vulkanen ........................................................

132 133 136 137 137 137 142 144 144 145 147 150 151 153 154 156 157 159 160 161 163 164 164 185 169 169 172 176 178 179 180 181 181 181 183 186 187 187 189 190 195 197 198 200 201 201

133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178.

Die Schlangenjungfrau von Kleinvest in Krain....................... Das Bergmännleinschloß ............................................................... Der Teufel wehrt dem Schloßbau ................................................. Die Wunder des Schlosses Stetmol ............................................. Die Wallfahrt nach Clanitz ............................................................ Die geforderte Bettelfahrt............................................................... Eeisterbegleiter und Geisterkampf ................................................. Der Gerber und sein Besuch ........................................................... Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse ............................... Margaretha Maultasch ................................................................... Das Dessauer Familienkleinod .................................................... Wein in seiner Haut ...................................................................... Die Aschentöpfe von Schloß Wolffsberg ...................................... Bruder Bertram .............................................................................. Das Vaterunser des Pferdejungen................................................. Um Ruhe gebetet .............................................................................. Wie es drüben ist.............................................................................. Der Melancholikus und sein Plagegeist ...................................... Der nächtliche Hilferuf...................................................................... Der Stein im Hof zu Thals ............................................................ Quinta essentia ................................................................................. Trithemii Grab ................................................................................. Die Ehelosigkeit des Magus ............................................................ Der schwitzende Grabstein ............................................................... Die Rose im Lübecker Chor ............................................................ Das Wiedehopfennest ...................................................................... Das Todesglöcklein in Salerno .................................................... In Jerusalem ..................................................................................... Joachim II. wußte den Tod voraus................................................. Die Berliner Weiße Frau............................................................... Die Uhr der toten Ehefrau ............................................................ Taubmanns Ende.............................................................................. Der Teufel trägt Säulen herzu .................................................... Die unerfahrene Beschwörung ........................................................ Lucas Gauricus................................................................................. Trithemii Lehrer .............................................................................. Das Kloster in Georgien ............................................................... Das Kloster zu Salerno ................................................................... Syburg ................................................................................................ Der Leipziger Advokat im Kerker ................................................. Die Schatzbeschwörung in der Leipziger Angermühle................ Die Jenaer Christnacht-Beschwörung ......................................... Paracelsi Elektrum .......................................................................... Das Christophelgebet ...................................................................... Die Christophelbeschwörung in Lauda .......................................... Grosses Schatz .....................................................................................

XVIII

202 202 203 203 204 204 206 208 208 213 216 218 221 223 224 225 225 225 228 231 232 232 233 233 234 234 236 236 237 238 239 241 241 242 244 246 247 249 249 250 250 253 256 256 257 259

179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. 193.

Des Krummen Stoffel Silberader................................................. Der Schatz des Erhängten ............................................................... Der Peterneller Schatz ................................................................... Die Wiener Schatzbeschwörung .................................................... Wünschelrute im Amt ...................................................................... Die Wünschelrute des Böhmen .................................................... Der verlorene Schatz des Klosters Malin .................................. Der Kobold im Pfarrhause ........................................................... Der in den Arm gehexte Unrat .................................................... Schmalzowscher Hexenprozetz........................................................... Das stecknadlige Brot ...................................................................... Das vorbedeutende Spannen der Flinte...................................... Ich werde heut noch sterben ........................................................... Die Vorzeichen im Berliner Schlosse 1713 .................................. Der Nachtspuk im Berliner Schlosse .............................................

Nachweise

................................................................................................... 295

Konkordanz Register

261 262 263 264 266 266 267 270 275 279 281 287 288 290 292

............................................................................................... 313

....................................................................................................... 315

1. Athanasius Kircher

Der beruffene Jesuit Kircher hat sich durch seine Schriften bekannt gemacht; es ist aber nach der Zeit kund worden, woher er seine Wissen­ schaften bekommen, als man nach seinem Tode einige Bücher vergraben und halb vermodert gefunden, deren er sich recht gut bedienet, und jezuweilen nur die Capitel und Namen verändert hat. Es sind vre Schriften des Lornelii Aggrippae, Flutts und Trithemii. 2. Die gefallenen Engel

Auf dieses, daß einige der Engel gefallen, folget, daß diese gefallene Geister verschiedene Stellen in der Welt eingenommen. Es schweiften solche Geister bald in der neblichten Luft herum, bald haben sie ihr Spiel in den Wolcken, in Sümpfen und Flüssen, oder in dem gantzen weiten Meeres-Reiche, bald halten sie sich ober, bald unter der Erde, bald in Ziehbrunnen, Gewölben, Kellern und sonderlich in Vergwercken auf, allwo sie gar oft die Berg-Leute auf das heftigste er­ schrecken, wie ich hundertfältige Exempel hiervon anführen könte, zu Erspahrung des engen Raumes aber, es zu einer gelegenen Zeit thun werde. Noch andere verursachen die Eröffnungen und Erschütterungen der Erde, wodurch Menschen und Vieh gar oft entsetzlich beschädiget werden, viele verlachen, verspotten die Menschen, sie peinigen gar oft das Vieh, wie man denn nicht selten, und fürnehmlich auf den Pferden einen häuffigen Schweiß finden wird, ohne daß sie demselben sonst einigen Schaden zufügen sollen. Noch andere pflegen den Menschen unter dieser und jener Gestalt zu erscheinen, bald wie Riesen, sogleich aber auch als Zwerge, bald heßlich, bald aber auch wieder angenehm. Von den Lügen-Eeistern, von denen der Autor des 2. Buchs Samuelis meldet, habe ich in den vorhergehenden Blättern schon etwas an­ geführet. Die schändlichsten und boshaftesten unter diesen irdischen, wässrichten und unterirdischen Geistern sind ohnstreitig diejenigen, welche sich auf den öffentlichen Weg und Land-Strassen aufhalten, die vorüber Rei­ senden anfallen, oder aber dahin trachten, wie sie Krieg und Blutvergiessen anstiften, und den Menschen einen Schaden über den andern zufügen können. Dieser Art wird bey dem Evangelisten Matthäo ge­ dacht, mit diesen Umständen, daß sich ein solcher Geist bey einem besesienen Menschen gefunden, welcher die Strasse so unsicher gemacht, daß sich niemand, für Furcht beschädiget zu werden, dieselbe zu wandern sich getrauet. So gedencket auch die heil. Schrift hin und wieder der Geister, die sich Morgens, Mittags und Abends sehen liessen. Jesaias redet in 34. Cap. v. 14. gar merckwürdig von denselben, mit diesen

Die gefallenen Engel — Die Berliner Besessene Worten: Da werden unter einander lauffen Marter und Geyer, und ein Feld-Teufel wird dem andern begegnen, der Kobold wird auch daselbst Herbergen, und seine Ruhe daselbst finden. In den Psalmen liefet man von Ottern, Basilisken, Löwen, Drachen, und in dem neuen Testament so wol von Scorpionen, Mammon und dergleichen, als auch von den Fürsten und Herren dieser Finsternisse, deren Haupt der an­ geführte Beelzebub genennet wird. 3. Der Hekla Der so genannte Berg Hecla auf der Insel Psland an dem Nor­ dischen Meer-Busen, ist mehr als zu bekannt, weil die Schiff-Leute glauben, es wäre hier eine Öffnung der Höllen, indem man im Vorbeysegeln ein grosses Geheule, Winseln und Wehklagen hören könne. Man sagt, daß wenn sich einige gefunden, welche zu diesem Berge nahen wollen, so wären sie durch scheußliche Vögel, der Gestalt nach wie Raben und Geyer, daran verhindert worden. Soll man ihnen glauben, so finden sich auch auf dieser Insel zwey Brunnen, deren der eine ausserordent­ lich kalt, der andere aber so heiß, daß man diese Hitze mit keiner Art des Feuers vergleichen könne. 4. Die Berliner Besessene

Bor kurtzer Zeit hat man ausgesprenget, es hätte eine Berlinische Weibes-Person mit dem Teufel einen Bund gemacht, es ist aber die gantze Erzehlung so wunderlich eingerichtet, daß man gar leicht den Betrug entdecken kan, woran um so viel weniger zu zweifeln, da die tägliche Erfahrung bezeuget, wie leicht das weibliche Geschlecht be­ trogen werden kan, wie geschickt im Gegentheil auch die meisten unter demselben sind, andere, auch die Klügsten, zu betrügen. Untersuche nur selbst die Umstände, so wirst du mir bald Beyfall geben. Es heisset der Teufel wäre 1) in Gestalt eines Preußischen Officiers zu ihr ge­ kommen, er habe ihr 2) zu verschiedenen malen Geld, und zwar allezeit in goldner Müntze gegeben, sie 3) zur Unterschrift eines aufgesetzten Bündnisses genöthiget, 4) dieselbe geritzet, daß sie sich mit ihrem Blute unterschreiben können, und 5) sie gezwungen, EOtt, und alles zu verläugnen, hingegen dem Teufel zu huldigen, welcher ihr versprochen in allen treue Hülfe und Beystand zu leisten. Doch diesem letztern zu­ wider, hat sie dieser böse Geist 6) ins Gefängniß stecken lassen, in demselbigen sie selbst recht übel tractiret, und sie nothwendiger Weise darzu gebracht, daß sie ihre begangene Boßheit bereuen, sich wieder zu Christo, mit welchem Belial nicht stimmet, wenden, und das vorge­ gangene entdecken müssen, woraus man gar bald sehen kan, daß es ihm kein Ernst gewesen, eine Seele in seinen Klauen zu behalten, worauf doch sonst sein Sinn fürnehmlich gerichtet ist. 7) Muß man sich verwundern, wenn es heisset, der Teufel wäre durch Evangelische Geist-

Die Berliner Besessene — Die Hausgeister der Rosenberge

lichen ausgetrieben worden, da doch die Römisch-Catholischen diese Macht ihnen niemals zugestehen wollen, weil sie nicht durch Bischöffe zum Predigt-Amte ordiniret worden. 8) Ist auch dieses zu bedencken, daß der Teufel ihr Geld gegeben, da er doch gemeiniglich nur der arme genennet wird, und also fragt sichs, ob dieser als ein Geist, Geld und Reichthümer besitzen und den Menschen dieselbigen zuwenden könne? Hierzu kommt: 9) Ob ein Mensch als ein Christ vermögend, mit dem Teufel einen Bund zu machen, und wenn dieses, ob er nicht 10) befugt, demselben wie andere Bündnisse heilig und unverbrüchlich zu halten? Bevor du mir diese 10 Puncte nicht auslösen kanst, so werde ich weder die ausgesprengte Historie, noch auch dasjenige, was man insgemein von den Geistern meldet, für wahr halten. 5. Die Hausgeister der Rosenberge

Im Königreich Böhmen ist die uhralte Rosenbergische Familie nicht unbekannt, deren Residenz ehemals in der Stadt Neuhaus gewesen; Von dem Schlöffe dieses Hoch-Adelichen Geschlechts werden in dessen Jahr-Büchern gar wunderbare Begebenheiten erzehlet, wovon ich dir eine und die andere vorietzo communiciren will: Hermann Graf von Rosenberg vermählte sich mit Catharina, einem Fräulein aus dem alten Hause derer Eonzagen von Mantua, welche ihren Ursprung von dem Käyser Lothario herleiten wollen. Da nun die Vermählung mit erstnnlicher Pracht vollzogen, und das Beylager gehalten worden, so ereignete sich folgender merckwürdige Zufall: Graf Hermann verlohr seine geliebte Braut aus den Armen, nachdem der gewaltige Schlaf-Gott Morpheus ihm dieselbe gleichsam entführet, um ihr Ge­ müth mit angenehmen Träumen zu unterhalten, da Hermann im Gegentheil zu keiner Ruhe noch Schlaf gelangen tonte. Die Nacht war nunmehro bey nahe bis auf die Helfte verstrichen, als der wachsame Graf eine unvermuthete Racht-Music vernahm, welche sich immer mehr zu seinem Schlaf-Gemach näherte, bis sich endlich die verschlossene Thür eröffnete, welche nur allein dem neuen Braut-Paare hätte offen stehen sollen. Bey dem Eintritt sahe Hermann eine gantze Reyhe vergnügter Hochzeit-Gäste mit nicht geringer Pracht zu seinem Bette sich nahen, und weil er dieselben wegen der ungewöhnlichen Statur, welche kaum zwey Spannen austrug, nicht für Menschen ansehen konte, so fiel ihm ein, daß es Geister und zwar von derjenigen Gattung wären, welche dem Menschen am nächsten kommen, und mit demselben die meiste Gemeinschaft zu unterhalten pflegen. Er wurde daher von dieser Eeister-Schaar im geringsten nicht erschrecket, sondern redete sie mit ruhi­ gem Gemüthe an: Was ihr Verlangen wäre? und warum sie ihm in seinem Schlaf-Gemache Unruhe verursachten? Hierauf antwortete einer aus der Gesellschaft: Wir sind dienstbare Geister aus den stillen Ge­ schlechtern, welche unter der Erden wohnen, und haben schon lange Jahre die untern Theile dieser deiner Geburts-Stätte bewohnet, und

Die Hausgeister der Rosenberge deine Wohnung vor widrigen Zufällen bewahret; Auch haben wir jederzeit vor die Asche deiner Vor-Eltern getreue Vorsorge getragen, damit sie den feindseligen auszehrenden Geistern nicht zu Theile wür­ den, wie wir denn auch als treue Diener vor den Wohlstand deines Hauses wachen. Weil du nun an dem heutigen Tage dich vermählet hast, um den Stamm deines Geschlechts fortzupflantzen; so haben wir gegenwärtiges Braut-Paar zu deinen Füssen stellen wollen, mit Bitte, du wollest uns verstatten, daß wir auch unsern Ehren-Tag mit gebüh­ render Freuden-Vezeigung begehen mögen. Wir sind hinwiederum bereit, so lange es unserm Beherrscher gefallen wird, dir und deinem Hause alle schuldige Dienste zu leisten. Hermann war zwar voller Er­ staunen über diese Anrede eines solchen Redners, welchem sonst das Stilleschweigen eigenthümlich zu seyn pfleget; iedennnoch gab er ihnen mit hertzhafter Stimme die völlige Erlaubniß, sich seines Schlosses nach eigenem Belieben zu bedienen; Worauf sie unter klingender Music durch eben die Thüre, wo sie herein gekommen, ihren Abschied nahmen. Hermann hingegen verfiel alsobald in einen liessen Schlaf und getrauete sich nicht, nachdem er erwachet, dem zarten und empfindlichen Hertzen seiner Geliebten, von diesem Veylager der unterirrdischen Geister etwas zu offenbaren, damit er nicht durch die blosse Nennung eines Geistes bey derselben einiges Schrecken verursachen möchte. In­ zwischen hatte Catharina in dieser Nacht ihren Stand dergestalt ver­ ändert, daß es das Ansehen gewann, als wenn das alte Rosenbergische Geschlechte durch sie neue Blüte und Wachsthum erlangen würde, sintemal dasselbe eintzig und allein auf die Person des Hermanns be­ ruhete. Die geschöpfete Hoffnung wurde auch erfüllet, indem Catharina zu allgemeiner Freude mit einer angenehmen Tochter niederkam, mit welcher sie vorietzo zufrieden seyn musten. Denn ob sich gleich bey ihnen ein grosses Verlangen nach einem männlichen Erben befände, so musten sie sich dennoch hierin einem höhern Schicksal unterwerfen, indem sie wohl wüsten, daß die Menschen dem grossen EOtt in dergleichen Din­ gen nichts vorschreiben sollen. Aber höre weiter, lieber Andrenio, eben diese Nacht, da Catharina von ihrer Leibes-Bürde befreyet wurde, und Hermann aus Liebes- und Freuden-Regungen eine unruhige Nacht hatte, siehe da eröffnete sich aufs neue die Kammer-Thüre, es nahete sich zu dem Bette des wachenden Grafen eine Frau in der Ge­ stalt und Grösse, wie Hermann in seiner ersten Hochzeit-Nacht gesehen hatte, mit einer kurtzen altväterischen Schaube und halb-verbundenem Angesicht, wie sich etwa die Weibes-Bilder in dem oberirrdischen Reiche zu verhüllen pflegen. Diese brachte dem Grafen mit freundlicher Mine einen Gruß von einer unterirrdischen Kind-Betterin, nebst dem Ver­ melden, daß dieselbe ebenfalls mit einer jungen Tochter wäre erfreuet worden; nach welchem Compliment sie wiederum ihren Abschied nähme. Hermann sahe diese neue Begebenheit an als ein glückseliges Omen und Vorbedeutung für seine Familie, trug aber Bedencken, seiner Ge­ mahlin einige Nachricht davon zu geben. Kaum hatte Catharina ihr

Die Hausgeister der Rosenberge Wochen-Bette wiederum mit dem Ehe-Vette verwechselt, als sie neue Hoffnung bey sich verspürte, den Rosenbergischen Stamm mit jungen Knospen zu versehen, und warteten beyderseits Vermählte mit in­ brünstigem Verlangen auf die Zeit ihrer Entbindung. Hermann be­ fand sich einsmals des Nachts in liessen Eedancken wegen der langen Verzögerung der Niederkunft seiner geliebten Catharina, als sich seinen wachenden Augen abermal ein wunderbares Gesichte vorstellte. Seine Kammer-Thüre wurde aufgemachet, und er erblickte eine gantze Reyhe vermummter Zwergen, welche mit schwartzen Mäntelgen gleich als in einer Procession herein traten. Etliche unter denselben hielten brennende Lichter in den Händen, zween aber trugen eine Leiter hin­ ein, welche sie an Hermanns Bette anlegten. Hierauf folgte eine An­ zahl weih-gekleideter Leichen-Weiber, deren eine mit aufgehobener Schürtze sich zwischen zwey Männergen vor das Bette stellte, und einer von ihnen hielte folgende Trauer-Rede: Nunmehro haben wir, wer­ thester Hermann, keine bleibende Stätte mehr in deinem Gebiete, sondern müssen für uns einen andern Sitz und Aufenthalt suchen, dieweil die Frau unsers unterirrdischen Geschlechts in verwichener Nacht zugleich mit dem gehofften Leibes-Erben ihr Leben eingebüsset; Damit wir uns aber für deine bisher erzeigte Gewogenheit in etwas danckbar erweisen, so nimm eine geringe Gabe an, welche wir dir von unserm Vermögen schencken. Nachdem er diese Rede mit einem liessen Seufzer beschlossen, stieg das Weiblein über die Leiter zu dem Grafen auf das Bette, öffnete ihre Schürtze und ersuchte ihn, daß er hinein greiffen möchte. Dem Hermann schaurete zwar die Haut, und wolle er an statt die Gabe anzunehmen, sich auf die linde Seite wenden; allein sein wanckender Geist wurde von diesem Weiblein nochmals aufgemuntert, unerschrocken zuzugreiffen, welches er denn auch ins Werck setzte, und aus ihrer Schürtze eine Hand voll vermeinten Sand heraus zöge. Er legte denselben auf das Hand-Becken, welches auf einem Cheridon neben dem Bette stunde, und nachdem er vermahnet worden, zum andern mal hinein zu greiffen, brachte er wiederum der­ gleichen Materie hervor, welche er zu der vorigen hinlegte. Hierauf stieg das Weiblein von der Leiter herunter, und die gantze Gesellschaft nahm mit einem liessen Trauer-Compliment ihren Abschied, liest aber vor der Thüre ein gar klägliches und mit Heulen untermischtes Geschrey von sich hören; worüber Hermann in grosse Betrübnih und Verwir­ rung der Eedancken versetzet wurde, bis er endlich in einen liessen Schlaf geriethe. Da er nun frühe Morgens wiederum erwachte, fand er in seinem Eiest-Becken einen Haussen gediegener Gold-Körner, welche er mit Verwunderung ansähe, sich aber fest vornahm, den gantzen Verlaufs der Sache keinem Menschen zu erzehlen. Was geschicht? Catharina empfand denselben Abend sehr heftige Eeburts-Schmertzen, welche ihr die Hoffnung linderte, daß sie ihren geliebten Gemahl nun bald durch eine glückliche Entbindung erfreuen würde: Allein wie weit ist der Schlust des Himmels oftmals von den Eedancken der Menschen

Die Hausgeister der Rosenberge — Bertha von Rosenberg entfernet? Catharina muste gar bald darauf einen Sarg derjenigen Frucht abgeben, durch welche die bey nahe ausgestorbene Rosenbergische Familie neuen Elantz und Leben hätte erlangen sollen; es muste dieser unschuldige Mutter-Mörder für sein Verbrechen noch ehe er geboren worden, mit dem Leben bezahlen, und wurde demselben das LebensLicht ausgeblasen, da es noch kaum angezündet gewesen. Weil nun Hermann über diesen gedoppelten Verlust seiner geliebtesten Gemahlin und verhofften Leibes-Erben in die allerempfindlichste Betrübnitz ver­ fiele, so geschahe es, datz er in kurtzer Zeit sich diesen beyden Leichen zugesellete und durch seinen Tod die Stamm-Tafel der Rosenbcrgischen Grafen beschlotz. 6. Bertha von Rosenberg

Es sind recht seltsame Erzehlungen, welche wir so wohl in den JahrBüchern besagter Familie, als in den Schriften verschiedener gelehrten Männer über die weisse Frau antreffen. Ich will nur vorietzo aus dem bekannten Böhmischen Eeschicht-Schreiber Balbino das merckwürdigste anführen: Er soll diese weisse Frau von ohngefehr 500. Jahren bereits das Schloß zu Neuhaus bewohnet haben, und ist dieselbe allezeit unter einerley Gestalt gesehen worden. Sie träget nemlich einen weissen Rock und Schürtze, um die Schultern eine bey den Alten gewöhnliche Schaube, auf dem Haupte aber eine Schleppe, dergleichen ehemals die Wittwen getragen; Ihr Angesicht war stets verhüllet, wie etwa bey den Klage-Weibern, und was noch davon konnte gesehen werden, hatte die bleiche Toden-Farbe an sich genommen; Um die Mitte des Leibes trug sie ein Bund Schlüssel, womit sie öfters ein Geräusche machte, wenn ihr etwas zuwider geschehen. Auf diese beschriebene Art findet man sie in besagtem Schlosse auf der Seite des grossen Saales abge­ mahlet, weil sie allda sich meistentheils zu zeigen pfleget, wie sie denn auch von den Vorübergehenden bey dem Fenster kan gesehen werden. Von ihren Verrichtungen findet man unterschiedenes aufgezeichnet: Wenn in dieser Familie sich eine Geburt ereignete, so liesse sie gantz besondere Freuden-Zeichen blicken, sie erregte ein Getöse mit ihren Schlüsseln, und eilet« hin und wieder durch alle Zimmer, wie etwa eine sorgfältige Haus-Mutter zu thun pfleget, welche entweder ankommende Gäste erwartet, oder bereits angekommener wohl zu bewirthen suchet. Bey den neugebohrnen Kindern verrichtete sie das Amt einer treuen und wachsamen Kinder-Wärterin; Denn wenn die Lebende, so zu ihrer Bedienung verordnet waren, zuweilen von dem Schlafe übereilet wor­ den, so musten sie, nachdem sie wieder erwachet, nicht ohne Grauen und Entsetzen ansehen, wie diese Tode ihre Stelle verwaltet, indem sie die weinenden Kinder gestillet, ihnen die Thränen abgewischet, selbige mit anmuthigen gantz leisem Gesänge eingeschläffert, ja auch wohl gar auf die Armen genommen und im Zimmer herum getragen. Man findet unter andern in den Jahr-Büchern dieser Familie auf-

Bertha von Rosenberg gezeichnet, was sich mit dem angeführten Hermann von Rosenberg kurtz nach seiner Geburt zugetragen. Als desselben Pfleg-Amme Catharina Ledwinka einsmals unvermuthet aus nothwendigen Ursachen sich ent­ fernet hatte, fünde sie bey ihrer Zurückkunft den weinenden Hermann auf den Armen dieser weissen Frau, welche ihn zu stillen suchte; sie fuhr dieselbe mit harten Worten an, ritz ihr das Kind aus den ver­ meinten Armen und hieß sie aus dem Zimmer gehen. Hierauf ließ dieser Geist mit einer leisen Stimme doch zornigen Eebehrden sich also vernehmen: Höre, undanckbare, durch meine Verfügung bist du in dieses Hauß gekommen, und du sollest mich als eine alte Einwohnerin daraus verflossen? Melde nur Joseph Rosenberg dem Vater meines Hermanns, daß ich mich nicht so bald wieder wevde sehen lassen, und siehe, wo inskünftige meine Wohnung seyn wird. Rach diesen Worten wandte sie sich zu der Ecke, eines an dieses Zimmer stossenden viereckigten Thurms, und verschwand allda vor ihren Augen, worüber die Amme mit dem auf ihrem Arm liegenden Hermann auf das Bette in eine Ohnmacht gesuncken, welche aber von den zulauffenden Bedienten wieder zurecht gebracht worden, und hernach den gantzen Verlaufs der Sache, wie er aufgezeichnet zu finden, erzehlet hat. Der alte Graf Joseph ließ nach einer geraumen Zeit an dem Orte, wo der Geist ver­ schwunden, eine Öffnung durchbrechen, da sich denn eine doppelte Mauer gezeiget. Nachdem dieselbe aufgerissen worden, fand zwar der Graf den bekannten grossen Rosenbergischen Schatz durch diese Be­ gebenheit seines Sohnes Hermanns; es war aber zu bedauren, daß mit eben diesen Sohn sein Stamm gäntzlich ausgehen, und seine Güter nebst allem Reichthum auf das Slavatische Hautz verfallen sollen. Rach obigem Zufall nun ist dieser getreue Hauß-Eeist nicht wieder zum Vorschein gekommen, bis er endlich bey Ankunft dieser neuen Familie seine vorigen Dienste zu leisten wiederum angefangen. Im übrigen findet man nicht, daß diese weisse Frau bey allen ihren Er­ scheinungen iemals sich feindselig erwiesen oder iemanden geschadet hätte, wenn wir eine eintzige Begebenheit ausnehmen wollen. Denn als Graf Rudolph Slavata sich mit Margaretha Tscherninin vermählte, und dieser Geist bey öffentlicher Tafel in seiner ordentlichen Gestalt die Dienste einer Aufwärterin leisten motte, so fand sich unter den Pagen der neuen Braut ein lustiger Kopf, Namens Frantz Edler von Mitrowiz, dieser wolle eine Kurtzweil machen, und bey dem Geiste einen Kammer-Diener abgeben, erkühnte sich auch den Schlepp von dem weissen Kleide aufzuheben. Allein der Geist wendete sich mit zornigen Augen gegen ihn, drehete ihm das Angesicht auf den Rücken, brachte aber solches alsobald wieder an die ordentliche Stelle, und ließ diese Worte von sich hören: Du solst niemals mit Geistern, die nicht deines gleichen sind, einen Schertz treiben; worauf dieser Geist vor aller An­ wesenden Augen verschwunden, der Page aber vor Schrecken halb tob zur Erden gefallen, also daß bey nahe dieses Hochzeit-Fest durch einen Trauer-Fall wäre unterbrochen worden.

Bertha von Rosenberg — Der Brautschatz im Turm Sonsten ist auch gar merckwürdig die ungemeine Sorgfalt dieser weissen Frau, welche sie wegen einer gewissen Stisftung der alten Rosenbergischen Familie erwiesen. Es hatte Frantz Edler von Rosen­ berg bey seinem Ableben verordnet, daß jährlich am grünen Don­ nerstage allen armen Leuten, die auf dem Schloß-Platze sich einfinden würden, ein Brod, ein Pfund Fisch, ein Honig-Fladen und ein Maaß Bier solle gereichet werden. Da es sich nun oftmals zugetragen, daß an dieser verordneten Spende etwas unterlassen worden, woran ent­ weder die Nachläßigkeit der Erben, oder der Eigen-Nutz der Beamten Schuld gewesen, zumalen die Menge solcher Bettler, welche sich oft auf etliche tausend belauffen, verursachet, daß man das benöthigte Honig nicht aufbringen können; so tonte keiner von den Beamten Ruhe haben, sondern der Geist fuhr beständig fort im Schlosse zu werfen, zu poltern und mit den Schlüsseln um sich zu schlagen, daß mancher den Kopf zurück ziehen muste, wenn er nicht ein Zeichen der bestraften Nach­ läßigkeit mitnehmen wolle. Und dieses Poltern des Geistes hörte nicht eher auf, bis die verordnete Armen-Spende richtig ausgetheilet worden. Jngleichen da einsmals die altväterische Henge- und Wand-Leuchter von dem grossen Saale dieses Schlosses sollen abgenommen, und an deren Stelle andere von Elaß in Holtz eingefasset hingebracht werden; so war den Arbeitern schlechterdings unmöglich, solches ins Werck zu setzen, indem die weisse Frau gleichsam rasend vor ihren Augen in dem Saale hin und wieder gelauffen, die Fenster auf und zugeschmissen, und allen Anwesenden augenscheinlich zu verstehen gegeben, daß die alten metallenen Leuchter nicht sollen abgenommen, noch andere dahin gesetzet werden, wie sie denn auch bis auf diese Stunde allda verblei­ ben müssen. 7. Der Hausgeist zu Ogulin Man höret von den Hausgeistern, z. E. von jenem zu Ogulin in der Eroatischen Meer-Eräntze, daß derselbe öfters Schildwache stehe, die Pferde striegele, einem Briefs-Boten abgebe, Lichter hin und wieder trage, pfeiffe, sich in unterschiedene Gestalten verkleide, und die Ein­ wohner mit mancherley Vorstellungen zu äffen pflege, ohne ihnen einigen Schaden zuzufügen, daß er mit dem Weibes-Volck in genauem Umgänge stehe, sich zu ihnen unter der Gestalt eines kleinen Zwergs mit einer rothen Mütze und verwachsenem Angesicht ins Bette lege. und dergleichen Dinge mehr verrichte.

8. Der Brautschatz im Turm Es ist merklich, was sich A. 1717 zu Zeng in der Morlachey zuge­ tragen, von welcher Stadt man sonst das Sprich-Wort hat, daß daselbst Treu und Glauben ein Ende habe. Allda befand sich eine arme Soldaten-Frau, deren Mann Martin Hoscher aus Crain von Ober-Laubach

Der Brautschatz int Turm gebürtig in dem letzten Treffen bey Scristina in der Croatischen MeerEräntze als Corpora! geblieben war. Diese Wittwe hatte eine eintzige Tochter Namens Elisabeth, bey welcher sich Schönheit und Tugend gar genau mit einander verknüpfet hatten. Wiewohl nun viele raubgierige Adler bey diesem holdseligen Cörper ihre Nahrung suchten, so wurden sie doch allezeit genöthiget, mit desto grösserm Hunger wieder abzu­ treten, indem dieses ehrliebende Gemüth entweder ein ehrliches Verbündnitz mit ihres gleichen zu treffen, oder aber in ledigem Stande bey ihrer alten Mutter zu bleiben sich entschlossen und es nicht achtete, ob sie gleich mit harter Arbeit ihr Leben kümmerlich erhalten muste. Die alte Wittwe ersuchte den Commendanten dieser Stadt, er möchte ihr in Betrachtung ihres Ehe-Mannes, und dessen geleisteten KriegesDienste eine Wohnung in einem alten Thurm, welchen man insgemein den Pabst-Thurm nennet, vergönnen, inmassen in der Höhe desselben eine alte Wach-Stube nebst einer halb öden Küche befindlich war. Sie erhielte ihr Ansuchen um desto leichter, weil dieser Platz schon eine geraume Zeit nicht mehr bewohnet worden, auch vielleicht dieser sonst tapfere Krieges-Held an einem gefährlichen Liebes-Fieber gegen diese Schönheit sehr kranck darnieder lag und vermuthlich hoffte, weil die Liebe sonst entlegene Orter suchet, datz dieser einsame Thurm ihm zu Erlangung des Zwecks seiner Begierden sollte behülflich seyn. Kaum waren diese alte Mauren wieder mit Menschen bewohnet, da auch die Geister als Einwohner desselben wiederum begunten rege zu werden. Auf einen Morgen gieng die Mutter zu einer unweit gelegenen Franciscaner-Kirche in die gewöhnliche Messe, und ließ ihre Tochter allein zu Hause, mit dem Befehl, datz sie die am Feuer stehenden SauBohnen, wenn sie gnugsam gekochet, aushülfen, und zum Durchschlag bis zu ihrer Wiederkunft in die Küche setzen solle. Indem nun dieses Mädgen in ihrer Arbeit bey dem Heerde stehend begriffen war, siehet sie aus der alten Mauer eine schneeweisse Hand hervor ragen, welche die Finger auf- und zuschlösse, als wenn sie etwas von ihr empfangen todte; Dieses währte etliche Minuten, über welche Begebenheit das Mädgen zwar anfänglich erstaunete, weil sie nicht wüste, woher eine Hand ohne Cörper käme; jedoch weil ihr die Gelegenheit des Orts nicht eigentlich bekannt, glaubte sie, datz etwa ein anstossendes Gebäude seyn müste, wo eine Wache befindlich, von welcher iemand aus Vorwitz seine Hand durch dieses Loch herein steckte. Sie todte hinwiederum einen Schertz machen, nahm demnach von den ausgemachten Bohnen so viel Hülsen, als sie zusammen raffen tonte, und warf solche in die Fläche dieser ausgedehnten Hand, welche sich alsobald zurück zöge und darauf sich wieder eröffnete, um noch mehr zu bekommen; Dieses Spiel trieb das Mägdgen so lange, bis nichts mehr von den Hülsen vorhan­ den war. Aber siehe Wunder, die Hand kam zu drey malen wieder, hervor und warf die eingenommenen Hülsen wieder zurück auf den Heerd, worauf sie ein Eeklatsche mit beyden Händen hörte, und dar­ über eines Theils erschrack, hernach aber froh war, datz ihre Mutter

Der Brautschatz im Turm eben aus der Kirche die Treppe herauf kam. Sie erzehlte derselben den gantzen Verlaufs der Sache, welche über diesen Zufall sich nicht wenig verwunderte, und da sie die abgeschäleten Hülsen besähe, fand sie mit Erstaunen, datz in iedweder Hülse ein Ducaten mit dem Gepräge Ru­ dolph! Ildi steckte und deren 73. an der Zahl waren. Dieses kante nun wohl für solche arme Leute ein gutes Frühstück ausmachen, die gute Mutter aber walte weder der weisien Hand noch diesem Geschenck trauen, weil sie muthmatzte, es wären dieses Fall-Stricke wider die Ehre ihrer Tochter, welche sie allen Schätzen der Welt weit vorzöge. Sie eilte derowegen unverzüglich nebst ihrer Tochter zu dem Commendanten und offenbarte ihm die gantze Sache, worüber er in nicht ge­ ringe Verwunderung gesetzet wurde. Denn ob er gleich aus eigener Erfahrung wüste, was für Räncke die verliebten Thoren oftmals ge­ brauchen, ein standhaftes Weiber-Hertz zu fällen, ihm auch bekannt war, daß es in seiner Stadt solche Leute gäbe, die mit Gold-Seckeln prangten, und eine solche Geld-Summe für einen so niedlichen Bissen leicht vertauschen tönten: so erkannte er zwar daraus, daß feine ver­ borgene Liebe über dieses Gemüth das Commando nicht erlangen würde; Hingegen aber war ihm wegen der Gegend dieses Thurms nicht weniger bewust, datz niemand denselben von aussen besteigen noch hinan kommen könnte, ohne durch die ordentliche Treppe hinauf zu steigen. Inzwischen war er von der Einfalt und Aufrichtigkeit dieser Personen gnugsam überzeuget, datz er also ihre Ausiage für wahr­ haftig annehmen muste; daher er das Gold in Verwahrung nahm und sich entschlotz, die Sache in Person durch den Augenschein zu unter­ suchen. Da er nun die Küche wohl betrachtet, auch die alte Öffnung in der Mauer, welche einer halben Spanne breit war, eigenhändig mit einem Stück Holtz sondiret hatte, so kante er leichtlich erkennen, datz dieses keine Hand von einem Menschen müste gewesen seyn. Zum Über­ fluß fand er noch unter der Asche in Beyseyn des alten Wacht-Meisters, der Mutter und Tochter zwey solche eingewickelte Ducaten, welche am Gepräge den übrigen gantz ähnlich waren. Der Commendant Netz darauf alsobald den Bischofs dieser Stadt nebst etlichen Ordens-Leuten zu sich beruffen, damit sie diese Sache untersuchen und das Geld benediciren möchten, wenn etwa eine Augen-Verblendung sich dabey befünde. Was nun die Mutter und Tochter vor der weltlichen Obrigkeit ausgesaget, dabey verblieben sie auch beständig, als sie von den Geist­ lichen befraget wurden, wie denn auch das Gold ungeachtet aller Be­ schwerungen sein voriges Wesen behielte, und von dem Commendanten ausgewechselt wurde, welcher davon an unterschiedene Häuser etwas zum Andencken überschicket hat. Nachdem nun dieses Mädgen auf solche Art einen guten Braut-Schatz erlanget, so fand sich auch gar bald ein wohlstehender Feld-Webel von der Leib-Compagnie, welcher diese glück­ selige Tochter heyrathete, und zugleich ihre Mutter zu sich nahm, daß also dieser gute Hautz-Eeist ohne eintzige Anruffung, Gebet oder Be­ schwerung besagten Personen geholffen. Der Commendant glaubte, es

Der Brautschatz im Turm — Der geldbringende Zwerg würde an diesem Ort noch mehr verborgen liegen, und ließ diesen Thurm unter dem Vorwand, daß er sehr baufällig, bis auf den Grund abtragen: Allein wie es den Arbeitern schwer und hart vorkam, die alten Mauren zu zerbrechen, also muste es den Commendanten nicht weniger schmertzen, da er durch die aufgewandten Unkosten so arm an Gelde, als reich an Steinen geworden. 9. Der geldbringende Zwerg In der Haupt-Festung Melazzo im Königreich Sicilien lebet noch ietzo ein Notarius Publicus mit Namen Tomaso Terra növa, mit welchem sich folgende lächerliche Geschichte zugetragen: Es lag derselbe einsmals zwischen 11 und 12. Uhr des Nachts mit seiner Frau im Bette; (wiewol diese erste Nacht-Ruhe in demselben Lande nicht ge­ bräuchlich, indem die allzugrosse Hitze den Tag zum Schlaff bestimmet.) Da nun derselbe noch allein wachte, sahe er, wie sich die Cammer-Thüre öffnete, und ein kleiner Zwerg mit einem rothen Mützgen auf dem Haupt, einem langen Stock in der Hand und eine breite Tasche an einer Schnur tragend, herein getreten kam, welches alles er eigentlich bey dem brennenden Nacht-Lichte unterscheiden konnte. Kaum hatte er das Zimmer berühret, so hub er an wunderliche Capriolen zu schnei­ den, dergestalt daß er sich oft mit dem Stock über das Bette hin und wieder schwunge, wie es etwa die Eauckler zu machen pflegen, und allezeit diese Worte widerholete: Boi beitart? Voi denari? Wilst du Geld? Wilst du Geld? Da nun endlich der Notarius mit ja antwortete, so griff er in seine Tasche und zog einige zweyfache Carolin-Stücke heraus, welche er mit diesen Worten um das Bette herum streuete: Un* altra volta piu: Ein andermal mehr, und sich darauf durch einen Sprung mit seinem Stock zu der Thüre hinaus machte. Da nun der Notarius des andern Morgens aufgestanden, und das Geld aus allen Ecken zusammen gesuchet, fand er zusammen 8. Stück von gleicher Müntz-Sorte mit dem Gepräge Philippi II. und dem gewöhnlichen ein­ fachen Adler, welche in unserer Müntze 16. Groschen ausmachen. Der Zwerg wiederholete dieses einige Nächte hinter einander, daß sich die gantze Summe auf 2 Untzen, das ist 10. Kayser-Eulden oder 6. ReichsThaler erstrecket. Weil aber des Notarii Ehe-Frau eine andächtige Bet­ schwester war, und nichts mit dem Teufel zu schaffen haben wolte, so ertheilte sie ihrem Mann den heilsamen Rath, er solte die gantze Sache seinem Beicht-Vater offenbaren, welches er denn auch gethan und dem­ selben das gefundene Geld gezeiget. Dieser als ein DominicanerMönch hätte lieber gewünschet, daß ein solcher Geld-Voigt zu ihm gekommen wäre, inmassen er gar viele geistliche Schwestern zu ver­ sorgen hatte, deswegen nahm er dem guten Notario sein Geld ab, mit dem Andeuten: Wenn er noch einmal mit dergleichen Teufels-Sachen zu schaffen hätte, so wäre er genöthiget, der heiligen Inquisition solches zu offenbaren, vor dieses mal aber wolte er ihm als einem

Der geldbringende Zwerg — Der Schatz im Stall unwissenden die Absolution noch ertheilen. Hierdurch wurde nun der Notarius nicht allein an seinem Geld-Beutel, sondern auch in seinem Gewissen sehr erleichtert, indem der Herr Beicht-Vater das teufelische Geld für die heilige Absolution behielt, wovon sonst der dürftige Notarius noch einige Wochen hätte zehren können. Die folgende Nacht kam eben derselbe Zwerg wieder, redete aber nichts mehr vom GeldBringen, sondern prügelte den Notarium mit seinem Stock dermassen ab, daß durch das erbärmliche Geschrey die gantze Nachbarschaft auf­ gewecket wurde, ob gleich seine Frau in dem tiefsten Schlaf vergraben bliebe. Unter währenden Schlägen wiederholte der Zwerg immerzu diese Worte: lln altra volta confessa ti piu: Ein ander mal beichte mehr, und eilete endlich, nachdem er einen greulichen Eestanck hinter sich gelassen, zur Cammer hinaus; Der Notarius aber befand sich in so schlechtem Zustande, daß der Beicht-Vater wohl hätte wieder kommen und ihm beyspringen mögen. Vermuthlich ist dieses ein guter HaußEeist gewesen, welcher dem Notario einen zulänglichen Unterhalt mit­ theilen, nicht aber den Pfaffen bereichern wollen. Auch scheinet hieraus zu erhellen, daß man im Reich der Geister von dem Stilleschweigen mehr, als von der Ohren-Beichte halte.

10. Der Schatz im Stall Dir ist, mein Freund, zu Leipzig der Gast-Hof zur goldenen Säge auf dem Grimmischen Stein-Weg nicht unbekannt, allwo dir der HaußKnecht mit Namen Peter eine wunderliche Begebenheit erzehlen wird, so ihm vor ohngefehr 4. Jahren begegnet ist. Derselbe diente auf einem Bauren-Hofe unweit Merseburg, und muß er ein treuer Knecht ge­ wesen seyn, weil die daselbst wohnenden Hauß-Eeister, ihn mehr als den Hauß-Vater selbst geliebet haben. Er war nur kurtze Zeit in diesem Dienst gewesen, so wurde er täglich zwey kleine Zwergen gewahr, welche ihn aller Orten begleiteten; und wiewohl ihm dieses anfänglich sehr schwer fiel, in einer solchen Gesellschaft zu leben, so wurde er doch end­ lich des Umgangs mit diesen Zwergen dergestalt gewöhnet, daß er fast keinen Schrecken mehr darüber empfunde. Am meisten waren sie be­ schäftiget, wenn er einen gewissen Vieh-Stall säuberte, indem sie unter währender Arbeit ungemeine Sprünge um ihn her machten, als wenn sie ihm was besonders entdecken wolten. Da er einsmals des Abends unter Begleitung dieser Gefährten, seine Eeschäffte verrichten, und nach Gewohnheit die Streu ausräumen wolle, blieb er mit der Spitze der Gabel zwischen einem Ziegel-Stein stecken, welchen er aber mit leichter Mühe in die Höhe warf und mit Erstaunen sahe, daß unter demselben lauter alte Sächsische Thaler befindlich waren. Uber dieses Anschauen kam ihn ein grosser Schauer und Grauen an, zumalen die zwey Zwer­ gen allerhand seltsame Eebehrden gegen ihn blicken liessen, daß er sich auch entschloß, den Ziegel-Stein wieder an seinen vorigen Ort zu legen und aus dem Stall zu gehen. Hierauf zeigten sich die Zwergen

Der Schatz im Stall — Der Leipziger Geistersichtige gantz erboset gegen ihn und liessen ihm gantzer 14. Tage und Nächte keine Ruhe, daß alle Hauß-Eenossen nicht wüsten, was doch wohl dem Knecht fehlen möchte, indem er so wohl an der Gestalt als LeibesKräften, sich gantz geändert und abgenommen hatte, auch seiner Arbeit fast nicht mehr vorstehen kante. Bisher hatte er noch keinem Menschen sein Anliegen geoffenbaret, bis er endlich an einem Abend solches Lebens gantz überdrüßig wurde, und dem Sohn seines Hauß-Wirths den gantzen Verlaufs der Sache erzehlte. Derselbe nahm mit ihm die Abrede, daß, wenn die andern Leute im Hause schlaffen würden, sie dieses Geld heben und solches so lange unter das Getreyde seines Vaters verstecken wollen, bis sie Gelegenheit finden, davon zu gehen, und mit diesem erlangten Schatz ihren Stand zu ändern. Sie schritten noch denselben Abend zum Merck, hoben mit geringer Mühe das Geld sammt der alten Brat-Pfanne, worin es befindlich war, und verbargen es, wie sie vorhin abgeredet hatten. Hierauf legten sie sich ohne Sorgen schlaffen, hatten aber beyde kaum das Bette erreichet, als sie von einem unvermutheten Zufall betroffen wurden; Denn der Sohn starb nach einigen Stunden unter erschrecklichen Rasen und grossen LeibesSchmertzen, der Knecht aber blieb eine geraume Zeit in solchem Zu­ stande, daß er kein Glied am Leibe rühren noch bewegen können. Hier­ durch wurde er endlich bewogen, den gantzen Handel zu offenbaren, und gab damit Gelegenheit, daß über diesen Schatz, welchen die guten Hauß-Eeister ihm allein zugedacht hatten, ein grosser Streit und Un­ einigkeit entstünde; Denn es gaben sich unterschiedene an, und wollen sich dieses Geld zueignen, welches vielleicht die längst-verstorbenen Vorfahren bey eingefallenen Krieges-Troublen an demselben Ort ver­ graben, und diese Hauß-Eeister, nach langer Bewahrung dem Knecht Peter hatten übergeben wollen, welcher aber zu seinem Unglück nicht verstanden, wie nützlich eine so unverhoffte Freundschaft mit solchen Greaturen seyn könne. 11. Der Leipziger Eeistersichtige Bey uns Teutschen haben wir die Gewohnheit, besondere Urtheile zu fällen, wenn wir von seltsamen Begebenheiten hören, oder auch dieselben ansichtig werden, z. E. wenn manche Leute nächtlicher Weile ausruffen, als wenn sie von Gespenstern geplaget würden, oder aller­ hand wunderliche Larven um sich sähen, wie solches die unruhigen Nächte mancher Kinder anzeigen. Denn da sagen wir, daß solche Per­ sonen nicht recht getauffet, und daher der Gewalt der Gespenster mehr als andere unterworfen seyn müsten; oder wir halten es für etwas, das der Natur solcher Menschen von ihrer Geburt an eingepflantzet, weil sie in einem gewissen Zeichen oder Monden geboren, wie wir etwa von den Sonntags-Kindern solche Meinung hegen: oder wir hal­ ten dafür, daß diese Eigenschaft in dem Geblüts fortgepflantzet werde. Dieses hat mir ein gewisser ehrlicher Bürger aus Leipzig, so noch am

Der Leipziger Eeistersichtige Leben und von vielen gekannt wird, versichern wollen, nachdem er mir unterschiedene wunderbare Begebenheiten erzehlet, welche ihm von seiner Jugend an begegnet und wovon ich nur einige anführen werde: Ich gieng einstens, sagte er, mit meinem noch lebenden Sohne zwischen 11. und 12. Uhr des Nachts durch die Ritter-Strasse nach Hause; Da nun der Mond sehr helle schien, so wurde ich von weitem gewahr, daß von der Nicolai-Kirche eine Riesen-mäßige Person mit einem Bischöfflichen Habit angethan, auf mich und meinen Sohn loh kam, wie denn dieser solches Gesicht ebenfals gesehen. Da aber dasselbe näher zu uns gelangte, wurde es gleichsam in einen kleinen Zwerg verwandelt, wel­ cher an der Ecke des so genannten Schuster-Eäßleins aus unsern Augen sich auf einmal verlohr. Ein andermal, sagte er: muste ich in meinen Verrichtungen im Monat December von hier nach Dreßden mit der gewöhnlichen Küchen-Eutsche reisen, da unsere Gesellschaft aus 6. Per­ sonen bestünde. Als wir nun gegen 4. Uhr frühe nach Meisten gelanget waren, motte ich wegen grosser Kälte ein wenig zu Fuste gehen, stieg derowegen eine halbe Mertel Stunde vor der Stadt ab und lieh die Eutsche voran fahren, welche ich leicht wieder einholen tonte. Wie ich aber an die alte Kirche, welche unter dem Dom ausser der Stadt zur linden Seite stehet und allezeit verschlossen ist, gekommen war, fand ich dieselbe offen stehen, die Thüre aber von innen mit einem höltzernen Tafelwerck umgeben, daß ich in die Kirche selbst nicht völlig hinein sehen konte; Jedoch erblickte ich über diesem Holtzwerck den Schein von vielen Lichtern, und hörte gar eigentlich darinnen singen und beten. Dieses verursachte bey mir einiges Grauen, daher ich eilend vorbey gieng, und mir wunderliche Eedancken machte, woher doch wohl diese frühzeitige Andacht kommen möchte, indem ich ja sonst öfters um die Zeit denselben Weg gereiset, und diese Kirche allezeit verschlossen ge­ funden. Ich begab mich darauf in das Wirths-Hauß zum Ringe ge­ nannt, dessen Wirth mein guter Freund war und fragte denselben, was es doch mit dieser Kirche für eine Beschaffenheit habe? Er hörte meine Erzehlung mit Verwunderung an, und weil ich von der Wahr­ heit meines gehabten Gesichtes ihn durch die grösten Betheurungen versicherte, nahm er seinen Mantel um und gieng nebst mir zu der­ selben Kirche. Da wir aber dahin gekommen, funden wir die Thüre, wie sonst allezeit, verschlossen, ohne die geringste Anzeige von allen dem, was ich gesehen hatte, mehr zu verspüren; Daß also dieses Ge­ sicht nur mir allein, nicht aber dem Wirth wiederfahren sollen. Zu einer andern Zeit, sagte er ferner, saß ich allein in meiner Stube, und forschte nach in einer gewissen Kunst oder Wissenschaft, wie ich meinen Zweck darinn erreichen möchte, da sich folgendes Gesichte meinen Augen darstellte. Es kam aus einer Öffnung der Erde ein Toden-Kopf hervor, welcher sich allgemählig in die Höhe begab, bis er ein gantzes Sceleton oder Todten-Eerippe mit allen darzu gehörigen Theilen vorstellte; Dieses schien nach und nach ein Leben zu bekommen, und fieng an sich bald zur rechten, bald zur linden Seite zu bewegen; bald darauf aber

Der Leipziger Geistersichtige — Eeisterphantasien begonte es wieder abzunehmen, und verschwand endlich gar vor meinen Augen. Ich fragte diesen Mann im Ernst, ob er etwa geträumet hätte, oder über dem Lesen eingeschlummert wäre, da vielleicht die starck wirckende Phantasie solche Bilder bey ihm Herfür gebracht? Er betheurete mir aber, daß sich alles in der That fo zugetragen und sagte: Ich war nur gar zu munter und vom Schlaff entfernet, denn sonsten hätte ich nicht ein solches Grauen empfunden, indem der Schlaff alle Empfindlichkeit zu entziehen pfleget. Dagegen kan ich versichern, daß wir ein kalter Schweiß von dem Nacken über den Rückgrad fast bis zur Fuß-Sohle herunter gelauffen, ja ich fand meine Stirn mit Schweiß-Tropfen gäntzlich benetzet. Hier hast du, lieber Andrenio, eine Person in diesen Ländern, welche Geister und also das gesehen, was weder mir, noch dir, noch viel tausend andern nicht zu Gesichte ge­ kommen. 12. Eeisterphantasien Ich wohnte auf der Universität in einem Hause, worin ehemals die Beginen ihr Wesen gehabt; wie ich nun einsmals im Sommer bey der Lampe bis in die sinckende Nacht studirte, und über dem vor mir liegen­ den Buche aus Müdigkeit eingeschlaffen war, so kam es mir vor, als griffe mir etwas nach den Kopf, worüber ich plötzlich auffuhr, und nicht ohne Entsetzen einen Haussen abscheulicher Geister erblickte. Unter andern nahete sich zu mir ein puckelichter Mann mit einem breiten Kopf, greulicher Nase und feurigen Augen; Nicht weit von ihm stund einer in der Gestalt eines alten Affen mit verstutzten Esels-Ohren und einem sehr langen Bart, der mich gar unfreundlich anblickte. Auf der Erden kroch ein greuliches Thier mit aufgesperrtem Rachen und einem Horn auf dem Kopf; es flogen auch eine Menge garstiger Bögel um mich herum, und machten ein solches Eepfeiffe, als wenn alle Bücher auf dem Repositorio zu lauter Mäusen geworden wären; bald wolle mir auch das Licht verlöschen und was der Dinge mehr war. Indem ich nun vor Angst fast vergieng, und doch weder zu schreyen noch davon zu lauffen mich getrauete, so wurde die Stube auf einmal voll Feuer, und kam es mir nicht anders vor, als wenn der gantze höllische Schwarm zur Stube herein käme, worauf der Seiger eins schlug. Da hätte man nun glauben sollen, es wären dieses lauter böse Geister gewesen, und in der That war es doch nur ein Blendwerck und verwirrtes Spiel zerstörter Gedancken. Denn es hatte damit diese Bewandniß: Ich war im Begriff, eine Disputation von dem wütenden Heer zu verfertigen; Weil ich nun hierbey viele Bücher von Ge­ spenstern durchzugehen hatte, bekam ich auch des Wieri Tractat de praestigiis daemonum oder von den Gauckeleyen der Teufel in die Hände, welches Buch ich selbigen Abend gelesen, und ohngefehr auf den Theil gerathen war, worinn Meldung geschiehet, wie die bösen Geister aus­ sehen, wenn sie einem Menschen zu dieser oder jener Absicht dienen.

Eeisterphantasien — Die Anmeldung am 28. Mai Hierüber waren mir endlich die Augen zugefallen, und hatte sich in­ zwischen eine Fleder-Mauß durch das offen stehende Fenster in die Stube verfüget, welche hin und wieder und mir endlich an den Kopf geflogen, daß ich dadurch jähling aus dem Schlaff gebracht worden. Weil mir nun im Schlummer lauter solche greuliche Larven, wie ich im Buch gelesen, vorgekommen waren, so brachte meine noch immerzu phantasirende Einbildung und das darzu gekommene Schrecken zuwege, daß mir allerley Arten von abscheulichen Gesichtern vor den Augen schwebten. Das Pfeiffen war die natürliche Stimme der Fleder-Mauß, wenn sie sich etwa an dem Lichte verbrennen mochte; Weil ich aber nicht wüste, woher solches rührte, und die Furcht mich gantz eingenom­ men, dünckte mir solcher Schall weit stärcker, als er in der That seyn konnte. Daß endlich auch die Stube voller Feuer wurde, und mir vor­ kam, als ob ein gantzer Schwarm böser Geister herein drünge, davon war dieses die Ursache, weil sich damals das Wetter durch Blitzen kühlte, wie bey der heissen Sommer-Zeit des Nachts zu geschehen pflegst. Indem ich nun der frischen Luft zu gemessen die Stuben-Thüre offen gelassen, so hatten sich die im Bor-Saal stehenden alten HaußEeräthe meiner vorhin schon bethörten Phantasie unter allerley selt­ samen und fürchterlichen Bildern vorgestellet. Da ich aber endlich den Schlaff völlig aus den Augen gewischet und nun wieder zu mir selbst kam, merckte ich allererst den Betrug, jagte das fliegende Thiergen zum Fenster hinaus, und ließ mir diese sonderbare Begebenheit noch­ mals zu verschiedenen Eedancken dienen, auf welche ich sonst nicht so leicht gefallen wäre, daß man nicht gleich alles, was einem so vor­ kömmt, für ein Gespenst halten müsse. 13. Die Anmeldung am 28. Mai

Die Geister, spricht raiet, erscheinen unsichtbarer Weise, also daß nur ein Laut oder Stimme oder Getöse von den Menschen gehöret wird, als ein Schlagen oder Klopfen, oder Gepolter, oder Pfeiffen, oder Niesen, oder Seuftzen, oder Weinen, oder Hände-Klatschen oder der­ gleichen anderes Zeichen, um die Menschen aufmercksam oder nach­ forschend in einer Sache zu machen, die ihnen begegnen kan, und ihr eigenes Heyl angehet, welches alle solche Hauß-Eeister ämsig inacht nehmen, um ihre untergebenen Familien dadurch zu warnen. Denn wenn es nicht dergleichen verborgene Freunde gäbe, wie wollest du nachfolgende Begebenheiten auflösen, welche in den meisten Familien bey Ereignung eines Todes-Falls zum Vorschein kommen, wovon ich nur einige beybringen will, die ich aus eigener Erfahrung habe. Mir erzehlte einer von meinen vertrautesten Freunden, daß er in weit ent­ legenen Landen einsmals um die Mittags-Stunde im Begriff gewesen, einige Briefe nach Hause zu schreiben, da eben kein Mensch sich im Zimmer bey ihm befunden, in der darunter gelegenen Küche aber die Köchin bey dem Feuer gestanden, und zwey Soldaten als Bediente vor

Die Anmeldung am 28. Mai — Der Schlag gegen das Weinglas der Garten-Thüre Toback geschmauchet. Wie er nun im besten Schreiben gewesen, habe er wahrgenommen, daß das auf dem Tisch stehende kleine Glöcklein, womit er sonst seinen Leuten ein Zeichen gegeben, von sich selbst einen dreymaligen Klang erreget, ohne daß er sehen können, wer selbiges in Bewegung gebracht. Über diesen unoermutheten Zufall sey ihm ein Schauer angekommen, absonderlich da keiner von seinen Haußgenossen, wie sonst, diesem Schall nachgegangen; Er sey daher aufgestanden und an die Luft bey dem Fenster getreten, da er aufs neue gehöret, daß mit diesem Glöcklein ein Zeichen gegeben worden, ohne daß jemand anders davon etwas wahrgenommen. Er habe nun­ mehr gemercket, das es etwas anders bedeuten müste, habe demnach seine Schreibe-Tafel ergriffen, und den Tag und die Stunde, da dieses geschehen war, nemlich den 28sten May angeschrieben, auch andere gute Freunde, denen er solches erzehlet, gebeten, daß sie nebst ihm diesen Tag wohl mercken möchten. Nach zwey Monaten habe er von Hause einen Brief mit schwartzem Siegel empfangen, worinn ihm vermeldet worden, daß seine Mutter im 78sten Jahr ihres Alters an eben diesem Tage und in gleicher Stunde verschieden sey. Dieser ehrliche Mann hatte von dem Tode seiner Mutter, welche weit über das Meer gewöh­ net, auf keine andere Art, als durch die ordentliche Post, Nachricht er­ halten können. Was meinest du nun, lieber Andrenio, daß hieraus zu schliesien sey? Ist etwa der Geist seiner Mutter zu ihm übers Meer gekommen, und hat ihm derselben tödlichen Hintritt verkündiget, oder hat der ihm zugeordnete Hauß-Eeist durch Lautung der Glocke ihm davon ein Zeichen gegeben? Meines Theils will ich lieber behaupten, daß das letztere geschehen, indem ich mir nicht einbilden kan, daß die Seelen der Gerechten nach deren Tode dergestalt herum wandeln sollen. 14. Der Schlag gegen das Weinglas

Ich saß einsmals zu Leipzig in einem bekannten Gast-Hofe gantz allein mit dem Wirth, und rauchte in der gewöhnlichen Trinck-Stube unter allerhand Discoursen eine Pfeiffe Toback; Bald hörten wir gantz unvermuthet einen Klang, als wenn iemand einen starcken Schlag auf ein Elaß thäte, welches auf dem gegen uns über befind­ lichen Tische stund und mit Wein erfüllet war. Wir hörten alle beyde den Schall, sahen aber niemand, der denselben gemacht hätte, weil wir allein in der Stube waren. Mir fieng hierbey die Haut an zu schauern, der Wirth machte auch gantz furchtsame Eebehrden, und vermuthlich gab ihm seine eigene Natur ein, daß dieses Zeichen seinen Leib an­ gehen müsse, sintemal jenes sein allerliebstes Leib-Elaß und nach sei­ nem Cörper eingerichtet war. Er sagte mir mit gantz gebrochener Stimme: Dieses gehet mich an; Wir stunden alsofort beyde auf, um zu sehen, ob sich etwa unter dem Tisch was befünde, das diesen Klang hätte verursachen können; allein alles Nachsuchens ungeachtet, funden wir nicht das geringste in der gantzen Stube, wovon wir diese Wir-

Der Schlag gegen das Weinglas — Der unruhige Totenkopf düng hätten herleiten mögen. Der Wirth ergriff das Elaß mit der Hand, da ihm der oberste Rand und etwas weniges über dem Fuß des Glases in den Händen bliebe, daß also der darin befindliche Wein auf den Tisch auslieff. Er wurde hierüber von einem heftigen Schrecken überfallen und ruffte seine Haus-Genossen zusammen, da denn leicht zu erachten, daß ein so unvermutheter Zufall niche geringes Nachdencken bey dergleichen Leuten veursachet, inmassen niemand begreiffen konnte, wie es möglich, daß ein so dickes Elaß von sich selbst ohne äusserliche Gewalt springen solte. Ich meines Theils suchte zwar unterschiedliche Sympathetische und Antipathetische Ursachen heraus zu bringen, wo­ durch dieses natürlicher Weise habe geschehen können, schickte auch so gar in den Keller, um zu sehen, ob etwa ein Wein-Faß verunglücket wäre: Allein auch dieses war vergebens, und alle meine Vorstellungen, die ich aus dem Eeheimniß-vollen Magazin der Natur hervor suchte, waren unfähig, das erschrockene Hertz dieses Mannes zu beruhigen. Er glaubte gantz gewiß, daß er nunmehr daß letzte Elaß Wein getruncken, nachdem sein liebstes Leib-Elaß ohne Zuthuung einiger Hände zersprungen sey: ja er motte sich alsobald ins Bette legen, um die letzte Stunde seines Lebens zu erwarten. Ich munterte ihn auf, indem ich ihm unter andern zuredete, daß wir die Zeit abwarten wollen, ob etwa diese Begebenheit was zu bedeuten hätte; worauf er sich von seinem Schrecken ziemlich wieder erholte, und seine TobacksPfeiffe, die er zurück geleget hatte, wieder hervor suchte. Ich meines Orts zeichnete diese Stunde im Calender, um zu sehen, ob etwas damit eintreffen möchte: Und siehe, nicht lange darnach bekommt der Wirth die Botschaft, daß sein lieber alter Vater auf einem unweit gelegenen Dorff mit Tode abgegangen sey, wodurch meinem Gemüth aller Zwei­ fel wegen dieses Zufalls benommen wurde. 15. Der unruhige Totenkops

Es sind wenig Jahre verflossen, da ich eines Tages um frische Luft zu schöpfen, in einer gewissen Insul spatzieren ritte und eine Gegend passiren muste, in welcher drey Jahre zuvor mit grossem Verlust beyder feindlichen Partheyen, ein Treffen war gehalten worden. Ich und mein Gemüthe machten die gantze Gesellschaft auf dieser Lust-Reise aus, und ist leicht zu erachten, daß ein solcher Ort bey iedwedem Menschen ein natürliches Grauen erwecken muß, von welchem man weiß, daß er mit dem Blut unschuldiger Partheyen befeuchtet worden, die einander in Person niemals beleidiget, sondern die gerechte oder ungerechte Sache ihrer hohen Principalen, ausfechten und für einen geringen Unterhalt ihr treues Leben in die Schantze schlagen müssen. Wie ich nun also diese Gegend unter mancherley Sterbens-Gedancken betrachtete, allwo mancher ehrliche Teutscher, auch viele von meinen guten Freunden ihr Grab gefunden, sahe ich ohngefehr nahe beym Wege einen Hirn-Schedel aus dem Grase hervor ragen, welcher so wohl durch die Luft und Witte-

Der unruhige Totenkopf

rung, als auch durch die Sonnen-Hitze dergestalt ausgebleichet war, dag er der Farbe nach dem schönsten Helfenbein kante verglichen werden: Dieser Hirn-Schedel erweckte bey mir ein besonderes Mitleiden, wenn ich erwog, daß derselbe nicht einmal seine Ruhe-Stätte unter der Erden finden können, auch vermuthlich der gantze Cörper von den Hunden aufgefressen, und die übrigen Gebeine anders wohin verschleppet wor­ den. Ich stieg vom Pferde, und walte denselben eigentlicher besehen, da ich denn in dem obern Kinn-Backen noch einige Zähne, und auf der rechten Seite in der Schlüffe eine sehr grosse Öffnung fand, wodurch die Kugel mochte gegangen seyn, so diesem guten Soldaten das Leben geraubet. Mir kam hierauf ein Vorwitz an, diese Hirn-Schale mit mir in mein Quartier zu nehmen, und wiewohl billig die Ruhe-Stätte der Toden nicht unter den Lebendigen seyn soll, so bliebe ich dennoch auf meinem Vorsatz bestehen. Weil ich aber solchen Schedel nicht selbst mit fortbringen kante, legte ich ihn wiederum an seinen Ort, und bedeckte ihn nebst einem Zeichen, damit er wieder zu finden wäre, schickte aber bey meiner Zurückkunft einen vertrauten Bedienten hin, denselben abzuholen. Ich setzte ihn darauf in meinem Schlaff-Gemach auf ein kleines Tischgen, und ob wohl die ersten Nächte meine Natur wegen dieses unbekannten Schlaff-Eesellen einigen Schauer empfunde, so wurde ich dessen doch endlich so gewohnt, das; ich dieses leblose Behältniß, so ehemals eine menschliche Seele in sich gefastet, unter die Zahl meiner übrigen Meublen rechnete. Run befand sich in meinem Hause eine alte Wittwe, welche ihrem Bruder, der Commistarius vom heiligen Officio war, hinterbrachte, daß sie von der Zeit, da dieser Hirnschedel im Hause gewesen, weder Ruhe noch Rast gehabt, ja sie betheurete hoch, daß sie den Toden-Kopf sich in meinem Zimmer be­ wegen gesehen, und daß er auf der Seite liege. Ich fand ihn zwar in dieser Stellung, hielte es aber für eine Erfindung dieses Weibes, welche vielleicht vermeinte, mich dadurch zu bewegen, daß ich den Hirn-Schedel wegthun solte. Daher richtete ich denselben wieder auf, und gieng wegen gewisser Verrichtungen fort; Bey meiner Zurückkunft in der ersten Abend-Dämmerung fand ich eine grosse Menge Leute vor und in meiner Wohnung stehen, welche mir berichteten, daß meine Haußhälterin in den letzten Zügen läge; Denn da sie mein Bette habe machen wollen, sey der Toden-Kopf vom Tisch herunter gesprungen und int gantzen Zimmer umher gekollert, sie aber habe zu allem Glück den Vor-Saal erreichet, allwo sie um Hülfe ruffen und die Nachbar­ schaft herbey ziehen können. Ich erstaunete nicht wenig, da ich hören muste, daß die Geister meine Wohnung zu ihrem Tummel-Platz gemachet, und mit einem Hirn-Schedel ihr Eauckel-Spiel sollen getrieben haben. Nachdem ich ins Hauß getreten, fand ich meine Haußhälterin auf ihrem Bette gantz entkräftet und aller Sinnen beraubet, unter den Händen ihres Beicht-Vaters, zwey anderer Geistlichen und ihres Bru­ ders, welche sie gewöhnlicher masten berichten wollen. Dieser Zufall gieng mir zwar sehr zu Hertzen, noch grösser aber war meine Verwunr>

Der unruhige Totenkopf — Der Langemantel berung, weil ich mich nicht entschliessen kante, dieser Erzehlung schlech­ terdings zu glauben. Damit ich also von der gantzen Sache durch den Augenschein mehr Versicherung erhalten möchte, öffnete ich die StubenThüre, welche die Frau im Schrecken hinter sich zugeschlagen hatte, und fand mit Erstaunen den Hirn-Schedel mitten im Gemach auf der Erden liegen, welcher sich, meinem Vedüncken nach, hin und her be­ wegte; Doch kante ich nicht entscheiden, ob meinen verrückten Sinnen die Sache also vorkäme, oder ob es sich in der That also verhielte. Es waren zwar Leute gnug vor der Thüre meines Zimmers, niemand aber getraute sich zu mir hinein, ausser eine Hauptmanns Frau, welche gleich einer Amazonin mit muthigem Hertzen wider Furcht und Schrecken kämpfen walte. Ich nahm also den Schede! von der Erde, und setzte ihn wiederum an seine gewöhnliche Stelle, um zu sehen, ob sich etwas neues in meiner Gegenwart zutragen würde; Kaum aber hatte ich denselben an seinen Ort gebracht, als er sich von freyen Stücken vor unsern Augen wiederum anfieng zu bewegen. Er fiel ferner auf die Seite, purtzelte über den Tisch herunter, und weltzte sich auf der Erde gegen meinem Bette zu, gleich als wenn er neben demselben seine Ruhe-Stelle nehmen wolle. Hierauf griff ich in der Angst nach der gewöhnlichen Stole und Exorcismus-Buch, und walte diesen unbekann­ ten East um seinen Namen fragen; Dieses aber ins Merck zu richten, ward ich genöthiget, denselben zum andern mal an die vorige Stelle zu setzen. Da ich ihn nun zu dem Ende mit der Hand gefasset, merckte ich von ohngefehr, daß sich etwas darinn bewegte, wodurch mein vori­ ges Schrecken um ein grosses vermindert wurde; Ich gteitg mit diesem Abentheuer gegen das Fenster, schüttelte es hin und wieder, da mir denn durch die oberste Öffnung des Schusses etwas rauches, nemlich der Schwantz von einer Ratte in die Hände gerieth, welche den Rück-Weg vielleicht nicht wieder finden können. Diese zog ich zwar mit so geringer Mühe heraus, als selbige mochte hinein geschlupfet seyn, sie entwischte mir aber aus den Händen und befreyete meine Wohnung von dem Gerüchte, eines sich daselbst aufhaltenden Hauß-Eeistes. 18. Der Langemantel

Ohngefehr eine Stunde von Jnsprug der Haupt-Stadt in Tyrol lieget ein altes Schloß, welches von dem daran gelegenen Teich oder Weyher den Namen Weyherburg führet; Dieses ist aus den alten Tyrolischen Geschichten vieler Ursachen wegen bekannt, absonderlich weil Kayser Maximilianus in dessen grossen Saal den Venetianern Audienz gegeben, da die Streitigkeiten zwischen Venedig und Tyrol beygeleget worden, wie man denn noch ietzo den alten höltzernen Thron zu zeigen pfleget. Dieses Schloß hat von vielen Jahren her die durch Tyrol bekannte Weinhartische Familie zu Besitzern gehabt, aus welcher der berühmte Medicus entsprossen, dessen nützliches Buch unter dem Titul: Vade Mecum Medicum alle Artzney-Eelehrte sehr wohl zu

Der Langemantel gebrauchen wissen. Was aber dessen Adel-Sitz anbetrifft, so ist derselbe wegen seines unbekannten Einwohners oder Hautz-Eeistes weit und breit berühmt, als welcher wegen seiner ungemeinen Sorgfalt vor ge­ dachtes Schloh, mit der Neuhausischen weissen Frau könnte verglichen werden. Die Bewohner des Schlosses nennen ihn Langemantel, weil er mit einem schwartzen Mantel, der hinten nach schleppet, herum zu gehen pfleget; Sonst träget er eine alt-väterische Krause um den Haltz, nebst einem hohen Hut und langen Bart, welcher bis über die Brust herunter reichet. Dieses Hautz-Eeistes meiste Verrichtungen bestehen darinn, datz er in den umliegenden Gärten und Teichen, ingleichen bey dem Vieh keine Wächter, vielweniger Hunde leidet, indem er dieselben oftmals so zerpeischet hat, datz man sie des folgenden Tages halb tod gefunden. Wie also dieser treue Hautz-Wächter das gantze Revier desselben Schlosses gantz allein bewahren wolte, so hat man auch nie­ mals von einigem Diebstahl das geringste vernommen. Aber dieses hat eine Meyerin, welche über 30. Jahre in dem Schloh gewöhnet, aus­ gesaget, datz dieser Hautz-Eeist mit ihr unter währender Arbeit gantz vertraut umgegangen, und sie fast niemals allein gelassen, wie sie sich denn manchmal mit ihm rechtschaffen herum geschmissen, wenn er ihr einen und den andern Schabernack erwiesen hätte, allein ob sie gleich vermeinet, ihm eins zu versetzen, wären es doch lauter Luft-Streiche gewesen. Wenn ich ihn finden will, waren ihre Worte, so weitz ich ihn schon aufzusuchen, meistentheils sitzet er auf dem Thron des Maximiliani, gleich als wenn er die Herrschaft in diesem Schloh führen wolte, oder ich treffe ihn an einem Orte an, wo die Leute sonst nur hinzugehen pflegen, oder in einer Küche, oder im Keller, als wolte er den Menschen in allen Stücken nachahmen. Damit ich aber auf meine Materie von den Kindern komme, so hat sich einsmals zugetragen, datz am Fest-Tage der heiligen Anna, die Kinder des damaligen Eigenthums-Herrn Ferdinand Weinhart, nebst den Schluderbacherischein, wel­ ches eine mit jenen verwandte Familie ist, in einer Gutsche zu der gewöhnlichen Kirch-Weyhe hinunter geschicket wurden, indem die Capelle des Schlosses den Namen dieser Heiligen führet. Nun gehöret das Schloß unter das grosse Dorff Hölting, welches etwa ein halb FeldWeges davon gelegen und ebenfalls Kirch-Mesfe hielte. Diesen Kin­ dern, welche alle 5. bis 10. Jahre alt waren, wurde eine alte KinderMuhme, eine Befreundte von besagter Meyerin zugesellet, welche eine Schwester in demselben Dorff hatte, allwo sie den gewöhnlichen KirchMetz-Kuchen abholen wollen. Sie sperrte daher die Weinhartischen und Schluderbachischen nebst der Meyerin drey Kinder an der Zahl achte in das grosse Tafel-Zimmer, und gab ihnen die Meyerin allerley SpielWerck nebst Früchten, damit sie bis zu ihrer und der Kinder-Muhme Wiederkunft die Zeit pasfiren möchten, womit auch die Kinder-Eesellschaft sehr wohl zufrieden war. Sie nahmen darauf ihren Weg nach dem Dorfe, allwo sie bis in die dritte Stunde sich verwetteten; bey ihrer Zurückkunft aber, da sie die Tafel-Stube eröffneten, funden sie

Der Langemantel — Das Ehepaar aus dem Fegfeuer die Kinder in vollem Spielen und mitten unter ihnen den Hauß-Eeist Langemantel, welcher den Kindern in allem ihren Spiel-Werck nach­ ahmte. Die Kinder-Muhme, welche diesen lieben Freund noch niemals gesehen hatte, erschrack über solchen Anblick so hefftig, daß sie in eine Ohnmacht sunck, und die Meyerin oeranlassete in die Küche zu lauffen, und ihr ein Gefäß mit Wasser in das Gesicht zu schütten. Da sie aber dieselbe nicht so geschwinde wieder ermuntern tonte, drohete sie ihrem bekannten Hauß-Eeist mit der Faust, welcher ihr wiederum eine OhrFeige anbot, und immer mit den Kindern fortspielte, bis endlich die Meyerin ein Kind nach dem andern in die nächste Stube hinaus lieft welche ihr auch alle gefolget, ohne das geringste von ihrem Mit-Eespielen zu wissen. Die Meyerin schwieg daher stille, um den Kindern keinen Schrecken einzujagen, sie glaubte aber bey dieser Begebenheit das gröste Unglück zu haben; Denn da sie sich mit der halb-toden Muhme bey den Kindern in der Stube befand, kam es ihr vor, als wenn ihr gantzes Küchen-Geräthe zu tausend Trümmern gienge. Es hatte auch ihr Hauß-Verwalter aus Zorn greulich zu wüten angefangen, weil sie ihm der Gesellschaft der Kinder, die ihn doch nicht gesehen hatten, nicht würdig geachtet. Da sie aber hinaus in die Küche gieng, fand sie zwar alle Töpfe auf der Erde, jedoch ohne eintzigen Schaden, ihn selbst aber hörte sie droben auf dem Saale laut lachen, wovon die Kinder gleich­ falls nichts gehöret hatten. 17. Das Ehepaar aus dem Fegfeuer

In einer bekannten Stadt starb eine reiche Brauer-Wittwe, ohne Hinterlassung einiger Erben, nachdem ihr Ehe-Mann 30 Jahr zuvor in die Ewigkeit voran gegangen. Sie hatte nach Art der geitzigen Mütterlein, welche ihren Geld-Klumpen ungern verlassen, sich von dem Tode ehe übereilet gesehen, als sie wegen ihres Vermögens einen förmlichen letzten Willen verfassen können; daher denn die Geistlichkeit erwünschte Gelegenheit bekam, dieser Erbschaft sich theilhaftig zu machen. Es wurde alles zu der Vegräbniß veranstaltet, viele Bettel-Leute er­ schienen aus fremden Orten, wie die Raub-Vögel, zu diesem todten Cörper, um die gewöhnliche Spende zu erhalten, der Pfarr-Herr mit seinen beyden Capellanen schmauseten weidlich auf Rechnung der zukünf­ tigen Stolen, oder besser zu sagen, der gantzen Erbschaft. Inzwischen war der Todten-Gräber ihres vor 30 Jahren verstorbenen Mannes RuheStätte zu eröffnen bemühet, welches ihm wegen des weichen Erdreichs keinen sonderlichen Schweiß verursachen konte. Gleichwie ihm nun dieses sehr ungewöhnlich vorkam; also wurde er annoch in grössere Verwunderung gesetzet, da er in dem eröffneten Grabe einen gantz frischen Sarg zu Gesicht bekam. Er erblickte in demselben ein gantzes Todten-Eerippe in der Stellung eines liegenden, wobey es ihm nach seinem Begriff aus der Natur-Lehre sehr fremde und unglaublich schien, daß ein Sarg unter feuchter Erden innerhalb 30 Jahren nicht

Das Ehepaar aus dem Fegfeuer verfaulet, ingleichen dah die von Haut, Fleisch und Nerven entblößter Gebeine in einer solchen Ordnung liegen geblieben. Dem ungeachtet wolle er seine Arbeit fortsetzen, das Gerippe mit dem Grab-Scheit zerstoßen und die Knochen nebst dem Schedel ins Bein-Hautz schaffen, damit der gegenwärtigen Leiche Platz und Raum gemachet würde; Kaum aber hatte er dieses Werck unternommen, als er eine fürchter­ liche Stimme erschallen hörte, welche ihm die Worte zurieff: Latz mich liegen. Der Todten-Eräber, welcher sich nicht gern nächtlicher Weile, da er niemand als seine Laterne bey sich hatte, in die Gesellschaft der Geister einlassen wolle, war froh, datz er aus der aufgeworfenen Grube ohne Gehülfen heraus klettern konnte; Er eilete darauf ohne sich um­ zusehen zu dem Pfarr-Herrn um demselben diese Begebenheit zu ver­ melden, da derselbe eben mit seinen Kapellanen und Küster in einem eiferigen Charten-Spiel begriffen war. Dieser hieh ihn auf die ein­ gezogene Nachricht gutes Muths seyn und den andern Morgen erwar­ ten, diese Gesellschaft aber blieb die gantze Nacht bey einander, und verfügte sich mit Anbruch des Tages auf den Gottes-Acker, um von der erzehlten Geschichte mehr Nachricht einzuziehen. Sie funden das Grab aufgeworfen und den Sarg eröffnet, aber ohne einiges Zeichen eines darinn gelegenen Cörpers, daher der gute Todten-Eräber vor einen Phantasten ausgescholten wurde, welcher vielleicht die Bieter für Knochen und das ©außen der Nacht-Luft, für eine ordentliche Stimme gehalten. Kurtz, der Todten-Eräber wurde zum Schein für einen ErtzWindmacher und Ignoranten ausgeruffen, damit diese Eeister-Comödie desto glücklicher zum erwünschten Ende gelangen könnte, da unter­ dessen das Haupt-Werck, nemlich das Todten-Eerippe, von der ver­ schwiegenen und gewissenhaften Geistlichkeit, schon an gehörigen Ort und Stelle war befördert worden. Inzwischen versammlete sich die gantze Gemeine des Orts zur Leichen-Begängnitz, die Freundschaft aber und nächsten Anverwandten erschienen bey der Leiche in gewöhnlicher Trauer, indem sie wegen Mangel eines ordentlichen Testaments von der verlassenen Baarschaft und liegenden Grund-Stücken rechtmäßige Erben zu seyn vermeineten. Die Leiche wurde also mit gehörigen Ceremonien zur Erde bestattet, und diejenigen, welche nicht zu dem Todten-Mahl mit eingeladen waren, verfügten sich nach Hause. Kaum aber war der Pfarr-Herr nebst seinen Kapellanen und Küster, auch sämmtlichen Freundschaft im Begriff, sich zur Mahlzeit nieder zu setzen, als sie ein hefftiges Pochen an der Hauh-Thüre vernahmen; denn diese hatte man vor dem Überlaufs der ungestümen Bettler und anderer ungebetenen Gäste verschlossen. Nachdem man die Thüre ge­ öffnet, kam des Pfarr-Herrn Köchin, wie eine Furie, mit zerftreueten Haaren und grausamen Geschrey in die Stube herein gestürmet, und war vor Schrecken nicht im Stande, ein eintziges Wort hervor zu brin­ gen; Sie erholte sich endlich ein wenig, und sagte mit halb gebrochener Stimme: Herr, was habet ihr vor einen Schlaf-Gesellen in eurer Kam­ mer? Es sitzet ja neben eurem Bette auf dem Lehn-Seßel, wo ihr euch

Das Ehepaar aus dem Fegfeuer aus- und anzuziehen pfleget, ein gantzes Todten-Gerippe, und vielleicht ist es eben dasselbe, von welchem euch gestern der Todten-Eräber die Nachricht brachte. Bey meinem Eintritt in die Kammer hörte ich eine erschreckliche Stimme, wobey mir die Haare zu Berge stunden, welche mich also anredete: „Sage du dem Pfarr-Herrn, daß ich meine Ruhe-Stätte in seiner Wohnung genommen, weil ich dieselbe in mei­ nem Grabe nicht finden können. Denn meine Seele kan nicht eher aus dem Fege-Feuer befreyet werden, noch mein Gerippe in seine Asche zurücke kehren, sondern mutz so lange hier verbleiben, bis datz mein gantzes hinterlassenes Vermögen und ungerechter Weise zusammen gebrachtes Gut, an zwey unmündige Kinder mit Namen Margaretha N. und Maria N. ausgehändiget werde, und soll der Pfarr-Herr die Vor­ mundschaft für dieselben übernehmen. Für meine Seele aber, und meiner vor drey Tagen verstorbenen Ehe-Frau ihre Seele, welche eben heute zu uns ins Fege-Feuer gekommen und lange gnug allda wird verbleiben müssen, sollen jährlich 100 Seel-Messen auf dem privilegirten Creutz-Altar in der Pfarr-Kirche gehalten werden. Geschicht aber dieses nicht, so kan weder ich, noch meine Frau aus den grausamen Flammen des Fege-Feuers erlöset werden; Unsere Cörper können eben so wenig Ruhe finden, sondern ich meines Theils werde hier meine Wohnung aufschlagen, meine Ehe-Frau aber, die ihr heute begraben habet, wird sich gezwungen sehen, aus ihrer ©rufst hervor zu kommen und die benachbarten Lebenden zu beunruhigen. Ihr werdet dieses in der That erfahren, wofern ihr meiner Verordnung nicht ohne Ver­ zug nachlebet." Der Pfarr-Herr war dem Schein nach gantz erblasset über diese Erzehlung seiner vertrauten Hautzhälterin und bat die an­ wesenden Trauer-Eäste gar inständig, sie mochten ihn nach seiner Wohnung begleiten, um als Zeugen die Sache mit in Augenschein zu nehmen, damit er den wahren Verlaufs derselben so wohl dem OberConsistorio, als auch der weltlichen Obrigkeit hinterbringen tönte. Dieses Ansuchen wurde als ein Befehl von allen angenommen, die gantze Gesellschaft langte in dem Pfarr-Hofe an, keiner aber erkühnte sich zuerst die Treppe hinauf zu steigen, bis endlich der Pfarr-Herr als ein guter Hirte sich entschliessen muste, vor seine Schaafe her zu gehen. Er eröffnete unter verstellten Zittern die Stuben-Thüre, worauf alle Anwesende das unerhörte und scheußliche Spectacul, nemlich das dürre Todten-Eerippe auf dem Ruhe-Sessel des Pfarr-Herrn sitzend erblick­ ten. Sie hatten alle bereits gnug von dem blossen Anschauen und ver­ langte keiner, sich mit diesem Scheusaal in Wort-Wechsel einzulassen: Vielmehr waren sie mit der blossen Aussage der Köchin vollkommen zufrieden und erboten sich, alles das, was der Herr Pfarrer berichten würde, durch eigenhändige Unterschrift oder Unterzeichnung des Creutzes als Zeugen zu bestätigen, damit sie nur von ihrer Angst be­ freyet würden. Es wurde hierauf der Bericht alsobald an gehörige Orte versand, damit die leidenden Seelen nicht so lange in der Quaal des Fege-Feuers verbleiben und ihre Cörper zur Ruhe gelangen möch-

Das Ehepaar aus dem Fegfeuer

ten. Inzwischen wurden alle nöthige Anstalten zu Fortsetzung dieses Vlendwercks und Schatten-Spieles gemachet, damit die Aussage der Köchin destomehr bekräftiget würde. Es war zu derselben Zeit der Mond im abnehmenden Licht, jedoch mit solchem Schein versehen, daß die nächtlichen Unternehmungen dabey gar wohl konnten beobachtet wer­ den, und überdem gab die gewöhnliche Nacht-Stille dem Gehör die Freyheit, alles weit eigentlicher zu vernehmen, als es bey Tage ge­ schehen konnte. Die Nacht hatte bey nahe ihr Mittel und diejenige Stunde erreichet, welche insgemein den Geistern zu Ausübung ihrer Gewalt eingeräumet wird, als der Thürmer ein wunderseltsames Schau-Spiel erblickte. Er wurde gewahr, daß aus dem Grabe der ver­ storbenen Brauer-Wittwe etwas hervor kam, welches immer grösser wurde, bis es endlich zu einer Riesen-Eestalt gelanget, dabey aber ein so heftiges Weinen und Ächzen trieb, daß er es auf seiner Höhe gar vernehmlich hören konnte. Dieses Gespenst eilte mit ungemein grossen Schritten über den Gottes-Acker der Pfarr-Wohnung zu und pochte an das Fenster der Kammer, in welcher sich das Todten-Eerippe befand, wie denn der Küster hernach eydlich ausgesaget, daß er durch sein kleines Euck-Fenster beym Monden-Schein gantz deutlich wahrgenommen, wie sich des Pfarrers Kammer-Fenster gleich nach dem Anpochen des Gespenstes eröffnet und das Gerippe an dem Fenster beweget, auch dem Eespenste die dürren Knochen-Hände heraus gereichet habe. Er der Küster habe hierauf seine Frau und Gesinde aufgewecket, welche diese beyden Todten nicht allein gesehen, sondern auch derselben Unterredung dem Schall nach gar eigentlich angehöret hätten. Die Sprache des vor dem Fenster stehenden Geistes wäre der Rede einer vermummten Weibes-Person sehr gleich gewesen, und habe derselbe unten gantz schwartz, oben aber weiß und schwartz vermischt ausgesehen und sey bald höher bald niedriger geworden. Die Stimme aber des Todten-Eerippes war, wie sie aussagten, anzuhören gewesen, als wenn einer aus einem leeren Fasse redete, wiewol sie kein einstig Wort verstehen können. Vermuth­ lich ist dieses die Sprache der tut Fege-Feuer leidenden Seelen gewesen, wobey man sich wundern muß, daß die neulich verstorbene BrauerWittwe dieselbe bereits so gut erlernet, daß sie ihren vor 30 Jahren begrabenen Ehe-Mann in derselben anreden können, und daß hergegen das Todten-Eerippe an eben diesem Tage mit des Pfarr-Herrn Köchin so gut Teutsch gesprochen. Allein es war nunmehr die MitternachtStunde beynahe verflossen, indem der Hahn bereits zu krehen begunte, deswegen musten diese unruhigen Nacht-Geister sich wieder an ihren Ort und Stelle verfügen. Das Gerippe schloß das geöffnete Fenster wieder zu, das andere Gespenst aber wurde beynahe so klein als ein Zwerg und oerlohr seine weisse Farbe, daher der erschrockene Küster nicht weiter nachsehen mochte, wohin sich dasselbe verfügen würde. Kaum war der Tag angebrochen, als die gantze Gemeine sich schon mit dieser nächtlichen Begebenheit schleppte. Der Küster bekräftigte seine Aussage mit einem körperlichen Eyde, daß also des Thürmers

Das Ehepaar aus dem Fegfeuer — Der Neiffer Totentanz Zeugnitz nicht einmal erfordert wurde, vielleicht weil man ihn ohne­ dem als einen Nachbaren des unbeständigen Wetter-Hahns vor ver­ dächtig hielte, oder weil er bey Nacht-Zeit durch einigen Nebel leichtlich tonte betrogen seyn. Jedoch wurde die Aussage der gantzen Gemeine dem Ober-Consistorio zugleich Übersand, und weil dieses Spiel noch einige Nächte fortgeführet wurde, war man gleich darauf bedacht, den Bericht davon gehöriges Orts abzustatten. Was solle nun das geistliche Gericht hierbey für einen Entschlutz fassen? Das gantze Merck betraff die Bereicherung zweyer unmündigen und verlassenen Wäysen, die Erlösung einiger Seelen aus dem Fege-Feuer, und zugleich das Auf­ nehmen der Kirche. Es wurde daher eine Verordnung ausgefertiget, datz dem Verlangen des Geistes gemäh verfahren, die Stifftung zu den begehrten Seel-Messen ausgemacht, das übrige Geld aber nebst der gantzen Erbschaft dem Pfarr-Herrn als bestelltem Vormund solle über­ geben werden, um solches Gut bis zu erfolgten mannbaren Alter der beyden Wäysen zu verwalten. Zugleich wurde wegen des TodtenGerippes, an dessen beständiger Ruhe man nunmehr nach Erfüllung seines Begehrens nicht zweifelte, der Befehl ertheilet, datz man dasselbe in einem bleyernen Sarge zu ewigen Andrucken in der Sacristey ver­ wahren solle, um dadurch den ungläubigen Atheisten, welche von dem Zustande der Seelen nach diesem Leben wenig oder gar nichts halten, eine überzeugende Probe von der Eewihheit des Fege-Feuers vor Augen zu legen. 18. Der Neisser Totentanz

Ist dir denn nicht bekannt aus der Freudenthaler-Chronica, was im verflossenen Seculo um das Jahr 1651. die Gespenster zu besagten Freudenthal vorgenommen, wie sie bey nächtlicher Weile denen wachenden und schlaffenden Einwohnern mancherley Possen-Spiel und Plagen zugefüget? Hast du niemals erzehlen gehöret, was sich zu Neisse und in derselben Gegend zugetragen, wie die Verstorbenen aus ihren Gräbern aufgestanden und nächtliche Zusammenkünfte gehalten? Wie viel Kopfbrechens hat es nicht den Gelehrten, ja gantzen Univer­ sitäten gekostet, hiervon ihr Gutachten und Meynung zu ertheilen? Ich will nur den Haupt-Actum von dieser Comödie erzehlen. In besagter Stadt Neisse starb ein alter Sack-Pfeiffer und verordnete zuvor, datz sein alter eingeschrumpfter Dudel-Sack neben seinem Cörper möchte geleget werden, worin ihm so viel leichter gewillfahret wurde, weil ihm dieses Instrument seinen Unterhalt gegeben, andern Lebenden aber nicht den geringsten Nutzen verschaffen konnte. Nachdem dieser Mann begraben war, sahe der Thürmer um die eilfte Stunde gegen Mitternacht, folgende wunderliche Begebenheit: Das Grab des besag­ ten Sack-Pfeiffers eröffnete sich von selbst, er kam mit seinem Dudel­ sack heraus gestiegen und hub an auf demselben ordentlich zu spielen. Diese Music hatte noch nicht lange gewähret, als sich auch andere Gräber

Der Neisser Totentanz eröffneten, aus welchen Manns- und Weibes-Perfonen, junge und alte, grosse und kleine hervor kamen und nach angestellten Reyhen auf eine possirliche Art mit einander herum tantzten, bis endlich die Uhr 12 geschlagen, da der Sack-Pfeiffer nebst seiner gantzen Eesellschaft sich wiederum in ihre unterirrdischen Wohnungen verkrochen. Des folgenden Tages wurden alle Gräber in ihrer vorigen Beschaffen­ heit gefunden, und nicht die geringste Veränderung andenselben wahr­ genommen: Es wolle daher kein Mensch dem Thürmer in seiner Erzehlung einigen Glauben beymessen, ob er gleich dieselbe mit einem hohen Eydschwur zu bekräftigen suchte. Vorwitzige Leute funden sich hingegen sehr häuffig, welche von dieser Sache selbst den Augenschein einzunehmen verlangten, und die Nacht-Stunde kaum erwarten konn­ ten, da sie dasjenige aus Neugierigkeit zu sehen wünschten, was der Thürmer Amts halber wahrgenommen. Sie erhielten auch ihren Zweck, aber nicht mit erwünschtem Ausgang, indem der gantze Schwarm dieser tantzenden Gesellschaft sich auf einmal schwenckte und auf die vorwitzigen Zuschauer lost gieng. Weil nun keiner die Ankunft der­ selben erwarten wolle, und viele vor Schrecken und zugestossener Ohn­ macht ihre Hauß-Thüren nicht erreichen können; so hat man nicht allein bey anbrechenden Tage unterschiedene halb todt auf der Gassen liegend gefunden, sondern es haben auch einige ihren unnöthigen Vor­ witz mit dem Leben bezahlen müssen; unterdessen wurde dieser TodtenTantz alle Nacht ordentlich fortgesetzet. Die gantze Geistlichkeit befand sich hierüber in grosser Verwirrung, indem sie nicht wüsten, was man bey dieser wunderliche Begebenheit für Mittel vorkehren solte; Sie durchsuchten alle Exorcisten-Bücher, um eine kräftige Beschwerung daraus zu nehmen; Es wolle bey nahe eine Theurung des Saltzes in Neisse entstehen, indem die Kirche das meiste aufkauffte, um durch Einstreuung desselben ihr Weyh-Wasser desto kräftiger zu machen. Sie verfuhren aber damit nicht wie sonst, da man in der katholischen Kirche die Gräber der Christgläubigen nur damit ein wenig bespren­ get, um ihnen ein Labsaal in der Hitze des Fege-Feuers zu geben; sondern giengen mit diesem heiligen Wasser so verschwenderisch um, dah man gantze Ströme über den Gottes-Acker fliesten sahe, und die verborgensten Erd-Mäuse hätten ausgesäuffet werden können. Allein auch dieses war umsonst, der Todten-Tantz wurde, ungeachtet des feuchten und fchlüpferichten Bodens, alle Nacht, wie vorhin, fort­ geführet, daß also das Weyh-Wasser in diesem Fall gar schlechte Wirkungen zeigte. Man erwehlte hierauf ein ander Mittel, und be­ diente sich der Hand-Griffe der Exorcisten, welche sonst bey den Cörpern derer, so im grossen Kirchen-Bann gestorben, nicht ungewöhnlich sind; man peitschte alle Gräber ohne Unterscheid mit Priesterlichen Stolen, man beräucherte sie mit Weyrauch; sie waren aber und blieben unempfindlich, und die Einwohner derselben liessen sich nicht, wie andere Arten der Geister durch Räuchern vertreiben. Mit einem Worte, die gantze Geistlichkeit war mit ihren Beschwerungen viel zu unver-

Der Neisser Totentanz mögend, in dieser verwirrten Sache etwas auszurichten; Es wurde hierauf die Sache mit unterschiedenen Universitäten überleget, da denn endlich der Schluß dahin ausfiel: Man solle hier und dar die verdäch­ tigen Cörper aus dem Grabe nehmen, denselben einen Schlee-Dorn durchs Hertz flössen und die Köpfe mit einem Erabescheit von dem Leibe absondern; welche alsdenn unter ihnen frisch Blut würden von sich geben, dieselben solte man insgesammt verbrennen. Man sahe sich also genöthiget, alle Gräber ohne Unterscheid zu eröffnen und besagte Probe mit ihnen vorzunehmen, da denn endlich durch dieses eintzige Mittel der wunderliche Todten-Tantz seine Endschaft erreichet. Wie aber dieses habe zugehen können, und wie solche Cörper der Verstor­ benen aus ihren Gräbern hervor kommen, davon will ich dir, mein Andrenio, gründlichen Unterricht ertheilen. Es beruhete die gantze Sache auf dem Betrug der Geistlichen, welcher nicht so leicht wäre entdecket worden, wenn nicht die Unbesonnenheit der List und Boßheit endlich die masque abgezogen hätte. Es wurde nemlich kurtz vorher ein Übelthäter wogen Diebstahl und anderer Ver­ brechen in einem unweit gelegenen Gerichte mit dem Schwerdte ab­ gethan, dessen Cörper dortiger Land-Physicus von der hohen Obrig­ keit sich ausgebeten, um eine Anatomie zum Unterricht der jungen Wund-Ärtzte anzustellen. Nach vollendeter Arbeit wurden die zerstümmelten Gliedmassen gewöhnlicher Massen ausgesotten, und wie ein ordentliches Gerippe mit eisernen Drat wieder zusammen geheftet, welches gedachter Physicus in seiner Studier-Stube neugierigen Leuten zur Betrachtung aufstellte. Nun wollen zwar die Haußgenossen unter­ schiedliche Klagen führen, daß es in dem Hause einige Zeit nicht allzu­ richtig gewesen; absonderlich klagten die Mägde über oftmaliges AlpDrücken, und zeigten an ihrem Leibe schwartz unterlauffene Flecken; ja die Frau Doctorin selbst hatte allezeit sehr grosse Anfechtung, wenn ihr Ehe-Herr in seinen Verrichtungen aufs Land verreiset war. Endlich gieng die allgemeine Meynung dieser geplagten Person dahin, daß niemand anders als das Todten-Eerippe an besagten Zufällen Ursache seyn müsse, und hielten daher für rathsam, bey einigen Geistlichen sich Raths zu erholen. Die Frau Doctorin entdeckte ihrem Beicht-Vater das gantze Anliegen so wohl was sie selbst, als ihre Tochter und Mägde anbetraff; Der Geist-reiche Pfarrer versprach ihr alle väterliche Hülfe, und daß er des andern Tages mit seinen Kapellanen kommen wolle, um den gewöhnlichen Exorcismum vorzunehmen und das Hauß von aller Unruhe zu befreyen. Nachdem er sich nun versprochener Massen eingefunden, ließ er folgende Warnung an sämmtliche Haußgenossen ergehen: „Weil vielleicht das Gespenst nach geschehenen Exorcismo, da es seine Wohnung verlassen müste, sich mehr Freyheit als sonst heraus nehmen dürfte; so solle man demselben seinen völligen Willen lasten, alle Gemächer eröffnen und die Lichter auslöschen; Inzwischen wolle er nebst seinen Kapellanen der Ankunft des Geistes erwarten und demselben mit der Beschwerung schon zu begegnen wissen." Hierauf

Der Neisser Totentanz nahm die Comödie ihren Anfang, die vier Weibes-Personen giengen aus Furcht bey zeiten zu Bette, da hingegen die 3 Geistlichen desto wachsamer waren -um ihren Zweck nach Wunsch zu erreichen. Da nun die gefährliche Stunde sich angefangen, zertheilte sich diese geistreiche Gesellschaft, der Pfarrer verfügte sich in der Doctorin, der eine Eapellan zu der Tochter, der andere aber zu einer von den Mägden, welche ihm am besten gefiel, doch mit dem Vorsatz, auch die vierdte Person von dieser Begebenheit nicht auszuschliessen, wenn die Reyhe an sie kommen würde. Der Exorcismus gieng dergestalt gar glücklich von statten, worauf sich die abgematteten Geister oder Eeister-Deschwerer zur Ruhe begaben. Kaum war der Tag angebrochen, als iedwede von diesen bedrängten Personen dem Herrn Pfarrer durch eine geheime Ohren-Beichte hinterbrachte, was der unbarmhertzige Geist die vorige Nacht mit ihnen vorgenommen. Zwar wolle sich dieser geistreiche Vater bemühen, den geängsteten Gemüthern eine Vorstellung zu thun, ob sie auch unter einer starcken Einbildung und würcklich geschehenen Handlung eines Geistes den gehörigen Unterscheid zu machen wüsten? Allein sie waren alle bereit, ihn eydlich zu versichern, daß sie nicht allein die Schwere der Knochen, sondern auch zugleich wahrhaftiges Fleisch gefühlet hätten. Worauf der Pfarrer ihnen nichts anders, als den kräftigen Trost einer baldigen Erlösung vorzuhalten wüste, wie er ihnen denn versprach, den Exorcismum so lange fortzusetzen, bis eine vollkommene und beständige Ruhe erfolgen würde. Hierauf wurden die nächtlichen Beschwerungen eine gantze Woche durch getrieben, welches nicht ohne Beängstigung der erschrockenen Weibes-Bilder ge­ schahe, bis endlich diese schwärmenden Nacht-Geister besorgten, es möchte ein stärckerer Geist, nemlich der Land-Physicus mit seinen beyden Bedienten, deren Stelle sie bisher oertretten hatten, ihnen über den Hals kommen, und sie ohne Beschwerung zum Hause hinaus leuchten. Hier aber war bey der werthen Geistlichkeit guter Rath theuer, indem sie befürchten musten, daß die Unternehmungen eines Geistes von körperlichen Wercken gar zu deutlich möchten unterschieden werden. Denn sie hatten an dem Land-Physico eine solche Person vor sich, welche zwischen Miltz- und Leibes-Beschwerungen, zwischen Alp und Elieder-drücken, einen guten Unterscheid zu machen wüste. Also war dieses eintzige Mittel übrig, daß man unter dem Vorwand der Beichte und Erforderung eines kindlichen Gehorsams denen leidenden Personen ein Stilleschweigen von allen vorgegangenen geistlichen Ver­ richtungen auflegte, mit angehängter Bedrohung, daß im Fall sie das geringste davon offenbarten, der Geist sie zur Rache, in Abwesenheit des Herrn Land-Physici, nur desto mehr quälen würde. Zugleich wurde ihnen anbefohlen, das Todten-Eerippe ehestens aus dem Hause zu schaffen, mit dem Versprechen, daß alsdenn die völlige Ruhe wieder hergestellet seyn würde. Und also nahmen diese cörperlichen Geister ihren Urlaub, da den Abend darauf der Herr des Hauses sich wieder einstellte, welcher alles in Verwirrung antraff, und an den ©einigen

Der Neisser Totentanz

lauter Betrübniß und bestürtzte Gemüther vermerckte. Es wurde ihm auf befragen die Ursache angezeiget, und seine geliebte Rebecca ersuchte ihn gar inständig, daß er ihr zu gefallen das Todten-Eerippe aus dem Hause schaffen möchte, um die Ruhe und Frieden darinn zu befördern. Um also der Bitte seiner Liebsten zu willfahren, ließ er noch denselben Abend hinter seinem Garten von seinen Knechten eine Grube machen, das Todten-Eerippe hinein werfen und solches hernach mit Erde ver­ scharren. Runmehro war die Zufriedenheit und Ruhe im gantzen Hause wieder eingeführet, indem nicht nur die Frau Doctorin bey ihrem von der Reise gantz entkräfteten Manne eines ungestöhrten Schlaffes genösse, sondern auch die übrigen drey diese Nacht über sich wegen keines Überfalls zu beklagen hatten. Nicht lange hernach verreisete der Land-Physicus wieder in seinen gewöhnlichen AmtsGeschäften, der Pfarrer verrichtete zwar seinen Besuch gleich nach dem Mittags-Essen, aber nur mit blossen Trost-Worten, sintemahl die vor­ nehmsten Verrichtungen, so er als ein Geist zu unternehmen hatte, bis in die Nacht musten verschoben bleiben. Zudem würde es übel aus­ gesehen haben, wenn die Pfarr-Kinder Nachricht bekommen hätten, daß der geistliche Vater unter der Larve eines Geistes fleischliche Lüste ausgeübet; daher that er weiter nichts, als daß er eigentlich nach­ fragte, wohin man das Todten-Eerippe geleget, damit er vermöge seines Exorcismi demselben um die Grube seine Schrancken setzen fönte, welche es nicht überschreiten dürfte. Nachdem ihm nun die Doc­ torin aus dem Fenster den Ort gewiesen, gieng er unter dem Vorgeben einer Beschwerung dahin, und merckte sich den Ort mit einem gewissen Zeichen, damit er sich desselben fernerhin zu seinen Absichten bedienen könnte. Er nahm also von der Doctorin Abschied mit der Versicherung, daß sie künftighin seiner Dienste in dergleichen geistlichen Anfechtun­ gen nicht mehr würde oonnöthen haben. Gegen Mitternacht aber machten sich die drey geistlichen Herren auf, giengen in den Garten, eröffneten die Grube und brachten das ihnen so nützliche TodtenEerippe in sichere Verwahrung. Hier muß man sich wohl über die unergründlichen Gerichte EOttes verwundern, daß dieselben nicht der Nach-Welt an diesen Bösewichtern ein Erempel vor Augen gestellet; Es hätte ja ein strafender Rach-Geist in diese leblosen Knochen fahren, oder ein Würge-Engel sich dieses unbeseelten Gerippes bedienen kön­ nen, die verfluchte Verwegenheit zu bestraffen, da man das Wesen eines herum wandelnden Geistes zu Bedeckung seiner Schand-Thaten anzunehmen sich nicht gescheuet. Jedoch es hat dem Höchsten vielmehr gefallen, diese Wercke der Finsterniß auf eine andere Art an den Tag zu bringen. Es wüste nebst denen drey Geistlichen auch des PfarrHerrn Köchin um das gantze Geheimniß; denn derselben durfte um so viel weniger etwas verborgen bleiben, ie williger sie ihre Dienstfertigkeit sonsten sehen ließ. Nachdem nun einige Zeit verflossen war, kamen zwey von den Weibes-Personen aus der Doctorin Hause zu der gewöhnlichen Beichte, und entdeckten dem Pfarr-Herrn aus kindlichem

Der Neisser Totentanz Vertrauen, wasmassen sie von der Zeit an, da unter währenden Exorcismo das Eefpenste ihnen so hefftig zugesetzet, sich gesegneten Leibes befinden, indem sich alle Anzeigungen der Schwangerschaft bey ihnen gar deutlich spüren liessen. Hier zeigten sich nun bey denen interessirten Personen gantz unterschiedene Eemüths-Bewegungen: Die guten Beicht-Kinder hegten aus Einfalt die sichere Einbildung, daß sie glaubten, ein Geist habe fleischliche Wercke vornehmen können; Der Veicht-Bater hingegen gerieth in nicht geringe Vestürtzung, da er sahe, daß die Eeister-Comödie so übel abgelauffen und wüste diesen be­ drängten Personen keinen bessern Rath zu ertheilen, als daß sie ihr geheimes Anliegen keinem Menschen offenbaren sollen; denn im Fall die Sache gerichtlich untersuchet würde und es heraus käme, daß sie mit einem Geiste zugehalten, so könnten ihnen die Rechte keine andere Strasse zu erkennen, als daß sie lebendig müften verbrannt werden. Diesem bevorstehenden Abel nun zu entgehen, wäre seine väterliche wohlgemeinte Ermahnung diese, daß sie sich aus ihrem Dienst begeben und in einem fremden Gebiete, unter Angebung des Namens von einem unbekannten Soldaten, welcher dort herum im Quartier stünde, die Zeit ihrer Entbindung abwarten möchten; Unterdessen wäre er bereit, zu ihrer Erhaltung als ein milder Christlicher Vater alle noth­ wendige Mittel ihnen an die Hand zu geben. Hiermit waren die geseg­ neten Beicht-Kinder nicht nur sehr wohl zufrieden, sondern sie wüsten sich auch wenig Tage darauf unter erdichteten Vorwand aus dem Dienst der Frau Doctorin loß zu machen. Sie wurden also dem Versprechen gemäß von dem Pfarr-Herrn mit Gelde unterstützet, wiewohl seine Köchin mit diesen ausserordentlichen Ausgaben in die Länge nicht wohl zufrieden war, indem sie vielleicht aufs künftige für ihre eigene Leibes­ früchte zu sorgen Ursache hatte; Indessen aber, damit das Geheimniß zu ihrer allerseits Verderben nicht kund würde, muste sie dennoch ihren Willen darein ergeben. Es währte also diese Unterhaltung ziemlich lange, indem die zwey neugebornen Mägdlein nebst der einen Mutter, weil die andere gleich nach dem Kind-Bette gestorben, bis ins siebende Jahr mit allen Nothwendigkeiten musten versehen werden.. Mittlerweile fügte sich es, daß der Land-Physicus das Zeitliche ge­ segnete, worauf seine Wittwe sich entschloß, wieder nach Schlesien, als ihrem Vaterlande zurücke zu kehren, weil sie bey ihren Umständen in diesem Lande nichts zu erwerben wüste. Ein Jahr darauf ereignete sich oben angeführter Todes-Fall, da die Bier-Brauerin ohne Testa­ ment verstarb, welches eine erwünschte Gelegenheit war, mit dem oben gemeldten Todten-Eerippe einen neuen Aufzug zu machen. Man gieng also mit gesammter Hand zu rathe, wie man einen neuen Anschlag schmieden und mit gutem Erfolg ausführen möchte; Dieses schien um so viel leichter zu seyn, weil es denen vier interessirten Personen so wenig an erforderten Werckzeugen, als an Boßheit fehlte, und zu dem sich niemand um das Todten-Eerippe des Land-Physici nach dessen Einscharrung weiter bekümmert hatte. Nachdem sie nun den Tod be-

Der Neisser Totentanz sagter Wittwe vernommen, machten sie bey Nacht alle benöthigte Anstalt, das Grab des längst-verstorbenen Ehe-Mannes, in welches die Leiche am dritten Tage darauf solte versencket werden, zu eröffnen; Da solches geschehen, legten sie ihr Todten-Eerippe in einen aus alten Brettern verfertigten Sarg, liessen denselben hinunter in die aufgeworffene Grube, und scharrten solche ordentlich wieder zu, daß das Erdreich oben seine vorige Gestalt behielte. Nunmehr erwarteten sie der Zeit, da der Todten-Eräber seinem Berufs nach das Grab auf­ machen wolle; da sich vorher einer von den Kapellanen unter einem unweit befindlichen Schwibbogen, mit einem irrdenen Topfe verstecket hatte. So bald aber der Todten-Eräber Hand an dem vermeinten Körper des Brauers legen wolle, liess der Kapellan die oben ange­ führten Worte in seinem Topf hinein, welche gleich einer DonnerStimme dem erschrockenen Todten-Eräber in die Ohren schallten und ihm bey nahe das Vermögen aus der Grube herauf zu steigen benom­ men hätten. Unterdessen hatte sich der schlaue Kapellan schon wieder bey seiner Gesellschaft eingefunden, daß er also mit zugegen war, als der gantz bestürzte Bote mit seiner kläglichen Todten-Eeschichte ange­ stochen kam, welcher in der Angst alle seine Eeräthschaft im Stiche gelassen hatte. Sie wüsten sich überhaupt so behutsam aufzuführen, daß auch dem Küster, welcher mit zugegen war, nicht der geringste Argwohn von einer verborgenen List beyfallen tonte. Unter währen­ der Erzehlung des Todten-Eräbers fand der vorige Kapellan Gelegen­ heit, unter dem Vorwand eines Abtritts sich weg zu stehlen, da er denn sogleich das Todten-Eerippe aus dem Grabe heraus zu ziehen und auf dem Pfarr-Hofe.311 verbergen wüste. Und daher geschahe es, daß der gute Todten-Eräber den Namen eines Phantasten zu ver­ dienen schien, da die gantze Gesellschaft bey ihrer Ankunft nichts als den leeren Sarg im Grabe finden konnte. Wie nun hierauf das Leichen-Begängniß geschahe, taufte die zurück gebliebene Köchin auch ihre Person spielen, das Gerippe in eine ordentliche Stellung bringen und die von dem Pfarr-Herrn aufgeschriebene Anrede des Geistes aus­ wendig lernen, damit sie bey Abstattung ihres Berichts, keinen StaatsFehler begehen möchte. Auch dieses gieng angeführter müssen nach Wunsch von statten, und wurde beschlossen, daß die Köchin in der nächtlichen Komödie mit agiren und die aus dem Grabe zurück kehrende Brauer-Wittwe, vorstellen solte. Sie verfertigten zu diesem Ende von unterschiedenen Stücken Holtz eine künstliche Machine, welche man in den Händen halten und durch Hülfe einiger Nägel bald in die Höhe schieben, bald wieder zurücke ziehen konnte: Hierauf muste die Köchin des Herrn Pfarrers schwartzen Mantel um die Schultern nehmen, das höltzerne Instrument in ein weisses Bett-Tuch, welches oben die Gestalt eines Kopfes vorstellte, einwickeln, und sich selbst gantz verhüllet in dem Grabe bis zu bestimmter Zeit verbergen. Alsdenn schob sie ihre Machine allgemählig in die Höhe, bis sie endlich eine Riefen-Eestalt und Grösse erlanget hatte; darauf eilete sie nach dem Pfarr-Hofe, alwo

Der Neisser Totentanz — Die Tote im Brautkleide sie gar leicht mit ihren durch die Kunst zubereiteten Kopfe bis an den obern Stock des Hauses reichen konnte; immittelst wurde von innen durch die Herren Geistlichen das Fenster aufgemachet, und das TodtenEerippe heran zu treten und mit dem Eespenste sich zu unterreden veranlasset. Weil nun der Mond seinen Schein zu diesem Aufzuge her­ gab, so war es kein Wunder, daß ein einfältiger Thürmer und zu gleich ein noch nicht halb gelehrter Küster, durch solchen ungewöhn­ lichen Anblick erschrecket und betrogen wurden. Durch deren Aussage und anderer Leute Zeugniß wurde also das gantze Consistorium hinters Licht geführet, und der Anschlag der Geistlichen gelang so wohl, daß nicht allein zwo unbekannte Waysen aus fremder Erbschaft einen vortreflichen Unterhalt bekamen, sondern auch der Geistlichkeit selbst ein merckliches zuwuchs, wie denn die nächtlichen Bemühungen der­ selben weit mehr eingetragen, als was sie bey Tage durch ihr Singen und andere Amts-Verrichtungen von der Begräbniß verdienet hatten. Die Köchin des Pfarrers entdeckte das gantze Geheimniß von dem Todten-Gerippe und damit gespielten Aufzügen einigen unter den Nachbarinnen. Diese wüsten es mit guter Manier, unter die Leute zu bringen, daß also das Ober-Consistorium sich genöthiget sahe, die Sache genauer zu untersuchen; Die Köchin wurde alsobald dem weltlichen Richter ausgelieffert, hingegen der Pfarrer nebst dem einen Capellan, indem sich der andere schon lange zuvor mit einer guten Summe Geldes aus der Catholischen Welt nach Geneve verfüget hatte, ward bey Nacht-Zeit auf Befehl des Consistorii fest gemachst. Was mit diesen Personen weiter vorgenommen worden, davon hat man nichts er­ fahren; inzwischen ist dieses gewiß, daß die Köchin zu Brünn in Mähren, einen derben Staub-Besen zur Belohnung ihrer gar zu ge­ treuen Dienste, davon getragen und des Landes auf ewig verwiesen worden; das Todten-Gerippe hingegen, an welchem man den durch­ gezogenen eisernen Drat, als Zeichen einer ehemals ausgestandenen Anatomischen Probe augenscheinlich bemerckte, wurde seiner bisherigen Hochachtung beraubet und ohne viele Umstände auf dem Schind-Anger eingescharret. Was im übrigen die vermittelst dieses Betruges einge­ setzte Erben anbetrifft, so blieb alles im vorigen Stande, indem diesen unschuldigen Kindern die Rechte dasjenige nicht weder abnehmen kan­ ten, was ihnen auf so wunderbare Weise zu Theil geworden. 19. Die Tote im Brautkleide

Ich will dir aus unterschiedenen Landschaften wahrhaftige Geschichten anführen, da verstorbene aus ihren Gräbern hervor gekommen, in völligem Aufputz erschienen und allerhand menschliche Verrichtungen ausgeübet haben. Ich will von den neuern Zeiten anfangen und dir eine höchst-merckwürdige Begebenheit erzehlen, welche sich zu Prag, der Haupt-Stadt in Böhmen, zu unsern Zeiten ereignet, und welche der Lehre von Erscheinung der Geister zu einer Grund-Säule dienen 3 Peuckert, Sagen

Die Tote im Brautkleide

kan. Wer durch die kleine Seite den so genannten welschen Platz her­ unter kömmt, demselben wird auf der rechten Hand ein grosses EckHauß ins Gesichte fallen, und man wird an diesem grossen Gebäude wahrnehmen, daß es allezeit verschlossen ist, wie es denn auch in lan­ gen Zeiten nicht bewohnet worden. Von ohngefehr 60 Jahren starb in demselben Marietta Regina, so aus einer Hoch-Adel. Familie ge­ boren, eine vermählte Gräfin von R. deren Namen ich billig ver­ schweige, weil der Enckel derselben, nebst andern angehörigen annoch vorhanden sind. Von dieser Person hegte man die Vermuthung, daß sie ein solches Ende genommen, wie es einem Christen gebühret: Der Leichnam wurde von denen dazu verordneten Frauens-Personen ab­ gewaschen, mit neu-oerfertigten Sterbe-Kleidern angezogen, und auf einem Parade-Bette ausgestellet, damit sich andere durch solchen An­ blick ihrer eigenen Sterblichkeit erinnern möchten. Run ist daselbst ein allgemeiner Gebrauch, iedoch mit einigen Unterscheid der Personen, daß man den Saal, in welchem die Leiche gezeiget wird, mit schwartzen Tapeten rings umher bekleidet, und den todten Cörper auf einem etwas erhabenen Ort mit einer grossen Menge Lichter und Fackeln umgiebet. Auch werden darneben auf allen Seiten des Gemaches ordentliche Altäre aufgerichtet, bey welchen von frühe Morgens an bis zu der Mittags-Stunde von allen Priestern, welche einen halben Gulden zu gewinnen sich einfinden, Seel-Mefsen vor die Verstorbenen gelesen werden, damit sie ihre Erlösung aus dem Fege-Feuer desto eher befördern mögen. Dieses wird nun ordentlicher Weise bis in den dritten oder vierten Tag also gehalten, worauf man alle Anstalten vorkehret, die Leiche mit gehöriger Pracht in ihr Begräbniß beyzu­ setzen. Diese angeführte Marietta Regina lag nunmehr schon in den dritten Tag auf dem wohlgezierten Bette, nachdem wohl etliche 100 Seel-Messen über selbige gelesen worden. Run hatten zwar die ankommenden theils vorwitzigen, theils andächtigen Zuschauer sich die Mühe gegeben, den halb-faulenden Cörper mit mehr als einem Eimer Weyh-Wasier zu benetzen,' Doch fönte dieses nicht verhindern, daß nicht der widrige Geruch den Anfang der Verwesung entdecket, und durch den gantzen Saal sich ausgebreitet hätte. Daher geschahe es nün, daß sich zu Bewachung des todten Cörpers niemand sonderlich anbieten wolte; auch so gar die ordentlichen Wächter trugen einer alten Gärt­ nerin, welche vor Alter keinen Geruch mehr hatte, die Vollmacht auf. ihrer aller Stelle zu vertreten, und begaben sich insgesamt zur Ruhe. Alle Lichter bis auf viere waren schon ausgelöschet, und die eilfte Stunde war bereits angefangen, als diese Wächterin gantz vernehm­ lich die Worte; Catharina, Catharina, aus dem Sarge ruffen hörte. Sie entsetzte sich zwar hierüber einiger Massen, hielte es aber zum ersten mal für eine Wirckung der bethörten Phantasie; Allein da das Ruffen immer wiederholet wurde, eilete sie in ein nahe gelegenes Schlaff-Gemach, alwo der verstorbenen Gräfin vertrautestes KammerMädgen schliefst weckte dieselbe mit ungestümmen Wesen auf, und gab

Die Tote im Brautkleide ihr zu vernehmen, daß sie von ihrer verstorbenen Frau wäre geruffen worden. Diese wolle ihr zwar keinen Glauben beymessen, allein da die Wächterin ihr eydlich betheurete, daß sich die Sache so verhielte, trieb sie der Vorwitz aus dem Bette, vielleicht in der Hoffnung, wenn sie dem Grafen von seiner geliebten Gemahlin Leben, Nachricht bringen fönte, ein gutes Boten-Lohn zu verdienen. Da sie also in der Eile sich nur halb angekleidet hatte und nebst der Gärtnerin zu der Leiche kam, sahe sie dieselbe aufgerichtet im Sarge sitzen, welche sie also anredete: „Catharina, ziehe mir meine Sterbe-Kleider aus und bringe das rothe Braut-Kleid her, ihr Wächterin aber gehet eure Wege." Es ist leicht zu erachten, daß dem Mädgen wunderlich mag zu Muthe gewesen seyn, da sie eine halb-verfaulte Leiche nicht nur aufrecht sitzen gesehen, son­ dern auch mit lechzender Zunge reden und ihr Braut-Kleid fordern gehöret; und mutz man sich wundern, datz eine schwache Weibes-Person nicht vor Schrecken in eine Ohnmacht gefallen, da sie sich zu Mitter­ nacht bey einer redenden Leiche befunden, welcher man bereits den gewöhnlichen Todten-Dienst erwiesen hatte. Sie blieb aber dennoch standhaft und hörte nur mit einiger Verwunderung die todte Gräfin fort reden: „Catharina, thue was ich dir befohlen habe, es ist Zeit, datz ich mich ankleide, sonst wird es dir nicht wohl gehen..." Dem guten Cammer-Mädgen mochte die Art ihrer gewesenen Frau wieder einfallen, darum glaubte sie, datz sie nicht verweilen dürfte, ihrem Willen in allen Stücken nachzuleben. Sie eilete also zu dem Kleider­ und Wäsche-Schranck, brachte den verlangten Braut-Putz, und legte die im Sarg sitzende Gräfin an, welche sich nicht von ihrem Platz be­ wegte. Da sie aber im besten ankleiden begriffen war, pochte es gantz leise an die verschlossene Saal-Thüre, welche sich von selbst eröffnete; Alsobald traten zwey vermummte Bedienten mit langen TrauerMänteln und brennenden Fackeln herein; nachdem sich dieselben ein wenig geneiget, sprach die Gräfin zu ihnen: „Gehet nur, es ist noch nicht Zeit", worauf sie ohne Antwort wieder fort giengen, zu dem Kammer-Mädgen aber sagte sie: „Mache geschwinde, Catharina, datz ich fertig werde." Diese begunte zwar über die Ankunft der zwey un­ bekannten Bedienten etwas zaghaft zu werden, sie erholte sich aber wieder und eilte, so viel ihr möglich war, mit dem Ankleiden. Indessen schlug die Uhr unvermuthet 12 da öffnete sich die Saal-Thüre, die Leiche richtete sich im Sarge gäntzlich auf und sprach zu dem KammerMädgen: „Fürchte dich nicht, nimm dein Licht, trage mir die Schleppe nach und folge mir, wohin ich gehe." Sie muste wieder ihren Willen gehorchen, die vermummten Bedienten aber beleuchteten die Treppe, bis sie zu der eisernen Keller-Pforte kamen, welche sich gleich von selbst öffnete. Da sie nun die Stoffen bereits hinunter gestiegen und das Kammer-Mädgen noch auf dem letzten Tritt stunde, hörte sie einen lauten Schrey von ihrer Frau und zugleich einen starcken Fall. Sie prallte vor Schrecken zurücke und wurde durch eine zugestossene Ohn­ macht ausser alle Empfindung gesetzet, worinn sie noch länger ver-

Die Tote im Brautkleide blieben wäre, wenn nicht der ihr aus den Händen entfallene Leuchter mit einem brennenden Wachs-Licht, ihren Nacht-Rock ergriffen und bey nahe auf die Helfte verbrennet hätte. Sie kam hierdurch wieder zu sich selbst, und nachdem sie vermöge des durch die offen stehende Keller-Thüre zurücke fallenden Lichtes die Treppe hinan gekrochen, erreichte sie endlich den untern Theil des Hauses, da sie dem ohneditz höchst-bestürtzten Grafen den gantzen Verlaufs dieser Begebenheit erzehlet. Derselbe legte ihr darauf mit ernstlichen Worten auf, die Sache durch ein beständiges Stilleschweigen bey sich zu behalten; und damit es nicht durch den leeren Sarg verrathen würde, befahl er dem Mädgen, datz sie ihm helfen solte, den Sarg mit Steinen auszufüllen, welchen er darauf starck vernagelte, unter dem Vorwand des unerträg­ lichen Gestancks, damit die wachenden desto besser bis zu der Beerdi­ gung bey derselben ausbauten tönten. Weilen auch die halb ein­ geschlummerte Gärtnerin nur das erste Zuruffen gehöret, von dem übrigen Erfolg aber nichts vernommen hatte; so muste das KammerMädgen auf Verlangen des Grafen derselben alles, was sie gesehen und gehöret, gäntzlich aus dem Sinne reden. Auf solche Art blieb alles verschwiegen, bis die Zeit heran kam, da die Leiche in dem Begräbnih dieser Familie bey St. Thomas solle beygesetzet werden. Da man aber in völliger Procession nach der Kirche begriffen war, brach mitten auf der Strasse über den so genannten welschen Platz der untere Boden des Sarges aus, und da sahe iedermann, daß an statt eines todten Cörpers eine Last Steins zum Grabe hätte sollen getragen werden. Gleichwie nun dieses wider die Natur zu streiten schien, daß sich eine menschliche Leiche in harte Steine und trockenen Sand verwandeln solte; also wurde der Betrug offenbar, und die Geistlichkeit sahe sich genöthiget, in dieser seltsamen Sache eine genaue Untersuchung vor­ zunehmen; denn zu geschweigen daß nach den Canonischen Rechten iedweder todte Cörper zu seiner Ruhe-Stätte mutz gebracht werden, so wollen auch die Patres Augustini nicht gern ihren gehörigen Ver­ dienst bey diesem Leichen-Vegängnitz im Stiche lassen. Dennoch tonte man denselben Tag noch nicht hinter die Wahrheit kommen, angesehen der Graf selbst sich unsichtbar gemachet und wie man nach der Zeit vernommen, in einem Bettlers-Kleide baarfutz und mit wenig Gelde versehen, eine Pilgerschaft oder Wallfahrt nach Rom angetreten, damit er vor dem Pabst selbst eine General-Beichte ablegen möchte. Da nun bey Nacht-Zeit keiner aus der gantzen Familie im Hause Ruhe haben tonte, und iedermann durch schlagen, werfen mit Steinen und entsetz­ lichen Gepolter aus dem Bette getrieben wurde; so bekannte die alte Gärtnerin alles, was ihr unter währendem Bewachen zugestosien, und das Kammer-Mädgen tonte ihres gethanen Versprechens ungeachtet, nicht länger hinter dem Berge halten, sondern entdeckte öffentlich den gantzen Verlaufs dieser abentheurlichen Geschichte, welche mit allen Umständen gerichtlich nieder geschrieben wurde. Zugleich hielt sie in­ ständig an, in den scharfen Orden der Heil. Theresiae aufgenommen zu

Die Tote im Brautkleide — Rickmodis von der Aducht werden, in welchem sie auch ein sehr strenges Leben geführet und Anno 1693. selig verschieden ist. Der Graf kam nach etlichen Jahren, da er unterschiedliche Kirch-Fahrten verrichtet, wiederum zurücke, hielt sich aber allezeit gantz stille auf einem seiner Land-Güter auf, daß also besagtes Hauß in der Stadt bis diese Stunde unbewohnet geblieben, und denen Fremden als eine besondere Merckwürdigkeit, mit Fingern gezeiget worden. 20. Rickmodis von der Aducht Ist dir zu Cölln am Rhein, das so genannte Wahrzeichen oder das­ jenige Hauß bekannt, wo das Pferd zum Fenster heraus siehet, weil sich ehemals daselbst eine wunderbare Geschichte zugetragen? Es starb nemlich eine reiche Weibes-Person ohne Leibes-Erben, welcher ihr EheMann aus besonderer Liebe, so er im Leben zu ihr getragen, nach Landes-Eebrauch eine güldene Kette am Halse und einige kostbare Ringe an den Fingern gelassen. Der goldsüchtige Todten-Eräber, wel­ cher dieses wüste, wolte der Erde diesen anvertrauten Schatz nicht über­ lassen, sondern machte sich nächtlicher Weile, in Begleitung einer Laterne über das Grab, um den Cörper seines überflüssigen Zierraths zu berauben. Da er eben den Sarg aufgemachet, richtete sich die in dem­ selben liegende Frau auf und verursachte, daß der Todten-Eräber über Hals und Kopf aus dem Grabe herauf stieg und in der Angst seine Laterne zurücke ließ, damit er nicht von dem Gespenst übereilet würde. Die Verstorbene hingegen bediente sich dieses Zufalls zu ihrem Nutzen, nahm die bey dem aufgeworfenen Grabe stehende Laterne in die Hand, und verfügte sich in ihrem Sterbe-Kleide nach ihrer ehemaligen Woh­ nung. Es war bey nahe 11 Uhr, als sie vor der Hauß-Thüre anklopfte, die Magd aber, nachdem sie ihre verstorbene Frau mit einer Laterne erblickte, liess eilends zu ihrem bereits schlaffenden Herrn und hinter­ brachte ihm, was sie ietzo wahrgenommen hätte. Derselbe hielte solches für etwas unmögliches, und brach aus Unbesonnenheit in diese Worte heraus: So wenig es wahr seyn kan, daß mein Pferd die Treppe hinauf klettere und durch das Dach des Bodens heraus schaue; so wenig ist es möglich, daß meine Frau aus dem Grabe wieder nach Hause kommen kan. Unterdessen fuhr die Frau immerfort, an die Thüre zu pochen, daß er endlich aus Ungedult sein Bette verließ, um dieses Spoctacul selbst anzuschauen. Da er nun so wohl die güldene Hals-Kette, als auch die übrigen Sterbe-Kleider gewahr wurde, entschloß er sich endlich, mit der Magd die Treppe hinunter zu gehen und die Hauß-Thüre zu er­ öffnen. Hier sahe er nun seine Frau in leibhaftiger Gestalt, welche ihn freundlich grösste, ob sie gleich nicht wüste, wie ihr geschehen war, noch wie sie in das Grab gekommen, vielweniger, wer ihr aus dem­ selben heraus geholffen, oder wo sie die Laterne hergenommen hatte; Im Gegentheil wüste der Mann gar wohl, daß sie ordentlich begraben und so wohl von ihm, als allen andern Leuten für todt gehalten wor-

Rickmodis von der Aducht — Der wiedergehende Barbier den; Allein die Umstände, so nach der Begräbniß mit ihr sich zugetra­ gen, waren ihm gäntzlich unbekannt. Gnug er bekam eine cörperliche Frau, die er für ein Gespenst gehalten, wiederum in sein Ehe-Bette, hat auch mit derselben innerhalb sieben Jahren noch unterschiedene Kinder gezeuget. Sie hat diese neue Lebens-Zeit meistens mit Spinnen zugebracht, wie denn von ihrer Hand-Arbeit noch 2 Stück roher un­ gebleichter Leinwand zum Andencken verwahret werden, die ich selbst gesehen habe. Uberdem hat man zum Denck-Zeichen wegen der vor­ geschützten Unmöglichkeit, einen Pferde-Kopf von Stein in das oberste Dach-Fenster gesetzet, welcher von iedermann kan gesehen werden. Eine ebensolche Geschichte aber können wir in der Haupt-Stadt unsers Sachsen-Landes, ich meyne, zu Dreßden antreffen. Denn alda wird man dir ebenfalls einen Leichen-Stein, zum Andencken einer solchen Geschichte aufweisen. 21. Der wiedergehende Barbier

In einer benachbarten Landschaft lieget ein bekanntes Schloß Malin genannt, welches einer berühmten Gräflichen Familie zugehöret. Die­ ses vortreffliche Gebäude stund gantzer 30 Jahre unbewohnet, daß sich kein Mensch in demselben durfte blicken lassen, wenn er nicht mit Stein­ würfen wolle bewillkommet werden. Es wurde daher die Gräfliche Herrschaft genöthigt, für die Beamten, welche sonst auf diesem Schloß gewöhnet, ein besonderes Gebäude an dem darunter gelegenen Flecken aufzuführen, und jenes hingegen nebst allen darinn befindlichen Meublen, der Bewohnung unruhiger Geister zu überlassen. Sie musten im übrigen diesen Zufall den geheimen göttlichen Urtheilen zuschreiben, weil etwa sie selbst oder ihr Vorfahre und Ahn-Herr, als nach dessen Tode dieses wunderliche Wesen seinen Anfang genommen, in einem unrechtmäsigen Besitz dieser Herrschaft sich befunden. Solcher Gestalt wurde dieses Berg-Schloß 30 Jahre nach einander öde und unbewohnt gelaffen, bis sich endlich eine Begebenheit ereignete, welche ihrer Merckwürdigkeit halben verdienet, in denen Jahr-Büchern zum ewigen An­ dencken aufbehalten zu werden. Es wurde in besagtem Flecken, welcher ein Feldweges oder eine gute Viertel-Stunde von dem Schloß gelegen, einsmals Kirch-Meffe gehalten. Vorher aber ist zu mercken, daß der neu angelegte Meyer-Hof, worinn sich die Beamten nebst den zur Wirthschaft gehörigen Bedienten, wie auch die nothwendigen Ställe zum Acker-Bau und Viehzucht befunden, gleich an dem Fuß des Berges, worauf das Schloß lag, erbauet gewesen. Nun kan in demselben Lande dergleichen solennes Fest nicht lebhaftig begangen werden, wenn nicht die Pragischen Studiosi mit ihren musicalischen Instrumenten dabey erscheinen, und gleichsam die Seele dieser Bauren-Lust abgeben. Der Verwalter hatte in seinem Hause drey erwachsene Töchter, welchen das Sprigen und Hüpfen angeboren zu seyn schien, und welche vielleicht durch einen lustigen Sprung sich gern aus der verdrießlichen Einsam-

Der wiedergehende Barbier feit, in den vergnügten Stand der Weiber begeben hätten. Zu diesem Ende muste der gute Vater alle Gelegenheit hervor suchen, da sich etwa eine von seinen Töchtern mit Manier anbringen liesse, unter welchen Mitteln wohl eine liebliche Music nicht das geringste war; zumalen wenn man die ermunterten Lebens-Geister durch öfteres Ausstechen der mit Böhmischen starcken Biere angefüllten grossen Gläser, in eine an­ genehme Bewegung, oder vielmehr in einen verliebten Paroxysmum zu versetzen wüste. In solcher heilsamen Absicht liest der Verwalter drey von besagten Pragischen Musicis zu seinem Fest beruffen, indem er verhoffte, daß, wenn diese berühmten Virtuosen durch eine unmuthige Übereinstimmung ihres Hack-Brets und Geigen, die Hertzen der an­ wesenden Gäste zum Mitleiden bewegen würden, vielleicht eine von seinen Töchtern, von dem beschwerlichen Joch des ehelosen Standes könnte entbunden werden. Allein die Fremden waren insgesamt mit so grosser Unempfindlichkeit von der Natur versehen, daß sie von keiner Erbarmung gegen diese verlassenen Personen konnten gerühret werden. Es gieng also das Fest ohne den «erhofften Nutzen zu Ende, und was noch das ärgste war, so fiel unverhofft ein ftarcker und anhaltender Land-Regen ein, datz daher keiner von den anwesenden Gästen sich nach Hause verfügte, und die kleine Wohnung des Verwalters gäntzlich an­ gefüllet wurde. Die Pragischen Musici bekamen ihren Abschied, nach­ dem man ihnen, nebst Essen und Trincken, iedweden acht Groschen gereichet; Diese guten Schlucker wüsten nicht, was sie anfangen sollen, ihre Mäntel waren gar zu löchericht und zu schlecht gefüttert, als datz sie ihre theuren Instrumenten, als das einstige Mittel zu ihrem Unter­ halt, dem Schutz derselben hätten anvertrauen dürfen. Sie konnten sich daher nicht entschliessen, wegen eines so geringen Verdienstes bey dem nassen Wetter, die Werckzeuge ihres Glücks auf einmal zu verderben. Dieses veranlatzte den Bast-Geiger unter ihnen, Namens Wenzel Hranck, datz er vor sich und seine beyden Gehülfen, bey dem Verwalter bittliches Ansuchen that, datz er ihnen gütigst erlauben möchte, in einer Stroh-Scheune ihr Nacht-Lager zu nehmen. Allein er fand bey dem­ selben ditzfalls taube Ohren, weil ihm diese Gesellschaft von drey Fremden, die noch darzu Prager Studenten waren, sehr verdächtig vorkam, und er besorgte, es möchte der Keuschheit seiner lieben Töchter daraus einiges Nachtheil wiederfahren. Jedoch damit man ihn nicht für gar zu unhöflich gegen seine Gäste ansehen möchte, bot er ihnen einen grossen Schlüssel an, mit dem Vermelden, datz er ihnen die schönste Gelegenheit gönnen walte, sich mit einander auf dem Schlosse lustig zu machen, worzu er bereit wäre, ihnen etwas kalte Küche nebst einer guten Kanne von dem Maliner-Bier mit zu geben. Dieser Antrag des Verwalters geschahe zwar nur aus Kurtzweil, er wurde aber in allem Ernst von dem Herren Studenten angenommen, sintemahl sie aus der Noth eine Tugend machen, und auf die Nacht ein Quartier suchen musten. Sie gaben deswegen den Thor-Schlüssel nicht wieder aus den Händen, verlangten aber dabey die versprochene Beyhülfe zu ihrem

Der wiedergehende Barbier nächtlichen Unterhalt nebst etwas Licht, damit sie einen Zeit-Vertreib haben möchten. Der Verwalter versagte ihnen keines von den verlang­ ten Stücken, behielt sich aber dieses vor, daß er von aller Verantwor­ tung frey wäre, wenn ihnen ein Unglück begegnen solle, inmassen das gantze Schloß dergestalt von den Geistern beunruhiget würde, daß kein Mensch darauf wohnen könnte. Nachdem sie nur ein wenig darüber gelachet, und alles begehrte von ihrem Wohlthäter empfangen, nahmen sie von der übrigen Gesellschaft Abschied, und giengen immer getrost nach dem Schlosse zu, um daselbst ihre Nacht-Herberge zu nehmen. Kaum aber waren sie bis an das Schloß-Thor gelanget, als sich der Violiniste Juan Serniza von den übrigen beyden absonderte, und hinter dem Meyer-Hofe in einen Ziegen-Stall verfügte, um daselbst zu erwarten, wie es seinen vorwitzigen Gefährten ergehen würde. Die andern beyden hielten es für ihre Schuldigkeit, die Ehre der Pragischen Studenten nicht in Verachtung kommen zu lassen, und blieben bey dem festen Vorsatz, auf dem Schlosse ihre Nacht-Ruhe zu suchen, wiewohl ihr Hertz wegen der gemachten fürchterlichen Vorstellung des Verwal­ ters, nicht wenig mag gezittert haben. Sie eilten demnach, ihren Ent­ schluß ins Werck zu setzen, ehe die Nacht ihnen über den Hals käme, welche vor sich selbst dem menschlichen Gemüthe eine Furcht zu ver­ ursachen pfleget. Nachdem sie die Thüre aufgemachet, giengen sie mit langsamen Schritten die Treppe hinauf, weil sie nicht die Absicht hat­ ten, mit den Einwohnern des Schlosses zu kämpfen, sondern nur ihre Instrumenten in Sicherheit zu bringen, und ihre kalte Küche in Ver­ gnügen zu verzehren. Indem sie nun bey sich in Eedancken die Geister ersuchten, daß sie ihnen diese Nacht in dieser Wohnung einen ruhigen Aufenthalt vergönnen möchten, so gelangten sie durch die steinernen Stuffen auf einen grossen Saal, allwo sie unterschiedliche Bilder in Lebens-Grösse erblickten. Hier mochte ihnen wohl die EinbildungsKraft eine Vorstellung von grossen Riesen machen, welche ietzo auf sie loßgehen würden; allein die Hitze ihrer Lebens-Geister hatte dergestalt abgenommen, daß sie in keinen Zwey-Kampf sich einzulassen verlang­ ten, sondern gern zu frieden waren, wenn man sie nur ohne Anstoß nach ihrem Zimmer zuwandern liesse. Da endlich der Wett-Streit zwischen ihrer Hertzhastigkeit und Furcht nachließ, und niemand ihnen feindselig begegnete; so giengen sie immer weiter durch die übrigen Gemächer, welche ihnen alle sehr wohl gefielen, inmassen die AbendDämmerung ihnen noch so viel Licht vergönnete, daß sie im Vorbey­ gehen den Zierrath derselben betrachten können. Nachdem sie nun nicht den geringsten Anstoß gefunden, ungeachtet sie nach (katholischer Ge­ wohnheit ihr Ave Maria bereits gebetet, nach welchem die Geister zu regieren anfangen sollen; begaben sie sich in das allerletzte Cabinet, allwo sie nebst einem vermoderten Bette einige Sesseln, zween Tische und vier Hange-Leuchter antraffen. Sie bedienten sich dieser letztern, ihre Kertzen darauf zu stecken, nachdem sie durch Hülfe eines mit­ gebrachten Feuer-Zeuges Licht angeschlagen hatten. Nunmehr waren

Der wiedergehende Barbier sie darauf bedacht, wie sie ihr erstarrtes Eeblüte mit einem frischen Trunck Eersten-Saft wieder ermuntern möchten, ja weil sie nicht das geringste Schrecken-Bild wahrgenommen, so geriethen sie schon auf die Eedancken, daß es vielleicht mehr in dem Gehirn des Verwalters und seiner Hautzgenossen, als in diesem Schlosse Gespenster gäbe. Sie waren hierüber so erfreuet, datz wenig fehlte, es hätte einer von ihnen sein Schnupf-Tuch auf dem Fiedel-Bogen zum Fenster hinaus gestecket, um ein Sieges-Zeichen wegen überwundener Furcht abzugeben. Inzwischen fand Mentzel der Batz-Geiger, in seinem kleinen Gebet-Buche ein Vildgen, welches seinen Namens-Patron den Böhmischen heiligen Wazlava vorstellte; Weil nun dieser ordentlich mit einem SiegesZeichen gemahlet wird, so setzte er denselben vor die Thüre, datz er gleichsam die Wache wider den Einbruch der Geister halten möchte. In dieser Versicherung waren sie gutes Muths, bedienten sich bey ihrem kalten Braten eines erquickenden Truncks, ja endlich wurden sie so behertzt, datz sie einander auf ein Spiel in der Trappelier-Karte ausfoptierten, weil sie doch mit den Geistern keinen Streit zu befürchten hatten. Es gieng auch glücklich von statten, indem Mentzel seinem MitGesellen alles abgewann, was er denselben Tag mit saurer Arbeit erworben, datz sie also beyderseits ohne Sorgen hätten schlaffen kön­ nen, wenn ihnen sonst eine ruhige Nacht wäre zugedacht gewesen. Der Seiger schlug nunmehro 11. Uhr in dem nahe gelegenen Flecken und sie hatten zum Zeitvertreib, weil der eine kein Geld mehr hatte, ein neues Spiel angefangen; als sie vernehmlich hörten, datz etwas draussen über den Saal mit starcken Schritten durch alle Zimmer auf ihr Gemach zugieng. Vermuthlich mutz der heilige Wazlava als Trabante im ersten Schlaff gewesen seyn, datz er diesen ankommenden East unangemeldet herein gelassen. Dieser kam also gerade auf die StubenThüre lotz und nahm seinen Eintritt, ohne vorher anzupochen, ob er gleich mit den beyden Studenten niemals in Bekanntschaft gestanden. Er schien den Ansehen nach eine Manns-Person mit eigenen Haaren, blassen Angesichts, in einem rothen Mantel vorzustellen; Unter dem­ selben trug er etwas verborgen, in der rechten Hand aber eine kleine Laterne, welche sehr helle brennte: Hierüber verwunderten sich die Studenten um so viel mehr, weil er sein Licht nicht bey ihnen ange­ zündet hatte, gleichwol aber sonst kein Einwohner im Schloß vorhan­ den war, und der Thor-Schlüssel sich in ihrer Verwahrung befand. Sie wurden durch diese und andere Betrachtungen in einem Augenblick so kleinmüthig, datz sie diesen East dem Wohlstände gemäß mit höf­ lichen Worten zu empfangen, nicht im Stande waren, wiewohl der­ selbe ihnen solches gar nicht übel nahm, sondern nur beschäftigt war, seinen Veruffs-Verrichtungen nachzugehen. Er legte deswegen seinen Mantel von sich, brachte seinen unter den Armen getragenen BabierSack Herfür, setzte eine zinnerne Flasche auf den Tisch, hieng die erfor­ derten Tücher an den Stuhl, und machte seine Scheer-Messer zurechte, um desto geschickter sein Amt zu verrichten. Unterdessen konnte sich kei-

Der wiedergehende Barbier ner von den beyden Spiel-Cameraden besinnen, daß er auf diese NachtStunde einen Barbierer zu sich bestellet hätte und zwar einen solchen, von dem man nicht wüste, ob er eine leichte Hand hätte, und wie viel er für seine Mühe verlangte; insonderheit war Wentzel besorget, daß er für seinen Gefährten, dem er sein Geld abgewonnen, werde mit bezahlen müssen. Unterdessen hatte sich der Barbierer fertig gemachet und gab nunmehr das Zeichen, daß sich einer von den beyden Herren nieder­ setzen möchte; Allein hier konnten sie über den Rang nicht einig wer­ den, und keiner wolle der erste seyn, indem sie nicht ohne Grund bedachten, daß ein Scheer-Messer in einer unbekannten Hand und in einem unsichern Hause, gar leicht der menschlichen Kehle einen uner­ setzlichen Schaden zufügen könnte. Und diese Betrachtung hat den einen Studenten dermassen ohnmächtig gemachet, daß er selbst nicht mehr glaubte, vor seinem Ende annoch eines Bart-Scheerers vonnöthen zu haben; Hingegen war Wentzel etwas behertzter und ließ sich demnach endlich aus Noth gefallen, die angebotene Höflichkeit von dem unge­ betenen Barbierer anzunehmen. Dieser fieng darauf an, ihm das gantze Gesichte nebst den Auge-Brahnen und Kopfe dergestalt einzuseiffen, daß der gute Student besorgte, er würde vor dieses mal schlecht weg kommen. Nun gieng es übers Barbieren her, da er denn zwar wohl gewahr wurde, daß Bart und Seiffe hin und wieder in den Winkel flog, aber nicht recht versichert war, ob nicht Haut und Fleisch mit fortgehen möchten, indem es ihm vor grossen Schrecken fast an der Empfindung fehlte. Inzwischen fuhr das Scheer-Messer so schnell über den Kopf, Haare und Bart weg, daß er in wenig Minuten sich gantz kahl und glatt zu seyn einbildete. Nachdem ihn nun der Barbierer ordentlich abgewaschen und hinwiederum getrocknet, so gab er ihm mit einer tieffen Neigung zu verstehen, daß er vom Stuhl wieder aufstehen könnte. Und freylich bedachte sich Wentzel nicht lange, weil er seinen Kopf, Bart und Augen-Brahnen kahl gnug zu seyn ver­ meinte; er trat also ein wenig auf die Seite, indem dieser dienstfertige Barbierer seinem Cameraden, gleicher Gestalt seine willigen Dienste anbot, und durch ein Zeichen denselben zum Niedersetzen nöthigte. Dieser hätte nun wohl einen bessern Muth fassen sollen, nachdem er gesehen, daß sein Mit-Eeselle so gnädig davon gekommen, wenn er sich nicht fest eingebildet hätte, man werde ihn, weil er nicht den An­ fang machen wollen, das Eelach allein bezahlen lassen. Jedoch es war kein ander Mittel vorhanden, als daß er sich ebenfalls auf den Sitz verfügte, welchen sein Vorgänger nicht gar zu warm verlassen hatte; er war indessen versichert, daß, wenn er auch einen tödtlichen Schnitt bekommen solte, das Sterben ihm nicht sehr schwer ankommen würde, nachdem er bereits eine geraume Zeit in rechter Todes-Angst gestecket. Allein die Sache gieng wieder Vermuthen glücklich ab, Wentzel stunde unter währender Arbeit unweit davon, und betrachtete eigentlich, mit was für ungemeiner Behendigkeit dieser Barbierer sein Messer bald über den Kopf, bald über die Backen und Augen führte, und wie er

Der wiedergehende Barbier mit den abgeschornen Bart-Flocken dergestalt um sich schmisse, daß er bey sich glaubte, dieser Barbierer müsse nicht allein die Kunst, den Leuten die Uberflützigkeiten hurtig weg zu nehmen, sondern auch die­ selben andern wieder mit Manier anzubringen, aus dem Grunde ver­ stehen. Er nahm aber an demselben zugleich wahr, datz er selbst im Gesicht mit Haaren sehr verwachsen schien, auch dann und wann unter dem Barbieren einen liessen Seufzer von sich lieh. Da nun auch diese letztere Arbeit vollkommen verrichtet, auch das Abwaschen und Trock­ nen geschehen; hieh er den Studenten durch eine höfliche Vorbeugung, vom Stuhl aufstehen, ohne für seine Mühe den geringsten Lohn zu fordern. Dieser aber war von Schrecken und Angst so entkräftet, datz er mit genauer Noth den nächsten Sessel erreichen konnte. Mentzel hingegen war auf den Einfall gerathen, es erfordere gleichwohl die Erkänntlichkeit, diesem höflichen Barbierer einen Eegen-Dienst zu erweisen, und weil er gesehen, datz derselbe mit einem ziemlich starck gewachsenen Barte versehen wäre, gab er ihm ein Zeichen, daß er sich gleichfalls niederlassen möchte, worzu sich selbiger also bald bereit finden liesse. Es wendete demnach Mentzel allen Fleitz an, damit er es recht machen möchte, und wie ein Pragifcher Student mit allen Dingen mutz umzugehen wissen, also gieng ihm auch dieses Unterneh­ men glücklich von statten. Er wurde demnach Meister über den Bart und Schedel eines mit Haaren sehr verwachsenen Geistes, welches wohl ein rechtes Meister-Stück heissen kan, ohne datz er das geringste Grauen mehr bey seiner Arbeit empfunde. Da er nun seinen unter Händen gehabten Mann gar höflich vom Stuhl beurlaubet, fieng dieser bisher stumm gewesene Barbierer nunmehr an, sich der Rede zu bedienen, wodurch der andere halb todte Student von seinem Schrecken wieder ermuntert wurde: „Du glückseliger, sprach er, bist derjenige, durch welchen ich auf EOttes Zulassung, endlich die erwünschte Ruhe erlange, deren mein Leib gantzer 30. Jahre in der Erden nicht hat theilhaftig werden können. Ich war ehemals Kammer-Diener bey dem GrotzVater des ietzt regierenden Grafen von N. und Besitzer dieses Schlosses, welcher an den närrischen Aufzügen alberner Leute und Thoren, ein besonders Vergnügen fand, dieselben aber auch dafür reichlich zu beschencken pflegte. Wenn also Bettler in das Schloß kamen, nahm ich dieselbe zu mir und beschor sie auf dieselbe Art, wie ihr euch einbildet, datz ich mit euch verfahren, und wie du es hinwiederum mit mir gemachet hast, damit ich durch solchen lächerlichen Anblick meinem Herrn eine Gefälligkeit erweisen möchte. Ich starb noch vor meinen Herrn als ein guter Römisch-Catholischer Christ, nachdem man mich mit allen Sacramenten versehen, und wurde auf seinen Befehl hinter der PfarrKirche jenes Fleckens, gleich an der Ecke des hohen Altars eingesendet. Wiewohl man nun von meinem Grabe keine Zeichen mehr gewahr wird; so ist doch mein Cörper in demselben noch gäntzlich unverweset, nebst diesem Barbier-Sack, Flasche und Leuchte anzutreffen. Ich konnte nach meinem Begräbnitz zu keiner Ruhe gelangen, und mein Cörper

Der wiedergehende Barbier muste aus gerechtem Urtheil EOttes jo lange herum wandeln, bis demselben gleicher Schimpf angethan worden, mit welchen ich bey meinem Leben so viel arme Bettler beleget hatte. Anietzo aber habe ich meine Ruhe gefunden und dieses Schloß kan, wie vor dem, wieder bewohnet werden, welches ihr dem Eigenthums-Herrn vermeldet kön­ net, fintemahl ich der eintzige gewesen, der auf Göttliches Zulassen dasselbe zeither beunruhigen müssen. Zu mehrer Bekräftigung dieser Wahrheit, werdet ihr bey meinem Cörper alle diejenigen Umstände antreffen, die ich euch erzehlet habe; Ich eile zu meiner Ruhe, lebet auch als wahre Christen, so werdet ihr gleichfalls dereinst eure RuheStätte finden." Bey diesen Worten kam ihnen der Geist aus dem Gesichte, und da meldten sie allererst, daß ihnen ihr Licht ausgegangen war, indem sie über die Bart-Angelegenheiten, das andere anzuzünden vergessen hatten, sie musten also nach überwundener Todes-Angst sich im finstern zur Ruhe begeben. Wie sie des andern Morgens erwachet und einander angesehen, funden sie an ihrer Gestalt nicht das geringste verändert, ob sie gleich vermeinet hatten, daß auf ihrem Schädel kein Härlein mehr übrig seyn könnte; iedoch bemerckten sie, daß die Farbe ihrer Haare diese Nacht eißgrau geworden, woran aber nicht sowohl der erschienene Geist, als vielmehr ihre eigene Furcht Ursache gewesen. Zwar der eine von ihnen machte sich hierüber keinen grossen Kummer, weil er schon bey sich spürte, daß er dieses mal zum letzten in seinem Leben sey barbieret worden, daher denn sein eintziges Verlangen nur auf diejenige Ruhe gerichtet war, von welcher der Geist bey seinem Abschiede zu ihnen geredet. Inzwischen hatte der gute Wentzel seine Roth, indem er seinen Ge­ fährten mit vieler Mühe zum Schlosse hinaus bringen, und wegen zugestossener Schwachheit, unter den Armen bis zu dem Meyer-Hofe hinunter schleppen muste. Allhier warteten nun die über Nacht geblie­ bene Gäste nebst dem Verwalter mit Schmertzen, zu vernehmen, was diesen beyden Schild-Wachen die Nacht über auf ihrem gefährlichen Posten begegnet wäre. Auch der dritte von ihrer Gesellschaft kam eilend herzu gelauffen, wiewohl leicht zu vermuthen, daß der erste Anblick nicht gar zu angenehm gewesen, da sie an statt zween frischer und junger Studenten, ein paar alte Greise einander fortschleppend, ankommen sahen. Sie erstaunten insgesamt noch weit mehr, nachdem ihnen Wentzel den gantzen Verlaufs dieser nächtlichen Reise beschrieben hatte. Vor allen Dingen aber war nöthig, daß man den andern Ge­ fährten, welcher schon bey nahe in den letzten Zügen war, nach Christ­ lichem Gebrauch versorgte; daher man denn ohne Verzug den Pfarrer des Orts holen ließ, welcher ihn nach angehörter kurtzen Beichte, mit dem gewöhnlichen Sacramenten versähe. Wenig Stunden hernach bekräftigte der gute Student die Wahrheit dieser Begebenheit mit seinem Tode, und wurde des folgenden Tages auf dem Gottes-Acker, ordentlich zur Erden bestattet. Man schlug hierauf in den KirchenViichern nach, man fand darinnen, daß der Kammer-Diener Peter

Der wiedergehende Barbier — Der Homunkulus der Alchimister

Juan Sckaliza in eben dem Jahre gestorben, welches Wentzel ange­ führet; Man öffnete die bezeichnete Gegend bey der Kirche, allwo man keine Spur von einen Grabe antraf, bis man etwas tieffer ge­ graben, da sich endlich ein unverwefeter Sarg, in demselben aber ein vollkommener Cörper nebst dem Barbier-Eeräthe und einer BaderLampe gefunden. Man berichtete hierauf die gantze Geschichte, der eine Tage-Reise davon wohnenden Herrschaft, welche sich ohne Verzug an­ gelegen seyn liest, eine gründliche und versicherte Nachricht von der Sache einzuziehen; Und weil ihnen an der Ruhe des Schlosses inson­ derheit viel gelegen war, so muste Wentzel nebst vier behertzten Bauren, einige Nächte vorhin sein Lager auf dem Schlosse nehmen, damit man von dem Abzug des Geistes desto grössere Eewitzheit erlangen möchte. Man hat hierauf diese gantze Begebenheit in Lebens-Grösse auf höltzernen Tafeln abgebildet, wie solches noch bis dato zu sehen ist, und von allen vorbey reisenden bewundert wird; Und damit die Nachkommen um so viel weniger an dem wahren Verlaufs zweifeln möchten, hat man alle Umstände in die Jahr-Bücher besagter Hoch-Gräflichen Familie einzutragen, für nöthig befunden. Nachdem also das Schloh wieder in vorigen Stand gesetzet war, kehrte Wentzel nach empfangenen guten Eeschencken mit seinem annoch übrigen Freunde zurücke nach Prag, hieng aber seine Vatz-Eeige an den Nagel und begab sich in den strengen Eapuciner-Orden, allwo er lange Jahre einer sehr frommen Lebens-Art sich beflissen. Dieser hat einem von seinen Ordens-Brüdern, Namens Martin von Kochen alles, was sich besagter Massen auf dem Schlosse zugetragen, ausführlich mitgetheilet, welcher die gantze Ge­ schichte durch öffentlichen Druck der Welt bekannt gemacht hätte, wenn er nicht durch einen unverhofften Tod wäre verhindert worden, sein letztes Werck von Erscheinungen der Geister ans Licht zu stellen. 22. Der Homunkulus der Alchimisten

Es erzehlet Vorellus. ehemaliger Leib-Medicus des Königs von Franckreich, in seiner Historia rarior. Obsero. ttunt. 62. folgende Geschichte, welche ich dir, lieber Andrenio, vorlegen will, damit du nur erst erkennest, was in dem menschlichen Blute stecke, und warum die göttliche Schrift selbst bezeuget: Des Leibes Leben sey in seinem Blut. Rechter ein Seiffen-Sieder und Bernhardus Germanus, distillirten nach der Erzehlung des Herrn von Gerzan, zu Paris das Blut von einem Menschen, weil sie dieses für die rechte Materie des so lange gesuchten Philosophi­ schen Steins hielten; allein sie erblickten in der gläsernen Cucurbita die Gestalt eines Menschen, von welchem blutige Strahlen zu gehen schienen: sie zerbrachen hierauf das Elast, und funden die Gestalt eines Schedels in denen noch übrig gebliebenen Hefen. Auch fanden sich drey vorwitzige Köpfe zu Paris, welche aus der Kirche St. Jnnocentii etwas Erde nahmen, in Meinung, darinn die Materie zum Stein der Weisen anzutreffen; nachdem sie aber dieselbe wohl distilliret hatten, sahen sie

Der Homunkulus der Alchimisten — Das Recht der Begrabenen in den Gläsern gewisse Gestalten der Menschen, wodurch sie in ziemliche Verwunderung und Erstaunen geriethen. Hiermit kommt dasjenige überein, was der berühmte Engelländer Robertus Flud de Fluctibus, de Myst. Sang. Anat. Cap. 6. p. 233. berichtet. Ein gewisser Chymicus, Namens la Pierre, auf dem Platz le Temple zu Paris wohnhaft, hatte von einem Bischofs Blut bekommen, daß er damit laboriren möchte. Er setzte dasselbe an einem Sonnabend aufs Feuer, und fuhr mit unter­ schiedlichen Graden der Hitze eine gantze Woche in seiner Arbeit fort. Da nun des folgenden Freytags dieser Künstler, in einer Kammer nahe bey seinem Laboratorio, um Mitternacht ein wenig eingeschlummert war, hörte er ein erschreckliches Geschrey, wie das Brüllen eines Ochsen oder Löwen. Endlich hörte diese Stimme im Laboratorio auf, und weil die Kammer vom Monden-Schein gantz erleuchtet war, sahe der erwachte Chymicus, zwischen seinem Bette und dem Fenster, eine dicke und lichte Wolcke von länglich-runder Gestalt hervor kommen, welche nach und nach die völlige Figur eines Menschen darstellte, und nach einem lauten durchdringenden Geschrey plötzlich wieder verschwand. Es hatten aber nicht nur einige vornehme Leute in den nächsten Kammern, sondern auch der Wirth nebst seiner Frau, welche unten int Hause ihr SchlafZimmer hatten, ja gar die gegen über wohnenden Nachbaren, beydes das Brüllen und die helle Stimme, gar vernemlich gehöret; auch waren einige durch den heftigen Schall aus einem tieffen Schlaf erwecket wor­ den. Indessen erinnerte sich der bestürtzte Künstler, von dem Bischofs, der ihm das Blut gegeben, vernommen zu haben, daß wenn einer von denen, welchen das Blut abgezapfet worden, in währender Fäulung und Auflösung stürbe, desselben Geist gar oft dem Chymico gantz beunruhiget zu erscheinen pflege. Er nahm am nächst-folgenden Sonnabend, die Re­ torte aus dem Distillier-Ofen, und nachdem er solche mit einem kleinen Schlüssel zerschlagen, fand er in dem übrig-gebliebenen Blut, einen natürlichen Menschen-Kopf mit einem Gesicht, Nase, Augen und Haaren vorgestellet, wovon aber die Farbe weitzlich-gelb zu seyn schiene. Dieses letzere haben, wie Flud berichtet, unter andern auch der Herr von Bordalone, geheimer Secretarius des Hertzogs von Euise, und unterschiedene vornehme Personen in Augenschein genommen, wie es denn auch besag­ tem Flud selbst, von dem Herrn Menanton, welcher dazumal in dem­ selben Hause gewöhnet, von einem gewissen Doctore Medicinae, ja end­ lich von dem Herrn des Hauses erzehlet worden. 23. Das Recht der Begrabenen Es waren einige gute Coffäe-Schwestern bey einer Pfeiffe Toback ver­ sammlet, wodurch sie sich die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens vor­ stellen wollen, da eben in derselben Gasse ein grosser Zulaufs des Volcks entstünde, um eine Bürger-Leiche, mit gewöhnlichen Gepränge zu Grabe bringen zu sehen. Da nun endlich auch die Schaar der Leichen-Begleiterinnen, in schöner Ordnung und gehörigem Range, nebst den Eroschen-

Das Recht der Begrabenen — Die ermordete Schwangere Weibern fortgeschlichen war; so ist leicht zu erachten, daß in gedachter Cofee-Gesellschaft keine verliebte Gespräche Platz finden konnten, weil man den Augenblick eine alte Tantippe vorbey tragen gesehen, welche vielleicht ihrem Ehe-Mann manchen Ribben-Stoß mochte abgenöthiget haben, wenn sie sich ihrer Schuldigkeit und Pflicht erinnern sollen. Des­ wegen fand die gescheuteste unter ihnen für rathsam, bey dieser Gelegen­ heit eine Unteredung von Geistern aufs Tapet zu bringen. Mein GOtt! sagte sie mit einer angenommenen Ernsthaftigkeit, was wird diese Nacht für ein Spuck auf dem EOttes-Acker entstehen, weil wiederum eine neue Leiche hinaus kömmt; da wird es gewiß eine schlimme Jagd setzen, denn die alten schon allda ruhenden Seelen sind den neuen niemals gut, und diese müssen von jenen die gröste Verfolgung ausstehen. Meine Mutter hat mir erzehlet, was sie selbst gehöret und mit eigenen Augen ange­ sehen, da sie unweit von dem EOttes-Acker gewöhnet. Sie hat öfters mit Schrecken wahrgenommen, daß sich die Geister, wie die Kinder, wenn sie das Hasche-Spiel vornehmen, in weissen Hemdern einander herum gejaget, daß mancher, wenn er von dem andern ergriffen worden, geschryen habe, wie etwa eine junge Katze, welche man in den Schwantz kneipet. Sie hat auch manchmal beobachtet, datz es gantz stille zugegangen, wenn ein Regen eingefallen, als wenn die Geister die Nässe nicht wohl vertragen könnten. Hierauf sagte die andere Matrone: Wir hatten auch einmal eine Magd, welche vor dem nahe bey dem EOttes-Acker gedienet, diese sagte, daß sie alle Nacht ein Geschrey als wie von kleinen Kindern ge­ höret, wenn sich dieselben mit einander schlagen wollen. Da machte die dritte eine praktische Anmerckung und sprach: Darum sagen die Leute insgemein, es sey gar gut. wenn man der Leiche etwas Dorant- und Dosten-Wurtzel in dem Sarge mitgebe, wie auch ein wenig Stab-Kraut, so können die anderen Geister den Geruch nicht ausstehen, und müssen den neuen Todten zu frieden lasten. 24. Die ermordete Schwangere

Im vorigen Seculo um das Jahr 1632. hat sich in Engslland folgende nachdsnckliche Begebenheit zugetragen, wie solche aus einem Briefe an den gelehrten Sergeant Hutton, zu ersehen. Es wohnte nicht weit von Ehester an der Strasse, ein wohlhabender Ackersmann, Namens Walker, ein Wittwer, welcher eine junge Weibs-Person aus seiner Freundschaft als Haußhälterin bey sich hatte. An dieser wurden die Nachbaren die ordentlichen Zeichen der Schwangerschaft gewahr, und kurtz darauf sahe man dieselbe einsmals des Abends mit einen Köhler, Namens Marcus Sharp von Plackburn in Lancaster gebürtig, aus dem Orte weggehen, worauf man dieselbe niemals wieder gesehen, noch etwas von ihr gehöret hatte. Den Winter darauf trug sich es zu, daß zwo Meilen von dem Ort, wo Walker wohnte, ein Müller mit Namen Jacob Graham, einsmals sehr späte des Nachts in der Mühle mit seiner Arbeit zu thun hatte, wobey zu mercken, daß die Thüre unten verschlosten gewesen. Da er nun

Die ermordete Schwangere etwa um Mitternacht wiederum Korn auf den Rumpf geschüttet, und nun zur Treppe herunter gieng, um seinen Rück-Weg nach Haufe zu nehmen, so siehet er unten in der Mühle eine Weibs-Person vor sich stehen, welcher die Haare gantz blutig um den Kopf herum hiengen, und welche noch darzu fünf grosse Wunden im Haupte hatte. Er seegnete sich vor Furcht und Schrecken, und fragte sie endlich, wer sie wäre und was ihr fehlte? Sie versetzte: „Ich bin der Geist derjenigen Weibes-Person, so bey Walkern im Hause gewesen; ich bin von ihm schwanger worden, da er mir versprochen, mich an einen stillen Ort hinzuschaffen, wo ich gute Wartung finden, und wohl angesehen seyn solte. Wenn ich aber ins Kind-Bette würde gekommen seyn, solte ich wieder zu ihm kommen, und seine Haußhaltung fortsetzen. Diesem Versprechen gemäß, ließ er mich einst späte des Abends, durch den Köhler Marcus Sharp weg brin­ gen, welcher mir aber bey einem Moraste, (da sie einen Ort nennte, welcher dem Müller gar wohl bekannt war) mit einer Hacke, womit man die Stein-Kohlen ausreisset, diese fünf Wunden gab, und mich ums Leben brachte, meinen Eörper aber nahe dabey in ein KohlenBergwerck warf. Darauf versteckte er die Hacke unter einem Felsen, und weil er seine Schuhe und Strümpfe blutig gemachet, dieselben aber durch das Abwaschen nicht gnugsam reinigen konnte, warf er dieselben auch in den besagten Winckel des Felsens." Ferner sagte sie zum Müller, er solte diese That offenbaren, sonst würde sie wieder kommen, und ihm mit ihrer Gegenwart beschwerlich fallen. Der Müller kehrte hierauf gantz traurig und niedergeschlagen nach Hause, sagte aber keinem Men­ schen das geringste von dem, was ihm begegnet war, hütete sich auch, so viel er konnte, daß er nicht bey Nacht-Zeit allein in der Mühle bleiben durfte. Dem ungeachtet begegnete ihm einsmals des Abends, da es begonte finster zu werden, eben dieses Gespenst wieder, sahe gantz wild und grausam aus, und drohete ihm, wofern er die Mord-That nicht an­ zeigen würde, so wolte es stets um ihn seyn und nicht nachlassen, ihn zu verfolgen. Nichts desto weniger hielt er diese Erscheinung noch verborgen bis auf den Thomas-Tag vor Weyhnachten, da ihm gedachtes Bild wie­ der erschien, wie er gleich nach Untergang der Sonnen in seinem Garten war, und da setzte selbiges ihm mit schrecklichen Drohungen so hart zu, daß er endlich fest angelobte, des folgenden Tages die Sache zu entdecken. Er hielte auch sein Wort, gieng gleich des Morgens zu der Obrigkeit und erzehlte was ihm begegnet war, mit allen Umständen. Nachdem man hierauf eine Untersuchung angestellet, so fand man den entleibten Cörper mit fünf Wunden am Haupt in einer Kohlen-Erube, wie auch die Hacke nebst den blutigen Schuhen und Strümpfen an dem Orte, welchen der Müller angezeiget hatte. Alsobald wurden Walker und Marcus Sharp in Verhasst genommen, welche aber beyde nicht das allergeringste bekennen walten; Dennoch wurden sie vor dem grossen Land-Gerichte angeklaget, wegen dieser Erscheinung der Mord-That schuldig erkläret, zum Thode verurtheilet und hingerichtet. Es saget der Engelländer, so dieses berichtet: Es sind noch ietzo viel Leute am Leben, die sich dieser

Die ermordete Schwangere — Der Affe des Ritters von Rabi

grausamen That und der wunderbaren Entdeckung derselben, annoch er­ innern; Denn es wird davon in dem Nördlichen Theile dieses Landes so viel geredet, als irgend von einer Sache geschehen kan, wie denn auch die­ selbe durch öffentlichen Druck bekannt gemachet ist. 25. Zum Bahrrecht

Es erzehlet Eregorius Horstius, ein sehr erfahrener und gelehrter Medicus, in Append. de cruent. Cadav. p. 143. folgende Geschichte: Im Jahr 1604, am 26. December, wurde ein junger Edelmann zu Blindmarck in Nieder-Österreich, aus dem obern Stockwerck eines Hauses von einem Büchsen-Schutz getroffen, da die Kugel in seine lincke Brust hinein und zur rechten wieder heraus gegangen, daher er denn gleich auf der Stelle nieder fiel und den Geist aufgab. Man hub Hernachmals den Cörper auf und untersuchte die Wunde, da sich befand, daß das Blut sowohl am Ausgang, als Eingang derselben, so weit die Öffnung gieng, sehr hefftig heraus drunge. Am folgenden Tage, welches war der 27. Decem­ ber, legte man dem Entleibten andere Kleider an, und ließ ihn zween Tage stille liegen. Am 30sten wurde er auf die Baare gebracht und in die Kirche gesetzet; allein ob gleich keine fernere Bewegung mit dem Cörper vorgenommen wurde, so sahe man dennoch täglich bis auf den 8ten Januarii 1605. frisches Blut aus der obern Wunde heraus quillen. Hierauf giengen einige Wochen hin, da man nichts mehr spürte, bis datz am 13ten Februarii zu Mittage das Blut wieder anfieng aus der untern Wunde zu fliesten, nicht anders als wenn die Mord-That erst neulich geschehen wäre. Uberdem hatte sein gantzer Leib äusserlich das Ansehen bekommen, als ob er noch lebte, die Farbe seines Angesichts blieb an­ genehm, lebhaft und schön, die Adern an seiner Stirn schienen mit guten Eeblüte angefüllet zu seyn; es war in so vielen Wochen kein Zeichen einiger angehenden Fäulnitz zu spüren, auch lein unangenehmer Geruch, welcher sich sonst bey todten Cörpern bald einzufinden pfleget, bey dieser Leiche anzutreffen; Die Finger an den Händen blieben weich und be­ weglich ohne eintziges Zeichen der Verwesung, auch war ihre natürliche Farbe nicht gar viel verändert, ausser datz sie in der letzten Woche, da er beerdiget wurde, an den Nägeln einiger masten anfiengen blau zu werden. 26. Der Affe des Ritters von Rabi

Wenn seltsame Thiere von dem einfältigen Volck zum ersten mal ge­ sehen werden, fallen sie gar leicht auf die Meynung, datz es wahrhaftige Teufel seyn müssen; wie man denn von einigen Böhmischen Vauren liefet, datz sie ihres Edelmanns grossen Affen, welcher aus seinem Behältnitz entwischet war, unter dem Vorwände, datz es ein lebhaftiger Teufel sey, ohne Barmhertzigkeit ermordet haben.

Das Pulver der Zwerge 27. Das Pulver der Zwerge

Nun will ich dasjenige beybringen, was Durandus Hatamus in seiner gelehrten Epistel an Jacob Böhmens Mysterium Magnum über das erste Buch Mosis folgender Gestalt berichtet: Es wurde in diesen Lan­ den, wie mir von glaubwürdigen Leuten ist erzehlet worden, ein ge­ wisser Mann aus Verdacht wegen Hexerey eingezogen, indem er von derjenigen Art Leute war, die man in Engelland weise Männer nennet, welche andere und bessere Euren thun, als sonst insgemein unsere Artzney-Verständige zu thun pflegen. Von diesen Leuten glaubet man, daß sie solche Dinge meistentheils durch den Beystand der Geister ver­ richten, als welche die meisten Wissenschaften den Menschen entdecket haben; Auch sind daher von der hohen Obrigkeit heylsame Gesetze wider dergleichen Unternehmungen gegeben, weil es gefährliche und betrügliche Wege sind, worzu man kaum anders, als durch eine Verbindung mit dem Teufel gelangen kan. Alles aber, was der besagte Mann verrichtete, das geschahe durch ein gewisses weißes Pulver, von welchem er vorgab, daß er es von den Zwergen bekommen habe; Er sagte ferner, daß wenn er an einem Hügel dreymal anklopfe, derselbe sich von sich selbst eröffne, daß er hinein gehen und daselbst mit einem sichtbaren Volcke reden könnte. Er erbot sich auch, wenn etwa einer von den gegenwärtigen Edelleuten selbst mit ihm gehen oder seinen Diener mitschicken wolle, ihn dahin zu führen und den Ort, wie auch die Leute, von welchen er seine Kunst erlanget hätte, zu zeigen. Da er endlich auch von den Rich­ tern befraget wurde, wie er zu diesem Pulver gekommen wäre? so erzehlte er folgende Umstände: Er sey einsmals des Abends von seiner Arbeit gantz betrübt und voll schwermüthiger Eedancken nach Hause ge­ gangen, weil er keine Mittel gesehen, wie er sein Weib und Kinder ehr­ lich ernähren möchte; darauf sey ihm eine Zwerg-Frau mit gar seiner Kleidung angethan, begegnet und habe ihn gefraget: Warum er so be­ trübt sey; Auf seine Antwort, daß solches von dem Mangel und Armuth herrühre, habe sie ihm alsobald versetzet: Wenn er ihrem Rath folgen wolle, so wäre sie bereit, ihm zu etwas zu verhelfen, wodurch er sich reich­ lich würde ernehren können; Er habe hierauf sich erkläret, daß er gar gern solches annehmen wolle, wenn es nur damit richtig oder auf recht­ mässige erlaubete Art zugienge, jene hingegen habe gesaget, es solte dieses durch gutes Thun und Gesundmachung krancker Leute geschehen. Rach diesen Worten habe sie ihm gar scharf eingebunden, daß er sie die folgende Nacht an eben diesem Orte wieder antreffen solle, sie sey dar­ auf von ihm, er aber nach Hause gegangen. Zu der bestimmten NachtZeit habe er sie, der Abrede gemäß, an eben dem Orte wieder gefunden, da sie denn zu ihm gesprochen: Es wäre sehr gut, daß er die bestimmte Stunde inacht genommen, indem er sonst der Wohlthat, die sie ihm er­ weisen wolle, hätte entbehren müssen. Sie habe darauf von ihm begeh­ ret, daß er ihr nachfolgen und sich im geringsten nicht fürchten solte; Sie habe ihn zu einen kleinen Hügel geführet, welcher sich nach dreymaligen Anklopfen aufgethan, da sie denn beyde hinein gegangen und in einen

Das Pulver der Zwerge — Besuch der Unterwelt

Hof der Zwergen gekommen wären, allwo eine Königin mit grossem Pracht mitten unter einer Menge Volcks und Bedienten gesessen. Seine Gefährtin, welche eine vornehme Edel-Frau gewesen, habe ihn alsobald zur Königin geführet, die ihn willkommen geheissen und der Edel-Frau befohlen, ihm etwas von dem weisien Pulver zu geben und zu sagen, wie er es gebrauchen solte. Diese habe ihm also eine kleine höltzerne Büchse voll von demselben Pulver gegeben, mit dem Bericht, daß er zwey bis drey Gran einem Krancken davon geben solte; hierauf habe sie ihn wiederum aus dem Hügel heraus gebracht, und wären sie von ein­ ander geschieden. Als ihn nun die Richter fragten, ob es in dem Hügel, welchen er einen Hof genennet, helle oder finster gewesen wäre? hat er mit einer freyen Gesichts-Stellung geantwortet, es sey eben so, als wie bey uns in der Dämmerung gewesen. Als man sich weiter erkundigte, woher er denn hernach mehr Pulver bekommen? sagte er ohne Scheu: Wenn es wäre verbrauchet gewesen, sey er wieder zu besagtem Hügel gegangen, habe dreymal angeklopfet und gesprochen: Ich bin da; alsdenn wäre der Hügel geöffnet worden und hätte er, wie vorhin, auf Befehl der Königin mehr Pulver bekommen. Diese Begebenheit hat der Mann vor den Richtern und übrigen Beysitzern angeführter Massen ausgesaget, und wie man nichts wieder ihn aufbringen konnte, als datz er an vielen Menschen vortreffliche Euren verrichtet, wurde er von den Gerichten lotz gesprochen. Aus dieser unverwerfflichen Geschichte ist klar, daß diese in dem Hügel wohnende Zwerge, gute und dienstbare Geister gewesen, weil sie durch diesen armen Menschen viele Krancken geheilet, ihm selbst aber nebst seiner Familie zu einem stück Brods verholfen. 28. Besuch der Unterwelt Es hat sich bey meiner Erotz-Eltern Leb-Zeichen in Tirol, zwischen der Haupt-Stadt Jnnsprug und einem nahe gelegenen Flecken Mila genannt, folgendes zugetragen: Ein einfältiger frommer Schneider- Ge­ selle Namens Georg Pürckner gieng einsmals am Sonntag nach dem Gottes-Dienst aus diesem Flecken, um seine betrübten Gedancken, die er wegen grossen Geld-Mangels bey sich hegte, mit Spatzieren gehen zu vertreiben. Er nahm seinen Weg gegen die Stadt zu, da er vor einer offen stehenden Berg-Lücke oder Felsen-Ritz vorbey gehen muste, von welchen man zwar wegen des zurück kommenden Widerschalles, wenn man hinein schrie, so viel schliessen konnte, datz die Höle sehr tieff in den Berg hinein gehen müsse. Jedoch hatte man noch niemals gehöret, datz sich ein Mensch da hinein gewaget hätte, indem laut einer alten Tra­ dition, in dieser Gegend ehemals grosse Wälder gestanden, worinn sich schreckliche Lindwürmer und andere Arten der Schlangen aufgehal­ ten; Wie denn das nahe gelegene Kloster Wildau noch eine Zunge, die einem solchen Lindwurm aus dem Rachen gerissen worden, aufweisen will. Run pfleget man von den Schneidern zu sagen, datz ihr erster Stamm-Vater in demjenigen Wasser, welches von dem Bade der vor-

Besuch der Unterwelt witzigen Eva verschüttet worden, sich gebadet habe; es war also kein Wunder, daß unsern Schneider-Gesellen eine Begierde ankam, in diese Höle hinein zu steigen, um zu sehen, wie weit sich dieselbe erstrecke, da­ mit er doch in einem Stück seinen Zunftgenossen es zuvor thun möchte, weil ihm der Geld-Mangel nicht vergönnte, mit ihnen eine Zeche zu bezahlen. Er kletterte also gantz langsam hinein, und ob er sich gleich weder mit einer Scheere noch Biegel-Eisen wider den Wind versehen hatte, so vermeynte er doch an den steinichten Klippen eine gute Stütze zu haben. Nachdem er eine geraume Zeit zwischen den engen Felsen fortgeschlupfet war, merckte er endlich, daß es immer Heller wurde, und glaubte, daß diese Höle einen andern Ausgang haben müste. Er würde sich vielleicht für einen Columbum oder neuen Welt-Erfinder angesehen haben, wenn ihm nicht die grosse Einfalt seines Vaterlandes, alle histo­ rische Wissenschaft versaget hätte. Inzwischen irrte er nicht in seinen Gedancken, inmassen er aus der Dunckelheit in einen annehmlichen Gar­ ten gelangte, und in der Mitten desselben einen zwar nicht sehr kost­ baren, doch aber zu einem Adelichen Sitz nicht unanständigen kleinen Pallast gewahr wurde. Er wüste sich nicht zu besinnen, was dieses für ein Ort sey, und welche Herrschaft daselbst wohnen müsse, da er doch gewiß versichert war, daß sein Meister der eintzige sey, der den Adel in derselben Gegend mit seiner Elle auszumessen, die Ehre habe. Dem un­ geachtet gieng er gantz kühnlich auf die Hauß-Thüre loß, welche er offen fand, doch aber keinen eintzigen Menschen konnte ansichtig werden, bis er endlich eine Englische Creatur aus dem Fenster herunter schauen sahe, welche ihn freundlich grüßte und durch Wincken ein Zeichen gab, daß er hinauf kommen möchte. Ob er nun gleich kein Kammer-Mägdgen oder andern Wegweiser antraff, durch deren Anführung er sich hätte zurecht bringen lassen; so gieng er dennoch getrost die beite steinerne Treppe hinauf, und sahe sich auf dem Saale um, ob er zur Aufwartung bey der schon gesehenen Hauß-Eöttin gelangen könnte. Hier fand er nun eine grosse Thüre offen stehen, und da er näher hinzu trat, sahe er eben dasselbe Frauenzimmer auf einem Sessel sitzen, und ihn mit freundlichen Gesichte grüssen. Doch mochte dem guten Schneider die Haut ziemlich schauren, da >er gewahr wurde, daß diese Person bis auf den Nabel wie ein Mensch gestaltet war, unterwärts aber einen langen schuppichten Fisch-Schwantz hatte. Sie fragte ihn, was sein Begehren sey? da er denn vermuthlich gern geantwortet hätte: Sie möchte ihn aus diesem Orte, in welchen er unschuldiger Weise gerathen, wieder zurücke führen lassen; allein er hatte das Hertz nicht, den geringsten Laut von sich zu geben, daher redete sie ihn mit diesen Worten an: „Fürchte dich nicht, du solst von mir Geld zur Enüge bekommen." Zugleich machte sie einen neben ihr stehenden grossen eisernen Kasten auf, und wiese ihm eine gantze Menge von güldenen und silbernen Müntzen, mit dem Andeuten: „Wenn du mich dreymal Küssen wirst, so soll dir erlaubet seyn, so viel hiervon zu nehmen, als du tragen kanst, du must mir aber zugleich gewiß ver­ sichern, daß du noch teilt von allen Weibes-Bildern bist." Das letztere

Besuch der Unterwelt wurde ihm nicht schwer, mit einem Eyde zu betheuren, daher das erste ihm so viel unangenehmer war, daß er seine Jungferschaft so unverhofft durch einen Kutz verlieren solle, wiewohl auf der andern Seite das An­ erbieten, wegen der versprochenen Geld-Summe, ihm solches hätte leid­ lich machen können: Allein er blieb bey allen diesen Umständen gantz unschlützig, und wäre lieber ohne Geld, wie er hinein gekommen, wieder fortgegangen. Er hörte aber aufs neue diese Anrede: „Was besinnest du dich, folge meinem Befehl, sonst dürfte es dir nicht wohl ergehen." Hier war nun kein ander Mittel übrig, als daß der gute Schneider einen Sprung auf unbekannte Lippen wagen ntufte; allein da er sich nun zu derselben näherte, veränderte sich das gantze Weibes-Bild in eine grau­ same Schlange, durch welche Verwandelung das zappelnde Hertz dieses furchtsamen Liebes-Helden gantz ohnmächtig wurde, daß die gantze Schneider-Seele in die Knie-Scheibe hinunter gefahren, und er leicht an statt des Kusses einen Futzfall hätte verrichten sollen. Da er sich aber in etwas wieder erholet, sahe er diese seine Liebste in ihrer vorigen Gestalt und Zustande sitzen, welche ihn mit einem freundlichen Lächeln gutes Muths seyn hiesse, auch aus dem eröffneten Kasten so viel Geld, als er wolle, zu nehmen erlaubte. Darauf fuhr sie mit einem Schlangen-Gezische vor ihm vorbey, nachdem sie ihm vermeldet, daß er dieses Geld gut anwenden und sich mit keinem Weibes-Bilde beflecken solle; sonst würde er nichts weiter von ihr bekommen, wenn er wieder käme: Nach dieser Abschieds-Rede ließ sie unsern Schneider allein, welcher sich zu dem GeldKasten machte und darinnen ordentliches Geld, an Gold- und SilberMüntzen, antraft. Er griff behertzt zu, weil die Ursache seines Schreckens nicht mehr vorhanden war, und füllte seine Schub-Säcke insgesamt bis oben an, indem er sich auf seine Nehe-Nadel verlassen konnte, wenn etwa eine Tasche reisten solle. Mit dieser angenehmen Bürde wanderte er immer fort die Treppe hinunter, und nahm, ohne sich umzusehen, den­ selben Weg, welchen er gekommen war, bis er endlich auf die allgemeine Heer-Straste gelangte, von welcher er sich über eine Brücke auf das ge­ genüber liegende Feld verfügte, um allda ungehindert den erhaltenen Reichthum nachzuzehlen. Rach seiner Rechnung vermeynte er überhaupt 2644. Kayser-Eulden an alten Thalern und Ducaten bey sich gefunden zu haben, wiewohl es nach anderer Leute Calculo mehr ausgetragen. Der Schneider gieng mit diesem Gelde zu Hause, und erzehlte seinem Meister die Sache nach allen Umständen, welcher zwar gern einen An­ theil an demselben genommen hätte, wenn ihm nicht die Straffe ein­ gefallen wäre, worein er gerathen könnte, wenn er der Obrigkeit keine Nachricht davon gäbe. Er machte sich also des folgenden Tages nebst sei­ nem Gesellen auf das Rath-Hautz und entdeckte die gantze Begebenheit, welche mit Erstaunen von allen Raths-Berwandten angehöret wurde, zumalen sie die Müntz-Sorten gantz kenntlich und andern Carolinischen, Maximilianischen und Rudolphischen Müntzen, gantz gleich befunden. Es wurden alsobald einige Capuciner auf das Rath-Hautz beruffen, welche den gewöhnlichen Exorcismum vornehmen musten; allein dieses Geld

Besuch der Unterwelt behielt seine vorige Gestalt und Eigenschaft, und der Rath hielte für bil­ lig, den einfältigen Schneider zum Eigenthums-Herrn dieses Geldes zu erklären, welcher dafür in der so genannten Hoettinger-Gasse, ein Häutzgen gekauffet und sich verheyrathet hat. Darzu aber ist er, alles An­ rathens ungeachtet, nicht zu bringen gewesen, daß er es zum andern mal versuchet hätte. Indessen trug der Rath ein grosses Verlangen, zu wissen, wie es eigentlich mit dieser Höle beschaffen wäre, und ob man nicht auf eine andere Art etwas daraus erlangen könnte. Endlich wurde folgen­ des Mittel erfunden: Es steckten zween Wild-Schützen in harter Gefan­ genschaft und war es schon an dem, daß sie auf die Galeeren zu sechs­ jähriger Arbeit sollen gebracht werden; Diesen that man im Gerichte den Vortrag, man wolle ihnen die dictirte Straffe erlassen, wenn sie sich entschließen würden, in diese Höle hinein zu gehen und derselben innerliche Beschaffenheit mit Fleiß zu untersuchen. Die beyden GaleerenCandidaten waren gleich bereit, einen so gütigen Vorschlag anzunehmen, und wurden mit Lebens-Mitteln auf sechs Tage, wie auch mit benöthigten Wind-Fackeln versehen, nachdem sie zuvor gebeichtet und das Heil. Abendmal empfangen hatten. Hierauf traten sie ihre unterirrdische Wallfarth an, und der Eingang der Höle wurde zu besserer Sicherheit mit Wachen besetzet. Man ließ den ersten Tag bis auf den Abend vorbey gehen, da man aber nichts spürte und niemand wieder kam, bediente man sich eines grossen Sprach-Rohrs, ob etwa auf dessen Schall die Abge­ sandten ein Eegen-Zeichen geben möchten. Allein es war alles umsonst und man zweifelte bereits an ihrer Zurückkunft, da kaum der andere Tag verflossen war; am dritten und vierten aber wurden sie durchgehends für todt gehalten. Nachdem zwölf Tage verflossen, kamen sie von einem gewissen Flecken Kitzbüchel genannt, welcher 7. Meilen von Jnnsprug entlegen ist, wiederum zurücke, und erzehlten folgende abentheuerliche und wunderns-würdige Umstände ihrer Reise; Sie hätten zween Tage hindurch nach ihrem Eintritt nicht gewust, ob es Tag oder Nacht wäre, und weil die Feuchtigkeit des Orts das Licht nicht leiden wollen, hätten sie grosse Noth mit ihren Wind-Fackeln gehabt, daß einer um den andern die seinige wieder anzünden müssen und sie nicht anders gedacht, als daß sie endlich im finstern gehen würden. Sie hätten sich demnach dem göttlichen Willen überlassen, da sie bald durch enge SchlupfWinckel kriechen, bald zwischen den Klippen sich hindurch zwingen müs­ sen. Wie sie nun mit dieser Bemühung zween Tage zugebracht und Essen und Trincken darüber vergessen hätten, wären sie endlich in eine un­ geheure grosse Öffnung gekommen, welches eine Landschaft zu seyn ge­ schienen, indem sie von weiten gantze Dörffer liegen gesehen, vor sich aber eine gerade Strasse gefunden, welcher sie nachgegangen. Nunmehr hätten sie ihre Wind-Fackeln ausgelöschet, indem es ihnen, wie in der Dämmerung des Morgens oder Abends zu seyn geschienen, und sie sich auf ihr Feuer-Zeug schon verlassen können: Sie hätten sich darauf an einem vorbey rauschenden Wasser nieder gesetzet, Brod und Käse aus ihrem Rantzen gegessen und aus der Quelle darzu getruncken, weil sie

Besuch der Unterwelt das Fäßgen mit Wein, so sie bey sich führten, zu einer grössern Bedürf­ niß verspäten wollen. Nach gehaltener Mahlzeit hätten sie gemeldet, daß es immer bündelet geworden, daher sie ihre Wind-Fadeln wieder­ um angezündet und ihren Weg fortgewandert, da sie denn aufs neue zu grossen Klippen und Abgründen gekommen wären. Wie sie nun allezeit auf der mittlern Strasse geblieben, so hätten sie ein Gebäude angetrof­ fen, aus welchem Licht Herfür geschimmert, auch ein Weinen und Eewinsel wäre gehöret worden. Da sie aber durch das Fenster ein wenig hinein geschauet, hätten sie eine ordentliche Leiche von kleiner oder mittelmässiger Statur, um dieselbe herum aber einige Leichen-Weiber von eben derselben Grösse erblidet. Jedoch weil sie hierüber in Furcht ge­ rathen, wären sie vor selbigem Hause vorbey, und eine geraume Zeit mit Angst und Zittern fortgegangen, bis ihnen endlich ein kleiner pude­ lichter Mann, welchem ein grauer Bart bis auf den Nabel herunter gehangen, mt einem Stabe und einer Laterne, so er auf der Erden fort­ geschleppet, begegnet wäre. Dieser hätte sie gantz freundlich gegrüsset und ihnen vermeldet, sie sollen sich ja inacht nehmen, daß sie nicht ins Ge­ dränge geriethen, weil es ihnen sonst übel ergehen würde, sintemahl durch das gantze Land ein Trauer-Tag wegen ihres verstorbenen Herrn angesetzet wäre; Jedoch hätte er sich erboten, ihnen die Wege zu weisen, auf welchen sie aller Gefahr entrinnen könnten, wäre auch mit seiner Laterne vor ihnen her gegangen, da sie denn wahrgenommen, daß er krumme eingebogene Füsse gehabt und sehr übel zu Fusse gewesen. Unterwegens hätte einer von ihnen das Hertz gefasset, ihn zu fragen, in was für einer Gegend sie sich ietzo befünden? worauf er ihnen diese Antwort ertheilet: Ihr seyd bey dem unterirrdischen Geschlechte, welches mit jenem auf dem obern Theil des Erdbodens keine Gemeinschaft hat; Unsere Verrichtungen aber auf jener Erden, müssen wir bey Nacht-Zeit vornehmen. Wir leisten auch gar gern denen Menschen unsere Dienste, wo man uns gern hat; im widrigen Falle aber wenden wir uns zu dem Vieh und plagen dasselbe, wenn wir unsern Unwillen wider die Men­ schen selbst nicht auslasten können. Fraget mich nichts weiter, denn ich muß zu meinen Verrichtungen eilen, wendet euch nur auf die linde Seite, so kommet ihr wieder in die Ober-Welt. Hierauf hätte sich dieser Wegweiser zur rechten Hand gewendet, sie aber hätten von allen Seiten solche kleine Leutgen zusammen kommen gesehen, deren jedweder eine Laterne vor sich her getragen. Sie waren inzwischen genöthiget worden, ihre Wind-Lichter wiederum anzuzünden indem sie in grosse Felsen-Klüffte und bündele Örter gerathen; Wenn sie nun ein Stüd Weges zurüde ge­ leget, hätten sie mit etwas Speise und einem Trund Wein sich erquidet, welcher Weg ihnen sehr lang vorgekommen, weil sie keine ebene Strasse mehr antreffen können. Ja wenn ihnen jener Wegweiser nicht gesaget hätte, daß sie auf diesem Wege wiederum in die obere Welt gelangen würden, hätten sie geglaubet in dem tiefsten Abgrunde irre zu gehen, inmassen sie bald von abhängigen Klippen herunter steigen, bald wieder an steilen Felsen hinauf klettern müssen. Weil nun ihre Kräfte durch so

Besuch der Unterwelt — Flucht in die Unterwelt hefftige Bewegung grossen Abgang erlitten, hätten sie ohne Unterlaß durch ein wenig Speise und Tranck denselben wieder ersetzet. Im übrigen könnten sie nicht eigentlich wissen, wie lange sie in dieser unterirrdischen Welt gewesen, indem sie von der Sonne und Mond nichts wahrgenom­ men und sich in einer beständigen Morgen- oder Abend-Dämmerung be­ funden. Endlich nach vielem Auf- und Niedersteigen wären sie zu einer sehr engen Felsen-Ritze gelanget, durch welche sie mit grosser Mühe hin­ durch gedrungen, da sie denn von der obern Sonne etwas Licht erblicket, indem einige Strahlen durch ein Gebüsche von Vrombeer-Stauden, wo­ mit die Öffnung umgeben gewesen, hinein geschienen. Nachdem sie nun durch Hülfe ihrer Rantzen sich einen Platz zum Durchkriegen gemachet, wären sie wiederum in die freye Luft gekommen, und hätten sich bey einem hohen verfallenen Thurm auf einem abhängigen Felsen befunden, welcher mit eben dergleichen Gebüschen umgeben gewesen. Sie hätten daselbst nicht allein einige eingefallene Mauren und Keller, sondern auch unter dem Berg-Schloß einen Flecken angetroffen, von welchem sie, da sie hinein gegangen, vernommen, daß er Kitzbüchel hiesse und 7 Mei­ len von Jnnsprug gelegen wäre. Da sie nun dem Wirth und Pfarrer des Orts den gantzen Verlaufs erzehlet, hätten dieselben ihnen viele selt­ same Abentheuer, die sich auf dem Schlosse manchen Menschen gezeiget, mit allen Umständen entdecket, sie aber hätten ihren Weg weiter nach Jnnsprug fortgesetzet. Es funden sich also diese beyden Reisenden wieder ein und wurden nicht anders empfangen, als wenn sie von den Todten wiederum erstanden wären, sintemahl sie gantzer 12. Tage ausser der Gesellschaft der Lebendigen und in einer solchen Landschaft sich befunden hatten, welche mehr den Todten, als den Lebenden eigen zu seyn pfleget. Die Aussage dieser Personen wurde gerichtlich aufgezeichnet, sie bekamen beyde von der Stadt ein Gnaden-Geld, und ihre Bildnissen wurden nach Ambras in die Kunst-Kammer gebracht, allwo man nicht allein die­ selben, sondern auch das Original von ihrer Aussage im Archiv zu sehen bekommt, da der eine sich eigenhändig mit dem Namen: Lorentz Apsaiter unterschrieben, der andere aber die Worte: Peter Ostermann nebst einem Zeichen des Creutzes darunter setzen lassen. 29. Flucht in die Unterwelt

Es kan bey einbrechenden Krieges-Zeiten geschehen seyn, daß viele Menschen durch die Flucht ihr Leben zu erhalten gesuchet, und sich in verborgene Löcher oder auf die höchsten Berge verfüget haben, um da­ selbst einen sichern Aufenthalt vor den Nachstellungen der Feinde zu finden. Auch kan solches zur Pest-Zeit, oder wegen anderer aufstossenden Gefahr geschehen seyn. Damit sie aber an solchen Dingen, welche zur menschlichen Nothdurft gehören, keinen Mangel leiden möchten, haben sie allerhand Vieh, Brod, Saunten, Linsen-Früchte und andere LebensMittel mit sich genommen; welches sich auch bey uns in den vorigen Zei­ ten oftmals zugetragen, absonderlich da unser Teutschland in den 30jäh-

Flucht in die Unterwelt — Schatzbeschwörung auf dem Geben rigen Krieg verwickelt gewesen. Ferner stehet zu vermuthen, daß die­ jenigen Menschen, welche sich zuerst vor ihren grausamen Verfolgern in die Hölen verstecket, immer weiter hinein gerathen, und endlich so weitläufftige Gegenden unter der Erden angetroffen, daß sie den Ausgang nicht wieder finden, sondern nach göttlicher Verordnung, ihre Wohnung allda behalten müssen. Dieses kan den Juden in den unwegsamen Klüfften und Behältnissen des Cafpischen Gebürges, wiederfahren seyn; Auch giebet uns hiervon die Historie ein merckwürdiges Exempel von einer gewissen Landschaft in Spanien, allwo eine gantz neue Colonie von Menschen hinter den höchsten Eebürgen unter Philippo III. entdecket worden. Diese hatten sich ohne Zweifel zur Zeit des Einfalls der Sara­ cenen dahin begeben, und viele 100. Jahre ohne anderer Menschen Ge­ sellschaft allda gelebet, auch einer gantz andern Sprache sich bedienet: Sie waren bis auf gedachte Zeit verborgen geblieben, bis endlich durch ein Paar verliebte Personen, welche sich aus Furcht eingeholet zu wer­ den, in die abgelegenste Wildnitz verfüget, diese Gegend zufälliger Weise entdecket worden. Wir finden hiervon auch ein Zeugnitz in Siebenbür­ gen, allwo nach Aussage Kranzii Anno 900. ein gantzes Volck aus den Ritzen der Berge hervor gekommen, und dieses zu derselben Zeit noch ziemlich wüstes Land, angebauet und eingenommen hat.

30. Schatzbeschwörung auf dem Geben In der Fürstlichen Grafschaft Tirol ist über dem Stabilem Clausen, der Berg Setzen bekannt, auf welchem vor Alters das Bitzthum dieses Namens gestanden. Allda war ehemals Cassianus Bischofs, welcher einen schimpflichen Tod ausstehen müssen, da er denen Schul-Knaben über­ geben wurde, die ihn mit ihren Griffeln und Schul-Jnstrumenten zu Tode gemartert. Dieses Bitzthum ist in folgenden Zeiten nach Brixen verleget worden, anietzo aber findet man noch allda drey Kirchen, wo­ von zwey sehr baufällig sind, die dritte aber von denen reichen ClosterJungfrauen S. Dominici gebrauchet wird. Hier wissen nun die Kinder auf der Gasse zu erzehlen, datz in derselben Gegend ein grosser Schatz verborgen liege, welcher vielleicht bey dem Einfall der Hunnen dorthin in Sicherheit gebracht worden. Auch siehet man in derselben Kirche ein ordentliches Verzeichnitz, worinn dieser Schatz bestehe, und wie viel sel­ biger an Golde, Silber, Edelsteinen und andern kostbaren Sachen, aus­ trage. Run hat man zwar seit mehr als 100 Jahren, ungemeine An­ stalten vorgekehret, denselben zu heben, und fast den halben Berg durch Nachgraben ausgehölet; es ist aber alle Bemühung umsonst gewesen, ob man gleich verständige und erfahrne Leute darzu gebrauchet. Absonder­ lich wurde im Jahr 1667. eine starcke Untersuchung vorgenommen, da das gantze Werck von 100. Berg-Knappen getrieben, und durch Hülfe ihrer Wünschel-Ruthen, die eigentliche Stelle des Schatzes falte aus­ fündig gemachst werden. Es waren auch bereits grosse Öffnungen ge­ machst, und 6. Capuciner aus dem Städtgen Clausen führten die Auf-

Schatzbeschwörung auf dem Geben sicht über bas Merck, welche Kraft ihres Exorcismi, die feindseligen Gei­ ster abtreiben sollen. Es wolle aber keine eintzige Ruthe das geringste Zeichen geben, welches den Berg-Leuten um so viel seltsamer schien, weil der Berg sonst viele Mineralische Theilgen von einer rothen Erde in sich hielte. Da sie nun den gantzen Tag über, in den neugesprengten Öffnun­ gen an allen Winckeln und Ecken, ihre Proben vergebens gemachet, legte sich der gantze Hausse nebst denen Capucinern in etwas zur Ruhe, weil sie die instehende Nacht glücklicher in ihrem Vorhaben zu seyn verhofften. Sie stellten einige angezündete Lichter gleichsam zur Wache auf, gegen 11. Uhr aber, welches sonst die beste Stunde zu solchen Verrichtun­ gen zu seyn pfleget, waren sie insgesamt bis auf 4. Personen in einen sehr liessen Schlaff verfallen; aus welchem sie nicht leicht konnten er­ wecket werden, weil die noch wachenden, vermöge der Berg-Reguln nicht reden, noch ihnen zuruffen durften. Indem diese also wachten, sahen sie einen Haussen Zwerge aus der Öffnung des Berges hervor kommen, welche artige Lampen mit blaulicht brennenden Licht in den Händen hatten, und sich in den neugemachten Hölen umsahen, als wenn sie sich darüber verwunderten. Sie liessen auch eine leise Stimme von sich hören, die aber von den wachenden Berg-Leuten nicht verstanden wurde. Rach einer kleinen Weile verfügten sie sich hinter eine gesprengte Klippe, da sie jenen aus dem Gesichte kamen, wiewohl sie dieselben vorher genau betrachtet hatten. Kurtz darauf wachten noch mehr von den schlaffenden auf, doch durften die ersten nicht mit ihnen reden, noch ihnen das was sie gesehen, entdecken. Hierauf kamen hinter diesem Felsen zween er­ schrecklich grosse schwartze Hunde hervor, welche gantz feurige Augen, und gleich denen Sau-Borsten in die Höhe stehende Haare hatten, über wel­ chem scheußlichen Anblick alle wachende in eine tödliche Ohnmacht ver­ fielen, und gantz ausser sich selbst gesetzet wurden. Da sie nun halb todt nieder suncken, geschahe ein so heftiger Knall, als wenn eine Cartaune lotz geschossen würde, worüber die andern schlaffenden erwachten. Sie erblickten insgesamt nebst den 2. Hunden, eine noch grössere Menge sol­ cher Zwergen, welche alle lange Bärte und knotichte Stäbe in den Hän­ den hatten, womit sie ihnen droheten, auch liessen sie ein Eemürmel von sich hören, welches aber niemand verstehen konnte. Nachdem sie sich wie­ derum hinter die Klippe begeben, wurden die Berg-Leute von einem neuen Knall dergestalt gerühret, daß sie gleich den ersten halb todt hin fielen, und eine gantze Weile liegen bleiben. Wie nun der Tag ange­ brochen war, und diese Leute sich aus der Verg-Klufft wieder unter freyen Himmel begeben hatten, erzehlten sie einander ihre Gesichte; und weil sie leicht merckten, daß ihre Arbeit vergebens angewand seyn würde, verlangten sie weiter nichts, als den mit so grosser Mühe und Angst verdienten Lohn, und kehrten wiederum nach Hause. Von den Capu­ cinern sind bald darauf zween gestorben, wodurch die übrigen erinnert wurden, daß es einem Mönch anständiger sey, seinen Chor abzuwarten und das freywillige Allmosen zu sammlen, als verborgenen Schätzen nachzutrachten. Unterdessen war durch diese Arbeit fast der halbe Berg

Schatzbeschwörung auf dem Seben untergraben, und so wohl das Kloster, als die darauf stehenden Kirchen stunden in grosser Gefahr; daher man mit noch grössern Unkosten an einigen Orten, wo es am nöthigsten zu seyn schien, starcke Unterstützungen machen muste. Dieses ist auch noch zu meiden, daß die Arbeiter in der letzten Nacht mit sehr empfindlichen Schlägen auf den Beinen und Wa­ den sind beleget worden, ob sie gleich niemand gesehen, der ihnen die­ selben zugefüget hätte. Wiewohl nun aus diesem schlechten Fortgang fast abzunehmen war, daß die Nonnen nebst der übrigen Geistlichkeit, zu Besitzern dieses Schatzes nicht bestimmet wären; so gab es doch Leute, welche meynten, man müste das Eisen schmieden, weil es glüend wär«, und da sich nunmehr die Geister gezeiget hätten, mit Beschwerung der­ selben fortfahren, damit diese einmal beunruhigten Geschöpfe nicht etwa ein grösser Unheil anrichten möchten. Insonderheit steckten die guten Nonnen in grosser Angst, weil sie besorgten, in ihrem Kloster einen Zu­ spruch von solchen Gästen zu bekommen, deren Gemeinschaft und Umgang ihnen nicht gar zu anständig seyn möchte. Man sahe sich daher nach an­ dern Leuten um, die dieses Handwerck besser verstünden; es fand sich auch nicht lange darnach ein unbekannter Mensch aus dem Venetianischen Gebiete ein, welcher sich erbot, die Hebung des ungeheuren Schatzes über sich zu nehmen. Er führte die nothwendigsten Dinge, nemlich ein Beschwerungs-Buch und eine Ruthe schon bey sich; nur wurden noch zwey Stücke zu seinem Zweck erfordert, nemlich ein neues Hemde aus ungewaschener Leinwand, welches durch die Hand einer unbefleckten Jungfrau muste verfertigt seyn; und Hernachmals ein reiner unmündi­ ger Knabe von 5. bis 6. Jahren, den der Schatz-Gräber bey der ersten Verrichtung mit sich nehmen muste. Das waren nun zwey schwere Dinge: denn obgleich die Nonnen gar leicht ein Hemde verfertigen konnten, und von Kindes-Beinen an zur Nadel gewehnet waren; so machte doch der angehängte Umstand von der unversehrten Keuschheit, ihre gantze Ge­ sellschaft so zweifelhaft und furchtsam, daß sich unter 60. Nonnen keine eintzige diese Arbeit mit glücklichen Erfolg zu verrichten getrauete. Man gieng daher auf diese Art am sichersten, da man ein so schweres Merck einem sechs-jährigen Spital-Mägdgen auftrug ; wie denn aus eben dem­ selben Hause ein armer Knabe genommen wurde, nachdem der Be­ schwerer vorher sein Leben zum Pfande gesetzet, daß er ihn frisch und unbeschädiget wieder zurücke bringen wolle. Nunmehr war alles zu die­ ser Handlung benöthigte herbey geschaffet, und der Schatz-Gräber fastete einen gantzen Tag zuvor, ehe er seinen Exorcismum vornahm; Darauf gieng er nach Mitternacht mit dem Kinde in die Öffnung des Berges, machte einen Kreyß, und fieng seine Beschwerung an. Da er nun den Knaben gantz nackend in denselben gesetzet, und ihm eine Haut von einem ungebornen Kinde um die Augen gebunden, fragte er ihn: Was er ietzo sehe? Dieser gab ihm zur Antwort: Ich sehe 8. eiserne Kasten mit grossen Hänge-Schlössern, auf zween aber von denselben liegen zween grosse schwartze Hunde, welche schlafen. Hierauf wartete er, bis es Tag wurde, da gieng er mit dem Knaben wieder heraus, welcher aussagen

Schatzbeschwörung auf dem Seben — Der Berggeist

muste, was er gesehen hatte; Er aber nahm des folgenden Tages gegen Mitternacht seine Arbeit allein vor, und verfügte sich in den vorhin gezeichneten Kreyß. Kaum war er mit seiner Beschwerung auf die Mitte gekommen, als er eine grosse Reyhe Zwergen mit dunckel-brennenden Lichtern aus dem Felsen hervor kommen sahe, deren sechs eine Leiche trugen und mit derselben durch die Öffnung heraus giengen; er aber hielte es nicht für rathsam, ihnen nachzufolgen, und muste, nachdem er bis zum Anbruch des Tages im Kreyse geblieben, unverrichteter Sachen wieder abziehen. Er erwartete nunmehr des dritten Tages, da er gewiß glaubte, Meister von dem Schatze zu werden; er verfügte sich demnach zum dritten mal in die Höle des Berges und war bemühet, feine Sachen gut auszuführen. Des folgenden Morgens hofften die Nonnen mit Schmerzen auf eine neue Zeitung, und weil dieselbe nicht erfolgte, wur­ den sie so wohl wegen des Beschwerers, als wegen des verhofften Schatzes in solche Bekümmerniß gesetzet, daß sie die gantze Nacht schlafloß zu­ bringen musten. Da aber des folgenden Tages eben so wenig Nachricht einlieft, funden sie sich genöthiget, dem Rath in Clausen die Sache an­ zuzeigen, damit selbiger eine Untersuchung möchte anstellen lassen. Die­ ses geschahe und man brauchte nicht viel Mühe, den Beschwerer anzu­ treffen; allein dieser war nicht im Stande, dasjenige, was er gesehen, und was ihm begegnet war, zu entdecken. Denn er lag halb aus dem Kreyse ausgestreckt auf der Erde, das Gesichte war ihm auf den Rücken gediehet und der Farbe nach kohlschwartz, sein Beschwerungs-Buch und seine Ruthe aber lagen auf der Seite, daß ihn also das von Jungfräu­ licher Hand verfertigte Hemde, nicht vor dem Tode versichern können: Es wurde hierauf verordnet, daß der Cörper unter das Hoch-Gerichte geschleppet, und das Buch nebst der Ruthe und Hemde auf öffentlichen Marckte, durch den Scharfrichter solte verbrannt werden; Die Nonnen aber bekamen von dem Bischofs das sogenannte Jnterdictum auf den Hals, vermöge dessen sie ein gantzes Viertel-Jahr keine Messe in ihrer Kirche durften lesen lassen, dagegen aber zur Reinigung des Orts grosse Unkosten zu machen hatten. 31. Der Berggeist

Es schrieb ein frommer und gelehrter Mann aus den Schweitzer-Eebürgen an mich, daß alldort eine Silber-Grube gefunden werde, welche der Bürgermeister des Orts Peter Buol, mit grossen Kosten bearbeiten lassen, und nicht geringen Nutzen daraus gezogen. In dieser Grube zeigte sich auch ein Berg-Geist, und da die Berg-Leute die abgesonderten Ertze einfüllten, erwiese sich derselbe gantz emsig, absonderlich schien es des Freytags, als wenn er die Ertze von einem Kübel in den andern schüttete; welches der Bürgemeister mit Vergnügen ansähe, so oft er in den Schacht hinunter fuhr, indem er nicht den geringsten Anstoß litte, wenn er sich mit dem Creutz bezeichnet hatte. Da aber eines Tages die­ ser Berg-Eeist sehr unruhig und den Arbeitern Lberlästig war, stetig

Der Berggeist — Der brennende Mönch einer von den Berg-Knappen an ihn zu schimpfen, und hieß ihn mit grossem Schelten und Fluchen von der Stelle weichen; Jener aber er­ wischte den Knappen beym Schopf, und drehete ihm das Gesicht auf den Rücken; doch ist er davon nicht gestorben, sondern er hat nach der Zeit noch lange gelebet und ist von vielen Leuten gesehen worden. 32. Nix-Annchen

Ich gieng ohnlängst mit einem vertrauten Freunde vor dem Ranstädter-Thor der Stadt Leipzig fpatzieren, daselbst sahen wir ohngefehr einige Leute und Kinder beysammen stehen, welche eine Weibes-Person umringet hatten, und aus derselben Thun und Lassen genaue Achtung gaben. Da ich mich nun bey meinem Gefährten erkundigte, was es mit dieser Person für eine Beschaffenheit habe, indem ich an ihrer LeibesStellung etwas ausserordentliches gewahr wurde; so fragte mich derselbe: Ob ich denn nichts von dem bekannten Nix-Anngen aus Leipzig gehöret hätte, deren Vater ein Wasser-Nix gewesen? Ich erstaunte nicht wenig über diese Antwort, weil ich von dergleichen Dingen niemals etwas glauben wollen. 33. Der Nix und fein Weib

Mein Freund machte sich anheischig, mir zwischen Leipzig und Lindenau bey einer Mühle den Ort zu zeigen, wo vor kurtzer Zeit ein solcher Nix-Mann einen Müller ins Wasser gezogen, und denselben nicht wieder zum Vorschein kommen lassen. Er fügte hinzu, daß mehr solche traurige Geschichte sich zugetragen, und daß noch sehr viele Leute am Leben wären, welche ihn um die Mittags-Stunde mit zerlumpten Kleidern neben dem Wasser sitzen und sich lausen gesehen. Ja er versicherte, es wären noch die Enckel von einer Kinder-Mutter vorhanden, die einsmals nächtlicher Weile zu einer solchen Nixen-Frau wäre geholet worden, und hätte sie derselben zu einer glücklichen Geburt verholffen, auch vor ihre Mühe einen guten recompens bekommen. Sie hätte unter dem Wasser eine gantze eingerichtete Haußhaltung angetroffen, wäre auch, ohne naß zu werden, durch das Wasser wieder zurücke gebracht worden. 34. Der brennende Mönch

Ich ritte einsmals nach einer gethanen Reise wieder nach Rochsburg zu Hause, da ich Bettelsdorf einen Flecken, der an einer Höhe lieget, auf der lincken Seite lassen muste. Oben auf der Spitze besagten Berges er­ blickte ich ein grosses Feuer und mich dünckte, als wenn es ein gantz brennender Mensch wäre, weil ich eine ordentliche Leibes-Stellung an dieser hellen Gestalt wahrnehmen konnte. Mir fieng zwar bey einem so ungewöhnlichen Gesichte die Haut an zu schauren, doch reisete ich mit ziemlich getrosten Muthe meine Strasse fort. Wie ich aber meine Woh­ nung erreichet hatte, war dieses meine erste Frage: Was doch wohl auf

Der brennende Mönch — Das Licht auf dem Galgenberge

jenem Berge für ein Feuer seyn müjte, welches ich heute im Vorbeyreifen mit Verwunderung und Schrecken gesehen? Ein alter glaubwürdiger Mann ertheilte mir hierauf die Antwort: Dieses Feuer dürfte mich nicht befremden, indem allen Nachbaren und Einwohnern derselbigen Gegend bekannt wäre, daß es der brennende Mönch sey. Ich erstaunte um so vielmehr über diesen Bericht, weil man weit und breit von keinem Kloster etwas wüste, und bat daher den gedachten Alten, er möchte mir von dieser Sache eine nähere Erklärung geben, welcher sich alsobald bereit finden Netz und folgender Gestalt fortfuhr: Zu den Zeiten des Pabstthums hat in derselben Gegend ein Barfüsser Kloster gestanden, aus welchem die Mönche oftmals ins Feld spatzieren gegangen. Es mochte sich aber einstens ein Mit-Elied aus dieser heiligen Gesellschaft in eine muntere Bauer-Magd, die er öfters in der Kirche gesehen, auf eine mehr als geistliche Art verliebet haben. Da nun dieselbe eines Ta­ ges ohngefehr an diesem Orte mit Ausstreuung des Mistes auf dem Acker beschäftiget war, vermeynte der gute Barfüsser, eine schöne Gelegen­ heit zu Abkühlung seiner Flammen erlanget zu haben und wandte alle seine Beredtsamkeit und Leibes-Kräfte an, damit er eines so guten Bis­ sens nach Hertzens Lust geniesten möchte. Allein diese Bauer-Nymphe wüste sich bey einem Liebes-Antrag so übel zu schicken, datz sie jenem geistlichen Ritter mit ihrer Mist-Hacke nicht nur männlichen Widerstand leistete, sondern ihn auch ohne Barmherzigkeit zu Boden legte, da er an statt der verliebten Seufzer Blut, Galle und Leben ausschütten muste. Sie gieng hierauf selbst zum Vorsteher des Klosters und entdeckte freymüthig, wie es ihr mit dem Mönche ergangen; Die geistliche Gesellschaft aber war froh, datz sie nur in der Stille ihren Mit-Bruder vom Felde wegbringen konnten, damit ihr Kloster wegen dieses Verbrechens nicht in eine andere Wohnung verwandelt würde. Der Bauer-Magd gab man ein Stück Geld, um ihr durch dieses Siegel ein ewiges Stilleschweigen aufzulegen, und der gute Bettel-Mönch oder Liebes-Märtyrer wurde insgeheim zur Erden bestattet. Von der Zeit an soll sich derselbe bis auf diese Stunde in besagter feurigen Gestalt sehen lassen, und müssen ihm weder die Seel-Messen, noch andere gute Wercke seiner Ordens-Brüder zu statten gekommen seyn, da er so viele Jahre im Fege-Feuer büssen, und auf dem eitzkalten Felsen eine so heftige Hitze ausstehen mutz, datz seine Mönchs-Kappe in vollen Flammen stehet. 35. Das Licht auf dem Galgenberge

Ich war einsmals in Österreich zu einer lustigen Gesellschaft gebeten, allwo der Musen-Eott Apollo, nebst einigen seiner Raths-Verwandten zugegen war. Man bediente sich des Ungarischen Nectars in ziemlichen Überfluß, damit die Lebens-Geister zum philosophiren möchten er­ muntert werden, man konnte auch die Wirckung davon nach Wunsch ver­ spüren. Ich sahe mich endlich grnöthiget, diese vergnügte Gesellschaft zu verlassen und einen traurigen Abschied zu nehmen, weil ich des folgenden

Das Licht auf dem Ealgenberge

Tages eine weite Reife vorhatte, und annoch zwey starcke Meilen in meine Wohnung reiten muste. Bey meiner Abreife war bereits die Abend-Dämmerung angebrochen, und mir wäre die Ruhe weit lieber, als das Reiten gewesen, wenn nicht mein munterer Gaul mir dieselbe aus den Augen vertrieben hätte. Denn dieser war auf derselben Strasse nicht gar zu gut bewandert, datz ich also nicht hoffen konnte, er würde meinem verdunckelten Augen und Gemüthe durch richtige Beobachtung des Weges zu statten kommen. Ich ritte dem ohngeachtet immer fort, wohin mich mein vom Reben-Saft verrückter Geist trieb, und muste mich darüber verwundern, datz sich mein Pferd so leicht regieren Netz, datz es fast ohne Zügel seinen ordentlichen Patz fortgieng, da es doch sonst wegen seiner Munterkeit aus dem Geschlecht des Bucephali herzustam­ men schiene. Vielleicht hatte es auch nur denselben Abend diese Sanft« muth und Niederträchtigkeit an sich genommen, um zu zeigen, datz es vor dieses mal seinen Reuter an Verstände übertröffe. Wir reiseten der­ gestalt in der grösten Einigkeit mit einander fort, bis mir endlich die Zeit zu lange und der Kopf zu schwer zu werden begonnte; Uberdem brach die Nacht mit gröster Dunckelheit herein, datz ich nicht mehr wüste, wohin die Strasse gieng, auch aus allen Umständen abnahm, datz ich in die Irre gerathen wäre. Ich hielte daher für das rathsamste, dem Schein eines Lichts, welches sich auf einer Höhe vor mir zeigte, nachzureiten, um entweder in einer daselbst befindlichen Behausung mein Nacht-Lager zu nehmen, oder mich wenigstens nach der rechten Strasse zu erkundigen. Wie ich nun ziemlich nahe hinan gelanget war, schien es, als wenn mein Gaul Bileams Eselin nachahmen walte, indem er nicht von der Stelle zu gehen verlangte; Endlich aber that derselbe einen solchen Sprung, datz ich meiner Ritterschaft entsetzet und in einen Futzgänger verwandelt wurde. Ich hatte indessen das Licht, dem ich gefolget war, aus dem Ge­ sichte verloren, und sahe nunmehr weiter nichts, als eine hohe weisse Mauer nebst einer Pforte, zu welcher ich mich näherte, ohne in die Höhe zu schauen, damit ich einen Freund antreffen möchte, von welchem ich wieder beritten gemachet würde und den rechten Weg erführe. Nachdem ich eine Weile an die Thüre gepochet hatte, um iemand zu erwecken, sahe ich endlich, datz meine Mühe vergebens angewendet sey, und da ich wegen der Höhe der Mauer das andere Stockwerck dieses vermeynten Ge­ bäudes in der Nähe nicht hatte entdecken können, wurde ich im zurück treten gewahr, datz ich unter dem grossen dreyeckichten Galgen auf dem Wiener-Berge eine Nacht-Lager gesuchet hätte. Hier zeigten sich nun zwar eils aufgehangene Diebe, von welchen ich aber keine Hülfe begehren noch erlangen konnte; Ich nahm daher mein Pferd beym Zügel, und hatte grosse Mühe, dasselbe zwischen den Rädern, welche alle wohl be­ leget waren, heraus zu bringen. Als dieses geschehen, eilete ich, so viel möglich, von dem Berge; Denn weil ich zu derselben Zeit noch glaubte, datz die armen Seelen der Verstorbenen im Fege-Feuer schwitzen müsten: so stund ich in grossen Sorgen, es möchte mir der Hautz-Verwalter dieses unglückseligen Gebäudes einen von seinen dienstbaren Geistern nach-

Das Licht auf dem Ealgenberge — Das unheimliche Feuer schicken, und mich wegen der Bezahlung für die gesuchte Herberge er­ innern lassen. Ich schätzte mich also glücklich, daß ich um 12 Uhr meine Wohnung erreichen, und daselbst der Nacht-Ruhe gemessen konnte, ohne mich von einer Seele aus dem Fege-Feuer, oder von einem schwärmenden Astral-Eeist begleitet zu sehen. 36. Das unheimliche Feuer

Es scheinet zwar, lieber Andrenio, als wenn du in derselben Nacht einen Ungarischen Geist, welcher deinen Kopf eingenommen, zum Weg­ weiser gehabt; jedoch finde ich einige mit der Natur übereinstimmende Umstände, welche mich bewegen, diese Wirckung vielmehr meinem AstralEeist zuzuschreiben. Man hat oft gehöret, datz die erscheinenden Geister von Pferden, Hunden oder andern zahmen Thieren eher, als von Menschen gesehen werden? Daher kömmts, datz die Pferde öfters bey NachtZeit gantz unruhig sich im Stalle bezeigen, ingleichen datz sie bisweilen einen unvermutheten Seiten-Sprung aus dem Wege thun, wie ich selbst erfahren habe. Es befindet sich in der Croatischen Meer-Eräntze ein ge­ wisser Ort auf freyem Felde; wenn man ohngefehr 20 Schritte von dem­ selben noch entfernet war, so konnte man durch alle mögliche Bemühung kein Pferd von der Stelle bringen, und wo es ja von einigen ins Merck gesetzet worden, so hat das Pferd nicht anders ausgesehen, als wenn es aus der Schwemme käme. Man ist zwar bemühet gewesen, von dieser Sache einen natürlichen Grund einzuziehen; allein man hat weiter nichts erfahren können, als was die so genannten Haram Bassen oder Land-Boden, welche in der Nacht diese Gegend öfters passiren müssen, davon erzehlet haben. Diese versichern, datz, wenn sie an besagtes Feld gekommen, sie niemals auf das vor ihnen stehende Feuer zugiengen, son­ dern lieber den ordentlichen Weg verliessen, sintemal es sich öfters zu­ getragen, datz diejenigen Leute, welche auf solchen Schein zugegangen, keine Antwort zurück gebracht, und man keine Spur finden können, wo dieselben hingekommen. Weil nun dieselben zwar alle Nacht solches Feuer ansichtig werden, sich aber aus Vorsicht nicht gar nahe hinan wa­ gen; so haben sie von der eigentlichen Beschaffenheit dieses Feuers keine Nachricht geben können, und nur dieses eydlich bestärcket, datz die Sache sich in der That also verhalte. Wenn demnach ein unvernünftiges Pferd auch bey Hellem Tage an gewitzen Orten heftig gerühret wird, datz es vom Wege ausweichet, so mutz es nothwendig einen äutzerlichen Gegen­ stand finden, zumalen wenn es vorhin noch niemals da gewesen. Meine Eedancken von dieser Sache gehen dahin, datz an solchen Orten eine ge­ waltsame Mordthat verübet worden, oder eine Feld-Schlacht zwischen den Türcken und Christen vorgegangen sey. Insonderheit ist dieses von besagten Ländern um so viel eher zu glauben, weil daselbst die streiten­ den Partheyen einander von langen Zeiten her in den Haaren gelegen; und da sind vermuthlich die erschlagenen Eörper in derselben Gegend eingescharret worden, bey welchen diese rachgierigen Astral-Eeister sich aufhalten und vornemlich des Nachts in einer feurigen Gestalt erscheinen.

Der Galgen — Das rufende Licht 37. Der Galgen

Das Ealgenfeld mutz ein geheimnitz-voller Ort seyn, weil so viele Menschen ihre Nothwendigkeiten von demselben herholen. Suche nur Ge­ legenheit, mit geheimen Künstlern in vertraute Unterredung zu ge­ rathen, so wirst du allezeit hören, datz ihre besten Hülfs-Mittel von dem Galgen herstammen. Ein Spieler spricht: Ich kan nicht glücklich seyn, wenn ich nicht von Eisen einen Ring am Finger trage, der aus einem Nagel, woran einer gehenckt worden, in einem gewissen Zeichen und mit besondern Eeremonien verfertiget ist. Andere, welche nach Reichthum streben, suchen die Allraun-Wurtzel unter einen Galgen, an welchem ein armer Sünder hanget, indem durch dessen abtrieffendes Fett und noch eine andere Sache dieses Gewächse seinen Wachsthum erlanget. Wenn ein Pferde-Knecht mit wenig Futter und ohne Mühe seine Pferde hübsch fett und gläntzend machen will so trachtet er dahin, wie er ein Stück von dem Hemde eines gehenckten Diebes bekommen möge. Hundert andere Dinge kommen vor, welche nicht glücklich ins Werck können gerichtet wer­ den, man habe denn zuvor von den Delphischen Dreyfutz, ich meyne von dem Hoch-Gerichte, das auf drey Stützen stehet, ein Oraculum eingeholet. 38. Das rufende Licht

Ein vertrauter Freund, auf dessen Aussage ich mich verlassen kan, hat mir mit vielen Betheurungen versichert, datz er einsmals um Mitter­ nacht zwischen 11 und 12 Uhr in seiner Wohnung, wovon ein Fenster in einen Lust-Garten heraus gienge, bey seinem ordentlichen Namen drey­ mal sey geruffen worden. Er habe sich alsobald vom Bette aufgemachet und an besagtes Fenster verfüget, um zu sehen, von wem er geruffen würde; es sey aber nicht die geringste Anzeige von einem Menschen an­ zutreffen gewesen. Doch habe er gerade gegen der Allee an einer Ecke ein blaulichtes Feuer wahrgenommen, welches zwar in voller Flamme gestanden, doch aber nur einen bündeln Schein von sich gegeben. Hierauf habe er dieses Licht eine Weile betrachtet, bis er sich wieder bey seinem Namen nennen gehöret; Weil ihm aber die Stimme gantz unbekannt gewesen, sey er mit einigem Schauer in sein Bette zurücke gekehret. Des folgenden Tages habe er sein nächtliches Gesicht einem gewissen Mann von derjenigen Zunft entdecket, welche die wahre Tinctur des Lichts zu besitzen vermeynen, Kraft welcher sie alles sehen können, was andern Menschen, die ihren Eedancken nach annoch in der Finsternitz wandeln, verborgen bleibet. Derselbe habe ihm gerathen, er solle die folgende Nacht genauer Achtung geben und seine Flinte mit einer Kugel geladen, in Bereitschaft halten; so bald er nun geruffen würde und das Feuer sähe, solle er auf dasselbe lotz schiessen und des andern Tages an dem Orte, wo er ein Zeichen von der Kugel fünde, nachgraben. Der gute Freund folgte diesem Rath und blieb eine halbe Nacht schlafflotz, damit er seinen Zweck erreichen möchte; allein er hörete vor dasmal keine

Das rufende Licht — Die gestörte Ruhestätte der Toten Stimme und sahe auch kein Feuer. Ohngefehr nach einem halben Jahre hörte er an einem Sonnabend die Stimme wieder ruffen, da er denn gleich von dem Bette aufsprung und ans Fenster eilte; Nun sahe er zwar eben dasselbe Feuer brennen, es war aber so weit von ihm ent­ fernet, daß er es weder mit seinem Gewehr erreichen, noch glauben konnte, daß es annoch in dem Besitz des vorigen Herrn wäre, daher er sein Pulver und Bley zu eines andern Nutzen nicht verschiessen wolle, sondern lieber unverrichteter Sache sich wieder in sein Bette verfügte. 39. Die gestörte Ruhestätte der Toten

In der Grafschaft Tyrol findet man nicht weit von Schwatz ein altes Schloß Tratzberg genannt, allwo sich folgende merckwürdige Geschichte zugetragen: Es hielte sich bey der Freyherrlichen Haldischen Familie eine Hauß-Jungfer auf, welche wegen ihrer Hauß-Eeschäfte täglich in den Keller gehen muste, da sie denn einsmals durch die Öffnung der Mauer ein sehr helles Licht gewahr wurde. Sie bekümmerte sich anfänglich nicht sehr darum, da es aber beständig fort daurte, erzehlte sie es der Herr­ schaft und dem übrigen Gesinde, welche alle begierig waren, dieses Licht zu sehen, auch mit einander hinunter giengen, und so weit sie konnten, durch das Loch hinein schauten. Sie sahen darauf alle ohne Ausnahme den Schein von einem Lichte, ob sie wohl wegen der Mauer den Ur­ sprung desselben nicht entdecken konnten. Dem Herrn des Hauses kam die Sache um so viel wunderlicher vor, weil ihm derselbe verborgene Ort seines Schlosses nicht bekannt gewesen und weil er nicht begreiffen konnte, woher solches verborgene Feuer bisher seine Nahrung bekommen. Man sänne darauf hin und her, wie man sich bey einem so ausserordentlichen Zufall zu verhalten habe, bis endlich der einmüthige Ausspruch der hoch­ erleuchteten Geistlichkeit versicherte, daß an demselben Orte ein grosser Schatz müsse vergraben liegen, wovon das Licht ein gewisses Zeichen ge­ geben, es sey aber die Erfindung desselben der Hauß-Jungfer bestimmet, weil sie das Licht zum ersten mal gesehen habe. Vielleicht haben die Herren Geistlichen das letztere wegen der theuren Jungfrauschaft ver­ muthet, weil ein reines Feuer, welches keine Nahrung hat, mit einer keuschen Vestalischen Jungfrau in genauer Übereinstimmung zu stehen scheinet. Diese Nymphe wurde also allein für die glückselige gehalten, welche den Schatz heben solle, ob gleich noch mehr Weibes-Bilder im Schlosse vorhanden waren, die auch das Licht mit angesehen hatten, von welchen vielleicht die Geistlichkeit gemuthmasset, daß sie die Schrancken der Keuschheit nicht so genau möchten beobachtet haben. Es wurde nun­ mehr Anstalt gemachet, eine Öffnung zu machen, damit man näher zum Licht käme; da aber die Arbeits-Leute ein grosses Stück von der Mauer eingerissen hatten, verschwand das Licht vor ihren Augen und sie be­ hielten nur dasjenige, welches ihnen zu ihrer Arbeit geleuchtet hatte. Sie muften demnach unverrichteter Sachen wieder abziehen, da aber die Hauß-Jungfer gleich darnach in den Keller kam, sahe sie das Licht von

Die gestörte Ruhestätte der Toten weitem noch grösser, als es ihr vorhin geschienen, wiewohl ihr ein klei­ ner Schauer zustieß, und sie lieber mit ihrem ordentlichen Lichte sich beholffen hätte, wenn sie nicht von der Geistlichkeit zu dieser Verrichtung wäre erwählet worden, gegen welche sie den Kirchen-Eehorsam beobach­ ten muste. Da sie aber mit ihrem Lrchte sich näher hinzu verfüget, sahe sie nicht ohne Verwunderung ein geöffnetes kleines Gewölbe vor ihr stehen. In demselben befunden sich 4 Lichter eines halben Manns hoch von der Erde, zwey und zwey gegen einander über gefetzet, wie man es bey prächtigen Eastereyen zu halten pfleget, und zwey andere gleich als auf einem Neben-Tische, da sie doch weder Leuchter noch Tische, noch sonst etwas erblicken konnte, und nur bey den Lichtern so viel bemercket hatte, daß sie schwefelfarbigte Flammen von sich geworffen. Nachdem sie ihr Ge­ schäfte verrichtet, gieng sie wieder heraus und erzehlte ihrer Herrschaft, was sie gesehen, welche nicht lange säumten, denen Geistlichen darvon Nachricht zu ertheilen. Allein es war ein grosses Unglück, daß keiner von den Geistlichen Herren sich auf die Cabbala verstund, noch anzeigen konnte, was für Geheimnisse in der sechsten Zahl verstecket lägen und was bey diesen Umständen weiter vorzunehmen wäre. Sie wüsten keinen andern Rath, als daß die unschuldige Abgesandtin ihr unterirrdisches Amt ferner fortsetzen müste, welche denn auch dem Verlangen ihrer Vor­ gesetzten nicht widerstreben durste. Des folgenden Tages gieng sie wieder hinunter und wurde mit Erstaunen ein noch grösseres Licht gewahr, und da sie näher hinzu trat, zeigten sich 33 Lichter in der Ordnung, wie man sie sonst um eine vornehme Leiche zu setzen pfleget, ohne daß sie sonst das Geringste wahrnehmen konnte. Bey ihrer Zurückkunft erzehlte sie ihr anderes Gesichte mit allen Umständen, welches die Geistlichen Herren nicht wenig in Verwirrung setzte, zumalen da sie vermerckten, daß die gute Hautz-Jungfer keine Lust mehr hatte, in diesem Lichter-Spiel ihre Person ferner aufzuführen. Sie brauchten viele Mühe, sie zur Fortsetzung ihrer Dienste zu bereden, und es muste endlich der Kirchen-Gehorfam ihren Bewegungs-Gründen den besten Nachdruck geben, welchem sich diese gedultige Seele, zu unterwerffen und am dritten Tage wieder hinunter zu gehen verbunden sahe. Sie hat aber den Rück-Weg vergessen und von dem, was sie aufs neue gesehen, keinen Bericht erstatten können, indem man zwar ein grausames Gepolter gehöret, kein Mensch aber sich ge­ trauet hat, in ihre Fußstapfen zu treten. Nun war derselbe Keller mit Wein und andern Lebens-Mitteln, deren man nicht wohl entbehren konnte, angefüllet, daher muste das gantze Hauß-Gesinde in Begleitung drey Geistlicher Herren zugleich in den Keller eindringen, wovon iedweder ein Licht in der Hand hielte; da sie aber noch viele Schritte bis zu der neuen Öffnung hatten, empfunden sie einen heftigen Eestanck, daß sie die Nase davor zuhalten musten; und da sie näher hinzu traten, funden sie die halbverfaulte Hauß-Jungfer auf der Erde liegen. Was sich aber mit derselben zugetragen, hat man nicht erforschen können, wie denn auch nach der Zeit von einem Licht oder Schein nicht das geringste mehr gesehen gewesen. —

Die gestörte Ruhestätte der Toten Lieber, ich habe dir nur erstlich den Anfang erzehlet, das Ende aber hält noch seltsamere Umstände in sich, wie du ietzo vernehmen wirst. Noch denselben Abend, da der Cörper heraus geschleppet und in ein ungeweyhtes Erdreich begraben worden, sahe der Wächter von dem Schlosse eine gantze Procession Lichter kommen, ohne daß er einige Menschen ge­ wahr wurde, welche selbige in den Händen trügen; Hierauf folgte ein Sarg, dessen Träger gleichfals unsichtbar waren, dennoch sahe er den­ selben von dem Orte, wo dieser Cörper eingescharret war, bis zu der unterhalb des Schlosses gelegenen Kirche fortgehen, auch dünckte ihm, als wenn dieselbe mit vielen Lichtern versehen und zugleich das Grab gantz erleuchtet wäre. Dieses Gesichte nahm mit anbrechenden Tage ein Ende, der Wächter aber erzehlte seiner Herrschaft die Sache mit allen Umständen, da denn dieselbe so wenig, als die Geistlichkeit zum Schluß kommen konnten, was hierbey weiter vorzunehmen sey. Sie merckten gar leicht, daß diese Comoedie, welche von den unterirrdischen Geistern bey Licht solle gespielet werden, nur erst ihren Anfang genommen, und daß nach Andeutung der neuen Leichen-Procession vielleicht noch mehr leben­ dige Personen zu derselben dürften gebrauchet werden. Nun wolle zwar keiner gern sich darzu anbieten, gleichwohl hatte man höchst-nothwendig in dem Keller zu thun: Weil man also glaubte, daß auf andere Art keine Ruhe erfolgen würde, so muste der Entschluß gefastet werden, dem verborgenen Schatz weiter nachzugraben. Nur kam es darauf an, wo man solche Leute antreffen sollte, die sich zu diesem Werck schickten und gebrauchen liessen. Endlich fiel man auf den Anschlag, aus den nahe ge­ legenen Silber-Vergwercken eine Parthey Berg-Knappen zu beruffen und selbige, unter Versprechung eines guten stück Geldes, zu Unter­ nehmung dieser Arbeit zu bewegen, zu welchem Ende eine Botschaft an dieselben abgefertiget wurde. Gegen Mittag aber sahe man die ver­ storbene Hauß-Jungfer in ihrer ordentlichen Kleidung gantz geschäftig, wie in ihrem Leben, durch die Küche und Speise-Kammer gegen den Keller zu eilen. Sie redete aber kein eintziges Wort und verlohr sich wiederum bey der Keller-Thüre, welches bey allen denen, welche sie ge­ sehen hatten, kein geringes Erstaunen verursachte, so gar daß auch der Herrschaft aller appetit zum Essen und Trincken oergieng. Um die lobe Stunde des Abends öffnete sich unvermuthet die groste Saal-Thüre, und die Hauß-Jungfer kam wiederum mit einer grossen Schaar-Lichter hinter sich herein, ohne daß man dieselben von jemand tragen sahe, da sie doch in einer schönen Ordnung fortgiengen; Zuletzt folgte ein ordentlicher Todten-Sarg mit einem Leichen-Tuch verhüllet, welche Procession alle Haußgenossen mit Schrecken ansahen. Da sie aber in des Hauß-Herrn Zimmer gekommen, blieb die Hauß-Jungfer stehen und ließ folgende Worte von sich hören: Gehet mir nebst den meinigen nach, wo ich hin­ gehe und suchet, was ihr aber findet, das verwahret, wo ihr diejenige Ruhe haben wollet, die ihr andern nicht gönnen wollen. Gleich darauf gieng sie mit ihrer Lichter-Gesellschaft zur Thüre hinaus, und eilete wiederum die Treppe hinab in den Keller, welches man für eine gute

Die gestörte Ruhestätte der Toten Vorbedeutung hielte, weil der Geist selbst von einer Ruhe Meldung ge­ than hatte. Nachdem es die folgende Nacht hindurch gantz stille gewesen, sahe man sie des nächsten Tages gantz frühe in ihrer gewöhnlichen Klei­ dung durch das gantze Schloß umher wandeln, als wenn sie sehr wichtige Geschäfte zu verrichten hätte, wiewohl sie mit keinem Menschen ein Wort redete, und nachdem sie sich wieder zum Keller gewendet, denen Anwesenden aus den Augen verschwand. Um dieselbe Zeit traten die Berg-Knappen gleich ins Schloß herein, welche sich nicht allein mit ihren Merckzeugen, sondern auch mit Ruthen versehen hatten, wenn etwa der­ gleichen bey dem Schatz erfordert würden. Da sie nun ihre Arbeit anfiengen und eben in die neue Öffnung sich verfügen walten, trat ihnen die Jungfrau mit einem Licht in der Hand, in Begleitung der vorigen Procession und Leiche entgegen, und es kam ihnen allen vor, als wenn sie mitten unter ihnen fort giengen, ohne daß sie iemand berühret hat­ ten. Nachdem nun der gantze Leichen-Conduct sich zur Keller-Thüre hin­ aus begeben, hielten die Arbeiter dieses für ein gutes Zeichen, inmafsen sie daraus schlossen, die Besitzer dieses Schatzes walten ihnen Platz und Raum zu ihrer Arbeit geben, daher sie denn gantz behertzt und freudig zum Werck schritten. Kaum hatten sie angefangen in die Erde einzu­ schlagen, als sie schon einige Knochen mit dem Sande heraus warffen, welches ihnen um so viel seltsamer und verdächtiger vorkam, weil man nie­ mals den Keller in einem Berg-Schloß zu einem Begräbniß zu machen pfleget. Inzwischen suchten sie die Sache durch fortgraben bestens zu be­ schleunigen; je tiefser sie aber kamen, ie mehr Knochen brachten sie aus der Erde, daß sie allgemählig begunten zu meiden, was für ein Schatz hier müsse vergraben seyn. Nach vieler angewandten Mühe, kamen sic endlich auf einen kiesichten Felsen, da sie leicht spürten, daß alle ihre fernere Arbeit vergeblich seyn würde. Sie liessen daher ihren ausge­ grabenen Knochen-Schatz liegen, und statteten der Herrschaft Bericht ab von ihren Verrichtungen, welche darüber nicht wenig bestürtzt wurde und nicht wüste, was mit diesen Knochen anzufangen wäre; Es wurde deswegen beschlossen, die Sache mit der Geistlichkeit zu überlegen, weil man ohne ihren Rath nichts wichtiges vorzunehmen pflegte. In der fol­ genden Nacht vergönnten dem Hauß-Herrn seine unruhigen Eedancken keinen Schlaff noch Ruhe, er legte sich demnach auf derjenigen Seite, welche nach der Kirche gieng, in ein Fenster, um die lange Weile desto besser zu vertreiben. Da es nun eins geschlagen hatte, wurde er gewahr, daß die Kirche gantz mit Lichtern erfüllet und aus derselben eine Menge weiß gekleideter Personen heraus gieng, welche dem Schlosse immer näher kamen. Durch dieses seltsame Gesicht wurde demselben ein solches Schrecken eingejaget, daß er sich eiligst von dem Fenster zurücke zog und in fein Bette verfügte. Da er aber ein wenig einzuschlummern begonnte, und sein Nacht-Licht noch auf dem Tische brannte, that sich auf einmal die Kammer-Thüre auf, und die Hauß-Jungfer trat in ihrer vorigen Kleidung herein, auf dieselbe folgte eine gantze Reyhe weißgekleideter Leichen, welche aber alle ohne Kopf erschienen und denselben unter dem

Die gestörte Ruhestätte der Toten — Der Teufelsbund des Dresdener Arnold Arm trugen. Dem guten Herrn mochte keine geringe Furcht ankommen, doch unterstund er sich aus einem innerlichen Triebe, seine gewesene Hautz-Jungfer anzureden und zu fragen, was ihr Begehren sey? An statt daß sie ihm hätte antworten sollen, Netz einer von denen Köpfen der anwesenden Leichen mit sehr schwacher Stimme folgende Worte von sich hören: Wir sind insgesamt unschuldig hingerichtete Unterthanen von deinen Vorfahren, und wenn du die Ursache unsers Todes zu wissen ver­ langest, so untersuche nur ihre Jahr-Bücher. Wir haben seit vielen Jahren in Friede geruhet, und sind von niemand beunruhiget worden, wiewohl wir Geister bey unserm Richter noch die Rache suchen, auch sel­ bige zu seiner Zeit schon erlangen werden: Du aber hast unsere Woh­ nung zerstöret und uns der Ruhe beraubet, da du gleichwol aus allen beyden Gesichtern hättest abnehmen können, datz derselbe Platz eine Ver­ sammlung der Todten, und nicht ein Behältniß vergrabener Schätze seyn müsse; Weil du aber dem ohngeachtet nicht hast nachlassen wollen, so haben wir in dieser Gestalt erscheinen und von dir, an lstatt der zerstöreten, eine andere Ruhe-Stelle begehren müssen. Rach diesen Worten ver­ schwand die gantze Procession wie ein Rauch, der von der Luft zer­ streuet wird; Des andern Tages aber ließ die Herrschaft, mit Eenehmhaltung der Geistlichen die ausgeworffenen Todten-Knochen in der Kirche beysetzen, auch zugleich den Cörper der Hautz-Jungfer an denselben Ort bringen. Und von dieser Zeit an ist das besagte Schloß wieder in den vorigen Ruhe-Stand versetzet worden. 40. Der Teufelsbund des Dresdener Arnold

In einem gewissen Kloster, welches in Sachsen gelegen, und worinn sich Adeliche Fräuleins aufhalten, wurde A. 1695. ein junger Mensch Namens Martin Heinrich Arnold, aus Dretzden gebürtig, vors Gerichte gezogen, weil er sich eine Zeit her, da er in diesem Kloster gedienet, öfters verlauten lassen, daß er mit dem Satan in einem Bunde stünde. Da er nun hierüber im Gerichte eydlich befraget wurde, gab er ohne Bedencken zur Antwort: Es wäre wahr, daß er mit dem Teufel in ein ge­ naues Bündnitz sich eingelassen habe, und solches wäre vor fünf viertel Jahren zu Franckfurt an der Oder geschehen, da er gleich bey Andreas Eutschmann, einem herum reisenden Artzt in Diensten gestanden. Er wäre einsmals am Abend vom Theatro ins Wirths-Hautz gekommen, da ihm die Eedancke eingefallen, datz er in den Stall gehen solle; Nach­ dem er diesem innerlichen Triebe gefolget, hätte er daselbst den Satan in Gestalt eines Menschen im schwartzen Kleide angetroffen, welcher zu ihm gesaget: Wenn er sich mit ihm verbinden und gutes von ihm ge­ nießen wolle, so (ölte er ihm eine Handschrift mit seinem eigenen Blute geschrieben geben, mit beygefügtem Anhang, er könnte mehr als EOtt und wäre auch mehr, als derselbe. Den Satan hätte er zwar zuvor schon oftmals in der Gestalt eines schwartzen Bocks mit einem feurigen Kopfe gesehen, indem sein gewesener Herr denselben stets bey sich gehabt, wie

Der Teufelsbund des Dresdener Arnold ihm denn auch dieser immerfort in den Ohren gelegen, daß er sich dem Satan verschreiben möchte. Nun hätte er zwar die begehrte Handschrift damals nicht von sich gestellet, doch hatte der Geist drey Haare von sei­ nem Haupte verlanget, so er ihm auch gegeben, und dagegen von dem­ selben einen rothen seidenen Faden empfangen, welcher dreymal um den Leib gereichet, und von ihm auf des Geistes Geheiß zum Zeichen des getroffenen Bundes, um den blossen Leib gebunden worden. Llberdem hätte selbiger ihm einen Brief überreichet, welcher nicht versiegelt, doch aber dermassen fest zusammen geleget gewesen, daß man denselben nicht mit Händen aufmachen können. Wenn er hiernächst eine Begierde nach Geld empfunden und dessen vonnöthen gehabt, so hätte er bemeldten Brief in die linde Hand nehmen, den Satan anbeten und in dessen Na­ men die rechte Hand schütteln müssen; worauf er so viel Geldes, als er begehret, erlanget, auch so oft er diese Probe versuchet, solche richtig be­ funden hätte. Endlich wäre er durch Neu-Begierde angetrieben worden, zu wissen, was in demselben Briese geschrieben stünde, damit er der­ gleichen nachmachen könnte. Er hätte ihn deswegen in des TeufelsNamen mit einem höltzernen Messer, das er selbst dazu verfertiget, weil es mit einem andern nicht angehen wollen, von einander geschnitten, da er den Teufel in eines Bocks Gestalt mit zwo Bären-Klauen, einem Pferd- und Menschen-Fuß angetroffen, llberdem wäre darinn die Hölle abgebildet gewesen, welche viele Menschen in und um sich gehabt, wobey es geschienen, als wenn es von oben herein geregnet hätte; Auch hätten sich einige Feuer-Hacken und ein todter Menschen-Kopf darinn gezeiget. Daß er aber dieses unternommen, solches hätte sein gewesener Herr Eutschmann verursachet, der ihm immer von dem Teufel vorgeschwatzet und demselben sich zu verschreiben angetrieben, auch ihn allezeit ver­ sichert hätte, daß der Teufel mehr als EOtt auszurichten vermöchte, daß er ihn aus aller Gefahr erretten und ihm alles, was er nur verlangte, geben könnte. Dieses wahr zu machen hätte ihn sein Herr gefraget, was er zu essen begehrte? da er nun Wein-Trauben und ander Obst, so zu der Zeit noch nicht zu bekommen gewesen, verlanget, wäre solches alles angeschaffet worden und hätte er würcklich geglaubet, den natürlichen Geschmack davon zu empfinden. Nachdem er solches Bündniß besagter Massen eingegangen, wäre er sowohl von dem Satan, der ihm allezeit in dieser Gestalt erschienen, als auch von seinem Herrn angetrieben wor­ den, andern Menschen auf alle Art und Weise Schaden zuzufügen. Zu diesem Ende hätte er die Gestalt einer Katze angenommen und alsdenn nebst seinem Herrn, welcher ein anderes Thier vorgestellet, denen Leuten mancherley Übels und Unrecht angethan. Insonderheit erzehlte er, daß sie auf einem Dorffe, dessen Namen er nicht zu nennen wüste, in ange­ nommener Katzen-Eestalt die frischen Würste im Wirths-Hause aufge­ fressen; Zu einer andern Zeit hätten sie alle beyde sich in Apfel ver­ wandelt und durch ein offenes Fenster oder zerbrochene Scheibe in ein Hauß, Stube oder Kammer, wo die Leute geschlaffen, bis ins Bette gerollet. Wenn denn dieselben aufgewachet und den im Bette gefunde-

Der Teufelsbund des Dresdener Arnold

nett Apfel bis auf den Kern verzehret, das Kern-Hauh aber vors Bette auf die Erde geworffen, so hätte sich dasselbe in einen todten MenschenCörper verwandelt und einen greulichen Eestanck von sich gegeben, wor­ über sich die Menschen entsetzet, kranck worden, auch wohl gar gestorben. Mit der Verwandelung aber in eine Katze, Apfel oder Vogel, wäre es also zugegangen: Sein gewesener Herr Eutschmann hätte drey Hände voll Mist genommen und selbige auf einander an einen Ort geleget; er aber hätte dreymal darüber springen, um ein altes Spinn-Rad herum lauffen, und die heilige Dreyfaltigkeit verläugnen müssen. Wenn solches geschehen, wäre er dasjenige geworden, wozu ihn sein Herr hätte haben wollen: Wenn sie sich in einen Apfel verwandelt, so wäre er eigentlich nur der Kern gewesen und sein Herr hätte ihn mit Apfel-Schaale über­ zogen. Er bekannte noch mehr von solchen Veränderungen, unter andern hätte sein Herr unweit Frauenstein in einem Dorfe, dessen Namen er nicht wüste, die Gestalt eines Esels angenommen, er hingegen hätte einen Vogel vorgestellet, der in des Esels Ohre gesessen: Da sie nun an demselben Orte des Nachts vor des Verwalters Haust gegangen, hätte er sich aus dem Esels-Ohre in desselben Mannes Stube verfüget, und unter­ schiedene Sachen nebst einer Summe Geldes entwendet, welches er alles zu dem Esel gebracht, der nur auf drey Beinen gegangen und das vierte nach sich geschleppet hätte. Ausser dem hätte er gar oft in Gestalt eines Apfels ungetanste Kinder seinem Herrn zugeführet, die er an gewissen Orten weggenommen, dagegen er andere Kinder von demselben empfan­ gen, die er an jener Stelle wieder an den vorigen Ort tragen müssen. Er hat noch viele andere seltsame Wirckungen entdecket, welche ich aber aus gewissen Ursachen anzuführen Bedencken trage. Da er nun nach solcher Aussage ernstlich befraget wurde, ob er sonst noch ein Zeichen vom Satan empfangen, da er sich mit ihm verbunden, und woher er die Wunde über den Arm bekommen? so gab er darauf zur Antwort: Er wäre gleich nach geschlossenem Bündnih aus betn Wolpers-Berge unweit Dreschen gewesen, allwo die Hexen und Angehörigen des Teufels jähr­ lich dreymal, als nemlich an Walpurgis, Johannis und Stephani Abend zusammen kämen. Der Teufel wäre daselbst auf einem Stul in Menschen-Gestalt sitzend gesehen worden und hätte allen und ieden An­ wesenden ein Schwerd in die Hand gegeben, womit sie sich wieder ein­ ander schlagen müssen. Dazumal hätte er die Wunde über den rechten Ellenbogen bekommen, wiewohl er denselben Abend nichts davon gefühlet; des folgenden Tages aber hätte der Satan diese Wunde mit einem Hauch geheilet. Als er ferner befraget wurde, wie er auf be­ sagten Berg hinauf und wieder zurücke gekommen, ingleichen was sich darauf weiter zugetragen, gab er folgende Nachricht: Er wäre unter eine Feuer-Mauer getreten und hätte sich ins Teufels Namen mit einer Salbe beschmieret, darauf wäre er oben hinaus gefahren, woselbst ein schwartzer Bock gestanden, auf welchen er sich gesetzet und solcher Gestalt von demselben auf bemeldtem Berg gebracht worden: Und auf eben diese Weise wäre er auch wieder zurücke gekommen. Dieses alles hat be-

Der Teufelsbund des Dresdener Arnold — Der Freikugelguh des Schreibers sagtet Mensch gerichtlich ausgesaget, wie es denn auch also in den Acten aufgezeichnet befunden wird; Du siehest also, lieber Andrenio, daß der körperliche Mensch mit einem Geist einen ordentlichen Bund machen, und daß solche Geister aus der Luft mancherley Leiber annehmen kön­ nen. 41. Der Freikugelgutz des Schreibers

Es befand sich A. 1710. in einer gewissen Stadt des Königreichs Böh­ men, ein junger Mensch Namens Georg Schmid, welcher einen Schreiber abgab und ohngefehr 18 Jahr alt seyn mochte. Dieser stund in einer ver­ traulichen Bekanntschaft mit einem Berg-Jäger dasiger Herrschaft, wel­ cher nicht allein seine Weide-Stückgen vortrefflich verstund, sondern auch aus der Zauber-Tasche sehr wohl zu spielen wüste. Nun war besag­ ter Schreiber ein grosser Liebhaber im Scheiben-Schiessen, suchte aber allezeit dabey seinen Vortheil und Gewinn zu befördern; Deswegen gieng er einsmals zu diesem Jäger, um sich bey demselben Raths zu er­ holen, welcher ihm auch darinn behülflich zu seyn angelobte. Nur ver­ langte er von ihm, datz er am 30sten Julii als am Abdons-Tage bey der Nacht mit ihm möchte hingehen, Kugeln zu giessen; alsdenn sollte er 63 Kugeln bekommen, aus welchem 60 alle treffen mästen, wo er nur hin zielen würde, drey aber von denselben, welche er gleichwohl nicht vor den andern kennte, mästen notwendig fehlen. Der Schreiber war von blindem Eifer Geld zu gewinnen, dergestalt eingenommen, datz er kaum des Tages erwarten konnte, auch alles mit zu machen bereit war. Sie versahen sich hierauf mit grossen Schmiede-Kohlen, Gietz-Kellen, Formen und was sonst zu dieser Arbeit erfordert wurde, und begaben sich mit einbrechender Nacht auf einen Creutz-Weg, welcher eine Stunde davon gelegen war. So bald sie daselbst angekommen, machte der Jäger einen breiten Kreytz um sich her mit seinem Weide-Messer und setzte gewisse Characteres auf dem Rande rings herum, welche aber der Schreiber nicht lesen konnte. Nach diesen hietz er ihn in den Kreytz treten und sich Mutter-nackend ausziehen und zugleich EOtt und die heilige Dreyfaltigkeit verläugnen. Hiernächst befahl er ihm, datz er seine Kohlen nebst dem Eietz-Zeuge vor sich hinlegen und wohl Achtung geben solle, damit er von 11 bis 12 Uhr mit feinem Eutz fertig wäre; denn wenn nach ver­ flossener Zeit nur eine eintzige Kugel daran fehlte, so mäste er des Sa­ tans eigen seyn. Er redete ihm ferner zu, sich durch nichts abwendig machen zu lassen, was ihm auch zu Gesichte käme, damit er sich nur an seiner Arbeit nicht versäumen möchte. Nachdem er ihm diese Ermahnung bestens eingeschärfet, auch anbefohlen hatte, kein Wort zu reden, was ihm auch immer zustossen möchte; so machten sie mit einander einen ge­ doppelten Adler und erwarteten in aller Stille, bis die Glocke 11 schlug. Kaum hatte der Seiger angefangen, als die todten Kohlen von sich selbst begonnten zu glüen, als wenn sie von einem Schmiede wären angefeuret worden. Sie machten also den Anfang zum Kugel-Eutz, da sie aber einige

Der Freikugelguß des Schreibers wenig Stücke mochten fertig haben, kam ein altes Weib auf sie lotz ge­ gangen, welches mit laujterj höltzernen Koch-Löffeln umhangen war und mit denselben ein starckes Geräusche machte. Diese fragte sie, ob sie nichts von ihrer Waare vonnäthen hätten? Sie aber fuhren stillschweigend in ihrer Arbeit fort, worauf dieselbe wiederum vor ihren Augen ver­ schwand. Gleich darauf hörten sie von weitem etliche bespannete Eutschen kommen, welche gerades Weges auf sie zufuhren, worüber dem Schreiber die Haut nicht wenig anfieng zu schauren. Da sie aber nahe an den Kreytz gelanget, sind sie gleich einem heftigen Winde über sie fort­ gestrichen, wie etwa sonst ein Sturm-Wind überhin zu rauschen pfleget. Kaum war dieses vorbey, so hörten sie einen gantzen Tropp Reuter her­ zu traben, welcher aber gleichfalls seinen Weg über ihnen durch die Luft nahm; Endlich vernahmen sie ein par force Horn und ein grosies Ge­ heule von vielen Hunden, zugleich bemerckten sie ein verfolgtes stück Wild, welches gerade auf sie lotz rannte und seinen Laufs nebst allen Hunden über sie fortsetzte. Diesen folgten sehr viele Jäger zu Pferde, welche sich insgesamt im Nachsetzen höchst eiferig bezeigten. Zuletzt kam einer gantz langsam geritten, welcher sich mit einem schwartzen Pferde vor den Kreytz stellte und sie befragte: Was ihr Begehren wäre, datz sie diese Arbeit in seiner Gegend vorgenommen hätten? Weil sie nun gleich mit dem Giessen fertig waren, gab der Jäger für sich und seinen Gefähr­ ten diese Antwort: Wir haben in deinem Namen 63 Kugeln gegossen, von welchen drey deine seyn, die übrigen aber sollst du uns geben. Hier­ auf begehrte jener, sie sollen ihm die Gietz-Kelle, nebst den gegosienen Kugeln heraus geben; allein der Jäger sagte zu ihm: Wir haben sie in deinem Namen gegossen, und weil die Zeit noch nicht um ist, so bleiben sie unser. Alsobald wurf jener mit Zähn-Knirschen etwas darauf, wel­ ches einen solchen Eestanck von sich gab, datz sie beyde halb todt zur Er­ den suncken und die gegossenen Kugeln im Kreyse umher fallen liessen. Sie Blieben in dieser Stellung bis zum Anbruch des Tages liegen, da sich zwar der Jäger, als welcher bey solchen Verrichtungen schon öfter ge­ wesen, gar bald wieder erholte, dem Schreiber aber schlechterdings un­ möglich fiel, von der Stelle zu kommen. Jener raffte demnach seine Kugeln zusammen und eilete dem nächst-gelegenen Dorfe zu, um denen Einwohnern desselben anzudeuten, datz ein armer krancker Mensch auf dem Wege liege. Er machte sich darauf, ohne sonst das geringste zu mel­ den, und ohne sich aufzuhalten, aus dem Staube, und nahm seinen Weg durch abgelegene Gegenden gegen das Saltzburgische Eebürge. Da aber der halb-todte Schreiber in die Stadt gebracht, und so wohl vor dem Geistlichen als Weltlichen Gerichte wegen seines gehabten Zufalls be­ fraget wurde, hat er endlich nach vieler angewandten Mühe den gantzen Verlaufs entdecket, ist auch seiner Kranckheit ungeachtet, in Gerichtliche Haft gebracht worden. Nachdem er sich in etwas erholst, wurde die Inqui­ sition ordentlicher Weife wider ihn vorgenommen, auch nach gethaner eydlichen Aussage und Bekänntnitz, der Criminal-Procetz formtet. Nun war ihn zwar durch Urtheil und Recht zuerkannt, datz er mit dem

Der Freikugelgutz des Schreibers — Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein Schwerdt gerichtet und darauf mit Feuer sollte verbrannt werden; allein die vielfältigen Vorbitten und Betrachtung seiner Jugend verursachten, daß die ausgesprochene Sentenz gemildert und ihm eine sechsjährige Ge­ fangenschaft mit harter Hand-Arbeit auferleget wurde. 42. Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein

Wir müssen bey den Geschichten vom Rübezahl den Beweitz nicht aus der gemeinen Sage oder vom Spinn-Rocken herholen, sondern vielmehr darauf bedacht seyn, datz wir solche Gründe anführen, welche nicht leicht umzustossen sind und die auf glaubwürdiger Männer Zeugnitz beruhen. Seine Vorstellungen sind meistentheils darauf abgerichtet, datz er denen Augen der Menschen einen blauen Dunst und betriegliche Spiele vor­ machen möge; wie er denn von langen Zeiten her bis auf diese Stunde die Gewohnheit hat, denen Leuten allerhand dem Schein nach körper­ liche Dinge, auch wohl Metalle und andere Kostbarkeiten zu verehren. Ich will dir nur einige Stückgen aus feiner Zauber-Tasche erzehlen, welche so seltsame Umstände in sich fassen, datz man sie nicht ohne Ver­ wunderung anhören kan. Es lieget ein bekanntes Wirths-Hautz in einem Walde, welcher Mähren und Böhmen von Schlesien scheidet, allwo we­ gen der Beschaffenheit der dortigen Strasse nothwendig viele Fuhr-Leute zusammen kommen. Nun ereignete es sich eines Tages, datz dieser GastHof gantz leer blieb, welches dem Wirth als eine ungewöhnliche Sache ganh fremde vorkam; Um die neunte Vormittags-Stunde aber sahe man einen Courier dem Schein nach mit gröster Eemüths-Verwirrung herauf reiten, welcher bey dem Wirths-Hause nachfragte, ob daselbst eine Ge­ sellschaft von 14 Personen könnte beherberget werden? Da nun der Wirth ihm zu verstehen gab: Wenn es auch 20 wären, sollen sie Raum und Platz bey ihm finden, nur müste er vorher wissen, was sie etwa zu esien verlangten. Hierauf antwortete ihm jener, er möchte nur die Mahl­ zeit auf einen Species-Thaler für die Person gerechnet, zurichten lassen, er wolle inzwischen wieder zurücke reiten und es der gesummten ReiseGesellschaft vermelden. Durch diesen vortheilhaften Antrag wurde der Wirth bewogen, alle sein Feder-Vieh und übrige Nothwendigkeiten zu­ sammen zu suchen, und sein gantzes Hautz-Eesinde muste sich beschäftiget erweisen, damit man die ankommenden vornehmen Gäste nach Würden bedienen, und sich eines so grossen Gewinns auf rechtmätzige Art theil­ haftig machen könnte. Die Tafel wurde gedecket und man erwartete der Gäste mit Schmertzen; da sich aber ihre Ankunft bis nach der gewöhn­ lichen Mittags-Zeit verzögerte, fiengen sie alle im Hause an, die vielen unschuldig ermordeten Hüner und Gänse zu bedauren. Am meisten aber bekümmerte es den Wirth, datz er an diesem Tag sein eigener East mit so grossen Unkosten seyn solle, er begonnte schon seine Einfalt und Tummheit anzuklagen, datz er von dem Courier sich nicht etwas Geld zu mehrer Gewitzheit voraus zahlen lassen; allein er sahe bald darauf, datz er in seiner Vermuthung geiltet, indem besagter Courier Spornstreichs

Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein auf den Hof geritten tarn und versicherte, daß die übrige Compagnie bald nachfolgen werde; Indessen begehrte er, man möchte ihm das Zim­ mer weisen worinn sie speisen würden. Da ihn nun der Hautz-Knecht hinauf geführet und die gedeckte Tafel gezeiget hatte, ersuchte er den­ selben, ihm seine Stiefeln auszuziehen: Jener machte sich alsobald zu seiner Amts-Verrichtung bereit, da er aber einen Stiefel angriff und nach sich zog, blieb das Bein zugleich im Stiefel stecken, worüber der lebendige Stiefel-Knecht nicht wenig erschreck, und mit dem Stiefel und Bein zur Stuben-Thüre hinaus zu eilen gedachte. Indem er sich nun ein wenig umsähe, nahm der Courier seinen Kopf nebst der Perouque vom Rumpf, und schmietz damit den Hautz-Knecht auf den Puckel datz es krachte, und dieser nicht allein vor Schrecken zur Erde fiel, sondern auch die Treppe hinunter taumelte. Da er sich aber erholet hatte und wieder reden konnte, erzehlte er denen Hautzgenossen, was ihm befgejgnet war; worauf der Wirth bald vermerckte, mit was für einem Courier er die Mahlzeit verdungen, indem ihm des Rübezahls lustige Schwäncke vor­ längst bekannt waren. Inzwischen wüste der ehrliche Mann nicht, was er mit allen zubereiteten Esten anfangen solle; es kamen aber eben seine noch übrigen sechs Dienst-Boten zur Hautz-Thüre hinein getreten, welche mit denen sechs andern, so sich bereits zu Hause befunden hatten, und mit seiner Frau just 14 Personen ausmachten, datz er also die Zahl seiner Gäste richtig befand, wenn sie nur auch die Unkosten bezahlet hät­ ten. Wiewohl er also wider seinen Willen einen freygebigen Wirth ab­ geben muste, so unterstund er sich dennoch nicht, auf den schalckhaften Rübezahl zu schelten, indem er wohl wüste, datz er einen schlechten Lohn und vielleicht noch ein grösser Übel sich auf den Hals laden könnte. Auch gebrauete sich keiner, in das obere Zimmer zu gehen, um die gedeckte Tafel wieder abzuräumen, oder nachzusehen, was für saubere Sachen der Courier hinter sich gelassen. Es fügte sich aber, datz eben denselben Abend zween reisende Capuciner in diesen Wirths Hause ihr Nacht-Lager nah­ men, welches der Wirth gar gern sahe, inmasten er sie gern mit dem Überrest der theuren Mahlzeit tractiren motte, wenn er nur die obern Zimmer wieder rein bekommen möchte. Zu diesem Ende ersuchte er die Capuciner, in demselben ihr Quartier zu nehmen, welches sie sich auch gar gern gefallen liessen. Da sie hinauf gekommen, funden sie nicht die geringste Verwirrung, sondern alles in der schönsten Richtigkeit, wie sich es gehörte. Sie liessen hierauf die Mägde, um das Tisch-Zeug wegzu­ nehmen, welche im Aufheben der Teller unter iedweden derselben, einen alten Kayser-Thaler von einerley Gepräge antraffen. Ungeachtet nun die Capuciner solches Geld benedicirten und mit ihrer Teufels-Peitsche wacker herum prügelten, so verblieb es doch Geld und hat auch dieses Wesen beständig behalten; Der vermeynte Courier aber hatte durch eine verschlossene Thüre Urlaub genommen, und dem Wirth solcher Gestalt seinen gemachten Aufwand theuer genug bezahlet.

Rübezahl ist ein arger Gast 43. Rübezahl ist ein arger East

Von dem Schlesischen Land-Adel ist bekannt, daß sich derselbe gleich­ sam das Sinn-Bild aus der Schrift erwehlet: Wo ein Aaß ist, da sammlen sich die Adler. Wenn einer unter ihnen eine prächtige Easterey an­ stellet, um sein ansehnliches Vermögen sehen zu lassen, so versammlen sich daselbst viele andere, welche ausser ihrem Hoch-Adelichen Stamm und Schild keine Verdienste aufzuweisen haben. Vor etwa 20 Jahren ereig­ nete sichs, daß in einem gewissen Flecken Erulich genannt, eine vornehme Familie ein herrliches Gast-Gebot auf ihrem daselbst gelegenen Schlosse ausrichtete, bey welchem der hergebrachten löblichen Gewohnheit nach sich gar viele ungebeten einfunden. Als nun die gantze Gesellschaft nebst ihrem Frauenzimmer im besten Schmausen begriffen war, ließ sich ein unbekannter Cavallier anmelden, welchem man zwar den Zutritt nicht abschlagen konnte, doch gab der Herr des Schlosses durch sein verdrießliches Gesichte gnugsam zu verstehen, daß ihm mit diesem unverhofften Zuspruch sehr wenig gedienet wäre. Der fremde Gast merckte dieses gar bald und nahm daher wiederum seinen Abschied; da aber die andere Tracht mit gebratenen Speisen eben auf den Tisch kam, fand sich derselbe wieder ein, und ob wohl kein Platz an der Tafel für ihn mehr übrig war, so musten doch die gesammten Gäste wegen dieses ungeladenen zusammen rücken, welches denn aufs neue gar scheele Gesichter setzte. Nachdem also derselbe durch einen Laquayen die Erlaubniß des Zutritts erhalten, kam er mit seinem um den Mund geschlagenen rothen Mantel nebst einem bordirten Hut auf dem Kopfe in das Speise-Zimmer herein getreten. Er grüste alle Anwesende gar freundlich, da ihm aber die Bedienten seinen Mantel und Hut abnehmen wollten, ließ er unter demselben etwas in einem Sack, welcher starck zugebunden war, auf die Erde fallen, und gieng wiederum zum Zimmer hinaus ohne -rin eintzig Wort zu sprechen, welches bey allen Gästen eine grosse Verwunderung erweckte und sie nichts gutes vermuthen ließ. Inzwischen muste einer aus den Bedienten den Sack eröffnen, da ihnen denn ein halb verfaulter Menschen-Kopf in die Hände kam, welcher von dem übrigen Rumpf wegen durchschnittener Gurgel halb abgesondert war. Dieses scheußliche Aaß verursachte einen solchen Eestanck, daß die sämmtlichen Gäste die Tafel und Zimmer ver­ lassen musten: Der Besitzer des Schlosses aber ertheilete gleich Befehl, daß man gewisse Leute kommen liesse, welche mit diesem Scheusaal fort­ wandern und selbiges an einen andern Ort schleppen sollen. Es fiel ihm zugleich ein, daß etwa in seinem Gebiete eine heimliche Mord-That müsse vorgegangen seyn, welche ihm als ordentlichen Gerichts-Herrn zu unter­ suchen obliege; Auch konnte er ohne vieles Nachsinnen leicht errathen, wer dieser fremde East gewesen, indem die Räncke des Rübezahls in der­ selben Gegend gnugsam bekannt sind. Wiewohl nun dieser Schalck durch sein unangenehmes Schau-Gerichte den Mord angezeiget, so hat man dennoch aller angewandten Mühe und Nachforschens ungeachtet, den rechten Thäter nicht entdecken können.

Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger 44. Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger

Weil von diesem Gespenst bey allen Meister-Sängern und in allen Weiber-Eesellschaften von Böhmen so wunderseltsame Dinge vorkom­ men, und dieser hochmüthige Geist ein Herr des Riefen-Eebürges und ein Verwalter der gröften Reichthümer genennet wird; so möchte ich gern wissen, woher er dieselbe bekomme, und wie es zugehe, daß er bey so grossem Hochmuth dergleichen niederträchtige Verrichtungen über sich genommen, welche man sonst der allergeringsten Sorte von Menschen zu überlassen pfleget? Daß dieser Rübezahl für einen grossen Herrn und Besitzer der Reichthümer suchet gehalten zu werden, ist gantz natürlich. Damit du aber dieses deutlicher erkennest, muß ich dir von der Geschichte dieses Geistes, welchen man Rübezahl, nennet, eine genauere Nachricht geben, und den Ursprung desselben anzeigen. Ich habe aus einem sehr geheimen Archiv in Böhmen so viel erfahren, daß dieses kein unterirrdischer, noch ein Luft oder Feuer-Geist sey, sondern daß man ihn für einen erscheinenden Astral-Geist eines verstorbenen vornehmen Mannes, der aus Königlichem Stamm entsprossen seyn soll, zu halten habe, des­ wegen er eigentlich Royen Sall und nicht Rübe-Zahl heissen müsse. Dieser Herr soll ein sehr bekanntes Schloß an der Schlesischen Eräntze eigenthüm­ lich besessen, und nebst andern Herrschaften, sehr grossen Reichthum in sei­ ner Gewalt gehabt haben, welchen er bey einbrechenden Krieges-Läuften meistentheils in die Erde vergraben, ohne daß jemanden aus seiner Fa­ milie dieses sein Unternehmen bekannt gemachet worden. Er selbst habe durch einen Unglücks-Fall, welchen man nicht gern entdecken will, sein Leben verlohren; gleich nach seinem Tode habe man in gewissen Zim­ mern bey Nacht-Zeit Licht brennen gesehen und durch die Fenster-Schei­ ben wahrgenommen, daß der Verstorbene in seiner völligen StaatsKleidung beym Tische sitze und einen gantzen Haussen vor ihm liegenden Goldes überzehle. Inzwischen habe sich keiner von den Haußgenossen un­ terstehen wollen, in dasselbe Zimmer hinein zu gehen, indem sie gar zu wohl gerauft, daß dieses die Wohnung ihres verstorbenen Herrn nicht mehr seyn könne, indem dessen Cörper schon lange in dem Begräbnitz seiner Vorfahren beygesetzet worden. Man habe also dieser wunderbaren Sache eine Zeitlang mit Stilleschweigen zugesehen, da aber die Unruhe von Tage zu Tage grösser geworden und endlich niemand mehr in dem Schlosse verbleiben können, sey man auf Mittel bedacht gewesen, wo­ durch die Ruhe wieder möchte hergestellet werden. Man habe zu diesem Ende die Geistlichen in derselben Gegend ersuchet, diesem unruhigen Geist mit Hülffe ihres Exorcismi seinen Abschied zu geben; da denn die­ selben zwar allen möglichen Fleiß angewendet, sich aber bey Austreibung desselben so wenig auf ihre Heiligkeit verlassen können, daß sie selbst einige mal in gröster Eile Fersen-Geld geben und das Reißaus nehmen müssen. Weil nun diese sich durchaus gewegert, bey einem so gefährlichen Merck ferner Hand anzulegen, habe man auf andere Art solchem Übel abzuhelffen gesuchet, und in solcher Absicht, erfahrne Echarf-Richter aus

Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger — Der ausgetriebene Poltergeist

verschiedenen Orten verschrieben; Wie denn auch dieselben mit ihren zugerichteten Blut-Schwerdtern erschienen, welches sonst das eintzige Mittel seyn soll, die tobenden Geister zu dämpfen, und wofür sie einen gantz besondern Abscheu tragen. Allein auch diese angewandte Mühe sey vergebens gewesen, bis endlich ein gantz anderer aus Brünn der HauptStadt in Mähren, darzu gekommen, welcher alle die übrigen in seiner Kunst übertroffen. Dieser habe sich gantz allein mit dem gehörigen Werckzeug ins Schloß verfüget, da sich denn zwischen 11 und 12 Uhr ein erschreckliches Brüllen wie eines Löwen erhoben, daß allen Zuhörern ausser dem Schlosse die Haare darüber zu Berge gestanden und die Haut vor Schrecken geschauret; bald darauf aber sey ein solches Gepolter er­ folget, daß man vermeynet, es müste das gantze Schloß über einen Haus­ sen fallen und zu trümmern gehen. Um 12 Uhr habe besagter ScharffRichter die Schloß-Pforte von innen aufgemachet, und mit seinem blancken Henckers-Schwerdt grausame Creutz-Hiebe und Luft-Streiche hin und wieder geführet, auch den andern Scharf-Richtern anbefohlen, daß sie mit ihren Schwerdtern ihm tapfer nachfolgen sollen; Hierauf sey ein so heftiger Wirbel-Wind entstanden, daß alle Anwesende geglaubet, sie würden mit fort geschleppet und in die Luft geführet werden. Auf diese Art habe man den unruhigen Geist von dem Schlosse auf das ungeheure Niefen-Eebürge verbannet und ihm solche Schrancken gesetzet, welche er Hernachmals nicht überschreiten dürfen. 45. Der ausgetriebene Poltergeist

Bon ohngefehr 22 Jahren wurde zu Prag in Böhmen, eine Gräfliche Familie in ihrem Hause dergestalt von einem Polter-Geist beunruhiget, daß sie nicht wüste, was in dieser betrübten Sache vorzunehmen sey, und sich endlich genöthiget sahe, den gewöhnlichen Exorcismum als das ein­ tzige Mittel zu gebrauchen. Man nahm daher zu einem gewissen Kloster seine Zuflucht und ersuchte den Prior desselben inständig, mit seinen Geistlichen zu erscheinen und wider dieses Übel hülfreiche Hand zu leisten. Denen Mönchen wurde hierauf eine dreytägige Fasten angesaget, welche sie zu diesem grossen Merck desto würdiger und geschickter machen solte; Da nun der bestimmte Tag erschienen war, giengen aus demselben Klo­ ster 6 Priester, 6 Diaconi und 6 Minores, welches sie eine gantze Func­ tion nennen, gegen Abend in das Hauß und nahmen das obere Stockwerck ein, nachdem sie sich so wohl mit leiblichen als geistlichen Mitteln nach Nothdurft versehen, alle andere Menschen aber von ihrer Gesell­ schaft ausgeschlossen hatten. Alsdenn sperrten sie sich zusammen ein: auf allen Thüren wurden die Buchstaben E. M. I. Eleemosyna, Missa, Jejunium, das ist: Allmosen, Messe und Fasten, mit einer geweyhten DreyKönigs-Kreyde angeschrieben; Die Zimmer wurden mit einem Creutz, so aus dem Wachs einer Oster-Kertze gebildet war, an allen vier Ecken bezeichnet und mit dem Chrisam gesalbet; Auf jedweden Tische, stunden

Der ausgetriebene Poltergeist — Die Hölle int Vulkan drey geweyhte Wachs-Kertzen, auch waren gnugsame Kohlen vorhanden, um das zum Ausräuchern gemachte Feuer beständig zu unterhalten, und um mit denselben die Zimmer durch das Weyh-Wasser zu reinigen. Das allerheilsamste aber bey dieser schweren Arbeit war, daß man eine hertzstärckende Artzeney, ich meyne ein gutes Elast Wein nebst einer kalten Küche in zulänglichen Vorrath bey der Hand hatte, wenn etwa einer oder der andere bey Ankunft des Geistes kraftlotz werden oder das Hertzklopfen bekommen möchte. Um die Ute Stunde wurde der Anfang mit dem Exorcismo gemachet, da alle Mönche auf den Knien liegend, die sogenannten Psalmos graduales herbeteten und nach Maatzgebung ihres Rituals, die gantze Beschwerung fortsetzten. Wie sie aber auf die Worte kamen: Adjuro te, Spiritus, cujuscunque generis fis, das ist: Ich be­ schwere dich, du Geist, du mögest seyn, von was für einer Art du wollest, eröffnete sich die hinterste Thüre von sich selbst und sie sahen etwas her­ aus kommen, welches ihrem Bedüncken nach eine sehr grosse Last von Ketten nach sich schleppte. Durch das starcke Geprassel und Poltern aber, womit dieses Gespenst wie ein heftiger Sturm-Wind vor ihnen vorbey rauschte, wurden die Mönche insgesamt dermassen gerühret, datz sie rück­ lings zu Boden fielen und ohne einiges Lebens-Zeichen, eine gantze Weile in der tiefsten Ohnmacht liegen blieben. Da sie sich aber wiederum in etwas erholet und ihnen nicht anders zumuthe war, als wenn sie mit Simsons ausserordentlichen Hand-Gewehr vor die Stirn wären getroffen worden, giengen sie in ordentlicher Procession mit Absingung des Psalms: Miserere mei DEus durch alle Zimmer, um zu sehen, ob dieser Geist ihrer Hülfe vonnöthen habe, oder durch sie könnte erlöset werden: alsdenn funden sie auf allen Thüren die Buchstaben E. und M. welche Allmosen und Messen bedeuten sollten, gäntzlich ausgelöschet. Nachdem sie nun bey anbrechenden Tage der Gräflichen Familie den gantzen Ver­ laufs hinterbracht hatten, wurde gleich zu Bezahlung 10000. Messen in allen Klöstern Anstalt gemachet, alle Bettel-Mönche gespeiset und unter die Armen eine reiche Allmosen-Spende ausgetheilet, durch welche Ver­ richtungen das wüten dieses Geistes endlich aufgehöret.

46. Die Hölle im Vulkan Zu einer gewissen Jahres-Zeit waren einige Fischer nicht weit von dem Feuer speyenden Berge Hekla mit ihrem Fisch-Fang beschäftigst, als sie von weitem eine mätzige Chalouppe mit aufgespannten Seegein vor­ bey streichen sahen; Auf gethane Anfrage: Wohin die Reise gienge? bekamen sie ihre Antwort: Auf Hekla, auf Hekla, und da sich die Fischer verwunderten, was diese Boots-Knechte für einen Passagier bey sich hät­ ten und sich darnach erkundigten, wen sie mit sich brächten? so sprachen jene: Den Bischofs von . . . Und hierauf gieng das Schiff mit vollen Seegein fort, und kam ihnen gar bald aus dem Gesichte. Eine kurtze Zeit hernach kehrten besagte Fischer wiederum nach ihrem Lande und ver-

Die Hölle im Vulkan — Peter von Appono

nahmen mit Erstaunen, daß eben an demselben Tage der Bischofs, wel­ cher thuen genennet war, mit Tode abgegangen. Diese und andere Erzehlungen haben mich bey nahe auf die Eedancken gebracht, daß an sol­ chen erschrecklichen Orten die Hölle seyn müsse. Noch mehr bin ich in dieser Vermuthung bestärcket worden, da ich so gar in einem ordentlichen Breviario der Römischen Kirche im Leben Pabst Johannis hiervon et­ was besonders gelesen. Es ist aus der Historie bekannt, daß bemeldter Pabst Johannes von dem Könige der Ost-Gothen Theodorico in einen schlimmen Kercker geworffen worden, worinn er auch sein Leben elendig­ lich eingebüset. Eben dieser König hatte einige Zeit hernach einen vor­ nehmen Römer Namens Symmachum heimlich und unschuldiger Weise hinrichten lassen: Nach wenig Tagen als Theodoricus bey der Tafel saß und ihm ein Kalbs- oder grosser Fisch-Kopf aufgetragen wurde, bildete er sich ein, das Haupt des ermordeten Symmachi zu erblicken, worüber er vor Schrecken zur Erden fiel, und bald darauf seinen Geist aufgab. Eben in derselben Nacht soll ein frommer Einsiedler, welcher seine Hütte unter dem sogenannten Vulcanus-Berg auf den Liparischen Jnsuln hatte, augenblicklich gesehen haben, wasmassen des Königs Theodorici Seele zwischen dem Pabst Johanne und gedachten Symmacho herzu geführet und in das Liparische Feuer geworffen würde, gleich als wenn diese beyden seine bestellten Richter wären; Und dieses Gesicht hat mit der Stunde des Todes Theodorici richtig eingetroffen. Aus diesen bey­ den Geschichten lieber Pnevmatophile, scheinet zu erhellen, daß an den­ selben Orten die Hölle und der Dt' der Quaal befindlich seyn müsse. — Der Befragte: es ist freylich nicht zu läugnen, daß es in der Welt viele der­ gleichen fürchterliche u[nb] schreckliche Örter gebe, welche von dem gemei­ nen Mann für Öffnungen der Höllen gehalten werden. Hieher sind zu rechnen der von dir bereits angezogene Hekla auf Island, die Jnsuln Bulcani und Lipari, Stromboli und Basiliseo auf den Eolischen Eylan­ den, der Berg Aetna in Sicilien, Besuvius im Königreich Neapolis, der bekannte Schrecken-Berg in Thüringen, die Höhle Patritii in Inland und andere; von welchen allen die in der Nähe Wohnenden einhellig aussagen, daß sie oftmals ein entsetzliches Geschrey, Heulen und Weinen hören, auch wohl gar verschiedene abscheuliche Gestalten von Gespenstern und heßlichen Vögeln zu Gesichte bekommen, wie mir dieses selbst von den Schwefel-Arbeitern aus der so genannten Solfataro bey Puzzolo berichtet worden. 47. Peter von Appono Manchem ist vermuthlich der Stall jener Wunder-Pferde bekannt, wovon der beschriene Eeister-Freund Petrus de Appono eines gebrauchet hat. Durch Hülfe desselben ist er am heiligen Christ-Feste von Salerno nach Jerusalem, und von dannen wieder nach Rom gebracht worden, damit dieser eiferige Mann seine Kirchen-Satzungen nicht übertreten, sondern die gewöhnlichen drey Messen hören möchte. 6 Peuckert. Sagen

Der Geist im Glas — Der ohrfeigende Mönch 48. Der Geist im Glas

Unlängst kam ich mit einem alten und dabey gewissenhaften Manne zu reden, welcher mir folgende Umstände entdecket: Es führe die so ge­ nannte Cather-Strasse in Leipzig ihren Namen von einer gewissen Kir­ che, welche vor alten Zeiten der heiligen Catharina wäre gewidmet ge­ wesen. Da nun dieselbe eingerissen und auf die Stelle ein gewisses Hautz gefetzet worden, hätte man unten in dem Grunde derselben ein Elatz angetroffen, in welches der von einer besessenen Person durch einen Mönch ausgetriebene Geist in Gestalt einer Mücke verbannet worden. Weil nun um selbige Zeit die Hällische Pastey erbauet wäre, so hätte man in das Fundament derselben besagtes Elatz mit dem verbannten Geiste hinein gefetzet; worauf man öfters zwischen 11 und 12 Uhr um Mitternacht, das dreybeinichte Wunder-Thier in derselben Gegend her­ um wandern gesehen. So viel Nachricht habe ich, lieber Andrenio, aus der Erzehlung eines ehrbaren Mannes erlanget, ich stelle es dir aber frey, solches zu überlegen und davon zu glauben, was dir beliebet. 49. Kaiser Rudolphs Alraune

Man zeiget in der Wiener Bibliothek die so genannten Mandragoras Rudolphi, welche zu seiner Zeit mit Wein haben müssen gebadet und sonst wie andere Kinder gewartet werden, wenn man diese Unruhigen hat besänftigen wollen; Und ob es gleich nur eine gewisse Art Wurtzeln sind, so haben sie doch bey den Unverständigen ein grosses Aufsehen ge­ machst. 50. Der ohrfeigende Mönch

Man hat mir schon lange von einem gewissen Mönch erzehlet, welcher sich in dem Zucht- und Waysen-Hause dieser Stadt fLeipzigf zu St. Ge­ org genannt, täglich soll sehen lassen, ohne dennoch einigen Menschen Leid zuzufügen. Nun trug es sich zu, daß der gewöhnliche Wächter dieses Ortes, welcher noch nicht gar lange seinem Amte vorgestanden und viel­ leicht der Gesellschaft dieses unbekannten Gefährten überdrützig war, vor ohngefehr drittehalb Jahren den festen Vorsatz fasste, demselben, so bald er ihm wieder begegnen würde, eine solche Ohrfeige zu versetzen, datz er ihm nicht so bald wieder an die Seite kommen solle. Wo aber iemals der Spruch ist erfüllet worden: Mit was für einem Matz ihr messet, mit demselben wird man euch wieder messen; so hat man selbigen vor dieses mal durch die That bekräftiget gesehen. Denn so gewitz bey ihm der Vor­ satz war, dem Gespenst eine Maulschelle anzubringen, so derbe war die­ jenige, welche dieser gar zu behertzte Wächter von dem vermummten Mönch erhielt. Es grenzen nemlich wenig Nächte vorbey, da diese beyde einander begegneten, indem der Wächter um die 12te Nacht-Stunde mit seinem Hunde aufwärts gieng, der Mönch aber herunter spatzieret kam. Da nun jener seinen Wiedersacher herzu nahen sahe und sich zu einem

Der ohrfeigende Mönch — Spukende Mönche

nachdrücklichen Ausschlag fertig machte, blieb er so fest auf seinen Füssen stehen, als jene Schaar der Krieges-Knechte, welchen den HErrn Chri­ stum nächtlicher Weile gefangen nehmen motten. Nur bestund der Unter­ scheid darin, daß diese durch ein eintziges Macht-Wort, jener aber durch eine Maulschelle von einem aus geheimer Göttlichen Verordnung herum wandelnden Mönch zu Boden geworfen worden. Er lag nach seinem eigenen Bericht eine geraume Zeit aller Sinnen beraubet, und nachdem er sich wiederum ein wenig erholet, befand er sich nicht weit von seiner Wohnung nebst seinem zaghaften Hunde, welcher auf allen vieren zit­ terte, worauf er mit grosser Mühe seinem Bette zukroch, weil er allen vorigen Trieb zu behertzten Unternehmungen verlohren hatte. Des fol­ genden Tages nahm er mit Bestürtzung wahr, daß ihm der Backen bis über die Kehle herunter hienge, ohne daß man im Gesichte einige Ver­ letzung gespüret hätte. Wiewohl er nun etliche Tage diesen Zufall zu verbergen suchte, um sich nicht darzu eine gerichtliche Strafe über den Hals zu ziehen, zumalen ihm der Zucht-Hautz-Willkomm gar zu wohl bekannt war; so hat er dennoch nach völliger Genesung, den gantzen Verlaufs vielen von seinen Bekannten erzehlet, wodurch denn auch seiner vorgesetzten Obrigkeit Anlatz gegeben worden, von einem so seltsamen Zufall Nachricht einzuziehen. 51. Die Lichter im Pauliner-Kollegium Ich habe bey meiner Ankunft in diese Stadt (Leipzigs so viel von dergleichen Mönch-Geschichten gehöret, datz mein Gemüth wegen itberhäuffung derselben, bey nahe in einen rechten Zweifels-Labyrinth ge­ rathen wäre, und ich mich nicht mehr getrauet hätte, aus dem Haufe zu gehen, wenn solche Erzehlungen von mir mit gnugsamen Beyfall wären angenommen worden. Absonderlich hat man mir von dem so genannten Pauliner-Collegio so wunderliche und ungemeine Dinge beybringen wollen, datz ich von diesem Orte allein ein gantzes Buch schreiben könnte; ich will dir aber von diesen allen nur einen kurtzen Auszug geben, woraus du abnehmen kanst, wie viel Geister in diesem mässigen Bezirck herrschen müssen. Unter andern hat mir eine auf besagtem Collegio wohnende Person eydlich versichert, datz sie öfters, wenn sie bey Nacht nicht habe schlaffen können, zwischen 11 und 12 Uhr eine gantze Procession von Lichtern in dasiger Bibliotheck auf und abgehen gesehen, wobey man ordentlich die Bewegung der Lichter wahrgenommen. 52. Spukende Mönche Ist dir nicht bekannt, was man von dem Drehdischen Mönch, welcher eine Laterne in der Hand und seinen Kopf unterm Arm tragen soll, zu be­ richten pfleget? Oder hast du nichts von jenem Mönch, welcher in Halle öfters den Seiger stellet, und von vielen Kirchen gehöret, allwo nach dem Zeugnitz unzehliger Menschen, Lichter brennen und eine Anzahl

Spukende Mönche — Der Dresdener Mönch

Mönche ihre Singe-Stunden beobachten sollen? Du hast auch in unserer andern Unterredung gehöret, was sich in der Kirche ausserhalb Meissen zugetragen; Wenn du nun die obige Erscheinung, so sich in der PaulinerBibliotheck ereignen soll, für wahr annimmst, so wirst du an denen übrigen um so viel weniger zweifeln dürfen. Nach meinem Vedüncken, können die erscheinenden Mönch-Gestalten wohl nicht zu denen von dir angeführten Astral-Eeistern gehören. Denn ich glaube, daß die wenigsten unter ihnen bey ihrem Leben, einen gegen die Sterne gerichteten Geist gehabt, sondern daß vielmehr die vernünf­ tige Seele bey ihnen ins Fleisch verwickelt gewesen. 53. Der Dresdener Mönch

Ich möchte gern wissen, was du von dem Mönch in Dretzden haltest, von welchem bey Grossen und Kleinen die allgemeine Rede gehet, dah er sich meistens alsdenn sehen lasse, wenn ein hoher Todes-Fall erfolgen solle. Bey diesem Gespenst kömmt mir wunderlich vor, datz es sich nicht in dem ehemaligen Kloster auf dem Taschen-Verge, wo besagter Mönch wohl in seinem Leben mutz gewöhnet haben, sondern im Schlosse oder auf denen Pasteyen der Stadt sehen lasse. Noch seltsamer scheinet der Aufputz dieses Mönchs zu seyn, indem er seinen Kopf unter dem Arm, die Mönchs-Kappe auf den Schultern und eine kleine Laterne in der Hand träget. Denn ich finde weder vor, noch nach der Reformation in der Historie die geringste Nachricht, datz man jemals einem Mönch da­ selbst den Kopf habe abschlagen lassen. Man liesst zwar in der Sächsischen Chronica, datz die so genannten Brüder auf dem Taschen-Berge sehr gern barmhertzige Schwestern um sich gehabt, und manchen Ehe-Männern wider deren Willen eine Haupt-Zierde aufgesetzet, wie denn auch zu Hertzog Georgs Zeiten, viele dergleichen Klagen wieder sie vorgebracht worden: Allein wie dieselben Kraft ihrer Profession einen unauslöschlischen Character der Geistlichkeit an sich haben, auch überdem den Wahl-Spruch: Si non caste, foltern caute, d. i. Wo nicht keusch, doch be­ hutsam, zu führen gewöhnet sind; also vermuthe ich wohl nicht, datz sich einer von ihnen in öffentlichen Ehebruch wird haben ertappen lassen und dah folglich die Strafe des Kopfabhackens wieder sie nicht leicht statt finden können. — Wie kauft du dich doch, mein Lieber, über eine Sache verwundern, die mehr als zu natürlich ist? Datz ein Mönch mit seinen Kopf unterm Arm erschiene, kömmt mit seiner Lebens-Art sehr wohl überein, warum solle er sich nicht auch nach dem Tode in solchem Aufzug sehen lassen? Es ist daher nicht vonnöthen, datz man ihm vorher von Gerichtswegen den Kopf, um Begangener Verbrechen willen, herunter schlage. Denn nach der ge­ meinen Meynung mutz ein Mönch sich in einem so demüthigen Stande befinden und seinen Kopf so niedrig tragen, damit er durch die enge Himmels-Pforte ungehindert hinein gehen kan. Deswegen haben die schlauen Jesuiten über allen ihren Probier-Stuben einen Mönch ohne

Der Dresdener Mönch — Die Frau auf dem Roten Turm

Kopf abbilden lassen, um dadurch anzudeuten, daß wer in ein solches Zimmer hinein kommen will, seinen Kopf draussen lassen und sich selbst gäntzlich verläugnen müsse. Es darf dich also nicht befremden, wenn du einen Mönch nach seinem Tode ohne Kops herum wallen siehest. Man gebendet aber unter andern, daß besagter Mönch meistentheils zu erscheinen pflege, wenn bey Hofe sich ein hoher Todes-Fall ereignen solle. 54. Die Frau auf dem Roten Turm

Es wird dir der rothe Thurm bey der 6t. Thomas-Schule nicht unbe­ kannt seyn, wohin die Thomas Schüler, wenn ihnen eine Unpäßlichkeit zustösset, pflegen verleget zu werden. Bon diesem Gebäude hat mir ein wahrhaftiger Mann, welcher ehemals selbst ein Mit-Elied besagter Schule gewesen, folgende Nachricht ertheilet, welche ich mit seinen eige­ nen Worten anführen will: Ich befand mich, sprach er, im 18den Jahre meines Alters, als mir auf dieser Schule eine heftige Ruhr zustieß, da­ her ich denn, um meine übrigen Mit-Schüler nicht mit dieser Kranckheit anzustecken, auf den rothen Thurm als das gewöhnliche Krancken-Hauß, gebracht wurde. Ich hatte daselbst Gesellschaft von einem andern Schüler welcher neben mir in einem Bette am viertägigen Fieber darnieder lag. Wir hatten zu unserer Bedienung eine Wart-Frau, welche unter uns in eben demselben Gebäude wohnte, und wenn sie uns nach Nothdurft be­ dienet hatte, davon gieng und uns allein ließ. Die andere Nacht nach meinem Daseyn war ich so unruhig, daß ich keines Schlafes theilhaftig werden fönte, woran vielleicht der Zustand meiner Kranckheit und andere Zufälle Ursache waren,' mein Schlaff-Eesell hingegen war so feste ein* geschloffen, daß ich ihn auf keine Art erwecken tonte. Der Seiger hatte bereits 11 geschlagen, welches ich genau nachgezehlet. Eine kleine Weile darauf öffnete sich die Stuben-Thüre und es kam eine alte Frau hinein getreten, bey welcher ich wegen des Hellen Monden-Scheines gar deutlich bemerckte, daß es nicht unsere Aufwärterin, sondern eine gantz unter­ schiedene Person wäre. Ihr Aufzug war dieser: Sie hatte eine weisse Schleppe, wovon die Flügel unter dem Kinn zugebunden waren, auf dem Kopfe, eine Schaube um die Schultern und eine weisse Schürtze vor­ gebunden; In dieser Gestalt gieng sie gerade auf mein Bette zu, ja sie kam mir so nahe, daß ich ihr blaß gelbes Gesicht nebst einer sehr langen Nase, gantz deutlich beschauen fönte. Ich wüste mir vor Schrecken nicht besser zu helfen, als daß ich meine Augen ins Bett-Tuch einhüllte, worauf sie zurücke trat, sich zu dem Nacht-Stuhl verfügte und denselben ordentlicher Weise aufmachte. Diese Entfernung machte mir so viel Luft, daß ich mit meinem am Bette stehenden Stocke, der unter uns liegenden Wärterin ein Zeichen geben tonte; ich hörte auch dieselbe ohne Verzug die Treppe herauf kommen; jene aber wendete sich gleich gegen die Ecke der Stube und verschwand vor meinen Augen. Nachdem unsere Wärterin herein gekommen, erzehlte ich ihr den gantzen Verlaufs, fiel aber darauf

Die Frau auf dem Roten Turm — Polterspuk in der Kirche

in eine solche Ohnmacht, welche mich aller sinnlichen Empfindung be­ raubte. Die gute Wärterin wüste in der Eile keinen bessern Rath, als daß sie ihre Gehülfin zu dem damaligen Stadt-Physico D. B. abschickte, welcher mir von einen mit gebrachten Barbierer alsobald eine Ader schlagen ließ. Allein es war vergebens und man fönte keinen Tropfen Blut heraus bringen, daß mir bey nahe dieser heftige Schrecken den Garaus gemachst hätte, wenn es dem Höchsten nicht gefallen, mir durch andere Mittel wieder zurecht zu helfen. Diese Begebenheit hat mir be­ sagter Freund umständlich erzehlet, da wir einsmals mit einander ums Thor spatzierten, ja er hat mir dieses sonst unbekannte Gebäude mit Fingern gewiesen. Es haben mir auch andere glaubwürdige Personen die stärckste Versicherung gegeben, daß die Erscheinung dieser alten Frau auf demselben Thurm nicht ungewöhnlich sey, indem solches unter­ schiedene Weibes-Personen bezeugen fönten, denen sie in der MittagsStunde erschienen, wenn sie oben auf dem Boden des Thurms Wäsche ausgehänget. 55. Der wiedergehende Goldschmied

Ein glaubwürdiger Mann, welcher seiner Profession nach ein Gold­ schmied ist, und lange Zeit in einem gewissen sehr alten Hause gewöhnet hat, gab mir neulich die versicherte Nachricht, daß er in derjenigen Stube, wo er mit seinen Gesellen bey Tage gearbeitet, nach gemachten FeyerAbend öfters ein helles Licht gesehen habe, wie es denn diese Kunst er­ fordert, daß sie eine Kugel von Glaß mit Scheide-Wasser und andern Sachen gefüllet, vor sich haben müssen. Weil er nun wohl gewust, daß keiner von seinen Leuten in der Stube zurücke geblieben, so habe er einsmals das Hertz gefastet und durch das Schlüstel-Loch hinein geschauet; da er denn eines alten Mannes mit einem grauen Barte ansichtig ge­ worden, welcher mit einem Lichte gantz emsig in denen gebräuchlichen Werckzeugen herum gesuchet. Er habe keine Lust gehabt, denselben in seiner Bemühung zu stören, sondern sey mit einem starcken Schauer wiederum zu seinen Haußgenossen gekehret.

56. Polterspuk in der Kirche

Man hat mir von gewissen Kirchen dieser Stadt sLeipzigf, in welchen viele vornehme Familien ihr Begräbniß haben, gewiß versichern wollen, daß man allda nicht allein alsdenn, wenn eine neue Leiche beygesetzet worden, sondern auch zu andern Zeiten ein solches Gepolter höre, der­ gleichen kaum die Jungen einer gantzen Stadt, wenn sie bey denen Catholischen die krumme Mittwoche vorstellen, anzurichten fähig sind. Die­ ses aber soll nicht allein in der Nacht, sondern auch manchmal bey Tage geschehen, wie mir denn gewisse Leute berichtet haben, daß vor ohngefehr 24 Jahren in der Neuen Kirche unter der Nachmittags-Predigt

Vorzeichen für den Papst —- Polterspuk in der Kosliner Kirche

ein solches Gepolter entstanden, daß alle Anwesenden die Auslegung der Sonntags-Epistel mit Furcht und Zittern angehöret, und ein so grosses Gedränge entstanden sey, daß manche wegen des Hinauslaufsenden Schwarms bey nahe wären erdrücket worden.

57. Vorzeichen, die den Papst angehen

Es ist denenjenigen, welche sich um die Geschichte der Römischen Päbste bekümmern, sehr bekannt, daß in der so genannten Lateran-Kirche zu Rom in dem Grabe Sylvestri II. allezeit eine grosse Unruhe und Ge­ polter verspüret werde, so oft der lebende Pabst seinen Stuhl verlassen soll. Fast eben dergleichen ereignet sich zu Tolentino im Picenischen, immassen die dasigen Einwohner versichern, daß in dem Grabe des allda ruhenden canonisirten Mönchs Nicolai, allemal ein entsetzliches Getöse gehöret werde, wenn der Römischen Christenheit von dem Erb-Feinde einige Gefahr bevorstehe. Es müssen desfalls vier Mönche Tag und Nacht so fleisige Schild-Wache halten, als wohl ehemals von denen Wächtern bey dem Grabe Christi mag geschehen seyn, damit sie solche gefährliche Zeichen alsobald kund machen und dem Päpstlichen Stuhl in Zeiten Anlatz geben können, wohl auf der Hut zu stehen, weil sonst der grausame Erb-Feind einmal die dreyfache Krone im Zorn wegrauben und mit seinen übrigen Reichen verbinden dürfte.

58. Polterspuk in der Kosliner Kirche

Ich habe von Coslin, einer bekannten Stadt in Hinter-Pommern die gewisse Nachricht, datz allda im Jahr 1676. am Sonntag Exaudi, mitten unter der Vesper-Predigt um halb drey Uhr, ein grosses Gepolter auf dem Gewölbe der Kirche entstanden sey, welches sich anfänglich wie ein gelind ratzlendes Donner-Wetter angelassen, hernach aber gar schleunig nach der Mitte des Kirchen-Eewölbes bis an den Chor fortgegangen. Das Geräusche habe sich hierbey dergestalt verstärcket, datz iederman in Furcht gerathen, es würde nicht allein selbiges Gewölbe, sondern auch die gantze Kirche einfallen; Wetzwegen denn die Schul-Knaben von dem Chor, ja fast die gantze Gemeine mit Schrecken und Vestürtzung zur Kirche hinaus geeilet, weil ein iedweder sich dem augenscheinlichen Tode entziehen wollen. Nachdem aber besagtes Gepolter aufgehöret, haben sich die Leute wiederum in die Kirche hinein verfüget, da denn der ArchiDiaconus M. Joh. Glock, welcher unter währendem Getümmel still­ schweigend auf der Cantzel war stehen geblieben, in seiner Predigt fort­ fuhr und dieselbe vollends zu Ende brachte. Nach geendigtem EOttesdienst wurden einige auf das Gewölbe geschicket, um nachzusehen, ob etwas eingefallen, oder von der Mauer abgerissen sey, wodurch besagtes Krachen verursachet worden; Allein sie funden nicht die geringste Spuhr

Polterspuk in der Kosliner Kirche — Das verliebte Gespenst noch Merckmahl von einer Ursache, welche eine so heftige Wirckung hätte nach sich ziehen können. Vielleicht war dieses eine Warnung EOttes an die Einwohner desselben Landes, es mag nun dieselbe durch ein Werckzeug geschehen seyn, durch welches sie immer wolle, indem gleich darauf ein Landoerderblicher Krieg sich in dieselbe Gegend ausgebreitet hat. 59. Das steinerne Bild im Johannisspital

Man hat mir als eine gewisse Wahrheit berichtet, daß in dem Spital zu St. Johannis auf dem Grimmischen Steinwege sich folgendes Aben­ theuer befinde: Es wäre nemlich alldorten über einer Thüre eine gewisse Statue anzutreffen, welcher man jährlich ein weisses Hemde und HalsKrause anthun und einen grünen Krantz auf den Kopf setzen müste. Wenn man aber diese Ceremonie unterliesse, so entstünde in dem gantzen Gebäude ein solches Poltern, daß manches Spital-Weib vor Schrecken ausser sich selbst gesetzet würde. 60. Das verliebte Gespenst

Es hat mir neulich ein gewisser ehrbarer Bürger dieser Stadt (Leipzigs berichtet, daß einem von seinen Anverwandten vor ohngefehr anderthalb Jahren nachfolgende merckwürdige Begebenheit zugestosse-n: Derselbe hatte in einem gewissen Hause auf dem neuen Marckt eine Stube ge­ miethet, allwo er zwar einige Wochen über nicht die geringste Anfechtung verspüret; Da er aber einsmals um 11 Uhr des Nachts zu Bette gehen wolle und der Mond so helle schien, datz er nach ausgelöschtem Lichte alles in seiner Schlaff-Kammer unterscheiden tonte, sahe er eine alte Frau durch die Thüre zu den Füssen ans Bette kommen, worüber er nicht wenig erstaunte, weil er sich keines bestellten Weiber-Zuspruchs zu erinnern wüste, dieses auch nicht die Stunde war, in welcher sonst die Wäscherinnen zu kommen pflegen. Der gute Student gerieth über diesen Anblick nicht allein in verwirrte Eedancken, sondern seine Glieder waren ihm von einem zugestossenen Angst-Schweitz so matt und kraftlotz ge­ worden, als wenn er das stärckste Schwitz-Pulver eingenommen hätte. Inzwischen muste dieses alte Frauenzimmer aus dem Reiche der Geister einen starcken Liebes-Paroxysmum bekommen haben, indem es nach dem Bette griff und den erschrockenen Studenten mit aller Gewalt heraus zu ziehen bemühet war. Weil aber dieser mit allen Kräften sein Bette hielt, und zurücke zog, so kam es endlich so weit, datz sie ihn dergestalt in die Höhe zerrte, datz wenig gefehlet hätte, es wären diese beyden gantz unterschiedene Nasen zusammen gestossen, da denn aus der Vereinigung einer übernatürlichen Hitze und Kälte, ein seltsames Mittel-Geschöpfe hätte können ausgehecket werden. Endlich aber muste der Geist den in die Höhe gezogenen Cörper wieder nebst dem Bette zurücke fallen lassen; worüber derselbe ein erbärmliches Seufzen von sich hören liefe, welches

Das verliebte Gespenst aber den im Angst-Schweih sich badenden Studenten zu keiner (SegenLiebe bewegen kante: Kurtz darauf nahm der Geist seinen Abschied, weil vielleicht die Stunde herbey kommen war, da er in seine gewöhnliche Behausung zurücke kehren muste. Des folgenden Tages wüste sich der gute Bursche recht groß damit und erzehlte seinen vertrauten Freunden, was für ein besonderes Glück ihm in Liebes-Sachen vorgestosfen, gab aber auch zu verstehen, daß er bereit wäre, einem iedweden sein Recht abzutreten, zumalen da man ihm noch kein gewisses Stipendium aus­ gemachet hätte. Als er aber am andern Abend darauf etwas später, als sonst zu Haufe kam, und vor einen sonsten zugeschlossenen Keller vorbey gehen muste, sahe er denselben gantz eröffnet und ein brennendes KohlenFeuer daraus hervor leuchten; iedoch er ging seines Wegen ungehindert fort, weil er in seinen Gedancken muthmasste, daß vielleicht die Leute des Hauses noch etwas darin zu verrichten hätten. Kaum aber hatte er sein Lette erreichet, als seine ungebetene Liebste sich wieder an den vorigen Platz vors Bette verfügte, und mit untermischten Seufzen ihre grosse Sehnsucht zu erkennen gab, um durch solche Zeichen ihn zur Gegen-Eunst und Ein­ willigung in ihr Begehren zu bewegen. Auch verlangte sie zuletzt, da etwa ihre Zeit mochte verflossen seyn, daß jener ihr nachfolgen möchte, indem sie ihm solches durch Eeberden zu verstehen gab. Allein dieser unempfindliche hatte so wenig Neigung, einen Spatzier-Eang mit einer unbekannten Person vorzunehmen, dah er sich lieber auf eine kurtze Zeit das Podagra gewünschet hätte, um sich mit besserm Grunde entschuldigen zu können: er ließ sie also unverrichteter Sache wieder abziehen. Damit er aber die folgende Nacht von diesem unangenehmen Besuch frey blei­ ben möchte, bat er einige von seinen guten Freunden gegen Abend zu sich, und nahm mit denselben ein Spiel vor, indem er vermuthete, diese alte Schabelle werde nicht so unverschämt seyn und ihm in Gegenwart anderer Leute zu sprechen. Allein auch diese Veranstaltung war ver­ gebens, denn so bald die gewöhnliche Stunde erschienen, legten die ein­ geladenen Gäste die Charten aus der Hand und fiengen an im Gehirn a l'Ombre zu spielen, indem sie insgesamt mit einem tieffett Schlaff be­ fallen waren. Jener hingegen merckte gar bald, daß er allein von dem Geist zu einem verliebten Umgang wäre ausersehen worden, Massen der­ selbe bald darauf in voriger Gestalt vor ihm erschien, und nebst unter­ schiedlichen Zeichen seiner heftigen Zuneigung ihm nachzufolgen ersuchte. Weil aber dieser keine Lust hatte seine Augen zu eröffnen, und vielmehr den schlaffenden sich gleich stellte, so muste der Geist nach verflossener Stunde wieder mit Seufzen Abschied nehmen, worauf die schlaffenden allesamt wieder erwachten, welche nicht wüsten, wie ihnen geschehen war. Indessen sahe der angefochtene Student, daß dieser Liebes-Antrag, zu welchem er nicht die geringste Neigung empfand, sich noch weiter er­ strecken möchte, und fand sich daher genöthiget, seine Wohnung aufzu­ geben und eine andere zu erwehlen, da denn diese Versuchung nicht wei­ ter verspüret worden.

Der Prager Klosterschatz 61. Der Prager Klosterschatz

Nun will ich eines aus Prag der Böhmischen Haupt-Stadt anführen: Es befindet sich daselbst neben der alten St. Michaelis-Kirche in der Alt-Stadt, worinn der bekannte Hieronymus Pragenfis ehemals geprediget, ein gewisses Kloster, so vor dem der Hussiten Rath-Hautz ge­ wesen; Allhier hat sich vor nicht gar langer Zeit folgender merckwürdige Zufall ereignet. Es kam zwischen 10 und 11 Uhr des Nachts ein alter Bauer zu der Kloster-Pforte und läutete mit Gewalt an der gewöhn­ lichen Glocke; da ihm nun geöffnet und er um sein Verlangen befraget wurde, gab er gantz kurtz die Antwort, datz er mit dem Vorsteher des Klosters selbst sprechen müste. Hierinn muste ihm, ob es gleich ausser der Zeit war, gewillfahret werden, da er denn zu dem Vorsteher gebracht wurde und demselben ohne Weitläufigkeit zu verstehen gab, datz er ihm etwas wichtiges anzeigen wolle, dessen ihn nicht gereuen würde, wofern er das Hertz hätte, mit ihm in den Kloster-Keller zu gehen. Er solle vier vertraute Personen mit sich nehmen, und nebst andern nöthigen Werckzeugen zum graben, einen starcken Hammer anschaffen lassen, weil sie denselben sonderlich gebrauchen würden. Der Vorsteher, welcher viel­ leicht grössere Begierde zum Gelde, als obbemeldter Studente hatte, entschlotz sich alsobald, den Vorschlag anzunehmen, und erwehlte zu diesem Vorhaben solche Leute, auf die er sich verlassen kante. Nachdem sie also insgesamt in den Keller gekommen waren, ging der alte Bauer vor ihnen her an einen solchen Ort, an welchen der Vorsteher niemals ge­ dacht, nahm den Hammer und klopfte an die Mauer, datz selbige Stück­ weise herunter fiel, bis sich ihnen eine mit Ziegelsteinen verlegte Thüre zeigte. Sie legten allesamt Hand an, und eröffneten dieselbe ohne grosse Mühe, worauf sie in ein rundes Gewölbe gelangten, in demselben aber nicht das geringste antraffen. Der Bauer redete ihnen nachdrücklich zu, sie möchten allda in der Erde nachgraben, so würden sie schon etwas finden, das der Mühe wehrt sey; und gleich darauf verlohr er sich aus ihrem Gesichte, datz sie nicht wüsten, wo er so geschwinde hingekommen wäre. Wie sie nun eine geraume Zeit mit der Arbeit tapfer fortgefahren, traffen sie mit ihren Werckzeugen auf etwas hartes, das ihnen zu wider­ stehen schien, da sie denn abzunehmen begonten, datz der verschwundene Geist wahr geredet habe. Weil sie aber besagten harten Cörper aus der Erde zu bringen nicht im Stande waren, musten zween von ihnen hin­ auf gehen, um noch mehr Gehülfen herbey zu holen. Mittlerweile da diese abwesend waren, sahen die übrigen beyde eine grosse Schlange aus der Erde hervor kriechen, welche sich zwischen ihnen in die äusserste Öff­ nung fortweltzte, ohne iemand einigen Schaden zuzufügen. Da aber die andern nebst verschiedenen neuen Mitgehülfen zurücke kamen, und ins­ gesamt das Merck vornahmen; brachten sie mit vieler Mühe einen grossen zinnernen Kasten in Gestalt eines Todten-Sarges aus der Erde, welchen sie alsofort hinauf ins Kloster schafften, und in ein gewisses Zimmer setzten. Sie gingen hierauf wieder hinunter um noch weiter nachzu-

Der Prager Klosterschatz — Der Scheidewasser-Hans

graben; Kaum aber hatten sie ihre Hacken eingeschlagen, so fühlten sie eine eiserne Truhe, welche sie auch heraus hoben, und mit drey grossen Vorlege-Schlössern verwahret funden. Sie brachten auch diesen, wiewol mit grösserer Mühe, an den Ort, wohin der vorige gesetzet war, in Ver­ wahrung, und gingen über ihre erhaltene Beute höchstvergnügt zu Bette. Des andern Morgens ließ der Vorsteher einen geschwornen Schlösser holen, um die beyden Schatz-Kasten zu eröffnen; Da aber derselbe die eiserne Truhe von hinten aufgesprenget, funden sie selbige mit lauter schwartzen Kohlen angefüllet, welches bey ihnen allen nicht nur eine Verwunderung, sondern auch Betrübnitz verursachte, weil sie ihre Hoff­ nung schon für verlohren hielten. Sie eröffneten nun auch den Zinnern Sarg, da sie denn einige gantze Gebeine und Ribben nebst einem Hirnschedel, in der Asche aber eine güldene Kette und einen güldenen Ring mit einem Saphir antraffen. Sie nahmen diese beyden Stücke als die gantze Ausbeute zu sich, aus dem Zinnern Sarg wurden Tafel-Geschirre verfertiget, die Kohlen aber liessen die unvernünftigen Mönche nächt­ licher Weile in die Moldau schmeissen, weil sie besorgten, es möchte, ourch diese Zauberey ihrem Kloster ein Unglück widerfahren. Rach einer kurtzen Zeit erzehlten sie die gantze Begebenheit nebst ihrem Verhalten einem vertrauten Jesuiten, dessen Orden sonst vor andern im Schatz­ graben eine Geschicklichkeit zu besitzen vermeynet. Dieser verlangte den eisernen Kasten zu sehen, und als er da und dort noch etwas weniges von denen Kohlen angetroffen, hat er solches zusammen geraffet und ohne Verzug, einige Weide-Sprüchelgen aus seiner Zauber-Tasche her­ gebetet. Hier sahen nun die guten Mönche mit Verdrutz und Erstaunen, datz sich diese wenige Kohlen in die schönste Silber-Müntze von sehr alten Gepräge verwandelt hatten, und erkannten nunmehr zu späte, wie groh ihre Einfalt gewesen, datz sie dasjenige kostbare Metall unbedacht­ samer Weise in den Strom geschüttet, welches sonst andere Leute mit der grösten Sorgfalt in ihren Kasten zu verwahren gewöhnet sind. Ich ver­ sichere dir, datz ich selbst von diesem Gelde etwas gesehen habe, daher ich denn auf die Gedancken gerathen, datz die verborgenen Schätze auf eine Zeitlang in Kohlen können verwandelt werden. 62. Der Scheidewasser-Hans Jedermann kennet in dieser Stadt jLeipzigs den alten Scheide-WasserHantz, wie man ihn zu heissen pfleget, welcher seinen Aufenthalt ge­ meiniglich bey denen Kupfer-Stechern findet. Dieser kam vor einiger Zeit zu einem gewissen Künstler, der lange Jahre in seinem Gehirne damit umgegangen war, wie er den Namen eines adepti mit rechtem Grunde erlangen möchte; Und weil dieser nach dem gemeinen SprichWort die theure Venus wenig achtete, wenn er nur den lieben Vulcanum zu seinem gewissen Schwager haben kante, so machte er besagten Hanh zu seinem Handlanger oder vielmehr zu einer Mitzgeburt von einer Vestalischen Jungfrau, damit er ihm sein Feuer beständig im

Der Scheidewasser-Hans — Die bockreitende Wiedergängerin

Brande erhalten möchte. Eines Tages muste der Künstler wegen vor­ gefallener Geschäfte sein Laboratorium verlassen, da er eben eine ge­ wisse Materie in einer wohl lutirten Phiole auf dem Sand-Feuer hatte, im Hinweggehen aber sagte er zu seinem getreuen Feuer-Achates: Hantz gib wohl Achtung auf das Feuer und fürchte dich nicht, wenn dich etwas im Laboratorio besuchen solte, indem es dir keinen Schaden thun kan. Dieser wüste nicht, was er auf solchen Vortrag für eine Antwort geben solte; doch weil er sich einmal zu dieser Arbeit anheischig gemachet hatte, so schien es sein Berufs zu erfordern, datz er dem Befehl seines Princi­ pals sich unterwürfe, indem er sonst gern mit fortgegangen wäre. Es blieb also der gute Hantz allein in dem Laboratorio verschlossen, wiewol seine Gedancken vor Furcht und Warten der Dinge, die da kommen sollen, in grosier Zerrüttung stunden, es währete auch nicht lange, so sahe er durch die verschlossene Thüre eine grosse Katze zu sich hinein kom­ men, welche solche seltsame Sprünge vor ihm hermachte, dergleichen wohl kein 60jähriger Tantzmeister iemals heraus bringen können. Diese ver­ fügte sich nach langem herumschwärmen in die lutirte Phiole hinein, ohne dieselbe zu öffnen, worüber sich Hantz höchlich verwunderte, datz dieses Thier sich von freyen Stücken in einen Narren-Kasten eingeschlos­ sen hatte. Bald darauf verlohr dasselbe seine vorige Katzen-Eestalt und verwandelte sich in einen kleinen Wurm, welcher sich in diesem FeuerNest versteckte. Da aber endlich der Künstler wieder zu Hause kam, und ihm Hantz erzehlte, was sich unterdessen zugetragen habe, rieff er gantz freudig aus: Nun habe ich den Schelm gefangen, nach welchem ich lange Zeit getrachtet habe. 83. Die bockreitende Wiedergängerin

Vor ungefähr drey Jahren starb zu Stolpe, einem unweit Zwenckau belegenen Dorffe, eine reiche Bauer-Frau, welche durch ihren starcken Butter- und Käfe-Handel sich nicht allein um besagte Stadt Zwenckau sehr wohl verdient gemachet hatte, sondern auch in einer und der andern vorfallenden Bedürfniß dem Rath und Bürgerschaft desselben Orts gar wichtige Dienste mutz geleistet haben, inmassen ihr durchgehens der Name des Abgottes von Zwenckau beygeleget worden. Als diese Frau auf dem Krancken-Bette sehr schwer darnieder lag und wohl sahe, datz es mit ihrer zeitlichen Gottheit nunmehr bald ein Ende nehmen würde, befahl sie ihrem Schwieger-Sohn, datz er sie mit ihrer sonst ausserordent­ lichen Schaube solte zu Grabe bringen lassen, welches er ihr auch fest an­ gelobet. Nachdem sie nun in der gewissen Hoffnung, ihr Schwieger-Sohn werde seinem Versprechen gebührend nachkommen, die Schuld der Natur bezahlet; hat derselbe bey genauerer Untersuchung befunden, datz ge­ dachte Schaube, mit welcher jene begraben seyn walte, mehr Gewicht und Werth in sich hielte, als vielleicht ihr Glaube und gute Wercke, die sie im Leben verrichtet, ausgetragen. Er ward nemlich wieder Vermuthen gewahr, datz das Unter-Futter von diesem verlangten Todten-Kleide für

Die bockreitende Wiedergängerin eine Bauren-Leiche gar zu kostbar sey, inmassen dasselbe an statt des Unter-Futters mit alten Ducaten versehen war, welche ihr, seinen Gedancken nach, in jener Welt zu einem Zehr-Pfennig nicht mehr dienen tönten. Er ließ demnach bemeldtes Kleid mit leichtern Unter-Futter ver­ sehen, und hielt es seinen Umständen für zuträglicher, das schwere Ge­ wicht zu seinem Nutzen und Bequemlichkeit für sich zu behalten, Allein da er in der nächstfolgenden Nacht der Ruhe am besten zu geniessen ver­ meinte, kam die verstorbene Schwieger-Mutter vor sein Bette, und wüste ihm theils mit Droh-Worten, theils mit kläglichen Eebehrden die Ent­ wendung ihrer Schaube auf eine sehr lebhafte Art vorzurücken. Der gute Bauer wurde zwar durch dieses seltsame Gesicht in einiges Schrecken gesetzet; weil er aber mit einem nicht allzuzärtlichen Gewissen begäbet war, gedachte er bey sich selbst, wenn nur die Leiche erst unter die Erde wäre, würde er mit seiner jungen Frau schon einer ungestörten NachtRuhe, wie vormals, zu geniessen haben, daher er denn währender Zeit, daß der Cörper noch in seinem Hause stund, bey seinem Nachbar die Ruhe-Stätte aufzuschlagen für rathsam erachtete. Allein er sahe bald, daß ihm seine Rechnung fehl geschlagen, indem ihm seine verstorbene Schwieger-Mutter auch nach ihrer Beerdigung dergestalt zusetzte, daß er sein eigenes Hautz räumen und mit seiner Frau eine andere Wohnung beziehen muste. Er sahe hieraus, datz er weder bey Tag noch Nacht nebst den ©einigen Ruhe haben würde, wofern er nicht entweder die Schaube samt dem Golde im Stiche liesse, oder auf andere Mittel und Wege be­ dacht wäre, dieses unangenehmen Gastes wieder lotz zu werden. Er ge­ dachte sich zwar bey der Geistlichkeit Raths zu erholen, diese aber wolte sich nicht entschliessen, in einem Geister-Prozetz einen Schieds-Richter abzugeben, und ließ es vielmehr denen Rechts-Verständigen, als welchen es ohndem wegen ihrer überhäuften Menge an Arbeit fehlet, anheim gestellet seyn, ob sie ihre Kunst beweisen, und diesen verwirrten casum pro und contra durch rechtliches Verfahren ventiliren walten. Es schien auch, als wenn dieses Merck eigentlich für die Herren Advocaten gehörte, inmassen es auf die Frage ankam: Ob die Verstorbenen berechtiget seyn, auf der obern Welt sich annoch einer Possession anzumassen, und die lebendigen Einwohner eigenmächtiger Weise aus ihren Häusern zu ver­ treiben? Jedoch es wolte sich auch unter diesen keiner finden, wenn er auch sonst keinen Clienten ohne Hülfe und Trost zu lassen gewöhnet war, welcher sich bey einer so ungewissen Sache etwas zu verdienen getrauet hätte. Der verlassene Bauers-Mann sahe also kein ander Mittel vor sich, als datz er in seiner Noth den Scharff-Richter zum Patron seiner ver­ meinten gerechten Sache annehmen muste. Derselbe brachte es auch durch seine Kunst und Geschicklichkeit so weit, datz vermittelst seines HenckerSchwerdtes das Hautz von dem verdrietzlichen Zuspruch befreyet wurde, wiewohl dagegen die gantze umliegende Gegend sich beunruhiget sehen muste. Denn von derselben Zeit an, da dieses Gespenst aus dem Hause vertrieben worden, hat iederman die Freyheit, besagte Bauer-Frau auf einem schwachen Bock so wohl gegen die Mittags- als Abend-Stunde

Die bockreitende Wiedergiingerin — Der Teufel von Löbestädt

spatzieren-reiten zu sehen, welches sie mit der grösten Hurtigkeit ver­ richten soll. Viele Leute aber haben versichert, auf ihre Seele geschworen, und sich dieser ausdrücklichen Worte bedienet: Wir haben es mit unfern eigenen Augen gesehen, da noch viele andere Leute bey uns waren, die in unserer Gesellschaft vom Wochen-Marckt nach Hause giengen; es war zur Zeit der ersten Abend-Dämmerung, daß wir alles gantz genau unter­ scheiden und sehen kanten, daß sie in ihrem Gesicht eine sehr blasse Farbe hatte. 64. Junker Ludwig

Nicht weit von Eger in Böhmen, welches wegen des vortrefflichen Sauer-Brunnen Welt-bekannt ist, läsiet sich auf dem an der Stadt ge­ legenen Felde jo wohl um die Mittags-Stunde, als auch gegen Abend gar oft ein solches Gespenst sehen, welches in der Gestalt eines Mannes herum spatzieren gehet. Die Einwohner derselben Gegend nennen es den Juncker Ludwig, von welchem sie erzehlen, daß er ehemals allda gelebet, und die Eräntz- oder Mahl-Steine des Feldes betrüglicher Weise ver­ rücket habe. Dieser soll nicht allein nach seinem Tode angefangen haben umzugehen und die Menschen durch seine Begegnung zu erschrecken; son­ dern es sind auch wohl gar einige, welche ihm zu nahe gekommen, mit Schlägen abgefertiget worden, wie solches vor kurtzer Zeit einer gewissen Jungfer wiederfahren ist. Diese gehet einsmals gantz allein vor dem Thore in derselben Gegend, welche dieses Gespenstes wegen berüchtiget ist, und wie sie ohngefehr an die Stelle gelanget war, wo der MarckStein verrücket seyn soll, kam ihr ein Mann in solcher Gestalt, wie man ihr vormals von dem Juncker Ludwig erzehlet hatte, entgegen, gieng auf sie loß und griff ihr mit der Faust in den Busem, welcher ihr davon über und über schwartz geworden. Sie verfügte sich hieraus mit gröstem Entsetzen zu Hause und sprach zu den Ihrigen, daß sie ihren Theil emp­ fangen habe, ist auch am dritten Tage darauf verstorben, da man ihre Brust mit schwartzen Finger-Mahlen bezeichnet gefunden. 65. Die russische Mittagsfrau

In dem Orientalischen Reußen soll ehemals, wie Petrus Eregorius de Republica Lib. XII. Cap. 20. berichtet, ein solches Mord-Gespenst erschie­ nen seyn, welches zur Erndte-Zeit um die Mittags-Stunde in Gestalt einer Leidtragenden Wittwe durchs Feld herumgewandelt und denen Schnittern Arme und Beine zerbrochen, wofern sie nicht gleich den Au­ genblick, da sie nur des Gespenstes ansichtig geworden, niedergefallen und dasselbe angebetet haben. 66. Der Teufel von Löbestädt

Ich reisete vor einem Jahre in meinen Verrichtungen von hier nach einer ausser Chur-Sachsen gelegenen Stadt, und muste mit meiner Ee-

Der Teufel von Löbestädt

sellschaft in dem Wirths-Hause zu Löbestädt übernachten. Nun waren wir wegen des eingefallenen Regen-Wetters froh, daß wir eine warme Stube unsere feuchten Kleider zu treugen erreichet hatten, ohne uns um den ungestümen Bewohner dieses Hauses zu bekümmern. Wir ersuchten die Wirthin, dah sie uns ein gut Gericht Fische zubereiten möchte, und setzten uns mittler weile in die Stube beym Ofen, bis unser Abend-Essen fertig seyn würde. Gleich darauf vernahmen wir insgesamt gar deutlich, daß sich draussen vor dem Fenster ein grosses Geheule erhub, als wenn ein erwachsener Mensch geängstiget würde, oder demselben ein Leid wie­ derführe, wie wir denn auch solches auf diese Art auslegten, indem wir von den Umstänoen der gantzen Sache noch wenig erfahren hatten. In­ zwischen berichtete uns ein Papiermacher, welcher mit zu unserer Gesell­ schaft gehörte, daß er bey der Küche gestanden und vernommen hätte, wie der Wirthin von einem Fuhrmann vorgeworffen worden, daß ihr verstorbener Mann denen Gästen die Fische nicht gönne, und dieselben aus dem Wasser zu nehmen nicht gern verstatten wolle. Jene aber habe zur Antwort gegeben, das Heulen käme vielleicht von einem Menschen her, der etwa ins Wasser müste gefallen seyn; worauf aber der Fuhr­ mann versetzet: Meine Pferde haben es letzthin, da ich hier einkehrte, erfahren, wie ihnen der Hafer und das Heu zu gute gekommen; ich will es aber mit der heutigen Fütterung nicht wieder versuchen und solle es regnen, als wenn eine Sündfluth über Löbestädt sich ergiessen wolle, so solle mich niemand hier zurücke behalten. Es geschahe auch hernach in der That, daß wenigstens 5. Wagen in dem grösten Regen einspannten und noch um 10. Uhr in der Nacht ein Stück Weges weiter fuhren; Wir aber sahen uns wegen gewisser Hindernissen genöthiget, allda zu bleiben und die leicht zu vermuthende Unruhe mit abzuwarten. Nachdem wir uns also unsere Fische besser, als wir anfänglich gedacht, hatten schmecken lassen, legte sich unsere gantze Gesellschaft auf die für uns gemachte Streue, um der Nacht-Ruhe ein wenig zu geniesten. Allein die Ute Stunde trieb uns den Schlaff ziemlich aus den Augen, indem über uns ein so erschreckliches Getöse entstünde, als wenn der Donner in den obern Stock eingeschlagen hätte und alles zu Trümmern gehen solle. Einer von unsern Schlaff-Eesellen fieng an, mit lauter Stimme den bekannten Ge­ sang: EOtt der Vater wohn uns bey etc. anzustimmen; es war uns aber fast allen die Singe-Kunst vor Schrecken vergangen, datz wir also das Ende dieser Unruhe, welches sich um 12 Uhr ereignete, in der Stille er­ warten musten. Wiewohl wir nun der Ruhe wohl vonnöthen gehabt hätten, so konte doch keiner wieder einzuschlummern sich entschliessen, weil die Furcht, auf so nachdrückliche Art erwecket zu werden, uns noch vor Augen schwebte. Wir hielten also für besser, die Stroh-Federn zu verlassen, uns in einer geschlossenen Reyhe an den Tisch zu setzen und den Anbruch des Tages zu erwarten. Nachdem wir des folgenden Mor­ gens unsern Abschied aus dieser unruhigen Wohnung genommen, und uns nunmehr ausser dem Gebiete des schwärmenden Geistes befunden, war das erste, datz so wohl die andern Fuhrleute, als auch wir unter

Der Teufel von Löbestädt — Der tobende Selbstmörder uns einander erzehlten, wie heftiger Angst-Schweiß diese Nacht so wohl denen Menschen, als auch den Pferden ausgepresset worden. Man würde vielleicht den Grund von dieser Sache nicht so bald ge­ funden haben, wenn nicht der Pfarrer desselben Orts in öffentlicher Predigt solchen entdecket hätte. Es soll nemlich dieser Wirth ein unbarmhertziger liebloser Mensch gewesen seyn, welcher mit den Bettlern, so um ein Allmosen an seine Thüre geklopfet, wie mit Hunden umgegangen. Seine gantze Verrichtung und Christlicher Lebens-Wandel hat in Geitz und Wucher bestanden, daher es denn gekommen, daß er sich selbst nie­ mals satt gegessen, seinem Hauß-Eesinde aber kaum den nothdürftigen Bissen Vrodts gegönnet hat. Das vornehmste aber, welches ihn ins Ver­ derben gestürtzet, war die unversöhnliche Rach-Begierde, welche er lange Jahre wider seinen leiblichen Bruder im Hertzen geheget, wie er denn auch sogar auf dem Tod-Bette, alles beweglichen Zuredens ungeachtet, sich nicht mit demselben aussöhnen wollen. Da er also in einem feind­ seligen Sinn von der Welt abgeschieden, so hat die Erklärung des Leichen-Textes auch nicht viel zu seinem Ruhm in sich halten können. 67. Der tobende Selbstmörder

In einem gewissen Flecken des Hertzogthums Altenburg hat sich un­ längst folgender merckwürdige Zufall ereignet: Ein wohlhabender Mann hatte zween Söhne, welche seiner Absicht nach dermaleinst, wenn er mit Tode abgehen würde, die väterliche Verlassenschaft an liegenden GrundStücken, Garten, Hause und anderer Vaarschaft auf brüderliche Art mit einander theilen sollen. Einer von denselben gieng zu Felde, in Hoff­ nung sein Glück auf diese Art zu machen, weil er nicht besorgen durfte, daß ihm dasjenige, was er mit seinem Bruder nach des Vaters Tode zu theilen hatte, entgehen würde. Inzwischen gieng der Vater den Weg alles Fleisches, und weil man nicht wüste, wo jener hingekommen, und aus seiner langen Abwesenheit vermuthete, daß er auch gestorben seyn müsse; so machte sich sein Bruder zum Universal-Erben alles desjenigen, was von dem väterlichen Vermögen vorhanden war. Eine geraume Zeit darnach kömmt der abwesende Bruder wieder nach Hause, und machet an dem Besitzer die billige Forderung, daß er ihm seine Erb-Portion ab­ treten möge. Da er aber so wenig mit Güte, als durch gerichtliche Hülffe etwas erhalten konte, faßte er bey sich selbst den Schluß, eine mehr teuf­ lische als menschliche Rache auszuüben. Er nahm sich vor, sich selbst in dem von seinem Bruder ihm unbillig vorenthaltenen Erbtheil zu erhencken, damit derselbe wenigstens dem Scharff-Richter etwas für die Ablösung seines unglückseligen Cörpers entrichten müste. Zu diesem Ende hieng er sich an einen Baum in seines Vaters gewesenem Garten auf, daß also der Bruder nunmehr zu der angemaßten Erbschaft auch den erhenckten Leichnam zehlen konte. Kaum aoer hatte man denselben gerichtlicher weise abgenommen, so hub sich der Proceß des erhenckten mit dem lebenden Bruder erst recht an, indem jener durch seinen Rach-

Der tobende Selbstmörder — Der Pakt des Lehrjungen und Mord-Geist sein eigener Richter wurde, das hinterlassene Erb-Eut seines Vaters angriff, und alles, was ihm vorkam, zerschlug und zer­ schmetterte. Die Haus-Genossen wurden darüber gantz kleinmüthig und wüsten nicht, was sie für Mittel ergreiffen solten, dem je mehr und mehr sinreissenden Übel vorzubeugen. Sie bunden die Kasten und Schräncke mit Stricken und eisernen Ketten zusammen, um dasjenige, was noch vorhanden war, schadlotz zu halten, damit es von dem rasenden Geiste nicht weggeschleppet, oder vernichtet würde. Es war aber alles umsonst, die Stricke und Ketten wurden zerrissen, ja es blieb nichts von allem Haus-Geräthe unoerletzet, daß also der Bruder nicht wüste, was er an­ fangen und zu wem er feine Zuflucht nehmen solle. Auf den ScharffRichter war kein Staat zu machen, denn ob er wohl den unglückseligen Körper von der Stelle gebracht, so durfte man doch nicht hoffen, daß er wider diesen rasenden Geist etwas ausrichten würde. Vielleicht befand sich auch der lebende Bruder, wegen seines Verhaltens gegen den erhenckten, in seinem Gewissen nicht gar zu sicher, deswegen man das Ge­ bet eines vor EOtt wandelnden wahren Christen für das eintzige Mittel hielt, welches vielleicht so mächtig seyn könte, diesen wütenden RaubGeist aus seiner Wohnung zu vertreiben. Es hat auch dasselbe mit vieler Menschen Verwunderung so viel ausgewircket, daß das Toben und Wü­ ten in derselben Gegend gäntzlich nachgelassen, ohne daß man zu Aus­ treibung des Polter-Geistes sich eines Hencker-Schwerdtes, oder einer Zauber-Ruthe, oder anderer bedencklichen Hülfs-Mittel bedienen dürffen. So bald dieser fromme Mann sich zum Gebet gewendet, und damit dem rasenden Gespenst begegnet, hat er dessen Kräfte dadurch dergestalt gebrochen, daß er von Stund an sein Lager verlassen und sich an seinen gehörigen Ort begeben müssen. 68. Der Pakt des Lehrjungen

Man höret in Nürnberg von einem gewissen andächtigen Geist als von einer gar bekannten Sache reden, welcher sich in derselben Gegend soll aufgehalten haben. Es fügte sich einsmals, daß ein gewisser LehrJunge des Abends in der Dämmerung, seiner Gewohnheit nach, auf dem so genannten Schütt herum schweiffte; diesem begegnete ein schwartz ge­ kleidetes Männlein, welches wie ein Handwercker anzusehen war, und fragte ihn, ob er nicht Lust hätte, sich bey ihm in Dienst zu begeben? mit dem Versprechen, er solle bey ihm einen guten Meister antreffen. Der Junge antwortete: Ich habe schon einen Meister und brauche nicht, bey einem andern Dienste zu nehmen,' worauf jener versetzte: Ob du gleich bereits einen Meister hast, so töntest du doch dieses, worin ich deiner gebrauche, darneben verrichten und in deinem ietzigen Dienst verbleiben; inzwischen wolte ich dir einen guten Lohn ausmachen, welchen du mit leichter Mühe täglich erwerben kanst. Worin solle denn, fragte der LehrJunge, die Verrichtung und der Lohn bestehen? Der verstellte Meister sagte hierauf: Du solst alle Abend in der Dämmerung hier an diesem

Der Pakt des Lehrjungen Ort am Wasser ein Vater Unser beten, und dafür täglich ein KopfStück zu empfangen haben, welches du auf diesem Pfosten der am Was­ ser stehet, jederzeit finden wirst; doch must du die Zeit nicht versäumen, noch diese Verrichtung jemals unterlassen. Der Junge gedachte, wenn er so leicht ein Kopf-Stück verdienen fönte und zwar mit dem Gebet, würde solches gar leicht ohne Verabfäumung seiner täglichen Hand-Arbeit sich thun lassen: er gab demnach seinen Willen darein und versprach, die aufgetragene Verrichtung fleißig zu beobachten. Jener befragte ihn um seinen Namen, und da ihm der Junge denselben angezeiget, stellte er sich, als fiele es ihm schwer, solchen zu behalten und sagte: Ich besorge, daß ich deinen Namen leichtlich vergessen dürfte und hätte gern, daß du mir denselben aufschriebest, auch dich zugleich zu fleißiger Beobachtung dessen, was du mir ietzo angelobet, verbindlich machtest. Der Junge ver­ setzte: Wenn ich solches gleich gern thun motte, so fehlet es mir ja hier an Feder und Dinte, worauf der betriegliche Meister alsofort eine Feder hinterm Ohr herfür zog und ihm dieselbe nebst einem Zettul Papier darreichte. Da nun der Junge den Mangel der Dinte vorschützte, sprach jener: Es ist nicht nöthig, daß wir es deswegen aufschieben, man kan schon Rath darzu finden; Hier hast du ein Messer, ritze nur damit die Haut an deinem Arm ein wenig auf, so wirst du ohne sonderliche Schmertzen bald so viel Bluts bekommen, als zur Aufzeichung deines Namens vonnöthen, dessen kanst du dich dabey an statt der Dinte be­ dienen. Der Junge ließ sich bereden und durch den versprochenen Lohn blenden, ritzte sich also und schrieb seinen Namen auf den Zettul, wel­ chen der listige Meister zu sich steckte und nach wiederholter Zusage, ihm alle Abend gegen Sprechung des Vater Unsers ein Kopfstück zu bezahlen, nahm er von ihm Abschied und reichte ihm zum voraus als ein Angeld das erste Stück Geldes für seine Mühe. Der Junge hingegen vergaß nie­ mals, am bestimmten Orte ein Vater Unser zu beten, damit er sein Kopf-Stück redlich verdienen möchte, welches auch allemal richtig erfolgte und auf der angezeigten Stelle bereit lag: Dieses gefiel dem Jungen trefflich wohl, daß er auch anfieng, solches Geld auf Näfcherey und aufs Spiel zu verwenden. Gleichwie aber weder seine Mutter noch der Meister wüste, woher der Junge das Geld bekäme: also meinte jene, der Meister liesse ihm dann und wann einen kleinen Verdienst zukommen, und dieser gedachte, die Mutter steckte ihm etwa mannichmal etwas in die Tasche. Er gab auch deswegen der Mutter einen Verweitz und sagte, sie solle es nicht thun, indem sie nur dadurch ihren Sohn verderben und zu einem ruchlosen liederlichen Leben verleiten würde. Sie entschuldigte sich mit hoher Betheurung, daß sie als eine arme Wittwe ihm nichts geben tönte, auch bisher vermeinet hätte, er der Meister liesse ihm vielleicht von dem­ jenigen, was er verdiente, etwas zu gute kommen. Weil nun der Meister ihr gleichfalls von dem Gegentheil Versicherung gab, so beschlossen sie beyderseits, den Jungen ernstlich zu befragen, woher er das Geld be­ käme, inmassen zu vermuthen stund, daß er dasselbe jemand diebischer weise entwendet habe. Auf geschehene Nachfrage ließ sich der Junge srey-

Der Pakt des Lehrjungen — Der Gräfin Esterhazy Kirchen willig heraus, daß er jemanden versprochen, des Abends bey dem Stock am Wasser ein Vater Unser zu beten, da er denn jedesmal ein KopfStück zur Belohnung erhielte. Der Mutter ward alsobald bange bey der Sache und der Handel kam ihr verdächtig vor, weil sie besorgte, daß nichts gutes dahinter stecken dürfte; insonderheit hielt sie das Vlut-Verschreiben für kein gutes Zeichen, als welches sie aus keinem menschlichen Angeben herzurühren erachtete. Sie gieng dieser Ursache wegen, zu dem damaligen vornehmsten Prediger derselben Stadt, Herrn Johann Mi­ chael Dilherrn und erzehlte ihm die gantze Sache, welcher von ihr be­ gehrte, sie solte des andern Tages wieder kommen und den Jungen samt dessen Meister mit bringen. Sie that solches und ihr Sohn gab auf Be­ fragen eben diejenige Antwort, welche er des vorigen Tages von sich gegeben. Der Prediger fragte ihn weiter, ob er vermeinte, daß der kleine Mann ein rechter Mensch gewesen? er versetzte: das weiß ich nicht, doch sahe er einem ordentlichen Menschen gantz ähnlich. Der Prediger sagte weiter: weil du ihm aber deinen Tauff-Namen mit Blut aufschreiben muffen, so mutz solches kein Christliches Anmuthen gewesen seyn; Hast du wohl jemals gehöret, datz ein Meister, wenn er einen Lehr-Jungen bedinget und annimmt, eine Verschreibung mit Blut zu fordern pflege? Als der Junge nun mit Nein geantwortet, fuhr jener fort zu fragen, ob er sich denn dieses Handels begeben, frey davon werden und kein Geld mehr holen, oder lieber in Gefahr stehen wolte, des Teufels Leibeigener mit Leib und Seele zu werden? Der Junge erklärte sich, er wolte ferner hin mit diesen Sachen nichts zu schaffen haben und gelobte festiglich an, dieser seiner Zusage getreulich nachzukommen. Hierauf hietz ihn der Pre­ diger nieder knien, betete mit ihm das Vater Unser und die Artickuln des Christlichen Glaubens, befahl ihm auch, datz er dieselben nebst an­ dern erlerneten Gebeten fleihig zu Hause beten solte; er selbst aber schloß ihn so wohl in sein besonderes, als auch in das allgemeine KirchenEebet. Hernach hat man befunden, datz fdjer mit des Jungen Blut be­ schriebene Zettul in der Haupt-Kirche zu St. Sebastian unter währendem Chor-Eesange auf den Altar geworffen gewesen, allwo er annoch auf­ behalten wird. 69. Der Gräfin Esterhazy Kirchen

Es gibt noch andre Exempel frommer Übungen: Es ist an den Öster­ reichischen Eräntzen die Graf Esterhasische Residenz Kismarton, welche man auch sonst Eisenstadt nennet, nicht unbekannt, allwo Ursula Esterhasi in dem allgemeinen Ruff eines gottseligen Wandels verstorben ist, deren Cörper bis auf diese Stunde stehend, wiewohl balsamirt, gezeiget wird. Mit derselben hat ihr annoch lebender Ehe-Herr nicht allein nach ihrem Tode Ringe gewechselt, sondern auch den Cörper alle Jahre or­ dentlicher weise bekleiden und die abgelegten Kleider unter seinen eige­ nen verwahren lassen. Wiewohl man nun hinter diese so genaue Ver­ bindung zwischen einer noch lebenden Person und einer toben Leiche

Der Gräfin Esterhazy Kirchen

lange Zeit nicht kommen können; so ist doch nachhero die Ursache mit des Grafen eigener Hand aufgezeichnet gefunden worden, woran ich nun um so viel weniger zu zweifeln Ursache finde, weil mir desselben EemüthsArt und tiefsinniges Wesen bey seinem Leben gar zu bekannt gewesen, daher es denn geschehen, daß niemand davon etwas würde erfahren haben, wenn es nicht nach seinem Tode durch gewisse Leute wäre ent­ decket worden. Der Verlaufs aber der gantzen Sache verhält sich folgen­ der Massen, wie er in dem Archiv dieser Hoch-Gräflichen Familie mit allen Umständen zu lesen ist. Die Gräfin Ursula starb nach einem sehr Christlich geführten Lebens-Wandel, da sie eine leibliche Mutter von 24. Kindern gewesen, und wurde vermöge der im Testament gemachten Verordnung in vier zusammen geschlagenen Bietern in der Gruft dieses Gräflichen Hauses beygesetzet. Es waren bereits vier Tage nach ihrer Leichen-Begängnitz verflossen, als an des schlaffenden Grafen Cabinet etwas anklopfte, wodurch er gäntzlich erwecket und munter gemachet wurde. Hier sahe er nun seine verstorbene Gemahlin zu seinem Bette nähern, ohne daß er den geringsten Schrecken darüber empfunden hätte: Sie redete ihn auch alsobald mit folgenden Worten an: Fürchte dich nicht, mein geliebter Paul, ich muß von dir etwas fordern: Es gehet mir sehr wohl in diesem Leben, worinn ich mich ietzo befinde, doch kan ich dir nicht eigentlich sagen, was es mit mir für eine Beschaffenheit habe. Ich verlange aber dieses von dir, daß du auf den so genannten Wilden Berg eine Kirche nebst einer Behausung für arme Wittwen mögest bauen lassen, welche für ihren Lebens-Unterhalt täglich gewisse Eebeter ver­ richten sollen. Nachdem sie diese Verordnung gemachet, nahm sie mit einem lieblichen Gesichte ihren Abschied von dem Grafen. Dieser war nun versichert, daß er wachte und daß die Sache für keinen Traum oder Wirckung der Phantasie zu halten wäre; er verordnete daher gleich des andern Tages, daß man Anstalt machen solte, auf dem Gipfel dieses Berges, welcher vor allen andern über das Forstensteinische Eebürge erhaben stehet, eine Kirche zu bauen, ließ auch mit grossen Unkosten die erforderten Materialien herbey schaffen. Iederman verwunderte sich zum höchsten, woher sich der Graf so schleunig zu einem Kirchen-Bau und zwar an einem solchen Orte, zu welchem kaum ein Zugang vorhanden war, habe entschliessen können, zumalen da denen Unterthanen das welt­ lich-gesinnte Gemüth ihres Herrn gar zu wohl bekannt war, folglich nie­ mand begreiffen fönte, wie derselbe auf einmal zu einem so gottseligen und Andachts-vollen Entschluß zu bringen gewesen. Inzwischen ließ der Graf von seinem gehabten Gesichte keinem Menschen das geringste wis­ sen, und unterließ nicht, den angefangenen Bau aller Blühe und Un­ kosten ungeachtet eiferigst fortzusetzen. Wenig Zeit darnach als der Graf mit seinen Gedancken zu Rathe gieng, wie eine und die andere vor­ fallende Schwierigkeit bey diesem Bau möchte gehoben werden, eröffnete sich abermal die Kammer-Thüre, seine ehemalige Liebste trat mit sehr freundlichen Eebehrden hinein, stellte sich vor das Bette und sagte ihm Danck, daß er seinem Versprechen nachkommen wollen. Sie fügte aber

Der Gräfin Esterhazy Kirchen

weiter hinzu: Ich begehre von dir noch dieses, daß du oberhalb dem Bade zu Eroß-Höfflein auf der grünen Ebene einen Berg aufführen lassest. Um denselben her sollen die Geheimnisse der gantzen Passion und oben darauf ein steinern Creutz gesetzet werden, bey welchem du täglich in der darunter zu bauenden Kirche die gewöhnlichen Kirchen-Psalmen solst absingen lassen. Hiernächst verlange ich ein Kloster von 50. Mönchen in dem so genannten Frauen-Walde bey dem Neu-Siedler-See, das EOttes-Hauß aber solst du die Frauen-Kirche heissen, in welchem Tag und Nacht durch Abwechselung der Mönche ein ewiger Chor soll gehalten werden. Mein Kind folge meiner Verordnung, so wirst du Glück haben in deinen Tagen und zu einem hohen Alter gelangen. Nach diesen Wor­ ten verschwand sie wiederum mit holdseligem Gesichte aus des Grafen Augen, welcher über ihr neues Anmuthen in grosse Sorgen und Nachdencken gerieth. Nachdem der Tag angebrochen, ließ der Graf seine Be­ dienten zusammen kommen und machte alsobald die Verordnung, daß auf der Ebene bey Eroß-Höfflein ein Berg nach der Kunst solle auf­ geführet und ein Kloster unten an dem Fuß des Berges angeleget wer­ den. Kaum hatte er seinen Leuten einen Entwurfs von diesem neuen Werck gegeben, als er ihnen auch das dritte, nemlich ein Kloster für 50. Mönche nebst einer Kirche und ewigen Chor-Gesang vorstellte, worzu gleichfalls ohne Verzug der Anfang solle gewachst werden. Dieser weit aussehende Vortrag muß nun freylich bey denen Bedienten sehr wunder­ liche Gesichter verursachet haben, da sie einen sonst sehr weltlich-gesinnten Herrn auf einmal so verändert sahen, daß er von nichts anders, als von Kirchen und Kloster-Bauen zu reden wüste. Es befremdete sie dieses Ver­ halten ihres Herrn um so viel mehr, weil sie wüsten, daß von allen ihren Mit-Eliedern keiner so andächtig wäre, daß er den Grafen zu einer so ausserordentlichen Devotion verleiten solle. Denn es war freylich eine sehr seltsame Unternehmung, daß man in einer höchst rauhen Wildniß, wo vorhin niemals eine menschliche Wohnung gewesen, eine Kirche auf­ zubauen und einen Aufenthalt für das schwache weibliche Geschlecht an­ legen wolle. Eben so ungewöhnlich und mühsam schien es, ein ebenes Feld durch die Kunst in einen Berg zu verwandeln und einen Wald, welcher wegen einer gewissen Liebes-Begebenheit, die sich auf einer Schwein-Jagd ereignet, den Namen des Frauen-Waldes führte, zu einem vom Gesänge beständig erschallenden Mönchs-Kloster zu machen. Der Urheber aller dieser sonderbaren Anstalten war ein Geist und zwar einer verstorbenen Gemahlin, welche über die Güter ihrer Familie nichts mehr zu befehlen hatte. Auch stehet nicht zu vermuthen, daß diese Ver­ ordnungen zu ihrem Nutzen etwas haben beytragen können, da sie ja mit keinem Worte von ihrer Erlösung etwas gedacht, sondern vielmehr bey der ersten Erscheinung ausdrücklich versichert, daß es ihr vorietzo gar wohl gehe; dennoch aber hat alles, was sie dem Grafen anbefohlen, in lauter Übungen der Andacht und Wercken der Barmhertzigkeit be­ standen. Uberdem verdienet dieses insonderheit bemercket zu werden, daß ein solcher Welt-Mensch, wie der Grafe gewesen, auf ein nächtliches Ee-

Der Gräfin Esterhazy Kirchen — Der Schatz der Frau v. Eberstein

sichte so starcken Glauben gesetzet, datz er sich alsobald zu den wichtigsten Unternehmungen entschlossen, ohne vorher bey der Geistlichkeit, oder wenigstens bey seinen Räthen und Bedienten sich Raths zu erholen, zu­ malen da zu denselben so grosse Unkosten erfordert worden, daß die Er­ ben des Grafen noch ietzo daran zu bezahlen haben. Zugleich mutz man sich auch darüber verwundern, datz dieser Graf sich so unumschränckter Gewalt bedienet, und seine Bediente bey angeführten Verordnungen ihres Herrn nicht das geringste einzuwenden gefunden, da doch sonst dergleichen Staats-Leute, ihrer Pflicht gemätz, das Herrschaftliche Inter­ esse bestens zu beobachten suchen, um so viel ihrer Pflicht ein Genügen zu thun, als auch bey den Nachfolgern, sich beliebt zu machen. Hier aber fand sich niemand der das Hertz gehabt hätte, sich dem Gräflichen Befehl zu widersetzen; sondern es wurde ohne eintzige Überlegung an allen drey Orten mit dem kostbaren Bau, welchen die erschienene Gräfin angeord­ net, der Anfang gemacht; Woraus denn zu fchlressen, datz dieselbe bey Lebe-Zeiten über das Hertz ihres Gemahls eine grosse Gewalt müsse be­ sessen haben, da dieser auch nach ihrem Tode ihrem Befehl in allen Stücken nachgelebet. Nach vielen Jahren sind endlich diese drey kostbare Gebäude nebst allen darzu verordneten Stiftungen, wiewohl noch bey Leb-Zeiten des Grafen, vollkommen zum Stande gebracht worden, da sie vielleicht sonst bey denen Erben ins stecken möchten gerathen seyn. Ich erinnere mich aber, datz die Unterthanen dieser verstorbenen Gräfin sie gleichsam für eine Heilige halten; ja wenn es die Geistlichen zuliesien, so möchte vielleicht schon vor langer Zeit von ihren Kleidern nichts mehr übrig seyn, inmassen iedwedes Hautz sich eines grossen Heiligthums rüh­ men würde, wenn sie ein Stück davon aufweisen könten.

70. Der Schatz der Fra« v. Eberstein Es hat sich A. 1685. vom 9ten Oktober bis zum löten selbigen Monats zugetragen, datz die Hoch-Adeliche Frau Philippina Agnes von Eberstein, gebohrne Werthern aus dem Hause Brück so wohl bey Tage als Nacht, wenn sie auf ihrem Bette ruhen wollen, an den Händen und Ar­ men ein Kneipen empfunden, welches sie heftig geschmertzet, auch ver­ ursachet hat, datz die Haut mit Blut ziemlich unterlauffen gewesen. Je­ doch hat sie noch nichts dabey gesehen, sondern nur ein heimliches OhrenLispeln dieses Inhalts vernommen: datz sie, wenn es sechs schlagen würde, auf den Hof gehen und allda einen verborgenen Schatz heben solle. Man hat aber die Adeliche Frau nicht so fest bey ihren Händen halten können, datz ihr nicht selbige mit Gewalt zurück gezogen und gekneipet wären. Insonderheit wurde ihr am besagten 9ten October zu Abends durch Lispeln zu verstehen gegeben: Weil sie kurtz zuvor um 6. Uhr nicht mit gehen wollen, (ölte sie die gantze Nacht hindurch gequälet werden, bis sie sich des folgenden Morgens um die sechste Stunde mit zu gehen entschliessen würde. Allein diese rechtschaffene und gläubige Christin hat solches beständig abgeschlagen, und mit dem angebotenen

Der Schatz der Frau v. Eberstein Schatz-Heben nichts zu thun haben wollen. Bey diesen Umständen hat sie der Pastor des Orts besuchet, und selbst an ihren Händen und Armen die Merckmahle vom Kneipen gesehen, da er denn nicht ermangelt, diese angefochtene Person nach bestem Vermögen zu trösten und auszurichten. Am löten October nach gehaltener Bet-Stunde hat sie einen Geist in Gestalt einer weiß gekleideten Nonne neben ihr stehend wahrgenommen, welche mit einem rothen Creutz auf dem Haupte bezeichnet war, und nebst einem Pater noster in der rechten Hand ein weises Vorsteck-Tüchlein, wie die von Adel bey Leich-Begängnissen zu tragen pflegen, vor dem Munde hatte. Dieses Gespenst nun, welches sonst von niemand ge­ sehen worden, hat die Adeliche Frau die Nacht über nicht eine Minute schlaffen lassen, und ob sie gleich von 6. bis 7. Personen gehalten worden, hat man dennoch das Kneipen an Händen, Schultern und andern Glied­ massen, so ihrer Aussage nach der Geist verübet, aus deutlichen Zeichen abgenommen. Nachmittage hat der Herr von Eberstein ihr Gemahl, so eben damals an einem Fieber darnieder lag, sich aus seinem KranckenBette vor Anmuth erhoben und zum Eespenste gesaget: Wenn es der Teufel wäre, was es in seinem Hause zu schaffen hätte und warum es seine Frau dergestalt quälte? Hierauf hat dasselbe geantwortet, iedoch daß es die Frau von Eberstein nur allein hören und sehen können: Sie wäre kein Teufel, sondern eine von Trebra; sie hätte vor gar langer Zeit auf ihrem Hofe, so vor dem das Trebraische Gut geheissen, und der Herr von Eberstein von seinem Vater dem Eeneral-Feld-Marschall er­ erbet, wegen Unruhe des Krieges einen Schatz vergraben, und wäre sol­ chen wiederum zu heben durch den Tod verhindert worden. An dem eigentlichen Orte, den sie auch zu einer andern Zeit gewiesen, hätte da­ zumal keine Capelle sondern Kühe- und Schwein-Ställe gestanden. Be­ sagten Schatz aber solle die Adeliche Frau und niemand anders bekom­ men, weil sie die Stuben und Zimmer, welche sie ehedesien bewohnet, vortrefflich auszieren und erneuern lassen. Sie hat auch noch weiter an­ gehalten, daß sie in bevorstehender sechsten Stunde mit gehen, ihren Beicht-Vater und andere im Hause zu sich nehmen, dabey andächtig beten, auch sonderlich das Lied: Freu dich sehr, o meine Seele, und der­ gleichen mehr singen möchte. Zugleich versicherte der Geist, es solle ihr kein Leid wiederfahren, und wenn auch gleich der daselbst liegende schwartze Hund ihr einige Furcht verursachen würde, so wolle er doch solchen alsobald hinweg führen, damit ihr nicht der geringste Schaden wiederführe. Nächst diesem beschrieb das Gespenst der Adelichen Frau, worin der Schatz eigentlich bestünde. Es wäre nemlich allda eine silberne Kanne, in welcher drey Pater noster befindlich, welche sie in eine Catholische Kirche wieder verehren tönte; ingleichen drey schöne güldene Ringe, so dem Ebersteinischen Geschlecht sollen überlassen werden, und wovon dastelbige beständiges Glück zu gewarten haben solle. Das übrige be­ stünde in einem grossen Stück Geldes an Gold- und Silber-Müntzen, wo­ von sie vor allen Dingen ihr einen Grab-Stein aufrichten und diese Worte einhauen lasten solle:

Der Schatz der Frau v. Eberstein

Habe Danck für deine Gaben, EOtt der wird dich ewig laben. Ein Theil des Schatzes solle die Kirche des Orts neu zu decken und sonst ad pios usus verwendet werden, das übrige aber falte die Adeliche Frau vor sich behalten und denen Ihrigen zu Nutz kommen lassen. Nach diesen Worten fuhr der Geist noch weiter fort: Deine Tochter Liesgen fall in 4. Jahren auch einen Schatz heben, so von meiner Schwester ehemals ver­ scharret worden, als aber der Geist mit diesen und andern Vorstellungen dennoch nichts ausrichten tonte, fuhr er mit unablätzigen Kneipen fort, die Adeliche Frau zu ängstigen, welche hingegen beständig sich weigerte, in des Geistes Begehren zu willigen. Hierauf hub derselbe einige mal an zu weinen, datz auch so gar von denen Thränen das Vorsteck-Tüchlein starck benetzet wurde, bis daß endlich die Stunde von 5. bis 6. Uhr unter grosser Hertzens-Angst und stetigem Gebet so wohl der Adelichen Frau als aller Umstehenden vor dieses mal auch vorbey gegangen. Wie nun hierauf am lßten October der Pastor des Orts sich frühe morgens wie­ der eingefunden, und mit ihr nach Erforderung seines Amts von diesem Zufall sich weitläuftig unterredet hatte, gab er ihr zu mehrern Unter­ richt und Trost eine von ihm selbst eiligst aufgesetzte Vorschrift, wie sie sich bey dieser schweren Anfechtung zu verhalten hätte; welche auch mit besondern Vergnügen von ihr angenommen worden. Es hat aber die­ selbe gleichwohl denselben Tag und die folgende Nacht abermals ein stetiges Kneipen und grosse Hertzens-Angst empfunden, indem der Geist wieder erschienen und zum öftern die Worte von sich hören lassen: Du solst und must den Schatz heben. Da auch am folgenden 17ten October zur Bet-Stunde in der Kirche geläutet wurde und die Adeliche Frau, um sich gleichfalls dahin zu erheben, in Begleitung ihrer Leute durch den Hof gehen wolte, stund der Geist vor der Brücke auf der lincken Seite und gab ihr durch Wincken die Stelle, wo sich der Schatz befünde, zu erkennen, und ungeachtet sie ihre Augen weggewendet, den Muff vor das Gesichte gehalten und fortgegangen, ist ihr derselbe dennoch bis an die Kirche auf dem Futz nachgefolget; welches ebenfalls nach verrichteten EOttes-Dienst geschehen, da er ihr den Ort, wo sonst nichts als Schutt zu sehen war, unter einem grossen Steine, der sich in die Höhe begeben, eröffnet gewiesen. Nachdem aber die Adeliche Frau nebst ihren Gefähr­ ten sich mit Fleiß von derselben Seite abgewendet und dem Geist zu ent­ kommen gesucht, hat dieser sie um EOttes Willen, etwas darauf zu werffen, gebeten, auch sie bey ihrem Unter-Rock ergriffen und so fest gehalten, daß sie ihm mit genauer Noth entgehen können. Hierauf ließ das Gespenst zu unterschiedenen malen die Worte von sich hören: hättest du etwas darauf geworffen, so hättest du nun den Schatz und wärest hin­ gegen der Qual und Schmertzen überhoben. Auch hielte der Geist noch immer an, sie falte Ja sagen, datz sie, wenn die Zeit käme, mitgehen wolte, so würde sie von dem Kneipen gäntzlich befreyet seyn. Gleichwie aber die Adeliche Frau solches zu thun sich beständig weigerte: Also wurde auch ihre Qual und Hertzens-Angst täglich vermehret, datz man

Der Schatz der Frau v. Eberstein

auch für nöthig befand, so wohl öffentliche als besondere Eebeter dieserhalb anzustellen. Ja weil endlich an statt der gehofften Änderung die Sache nur immer ärger wurde, hielt man für rathfam, davon an höhern Ort Bericht abzustatten und Information einzuholen, was bey der Sache vorzunehmen wäre. Man bekam hierauf von einer berühmten Theo­ logischen Facultät ein Responsum Jnformatorium, worin dasselbe die Sache an und vor sich für gefährlich achtete, und nebst leiblicher Artzeney zu den geistlichen Waffen Anleitung gab, zum Mitgehen und Schatz­ graben aber gar nicht rathen wolle. Inzwischen wurde die Adeliche Frau einsmals von einem ihrer Anverwanden besuchet, da der Geist wiederum inständig anhielt, sie möchte sich doch zu Hebung des Schatzes entfchliessen oder solches wenigstens durch iemand anders verrichten lassen. Hierauf hat dieser gute Freund, wiewohl wider ihren Willen, endlich solche Ver­ richtung auf sich genommen, um zu sehen, ob durch dieses Mittel die geplagte Frau von ihren Schmertzen könte befreyet werden. Alsobald hat der Geist, wie die Patientin hernach berichtet, für Freuden gleichsam in die Hände geklopfet, sich frölich bezeuget und ihrer mit Kneipen eine Zeit lang verschonet. Nichts desto weniger zeigte sich derselbe ferner bey Tage und Nacht und drung auf das Mitgehen sehr heftig, über welcher be­ ständigen Erscheinung, so damals schon in die dritte Woche gewähret, die Adeliche Frau unbeschreibliche Hertzens-Angst empfunden, auch weder einige Lust zum Essen, noch die geringste Nacht-Ruhe erlangen können, wozu noch andere natürliche Zufälle und heftige Convulsiones nebst öfters wiederholten Ohnmachten gekommen, daß sie darüber gantz hin­ fällig wurde und iederman besorgte, sie würde das Leben endlich einbüssen; wie sie denn auch mit gröstem Leidwesen aller Anwesenden am 17ten ejusdem bereits männiglich gute Nacht gegeben, und sich zum seli­ gen Abschied fertig gehalten. Man ließ zwar einen berühmten Medicum kommen, welcher die besten Artzneyen wider dergleichen Convulsiones angewendet; es haben aber solche nicht das geringste verfangen, ohne daß der Zustand der Patientin erträglicher worden wäre; vielmehr hat sich bey Ausgang der dritten Woche das fchmertzliche Wehe sonderlich Abends und Morgens von 5. bis 6. Uhr auch wohl drüber, dergestalt gehäuffet, daß man die grosse Angst und Bewegungen, auch zugestossene Ohnmachten, wovon die Adeliche Frau oft mehr todt als lebendig ge­ schienen, nicht ohne Mitleiden und Thränen ansehen können. Jedoch hat sie diesen Jammer mit Gebet und Thränen gedultig ertragen, da sonst ohne Göttlichen Beystand ihr unmöglich gewesen wäre, solche gewaltige Anfechtungen eine Stunde auszustehen. Am löten desselben Monats sind auf Befehl des Hochgebornen Grafen und Herrn Johann Georg zu Mansfeld dero General-Superintendent und Praefes im Conststorio Herr Johann Rösner und Herr Jacob Friederich Erfurt, Gräflicher Consistorial- und Hof-Rath um sich nach dem Zustande der Sache zu erkundigen, auch fernere Verfügung darin zu machen, von Eisleben zu Gehofen an­ gelanget, da denn in derselben Beyseyn des Abends und darauf folgen­ den Morgens der Paroxysmus sich abermal heftig erzeiget, und der Geist

Der Schatz der Frau v. Eberstein vor dem Bette neben besagten Herrn gestanden, wiewohl er von nie­ mand als der Patientin gesehen worden. Man hat hierauf an allerhand guten Anstalten zu ihrer geistlichen und leiblichen Verpflegung nichts erwinden lassen, doch aber nochmals der Göttlichen Schickung stille halten müssen, wie denn diese beyden Commissarien in gröste Verwunderung und Erstaunen gerathen, wenn sie die heftigen Paroxysmos und motus Convulsivos, auch gewaltsame Brust-Schläge, welche bey iederman ein hertzliches Erbarmen erwecket, mit angesehen. Indessen verblieb die Pa­ tientin beständig in ihrem andächtigen und inbrünstigen Gebet, indem es vielmal geschehen, daß, wenn sie in Ohnmacht verfallen und man mit Beten immer fortgefahren, dieselbe dennoch, nachdem sie durch das Ge­ schrey und Klagen der Ihrigen wieder ermuntert worden und zu sich selbst gekommen, alsobald ins Gebet mit eingestimmet, als wenn sie stets mit gebetet hätte. Nach dieser Zeit hat sich die Ruhe und der Appetit zum Essen wieder gefunden, auch haben die Paroxysmi am folgenden Tage bald gelinder, bald stärcker abgewechselt, iedoch daß die drey letzten Bewegungen, wenn es bald sechs schlagen wollen, allezeit heftiger ge­ wesen. Auch sind die schmertzlichen Stigmata oder Mahl-Zeichen nicht aussen geblieben, wovon nach der Patientin Bericht der Geist allerhand Ursachen angeführet, z. E. daß dessen Bildniß in der Kirche beschimpfet, von dem Gesinde gefluchet, oder sonst etwas begangen worden. Es haben sich also an den Händen und Armen noch immerzu einige Merckmahle gezeiget, ob gleich die Patientin, so lange sie nur gekont, ausgeblieben und sich des Bettes enthalten, auch sich so wohl zur Kirche als zur Tafel verfüget. Am Freytag-Abend als den 30ten November, da gleich der so­ lenne Buß- und Fast-Tag vorbey war, und die Adeliche Frau mit zu Tische saß, sahe man an ihr wider Gewohnheit ausser denen ordentlichen Stunden eine plötzliche Veränderung und einige Hertzens-Stösse, welche ihrer Aussage nach daher entstanden, weil der Geist unter währender Mahlzeit zur Stube hinein gekommen, zu ihr getreten, frölich in die Hände geschlagen und gesaget: Es wäre ihm lieb, daß sie wieder mit zu Tische sitzen tönte, auch zugleich versichert, daß sie den Schatz noch heben solte. In den nachfolgenden Tagen ist es bey der Abwechselung geblieben, allein am 3ten December, Montags nach dem ersten Advent haben sich nebst denen leiblichen auch geistliche Anfechtungen verspüren lassen, in­ dem die Adeliche Frau den gantzen Tag über sehr traurig gegangen und immer geroeinet, auch endlich gesprochen: Ob sie denn allein eine so große Sünderin wäre, daß EOtt sie vor andern so viel Elend und Angst erfahren liesse, und was dergleichen Zweifelmüthige Reden mehr waren. Nachdem nun der Pastor des Orts zu ihr gekommen, und durch Vor­ haltung einiger Macht-Sprüche und aller ersinnlichen Trost-Gründe ihr Gemüth aufzurichten gefuchet, hat er es durch EOttes Gnade so weit ge­ bracht, daß sie sich bald wieder zufrieden gegeben; Auch hat sie die fol­ genden Tage nicht wieder daran gedacht, und sich ausser den Früh- und Abend-Stunden von 5. bis 6. Uhr gar wohl befunden, maßen der Pastor, ihrem Verlangen nach, mit ihr nach Franckenhausen verreiset, da sie den

Der Schatz der Frau v. Eberstein gantzen Tag wohl auf gewesen. Des Abends aber gegen 5. Uhr, wie sie bald wieder nach Hause gelanget waren, hat ihre gewöhnliche Angst sich wieder eingefunden, indem das Gespenst, ihrem Bericht nach, ihnen ent­ gegen gekommen und sich zu ihr in die Chaise gesetzet, worauf auch bey ihrer Zurückkunft die Stunde bis 6. Uhr mit unterschiedenen Ohnmach­ ten, unter stetigem Zuruffen und Gebet der Umstehenden, zugebracht worden. Bon derselben Zeit an sind die Angst-Stunden Morgens und Abends etwas heftiger als sonst gewesen, bis die Adeliche Frau am löten December frühe nach dem Paroxysmo zwar ein wenig aus Mattig­ keit eingeschlummert, dabey aber dennoch unter beständigem Zureden des Pfarrers sehr beunruhiget worden; worauf sich der Geist vernehmen lassen, daß solche Anfechtung gar nicht der Sünden halber geschähe, auch ihr verwiesen, daß sie solchen traurigen Eedancken nachhienge, Massen ihr ja bekannt wäre, daß sie eine Christin und auf Christum getaufst, auch ihr HErr Christus sie mit seinem theuren Blute erlöset hätte. Sel­ bigen Abend ist ein heftiger Paroxysmus erfolget, und hat der Geist sich wider Gewohnheit, nach der ordentlichen Stunde, vor ihr noch immer sehen lassen, auch stets um und neben ihrem Bette gestanden, als ob er ihr aufgewartet. Als sie aber ihr Kammer-Mägdgen geruffen und sie mit warmen Tüchern zu reiben befohlen, hat der Geist, aus was für Ur­ sachen, ist unbekannt, sich gantz zornig angestellet und die Patientin mit einem Pfui angefahren, worauf sie sich aus dem Bette bringen lassen und einige mal das Kneipen an der Hand empfunden, die Nacht aber wenig Ruhe gemessen können. Sonntags darauf als den löten December hat der Geist sie so wohl Morgens als Abends zu gewöhnlichen Stunden wiederum heftig angegriffen, daß der Paroxysmus so stark, als niemals vorhin, gewesen, wobey sich das Gespenst verlauten lassen: daß die bösen Schul-Knaben über dem Trebraischen Gemählde in der Kirche gewesen und ihr Bildnitz mit Ruthen geschlagen hätten. Dieses mal haben die Convulstones und Hertzens-Angst ihr sonderlich bey Ausgang der Stunde dermaßen zugesetzet, daß der allerstärckste Mensch nicht ver­ hindern können, daß sie nicht hoch in die Höhe wäre geworffen worden; Zudem hat das schmertzliche Brust-Wehe so heftig angehalten, daß die inwendige Materie von der Brust über sich gestiegen und man besorgen müssen, es würde eine gäntzliche Erstickung darzu schlagen. Diesem Übel wurde aber dennoch durch Göttliche Gnade also vorgebauet, daß es keine schlimme Folgen nach sich zog, ausser daß die Patientin noch mit einiger Unruhe die Nacht über beschweret war. Am 19ten December wurde sie von einem Tertian-Fieber überfallen, welches sie ohngefehr sechs mal erschütterte und hernach am 25ten ejusdem als am ersten Christ-Tage in ein hitziges verwandelt wurde. Dieses griff nun die Adeliche Frau gar starck an, und sie wurde wegen öfters zustosfender Ohnmacht und anderer Zufälle dermaßen abgemattet, daß man sie fast rmmer für todt hielte, wobey auch ein oftmaliges Kneipen verspüret worden. Als man nun gewöhnlicher maßen mit eifrigem Gebet anhielt, redete sie der Geist mit diesen Worten an: Bete doch dein Lied: JEsu meine Freude, hat auch,

Der Schatz der Frau v. Eberstein

da sie in der Angst etliche Verse aus gedachtem Liede versetzet hatte, solches an ihr getadelt. Nachdem ein anwesender guter Freund hierauf gefraget: ob er der Geist, weil er wegen des Gebets eine Erinnerung thäte, auch auf Christum getaufft wäre und ob Christus auch für ihn gelitten hätte? hat er zur Antwort gegeben: Ich bin so wohl getaufft, als du, und Christus ist so wohl für mich gestorben, als für andere. Sonst haben die Anfechtungs-Stunden von der Zeit an bis zum Schluß des alten Jahres immerfort abgewechselt, und ist der heilige Neu-Jahrs-Abend mit einem sehr heftigen Paroxysmo beschlossen worden. Als die Adeliche Frau am Neu-Jahrs-Tage zur Kirche gehen wolle, hat sie unterwegens wiederum zu unterschiedenen malen ein Kneipen empfunden, wovon ihr der Arm mit Blut unterlauffen gewesen; sie ist aber dem ungeachtet zum Nachmittags EOttes-Dienst dem Höchsten zu Ehren und dem Teufel zum Trotz in die Kirche gegangen. Am 4ten Januarii hat sie aufs neue ein oftmaliges Kneipen verspüret, und die gantze Nacht in grosier Angst zubringen müssen, weil der Geist fast gar nicht von ihr gewichen und ihre Arme mit solcher Gewalt angezogen, daß man in den ©elenden das unterlauffene Blut sehen können, welches bis auf den 16ten ejusdem ge­ währet. Alsdenn oerlohr sich das Fieber allgemählig und wurde ihr von vornehmen Freunden gerathen, daß sie nicht allein den Geist verächtlich halten, schimpflich abweisen und von sich stossen, sondern auch den Ort verändern und sich einige Tage anderswo aufhalten solle. Sie ist derowegen am 17ten Januarii mit ihrem Eh-Eemahl und dem Amts-Hauptmann von Hunden nach Allstaedt auf einem Schlitten gefahren; allein es hat diese Reise die gehoffte Wirckung gar schlecht gethan, sintemal der Geist gleichfalls dahin gekommen, und ihr mit Kneipen grosse Angst und Schmertzen verursachet, wie sie denn auch mit demselben einen harten Wort-Streit so wohl die gantze Nacht hindurch, als insonderheit früh Morgens gehabt, da der Geist unter andern zu ihr gesprochen: Wärest du mit gegangen, so hättest du und ich Ruhe. Die Patientin hingegen hat ihn, wie man ihr vorhin gerathen hatte, in die Hölle verwiesen, ja sich endlich gar bereden lassen, Feuer auf ihn zu geben. Denn als sie am 19ten Januarii frühe einen harten Kampf ausgestanden, und darauf zu Mittage mit den andern nach Bachra zu ihren Anverwanden fahren wolle, stund der Geist wieder bey der Brücke, um ihr Gesellschaft zu leisten. So bald sie aber seiner ansichtig geworden, faßte sie einen Muth und schoß mit einer Pistole nach demselben, gab auch, da er ihr gleich­ wohl auf der Seite folgen wolle, mit der andern Pistole Feuer auf ihn, und setzte sich so gleich auf den Renn-Schlitten, um davon zu fahren. Alsobald gab ihr der Geist einen starcken Druck auf die Hand und folgte dem Schlitten auf hundert und mehr Schritte nach, worauf sie zwar ihren Weg ohne Anstoß fortgesetzet und zu Bachra glücklich angelanget sind; Des Abends aber um 5. Uhr hat sich der Geist auch daselbst eingefunden und ihre Arme und Hände mit solcher Heftigkeit angegriffen, gerungen und gediehet, daß man in Sorgen gestanden, es würde alles an ihr zer­ malmet und zerbrochen werden. Der Geist gebrauchte sich dabey dieser

Der Schatz der Frau o. Eberstein

hönischen Reden: Das ist für dein Schiessen, da schieß mehr, ich will dir dein Schiessen einträncken. Dieses daurete dieselbe Nacht und den folggenden Morgen, wiewohl die Patientin Hernachmals, da der Super­ intendent Roesner nebst einem Gräflichen Rath am 25ten Februarii zu ihr gekommen, solches zum höchsten bereuet hat, daß sie diesem Rath, so ihr von einem vornehmen Geistlichen ausser der Grafschaft Mansfeld gegeben worden, so unbedachtsame Folge geleistet hätte. Man hat ihr so dann weitläuftigen Unterricht ertheilet, daß dieses Mittel, einem Geist zu begegnen, weder in der Natur und Vernunft, noch in der heil. Schrift gegründet sey, indem ein Geist von einem Cörper und leiblichen Kraft nicht verjaget werden fönte, daher auch der HErr Christus sagte: Diese Art fähret nicht aus, denn durch Beten und Fasten. Alles dieses hat die Patientin mit vernünftigem Beyfall angenommen und bekräftiget, auch den grossen EOtt um Verzeihung ihres Vorwitzes demüthig gebeten. Vis auf den 21ten Februarii hat sie vielfältiges Kneipen und Drucken er­ litten, denselben Tag aber ist sie unter grausamen Arme-Winden von dem Geist also angeredet worden: Was hilft dich dein Schiessen Du solst dein Lebtage einen Calender an deinen Armen haben, weil du nach einem Geist geschossen; dieser rechte Arm, mit dem du geschossen, soll es fühlen; Warum schiessest du nicht mehr? Latz ein paar Kugeln ein­ laden, ja bestelle ein paar starcke Knechte mit Prügeln und latz tapfer zuschlagen und schiessen, so wirst du denn sehen, was du ausgerichtet hast. Den 22ten dieses Monats haben die Schmertzen über alle Massen zu­ genommen, und unter währender Angst hat der Geist zu der Patientin gesaget: Bete doch aus dem Liede: Meinen JEsum latz ich nicht, den vierten Vers: Meinen JEsum latz ich nicht. Wenn mich meine Sünden quälen, Wenn mein Hertz und Satan spricht: Sie sind grotz und nicht zu zehlen, Spricht Er: Sey getrost mein Kind, Ich, ich tilg all deine Sünd. Nach der Anfechtungs-Stunde ist die Adeliche Frau gantz abgemattet liegen geblieben und unter währender Mahlzeit ist sie wieder von dem Geist also angeredet worden: Bete aus dem Liede: Gedult ist euch oonnöthen: den sechsten Vers: Gedult setzt ihr Vertrauen Auf Christi Tod und Schmertz, Macht Satan ihr ein Grauen, So faßt sie ihr ein Hertz; Und spricht: Zürn immer hin, Du wirst mich doch nicht fressen Ich bin zu hoch gesessen. Weil ich in Christo bin.

Der Schatz der Frau v. Eberstein Hierauf hat sie zwar die gantze Nacht wenig Ruhe doch etwas mehr, als die vorige, gehabt, und ist mit Gebet und allem Fleiß wohl in acht genommen worden, daß also der Geist vor dißmal keine Macht gehabt, seinen Zweck zu erreichen. Gleicher Gestalt ist es auch den 23ten hujus ergangen, dabey der Geist mitten im Paroxysmo des Abends der Pa­ tientin ins Ohr gesaget: Warum betest du nicht aus dem Liede: Frisch auf, meine Seel, verzage nicht, den dritten Vers: Trotz sey dem Teufel und der Welt, Von EOtt mich abzuführen. Auf ihn mein Hoffnung ist gestellt, Sein Gutthat thu ich spüren; Denn Er mir hat Gnad, Hülff und Rath In seinem Sohn verheissen, Wer EOtt vertraut, hat wohl gebaut, Wer will mich anders weisen? Am 24ten Februarii ist der Kampf wiederum sehr heftig gewesen, ab­ sonderlich in denen drey letzten Stössen, wobey ihr auch die stärksten Ohnmachten zugesetzet. Dieses hat noch einige Tage nach einander ge­ währet, und wenn ein heftiger Kampf vorbey gewesen, hat der Geist gleichsam mitleidend zu der abgematteten Frau von Eberstein gesprochen: Ich muß dich ein wenig in Ruhe lassen. Er ist auch selbst ans Fenster getreten, als wenn er sich abkühlen wolte; oder hat sich gar aus den Zimmer begeben, wiewohl er gar geschwinde wieder herein gekommen und sie aufs neue zu ängstigen angefangen. Auch ist dieses wohl zu mercken, daß nach der Patientin Bericht der Geist in währender Anfechtung schnell, wie ein Pfeil oder Blitz, bald hie, bald da, unten und oben, um und neben ihr herumgefahren. Die Abwechselung solcher Angst hat bis auf den 5ten Marin angehalten, da abermals der General-Superinten­ dent Roesner nebst dem Hof- und Berg-Rath Schräder von Eisleben zu ihr gekommen, da sie sich denn ausserhalb dem Bette aufgehalten und herum gegangen, auch die beyden Fremden freundlich bewillkommet, mit sich in ihre obere Stube geführet, von unterschiedenen Materien mit gar gutem Verstände mit ihnen gesprochen und bis gegen 5. Uhr Abends bey ihnen sitzen geblieben. Da nun das Licht solte angezündet werden, hat sie sich in einen Winckel zur rechten Hand der Stuben-Thüre gegen über nieder gesetzet, um daselbst ihren Paroxysmum, welcher sie sonst allezeit sich ins Bette zu legen nöthigte, sitzend abzuwarten. Die andern beyden musten sich auf ihr Begehren vor ihr auf Stühlen niederlassen, welche zwar gewahr wurden, daß ihr eine Angst zuzustoßen begunte; nichts desto weniger fuhr sie in ihrem Gespräch immerfort und ließ auch zu­ weilen eine fröliche Bewegung von sich blicken. Ehe man sich es aber versähe, überfiel sie in einem Augenblick der Paroxysmus dergestalt, daß sie unterschiedene Hertz-Stösse bekam und ihr Leib ein Vater Unser lang sehr heftig beweget wurde, unter welcher Zeit man immer mit andäch­ tigem Gebet anhielt, bis der Paroxysmus wiederum, und zwar stärcker

Der Schatz der Frau v. Eberstein als das erste mal sich äusserte und die Patientin gar in eine Ohnmacht versetzte. Nachdem sie nun wieder zu sich selbst gekommen, sprach sie: Da gehet es zur Stuben hinaus, wiewohl die Anwesenden nicht das ge­ ringste gesehen. Sie betete hierauf sehr andächtig nach überstandener Anfechtung, war auch bey der Tafel gantz aufgeräumt, daß man sie nicht für diejenige Person hätte halten sollen, die kurtz vorher dergleichen Zu­ fälle ausgestanden. Unter währender Mahlzeit sagte der Superintendens zu ihr: Er wolte wünschen, so glückselig zu seyn, daß er ihr die Meinung beybringen fönte, es sey ihr wircklich kein Geist erschienen; Sie gab darauf zur Antwort: Sie wünschte es auch, daß sie dessen über­ redet werden tönte, allein sie sähe ja den Geist mit ihren Augen, und ihr jüngstes Töchterlein würde denselben gleicher Gestalt gewahr, als welches wegen noch ermangelnder Rede denen Umstehenden mit Fin­ gern zeigte, auf welcher Stelle in der Stube der Geist sich befinde. Her­ nach nahmen obbesagte beyde Personen von ihr Abschied, mit dem Er­ bieten, daß wenn sie folgenden Morgen bey Herannahung ihres Paroxysmr dieselben um sich leiden konte und sie würde erfordern lassen, sie sich willigst wiederum einfinden wollen. Die Patientin lieh sich solches gar wohl gefallen, und erkennte sich desfalls zum höchsten Danck ver­ bunden, fügte aber hinzu, sie wolte nur erwarten, wie sich der folgende Paroxysmus anlassen würde. Nachdem sie aber dieselben nicht herbey ruffen lieh, giengen sie des Morgens von freyen Stücken zu ihr, um nach ihrem Zustande sich zu erkundigen. Sie gab ihnen darauf zu ver­ nehmen, dah sie eine schlafflose Nacht gehabt, indem der Geist die gantze Zeit über in der Stube gewesen und sich über ihr kleines Kind hergeleget, dah solches auch aus der Wiege habe müssen genommen werden. Sie bat demnach, man mochte auf der Cantzel für sie bitten lassen, wor­ auf der Paroxysmus nur zu gewissen Zeiten sich eingefunden. Allein den 18ten und 20ten hujus hat selbiger die gantze Nacht fortgedauret und sind der Patientin unterschiedene Religions-Scrupel eingefallen, welche sie aber nicht allein selbst aus Gründen der heil. Schrift widerleget, son­ dern auch das heil. Abendmahl verlanget hat. Hierüber ist der Geist heftig erzürnet worden und hat dieselbe, da sie zum Beicht-Stuhl gehen wollen, beym Arm zurücke gehalten, wiewohl sie sich im Namen EOttes loh gerissen und ihren guten Vorsatz auch wircklich vollzogen. Dieses hat den Geist noch mehr gereitzet und erbittert, sintemal er ihr unter der Vet-Stunde den Mund zugehalten, dah sie nicht mit beten und singen können, welches auch nachher öfters erfolget ist. Uberdem hat der Geist des Nachts wie ein Centner schwer auf ihr gelegen, und sie dermassen gedrucket, dah sie sich nicht rühren können, bey Tage aber fort gefahren, ihr Gemüth mit Gewissens-Scrupeln zu verwirren. Unter andern stellte ihr derselbe ein trauriges Prognosticon auf die Marter-Woche, wenn sie unter der Zeit in sein Begehren nicht einwilligen wolte; er war auch den gantzen Tag um sie herum, woraus sie sich leicht die Rechnung auf einen traurigen Abend machen können, welcher auch allezeit darauf er­ folget ist: ja er hat seine Macht nach und nach so verstärcket, dah er sie

Der Schatz der Frau v. Eberstein — 3m Paradies gewesen

mit Gewalt aus dem Bette ziehen wollen und 6. bis 7. Personen kaum vermögend gewesen, sie zurücke zu halten, und ist solches auch des Mor­ gens mit besonderer Heftigkeit geschehen. Am 28ten aber ist die gröste Noth erfolget, indem der Geist alles vorige Beginnen und gewaltsames Angreiften auf einmal verübet, sie durch Kneipen gequälet, ihre Arme und Hände gedrehet, sie mit ihren eigenen Händen geschlagen, ihr den Mund zugehalten, den Hals gedrücket, auch mit aller Macht versuchet, ob er sie aus dem Bette stürtzen möchte. Nach diesem heftigen Anfall sind die Umstände einige Tage durch bald leidlicher, bald schlimmer ge­ wesen; Wiewohl sie nun oft aus geringen Ursachen von dem Gespenst sehr gekniepen worden, so ist doch der Zustand bis auf die Marter-Woche noch zu ertragen gewesen. Bey Anfang derselben aber, hat es wie eine Maus in ihren Fingern, Armen und Hertzen zu nagen angefangen, wo­ bey das Kneipen, Drehen und grosie Hertzens-Angst dergestalt zuge­ nommen, daß man sie kaum im Bette hat erhalten können. Als sie nun deshalben den andern Tag mit ihrem Ehe-Liebsten zu ihren Befreunden nach Brücken gefahren und auf diese Art einen erträglichen Zustand verhasste, hat sie dennoch daselbst von dem Geist so grausame Ängstigung, als iemals, empfunden, welches bis auf den dritten Oster-Tag gewähret, da sie ihre Rückreise nach Hause genommen. Man gab ihr zwar unterschiedliche Vorschläge und Mittel an die Hand, wie man der­ gleichen Geistern begegnen könne; allein sie hat in Beyseyn des HochGräflichen Mansfeldischen Hof-Raths Erfurts und des Herrn Diaconi von Ariern gesaget: Ehe ich etwas unnatürliches oder ungeziemendes gebrauchen wolle, wäre ich vielmehr bereit, meinen Leib nach GOttes Willen noch länger quälen zu lassen, damit nur die arme Seele erhalten werde. Endlich ist am Sonntag Quasimodogeniti frühe Morgens, als Nachts vorher die Patientin noch eins und das andere mit dem Geist geredet, gleichsam der Abschied erfolget, inmassen der Geist sich also ver­ nehmen lassen: Weil sie zu nichts bisher zu bewegen gewesen und an ihrem GOtt beständig verbliebe, so wolle er sie nunmehr verlassen und weichen: Von dieser Stunde an sind die Erscheinungen aussen geblieben und die Adeliche Frau hat nicht das geringste mehr gesehen noch sonst empfunden, wesfalls man für billig geachtet, dem Höchsten in öffent­ licher Kirchen-Versammlung am Sonntag Misericovdias Domini von Hertzen zu dancken. 71. Im Paradies gewesen

In T... einem ohnweit Leipzig gelegenen Städtgen begab es sich, daß ein junges Bauer-Mägdgen nach Gewohnheit hinaus aufs Feld gieng, um für das Vieh einen Trage-Korb mit Graß abzuholen. Unter wäh­ render Arbeit wurde sie von einem Schlaff überfallen, daher sie sich auf das abgeschnittene Graß nieder legte und ein wenig einzuschlummern begunte; da sie aber bald wieder erwachet, nahm sie das Futter und gieng damit nach Hause. Kaum hatte sie ihre Last abgeleget, als sie sich gegen ihre Mutter wegen einer zugestossenen Unpäßlichkeit beklagte,

Im Paradies gewesen — Die Berliner Weihe Frau legte sich auch ohne Anstand zu Bette. Nach einer kurtzen weile warff sie wieder alles vermuthen das Deck-Bette von sich, schlug einen Fuß um den andern, drückte die Daumen in die Faust und hub an, auf einem Futz in der Stube herum zu rollen, als wenn sie ein Kräufel-Spiel vor­ stellen wolte. Die Mutter wüste nicht, was sie in dieser Noth anfangen solle, und warff alle Betten, die ihr vorkamen, auf die Erde, damit ihre Tochter, wenn sie etwa fiele, keinen Schaden nehmen möchte. Unterdessen eilete die gute Frau in gröster Angst zu meinem Vater, welcher an dem­ selben Ort wohnhaft war, da sich denn derselbe ohne einigen Verzug dahin begab, ich aber ihm Gesellschaft leisten muste. Wir funden alle Umstände, wie uns die Frau berichtet hatte, mein Vater aber wüste nicht, was bey diesem ausserordentlichen Zufall für Artzney-Mittel zu gebrauchen wären, inmassen hierbey die erfahrensten Medici etwas aufzurathen würden bekommen haben. In der Eil fönte er also weiter nichts, als die allgemeinen Mittel anwenden, welche in Mania, Phrenesi, Malo Lunatico und dergleichen seltenen Zufällen dienlich befunden werden. Allein alle diese sonst bewährte Artzeneyen zeigten nicht die geringste Wirckung, und der heftige Paroxysmus daurte ohne eintzige Abwechselung gantzer 36. Stunden. Nach Verlaufs solcher Zeit fiel das Mägdgen auf die Betten nieder, und es schien, als wenn sie ein wenig einschlummern wolte. Wir wurden alsdenn wiederum hin beruffen, um wenigstens diese unerhörte Begebenheit mit anzusehen, wenn wir gleich keinen Rath dawider geben fönten. Da wir kaum angekommen, öffnete sie die Augen und ließ zugleich diese Worte von sich hören: Liebe Mut­ ter, ich bin im Paradietz gewesen und habe schöne Engel und Bäume gesehen, auch sehr gute Früchte gegessen; ich gehe wieder dahin, wenn ihr was zu bestellen habet, so saget es geschwind, denn um zwölff Uhr mutz ich wieder weg von hier. Mein Vater und ich hielten dafür, das Mägdgen redete aus Wahnwitz so seltsame Dinge, daher wir auch auf bequeme Artzney-Mittel dawider bedacht waren. Aber auch diese Mühe war ver­ gebens angewand, denn so bald der Seiger zwölffe schlug, gieng der vorige Tantz wieder an, und daurte ebenfalls 36. Stunden, ohne datz sie das geringste von Lebens-Mitteln und Ruhe genossen hätte. Da nun auch dieser Paroxysmus ein Ende genommen, war es nicht anders, als wenn das Mägdgen aus einem tieffen Schlaff erwachet wäre, wie sie denn so wenig von demjenigen, was mit ihr vorgegangen, als von ihrer ersten Rede einige Nachricht zu geben wüste. Und also hörte dieser Zufall auf, und man hatte nicht nöthig, derselben mit Artzney weiter zu Hülffe zu kommen.

72. Die Berliner Meitze Frau Zum voraus will ich sagen, datz die Archive unterschiedener hohen und Fürstlichen Häuser sehr viel von diesem erscheinenden Gespenst in ihren Acten aufweisen können. Denn gleichwie solches in der Rosenbergifchen und Slavatischen Familie erschienen ist; also hat man auch sichere Nach­ richt, datz eben dasselbe zu Berlin, Bareut und an andern Teutschen

Die Berliner Weiße Frau Höfen die bevorstehenden Trauer-Fälle anzukündigen pflege. Vor allen Dingen wird nöthig seyn, daß wir den Ursprung dieses Gespenstes un­ tersuchen. Es soll aber dasselbe schon vor vielen Jahren in Böhmen nicht allein zu Neuhautz, wie wir vorhin gesehen, sondern auch in den meisten Schlössern der H rren von Rosenberg und derer von Neuhautz sich oftmals gezeiget haben: Und wenn gleich eine Familie sich in mehr Linien zertheilet hat, sind sie auch bey diesen beständig geblieben, gleich als wenn sie genaue Achtung auf dieselben geben müsten. Zu welcher Zeit diese Erscheinung ihren Anfang genommen, ist ungewiß, indessen findet man bereits vor dem verflossenen Seculo, datz die Böhmischen Archive derselben erwehnen; Auch wollen einige behaupten, datz schon zu Zeiten der Herren von der Rose durch dieselbe eine Leiche angezeiget worden. Datz aber diese weisse Frau noch heutiges Tages erscheine, da­ von giebt uns der Jefuite Balbinus in seinen Miscellaneis die gewisseste Nachricht, welcher selbige auch mit glaubwürdigen Zeugnissen beweiset. Denn obgleich derselbe in alten Schriften gar vieles davon gefunden, auch verschiedene Leute davon reden gehöret; so hat er doch nicht eher geruhet, bis er augenscheinliche Zeugen angetroffen, welche ihn aus eigener Erfahrung von der wahren Beschaffenheit der Sache unterrich­ ten können. Er hat auch deren nicht wenig unter solchen Leuten ge­ funden, welche aus dem Schlosse zu Neuhautz bey Nacht-Zeit öfters ar­ beiten oder wachen müssen, worunter die Kellner, Küchen-Meister, Köche, Becker und Nacht-Wächter zu rechnen sind. Nächst diesen hat er so gar von dem Landes-Hauptmann Samuel Carolis, einem aufrichtigen Mann, ingleichen von dem P. Eeorgio Müller, welcher bey der Jefuiter-Societät ansehnliche Ämter bedienet, die Versicherung erhalten: Es habe die weisse Frau sich öffentlich um die Mittags-Zeit gezeiget, indem sie aus einem unbewohnten Schlutz-Thurm, zu welchem man wegen verfaulter Treppen nicht mehr hinauf steigen können, auf die darunter liegende Stadt Neuhautz und deren Marckt-Platz herunter geschauet. Sie wäre dem Ansehen nach gantz weitz gewesen, habe auf dem Kopfe einen weissen Wittwen-Schleyer mit dergleichen Bändern getragen, sey im übri­ gen von einer langen Statur des Leibes und von sittsamen Eeberden gewesen, da aber iedermann mit Fingern auf sie gewiesen, und sie gemeidet, datz man ihrer gewahr worden, wäre sie zwar von ihrer Stelle nicht hinweg getreten, ihre Statur aber hätte immer mehr und mehr abgenommen, gleich als ob sie weiter hinunter gestiegen wäre, bis sie endlich gar verschwunden. An der Eewitzheit dieser Erscheinung trage ich um so viel weniger Zweifel, weil ich nicht allein von der Glaub­ würdigkeit besagten Historici versichert bin, sondern auch von den Ge­ schichten der Rosenbergischen Familien und andern dahin gehörigen Umständen anderweit gnugsame Nachricht eingezogen habe. Noch mehr bestärcket meinen Glauben, da auch von andern Chur- und Fürstlichen Häusern des Römischen Reichs, so wol Reformirter als Evangelischer Religion, berichtet wird, datz sie daselbst, nach dem Zeugnitz vieler hun­ dert Menschen, einen Vorboten hoher Trauer-Fälle abgebe. Jnsonder-

Die Berliner Weiße Frau heit ist merckwürdig, daß sie sich in der Königlichen Residentz-Stadt Ber­ lin iedesmal, wenn eine solche Veränderung vorgehen soll, in einem weissen Trauer-Habit sehen lässet, wie man denn unter andern eine gewisse Relation von dem Jahr 1628. hat, daß sie sich im Monat De­ cember gezeiget, und da sie vorhin stumm gewesen, zu selbiger Zeit diese Worte geredet habe: „Veni, judica vivos et mortuos, judicium mihi adhuc superest, das ist, komm zu richten die Lebendigen und Todten, mir stehet noch ein Gericht bevor." Es ist auch in allen Brandenburgi­ schen Ländern bekannt, daß sie die zukünftigen hohen Todes-Fälle vor­ her anzeige, wie sie denn vor kurtzer Zeit, auf einem Hoch-Fürstl. Brandenburgischen Hause, da ein junger Printz unversehens gestürtzet und den Hals gebrochen, einige Tage zuvor sich am hellen Mittage hat blicken lassen. Weil man aber ohne Benennung eines glaubwürdigen Scribenten dergleichen Geschichte zu glauben billig Bedencken träget, so kan hier der Bericht des Hoch-Fürstlichen Brandenburgischen Hof-Pre­ digers, Johann Wolffgang Rentschens zu einen Beweist dienen, inmassen derselbe in seinem Brandenburgischen Ceder-Hayn davon also schreibet: Am 26ten August des 1678. Jahrs ritte der tapfere Printz Erdmann Philipp zu Bareut, von dem sich gantz Teutschland grosse Hoff­ nung gemachet hatte, von der Renn-Bahn aufs Hoch-Fürstliche Schloß und stürtzte mitten im Hofe etliche wenig Schritte vor der Stiege mit dem Pferde, von welchem Fall er dergestalt verletzet wurde, daß er nach Verlaufs zwey Stunden seinen Heldenmüthigen Geist aufgeben muste. Man hatte diesen unglücklichen Ausgang anfänglich nicht vermuthet, weil er nach dem Falle alsobald aufgestanden, die Treppe hinauf ge­ gangen und sich wegen seines tapfern Muths nicht mercken lassen, daß er Schaden genommen habe. Man hatte aber kurtz zuvor auf dem HochFürstlichen Schlosse einige Omina und Vorbedeutungen seines Todes wahrgenommen. Denn es hatte nicht allein die weisse Frau, welches Phaenomenon bey bevorstehenden Trauer-Fällen dieses Hoch-Fürstlichen Hauses zu erscheinen pfleget, sich aus dem Leib-Stuhl dieses Printzen sehen lassen, sondern sein Pferd war auch die gantze Woche wie rasend und wilde gewesen, worüber dieser unvergleichliche Printz selbst in grosse Sorge gerathen, und sich um seines Herrn Vetters Hoch-Fürstliche Durchlauchtigkeit Herrn Marggraf Christian Ernst, welcher sich damals bey der Käyserlichen Armee befunden, gar sehr bekümmerte, und nur gewünschet, daß es demselben nichts böses bedeuten möchte. Dieses sind des obbemelten gelehrten Mannes eigene Worte, aus welchen auch zur Gnüge erhellet, daß die weisse Frau zu seinen Zeiten eine gewisse Vor­ bedeutung grosser Veränderungen in dem Hoch-Fürstlichen Vrandenburgischen Hause gewesen; Jedoch ist der Ursprung dieses Gespenstes und dessen Erscheinung aus Böhmen herzuleiten. Es ist bekannt, daß das Haus Rosenberg wegen seines grossen Ver­ mögens, hohen Ansehens und Fürsten-mästigen Staats jederzeit in so gros­ ser Betrachtung gewesen, daß auch hohe Fürstliche Häuser sich mit demselben in genaue Verbindung einzulassen kein Bedencken getragen. Die Ee-

Die Berliner Weiße Frau malin Herrn Wilhelms von Rosenberg hat Sigismundi Königs in Pohlen Tochter zur Mutter gehabt, er selbst aber hat sich viermal durch Vermählung mit hohen Fürstlichen Häusern, als dem Braunschweigi­ schen, Brandenburgischen, Baadischen und Bernstädtischen verbunden; da es ihm denn iederzeit ein grosses gekostet, die Braut so wol, als dero hohe Anverwanden mit ansehnlichen Eeschencken zu beehren; Absonder­ lich hat er dieses gegen das Brandenburgische bewiesen, wie aus der Geschichte dieser Familie zu sehen ist. Daher mag es nun vermuthlich geschehen seyn, daß sich gedachte weisse Frau auch zu einigen solcher HochFürstlichen Häuser gewendet und sich daselbst bey bevorstehenden mercklichen Veränderungen eben so wol, als auf bemelten Böhmischen Schlös­ sern ja auch bey andern Höfen, welche mit jenen in Verwandschaft ge­ standen, zum öftern sehen lassen. Ich will die Meinung des aufrichtigen Jesuiten Balbini, welcher die Verrichtung dieser weissen Frau mit grossem Fleitz untersuchet hat, hier­ von entdecken. Seine Worte aber sind folgende: Die Thaten reden deut­ lich gnug davon, datz die weisse Frau in der Liebe EOttes verharre. Denn es kan weder ein böser Engel, noch eine verdammte Seele auf solche Weise sich stellen und verstellen, daß nicht zuweilen, wie wir aus vielen Exempeln wissen, entweder ein böses Wort, oder wegen der Pein, welche die verdammten allenthalben begleitet, eine Anzeige der Ver­ zweifelung, oder auch eine Teufelische grausame Stellung der Geberden hervor blicke. Diese weisse Frau aber lässet in ihrem Gesichte nichts als sittsame Bescheidenheit, Zucht, schamhaftiges und gottseliges Wesen er­ scheinen. Denn man hat gar oft gesehen, datz sie zornig geworden und ein finsteres Gesicht wider diejenigen gezeiget, welche wider EOtt oder die Religion lästerliche unanständige Reden ausgestossen haben; Ja sie hat dieselben auch wol mit Steinen und was ihr sonst in die Hände gekommen, verfolget. Hierzu kömmt noch ihre sonderbare Liebe gegen die Armen und Dürftigen; denn alle alte Documenta und EedächtnitzSchriften stimmen hierin überein, die weisse Frau habe den so genann­ ten süssen Brey, welchen man den armen Unterthanen am Tage der Einsetzung des heiligen Abendmahls kochet, nebst dem übrigen Gastmahl verordnet und gestiftet; weswegen sie denn, so oft wegen schlechter Zei­ ten, oder feindlicher Gefahr, oder anderer Ursachen halber solche Gut­ that an den Armen unterlassen wird, sich gantz unruhig und übel ver­ gnügt bezeiget, auch nicht eher nachlässet, bis denen Armen die gewöhn­ liche Varmhertzigkeit wiederfahren, da man sie wiederum frölich und munter siehet. Ich habe, schreibet er ferner, von glaubwürdigen Leuten vernommen, datz, als vor 30. und mehr Jahren die Schweden nach Er­ oberung selbigen Schlosses und der Stadt diese Mahlzeit den Armen auszurichten entweder vergessen oder vorsetzlicher Weise unterlassen hat­ ten, die weisse Frau dergestalt getobet und ein so grausames Getümmel vorgenommen, datz die Bewohner des Schlosses hätten verzweifeln mö­ gen. Die Soldaten-Wache wurde verjaget, geschlagen und von einer

Die Berliner Weiße Frau geheimen Gewalt zu Boden gestürtzet. Es begegneten denen Schild­ wachen mancherley seltsame Gestalten und blasse Gesichter, die Officiers selbst wurden bey Nacht aus den Betten und auf der Erde umher ge­ zogen. Da man nun gantz keinen Rath wüste, diesem Übel zu steuren, sagte einer von den Telezensischen Bürgern zu dem Schwedischen Commendanten, es wäre denen Armen die jährliche Mahlzeit nicht gereichet worden, und rieth ihm, er solle dieselbe nach der Vorfahren Weise alsofort ausrichten lassen. Nachdem solches geschehen, hat man im Schlosse unverzüglich Ruhe bekommen, und ist es überall von Gespenstern so stille worden, daß auch so gar die Winde sich zur Ruhe geleget zu haben geschienen. Es findet sich aber, wie gemelter Autor hinzu füget, in denen Jahr-Geschichten des Neuhausischen Jesuiter-Lollegii, die weisse Frau habe noch eine nähere Anzeigung gethan, daß sie ein guter Geist sey. Denn als im Jahr 1604. am 24ten Januarii der letzte von der vor­ nehmsten Neuhausischen Familie, die in ihrem Wapen eine güldene Rose im blauen Felde führte, Namens Joachim, auf seinem Schlosse in tödtlicher Schwachheit lag, und gleichwol niemand einen Priester aus dem Collegio holte, klopfte die weisse Frau gantz leise an die Thüre, trat darauf ins Gemach hinein zum Rector des Collegii Nicolao Pistorio, dessen sich Herr Joachim meistentheils zum Seel-Sorger bediente, und ermahnte ihn, er falte eilen und das heilige Sakrament mit sich zu dem Krancken hintragen, sintemal derselbe nicht länger mehr als eine Stunde zu leben hätte. Der Pater gehorchte dieser Ermahnung, liess alsobald mit dem Sacrament fort, traft den Patienten schon int Todes-Kampfe an und ertheilte ihm auf angehörte Beichte die Absolution samt dem himmlischen Zehr-Pfennig. Diese wichtige Verrichtung der weissen Frau begreiffet, nach gedachten Balbini Urtheil, einen starcken Beweist in sich, dah sie in einem trefflich guten Zustande und bey einem guten frölichen Gewissen seyn müsse. Diese seine Meinung desto mehr zu bestätigen, bringet er noch dasjenige bey, was man sonst von der weissen Frau erzehlet habe, daß nemlich, als Frau Latharina von Montfort die Frau Maria von Hohen-Zollern in ihrer Kranckheit zu Bechin besuchet, und nicht gleich eine Fackel bey der Hand gewesen, dieselbe sich alsobald dar­ gestellet und mit einer Fackel voran gegangen sey. Daß dieses Gespenst wircklich dergleichen Dinge vorgenommen, kömmt mir gar nicht unglaub­ lich vor, wenn ich bedencke, daß sie auch an andern hohen Höfen in Teutschland oftmals recht seltsame Handlungen verübet. Unter andern hat sich folgendes mit einer grossen Fürstin zugetragen: Es war dieselbe mit einer von ihren Kammer-Jungfern in ihrem Zimmer vor den Spie­ gel getreten, um einen neuen Aufsatz zu versuchen; da sie nun jene gefraget hatte: Wie viel die Uhr geschlagen? trat die weisse Frau un­ versehens hinter der Spanischen Wand hervor und sagte: Zehen Uhr ist es, Ihre Liebden, worauf dieselbe Fürstin zum heftigsten erschrocken, etliche Tage hernach bettlägerig geworden, auch nach Verlaufs weniger Wochen der Welt gute Nacht gegeben. Aus angeführten Verrichtungen will Balbinus erweisen, daß diese weisse Frau eine bey GOtt in Gna-

Die Berliner Weiße Frau — Bertha von Rosenberg

den stehende Seele sey. Er redet aber von ihrem Ursprung folgender Massen: Was den Namen derjenigen Person anlanget, welche durch die weisse Frau vorgestellet wird, so ist es die Frau Perchta von Rosenberg. 73. Frau Perchta Ich weiß mich aus meiner ersten Jugend gar wol zu erinnern, daß wenn mich und mein Geschwister der tobende Muthwille desselben Alters ausser den Schrancken der Gebühr hat führen wollen, wir von unserer Kinder-Muhme nicht anders zum Gehorsam sind gebracht worden, als wenn sie das eintzige Wort: die Frau Perchta kömmt, von sich hören lassen, welches uns wie die Küchlein unter die Flügel der Gluck-Henne hat zusammen treiben können. 74. Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben Man erzehlet durchgehends, daß die weisse Frau als eine Wittwe er­ scheine, welches die Kleider-Tracht, worin sie sich sehen lässet, zu er­ kennen giebst. Wenn man aber nachgesetzte Umstände und Anzeigungen erweget, so wollen sich dieselbe auf keine andere Person aus dem Rofenbergischen Stamm, als auf besagte Perchtam reimen. Diese hatte wegen ihres klugen Verstandes bey der gantzen Familie eine besondere Hoch­ achtung erworben, wie sie denn auch die Neuhausische Herrschaft für ihre unmündige Vettern regieret hat. Diese hat obbemelte Mahlzeit, so man den süssen Brey nennet, für die Unterthanen gestifftet, sie hat das alte Neuhausische Schloß erbauet, sie ist endlich von einem bittern Affect, wie es der Autor nennet, eingenommen, von der Welt abgeschieden, welcher Umstand vielleicht diese starcke Reinigung mag nach sich gezogen haben, daß sie daher bey der Rosenbergischen, auch andern mit derselben ver­ wanden Familien erscheinet, und weil sie für selbige annoch eine be­ sondere Neigung bey sich heget, die bevorstehenden Sterbe-Fälle zu er­ kennen giebst. Ihre Geburt setzet Balbinus zwischen das Jahr 1420. und 1430. weil er keine genauere Nachricht davon haben können. Ihr Vater Ulrich von Rosenberg soll der andere dieses Namens gewesen seyn, wel­ cher mit seiner ersten Gemahlin Catharina von Wartenberg, die A. 1436. verstorben, diese Perchtam, oder nach Italiänischer Mund-Art Bertham, erzeuget hat. Dieser Ulrich von Rosenberg war Ober-Vurggraf in Böh­ men und durch des Römischen Pabstes Ansehen zum obersten Feld-Herrn über die Römisch-Catholische Trouppen wider die Hußiten verordnet; gedachte Perchta aber wurde an Herrn Johann von Lichtenstein einen mächtigen Steyrischen Frey-Herrn im Jahr 1449. vermählet, welcher Hernachmals in eine viehische und übele Lebens-Art verfallen. Wie man in einem alten Rosenbergischen document liefet, ist diese Heyrath sehr schlecht ausgeschlagen und das Ehe-Bette der Perchte zu einem unglück­ lichen Wehe-Bette geworden, wie sie denn bey ihren Anoerwanden wi­ der ihren Gemahl hat Hülffe suchen müssen. Daher ist es gekommen, daß

Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben sie die Beleidigung und unbeschreibliche Drangsalen, so sie von dem­ selben erlitten, Zeit ihres Lebens nicht hat vergessen können, welches ihr doch als einer rechtschaffenen Christin obgelegen. Endlich wurde dieses unglückselige Band durch ihres Gemahls Absterben getrennet, worauf sie mit Freuden zu ihrem Bruder Heinrich den 4ten, welcher A. 1451. zu regieren angefangen und A. 1457. ohne Erben gestorben, sich nach Böh­ men verfüget. Hierauf ziehet Balbinus sehr viele Merckmahle der ihr beywohnenden sonderbaren Klugheit an, und machet endlich den Schluß, es könne die weisie Frau keine andere, als die Frau Perchta von Rosen­ berg seyn, weil mit derselben alles dasjenige, so von der weissen Frau erzehlet wird, am genauesten überein komme. Sein letzter und seiner Meinung nach kräftigster Beweist ist dieser: In dem alten Neuhausischen Gebäude stehet ein Bild in menschlicher Lebens-Grösse, welches die weisst Wittwe, nemlich oft gemeldete Perchtam vorstellet,' selbiges siehet, nach Aussage derer, welchen die weisse Frau begegnet ist, derselben so ähnlich, als wenn es ihr so zu sagen aus den Augen geschnitten wäre. Es füget der Autor annoch die Geschichte von Peter Wock hinzu, welches, nach einem andern alten Manuskript des Krumlauischen Archivs, Hermann von Rosenberg gewesen. Endlich führet Balbinus alle diejenigen Schlös­ ser an, in welchem die weisse Frau gesehen werde: nemlich: Krumlau, Reuhaust, Trzebon oder Wittengau, Jtlobocka oder Frauenberg, das Schloß zu Bechin und dasjenige zu Tretzen. Im lßten Capitel des inten Buchs machet er noch andere namhaft, wenn er schreibet: Es sey für eine der grösten Göttlichen Wohlthaten zu achten, daß die Herren von Schwamberg ebenfalls durch der weissen Frau Erscheinung ihres bevor­ stehenden Todes erinnert würden, indem sie sich auf dem sehr alten Schlosse Kraselow oder Schwamberg so solcher Zeit habe sehen lassen, auch nach Aussage der Bedienten noch vor dem Tode der letzten Ge­ brüder derselben Familie erschienen sey. In dem Schlosse der Verlearum und der Lippaeorum, schreibet er ferner, siehet man noch heute zu Tage die weisse Frau, und wird die wahre Gestalt derselben, in welcher sie ums Schloß herum wandelt, den Leuten auf einem an der Wand han­ genden Gemählde gezeiget. Hierbey erinnert er sich, von einem OrdensMann gehöret zu haben, daß einige Jungfern und Mägde einsmals nach Mittage im Schlosse herum gegangen, allerley Kurtzweil und Muth­ willen unter sich getrieben und zuletzt einander das Vildniß der weissen Frau mit starckem Gelächter gewiesen. Mitten unter solchem Schertz sey plötzlich ein Geräusch entstanden, worüber sie allesammt erschrocken fortgelauffen, der letzten aber, welche durch eine verborgene Gewalt zurück gehalten wurde, sey der Rock aufgehoben, und durch eine unsichtbare Hand ein derber Schilling zum Lohn für den getriebenen Muthwillen gegeben worden, worüber sie bitterlich zu heulen angefangen, und sich kaum mit grosser Mühe los machen können. Solches alles habe besagter Ordens-Mann selbst mit angesehen, wiewol er vielleicht hierin seiner Ordens-Regel zuwider gelebet, inmasien er entweder bey dergleichen Muthwilligen Volcke sich nicht einfinden, oder ihrem unanständigen

Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben — Der Neuhauser Brei

Unternehmen steuren sollen. Balbinus berichtet auch von dem wüsten Schlosse Tollenstein, auf welchem, dem gemeinen Gerüchte nach, viele Schätze verborgen liegen sollen, daß dasselbe gleichfalls von der weissen Frau bewohnet oder besuchet werde, ja daß dieselbe oftmals zum Fen­ ster heraus gucke, und von denen vorbeygehenden Wanders-Leuten als eine lebende Person gegrüsset werde. 75. Der Neuhauser sütze Brei Es weiß dir iedwedes Kind in derselben Gegend zu sagen, was der süsse Brey sey, welcher so wol zu Neuhautz, als auch zu Telz denen Un­ terthanen und armen Leuten mutz ausgerichtet werden. Zu dieser Mahl­ zeit versammlet sich aus der gantzen umliegenden Nachbarschaft eine solche Menge armer Leute, datz alsdenn in Neuhaufischen Schlosse zum wenigsten 7000. zuweilen auch wol 9000. bis 10000. Gäste gezehlet wer­ den, wie solches Balbinus aus eigener Erfahrung bezeuget. Sein Bericht davon ist dieser: Es setzen sich ie 12. und 12. in denen Schlotz-Plätzen zu Neuhaus auf die Erde zusammen, indem eine so grosse Anzahl Men­ schen in denen Gemächern des Schlosses nicht Platz gnung finden würde. Damit aber keine Unruhe oder Unordnung vorgehen möge, zehlet man die Tische, und werden zu iedweden besondere Aufwärter verordnet, welches keine gemeine Leute, sondern lauter Beamte, Raths-Bediente und ansehnliche Bürger der Stadt sind. Gemeiniglich gehet der zeitige Besitzer des Schlosses nebst einigen vornehmen Gästen vor dem Gepränge der Gerichte her, träget die erste Schüssel auf und hat den gantzen Haus­ sen der Tafel-Diener hinter sich. Weil es aber nicht wol möglich, datz eine so grosse Menge Bolcks an einem Ort und zu einer Zeit zugleich speisen möge, so lässet man auf einmal nicht mehr Gäste ein, als der Raum des Platzes verstattet. Wenn diese sich gesättiget haben, müssen sie durch die Hinter-Psorte des Schlosses hinaus gehen, und man lässet eben so viel durch das Thor wieder hinein, bis datz alle mit einander gespeiset und der völligen Mahlzeit theilhaftig geworden sind. Die Speisen aber, so man ihnen vorsetzet, sind folgende: Erstlich wird ein drey-pfündiges Brodt aufgeleget, hernach eine Suppe von Bier oder anderer Brühe, die gar wohl mit Butter versehen, ferner zweyerley Gerichte Karpfen und endlich der so genannte süsse Brey aus einer Hülsen-Frucht, welcher von dem Honig, so ehemals darzu genommen wurde, der süsse Brey benennet worden. Bon dünnen Bier reichet man einem iedweden, so viel er immer verlanget, worzu noch sieben Pretzeln von SemmelMehl für iede Person kommen. Die meisten Gäste, sonderlich die armen, nehmen mit sich nach Hause, was sie nur können und bringen deswegen ihr eigenes Geschirr mit sich. Oft berührter Balbinus füget hinzu, es habe ihm Graf Ferdinand von Slavata damaliges Haupt dieser Familie zum Ruhm solcher Freygebigkeit erzehlet, datz bey diesem Gastmahl der armen etliche Eebräude Bier aufgiengen und gantze Fisch-Teiche aus­ geleeret würden. Was die erste Stiftung dieser Armen-Mahlzeit an-

Der Neuhauser süße Brei betrifft, so schreibet mehr besagter Autor, wenn man ihn ehedessen dar­ um gefraget, habe er keinen andern Bescheid darauf zu geben gewust, als daß dieselbe vermuthlich der Eutthätigkeit gottseliger Vorfahren ihren Anfang zu banden habe: Wenn man aber weiter in ihn gedrungen, in welchem Jahre solches geschehen und wie die ersten Stifter mit Namen geheissen? habe er stille schweigen müssen, bis er endlich, durch obgedach­ ten Grafen Ferdinands und des Ober-Verwalters Samuel Carolidis Vergünstigung, in denen Jahr-Büchern gesunden, daß bey einem ieden Jahr der süsse Brey ausgezeichnet, auch bemercket gewesen, wie viel man jedesmal auf die Sättigung so vieler tausend Mäuler gewendet habe. Allein der erste Ursprung ist ungeachtet aller von ihm angewandten Mühe so wenig, als die geringste Nachricht anzutreffen gewesen, woraus man im Original hätte eine Verordnung ersehen können, kraft welcher der Besitzer des Schlosses und Vorsteher dieser Familie zu solcher reichen Spende verbunden wäre. Es kan seyn, daß das Stiftungs-Document in einer Feuers-Brunst oder durch andere Zufälle in so langer Zeit verlohren gegangen; jedoch bezeuget diese alte Gewohnheit zur Enüge, daß eine so ausserordentliche Mildigkeit nicht ohne Ursache oder von ohngefehr aufgekommen seyn müsse. Weil nun in den alten Schriften und Documentis der Familie nichts gefunden worden, hat gedachter Graf die allerältesten Leute zu sich beruften und iedweden besonders befragen las­ sen: Ob und was sie wegen des Herkommens dieser Easterey von ihren Vor-Eltern vernommen hätten? Unter diesen befunden sich einige 90- ja wol 100jährige Ereisie, welche fast mit einem Munde zur Antwort ga­ ben; sie hätten von ihren Vätern und von alten Leuten gehöret, es wäre ehedessen eine sehr vornehme Matrone gewesen, welcher man die Vor­ mundschaft und Erziehung der verwayseten Herren von Neuhaus anver­ trauet hätte. Diese wäre wegen ihrer gewöhnlichen Wittwen-Kleidung die weisse Frau genennet worden und sey nach der Vorfahren Bericht eben diejenige, welche bisweilen im Schlosse erschiene. Dieselbe habe an­ gefangen, das Neuhausische Schloß zu bauen, welches Werd mit grosser Beschwerung der Unterthanen viele Jahre durch fortgesetzet worden, in­ dem das Aufführen der Wälle, der Bau der Thürme, die Zuführung des Kalds und anderer Bau-Materialien eine grosse Mühe erfordert habe. Indessen habe gedachte Frau den frohnenden Unterthanen freundlich zu­ gesprochen und sie damit getröstet, daß diese Arbeit mit ehesten aufhören, und ihnen alle Tage der verdiente Lohn mit baarem Gelde solte bezahlet werden. Unter andern habe sie ihnen diese Worte zugeruffen: Arbeitet für eure Herren, ihr getreue Unterthanen, arbeitet wenn wir das Schloß werden zu stände gebracht haben, will ich euch und allen euren Leuten einen süssen Brey vorsetzen; denn diese Art zu reden gebrauchten die Alten, wenn sie jemand zu Gaste luden. Nachdem nun der mühsame Bau seine Endschaft erreichet, welches nach Aufsage dieser alten Leute im Herbst geschehen, habe die Frau, ihrem Versprechen nach, allen Unter­ thanen ein herrliches Mahl zugerichtet und unter währendem Esten zu ihnen gesaget: Zum stetigen Andenden eurer Treu gegen eure liebe

Der Neuhauser süße Brei — Johann von Nepomuk Herrschaft sollet ihr jährlich eine solche Mahlzeit haben, also wird das Lob eures Wohlverhaltens bis auf die späten Nachkommen fort grünen. Nach der Zeit aber hätten die Herren für besser gehalten, daß man diese Mahlzeit aus dem Herbst auf dem Gedächtniß-Tag der Einsetzung des heil. Abendmahls verlegte, indem an demselben auch sonst die Armen von reichen und vornehmen Christen auf milde Art bewirthet würden. Diese Veränderung des Tages wäre eben so alt noch nicht, und würde sich nicht über hundert Jahr erstrecken. 76. Böhmische Wunder Man findet im Königreich Böhmen nur allein von den ausgeübten Wunderwercken unterschiedener Bilder grosse Volumina angefüllet. Du darfst nur das Leben des eintzigen Wenzeslai ehemaligen Königs in Böhmen, dessen Blut man noch gantz frisch an der Mauer zu AltBuntzel zeiget, durchlesen, wie auch die Nachrichten von Procopio einem vertriebenen Abt und nachmaligen Einsiedler, dessen Gebeine allen Arten der Teufel, wie sie auch immer heissen mögen, eine Furcht ein­ jagen und sie in die Flucht treiben, ein wenig durchblättern; so wird dir fast eine unzehlbare Menge von Wunderwercken vorkommen, von welchen du doch schwerlich behaupten wirst, daß dieselben bloß allein durch natürliche Kräfte hervorgebracht werden. 77. Johann von Nepomuk In der gantzen Römischen Christenheit kennet man den berühmten Johannem von Nepomuck einem Bergstättloin in Böhmen, welcher nicht nur durchgehends selig gepriesen, sondern auch in das Register der Hei­ ligen eingezeichnet worden. Die Ursache seines Märtyrer-Todes ist bekanter masten diese: Weil er dasjenige, was die Königin Johanna ihm in der Ohren-Beichte entdecket hatte, ihrem Gemahl Käyser Wenceslao, welcher sie wegen Ehebruchs in Verdacht hatte, nicht offenbaren wolle, ließ ihn dieser nächtlicher Weile von der grossen Brücke zu Prag in die Moldau stürtzen. Nach seinem Tode aber hat dieser heilige Mann mit Wunder-Zeichen so herrlich zu leuchten angefangen, daß man fast in gantz Böhmen nicht gnug Notarios zu glaubwürdiger Aufzeichnung sei­ ner Thaten antreffen können. Ich will vorietzo aus einer so grossen Menge nur zwey Exempel beybringen. Dieser Heilige wird unter den Römisch-Catholischen für einen sonderbaren Beschützer der menschlichen Ehre gehalten, und findet man fast keine Kirche, in welcher ihm zu Ehren kein Altar erbauet wäre, damit ein iedweder Christ in der ihm zustostenden Noth zu desselben Bilde seine Zuflucht nehmen könne. In einer Weltbekannten Stadt in den Spanischen Niederlanden hatte A. 1706. eine vornehme Adeliche Wittwe einen sehr wichtigen Proceß durch Unvorsichtigkeit ihres Advocaten verloren, da sie denn von ihren Anverwandten aller liegenden Grund-Stücke beraubet, aus ihren Eü-

Johann von Nepomuk lern vertrieben und mit einem sehr geringen Unterhalt versehen wurde. Nun war an demselben Orte kurtz vorher von einer hohen Person der Dienst dieses heiligen Johannis von Nepomuck eingeführet, und dem­ selben zu Ehren ein sehr prächtiges Denckmahl in der Kirche aufgerich­ tet worden. Wie demnach besagte Wittwe sich von aller menschlichen Hülffe entblößet sahe, indem ihr schon die letzte Appellation war abgeschla­ gen worden, und sich hingegen erinnerte, daß dieser Böhmische Heilige ein Beschützer der Verlassenen seyn solle, gehöret zu haben; so nahm sie zu demselben ihr eintziges Vertrauen, verfertigte mit eigenen Händen eine Bitt-Schrift und übergab ihm selbige mit dem Ansuchen: Weil die Zeit zu kurtz wäre, dem regierenden Herrn des Landes ein Memorial selbst zu überreichen, so möchte er die Mühe übernehmen, solches an Ort und Stelle zu schaffen, damit die Execution und der ImmissionsTermin durch höhern Befehl möchte zurück gezogen werden. In dieser kindlichen Zuversicht besuchte sie zu einer solchen Zeit die Kirche, da andere Menschen wegen weltlicher Geschäffte an keine Andacht zu gedencken pflegen; sie legte ihre Bitt-Schrift mit der sichern Hoffnung auf den Altar, es werde dieser grosse Heilige schon dafür sorgen, daß selbige dem Landes-Herrn zu hohen Händen überliefert würde, und kehrte darauf mit etwas beruhigtem Gemüthe nach Hause. Des folgenden Morgens eilete sie mit grosser Begierde wiederum zu der Kirche, um zu sehen, ob der Heilige seinem Amte gebührender maßen nachgekom­ men sey? Da sie aber ihre Supplic auf dem Altar an eben der Stelle, wo sie solche des vorigen Tages hingeleget hatte, annoch liegen sahe; so wurde sie durch diesen Anblick in einen solchen Verdruß und Kleinmüthigkeit versetzet, daß wenig fehlte, der Heilige hätte von ihr im Zorn einen guten Vorrath von Schimpf- und Schmäh-Worten auf den Hals bekommen. Sie nahm also mit gröstem Anmuth ihr vermeintes Memorial von dem Altar, in der Absicht, dasselbe alsobald zu zerreißen; allein da sie solches eröffnete, musie sie wieder alles Verhoffen er­ fahren, daß der Heilige nur gar zu geschwinde und sicher in seiner Ex­ pedition sich verhalten, weil er vielleicht seines eigenen Nutzens halber diese Proceß-Sache befördern wollen. Sie erblickte nemlich ein König!. Decret, welches von dem Landes-Herrn eigenhändig unterschrieben war. und wodurch das wider sie ergangene Urthel unkräftig gemachet, ja gäntzlich umgestoßen wurde. Sie zeigte solches ihrem vorigen Advocaten, welcher zwar nicht begreiffen tonte wie es mit der Sache zugegangen, doch aber bemeldtes Decret im Namen seiner Clientin an gehörigen Orten aufzuweisen, sich kein Bedencken machte. Im Gericht aber wurde ohne fernere Untersuchung beschlossen, diese Frau als eine Zauberin, welche noch darzu durch des Teufels-Künste, und Nachahmung des Kö­ nig!. Namens ein Crimen laefae Majestatis begangen, in Verhaft zu nehmen. Und freylich war es menschlicher Vernunft sehr schwer zu be­ greiffen, wie es möglich seyn könte, nach der Zeit, da das Urthel publiciret worden, aus einem so weit entlegenen Lande ein widriges Decret einzuholen? Sie wurde also ohne Verzug fest gemachet und in einen

Johann von Nepomuk — Die Altenburger Götzen

finstern Kercker geworffen, allwo sie nichts anders als ein schmähliches Todes-Urtheil zu gewarten hatte, wie man denn die Sache vorher an die hohe Landes-Obrigkeit gelangen lassen. Kaum aber waren 3. Wo­ chen verflossen, als man ein Königliches Rescript mit der beygefügtem Nachricht erhielte, daß dasselbe Memorial an eben demselben Tage von Jhro Königl. Majestät eigenhändig sey unterschrieben worden; Die Gelegenheit darzu habe ein alter ehrwürdiger Canonicus gegeben, wel­ cher die Sache dem Könige bestens recommendiret, und ihm unter der Versicherung, daß derselben Matrone in dem Proceß das höchste Un­ recht geschehen sey, beweglich zugeredet habe, daß Er doch als allgebie­ tender Landes-Fürft sein hohes Wort darzwischen legen und die un­ schuldige Wittwe los sprechen wolle. Hierdurch geschahe es nun, daß dieselbe nicht allein auf freyen Futz gestellet, sondern auch in den wircklichen Besitz aller ihrer Güter wieder eingesetzet wurde; ja da sie ihre Andacht zu diesem Heiligen und die darauf erfolgte Wirckung öffentlich erzehlet, hat die gantze Stadt bekennen müssen, daß der Himmel selbst sich verlassener Wittwen annehme, wenn ihnen von den Menschen keine Justitz wiederfahre. Ja dieser merckwürdige Zufall hat dem Römischen Stuhl zuerst Anlatz gegeben, darauf zu drucken, wie man diesen vorhin schon von dem Volcke heilig gepriesenen Johannem von Nepomuck durch ordentliche Canonisation der Römischen Christenheit als einen Patron in vorfallenden Nöthen darstellen möge.

78. Die Altenburger Götzen Vor gar kurtzer Zeit befand ich mich in der ehemaligen Sächsischen Residentz-Stadt Altenburg bey einer ehrbaren Gesellschaft, da denn ohngefehr von dem uhralten Chursürstl. Schloß daselbst gemeldet wur­ de, was Massen bey jetzigem Vau, da man ein altes Rondel nieder­ gerissen, die Arbeits-Leute bey Hellem Tage von heftigen Schmeißen und Poltern gar sehr beunruhiget worden. Hierbey versicherte mir eine gewisse Person, welcher auch andere beypflichteten, daß ein gemahltes Bild in der Kleidung eines alten Pohlnischen Königes an demselben Orte gestanden, welches anietzo in die Rüst-Kammer wäre versetzet worden. Von diesem Bilde habe man gewisse Nachricht, daß es den Schimpf und Schabernack, so es von einem und dem andern vorbeygehenden erlitten, niemals ungerochen gelüsten, und manchen mit so derben Ohrfeigen bezahlet, daß er aus eigener Erfahrung andere er­ innern können, wie man mit Bildern keinen Schertz treiben solle; Und eben um dieser Ursachen willen hat man obbemelte Statue in bessere Verwahrung gebracht. In dem Kirch-Thurm eben desselben Schlosses befinden sich auch einige alte Bilder von ungeheurer Grösse, welche der gemeine Mann aus Irrthum Götzen nennet, da es doch Statuen aus dem Pabstthum sind, welche gewiste Heiligen z. E. die Mutter EOttes, Johannem den Täuffer, Petrum, Paulum, Joachimum, Benedictum, und andere vorstellen, und nach Einführung der Evangelischen Reli-

Die Altenburger Götzen gion dorthin sind versetzet worden. Von diesen erzehlte mir der Küster selbigen Orts, daß sie ehedem an einer andern Ecke gestanden, da sich denn manchmal muthwillige Jungen, welche zum Läuten hinauf ge­ gangen, erkühnet denselben schimpflich zu begegnen, ja wohl gar einem davon die Nase wegzuschneiden; es hätten aber diese leblose Bilder sich dergestalt zu rächen gerauft, daß es einem und den andern bey nahe das Leben gekostet. Noch merckwürdiger ist, was mir in gedachter Stadt von 5. gewissen Statuen erzehlet worden, wodurch einige Jäger sollen vorgebildet werden, welche ehemals das rothe Wild aus dem Alten­ burgischen Gebiete verbannet haben, deren Bildnisse zur Straffe das Dach in dem Lust-Hause des anliegenden Hof-Wäldleins unterstützen müssen. Von diesen saget man vor gewiß, daß ein ieder, so denselben einen Spott erwiesen, zur Rache eine Ohrfeige von einer unsichtbaren Hand bekommen habe, wie denn noch lebendige Zeugen von dieser Sache vorhanden seyn sollen. Nicht weniger ist zu bewundern, was mir neulich eine sehr gewissenhafte Person als eine sichere Wahrheit er­ zehlet hat. Es soll sich unlängst in der so genannten Schul-Pforte bey Naumburg zugetragen haben, daß ein Schüler nächtlicher Weile gern ausser dem Vecirck des alten Elosters seyn wollen. Da er nun wegen verschlossener Thüren seinen Zweck nicht anders als durch Ubersteigung der Mauer erreichen können, habe er hierzu denjenigen Ort am be­ quemsten gehalten, wo das Bildniß eines gewissen Heiligen in der Mauer gestanden, indem dasselbe seinen Füssen statt einer Leiter oder Treppe dienen sollen; da er aber hinauf geklettert und dem Bilde die Nasen-Koppen abgetreten, wäre ihm eine derbe Ohrfeige von einer un­ sichtbaren Hand versetzet worden. Ich habe dir, lieber Andrenio, nur erst einige von solchen Exempeln vorstellen wollen, damit wir so dann desto ungehinderter den Grund dieser Zufälle untersuchen können. An­ fänglich hören wir, daß nicht allein bey den Bildern der Heiligen, son­ dern auch bey Profan-Statuen eine Rache wegen angethaner Beleidi­ gung verspüret werde: Diese Wirckung kan gleichwol nicht in dem Holtz und Steinen, als welche sinnloß sind und keine Empfindung haben, zu suchen seyn, sondern es muß solche anderswo her ihren Ursprung haben. Ein harter grober Stein, oder Holtz oder Gemählde hat freylich kein Leben in sich, das beweglich wäre; denn das Elementarische vegetabi­ lische Leben stehet darinnen stille, und ist gleichsam mit der ersten Im­ pression eingeschlossen, iedoch nicht dergestalt, daß es für ein Nichts zu achten wäre, inmassen kein Ding in dieser Welt vorhanden ist, worin­ nen nicht das Elementarische so wohl als das siderifche Regiment ver­ borgen läge, wiewohl solches in einem mehr bewegend und wirckend ist, als in dem andern. Weil aber solche harte Steine, Holtz oder Gemählde, nach dem gewöhnlichen Laufs der Natur, dergleichen Bewegungen zu verursachen unfähig sind; so müssen wir vielmehr demjenigen Geist eine magische bewegende Kraft zuschreiben, dessen Bildniß in Stein und Holtz eingehauen oder sonst vorgestellet gewesen.

Papistische Heiligtümer — Ziskas Trommel 79. Papistische Heiligtümer

Unter den wunderthätigen Heiligthümern des Pabstthums wird dir nicht unbekannt seyn, was von dem aufwallenden Blute des heil. Januarii zu Neapoli, von dem blutenden Arm Nicolai zu Tolentino, und von dem schwitzenden Bluts-Tropfen des zu Alt-Vuntzel in Böhmen von von seinem eigenen Bruder entleibten Königs Wenceslai erzehlet wird. Vielleicht hast du auch von der wunderbaren Erde zu Jtrafc'ttn gehöret, in welcher der Erotz-Mutter besagten Königs Wenceslai, nemlich Ludmillae Cörper begraben lieget, welche in ihrer Ruhe-Stätte keine andere Leiche annimmt, sondern solche insgesamt mit grossem Getöse von sich schmeisset und auswirfst. 80. Ziskas Trommel

2n der Böhmischen Historie ist der Hussitische General Ziska nicht un­ bekannt, welcher durch feine ungemeine Helden-Thaten einen unsterb­ lichen Ruhm erworben, aber auch in zwey unglücklichen Schlachten sei­ ner Augen beraubet worden. In solchem blinden Zustande hat derselbe seine Rache an denen Priestern auszuüben gefuchet, wie er denn alle Gefangene herzuführen lassen, und wenn er mit seinen Händen eine geschorne Platte angetroffen, solche Personen mit einem eisernen Ham­ mer zu Boden geschlagen, auch auf solche Art mit eigener Faust etliche tausend soll ermordet haben. Dieser grausame Krieges-Mann, den man eher einen Mörder als Märtyrer nennen möchte, da er sahe, datz sein Lebens-Ende herbeygekommen wäre, befahl in seinem letzten Willen, datz man seinem Cörper die Haut abziehen, aus dem zubereiteten Felle eine Trommel verfertigen, selbige vor der Hussitischen Armee herführen, und ehe man den Feinden ihres Glaubens ein Treffen liefferte, selbige zu schlagen anfangen solle. Vermuthlich mutz dieser alte Ereitz ein grosses Eeheimnitz in seiner Haut gesuchet haben; besagte Trommel aber wird zum Andencken bis auf diese Stunde in dem Schlosse zu AltBuntzel verwahret, und es wissen auch die Kinder davon zu reden, datz wenn ein Krieg, eine Pest, Hungers-Roth, hohe Todes-Fälle oder an­ deres Unglück über das Königreich Böhmen verhänget sey, diese Trom­ mel allezeit von sich selbst zu schlagen anfange, und einige so genannte Wirbel von sich hören lasse. So oft nun solches sich ereigne, müsse der dasige Schlotz-Hauptmann ohne Verzug dem König!. Stadthalter zu Prag Nachricht davon geben, damit man gegen alle widrige Zufälle die nöthigen Anstalten vorkehren möge. Auf gleiche Art vernehmen wir, z. E. wie die Neapolitaner, so oft das Blut ihres heil. Januarii nicht wallen will, eine gewisse Gefahr von dem Feuer speyenden Berge Vesuvio, oder ein anderes Unglück zu gewarten haben. Hingegen wenn zu Tolentino in dem eisernen Kasten, allwo die Arme des heil. Nicolai verwahret werden, ein starckes Poltern gehöret, und bey dessen Eröff­ nung die Arme von Blute schwitzend angetroffen werden, soll, ihrem

Ziskas Trommel — Junker Radibor

Vorgeben nach, der gantzen Christenheit von dem Erb-Feinde eine Ge­ fahr bevorstehen. Diese letzteren aber gehören alle beyde in die Zahl der Heiligen, und ich tönte dir aus dem Römischen Calender noch viele mehr namhaft machen, welche dergleichen Wunderwercke ausüben, und die künftigen gefährlichen Zufälle in ihren Knochen voraus andeuten sollen. 81. Das Labyrinth der Libussa Man weiset in Prag so wohl denen Einheimischen als Fremden einen Platz bey dem grossen Zeug-Hause, welcher mit aufgeworffenen Rasen bedecket, und gleich einem Labyrinth aller Orten durchschnitten ist. Wenn allhier jemand seinem eigenen Vorwitz folget, und sich in diese Jrr-Wege hinein waget, so wird er gewiß den Ausgang nicht leicht­ lich finden, noch den Fußsteig treffen, auf welchem er hinein gegangen. Von diesem Orte versichern diejenigen, welche solche Antiquitäten um ein billiges Honorarium zu zeigen pflegen, daß die Ertz-Zauberin Li­ bussa daselbst ihren Tantz-Voden gehabt und den Reyhen geführet habe. Sie fügen hinzu, daß an den Orten, welche ihr Fuß nur betreten, bis auf diese Stunde kein Graß wachsen könne. Es ist aber nicht möglich, daß in einem offenen Erdreich so lange Jahre durch ein solcher un­ fruchtbarer Zustand unveränderlich bleiben solle. Wenn wir also gleich zugeben, daß diese Libussa, nach Aussage der Böhmischen Jahr-Bücher, eine gewaltige Zauberin gewesen, welche auch vielleicht an diesem Orte ihren Tantz-Platz mag gehabt haben; so ist doch höchst wahrscheinlich, daß dieser Irr-Gang von einer Eeldgeitzigen Hand erfunden worden, und nicht so wohl zum Andencken, als vielmehr den Beutel gewisser Leute zu bereichern, annoch im Stande erhalten werde. 82. Junker Radibor Ist erinnere mich, in einer Chronic gelesen zu haben, daß allda un­ terirdische Ställe in grossen Reyhen anzutreffen sind, in welchen ge­ dachte Libussa lauter dienstbare Geister in der Gestalt schwartzer Pferde soll unterhalten haben. Von einem derselben, hat man eine gar wun­ derliche Geschichte, welche die Böhmen in einem alten Liede zu besingen pflegen. Es hielte nemlich diese Libussa einen von ihren Cammer-Jun­ ckern, mit Namen Radibor, welcher auch derselben Kunst ergeben war, einsmals gefangen, und solle ihm wegen eines gewissen Verbrechens am folgenden Tage der Kopf abgeschlagen werden. Dieser aber bat sich von dem Kercker-Meister aus, daß er auf der Pastey dieser Festung mit seinem Rappen annoch den letzten Spatzier-Ritt thun möchte, welches ihm denn um so viel leichter verstattet wurde, weil keine Möglichkeit vorhanden war, mit einem vierfüßigen Pegaso ohne Flügel aus einer solchen Festung zu entrinnen. Da er nun seinen verlangten Rappen bestiegen, und auf dem Walle ein wenig herum geritten, setzte er die

Junker Radibor — Die Prager Säule Füsse dem Pferde in die Seiten, und murmelte demselben einige Worte ins Ohr. Alsobald machte dieses mit ihm einen solchen Luft-Sprung, daß er weit über den sehr breiten Moldau-Strom einen jenseits erhobe­ nen Hügel erreichte, und von dort aus fein Leben durch die Flucht erhalten tonte. Zum ewigen Andrucken dieser Begebenheit soll an jener Seite der Moldau, wo das Pferd auf der Höhe eingesetzet, ein Denckmahl oder Marckstein eingegraben, und einige Zeit darauf dem heil. Petro und Paulo eine Kirche auferbauet seyn. Lieber Andrenio, was die von dir angeführte Geschichte und die un­ terirdischen Ställe dieser Pferde anbetrifft, so darfst du dir nicht ein­ bilden, als wenn die Geister unter Pferde-Eestalt in gewissen Ställen und Wohnungen tönten eingeschlossen oder mit gleichem Futter, wie andere Pferde, unterhalten werden. Ich selbst tan dir hiervon aus eige­ ner Erfahrung Bericht geben, denn ich habe an selbigem Orte annoch sehr altes vermodertes Pferde-Eeräthe und alles, was zu einem ordent­ lichen Stalle erfordert wird, angetroffen; Hieraus ist zu schliessen, daß in diesem unterirdischen Gebäude ehemals natürliche Pferde gestanden, welche aber vielleicht durch Zauber-Worte und andere Ceremonien auf eine Zeitlang in einen ausserordentlichen Zustand versetzet worden. Du darfst dich, lieber Andrenio, hierbey nur dessen erinnern, was Olaus Magnus und andere bewährte Geschicht-Schreiber von denen Lapp­ ländern einhellig berichten, wie sie nemlich ihre Renn-Thiere welche sonst in der Nahrung und allen Stücken, denen übrigen gantz gleich sind, durch das Einmurmeln gewisser Worte in die Ohren dergestalt abzurichten wissen, daß sie mit denselben Hernachmals rechte WunderDinge verüben tonnen. 83. Die Prager Säule Es wird dir bey der Prager uhralten Collegial-Kirche ein MeisterStück von einem dienstbaren Geiste vortommen, welcher von Rom eine über 50. Gentnet schwere steinerne Säule bis zu dieser Kirche in gar turtzer Zeit hat schleppen müssen. Die gemeineste Nachricht, so man von den Einwohnern betömmt, ist diese, datz in dem 7ten Seculo ein gewisser einfältiger Priester Namens Wazlava Kralizzeck mit dem Teufel in einer besessenen Person dieses Pact gemachet, datz wenn ihm derselbe, ehe er mit seiner Messe fertig würde, eine Säule aus der Peters-Kirche zu Rom bringen und bey Anfang der Messe unter den Worten: Jntroibo ad altare Dei, die Person, so er besessen, verlassen würde, er der Priester sein mit Leib und Seele seyn walte; Der arg­ listige Teufel habe diese Bedingung gern angenommen. Es ist aber durch Göttliche Zulassung gelungen, datz da der Priester in dem ge­ wöhnlichen Evangelio St. Johannis mit gebogenen Knien die Worte aussprach: Et verbum caro factum est et habitavit in nobis. Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, der Teufel vor der Kirche mit seiner Last antam, und selbige vor Unwillen auf die Erde schmisse, datz

Die Prager Säule — Der Lichterspuk auf dem Wissehrad

sie in drey Stücke zerbrochen, worbey er diese Worte von sich hören lassen: Nisi ter mihi in lacum cecidisset, te habuissem, wenn sie mir nicht dreymal in einen See gefallen wären, so hätte ich dich gehabt. Auf diese Art sey die besessene Weibes-Person von ihrer Noth, und der MetzPriester von seinem Pact befreyet worden. Diese Erzehlung, lieber Freund, wird durchgehends in Prag vor wahr angenommen; ich selbst habe gedachte Säule gantz genau abgemessen, und selbige in der Länge von 17. im Umfang aber von 5. Schuhen be­ funden. Wiewohl ich nun die Gewißheit derselben Sache dahin gestellet seyn lasse; so fället mir doch schwer zu errathen, aus was für Ursachen diese Säule vor die Kirche geschmissen, und warum auf einem sehr alten Bilde in der Kirchen-Mauer diese Geschichte vorgestellet worden. Man kan nicht begreiffen, wie die Säule an diesen Ort gekommen, inmassen man nach langen Untersuchen in gantz Böhmen dergleichen Stein nicht antreffen können. Ich habe solches so lange für wahr gehalten, bis ich endlich selbst nach Rom gekommen bin, da ich bey Erblickung der be­ rühmten Peters-Kirche über mich selbst recht ungehalten war, datz ich in Böhmen eine Sache aus Leichtgläubigkeit behauptet, von welcher ich anietzo in Rom das Gegentheil augenscheinlich erkennen muste, indem ich keine eintzige runde Säule in gedachter Kirche antreffen tonte. Ohngefehr aber ereignete es sich, datz ich nebst anderen Gefährten die Heiligthümer dieser heiligen Stadt besuchte, und über die Tiber in die so gegenannte Kirche Santa Maria Tras Teuere bey der Taberna Maritoria gelangte, wo man den Brunnen weisen will, welcher zur Zeit der Ge­ burt Christi von Öl soll gequillet haben. Allhier bemerckte ich mit Er­ staunen, datz in einer Reyhe 16. in der andern aber nur 15. Säulen stunden, an statt der 16ten aber war ein Creutz-Altar gebauet, welches der gantzen Kirche ein irregulaires Ansehen machte. Da ich deswegen einen Kirchem-Bedienten fragte, führte mich derselbe hinter den Altar und zeigte mir die gemahlte Begebenheit, wie man solche in Prag erzehlet: iedoch stund nicht dabey geschrieben, an welchen Ort in Böhmen erwehnte Säule sey gebracht worden, gleichwie sie hingegen in Böhmen nicht eigentlich wissen, aus was für einer Kirche sie genommen sey. Sonst aber hatte die Pragische Säule mit dieser Römischen einerley Peripherie oder Umfang, daher ich denn in meinem Glauben aufs neue befestiget wurde. 84. Der Lichterspul auf dem Wissehrad

Es werden vom Wissehrad in Prag viele seltsame Dinge erzehlet, ab­ sonderlich datz in der dasigen uhralten Collegial-Kirche, welche allezeit verschlossen ist, ingleichen auf einem andern Hügel in einer ihr gegen über stehenden Kirche zu St. Apollinaris genannt, zu gewissen Zeiten alles mit Lichtern erleuchtet scheine. Die in der Nachbarschaft wohnenden Leute versichern auch, datz sich darinnen eine douce Music hören lasse, als wenn zwey Chöre von Thum-Herren oder Mönchen mit einander

Der Lichterspuk auf dem Wissehrad — Das nächtliche Fest

ein concert machten: doch tönte man von den Worten nichts eigentliches verstehen, weil sich kein Mensch unterstünde, zu solcher Zeit hinein zu gehen. Uber dieses gehet eine gemeine Rede, datz auf dem grossen Saale in dem halb verfallenen Gebäude, wo sonst die Könige von Böhmen, sonderlich Wenceslaus der faule residiret, nicht allein von den Sol­ daten, welche auf der Höhe dieser Festung zur Pest-Zeit sich aufhalten müssen, viele Lichter, sondern auch bey der Tafel sitzende Personen, wie auch einige Bediente, so gantz geschäfftig hin und wieder liessen, oft­ mals gesehen worden. Einsmals haben sich etliche Wage-Hälse unter­ standen, den Augenschein von dieser Sache einzunehmen; Diese sind die halb verfallene Treppe hinauf geklettert, und sind mit behertztem Muth in den Saal hinein getreten, worauf die gantze Mahlzeit nebst allen beysitzenden Gästen wie ein Dampf verschwunden, doch soll zum Andencken, gleich als wenn es die Bedienten in der Eile vergessen hätten, ein grosser altväterischer vergüldeter Becher mit einem Deckel auf dem Tisch stehend seyn gefunden worden. Denselben haben diese vorwitzige mit sich genommen, und es ist keinem aus der Gesellschaft etwas widri­ ges begegnet, ausser daß sie ihrer Verwegenheit halber zu gebührender Militair-Strafe gezogen worden. Besagter Becher ist darauf von einer gewissen hohen Familie erkauffet, und wegen der Rarität mit gewissen Bedingungen auf die Familie erblich gebracht worden. Aus diesen an­ geführten Umständen scheinet nun zu erhellen, datz die Thum-Herren auch nach dem Tode noch ihre Horas verrichten, und vornehme Personen nach ihrem Abschiede aus dieser Welt noch in irdischen Dingen ihr Ver­ gnügen suchen müssen.

85. Das nächtliche Fest Ob gleich diese Geschichte einem und dem andern Schlosse in Deutsch­ land zugeschrieben wird; so habe ich doch von einer gewissenhaften Per­ son, welche die Acta aus dem Archiv eines hohen Hauses selbst gelesen, auch von dem zurücke gebliebenen Silber-Werck einige Stücke gesehen hat, sichere Nachricht davon erhalten. Ich trage aber aus gewissen Ur­ sachen Vedencken, das nur genennte und sonst sehr wohl bekannte Schloh mit Namen anzuführen. Es wird von demselben durchgehends versichert, datz es darinnen und sonderlich in einem gewissen Gemache nicht allzu­ sicher sey, wiewohl man wegen wichtiger Umstände die eigentliche Be­ schaffenheit nicht gern entdecket, ohne was aller Vorsorge ungeachtet nicht hat verborgen bleiben können. Es war in diesem Schlosse einstens eine grosse Lustbarkeit bey einfallendem Geburts-Tage des regierenden Herrn angestellet, worzu nicht allein der gantze Adel des Landes ein­ geladen wurde, sondern auch ungeladene Gäste, wie es bey dergleichen Freuden-Festins gebräuchlich ist, sich mit einfinden durften. Hier ge­ schahe solches auch, und kam unter andern ein gewisser Ritter zu dieser vornehmen Versammlung, welchen man nicht ausstossen tonte, ungeach­ tet kein Raum mehr in der Herberge vorhanden war. Man stellte ihm

Das nächtliche Fest indessen mit aller Höflichkeit vor, daß zu seiner Bewirthung keine Ge­ legenheit mehr übrig wäre, ohne ein eintziges Zimmer, welches aber wegen der regierenden Gespenster nicht könte bewohnet werden. Der Edelmann hingegen lachte hierüber gantz Hönisch mit dem Vorgeben, daß er von dergleichen Phantasien nicht viel hielte, und schätzte sich es für eine Ehre, seinen Helden-Muth in Bestreitung solcher NachtSchwärmer sehen zu lassen. Er bat demnach, weil er späte angekommen und von der Reise abgemattet wäre, man möchte ihm nur ein Licht geben und ihn selbst für das übrige sorgen lassen. Nachdem er solches bekommen, setzte er es auf den Tisch und blieb dabey sitzen, damit er das ankommende Gespenst eigentlich unterscheiden könte. Kaum war die eilfte Stunde verflossen, als sich nach und nach in dem Vor-Saale etwas immer stärcker zu bewegen und ein Geräusch über das andere zu machen anfieng. Er ließ sich hiervon anfänglich nicht sehr beunruhigen, da es aber immer stärcker überhand nahm, begonte er schon in seinem Hertzen das Hasen-Panier aufzuwerffen, wiewohl er nicht anders als denen anfangs verachteten Feinden entgegen entfliehen tonte. Nach einem heftigen Getümmel sahe er durch den grossen Kamin, der mitten im Zimmer stunde, bald einen Fuß, bald den Kopf, bald einen Arm, bald den Bauch herunter kommen, bis endlich aus solchen Theilen gleichsam in einem Augenblick ein menschlicher Körper zusammen gesetzet wurde, welcher in allen Stücken einen ordentlichen Lacquayen vorstellte. Nach diesem fielen noch mehr solcher Körper auf die vorige Weise herunter, und mag sich der gute Ritter sonderlich gefreuet haben, da er unter­ schiedene vortrefflich geputzte Frauen-Zimmer-Köpfe nebst übrigen Gliedmassen herunter rollen gesehen, welche in ihrer Zusammensetzung nicht unebene Gestalten vorgestellet, wiewohl nicht zu vermuthen ist, daß er vor das mal einer verliebten Neigung zu einer von denselben Schönen fähig gewesen. Es vergiengen wenig Minuten, so sahe er eine gantze Hof-Statt, eine gedeckte Tafel mit Silber-Service und alle nö­ thige Bedienung um sich, ungeachtet er vorietzo unter der Anzahl der Gäste zu seyn gar wenig Verlangen trug. Nachdem nun diese ansehn­ liche Geister-Eesellschaft sich zu Tische gesetzet, kam ein wunderlicher Marschall mit seinem Stabe einhergetreten, welcher von unserm Ritter verlangte, er solle als East und Fremdling mit zur Tafel kommen, und da er sich dessen weigerte, wurde ihm ein grosser silberner Becher dar­ gereichet, um daraus Bescheid zu thun. Dieser glaubte nunmehr gewiß, daß es Gespenster gebe, und kante sich vor Angst kaum besinnen: Er nahm inzwischen den überreichten Becher an, weil er besorgen muste, daß man ihn sonst wider seinen Willen dazu nöthigen würde; allein ehe er noch ansetzte, stieß ihm ein solches Grauen zu, daß er ©Ott um Schutz und Erbarmung anrieff, und den Namen JEsus mit heller Stimme auszusprechen anfieng. In demselben Augenblick war aller Pracht ver­ schwunden, und der Edelmann war dergestalt ausser sich selbst gesetzet, daß er eine Zeitlang nicht wüste, wie ihm geschehen war. Da er sich aber endlich wieder erholet, wurde er zwar gewahr, daß die Gäste samt den

Das nächtliche Fest — Der reitende Mönch Speisen das Reißaus genommen, allein er sahe zugleich, daß er seinen Becher annoch in der Hand hatte, und daß alles Silber-Service auf dem Tische stehen geblieben. Von denen Lichtern war nur das feinige mehr vorhanden, welches ihm aber von dem Tische verrücket worden, Uber das Silber-Eeräthe ist Hernachmals großer Streit entstanden, indem sich die Herrschaft desselben angemasset, da gleichwohl der Edelmann wegen ausgestandener Todes-Angst seinen Antheil davon hätte haben sollen. Es hat aber derselbe von seinem sauren Schweiß keinen andern Nutzen erlanget, als daß sein Glaube von der Existentz der Gespenster ungemein befestiget worden. Meinem Vedüncken nach zielet die gantze Sache auf nichts anders, als auf die Hebung eines verborgenen Schatzes dieser Familie, und haben also die Geister selbige Gegend so lange beunruhiget, bis solcher durch diesen Edelmann unversehener Weise gehoben worden. So viel ich von obbemeltem Freunde vernommen, hat man deswegen dem Erfinder von allem Silber-Werck nichts zukommen lassen, weil das Wapen dieser Familie auf iedwedes Gefäß gestochen gewesen, wie man denn auch die Zeit, aber nicht den Ort anzugeben gerauft, da dieser Schatz vergraben worden. Jedoch hat derselbe, zur Vergeltung wegen der ausgestandenen Angst, ein Geschenck von 460 Ducaten bekommen, ob er gleich mit Fleiß sich dessen nicht gegen andere rühmen wollen.

86. Die nächtliche Schildwache Man hat mir in Prag berichtet, daß eben auf besagtem Wissehrad zu gewissen Zeiten zwischen 11. und 12. Uhr ein Reuter zu Pferde und zwar ein gewesener General, welcher in der Belagerung dieser Festung erschossen worden, sich sehen lasse, von Posten zu Posten die Wachen visitire, und endlich, wenn es 12. geschlagen, an einer Ecke der einge­ rissenen Bastion sich in eine Casematte wiederum verliere. Diese über­ natürliche Patroulle wird noch auf diesen Tag von vielen Menschen ge­ sehen, da gleichwol die gantze Festung mit keiner Euarnison versehen ist. Man findet oft Exempel, daß sich der Teufel in der Gestalt und Ver­ richtungen solcher Leute, die dem Kriege nachgehen, gezeiget habe. Unter andern ist Welt-kündig, daß in der berühmten Niederländischen Festung Oudenarde zwischen 11. und 12. Uhr zu Mittage und in der Nacht der Teufel sich sehen lasse, auf einer gewissen Bastion die ordentliche Schildwache verrichte, und eine drey-viertel Cartaune auf der Schulder halte, so gar daß um dieselbe Gegend keine natürliche Wache darf ausgesetzet werden.

87. Der reitende Mönch In dem reichen Prager Praemonstratenser-Kloster Mons Sion ge­ nannt, begiebt sich es von dem ersten November an bis auf den VorAbend des heil. Thomas, daß sich um 11. Uhr die eiserne Pforte der

Der reitende Mönch — Der Prager Hirnschädel ordentlichen Kloster-Gruft oder Begräbnitz mit grossem Geprassel öffnet; alsdenn kömmt ein grosses falbes Pferd mit drey Beinen zum Vor­ schein, auf demselben sitzet ein Mönch in schwartzer Kleidung, welcher seinen Gaul anfänglich in dem Vorhofe des Klosters herum tummelt, hernach spornstreichs mit demselben der gemeinen Strasse zueilet, und in einem starcken Trab, wobey man eigentlich die drey Beine meiden kan, bis zu der St. Wentzel-Kirche an der Ecke des kleinen Seiten-Platzes fortjaget, allwo er das Pferd in drey Reyhen herum drehet, und mit lautem Seufzen wieder zurück kehret. Hierauf wendet er sich mit vollem Laufs zu gedachtem Begräbnitz, dessen Thüre sich vor ihm wieder aufthut und hinter ihm alsobald zuschliesset. Es hat sich zum öftern zuge­ tragen, daß vorwitzige Leute die Stunde abgewartet und zum Fenster hinaus gesehen, da denn in einem Augenblick Reuter und Pferd in dem dritten Stock mancher Gebäude zugegen gewesen, und viele Leute durch solchen unverhofften Anblick dergestalt erschrecket worden, daß sie in wenig Tagen des Todes gewesen. Es hat sich auch noch kein Mönch ge­ trauet, diesem seinen gewesenen Mit-Bruder mit einer kräftigen Be­ schwerung in den Zügel zu fahren, und ihm sein ferneres Ausreiten zu verwehren. 88. Der Prager Hirnschädel Ich mutz dir noch von einem Kloster der Stadt Prag eine seltsame Begebenheit erzehlen, welche man, meinem Bedüncken nach, nicht auf die Bewohner des Klosters ziehen, sondern von einer verborgenen Ur­ sache herleiten mutz. Es ist aber eben dasjenige Kloster, welches von der alten Kirche St. Michaelis, wo Hieronymus von Prag ehemals geprediget, den Namen führet. Das Gebäude, aus welchem dasselbe bestehet, war zu den Zeiten der Böhmischen Verwirrung das Rath-Hautz, oder wie sie es nennen, die Schlachteley der Huhiten-Secte, weil sie daselbst in unterirdischen Kellern und Gewölben ihre geheimen Blut-Urtheile auszuüben pflegten. Man verspüret dieses noch heutiges Tages zum öftern, wenn man wegen gewisser Nothwendigkeit in den Kellern grü­ bet, indem man an statt der Silber- und Eold-Müntzen Hirnschedel oder andere Toden-Knochen antrifft, welche von denen Geistlichen ehemals daselbst zur Ruhe-Stätte gebracht worden. Unter andern machet es ein recht scheutzliches Ansehen, wenn man einen gewissen Platz zwischen der Kirche und dem Kloster, welche durch einen alten höltzernen Gang mit einander verbunden werden, ein wenig genauer betrachtet. Daselbst ist eine kleine verdeckte Öffnung unter der Erde, wo man zu gewissen Eewölbern eingehet, welche man wegen Menge der Hirnschedel und an­ dern Knochen nicht übersehen, geschweige durchwandeln kan. Dieses ist in denselben Zeiten das Begräbnitz für solche Personen gewesen, welche man durch geheime Urthel und Execution vom Leben zum Tode ge­ bracht, und haben vielleicht die umliegende Teinische, Aegidische Mariä zur Lacken, Klein Stephani und Bethlehems-Pfarren die Jura Parochialia dieser Kirche streitig machen wollen. Es ist zu bewundern, dah

Der Prager Hirnschädel alle angezogene Pfarren keinen so starcken Vorrath von Knochen auf­ weisen können, da sie doch ihrer alten Begräbnitz-Freyheit noch bis auf diese Stunde geniessen. Gleichwie ehemals die Lacedaemonier ihre Tod­ ten um die Stadt-Mauren gelagert, damit sie ihre Republic beschützen möchten, und wie Salomons Bette mit 50 starcken bewachet worden; also können diese Geistlichen mit dem Propheten sagen: Mitten unter den Toden sind wir frey worden. Ob es aber für furchtsame Gemüther gar zu sicher sey, will ich eben nicht sagen, indem mir einige Ehrwürdige Personen bekannt, daß wenn sie die Litaney Aller Heiligen gebetet und zu dem Versicul gekommen: Ab omni malo libera nos Domine, von allem Übel erlöse uns, o HErr, sie die Worte hinzugesetzet haben: Specialiter a Conventu S. Michaelis Pragae, absonderlich von dem Kloster Michaelis zu Prag. Es haben auch unterschiedene Erzehlungen in vielen Gemüthern einen grossen Eindruck gemachet, daß daher ein rechter terror Panicus aus dieser Gegend entsprungen, da es doch die Nesidentz des Vicarii Generalis und anderer hoher Personen seyn solte. Manche unter ihnen wohnen daher lieber auf dem Lande, weil in diesem Klo­ ster das Poltern, Herumschmeisien und Wegziehen der Betten nebst an­ dern unruhigen Bewegungen eine gemeine Sache ist. Ich habe mit einem Kirchen-Diener und Layen-Bruder, Namens Elias Prugger, geredet, welcher zum wenigsten 40. Jahr in diesem Kloster wohnhaft gewesen, und zum öftern die Ehre gehabt, mit dergleichen Nacht-Schwärmern auch wohl um die Mittags-Stunde sich mit den Kirchen-Schlüsieln herumzu schmeissen, und dann und wann blaue Flecken davon zu tragen. Dieser hat sich einsmals gegen mich verlauten lassen: Wenn ich reden dürfte, was mir Zeit meiner Anwesenheit in diesem Kloster des Nachts und Mittags begegnet ist, so tönte man ein gantzes Buch davon ver­ fertigen, welches aber dem Kloster wenig Vortheil bringen dürfte. Das merckwürdigste in diesem Kloster ist ein gewisser Hirnschedel, welcher in dem alten Elocken-Thurm schon zu der Zeit, da die Patres daselbst installiret worden, auf einem Absatz der Mauer stehend gefunden ist, da doch niemand sagen können, wie selbiger dahin gekommen, und wer ihn an den Ort gesetzet habe, welcher auch lange Zeit allda unverrückt ste­ hen blieben. Nun haben diese Patres im Brauch, jährlich die so ge­ nannten Exercitia Spiritualia acht Tage durch anzustellen, welche auf die Betrachtung der Zeitlichkeit und des Todes, ingleichen auf die Ver­ besserung des inwendigen und Tödtung des äusserlichen Menschen ge­ richtet sind. Diese Übungen solle einstens ein junger Religiöse Namens Wilhelmus Laehrer auf Befehl seiner Obern antreten, welcher zum scheinheiligen Wesen sehr geneigt war, und andern seines gleichen in heiligen Verrichtungen etwas zuvor thun wolle. Um nun seinem Ge­ müth die Sterblichkeit desto besser einzuprägen, nahm derselbe diesen kahlen Hirnschedel mit sich in sein Zimmer, damit er solchen an statt eines Spiegels der menschlichen Gebrechlichkeit diese Zeit durch vor Au­ gen haben möchte. Er setzte denselben neben dem Bette auf seinen ge­ wöhnlichen Bet-Stuhl und begab sich darauf zur Ruhe. Da er aber kaum

Der Prager Hirnschädel mit Sterbens-Gedancken ein wenig eingeschlummert war, wurde er plötz­ lich wiederum aus dem Schlaff erwecket, indem ihn etwas bey der Hand ergriff, daß er davon völlig ermuntert wurde. Er sahe hierauf einen vollständigen Cörper ohne Kopf, welcher dennoch seufzen fönte, ihn mit der Hand drohete, den ergriffenen Hirnschedel auf die Brust legte, und mit einem tieff-geholten Seufzer aus feinem Gesicht verschwand. Der gute Novitius brauchte keines Schwitz-Pulvers, und wenn sich auch noch so viel Sünden-Schweiß um sein Hertz gelagert hätte, so hätte er den­ selben durch diese eintzige Exercitien-Stunde loß werden können, so heftig hatte sich derselbe in dieser Todes-Angst gebadet. Nun hatte er mit offenen Augen gesehen, daß er den Hirnschedel nicht auf die Brust, sondern auf seinen nahe bey dem Bette stehenden Bet-Stuhl gefetzet habe; er fand sich daher genöthiget, feinem Beicht-Bater einem ehrlichen Alten mit Namen Modestus Teschner, die gantze Sache anzuvertrauen. Dieser hatte in der gantzen Stadt den Ruff, daß er der beste Artzt für die weiblichen Schwachheiten wäre, weswegen er auch von diesem Ge­ schlechte gleichsam als ein Oraculum verehret wurde. Meines Erachtens aber muß derselbe in der Geister-Materie nicht sehr erfahren gewesen seyn, weil er diesem seinem Beicht-Kinde gerathen, er solle den Hirn­ schedel hinschmeißen, wo andere Toden-Knochen lägen, und hinfüro der­ gleichen Gauckeleyen unterwegens lassen. Dieser geängstigte iedoch ge­ horsame Novitius fönte bey Tage solchem Befehl seines Beicht-Vaters nicht nachkommen, weil die Exercitanten nicht aus ihrem Zimmer gehen dürfen, so lange ihre geistliche Übung währet, daher er denn die Nacht zu dieser Unternehmung erwehlen muste. Weil ihm aber bekannt war, daß er zu dieser unterirdischen Gruft keinen Zugang hätte, und gleich­ wol von der Gesellschaft eines so gefährlichen Stuben-Compagnons gern befreyet seyn wolte, so entschloß er sich, den Hirnschedel in den Ofen eines Gast-Zimmers, welches nicht geheitzet wurde, mittler weile zu ver­ stecken, bis er Gelegenheit bekäme, selbigen an gehörigen Ort zu brin­ gen. Er that dieses auch noch denselben Abend in der Dämmerung, da die andern mit dem Abend-Essen beschäftiget waren. Als er aber sich hierauf zur Ruhe begeben und das gewöhnliche Nacht-Gebet verrichten wolte, sich auch bereits von dem Tische zum Bet-Stuhl wandte, sahe er mit Erstaunen den Hirnschedel an eben demselben Orte stehen, wo er ihn das erste mal hin gefetzet hatte. Dieses erweckte bey dem Geistlichen ein ungemeines Schrecken, weil er gar zu gewiß versichert war, daß er diesem unruhigen Kopf vor kurtzer Zeit ein ander Quartier angewiesen habe. Zugleich wurde er mit leiser Stimme angeredet; die eigentlichen Worte aber sind zwar in dem verschlossenen Archiv dieses Klosters, wie sie von ihm bey Priesterlicher Ehre ausgesaget worden, aufgezeichnet zu finden; iedoch dürften sie wohl nicht eher, als nach dem Tode dieses Geistlichen kund werden. Derselbe wüste in der Angst keinen bessern Rath zu fassen, als daß er den Vorstehern des Klosters den gantzen Ver­ laufs entdeckte, welche denn mit Zuziehung der vier ältesten und des obangezogenen Kirchen-Dieners Eliae mit brennenden Lichtern eine

Der Prager Hirnschädel — Die Krainer Brüderschädel halbe Procetzion anzustellen beschlossen, der angefochtene Exercitant aber muste den Hirnschedel auf den Händen tragen und wieder an eben denselben Ort setzen, wo er ihn weggenommen hatte. Nach diesen er­ langte der Geistliche wieder Ruhe, und von derselben Zeit an ist nie­ manden erlaubet worden, den Hirnschedel anzugreiffen. llbrigens wird der rechte Grund dieser Sache uns wohl verborgen bleiben, sintemal der Hirnschedel dem einfältigen Exercitanten Eeheimnitz-volle Dinge mutz entdecket haben, welche man alle Leute wissen zu lassen Bedencken trä­ get. So viel bezeugen indessen diejenigen, welche diesen Geistlichen vor besagtem Zufall gekannt, datz sie bey ihm gar keine sonderliche EemüthsKräfte wahrgenommen, und niemand vermuthet, datz er mit der Zeit einige Ehren-Stelle werde bekleiden können. Nach dieser Begebenheit aber hat er in allen Wissenschaften dergestalt zugenommen, datz er nicht allein Stuffen-weise alle Ehren-Ämter des gantzen teutschen Ordens er­ langet, sondern auch wegen seiner Geschicklichkeit in wichtigen Angele­ genheiten einen Oratorem Pontificium bey dem Römischen Stuhl hat abgeben können. Jedoch hat er von derselben Zeit an die blasse TodenFarbe im Gesicht behalten, sich niemals in eine Ergetzlichkeit eingelassen, auch wo er nur gegangen oder gestanden, häuffige Thränen aus den Augen fliesten lasten. Auch hat mich ein guter Freund versichert, datz er lange Zeit im Brauch gehabt, nächtlicher weile, wenn alle andere in der Ruhe waren, sich in dieses Gewölbe, wo der Hirnschedel stund, einzuschliesten und manche halbe Nacht allda hinzubringen. Ich vermuthe da­ her, datz nach dem Tode dieses Ehrwürdigen Mannes sich noch vieles entdecken werde, welches man bey seinen Leb-Zeiten wegen erheblicher Ursachen nicht unter die Leute bringen will. 89. Die Krainer Briiderschädel

Ich will dir, mein Freund, eine Parallel-Eeschichte aus Crain an­ führen, welche Weichard Walvasor in seiner Beschreibung der Mordaxischen Herrschaften weitläuftig erzehlet, ich aber kurtz zusammen ziehen will. Zween Brüder hatten einen heftigen Streit wegen des väterlichen Erb-Theils, und weil sie die Sache nicht gerichtlich, sondern mit der Faust auszumachen sich entschlossen, hat sich das Unglück ereignet, datz sie alle beyde auf dem Platz geblieben sind. Die Köpfe oder vielmehr Hirn­ schedel dieser zween Brüder, einer mit M. der andere mit F. bezeichnet, stehen in einer alten Eapelle im Schlotz-Earten hinter einem eisernen Gitter, und hat man aus der Erfahrung bemercket, datz wenn man den­ jenigen, welcher zur Rechten stehet, auf die lincke Seite setzet, selbiger, ehe man sichs verstehet, wieder an seinen vorigen Ort gestellet ist. Ich habe selbst die Köpfe neben einander stehend gefunden, bin auch von dem Besitzer dieser Herrschaft angefrischet worden, eine Probe davon zu machen; allein mein Vorwitz ist nicht so starck gewesen, datz ich von einer Sache mehrern Beweitz verlanget hätte, welche längst durch so viele augenscheinliche Proben für gewitz befunden worden.

Das St. Georgs-Bild in Prag — Die Bernsteinsche Jungfrau 90. Das St. Georgs-Bild in Prag

Es ist dieses auf dem Schloß-Platz bey der Prager St. Jürgens-Kirche merckwürdig, daß mitten auf demselben eine metallene Statue zu Pferde stehet, zu welcher sich bey Nacht ausser den gewöhnlichen Bet-Leuten auf zwantzig Schritte niemand hinzunahen darf, so gar daß auch die ordent­ liche Wache ihre Runde und Patroulle nicht auf dem Platz verrichten darf, sondern nur rings umher gehen mutz; Wie man denn Exempel hat, daß unwissende, welche nächtlicher Weile ihren Weg über selbigen Platz nehmen wollen, durch eine unsichtbare Hand mit Gewalt sind zu­ rücke gezogen worden. Die Ursache davon hat bis diese Stunde noch nie­ mand ausfündig gemachet. 91. Feurige Reiter am Weißen Berge

Wir haben noch betrachtenswürdige Sachen durchzugehen, ohne uns weit von Prag zu entfernen. Hast du denn nichts gehöret von dem so genannten weissen Berge und von dem daran gelegenen Lust-Schloß, dem man wegen seiner Bau-Art den Namen des Sterns beygeleget? Frage nur die Einwohner desselben, wie auch die durchreisenden FuhrLeute, was ihnen bey Nacht-Zeit in derselben gantzen Gegend zu Ge­ sicht komme? Sie werden dir versichern, daß sie gantze Esquadrons feu­ riger Reiter, die auf einander treffen, und ander dergleichen Hand­ gemenge erblicken, welches manchmal bis zu anbrechendem Tage bautet. Nun ist wohl gewiß, daß dieses kein ordentliches Phaenomenon oder Luft-Zeichen seyn kan, welches einer natürlichen Ursache zuzuschreiben, sintemal man von vielen augenscheinlichen Zeugen Nachricht hat, daß sie nicht allein das Geschrey der Pferde, sondern auch wohl der Menschen gehöret, und zum öftern eine Stunde auch wohl länger in der Irre herum geführet worden. Aber hier erinnert man sich der blutigen Schlacht, welche dem kleinen Haussen der Gläubigen an demselben Orte geliefert worden? Hätte damals die Evangelische Wahrheit mit ihren Waffen den Sieg erhalten, so würde es nicht nur in Böhmen, sondern auch in vielen andern Län­ dern mit der Religion gantz anders aussehen. Da nun auf diesem Berge so viel Bluts vergossen worden, und so viele Todten-Knochen daselbst die allgemeine Auferstehung erwarten, um von dem Richter alles Flei­ sches ihr Urthel zu empfangen, ob sie für eine gerechte oder ungerechte Sache gestritten haben; so darf man wohl nicht vermuthen, daß eine solche Menge unter einander gemischter Astral-Eeister in Ruhe stehen könne. 92. Die Bernsteinsche Jungfrau

Was der Böhmische Historicus von der Bernsteinschen Jungfrau an­ führet, ist aus der Relation des Jesuiten Johannis Drachov genommen. Dieser hat im Jahr 1626, als in Böhmen die Reformation geschahe, sich

Die Bernsteinsche Jungfrau auch bemühet, die Leute zur Römisch-Catholischen Religion zu bringen, wie er denn auch viele darzu beredet hat. In eben dieser Absicht langte er auf dem alten berühmten Schlosse Bernstein mit Käyserlichen und Königlichen Patenten an, wurde auch daselbst wohl aufgenommen, und mit einem Zimmer zu seinem Aufenthalt versehen. Währender Zeit seines Daseyns trieb ihn seine Curiosität, die Gelegenheit des SchloßGebäudes zu besichtigen, er fieng zu dem Ende schon in den ersten Tagen nach seiner Ankunft an, um und durch das Schloß zu spatzieren, er be­ stieg die Thürme, durchsuchte die offenstehenden Zimmer, und besähe von der Höhe die gantze umliegende Gegend. Wie er nun in dieser neubegierigen Bemühung begriffen war, kam eine zierlich-geschmückte Jung­ frau aus einem Gemach hervor mit einem Bund Schlüssel. Er sahe die­ selbe für eine Cammer-Jungfrau an, grüßte und redete sie freundlich an, worauf sie stille stehen blieb, um seinen Antrag anzuhören. Er sagte alsdenn zu ihr: Er sey als ein East allhier angekommen, um die Unter­ thanen in der Catholischen Religion zu unterrichten, wolle derowegen auch ihr seine geistlichen Dienste hiermit angeboten, und sie seines Fleisses versichert haben. Dieses holdselge Gesichte begonte auf solche An­ rede mit züchtigen Eebehrden zu lächeln, gleich als ob ihr die angeborne Schamhaftigkeit nicht verstatten wolle, eine Antwort vorzubringen, und nachdem sie mit einer höflichen Verneigung ihr Kompliment gemachet, gieng sie wiederum von dannen. Wenige Tage hernach als dieser Pater eine Predigt halten wolle, suchte er einen bequemen und von den Leu­ ten entfernten Ort, damit er sein aufgeschriebenes Concept desto un­ gehinderter dem Gedächtniß einprägen möchte. Hier erblickte er nun eben dieselbe Jungfrau abermal und zwar in einer Sommer-Laube, mit auf­ gelöseten und ums Gesichte herum hangenden Haarlocken, welche sie mit sonderbarem Fleiß sammele. Da sie aber den Pater gleichsam unver­ sehens ansichtig geworden, fiel sie alsobald rücklings zu Boden. Der Geistliche, welcher von sehr ernsthaften Wesen und iederzeit für einen eiferigen Mann gehalten worden, gab ihr einen Verweiß mit diesen Worten: Ey es schicket sich nicht, daß man am Sonntage gar zu viel auf das Schmücken und Putzen des Leibes dencke, besser ist es, daß man die Seele durch ein andächtiges Gebet zur Anhörung des Göttlichen Worts vorbereite. Die Jungfrau that, als wolle sie seiner Ermahnung Folge leisten, verbarg alsofort den Kamm, legte die Hand auf den Mund, neigte das Haupt mit vieler Ehrerbietung und nahm darauf ihren Ab­ schied. Da nun der Pater in die Kirche kam und so wohl die Predigt, als übrigen EOttes-Dienst verrichtete, gieng es ihm sehr nahe, daß er eben diese Jungfrau nicht in der Kirche ansichtig wurde, weil er aus ihrer Abwesenheit so viel schloß, daß sie keine grosse Lust zur Römischen Religion tragen, oder wohl sonst die Kirche nicht gern besuchen müste. Er führte deswegen Klage bey dem Schloß-Hauptmann, daß die Haußund Hof-Genossen, welche andern billig mit gutem Exempel vorgehen sollen, selbst aus der Kirche blieben. Der Hauptmann erstaunte über dieser Rede und fragte den Pater, was denn dieses für eine Jungfrau

Die Bernsteinsche Jungfrau wäre, was sie für Gestalt und Kleidung gehabt, und wofür er sie an­ gesehen hätte? Da kam es nun heraus, daß es das Jungfräuliche Ge­ spenst wäre, welches von undencklichen Zeiten her im Schloße herum ge­ gangen, daß also der Pater seinen Unwillen fahren lassen, und selbst über solches Blendwerck lachen muste. Diese Erscheinung aus der Relation des P. Drachovii habe ich schon vor geraumer Zeit in den Miscellaneis gedachten P. Balbini gelesen, kan mich aber nicht eigentlich mehr auf die Umstände besinnen. Im übrigen weiß ich gewiß, daß in dem Archiv der nunmehr ausgestorbenen Bernsteinschen Familie gantz ungemeine Sachen von diesem Gespenst vorhanden sind. Man träget aber Bedencken, selbige der Welt bekannt zu machen, weil sonst viele Geheimnisse, welche diese Familie angehen, zugleich würden entdecket werden: wiewohl dennoch eins und das an­ dere vor einiger Zeit an den Tag gekommen. Rach Absterben besagter Familie verfiel diese Herrschaft in die dritte Hand, ehe sie noch von einem gewissen Österreichischen Hause durch Kaufs erlanget wurde. Da geschahe es nun, daß man ein altes Gewölbe wegen Vermuthung eines allda vergrabenen Schatzes einriß, und in einem grossen eisernen Kasten, welcher mit Schlössern wohl verwahret war, einen grossen Vorrath von Urbariis, Adels-Briefen, Diariis und dergleichen zur Familie gehörigen Schriften antraff. Hierunter funden sich nun auch einige Nachrichten von diesem in Jungfrauen Gestalt erscheinenden Gespenste, welche von eben denjenigen Händen unterzeichnet waren, denen selbige zu Gesichte ge­ kommen. Ich will dir nur vorietzo die merckwürdigsten derselben erzehlen, und mir deine Meinung darüber ausbitten. Anno 1466. besassen diese Herrschaft zugleich, nach Testamentarischer Verordnung, Peter von Bernstein und Margaretha, welche Eeschwister-Kinder von 2. Brüdern waren. Gleichwie es aber gemeiniglich zu geschehen pfleget, daß bey dergleichen Regiment von unterschiedenen Geschlechte keine wahre Har­ monie gefunden wird, indem das Männliche allezeit vor dem Weiblichen einen Vorzug haben will; also geschahe es auch hier, daß die Einigkeit, der nahen Anverwandtschaft ungeachtet, unter beyden nicht gar lange daurte. Margaretha durfte sich bey der Herrschaft, wovon ihr doch die Helfte zugefallen war, in keine Geschäfte mengen, ob sie gleich so wohl als Peter ihre mündigen Jahre erreichet hatte. Ja sie wurde von diesem ihrem Vetter dergestalt eingeschräncket, daß sie fast eintzig und allein seiner Gnade leben muste. Dieses unbillige Verfahren erweckte in ihrem Hertzen einen grossen Unwillen und Begierde zur Rache, welche sie schon zu gelegener Zeit auszuüben gedachte. Es heisset im gemeinen Sprich­ wort: Weiber-Rache gehet über alle Rache; doch ist selbige schwach, wenn sie nicht von einem männlichen Arm unterstützet wird, weil sehr wenig Weiber zu finden sind, die ein rechtes Männer-Hertz in ihrem Busen hegen. Deswegen pfleget auch solche Rache meistentheils in eine Kleinmüthigkeit, bisweilen auch in eine Verzweifelung verwandelt zu werden, wie solches auch bey dieser Margaretha geschehen. Als sie sahe, daß sie mit ihrem Vetter Peter nichts ausrichten tonte, hieng sie ihren be-

Die Bernsteinsche Jungfrau trübten Gedancken gar zu heftig nach, stund einsmals bey Nacht-Zeit unvermuthet auf, weckte eine ihrer Lammer-Mägdgen aus dem Schlaff, mit dem Befehl, sie aufs beste anzukleiden und ihr nachzufolgen. Diese kam dem Willen ihrer Fräulein in allen Stücken nach, und begleitete dieselbe, allen andern unwissend, aus dem Schlosse durch eine geheime Pforte. Wohin aber diese beyde Personen gekommen, hat auf keine Weise können ausgekundschaftet werden. Ihr Vetter bildete sich ein, daß sie sich etwa zu einer von den umliegenden Herrschaften verfüget habe, um sich daselbst so lange aufzuhalten, bis sie bey der hohen LandesObrigkeit wieder seine Regiersucht Hülffe und Beystand erlangte. Allein seine Furcht war noch zur Zeit ungegründet, indem seine verlorne Muhme sich nirgends antreffen liefe, dafe daher solche Verzögerung ihn bereits sicher zu machen begonnte. Nach einiger Zeit aber ereignete sich eine wunderseltsame Begebenheit: Peter gieng bereits eine gute Weile mit Heyraths-Gedancken um, zumalen er nunmehro allein Besitzer von den Herrschaftlichen Gütern zu seyn glaubte. Da er nun einsmals des Nachts über diese angenehme Vorstellungen eingeschlummert war, sahe er sich von einer ungewöhnlichen Aufwärterin aus dem Schlaff erwecket, welche er zu sehen noch niemals das Glück gehabt, ob er gleich von ihr etwas mochte gehöret haben. Diese vermeldete ihm mit leiser Stimme, dafe seine Muhme nicht weit von dem Schlosse auf ihn warte, eher aber nicht hinein kommen wolle, bis sie sich mit ihm zuvor ausgesöhnet hätte; Er möchte ihr demnach folgen, sie wolle ihm schon den rechten Weg zeigen. Dem guten Peter vergiengen seine Heyraths-Gedancken ziemlich, da er von seiner lebenden Muhme reden hörte; noch weniger Lust aber hatte er, sich aus dem Bette zu erheben. Hierüber wurde die llnterhändlerin sehr unwillig, wie er aus ihren zornigen Gebehrden bey dem Licht, so sie in Händen hatte, gar deutlich abnehmen tonte. Er wurde davon noch mehr versichert, da sie ihn mit etwas härterer Stimme also anredete: Wollet ihr nicht gehen und mir folgen, so habe ich und ihr mehr Mühe, dafe wir dieses Merck zu stände bringen, es dürfte euch aber gereuen, dafe ihr meinem Rath nicht folgen wollet. Vetter! Vetter! fort auf, besinnet euch nicht. Allein Peter kehrte ihr den Rücken zu, und wolle diese Worte in einem gezwungenen Schlaff mit Stillschweigen übergehen, sie hingegen zündete das auf einem Tischgen stehende Licht an und sagte zu ihm: Weil ihr denn nicht gehen wollet, so will ich sie selbst zu euch bringen. Mit diesen Worten eilete sie gantz geschäfftig zum Schlaff-Eemach hinaus, und liefe den guten Peter in nicht geringen Ängsten zurücke, als welcher wohl wüste, dafe dieses keine von seinen ordentlichen Bedienten wäre. Er muste also erwarten, ob es eintreffen würde, dafe er einen unvermutheten nächtlichen Zuspruch von seiner Muhme bekommen solle. Es währte auch nicht lange, so öffnete sich die Thüre, und traten drey Weibs-Personen zugleich ins Zimmer, welche er, der Gestalt nach, gar eigentlich entscheiden tonte. Die eine war seine Muhme in einer ihrer besten Kleidungen, die andere war derselben Cammer-Mägdgen, und die dritte erkannte er für eben diejenige, welche

Die Bernsteinsche Jungfrau ihm vorhin die Botschaft gebracht hatte. Wie er sie nun hineinkommen sahe, hielte er es dem Wohlstände gemäß zu seyn, daß er seinen SchlaffPeltz anzöge und ihnen entgegen gierige, um diesen Personen, wo nicht von Hertzen doch dem Schein nach, eine Höflichkeit zu erweisen. Da er sie also empfangen hatte, fragte er: Wo sie denn bisher gewesen wäre, und warum sie sich von dem Schlosse entfernet hätte? Es wäre ja der Vergleich unter ihnen schon auf andere Art zu treffen gewesen, zumalen er ihr das ihrige nicht zu nehmen, sondern nur so lange die Herrschaft verwalten wollen, bis sie ihren Stand verändert hätte. Hierauf gab sie ihm diese Antwort: Sie wäre diese Zeit her in einer finstern Gegend wie in der Irre herum gegangen, ohne einige Ruhe und Rast zu haben, wie sie denn auch derselben noch nicht theilhaftig werden tönte, ehe und bevor sie sich mit ihm ausgesöhnet hätte. Er möchte ihr diese Gefälligkeit nicht versagen, weil es ihn sonst gereuen dürfte; Sie verlangte von ihm weiter nichts, als daß er ihr zur Wohnung das kleine Gebäude neben der Kirche einräumen möchte, indem die Herberge in der Felsen-Kluft bey dem Teiche für sie und ihr Cammer-Mägdgen zu enge wäre. Peter erstaunte über diesen Antrag, versicherte sie, daß er nicht nur alles, was sie verlangte, sondern auch noch ein mehrers ihr gern einräumen wolle, war auch schon im Begriff, sie freundlich zu umarmen: Allein die Unter­ händlerin dieses Vergleiches schlug sich alsobald ins Mittel, gleich als wenn sie den gantzen Vertrag über sich nehmen wolle. Als sie nun mit ihren Schlüsseln sich sehr geschäfftig erwietz, und einen vor den andern, um etwas damit zu eröffnen, heraussuchte, so entfiel ihr von ohngefehr einer derselben, worüber das gantze Gesicht dem ohne diß halb-todten Peter aus den Augen verschwand. Dieser tonte von Schwachheit kaum das Bette erreichen und merckte leicht, was dieses für ein Besuch ge­ wesen sey. Weil er auch vor Angst nicht wieder einschlaffen tonte, er­ wartete er der Morgen-Dämmerung mit grossem Verlangen, wiewohl es ihm nicht möglich war, aus dem Bette zu kommen. Bey anbrechendem Tage wurde er mit Verwunderung gewahr, daß wircklich noch ein Schlüssel auf der Erde lag; er meldete zwar keinem Menschen, was damit vorgegangen, ließ ihn aber aufheben und bey allen Thüren des gantzen Schlosses versuchen, da er sich denn nirgends schicken wolle. Er beschloß indessen, dieses Denckzeichen mit Fleiß aufzuheben, um zu sehen, ob sich etwa noch was damit zutragen würde, iedoch ließ er sich gegen seine Bedienten nichts von der gantzen Sache vermercken. Nachdem sich seine Unpäßlichkeit wiederum verloren, und er sich ein wenig erholet hatte, begab er sich unter dem Vorwand einer Lust-Jagd mit zween ver­ trauten Jägern in die angezeigte Gegend, damit er erfahren möchte, ob in der Höle laut des nächtlichen Berichts sich etwas befinde, oder ob er die gantze Begebenheit für ein Blendwerck und Bethörung der Sinnen zu halten habe. Er entfernte sich in dieser Absicht von seinen Bedienten, und schaute in die halb-eröffnete Höle hinein; es kam ihm aber ein so heftiger Gestanck entgegen, daß er solchen nicht vertragen tonte. Er sahe sich demnach genöthiget, seine Jäger herbey zu ruffen, welchen er an-

Die Bernsteinsche Jungfrau — Die Versöhnung auf Schloss Eisenberg befahl, diese Höle genau zu untersuchen und zu erforschen, woher dieser ungeheure Geruch entstehen möchte? Diese haben nun die Ursache gar bald entdecket, da sie den Cörper der verlornen Muhme und ihres Cammer-Mägdgens, welche noch in der ersten Faulung waren, in der Höle gefunden. Nunmehr fönte der gute Peter von Bernstein gar leicht eine Erklärung machen, was das gehabte Nacht-Gesicht zu bedeuten, und was für eine Wohnung feine Muhme neben der Kirche verlanget hätte, nemlich das Begräbnitz der gantzen Familie. Er eilete derowegen seinem Schlosse zu, damit er aus allem Verdacht kommen möchte, hat er der hohen Obrigkeit den Fund dieser beyden Cörper angezeiget, welche die­ selben aufheben und durch gewisse Physicos untersuchen lassen, ob ihnen einige Gewaltthätigkeit zugefüget worden. Diese haben einmüthig aus­ gesaget, daß beyde Personen von Hunger und ungewohnter Speise, denen sie sich vielleicht eine Zeitlang in dieser Höhle bedienet, gestorben wären. Weil nun die todten Cörper die Ursache ihrer Flucht nicht ent­ decken können, und der Vetter Peter von ihrem gehabten Mitzverständnitz nicht laut wird geschrien haben, so blieb die Sache in aller Stille unterdrücket und wurde nur verordnet, datz man den Cörper der Fräu­ lein ohne grosses Gepränge beysetzen, das Cammer-Mägdgen aber wegen ihrer vermutheten Treue in einem Winckel der Herrschaftlichen Gruft begraben solte. Dieses wurde auch des folgenden Tages ins Werck gesetzet, und ist merckwürdig, daß, da man das Begräbnitz öffnen wolle, der Verwalter dieser Herrschaft, welcher sonst den Schlüssel darzu in Ver­ wahrung hatte, selbigen auf keine Weise finden können, und damit er ditzfalls bey seinem Herrn keine Ungelegenheit hätte, unter der Hand die Gruft durch einen Schlösser eröffnen, und einen neuen Schlüssel ver­ fertigen lassen. Wiewohl es würde sein Herr nicht viel daraus gemachet haben, wenn er gleich den Schlüssel, welchen die Bernsteinische Jungfrau verlohren, hätte heraus geben müssen. Es ist aber derselbe so lange zum Andencken verwahrlich aufbehalten worden, bis die Linie dieses Peters verloschen, und die Herrschaft in fremde Hände verfallen. Auch ist die gantze Begebenheit verschwiegen geblieben, bis obgedachter masten die eiserne Truhe gefunden worden, da man unter andern Schriften auch bemelte Geschichte von Peter von Bernstein mit eigener Hand auf­ gezeichnet angetroffen, wiewohl er seinen Namen nicht darunter ge­ schrieben hat. 93. Die Versöhnung auf Schloß Eifenberg

Du wirst dich aus unsern Unterredungen erinnern, daß es auch in unserm Evangelischen Sachsen-Lande Erscheinungen der Geister gebe, und solte es mir nicht schwer seyn, einem so paradoxen Zufall, wie du mir den Bernsteinischen erzehlet, eine Parallel-Eeschichte entgegen zu setzen. Die Haupt-Umstände von derselben sind mir von einem glaub­ würdigen Zeugen berichtet, welcher mir auch das geheime Archiv an-

Die Versöhnung auf Schloß Eisenberg gezeiget hat, wo die gantze Begebenheit von einem regierenden Herrn aufgezeichnet vorhanden, welcher solche Schrift kurtz vor seinem Tode an seinen Nachfolger Übersand, als eine solche Sache, welche ihm selbst in eigener Person begegnet. Ich trage daher kein Bedencken, diese Geschichte mit verschwiegenen Namen anzuführen; und es wäre zu wünschen, daß grosse Herren, der Wahrheit zu Steuer und zu Ausrottung alles Un­ glaubens, dergleichen Zufälle denen Facultäten zu erörtern zuschicken möchten; Vielleicht würden sich alsdenn die Menschen von dem Zustande der Seelen nach dem Tode gantz andere Concepte machen, und in kurtzer Zeit ihren unbesonnenen Unglauben ablegen. Die Sache an sich selbst verhält sich also: Es fassen der Hochsel. Fürst einsmals des Abends allein in ihrem Zimmer, und waren mit höchst-wichtigen Überlegungen beschäfftiget, da unvermuthet angepochet wurde. Nachdem nun derselbe den Zutritt mit gewöhnlichen Worten verstattet, sahe er seinen längst verstorbenen Vorfahren in ordentlicher Kleidung hinein treten, welcher ihn gar freundlich grüßte, ohne daß dem lebenden Herrn ein Schrecken zugestossen wäre. Dieser fragte demnach jenen gantz behertzt: Wo er her käme und worin sein Verlangen bestünde? und erhielt von ihm folgende Antwort: Er wäre von der Zeit seines Ablebens bis ietzo in der Irre herum gegangen, und habe eher keine Ruhe noch Rast finden können, bis er seine Gemahlin gefunden, mit welcher er sich gern aussöhnen möchte. Seine Bitte ergienge also an den Fürsten, Er wolle hierinnen wegen der nahen Anverwandtschaft Unterhändler und Schieds-Mann seyn: wenn es ihm erlaubet wäre, so wolle er an einem gewissen Tage um die und die Stunde seine Gemahlin mit bringen, da der Fürst nur zwey angezündete Kertzen möchte auf die Tafel setzen lassen. Es ist zu bewundern, daß es der Fürst als ein Evangelischer Christ zugelassen, worzu ihm keiner von unsern Theologis würde gerathen haben: der Geist aber nahm auf erhaltenes Ja-Wort seinen Abschied, und ließ den Fürsten in nicht geringer Verwunderung zurücke, welcher diesen seinen Vorfahren längst in dem Schooß Abrahams zu seyn vermuthet hatte. Er konte vor Verlangen kaum der benennten Stunde erwarten, ließ sich indessen gegen keinen Menschen das geringste verlauten, setzte die Lichter in gehörige Ordnung, kleidete sich Standes gemäß an und hielte sich bereit, seine vornehmen Gäste zu empfangen. Kaum war die be­ stimmte Stunde erschienen, als an der Thüre geklopfet wurde, und da er den Zutritt erlaubet, trat der verstorbene Fürst und seine Gemahlin nach einander herein mit solcher Kleidung, deren sie im Leben gewöhnet gewesen. Sie stellten sich darauf gegen einander über, gleich als wenn unter ihnen eine neue Verlöbniß solle getroffen werden. Ob aber der regierende Herr dieselben zur Einigkeit und Versöhnung ermahnet, oder ob sie einander selbst zugeredet, und er nur einen Zeugen abgeben müssen, habe ich nicht eigentlich erfahren können. So viel ist mir gesaget worden, daß sie einander mit lieblichen Eebehrden die Hand ge­ geben, sich umarmet, und nach einer höflichen Dancksagung verschwunden sind.

Noch einmal die Bernsteinsche Jungfrau — Die Pelzfrau

94. Noch einmal die Bernsteinsche Jungfrau Man erzehlet von ihr eine sonderbare Geschichte, weswegen man sie nicht unbillig die gekrönte Jungfrau nennen möchte. Sie war in dem Schlosse gantz gemein worden, und wanderte allenthalben gleich einer sorgfältigen Hautz-Jungfer mit ihren Schlüsseln herum, daß sich auch niemand aus ihrer Gegenwart einiges Grauen machte. Es befand sich aber unter der Schild-Wache ein verruchter Kerl, welcher EOtt gleich­ sam abgesaget, und sich mit dem Teufel in genaue Verbindung ein­ gelassen hatte. Dieser führte iederzeit allerhand leichtfertige Reden, wenn sich diese Jungfrau um die Mittags-Stunde oder des Nachts sehen liesse, und ob er gleich von andern, denen vielleicht bekannt war, datz man mit dieser Art Geschöpfe nicht schertzen müsse, zum öftern gewarnet wurde, walte er sich doch im geringsten nicht daran kehren. Da nun eins* mals diese Gestalt sich gewöhnlicher Weise zeigte, und er seine vorigen Redens-Arten wiederholte, suchten ihn zwar andere zur Bescheidenheit und Unterlassung solches frechen Wesens anzumahnen, es wolle aber nichts bey ihm verfangen, sondern er gieng vielmehr dem Gespenst ent­ gegen, und ließ sich verlauten, er wolle diese holdselige Jungfer um­ armen und ihr einen Kuß geben. Da ihn nun ein anderer vergeblich zurücke zu halten suchte, blieb das Eespenste stille vor ihren Augen stehen, der Soldate aber trat hinzu, und umfieng es mit beyden Armen, allein er wurde dergestalt wieder umarmet, datz er seine geile Liebes-Hitze mit der unflätigen Seele von sich geben muste, und in demselben Augenblick todt zur Erden fiel. 95. Die Pelzfrau Ich kan dir, lieber Freund, eine Parallel-Geschichte erzehlen, welche sich in einem nahe gelegenen Schlosse dieser Provintz und Stamm-Hause einer Hoch-Adelichen Familie zugetragen. Man sahe in demselben zu ge­ wissen Zeiten eine alte Matrone herumgehen, welche man wegen ihres artigen Aufzugs die Peltz-Frau nennet, und deren Name in derselben gantzen Gegend nicht unbekannt ist. Dieses Gespenst hat zwar viele un­ wissende erschrecket, doch ist nicht gehöret worden, datz sie ein tödtliches Unglück angerichtet hätte. Da aber einsmals die Herrschaft den gantzen Sommer hindurch ihren Aufenthalt in diesem Schlosse genommen, er­ eignete es sich, datz diese Matrone sich ungewöhnlich sehen liesse, und unter dem furchtsamen Weibes-Volck grosses Schrecken verursachte. Ein gewisser Cammer-Diener aber lachte dieses schwache Geschlecht ihrer Zag­ haftigkeit wegen aus, und sagte im Schertz, er wolle ietzo gleich gehen, die alte Matrone oder Peltz-Frau aufsuchen, und ihr einen rechten Schmatz auf ihre eingeschrumpften Lippen geben. Er verlietz mit diesem Vorsatz die übrige Gesellschaft, und liess, seine Hertzhaftigkeit zu zeigen, Treppen auf, Treppen nieder, gleich als wenn er in wichtigen Geschäfften etwas zu suchen hätte. Da er aber auf den grossen Saal des dritten Stockwercks gelanget, begegnete ihm dieses Gespenst, wie es gleich um

Die Pelzfrau — Der Affe von Blasnie Gora die Mittags-Stunde und Zeit zur Tafel war. Damit er nun seiner Ge­ sellschaft einen Kuß von den Lippen eines Geistes bringen möchte, nahete er sich zu ihr, um einen Kuß zu bekommen. Allein diese alte Mutter war noch so ftarck auf ihren Beinen und so fest in ihren ver­ meinten Armen, daß sie den guten Cammer-Diener umfaßte, mit ihm zu dem grossen Balcon eilete und ihn in den unten liegenden Teich hin­ unter warf. Das Hineinplumpen wurde von dem meisten Hof-Gesinde gehöret, und da einige hinaus liessen, um zu sehen, was hinein gefallen wäre, sahen sie den unglückseligen Cammer-Diener im Teiche zappeln, welcher mit grosser Mühe und Arbeit muste herausgezogen werden. Er hatte aber nur so viel Zeit übrig, daß er den gantzen Verlaufs erzehlen, und diesen Vorwitz nebst seinen andern Sünden bereuen können, inmassen er drey Stunden nach diesem unglücklichen Liebes-Kuß seinen Geist aufgegeben. 96. Der Asse von Blasnie Eora

Ein vornehmer von Adel, dessen Namen ich übergehe, kauffte von einem vorbey reisenden Marcktschreyer einen Affen für eine grosse GeldSumme, weil er eine besondere Neigung zu dieser Art Thiere hatte, um mit demselben in seinem einsamen Schlosse, welches mitten im Walde lag, die lange Weile zu vertreiben. Er hatte denselben bereits einige Monate bey sich, da es sich ereignete, daß der Aufseher dieses artigen Thieres demselben gar zu viel Freyheit ließ, wornach diese Geschöpfe, ihrer eingeprägten Neigung nach, ohne Unterlaß zu streben pflegen. Da nun der Affe in die freye Luft gekommen, wandte er nicht allein seinem Herrn den Rücken, welcher zu der Zeit gleich abwesend war, sondern nahm auch Uhrlaub von dem Schlöffe, verfügte sich in den freyen Wald, und erwehlte einen hohen Baum zu seinem Sitz und Aufenthalt. In dem Schlosse wüste kein Mensch, wo ihr kurtzweiliger Hauß-Eenosse ge­ blieben war, und stunden alle aus Furcht vor dem Herrn in grossen Ängsten. Es befunden sich aber eben zu der Zeit einige Unterthanen im Walde, und waren mit Holtzfällen beschäfftiget, deren einer von ohngefehr dieses ungewöhnliche Abentheuer erblickte, und solches seinen übrigen Mit-Gesellen mit grossem Geschrey anzeigte. Diese liessen alle zusammen und schlossen nach gehaltenem Bauren-Consilio einmüthig, es müste der Frag, d. i. nach ihrer Sprache, der Teufel selbst seyn. Sie hielten sich daher noch zu schwach, sich dieses bösen Feindes zu bemeistern, und funden für rathsam, das gantze Dorff aufzubieten. Es liessen auch alsobald einige von ihnen hin, gaben ein Zeichen mit der gewöhnlichen Robbat oder Sturm-Glocke und liessen alles, was nur Gewehr tragen tonte, zusammen kommen. Hier sahe man nun einen Haussen Männer und Weiber mit Dresch-Flegeln, Mist-Gabeln, Sensen, Holtzhacken und andern Werckzeugen, womit die Bauren ihre Widersacher heimzubegleiten pflegen, in schönster Ordnung dem Walde zueilen, welche insgesamt den Teufel erlegen wollen, und vielleicht in der Meinung stunden, wenn dieser Schelm nur erst aus dem Wege geräumet, so würden sie auch von

Der Affe von Blasnie Eora

ihrer unmenschlichen Dienstbarkeit erlöset seyn. Es wurde demnach um Len Baum, welchen die zurückgebliebenen bewachet hatten, ein ordent­ liches Bauren-Lager formiret, und das Treffen mit Steinen und Prügeln auf eine so hitzige Art angefangen, daß man hätte glauben sollen, dieser aufgebrachte Schwarm würde vor Rach-Begierde wider den Teufel un­ sinnig werden. Weil es aber nicht anders seyn tonte, als daß die hinaufgeworffenen Steine und Holtz-Splittel wieder zurücke fallen, und manchem den Kopf gar unsanft treffen musten, so geriethen sie auf die Eedancken, der auf dem Baum vor Angst zitternde Teufel verrichtete diese Noth-Wehr, welche ihnen blutige Köpfe verursachte. Es kan auch wohl seyn, daß dieses zwar unvernünftige, doch sonst schalckhafte Thier einen und den andern Stein oder Splittel aufgefangen, und selbigen wiederum auf seine ungestümmen Belagerer zurücke geschmissen. Diesem Unheil abzuhelfsen wurden sie Raths, den grossen Baum umzuhauen, zuvor aber die nöthigen Wachen auszusetzen, damit ihnen der Teufel nicht entwischen könte. Da aber dieses der halb-todte Affe vermerckte, nahm er seine noch übrigen Kräfte dergestalt zusammen, daß er einen Sprung von diesem auf einen andern Baum glücklich vollführte, da die einfältigen Bauren denselben bereits über die Helfte abgehacket hatten. Die unsinnige Art ließ sich diesen Sprung des vermeinten Teufels gar nicht abwendig machen, sondern verfügten sich alle mit ihren Holtz-Äxten zu dem Baum, auf welchen der Affe seine Zuflucht genommen hatte, und wenn diese Comoedie noch lange gewähret hätte, möchte wol gar der halbe Wald ausgerottet seyn. Es war aber noch ein Glück für die Herr­ schaft, daß da der geängstigte Affe auf einen niedrigen Baum ge­ sprungen war, ein verwegner Kerl das Hertz gesaftet, mit einer Axt nach demselben zu schleudern, welcher den unglückseligen Affen dergestalt in die Seite getroffen, daß er so wohl wegen der Wunde als grossen Schwachheit herunter fallen muste. Nunmehro bekam er auf der Erde von dem rasenden Bauer-Gesindel viel tausend Schläge und Stösse, bis sie ihm seine Phantastische Seele, welche noch vielleicht einige Loth schwerer als der Bauren ihre gewesen, aus dem Leibe getrieben, und also den völligen Sieg über seinen zerstümmelten Cörper erhalten hat­ ten. Sie bunden ihn alsdenn mit ftarcken Stricken, und schleppten ihn eiligst dem Schlosse zu, um ihrem Herrn die fröliche Bothschaft zu brin­ gen, daß sie in seinem Gebiet den Teufel ermordet hätten. Kaum waren sie bey dem Schlosse angekommen, als der Edelmann wieder von seiner Reise anlangte, welcher mit Erstaunen und verbissenen Lachen den Vor­ trag feiner unvernünftigen Unterthanen anhören muste. Er ließ die Sache an höhern Ort gelangen, weil er in seiner eigenen Sache keinen Richter abgeben tonte, da denn eben nicht viel Urthel von denen Facultäten durften eingeholet werden, indem die Sententz gar bald da hinaus fiel, daß die Bauren ihrem Edelmann das angehauene Holtz aufs theureste, folglich den Affen zugleich mit bezahlen falten. Im übrigen hat dieses Verbrechen der Väter auch bey den unschuldigen Nachkommen eine übele Wirckung veranlasset, indem derselbe Ort bis auf den heu-

Der Affe von Blasnie Eora — Der echte und der falsche Erbherr tigen Tag Blasnie-Eora, d. i. Narren-Dorff genennet wird, auch die gantze Gemeine der Landes-Obrigkeit jährlich 2. Schock, welche man die Narren-Schock heisset, zum Andencken dieser That bezahlen mutz. 97. Der echte und der falsche Erbherr

Ich mutz dir noch eine merckwürdige Begebenheit erzehlen, welche in einem bekannten Berg-Schlotz. dessen Namen ich, gewisser Ursachen hal­ ber, nicht nennen will, und welches unweit Märisch-Pudowitz gelegen ist, vor einiger Zeit sich zugetragen. Dieses Schloß war bey nahe in hundert Jahren unbewohnet gewesen, weil man darinnen ein grosses Gepolter und Unruhe verspüret, wenn sich iemand zu demselben genahet hatte. Es sahe sich daher die Herrschafft dieser Gegend gezwungen, diesen sonst wohlgebauten und festen Ritter-Sitz, denen darinnen herrschenden Schwärm-Eeistern zu ihrer Wohnung zu überlassen, und denen Vorbeyreisenden zu vergönnen, datz sie dieses Schloß, als den Wohn-Platz eines unruhigen Geistes, einander mit Fingern zeigen und bewundern möch­ ten. Es muste sich aber einsmals, vielleicht durch Eöttl. Schickung, fügen, daß eben diese Strasse zwey arme Capuciner wandeln und wegen ein­ fallender Nacht in dem am Fusse dieses Berg-Schlosses liegenden AmtHause ihr Nacht-Lager nehmen musten. Es wurde ihnen solches um so viel eher verstattet, weil dieser Orden wegen seiner freywilligen Ar­ muth das Privilegium hat, an allen Orten frey Quartier zu bekommen, und weil alle Mit-Elieder dieses Ordens in ihrem gantzen Vermögen weiter nichts, als das grobe Ordens-Kleid haben, in welchem sie auch müssen begraben werden. Unter währender Abend-Mahlzeit lenckte der Amtmann das Gespräch auf die ausserordentlichen Begebenheiten des dasiegen Schlosses und auf das grausame Gepolter, welches alle Nacht in demselben gehöret wurde. Er fügte hinzu, datz man, ungeachtet aller angewandten Mittel, nichts kräftig gnug befunden, diese unbändigen Geister zu dämpfen. Kaum hatte er seine Erzehlung geendiget, als einer von diesen beyden Geistlichen, welcher vielleicht keine Furcht vor solchen schwärmenden Nacht-Geistern in seinem Busen fühlen mochte, sich von freyen Stücken erbot, noch dieselbe Nacht nebst seinem Gefährten das Nacht-Lager in diesem Schloß zu nehmen. Der Amtmann ließ sich solches gar gerne gefallen, und konte sich nicht gnug über dieses freymüth-ige und behertzte Anerbieten des Capuciners verwundern. Der eine aber von diesen Geistlichen verlangte zu wissen, ob keine Eapelle im Schlosse befindlich wäre, in welcher er vor dem Exorcismo seinen gewöhnlichen Gottes-Dienst verrichten tönte? Da ihm nun hierauf mit Ja geantwortet wurde, begehret er die Nothwendigkeiten zum ordentlichen Metz-Opfer, wie auch einen geringen Vorrath von Lebens-Mitteln zu ihrem Unter­ halt, wenn sie etwa sich eine Weile in dem Schlosse aufhalten müsten. Alles dieses wurde auf Befehl des Amtmanns mit gröster Bereitwillig­ keit angeschaffet. Allein es wolte sich keiner unter seinen Bedienten fin­ den, welcher diesen Geistlichen auf einer so gefährlichen Reise an die

Der echte und der falsche Erbherr

Hand zu gehen sich unterstehen können, weswegen denn die armen Mönche gezwungen waren, die Nothwendigkeiten zu dieser Unterneh­ mung selbst auf ihre Schultern zu nehmen: Sie gaben also dem Amt­ mann gute Nacht, und giengen um die 10te Stunde nach dem Schlosse zu, allwo sie mit ihrer Laterne so lange herum walleten, bis sie endlich den etwas verfallenen Zutritt zu der Capelle erreichet hatten. So bald sie daselbst angelanget, richtete der eine Capuciner, welcher ein Priester war, alles dasjenige zu, was zu der anzustellenden Messe oonnöthen war, sein Reise-Gefährte aber fand einen so schlechten Trieb zu dem gantzen Merck bey sich, daß er lieber die Nacht in dem Amt-Hause zu­ gebracht hätte. Da nun die 12te Stunde allgemach herein zu brechen Begonie, machte sich der Priester fertig zu dem EOttes-Dienst, welchen er eben mit derselben Stunde anfangen wolle, sein Mit-Eeselle aber muste ihm gewöhnlicher Massen zur linden Seite nieder knien, welchen die Haut dergestalt schaurete, daß er darüber in einen Schlaff oder viel­ leicht in eine Art der Ohnmacht verfiel. Der Priester machte nunmehr den Anfang zur Messe mit dem ordentlichen Jntroitu: Introibo ad altare Dei, d. i. Ich will eingehen zu dem Altar EOttes, worauf ihm an statt seines Mit-Bruders eine Stimme mit dem dem gewöhnlichen Versicul antwortete: Ad Deutn, qui laetificat juventutem me am, d. i. Zu EOtt, welcher meine Jugend frölich machet. Über diesen ausserordent­ lichen Ministranten wurde der gute Priester in solche Verwirrung gesetzet, daß er zum andern und dritten mal wieder anfangen muste. Er hörte aber jederzeit von mehrern und unterschiedenen Stimmen die Antwort erschallen, daher er sein Schicksal EOtt anheim stellte, wiewohl er bey sich selbst die Vermuthung faßte, es mästen gute Geister in diesem Schlosse wohnen, weil sie die Worte Göttlicher Schrift nachzusprechen wüsten. Er entschloß sich demnach, behertzt in seiner Messe fortzufahren; wie er aber zu dem gewöhnlichen Dominus vobiscum gekommen war, und sich umwenden muste, erblickte er um den Altar eine kniende Reyhe eißgrauer Männer, welche mit langen schwartzen Mänteln umgeben waren, und ihre Hände gegen den Altar in die Höhe reckten. Diese an­ dächtige Stellung erweckte bey ihm wieder einen Muth, in seiner an­ gefangenen Messe weiter fortzufahren, da inzwischen sein Gefährte gleich­ sam im tieffsten Schlaffe begraben lag, dessen Verrichtung gleichwohl bey dieser heiligen function versehen wurde, indem die geistreiche Ge­ sellschaft nicht nur dem Priester in allen antwortete, sondern auch die zwey nächsten ordentlicher Weise zur Messe dieneten. Als aber der Capu­ ciner zur Brechung des gesegneten Brodtes kommen war, wandte er sich um zu diesen seinen nächtlichen Zuhören, und beschwur sie in Namen des lebendigen EOttes, zu sagen, was ihr Verlangen sey, und auf was für Art ihnen könne geholfen werden, damit sie zu ihrer Ruhe gelangten. Auf diese Anrede ließ sich der letzte aus der Reyhe mit folgenden Wor­ ten vernehmen: Wir alle, die du hier siehest, sind von 100. Jahren her diejenigen, welche dieses Schloß in Unruhe gesetzet, weil wir im Leben unrechte Besitzer desselben gewesen. Wir haben daher keine Ruhe noch

Der echte und der falsche Erbherr Rast, bis dasselbe seinem rechten Eigenthums-Herrn wiederum über­ geben werde. Dieses ist der alte Hannß, welcher als ein Tagelöhner in der Hof-Scheure drischet; Dessen Eroß-Vater ist in seiner zarten Kind­ heit durch Betrug meines Vorfahren seiner Mutter als wirckliche Be­ sitzerin dieser Herrschaft verwechselt worden, indem seine Frau diesen jungen Herrn gestillet, und hat er dagegen seinen Sohn, welcher in eben dem Alter war, untergeschoben. Von diesem unrechtmäßigen Erben ist diese Herrschaft auf uns gekommen, Massen wir von demselben her­ stammen. Der unglückselige Erbherr hingegen ist durch diese gottlose List in einen elenden dürftigen Zustand versetzet worden, daß daher dieser sein Enckel mit der Hand-Arbeit sein Brod verdienen muß. Wir alle aber als Nachkommen von jenem untergeschobenen sind zu keinem rechten Alter gelanget, wie es denn auch dem gegenwärtigen Besitzer dieser Herrschaft ergehen wird. Im übrigen werden wir niemals der Ruhe theilhaftig werden, es sey denn, daß der arme Drescher als wahrer Eigenthums-Herr wiederum zu der ihm von EOtt und Rechts wegen zukommenden Erbschaft gelange. Der Pater fragte weiter: Wo sich denn dieser ihr Vorfahr, welcher solchen unerhörten Betrug gespielet, anietzo befinde? Sie gaben ihm darauf alle mit einander zur Antwort: Wir wissen von diesem nichts, weil uns die geheimen Urtheile EOttes ver­ borgen sind; doch wird ihm sein Lohn von dem Richter alles Fleisches bevorstehen. Rach diesen Worten sind sie alle zugleich unter grossem Seufzen verschwunden. Der Priester setzte seine Messe bis zum Ende fort, fein Mitgeselle aber wachte erst nach dem Abschied der Geister auf, ohne daß er ein Wort von der gantzen Unterredung vernommen hatte. Mit anbrechendem Tage gieng der Geistliche, welchem die verborgenen Eeheimnisie dieser geängstigten Geister entdecket worden, aus dem unsichern Schlosse zurücke, um den gantzen Verlaufs an gehörigen Orten zu vermelden. Der Amtmann schiene von dem weisen Geschlechte herzu­ stammen, welches aus dem Öle, so jene thörichten Jungfrauen verschüt­ tet, seinen Ursprung genommen, und von zukünftigen Dingen wenig oder nichts glaubet. Er hielte diese Erzehlung für ein einfältiges MönchsGedichte, und ertheilte dem guten Capuciner keinen andern Lohn für seine gehabte Mühwaltung, als daß er ihn mit einem kaltsinnigen Danck abspeisete, und ihn so dann seinen Weg weiter fortsetzen ließ. Daß aber diese gantze Begebenheit nicht von der Einbildung gedachten Paters hergerühret noch ihm im Traum so vorgekommen sey, hat der Ausgang Hernachmals bewiesen. Denn kurtze Zeit darauf starb der Besitzer dieser Herrschaft wieder alles Vermuthen, und mit ihm gieng der gantze Stamm aus, daß also das Ritter-Gut an den ordentlichen Lehns-Herrn zurückfallen muste. Weil aber der Capuciner die gantze Sache an höhern Orten angezeiget, ist der obenbemelte rechtmäßige Erbe, welcher aber auch unbeetbet verstorben, auf seine Lebens-Zeit reichlich versorget wor­ den. Im übrigen erhellet die Wahrheit dieser Geschichte auch daher, weil nach der Zeit in besagtem Schlosse alles ruhig und stille gewesen.

Die ermordete Kammerfrau

98. Die ermordete Kammerfrau Im vorigen Seculo, wovon mir aber die eigentliche Jahr-Zahl un­ bekannt ist, ereignete sich es auf dem Schlosse Radisch, daß unter wäh­ renden Abend-Dämmerung, da eben das Ave-Maria, nach dem Ge­ brauch der Römischen Kirche, geläutet wurde, die Hauß-Verwalterin des Schlosses in ihren Verrichtungen sich in den Keller verfügen muste, da sie denn nicht ohne grossen Schrecken eine Weibs-Person ihr entgegen kommen sahe, welche vor ihr stehen blieb, und einige Seufzer nach ein­ ander hören ließ. Dieses Schrecken-Bild war ihr so nahe, daß sie gantz eigentlich bey dem Lichte wahrnehmen konte, daß die Brust dieser un­ bekannten Person gäntzlich mit Blut besprühet war. Weil nun dieselbe der Hauß-Verwalterin nicht ausweichen wolle, sahe sich diese genöthiget, jene anzureden und zu fragen: Was sie hier wolle und was ihr Ver­ langen wäre? Auf diese Anrede gab das Gespenst zur Antwort: Schaffe mir Ruhe, daß ich in meine Erde komme, die mir gebühret; Denn ich bin unschuldiger Weise ermordet worden, weil mich mein Ehe-Mann vor 70. Jahren in Verdacht eines Ehebruchs gehabt, den ich doch in der That nicht begangen, wiewohl es hätte geschehen können, wenn ich nicht wäre überfallen worden. Ungeachtet dieser langen Zeit kan ich nunmehro zu meiner Ruhe gelangen, wenn meine Gebeine aus diesem Keller aus­ gegraben und in der Ruhe-Stätte anderer Verstorbenen beygesetzet wer­ den. So lange dieses nicht geschiehet, muß ich dieses Schloß beunruhigen, auch du selbst wirst eher keine Ruhe vor mir haben können. Mit diesen Worten verschwand sie und ließ die gute Verwalterin in grosser Bestürtzung stehen, welche vor Schrecken unverrichteter Sachen wieder zu­ rücke kehrte, und der Herrschaft ihr gehabtes Gesichte und die gehörten Worte umständlich erzehlte. Run wolle kein Mensch von einem Todt­ schlage etwas wissen, der jemals in diesem Schlosse wäre verübet wor­ den, absonderlich weil nach Aussage der Haus-Verwalterin, bereits eine so geraume Zeit darnach solle verflossen seyn. Weil auch der erschienene Geist nicht angezeiget, wo man den ermordeten Cörper eigentlich suchen solle; so wurde die gantze Erzehlung mehr für eine starcke Einbildung dieser Frau, als für ein wahrhaftiges Gesichte gehalten und ihr weiter kein Gehör gegeben. Selbige Nacht aber um 12. Uhr, da die Haus-Ver­ walterin mit ihrem Manne im Bette lag, ergriff sie etwas bey der Hand, welches ihr gantz eißkalt vorkam, und dessen Gestalt mit der vorigen einerley war. Ihr Mann bekam zwar nichts davon zu sehen, doch aber hörte er eine Stimme, welche sich gantz leise also vernehmen ließ: Will man dir nicht glauben, so wirst du keine Ruhe haben, ja ich werde im gantzen Schlosse zu rasen anfangen, so lange bis ihr meine Gebeine zur Erden bestattet: Ich muß an die Seite meiner Mutter kommen, damit ich sie auch in dieser Welt finden möge; ich bin lange gnug irre gegan­ gen, um dieselbe zu suchen. Meinem Manne habe ich verziehen, und den­ noch kan ich ihn nicht antreffen. Mache, mache, Catharina, daß ich Ruhe habe. Auf diese Worte, welche sie alle beyde gantz vernehmlich angehöret, fragte die Hauß-Verwalterin, wo man denn ihre Gebeine suchen solle?

Die ermordete Kammerfrau — Der Ring in der Wunde

und bekam von dem Geist zur Antwort: Bey der breiten Ecke nicht tieff unter der Erde werdet ihr meine Gebeine finden. Meiner Mutter Grab ist hinter der Martins-Kirche im Flecken, der Nahme Margaretha weiset ihren Leichen-Stein, dorthin sollet ihr meine Knochen bringen; mit wel­ chen Worten sie wiederum aus dem Gesichte der Haus-Verwalterin ver­ schwand, indem sie ihr Ehe-Mann nicht gesehen, sondern nur reden ge­ hört hatte. Da der Morgen angebrochen, giengen sie mit einander zu ihrer Herrschaft und erstatteten Bericht, was die Haus-Verwalterin ge­ sehen, beyde aber zugleich gehöret hatten. Niemand fönte gleichwohl ausfindig machen, woher und wann eine solche Mordthat in diesem Schlosse solle begangen seyn; Die Herrschaft befahl das gantze Archiv und sonderlich um die angedeutete Zeit nachzusehen, allein aller ange­ wandten Mühe ungeachtet war nicht die geringste Spur davon in dem­ selben anzutreffen. Ehe und bevor aber der Herr des Schlosses in dem Keller wolle graben lassen, befahl er bey der angegebenen Pfarr-Kirche alle Leichen-Steine durchzusuchen, ob auf einem derselben der Nahme Catharina zu finden wäre, und aus was für einer Familie selbige ge­ wesen. Denn hierdurch gedachte er vielleicht von den Bedienten der Herr­ schaft in denselben Zeiten Nachricht zu bekommen, unter welchen sich etwa diese verborgene Begebenheit fönte zugetragen haben. Nach ge­ schehener Untersuchung fand man einen Leichen-Stein unter der JahrZahl 1611. mit dem Nahmen Margaretha Willin bezeichnet. Man schlug darauf nach in dem Dienst-Boten-Register selbiger Jahre, da sich denn zeigte, daß Regina Willin im Jahr 1618. mit Moritz Aschern verheyrathet worden, und als Cammer-Frau bey der Herrschaft in Diensten ge­ standen. Von derselben war aufgezeichnet, daß sie, ihres Mannes Vor­ geben nach, nächtlicher Weile von ihm weg und mit einem Bedienten Nahmens Christoph Jäger durchgegangen, auch nicht wieder zum Vor­ schein gekommen sey. Nachdem der Herr des Schlosses so viel Nachricht eingezogen, liest er am angezeigten Orte nachgraben, allwo man auch einen annoch gantz aneinander hangenden Cörper nebst einem grossen Messer gefunden, mit welchem sie, allem Vermuthen nach, muste seyn ermordet worden. Dieser Cörper wurde so dann mit gewöhnlichem Kirchen-Gepränge zur Erden bestattet, worauf nicht allein die Hautz-Verwalterin Ruhe bekam, sondern auch in dem gantzen Schlosse weiter nichts gespühret wurde. Nun möchte ich auch gern von dir, lieber Pnevmatophile, vernehmen, was du von dieser Geschichte haltest. 99. Der Ring in der Wunde

Es war in der bekannten Nieder-Sächsischen Stadt Quedlinburg das Haus eines Fleischers durch das darinnen umgehende Gepolter in solche Unruhe gesetzet worden, datz es nicht fönte bewohnet werden, auch der eigenthümliche Besitzer dasielbe zu verlassen sich genöthiget sahe. Nun ereignete es sich, datz eine vornehme Dame in diese Stadt kam, wegen der damals durch marchirenden Krieges-Völcker aber in keinem ordent-

Der Ring in der Wunde lichen Wirths-Hause ihren Aufenthalt bekommen tonte. Es sagte dahero ein Wirth, welcher nicht weit von gedachtem unruhigen Hause wohnte, zu dieser Person: Wenn sie sich getraute, in demselben Hause zu logiren, wolte er sie und die ihrigen mit allen übrigen Nothwendigkeiten zur Enüge versehen. Die gute Dame muste aus der Noth eine Tugend ma­ chen, und einen ihr sonst vielleicht unanständigen Entschluß fassen, wo sie anders nicht unter freyem Himmel bleiben wolte, daher sie denn in dieser unsichern Wohnung ihren Abtritt nahm, und von dem besagten Wirth nebst ihren Bedienten reichlich versorget wurde. Nach vollendeter Abend-Mahlzeit sang sie mit ihren Cammer-Mägdgen einige geistliche Lieder, und ließ dieselben endlich zu Bette gehen, sie aber nahm sich vor bey brennenden Lichtern unter Beten und Singen so lange in der Stube aufzubleiben, bis die 12te Stunde verflossen seyn würde. Nachdem es 11. geschlagen, höret sie nicht ohne Entsetzen ein grosses Gepolter vor der Stuben-Thüre, welche sich allgemach von selbsten eröffnete. Sie sahe dar­ auf eine Weibes-Person mit verbundenem Haupte herein kommen und nahe vor sie treten; Wie sie nun das Hertz gefasset, selbige zu fragen: Wer sie wäre und was ihr Begehren sey? gab ihr jene so gleich zur Antwort: Sie wäre die Haus-Frau dieser Wohnung gewesen, und von ihrem Manne ermordet worden, indem derselbe ihr den Kopf mit einem Fleisch-Beile gespalten, und sie unter dem Vorwand, daß sie an einem Schlag-Fluß plötzlich gestorben wäre, begraben lassen. Nun tönte sie eher keine Rast noch Ruhe haben, bis ihr Ehe-Mann desfalls zu gebührender Straffe gezogen würde; Sie wolte demnach die Dame inständigst er­ suchen, daß sie der Obrigkeit besagte Mord-That offenbaren möchte. Diese wandte dagegen ein: Wer ihr denn in einer so schweren Sache Glauben beymessen würde, da sie keinen bessern Veweiß anzuführen hätte? Jene versetzte ihr darauf: Sie möchte nur, was sie wolte, in die gespaltene Wunde ihres Haupts legen, so würde man solches in ihrem Grabe wieder auf gleiche Art antreffen. Mit diesen Worten lösete sie ihre Haupt-Binde auf und zeigte den gespaltenen Hirn-Schedel, die Dame hingegen zog ihren Ring vom Finger, und legte solchen in die von einander stehende Öffnung des Hauptes, worauf das Gesicht alfobald verschwunden. Des folgenden Tages fuhr die Gräfin, ohne ihren Bedienten das geringste von der nächtlichen Erscheinung zu sagen, auf das Rath-Haus selbiger Stadt und erzehlte die gantze Begebenheit, welche sich die vergangene Nacht zugetragen hätte. Der Rath tonte frey­ lich, auf das Zeugniß einer fremden Weibes-Person, in einer BlutSache keinen festen Fuß setzen, noch den angegebenen Mörder so gleich in Verhaft ziehen lassen, weil man hierzu eines stärckern Beweises vonnöthen hatte. Da aber die Gräfin darauf drung, daß man ihr wenig­ stens ihren Ring, welchen sie in die gespaltene Wunde hinein geleget, und welcher nothwendig in dem Grabe der ermordeten Person befind­ lich seyn müste, wieder verschaffen möchte, sahe sich endlich der Rath ge­ zwungen, bey Nacht-Zeit ohne viel Umstände das Grab zu öffnen und den Cörper besichtigen zu lassen. Alsdenn fand man nicht allein den

Ring in der Wunde — Vorzeichen von der Enthauptung des Grafen Nadasti

Cörper in derjenigen Stellung mit verbundenem Haupte, wie die Dame ausgesaget hatte, sondern als der Toden-Gräber die Haupt-Binde aus­ gelöset, sahe man den angegebenen Ring in der gespaltenen Hirn-Schale stecken, welcher Anblick nicht geringe Verwunderung nach sich gezogen, indem der Todten-Eräber nicht vermuthen kante, daß ihm iemand durch Umarbeitung des Grabes würde ins Amt gefallen seyn, und noch weni­ ger zu glauben war, daß diese Dame als eine fremde dergleichen Ver­ richtung solle auf sich genommen haben. Es erachtete daher der Rath gnugsamen Grund zu haben, den Ehe-Mann zu gerichtlicher Haft brin­ gen zu lassen. Bey diesem mochte wohl sein eigen böses Gewissen die gröste Folter seyn, welches ihn ohne Richter seiner Missethat überführte, wie er denn auch, ohne viele Umstände zu machen, die gantze That be­ kannt und selbst gebeten hat, ihm sein Recht wegen begangenen Mords zu thun, welches auch bald darnach geschehen, da er mit dem Rade vom Leben zum Tode gebracht worden. Der Ring aber, welchen man in den gespaltenen Hirn-Schedel wiedergefunden, wird zum ewigen Denckzeichen in dieser Stadt verwahrlich aufbehalten. 100. Das Vorzeichen von der Enthauptung des Grafen Nadasti

Schloß Pottendorff, an den Österreichischen Gräntzen, ist der Ort, wo ehemahls der unglückselige Graf Nadasti, welcher wegen seiner Verbin­ dung wieder das Durchlauchtigste Haus Österreich den Kopf verloren, in gefängliche Haft gebracht worden. Von diesem Schlosse habe ich mir aus dem Munde sicherer Zeugen, welche des Archivs besagter Familie sehr kundig sind, erzehlen lasten, daß dem Grafen Peter Nadasti folgendes, wie man es von seiner eigenen Hand aufgezeichnet gefunden, begegnet sey: Es lag derselbe einsmals gegen Mitternacht schlafflos in seinem Bette, und war mit verschiedenen Eedancken und Überlegungen beschäfftiget, da unvermuthet etwas an sein Schlaff-Zimmer pochte, auch ohne Erwartung der Erlaubniß hereingetreten kam. Wiewohl er nun solches bey dem etwas entferneten Nacht-Licht nicht eigentlich unterscheiden tonte, so daß es ihm fast nur wie ein Schatten-Bild vorkam; so konte er doch so viel erkennen, daß es Ungarisch gekleidet, ohne Kopf und um den untern Theil des Rumpfs gantz blutig anzusehen war. Dieses Eespenste rauschte endlich gleich einer ftarcken Luft vor ihm vorbey, und ließ sei­ nen sonst gar behertzten Ungarischen Muth in ziemlicher Verwirrung zu­ rücke. Dieses Gesichte wurde von ihm so wohl vor seiner Gemahlin, als übrigen Familie verschwiegen gehalten, und würde man nichts davon erfahren haben, wenn man es nicht nach seinem Tode in seinem gehei­ men Tage-Buche unter dem Ilten Hornung 1669. aufgezeichnet gefunden hätte. Nun ist es eine bekannte Sache, daß der Käyserliche Hof wider die 4. Haupt-Aufrührer: Nadasti, Serini, Trangipani, und Tettenbach die Execution ergehen und sie mit dem Schwerd hinrichten lassen. Von derselben Zeit an hat man in diesem Schlosse verspüret, daß sich des Nachts zwischen 11. und 12. Uhr sein Gespenst in Ungarischer Kleidung

Vorzeichen von der Enthauptung des Grafen Nadafti — Der Stock im Eisen den Kopf unter dem Armen tragend sehen lassen. Dasselbe ist aus dem Gemache berührten Erafens Nadafti hervorgekommen, hat sich in den grossen Saal begeben, und ist um die 12. Stunde mit dem letzten Schlag der Glocke wiederum in bemeltes Zimmer zurücke gegangen. Ausser dem hat man im gantzen Schlosse nicht das geringste wahrgenommen, gleich­ wohl wird dasselbe, bloß um dieser Ursache willen, gar nicht bewohnet. Sonst ist hierbey auch noch dieses zu mercken, daß besagtes Zimmer eben dasjenige ist, worinnen der enthauptete Graf ehedem geboren worden, und über welchem das alte Nadastische Wapen annoch zu sehen ist, wie sie es vor diesem begangenen Meineyd und Verrätherey geführet haben. Hier muß ich dich nun fragen, lieber Pnevmatophile, was dieses doch wohl für ein Gespenst gewesen sey, welches einige Jahre zuvor zu diesem Grafen gekommen, und in eben der Gestalt, wie er nach seiner Enthaup­ tung sich ietzo sehen lässet, ohne Kopf erschienen? Man hat auch versichern wollen, daß der enthauptete Graf Nadafti nicht allein auf seinem Geburts-Schlosse Puttendorf täglich oder doch zum öftern erscheine, sondern daß sich dieses traurige Bild mit dem Kopfe unterm Arm auch noch an andern Orten sehen lasse. Nicht weit von besagtem Schlosse lieget das von Nadafti erbaute Kloster Maria Loretto, worinnen die Capelle nach der Lauretanischen verfertiget wor­ den, nachdem der Graf selbst das Muster darzu mit sich aus Italien ge­ bracht hatte. Aus diesem Kloster nun werden dir die Patres einhellig erzehlen, wie sehr sie von diesem Gespenste, welches seinen vermeinten Kopf unterm Arm träget, beunruhiget werden, wenn sie des Nachts ihre gewöhnliche Betrachtungen anzustellen haben. Da sehen sie dieses Schreck-Bild bey dem Schein der brennenden Nacht-Laternen beständig herum wallen, und ob man gleich den Exorcismum zum öftern gebrau­ chet hat, masten gewisse Leute aus dem Orten dieses Klosters sich auf die Beschwerungs-Künste vor andern wohl verstehen; so haben doch alle diese Mittel nicht anschlagen wollen. Woraus sie denn nach ihren Glau­ bens-Sätzen schließen, daß der Graf sehr tieff in den Flammen des FegeFeuers müsse vergraben liegen, aus welchem ihm nur zu gewissen Zeiten herauszugehen, und denen Lebenden seinen Zustand kund zu thun er­ laubet werde. Da also diese Geistlichen, wie es ihnen denn als erkennt­ lichen Stifts-Kindern gegen einen so milden Vater obgelegen, zwar an ihren Messen, Exorcismis und andern Operibus supererogatoriis nichts erwinden lasten, gleichwohl aber denselben zu keiner Ruhe haben brin­ gen können; so ist wohl die letztere Erscheinung dieses Gespenstes in kei­ nen Zweifel zu ziehen. 101. Der Stock im Eisen

Die Erzehlung davon ist sehr wunderlich, wiewohl sie bey dem ge­ meinen Mann und bey glaubwürdigen Leuten gar genau mit einander übereinstimmet. Es ist bekannt, daß wo anietzo diese grosse und be­ rühmte Stadt Wien stehet, in vorigen Zeiten ein ungeheurer Wald

Der Stock im Eisen

befindlich gewesen, in welchem das so genannte Thier Hyaena oder Menschen-Fresser sich soll aufgehalten haben. Von demselben hat diese Stadt mit Verwechselung des eintzigen ersten Buchstabens den Nahmen be­ kommen zum Denckzeichen aber des in derselben Gegend gestandenen Waldes ist ein abgehauener Stock von einem Baum übrig gelassen wor­ den, welcher annoch in einem eisernen Gitter verwahret gezeiget wird. Es hat sich aber einsmals zugetragen, daß ein Schlösser-Junge Schläge halber von seinem Meister entlaufsen, und einige Zeit in der irre her­ umgegangen, weil er die ihm aufgetragene Arbeit nachläßig verrichtet hatte. Diesem begegnete ohngefehr ein Mann, in der Gestalt eines Mei­ sters, von eben dieser Profession mit einem Schurtz-Felle umgürtet, wel­ cher ihn um die Ursache seiner Traurigkeit befragte. Er trug kein Bedencken, diesem vermeinten Meister sein Anliegen zu offenbaren, weil er etwa bey demselben anderweitige Dienste zu bekommen verhoffte. Der vermummte Handwercks-Mann gab ihm darauf zur Antwort: Wenn du in meine Dienste treten willst, so solst du von mir ein Schloß um den Stock, welcher das Wahr-Zeichen dieser Stadt ist, verfertigen lernen, daß weder dein Meister, noch ein anderer dieser Kunst verständiger wird aufmachen können, und wodurch du dir auf die späte Nachwelt einen Nahmen und Andencken erwerben wirst. Der unbesonnene Junge nahm das Eeding alsobald an, und unterschrieb sich auf Verlangen dieses un­ bekannten Meisters, mit seinem eigenen Blute, welcher ihm um die Ute Nacht-Stunde wieder an diesen Ort beschieden. Nachdem er sich nun all­ da richtig eingestellet, fand er dem Meister mit gewönlichen Werckzeugen bey einem Kohlen-Feuer, allwo sie vermöge ihres Parts das Schloß und den Ring um besagten Stock verfertiget haben. Die Zeit aber, in welcher der Junge eigentlich des Meisters seyn solle, war auf 10. Jahre bestim­ met. Hiernächst bekam er von ihm etwas Geld zu seinem Unterhalt, worauf ihm derselbe nebst dem Feuer und Schlösser-Jnstrumenten aus den Augen gekommen. Der Junge gieng des folgenden Tages zu feinem vorigen Meister und fragte ihn: ob er sich das in seiner Abwesenheit von ihm verfertigte Schloß zu öffnen getraue? mit dem Zusatz, daß wenn er solches thäte, er ihn für einen rechtschaffenen Meister erkennen wolle. Der Meister wusle zwar nicht, was der Junge mit diesem Vor­ trag sagen wolle, gieng aber dennoch mit ihm hin, um zu sehen, was es mit der Sache für eine Beschaffenheit habe; Und da er mit Erstaunen eine Arbeit zu sehen bekam, welche seiner Kunst gantz fremde schien, muthmaßte er gleich, daß es nicht natürlich damit zugeben müste, und beschloß alsobald, es der Obrigkeit anzuzeigen. Der Junge oermerckte solches und machte sich eilig aus dem Staube, weil er besorgen muste, daß man ihn desfals scharff befragen, oder wohl gar mit einer Straffe belegen würde. Inzwischen hatte er gleichwohl durch diese seine Arbeit, welche er mit dem unbekannten Meister verfertiget, das gantze SchlösierHandwerck beschämt gemachet, zumalen bis diese Stunde keiner von den erfahrnesten Künstlern, welche aus andern Ländern herzugekommen und Hand angeleget haben, dieses Schloß zu öffnen vermögend gewesen.

Der Stock im Eisen — Der Teufel Baumeister Man findet auch zum Wahr-Zeichen so viele Nägel an diesem Stocke eingeschlagen, als Meister ihre Kunst an dem Schlosse versuchet haben, und pflegen die Fremden nicht ohne Verwunderung solches zu betrachten. 102. Der Teufel Baumeister

Fragest du, wer die berühmte Regensburger Brücke erbauet habe? so wirst du alsobald von dem dasigen Pöbel die Antwort erhalten: Der Teufel habe sie verfertiget, indem ein Maurer mit demselben diesen Vergleich gemachet, daß, wenn der Teufel selbige Brücke innerhalb 24. Stunden fertig schaffen würde, er vor seine Mühe die 3. ersten Seelen haben solle, welche darüber gehen würden. Es wäre aber der künstliche Teufel nach vollbrachtem Wercke von dem einfältigen Mäurer gar artig betrogen worden, indem dieser über die neuverfertigte Brücke einen Hund, eine Katze und einen Hahn hinüber ge jaget hätte. Nur ist zu be­ wundern, datz der betrogene Teufel nicht aus Verdruß und Bosheit das gantze Merck über einen Haufen geworffen hat, und hingegen feine Ar­ beit zur Bewunderung der Menschen so lange stehen lassen. Billig foltert alle darüber gehende einen Schauer empfinden, und befürchten, datz diese steinerne Brücke zu einem noch grössern Wunder auf der Donau mit ihnen fortschwimmen möchte. Mich wundert, datz man nicht auch der­ gleichen Fabelwerck von der bekannten Prager- und Dresdener Brücke bey denen Meister Sängern und ihres gleichen für gewisse Wahrheiten herumtrüget, da doch diese beyde, nach Aussage aller Kunst verständigen, die erste bey weitem übertreffen. Wenn es auf die liesse des Wassers ankommen solte, so müste jene Brücke von Puozzolo nach Da ja in Ita­ lien, welche von einem Käyser angefangen, und von Caligula hat sollen vollendet seyn, und 4. Stunden Weges über das Meer gehet, auch von keinem Menschen seyn angegeben worden, indem die liesse des Wassers sich der Orten über 30. Klafter erstrecket, und diese billig eine Mutter aller andern Brücken tönte ge-nennet werden. Und warum solte der Teu­ fel nicht, zu Erweiterung seines Reichs, auch in dem blinden Heyden­ thum solche künstliche Abentheuer hervor gebracht haben? Gleichwohl wird dir keiner sagen, datz dieses ungeheure Merck von andern als von Menschen-Händen sey erbauet worden. Man will zwar von der so ge­ nannten Teufels-Grotte bey Napoli, durch welche der Weg nach Puozzolo einen gantzen Berg hindurch gehet und 700. Schritte in der Länge hat, unter dem Pöbel vorgeben, datz sie in 24. Stunden sey ausgearbeitet worden; allein es finden sich gewisse Nachrichten, datz sie auf Befehl Cocceji durch Hülfe der Kunst, und durch den Schweiß der leibeigenen Knechte in nicht geringer Zeit durchgebrochen sey, wie man denn auch augenscheinlich abnehmen und fast mit Händen greiffen kan, datz diese ungemeine Öffnung der Gewalt des Eisens müsse zugeschrieben werden. Wenn man von allen mühsamen und Kunst-reichen Wercken solche Mei­ nung hegen wolle, so müsten die meisten Gebäude in Italien, welches doch anietzo einen Sitz der Heiligkeit abgiebet, den Teufel zum Urheber

Der Teufel Baumeister — Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche

haben, und für Wercke der Finsterniß angegeben werden. Siehet man nur z. E. die so genannte Centum Cellas die Aquae ductus Neronis und Diocletiani, Antrum Sibyllae, Cisternam mirabilem und hundertfältige andere Gebäude an, so wird ein einfältiges Gemüth allezeit auf die Gedancken gerathen, daß selbige nicht Menschen, sondern der Teufel ver­ fertiget habe. Ja die heiligen Päbste selbst fönten auf diese Art in einen Zweifel gerathen, ob ihre Vorfahren das erstaunenswürdige Vaticanum, welches alle Kunst zu übertreffen scheinet, mit menschlicher Hülfe erbauet hätten. Allein mich düncket, die Jtaliäner haben nicht allein an der Kunst, sondern auch am Verstände von unsern Teutschen darinnen einen Vorzug, daß sie zwischen den Werden des Teufels und der Menschen einen bessern Unterschied zu machen wissen, da man bey uns solche Dinge, die was ausserordentliches vorstellen, alsobald dem Teufel zuschreiben will. Jedoch wenn der Teufel von dem Stephans-Thurm zu Wien Mei­ ster seyn soll, warum wird solches nicht auch von dem Thurm zu Stras­ burg, Landshut, Meissen, Bononien, Pisa, Cöln am Rhein und andern mehr gesaget, welche jenen, wo nicht an Stärcke, doch an Kunst den Vor­ zug streitig machen. Meines Theils finde ich an demselben gnugsame Spuren, daß er von Menschen Händen bereitet worden, und ist dieses eintzige dabey nur merckwürdig, daß, nachdem der Meister sein Merck vollendet, der bey ihm gestandene Lehr-Junge, die Kunst seines Mei­ sters nachzuahmen, -auf der andern Seite -eben dergleichen, wiewohl noch künstlichern Thurm hat aufführen wollen. Da aber der Meister dieses gemeldet, hat er demselben ein Fall-Bret geleget, daß er wegen seiner eingebildeten Kunst den Hals brechen, der Meister aber die Flucht neh­ men müssen. Weil nun auf das von dem Lehr-Jungen angefangene Merck, wo anietzo die mittlere Glocke hänget, nach dem Ave Maria-Leu­ ten niemand hinauf gehen darf, auch -einer und der andere vielleicht aus Unvorsichtigkeit den Hals gebrochen; so ist daher vermuthlich die all­ gemeine Sage entstanden, daß der Teufel diese Wercke angefangen, und noch anietzo die Macht der Finsterniß in denselben ausübet. Nun fönte es wohl möglich seyn, daß der Astral-Geist des herunter gestürtzten LehrJungen einige Unruhe alldort verursachet hätte; allein wie ich von einem dasig-en Kirchen-Vedienten vernommen, soll eine geraume Zeit her nichts mehr, als nur dann und wann einiges Gepolter verspüret worden seyn; zu geschweigen, daß diejenigen, welche zum öftern des Nachts bey -entstandenem Donner-Wetter hinauf steigen und die Glocke läuten müssen, sich niemals über den geringsten Anstoß beschweret haben. Und so viel kan ich dir, lieber Andrenio, von dem Wienerischen Ste­ phans-Thurm berichten. 103. Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche Es soll in der Stadt Wien ehemals ein Becken-Knecht gewesen seyn, welcher an einem Tage 7mal in unterschiedlichen Kirchen communiciret hatte. Man weiß aber nicht, was für ein Geheimniß er unter der 7ten Zahl gesuchet habe, da sich sonst eben kein gar zu gottseliger Wandel bey

Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche

ihm verspüren lassen. Gleich denselben Abend starb er eines plötzlichen Todes, da man noch nichts von dem, was er in unterschiedenen Kirchen vorgenommen, in Erfahrung gebracht hatte. Die Geistlichkeit schlosse also daraus, daß er eben an seinem Sterbens-Tage zum H. Abendmal ge­ wesen, er habe der Pflicht eines wahren Christen gemäß gelebet, und sey durch einen unvermutheten Todes-Fall übereilet worden, weswegen er denn, nach Christlichem Gebrauch, des folgenden Tages begraben wurde. Des Nachts aber um die Ute Stunde wurde die gewöhnliche Kloster-Glocke zu dreyen malen nach einander starck angezogen, und da der Pförtner die Thüre geöffnet, sahe er zwey schwartz gekleidete Per­ sonen mit Wind-Lichtern in den Händen vor sich stehen, welche einen Priester verlangten, der ihnen mit dem Cibario oder Hostien-Behältniß folgen solte. Es wurde ihnen so fort in ihrem Begehren gewillfahret, ob gleich der Priester nicht wüste, wohin er von diesen beyden unbekann­ ten würde geführet werden. Da er ihnen also immer nachgefolget, und sie bis zu einer Kirche gelanget waren, öffnete sich die Kirch-Thür, sie grenzen hinein und naheten sich zu der Stelle, wo der verstorbene Becken-Knecht begraben lag. Sie funden das Grab schon offen, und den unglückseligen Cörper in seinem Sarge ausser demselben stehen. Einer von denen beyden richtete den Cörper in die Höhe und befahl dem Pater, das Cibarium unter den Mund des Leichnams zu halten, rüttelte ihm den Kopf und versuchte dadurch das 7. geweyhte Hostien aus dem Munde desselben heraus fielen. Unter währender Ceremonien bemerckte der Priester, daß diese vermuthlich dienstbare Geister eine besondere Ehrerbietung von sich blicken liessen, welche ihm so dann auferlegten, er möchte selbige an den behörigen Ort tragen, sie aber dieneten ihm bis zu dem Tabernacul mit ihren Wind-Lichtern zur Begleitung. Nachdem sie nun diesen Schatz allda beygeleget, verschwunden jene und liessen dem Pater nebst seinem Gefährten mit der Laterne in gröster Berwunderung stehen, in der Kirche aber wurde ein grausames Poltern und Krachen wie ein Erdbeben gehöret, daß auch die beyden Geistlichen dar­ über in eine ftarcke Ohnmacht verfielen. Da sie sich wiederum erholet hatten, merckten sie, daß der Tag bereits angebrochen war, giengen des­ wegen zu dem Grabe, welches sie offen, den blosien Sarg aber ohne Cörper darneben stehend fanden. In der Queer-Mauer dieser Kirche hingegen sahen sie eine ziemliche Öffnung, durch welche, ihrer Muthmassung nach, dieser unglückselige Cörper durch die Lüfte muste seyn fortgeführet worden. Sie erzehlten hierauf der Obrigkeit den gantzen Verlaufs, und wurde diese Begebenheit durch die gantze Stadt aus­ gebreitet, wiewohl man es wegen anderer Länder lieber hätte ver­ borgen halten sollen. Als man nun bemühet war, die Öffnung in der Mauer wieder zuzumachen, muste man des Morgens dasjenige wieder aufgerissen sehen, was des vorigen Tages war vermauret worden, und ungeachtet man die Arbeit zu unterschiedenen malen wiederholet hatte, war es doch schlechterdings unmöglich, dieses Loch zu verschliessen. Es wurde deshalb bey der Universität, wie auch bey den grösten Gelehrten

Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche — Der wiederkehrende Klostermönch

ein Gutachten eingeholet, was in dieser wunderlichen Sache vorzunehmen wäre. Dieses schien um so viel nöthiger zu seyn, weil dieser Zufall nicht allein die Mönche desselben Klosters, sondern fast die gantze Stadt in Verwirrung gebracht hatte. Da man endlich, nach vielfältigem Suchen, nicht die geringste Spur von dem entführten Cörper antreffen können, wurde beschlossen, diese Öffnung der Stadt zu einem ewigen Andrucken und allen ruchlosen zur Warnung übrig zu lassen, damit solche zu einem augenscheinlichen Exempel der bestrafften Verunehrung Göttlicher Ge­ heimnisse dienen möchte. Es ist dieses Loch auch noch bis auf diese Stunde gleich hinter der ietzigen neuen Kloster-Pforte zu sehen, und wird so wohl von denen Einwohnern, als Ausländern, welche dahin kommen, als etwas sonderbares bewundert; die Geschichte aber wird auf einer höltzernen Tafel im Gemählde gezeiget. 104. Der wiederkehrende Klostermönch

2m Jahr 1710. im Monat August starb in einem Wiener Kloster eine annoch junge Ortens-Person an einer langwierigen Lungen-Sucht, es geschahe aber so unverhofft, daß stch die Kranckheit und der Tod gleich­ sam in einem Augenblick geäussert hatten. Hier sahe man den bekannten Satz, daß die Todes-Stunde des Menschen so ungewiß, als gewiß sey, durch ein überzeugendes Exempel bestätiget. Nun war es zu derselben Zeit nicht allein in den Heissesten Hunds-Tagen, sondern der Orden hatte auch gleich ein besonderes Fest zu begehen, daß man daher mit der bereits stinckenden Leiche innerhalb 15. Tagen zum Grabe eilen muste. Noch denselben Abend um die 10te Stunde kam ein Pater von diesem Orden auf den Chor seiner Andacht zu pflegen, allwo er seinen ver­ storbenen Mit-Bruder an seinem sonst gewöhnlichen Orte mit der Mönchs-Kappe stehen sahe, gleich als wenn er ordentlich in der Psalmodie begriffen wäre. Anfänglich hatte er ihn für einen andern noch lebenden gehalten, da er ihm aber in Hinausgehen mit der Laterne unter das Gesichte geleuchtet, erkannte er die völlige Gestalt des Verstorbenen. Hierüber stieß ihm vor Schrecken ein Schauer zu, und zugleich wurde ihm die Laterne ausgelöschet, daß er vor Angst die Chor-Thüre nicht wieder finden tonte, sondern kümmerlich an denen Väncken herum tap­ pen muste. Mitten in dieser Verwirrung kam der Sacristan zum Chor herein seine Lampe anzuzünden, welcher nicht begreiffen tonte, was dieser Pater allda im finstern zu suchen hätte. Da ihm aber derselbe erzehlte, was ihm begegnet war, wüste der Sacristan gleichfalls zu be­ richten, daß wie er vor einer halben Stunde in der Sacristey auf den folgenden Tag Anstalt gemachet hätte, wäre etwas in der Gestalt eines Ordens-Manns und in der Kleidung desselben hereingetreten, gleich als wenn er sich zur Messe ankleiden motte. Nachdem er nun hinzugegangen, um zu sehen, was dieses bedeuten solle, hätte stch der Priester umgesehen, da er denn eigentlich wahrgenommen, daß es der erst verstorbene, und vor einigen Stunden beygesetzte Pater sey. Er wäre hierüber eiligst zur

Der wiederkehrende Klostermönch — Das ewige Licht aus dem Friedhofe

Sacristey herausgelauffen und hätte nicht gerauft, wo er sich vor Schre­ cken hinwenden sollen. Diese beyde Zeugen giengen des andern Morgens zu ihrem Vorgesetzten, und hinterbrachten ihm itzre in voriger Nacht gehabte Gesichte, welcher alsobald allen Ordens-Brüdern anbefahl, den verstorbenen Pater in ihr Gebet und andere Wercke der Gottseligkeit mit einzuschliessen, ob er vielleicht aus den Flammen des Fege-Feuers tonte gerettet werden. Wiewohl sie nun insgesamt ihren möglichsten Fleiß werden angewendet haben, so war dennoch alles vergebens, indem fast kein eintziges Mit-Elied dieses Klosters übrig blieb, welches nicht sagen tonte, daß es den Verstorbenen bald im Refectorio, bald in den Creutz-Eängen, bald in der Bibliothek gesehen habe. Dieses verursachte nun, wie leicht zu erachten, eine nicht geringe Verwirrung im gantzen Kloster, und man gieng schon damit um, einen ausserordentlichen Exorcismum vorzunehmen. Nur wolte sich unter der gantzen Anzahl Mönche keiner finden, welcher das Hertz gehabt hätte, ein so wichtiges Merck auszuführen, ob gleich dieser erscheinende Geist niemanden einigen Schaden zugefüget, sondern nur ein allgemeines Schrecken erreget hatte. Was aber die Mönche des Klosters am meisten irre machte, war fol­ gender merckwürdige Zufall. Es ist in den Klöstern der allgemeine Ge­ brauch, daß an den Aller Seelen-Tage die gesamten Kloster-Grüften ge­ öffnet werden, damit iedermann die Särge der Verstorbenen in der Ordnung beschauen könne, welches sonst niemals gefchicht, ausser wenn eine Leiche beygesetzet wird. Nun waren von dem Ableben besagten Paters kaum 3. Monate bis zum 2. Novembr. an welchem Tage dieses Fest einfället, verflossen. Da aber der Sacristan am Aller-Heiligen Tage die Grüften öffnete, und die Lichter in Ordnung setzen wolle, sahe er mit Erstaunen den halb-vermoderten Cörper aufgerichtet sitzen, den Deckel aber von dem Sarge auf der Erde liegen, welcher Anblick ihn so erschreckte, daß er im Zurücke-weichen an die Ecke des Altars stieß, und eine starcke Boule im Gesichte zum Andencken bekam. Jedoch machte er sich eilend aus dem Staube und erstattete bey dem Ober-Haupt des Klosters einen Bericht von demjenigen, was ihm begegnet war. Alles dieses nun, was so wohl der Sacristan, als alle Mönche gesehen hatten, fönte nicht so verborgen bleiben, daß es nicht nach einiger Zeit unter die Leute gekommen, und in der gantzen Stadt wäre ausgebreitet wor­ den. Was aber für die Haupt-Ursache dieses Zufalls angegeben, und wie der Sache endlich abgeholfen sey, wird das Archiv dieses Klosters am besten wissen. 105. Das ewige Licht auf dem Friedhofe Nun muß ich eine wunderliche Geschichte anführen, welche sich auf dem Stephans-Kirch-Hofe in Wien bey dem grossem Bein-Hause, wo die ausgegrabene Toden-Knochen verwahret werden, zugetragen hat. Allda brennet durch die Stiftung einer verstorbenen alten Wittwe beständig eine Lampe; ob aber dieses ewige Licht, wie sie es zu nennen pflogen,

Das ewige Licht auf dem Friedhofe — Die strafenden Toten zu Ehren eines darneben Hangenden Ecce Homo-Bildes, oder wogen der allda ruhenden Gebeine gestiftet sey, habe ich nicht eigentlich erfahren können. Gleichwie nun die Kirchen-Bediente meistens in dieser Gegend ihre Wohnungen haben; also ereignete es sich, daß einer derselben von einem bey dem andern abgestatteten Besuch um 11. Uhr in der Nacht nach Hause gehen, dieser aber jenem bis zu seiner Haus-Thüre das Ge­ leite geben walte. Da sie über den mittelsten Kirch-Hof giengen, löschte ihnen, ich weiß nicht, ob von ohngefehr, das Licht aus, weswegen der andere, welchem etwa der Woin mehr zu Kopfe gestiegen und ihn behertzter gemachet hatte, zu dem Bein-Hause sich verfügte, um sein Licht bey dasiger Lampe anzuzünden. Ja ob gleich sein Mit-Colloge nicht dar­ ein mittigen wolle, blieb er dennoch bey seinem Borsatze, nennete jenen einen furchtsamen Hasen und brach zu gleich in diese unbesonnenen Worte heraus, da er sich eben dem Bein-Hause nahet«: Habe ich denn keinen Schwager oder Freund allhier, der mir das Licht hätte können nachtragen, da ich es doch besser brauche, als ihr, die ihr alle schon seyd schlaffen gegangen? Nachdem er dieses gesprochen, zündete er sein Licht an, löschte aber die Lampe mit einem Gelächter aus, und wolle mit seiner Laterne wieder fortgehen. Allein er bekam einen wunderlichen Abschied, indem es dergestalt mit Knochen hinter ihm drein schmisse, daß er seine eigene angezündete Laterne an statt der ausgelöschten Lampe im Stiche lassen muste. Sein Gefährte ergriff gleich beym Anfang dieser Unruhe die Flucht, und ließ den unglückseligen Spötter allein zurücke, welcher bey dem Schein seines eigenen Lichts bis um 12. Uhr mit einem gantzen Toden-Heer zu kämpfen hatte. Er blieb demnach halb todt auf dem Platze liegen und wurde am folgenden Tage von denen vorbeygehenden angetroffen, welche ihn aus Mitleiden aufgenommen und in seine Wohnung gebracht haben. Er bekam hierauf dieses zum Lohn für seinen Frevel, daß er ein halbes Jahr bettlägerig bleiben muste, in welcher Zeit er Gelegenheit und Raum gehabt, sein« Verwegenheit und unbesonnenes Wesen zu bereuen. 106. Die strafenden Toten

Weil du von einem Bein-Hause gedenckest, so muß ich dir doch zwey wunderliche Zufälle mittheilen, wovon der erste mir von glaubwürdigen Leuten erzehlet, der andere aber aus dem authentischen Zeugniß eines Evangelischen Predigers zu Handen gekommen, beyde aber von deiner vorigen Eezehlung nicht viel unterschieden sind. In Böhmen lieget ein gewisses Kloster Bernhardiner-Ordens, in dessen unterirdischen Gewälbern eine fast unzehlbare Menge von Toden-Knochen aufbehalten wurde; ein gottesfürchtiger Prälat aber nahm sich vor, von eigenen ersparten Geldern zum ewigen Andencken ein ordentliches Bein-Haus verfertigen zu lassen und alle diese gleichsam zerstreuete Gebeine daselbst in eine Ordnung zu bringen. Nachdem er dieses Merck nicht ohne grosse Unkosten zu Stande gebracht hatte, fand sich ein betagter Mönch dieses

Die strafenden Toten Klosters, welcher vor Alter gar wenig mehr sehen tonte, der sich von freyen Stücken anerboth, solche Arbeit zu übernehmen, wie er denn auch innerhalb zwey Jahren den gesamten Vorrath von Toden-Knochen in eine so künstliche Ordnung gebracht hat, daß nicht allein iederman sich darüber verwundert, sondern auch keine Reisende Vorbeygehen, welche nicht den Augenschein davon einnehmen solten. Run trug sich es einsmals zu, daß ein Jesuite bey seiner Durchreise auch diese Knochen-Kunst besehen, oder vielmehr mit seinen spitzfindigen Eedancken beurtheilen wolte. Er gieng in besagtes Bein-Haus ohne Gesellschaft hinein, und muste sich so wohl über die vortreffliche Ordnung, als grosse Menge der Toden-Gebeine höchlich verwundern, endlich aber brach er in diese Worte aus: Wie viele werden doch wohl von allen diesen selig seyn? Und warum mag man diese Knochen doch in solche Ordnung gebracht haben, da ihre Seelen sich vielleicht in der grösten Unordnung befinden? Kaum hatte er diese Worte ausgeredet, oder vielmehr zu sich selbst gesprochen, als er vermerckte, daß er gar viele Zuhörer auch ohne Ohren hatte. Denn es schienen gleichsam alle Knochen und Gebeine sich über seinen unbesonnene Rede zu beschweren, als wenn sie ihm durch eine wunder­ liche Bewegung zum Widerrufs derselben nöthigen walten. Er sahe sich also gezwunge, mit Zittern und Beben den Ausgang des Bein-Hauses zu suchen, und machte sich kein Bedencken, dasjenige, was ihm begegnet war, andern Menschen zu erzehlen. Man hat diese Geschichte so wohl zu ewigen Gedächtniß, als zum Schimpf berührten vorwitzigen OrdensMannes auf eine grosse höltzerne Tafel entworffen, allwo die ange­ zogene Umstände darunter zu lesen sind. Die andere Begebenheit, so ich dir erzehlen wolte, hatte folgende Umstände, wo ich mich anders recht erinnere: In einem gewissen Kirchspiele aus dem Sterupischen im Argalischen Gebiete gieng ein Tischler, Namens Heinrich Claus, nächt­ licher Weile über einen Kirch-Hof, und weil er etwas betruncken war, nahm er aus Verwegenheit seinen Stock und klopfte mit demselben auf die im Bein-Hause liegende Toden-Köpfe, mit dieser Anrede: Guten Abend Brüdergens: was macht ihr? schläfst ihr noch nicht? Allein dieser Vorwitz bekam dem guten Manne gar übel, denn er wurde mit Steinen und Knochen von dem Kirch-Hofe getrieben, und es kam ihm nicht anders vor, als wenn ihn eine grosse Anzahl Menschen verfolgte, daß er auch darüber seinen Hut im Stiche lassen und die Flucht ergreiffen muste. Nachdem er nun bereits durch die Kirch-Pforte entkommen war, hörte er doch noch immer ein ftarckes Werffen hinter sich, wiewohl er davon nicht getroffen wurde. Ja es hatten die Seinigen in seines Vaters Haufe, welches nicht gar weit von der Kirche entlegen war, ein heftiges Getöse und Werffen so wohl auf der steinernen Brücke, als an der Thüre des Kirch-Hofs mit angehöret, welche solches mit theuren Versicherungen bekräfftiget haben. Der Tischler aber hat des andern Morgens seinen Hut auf der Stelle, wo er ihn verlohren hatte, wieder angetroffen. Ich lasse mir deine Erklärung gefallen, lieber Pnevmatophile, bin auch mit deiner eingestreuten Morale um so viel mehr vergnügt, weil

Die strafenden Toten — Die Alraune Kaiser Rudolphs II. ich selbst vor einigen Jahren mich auf die Untersuchung der alten Monumenten in einer gewissen Landschaft geleget, auch manche Stunde bey den Grabmahlen zugebracht habe. Ich weiß nicht, was für ein ver­ borgener Trieb mein sonst flüchtiges Gemüth dazumal so in die Enge brachte, daß ich eine angenehme Erquickung empfand, wie jener weise Spanier Alphonsus, wenn ich mich unter den Toden befunden und mit ihnen, so zu sagen, eine stille Unterredung anstellen tonte. Wir sind aber von dem Stephans-Kirch-Hofe zu Wien ein wenig zu weit in die Ge­ heimnisse der Toden-Knochen hinein gerathen, welche Materie wegen ihrer Subtilität manchem sehr schwer wird zu begreiffen fallen.

107. Die Alraune Kaiser Rudolphs II. Von der Kayserlichen Welt-berühmten Bibliothek hat vor nicht gar langer Zeit der damalige Vorsteher dieses vortrefflichen Vücher-Schatzes aufrichtig bekannt, daß er nach dem gewöhnlichen Bett-Zeichen keine bleibende Stätte mehr daselbst habe, wo er nicht mit Gewalt wolte her­ ausgetrieben werden. Absonderlich versicherte er dieses von demjenigen Zimmer, in welchem unterschiedene Manuscripta nebst andern raren Monumenten verwahret werden, wie er mir denn zwey Mandragoras mit rothem Scharlach bekleidet, und gleichsam in ordentlichen TodenLaden nach Proportion ihrer Grösse liegend gezeiget, auch mir solche in die Hand zu nehmen vergönnet hat. An denselben funden sich besondere Zeichen, als wenn sie unterschiedenen Geschlechts wären, und solle sich Kayser Rudolphus II. derselben bedienet, und gar selsame Dinge damit verübet haben. Unter andern erzehlte er mir auch, daß sie, wie kleine Kinder, hätten müssen gebadet werden, und zwar mit unverfälschtem Weine. Wenn dieses nicht geschehen wäre, hätten sie ein Geheule an­ gefangen, wie neugeborne Kinder, welche erst von Mutter-Leibe kom­ men, und die äussere Natur-Luft anfangs nicht recht vertragen können, hätten auch nicht eher nachgelassen, bis ihnen ihre ordentliche Pflege wiederfahren sey. Dieses Gewächse wird, wie man insgeheim dafür hält, nirgends anders gefunden, als unter einem Galgen, welcher seine ge­ hörigen Früchte träget, ich will so viel sagen, an welchem ein oder mehr arme Sünder hangen, welche in der ersten Auflösung begriffen sind. Aus den Cörperlichen Ausflüssen, welche von diesen auf die Erde herunter tropfen, soll diese Pflantze ohne einigen andern Saamen Wurtzel fassen, und in einer Nacht ihren Stengel auf eine Elle in die Höhe treiben. Wer nun dieselbe ausgraben will, der muß in der Tasche des schwartzen Caspars wohl erfahren seyn, damit er die darzu er­ forderten Characteres um die Mandragoram her machen, und niemand ihm dieses kostbare Kleinod entführen möge. Will er also mit gutem Fortgang zu seinem Zweck gelangen, so muß gar keine Menschen-Hand an dieses Gewächs geleget werden; hingegen kan ein eintziger fchwartzer Hund, der gar keine Flecken von anderer Farbe hat, wenn er an den Stengel gebunden wird, selbiges zwischen der Ilten und 12ten Nacht-

Alraune Kaiser Rudolphs II. — Der militärische Spuk im Wiener Zeughause Stunde aus der Erde bringen, indem derselbe von einem unsichtbaren Wesen durch Schläge darzu angetrieben wird. Auf diese Art bringet der Hund diese Wurtzel seinem Meister zuwege, wiewol derselbe seine an­ gewandte Mühe noch darzu mit dem Tode bezahlen muß. So weit bringet die Geld-Begierde die blinden Menschen, daß sie mit so wunderlichen Umständen nicht ohne Gefahr ihres eigenen Lebens ihr Glück unter dem Galgen machen wollen. Es stehen aber solche abergläubische Leute in der festen Einbildung, daß dieses Gewächs von gewissen Ausflüssen der erhenckten Cörper gezeuget werde, und die Kraft habe, sie nach HertzensWunsch mit Gelde reichlich zu versehen, da sie doch bedencken sollen, daß der Galgen nicht so wohl eine Schatz-Kammer der Reichthümer, sondern viel mehr ein trauriger Schauplatz sey, auf welchem unglückselige Leute wegen erworbenen ungerechten Guts andern zum Abscheu und zur War­ nung nackt und bloß in freyer Luft ausgestellet werden, und deren abtrieffendes Fett so wenig, als sie selbst das Vermögen hat, ihnen etwas mitzutheilen. Wenn sie nun diese Wurtzel auf obberührte Art erlanget haben, so pflegen sie derselben ordentlich, wie eines Kindes, waschen sie mit Weine, geben ihr ein Bette, wie auch gewisse Speisen und Geträncke zu ihrer vermeinten Nahrung. Wird denn dieses alles von ihnen mit gebührendem Fleiß ins Merck gefetzet, so glauben sie gantz gewiß, daß sie dieser Mandragoras alles dasjenige Geld zu banden haben, was sie in ihrem Geld-Kasten antreffen. Und dieses ist es, was ich dir von der so beruffenen Mandragora habe erzehlen können. 108. Die magischen Geräte Kaiser Rudolphs II.

Ich will dich in der Wienerischen Bibliothek herumführen. In einem Schranck wird man dir einen Christallenen Spiegel zeigen, in welchem ein gewisser kunstreicher Meister besagtem Käyser Rudolpho II. das­ jenige hat sehen lasse, was sein Hertz begehrte. Ich habe zwar auch in selbigen hinein geschauet, weiter aber nichts als meine eigene Gestalt zu Gesichte bekommen können. Gleich dabey findet man diejenige Glocke, mit welcher eben derselbe seine Spiritus familiäres citiret hat, da ihm auf iedweden Ruff dieselben, wie andere Bediente, erschienen sind. Wie­ wohl ich an derselben dermassen geläutet und geklimpert habe, daß alle Anwesende hätten taub werden mögen; so schien es doch als wenn der von mir erregte Klang zu schwach wäre, das subtile Gehör der Geister zu bewegen. 109. Der militärische Spuk im Wiener Zeughause

Wenn du die Bedienten in dem so genannten Bürger-Zeug-Hause fragest, diese werden dir wunderliche Dinge vorschwatzen, welche daselbst zu hören und zu sehen sind. Ich habe selbst mit einem alten Manne ge­ redet, welcher die Aufsicht über eins und das andere in demselbigen führet, da mir derselbe im Beyseyn verschiedener vornehmen Personen

Der militärische Spuk im Wiener Zeughause — Die mißglückte Schatzerhebung nachfolgende Begebenheit erzehlet hat. Es war einsmals am Vor-Abend eines Danck-Fests, da das Te Deum laudamus wegen eines in Ungarn wider den Erb-Feind erhaltenen Sieges -solle gesungen werden: ich muste zu dem Ende die darzu erforderten Dinge aus dem Zeug-Haufe heraus schaffen lassen, und weil meine Handlanger ab- und zugiengen, blieb ich zuweilen gantz allein darinnen, daß ich mir auch mein Essen vom Haufe holen lassen muste. Wie nun die Arbeits-Leute ihre Mit­ tags-Stunde hielten, und ich gleichfalls an einem kühlen Orte meine Mahlzeit verzehrte, vernahm ich gar eigentlich, daß von oben etwas mit grossem Getöse herunter kam, und klung es nicht anders, als wenn die Soldaten mit ihrem Gewehr beladen auf die Wache ziehen, daß ich auch wegen meiner Einsamkeit keinen geringen Schauer darüber empfunde. Da ich mich aber ein wenig umsähe, ward ich gewahr, daß einige geharnischte Männer mit zugeschlossenen Helmen, mit welcher Art Rüstung das gantze Zeug-Haus inwendig behänget ist, und Streit-Kol­ ben in den Händen tragend auf mich zugegangen kamen. Nachdem sie sich mit langsamen Schritten herbeygenahet, giengen sie vor mir vorbey, und verschwanden wiederum wie ein Schatten aus meinem Gesichte. Ich hatte mich von meinem Schrecken kaum ein wenig wieder erholet, als ich von weitem ein Geräusche, wie von Stieffeln ohne Absätze, hörte, und bald darauf sahe ich einen Türcken in prächtiger Rüstung mit blassem An­ gesichte und einem starcken schwartzen Stutz-Bart vorüber gehen, welcher mir zwar auch gleich aus dem Gesichte kam, aber noch einen gröstern Schrecken, als die vorigen, bey mir zurücke ließ. Ich faßte daher den Entschluß, aus dem Zeug-Hause heraus zu gehen, ehe mir noch was ärgere wiederführe; Und gleich kamen meine Handlanger von ihrer Ruhe-Stunde zurücke, welche sich sehr verwunderten, da sie mich gantz blaß und erschrocken antraffen. Ich erzehlte ihnen mit allen Umständen, was ich gesehen und gehöret hatte, worauf mir ein alter Mann aus ihnen zur Antwort gab: Herr, ich diene nunmehr schon 40. Jahr in diesem Zeug-Hause, und bin bey Tage und Nacht in vorfallenden Ver­ richtungen allhier aus- und eingegangen. Wenn mich aber dergleichen geharnischte Männer hätten erschrecken sollen, so oft ich selbige in gantzen Schaaren gesehen habe, so würde ich kein so alter Bedienter darinnen geworden seyn; Ihr dürfet euch also deswegen keine graue Haare wach­ sen lasten. Diese Erzehlung habe ich selbst aus dem Munde dieses glaub­ würdigen Mannes gehöret. 110. Die mißglückte Schatzerhebung Ich möchte gern wissen, was es für eine Beschaffenheit habe mit dem bekannten Hause in der obern Vränner-Easse zu Wien, welches ich wegen der noch lebenden hohen Familie nur mit einem grossen fl. be­ zeichnen will. In bemeltem grossen Pallast hatte man eine geraume Zeit bemercket, daß in gewissen Zimmern des ersten Stockwercks, welche man die grünen

Die mißglückte Schatzerhebung Gemächer nennte, vielfältiges Poltern und Unruhe vorgegangen, so gar daß sich auch bey Hellem Tage keiner von den Bedienten hinein wagen durfte. Nur die eintzige alte Haus-Hofmeisterin hatte die Freyheit, hin­ ein zu kommen, wie denn dieselbe öfters gantz laut bey ihrem Namen Dorothea! Dorothea! geruffen wurde. Endlich war ihr solches zu einer Gewohnheit worden, wiewohl sie niemals der ruffenden Stimme gefolget, sondern vielmehr ihren Geschäften und häußlichen Verrichtungen ungehindert nachgegangen. Die Herrschaft, wie auch alle Bediente muthmaßten hieraus, daß der in diesem Hause längst vermuthete Schatz dieser alten Haus-Hofmeisterin zu heben bescheret wäre, weswegen man für nöthig hielte, dieselbe durch ihren Beicht-Vater dahin zu bereden, daß sie der ruffenden Stimme Folge leisten möchte. Es war dieser ein MitElied eines gewissen Ordens, den ich mit Fleiß verschweigen will, und führte den Namen Hilarius mit der That, inmasfen er in der EeisterMaterie nicht sonderlich geübet war, als worzu ein Melancholisches Temperament erfordert wird, welches alle Umstände wohl zu überlegen und denselben reifflich nachzusinnen weiß. Dieser machte sich gar kein Bedencken, seinem Beicht-Kinde unter geistlichen Gehorsam aufzulegen, daß sie der ruffenden Stimme allerdings gehorchen solle. Er gab ihr zugleich zu verstehen, daß weil der Nutz ihrer Herrschaft, welchen sie auf alle Weise zu befördern schuldig wäre, mit unterliefe, er im Verweige­ rungs-Fall ihr die Absolution nicht ertheilen tönte. Die gute Dorothea wüste gar wohl, was es mit dem geistlichen Gehorsam zu bedeuten hatte, und daß sie einem solchen Gewissens-Beherrscher nicht widerstreben durfte. Sie erklärte sich demnach gegen ihren Beicht-Vater, daß wenn die Eeister-Stimme wieder ruffen würde, sie derselben unweigerlich zu fol­ gen bereit wäre. Nachdem sie dieses angelobet, bekam sie die Absolution, und gieng, wiewohl mit schwerem Hertzen, zu Hause. Noch denselbigen Abend, da sie sich in ihrem Zimmer gleich zu Bette verfügen motte, hörte sie die gewöhnliche Stimme, welche sie dreymal gantz vernehmlich bey ihrem Namen nennte. Sie erinnerte sich alsobald der gethanen Zusage, nahm daher das Licht zur Hand, und gieng mit wanckenden Füssen und zitterndem Hertzen der Stimme nach in die anstossende grüne Stube. Kaum hatte sie die Thüre eröffnet, als sie auf allen Tischen Lichter stehen, und einige Manns-Personen an denselben sitzen sahe. Zwey Par­ theyen unter denselben waren mit Geldzehlen beschäftiget, die andern aber fassen stille, ohne das geringste vorzunehmen. Der Haus-Hofmeifterin liess über diesen Anblick der kalte Angst-Schweiß vom Nacken bis zur Ferse herunter, und da sie um zu entrinnen sich nach der Thüre umsähe, verschwand das gantze Gesichte unter einem starcken Geprassel, wobey es ihr vorkam, als wenn sie grosse Säcke mit Gelde in einen Abgrund hin­ unter fallen hörte. Sie war vor ausgestandenen Schrecken bey nahe halb todt, und tonte mit genauer Noth ihr Zimmer und Bette erreichen, allwo sie die gantze übrige Nacht mit hundertfältigen Schreck-Bildern und Phantasien zu streiten hatte. Des folgenden Tages besuchte sie der

Die mißglückte Schatzerhebung sorgfältige Beicht-Vater, um von ihr zu vernehmen, was ihr in verwichener Nacht begegnet wäre. Da er nun von betn gefallenen Gelde hörte, wurde er in feinem Gemüthe höchstens erfreuet, weil er sich schon die Hoffnung machte, es wäre nun eine Ausgemachte Sache, daß er nebst feinem Beicht-Kinde den Schatz heben solle. Wiewohl nun jene kein sonderliches Verlangen trug, sich weiter mit denen Geistern einzulassen, mufte sie dennoch um bey ihrer Herrschaft nicht in Ungnade zu fallen, dem Willen des Beicht-Vaters in allen Stücken sich unterwerffen. Doch gab ihr dieses in etwas eine Erleichterung, daß der Pater sich erboth, in allen ihren Unternehmungen ihr beyzustehen und sie zu begleiten. Die Nacht kam nunmehro wieder herbey, und die Haus-Hofmeisterin hörte abermal die gewöhnliche Stimme, ohne daß gleichwohl ihr geistlicher Gefährte das geringste davon vernehmen konte, woraus dieser leicht er­ kannte, daß bey dieser Verrichtung seine Gegenwart nicht erfordert würde, und er nur wieder nach Hause gehen dürfte. Inzwischen er­ mangelte er nicht seinem Beicht-Kinde mit kräftigen Worten zuzureden, daß sie der ruffenden Stimme nur getrost nachgehen möchte. Sie that solches, er aber folgte ihr wie ein anderer Petrus von ferne nach. So bald sie in das vorige Zimmer trat, sahe sie zwar Lichter angezündet stehen, aber keine Geld-zehlende Gäste am Tische sitzen. Allein da sie auf des Mönchs Geheiß ihre Schürtze über die nächsten Lichter decken wolle, entstund aufs neue ein Geräusch, als wenn Geld-Säcke hinab gefallen wären, sie aber bekam für das Zudecken der Lichter eine derbe Maul­ schelle zur Belohnung, wovon sie bald entseelt zurück in die Stube tau­ melte. Bey diesen Umständen mufte der Beicht-Vater allen seinen Muth zusammen fassen, und sich persöhnlich in das Zimmer wagen, damit er seinem durch die Geister zu Fall gebrachten Beicht-Kinde hülfliche Hand leisten tönte. Er schleppte sie mit gröster Mühe heraus, und weil er sie aller Kräften und Lebens-Geister beraubet sahe, fand er sich genöthiget, um hülfe zu ruffen, inmassen bisher sonst niemand als sie beyde allein zugegen gewesen, hierauf kamen nun unterschiedene von dem übrigen Hausgesinde herzugelauffen, welche die Haus-Hofmeisterin durch dien­ liche Mittel wieder zurechte brachten. Diese wüste von ihrer gehabten Entzückung wunderliche Dinge vorzubringen, und versicherte, daß sie vor­ hin gern geredet hätte, wenn ihr nicht von einer alten Frau, welche ihr die Ohrfeige versetzet, der Mund wäre zugehalten worden. Da aber der Beicht-Vater alles umständlich von ihr wissen wolle, was sie gesehen hätte? gab sie ihm folgende Anwort: Sie hätte die vorigen MannsPersonen wiederum in derselben Ordnung sitzen, und vier derselben Geld zehlen gesehen. Neben ihnen hätte sie 6. grosse eiserne Kasten mit grossen Vorleg-Schlössern wahrgenommen, und aus zweyen derselben, welche offen gestanden, wäre von denen nächst dabey sitzenden Geld gezehlet worden. Es wären lauter grosse Müntz-Sorten gewesen, und hät­ ten sie solches Geld wieder in die Säcke geschüttet. Die alte Frau aber, von welcher sie die Maulschelle bekommen, hätte jenen mit sehr ver­ drießlichen Gebehrden zu verstehen gegeben, daß sie mit dem Geldzehlen

Die mißglückte Schatzerhebung fort machen sollen. Hierauf hätten selbige die Geld-Säcke wieder in die eisernen Kasten geleget, und solche ordentlich verschlossen; Gleich darnach aber wäre der Fall geschehen und das gantze Gesichte verschwunden. Der Geld-begierige Beicht-Vater wolle alles dieses vor eine gute Vorbedeu­ tung auslegen, und daraus schliessen, daß der verborgene Schatz nicht ihr selbst, sondern durch sie der Herrschaft bescheret sey. Er hielt daher für rathsam, die Hebung dieses Schatzes ohne weitern Anstand vorzu­ nehmen, und erboth sich; in diesem Werck das Direktorium zu führen. Die Herrschaft war gar zu starck von einer süssen Hoffnung eingenom­ men, datz sie also die darzu erforderten wenigen Unkosten gern verwilligte. Zu diesem Ende wurden so wohl aus ihren eigenen Unter­ thanen, als auch von einer andern Herrschaft Arbeits-Leute verschrieben, und in berührtem Zimmer der Anfang mit graben gemachet. Der BeichtVater nebst seiner geistlichen Curantin muste Tag und Nacht bey der Arbeit zugegen seyn, womit man es endlich so weit gebracht, datz dieses vortreffliche Gebäude gantz unternimmt und mit Stützen versehen, auch an diesen Orten zu menschlicher Bewohnung gantz unbrauchbar gemacht worden. Dennoch fönte man nicht die allergeringste Spur von einem Schatz oder verborgenem Deposito antreffen, und ob wohl dem BeichtVater nicht gar zu wohl bey der Sache war, ließ er dem ungeachtet immer darauf lotz graben. Bisher hatten die Arbeits-Leute im gering­ sten keine Anfechtung erlitten, bis es endlich einsmals um die Mitter­ nacht-Stunde gewaltig zupoltern und um sich zu werffen anfieng, datz auch so gar die Arbeiter mit grosser Mühe entkommen fönten. Der liebe Beicht-Vater wolle sich auch nebst seinem Beicht-Kinde aus dem Staube machen, weil ihm aber seine geweyhete Wachs-Kertze ausgelöschet war und er also im Dunckeln herum tappen muste, fiel er unversehens in eine schon gemachte Öffnung, wo er vielleicht geglaubet, datz der gesuchte Schatz liegen muste. Die Haus-Hofmeisterin folgte seinen Futzstapfen im finstern nach daher es denn kein Wunder war, datz sie beyde an einem Ort zu liegen kamen. Das beste war dieses, datz sie keinen harten Fall gethan hatten, allermasien dieses diejenige Gegend war, in welcher aller Unflats) aus dem gantzen Haufe zusammen fliessen muste. Doch eben daher hätte nicht viel gefehlet, datz sie beyde in diesem Morast ersticket oder ersoffen wären, wenn nicht durch vielfältig-wiederholtes Schreyen die Arbeits-Leute bey anbrechendem Tage sich ihrer erbarmet, und sie mit Wurff-Seilen wieder aus dem Schlamm hervor gezogen hätten. Der Ausgang dieses Schatzgrabens bestund also darin, datz die Haus-Hofmeisterin bald darnach ihr Leben einbüssen, der Beicht-Vater aber wegen seines straffbaren Vorwitzes nach ausgestandener tödtlichen Kranckheit sich aus dem Kloster muste verstossen lassen. Billig zwar hätte es be­ sagter Familie gleichfalls nicht ungenosien hingehen sollen, weil sie gleichwohl dem Mönch zu dergleichen unanständigen Handlungen Anlatz gegeben, und folglich einen gantzen geistlichen Orden dem Schimpf und Spott der Leute ausgesetzt hatte; Wie denn die Sache so ruchbar ge­ worden, datz auch die Kinder auf der Gasse davon zu reden gewust haben.

Todoorzeichen Kaiser Josephs — Die Eisenberger Versöhnung 111. Todvorzeichen Kaiser Josephs

Ich mutz zum Beschlutz dieser Unterredung noch etwas von einem wahrhafften Geiste melden, welcher sich diesem Ruhmwürdigen Monar­ chen kurtz vor seinem Todte gezeiget hat, auch nicht nur von ihm selbst, sondern auch von dem Käyserlichen geheimen Cammer-Fourier mit an­ gesehen worden. Wenige Tage vor dem Absterben dieses Käysers, da er sich noch bey hohem Wohlseyn und Gesundheit befand, wolle derselbe eine gewisse Hof-Visite durch die so genante geheime Treppe unbekanter Weise ablegen; da er aber mit seinem vertrauten Cammer-Fourier auf gedachte Treppe zuging, sahe er wider Vermuthen bey dem Eingang der­ selben eine vermummete Weibes-Person stehen, welche ohne ein Wort zu sprechen gegen ihn, da er vorbey gieng, die Hände ausstreckte, als wenn sie um ein Allmosen ansuchen wolle. Der Käyser, welcher nicht glaubte erkannt zu seyn, wiese sie mit Unwillen ab, und gieng ungehin­ dert die Treppe hinauf, inmassen grosse Herren gar selten solche Müntze zum Allmosen bey sich zu führen pflogen. Der Käyser verweilete sich so lange mit diesem Besuch, daß es darüber finster ward, und die gewöhn­ liche Laternen auf dem langen Gange bereits angezündet waren. Da er nun im Zurück-Wege begriffen war, fand er int Vorbeygehen die vorhin gesehene Frau wieder auf derselben Stelle stehen, welche abermal die Hand gegen ihn ausstreckte, aber auch mit noch grösserm Unwillen von ihm abgewiesen wurde. Cr war kaum einige Schritte von ihr entfernet, als ihm ein starcker Schauer zustieß und da er zurücke sahe, erblickte er bey aufgedecktem Gesichte durch den Gegon-Schein der Nacht-Laterne ein gantz altes blasses Gesichte, welches ihm mit aufgehobenen Finger drohete. Der Käyser entsetzte sich hierüber dermassen, daß er kaum sein geheimes Cabinet erreichen tonte. Der Ausgang aber hat gewiesen, daß dieses Gespenste ein Vorbote seines bevorstehenden Todes gewesen sey. 112. Die Eisenberger Versöhnung

Als um das Jahr 1705. der Hertzog zu Sachsen-Eisenberg Christianus, welcher anno 1707. im April verstorben, sich in seinem Cabinet aufs Bette zur Ruhe geleget hatte, und in unterschiedenen geistlichen Betrach­ tungen begriffen war, klopfte etwas an die Thüre des Cabinets. Wie­ wohl nun der Hertzog nicht begreiffen konnte, wie solches zugienge, in­ dem doch die Wache, und andere Bediente, vor dem Zimmer waren, so liess er dennoch: herein! da denn eine Weibes-Person, nemlich Anna, eines Churfürsten zu Sachsen Tochter in alt-oäterischer Fürstlicher Tracht herein trat. Als der Hertzog, welcher sich in die Höhe gerichtet hatte und mit einem kleinen Schauer befallen war, dieselbe gefmget: Was ihr Begehren sey? antwortete sie ihm: Entsetze dich nicht, ich bin kein böser Geist, dir soll nichts Übels wiedorfahren. Hierauf verschwand sogleich alle Furcht bey dem Hertzog, daß er sie weiter fragte: Wer sie wäre? Sie gab ihm zur Antwort: Ich bin eine von deinen Vorfahren, und mein Ge-

Die Eisenberger Versöhnung mahl ist eben der gewesen, der du ietzo bist, nemlich Hertzog Johann Ca­ simir zu Sachsen-Coburg; wir sind aber schon vor 100. Jahren verstor­ ben. Als nun der Hertzog weiter nachforschte: Was sie denn bey ihm zu suchen hätte? ließ sie sich folgender Massen vernehmen: Ich habe eine Bitte an dich, nemlich mich und meinen Gemahl, weil wir uns vor un­ serm Ende wegen einer gehabten Zwistigkeit nicht ausgesöhnet, gleich­ wohl aber beyde auf das Verdienst JEsu gestorben sind, zu dieser von ©Ott bestimmten Zeit mit einander zu versöhnen. Ich befinde mich zwar würcklich in der Seeligkeit, iedoch geniesse ich noch nicht das völlige An­ schauen GOttes, sondern bin bisher in einer stillen und angenehmen Ruhe gewesen; mein Gemahl aber, welcher sich bey meinem Tode nicht mit mir versöhnen wollen, solches aber hernach bereuet und in wahrem, ob wohl schwachen Glauben, an JEsum Christum die Welt verlassen, hat bisher zwischen Zeit und Ewigkeit, in Finsterniß und Kälte, iedoch nicht ohne Hoffnung zur Seeligkeit zu gelangen, sich befunden. Als nun der Hertzog viele Einwürffe dawider machte, widerlegte solche der Geist als hieher nicht gehörig und sie nicht angehend, sagte auch, daß, so bald er in die Ewigkeit gekommen, er gar wohl erkannt habe, daß einer von ihren Nachkommen bestimmt wäre, ihnen beyden zur Versöhnung zu verhelfen, wie er denn noch mehr sey erfreuet worden, da er ihn, den Hertzog, als ein Werckzeug GOttes, hierzu erkannt habe. Endlich giebt der Geist dem Hertzog 8. Tage Bedenck-Zeit, nach deren Verlaufs er um eben diese Stunde wieder kommen und seine Erklärung erwarten wolte, und verschwand darauf vor seinen Augen. Nun stunde der Hertzog mit einem 14 Meilen von ihm entfernten Theologo, nemlich dem Super­ intendenten Hofkuntzen zu Torgau, in besonderer Vertraulichkeit, so gar, daß er mit demselben in Geistlichen, Weltlichen und Philosophischen, ja auch Regierungs-Sachen durch expresie Staffelten zu correspondiren pflegte. Zu diesem gelehrten Mann fertigte er alsobald iemand ab, erzehlte demselben schriftlich die gehabte Erscheinung mit allen Umständen, und begehrte seinen Rath und Gutachten, ob er dem Geist in seinem Antrag willfahren solle, oder nicht? Dem Theologo wolte anfänglich diese Sache ziemlich verdächtig, und, wie gewöhnlich, als ein Traum vor­ kommen, daß er daher sich anfänglich nicht sogleich darein zu finden wüste. Nachdem er aber die sonderbare Frömmigkeit des Fürsten, dessen grosse Erkänntniß und Erfahrung in geistlichen Sachen, sein zartes Ge­ wissen und zugleich den Umstand, daß sich der Geist am hellen Tage bey Sonnenschein sehen lassen, wohl bey sich erwogen, machte er sich kein Bedencken, dem Hertzog folgende Antwort zu ertheilen: Woferne der Geist von ihm keine abergläubische, noch dem Worte GOttes zuwider lauffende Ceremonien oder andere Umstände verlangte, und Er der Hertzog sich mit gnugsamen Muth zu einer solchen Handlung versehen wüste, so wolte er ihm eben nicht abrathen dem Geist seine Bitte zu gewähren. Doch solle er dabey mit inbrünstigem Gebet anhalten, auch zu Verhütung alles Betrugs, den Zugang seines Zimmers und Cabinets durch die Wache und Bedienten wohl bewachen lassen. Der Hertzog ließ

Die Eisenberger Versöhnung inzwischen in den Jahr-Büchern nachschlagen und befand alles in der Wahrheit gegründet, was der Geist gesaget hatte, so gar daß auch die Kleidung der begrabenen Fürsten und des erschienenen Geistes gar ge­ nau mit einander überein gekommen. Da nun die bestimmte Stunde herbey kam, legte sich der Hertzog wieder auf das Bette, nachdem er der Wache vor dem Zimmer scharffen Befehl gegeben, keinen eintzigen Men­ schen hinein zu lassen; und wie er selbigen Tag mit Beten, Fasten und Singen angefangen hatte, also erwartete er den Geist unter währenden Bibel-Lesen, welcher sich auch accurat um eben dieselbe Stunde, wie vor 8 Tagen eingestellet, und endlich auf des Hertzogs Ruffen: Herein! in voriger Kleidung in das Cabinet getreten. Gleich anfangs fragte der­ selbe den Hertzog: Ob er sich entschlossen habe, ihrem Verlangen ein Ge­ nüge zu leisten? Worauf dieser zur Antwort gab: Woferne ihr Begehren nicht wider EOttes Wort liesse, auch sonst nichts abergläubisches bey sich führte, wolle er es in EOttes Nahmen thun, und möchte sie ihm nur deutlich anzeigen, wie er sich dabey verhalten solle. Auf diese Erklärung ließ sich der Geist folgender Gestalt vernehmen: Es ist nichts wider EOt­ tes Wort, und verhält sich die Sache also: Mein Gemahl hatte mich bey meinen Leb-Zeiten unschuldiger Weise wegen Untreue in Verdacht, weil ich mich mit einem frommen Cavallier manchmahl in Geheim von geist­ lichen Sachen unterredete. Er faßte deswegen einen unversöhnlichen Haß gegen mich, welcher so heftig war, daß ob ich schon meine Unschuld gnugsam darlegte, ja auf meinem Tod-Bette ihn zur Versöhnung bitten ließ, dennoch derselbe weder seinen Haß und Argwohn fahren zu lassen, noch zu mir zu kommen sich entschließen wolle. Weil ich nun alles bey der Sache gethan, was ich thun konnte, starb ich zwar im wahren Glauben auf meinen Heyland, gelangte auch in die ewige Ruhe und Stille, geniesse aber das völlige Anschauen EOttes noch nicht. Mein Gemahl hin­ gegen, wie gedacht, bereute zwar seine Unversöhnlichkeit gegen mich nach meinem Tode und starb auch endlich in wahrem Glauben, doch ist er bisher zwischen Zeit und Ewigkeit in Angst, Kälte und Finsterniß ge­ wesen. Nunmehr aber ist die von EOtt bestimmte Zeit gekommen, daß du uns hier auf dieser Welt mit einander aussöhnen, und uns dadurch zu unserer vollkommenen Seeligkeit befördern solst. Was soll ich aber hierbey thun, und wie verhalte ich mich eigentlich bey der Sache? fragte der Hertzog, und erhielt von dem Geist diese Antwort: Künftige Nacht halte dich fertig, da wollen ich und mein Gemahl zu dir kommen, (denn ob ich gleich am Tage komme, so kan doch solches mein Gemahl nicht thun,) und soll ein iedes bey dir die Ursachen der unter uns obgeschweb­ ten Uneinigkeit erzehlen; alsdenn solst du das Urtheil sprechen, welches von uns Recht habe, unser beyder Hände zum Zeichen der Versöhnung in einander legen, den Seegen des HErrn über uns sprechen, und hier­ auf GOtt mit uns loben. Nachdem der Hertzog dieses zu thun versprochen, verschwand der Geist, der Hertzog aber verharrete in seiner Andacht bis auf den Abend, da er seiner Wache nachdrücklich anbefahl, so wohl keinen Menschen in das Zimmer zu lassen, als auch achtung zu geben, ob sie

Die Eisenberger Versöhnung — Das Spukschloß bei Tülle etwas würden reden hören. Hierauf ließ er zwey Wachs-Lichter anzün­ den und auf den Tisch setzen, auch die Bibel und Gesang-Buch herbey bringen und erwartete also, wenn die Geister ankommen würden. Diese stellten sich auch nach 11 Uhr ein, und zwar kam die Fürstin, wie zuvor, in lebhaffter Gestalt zuerst herein getreten, und erzehlte dem Hertzog nochmahls die Ursache ihrer Zwistigkeit; alsdenn kam auch der Geist des Fürsten in ordentlicher Fürstlichen Tracht herein, wiewohl gantz blaß und todtenhaft aussehend, und gab dem Hertzog gantz einen andern Bericht von ihrer gehabten Uneinigkeit. Der Hertzog fällte hierauf das Urtheil, das der Geist des Fürsten unrecht habe, welches dieser auch selbst bejahet und gesprochen: Du hast recht geurtheilet. Hierauf nimmt der Hertzog die eiß-kalte Hand des Fürsten, leget sie in der Fürstin ihre Hand, welche recht natürliche Wärme gehabt, und spricht den Seegen des HErrn über sie, worzu sie beyde das Amen sagen. Alsdenn fängst der Hertzog den Gesang: HErr EOtt dich loben wir, an zu singen, da ihm den gebaucht, als höre er sie würcklich alle beyde mit singen: Nachdem solches Lied zu Ende gebracht, saget die Fürstin zum Hertzog: Den Lohn wirst du von EOTT bekommen und bald bey uns seyn; worauf sie beyde verschwun­ den. Von dieser Unterredung hat die Wache nichts als die Worte des Hertzogs gehöret, welcher, wo ich nicht irre, ein Jahr darauf verstorben, und sich aus geheimen Ursachen in ungelöschtem Kalck begraben lassen.

113. Das Spukschlotz bei Tülle Von dem Schlosse der alten an der Donau liegenden Stadt Tülle wer­ den schon von alten Zeiten her gar seltsame Dinge erzehlet, wie nemlich dasselbe aus dieser Ursache anietzo unbewohnt und wüste stehe, weil die unterirrdischen Geschöpfe ihren Wohn-Platz darinnen aufgeschlagen hät­ ten. Henrich ein alter Österreicher von Adel war der EigenthumsHerr dieses Schlosies, welcher solches einige Zeit mit seiner Familie be­ wohnte, weil sich aber alle Montage eine grosse Unruhe und Poltern in demselben zu regen begunte, sahe er sich genöthiget, seine bisherige Woh­ nung zu verlassen. Er hatte zwar allen Fleiß angewendet, dieser ver­ drießlichen Sache loß zu werden, zumahlen da er deswegen kein Gesinde mehr in seinen Diensten erhalten konnte; iedoch wolte ihm sein Chri­ stenthum nicht verstatten, zu abergläubischen oder verbotenen Mitteln zu greiffen. Manche Eeldgeitzige würden hier auf die Eedancken gefallen seyn, es wäre diese Unruhe ein Zeichen, daß in dem Schlosse ein Schatz mäste verborgen liegen, und würden sich daher nach Geister-Bannern und Schatz-Gräbern umgesehen haben. Dieser Edelmann hingegen konnte sich darzu nicht entschliessen, sondern that weiter nichts, als daß er mit einem barfüsser Mönch, welcher wegen seines gottseligen Wandels bey jedermann in grossem Ansehen stund, die Sache in geheim überlegte. Dieser Ordens-Mann verlangte von dem Edelmann daß er sich mit fei­ ner gantzen Familie auf eine Zeitlang von dem Schlosse entfernen möchte; er selbst aber erbot sich, mittler weile einen Mit-Vürger dieser

Das Spukschloß bei Tülle unruhigen Geister abzugeben, wenn man ihm nur etwas von nothwen­ digen Lebens-Mitteln zurücke lassen würde. Wie nun der Edelmann ihm hierinnen zu willfahren sich kein Vedencken machte, verfügte sich der Mönch in Begleitung eines Mit-Eliedes von seinem Orden in das Schloß, um zu erwarten, bis der unruhige Montag anbrechen würde. Alsdenn machte er sich fertig mit seinen geweyheten Lichtern und übrigen zum Exorcismo erforderten Nothwendigkeiten, und zündete seine Kertzen schon bey Tage an, um die regierenden Geister, wenn sie von einer gu­ ten Sorte wären, dadurch anzulocken, oder vielmehr die wiederwärtigen durch dieses Mittel abzutreiben, immasien diese Ordens-Genossen dem Feuer, und vornemlich einer geweyhten Kertze gar grosse Gewalt wider die Kräfte der Finsterniß beylegen. Den Tag hindurch war alle Be­ mühung vergebens, und hätte sich der Mönch nebst seinem Gefährten durch seine überflüsiigen Beschwerungen bey nahe abgemattet und zu seinen nächtlichen Unternehmungen untüchtig gemachet. Er muste also der Nacht mit Eedult erwarten und inzwischen sowohl seine Kleidung, als auch die Lichter, stets in Bereitschaft halten. So bald aber die Ute Stunde der Nacht angebrochen war, ließ sich bereits einiges Gepolter und Werffen hören, worüber dem Gefährten unsers Exorcisten, welcher vielleicht in dieser Schule ein noch ungeübter Lehr-Schüler seyn mochte, das Hertz auf einmal in die Knie-Scheibe sincken wolle. Er stetig nicht allein selbst vor Schrecken an zu wancken, sondern ließ auch den WeyhKessel nebst dem Buche aus den Händen fallen, daß darüber alles WeyhWasser verschüttet und dem guten Exorcisten seine vorhabende Arbeit in Unordnung gebracht wurde. Hierauf folgte bald ein anderer wiedriger Zufall, da ihm ein unvermutheter Wind-Wirbel seine Lichter auslöschte und zugleich seine Cappuce nebst dem Chor-Hemde und so genannten Geister-Peitsche oder Stole auseinander risse. Er blieb unter währendem diesen Sturm bey halbscheinendem Mond-Licht, zitternd und bebend stehen, und da er sich kaum von seinem Schrecken ein wenig erholet hatte, hörte er durch die anstossenden Zimmer ein grosses Geräusch einiger hin­ ter einander laufsenden Personen herzu nahen. Die erste von denselben in einem weissen Hemde sprang auf den Exorcisten loß, und fuhr wie ein Wind vorbey, auf den Rücken derselben aber erblickte er, daß das Hemde voller Blut war, und sahe bey dem Mondenschein, daß ein Dolch in der Wunde steckte. Dieses Gespenst blieb mit gantz blassem Gesichte einige Schritte vor ihm stehen, und ließ einen tieffen Seuffzer nach dem andern von sich hören. Auch kam es ihm eigentlich vor, als wenn die Haare desselben, welche wie von einer Weibes-Person lang herunter hiengen, vom Blute zusammen klebten. Ungeachtet dieses grausamen An­ blicks faßte er den Muth, den Geist um seinen Zustand und was sein Verlangen wäre, zu befragen. Derselbe gab ihm hierauf mit gantz leiser Stimme zur Antwort: Du kauft mir nicht helfen, wenn ich dir gleich die Ursache meines Todes sage, indem mir keine Bekänntniß mehr was nützen kan. Frage aber diesen, der nach mir kommen wird. Nach diesen Worten wurde der Geist mit Erzitterung des gantzen Gemachs durch ein

Das Spukschloß bei Tülle von aussen kommendes Gepolter, gleich einem starcken Winde aus den Augen des Mönchs fortgetrieben, es stellte sich aber alsobald wieder ein ander Gesichte dar, welches in eben der gleichen Tracht mit zerstreueten Haaren und von fönte mit Blut benetzet erschien. Dieses sahe den Exor­ cisten mit blassem Angesichte scharf in die Augen, weil aber derselbe nunmehro, da es mit dem ersten Eespenste gar gut abgelausfen war, schon mehrern Muth bekommen hatte, fragte er auch diesen Geist gantz behertzt. Was sie hier in diesem Schlosse machten und was ihr Begehren wäre? Derselbe antwortete hierauf: Zünde deine Lichter an, darnach will ich dir Antwort geben; der Exorciste aber fieng an seinen (Kollegen zu rütteln, weil derselbe das gewöhnliche Feuerzeug bey sich hatte. Dieser schien gleichsam aus einem treffen Schlaff ermuntert zu werden, verfiel aber, da er das Feuerzeug von sich gegeben, wieder in seine verstellte und gezwungene Ruhe. Unter währendem Feuer-Anschlagen, höhlte der Geist beständig treffe Seuffzer, welche aus dem innersten des Hertzens hervor zu kommen schienen. Da nun die Lichter angezündet waren, sahe er eine Weibs-Person in blossem Hemde, wie die erste gewesen, vor sich stehen, redoch mit diesem Unterscheid, daß jene die Wunden und das Blut auf dem Rücken, diese aber forn auf der Brust hatte. Da er nun nochmals Kraft seines vermeinten Amts gefraget: Was denn ihr Thun und Lassen in diesem Schlosse wäre? warum sie selbiges beunruhigten, und wodurch ihnen tönte geholfen werden? bekam er von dem Geist diese Antwort: Ich bin von meinem gewesenen Herrn unschuldiger Weise er­ mordet worden, weil er geglaubet, ich hätte seiner Gemahlin Gelegen­ heit zu dem schändlichen Ehebruch gemachet, in welchem er sie mit - - ertappet hatte. Der Ehebrecher war ihm entwischet, und weil seine Ge­ mahlin zugleich mit entfliehen wollen, hat er sie in eben dem Zimmer, aus welchem sie anietzo heraus gekommen, mit einem Dolch durch den Rücken geworfen. Er konnte aber feine Rache an dem entlauffenen nicht abkühlen, daher er im Grimm auf mich als Kammer-Mägdgen, mit einem ihm zur Hand gekommenen Degen lotzgieng, und mir denselben im Bette dreymal durch die Brust stieß, daß ich dergestalt in meinem Blute habe ersticken müssen. Damit aber dieser gedoppelte Mord nicht an den Tag kommen möchte, hat er beyde Cörper nebst der blutigen Kleidung in den alten treffen Brunnen mit eigenen Händen geworfen, und die Zimmer, worinnen solches geschehen, beständig verschlossen ge­ halten, auch vorgegeben, als wenn sowohl seine Gemahlin, als ich, mit dem Buhler durchgegangen wären. Es hat auch die Stadt dieses glauben müssen, da sie keine von diesen 3 Personen wieder zum Vorschein kom­ men, gesehen; er selbst aber trauete sich nicht sicher zu seyn, begab sich demnach unter vorgeschütztem Entschluß, als wolle er uns auf der Flucht nachsetzen, vom Hause weg, nachdem er so viel an Baarschaft zu sich ge­ nommen, als zu seinem Vorhaben erfordert wurde. Seinen Weg nahm er nach dem Ländgen ob der Ens, allwo er sich in ein Capuciner-Kloster verfügte, um an diesem einsamen Orte seine Sünde zu bereuen, nach­ dem er vorher nichts von seiner Ankunft zu melden befohlen hatte.

Das Spukschloß bei Tülle Einige Zeit darnach ließ er an die Regierung eine Eeffions-Schrift mit seinem Jnsiegel und Unterschrift abgehen, worinnen er sich erklärte, daß er die Herrschaft dieses Schlaffes seines verstorbenen Bruders hinter­ lassenem Sohne hiemit übergeben wolle. Bon dem letztern nun ist der jetzige Herr ein Enckel; Wo aber mein ehemaliger Herr hinkommen sey, und sich anietzo befinde, das weiß ich nicht. Ich selbst lag viele Jahre nach einander in einer stillen Ruhe und wüste selbst nicht, wie mir geschehen war, bis endlich meine gewesene Frau in meinen halb-verfaulten Cörper zu rasen angefangen, welche Tag und Nacht keine Ruhe hat, doch aber ihre Gewalt in diesem Schlosse nicht verüben kan, ohne nur an dem Tage und in der Stunde, da sie von ihrem Ehe-Gemahl in der Schand-That angetroffen und in der grösten Rachbegierde wider denselben verschieden ist. Gieb dir nur keine Mühe ihrentwegen, mein lieber Mönch, du kauft ihr keine Ruhe schaffen, wohl aber mir, wenn du meine Gebeine aus dem alten Brunnen wirft aufsuchen lassen, wobey du, um sie von den ihrigen zu unterscheiden, dieses Merckzeichen finden wirst, daß sie in einen blutigen Bett-Tuch eingehüllet sind. Diese sollst du in dem RonnenKloster S. Dominici unter der grossen Lampe begraben lassen, alsdenn wird dieses Schloß von mir weiter keine Unruhe verspüren. Jene aber wird beständig fortfahren zu rasen, indem sie an diesem Orte ihr Gericht erwarten mutz. Thue was ich dir sage, sonst kommst du selbst in Unruhe. Da sie kaum ausgeredet hatte, schlug die Uhr zwölfte, und sie verschwand vor des Mönchs Augen, worauf fein tief eingeschlaffener Mit-Bruder auch wieder erwachte. Sie wüsten beyde nicht, wie ihnen geschehen war, und hatten sehr vonnöthen, ihr Hertz wiederum mit etwas Wein zu er­ quicken, sonderlich sehnte sich der Wachende auf diesem ausgestandenen harten Sturm nach der Ruhe. Damit er nun des folgenden Tages or­ dentlich in der Sache verfahren möchte, meldete er zwar dem Eigenthums-Herrn des Schlosses, welcher sich eine halbe Stunde davon auf einem Land-Gute aufhielt, was er die vorige Nacht gesehen hatte, wolle aber die vornehmsten Umstände nicht eher entdecken, bis er in dem an­ gezeigten Brunnen hätte nachsuchen lassen. Da dieses geschahe, fand sich alles auf die Art, wie es von dem Geist war berichtet worden; die Kno­ chen nebst dem Hirnschodel lagen in einer halb-vermoderten Bett-Decke eingewickelt: darneben aber fand man hin und wieder zerstreuete Ge­ beine und einen andern Hirnschädel, welche der Mönch besonders heraus schaffen ließ. Nunmehr trug dieser auch kein weiteres Bedencken, die übrigen Umstände seines nächtlichen Gesichts ausführlich zu erzehlen, da sich denn auf fleißiges Nachsuchen, die Cession und eigene Handschrift dieses unglücklichen Herrn, welche er im Kloster ausgefertiget hatte, unter andern Briefschaften antreffen ließ, und erhellete daraus, daß von derselben Zeit her bereits 87 Jahr verflossen wären. Die Gebeine des Cammer-Mägdgens wurden an die verlangte Stelle gebracht, und zum Merckzeichen mit einem oiereckigten weiften Stein beleget, welcher denen Reisenden noch heutiges Tages gezeiget wird; Die übrigen Knochen hin­ gegen sind unter einem Scheide-Wege ausser denen Eräntzen dieser Stadt

Das Spukschloß bei Tülle — Die Mord-Säule vergraben worden. Dem ungeachtet verblieb das Schloß in vorigem Zu­ stande, daß man auch das Gepolter, wie vorhin, von weitem vernehmen konnte; und war der Ort, wohin die zerstreueten Gebeine verscharret worden, von unruhigen Zufällen nicht befreyet. Denn obgleich keine Land-Strasse darüber gieng, so musten doch manchmahl Hirten und Holtzschläger ihren Weg dadurch nehmen, welche nicht allein oft bey Nacht-Zeit in die Irre geführet, sondern auch wohl gar mit derben Maulschellen versehen, oder sonst durch unsichtbare Gewalt übel sind zu­ gerichtet worden. Die Herrschaft hielt daher für rathsam, daß die Kno­ chen wieder in den vorigen Brunnen geworffen, das Schloß aber, wel­ ches ohnedem schon sehr baufällig war, grösten theils niedergerissen, und der Zugang zu demselben vermauret würde. Hierbey ist dieses sonderlich zu bewundern gewesen, daß da man die besten Steine davon hat weg­ bringen wollen, der Geist mit so heftigen Wüten und Werfen sich wider­ setzet hat, daß die Arbeits-Leute unverrichteter Sachen haben abziehen müssen. Diese gantze Geschichte befindet sich in dem Archiv einer gewissen vornehmen Familie; Weil man aber das Sprüchwort: De mortuis nil nisi bene, von Verstorbenen soll man alles gutes reden, billig beobachten wollen, so ist die Sache unterdrücket und verschwiegen geblieben. Wir wollen demnach die Namen derselben auch mit Stilleschweigen über­ gehen, weil so grosse Verbrechen annoch nach vielen Seculis denen Nach­ kommen zu einiger Beschimpfung gereichen können. 114. Die Mord-Säule

Wir dürfen uns nicht weit von der Stadt Tülle entfernen und nur über das nahe gelegene Feld gehen, so werden uns die Kinder selbiger Gegend auf eine schwartze Creutz-Seule führen, welche an einer Ecke des Feldes stehet und von dem gemeinen Mann die Mord-Seule genennet wird: Man hat nemlich eine Tradition von 100 und mehr Jahren, daß zwey Edelleute eine geraume Zeit einander vor Gerichte in den Haaren gelegen, da iedweder vor sich behaupten wolte, daß seine Eräntz-Steine von dem andern wären verrücket worden. Die Obrigkeit konte wegen Un­ gewißheit dieser Sache kein Urthel sprechen, daher sich beyde Partheyen endlich entschlossen, die Sache mit den Degen in der Faust zu entscheiden. Sie hatten sich um die 12te Mittags-Stunde bey dieser Seule beschieden,da es sich denn ereignet, daß alle beyde in diesem unglückseligen Duell das Leben singebüset, ihre Güter aber denen Rechten nach, dem Fisco der hohen Landes Obrigkeit anheim gefallen, die Cörper der entleibten aber an eben dieser Stelle begraben worden. Da nun die erste Nacht darauf die gewöhnliche Post vorbey fuhr, hörte der unwissende Postilion, ob gleich derselbe Platz von der ordentlichen Strasse weit entfernet war, ein grosses Zeder-Geschrey, welches ihn mit Heller Stimme bey Namen liess, mit diesen Worten: Hannß, Hannß nimmt mich mit! Er verwun­ derte sich hierüber um so viel mehr, weil er an diesen Orten keinen Be­ kannten hatte, kehrte sich gleichwol nicht an das Ruffen, sondern fuhr

Die Mord-Säule ungehindert seine Strasse fort, immassen denen Postilionen in Kayserl. Erb-Landen nicht erlaubet ist, blinde Passagiers mit sich zu führen. Er war noch nicht weit gekommen, als seine Pferde nicht allein ihren PostTrab vergaffen, sondern endlich gar unter heftigem Schnauben stock-stille stehen blieben, daß es ihm nicht möglich war, sie nur einen Schritt von der Stelle zu bringen. In dieser Angst sahe er sich einmal um, und wurde mit noch grösserer Bestürtzung gewahr, daß sich ohne vorher um Erlaubniß anzuhalten, ein unbekannter Passagier auf seinen CaleschWagen gesetzet hatte. Anfangs getrauete sich der Postilion nicht, den­ selben anzureden, da er sich aber endlich von seiner Furcht erholet, und ihm das Stille-Halten in die Länge verdrießlich fallen wolle, sagte er zu dem Unbekannten aus llngedult: Laß mich fahren ins Teufels Na­ men, wer du auch immer bist, daß ich mein Amt verrichten kan. Der hinter ihm sitzende Fremde versetzte hierauf: Führe mich nur so weit, bis ich dir sagen werde, wo du mich abladen sollst. Der zitternde Posti­ lion strengte hierauf seine von Schweiß trieffende Pferde bestmöglichst an, welche endlich wieder anfingen fortzugehen, aber auf solche Art, als wenn sie eine Last von vielen Centnern hinter sich hätten und weg­ schleppen müsten. Sie waren kaum etliche 100 Schritte weiter, und zu einem Creutz-Wege, welcher diese Land-Straffe von einer andern schei­ det, gekommen, als der Passagier diese Worte: Halt still, von sich hören ließ; Und gleich darauf war es nicht anders, als wenn etwas von schwerem Gewichte vom Wagen herunter fiele, die Pferde aber geriethen in eine solche Furie, daß dem Postilion unmöglich fiel, selbige zu er­ halten und er ihnen vielmehr ihren freyen Laufs lassen muste. Er bemerckte auch gar eigentlich daß eine unsichtbare Gewalt dieselben mit Schlägen forttriebe, und da sie gerades Weges auf den Donau-Strom zueileten, machte er das Poft-Pacquet allgemählig loß, und warf es auf die Erde, er selbst aber ersähe seinen Vortheil, wagte einen Sprung von dem Wagen, und ließ die Post-Pferde immer ihren Weg fortlauffen, welche auch nebst den Wagen nicht mehr zum Vorschein gekommen sind. Bey anbrechenden Tage fand sich der Postilion unweit der DonauBrücke neben seinem Post-Pacquet auf der Erde liegen, da er sich wun­ dern muste, daß er in so kurtzer Zeit einen so weiten Weg zurück geleget hätte. Nach Verlaufs 2 Stunden, kam ein Fuhrmann mit einem LastWagen gefahren, von welchem er mit Erstaunen vernahm, daß auf dem Creutz-Wege ein erstochener Todten-Cörper in der Queere über den Weg lüge, daß seine Pferde auf keine Weise darüber zu bringen gewesen, und er daher eine gantze halbe Stunde hätte umfahren müssen. Nachdem ihm nun der Postilion seinen gehabten Zufall auch erzehlet, giengen sie beyde in den ersten grossen Marckt-Flecken, um der Obrigkeit die gantze Sache zu berichten, allwo der Postilion wieder mit Wagen und Pferden ver­ sehen wurde, damit er seine Post-Expedition an gehörigem Orte ver­ richten könnte. Nach diesen kehrte er wieder zurücke, um bey der Obrig­ keit besagten Orts Nachricht von der Sache zu weiterer Untersuchung ab­ zustatten. Da man nun zu dem Scheide-Wege hinaus kam, fand man den

Die Mord-Säule — Das Leopoldschloß a. d. Kahlen Berge u. das Prügelbrot gantz frischen Körper des Edelmanns, welcher aber keine Halß-Krauie hatte, und dessen Hemde oben herum gang zerrissen, die Brust aber gantz scheußlich anzusehen war. Es wurde bey demselben eine Wache von Landes-Knechten gelassen, und die Gerichte gtengen weiter zu dem Orte, wo das Duell geschehen, und wo der Körper war begraben worden. Hier fand man die Stelle gantz unoersehret und war nur etwas von ein­ getrockneten Blut auf der Erde zu sehen. Nachdem aber die Schergen das Grab geöffnet, war nur der eine Körper mehr vorhanden, welchem die Hände und Leffzsn voller Blut waren; aus seinem Munde aber sahe man ein Stück von einer Halß-Krause hervor ragen, welche dieser Körper von dem andern abgerissen und hinein gefressen hatte, und welche ihm gantz blutig aus dem Halse heraus gezogen wurde. Weil man nun nicht gleich wüste, was mit diesen Körpern anzufangen wäre, damit sie kein grosser Unheil anrichten möchten; so hat man beyden das Genick mit einem Grabescheit abgeflossen, und das Hertz mit einem eichenen Pfahl durchstochen; der erstbemeldte Körper aber wurde auf eben demselben Kreutz-Wege in die Erde verscharret, und die blutige Krause wird noch ietzo zu Lang-Enzersdorff auf dem Rathhause zum Andencken verwahret. Es sind über dem viel 100 Leute am Leben, welche in der Nachbarschaft wohnen, und diese beyden entleibten bey hellem Tage um die MittagsStunde mit einander fechten gesehen, doch ist ihnen kein Schade wieder­ fahren, weil sie ihrer Beruffs-Arbeit auf dem Felde haben nachgehen müssen. Auch höret man zu gewissen Zeiten bey der Nacht ein hefftiges Zancken in dieser Gegend, wiewohl man nichts eigentliches davon ver­ stehen kan, wie denn auch die durchreisende Fuhr-Leute an ihren Pferden bemercken, daß sie anfangen zu stampfen und zu schnauben, auch mit aller Macht davon zu eilen suchen. 115. Das Leopoldschloß auf dem Kahlen Berge und das Prügelbrot

Die Erzehlungen davon sind unterschiedlich, und weil in keiner Öster­ reichischen Ehronic was authentisches davon zu finden ist, so kan ich auch keine gründliche Nachricht von diesen Dingen ertheilen. So viel aber ist gewiß, daß die Einwohner des am Fusse dieses Berges gelegenen Dorfes Heiligenstadt in den obersten Fenstern dieses verfallenen Schlos­ ses, häuffige Lichter sehen, auch manchmal wahrnehmen, als wenn solche von aufwartenden Personen, hin und wieder getragen würden; So bald aber die Glocke zwölf geschlagen, verschwindet in einem Augenblick das gantze Gesichte. Hierzu kömmt noch, daß die unweit davon weidende Meh-Hirten, um eben diese Nacht-Stunde ein grosses Poltern und Krachen zu hären gewöhnet sind. Es sollen zwar unterschiedene geheime Nachrichten in der Bibliothec des nahe dabey liegenden reichen Klosters Neuburg in Msto befindlich seyn; man träget aber aus gewissen Ur­ sachen Bedencken, etwas davon unter die Leute kommen zu lassen. Der gemeine Mann redet auch viel von gewissen Zwergen, welche man um

Leopoldschlotz o. d. Kahlen Berge u. d. Prügelbrot-Lichter a. d. Meinhardsberg die Mittags-Stunde in grosser Menge will gesehen haben, allein ich halte nicht für rathsam, daß man diesen Nachrichten gar zu starcken Glauben beymesse. Eine eintzige Begebenheit von besagtem Kloster Neu­ burg fällt mir bey, welche ich wegen ihrer merckwürdigen Umstände dir erzehlen mutz. Es haftet eine alte Stiftungen auf diesem Kloster, welche die Mönche, wenn sie anders bey Tage und bey Nacht Ruhe haben wollen, ins Merck setzen müssen. Man nennet es insgemein die Stiftung des Prügel-Brods, und es hat damit folgende Vewandnitz: Leopoldus Marggraf von Österreich, welcher dieses Kloster gestifftet, auch in dem­ selben begraben lieget, war bey seinen Leb-Zeiten ein grosser Liebhaber der Jagd und verordnete in seinem Testament, datz die race oder Art seiner Jagd-Hunde, so lange es möglich, solle fortgepflantzet und von diesem Kloster unterhalten werden. An dem Tage aber, da er gestorben, solle jährlich eine gewisse Anzahl von weissen Broden gebacken, und also warm geprügelt werden, datz die harte Rinde herunter fallen müste, welche die Hunde bekommen sollen; gleichwie hingegen die Kruhme unter die benachbarten Armen solle ausgetheilet werden. Diese Stiftung wird noch heutiges Tages richtig beobachtet, und findet man in den Jahr-Büchern dieses Klosters, datz einige Abte desselben, welche diese Ge­ wohnheit aufheben wollen, mit Geisseln sind gepeitschet worden; Auch hat man nicht eher in dem Kloster Ruhe gehabt, bis diese Verordnung ins Merck gesetzet worden.

116. Die Lichter aus dem Meinhardsberge Ich erinnere mich derjenigen wunderlichen Rede, welche sich zu Ende des vorigen Seculi, um die Gegend des sogenannten untern MeinhardsBerges fast durchgehends ausbreitete. Es wurden nemlich von vielen durchreisenden aus der Höhe dieses Berges gewisse Lichter beobachtet, welche zwar hin und her zu fahren, aber doch an einem Orte gleichsam feste zu stehen schienen, und von den Einwohnern dieser Gegend alle Nachte gesehen wurden. Man wusle nicht woher sie kamen, und es fanden sich viele unter den reisenden Personen, welche eydlich erhärteten, datz sie durch eben diese Lichter von dem ordentlichen Wege ab, und auf solche ungebahnte Berge und Klippen geführet worden, von welchen sie kaum mit der äussersten Gefahr ihres Lebens, wieder herunter kommen können. Man konnte nicht errathen, woher diese Wege auf einmal so unsicher geworden, indem bey Menschen-Eedencken niemals etwas davon gehöret worden; vielweniger konnte man auf die Meinung fallen, datz vielleicht vor alten Zeiten eine Schlacht gehalten, oder sonst eine gewalt­ same Mordthat hier verübet worden wäre. Endlich fatzte man den Ent­ schluss die Ursache dieser Unsicherheit am Tage ausfündig zu machen, und das Gebürge auf das fleitzigste auszusuchen, vornehmlich aber sich in derselbigen Gegend wohl umzusehen, von welcher die Durchreisenden so vieles zu sagen wüsten. Es fände sich alles Nachsuchens ohngeachtet

Die Lichter auf dem Meinhardsberge — Der Pest-Riefe nicht das geringste Merckmahl, welches einigen Verdacht erregen konnte, bis man auf einen gewissen Platz kam, wo man drey Steine gegen ein­ ander geleget sahe, die man sonst so leicht nicht würde beobachtet haben. Die Obrigkeit liest an diesem Orte nachgraben, und man hatte die Erde kaum zwey Schuh tieff ausgeworfen, als man drey neben einander lie­ gende Cörper fände. Sie waren gantz braun von Farbe, völlig einge­ trocknet, und so unversehrt, daß man hätte meinen sollen, sie wären kaum vor einigen Tagen in die Erde geleget worden. Niemand konnte er­ rathen, wie diese Cörper hierher gekommen, vielweniger erfahren, wer sie an diesen Orte begraben hätte, daher die gantze Sache nicht geringes Nachbencken verursachte, und da diese Cörper in den, an dem Fusse des Berges gelegenen Flecken gebracht wurden, ohne datz man die geringste Nachricht, alles Nachforschens ohngeachtet, von einer gewaltsamen Mord­ that erhalten konnte; so fand man, (welches den Leuten am bewunderns­ würdigsten vorkam,) solche Zeichen an diesen Cörpern, welche gantz leicht zu erkennen gaben, datz sie niemals zur Christlichen Religion gehöret hatten: Und dieses hatte in so weit seinen Nutzen, datz die Einwohner dieses Landes nicht in eine Art der Abgötterey verfielen, und ein Heilig­ thum aus diesen frisch-gefundenen Cörpern machten, besonders, da die vorigen Lichter nicht mehr gesehen wurden. Nach der Zeit wurden diese Cörper zwar wieder an einem andern Orte ausserhalb des Fleckens ein­ gescharret, allein das Bemühen der Obrigkeit war vergebens, wenn sie sich um Nachricht bewarb, wie diese Cörper auf die Höhe eines Gebürges möchten gekommen seyn, welches Todes sie gestorben, von was Stande oder Religion sie gewesen, oder wer sie hieher begraben hätte? 117. Der Pest-Riese

Man hat Nachricht von dem Riesen-Eespenste in Ober-Österreich in der bekannten Stadt Ens, die ihren Namen von dem vorbey fliessenden Flusse führet. Ich habe in einer alten Relation gelesen, datz da Anno 1673. die Pest in dieser Stadt gewaltig gehausset, der nach der allge­ meinen Sage herumwallende Riese zwischen 11 und 12 Uhr des Nachts in der Stadt herum gegangen, auch öfters bis in das andere oder dritte Stockwerck des Hauses mit seinem ungeheuren Kopfe hinein gesehen, worauf denn gemeiniglich die Familie des Hauses entweder völlig oder doch grösten Theils weggestorben sey. Gleiche Erscheinungen der RiesenEespenster haben wir auch in den Ländern, welche uns näher gelegen sind. In den Chronicken der Provintz Tyrol liefet man, es habe sich vor der Pest, in Schwatz, Tyrol, Jnsprug und andern Städten ein Eespenste bald grotz, bald klein, bald Hauses hoch sehen lassen, und wo es zu einem Fenster hinein geschauet, aus demselben Hause wären die Leute insgesammt durch die Pest hingerissen worden. Vielleicht, datz dieses der Schutz-Geist dieser Provintz gewesen, und warum solle nicht das Ensische Riesen-Gespenst auch dergleichen Person vorstellen?

Die Riesen von Enns — Arme Seelen 118. Die Riesen von Enns

Daß vor alten Zeiten Riesen gewesen sind, solches beweisen nicht allein die Historici, sondern es bezeugen es auch viele Naturalien-Labinette, welche verschiedene Knochen von denselben aufweisen. Selbst in der Stadt Ens, die sich eines grossen Alterthums rühmet, wirst du verschiedene Knochen von dergleichen Art Leuten finden; Ja, die Ein­ wohner wollen gar behaupten, es hätten vor undencklichen Jahren Rie­ sen in dieser Gegend gewöhnet, und dieses suchen sie hierdurch zu bestärcken: Vor einiger Zeit solle der so genannte Platz-Thurm aufgeführet werden, wozu man denn nothwendig einen tieffern Grund als zu andern Häusern suchen muste, und bey dieser Gelegenheit fand man ungeheure Menschen-Knochen, welche in ihren Umfang und Länge bis 10 Schuhe austrugen, und an starcken eisernen Ketten, bis ietzo noch in dem Durch­ gänge dieses Thurms aufbehalten werden, wie ich sie denn selbst mit meinen Augen gesehen habe. 119. Kinderschreck

Wenn in Meyland die Kinder weinen, so pfleget selbige die KinderMuhme mit dem Drachen zu schrecken, und dieses entweder, weil die Stadt einen Drachen in ihrem Wappen führet, oder weil nach der alten Tradition, Mariangelo aus der alten Viscontifchen Familie einen Drachen erleget haben soll, welcher dieser Stadt grossen Schaden zu­ fügte. Die Tyroler machen ihre Kinder mit der Frau Hütt fürchtend, welche nach Inhalt der Muhmen-Chronicke nebst ihrem Kinde soll seyn in Stein verwandelt worden, vielleicht weil ein Gebürge oberhalb Jnsprug von Natur eine solche Figur vorstellet. Die Schlesier erschrecken ihre Kinder mit dem bekannten Rübezahl, und so geschiehet es in andern Ländern mehr, da man sich solcher Weise, die Kinder in Furcht zu er­ halten, und die Zucht etwas leichter zu machen, bedienet: Ja man ist, nachdem die Erscheinung der Geister so blindlings nicht mehr geglaubet worden, in verschiedenen Römisch-Catholischen Ländern so weit ge­ gangen, daß man angefangen hat, die Kinder mit dem Worte, Luthe­ raner zu erschrecken, gleichsam als wenn diese in Fleisch herumwandernde Teufel wären. Es ist auch wohl möglich, daß, da sich die Knochen von einem solchen ungeheuren Menschen in dieser Stadt Enns befinden, überdiefes auch der grosse Christophel an der Pfarr-Kirche von einem unverständigen Mahler in einer recht fürchterlichen Figur vorgestellet worden, die Kinder nach der Zeit durch ein solches Ungeheuer und Ge­ spenst in Riesen-Eestalt, in Furcht gejaget worden sind. 120. Arme Seelen

Ich habe mit unterschiedlichen einfältigen Leuten gesprochen, welche einen Eyd darauf ablegen wollen, daß ihnen die Geister ihrer Ver­ storbenen Tag und Nacht in den Ohren lägen, und sie anfrischeten,

Arme Seelen bald nach Marien-Zell, oder Maria Loretto in den Ungarischen Eräntzen, bald nach Häfflein, Langgeg, Volckersdorf, Langendorf, bald aber nach Maria-Öttingen eine Wallsarth zu halten, aus keiner andern Ab­ sicht als eine Vorbitte bey der Mutter EOttes wegen baldiger Erlösung ihrer Seelen aus dem Fege-Feuer einzulegen. Einige derselben haben glüende Hände auf ihren Armen gefühlet, die sie gleichsam mit Gewalt aus den Betten gerissen und ihnen anbefohlen, da oder dort hinzugehen, und eine oder die andere Messe zu ihrer Befreyung lesen zu lassen. So oft ich der gleichen Kirchfahrten mit angesehen, so viele wesent­ liche Merckmahle habe ich gefunden, daß die verstorbenen Seelen gegen Erlegung eines gewissen Stückes Geldes für Seelen-Messen, ihrem Vor­ geben nach, sind erlöset worden. Bald zeigen sie, wie die verstorbenen Seelen ihre brennende Hände in die Altar-Tücher, bald aber gar in die Ziegelsteine eingedrücket, anderer seltsamen Händel zu geschweigen, deren sie sich zu keinem andern Zweck bedienen, als daß sie den Pöbel anlocken, und in der beygebrachten falschen Meinung verstärcken wollen. Man zahlete einsmals in meiner Gegenwart eine nahmhafte Summe Geldes, mit der Bedingung, daß eine gewisse Anzahl Seelen-Messen ohne allen Anstand, dafür solten gelesen werden, wie denn auch gewisse Personen bestellet wurden, welche diesen vortrefflichen Wercke mit beywohnen solten. Die guten Leute stunden darbey in der feisten Meinung, es wür­ den solche Messen ausdrücklich für ihren Verstorbenen gehalten, da sie doch vor zehen und mehrern Jahren, in eben der Form und mit eben den Worten, bereits für andere waren gelesen worden: Die Mönche aber wüsten sich hierbey recht wohl zu pflegen, indem es ihnen solcher­ gestalt niemals an Gelde fehlete, wenn gleich das vorige zu kostbarer Unterhaltung ihres Leibes war verschwendet worden. Es sind mir ge­ wisse Klöster bekannt, von welchen unter der Regierung Clementis des Xlten verschiedene Bitt-Schriften eintreffen, des Jnnhalts: er möchte doch, vermöge Päbstlicher Gewalt, das theure Fege-Feuer fortzupflantzen, bemühet seyn, und den Messen-Sold durchaus nicht verringern, wobey sie zugleich aus dem vermeintlich-unerschöpfflichen Gnaden-Quell der Römischen Kirche um Päbstliche Dispensation wegen 8000 Seelen- Mes­ sen anhielten, als für welche sie binnen kurtzer Zeit vier tausend Gulden angenommen hatten, und die sie ietzt nicht verrichten konten, weil täglich andere wieder bestellet wurden. Sie waren zu selbiger Zeit mit dieser Arbeit so überhäuffet, daß sie auch an andere Clöster den dritten Theil abgaben, ob sie gleich wüsten, daß andere Mönche wegen vielfältiger Stiftungen und andern gangbaren Messen, einen solchen Wust anzu­ nehmen nicht im Stande waren. So viel aber auch traurige Folgerungen aus diesem Seelen-Handel bey genauer Überlegung entstehen konnten, so wurde doch die Untersagung des Wuchers mit den Seelen-Messen für die Mönche in Italien und andern Ländern als etwas höchst-nachthei­ liges angesehen, weil die Eportuln mehr als die Besoldung betrugen, und Päbstliche Heiligkeit nolens volens bewogen, das vielvermögende

Arme Seelen — Die Seelenerlöserin Ja-Wort auszusprechen; jedoch der Heil. Vater überließ es hier bey der Prüfung ihres Gewissens, und hieng die nachdrückliche Clausul mit an: Pro häc vice dispenso fratres, sed non amplius cum simili petito ad nostra gratiarum limina veniatis, oder: Für dieses mal habt ihr zwar die ge­

suchte Erlaubniß, hütet euch aber, mit dergleichen Begehren vor unserer Enaden-Pforte wieder anzuklopfen. Wer meinen Worten nicht trauen will, der bewerbe sich nur um Gelegenheit in das Lauretanifche Closter an den Erentzen Österreichs zu kommen, und sich allda einen vertrauten Freund zu machen, so wird er das petitum in copta, und das Rescript in Originali zu sehen bekommen. Was treibt man nicht für Boßheit mit den sogenanten Wachs-Kammern? Es ist wohl mehr als einmal ge­ schehen, daß dergleichen Kirchfahrter durch die schändlichsten Betrügereyen zu Erlegung des Meß-Geldes angelocket worden. Man hat unter dem sogenannten Tabernackel lebendige Mäuse in gewisse darzu ver­ fertigte Behältnisse eingesperret, und selbige den einfältigen Tropfen durch Elaß-Scheiben gezeiget, mit dem ausdrückl. Vorgeben, daß es lei­ dende Seelen ihrer verstorbenen Freunde wären, welche begehrten, man solle sie nach der gebräuchlichen Redens-Art unter dem Kelch stürtzen, oder einige Messen für sie halten, wodurch denn die armen Leute öfters so berücket worden, daß sie kaum einen Heller Geld zu ihrer Rückreise übrig behalten. 121. Die Seelenerlöserin

Ich hielt mich Anno 1710 in der Gegend auf, welche Österreich von Ungarn scheidet, nicht weit von einem Flecken, welcher Ungarisch-Vrodersdorf genennet wird. Hier erfuhr ich, daß schon vor geraumer Zeit eine ledige Weibs-Person durch alle Flecken herum wandere, und nun auch mit einem Passe von dem Pfarr-Herrn zu Brodersdorf hier ange­ kommen sey. Diesem hatte sie in der Beichte offenbaret, sie werde Tag und Nacht von einem halb weiß und schwartzen Geiste gequälet und an­ gehalten, daß sie selbigen aus dem Fege-Feuer erlösen sollte, jedoch könnte dieses nicht eher geschehen, als bis sie 30 Gulden zusammen ge­ bracht, und für dieses Geld in ieder herumliegenden Kirchfarth 3 Mes­ sen hätte lesen lassen. Wenn dieses geschehen wäre, so sollte sie wieder nach ihrem Geburts-Orte Brodersdorfs zurück kehren, weil allda der ge­ peinigte Geist unter der letzten Messe des Pfarr-Herrns, und wenn die beyden vorher gehenden von zweyen andern Priestern würden seyn ge­ halten worden, bey der Aufwandelung des Sacraments, seine Erlösung erlangen würde, mit der Versicherung, der Geist habe ihr sodann sicht­ bare Kennzeichen seiner Befreyung zu geben versprochen. Die Erzehlung dieses Mährleins kam mir recht wohl zu statten, indem ich schon längst auf eine bequeme Gelegenheit gewartet hatte, einen solchen Actum mit an­ zusehen Hierzu kam auch noch, daß man in diesen Landen sehr vieles von dergleichen barmhertzigen Seelen-Erlöserinnen zu sagen weiß, wie sie

Die Seelenerlöserin denn bey dem gemeinen Pöbel in der grösten Hochachtung stehen. Ich hielt bey dem nunmehr» seelig-oerstorbenen Herrn Max Ernst Grafen von Fuchtz, Kayserlichen Hof-Rath und Besitzer des Ritter-Euths Saubersdorff ic. inständigst an, ob er nicht ein augenscheinlicher Zeuge dieses vortrefflichen Schauspiels seyn wollte? Er versprach es mir nebst seiner Gemahlin, einer gebohrnen Gräfin von Molar, und der Pfarrherr des Orts muste auf ertheilte Nachricht, so lange mit der Messe warten, bis diese beyden hohen Personen angekommen waren. Bey der Ankunft erschien der Pfarrherr vor dem Altar, und hinter ihme abgemeldete Seelen-Erlöserin mit nieder geschlagenem Angesichte, (gleich als wolle sie eine recht sittsame Person vorstellen) und ein weisses zusammen ge­ legtes Schnupf-Tuch in den Händen haltend, den Rofen-Crantz aber hatte sie an die Schürtze angehangen. Sie nahm auf der Epistel-Seite einen Platz zu ihrer Beth-Stelle ein, und fiel gantz andächtig auf ihre Knie, ich aber wendete meine Augen, iedoch mit einiger Vorsicht, wenig von ihr weg, weil ich ihre Bewegungen auf das genaueste beobachten und examiniren wollte. Um die Zeit, da die Aufwandelung fast angehen sollte, und da hierzu schon das andere Zeichen mit dem kleinen Elöcklein gegeben ward; fiel besagte Seelen-Erlöserin wider alles Vermuthen in eine heftige Entzückung, sie schlug mit dem Kopffe wieder die Erde, und setzte hierdurch den Pfarrherrn, der noch mit der Consecration beschäf­ tiget war, in eine solche Verwirrung, daß er sich kaum aus selbiger wie­ der zu erhohlen vermochte. Als er nun die gewöhnliche Kniebeugung mit Aufhebung der Hostie vornahm, so sahe man einen grausamen Rauch aus der Erden aufsteigen, dessen schweflichter Geruch die gantze Kirche anfüllete. Die Weibs-Person, deren Thun und Lassen wegen des starcken Dampffes so genau nicht beobachtet werden konnte, bliebe eine ge­ raume Zeit in socher Entzückung unbeweglich liegen, bis sie nach dem gewöhnlichen Memento, und indem der Pfarrherr die Worte: Robis quoque peccatoribus, ausgesprochen hatte, laut zu ruffen anfienge: Der Geist ist erlöset, preiset EOtt mit mir! Die Aussprechung dieser Worte setzte mich in einiges Erstaunen, zumahl da die Frau Gräfin mich an­ redete, und den gantzen Verlaufs der Sache als ein besonderes WunderWerck rühmete: Allein, der seel. Herr Graf redete mich also an: Mich dünckt, dieses sey eines der grösten Huren-Stückgen: Ich werde diese Weibs-Person nach der Messe anhalten, und wohl aussuchen lassen. Hierbey kam mir noch dieses bedencklich für. Sie hielt das Schnupftuch zu­ sammen gelegt so lange in ihren Händen, bis der Rauch aufgegangen war; wie aber dieser verschwand, so sahe man es nach der Länge aus­ gebreitet in ihrer lincken Hand, und in demselbigen eine gantz schwartz eingedruckte Hand, als welches das eigentliche Zeichen der Befreyung des Geistes seyn solte. Das Ende der Messe währete meiner Meinung nach recht sehr lange, nicht eben deswegen, als wenn ich so grosse Lust empfunden hätte, die schöne Geister-Reliquie zu küssen, sondern vielmehr der beschlossenen Untersuchung mit beyzuwohnen. Endlich wurde der

Die Seelenerlöserin

Weyh-Brunnen gewöhnlicher Massen über das Volck gesprenget, und iederman eilete aus der Kirche hinaus, damit er unter freyen Himmel die eigentliche Befreyung des Geistes von dieser Betrügerin mit allen Umständen vernehmen möchte. Allein der Herr Graf ließ ihr anbefehlen, unverzüglich in die Sacristey zu kommen, weil er mit ihr sprechen wollte. Sie gehorsamste gerne und willig, in der Meinung, sie würde zur Be­ lohnung ein reichliches Allmosen davon tragen. Doch die Menschen be­ trügen sich insgemein in ihrer Hoffnung, und dieser Seelen-Erlöserin gieng es auch nicht besser. Kaum war sie hinein und die Compagnie bey­ sammen, so wurden die Thüren zugeschlossen, und der Herr Graf nahm ihr das Schnupftuch aus der Hand, welches einen mir wohl bekannten Geruch von sich gab. Der Herr Graf ftellete es mir zu, und n erlanget e meine Meinung darüber zu hören. Wie ich mich aber mit der Sache nicht gern vermengen wollte, und deshalben mit meiner Antwort zurück hielt, so befahl er als ein gelehrter Herr, und dem die Sache mehr und mehr verdächtig vorkam, der Küster solte ihre Kleider aussuchen und sehen, ob sie nicht etwas verdächtiges bey sich hätte? Hier fand sich nun der gantze Betrug. Man sahe nemlich in ihrer Rock-Tasche eine Öffnung nach dem Unter-Rocke, und wie der Küster durch selbige mit der Hand sühlete, so ergriff er ein dickes Elatz mit einem engen Halhe, und mit einem Eorck-Stöpfel verwahret, welches sie mit einer Schnüre an das obere dicke Bein fest angebunden hatte: Der garstige schweflichte Geruch, der aus demselbigen herausfuhr, entdeckte die unternommene Leicht­ fertigkeit, dahero sie der Herr Graf aus der Sacristey hinaus, und durch den Gerichts-Knecht in die ordentlichen Kercker führen ließ. Der Secretarius dieses Herrns examinirte sie hierauf und drohete ihr mit der Tortur, woferne sie nicht die Wahrheit in der Güte gestehen würde; Allein sie lieh es so weit nicht kommen, sondern erboth sich vielmehr gegen Er­ lassung der Lebens-Strafe nicht allein die Umstände ihres Betrugs, son­ dern auch von 11 andern Weibern gleiches Gehalts, zu entdecken, als welche auf eben diese Art in andern Kirchfahrten die einfältigen Leute mit ihrer Eeister-Erlösung hinter das Licht geführet hätten. Das Schnupftuch wurde nach der Zeit vor der Kirche in Beyseyn des PfarrHerrns durch den Scharff-Richter verbrannt, sie aber nach Wien gelieffert, allwo sie zur Belohnung für die Geister-Erlöfung nicht allein den gantzen Staupen-Schlag erhielt, sondern auch auf ewig in das Spinn* Haus gesetzet wurde, damit ihr nicht vielleicht ein ander mahl die Lust, die Leute zu hintergehen wieder ankommen möchte. Der Nutzen hiervon war dieser, dah man in etlichen Jahren darauf selten oder niemahls von einer Geister-Erlösung reden hörete. Was aber die Materie betrifft, womit sie den Leuten ein Vlendwerck vor die Augen gemacht hatte, so wurde selbige zu Verhütung mancherley Ungelegenheiten verschwiegen, dir aber wird sie wohl bewust seyn, wenigstens hast du einsmahls ge­ sehen, dah man sie auf einen Ziegel-Stein gegossen, und was daraus für ein artiges Schau-Spiel entstanden ist.

Der nächtliche Tanz der Zwerge im Linzer Schlosse 122. Der nächtliche Tanz der Zwerge im Linzer Schlosse

Man sagt für gantz gewiß, es würden in dem alten Kayserlichen Schlosse der berühmten Handels-Stadt Lintz in Ober-Österreich gar oft eine gewisse Species von Pygmaeis, oder Zwergen gesehen, wie ich denn biem Zeugniß gewisser Personen, die sich in besagtem Schlosse aufhalten, und diese kleine Geister öfters wahrgenommen, sicher trauen kan. Ein Zufall mit diesen Geistern ist besonders merckwürdig. Als die Stadt Wien zum letzten mahle von dem Erb-Feinde der Christenheit durch eine schwere Belagerung heftig angegriffen wurde, und Kayserliche Ma­ jestät mit dero Gemahlin Maj. sich voller Unmuths mehrerer Sicherheit wegen, aus selbiger weg, und nach Lintz begaben; so geschahe es, daß, da sie von der Reise gantz entkräftet hier anlangten, die Kayserin sich bald zur Ruhe begab. Sie wachte aber bald wieder auf, und sahe bey dem Schein eines Nacht-Lichts ein kleines artiges Knäblein um das Bette herum tantzen, und allerhand lustige Kinder-Possen treiben, gleichsam als wenn es ihr die Hände zu küssen begehrete. Gleichwie nun die Kay­ serin leicht erachten konnte, es werde die vor dem Gemach stehende Trabanten-Wache dieses Kind nicht eingelassen haben, und deshalben in einige Furcht gerieth, so ergriff sie das vor dem Bette stehende kleine Elöcklein, und wolle durch dessen Läutung iemand von ihren Bedienten herbey schaffen: allein das Knäblein klatschete mit den Händen, neigte sich gantz tteff, und gieng in das innere Zimmer, da denn die Kayserin gar eigentlich aus den verdoppelten Hände-Klatschen merckte, es müsten noch mehr dergleichen kleine Leutgen daselbst seyn, und ihre Freude durch solche Zeichen zu erkennen geben wollen. Mich dünckt bey dieser Sache, es müsse dieser kleine Geist der Genius dieser Durchlauchtigsten Familie nebst seinem Anhange, oder wohl gar die Geburts-Geister aller Anwesenden gewesen seyn, als welche mit gutem Recht frolocken konnten, weil der Kayfer der äussersten Gefahr entronnen, und wegen der streiffenden Tartarn durch solche Umwege hier angekommen war, daß er auch auf dem Wege sein Nacht-Lager in einer elenden Bauer-Hütte zu neh­ men genöthiget wurde. Es fällt mir ietzt gleich bey, daß ich fast dergleichen Historie in Collectan. Histor. Vohem. bey dem schon vielmals angeführten Balbino gelesen habe. Dieser meldet, es habe sich dergleichen Casus in einer gewissen Böhmischen Land-Stadt, die er aber nicht gerne nennen wollen, in einem Hause zugetragen, und hätten die Besitzer des Hauses nicht anders gemeinst, als daß es gute Geister seyn müsten. Sie liessen sich aber meistentheils in der Gestalt zweyer fünfjährigen Knäblein von gantz beson­ derer Schönheit sehen, sie trieben allerley Kurtzweil mit einander, wie Leute von dergleichen Alter zu thun pflegen, und die Einwohner des Hauses setzen, ich weiß selbst nicht was für ein besonderes Vertrauen auf selbige. Hierzu trug dieses viel bey, daß sie im Hause unterschiedliche Dienste leisteten, sie striegelten die Pferde, sie sorgten für das andre Meh, und dieses alles wie es dem Wunsche der Hauß-Frau gemäß wäre. Nachdem aber die gantze Begebenheit vor die Ohren besagten P. Jesu-

Der nützliche Tanz d. Zwerge im Linzer Schlosse - Die geschlagene Kindeshand iten gelangte, als der sich einsmals auf dem Schlosse dieses Städtgens aufhielt, so begab er sich in das Haus dieser Unterthanen, und begehrte von allen Umständen die eigentliche Nachricht zu wissen. Er erhielt sie auch, allein er suchte die Leute zu bereden, daß es böse Geister oder so genannt« Kobolde wären, ob es diese gleich nicht glauben wollten, son­ dern sie vielmehr liebe Engelein nenneten, die ihnen viel Nutzen schass­ ten, niemand etwas zu leide thaten, sondern vielmehr für Unglück warneten, und wenn etwas Gutes erfolgte, sich lustig zu erzeigen pflegten. Hierauf befahl dieser eiffrige Mann, man sollte ihn ruffen, wenn sie sich wieder sehen liessen, und wie dieses geschahe, und ihre Gegenwart ihm angedeutet wurde, so begab er sich zwar schnell dahin, sie verschwan­ den aber plötzlich, als er kaum die Pforte erreichet hatte, gleichsam als wenn nach seiner Meinung ein Teufel den andern nicht sehen könnte. Er wurde in seiner vorigen Meinung noch mehr bestärcket, und gab des­ wegen den Hauß-Leuten gewisse Reliquien Jgnatii Bilder, welche wider alle gespensterische Anfechtungen gut seyn sollen, und andere Heiligthümer, die sie entweder bey sich tragen, oder sonst in dem Hause wohl ver­ wahren sollten, worbey er ausdrücklich meldet, sie wären nach diesem nicht wieder ges«hen worden: ich halte aber dafür, die Leute im Hause haben es ihm mit Fleiß verschwiegen, weil sie von ihren kleinen Gei­ stern so mercklichen Nutzen spüreten. 123. Der Matrose stillt den Sturm Ich schwebete einsmals in einer Post-Chalouppe auf den Meeres-Wellen bey einem grossen Sturme herum, und wäre bey nahe wider alles Vermuthen auf eine so genannte Tromba, welche die Gewalt der Luft aus dem schäumenden Wasser in die Höhe ziehet, mit vollen Seegein aufgelauffen. In dem Augenblick aber sprang ein in dieser Kunst er­ fahrner Matrose zu dem vördern Seegelbaum, steckte, unter Hermurmelung gewisser Wörter, die meines Behalts aus der siebenden Bitte des Vater Unsers waren, sein mit 3 Creutzen bezeichnetes Messer in den Seegelbaum, und errettete uns zu eines leben Erstaunen aus der Gefahr des Lebens, die wir in dem Augenblicke erwartet hatten. 124. Die geschlagene Kindeshand In dem Ertz-Hertzogthum Österreich in dem Munde des kleinen Flus­ ses Traun, wo er sich in den Trauner-See stürtzet, liegt die Stadt Ge­ münd, und in dieser trug sich nach Aussage der Kirchen-Bücher Anno 1648 folgende Begebenheit zu. Es starb ein Knabe, ein eintziger Sohn reicher Eltern plötzlich an den Kinder-Vocken, und wurde von seinen Eltern mit dem grösten Leidwesen aus dem Gottes-Acker dieser Stadt zur Ruhe gebracht. Selbigen Abends kam der Substitute bey der Kirche von der Besuchung eines Krancken etwas späte nach Hause, und muste seinen Weg über besagten Gottes-Acker zu seiner Behausung nehmen.

Die geschlagene Kindeshand Hier hörete er aber rotier alles Vermuthen ein sehr klägliches Heulen, dessen Ursach er weder zu ergründen noch zu untersuchen vermochte, und solcher gestalt nicht ohne geringes Erschrecken seinen Weg nach Hause nehmen muste. Des andern Tags darauf erzehlte er solches dem PfarrHerrn, bey welchem sich der Küster schon eingesunden und ein gleiches berichtet hatte, da denn dieser eben dasselbe, ob wohl nur als im Traume, gehöret zu haben, mit einstimmete. Der Todten-Eräber wurde hierauf befehliget, eine genaue Besichtigung aller Gräber anzustellen, und die­ ser kam in weniger Zeit gantz erschrocken zurücke, mit der Nachricht, daß der gestern begrabene Knabe seine Hand aus dem Grabe heraus recke, da er doch in einem verschlossenen u. wohl verwahrten Sarge begraben worden, fragte auch zugleich, ob er das Grab eröffnen sollte? Die bey­ den Priester eileten zu dem Grabe und fanden die Sache so beschaffen, wie sie der Todten-Eräber ausgesaget hatte. Sie befahlen diesem hier­ auf, er sollte die Hand wieder hinein stecken, und starck mit Erde be­ schütten, allein, es war kaum geschehen, so kam die Hand nach ihrer Ab­ wesenheit wieder zum Vorschein, und das Gerüchte hiervon brachte nicht wenig Leute hierbey. Der gute Pfarr-Herr, welcher vielleicht eine be­ sondere Erkänntniß in dergleichen Fällen zu haben vermeinete, ließ Vater und Mutter des Kindes zu sich kommen, und fragte sie um des­ selben Lebens-Wandel, in der Absicht, aus der Erzehlung einiges Licht in einer so verwtrrten Sache zu bekommen. Gleichwie nun das Kind noch nicht zum H. Abendmahle gewesen war, der Vater auch nichts nach­ theiliges von demselben zu sagen wüste, also muste die Mutter an statt des todten Kindes beichten, da sie denn mit dem Pfarr-Herrn allein zu reden verlangte. Sie brachte hierauf diesem mit Thränen vor, sie wisse sich, warum die Hand ihres Kindes nicht ruhen könnte, keiner andern Ursache zu erinnern, als, daß sie von diesem unglückseligen Kinde mit eben dieser Hand auf den Leib geschlagen worden, weil sie selbigem gewisse und unzuläßige Sachen nach seinem Verlangen nicht gestatten wollen. Dieses habe er auch zu einer andern Zeit noch einmal gethan, er wäre aber niemals, entweder wegen allzugrosser Liebe, oder aus Besorgung daß es der Vater erfahren, und den Knaben so hart züchtigen möchte, deswegen bestraffet worden. Jetzt wüste nun der Herr Pfarre so wohl die Ursache eines solchen Spectackels, als auch das Mittel, demselbigen ein Ende zu machen. Er befahl der Mutter, eine grosse Ruthe zu binden, und nebst dem Vater in Beyseyn der Geistlichkeit, die Hand so lange zu peitschen, bis sie sich von selbst zurücke ziehen würde. Beyde willigten gar gerne darein, ob sie gleich hierdurch der gantzen Stadt zum Spectackel wurden. Als sie zu dem Grabe kamen, so muste die be­ leidigte Mutter mit den Schlägen den Anfang machen, und so lange fortfahren, bis sie davon gantz entkräfftet wurde, wie denn selbige ihr Amt so redlich verrichtete, daß die Stücke von der Ruthe den Anwesen­ den in die Gesichter sprangen. Hierauf solle nun der Vater seine Probe auch ablegen, allein die Hand verschwand plötzlich im Angesicht aller, ist auch niemals wieder gesehen, vielweniger das vorige Heulen gehöret

Die geschlagene Kindeshand — Das Seeweiblein im Traunsee worden. Fürwahr ein merckwürdiges Exempel von der gefährlichen Mutter-Liebe gegen die Kinder, und wie selbige die Kinder nach dem Tode strafen müssen, wenn sie die Züchtigungen an ihnen im Leben ver­ säumet haben. Ich habe diese Historie abgemahlet gesehen. 125. Das Seeweiblein im Traunsee Man hat versichern wollen, daß viele tausend Menschen das TraunerSee-Weiblein bald in der Mitte dieses Sees, bald bey dem Wasser-Fall so wohl um die Mittags-Stunde, als bey hellem Mond-Schein gesehen haben. Ich habe selbst mit einigen Personen geredet, auf welche selbige mit fliegenden Haaren aus dem Wasser los gekommen, daß sie vor Angst haben davon lauffen müssen. Auch höret man erzehlen, daß es sich zum öftern tauf einem Wasser-Drachen reitend gezeiget habe, welcher dem Ansehen nach einem geschundenen Pferde sehr ähnlich gewesen. Jedoch glaube ich, es werde niemand demselben so nahe gekommen seyn, daß er dessen Gestalt so eigentlich in Augenschein genommen hätte. Vor Zeiten ließ sich dieses Gesicht zwar zum öftern sehen, allein von vielen Jahren her ist weiter nichts als das See-Weib zum Vorschein gekommen, daher zu vermuthen, daß jenes ein natürliches amphibium gewesen, dessen sich dieser Wasser-Geist in gewissen Umständen bedienet hat. Dieses ist gewiß, daß die am Trauner-See gräntzenden Einwohner einmüthig versichern, es wären bey Menschen-Eedencken über 100 Per­ sonen auf demselben verunglücket und ums Leben gekommen. Auch haben dasige Fischer eydlich ausgesagt, daß einige aus ihren Gehülfen bey verschiedenen Gelegenheiten, da sie sich entweder gebadet, oder am Ufer ihre Netze geflicket, von diesem See-Weibe ergriffen und in den Abgrund gezogen worden, ohne daß von ihnen das geringste Merckmahl wieder an den Tag gekommen sey. Man redet ausser dem in diesen Ge­ genden noch von mehr dergleichen Wasser-Frauen, z. B. bey dem so genannten Wirbel oder Strudel auf der Donau, wie denn wegen der oftmaligen Erscheinung derselben auf der nahe gelegenen Stein-Klippe dem heil. Nicolao zu Ehren eine Capelle erbauet ist, inmassen dieser nicht allein der Patron aller auf dem Wasser Nothleidenden seyn, son­ dern auch wider solche Wasser-Geister denen Menschen Hülfe und Schutz leisten soll. Es erscheinen diese bald in männlicher, bald in weiblicher Gestalt, und stellen sich an solche Örter, wo sie auf Göttliche Zulassung denen Menschen am meisten schaden können, absonderlich wenn dieselben ausser ihrem Berufs wandeln, oder grosse Verbrechen auf ihrem Ge­ wissen haben. Weil wir uns anietzo in einem Lande befinden, welches in Ansehung des Climatis mit dem Hertzogthum Crain, wovon der Baron von Valvafor eine eigene Beschreibung herausgegeben, gar genau überein kömmt, und die Geister sich ohnedem an keinen gewisien Ort binden lassen; so will ich bey dieser Gelegenheit dasjenige anführen, was be-

Das Seeweiblein im Traunsee — Der Tod des Abtes

rührter Autor von denen Wasser-Geistern in seiner Landschaft berichtet: In dem Fluß Laybach, spricht er, bey der eben so benannten Stadt Lay­ bach hält sich ein Gespenst auf, welches man daselbst den Wasser-Mann nennet. Er berichtet, daß dieses Gespenst sich anietzo ruhiger verhalte, welches man den oftmaligen Einsegnen und Weyhen des Flusses zu­ schreibe; iedoch füget er hinzu, er habe vor 34 Jahren, da er zu Laybach dem Studieren obgelegen, mit seinen Augen gesehen, daß da ein Bürger Schmaidler genannt, von einer Hochzeit gantz allein heimgehen wollen, und bis an die so genannte Vrodt-Kammer gekommen, bey hellem Mond-Schein ein Mann mit einem langen schwartzen Rock aus dem Wasser hervor gestiegen, sich zu besagtem Bürger genahet, demselben zum Strom geführet und hinein geflossen. Es hätte derselbe ohne Zwei­ fel ersauffen müssen, weil das Wasser eben sehr groß gewesen, wenn er sich nicht an die Schuppen, womit man die Becker, so das Vrodt zu klein backen, unters Wasser zu tauchen pfleget, so lange gehalten hätte, bis die Wache herbey geeilet und ihn aus dem Wasser gezogen. Hierauf hat sich das Gespenst geschwinde in den Fluh gejstürtzet, vermuthlich aus An­ muth, dah ihm diese Beute aus den Klauen gerissen worden. Eben die­ ser Autor erzehlet bey der Beschreibung des Schlosses Pletterhoff, dah an einem Teiche dieses Ortes ehedem eine Mühle gestanden, nach deren Aufrichtung ein solches Gespenst das Mahlen verhindern wollen, und deswegen, wenn der Müller das Wasser gesperret, selbiges wieder bey Nacht geöffnet, wenn hingegen jener das Schütt aufgezogen und die Mühl-Räder in Gang gebracht, den Laufs des Wassers wieder gehemmet habe. Es wollen auch viel Leute dieses Gespenst, das sich allemal nach ausgelassener Bosheit wiederum sichtbarlich in den Teich gestürtzet, ge­ sehen haben. 126. Der Tod des Abtes

Ich erinnere mich einer gar seltsamen Geschichte, welche sich in einem Österreichischen Kloster soll zugetragen haben; Weil es aber derselben unterschiedene in diesem Lande von eben dem Orden giebet, und iedwedes solche Begebenheit auf das andere schiebet, so will ich lieber keinen gewissen Ort benennen, damit ich keinem unter demselben zu nahe trete. Der Abt unter welchen selbige geschehen, hieh Bertholdus, dieser wahr gewohnt, auf gut Prälatisch seinen Kloster-Wandel zu füh­ ren, inmassen in seiner Wohnung nichts als musikalische Concerte ge­ höret, auch sonst lauter fleischliche Üppigkeiten verspüret wurden. Hier war weiter nichts als der Name und Schatten des wahren Mönch-Lebens oerhanden, und dieser Abt nebst seinem gleichgearteten Anhang waren billig denen Mast-Schweinen zu vergleichen, welche auf den Schlacht-Tag zu bereitet werden. Einsmals legte sich dieser Abt nach ausgestandenen starcken Tages-Hitze Abends zu Bette oder er muste sich vielmehr als ein höltzerner Abgott wegen übermäßiger Trunckenheit von seinem KammerDiener auskleiden, und wie ein unvernünftiges Vieh in sein Lager

Der Tod des Abtes schleppen lassen. Gleichwie er also nach dem Sprichwort der Mönche sine lux et sine crux et sine omnia Weyh-Brunn war schlaffen gegangen ; also wurde er durch den Schlaff zum ewigen Tode befördert. Nun ist bey diesen herrlich und in Freuden lebenden Heiligen, ihrer Bequemlichkeit halber, der Gebrauch beliebet worden, daß ihre Kammer-Diener nicht eher in ihr Schlaff-Zimmer kommen dürfen, bis sie durch die gewöhn­ liche Glocke hinein beruffen werden. Denn oftmals hat sich bey NachtZeit durch die so genannte Scalam secretam oder geheime Treppe eine andächtige Bet-Schwester bey ihnen eingefunden, von deren Gegenwart weder der Küchen-Meister, noch der vertrauteste Kammer-Diener etwas wissen darf. Die Nacht wurde dißmal dem Bedienten zu kurtz, weil der Abt zu der Zeit erst war schlaffen gegangen, da er vermöge seiner Ordens-Regul zum Göttlichen Lobe hätte wieder aufstehen sollen, hingegen wolte ihm der Vormittag zu lange währen, weil er von seinem schlaffen­ den Herrn wieder Gewohnheit kein Zeichen bekam. Da aber eines theils der Tafel-Decker im Vorgemach anfieng zu einem neuen Schmause An­ stalt zu machen, wie denn fast kein Tag ohne Easterey vorbey zu gehen pflegte, nächst dem sich auch die eingeladene Gäste allgemählich im GastZimmer einfunden; wurde der gute Kammer-Diener gantz bestürtzt, weil er nicht begreiffen tonte, was seinen Herrn so lange in den Federn zu bleiben bewegen müste. Endlich erkühnte er sich, das Schlaff-Gemach in möglichster Stille zu eröffnen, hatte aber kaum die Thüre aufgemachet, als ihm ein grosser kohlschwartzer Hund entgegen sprung, und mit seinen Pfoten die Thüre auf den Kammer-Diener so gewaltig zurücke schmiß, daß dieser zu Boden sunck, und vor Schrecken mit einer Ohnmacht be­ fallen wurde. Gleich darauf kam der Küchen-Meister herein, welcher ge­ wöhnlicher müssen den Tisch-Zettul im Vorgemach übergeben wolle; dieser erstaunte ungemein, da er den Kammer-Diener ausgestreckt auf der Erde liegen sahe, und von ihm mit halbgebrochener Stimme einen so ausserordentlichen Zufall vernehmen muste. Gleichwol trieb ihn der Vorwitz nicht so weit, daß er selbst den Augenschein von der Sache hätte einnehmen wollen, weil ihm zwar die Küche, aber nicht die SchlafsKammer des Abtes anvertrauet war. Inzwischen hielt er für nöthig, die von dem Kammer-Diener erhaltene Nachricht einigen Mönchen, welche darum wißen musten, kund zu machen. Diese merckten gar bald wie viel die Uhr bey ihrem Prälaten geschlagen habe, und waren nur bemühet, die Sache bestmöglich zu unterdrücken, damit die eingeladene weltlichen Gäste von einem so traurigen Zufall nichts erfahren möchten. Sie hatten auch wohl Ursache, solches geheim zu halten, weil die Ehre ihres gantzen Ordens oder wenigstens dieses Klosters großen Anstoß dahero zu be­ fürchten hatte. Gleichwie sie nun wegen der Seele ihres Abtes sich keinen großen Kummer machten, also gieng ihre Sorge nur allein dahin, daß der Cörper mit dem gewöhnlichen Kloster-Pracht unter die Erde kommen, und eine neue Prälaten-Wahl möchte vorgenommen werden. Indessen gaben sie gegen die fremden Gäste vor, der Hochwürdige Herr Prälat be­ finde sich etwas unpaß, weswegen sie, vermöge ihrer Ordens-Regul, das

Der Tod des Abtes Mittags-Mahl allein einnehmen, und nur den Kuchen-Meister zu ihrer Bewirthung bey der Gesellschaft lassen musten. Allein es ging dieses mal nicht gar zu lustig bey der Easterey her, weil der beste Sauff-Bruder, nemlich der weiland Hochwürdige Herr Abt nicht zugegen war, als wel­ cher seinen ©äfften schon eine Ehre anzuthun, und ihnen tapfer einzuheitzen wüste. Es wurde daher auch keine Tafel-Music gehöret, ja die Mahlzeit selbst nahm ein geschwindes und seltsames Ende. Es entstund unversehens ein gewaltiger Sturm-Wind, welcher alle Fenster in tausend Stücken zerschmiß, daß die Elaß-Trümmer denen eingeladenen Gästen um die Köpfe, ja wohl gar in die Speisen flogen. Dieser Zufall hätte wohl dem hungerigsten Bauer-Magen feinen appetit zum Essen benehmen sollen, und war also kein Wunder, daß die sämtliche Gäste von der Tafel aufstunden, und iedweder ohne weitläuftigen Abschied mit seiner Eutsche oder Klepper sich aus dem Staube machte. Vielleicht haben die Pferde vor dißmal einen Faft-Tag mit halten, und ihre Herren un­ gefüttert wieder heim schleppen müssen, inmassen leicht zu erachten, daß bey einer so unverhofften Verwirrung die Geistlichen sich wenig um die Pferde-Ställe werden bekümmert haben. Was war aber weiter bey der Sachs zu thun? Keines von allen Mit-Eliedern des Convents getvauete sich, in das Zimmer des unglückseligen Abtes zu gehen, wiewohl sie seinen Tod gewiß gnug daher vermuthen fönten, weil er wieder seine Natur so lange ohne Speise und Tranck zugebracht hatte. Sie wüsten also keinen bessern Rath, als daß sie sich mit einem starcken Glauben waffnen, und so dann die grosse Glocke müsten ziehen lassen. Besagte Glocke wird mit gewissen Absätzen geläutet, wenn ein Hochwürdiges Haupt des Klosters sich zur Ruhe legen will, damit alle Unterthanen mit vereinigten Kräften ihres Gebets die ausfahrende Seele entweder gerades Weges ins Paradieß, oder doch in ein gelindes Fege-Feuer be­ fördern, aus welchem die Mönche mit ihren Vigilien, Todten-Amt und Seel-Messen desto leichter heraus heben können. Es wurde nunmehr zu denen gebräuchlichen Ceremonien Anstalt gemachet, und der gantze Chor der Mönche, wovon ein iedweder ein Licht wegen einbrechender AbendDämmerung vor sich hatte, wolte nach geschehener Anzündung aller in der Kirche befindlichen Wachs-Kertzen die gewöhnliche Todten-Metten an­ fangen. Sie hatten aber kaum das stille Gebet verrichtet, und die Antiphonarii hatten das ordentliche Jnvitatorium: Regum cui omnia vivunt, »ernte adoremus, nur erst intoniret, und waren gleich bis zum Schluß: Requiem aeternam bona ei Domine, gekommen; als abermal sich ein erschrecklicher Sturm-Wind erhub, welcher nicht allein alle Lichter in der Kirche samt den Lampen auslöschte, und das grosse Psalterium auf die Erde warf, sondern auch durch eine unsichtbare Gewalt die Mönche selbst von ihren Sitzen wegriß, daß sie im Finstern herum tappen und den Ausgang des Chores suchen musten. Zu noch grössern Schrecken funden sie auch alle Lichter in den Laternen der Creutz-Eänge ausgelöschet, und hatten weiter kein Feuer übrig behalten, als dasjenige, wobey ihnen in der Küche das Abend-Essen bereitet wurde. Allein der Appetit war

Der Tod des Abtes bett meisten ziemlich vergangen, und ob sie gleich gern ungesien auffiel betn Kloster geschlaffen hätten, musten sie sich doch grösten Theils im finstern in ihre Schlaff-Cellen verkriechen. Zwey Layen-Vrüder aber, welche bey ihrer Arbeit, die sie aus blindem Gehorsam verrichten müssen, sich annoch befunden, schienen mit einem solchen Geist ausgerüstet zu seyn, welcher sie vor allen wircklichen Ordens-Vrüdern der MönchsKappe würdig machte. Denn diese faßten den behertzten Entschluß, den Ausgang dieser Tragödie wachend zu erwarten, welches meinem Bedüncken nach wohl eine Göttliche Fügung mag gewesen seyn, damit diese beyde als die geringste des Klosters denen Hoch-Ehrwürdigen Mönchen den Zustand ihres durch eigene Bosheit weggerissen Mit-Bruders und Ober-Hauptes verkündigen möchten. Sie verharreten also in der Schaff­ nerey unweit der Küche bey einander und waren im Gebet begriffen. Da nun die Glocke 11 schlug, hörten sie ein starckes Geräusch und Rasseln aus der Prälatur herunter kommen, sahen auch zugleich die gantze Küche in Feuer stehen, gleich als wenn man auf die stärckfte Easterey zurichten wolle. Einige, wiewohl ihnen unbekannte Köche, erwiesen sich mit ihren grossen Küchen-Messer sehr geschäfftig, und schienen nur noch auf den Borrath aus der Speise-Kammer zu warten. Gleich darauf wurden sie mit Schrecken gewahr, daß der Cörper ihres unglückseligen Prälaten die Treppe herunter von 4 unbekannten geschleppet wurde, welchem zwey grosse schwartze Hunde mit feurigen Augen das Geleite gaben. Nachdem nun die Träger ihre Leiche in die Küche gebracht, wurde selbige auf den Hack-Block geleget, in vier Stücke zertheilet, das Eingeweide aber auf die Erde geworfen, welches die heißhungerig scheinende Hunde in einem Augenblick verschlungen. Zwey Hinter-Theile des Cörpers wurden nebst dem Kopf an Bratspieffie gestecket, das übrige aber klein gehacket und an die mit Schwefel siedende Töpfe geschmissen, allwo es tapfer kochen muste. Gleich darauf sahen sie das Refektorium oder Speise-Gemach mit vielen Lichtern illuminiret, gleich als wenn die prächtigste Easterey solte an­ gestellet werden, wie denn auch alsobald eine lange Reyhe von solchen Personen in das Zimmer trat, deren einige diesen Layen-Brüdern als noch lebende bekannt waren, die übrigen aber aus den Gemählden dieses Klosters so eigentlich tonten erkannt werden, daß man sie nur mit Fin­ gern hätte anzeigen dürfen. Diese gantze Gesellschaft setzte sich alsdenn, nach offen gelassener Thüre, in eben der Ordnung, wie sie herein getreten, an die Tafel, und hatte es das Ansehen, als wenn sie die aufgetragenen Gerichte mit gröster Begierde hinein schluckten, die Knochen aber wurden vor die Hunde geschmissen, welche auch tmt betn Hirnschedel auf der Erde herum kollerten. Da sie nun int besten Schmausen begriffen waren, ohne daß gleichwohl etwas von Geträncke zum Vorschein gekommen, schlug die Glocke zwölfe, worauf in einem Augenblick wiederum ein entsetzlicher Sturm-Wind aufkam, welcher alle Lichter im Gast-Zimmer, wie auch das Feuer in der Küche auslöschte. Und hiermit verschwand das gantze Gesichte mit einem so heftigen Geprassel, daß die beyde wachende LayenBrüder nicht anders gedachten, als daß das gantze Kloster über einen

Der Tod des Abtes Haussen fallen mäste. Vermuthlich wird dieses heftige Getöse auch die übrigen Mönche, welche sich in ihre Gellen verkrochen hatten, aus ihrem ohnedem nicht gar zu festem Schlaff erwecket, und ihnen ein fchmertzliches Verlangen nach dem Anbruch des Tages verursachet haben. Nach­ dem nun die beyde Layen-Brüder, welche denen andern Mönchen un­ wissend das gantze Trauer-Spiel mit angesehen hatten, der geistlichen Versammlung von allen Umständen Nachricht gegeben, wurden sie ins­ gesamt noch mehr bestürtzt, und tonte man wohl mit Wahrheit sagen, daß guter Rath bey ihnen theuer gewesen. Jedoch was motten sie machen? Es war einmal unumgänglich vonnöthen, daß des Prälaten Schlafs-Zimmer geöffnet wurde; Und dieses geschahe nun auch in Bey­ seyn des gantzen Convents, weil man keine Ursache fand, gegen die MitElieder desselben mit dem Schicksal ihres Prälaten und Klosters hinterm Berge zu halten. Sie giengen demnach in einer ordentlichen Proceffion auf besagtes Schlaff-Gemach los, und funden nach eröffneter Thüre den unglückseligen Cörper ihres Ober-Hauptes kohlschwartz mit ausgestreckter Zunge auf der Erde liegen, welcher einen so heßlichen Eestanck von sich gab, daß die guten Mönche ihren Mund und Nase zuzuhalten genöthiget wurden. Damit nun ihr gantzer Orden hierdurch in keine übele Nachrede gerathen möchte, muste ohne Verzug ein Sarg verfertiget werden, und man bediente sich des scheinbaren Vorwandes. daß die Leibes-Beschaffenheit des durch einen plötzlichen Zufall verstorbenen Abts nicht verstatte, denselben bey so heissen Sommer-Tagen lange über der Erde zu lassen. Es wurde auch noch denselben Abend die Leiche in aller Stille beygesetzet, der beyden Layen-Brüder vorgegebenes Gesichte hingegen als eine überflüßige Würckung der irrenden Phantasie verworffen. Ja es gieng ihr Eifer in Beschützung der Ehre ihres Klosters so weit, daß sie den ent­ standenen ausserordentlichen Wind und Sturm als grosse Physici aus natürlichen Ursachen herleiten walten. Inzwischen stunden sie in der Hoffnung, daß wenn nur der Cörper ihres gewesenen Prälaten unter die Erde geschaffet wäre, das Andencken eines ihnen so nachtheiligen Zufalls zugleich mit verscharret bleiben, und der äußerlichen Würde oder Rang ihres Klosters nichts abgehen solle. Allein sie funden sich gar bald in ihrer Einbildung betrogen; denn weil die ordentliche Kloster-Gruft unter dem Chor befindlich war, musten sie gar bald erfahren, daß unter währender Metten ein grausames Poltern in dem Begräbnitz des Prä­ laten entstünde. Sie wurden hierdurch in eine neue Bestürtzung gebracht, zumalen da hier keine natürliche Ursache anzugeben war, und sie mehr als zu gut wüsten, daß die begrabenen Cörper der Verstorbenen vor sich und nach dem ordentlichen Lauffe der Natur solche Dinge nicht verüben fönten. Sie musten also wiederum des andern Tages erwarten, an wel­ chem sie die Gruft eröffnet, und den Cörper ausser dem Sarg mit dem Gesichte auf der Erde liegend angetroffen haben. Hieraus war ihnen gar leicht zu schlieffen, daß es mit ihrem Prälaten keine gute Bewandniß haben, und sein Cörper dieses Begräbnisses nicht würdig seyn muffe. Und weil sie mit ihren Seel-Messen und Vigilien etwas auszurichten

Der Tod des Abtes — Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder schlechte Haffnung hatten, gleichwohl aber von dieser Unruhe besieget zu werden suchten; so war kein besser Mittel übrig, als daß man sich nach einem andern Ort den Cörper zu begraben umsehen muste. Sie wur­ den dahero schlüßig, noch denselben Tag in der ersten Abend-Dämme­ rung den Cörper in eine hinter der Kirche verfertigte Grube zu ver­ scharren; Allein auch dieser Anschlag war vergebens ersonnen, denn der Cörper des Prälaten war nicht mehr vorhanden, und sie funden nur den ledigen Sarg offen stehen. Jedennoch aber ist von der Zeit an, da solche unsichtbare Entführung des Cörpers geschehen, weiter nichts gehöret noch gesehen worden, und die von ihrer Furcht nunmehr erlösete Patres haben sicher zu einer neuen Prälaten-Wahl schreiten können. 127. Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder

In der Stadt Wels in Ober-Österreich hat sich in dem vornehmsten Wirths-Haufs folgender merckwürdiger Zufall ereignet: Es sind in dem obern Stockwerck besagten Hauses 4. Gemächer in einer Reyhe, welche man vielleicht deswegen die Fürsten-Zimmer nennet, weil alle durch­ reisende vornehme Personen darinnen beherberget werden, oder viel­ mehr, weil in demselben der Durchlauchtigste Hertzog von Lothringen, wegen beygebrachten Gifts, feinen heldenmüthigen Geist aufgegeben, dessen balsamirter Cörper von dar nach Jnnsprug, wo er bey Lebzeiten ausser seinen Feld-Zügen zu residiren pflegte, mit gehörigen Ceremonien üborbracht worden. Nun wollen viele durchreisende Caoalliers, welche in eben diesen Zimmern geschlaffen, allwo in dem letzten das Conterfait Hochgedachten Hertzogs nach der Lebens-Eröfse auf dem Parade-Bette ausgestellet war, mit den grösten Betheurungen versichern, daß sie ihn in eben solcher Gestalt zwischen 11. und 12. Uhr des Nachts in das DorZimmer heraus kommen gesehen, und eigentlich bemercket, daß er mit seiner grossen Perrouque immer hin und her sich beweget, wie etwa solche Herren zu thun gewöhnet sind, welche einige nach dem Hof-Recept zubereitete Pillen zu verschlucken bekommen oder anderer Ursachen hal­ ber mit Chagrin unterfütterte Schlaf-Mützen tragen müssen. Diese Rede breitete sich immer weiter aus, daß wenig gefehlet hätte, dieses sonst berühmte Wirths-Haus wäre wegen Nacht-Geister in bösen Ruff ge­ kommen, welches denen Reifenden einen Abscheu tönte beygebracht haben, inmassen die Lebendigen nicht gern in Gesellschaft mit den Todten seyn wollen. Der gute Wirth sahe mit gröstem Unmuth, daß seiner Nahrung und Berdienst hierdurch grosser Abbruch geschehen würde. Um aber rechte Gewißheit von der Sache zu erlangen, faßte er den Vorsatz, eine Nacht allein in diesen Zimmern zu schlaffen, weil seine sonst getreue Ehe-Frau ihm hierinnen Gesellschaft zu leisten Bedencken trug. Nachdem er sich nun mit gnugsamen Licht versehen, legte er sich in eben dasselbe Span-Bette, in welchem der Hertzog von Lothringen verschieden war, also daß er das gemahlte Bild auf der andern Seite stets vor Augen hatte, welches ihm

Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder

vielleicht zu einer stärckern Phantasie Anlatz geben können, wiewohl ich dieses dahin gestellet seyn lasse. Um 11. Uhr kam es ihm vor, als wenn der gemahlte Hertzog aus dem Bette aufstünde, und mit langsamen Schritten zum Zimmer hinaus in das Bor-Gemach und durch die übrigen Zimmer hindurchgienge, bis er ihn endlich auch die Treppe hinunter steigen hörte. Da sich nun kurtz darauf auch die Hautz-Thüre zu öffnen schien, machte sich der Wirth geschwinde aus dem Bette ans Fenster, und ward gewahr, datz er seinen Weg gerade auf die gegen über liegende Kirche zu nahm, welches er bey etwas scheinenden Mond-Licht gar eigent­ lich erkennen tonte. Hierüber kam ihn ein starcker Schauer an, datz er auch deswegen der Zurückkunft des Gespenstes nicht erwarten wolte, son­ dern eiligst die Treppe hinunter zu seiner Frau ins Bette eilte. Er begieng aber die Unbedachtsamkeit, datz er derselben das gehabte Gesicht entdeckte, ungeachtet sie bereits einige Monate schwanger gieng. Diese entsetzte sich nicht allein sehr heftig darüber, sondern machte sich auch eine so starcke Einbildung davon, datz sie nach 5. Monaten eines Kindes genatz, welches dieser gemahlten Leiche an der Todten-Farbe und auf­ geblasenen Backen gantz ähnlich war. Des folgenden Tages gieng er zu seinem Voicht-Bater ins Capuciner-Kloster, um sich bey demselben Raths zu erholen, welcher es nur für eine Würckung der Phantasie annehmen wolle. Damit er aber den Wirth noch behertzter machte, versprach er, die künftige Nacht mit einem seiner Collegen in eben denselben Zim­ mern zuzubringen, und den wandelnden Geist zu fragen, was sein Be­ gehren sey, oder wie ihm zu seiner Ruhe möge geholfen werden? Dieses Anerbieten war dem Gast-Wirth höchst angenehm, und machte er sich nichts daraus, ob er einmal für zwey Gäste ohne Bezahlung zuschicken müste. Die beyden Capuciner giengen nach der Mahlzeit in erwehntes Gemach, um daselbst unter dem gewöhnlichen Gebet den herumwallen­ den Hertzog zu erwarten. Dieser stellte sich auch ordentlich ein auf eben die Art, wie es der Wirth ausgesaget hatte, und da der Capuciner ihn gewöhnlicher masten beschworen, der Geist auch sein Begehren angezeiget, welches jener ins Merck zu setzen versprochen, ist das Gesichte bey ge­ dachtem Bilde wiederum verschwunden. Worinn aber eigentlich sein Ver­ langen bestanden, ist niemals kund worden, ohne was man aus einigen darauf erfolgten Umständen hat abnehmen können. Denn es wurde gleich darnach das in dieser Stadt-Kirche beygesetzte Eingeweyde nächt­ licherweile nach Jnnsprug geschaffet; das Bild aber haben die Capuciner zu sich ins Kloster genommen, allwo es auch annoch vor der Thüre des Refectorn zu sehen ist. Hiernächst wurde wider alles Vermuthen der Cörper des Hertzogs nebst dem von Wels überbrachten Eingeweyde nach seinem Hertzogthum Lothringen abgefordert, und weil es gleichfalls sehr stille damit zugegangen, hat man nicht ohne Grund gemuthmastet, es habe der Geist unter andern auch begehret, datz sein Cörper in die RuheStätte seiner Vorfahren möge gebracht werden. Weiter aber hat man von der gantzen Sache keine Nachricht erhalten können.

Der Weg durch die Unterwelt 128. Der Weg durch die Unterwelt

Die Loibler-Erube oder Grotte ist sehr bekannt, und die Fuhrleute wissen sonderlich viel davon zu erzehlen. Es haben diese auch durchgehends den Gebrauch, daß wenn sie auch nur von weitem vorüber reisen, sie weder mit der Peitsche klatschen, noch andere FuhrmannsManieren beobachten, gleich als ob sie heimlich durchwischen walten, damit sie die allda ruhenden Geister nicht erwecken, noch ihnen von sel­ bigen ein Paß-Zettul möge abgefordert werden. Der Ursprung aber von besagter Gewohnheit ist dieser: Es sollen einsmals zwey verwegene Wild-Schützen, welche wegen vielfältig verübten Schadens von der Landes-Obrigkeit Vogelfrey erkläret waren, ihr Leben zu retten sich da­ hinein begeben haben, weil sie versichert waren, daß sie in diesem Loche keine Nachstellung zu befürchten hätten. Nachdem sie nun in ihren Verzweiflungs-vollen Gedancken ziemlich weit hinein ohne einiges Licht ge­ krochen waren, merckten sie endlich, daß ie liesset sie hinein kamen, es immer Heller zu werden begunte. Sie setzten ihre unterirrdische Reise um desto frischer fort, bis sie endlich ein weites Feld erreichten, in desien Mitte sie ein starckes Schloß erblickten. Auf selbiges giengen sie behertzt kotz, da ihnen denn wenig Schritte davon ein Mohr entgegen kam, und sie befragte: Was ihr Verlangen sey, und was sie in dieser untern Woh­ nung zu suchen hätten? Sie antworteten hierauf mit Zittern: Weil sie auf der obern Welt weder bey Tage noch bey Nacht ihres Lebens sicher gewesen, hätten sie sich in diese finstere Höle verkriechen müssen, wiewohl sie nicht gewust, wo sie hinkommen würden. Hierauf redete ihnen der Mohr zu: Sie sollen nur mit ihm getrost in das Schloß gehen, und daselbst einen Paß nebst der Freyheit durch ihr Land zu reisen abholen, weil in desien Ermangelung es ihnen sehr übel gelingen dürfte. Sie sahen sich genöthiget, auf diese Worte dem Mohren zu folgen, da sie aber nahe zum Schlosse gelanget waren, sahen sie zwey grosse schwartze Hunde an Ketten liegen, welche mit feurigen Augen auf sie spieleten, und ihnen das Hertz ziemlich weichmüthig machten. Der Mohr hingegen sprach ihnen wieder einen Muth ein, und führte sie ohne Anstoß über eine breite Treppe in einen grossen Dor-Saal, allwo sie einen ansehn­ lichen Herrn auf einem kostbaren Thron mit einer langen Ruthe in den Händen sitzen sahen, welcher sie befragte: Was ihr Verlangen wäre? Nach­ dem sie nun gebeten, daß ihnen ein freyer Durchzug in dieser Gegend verstattet, auch zugleich Sicherheit von ihren Verfolgern gegeben würde, überreichte er ihnen einen Brief mit dem Andeuten, sie sollen sich ja wohl in acht nehmen, nicht auf die linde Seite abzuweichen, sondern ihren Weg allezeit gerade fortgehen. Was sie von Erd-Früchten finden, sollen sie Erlaubniß haben zu essen, weiter aber sich nichts gelüsten lassen; sonsten würden sie niemals wieder in die Ober-Welt gelangen. Alsdenn öffnete der Mohr eine eiserne Pforte, und ließ sie durch dieselbe hinaus, worauf es ihnen vorkam, als wenn sie durch Felder und Wälder neben grossen Teichen und starck rauschenden Flüssen und durch ordentliche

Der Weg durch die Unterwelt — Die Höhle der Sibylle

Landschaften hingiengen, wiewohl sie nichts von allen Dingen eigentlich erkennen kanten. Wenn es, ihrer Meinung nach dunckel wurde und Nacht war, ruheten sie ein wenig aus, am vermeinten Tage aber setzten sie ihre Reise weiter fort, und suchten ihren Hunger und Durst mit Wurtzeln, Erd-Früchten und Wasser zu stillen, weil sie von den schönsten BaumFrüchten, welche sie stehen sahen, wegen des erhaltenen Befehls nichts abbrechen durften. Endlich nach 14tägiger Reise geriethen sie in eine grosse Finsterniß, daß sie eintzig und allein mit den Händen und Füssen herum tappen musten; iedoch war dieses noch ihr Glück, daß diese Dunckelheit nur wenig Stunden währte, indem sie wieder eine helle Gegend antrafen. Hier musten sie durch eine enge Öffnung bey einem Schloße hinaufkriechen, allwo sie wohl sehen kanten, daß die Luft, wie auch die Einwohner des Landes gantz natürlich waren. Da sie sich nun nach derselben Gegend erkundigten, und weil sie keinen Zehr-Pfennig hatten, auch ihre Kleider vor Feuchtigkeit gantz verderbet waren, um etwas Brod und alte Hemden die ihnen zuerst vorkommende Menschen baten, vernahmen sie von denselben mit Erstaunen, daß sie aus der be­ rühmten Lueger-Höle herausgekommen wären. Da sie aber ihren Paß­ port, den sie drunten erhalten, aus der Tasche hervorzogen und auf­ weisen walten, funden sie an statt desselben eine birckene Rinde, welche bey der Luegerischen Familie, wo diese zwey Wild-Schützen nachhero Dienste bekommen, zum Andrucken aufbehalten worden. 129. Die Höhle der Sibylle

Es kam ein teutscher Cavallier, welcher halb Italien bereits durch­ reiset war, auch zu Reapolis an, und bezeugte eine große Begierde, die Welt-berühmten Antiquitäten um Pozzuolo zu besehen. Bey dieser Ge­ legenheit wurde er unweit der so genannten Teufels-Grotte von Mergulino, welches vordem Sannazzarii Land-Euth gewesen, mit einem Mönch Pietro Rappi bekannt. Dieser walte in der geheimern WeltWeisheit und denen sonst verborgenen Wissenschaften etwas mehr, als andere seines gleichen, gelernet haben, daher erbot er sich gegen diesen Cavallier einen getreuen Anführer und Gefährten, in Betrachtung der dortigen Antiquitäten bey ihm abzugeben, und ihm solche Merckwürdigkeiten zu zeigen, dergleichen er sein Lebtage nicht gesehen hätte. Der Edelmann ließ sich diesen Antrag gefallen, und bat ihn von der so ge­ nannten Sybillischen Höhle den Anfang zu machen. Der Mönch nahm hierauf noch drey andere seines Ordens aus dem Kloster zu sich, und nachdem sie sich mit einigem Borrath von Lebens-Mitteln versehen, nahmen sie ihren Weg gerade zu bemeldter Höle, da gleich die Sonne untergehen wolte. Ehe sie aber hinein traten, band ihnen ihr Führer nachdrücklich ein: Es solle keiner unter ihnen ein Wort reden, auch nichts anrühren, vielweniger etwas auffassen und mit sich nehmen; Sie sollen sich auch fein beysammen halten, und keiner etwa aus Schrecken, für

Die Höhle der Sibylle denen Dingen, welche ihnen zu Gesichte oder zu Gehör kommen möchten, zurücke weichen. Nachdem sie sich nun insgesammt zu gehorsamer Be­ obachtung desjenigen, was er ihnen auferleget, anerboten, reichte er iodwedem eine brennende Kertze, verrichtete hernach gewisse Ceremonien, und gieng darauf ohne Verzug mit ihnen zur Höhle hinein. Sie waren kaum hinein gekommen, als sie eine unglaubliche Höhe und Weite dar­ innen gewahr wurden, und nachdem sie einen ziemlichen langen Weg darinnen fortgegangen, gelangten sie endlich an einen Ort, da es das Ansehen hatte, als wenn eine Thür fürhanden wäre. Allhier gab ihnen ihr Führer durch ein Zeichen zu verstehen, sie selten ein wenig stehen bleiben, und verziehen, bis er noch einige Ceremonien verrichtet hätte. Da er solche vollendet, und eine liesse Neigung des Leibes gemacht, trat er mit seinem brennenden Lichte in das Zimmer hinein, gab auch denen übrigen ein Zeichen, daß sie nachfolgen möchten. So bald sie nun durch de Thüre hinein in das vermeinte Zimmer gekommen, sahen sie nicht ohne Entsetzen ein Weibs-Bild für sich stehen, welches von ungemeiner Grösse, und in grüner mit blau vermischter Kleidung, so fast gantz durch­ sichtig, und sich wie lauter Smaragd und Saphir ansehen ließ, gekleidet war. So zierlich und angenehm nun dieser Habit den Augen fürkam, so erschrecklich und entsetzlich war hingegen die Bewegung derselben, weil sie ein solches Geräusch und Rasseln von sich gab, welches ihren Ohren fast unerträglich fiel, wie sie denn auch dem Anführer dieser Gesellschaft mit Zeichen und Eeberden eins und das andere zu verstehen gab. Jndesien aber musten sie sich nicht allein über diese ansehnliche und prächtig angelegte Weibes-Person, sondern auch über die Vortrefslichkeit und Aufputz des Zimmers höchlich verwundern, weil dieses überall von lauter feinem mit Edelgesteinen untermischten Gold und Silber der­ gestalt schimmerte, daß die durcheinander spielende helle Farben ihren Augen nichts als Licht und Glantz oorstelleten. Bey dieser Verwunderung über das prächtige Zimmer hielten sie sich ein wenig auf, bis dieses Frauenzimmer sich in ein ander Gemach verfügte, wohin der Führer samt seinen Gefährten ihr auf den Fufe nachfolgte. Dieses 2te Zimmer war zwar mit gleichem Elantz und Licht versehen, aber die vielen in einander spielende Farben machten dennoch eine grosse Veränderung, und gaben denenselben ein gantz anderes Ansehen. Aus diesem Gemach kanten sie von ferne wiederum in ein anders, jedoch kleineres und nicht so hellgläntzendes, sehen, worinnen noch mehr Weibs-Personen stunden, und diesen Ankommenden mit tiefsem Neigen eine Ehre erwiesen. Da sie nun bis hieher gelanget, und mit Erstaunen gewahr wurden, daß es überall auf den Boden voll hellblinckender Edelgesteine lag, liefe sich einer aus denen dreyen, welche der Anführer aus dem Kloster mit­ genommen hatte, den Vorwitz verleiten, dafe er geschwind ein Stück zu sich in den Schubsack steckte, und darauf seinen vorausgehenden Ge­ fährten, die eben in andres Zimmer eingetreten waren, nachfolgen walte. Allein in demselben Augenblick verloschen ihre ihnen in Händen

Die Höhle der Sibylle — Das Familienkleinod der Alvensleben habende Lichter, und sie befunden sich in einer treffen und stockfinstren Hole. Alles was sie bishero gesehen hatten, verschwand für ihren Augen, also, daß sie vor grossen Schrecken und Furcht nicht wüsten, wohin sie sich wenden sollen. Bey solcher entsetzlichen Verwirrung stellte ihnen ihr Führer, welcher, die Ursache dieser geschwinden Veränderung alsobald meitfte, die grosse Gefahr, worinnen sie stunden, nachdrücklich und ernst­ lich für, nebst beygefügter Erinnerung, dafern jemand unter ihnen der von ihm gegebenen getreuen Warnung entgegen gehandelt, und etwas mit sich genommen hätte, selbiger solches ungesäumt durch die Füsse hinter-und von sich werfen solle. Der schuldige ermangelte nicht, solches alsofort zu thun, wolte aber zuvor wissen, was es wäre, da er es, dem Anfühlen nach, einem natürlichen schwartzen Probier-Stein gantz ähnlich befunden. Nach diesen gieng zwar ihr Führer noch ferner voran, jedoch mit grossem Unwillen, und in lauter Verwirrung, die andern aber folg­ ten ihm nicht weniger mit Furcht und Angst umgeben nach. Sie mufften eine lange Weile mit gröster Unbequemlichkeit hin und wieder kriechen, und bald hie bald dort durch enge Klüfte und Löcher schlupfen, da ihnen doch beym Eingänge nichts dergleichen, sondern eine weite und sehr hohe Öffnung fürgekommen war. Zuletzt da sie, um einen Ausgang zu finden, lange genug mit Händen und Füssen herum getappet hatten, erblickten sie von ferne ein wenig Lichts, und eilten demselben aus allen Kräften zu. Sie gelangten, also nach ausgestandener langwierigen Beschwerlich­ keit und Mühe, wieder an das Tages-Licht auf einem ihnen unbekann­ ten Gebürge, wüsten aber nicht, in was für einer Gegend sie sich be­ funden, bis ihnen ein unten am Berge liegendes Dorff Nachricht davon ertheilte. Denn da erfuhren sie, daß sie nicht weit von dem Kloster ent­ fernet wären, von welchem sie ausgegangen, wohin sie sich denn auch nach Ablegung einer ziemlichen weiten Reife wiederum verfügten. Diese Geschichte wird zwar von vielen Geschicht-Schreibern erzehlet, sie haben aber alle den Schluß derselben hinzuzufügen vergessen; Weil nemlich diese vier Mönche 9. Tage aus dem Kloster geblieben, und der gute Edelmann halb todt von gedachter Reise zurück gekommen, so wurde der Anführer, als Urheber dieses Unternehmens, aus dem Königreich ver­ wiesen. 130. Das Familienkleinod der Alvensleben

Nun will ich dir aus unserm Sachsen-Lande von dem alten Adelichen Geschlechte von Alvensleben ein Exempel erzehlen. Dieses Geschlecht soll einen Ring empfangen haben, welcher zwar sonst ein Zeichen und SinnBild der beständigen Dauer seyn soll, doch hat der Ausgang gewiesen, daß mit dem in Stücken zerbrochenen Ringe auch das Glück dieser Fa­ milie ein Ende genommen, daß also der ihnen von den Geistern ge­ gebene Ring sie von dem bevorstehenden Untergange nicht befreyen kön­ nen. Die eigentlichen Umstände aber von dieser Aloenslebischen Ge­ schichte habe ich bisher noch nicht erfahren können.

Der Hörselberg — Die Hölle in den Vulkanen 131. Der Hörselberg

Ich habe von dem berühmten Horsel-Berge, bey Eisenach in Thüringen gelesen, es sey schon von langen Zeiten her in demselben ein jämmer­ liches Heulen und Geschrey gehöret worden, dessen Schall sich mannichmal über eine Stunde weit erstrecket habe. Auch wird erzehlet, daß einsmals eine Königin von Engelland sich sehr bekümmert habe, wie es ihrem ver­ storbenen Gemahl in der andern Welt ergehen möchte, und ob sie ihm mit ihrem Gebet, oder andern Wercken der Gottseligkeit zu seiner Er­ lösung behülflich seyn tönte. Hierauf sey derselben durch eine Offen­ barung kund gemacht worden, datz der König, ihr Gemahl in obbenann­ tem Berge gequälet werde. Auf solche erhaltene Nachricht habe sie ohne Verzug Engelland verlassen, sich in diese Gegend begeben, eine kleine Kirche nebst einem Dorff erbauet, und daselbst in einem frommen Leben bis an ihr Ende verharret,' diese Stelle aber sey von ihr Satans-Stätte genennet worden. Man findet zwar in denen Geschichten verschiedene Exempel von solchen Weibes-Personen, welche besondere Merckmahle einer ehelichen Treue gegen ihre verstorbene Ehemänner an den Tag ge­ leget. Unter diesen verdienet Artemisia des verstorbenen Königs Mausoli Gemahlin billig den Vorzug, welche ein lebendiges Grab ihres EheHerrn hat abgeben wollen, da sie desselben verbrannte Asche unter ihre ordentliche Speisen und Eeträncke gemischet zu sich genommen. Allein diese Engelländerin hat meines Erachtens es jener noch zuvor gethan, indem sie ihr Königreich verlassen, und in ein fremdes Land bis zum Teufel selbst gegangen, indem sie angezeigter Massen den Ort ihres Auf­ enthaltes diesen Namen beygeleget. 132. Die Hölle in den Vulkanen

Da man giebt vor, datz der Berg Hecla in Island, Ätna in ©teilten, Vesuvius int Königreich Neapoli, Stromboli nebst dem Vulcano auf den Äolischen Inseln, und andre noch unbekannte Feuerspeyende Berge, ge­ wisse Luft-Löcher oder Feuer-Mauern zur Höllen seyn sollen; oder der Pöbel heget zu Neapolis den Wahn, datz jener finstre und lange Gang, welcher zu der Sybillinischen Grotte führet, der Ausgang von der Hölle sey, und datz Christus nach seiner Höllen-Farth durch diesen Weg wieder­ um zurücke auf die Erde gekommen sey, auch die gefangen gewesene See­ len hierdurch mit sich zurück geführet habe. Wenn dieses wäre, so würde dem Königreich Neapolis unbillig der Name eines indischen Paradieses beygeleget, weil es so nahe an die Hölle gräntzete. Was aber die Feuer­ speyende Berge anbetrifft, so bin ich selbst nahe zu einem derselben ge­ kommen, habe aber kein ander Schrecken, als das man von Natur bey gefährdeten Örtern verspüret, ausgestanden.

Die Schlangenjungfrau von Kleinvest in Ärain — Das Bergmännleinschlotz

133. Die Schlangenjungfra« von Kleinvest in Krain Man wird sich erinnern, daß die oben angeführte zwey Wild-Schützen, nach vollbrachter unterirrdischen Reise, aus der Lueger-Höle wieder herfür gekommen. Besagte Höle ist nicht weit von der uhralten HandelStadt Stein befindlich, welche aus gewissen Ursachen ein Weibes-Bild mit einem Schlangen-Schwantz zwischen einem Thore im Wappen führet, wovon man folgende Erklärung giebt. Es liegt auf der Seite gegen Laybach ein gewisser Ort Kleinvest genannt, welcher vor Alters ein sehr festes Berg-Schloß abgegeben, anietzo aber gäntzlich in Verwüstung ge­ rathen, dergestalt, daß man nichts mehr davon siehet, als nur einen er­ habenen Hügel, eine Pastey, welche rings umher gehet, und ehemals das Schloß und den Berg bedecket hat, nebst einer dreyfachen Capelle. Dieses soll ehedessen ein Eötzen-Tempel gewesen seyn, worinnen ein grosser Abgott gestanden, welcher gewahrsaget, und welchem zu Ehren viele Leute aus entlegenen Orten herbey gekommen und ihm Opfer gebracht. In dem untersten Theil aber dieser Capelle soll ein ungemeiner Schatz vergraben liegen, von welchem man diese Nachricht zu geben pfleget: Es habe sich vor Zeiten an diesem Orte eine heydnische Jungfrau, die sich Beronica genennet, in Gestalt eines wohlgezierten schönen Frauen­ zimmers sehen lassen, und diese Erscheinung sey meistens gegen Morgen und Abend an dem Wasser bey Kleinvest geschehen. Auf Befragen habe man von ihr die Antwort erhalten, daß sie ein heydnisches Fräulein aus demjenigen Geschlechte sey, welche vormals diese Kleinvest inne ge­ habt, und daß sie bis auf den jüngsten Tag allda zu leiden verbannet wäre, woferne nicht ein reiner Junggeselle sie mit einem dreymaligen Kuß erlösen würde. Diesem aber solte zur Belohnung der in dem Schloß Kleinvest verborgen liegende Schatz, welchen sie oftmals durch eiserne Gitter in Lägeln und Töpfen stehend neugierigen Personen gezeiget, zu Theil werden. Endlich hat sich nach langen Suchen ein Jüngling ge­ funden, welchem seine Mutter den grossen Schatz und die damit ver­ bundene Glückseligkeit so nachdrücklich vorzustellen wüste, daß er sich ent­ schloß, diese ohnedem nicht unangenehme Jungfrau zu küssen. Er hatte aber kaum derselben den andern Kuß gegeben, als sie gantz abscheulich und wilde wurde, auch die Gestalt des Unter-Leibes in einen langen Schwantz veränderte: Dahero denn der Jüngling vor Entsetzen dieses Ungeheuer weiter zu berühren sich nicht getrauet«, sondern die Flucht ergriff; jene aber fieng erbärmlich an zu schreyen, und ihre nunmehr bis auf den jüngsten Tag unmögliche Erlösung zu beklagen. Hierauf ist dieselbe verschwunden, und bis auf diesen Tag nicht wieder gesehen wor­ den, die Stadt Stein aber hat zum Andencken das Bild derselben in ihr Wappen gesetzt.

134. Das Bergmännleinfchloß Neben dem alten Berg-Schloß Stein in einem Felsen siehet man ein Loch, welches zugemauert ist, und nur inwendig eine kleine viereckichte

Das Bergmännleinschloh — Die Wunder des Schlosses Stetmol Öffnung oder Fenster hat. Dieses Schloß wird insgemein von denen da herum wohnenden das Berg-Männlein-Schloß genennet, und pflegen sie davon folgende Tradition anzuführen: Als man dasselbe zu bauen be­ mühet gewesen, habe der Teufel solches nicht zugeben wollen, sondern alles was bey Tage aufgeführt gewesen, bey der Nacht wieder eingerisien. Endlich aber habe er die Aufbauung desselben unter der Be­ dingung bewilliget, woferne man ihm zuvor ein ander Schloß nahe da­ bey anlegen wolle. Zu dem Ende habe man dieses kleine Loch sauber ausgereiniget, eine steinerne Tafel hineingesetzet, und es also vermauert, doch aber ein kleines Fenster offen gelassen. Man kan zu demselben ohne Beyhülfe einer grossen Leiter nicht gelangen, noch hinein sehen; Bey dem Hineinschauen entdecket man noch ietzo die steinerne Tafel darinne, welche nicht ohne Ursache mag hinein gesetzet seyn. 135. Der Teufel wehrt dem Echloßbau

Man darf in (Erntn nur zu den kleinen Schloß Thal gehen, allwo gleichfalls erzehlet wird, daß man nicht weit von dem jetzigen Adel-Sitz ein grösseres Gebäude habe aufführen wollen, welches auch, wie man itzo noch sehen kan, ziemlich zum Stande gebracht worden; Man habe aber solches nicht vollenden können, sondern unvollkommen müssen stehen las­ sen. Man pfleget davon eben diese Ursache anzugeben, daß nemlich, da man solches zu bauen angefangen, und die Mauer ohngefähr zwey Klaf­ ter hoch aufgeführet gehabt, der Teufel bey Nacht-Zeit alles, was man den Tag über höher gebauet, wieder abgeworffen und niedergerissen habe. Weil nun dieses zu unterschiedenen malen nach einander geschehen, ist daher die gemeine Sage entstanden, der Teufel wolle auf diesem Platze kein Schloß leiden, wie denn auch der Erbauer dadurch bewogen worden, von seinem vorgenommenen Bau abzustehen. 136. Die Wunder des Schlosies Etermol

Etwa vier Meile Weges von Laybach lieget ein Schloß Stermol ge­ nannt, von welchem man folgendes berichtet: Es soll in demselben eine kleine Capelle seyn, welche dem Wesen und Eigenschaften der Teufel gantz und gar zuwider zu seyn scheinet, indem man keine besessene Per­ son hinein führet, welche nicht alsobald von des Teufels Gewalt befreyet werde. Uberdem ist auch dieses merckwürdig, daß öfters, wenn iedermann sich zur Ruhe verfüget hat, in eben diesem Schlosse die annehmlichste Music gehöret wird, worüber sich alle vom Schlaf erwachende verwun­ dern müssen. Am gewissen heiligen Tagen aber wird in andern Zim­ mern des Schlosses ein solches Getümmel und Poltern verspüret, daß alle Bewohner desselben in Schrecken gerathen, und nicht anders dencken, als daß das gantze Gebäude ihnen übern Kopf zusammen fallen werde.

Die Wallfahrt nach Clanitz — Die geforderte Bettelfahrt 137. Die Wallfahrt nach Clanitz

Ohngefähr II. Meilen von Laybach, lieget unweit der Stadt und Closter Landstraß ein kleines Schloß Eutenwerth genannt, in welchem sich folgender Zufall ereignet hat: Da dieser Ritter-Sitz noch denen Herren von Hohenwarth eigenthümlich zugehöret, und der letzte von dieser Fa­ milie aus verschiedenen Umständen abnahm, daß das Ende seines Le­ bens gar nahe sey, bat er feine Gemahlin Frau Maria Elisabeth, gebohrne Freyin von Molkhan, sie solte ohne Verzug eine Kirchfarth auf Clanitz in Croatien zum heiligen Antonio von Padua verrichten, weil er sich durch ein gethanes Gelübde darzu verbindlich gemacht hätte. Gleich darauf ist er verschieden, und etliche Tage nach seinem Tode sei­ ner Gemahlin zu zweyen malen bey Nacht für ihrem Bette erschienen, ohne gleichwohl den geringsten Laut oder Stimme von sich zu geben. Die Wittwe suchte desfalls einen guten Rath bey denen Geistlichen, welcher darinnen bestund, daß sie den Geist um sein Begehren fragen solte. Da ihr also ihr verstorbener Ehe-Herr zum dritten mal erscheinet, thut sie abgedachte Frage, wiewohl mit Angst und Zittern, an ihn, und erhält diese Antwort: Er begehre anders nichts, als daß sie die Wallfarth auf Clanitz, wie sie ihm auf seinem Tod-Bette versprochen, vollziehen solle. Es wurde aber die gute Edel-Frau hierbey von einem so heftigen Schrekken eingenommen, daß ihr in einem Augenblick alles Haar samt der Wurtzel ausgefallen, und sie des Morgens auf ihrem gantzen Haupt nicht die geringste davon mehr antreffen können. Sie hat hierauf ohne An­ stand die versprochene Wallfahrt abgeleget, und seinem Verlangen also ein Genüge geleistet, auch weiter keine Unruh und Schrecken von ihm erlitten, sintemal er sich nach diesen nicht mehr sehen oder sonst spüren lassen. 138. Die geforderte Bettelfahrt

Im Jahr 1679. hat eines Bauren in Sachsen Tochter, welcher eines vornehmen Herrn Unterthan war, am 4. Dec. ihrem Evangelischen Beicht-Vater geklaget, daß sie vor vier Jahren eine böse Brust bekom­ men, und deßwegen von ihrem Dorffe nach einem andern zu dem da­ selbst wohnenden Bader gehen müssen. Da sie nun um Pfingsten 1675. abermal sich dahin verfüget, sey ihr ein weisier Geist begegnet, welchen sie für den Tod gehalten, und diese Erscheinung für einen Vorboten ihres baldigen Hintritts angenommen, wie sie sich denn auch gegen den Bader ausdrücklich vernehmen lassen: Sie wisse wohl, daß sie an diesem Schaden sterben müsse, denn der Tod sey schon zweymal bey ihr gewesen. Nachdem sie aber dennoch wieder Vermuthen gesund wotden, habe sie sich zu ihrem Bruder verdinget, allwo dieser Geist ihr in einem Jahre vier mal erschienen. Sie sey hierüber für Schrecken in eine Kranckheit verfallen, und wie sie wieder genesen, habe sie sich in einem andern Dorfe bey einem Bier-Brauer in Dienste begeben, auch hier hätte sich dieser Geilst eingefunden, und liesse ihr bis diese Stunde keine Ruhe, wes-

Die geforderte Bettelfahrt wegen sie es ihm, als ihrem Beicht-Vater, 'anzeigen müssen. Dieser wolle anfänglich ihr keinen Glauben beymessen, und ermahnte sie vielmehr, sie solle nur wieder in ihren Dienst gehen, fleißig beten und ihren Berufs treulich abwarten. Allein sie kante vor diesem Gespenst nirgends bleiben, sondern wurde durch dessen Erscheinung ie länger ie öfter erschrecket, der­ gestalt, daß es auch ihre Hauß-Eenossen an ihr meldten, weil sie oste in Ohnmacht fiel, und für Mattigkeit der Glieder mit der Arbeit nicht recht fortkommen tonte. Sie sahe sich daher genöthiget, ihre Noth abermal gedachtem ihren Beicht-Vater zu entdecken, welcher keinen andern Rath wüste, als daß er die Sache an die Herrschaft nach Hofe berichten muste. Der regierende Herr, welcher von sehr hohen Verstände war, walte nicht allzu geschwinde solchem Vorgeben trauen, sondern ließ das Baur-Mägdlein für sich kommen, und examinirte sie starck, stellte auch solche Be­ fragung zum öftern an, und ließ sie vierzehn Tage im Schloß verharren, wiewohl sie auch hier für dem Geiste eben so wenig Ruhe hatte. Kaum aber war sie wieder zurück nach Hause gelanget, als sie der Geist rück­ lings anfaßte, und so ungestüm zur Erden warf, daß lauter blaue Flecken auf ihrem Rücken zu sehen waren. Weil ihr aber ihr Ober-Herr, welcher Römisch-Eatholisch war, anbefohlen hatte, sie solle den Geist, so bald er ihr wieder erschiene, mit gewissen ihr angezeigten Fragen anreden; So ermangelte sie nicht, diesem Befehl nachzukommen, und erhielte von dem Geist folgende Antwort: Sie fragte: Wer bist du? Der Geist antwortete: Ich bin Lorentz Birner. Sie sprach: Von wannen bist du? Er: Zwey Stunden von Bäyerland bin ich gebürtig. Sie: Was hast du denn hier bey mir zu thun? Er: Du solst mich erlösen. Sie: Was hast du denn gethan? Er: Ich habe zu R. vor sechtzig Jahren einen Kelch samt einem Buch und Altar-Tuch gestohlen. Sie: Von was für Religion bist du? Er: Ich bin 50. Jahr Lutherisch gewesen, hernach aber Catholisch wor­ den, auch so gestorben. Sie: Was soll ich dir denn thun? Er: Du solst das Geld, so ich bekommen, erbetteln, und wieder in die Pfarre geben. Für den Kelch habe ich 19. Gulden, für das Buch 6. und einen halben Gulden, für das Altar-Tuch 25. Batzen bekommen, dieses solst du von schlechten Leuten erbetteln. Sie: Was leidest du denn für Quaal? in einer Hitze, oder in einer Kälte? Er: Ich leide höllische Hitze. Sie: Ich kan dich nicht erlösen, du magst dich selbst erlösen. Er: Ich wolle mich wohl erlösen, wenn ich EOttes Macht hätte: mit welchen Worten der Geist verschwunden. Man erkundigte sich hierauf an dem Orte, welchen der Geist genennet, und wo der Diebstahl solle geschehen seyn, da denn durch die Aussage alter Leute, so An. 1680. noch am Leben waren, alles bekräfftigt wurde. Auf Befragen, was denn der Geist eigentlich für eine Gestalt habe? antwortete sie : wie ein langer alter Mann, in einem lan­ gen Kittel und Strümpfen an den Füssen, er hätte keinen Bart, seine Augen wären meistentheils geschlossen, und die Backen eingefallen. Als nun das Mägdgen sich nicht zum Betteln entschließen wolle, hat er sie unterschiedliche mal gedrosselt, da sie ihm denn in die Hände gefallen und gefühlet, daß selbige Eiß-kalt gewesen. Ja da sie es dennoch nicht

Die geforderte Bettelfahrt - Eeisterbegleiter und Eeisterkampf

thun wolle, hat er ihr mit folgenden Worten gedrohet: Er thäte ihr zwar nicht gerne was Leides, wenn sie aber ihm nicht folgen walte, mäste er sie noch umbringen. Hierauf hat sie endlich den Vettel-Stab zur Hand genommen, wenn sie aber nur eine Weile wieder aufgehöret, ist er ihr alsofort wieder erschienen, wiewohl er nichts geredet, sondern nur die Hände in einander gewunden und geseufzet. Nachdem sie endlich so viel Geldes, als die angezeigte Summa austrug, zusammen gebracht, ist er ihr weiter nicht erschienen, und sie hat nach der Zeit keine Anfechtung mehr verspüret. Das erbettelte Geld hat sie an den Evangelischen Ort, den er ihr benennet, eingeliefert, allwo man eine Cantzel davor erbauet hat. Gleichwie nun diese Erzehlung in dem Archiv besagter Herrschaft mit allen diesen Umständen zu finden; also ist sie auch sowohl bey Römisch-Catholischen als Evangelischen Land-kündig. 139. Eeisterbegleiter und Eeisterkampf

Vor kurtzer Zeit hörte ich in dieser Stadt fLeipzigj von einer gewissen Person sprechen, welche mit einigen Geistern Tag und Nacht in beständi­ gem Umgang stehen solle, welche seltsame Nachricht mich höchst begierig machte, hinter den wahren Grund dieser Sache zu kommen. Ich suchte daher Gelegenheit, mit gedachter Person in Bekanntschaft zu gerathen, hatte auch nicht gar viel Mühe selbige zu erlangen. Nach verschiedenen Discoursen von diesen und jenen vorfallenden Begebenheiten, suchte ich das Gespräch auf die Geister-Materie zu lenden, zumalen da ich merckte, daß besagter Mensch von freyen Stücken dieselbe aufs Tapet zu bringen kein Belieben trug. Ich muste zwar einige Umschweife nehmen, erhielt aber endlich doch meinen Zweck, da er mir denn auf mein bittliches An­ suchen, wiewohl ungern«, den Verlaufs der Sache mit folgenden Um­ ständen erzehlte: Es ist bereits eine geraume Zeit, daß ich von zwey Geistern so wohl bey Tag als bey Nacht gleichsam begleitet werde, deren einer eine Manns-Person, der andere aber ein Weibs-Bild vorzustellen scheinet. Beyde verlangen von mir, daß ich sie erlösen solle; Das WeibsBild kömmt mir zum öftesten auf dem so genannten Grimmischen SteinWege zu Gesichte, wiewohl sie beyde manchmal bey Tage oder Nacht zu mir ins Haust kommen, und in meiner Mutter-Sprache sich mit mir unterreden. Insonderheit verlanget der eine von mir, datz ich nächtlicher Weile einen Schatz heben soll, hat mir auch bereits in meiner Kammer den Ort angewiesen. Weil ich nun seinem Begehren bey Nacht-Zeit keine Enüge leisten wolte, bey Tage aber schon eine ziemliche Öffnung ge­ macht hatte; so erschien mir der Geist die nächstfolgende Nacht, und redete mich, da ich auf dem Bette lag, mit folgenden Worten an: Was wird dich es helfen, wenn du auch den Schatz bekömmst, da du in einem Jahre sterben wirst, wenn du ihn hebest? Ich liest mich hierdurch be­ wegen, von dem weitern Nachgraben abzustehen, und dergleichen Be­ mühung andern, die ihres Lebens überdrüstig, zu überlassen. Es ereig­ nete sich aber nach dieser Zeit in meiner Kammer ein wunderbarer Zu-

Eeisterbegleiter und Geisterkampf

fall, da eben die beyde gewöhnlichen Geister bey mir zugegen waren. Es kamen noch vier andere mir unbekannt« Geister hinein, welche ich aber gantz deutlich unterscheiden kante. Mit diesen fiengen meine beyde Ge­ fährten alsobald einen heftigen Streit und Kampf an, welcher auch mit einem grossen Getöse eine ziemlich Weile anhielt, bis ich endlich etwas gleich einem Woll-Sack zur Erde fällen hörte. Alsdenn wurde von mei­ nem vertrauten Geistern ein Gesang angestimmet, als wenn sie wegen des Sieges über die andern ein Triumph-Lied singen wollen, wiewohl ich die Worte und den Inhalt solches Gesanges nicht verstehen tonte. Da mir gedachte Person diese Umstände erzehlte, fragte ich, wie denn eigent­ lich diese Geister ausgesehen, oder was es mit dem Klang ihrer Stimme vor eine Bewandniß gehabt? Jener antwortete: Ihre Gestalt war kör­ perlich, wie man sonst Mann und Weib an der Kleidung zu unter­ scheiden pfleget; Je länger ich aber dieselben ansehe, destomehr verfallen die Gestalten, wie ein sich theilender Nebel, vor meinen Augen. Was die Stimme anbetrifft, so ist selbige gantz leise, und verursachet einen Thon, wie aus einem irdenen oder andern hohlen Gefäße. Wiewohl ich nun vormals bey Tag und Nacht, ja auch in Beyseyn anderer Leute diese Geister um mich gehabt, dieselben sehen und mit ihnen sprechen können, so hat sich dennoch solches einige Zeit her geändert. Es kam nemlich ein gewisser Böhmischer von Adel eben dieser Ursachen halber zu mir, welchem ich alle Umstände erzehlte und von ihm den Rath bekam, daß ich bey erster Erscheinung, auf das Anmuthen der Geister ohne eintzige Furcht antworten möchte: Sie solten im Nahmen EOttes weg­ gehen, und ich tönte ihnen nach meinem Vermögen nicht helffen. Nach­ dem ich diesem Rath gefolget, habe ich mehr Ruhe für diesen Geistern, indem sie mir nur dann und wann erscheinen, absonderlich zu solcher Zeit, wenn mir von ihnen zu reden Gelegenheit an die Hand gegeben wird. Da wir nun unter diesem Gespräch gantz allein beysammen in der Stube fassen, (fuhr besagter guter Freund weiter fort) überfiel mich ein ungewöhnlicher Schauer, ja ich empfand ein solches Schrecken, Zittern und Beben, daß mir der kalte Schweiß von dem Nacken an bis über den gantzen Rücken ausbrach. Es kam mir dieses um so viel seltsamer vor, weil meine Natur hierzu sonst gar nicht geneigt gewesen, kante aber gleichwohl nicht begveiffen, woher dieser ausserordentliche Zufall rühren müfte. Endlich fragte ich denselben Freund, was doch dieses bedeuten möchte, darauf gab er mir gantz unerschrocken zur Antwort: Glaubt denn der Herr, daß wir alleine sind? Unser sind vier in der Gesellschaft, denn eben die zwey Geister, von welchen wir reden, sind hier gegen­ wärtig, und zwar stehet das Weib bey mir, der Mann aber befindet sich an jener Seite, wo der Herr sitzt. Uber diese unverhoffte Nachricht ent­ stund in meinem gantzen Geblüts eine solche Bewegung, daß ich auf­ stehen, diese widernatürliche Gesellschaft verlassen und mich in die frische Luft begeben muste. Dieser Zufall und Erzehlung hat den wircklichen Wahn bey mir erwecket, daß es Geister geben müsse, absonderlich weil ich bey der Person, so mir diesen Bericht ertheilet, keine Arg-List ver-

Eeisterbegleiter u. Eeisterkamps — Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse muthen konte. Zudem hat mir sein eigner Vater, welcher nebst dem Sohn ein Kirschner ist, bekannt, daß da er bey diesem seinen Sohn annoch in einer Kammer geschlaffen, er manchmal solche seltsame Dinge mit an­ gehöret, und um bessere Ruhe zu haben sich von ihm abgesondert habe. Diese Erzehlung habe ich aus dem Munde des angezogenen ehrlichen Mannes, welcher mir versprochen hat, mich mit diesem Eeister-Freunde selbst bekannt zu machen, wo ich etwa seinen Worten völligen Glauben beyzumessen Bedencken trüge. Ich werde mir solchen Vorschlag desto eher gefallen lassen, weil ich vielleicht durch genaueres Nachfragen in dieser Materie eine und die andere gute Nachricht bekommen kan. 140. Der Gerber und sein Besuch Man hat ein Exempel von einem Gerber in Nürnberg, daß da der­ selbe die Haut einer öffentlich gerichteten Malefiz-Person ausarbeiten und zubereiten wollen, bey hellem lichten Tage das geschundene Evestrum zu ihm in die Werckstatt gekommen, und mit gräßlicher Stimme seine Haut abgefordert habe, durch welchen Zufall der gute Meister nicht nur in grosses Schrecken gerathen, sondern auch mit einer schweren Kranckheit befallen worden. 141. Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosie Es ist in der Provintz Crain ein gewisser Strich Landes Kotsche ge­ nannt, dessen Einwohner alte vertriebene Deutsche sind, und insgemein vor einfältige Leute gehalten werden. Diese sollen, der allgemeinen Aussage nach, von nichts anders als von Gespenstern und Geistern zu reden wissen. Ich habe mich selbst der Gelegenheit bedienet, mich mit diesen Leuten bekannt zu machen. Es ist das uralte Berg-Schloß Kotsche annoch auf einem ungeheuren und mit Klippen umgebenen Berge zu sehen, welches aber bey nahe gantz zerstöret ist, und daher von niemand anders als einem alten Jäger nebst seiner geringen Familie bewohnet wird. Auf diesem Schlosse, welches dem Fürsten von Auersberg zustehet, sind so wohl von denen vorbey reisenden, als auch nächsten Anwohnern zu gewissen Zeiten in allen Fenstern häuffige Lichter gesehen worden, da man doch gar wohl gewust, daß es keine Wohnung der Menschen sey, weil das obere Stockwerck mehr als halb verfallen, und das gantze übrige Gebäude dieser armen Jäger-Familie gleichsam eigenthümlich zu ihrem Sitz bestimmet war. Von dem Eroß-Dater des anietzo noch lebenden Jägers wird nachfolgender Zufall unter den Einwohnern des Landes als eine gewisse Sache erzehlet. Es hatte derselbe nebst seinem Weibe und zwey kleinen Kindern diese edle Wohnung zum ersten bezogen, und mochte etwa einige Wochen sich darinnen aufgehalten haben, als er ein­ mal bey Hellem Tage um die ordentliche Mittags-Stunde sich unter der grossen Eiche, welche vor dem Schlosse stehet, der Ruhe bedienen wolle. Sein Eheweib war eben zu der Zeit in die nachgelegene Stadt gegangen,

Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse und beyde Kinder schlieffen in einem Bette beysammen, gleichwohl sahe er, wiewohl halb schlummernd, daß der grössere Knabe von 5. Jahren gegen ihm herzu geführet wurde, ohne daß er den Führer erblicken fönte. Weil er aber dennoch so viel wahrnahm, daß das Kind die Hand an einer andern Person anhielt, wurde er darüber nicht wenig bestürzt, vornemlich da das Kind gegen den Abschutz des Felsen zugeführet wurde, von welchem es keinen andern Sprung, als der mit dem Verlust des Lebens verbunden war, thun fönte. Der erschrockne Vater bedachte sich derowegen nicht lange, sondern sprang in die Höhe und suchte das Kind dieser augenscheinlichen Gefahr zu entreissen, unter welcher Bemühung er bey des Kindes Hand eine andere gantz kalte Hand vermerckte, welche nicht los lassen wolte, und von ihn zwar begriffen, aber nicht gesehen werden kante. Das Kind zeigte sich dabey gantz unerschrocken, und da der Vater sich endlich wieder erholet hatte und fragte: Wer es an diese Stelle gebracht hätte? gab es zur Antwort, wie die Worte in dem Ar­ chiv in der Kotscheischen Sprache lauten: Der ole Ohne mit dem Bar in Zoppe und Lader Mütz up den Schalcke sät mer zu van goten Sengen, de eck Hefen schalle, wenn eck met gahe; über welche Worte der Vater sich nicht gnugsam verwundern kante, absonderlich da er den Knaben bey so gefährlichen Umständen gantz lustig und bey gutem Muthe sahe. Nach­ dem er nun das Kind der Gefahr entzogen, führte er es zurück in die Stube, wiewohl er sich wegen dieses Zufalls noch etwas ausserordent­ liches besorgte. Da sie aber desselben Abends mit einander zu Tische sassen, hörte der Jäger eine Stimme, welche ihm bey seinem ordentlichen Namen Marx, Marx, zurieff; Er erstaunte zwar anfangs hierüber, stund aber dennoch behertzt vom Tische auf und näherte sich der Thüre, um zu sehen, wer mit ihm reden wolte. Da er dieselbe eröffnet, sahe er eben ein solches Ungeheuer von einem Menschen vor sich stehen, wie es von dem Kinde vorhin war beschrieben worden. Dieses gab ihm durch einen Winck zu verstehen, er solle ihm nachfolgen, welches er als ein behertzter Jäger nicht ausschlagen durfte. Da sie aber an denjenigen Ort kommen waren, wo er zuvor das Kind der kalten Hand entrissen hatte, wurde er mit Erstaunen gewahr, datz sich der Felsen wie eine Thier aufthat, und ein Licht aus demselben Herfür schimmerte. Wiewohl ihm nun nicht geringes Schrecken vor dieser unbekannten Wohnung zustieh, entschlotz er sich dennoch, den Weg weiter fort zu setzen, da unter dessen sein Weib nicht wüste, wo er hin gerathen war. Bey dem ersten Eintritt sahe er eine grosse Schlange, welche ihn mit feurigen Augen anblickte, von dem vorangehenden Alten aber mit seinem Stock zurück getrieben wurde, datz er also sicher fort gehen fönte. Je weiter sie aber hinein kamen, ie Heller wurde es, bis sie endlich in eine grosse unterirdische Höle gelangten, allwo sieben alte Männer mit kahlen Köpfen an einem Tische sassen, welche, seinem Bedüncken nach, in einer tiefsinnigen Betrachtung begriffen wa­ ren, ohne datz einer zu dem andern ein Wort geredet hätte. Der alte Wegweiser blieb allhier mit dem Jäger gantz stille stehen, welchem die Haut allgemach mehr zu schauren begunte, bis ihm endlich jener ein

Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse Zeichen gab, daß er weiter mit ihm fort gehen möchte. Nachdem sie einen kurtzen unterirdischen Weg zurück geleget hatten, kamen sie zu einer eiser­ nen Pforte, an welche der Alte mit seinem Stabe anklopfte, worauf die­ selbe alsobald durch eine verhüllet« Jungfer aufgemacht wurde. Da sie hinein kamen, sahe der Jäger einen kleinen Sarg, um welchen auf allen vier Ecken blau brennende Lichter, zum Füssen aber und zum Haupt eine hell brennende Fackel stunde. Gleich bey ihrer Ankunft löschte die weise Jungfer dieselben aus, verließ den kleinen Sarg, und öffnete eine andre grosse Pforte. In der Mitte dieses Gemachs brennte nur eine grosse Lampe, welche alles, wiewohl mit sehr dunckelm Schein erleuchtete; Allhier zeigte ihm der Alte mit seinem Stock an beyden Seiten acht und zwantzig grosse Särge, in welchem männliche und weibliche Cörper lagen. Die weiss« Jungfer aber zündete bey der grossen Lampe ein kleines Licht an, führte den Jäger von einem Sarg zu dem andern, und wiese aus die blassen Angesichter der dort ruhenden Weiber, welche er zwar genau beschauete, keines aber davon erkennen fönte. Wiewohl er nun vor Grauen und Zittern gleichsam ausser sich selbst gesetzt war, muste er sich doch verwundern, wie alle diese Cörper in die unbekannte Höle hinein gekommen wären. Da sie also vor allen Cörpern nach der Reyhe vorbey gegangen, und an eine neue Pforte gelanget waren, verschwand die weise Jungfer vor ihren Augen; der Alte aber klopfte an, und die Thür wurde von einem annehmlichen Jüngling mit einem grünen Crantz um die Lenden geöffnet, welcher ein Helles Licht in der Hand hielt, und sie durch einen engen Gang in einen grossen Saal führte. Allhier fassen acht und dreyßig Personen mit blassen Angesichtern, unter welchem vier Weibs-Personen, deren eine noch sehr jung war, zu seyn schienen. Alle diese beobachteten ein tieffes Stilleschweigen, wie denn auch der Alte nicht das geringste Wort von sich hören ließ. Da nun der Jäger auch diese stille Versammlung mit angesehen hatte, winckte ihm der Alte, daß er ihm ferner Folge leisten möchte. Alsdenn kamen sie an eine rothe Thür, welche von dem Alten selbst aufgemacht wurde, und giengen dar­ auf durch eine lange Reyhe stehender Personen, welche alle Lichter in den Händen hatten, und theils weibliches theils männliches Geschlechts zu fein schienen. Von dem letztern meinte der Jäger zwey zu erkennen, und dünckte ihm nicht anders, als wenn er sie im Contrefait gesehen hätte. Dem ersten und letzten von diesen Personen gab der alte Weg­ weiser einen Kuß, worüber der Jäger ein Hertz faßte, und jenem mit diesen Worten anredete: Ich beschwere dich im Namen EOttes, weil du mich an diese unterirdische Örter gebracht hast, daß du mir sagest, wer alle diese sind, deren Gestalt du mir gezeiget hast, und ob ihnen von denen annoch lebenden einige Hülfe wiederfahren könne? Der Alte ant­ wortete mit gantz leiser Stimme: Du hast alle Bewohner dieses Schlosses von dem ersten Bau desselben angesehen, was es aber mit denselben und mit mir für eine Dewandniß habe, kan ich dir vorietzo nicht sagen, du wirst es aber selbst nach diesen erfahren; Gehe hier zu dieser Thür hin­ aus und gedencke an meine Worte. Hierauf öffnete der Alte eine kleine

Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse Thür, und nachdem er dem Jäger hinaus zu gehen befohlen, schloß er selbige wieder hinter ihm zu. Der gute Jäger Marx befand sich in einer dicken Finsterniß, und wüste nicht, wo er sich hin wenden solle; Wo er nur hin tappte, fühlte er nasse Wände, von welchem Angriff ihm eine schwere Feuchtigkeit an den Händen kleben blieb. Aus dem Geruch der­ selben tonte er leichtlich abnehmen, däß er noch in der natürlichen Welt seyn müfte, sintemal ihm der Salpeter-Geruch nicht anders muthmassen ließ, als daß er sich in unterirdischen Eewölbern befinden müfte. So wenig er nun wüste, wer sein Weg-Weiser in diesem Reiche der Toden gewesen wäre, so wenig sahe er ein Mittel, wodurch er eine Erlösung zu gemalten hätte, daß er daher vor Bekümmerniß weder Rast noch Ruhe hatte, und gleichwohl immerfort im Finstern weiter kroch, ob er etwa einen Ausgang finden möchte. Rach langer Bemühung kam er end­ lich an eine verfallene Stuffe von einer Treppe, woraus er muthmassen fönte, daß er in einem Keller oder andern unterirdischen Gewölbe stecken müfte; Es wurde auch diese seine Vermuthung durch eine kleine Däm­ merung bestärcket, welche von oben herab fiel und ihm Gelegenheit an die Hand gab, eine halb eingefallene Stiege, wiewohl nicht ohne Gefahr, hinauf zu klettern. Wie er nun also der Finsterniß in etwas entgangen, so bekam er immer mehr Hoffnung, die obere Luft wieder zu erreichen, welches ihm auch endlich nach vielfältigen hin und her irren geglücket, inmassen er aus einer unbeschreiblichen liesse über sich einer Öffnung gewahr wurde, durch welche er die Sterne am Firmament erblicken tonte. Mittlerweile aber, da er diese ihm zugestoßene Begebenheit bey sich selbst überlegte, wurde er durch das unvermuthete Rauschen eines quillendem Wassers in seinen Eedancken gestöhret, und bemerckte mit Er­ staunen, daß ein sehr starcker Strick, welcher eines Armes dicke hatte, vor seinem Gesichte hienge; woraus er so viel abnehmen tonte, daß er auf dem Grunde der grossen Cisterne, welche hinter dem Schlosse stehet, sich befinde. Es hatte aber mit derselben diese Bewandniß, daß ein grosses Rad muste getrieben werden, wenn man das Wasser daraus in die Höhe ziehen wolte; daher dieser Jäger, so oft er zu seiner Rothdurft Wasser gebrauchet, allezeit einen guten Freund aus dem unten am Berge lie­ genden Dorffe zu Hülfe nehmen müssen. Er sahe also anietzo gar leicht, daß er nicht anders als auf solche Art und mit lanberet Leute Hülfe aus dieser Gefahr tönte errettet werden. Er griff inzwischen hin und wieder um sich herum, und bekam unterschiedliche Arten von Kräutern in die Hände, wovon er unter andern die so genannte Brunn-Kresse, wie auch Eapillum Beneris gar deutlich erkennen tonte, und welche in dieser Roth ihm zur Nahrung dienen mustert. Ob er nun gleich in diesem Abgrunde nicht wissen tonte; wie es eigentlich an der Zeit war; so ist er doch nach seiner Rechnung, welche hernach rüchtig eingetroffen, 5. Tage und Nächte in einer Neben-Ecke von diesem Wasser-Behältniß, woraus die Quelle ihren Zufluß bekommt, sitzen blieben. Endlich vernahm er durch einen grossen Wiederschall, daß oben bey der Öffnung Leute redeten, ja er tonte so gar die Stimme seiner Frau und zweyer bekannten Freunde

Die Unterwelt unter betn Kotscher Schlosse gantz -deutlich unterscheiden. Weil er nun hörte, daß sie zum Wasserziehen Anstalt machten, fieng er zwar mit Heller Stimme an zu ruffen, merckte aber gar bald, dah dieselbe nicht zulänglich war, so wohl wegen der ungemeinen Höhe, als auch wegen des rauschenden Wassers, die feuchte Luft zu durchdringen, daher er seine gantze Wohlsarth auf einen glück­ lichen Zufall muste ankommen lasten. Er sahe nunmehr den grossen Wasser-Eymer allgemählig herunter kommen, welchen man mit Wasser angefüllet wieder in die Höhe ziehen wolle. Da nun dieser aus der Tieffe des Wassers herfür ragte, schüttete er die Helfte desselben aus, fetzte sich in EOttes Namen auf den Rand des Eymers, und ließ sich dergestalt in die Höhe ziehen. Damit aber die Seinigen durch seine unverhoffte An­ kunft nicht möchten erschrecket werden, rieft er unweit von der Mundung der Cisterne seine Frau bey Namen, welche anfänglich nicht wüste, was es zu bedeuten hätte, und die Stimme ihres Mannes aus der Höle nicht eigentlich entscheiden tonte Sie sahe sich dieserhalb hin und wieder um, ob sie etwa erforschen mögte, wer ihr zugeruffen hätte, da indessen der Jäger Marx samt dem Wasser-Eymer aus dem Brunnen in die Höhe kam. Wiewohl, Sie tonte ihn anfangs nicht einmal erkennen, allermasten er wider seine Natur eine blasse Toden-Farbe hatte, auch sein schwartzes Haar so weiß, wie der Schnee anzusehen war. Nachdem sie ihm nun von dem Eymer herunter geholfen, da inzwischen die beyden Freunde das Rad wieder befestigten, so wüste sie vor Verwirrung nicht, ob sie ihn eher fragen solle, wo er diese Zeit über gewesen? oder ob sie ihn ver­ kündigen solle, daß sein ü.jähriger Knabe in seiner Abwesenheit plötz­ lich gestorben, und bereits vor vier Tagen wäre begraben worden. Der gute Jäger fieng sich hierbey an so wohl auf das Gesichte zu besinnen, welches er oben auf dem Berge gehabt, als auch auf den Anblick unter der Erde, da er 5. Lichter brennen, und das 6te durch die weiste Jungfer auslöschen gesehen, inmassen er dafür hielt, daß dadurch seines Kindes Tod, und durch das sechste Licht das sechste Jahr von dem Alter desselben wäre angedeutet worden. Er hielt aber mit diesem Eeheimnih noch an sich, und machte sich ein Bedencken, seinem Weibe den eigentlichen Ver­ laufs seiner Reise zu erzehlen. Nachdem er -aber in einigen Tagen durch gute Verpflegung seine Leibes-Kräfte wieder bekommen, machte er sich in seinem neuen Aufputz auf den Weg, und gieng gerades Weges zu dem damals regierenden Fürsten Rudolph von Auersberg. Demselben entdeckte er mit allen Umständen alles dasjenige, was ihm begegnet war, welches bey diesem Herrn um so vielmehr Bestürtzung erweckte, da er vernahm, daß der Todes-Fall besagten Knabens mit gewissen Um­ ständen der Erscheinung überein kam. Gleichwohl wusle man nicht, wie man dieses wunderbare Gesichte ausdeuten solle, ob es gleich das An­ sehen hatte, als wenn es von denen vergangenen Zeiten, und von den Vorfahren dieses Fürstlichen Hauses zu verstehen wäre. Damit man aber zum wenigsten einige Nachricht und mehrere Versicherung in dieser Sache erlangen möchte, führte man den Jäger Marx auf den grossen Saal zu Tschernembel, allwo der Fürst zu der Zeit residirte. Man wiest ihm

Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse — Margaretha Maultasch unterschiedene Contrefaite der Vorfahren und Besitzer des Schlosses Kölsche, da er denn auf zwey derselben gar eigentlich mit dem Finger wieß, und mit hohen Betheurungen versicherte, daß er die Gestalten der­ selben unter den übrigen in dem unterirdischen Reich gesehen hätte. Es hat sich der damalige Pfarrer in der Stadt Kölsche, Johann David Purcker, als ein in den Alterthümern sehr erfahrner Mann detzfalls viel Mühe gegeben, um eine genaue Auslegung von dem Gesicht dieses Jä­ gers zu entwerfen, wie er denn in den alten Jahr-Büchern und Archiven dieser Familie nachgesuchet, wer dieses Schloß zuerst bewohnet, und den Grund zu dem Bau desselben geleget habe? Unter andern meinet er, weil diese Gegend ehemals ein grosser Wald gewesen, in welchen sich niemand als nur Kohlen-Brenner aufgehalten, daß vielleicht durch die sieben kahl-köpfigte Männer, die nach ihrer Arbeit im Grabe ruhenden Köhler zu verstehen wären. Auch hat er die nach Erbauung des Schlosses auf einander gefolgte Familien nach der Reihe durchgehen, und mit des Jägers gehabtem Gesichte vergleichen wollen. Allein weil dieser Mann vor Vollendung solches Wercks selbst durch den Tod übereilet, und in die allgemeine unterirdische Versammlung versetzet worden; so ist diese von ihm versprochne Erklärung zurück geblieben, welches desto mehr zu bedauren ist, weil man daraus von diesem erfahrnen Mann sich eine nütz­ liche Erläuterung solcher verborgenen Geheimnisse hätte versprechen kön­ nen. Ich kan also keine weitere Nachricht hiervon geben, die Geschichte aber wird bey der angeführten Jäger-Familie gleichsam mit der ersten Milch auf die Kinder und Nachkommen sortgepflantzet, wie sie denn auch dieselbe denen fremden, welche wegen des Alterthums dieses Schloß in Augenschein nehmen, gar artig in ihrer Mutter-Sprache zu erzehlen wissen, übrigens aber versichern sie einhellig, daß auf dem gantzen Schlöffe nicht die geringste Unruhe zu spüren sey, ausser daß in den ober­ sten verfallenen Zimmern sich dann und wann häufige Lichter sehen liessen. 142. Margaretha Maultasch Schloß Tyrol liegst oberhalb der Stadt Meran, und war ehmals die Residenz der Grafen von Tyrol, vorietzo aber lieget dasselbe wüste, und wird zur Erhaltung einiger darauf befindlichen Antiquitäten von einer alten Familie, deren Haupt den Titel eines Verwalters oder viel­ mehr Amtmanns führet, annoch bewohnet. Auf diesem Schloß ist von vielen Jahren her nichts gemeiner, als daß ein gewisses Gespenst in einer altväterischen Weiber-Tracht mit einem Schleyer aus dem Haupt und mit einem breiten Schwerdt umgürtet sich sehen läst, welches letztere sie auch zu gewissen Zeiten entblösset in der Hand getragen, und von vielen Menschen in diesem Aufzug ist erblicket worden. Wiewohl sie also zu unzehligen malen erschienen ist, so will ich doch vor dieses mal nur die merckwürdigste Erscheinung von derselben anführen. Der Verwalter dieses Schlaffes, welcher aus einer adelichen Familie herstammet, verheyrathete sich im vorigen Seculo, seinem Stande gemäß, mit einem

Margaretha Maultasch Fräulein, welche den Namen Margaretha führet«, und wurde auf dem Ritter-Eut ihrer Eltern mit derselben getrauet. Da er nun in Beglei­ tung ihrer Anverwandten diese seine Braut auf das alte Schloß Tyrol hinein führte, um das Beylager allda zu vollziehen, kanten alle An­ wesende wegen Mangel der benöthigten Zimmer nicht gehörig bewirthet werden. Weil ihnen auch über dem die gemeine Sage von der erscheinen­ den Frau Margaretha bekannt war, beschlossen die eingeladenen Gäste auf dem so genannten hertzoglichen Saale, wo sie vorhin gespeiset, und getantzet hatten, ihr Nacht-Lager zu nehmen, da hingegen das neue Braut-Paar sich in einer nahe daran stossenden alten Stube, so das Herren-Zimmer genennet wird, zur Ruhe verfügte. Kaum hatten diese das Braut-Bette bestiegen, als sich die grosse Saal-Thür öffnete, alle Gäste wurden aus dem Schlaf wieder erwecket, und hörten ein großes Getöse und Lauffen durch den gantzen Saal, wiewol sie nicht das ge­ ringste zu Gesichte bekamen. Sie vermerckten indessen gar deutlich, daß der Laufs dieser unsichtbaren Person auf das Zimmer der neu vermähl­ ten gerichtet war, und daß die Thür mit einem Geräusch aufgerissen wurde. Gleich darauf hörten sie ein grosses Geschrey von der Braut und Bräutigam erschallen, welche beyde in bloßen Hemden aus dem Bette gesprungen waren, und für Schrecken nicht wüsten, wo sie sich hin wen­ den sollen. Die sämtlichen Gäste wurden hierdurch bewogen, ihr Lager zu verlassen, und waren nur bemühet, diesen geängstigten Personen Hülfe zu leisten, welche sie halb tob und in solchem Zustande antrafen, daß sie ihren gehabten Zufall anfänglich nicht einmal entdecken kanten. Nachdem sie sich aber in etwas erholet, erzehlten sie der übrigen Ge­ sellschaft, daß das Gespenst nemlich die so genannte Margaretha, mit aufgehobenen Schwerdt auf ihr Bette laß gegangen, und dergestalt auf sie hineingehauen, daß der Bräutigam nicht anders geglaubet, ats daß durch den geführten Hieb seiner Braut der Kopf von einander gespalten wäre. Hier war nun kein andrer Rath übrig, als daß das neue EhePaar, und die sämtlichen Hochzeit-Eäste die Nacht bey einander wachend hinbringen, und den Anbruch des Tages unter Furcht und Zittern er­ warten musten; des folgenden Tages aber wurde beschlossen, die in der nahgelegenen Stadt Meran befindliche Geiistlichkeit desfalls um Rath zu fragen, welche sich denn auch willig finden ließ, und verordnete, daß zwey sehr fromme Männer aus dem Capuciner-Clofter sich auf das alt« Schloß verfügen, das Ehe-Bette einweyhen, auch die darzu erforderten Ceremonien und Exoreismos verrichten falten. Diese wurden inzwischen nebst den übrigen Gästen mit zur Mahlzeit gezogen, und liessen sich die leiblichen Ergetzlichkeiten, welche dieser Tag mit sich brachte, gefallen, weil eher in der Sache nichts vorzunehmen war, bis die gewöhnliche Eeister-Stunde anzubrechen begunte. Alsdenn nahmen diese zwey Capuciner die beyden neuen Eheleute mit sich alleine in das beunruhigte Schlaf-Zimmer, ermahnten sie zu dem Gebet Tobiä, welcher ebenfalls nebst seiner Frau Sara in solche Versuchung gerathen, und da sie eine Zeit lang mit einander inbrünstig gebetet, stunden sie insgesamt auf, die

Margaretha Maultasch beyden Capuciner nahmen das Braut-Paar in die Mitte, und er­ warteten die Ankunft des Geistes. Zugleich aber hatten sie alles ver­ anstaltet, den Geist, wenn er etwa wider Verhoffen ausbleiben solle, mit dem Exorcismo zu zwingen. Allein es waren wenig Minuten ver­ flossen, so hörten sie eben ein solches Geräusch, wie in der vergangnen Nacht, welches immer näher und näher zu ihnen käme. Das Gespenst gieng wieder gerade auf das Schlaf-Zimmer lost, öffnete die Thür und stellte sich mit blanckom Schwerdt in der Hand für ihren Augen dar, worauf einer von den Capucinern nach einem kurtzen Exorcismo fol­ gende Fragen an den Geist ergehen ließ: Warum er dieses Schloß be­ unruhige? Weßwegen er als ein Weibes-Bild ein blosses Schwerdt führe, und aus was für Ursachen er diesen neuen Ehe-Leuten Gewalt anzuthun, und sie zu kräncken sich unterstanden? Der Geist antwortete auf die erste und andre Anfrage nichts, da ihn aber der Capuciner zum dritten male im Namen der heiligsten Dreyfaltigkeit anredete, ließ sich derselbe folgender Massen vernehmen: Ich heisse Margaretha und bin Beherrscherin dieses Schlosses, leide auch keine andre Person in diesem Becirck, die meinen Namen führet; Gieb dir nur keine Mühe, mich aus meinem Sitz und Wohn-Platz zu vertreiben, weil ich von EOtt hteher verordnet bin ein ander Gerichte abzuwarten. Mit diesen Worten ver­ schwand sie und ließ das in Händen habende Schwerdt auf die Erde fallen, welches von eben diesem Eapuziner aufgehoben wurde. Dessen ungeachtet trugen die neuen Eheleute kein Belieben, allein zu bleiben» sondern liessen sich gern gefallen, auch diese Nacht mit der übrigen Ge­ sellschaft ohne Schlaff hinzubringen. Das Schwerdt, welches der Geist zurück gelassen, war von derjenigen Art, wovon eine grosse Menge in der alten Rüst-Cammer dieses Schlosses anzutreffen, allwo dasselbe auch noch diese Stunde gezeiget wird. Nach langer Überlegung hielten die neuen Ehe-Leute für rathsam, diese Wohnung gar zu verlassen, zumalen der Geist ihnen deutlich genug zu verstehen gegeben, daß er eine Person, die gleichen Namen mit ihm führte, durchaus nicht auf dem Schloß ver­ tragen tönte. Es hat sich auch dieser Edelmann um so viel leichter entschliessen können, seiner Geliebten zu Gefallen das alte Berg-Schloß zu verlassen, da ihm die Verwaltung desselben weiter keinen Vortheil ge­ bracht, als daß er sich rühmen tönte, diejenige Herrschaft zu besitzen, welche das angeführte Gespenst, oder die Frau Margaretha noch bey ihren Leb-Zeiten hat abtreten müssen. Wenn du nur erst, lieber Freund, die Umstände dieses Geistes, und wer derselbe gewesen, erfährest, so wird sich deine Verwunderung wegen dieser Begebenheit allmählig verlieren. Es ist dieses eben die beruffne Margaretha Maul-Tasch, von welcher die Einwohner durch gantz Cärnthen, und auf verschiedenen in der Gegend gelegenen Schlössern so viel Wesens machen, so gar, daß, wenn nur etwas von Gespenstern geredet wird, diese Margaretha alles muß gethan haben. Ich will dir vorietzo nur diejenige Erscheinung von ihr erzehlen, um deren willen man der Orten die Kinder mit ihrem Namen zu schrecken pfleget. Sie war in

Margaretha Maultasch — Das Dessauer Familienkleinod ihrem Leben diejenige Margaretha von Cärnthen und Tyrol, welche den Weiber-Rock gleichsam abgeleget, und die Männer-Hosen angezogen hatte, wie denn aus der Historie bekannt ist, daß sie manche Stadt in eigner Person mit dem Degen in der Faust bestürmet, erobert, angezündet und viel unschuldiges Blut vergossen habe. Da sie also bey Leb-Zeiten dergestalt wieder ihre Unterthanen und andre Menschen gewütet, so darf man sich auch nicht wundern, daß der Affect des Hasses annoch nach dom Tode sich in ihrer empfindlichen Seele äussere. Wer nur das Leben dieser Tyrannin liefet, der kan gar leicht den Schluß machen, wie der­ selben Abfarth von der Welt beschaffen gewesen, und was für eine Rei­ nigung sie nach ihrem Tode auszustehen habe. Wenn ich dir alles erzchlen solle, was in besagter Gegend von diesem Gespenste berichtet wird, so tönten wir damit eine gantze Unterredung anfüllen. Unter andern dürfen die Clagenfurter nach der gewöhnlichen Bet-Elocke nicht mehr in das Zeug-Hautz gehen, worinnen der Harnisch und Pantzer dieser Mar­ garetha verwahret wird, wenn sie anders ihren Vorwitz nicht mit der­ ben Maulschellen wollen belohnet sehen. Bey dem grossen Brunnen auf demjenigen Platz, wo der ungeheure aus Ertz gegossne Drache stehet, siehet man sie zu gewissen Zeiten auf einem bündeln rothen Pferde reiten. Rechst diesem sind manche Hirten, welche auf dem Felde unter dem festen Schlotz-Osterwiz ihre Heerden geweidet, so bald sie an ein gewisses allda stehendes Gerüste gekommen, mit einer Peitzsche dergestalt emp­ fangen worden, daß sie bey nahe des Aufstehens darüber vergessen hät­ ten. Man hat deswegen gewisse Zeichen an selbigen Orten ausgeredet, welche schon von langen Zeiten her von den Hirten beobachtet worden, und haben sie sich mit allem Fleiß gehütet, das Vieh über dieselben nicht hinaus zu treiben. Und obgleich in derselben Gegend die beste Weide an­ getroffen wird und das beste Eratz wächtzt; so mutz man sich doch wun­ dern, daß das Vieh von sich selbst einen Abscheu davor hat, und von unwissenden Hirten kaum mit der grösten Mühe auf gedachte Stelle zu bringen gewesen. Gleichwie nun dieser Geist gleichsam eine allgemeine Land-Plage gantzer Landschaften zu nennen ist, auch so gar das Vieh an denjenigen Orten, wo sie bey ihren Leb-Zeiten gewesen, nicht dulden will; also stehet leicht zu erachten, daß sie in demjenigen Schlosse, welches ehemals ihre Fürstliche Residentz gewesen, und ietzo vielleicht ihr zur Strafe dienen mutz, gar wohl eine Hüterin der halb verfallenen Mauren abgeben könne. Eben so wenig darf es dich befremden, daß sie keine Neben-Regentin, welche gleichen Namen mit ihr führet, auf demselben leiden will. 143. Das Dessauer Familienkleinod

Es hat vor vielen Jahren eine Fürstin zu Anhalt in der Fürstlichen Residentz zu Dessau die Gewohnheit gehabt, daß sie unter währender Schwangerschaft zuweilen in ihrem Gemach alleine gespeisset, und nach gehaltener Tafel, die auf der Serviette gesammlete Brocken aus dem Schlotz-Fenster schütten lassen. Unter demselben hat sich allezeit eine

Das Dessauer Familienkleinod grosse Kröte gezeiget, welche die hinaus geworffenen Brocken mit grosser Begierde aufgefressen. Einige Zeit hernach, da hochgedachte Fürstin, sich bey ihrem Gemahl des Nachts im Bette befunde, soll ein unbekanntes Weibes-Bild mit einer Laterne in der Hand zu ihr vor das Bette ge­ kommen seyn und zu ihr gesagt haben: Ihre Frau Kröte danckte sehr fleißig vor die Brocken, so sie unter der Fürstin Fenster genossen, und schickte ihr zum Zeichen ihrer Erkänntlichkeit diesen Ring, welchen sie wohl bewahren, und Sorge tragen möchte, daß er allezeit bey dem Fürst­ lichen Hause verbliebe. Geschähe dieses, so würde es denen Angehörigen des Hauses Anhalt wohl gehen, und der Stamm desselben niemals aus­ sterben. Man solle auch alle Christ-Nacht in diesem Schlosse fleißige Aufsicht auf das Feuer haben, weil solches leicht zu derselben Zeit in Brand gerathen, und gantz und gar abbrennen würde. Nun ist es zwar dem Hoch-Fürstlichen Hause selbst nicht eigentlich bewust, was dieses vor eine Fürstin von Anhalt gewesen, noch auch, zu welcher Zeit sich solches zugetragen habe, gleichwohl aber ist diese Tradition iederzeit für un­ fehlbar und gewiß angenommen worden. Der Ring aber, welcher als ein Zeichen noch vorhanden ist, bestehet, der Materie nach, aus einer Art von Golde, dessen Werth ohngefehr zwischen Cronen und DucatenEolde gehalten wird. An der Farbe siehet er etwas bleich, und ist unten etwas schmaler und offen, oben aber ziemlich breit, allwo auch drey Diamanten eingefasset sind. An diesen bemercket man, daß sie etwas alt und nicht gar zu wohl polieret; was aber die Figur derselben anbetrift, so sind die beyden auswendigen dreyeckicht, der mittlere aber länglich­ viereckt anzusehen. Daß nun diese alte Tradition bey dem Hoch-Fürst­ lichen Hause für kein erdichtetes Mährlein gehalten werde, ist daraus ohnschwer abzunehmen, weil der Verordnung des erschienenen Geistes bis auf diese Stunde gar sorgfältig nachgelebet wird. Es wird nemlich alle Christ-Abend das Feuer auf dem Schlosse, in den Gemächern der Be­ dienten mit einbrechender Dämmerung, in dem Fürstlichen Zimmer aber gegen 8. Uhr ausgelöscht, auch muß zu mehrerer Vorsicht der Hauß-Voigt, in Begleitung verschiedener Hof-Bedienten bis nach Mitternacht gegen 3. Uhr durch alle Gemächer patroulliren gehen. Daß aber diese Tradition, ihrem Ursprung nach, nicht gar zu alt seyn müsse, erhellet daher, weil, nach Aussage der Chronicke, das Fürstliche Schloß A. 1467. völlig in di« Asche geleget worden, indem sonst die Ermahnung das Feuer in Acht zu nehmen würde seyn vergebens gewesen, auch der Ring zugleich mit seyn verloren gegangen. Daher vielmehr zu vermuthen, daß sich die erzehlte Begebenheit nach der Zeit zugetragen, und die Absicht davon diese ge­ wesen, daß künftig hin dergleichen Unglück verhütet werden, und die auf dem Fürstlichen Schloß wohnende behutsamer mit dem Feuer um­ gehen möchten. Wir wissen ja aus der alten Historie, daß ein gewisser Sächsischer Ab­ gott, Krodo genannt, unweit Goslar auf der Vestung Hartz-Burg, in der Gestalt eines alten Mannes vorhanden gewesen. Es hat derselbe auf einem Fisch gestanden, und in der rechten Hand einen Korb mit Früch-

Das Dessauer Familienkleinod - Wein in seiner Haut ten, in der linden aber etwas wie einen Ring oder Rad gehalten. Dieser ist von den heydnischen Völckern als ein GOtt verehret worden, auch hat das Sächsische Scheit-Wort Kröte, wie einige dafür halten, daher seinen Ursprung. Denn als Carolus Magnus die Sachsen gefraget, was es mit ihrem Krodo für eine Bewandniß hätte? haben sie einhellig geruffen: Krodo ist GOtt, worauf ihnen Carolus in Eyfer geantwortet: Ist Krodo euer GOtt? Krodo ist der Teufel. Alsdenn ist solches Eötzen-Bild auf des Käysers-Befehl zerstöhret, und der Dienst desselben aufgehoben wor­ den; Inzwischen ist daher das Rieder-Sächsische Sprüchwort: der KrodenDüvel entstanden, und endlich nichts mehr als Kröte übrig blieben. Hieraus solle man fast vermuthen, ob nicht vielleicht dieser Abgott Krodo zu dem berühmten Ringe auf dem Schloß zu Dessau Gelegenheit gegeben, und sich geliiisten lassen, seinen alten Sitz und die benachbarten Landschaften noch einmal zu besuchen. Könte es denn nicht seyn, daß er unter angenommenen Namen der Frau Kröte bey dem Zusammenfluß der Elbe und Mulde das verrostete Andencken seines ehemaligen An­ sehens wiederum erneuern wollen? 144. Wein in seiner Haut

In der Grafschaft Tyrol liegt ein bekanntes Berg-Schloß Saturn ge­ nannt, welches iedweden Vorbey-reisenden starck in die Augen fällt; auch brauchen diejenigen, welche Antiquitäten zu besehen Lust haben, keine große Mühe diese angenehme Höhe zu besteigen. Bon demselben Schloß erzehlen die benachbarten Einwohner allerhand wunderbare Dinge, wovon ich aber nur dasjenige, was mir am merckwürdigsten ge­ schienen, anführen will. Im Jahr 1688 gieng ein Bürger, Christoph Pazeber genannt, von St. Michael einem Flecken, nach dem Städtlein Salurn in seinen Verrichtungen, und weil es eben um die MittagsStunde war, kam ihm eine Begierde oder vielmehr Vorwitz an, dieses alte Gebäude zu betrachten. Nachdem er aber sich ein wenig in den obern Theilen desselben umgesehen, kam er von ohngefehr zu einer unter­ irdischen Treppe, welche er, weil sie gantz helle schien, auch in Augen­ schein nehmen wolle. Er stieg also hinunter und gelangte in einen grossen Keller, allwo er an beyden Seiten sehr grosse Fässer stehen sahe. Er hatte hier keines Lichts vonnöthen, sondern konte durch den herein­ fallenden Sonnenschein gar eigentlich zehlen, daß es 18. Gefäße waren, deren iedwedes, seinem Bedüncken nach, 50. Irren, nach dasigem Maaß, halten möchte. Die zwey vordersten Gefäße waren mit gehörigen Hähnen nebst einem davor stehenden Gefäß versehen, daß einem sonst durstigen Bruder weiter nichts als ein Trinck-Geschirr zur Abkühlung seiner Leber gefehlt hätte: Diesem Bürger nun kam eine Lulst an, den Wein aus diesen Fässern zu kosten, drehete deßwegen den Hahn auf, und wurde mit Verwunderung gewahr, daß wircklich Wein wie öl, in das darunter stehende Gefäß herausfloß. Er machte sich kein Bedencken davon zu ge­ nießen, und fand einen solchen Wein, dergleichen er Zeit seines Lebens

Wein in seiner Haut nicht getruncken hatte; Nur bedauerte er, daß er kein Geschirr bey sich hätte, um seinem Weibe und Kindern etwas davon mit nach Hause zu bringen. Inzwischen gedachte er bey sich selbst, weil doch insgemein von diesem Schloß die Rede gienge, daß es manchen Menschen unschuldiger Weise reich gemachet habe, ob es nicht angienge, daß ihm dieser ge­ fundene Wein zu Theil würde. Er sann dahero hin und her auf Mittel, wo er denselben hinthun oder vielmehr, wie er ihn nur erst nach Hause bringen möchte. Nachdem er nun einen guten Trunck aus dem vorgedach­ ten Trauff-Faß zu sich genommen, setzte er seinen Weg nach dem Städtlein Salurn fort, und kaufte sich nach vollbrachten Geschäften zwey grosse irdene Flaschen, nebst einem Trichter, mit welcher Eeräthschaft er sich noch vor Untergang der Sonnen auf das Schloß verfügte. Er fand da­ selbst alles in voriger Ordnung, und machte ungesäumt den Anfang, seine Flaschen, welche ohngefehr zwantzig Maaß in sich faßten, mit Wein anzufüllen. Wie er mit seiner Arbeit fertig war, und mit der gantzen Ladung den Keller verlassen wolte, sahe er bey der Treppe 3. alte Män­ ner an einem kleinen Tische sitzen, welche eine schwartze mit Kreide sehr beschriebene Tafel vor sich hatten. Der gute Bürger war nicht willens, diesen unterirdischen Wirthen auf seine Rechnung etwas abzuborgen, sondern hätte seine Flaschen gerne niedergesetzt und im Stiche gelassen, wenn er nur mit Manier wieder aus dem Keller entwischen können. Er wüste daher für Angst nicht was er anfangen folte, zumahlen er keinen Sprung zum Ausgang des Kellers wagen durfte, ohne einen von diesen Aufsehern übern Haufen zu flössen. Endlich sahe er in dieser Noth kein ander Mittel vor sich, als durch ein inbrünstiges Gebet sich zu EOtt zu wenden, daß er ihn aus dieser Gefahr erretten möchte. Hierbey fiel ihm ein, ob es nicht etwa dienlich sey, diese Herren des Kellers um Ver­ zeihung zu bitten, und dieselben anzuflehen, daß sie ihn seinen Weg möchten weiter nehmen lassen. Nachdem er solches gethan, fieng einer aus diesen dreyen mit einem alt-väterischen Bart, welcher ein ledernes Mützgen auf dem Haupt, und einen langen schwartzen Rock anhatte, folgender massen anzureden: Komm, so oft du willst, so solst du allezeit bekommen, so viel dir und den Deinigen nöthig ist. Hierauf verschwand das gantze Gesicht, und der Bürger sahe sich im Stande, seinen Weg un­ gehindert fortzusetzen, wie er denn auch glücklich mit seiner Beute nach Hause kam, und seinem Weibe erzählen tonte, was ihm begegnet war. Diese bezeigte zwar anfänglich einen Abscheu, von solchem Wein zu tvincken, da sie aber sahe, daß ihr lieber Hauß-Wirth sich nach HertzensLust mit diesem edlen Safte erquickte, machte sie sich endlich auch kein Bedencken, zum Merck zu groisfen, und fehlte wenig, daß sie nicht, wegen Annehmlichkeit dieses Trancks, ihrer Eutthäter Gesundheit getruncken hätte. Nächst diesem gab er auch allen seinen Hausgenossen davon zu kosten, weil er die Versicherung hatte, zu seiner und der ©einigen Nothdurst allezeit mehr zu bekommen. Es ist solches auch nach der Zeit wircklich erfolget, und so oft er mit seinen zwey irdenen Gefäßen hinauf ge­ gangen, hat er selbige wiederum mit Wein angefüllt bekommen. Dieses

Wein in seiner Haut Wein-hohlen hat er ein gantzes Jahr fortgesetzet, ohne daß er einen Heller für so kostbaren Tranck ausgegeben, welcher von solcher Art ge­ wesen, daß man denselben ohn Bedencken teuf die Käyserliche Tafel hätte setzen können. Es fügte sich aber einmal, daß ihn 3. von seinen Nach­ baren ohngefehr besuchten, da er ihnen denn von seinem Enaden-Tranck eins zubrachte, welche sich denselben wohl schmecken liessen, und nicht begreiffen kanten, wie sie zu einem so vortreflichen Eetränck kämen, der­ gleichen in der gantzen Gegend nicht anzutreffen war. Sie schöpfften daher von ihrem Nachbar heimlich den Verdacht, daß er vielleicht durch­ reisende Fuhr-Leute mit solchen Weinen beherberget, und statt der Be­ zahlung etwas von ihrer Ladung bekommen, oder wohl gar jenen un­ wissend zurücke behalten hätte. Wie es nun insgemein zu geschehen pfleget, daß die nächsten Nachbarn auch die nächsten Feinde sind: Also muste er des folgenden Tages dieses in der That erfahren, indem er wider alles Vermuthen nebst Weib und Kindern auf das Rathhaus citiret wurde. Allda ward er nun ernstlich befraget, woher er so kost­ baren Wein bekommen hätte? Und ob er wohl voraus sahe, daß es mit seinem Wein-hohlen ein Ende haben würde, sahe er sich doch genöthiget, die gantze Begebenheit der Obrigkeit zu entdecken. Der Rath dieses Fleckens erstaunte über seiner Erzehlung, nochmehr aber über die WeinSorte selbst, nachdem der Rest von dem Schmause des vorigen Tages, als ein vermeintes Corpus delicti aufs Rath-Haus gsholet worden. Sie bezeugten insgesamt einhellig, daß sie im gantzen Lande dergleichen Wein nicht aufzutreiben wüsten, und muften gleichwohl den Bürger, nach eydlicher Bestärckung, ungehindert nach Hause gehen lassen. Weil sie nun dieses herrlichen Trancks sich gerne weiter bedienet hätten, leg­ ten sie dem Bürger auf, daß er mit seinen zwey Flaschen wiederum den vorigen Weg nehmen möchte. Allein wie er auf dem alten Schloß an­ gekommen, fand er nicht nur keine Treppe, noch auch einige Merckmahle eines Kellers, sondern er wurde noch darzu durch eine unsichtbare Ge­ walt dermassen geprügelt, daß er halb-tod zwischen den verfallenen Mauren liegen blieb. Weil er nun allein gegangen war, hatte er von keinem Menschen einige Hülfe zu erwarten, daß er also nicht anders gedachte, als daß er diefelbige Nacht daselbst aushalten müste. Kaum war die erste Abend-Dämmerung vorbey, und die dunckle Nacht begunte bereits einzubrechen, als er, seinem Bericht nach, gar abentheuerliche Dinge zu sehen bekam, welche wohl nicht aus einer bloßen Phantasie herrühren konten. Da er nemlich in gröster Schwachheit auf der Erde lag, erblickte er in einer Tiefe den vormals gefundenen Keller, nebst der vorigen Reihe derer Wein-Fässer; und die 3. obberührten alten Männer sassen, und machten bey dem Schein eines hellen Lichts eine wichtige Rechnung mit der Kreide, ohne daß sie das geringste Wort von sich hören liessen. Endlich wischten sie alle Ziffern aus, zogen an statt derselben über die gantze Tafel ein grosses Creutz mit der Kreide, und legten alsdenn besagte Tafel auf die Seite. Hiernechst stund einer aus ihnen auf, und öffnete 3. Schlösser einer eisernen Thür, da denn der

Wein in seiner Haut — Die Aschentöpse von Schloß Wolsfsberg

gute Bürger ein sehr starckes Geräusche von Gelde hörte, wiewohl ihm vermuthlich die Begierde etwas davon zu bekommen ziemlich mag ver­ gangen seyn. Bald darnach kam eben derselbe alte Mann auf der andern Seite durch eine steinerne Treppe zu ihm herauf, und zahlte ihm 30. alte Thaler in dem nächst bey ihm liegenden Huth, ließ aber dabey nicht das geringste Wort oder Laut von sich höron. Hierauf verschwand das gantze Gesicht vor seinen Augen, und da er in noch grösserer Verwirrung eine gute Weile gelegen, hörte er die Uhr in dem Städtlein Saturn eilfe schlagen. Weil er sich nun auf seine Kräfte verlieh, kroch er auf allen vieren zwischen den alten Mauern herfür, vergaß aber nicht seinen Huth nebst dem Gelde zugleich mit fortzuschleppen. Er war aber kaum auf die erste Höhe gelanget, als er eine gantze Leichen-Proceßion mit ordent­ lichen Lichtern für sich hinunter wallen sahe. Dieser Anblick verursachte bey ihm ein so viel grösseres Schrecken, weil er gar zu gewiß versichert war, daß vorietzo keine lebendige Menschen ausser ihm sich in dieser Ge­ gend befinden tönten. Er machte daher den Schluß, daß dieses LeichenGepränge seiner eigenen Person den Tod bedeuten müsse. Indessen rutschte er gantz langsam, so gut er tonte, von dieser Höhe auf die ge­ meine Land-Strasse herunter, und wartete daselbst auf eine Gelegenheit, durch welche er, wegen entgangener Leibes-Kräfte sich tönte nach Hause bringen lassen. Da er nun daselbst, wiewohl mit Zurücklassung seiner beyden Flaschen, angelanget, und den gantzen Verlaufs dessen, was ihm begegnet war, erzehlet hatte, tonte sich der Rath des Orts über eine so ausserordentliche Begebenheit nicht genug verwundern, insonderheit, da sie aus dem mitgebrachten alten Gelde erkannten, daß ihm solches von keiner oberirdischen Hand gegeben sey. Sie schickten demnach des folgen­ den Tages 8. behertzte Männer an besagten Ort, welche zusehen sollen, ob von diesen Dingen noch einige Spuhr anzutreffen wäre. Allein die­ selben funden nicht die geringsten Merckmale, von demjenigen, was der Bürger erzehlet hatte, ausser daß sie die zwey Flaschen, welche an einer Ecke des alten Gebäudes beysammen lagen, ansichtig wurden: Sie nah­ men diese mit sich, sahen aber gar leicht, daß ihrem Mitbürger mehr, als ihnen sey boschehrt gewesen. Dieser Mann starb nach zehn Tagen, welche Zahl vielleicht durch das gemachte grosse Creutz war angedeutet worden, und hat er also damit die genossene Wein-Zeche für sich und sein gantzes Haus bezahlen müssen. Jedoch war das beste bey der Sache, daß die Geister diesem guten Bürger so viel Geld mit gegeben, daß die seinigen wegen der Leich-Unkosten sich keine Sorge machen dürffen. Die obbemeldten zwey Krüge werden noch heut zu Tage auf dem Rath-Hause dieses Fleckens gezeiget. Es leben auch noch Kinder und Enckel von diesem Manne, welchem gedachter Zufall begegnet ist. 145. Die Aschentöpfe von Schloß Wolsfsberg

In Tyrol zeiget man unter andern ein altes Schloß Wolsfsberg ge­ nannt, welches anietzo keine lebendige Einwohner hat, weil die ver-

Die Aschentöpfe von Schloß Wolffsberg storbenen, laut nachfolgender Erzehlung, nicht zugeben wollen, daß das­ selbe wieder aufgebauet werde. Es hatte Johann Georg, Graf von Montefchier als damaliger Besitzer dieses Schlosses sich vorgenommen, über den alten Mauren ein neues Stock-Werck aufführen zu lassen, da­ mit er die umher gelegenen Erund-Stücke desto besser übersehen, und zu­ gleich den angenehmen Prospekt sich zu Nutze machen möchte. Es waren bereits alle Nothwendigkeiten zu diesem Bau angeschaffet, allein, wenn die Arbeits-Leute des einen Tages etwas in dem Merck für sich gebracht hatten, funden sie des andern Tages, daß eben so viele unsichtbare Hände ihnen zuwider gebrauchet worden, inmassen die Nacht über alles das­ jenige, was sie mit saurem Schweiß ums Tagslohn verfertiget, die Nacht über wieder eingerissen wurde. Man stellte zwar einige Wächter aus, welche genau beobachten sollen, wer sich doch wohl nächtlicher Weile zu dieser unverdungenen Arbeit einfände. Allein es war auch dieses ver­ gebens, doch liessen sich die Tagelöhner von ihrer angefangenen Arbeit nicht abschrecken, weil die verordnete Wache gleichwohl diesen Nutzen hatte, daß sie eine ziemliche Vormauer zu Stande brachten, ohne daran die geringste Veränderung wahrzunehmen. Sie liessen deßwegen die aus­ gestellten Wachen wieder abgehen, und glaubten nunmehro gewiß, das Gebäude mit nächsten unters Dach zu bringen. Sie funden sich aber in ihrer Hoffnung erschrecklich betrogen, da sie des folgenden Morgens alles wieder eingerissen sahen, was sie in 14. Tagen aufgebauet hatten. Dieser Zufall veranlaßte obgedachten Grafen auf andre Mittel bedacht zu seyn, wodurch diesem Übel Einhalt geschehen tönte. Er ließ zu dem Ende zwey Gapu einet aus dem Kloster zu sich kommen, und verlangte von ihnen, daß sie sich auf dieses alte Schloß verfügen, und vermittelst eines Exorcismi versuchen möchten, ob man diesen unruhigen Schwärm-Geistern nicht wiederstehen tönte. Diese liessen sich des Grafen Antrag gefallen, und befahlen inzwischen den Arbeits-Leuten, daß sie des Tages über ihr Merck fortsetzen sollen, weil sie das ihrige allererst bey Nacht verrichten tonten. Da nun also die Capuciner sich ins Schloß begeben, und zu er­ forschen suchten, wer doch diese ungebetene Arbeits-Leute seyn müsten, so hatten sie noch nicht lange gewartet, als drey Männer mit langen Bärten und eisernen Streit-Kolben in ihren Händen um die neu erbaute Ecke herum getreten kamen. Ein iedweder von ihnen verrichtete einen Streich auf die Mauer, wovon dieselbe alsobald zu Boden gefallen. Da sie hierauf vor den Eapucinern vorbey gehen wollen, fiengen diese an, sie im Namen des dreyeinigen EOttes zu beschweren, und zu fragen: Wer sie wären und warum sie diese Arbeit verhindern wollen? Auf diese Worte erhielten sie mit einem rauhen Thon diese Antwort von einem derselben: Hier ist keine Wohnung für die Lebendigen, sondern eine Ruhe-Stelle der Toden; Worauf besagte drey Männer allesamt verschwunden. Die guten Capuciner merckten wohl, was diese TodenAntwort sagen wollte, riethen demnach dem Eigenthums-Herrn, er möchte durch die Arbeits-Leute genau nachsuchen lassen, ob etwann eine Grab-Stätte auf dieser Höhe zu finden wäre, immassen allem Ansehen

Die Aschentöpfe von Schloß Wolffsberg — Bruder Bertram nach die Einwohner derselben nicht zugeben walten, daß man ein ander Gebäude an dem Ort ihrer Ruhe aufrichte. Der Graf nahm diesen An­ schlag der Tapuciner alsobald an, und ließ denselben ins Merck zu setzen gehörige Anstalt machen. Da nun die Arbeits-Leute etwas tieffer in den Grund eingebrochen, fielen ihre Werck-Zeuge auf einen steinernen Bo­ den, welcher gantz glatt war, und wenn man mit eisernen Hacken drauf schlug, einen grossen Wiederschall von sich gab. Hieraus tonten sie gar bald abnehmen, daß es mit diesem unterirdischen Merck eine sonderbare Beschaffenheit haben müste, und weil sie von oben, wegen der Härte nicht recht darzu tonten, beschlossen sie rings herum auf den Seiten nach­ zusuchen, ob nicht etwa ein Merckmahl eines Gebäudes oder vielmehr eine Öffnung anzutreffen wäre. Rach langer Bemühung funden sie in einer Felsen-Wand einen halb-verfallenen Zugang, welchen sie vollends aufbrachen, und dadurch in ein Heines Gewölbe langten. Dieses aber war nicht in einem Felsen ausgehauen, sondern hatte auf allen Seiten lockere Erde und natürlichen Boden. Was aber diesen Leuten am meisten Verwunderung verursachte, war dieses, daß 4. aufgerichtete Steine eine sehr grosse Stein-Platte unterstützten, welche diesen gantzen Platz ein­ nahm, und sie zu den Irrthum verleitet hatte, als wenn das gantze Ge­ bäude auf einem festen Grund gesetzet wäre. Dem äusserlichen Schein nach war dieses eine wunderliche Art zu bauen, daß man 4. steinerne Stützen zum Grunde eines solchen Wercks geleget hatte. Nachdem sie diese unterirdische Öffnung genauer untersucht hatten, funden sie 3. ge­ gen einander aufgeführte Hügel in derselben, welche zwar aus blosser Erde bestunden, gleichwol aber ein steinichtes Wesen an sich genommen hatten. Sie musten auf Befehl der Geiistlichen solche erbrechen, worauf sie 3. gegen einanderstehende Töpfe antraffen, deren iedweder etwas von Aschen und Knochen in sich hielte. Nachdem sie nun dieselben heraus gehoben, und die gantze unterirrdische Höle mit Erde und Steinen an­ gefüllet, hat man ohne eintziges Bedencken das ietzige Schloß völlig auf­ geführet, ohne daß man unter währendem Vau oder hernach die ge­ ringste Unruhe empfunden. Obberührte Töpfe aber mit der Asche und Knochen sind in die Raritäten-Cammer nach Ambras und Jnnspruck gebracht worden. 148. Bruder Bertram Nicht weit von Eißleben lieget ein Kloster-Euth Wimmelburg genant, welches ohngefehr von 1700. bis 1710. eine Obrist-Lieutenantin von Wohwasser in Besitz gehabt. Von dieser Zeit an hat man gewisse Nach­ richt, daß sich daselbst ein Gespenst, welches man insgemein den Bruder Bertram nennet, habe sehen und hören lasten. Es soll derselbe noch aus diese Stunde durch ein gewisses Fenster seinen Ein- und Ausgang haben, vor welchem auf sein Grab und Leichenstein, so ietzo mit einem Stackete umgeben, zu sehen ist. In dem daselbst angelegten neuen Gebäude hat besagter Geist sich öfters bey der Frau von Wohwasser eingefunden, mit ihr, wie auch mit andern Leuten, gesprochen, sich auch wohl gar zu ihr

Bruder Bertram — Das Vaterunser des Pferdejungen in das Bette gefetzt, zu welcher Zeit er rauch wie ein Ziegenbock anzusehen gewesen. Er hat nicht leiden können, daß weil die Strasse durch den Hof gehet, die Leute mit dem Geschirr an den Leichen-Stein gefahren. Wenn sie aber solches gleichwohl gethan, hat er ihnen des Nachts darauf auf allerhand Art zugesetzt und sie gequälet. Unter andern hat es sich einst zugetragen, da drey Bediente des Amtmanns Wurm sich auf besagten Leichenstein verwegener Weise gesetzet, und auf demselben eins herumgetruncken, er dieselben des Nachts fast bis auf den Tod ausgeprügelt hat. Da aber die Frau von Wohwasier das alte Kloster abbrechen, und an statt desselben ein neues Gebäude aufführen wollen, hat dieser Bertram als Stiffter desselben Klosters nicht verstattet, daß sie etwas weniges von der Kirche abbrechen dürfen. Wie sie nun deßwegen bey dem Herrn General-Superintendenten zu Eißleben D. Dürrn sich Raths erhöhtet, hat der Bruder Bertram auf dem Rückwege ihr ein paar derbe Maul­ schellen versetzt. Sonst aber mag dieser Plage-Geist der neuern Zeiten mit dem beruffenen Hutkin gar füglich in Vergleichung gezogen werden, weil sie in ihren Handlungen nicht viel unterschieden sind. Denn es ist bey diesem Bertram nichts neues, daß er eben wie jener die Leute zu äffen sucht, sich in die Thüren stellet, und niemanden hindurch gehen lässet, auch wenn er dieselben auf allerhand Art verführet, sie hernachmals noch darzu Hönisch auslacht. Einsmals gieng er des Sonntags un­ ter der Predigt in die Küche, und bot der Köchin seine Dienste zum Braten-wenden an; als diese nun um etwas herauf zu holen in den Keller gegangen war, hat er sie dermassen bethöret, daß sie den Rück­ weg nicht wieder finden können; Er aber hat unterdessen alle Speisen am Feuer verderben lassen, daß also die gute Frau Obrist-Lieutenantin ihres Sonntäglichen Bratens vor dießmal entbehren müssen. Bornemlich aber ist bey diesem Geist zu bewundern, daß er den Schimpf oder Derunehrung, so seinem Grabe wiederfähret, niemals ungerochen hingehen lässet. 147. Das Vaterunser des Pferdejungen

In dem Fürstenthum Köthen liegt das Städtgen Güsten an einem kleinen Fluß, nahe bey demselben haben die Pferde-Jungen, wenn sie die Nacht über auf der Weide geblieben, und sich einen Sitz oder Lager zu rechte gemachet, diese Gewohnheit gehabt, daß sie allemal einen Platz frey gelassen, weil sich alle Nacht ein gewisser Geist einfand, und sich auf solchen leeren Sitz niederzulassen pflegte. Nun geschah es einmals, daß ein reisender Wanders-Mann, wegen einbrechender Nacht sich in die Gesellschaft dieser Hirten-Jungen einließ, und auf dem Platz, welcher vor den erwarteten Geist leer gelassen wurde, ohne Bedencken nieder­ setzte. Und ob ihn gleich die Knaben zuredeten, daß er diesen Sitz vor ihren Mit-Cameraden räumen solle, so war er dennoch hierzu nicht zu bringen; und sagte zu jenen: Wenn er kömmt, will ich aufstehen und ein Bater Unser für ihn beten. Endlich, da es bis gegen Mitternacht ge­ kommen war, stellte sich der Geist gewöhnlicher masten ein; der Wanders-

Das Vaterunser des Pferdejungen — Der Melancholikus und sein Plagegeist Mann aber stund geschwind auf, fiel nebst den Hirten-Jungen auf die Knie, und beteten insgesamt ein Vater Unser. Nachdem solches vollendet, hub der Geist an zu reden, und sprach: Ich dancke, denn eben nach diesem Gebet bin ich schon gantzer 50. Jahr gegangen, und nunmehro komme ich zur Ruhe; worauf er verschwunden, und nachhero nicht wieder gesehen worden. 148. Um Ruhe gebetet

Eine gewisse Person unweit Nürnberg, wurde im Ausgehen auf der Strasse bey ihrem eigentlichen Namen geruffen, und da sie sich umsähe, wurde sie einer verstorbenen Anverwandtin gewahr, welche die Bitte an sie ergehen ließ, daß sie dieselbe in ihr Gebet nehmen möchte, damit sie vollends zur Ruhe käme. Da aber diese Frau solches aus dem Sinn geschlagen, erschien der Geist nochmals, mit dem Ansuchen sie möchte ihr die gethane Bitte nicht abschlagen. Sie fragte auch unter andern: Ob sie nicht einsmals ins Wasser gefallen wäre? Und als sie diese Frage mit Ja beantwortet, fügte jene hinzu: Ob sie denn auch wisse von wem sie wäre hinein geworffen worden? Da nun diese hierauf versetzte: Sie wäre von selbst hinein gefallen, sagte der Geist: Nein, sondern es wäre solcher durch eine verstorbene Anverwandtin, welche ihr heftig zuwider wäre, verursachet worden; Ein andrer ihr wohlwollender Geist aber hätte sie wiederum heraus gezogen. Hierauf wiederholte sie ihre Bitte noch­ mals, daß sie sie in ihr Gebet einschließen möchte. Jene fragte alsdenn, Wie sie es damit machen solle? Der Geist aber gab ihr die Antwort: Sie dürfte nur im Gebet für sie wünschen, daß sie zur Ruhe gelangte. Dieses hat die Frau dem Geist nicht allein versprochen, sondern auch Hernach­ mals wircklich geleistet, worauf derselbe ihr nicht weiter erschienen ist. 149. Wie es drüben ist

Es hätte Marsilius Ficinus, als ein gebohrner Frantzose, nicht nöthig gehabt, durch seinen verstorbenen Freund von dem zukünftigen Leben mehrere Nachricht einzuholen. Dieser kam, der genommenen Abrede ge­ mäß, auf einem weissen Pferde zu Marsilio, hielt sich aber nicht lange in Unterredung mit ihm auf, sondern sagte nur: Marsili, Alles ist wahr, was wir bey unserm Bündniß von dem andern Leben geredet haben, worauf derselbe verschwunden. 150. Der Melancholikus und sein Plagegeist

Zu Kossenblat einem Brandenburgischen Adel-Sitz, starb im Jahr 1665. Herr David von Oppen ehmahliger Besitzer desselben Euths, aus einer sehr alten Familie. Es wurde demselben, nach hergebrachtem Brauch von David Stern, Pastore desselbigen Orts und des gantzen Creyßes Seniors, die Parentation und Leichen-Predigt gehalten, da er denn unter andern

Der Melancholikus und sein Plagegeist Umständen seines Ledens-Lauffs folgende merckwürdige Dinge mit einfliesfen lassen: In den angehenden Jahren des menschlichen Alters hat sich bey dem Wohlseeligen Herrn David von Oppen ein Geist eingefun­ den, in Gestalt einer weißgekleideten Jungfer, welcher sich von ihm sehen und hören lassen, mit ihm geredet, eins und das andere von ihm be­ gehret, ihn auf allerley Weise gequälet, den Leib und Bauch zerdehnet, und dergleichen. Dieser Geist nun ist so wohl Tages als Nachts, wiewohl nicht beständig, vor seinem Bette gestanden, und hat ihm mit mancher­ ley Art solcher Ängstigung zugesetzet. Woher ihm dieses Unglück entstan­ den, hat man nicht wissen können, wiewohl man auf eine gewisse Jung­ fer den Verdacht geworfen, inmassen dieser Geist allezeit in solcher Tracht und Kleidung sich gezeiget, womit dieselbe zu eben solcher Zeit angethan gewesen. Man hat derowegen öfters an den Ort hingeschicket, wo die Jungfrau sich befunden, und ihren Habit in Augenschein nehmen lassen, da er denn allezeit mit demjenigen, welchen der Geist gehabt, überein­ gekommen, so gar daß auch die Stecknadeln in dem Schleyer, und anders­ wo auf gleiche Art sind eingesteckt gewesen. Die Geistlichkeit selbst, da sie von der Sache Nachricht erhalten, tonte sich in dieses ungewöhnliche Schattenspiel nicht finden noch begreiffen, was es damit für eine Bewandniß habe. Nach einiger Zeit, da gedachter David von Oppen im Begriff war, sich seinem Stande gemäß zu vermählen, wolle dieser Geist solches auf keine Weife zu geben, wie sich denn auch jener von seinem Vornehmen abschrecken ließ, biß er endlich auf Zureden seiner Brüder sich dennoch entschloß, seinen Vorsatz ins Merck zu richten. Hierauf ist der Geist nächtlicher Weile zu ihm in die Cammer gekommen, da auch an­ dere Personen, so bey ihm zugegen waren, denselben gesehen auch ge­ höret, wie grimmig er sich bezeiget, und sich an sein Bette gelehnet, als wenn er mit Gewalt hinein, oder ihn heraus ziehen wolle, und wie er darauf mit grosser Wuth in der Cammer hin und wieder gelauffen. Zu gleicher Zeit schlieff Herr D. Gottfried Weidner, Professor zu Franckfurth, so ihm bey diesem Zufall gedienet, in derselben Cammer, desselben Jungen hat der Geist aus dem Bette genommen, und ihn mitten in der Cammer niedergeworfen. Nunmehr kam dem Herrn Doctor der Glaube in die Hände, welcher es vorhin dem von Oppen nicht glauben wollen, sondern alles vor eine Phantasie gehalten hatte. Noch merckwürdiger sind die Umstände an dem Hochzeit-Tage selbst gewesen, welche nicht satt­ sam können beschrieben werden. Denn der Geist hat sich nicht allein an Braut und Bräutigam gemacht, zwischen denselben sich in das BrautBette geleget, und nach seinen Gefallen mit ihnen umgegangen, sondern es hat auch die gantze Freundschaft und Gesinde seine Anfechtung emp­ finden müssen. Etliche sind niedergefallen, und gleichsam für todt liegen geblieben. Ist einer aufgestanden, hat der andere wieder fallen müssen. Einige hat er zum Tantzen genöthiget, worbey sie sich der besten Art und Weise bedienet, dergleichen keiner von ihnen jemahls gelernet oder ge­ sehen hatte. Er hat gemacht, daß sie sich aufs hurtigste, und zwar einer immer allein Herum drehen müssen, die Pferde in den Ställen sind von

Der Melancholikus und sein Plagegeist

ihm gequälet, und die Schaafe ausgelassen wanden. Unter die Musicanten hat er sich gleichfals gsmischet, daß nichts als Unordnung und Ver­ wirrung unter ihnen entstanden, die Speisen wurden von dem Tische geworfen, die mit Wein angefüllte Gläser bewegten sich, und was der­ gleichen ungemeine Würckungen mehr waren. Nach der Zeit hat der Geist den Trau-Ring von ihm verlanget, da er ihm aber denselben nicht geben wollen, sondern ihn fest gehalten, hat er ihm solchen auf den Finger zerbrochen, wiewohl auf eine besondere Art und Weise, daß er zwar einen grossen Knall gehöret, der Ring aber nicht alsobald in Stücken gegangen. Da sich der Herr von Oppen einsmahls, um einige Ruhe zu geniesen, bei dem Herrn von Holtzendorff zu Bretschen auf­ gehalten, hat dieser Geist ihn nicht nur heftig gequälet, sondern auch die güldenen Arm-Bänder von ihm haben wollen; und ob er sich gleich dessen gewegert, sind ihm selbige dennoch von den Armen und Händen weggekommen, datz er nicht gerauft, wo selbige geblieben. Es hat ihm zwar der Geist angezeiget, datz sie da oder dort zu finden wären, aber allezeit solche Örter genennet, da man ohne Gefahr wegen der Höhe nicht hinkommen können. Endlich hat er gesagt, datz sie zu Bretschen oben in der Stube unter dem gelöffelten Boden lägen, allwo sie auch hernachmahls gefunden worden. Gleichwohl hat sich keine Spalte noch Ritze allda gezeiget, durch welche sie ein Mensch hätte hinein bringen können, und hat man die Dielen von dem Tischler des Orts müssen ausreisen lassen. Roch mehr ilft zu bewundern, datz das erste Kind aus dieser Ehe todt auf die Welt gekommen, gleichwie dieser Geist ihnen vorher ange­ zeiget, und sich mit diesen Droh-Worten vernehmen lassen, wenn er ja die Ehe nicht verhindern tönte, so solle doch die erste Frucht nicht leben­ dig zur Welt kommen. Sonsten Hat wohlgedachter Herr von Oppen man­ cherley Kranckheit, Qual, Pein, Marter, Anfechtung und Versuchung von dem Geiste auszustehen gehabt, wie uns solches allhier zu Kossenblat insgesamt zur Enüge bekannt ist. Am allermeisten wird die hochbetrübte Wittbe des verstorbenen davon zu berichten wissen, welche solche Mühe, Schrecken, Sorge, Angst und Hertzeleid bey Tage und bey Nacht mit ihm ausgestanden, auch mannichmahl gantze Wochen ohne einigen Schlaff oder Ruhe zugebracht, datz kein Wunder wäre, sie hätte für Gram und Bekümmernitz vorlängst das Leben eingebüsset, oder wenigstens die Augen mit unaufhörlichen Weinen verderbet. Zwar hat der Geist sich in währender andern Ehe des verstorbenen nicht so oft sehen und spüren lassen, doch hat er ihm auf andere Art mehr als zu viel geschadet, indem er ihm oftmahls die gefährlichen Eedancken beygebracht, er solle sich nur das Leben verkürtzen, ihm auch so gar die Mittel gezeiget, wie er bald und leicht davon kommen fönte. Er hat ihn überredet, datz seine Gestalt sehr hetzlich und scheutzlich sey, daher er sich oftmahls von keinem Men­ schen hat wollen sehen lassen, sich an abgesonderte finstere Örter gemacht, und die Fenster, um das Tages-Licht wegzunehmen, mit Tüchern ver­ hüllen lassen. Er ist erschrocken, wenn jemand zu ihm gekommen, hat auch den seinigen befohlen, niemand zu ihm zu lassen. Des Morgens,

Der Melancholikus und sein Plagegeist — Der nächtliche Hilferuf

und mit anbrechendem Tage ist ihm am übelsten zu Muthe gewesen, er hat sich nichts besinnen können, sondern ist gleichsam als in der Epilepsie da gelegen, daß es ein Jammer anzusehen gewesen; Auch hat er sich oft besorget, er würde seinen Verstand verlieren und von Sinnen kommen. Inzwischen mutz man sich wundern, datz, wenn er gegen Abend Linde­ rung empfunden, und Gesellschaft gehabt, ihm gleichwohl möglich ge­ wesen, mit zu essen, zu trincken, zu spielen, und mit andern in die Wette guter Dinge zu seyn. Zuweilen hat er auf seinen Gütern weder Rast noch Ruhe gehabt, sondern mit Gewalt heraus und hinweg gemust; oder so er ja zu Hause geblieben, hat er sich müssen inne halten, nicht dürfen aus dem Gemache kommen, noch über die Schwelle treten, vielweniger an die Hautzhaltung gebenden, welches alles mannichmahl bey ihm sehr lange gewähret. Zum öftern hat er sich auch von seinem Gute hinweg gemacht, an andre Orter begeben, und daselbst Ruhe gesucht, aber auch bey diesem Unternehmen wenig Besserung gefunden. Auch dieses ist nicht mit Stillschweigen zu übergehen, datz wenn er gleich sich so wohl auf befunden, datz er auch seine Nachbarn und gute Freunde besuchen und bey ihnen guter Dinge seyn können, ihm dennoch, so bald er nur nach Haufe gedacht, oder die Zeit seiner Abreise heran gerücket, eine Furcht und innerliches Grauen angekommen. Es hat sich zu solcher Zeit so gar seine Farbe verändert, und er ist mit grosser Angst und Bangigkeit über­ fallen worden; Oder wo ihm ja an dem fremden Orte nichts gefehlet, so ist ihm dennoch, wenn er kaum auf die Eräntze seines Guts gelanget, daß er dasielbige sehen können, immer übler worden, ie mehr er sich demselben genähert. Wenn er in sein Hantz getreten, ist er darnieder gefallen, und in eine Ohnmacht gesunden, datz man ihn reiben und küh­ len müssen. Bey der Nacht hörte er unterschiedene Wehklagen, bald hier zu Kosienblat, bald zu Falden-Verg, nachdem es vorher etliche mahl an die Thür geklopfet; bald zu Bako in seiner Tochter Begräbnitz, da es denn solche jämmerliche und erbärmliche Klagen geführet, geächzet, ge­ winselt, und geschluchzet, datz es kein Mensch in der Welt nachmachen kan; zu geschweigen, datz ihm auch dann und wann bey der Nacht in der Cammer Helle Seulen erschienen sind. Ich habe mit allem Fleitz die eig­ nen Worte dieses Ehrwürdigen Evangelischen Predigers angeführet, wie solche in seiner zu Frandfurth durch Erasmus Rötzner gedrudten Leichen-Predigt, welche der gantzen Hochadelichen Oppifchsn Familie An. 1666. zugeschrieben worden, nach der Länge zu finden sind. 151. Der nächtliche Hilferuf

Ein eingelauffener Bericht lautet folgender Massen: Am 6ten Februarii des ietztlauffenden 1731sten Jahrs satz Herr Johann Friedrich V - - Actuarius in dem Hoch-Gräflichen Amt R - - - in Meitzen nebst einem guten Freunde, unter Abwesenheit des dasigen Herrn Amtmanns, zwi­ schen 7. und 8. Uhr des Abends in der Stube des obern Stodwerds, als von ohngefehr und wieder alles Vermuthen sich ein grosser Wind-Sturm

Der nächtliche Hilferuf erhub, welcher das gantze Amt-Hautz in solche Bewegung setzte, dah sie sich beyderseits zum höchsten darüber verwundern musten. Bald darnach, da es sehr starck zu schneyen angefangen, hörten sie eine Manns-Stimme ohne Unterlatz gar erbärmlich ruffen, wie sie denn die Worte: Um EOttes willen helfft mir, helfft mir! gar deutlich vernehmen konten. Der Actuarius vermuthete nicht anders, als datz bey diesem heftigen Sturm und starckgefallenen Schnee irgend einem Menschen ein Unglücks-Fall müste zugeflossen seyn, nahm daher, aus Christlichem Mitleiden bewogen, einen Amts-Bedienten nebst einer Laterne zu sich, und folgte der um Hülffe ruffenden Stimme nach, welche er, seinem Bedüncken nach, alle­ zeit nahe vor sich hörte, wiewohl er nicht die geringste Spur von einem Menschen antreffen fönte. Nachdem er nun dergestalt eine geraume Zeit nebst seinem Gefeiten im liessen Schnee herum gewatet hatte, kamen drey Jäger nebst ihrem Spür-Hunde aus dem Schlosse zu ihnen, welche gleichfalls durch die ruffende Stimme herbeygezogen, und diesem Noth­ leidenden Hülfe zu leisten entschlossen waren. Weil sich nun die Stimme immerfort hören lietz, wurde unter diesen von ohngefehr zusammengestossenen Personen die Abrede genommen, es wolle der Actuarius nebst dem Amts-Bedienten die untere Seite gegen die M - - - zu vorneh­ men, da hingegen die Jäger die obere bergichte Gegend mit Fleih durch­ suchen sollen. Indem sie also von beyden Theilen der wehklagenden Stimme nachfolgten, kam obbesagter Spür-Hund, welchen die Jäger bey sich behalten hatten, unvermuthet zu dem Actuario gelauffen, da sich denn dieser nicht wenig verwunderte, wie es doch käme, datz selbiger die Jäger und ihre Spur verlasien hätte. Er erinnerte sich zugleich, datz eben diese Gegend schon lange wegen dergleichen nächtlichen Begebenheiten im allgemeinen Ruf stünde, auch fiel ihm ein, wie er schon sonst manch­ mal bey Nacht-Zeit durch eine unbekannte Stimme wäre geruffen wor­ den. Er wäre deswegen bey nahe auf die Gedancken gerathen, es miiften auch dieß mal die Gespenster ihr Possen-Spiel mit ihm gehabt, und ihn aus der warmen Stube zur Abkühlung in den Schnee herausgelocket haben. Allein zween Umstände stunden ihm annoch im Wege, indem er nicht allein eine ordentliche Menschen-Stimme und die oftmalige Wie­ derholung der Worte, um EOttes willen, gehöret hatte; sondern auch die Jäger durch eben dieselbe Stimme zu Ausübung der Christlichen Liebe waren bewogen worden. Endlich aber nahm dieses Ruffen auf einmal ein Ende, und der Actuarius vermuthete nicht anders, als datz die um Hülffe ruffende nothleidende Person in ihrem Elende umge­ kommen und im Schnee ersticket wäre. Er fönte bey so gestallten Sachen weiter nichts thun, als diesen unglückseligen mit einem Christlichen Seuf­ zer in die Ewigkeit begleiten, und gieng unter verwirrten Gedancken und sehr erkälteten Magen nebst seinem Gefeiten fort, da sie sich bald darauf gar nahe bey dem bekannten Städtlein L - - - welches auch unter obbenannte Hoch-Gräfliche Herrschaft gehörig, befunden. Die abnehmen­ den Kräfte und heftige Erkältung nöthigten den Actuarium hinein zu gehen, und wenigstens mit einem guten Elatz Brandtwein die Lebens-

Der nächtliche Hilferuf Geister wieder zu ermuntern. Da er nun in dieser Absicht in des dasigen Staidt-Richters Behausung eingekehret, traft er daselbst mit gröster Ver­ wunderung eilff andere Personen von unterschiedenen umliegenden Dörffern an, welche gleicher Gestalt durch diese ruffende Stimme aus ihren Häusern zu gehen genöthiget worden, und allhier ihrem erkälteten Magen eine Stärckung zu geben willens waren. Diese Gesellschaft unter­ hielt sich daher eine gute Weile damit, daß ein lebet von ihnen entdeckete, was ihn an diesen Ort geführet, da sie denn mit Erstaunen wahr­ nehmen, daß eine eintzige Stimme diese Zusammenkunft veranlasset hätte. Gegen Mitternacht schieden sie insgesamt von einander, um sich wiederum nach Hause zu verfügen, und stunden in der Vermuthung, es würde sich des folgenden Tages dieser unglückselige Cörper schon finden, welcher, da man ihm das Leben zu erhalten nicht vermocht, wenigstens nach dem Tode zu einer Christlichen Begräbniß tönte befördert werden. Kaum war der folgende Tag angebrochen, da aus einem benachbarten Flecken, Bottelsdorff genannt, von welchem wir die Erscheinung des alldort brennenden Mönchs angeführet, an das Hoch-Gräfliche Amt zu R - - - Bericht erstattet wurde, was müssen ein alter einfältiger Ein­ wohner daselbst, welcher sehr schwach und kranck darnieder läge, aller­ hand wunderliche Dinge aussagte, so ihm in der abgewichenen Nacht zu­ gestoßen wären. Der Actuarius sahe sich genöthiget, besagten Mann Gerichtlich abzuhören, da ihm von demselben folgende eydliche Aussage in die Feder biethet wurde: Er habe des vorigen Abends von einem Becker einen Sack voll Pretzeln überkommen, um dieselben insgeheim auf die nahegelegenen Dorffer hausiren zu tragen und zu verkauffen, da er denn aus Beysorge der Gerichtlichen Straffe sich genöthiget gesehen, die­ ses Vorhaben bey nächtlicher Weile und durch Hülffe der Dunckelheit ins Merck zu setzen. So bald er aber an diejenige Stelle gekommen, wo sonst von dem brennenden Mönch so viel erzehlet würde, hätte sich plötzlich ein grausamer Sturm-Wind erhoben, er selbst aber hätte eine Anzahl Pferde vor sich erblicket, auf deren eins er nebst seinem Sack mit Pretzeln durch eine unsichtbare Gewalt geschwungen worden. Hierauf wäre dieses un­ bekannte Pferd mit ihm durch die Luft fortgestrichen, und hätte sich mit ihm wie in einem Wirbel herumgedrehet, daß er vor Angst nicht gewust, was er mit seinem Pretzel-Sack anfangen solle. Er hätte indessen das Gräfliche Schloß nebst den umliegenden Dorfffchaften allezeit unter sich gesehen, deswegen er sich zu EOtt gewendet und mit kläglicher Stimme um Hülffe geschrien, weil er nicht geglaubet hätte, daß er bey dieser augenscheinlichen Gefahr sein Leben erhalten würde. Nach Verfließung einer geraumen Zeit, da der Schloß-Seiger 11. Uhr geschlagen, wäre er durch eben diese Gewalt wieder auf derjenigen Stelle niedergesetzet wor­ den, wo ihn vorhin das unbekannte Pferd aufgenommen, und ohne etwas von seiner Waare zu verkauffen durch so ungewöhnliche Wege in der Luft herumgeführet hätte.

Der Stein int Hof zu Thäte

152. Der Stein int Hof zu Thäte Die folgende Begebenheit wird uns von C - - - an der S - - - durch den dasigen Herrn Eon-Rector M-- - aus sichern Nachrichten mitgetheilet, und ist folgenden Inhalts: Im Fürstenthum Halberstadt, unter dem Amte Regenistein, lieget ein Dorff Thale genannt, etwa eine Meile von Quedlinburg, in welchem ein Adeliches Land-Gut denen Herren von Steuben zugehörig anzutreffen ist. Auf dem Hofe desselben befindet sich ein grosser Kieselstein von ohngefehr zwey Eentnern, welcher gantz rund und starck mit Moos bewachsen ist, dessen Helfte aber in der Erde be­ decket lieget. Wenig Schritte davon gegen Mittag stehet ein Gebäude, allwo eine Kugel von gleicher Materie, nemlich von Kiesel-Stein, etwa acht bis zehen Ellen von der Erde in der Wand eingemauret zu sehen, doch also, daß man nur die Helfte davon ansichtig wird. Mit diesen bey­ den Steinen habet! sich eine geraume Zeit her allerhand seltsame Dinge zugetragen. Z. E. Wenn sich iemand hinzunahet und seinen Speichel dar­ auf wirft, hat er gewiß eine derbe Maulschelle zu gewarten. Wenn manchmal neue Mägde auf dem Hofe in Dienste getreten, und ihre Wäsche oder andere Sachen auf besagtem grossen Stein ausklopfen wol­ len, sind sie auf gleiche Art, wie auch diejenigen, welche aus Vorwitz daran geklopfet, oder sonst etwas darauf geworffen, mit Ohrfeigen be­ willkommet worden. Das Vieh hingegen, welches diesen Stein berühret und verunreiniget, pfleget bald darnach zu verrecken, weswegen auch der Besitzer des Guts sich genöthiget befunden, dieselbe Gegend mit einer Mauer zu umschließen, um dadurch so wohl dem Vieh, als auch unbe­ kannten Menschen den freyen Zutritt zu verwehren, iedoch ist der Stein unter freyen Himmel liegen geblieben. Man versichert auch für gantz gewiß, daß diejenigen, welche nur schimpflich von dem Stein reden, eben dergleichen Belohnung erhalten, da im Gegentheil andern nichts wiederfähret, welche den Stein von dem Moos und herumstehenden Nesseln reinigen, sonst aber weder mit Worten noch mit Wercken demselben auf schimpfliche Art zu nahe kommen. Einsmals hat ein Besitzer dieses LandGuts das Gebäude niedergerissen, und so wohl die Kugel als den grossen Stein in die nahe vorbeyfliessende Bode bringen lassen, damit er dieser Verdrießlichkeit loß werden möchte; allein er hat den gesuchten Zweck nicht erlanget, inmassen ein Geist in Gejstalt eines schwartzen oder grauen Mannes ihm beständig erschienen, und ernstlich zugeredet, die Steine binnen einer gewissen Zeit wieder an ihren Ort zu bringen, wofern ihm nicht ein grosses Unglück wiederfahren solte. Da sich nun derselbe nicht darnach gerichtet, hat ihm der Geist nochmals eine gewisse Zeit bestim­ met, mit dem Andeuten, daß im wiedrigen Fall sein Vieh insgesamt verrecken würde. Jener wolle noch nicht gehorchen, und muste in der That erfahren, daß alles Vieh auf dem Hofe schleunig weggerafft wurde, worauf der Geist ihm solches nochmals unter der Bedrohung, daß er sonst seinen Sohn verlieren würde, auferleget. Da ihm nun auch der Sohn starb, und ihm endlich der Verlust seines eigenen Lebens ange-

Der Stein im Hof zu Thäte — Trithemii Grab drohet wurde, er auch selbst bereits kranck zu werden begonte, hat er sich zuletzt entschlossen, die Kugel und den Stein wieder an die vorige Stelle bringen zu lassen. Allda find nun beyde Stücke annoch auf den heutigen Tag anzutreffen, und hat nicht allein iedermann Ruhe, so lange den­ selben kein Schimpf wiederfähret, sondern der Hof hat auch eines son­ derbaren Segens in der Haushaltung und Acker-Bau zu geniessen. Ich habe selbst, schreibet der Autor dieser Erzehlung, den Stein benebst der Kugel gesehen, wiewohl ich von besagten Wirckungen eine Probe zu machen Bedencken getragen. Indessen zweifle ich an der Wahrheit der­ selben um so viel weniger, weil mich nicht nur verschiedene glaubwürdige Personen bey meinem Daseyn dessen versichert, sondern auch auf etliche Meilweges herum iedermann davon zu sagen weiß. 153. Quinta essentia

Es überfällt mich noch ietzo ein rechter Schauer, wenn ich daran gedencke, wie es zu meiner Zeit nach der Belagerung von Belgrad her­ gegangen, und wie man mit den Cörpern der ermordeten Türcken beym Ausplündern gewütet. Gewiß man hätte dieselbe Gegend eher für einen andern Ort, als für eine Wahlstatt der erschlagenen Feinde ansehen sol­ len, anerwogen sich gar wenig Soldaten finden liessen, welche nicht einige Menschen-Riemen nebst Pfundweise ausgeschnittenen Fett zum Verkaufs feil gehabt hätten. Ja es wurden gantze Fässer mit abgeschnit­ tenen Türcken-Köpfen nicht anders als in Holland die Tonnen mit eingesaltzenen Heringen angefüllet und fortgeschicket, um daraus die quintam essentiam humanam zu Erhaltung anderer Menschen zu bereiten: Mich wundert aber, daß von den überbliebenen Theilen und halb-ver­ faulten Eingeweyde denen Lebendigen keine ansteckende Seuche zugezo­ gen worden, und ich glaube, daß solches unfehlbar geschehen wäre, wenn EOtt sich bey dieser unmenschlichen Raserey der Christen nicht über die angräntzenden Landschaften erbarmet, und eine grosse Menge Adler und Raben an dieser scheußlichen Stelle sich versamlen lassen, welche die ver­ wesenden Cörper vollends verzehret hätten. 154. Trithemii Grab

Weist du, lieber Freund, wie man wider diesen guten Abt Trithentium nach seinem Tode geraset? Ob er gleich ein insulirter Abt war, hat man ihn doch wegen seiner Gemeinschaft mit den Geistern des­ jenigen Begräbnisies nicht würdig geachtet, welches sonst einem jeden Christen auf dem geweiheten EOttes-Acker verstattet wurde; sondern er muste gleich einem unvernünftigen Vieh ausser den Mauren des Closters begraben liegen, bis sich nach 100. Jahren einige seiner erbarmet, und seine noch übrige Knochen, als ein Andencken seiner Wissenschaften, in einem bleyernen Käsigen in einem Winckel der Sacristey beygesetzet haben.

Die Ehelosigkeit des Magus — Der schwitzende Grabstein

155. Die Ehelosigkeit des Magus Ich erinnere mich selbst, auf der Wienerischen Bibliothec ein solches Glöcklern gesehen zu haben, von welchem man saget, daß Kayser Rudolphus ll. sich dessen bey seinem vertrauten Umgänge mit den Geilstern bedienet habe, wie es denn auch das Ansehen hat, daß er sich deswegen, weil er auf diese Reguln gesehen, niemals zu einer Vermählung entschliessen wollen. 156. Der schwitzende Grabstein In Böhmen befindet sich eine gewisse Familie, deren Namen ich deß­ wegen übergehe, weil sich nur neulich ein Todes-Fall in derselben er­ eignet hat. Bey derselben hat man angemeldet, daß wenn eine daraus herstammende Person sterben soll, der Stein des Begräbnisses dergestalt zu schwitzen ansänget, daß man die Feuchtigkeit mit Tüchern abwischen kan ; Es hat auch noch niemals fehl geschlagen, wenn sich solcher Zufall ereignet, daß nicht eine Person aus dieser Familie Todes verblichen wäre. Es ist daher dem Küster selbiger Kirche ernstlich anbefohlen wor­ den, genaue Achtung auf diesen Stein zu geben, damit sich alle die­ jenigen, welche zu selbigem Hause gehören, in Zeiten zum Tode bereiten mögen, weil keiner weiß, wen dieser Fall betreffen werde. Vor etwa 15 Jahren, da ich mich in Prag aufhielte, begab sich daselbst folgender merckwürdiger Casus; Der Grabstein begonnte zu schwitzen, und der Küster brachte die Post, da die gesammte Herrschaft sich bey der Tafel befunde. Diese traurige Zeitung tonte freylich bey der Hoch-Adelichen Familie keine angenehme Wirckung haben, weil keiner versichert war, ob es ihn nicht betreffen würde. Die Muthmaßung gieng zwar nach dem Alter, und weil die Groß-Mutter des regierenden Grafen bereits das 84fte Jahr erreichet, und also das Ziel des Menschlichen Lebens schon überschritten hatte; so fiel ein ieder auf die Eedancken, daß man zu dem Begräbniß dieser abgelebten Matrone die nothwendigen Anstalten ma­ chen mülste. Den zwey jungen Grafen, welche noch dem Studiren oblagen, war zwar dieser Todes-Vorbote bey ihrer Familie bekant, sie hatten aber noch niemals den Augenschein davon eingenommen. Sie baten da­ her ihren Herrn Vater, ihnen zu erlauben, daß sie hinaus reiten dürf­ ten, dieses mit anzusehen, indem der Ort des Begräbnisses nur wenig Stunden von der Stadt entfernet war; Sie kamen hinaus, und nahmen sich nicht so viel Zeit, daß sie auf dem Herren-Hause abgestiegen wären, sondern der Vorwitz trieb sie, gleich zur Kirche hin zu reiten, vor welcher sie abstiegen, und mit ihrem Hof-Meister hinein ins Begräbniß giengen. Da sie nun die Sache in der That also befunden, nahm der jüngere Graf ein Schnupftuch, wischte selbiges auf dem Stein hin und her, und sagte: Er wolle dieses Tuch seiner Eroß-Mama nach Hause bringen, damit sie bey Erblickung dessen recht möchte sterben lernen. Wegen dieser über­ eilten Rede bekam er von seinem Hof-Meister einen starcken Verweiß, worüber er sich um so vielmehr erboste, weil er demselben nicht wieder-

Der schwitzende Grabstein — Das Wiedehopfennest sprechen durfte. Nachdem sie die Kirche verlassen, kützelte der junge Graf seines ältern Bruders Pferd mit der Spietz-Ruthe zwischen den Beinen, welches hinter sich ausschlug, und diesen jungen Herrn dergestalt auf die Brust traft, daß er, ohne eintziges Zeichen des Lebens von sich zu geben, todt zur Erden niederfiel. Hierauf hörte der Stein alsobald auf zu schwitzen, die Groß-Mutter aber ist allererst drittehalb Jahr hernach der Zeitlichkeit entrissen worden. Es wollen einige behaupten, wiewol man es nicht zugestehen will, daß diese Gnade, wodurch besagter Familie die bevorstehende Todes-Fälle angezeiget worden, nach der Zeit aufgehöret habe. Nun möchte ich gern wissen, wie es mit dieser Begebenheit würde abgelauffen seyn, wenn der alte Graf seinen Söhnen nicht erlaubet hätte, hinaus zu reiten, und auf wen dieses Looß alsdenn gefallen wäre. 157. Die Rose im Lübecker Chor

Von dem Dom-Eapitul zu Lübeck ist bekant, daß, wenn ehemals einer aus ihrer Zahl hat sterben sollen, an dessen Stelle auf dem Chor alle­ zeit eine abgebrochene Rose ist gefunden worden. Dieses Zeichen hat sich gar wol auf die Sterblichkeit der Menschen geschicket, indem eine Blume, nachdem sie gebrochen ist, gar bald in ihr voriges Nichts wieder zurücke kehret. Ein gewisser Canonicus, Namens Bertram, welcher wegen seines blühenden Alters dieses ihm geoffenbarte Schicksal, durch eine auf seinen Platz gelegte Rose nicht erkennen wolte, und noch keine Lust hatte, seine fette Praebende zu verlassen, nahm diese Rose, und legte sie an die Stelle eines andern Canonici, welcher seinem Bedüncken nach eher als er zum Tode reift war, gleich als wenn er durch diese Verrückung den göttlichen Rath-Schluß würde verhindern können. Allein der gute Bertram muste fort, und der warnende Geist hat nach der Zeit keine Rosen mehr ge­ brochen; Jedoch muß dieser Bertram bis auf den heutigen Tag in sei­ nem Grabe auf der Hut stehen, und wenn ihm von dem Eenio ange­ kündiget wird, daß einer aus dem Eapitul entweder an seine Seite kom­ men, oder anderswo sterben solle, so muß derselbe mit dem Leichen-Bret drey so gewaltige Stösse an die Thüre des Begräbnisses thun, daß das Getöse bis auf den Marckt erschallet, und viel andere Menschen Zeugen davon abgeben können. 158. Das Wiedehopfennest

Ein gewisser mir wolbekanter Officier, welcher in dem Geister-Elauben eben so schlecht, als du im Anfange, gegründet war, lebte bey seinem Soldaten-Stande so dahin, wie es die Zeit und Gelegenheit mit sich brachte, oder vielmehr wie es die Geld-Mittel, als die eintzige Loosung des fleischlich-gesinnten Menschen zuliessen. Dieses Leben setzte er einige Jahre fort; einsmals aber, da eben dieser Strang reisten wolte, und sich der Mammon oder Pluto zu keinem Beytrag wolle bewegen lassen, er­ griff er aus Verdruß seine Flinte, und wolte sich mit der Jagd die Grillen vertreiben. Er gieng in dieser Absicht über ein Feld, wo ohn-

Das Wiedehopfennest gefehr ein halbes Jahr zuvor eine grosse Schlacht gehalten war, roierool er sich dabey seiner Sterblichkeit nicht sonderlich mag erinnert haben. Allhier traft er einen Wiedehopf an, welcher aber bey seiner Ankunft das Reißaus nahm, und sich einen Büchsen-Schuß davon auf einen DornBusch niederließ, allwo er ihn zu überschleichen gedachte. Er hatte sich kaum demselben genähert, so flöhe er wiederum hinweg, ohngeachtet er allda sein Nest hatte, und ließ seine vier halb-gefiederte Jungen im Stich, welche in einem Nest fassen, das von verfaulten Menfchen-FIeisch und abgelöseten Rippen sehr artig zusammen gefüget war. Aus diesem Nest guckten die jungen Wiedehöpfe mit ihren bunten Feder-Büschen in die Höhe, der Officier aber fand daran kein grosses Vergnügen, sondern gerieth so wol durch den (Bestand, als ungewöhnlichen Anblick in solche Verwirrung, daß er die Flinte fallen ließ, und halb-todt zur Erden niedersanck. Er verfiel hierauf in einen liessen Schlummer, wie er nach der Zeit mit allen Umständen erzehlet hat, und da er wieder erwachte, fand er sich mit stock-finsterer Nacht umgeben, daß er nicht wüste, wo er sich hinwenden solle, zumalen er auf der einen Seite das Brausen des Meeres vernahm, welches von dieser Gegend nicht weit entfernet war. Er getrauete sich daher nicht von der Stelle aufzustehen, und da er in solchen verwirrten Gedancken auf der Erde lag, schlug die Uhr gleich eilfe in der Stadt, wodurch sein Schrecken um ein grosses vermehret wurde. Da er sich wieder in etwas erholet, sahe er neben sich eine Person, seinen Bedüncken nach in weissen Kleidern stehen, welche ihn bey der Hand ergriff, ihm auf die Beine half, und ein Zeichen gab, daß er ge­ trost nachfolgen möchte. Er that solches- ließ aber darüber seine Flinte im Stich, worauf sie miteinander bis zu einem alten verfallenen Schlosse fortgiengen, welches jenseits an dem Ufer des Meeres stunde, und für ein altes heydnifches Gebäude gehalten wurde. So bald sie allda an­ gelanget, führte ihn fein Wegweiser in die daselbst befindliche unter­ irdische Eewölber, welche dem Ansehen nach mit Menschen angefüllet waren. Er kante viele von denselben, weil sie nur erst in der letzten Schlacht geblieben waren, und ward gewahr, daß ein garstiger stinckender Eiter aus ihren Wunden floß, und eine bündele Flamme dieselben umgab, bey welcher er ihre Gestalt ziemlich erkennen konte. Er wolle sich erkühnen, einen davon, welcher sein vertrauter Freund gewesen, an­ zureden; der Geist aber legte ihm den Finger auf den Mund, und er hörte auf einmal ein heftiges Seufzen und Weheklagen, nebst einem starcken Gerassel. Hierauf verschwand das gantze Gesicht; der Geist aber ließ ihn allein, und er wurde vor Furcht in einen liessen Schlaff ver­ setzet. Nachdem der Tag angebrochen, konte er mit grosser Mühe die bereits aufgehende Sonne durch die verfallene Mauer von oben her wahrnehmen, und fand sich mit einer Menge halb verfaulter Cörper und Menschen-Knochen umgeben. Er konte sich mit genauer Noth aus diesem Unflat und (Bestand hervor machen, und kam mit sehr besudelten Klei­ dern nach Hause. Durch dieses Gesicht ward dieser sonst aufgeräumte Officier dergestalt gerühret, daß er sich von allen Lustbarkeiten ent-

Das Wiedehopfennest — In Jerusalem feinte, und von feinen Cameraden, welchen er die Ursache nicht ent­ decken wolte, mit dem Namen einer Bet-Schwester beleget wurde. Seine zurück gelassene Flinte ward kurtz vor feinem Tode auf seine gethane Anzeige bey obbemeldetem Wiedehopfs-Nest gefunden, welche bereits gantz verrostet war, und von dem Gouverneur des Orts zum Andencken aufbehalten wurde. Ohngefehr sechs Wochen nach dieser Begebenheit, welche Zeit er mit beständigem Gebet zugebracht, ward er von dem Tode hingerissen, er hatte auch die Stunde seines Hintritts vorher gewust, und alle Umstände zu Papier bringen lassen. 159. Das Todesglöcklein in Salerno Ich erinnere mich, daß zu Salerno, einer Stadt im Neapolitanischen Gebiet denen Reisenden in derjenigen Kirche, wo das berühmte Cruci­ fix, (welches gegen Petrum de Appono, zum Zeichen der Vergebung seiner Sünde, den Kopf geneiget hat) befindlich ist, ein kleines Glöcklein zwischen dem Altar und der Sacristey gezeiget wird, welches schon über 500 Jahr den Beystand eines solchen Geistes soll gehabt haben. Wenn also einer von den Mönchen dieses Closters sterben soll, giebst dieses Glöcklein von sich selbst so vielfachen Klang zu vernehmen, als noch Tage verfliessen werden, bis einer von diesen Mönchen das Zeitliche verlasse. Auch zeigen diese Patres ein ordentliches auf Pergament geschriebenes Protocoll, welches in einem wolverwahrten Kasten an eine eiserne Kette geschmiedet ist, und worinnen die Namen der Verstorbenen nebst den Tagen und Elocken-Streichen nach der Ordnung aufgezeichnet zu finden. Weil nun keiner von ihnen weist, welchen es treffen werde, fo müssen sie insgesamt auf ihrer Hut stehen, damit ihre Seele bereit sey, dem himmlischen Ruff zu folgen. Wir haben selbst mit Erstaunen gefunden, daß im Jahr 1436. das Glöcklein am 17ten Julii damaligen Calenders, zwischen 6 und 7 Uhr des Abends zweymal nach einander und zwar mit fünfzehn Streichen angeschlagen habe. Die guten Mönche walten dieses nicht verstehen, und schrieben es der Bewegung eines Windes zu; zwey Tage aber drauf, entstund eben um diese Stunde ein Erdbeben, welches die halbe Stadt nebst diesem Closter übern Haussen warf, wodurch es geschahe, datz funfzehen aus der Zahl der Mönche verschüttet wurden, fünfe ihr Leben davon brachten, zwey andere aber, so bis auf den Tod beschädiget waren, kaum das Leben behielten. Hätten nun die Mönche das Geheimniß der Stunden und Elocken-Schlägs recht beobachtet, so wäre es ihnen ein leichtes gewesen, sich selbst zu erhalten, und zugleich den Einwohnern eine Warnung zu ertheilen. 160. In Jerusalem Sylvester II. soll ein Man von schlechten Herkommen gewesen, und durch Beyhülfe des Satans in den Menschlichen Wissenschaften und Ehren so weit gestiegen seyn, datz er endlich den Gipfel der Menschlichen

In Jerusalem — Joachim II. wußte den Tod voraus Hoheit oder der irdischen Gottheit, ich meyne den Päbstlichen 6tul, er­ reichet. Weil er nun, als ein Mensch, leicht erachten tonte, daß er nicht unsterblich wäre, sondern mit Ablegung der Päbstlichen Mütze auch das Kleid des Menschlichen Wesens ausziehen müste, so verlangte er von seinem vertrauten Geist zu wissen, wie lange er annoch zu leben hätte? Dieser gab ihm zur Antwort: Non morieris, donec iveris in Jerusalem, d. i. Du wirst nicht eher sterben, bis du nach Jerusalem wirst gegangen seyn. Hieraus tonte sich der Pabst eine Rechnung von einem langen Leben machen, weil er als das Haupt der Occidentalischen Kirche mit dem Orient nichts zu thun hatte, wiewol er iederzeit eine grosse Be­ gierde blicken lassen, einen allgemeinen Vater der gantzen Christenheit abzugeben. Es befindet sich aber zu Rom eine von den sieben HauptKirchen, zum heiligen Creutz in Jerusalem genant, in welcher der Pabst zu gewissen Zeiten das hohe Amt der Messe halten mutz, wovon sich Sylvester nicht entziehen tonte, wiewol er vielleicht auf nichts weniger als auf diese Benennung der Kirche seine Gedancken gerichtet hatte. Da er nun eben unter dem Päbstlichen Thron satz, und das Ricaenische Elaubens-Betäntnitz von den Sängern abgesungen wurde, rührete die­ sen heiligen Vater sein Gewissen dergestalt, datz er mit der Music inne hallen lietz, ein öffentliches Elaubens-Betäntnitz ablegte, nebst bey­ gefügter Erzehlung seines geführten lasterhaften Lebens, und zugleich den Befehl gab, datz man seinen Cörper auf einen mit zwey Ochsen be­ spannten Wagen legen, selbige fortlauffen lasten, und an denjenigen Ort, wo diese würden stehen bleiben, in die Erde verscharren solle. Rach diesen Worten sanck er nieder zur Erden, und war des Todes; die Rö­ mische Geistlichteit aber bemühete sich diesem seltsamen Testament ge­ höriger masten nachzuleben. Da nun die Ochsen zu der Lateranischen Kirche getommen waren, blieben sie stehen, und brachen den Wagen entzwey, woraus man den Schlutz machte, datz EOtt diesen Vater der Römischen Christenheit, wie den Schächer am Creutz, zu Gnaden auf­ genommen habe, und datz seine Seele gerades Weges ins Paradies müste gefahren seyn. Sie muthmatzten daher, datz sein Cörper in dieser ältesten Kirche zu St. Johannis in Laterano müsse begraben werden. Man hat ihm daher ein prächtiges Grabmahl aus Ertz verfertigen lasten, und ist es eine gemeine Sage, datz, so oft ein Römischer Pabst sterben solle, die Knochen dieses Sylvestri sehr unruhig würden, und ein grostes Geräusche verursachten; Man füget hinzu, es sey bis auf diesen Tag eingetroffen, datz auf dieses gegebene Zeichen die regierende Päbstliche Heiligteit jedesmal in die finstere Gruft wandern müssen. 161. Joachim II. wußte den Tod voraus

Von Joachimo II. glorwürdigster Gedächtniß findet man in dem Archiv, datz er vielen Teutschen Fürsten ihren Sterbens-Tag zuvor gesaget, wie solches an Philippo Magnanimo zu Hessen, Alberto in Preussen, Ge­ orgen zu Sachsen, und Henrico zu Vraunschweig richtig eingetroffen. Am

Joachim II. wußte den Tod voraus — Die Berliner Weiße Frau merckwürdigsten aber ist, daß er seinen eigenen Tod so eigentlich vorher gewust; Denn als ihn Anno 1571. zum Neuen Jahre von dem sämt­ lichen Hofe gratuliret wurde, gab er zur Antwort: Es kan vor Abend anders werden, als es am frühen Morgen war. Des folgenden Tages liest er sich über der Tafel etwas aus Lutheri Predigten vorlesen, und als er auf den Abend sich auf einem Jagd-Hause zu Käniz befand, nahm er Kreide zur Hand, und mahlete das Bild des gecreutzigten JEsu aus die Tafel. In der Nacht ward er plötzlich von einem Husten, HertzensAngst und Ohnmacht überfallen, und war alsobald des Todes, wiewol ihm vorhero nichts mutz gefehlet haben, weil er sich noch auf das JagdHaus begeben hatte; vermuthlich aber hat ihn ein warnender Geist dahin begleitet, und ihm solche Sterbens-Eedancken eingeflösset, daß er sich durch rechte Andacht zu seinem Ende bereiten können. 162. Die Berliner Weiße Frau

So viel ist gewiß, datz sie zum öftern erschienen ist, auch noch bis auf diesen Tag erscheinet, so oft sich bey diesem hohen Hause ein Todes-Fall ereignet; nur ist zu bedauren datz denenjenigen, welche sie wollen ge­ sehen haben, kein Glaube beygemessen wird, weil bey gegenwärtigen Zeiten der Geister-Elaube gantz aus der Mode gekommen ist. Die Ur­ sache dessen ist gröstentheils dem Mißbrauch zuzuschreiben, weil die­ jenigen, welche keine Geister glauben, manchmal selbst vermummte Geister abgeben, und andere in Schrecken zu setzen suchen. Es war daher diejenige Straffe gantz billig, da man vor einiger Zeit zu Berlin eine vermummte weisie Frau mit verhülltem Angesicht auf einem höltzernen Esel reiten ließ; Es würde auch das körperliche Wesen derselben sich noch deutlicher gezeiget haben, wenn man bey derselben mit dem StaupBesen die Probe gemacht hätte. Und ob wir gleich Exempel haben, datz die Geister selbst in Ermangelung der weltlichen Rechte ihre jura defendiret haben; so solten doch billig die Richter und Obrigkeitliche Per­ sonen in solchen Fällen eine genauere Untersuchung und scharffe Straffe ergehen lassen. Allein durch den Unglauben der Menschen ist es dahin gekommen, datz wenn einer oder der andere aussaget, er habe die weisse Frau gesehen, sie habe z. E. auf dem alten Gebäude um die MittagsStunde zum Fenster heraus gefchauet, sie sey diesem und jenem auf der Treppe, auf dem Saal, in diesem oder jenem Zimmer begegnet, man solches insgemein für eine Wirckung der Phantasie ansiehet; daher man sich auch nicht wundern darf, datz in den Archiven von solchen GeisterBegebenheiten wenig oder nichts aufgezeichnet zu befinden. Ich habe zwar ehemals von der weifsen Frau zu Neu-Haus gemeldet, datz es eben diejenige sey, welche sich zu Berlin sehen lasse; Nach reifferer Überlegung und Untersuchung der Genealogie aber habe befunden, datz zwischen dem alten Hohenzollerischen, und Brandenburgischen Hause keine Verbindung mit der Rosenbergischen und Slavatischen Familie heraus zu bringen sey. Weil also obige Meinung von dem Ursprung

Der Berliner Weiße Frau — Die Uhr der toten Ehefrau dieser weissen Frau auf schlechten Grunde stehet, so habe mich nach einem andern Beweiß umsehen müssen, wiewol ich nicht leugnen kan, daß sich selbige mehr auf eine Tradition, als auf eine schriftliche Nach­ richt gründe. Man saget nemlich, es sey diese erscheinende weisse Frau aus diesem Durchlauchtigsten Hause entsprossen, und weil ihr Gemahl eines unverhofften schleunigen Todes verstorben, sey sie wegen seiner Seligkeit sehr besorgt gewesen, und habe um diese Gnade bey EOtt inständigst angehalten, daß sie nach ihrem Tode sich so oft dürfe sehen lassen, als einer von ihren Nachkommen der Zeitlichkeit solle entrissen werden. Sie führte dabey diese Absicht, damit ihre Erscheinung Anlaß geben möchte, daß sich die Ihrigen gehörig zu dem Tode bereit hielten. Diese Gnade soll sie nach der gemeinen Tradition erhalten haben, und saget man, daß wenn ein Printz aus diesem Hause mit Tode ab­ gehen solte, selbige mit Stiefeln und Sporen erscheine, da hingegen, wenn dieses Schicksal einer Printzessin bestimmet sey, selbige ihr An­ gesicht mit einem langen Schleyer bedecket, und ein grosses Bund Schlüs­ sel an der Seite hangen habe. Man hat mich versichert, daß auf dem Königlichen Schloß zu Berlin dergleichen Bildnitz vorhanden sey, wie denn auch bey dem Buchführer Reinhold ein Tractätgen von diesem Phänomens nebst beygefügten Contrefait aufgeleget worden. Die gewisseste Nachricht von einer Erscheinung derselben, auf welche ich mich verlassen kan, ist diejenige, welche Johann Wolffgang Rentsch in seinem Vrandenburgischen Eeder-Hayn ausgezeichnet. Dieser berichtet, daß, da der Printz Erdmann Philipp von der Reit-Vahn zu Bareuth in das Hochfürstliche Schloß geritten, wenig Schritt von der Stiege mit dem Pferde gestiirtzt, und zwey Stunden hernach verschieden sey, sich diese weisse Frau auf des gedachten Printzen gewöhnlichen Sessel habe sehen lassen. 163. Die Uhr der toten Ehefrau

Ein vornehmer Edelmann, welcher vor 17 Jahren im HErrn ent­ schlossen ist, muiste seine getreue Ehe-Gattin 3 Jahr zuvor aus der Zeit in die Ewigkeit gehen sehen, da ihm denn dieselbe vier annoch im Leben befindliche Erben hinterließ. Dieser Witwer war annoch in seinen besten Jahren, und ob er gleich ein gantzes Jahr hindurch die Verstorbene gnugsam betrauret, auch wegen seiner unerzogenen Kinder einer neuen EheFrauen sehr vonnöthen hatte, kante er sich doch zu solcher Veränderung nicht entschliessen: Vielmehr brachte er die gantze Zeit mit schwermüthigen Eedancken zu, und nahm öfters Gelegenheit, sich mit dem Pfarrer des Orts deßfalls zu besprechen. Er versicherte denselben, daß die Gestalt seiner verstorbenen Ehe-Liebsten ihm Tag und Nacht vor Augen schwebete, und ihm gantz leise ins Ohr sagte, er solte sich fertig machen, sie hätte ihm das Ruhe-Bettlein neben sich schon in der Erde zubereitet. Der Geistliche walte seinem Edelmann diesen Gewissens-Scrupel gern be­ nehmen, ertheilte ihm auch Rath, sich zu Entschlagung solcher Gedancken mit Jagen, Spielen, und andern Ritterlichen Übungen zu belustigen.

Die Uhr der toten Ehefrau Der Edelmann folgte zwar dem Einrathen seines Pfarrers, kante aber dennoch von den Einladungen seiner Gemahlin nicht frey werden. Es kam damit so weit, daß er die Verstorbene bey der Tafel neben sich sitzen, und des Nachts an seiner Seiten ruhen sahe, wobey sie ihm be­ ständig von seinem Abschiede aus der Welt vorsagte. Wiewol er nun sonst von einer gesunden Complexion war, und vor sich selbst diese Sterbens-Eedancken gern aus dem Sinn geschlagen hätte, so ward er doch ohn Unterlaß davon angefochten, daß er auch bey Tage wie im Traum herum gienge. Etwan 5 Tage vor seinem unvermutheten Ende wolte er aus dem Speise-Zimmer in sein Schlaff-Gemach etliche Stuffen hinaufgehen, um durch einen kurtzen Schlaff sich den schwermüthigen Gedancken zu entziehen: Da er aber die Kammer-Thür öffnete, sahe er einen unverhofften Anblick; seine verstorbene Gemahlin saß in ihrem Todten-Habit an einem kleinen Tischgen, und war beschäfftiget, die dar­ auf stehende Uhr, wiewol es ausser der Zeit war, aufzuziehen. Dieses Gesicht setzte ihn gantz ausser sich selbst, und es fehlste wenig, daß er vor heftiger Eemüths-Verwirrung in eine Ohnmacht niedergesuncken wäre. Er erholete sich aber wieder, und fand die Uhr an dem gewöhnlichen Ort stehen, auch den Zeiger nach dem ordentlichen Laufs der Stunden auf halb zwey gerichtet. Er schrieb daher dieses Gesicht einer starcken Ein­ bildung zu, und warf sich auf das Bette, um sich von dem ausgestandenen Schrecken zu erholen. Kaum hatte er seinen unruhigen Gedancken einige Minuten lang Gehör gegeben, als er die Uhr wieder Vermuthen an­ fänglich 5 und hernach 6 schlagen hörete. Er sprang hierüber aus dem Bette, und befand, daß die Uhr noch nicht zwey geschlagen hatte. Weil er dieses nun keinem Schlaff zuschreiben kante, rieft er einem seiner Be­ dienten, und verlangte ein Stückgen Kreide, mit welcher er auf einen Schranck, der in der Kammer stund, diese Worte schrieb: Um halb zwey Uhr, da ich weder schlieff noch schlummerte, schlug meine Uhr 5 hernach 6. HErr EOtt! was soll dieses bedeuten? Er befahl hierauf seinem Diener, daß er zu seinem Bruder, welcher eine halbe Meile davon wohnete, reiten, und ihn ersuchen solte, herüber zu kommen. Mittlerweile verfügte er sich in die Pfarr-Wohnung, allwo ihm der Pfarrer solche Gedancken aus dem Kopf zu bringen suchte; und weil sein Bruder sich wegen ge­ wisser Verrichtung gleich in Altenburg befand, auch von da erst des folgenden Tages zurücke kam, hatte der Geistliche gnug zu thun, dieses bekümmerte Gemüth zu trösten. Doch es war alles umsonst, und der Edelmann bekräftigte ohn Unterlaß, daß ihm der Klang seiner Uhr in den Ohren schallete, und daß er davor nicht schlaffen könte. Nachdem sein Bruder nebst einem andern guten Freunde und Benachbarten von Adel sich eingefunden, kante diese Gesellschaft nicht gnug über die Thorheit ihres ehemaligen guten Compagnons lachen, und wüsten ihm allerhand Vorschläge wegen einer Heyrath zu thun, damit er diese Grillen los werden möchte. Er muste freylich mit den Wölfen heulen, und sich wieder seinen Willen lustig stellen; vielweniger durfte er von seiner Erscheinung sich etros meiden lassen, wo er nicht für einen Phantasten wolte ge-

Die Uhr der toten Ehefrau — Der Teufel trägt Säulen herzu

halten werden. So bald er aber wieder allein war, klung ihm die Glocke Tag und Nacht in seinen Ohren, und bas Bild feiner Ehe-Frau stellte sich feinen offenen Augen unaufhörlich dar, daß er darüber zu keiner Ruhe gelangen kante. Er trug Bedencken, sich einigen Menschen mehr anzuvertrauen, und ergriff an einem Morgen Dinte und Feder, womit er alles aufschrieb, was ihm begegnet war; Dieses versiegelte er mit seinem Petschaft, und legte es in dem Schranck. Sein Bruder aber nebst dem andern Edelmann ließ ihm eher keine Ruhe, bis er mit ihnen auf den Ritter-Sitz des letzevn wegritte. Hierbey fand sich auch der Pfarrer ein, und weil der geängstete Edelmann keine Lust hatte die Nacht über von Haufe zu seyn; so machte er sich mit dem Pfarrer und seinem Knecht auf den Weg, um sich wieder nach Hause zu verfügen. Sie waren etwa noch zwey Vüchsen-Schüsse von seinem Schlosse entfernet, als der Edel­ mann mit seinem Pferde von einer Höhe hinunter stürtzte, und mit dem Kopf wieder einen Stein schlug. Er war zwar nicht alsobald tobt, und wurde von dem Pfarrer und Knecht noch halb lebend in sein Haus und auf ein Ruhe-Bette gebracht; Es währete aber nicht lange, so streckte er, in Beyseyn des Pfarrers, seiner Kinder und Bedienten die Hände aus, und sagte: Ach mein Jesu, ich komme, mein Ehe-Gemahl holet mich, und gab darnach seinen Geist auf, da gleich die Glocke 6 schlug. Dieses geschah an dem ölen Tage von der Zeit, da der Geist seiner Gemahlin die Uhr aufgezogen hatte. Rach seinem Begräbniß ward obgedachte von ihm selbst aufgezeichnete Nachricht gefunden, welche annoch bey dieser Adelichen Familie vorhanden ist. 164. Taubmanns Ende Der betonte Poet und Professor zu Wittenberg, Fridericus Taubmannus, hatte zwar sich selbst den Tage vor feinem Ende in einem Sarg liegen gesehen, er wolle aber solchem Gesicht keinen Glauben beymessen; wiewol er des andern Tages dem Tode nicht entgehen tonte. 165. Der Teufel trägt Säulen herzu Gehe nach Prag, so wirst du eine Säule von 16 Schu antreffen, die ein solcher gewaltiger Geist in Zeit von anderthalb viertel-Stunden von Rom bis auf das Schloß Wisiherad einem Exorcisten hat bringen müssen, welchen Zufall kein vernünfftiger Mensch in Zweiffel ziehen kan. Denn da in dem gantzen Königreich Böhmen dergleichen Pfeiler von Corinthischer Bau-Kunst nicht zu finden, so stehet nicht zu begreiffen, wie eben diese in 2. Stücke gebrochene Säule an selbige Stelle müsse gekommen seyn? Hierzu kommt noch dieses, daß eben derselbe Pfeiler zu Rom in der alten Kirche St. Mariä, jenseits der Tiber mangelt, die allda be­ findlichen aber mit dieser gantz genau überein kommen. Eben dergleichen seltsames Denckmahl findet sich auch zu Verona vor der Haupt-Kirche St. Zenonis; Und die Herrn von Nürenberg weifen noch heutiges Tages

Der Teufel trägt Säulen herzu — Die unerfahrene Beschwörung

auf ihrem Schlosse, wo die Kayserlichen Jnsignia verwahret werden, vier Säulen von solcher Corinthischen Arbeit, welche 15 Schn hoch sind, und gleichfalls von einem Geist dahin gebracht worden, wovon die Ur­ sache angegeben wird, weil ein Mönch diesem Geist nicht zutrauen wollen, daß er solches ins Merck setzen könte. 166. Die unerfahrene Beschwörung

Nach dem Tode Julii Alberti, eines Rechts-Gelehrten zu Venedig, gerieth ein gewisser Freund aus dem Hause Justiniani über ein Nicromantisches Buch, welches von gedachtem Alberto in einem Kästlein ver­ wahret töothen. Nachdem er solches in seinen Besitz bekommen, verfügte er sich alsobald auf einen bekannten Berg zwischen Venedig und Padua, allwo seine Ehe-Frau in einem Sommer-Lust-Hause gebohren war, lebte daselbst eine geraume Zeit, und starb endlich, ohne daß er einige Probe aus diesem Buch hätte machen wollen. Nichts desto weniger hatte er einsmahls unbedachtsamer Weise von denen darin enthaltenen Magischen Würckungsn gegen seinen Sohn einige Worte fallen lassen. Da nun der Vater das Zeitliche gesegnet, und der Sohn eine reiche Heyrath getroffen hatte, ward er von einigen falschen Gesellen zur betrüglichen Übung der Alchymie verleitet. Er hatte schon sehr viel von seiner Ehe-Frau Ver­ mögen und fast sein gantzes väterlichesErb-Eut mitdieser eiteln Kunstver­ schwendet, als er eines Tages einen gewissen Deutschen Passagier an­ trafst welcher in der Chymischen Wissenschafft ziemliche Erfahrung hatte. Diesen nahm er mit sich nach Hause, und sie versuchten daselbst lange Zeit allerhand Chymische Experimente, aber alles vergebens. Hierauf entdeckte er endlich dem Deutschen, daß er ein Magisches Buch hätte, und zeigte ihm dasselbe, jedoch unter der Verpflichtung, solches verschwiegen zu hallen. Der Deutsche betrachtete das Buch, und sprach zu ihm: Mein! lasset uns eine Probe machen, ob dieses Buch Träume oder Wahrheiten in sich halte. An einem bestimmten Tage nahm der Besitzer dieses Buch nebst einem Degen zu sich, und der Deutsche gieng ohne Gewehr mit, wie sie es zuvor verabredet hatten. Vor der Sonnen-Aufgang begaben sie sich in ein Thal, durch welches ein Bach rauschte, von da sie zur linden Seite des Dachs in einen dicken Wald giengen. Nachdem sie nun in der Mitte desselben einiges Gesträuch mit dem Degen abgehauen, und wie nöthig war, einen Creyß gemachst hatten, auch hiernächst von dem Deutschen die gewöhnlichen Ceremonien vollbracht waren, traten sie alle beyde in den grossen Creyß, welcher mit gewissen Geometrischen Figuren ver­ mittelst einer Meß-Ruthe zubereitet worden. Der Besitzer des Buchs, welcher selbiges dem Deutschen laut getroffenen Vergleichs nicht über­ liefern wolle, hielt dasselbe fest in der linden Hand, und den Degen in der Rechten, biß er es auf Befehl des Deutschen eröffnete. Als dieses ge­ schehen, hieß der Deutsche zwey Geister in Soldaten Habit erscheinen. Alsobald kamen dieselben mit einem großen Winde und Geräusch, der eine zu Pferde mit einem Helm und Küraß in völliger Rüstung auf

Die unerfahrene Beschwörung

einem schwartzen Rotz reitend, der andere als ein Fuhgänger mit einem Schwerdt umgürtet und mit einer Patron-Tasche auf der Schulter ver­ sehen, welcher vor jenem hergieng, dessen Augen von gewissen Flammen dergestalt funckelten, datz man kaum fähig war selbige anzusehen. So bald diese zwey Geister angekommen waren, sagten sie: Was verlanget ihr? worauf der Deutsche eine Anwort gab, und sie um viele Dinge in Deutscher Sprache befragte, welche von ihnen Punct für Punct beant­ wortet wurden. Endlich, als er ihnen geboten hatte, wieder zurück zu kehren, fragte der Jtaliäner den Deutschen: Was meinet ihr, datz aus unserer Alchymie werden wird? und als ein Geist darauf antworten wolle, sprach der Deutsche in seiner Mund-Art: Packet euch, redet nichts mehr: worauf sie mit eben solchem Winde und Geräusch, wie sie ge­ kommen waren, wieder abzogen. Der Jtaliäner war mit dem Deutschen sehr übel zu frieden, datz er die Geister von der Alchymie nicht hatte sprechen lassen, und gab ihm des andern Tages seinen Abschied. Da nun zwey Jahr hernach die Vettern seiner Ehe-Frau dasjenige, was sie noch von ihrem Vermögen in Händen hatten, an ihn, weil er seine Eeschäffte nicht wohl in acht nahm, auszuzahlen Bedencken trugen, so ergrimmte er darüber gewaltig, nahm sein Buch zur Hand, und begab sich damit in den vorigen Wald, allwo er alles wie vorhin, bitz auf eintziges ins Merck setzte. Alsobald erschien mit eben demselben Winde und Geräusch eine unzeylbare Menge Geister in erschrecklichen Gestalten, welche Knotichte Prügel in Händen hatten, weil er nicht, wie der Deutsche befohlen, wie viel ihrer kommen, und in was für einer Gestalt sie erscheinen sollen. Sie stunden um den Creytz herum, welchen dieser Unglückselige gemachet hatte, und worin er sich aufhielt; Sie schreckten ihn mit Drohungen, und bemüheten sich, ihn aus dem Creyse heraus zuziehen, indem sie alle mit grossem Ungestüm fragten: Was wollet ihr haben? Da er nun hierdurch erschrocken und gantz ausser sich gesetzet war, auch vor Entsetzen und Furcht innerhalb des Creyfes auf und niederlieff; so fiel er endlich un­ versehens über den Creytz hinaus; Da fiengen die Geister an, auf ihn zuzuschlagen, rissen ihn hin und her, und bemüheten sich, ihm das Buch weg zu nehmen, wie wohl sie dessen nicht habhafft werden tonten, weil er es in seinem Busem verborgen hatte. Mittlerweile kam er hin und wieder lauffend zu der Brücke; denn so viel Verstand hatte er noch, datz er den Weg finden tonte. Allein die Geister warffen ihn in den Fluh hinein, datz er bey nahe in dem Schlamm und Wasser hätte verderben müssen, wenn nicht von ohngefehr ein Bauers-Mann, welcher Holtz holen wolle, mit seinem Esel über die Brücke gekommen wäre. Denn als der Esel daselbst in Schrecken gerieth, und zurück wolle, sahe der Bauer diesen Menschen halb todt sich im Schlamm herum wältzen. Er ruffte ihm zu, ergriff ihn bey den Haaren, zog ihn aus dem Morast heraus, und brachte ihn nach der Stadt auf seinem Esel. Da aber seine Ehe-Frau das Buch, wovon sie ihn vorhin schon Lffters reden gehöret, in seinem Busem fand, nahm sie dasselbe heimlich von ihm, weil er nicht reden tonte, und

Die unerfahrene Beschwörung — Lucas Eauricus warff es ins Feuer. Er kam nach einer langwierigen Kranckheit wieder zu sich selbst, und ob er schon noch einige Zeit lebte, hat er doch allezeit gantz verwirrt und bleich ausgesehen. 167. Lucas Eauricus Unter andern Weibes-Bildern ist sonderlich die Eatharina von Medices bekannt, welche ohne dergleichen Leute, die mit diesen dienst­ baren Geistern in genauer Eemeinschafft stunden, niemals seyn fönte, durch deren Beyhülffe sie, wie in einer Comödie, die völlige Succession der Könige von Franckreich zu sehen bekommen. Diese stellte ihr der zu selbiger Zeit beruffene Florentinische Magus, Luca Gaurico, vor, wel­ cher mit solchen dienstbaren Geistern in keiner gemeinen Vekanntschafft mutz gestanden haben. Sie begehrte von diesen Mago, welchen sie unter dem Titul eines Astrologi bey sich hatte, zu wissen, wie es doch ihrem Gemahl und den nachfolgenden Königen in Franckveich ergehen würde? Er war zwar bereit, ihren Wunsch und Verlangen zu erfüllen, weil er sich auf seine Kunst verlassen fönte: Damit er sie aber von ihrem Vorhaben abschrecken, oder aber ihre Standhafftigkeit prüfen möchte, sagte er ihr vorher, daß er in einem Zimmer mit ihr allein seyn müste, und datz sie bey der Bauung der Geister so entsetzliche Dinge vor die Augen bekommen würde, die ihr ein tödtliches Schrecken und Zittern verursachen fönten; Daher er in Furchten stünde, sie möchte dabey nicht aushalten können, und in Lebens-Gefahr gerathen, wenn sie etwas reden oder ein Geschrey machen wolte, oder aus Bangigkeit davon zu lauffen gedächte. Doch alle diese Vorstellungen waren nicht vermögend, der Königin Hertz und Vorsatz zu ändern; Sondern sie blieb dabey, und versprach, sie wolle diesen Dingen getrost als ein Zuschauerin beywohnen, er solle nur seine Kunst auch rechtschaffen erweitzen. Hierauf wurde in der Nacht zu solchen Wercken der Finsternitz der grosse Saal im Louvre ausersehen, und die Königin nahm sonst niemand mit, als ihren Hoff­ meister und eine alte Eammer-Frau biß in das daran stossende Vor­ gemach, in welchem diese sich indessen aufhielten, von dem aber, was in dem Saal vorgieng, nichts gewahr wurden. Kaum hatte sich die Königin mit dem Mago in dem Saal verschlossen, als dieser sie nochmahls er­ innerte, von dieser besondern Neugierigkeit abzustehen, wofern sie nicht Muths gnug zu haben sich getraute. Weil sie ihm aber befahl, ohne Ver­ zug fortzufahren, entdeckte er der Königin zum voraus: Datz, welche Könige sie sehen würde von dem Königlichen Thron herunter gehen und verschwinden, diese folten und müsten eines natürlichen Todes sterben; Da hingegen diejenigen, welche sie sehen würde herunter fallen und plötzlich hinweg seyn, einen gewaltsamen Tod zu gewarten hätten. Ausser dem berichtete er der Königin, datz je länger sie einen König auf dem Thron erblickte, desto länger auch derselbe regieren würde. Nach dem er nun mitten auf dem Saal um sich her einen Creytz gemachet hatte; So fieng er seine Beschwerungen im fremder Sprache an, worauf ein grau-

Lucas Eauricus

sames Gepolter entstund, und sich ein Königlicher Thron zeigte. Auf demselben erschien ihr Gemahl, der König Henricus II. und da er sich kaum nieder gesetzet, fiel er von demselben herunter auf die Erde; Wie den auch dieser König gar bald an einer Wunde am Haupt, so ihm der Grafs von Montgomery in einem Turnier zugefüget, den Geist auf­ gegeben. Nach ihm setzte sich ein anderer auf den Thron, welcher, wie der Ausgang gezeiget, der Königin ältester Sohn Franciscus II. gewesen. Dieser gieng bald wieder herunter, nachdem er vermöge des gegebenen Merckmahls eine kurtze Zeit regieret hatte. Ihm folgte Carolus IX. wel­ cher etwas länger sitzen blieb, darauf aber gleichfalls herunter stieg und unsichtbar wurde. Nach demselben stieg Henricus III. hinauf, und fiel hernach mit einem erschrecklichen Getümmel herunter. Dieser ist es, der Zeit seiner Regierung viel Unruhe gehabt, und zuletzt von dem Meuchel­ mörderischen Mönch, Jacob Clement, durch einen Messer-Stich entleibet worden. Solchem nach hatte die Königin einiger mästen erkannt, wie es mit ihrem Gemahl und mit ihren drey auf den Königlichen Stul kom­ menden Printzen ergehen würde, als welche sie an ihrer Gestalt gantz eigentlich erkennen tonte. Sie war aber des Handels noch nicht überdrützig, sondern hatte vielmehr eine starcke Begierde, noch mehrere Nach­ folger im Reich zu sehen. Da also der Magus, solche zu stillen, in seiner Beschwerung fort fuhr, so kam eine kleine Person auf den Thron, worüber sich die Königin verwunderte, und im Zorn und Eifer ausrief: Helas: Voici ce petit Bearnois, Ach! Dieses ist der kleine Bearner. Sie meinte damit den damahls kleinen Printz, Antonii von Bourbon, des Königs in Navarra Sohn, welcher in der Landschafft Bearn gebohren u. nachmahls Henricus IV. König in Franckreich und Navarra wor­ den, mit welchem sich nach Abgang der Balesischen die Bourbonische Linie angefangen. Es würde aber dieses unvorsichtige Geschrey der Königin übel gelungen seyn, wenn nicht der Magus die hefftige Wuth der Gei­ ster zurück gehalten und abgewehret hätte, als welche schon mit grossem Ungestüm auf sie kotz giengen, also datz sie darüber zu zittern und zu beben begonte. Dieser bekannte Printz aber, dem sie bey Hofe von Hertzen feind war, fiel, nachdem er eine Weile gesessen, vom Thron, und ver­ schwand, wie er denn in dem besten Flor seiner Regierung das Leben eingebüstet, und von dem Meuchel-Mörder, Francisco Ravaillac, in der Eutsche mit einem Messer erstochen worden. Hiermit wolle der Magus seinem Spiel ein Ende machen, weil die Königin seinem Bedüncken nach gnug gesehen hatte, und einen Schauer darüber empfinden möchte, zu­ mahlen sie sich des Rodens und Schreyens nicht enthielt: Allein die Königin bewog ihn dennoch, mit seiner Vorstellung fortzufahren, wobey sie sich erklärte, bey den Erscheinungen ferner keine Unruhe zu machen. Solchergestalt praesomirte der Zauberer noch zween Könige, einen nach dem andern, auf dem Thron, von welchen der eine geraume Zeit, der andere aber noch länger sitzen geblieben, ehe sie einer nach dem andern herunter gegangen und verschwunden. Diese sind in folgenden Zeiten die beyden Könige Ludovicus XIII. und Ludovicus XIV. gewesen, welche

Lucas Eauricus — Trithemii Lehrer beyde von A. 1610 biß 1715. und also über 100. Jahr regieret haben. Hierauf sagte der Magus der Königin zuvor, daß sie es nicht länger ausstehen würde, wenn er die sehr fürchterlichen Dinge, die er noch vor­ zustellen hätte, zum Vorschein bringen solle, zumahlen sie etwa vor Schrecken überlaut schreyen, und darüber von den rasenden Geistern möchte zerrisien werden. Doch die Königin fönte des Zuschauens nicht satt werden, und da sie schon so viel dabey erfahren hatte, so getrauete sie sich ein Soldatenmätziges Hertz zu haben, dem zwar int Anfang des Treffens eine Angst zustötzet, der aber wenn das Feuer ein u. das andere mahl ausgehalten, endlich der Sache gewohnt zu werden pfleget. Da also daß Geister-Spiel fortgesetzet wurde, erhub sich ein gewaltsamer Sturm-Wind und eine so hefftige Bewegung, daß der Saal und alles davon erschütterte, wobey ein starcker Pech- und Schwesfel-Eestanck ver­ spüret wurde. Die Königin Netz sich gleichwohl nichts anfechten, bitz end­ lich die abscheulichsten Ungeheuer, als Löwen, Drachen, lieget, Bären, Schlangen, Ottern und Eydexen zum Vorschein kamen, welche einander vor ihren Augen grimmig anfielen, und Herumbissen, worüber der Kö­ nigin Hören und Sehen oergieng, datz sie in eine Ohnmacht zur Erden nieder sanck, und also das Schauspiel ein Ende hatte. Dieses waren gantz besondere Eeister-Vorftellungen, woraus das Königreich Franckreich, wenn es gewolt, keinen geringen Nutzen hätte ziehen können. Denn wir wissen ja, was der natürliche Tod Ludovici XlV. in der Frantzösischen Monarchie für Ungeheuer nach sich gezogen, wie der Streit wegen der Päbftlichen Constitution bey der Minderjährigkeit des jetzigen Königs weit hefftiger, als vorhin, fortgesetzet, und allerhand andere Unruhen erreget worden. Was für eine zwistigkeit äusserte sich nicht zwischen den Printzen vom Eeblüte und den natürlichen Printzen, welche der ver­ storbene König kurtz vor seinem Ende legitimiret hatte. Wenn wir die Streithändel zwischen dem Parlement und dem Königlichen Rath, das Müntz-Wefen und die Erhöhung der Geld Species, den Actien-Handel und andere Verwirrungen, welche sich zeither in diesem Reich hervor gethan, in Erwegung ziehen; So werden wir finden, datz das Schau­ spiel der Geister eine wahrhaffte Prophezeyung gewesen. Gleichwie nun Franckreich sich darnach zu seinem Vortheil hätte richten können; also solle man fast auf die Eedancken gerathen, datz es nicht eben so übel gethan sey, dergleichen Dinge vorzunehmen, wenn schon einiges Schrecken davon mit unterlauffen solle. 168. Trithemii Lehrer

Man hat Exempel, datz sich dienstbare Geister offtmahls freywillig zum Dienst gewisser Leute angetragen, von welchen sie weder durch Be­ schwerungen noch andere Zeremonien beruften waren. Ich will hier des berühmten Abts zu Spanheim, Johannis Trithemii, eigenes Bekänntnitz, welches er in der Vorrede zu feiner Steganographie ableget, zur Probe anführen. Seine Worte lauten also: „Eine Nacht, da ich in tief-

Trithemii Lehrer — Das Kloster in Georgien fen ©«banden lag, und der Schlaff von meinen Augen gewichen war, weil ich gewissen Wissenschafften nachsann, von welchen noch kein Mensch eine Erkänntnitz gehabt, wie ich dieselben erforschen, und ins Werd setzen möchte, wobey ich sehr lang mich in selbige verliesset hatte, ohne mich heraus toideln zu können; siehe so stund vor meinem Bette ein alter Mann mit einem langen eisgrauen Bart, welcher mich ansähe, und zu mit sprach: Es sind keine ungegründete ©ebanden, Trithemi, mit welchen du umgehest. Er lehrte mich hierauf solche Geheimnisse, welche unter jetztlebenden Menschen noch nicht gefunden worden, und nachdem dieses geschehen, verschwand er aus meinen Augen, und liest mich voller Verwunderung, dost ich ungebetener Weise einen solchen Lehr-Meister, und zwar in solchen Wissenschafften, in deren Erlernung ich vielleicht Hütte sagen mögen: Ars longa, vita brevis, oder wohl gar die Epictetische Lampe darüber umstossen können." Dieser berühmte Abt. welcher in der gelehrten Welt so viel Aufsehens gemachet, und weil er zu einer so hohen Erkänntnitz gelanget, nicht wenig Neider bekommen, hat weder Characters noch Beschwerungen gebrauchet, noch einiges Schieden des­ wegen ausstehen dürfen, gleichwohl aber dasjenige erlanget, was er zwar gesuchet, aber von dergleichen Lehrmeister nicht begehret hatte. Ich habe sichere Nachricht, dah auf Befehl Küysers Maximiliani so wohl in dem ©lostet zu S. Martin in Spanheim, als auch in dem Closter zu S. Jacob vor Würtzburg seine meisten Schrifften vermauret, mit eisern Gittern versehen, und mit dem eigenen Petschafft dieses Küysers ver­ siegelt worden, damit dergleichen Wisienschafften nicht aller Welt be­ kannt würden. Bon dem Küyser Rudolpho II. wird erzehlet, wie er sich einsmahls vernehmen lasten, dah er nichts mehr bebaute, als dah er nicht zu Trithemii Zeiten gelebet, weil er wisse, datz sein Better Maximilianus mehr von ihm gesehen, als er verlanget Hütte; Er beneide des­ wegen Johannem, den Chur-Fürsten von Brandenburg, noch in seiner Asche, daß er Gelegenheit gehabt, so geraume Zeit mit ihm umzugehen. 169. Das Kloster in Georgien Ich habe von vielen Jahren her meistentheils mit solchen Leuten eine Bekanntschafft zu machen getrachtet, von welchen ich in Erfahrung ge­ bracht, datz sie entweder Krafft ihres Ordens-Jnstituti, oder aus eigener Wahl sich einer stillen Lebens-Art beflissen. Ich wurde von ohngesehr in dem Königreich Stätten zwischen der Stadt Messina und der Festung Melazzo in einem Basilianer-Closter bekannt, worinnen nicht mehr als 8 Ordens-Brüder wohnten, welche wohl sagen tonten, datz sie der Welt abgestorben wären, angesehen der Zugang zwischen Bergen und Thälern sehr gefährlich, und ihren Satzungen nach die Mauren ihres Becirds derer darinnen lebenden eigentliches Grabmahl waren. Doch sind sie der Welt nicht also abgestorben, datz sie mit andern Menschen, wenn sie von ihnen besuchet werden, gar leinen Umgang haben sollen. Bey meinem ersten Besuch spürte ich alsobald, datz in diesem Closter eine heiligere

Das Kloster in Georgien Philosophie tractiret würde; denn ich sahe Feuer ohne Dunst, welches anzuzünden nur die wahren Philosophen wissen, fand auch daselbst ver­ schiedene Merckmahle höherer und verborgener Wissenschafften, wiewohl ich mich nicht bloß geben durffte, biß endlich mit einem 90. jährigen Greiß, welchem doch die Lebens-Geister in den Augen-Liedern noch gantz frisch fassen, in eine genauere Bekanntschafft gerieth, und demselben zu liebe manche Meile bey müssigen Tagen reifete; Im dritten Jahr er­ hielt ich von ihm folgende merckwürdige Nachricht, welche wohl werth ist, daß sie den Liebhabern der reinen Eeiister-Eesellschafft mitgetheilet werde. Er sagte zu mir unter einem liess geholten Seuffzer: Es ist wenigen bekannt, wir haben in Georgien ein Closter auf einem steilen Berge, zu welchem man ohne Wissen und Willen dieser Religiösen nicht kommen kan, welche von ihrer eigenen Hand Arbeit leben müssen, ohne daß sie mit andern Menschen eine Gemeinschafft halten. Diese leben mit dergleichen dienstbaren Geistern vermöge ihre Lebens-Art, daß sie selbi­ gen so gar unterschiedliche Closter-Dienste antragen mögen: Sie läuten zu dem gewöhnlichen GOttes-Dienst, arbeiten ihnen in dem Garten, und sind ihre Lehr-Meister in den sonst verborgensten Wissenschafften. In diesem Closter, sagte mir angezogener Religiöse, soll das oerdecktelste, so in allen Geheimnissen gefunden wird, gleichsam bloß liegen. Die OrdensBrüder essen nichts, als Hülsen-Früchte und Berg-Kräuter, und bringen ihre Lebens-Zeit zu im Gebet und Mystischen Betrachtungen. Man hätte von ihrer Lebens-Art in den Europaeischen Ländern nichts gewust, wenn nicht der gereisete Mönch Fra Pietro Eassendo aus diesem Basilianer-Orden eben diesen Berg bestiegen, und ihre Lebens-Art den JahrBüchern und Merckwürdigkeiten ihres Ordens einverleibet hätte. Das merckwürdigste, so mir dieser Mann erzehlet, ist wohl dieses, daß durch die Erinnerung solcher ihnen zugeordneten Geister ein jeder die Stunde seiner Auflösung weiß, wobey er hinzufügte, daß eben dieser Gassendus von einem derselben Religiösen in ein unterirrdisches Gewölbe wäre gefühvet worden, wo er nach der Reyhe in drey Kolonnen 60. Cörper habe liegen gesehen, welche ihre gewöhnliche Ordens-Kappen über die Stirn gezogen, und die Hände Creutzweise auf der Brust gehalten, als wenn sie schlieffen, ohne daß der geringste Geruch zu spüren gewesen. Es wurden ihm auch die Stellen aller noch lebenden gewiesen, und dabey gesaget, daß, wenn eines seine Stunde vorhanden sey, derselbe zu seinem Obern hingienge, mit dem Andeuten, daß er das Zeichen seiner Auf­ lösung von seinem getreuen Mit-Helffer erhalten, und den Obern bitten wolle, ihm Urlaub zu ertheilen, daß er sich in seine Ruhe legen möge. Wenn ihn nun der Obere mit einem Kuß des Friedens von sich gelassen, so beurlaube er sich von seinen Mit-Brüdern, lege sich an seine Stelle, als wenn er schlaffen gehen wolle, und ruhe in Frieden. Lieber Andremo, da mir dieser Ehrwürdige Alte diese Lebens- und Sterbens-Art erzehlte, überfiel mich ein heiliges Schrecken, und ich gedachte bey mir selbst: Das heisset geistlich gelebet, und nicht gestorben, sondern geistlich

Das Kloster in Georgien — Syburg in dem HErrn entschlaffen. Man wird aber wenig unter den so genann­ ten Geistlichen finden, die sich dieser Sterbens-Art werden rühmen kön­ nen, daß ihnen die dienstbaren Geister nicht allein die Stunde ihrer Auflösung zuvor sagen, sondern auch nach ausgestandener Lebens-Arbeit, worzu der Mensch gebohren ist, ihnen die Augen gantz janfft zudrücken sollen, um in die Ruhe ihrer Väter mit dem gerechten Simeon einzu­ gehen. 170. Das Kloster zu Salerno

Zu Salerno int Königreich Reapolis ist ein Dominicaner-Closter, in welchem, wie die Geistlichen sagen, hinter dem hohen Altar ein Elöckloin hänget, welches, wie ich schon bey anderer Gelegenheit gedacht, alle­ zeit, wenn ein Geistlicher stirbt, ein gewisses Zeichen giebst, daß also alle, die in diesem Closter leben, sich zu einem seligen Ende bereiten können. Auch ist von dem Dom-Capitul zu Lübeck bekannt, daß allemahl eine Rose in der Stelle desjenigen liege, dessen Todes-Stunde vor­ handen. 171. Syburg

Hast du nicht gehöret von dem bekannten Ertz-Betrüger Syburg, der den Fveyherrn-Titul wohl von dem Satan selbst mutz erhalten haben, weil er ja sonsten kein einiges Diplom« darüber aufweisen kan. Haben nicht, leider, unterschiedliche Höfe seine betrügerischen Künste mit gros­ sem Schaden und Verlust erfahren müssen? als welchen er durch sein vorgegebenes Schatz-Graben grosse Schätze und Reichthümer versprochen, aber nichts gehalten. Auch ist bekannt genug, datz er jederzeit dergleichen Instrumente bey sich geführet, vermöge deren er, gleich als ein Scharf­ richter bey der Tortur, gewisse Nachrichten wegen verborgener Schätze aus den Geistern hat erpressen wollen. Viele Höfe, welche ich aber eben nicht nennen will, sind dessen lebendige Zeugen. Auch hat er vor wenig Jahren in der bekannten Stadt Erfurt ein grosses Meisterstück seiner gewaltigen Kunst beweisen wollen: aber es hat auch leider bey ihm geheissen: primo mystarum nuntio non semper patent tenebrae; denn die Geister verstehen nicht aller dergleichen Thoren ihre Sprache, aus was vor einem Ton sie etwa mit ihnen sprechen wollen. Ich habe selbst über ihn hertzlich lachen müssen, als er von einer Hähern Obrigkeit geTraget wurde: Ob ihm denn auf feine Eeister-Citation jemals ein der­ gleichen befchworner Geist erschienen wäre? da er endlich nach einigem Bedencken und etwas langem Stillschweigen antwortete: Ja, ich mutz es bekennen, daß mir zuweilen dergleichen Geister würcklich erschienen seyn. Einsmals ließ sich der Geist in der Gestalt einer grossen Fledermaus sehen; ich muste aber aus gewissen Ursachen den angefangenen Exorcismum wieder aufheben, datz ich also den völligen Ausgang dieser merckwürdigen Erscheinung nicht erfahren tonte. Dieses war die Antwort desselben auf die ihm vorgelegte Frage.

Der Leipziger Advokat im Kerker — Schatzbeschwörung in der Angermühle 172. Der Leipziger Advokat im Kerker

Wer in der berühmten Handels-Stadt L - - - bekannt ist, wird von einem gewissen Advooaten, Namens Un. gehöret haben; welcher, weil er mit allem Advociren nicht weiter kommen können, und sich endlich gar in das dasige Pauliner-Carcer hinein adoociret hatte, zuletzt anfieng einen Richter über die Teufel abzugeben, welche ihm so viel Schätze brin­ gen sollen, als er nöthig zu haben vermeynte, um sich aus seinem Arrest wieder heraus zu helfen. So viel ist gewiß, es muß dieser Gefangene mehr Freyheit als andere gehabt haben, weil er einen völlig formirten Zauber-Creyß, mit andern dazu gehörigen Beschwörungs-Instrumenten, zu sich ins Carcer hatte bringen können; um vermittelst dieser Dinge seine Absichten auszuführen. Es soll auch, nach Aussage der Zeugen, ihm die Sache so weit gelungen seyn, daß der Teufel nach seiner vorgenom­ menen Beschwörung singen und tantzen müssen, wie er es nur hat haben wollen. Man hat von glaubwürdigen Zeugen erfahren, daß man in sei­ ner Cammer, in welcher er verschlossen gewesen, bald einen Hahn krehen, bald eine Henne glucksen, bald einen Hund bellen, eine Katze mautzen, und dergleichen herrliche Music mehr gehöret. Ja, man hat Ursach zu glauben, daß dieser Teufels-Banner, weil die Teufel ihm so gehor­ sam und zahm geworden, wohl endlich möchte seinen Zweck erreichet ha­ ben, wofern nicht andere Leute dazu gekommen wären, die diesen Teu­ fels-Beschwörer in seinen Unternehmungen zu bald gestöhret hätten. Wenn es erlaubt wäre, die dazu erforderlichen Acten aus dem Paulini­ schen Archiv mit Fleiß durchzugehen, so könte man der Evangelischen Kirche ein klares Exempel vor die Augen legen, daß auch solcher ver­ borgener Sauerteig ebenfalls unter ihnen anzutreffen sey. Vermuthlich wird man auch deßwegen diese Acten sogleich weggeschaft haben: welche übrigens wol ein gantz Rieß Papier ausmachen sollen. Dieser Herr Advocat muste zu seiner Entschuldigung nachhero vor einen solchen Men­ schen passiven, der im Kopse verrückt wäre. 173. Die Schatzbefchwörung in der Leipziger Angermühle

Es hat Ao. 1708. den 21. Jan. und folgender Tage der so genannte schnelle Postilion der Endterischen Zeitungen diese erstaunende Begeben­ heit der curieusen Welt, und allen dißsalls sonst ungläubigen Sadducäern zur Prüfung, gnugsam kund gemacht. Dieser Schreiber hat selbige Nachricht unmittelbar aus benahmter vornehmen Handels-Stadt von sichern Freunden erhalten, und ist folgenden Inhalts: Merckwürdige und wahrhaftige Begebenheit, welche sich mit I. E. E. einem MühlKnappen in der Anger-Mühle zu L - - - zugetragen; alles in richtiger Ordnung, wie es von Tag zu Tag vom 2. Oktober bis zum 21. Dec. des 1707. Jahres ergangen ist; der vorwitzigen und so leicht verführten Ju­ gend zur Warnung vorgelegt, um sich vor Satans Betrug zu hüten. Die­ ser Mühl-Pursche gieng an der Michaelis-Mesie vors Rannstädter Thor,

Die Schatzbeschwörung in der Leipziger Angermühle allda einen andern bekannten Mühl-Knappen aufzusuchen; an statt, daß er nun diesen seinen guten Freund antreffen sollte, so fände er daselbst einen andern unbekannten Menschen, der ihn in die Peters-Strasse führte, um, wie sein Vorgeben war, mit ihm eine Kanne Bier zu trincken. Bey dieser Gelegenheit ereignete sich ein Diseurs vom Schatz-Gra­ ben. Der verkappte Mühl-Pursche erbot sich darauf, ihm vor 8 Rthlr. ein Buch zu verschaffen, darinnen die zum Schatz-Graben nöthige Be­ schwörungen enthalten wären. Sie wurden darüber bald einig, so daß ihm jener Mühl-Junge versprach, 2 Rthlr. zum voraus zu bezahlen, und 6 Rthlr. auf die Neu-Jahrs-Messe; wenn er nemlich zuvor einen Schatz würde gehoben haben. Darauf fängt der vermeynte Mühl-Pursche so­ gleich an, das geheime magische Buch, des Faustens Höllen-Zwang ge­ nannt, abzuschreiben. Dieses Merck verrichtete er aus einem Bauholtze an Caspar Bosens Garten. Er schickte indessen den Jungen weg, ihm für 1 Er. Tobak zu holen. Als dieser wieder kam, waren 4 Bogen von die­ sem Buche schon fertig geschrieben; dieselben gab er ihm, nebst 3 andern Zetteln, worinnen einige nöthige Nachrichten enthalten waren, wie er sich bey dem Beschwören verhalten müsse. Uberdem gab er ihm auch einen messingen Drath, daran vorne ein Kopf wie ein Schlangen-Kopf gebildet war. Diesen sollte er an statt der Wünschel-Ruthe gebrauchen; doch mit dem Beding, daß er sie ihm wieder zustellet«. Hiermit gieng nun der Junge zu Mitternacht in seines Müllers Keller, (weil er öfters hatte sagen hören, daß seit des Schweden-Krieges allda ein grosser Schatz verborgen sey,) da denn seine Wünschel-Ruthe allezeit auf die Seite schlug. Diesem Seitwertsschlagen der Ruthe folgete der Junge nach, bis sie zuletzt unterwerts schlug, und endlich gar stille stunde; welches das Zeichen war, daß der Schatz alwa verborgen liege. Darauf fieng er an, den 21. October zwischen 11. und 12. Uhr, sein erstes Kunststück ins Teu­ fels Namen zu probieren. Er wüste sich gar leichte in diese satanische Unternehmungen zu finden: er machete Zauber-Creyse, Charakteren, Lichter, und eigentliche Beschwörungs-Formuln. Da gieng endlich ein Rauch auf an dem Ort des Schatzes. In demselben sahe er einen Geist, als ein kleines Männlein gestaltet, und wie mit einem grauen Flohr überzogen. Jngleichen fände er auch zwey Zwey-Eroschen-Stücke auf der­ jenigen Lade liegen, auf welcher die 3 Lichter vor ihm stunden. Darauf befragt« ihn der Geist: Ob er damit zufrieden sey? und als er mit Ja antworten muste, verschwand nachhero dieser ihm erschienene Geist. Der Mühl-Junge aber verrichtete zum Beschluß kniende sein ihm vorge­ schriebenes Gebet, nahm die 4 Groschen, löschte das mittlere Machs-Licht zuerst aus, nachgehends auch die andern, löset« die Zauber-Creyse wieder auf, und ging also rückwerts, zufolge seiner Instruction, bis zur ersten Stuss« aus dem Keller wieder heraus, legte sich schlafen, und war in so weit auf dißmal mit seinem gefundenen Schatz zufrieden. Den 28. Oc­ tober, als den folgenden Freytag, nahm er den andern Proceß vor. Es g«schahe derselbe mit einer schärfern Beschwörung, als das vorigemal. Der Geist erschien auf seine halb gütige, halb trotzige Einladung. Ee

Die Schatzbeschwörung in der Leipziger Angermühle that sich sogar die Erde von dem Schatz wog, daß er den Geld-Klumpen deutlich sehen fönte. Er vor seine Person aber fände dißmal ebenfalls nicht mehr als ein Brandonburgisches Sechzehen-Erofchen-Stück auf der Lade, welches Ao. 1686. gepräget war. Dieser neue Teufels-Proceß en­ digte sich eben, wie der vorige; wobey er jederzeit mit aufgereckten Fin­ gern dem Satan einen Eyd schwören, und zugleich EOtt und seiner eigenen Seligkeit absagen musto. An dem darauf folgenden Freytag, den 4. Nov. wurde von ihm der 3te Proceß auf vorige Weise vorgenommen; da sich denn endlich der Schatz völlig äusserte. Er sahe einen grossen Schwenck-Kessel voll Geld; es schien ihm, als wenn auch anderwerts im Keller, gegen die Mauer zu, ein viereckigtes Käsigen aus der Erden her­ vor gethan würde, auf welchem etwas, wie eine Karbatsche gestaltet, läge. Diese Peitsche schien sich zu bewegen; darauf sahe er auf der Lade einen halben Bogen Papier mit schwartzen Strichen eingefast, und in­ wendig roth beschrieben. Anbey fände er auch eine geschnittene TrutHans-Feder. Das graue Männlein aber, welches ihm erschienen, hatte ein langes Buch oder Register unter den Armen. Zu gleicher Zeit fiel ein Tropfen Wasser von dem Gewölbe auf seine Hand, davon ihm die Hand erkaltete, und ein grosser Bluts-Tropfen auf derselben sich zeigte. Als er nun diese Feder ergriffen, den Tropfen Blutes darein gefaßt hatte, und nunmehro seinen Namen ferner aufs Papier schreiben walte, so hörete er jemand mit starcken Schritten die Keller-Treppe hinab ge­ hen. Er erschrickt darüber nicht wenig, und läst bey Formirung des an­ dern Buchstabens die Feder fallen, löscht das mittlere Licht aus, die 2 andern Lichter aber warf er in Eil in das im Keller gestandene WasserSchaff; lösete geschwind die Zauber-Circul auf, und ging hinter sich an der Mauer weg zum Keller hinaus; traf aber, wie er doch vermuthete, keinen Menschen an. Indessen war also der andere Proceß auch zu Ende. Merckwürdig war es bey diesem Proceß, daß über dem Auslöschen des mittlern Lichtes ein solcher mächtiger Rauch-Dampf in dem Keller ent­ stünde, als wenn ein Böttger ein grosses Faß zu pichen hätte. Zwey folgende Freytage wurde dieser Junge an fernern Unternehmungen ver­ hindert: einmal nemlich durch einen grossen Schauer, welcher ihn auf der Keller-Treppe plötzlich überfiel; das anderemal aber durch den ein­ gefallenen Buß-Tag, da ihn sein Meister mit sich in die Kirche genom­ men. Rach diesen Geschichten verfiel dieser Bösewicht in gottlose und ab­ scheuliche Reden, verleugnete die Christliche Elaubens-Articul; kam dar­ über in die Inquisition seines Meisters, seines Paters, und Beichtvaters, der gewiß viel Mühe mit ihm hatte. Bey solcher ihm unvermuthet vor­ gefallenen Veränderung nahm er sein Beschwörungs-Buch, zerriß es heimlich, und verbrannte alle dahin gehörigen Sachen. Endlich bekannte er in der grösten Hertzens-Angst und Bangigkeit alles, was er began­ gen: bekehrte sich von Hertzen, und wurde mit Zuziehung R. B. des Herrn Superintendentens wiederum zum heiligen Nachtmahl gelassen. Hier hast du, lieber Andrenio, ein trauriges Exempel von einem dem Namen nach Evangelischen Christen, in der That aber öffentlichen Ber-

Schatzbeschwörung in der Angermühle — Jenaer Christnacht-Beschwörung

leugnet EOttes, und Teufels-Diener; welcher, aus schnöder Geld-Be­ gierde nach irdischen Schätzen, lieber seine Seele hat aufopfern wollen. Die Sache ist um so vielmehr erstaunlich, da sie in einer solchen berühm­ ten Stadt sich zugetragen, welche sonst wegen ihrer Gelehrsamkeit und heiligen Orthodoxie vor vielen andern in gutem Ruf ist. Man mutz sich wundern, daß die häuffigen Predigten der Herren Geistlichen nicht ver­ mögend gewesen sind, ihre Stadt von einem so entsetzlichen Exempel der Ruchlosigkeit befreyet zu erhalten. 174. Die Jenaer Christnacht-Beschwörung

Es fanden sich in Jena drey Schatz-Beschwörer zusammen, nemlich Jo­ hann Gotthard Weber, Studiosus Medicinwe; Hans Friedrich Getzner, ein Bauer and Schäfer von Dröbrisch; und Hans Zenner, ein Vrau-Knecht von Ammersbach: welcher letztere sonderlich in der Beschwörungs-Kunst er­ fahren zu seyn glaubte, und öfters nur belauerte, daß er einige Tractätlein darvon eingebüsset habe. Sie redeten eine Zeitlang unter einander von einem sehr grossen Schatz, den aber Zenner wegen seines abgelegten Eydes nicht offenbahren dürfe; wiewol er, seinem Vorgeben nach, schon einige Miintzen mit einer von Bogelleim bestrichenen Stange durch die eisernen Gitter heraus gezogen hatte. Er zeigete seinen Cameraden eines von diesen kostbaren Geldstücken: Auf der einen Seite sahe man fünf Schilde mit einem Elephanten; auf der andern die Babylonische Hure auf dem sieben-köpfichten Thiere, davon Apocalypfeos 17. geredet wird. Zugleich sahe man auch auf dieser Seite der Müntze drey Mannsbilder, mit Cronen auf ihren Häuptern. Benahmter Zenner gab ferner vor, sie wären bey dieser Gelegenheit von dem Geist gewarnet worden, dah sie nicht mehr auf solche verächtliche Weise mit der Vogelleim-Stange wie­ derkommen sollen, sonst würde es ihnen ihr Leben kosten. Doch wisse er noch einen gewissen andern Schatz in Heichlers Weinberge, wo sich öfters ein Geilst einer weissen Frauen sehen liesse. Sie wurden also mit ein­ ander einig, denselben gewöhnlicher Massen in der Christ-Nacht zu he­ ben. Dieses geschahe im Jahr 1715. Bey dieser Unterredung zog Weber zwey Manuscripta magica, nemlich Fausts Höllen-Zwang und Clauiculum Salomonis, aus der Tasche heraus, und laß aus denselben die Re­ geln vor, welche bey Beschwörung der Geister zur nöthigen Vorbereitung zu mercken wären. Nachdem sie nun vorhero das dasige WeinbergsHäusgen besichtiget, so gingen sie alle drey am Heil. Abend Nachts um 9 Uhr, mit einer Laterne und 2 Unschlitt-Lichtern dorthin. Ein jeder dieser drey Beschwörer hatte ein Sigillnm magieum von dem Weber zu sich genommen; dieser Weber aber hatte über die Thür des Häusgens vorher das bekannte Wort Tetragrammaton mit dem Bleyweitzstifte an­ geschrieben. Als sie nun in das benamte Haus hinein gekommen, haben sie sogleich, ehe sie sich noch niedergesetzet, ein Vater Unser mit einander gebetet. Weilen aber an statt eines verlangten Wind-Ofens nur einige Schmiede-Kohlen von Heichlern waren dahin geschafft worden, haben sie

Die Jenaer Christnacht-Beschwörung dieselben aus Noth um der grossen Kälte willen anzünden müssen; welche aber einen so schrecklichen Dampf von sich gegeben, daß sie kaum bleiben können; so gar wurden sie wider ihre Absicht genöthiget, dieserwegen die Thür aufzumachen, um von dem Dampf etwas befreyet zu werden. Nach diesem allen hat Weber seine Bücher, Sigilla magica, und andere Sachen auf den Tisch geleget; Eetzner aber mit des Webers blos­ sem Degen einen Zauber-Creytz oben in der Decke gemacht, und Weber diesen Degen nachhero in den getheileten Boden gestossen. Sie haben fernerhin kein Wort mehr mit einander gesprochen, sondern Eetzner hat um 10 Uhr seine dreymalige Beschwörung würcklich vollbracht. Die Um­ stände davon waren diese: Nach Benennung etlicher Namen EOttes hat er den Och, als Fürsten der Sonnen, beschworen, datz er den Geist Nathanaels, welcher vor den Besitzer dieses Schatzes gehalten wurde, herstellen sollte, damit ihnen derselbe wohl erfahrne Geist zu Hebung des Schatzes behülflich seyn möchte. Weber aber hatte schon aus Faustens HöllenZwang die hierzu nöthigen Beschwörungs-Worte einmal völlig her­ gelesen ; ober es wolle sich auf ditzmal noch kein Geist zeigen. Er wurde dahero genöthiget, diese Formuln noch einmal dem Geilst vorzulegen. Kaum hatte er dieselben bis auf die Helft« geendiget, so ist er gantz ausser sich selbst gekommen, und gleich als schlafend mit dem Kopf auf den Tisch darnieder gefunden. Den andern dabey gegenwärtigen Persohnen fehlete aber auf ditzmal noch nichts. Ausser dem wüste Weber nichts auszusagen, weil er sich nicht besinnen können, was mit ihm und seinen andern Mitbrüdern fernerhin vorgegangen. Übrigens war der traurige Ausgang dieser gottlosen Unternehmung kein anderer, als wel­ cher sich auf solche gebühret. Denn, folgenden Tages fände man Webern halb todt; die beyden andern aber gar todt, und statt des gesuchten Schatzes ihre Hosen voll Morasts, datz man kaum vor Eestanck bleiben tonte. Der Besitzer des Weinberges, Heichler, der um diese Sache gerauft, auch darzu behülflich gewesen, befände sich eben in der Kirche, als ihn die plötzlich überfallene Angst nöthigte, seinen Weinberg zu besuchen. Als er nun daselbst ankam, befände er diesen entsetzlichen Spectacul. So bald er selbigen erblicket, ist er sogleich wieder umgekehret, und hat des Webers Stuben-Gesellen, Caspar Rechen, abgeholet, solchen mit sich da­ hin geführet, und sich mit ihm berathschlaget, was bey so gestalten Sa­ chen zu thun wäre. Als nun Webers Stuben-Eeselle solche schreckliche Tragoedie zu Gesicht bekam, wüste er selbst nicht, wozu er sich entschliessen sollte. Sie besahen mit einander die todten Cörper, und nachdem sie den halb todten Weber aufgerichtet, nahmen sie das magische Buch, und andere auf dem Tisch gelegene Zauber-Stücke zu sich, und brachten die­ selben seinem gewesenen Beichtvater, dem Hrn. D. Weissenborn. Worauf man es den Stadt-Gerichten angezeiget, welche gar bald Anstalt ge­ machst, den halb todten Weber in die Stadt zu bringen, und seiner zu pflegen, damit er zur Inquisition gezogen werden könne. Die zwey tod­ ten Cörper wurden mit drey Wächtern von der Bürgerschaft bewachet; welche aber die Nacht über von dem Eestancke der Todten, von den Ee-

Die Jenaer Christnacht-Beschwörung spenstern, und anderm Ungemach dermassen zugerichtet worden, daß sie folgenden Tages von denen ankommenden Gerichts-Personen gleichermassen halb todt angetroffen wurden, und auf einem Karn in die Vor­ stadt geführet werden musten. Einer von diesen Wächtern, Namens Beyer, ist auch bald darauf verschieden. Was nun die andern zwey tod­ ten Teufels-Banner anbelanget, so sind ste nach der Section und Besich­ tigung der Herren Medrcorum auf einer Schinders-Schleife öffentlich in der Stadt zum Abscheu herum geführet worden, bis man sie endlich durch des Scharfrichters Hand unter dem Galgen tief eingraben lassen. Bey Untersuchung der magischen Sachen wurde folgendes schöne Inven­ tarium davon angetroffen: nemlich, unter den Signis magicis war eins von Zinn, darauf ein Löwe auf der einen Seite gebildet, nebst den Rand-Worten: Non, Chad, Helsy, Sadag, San, Jacoj. Auf der andern Seite fände sich zwischen zweyen Charactern das Wort Verchiel, und neben umher diese Worte: Vicit Leo de tribu Juda, radix David. Auf einem kleinern Sigillo von Bley war der bekannte doppelte Triangel, darinnen der Name EOttes Adonai, und hinten die Worte: Christus est veritas et vita, geschrieben stunden. Jener hatte bey seinem Hinausgehen ein Pater noster um die Hände gewickelt, an welchem unten in einer Capsel Facies Salvatoris mundi, und auf der andern Seite die Bild­ nisse des Jgnatii Loyolae und Francisci Taverii angemachet waren. Warum die Geister-Beschwörer dieser Jesuiter ihre Bildnisse mit zu brauchen pflegen, mag wol keine andere Ursach seyn, als weil dieselbigen vor die eigentlichen Patriarchen und Kunstverständigen in der Daemonologie gemeiniglich gehalten werden. Man wird dahero meistentheils das Bild des Jgnatii Loyolae mit einer Zauber-Ruthe und einem Elantz umgeben gemahlet fintiert; wobey ein fliegender Drache gesehen wird. Was durch dieses letztere Sinnbild eigentlich mag verstanden werden, kan ich nicht gewiß sagen; vermuthlich wollen sie damit anzeigen, wie die bösen Geister insgesamt vor der Gegenwart selbiger beyden heiligen Väter fliehen müssen. Es ist dannenhero in der Römischen Kirche der Gebrauch entstanden, daß diese Jesuiter-Patres ihren gewidmeten See­ len solche Bilder in der Absicht zu verehren pflegen, damit sie selbige an ihren Kammer-Thüren anheften, und also vor den Nacht-Gespenstern mögen gesichert seyn. Besonders bedienen sich derselben das andächtige Frauen-Volck dazu, damit sie von dem Alpen nicht mögen gedrückt wer­ den. Doch dieses beyläufig. Ich muß jetzt in meiner Erzehlung fortfahren. Benamter Weber hatte in einem viereckigten Beutel jederzeit viel aber­ gläubische und zauberische Sachen an seinem Leibe getragen; als da waren z. E. ein mit auf die Welt gebrachtes kleines Kindes-Häutgen. Ein magisches Sigill von Bley, mit unerkenntlicher Schrift, das Bildniß St. Nicolai und Nicasii, welcher sonsten auch in der Römischen Kirche vor einen Patron wider die Ratten und Mäuse gehalten wird. Ferner ein Stücklein eines indurati menstrui virginei: ein Zettelgen, darinnen Webers Geburts-Stunde, auch sein und seiner Tauf-Pathen Namen, aufgezeichnet waren; und einige Stücke von metallischen Steinen, welche

Die Jenaer Christnacht-Beschwörung — Das Lhristophelgebet wider die Zauberey helfen sollen. Hierbey möchte man wohl mit Recht sagen, daß dergleichen Leute mit sehenden Augen blind seyn: sie nehmen den Teufel mit in ihre Freundschaft auf, und fürchten sich doch vor dem­ selben. Denn damit er ihnen nicht schaden solle, so suchen sie sich durch Göttliche Geheimnisse der Religion darvor zu beschützen. 175. Paracelfi Elektrum

Es ist uns legt)er der ehrliche Schweitzer Paracelsus allzu früh ge­ storben, und er hat in seinem Testamente nichts hinterlasten, wie wir sein so hoch gepriesenes Electrum verfertigen sollen, Kraft dessen er, wie man vorgibt, alle Geister nach seinem Willen hat citiren können. Ich kan dich versichern, daß ich dergleichen Stück Arbeit selbst in meinen Händen gehabt, und ist solches annoch in der Kayserlichen Bibliothec in Wien befindlich. Es war gleichwie eine Glocke formiret, auf welcher sich alle Signa characteriqtica oder Bildniße der Planeten zeigeten. Es soll sich der Kayser Rudolphus II. dessen zuweilen bedienet haben. Es wurde mir bey meiner Besichtigung zuvor gesagt, und scharf eingebunden, sehr behutsam darmit umzugehen, weil es von gefährlicher Folge wäre; dem ohngeachtet aber hatte ich grosse Lust, die Sache selbst zu versuchen. Doch befürchtete ich auch zugleich, es möchte mir diese verbotene Neugierigkeit allzu vielen Schaden nach sich ziehen. 176. Das Christophelgebet

Diese Begebenheit hat sich vor weniger Zeit zugetragen, und ist folgen­ den Inhalts: Extract aus dem bey dem Hochfürftl. Brandenburg-Bayreuthifchen Bogtey-Amte zu Marckt-Lenckersheim geführten JnquisitionsProtocoll, über die Anno 1732. allda in Verhaft gesessene Diebes-Bande: unter welchen sonderlich Oßwald Stahlis, gewesener Wirth und Metzger zu Mlllfingen an der Daxt, wegen des so genannten Christophel-Gebets mit angegeben worden. Dieser hat ausgesagt, daß kraft dessen der Teu­ fel gezwungen würde, so viel Geld zu bringen, als man von ihm ver­ lange; wenn man aber dasselbe beten und gebrauchen wolle, so mäste wenigstens eine Compagnie von 3. Personen da seyn, welche vorhero beichten und fromm leben müssen. Wenn nun diese Eeistes-Bannung vorgenommen werden solle, mäste einer aus der Gesellschaft an allen 4. Ecken des Zimmers 4. heilige Evangelia (nemlich an jedem Orte eines,) beten; darauf man an demjenigen Ort, wo man sich niederlassen wolle, einen Creyß mache, unter Sprechung gewisser Worte, und alsdenn ein gewisses Gebet verrichte, welches entweder könne von jemand auswendig gesagt, oder nur hergelesen werden. Das letztere pflege am meisten zu geschehen, weil es auf 4. Bogen lang wäre, und viele Worte von fremden Sprachen in sich enthalte. Eben dieser Gefangene bekannte, daß dieses Gebet erstaunend anzuhören, weil darinnen, weil darinnen GOtt und alle heilige Engel beschworen würden, daß sie den heiligen

Das Christophelgebet — Die Christophelbeschwörung in Lauda Christoph, als den grossen Herrn der Schätze, sollen aus dem Himmel kommen lassen, damit er die unterirdischen Geilster nöthigen möchte, Geld und Gut zu bringen. Woferne nun solches zum erstenmal nichts würcke, so erfolge darauf eine andere und noch härtere Beschwörung: wenn auch diese noch nicht zulänglich, daß der Geist noch nicht mit seiner Hülfe erscheinen wolte, so würde ausser dem vorigen noch ein anders Gebet verrichtet, welches der eigentliche Höllen-Zwang sey. Worauf alsdenn der Geist erscheinen mäste, wenn er auch in den innersten Abgrün­ den verborgen wäre. Von den Formalien dieser Beschwörung wolte der Jnquisit keines auswendig wissen, unter dem Vorwand, daß sie viel zu lang wären, und dahero nicht fönten im Gedächtniß behalten werden. Sie hätten die Sache vor etlichen Jahren einmal practiciret, da denn der Geist einen grossen Zwerch-Sack mit Geld gebracht; als sie aber eben über dem Empfang dessen gewesen, wäre ein Lerm auf der Gasse ent­ standen, daß das Haus brenne, (indem der Geist den Ruß in der FeuerMauer angezündet gehabt,) darüber sie hätten entlaufen müssen; der Geist aber wäre mit seinem Gelde bald wieder verschwunden. Das war also der fatale Ausgang dieser Narren-Comödie. Jnquisit gestand ferner zu, daß sie dergleichen Eeister-Bann zur andern Zeit wieder vorgenom­ men hätten; allein die Sache wäre ihnen ebenfalls nicht wohl gelungen, weil der Geist mit einem entsetzlichen Wind gekommen, daß sie gemeynet, das gantze Haus würde einfallen: dahero wären sie wieder ent­ laufen, und hätten alles im Stich lassen müssen. Dieses ist extrahirt aus den Acten, Marckt-Lenckersheim den 30. Junii 1733. subscripsit George Christoph - - - Amts-Voigt. Was etwa dieser Nachricht an Glaubwürdig­ keit abgehen solle, das ersetzet dißfalls ein ander Communicatum eines vornehmen Theologi dieses Marggrafthums, der es als ein päbstliches Autographum aus Wien mit heraus gebracht hat; darinnen denn ge­ meldet wird, daß es von 2. Ehrwürdigen PP. der Societät JEsu wäre bestätiget worden. Ich trage aber Bedencken, dieses Communicatum allhier mit beyzufügen. So viel versichere ich, daß alles genau darinnen specificiret sey, mit was vor besondern Umständen es müsse gebraucht werden. Am Ende ist auch eine zuverläßige Nachricht beygefüget, von Formirung der 3. Creyse, und was in einem jeglichen vor Namen gegen die 4. Gegenden der Welt eingeschrieben werden müsten. Gewiß, es stunden mir die Hare zu Berge, als ich dieses gelesen. 177. Die Christophelbeschwörung in Lauda

Extract eines Briefes, welcher von Lauda aus, im Würtzburger Biß­ thum gelegen, von einer sichern und gewissen Feder anhero nach Bam­ berg ist überschicket worden, das erschreckliche daselbst paßirte Exempel betreffend, folgenden Inhalts: Es haben sich allhier zu Lauda drey be­ sondere Leute ins geheim zusammen gesellet: der erstere mit Namen Junckelmann, ein Fleischhacker seines Handwercks, insgemein aber der Staffel-Wirth genennet, welchen Namen er von seinem Hause her hat;

Die Christophelbeschwörung in Lauda

sonst aber ist er gebürtig von Waltheim, und seines Alters viertzig Jahr. Der andere heilst Jacob Schulden, von Erünensfeld gebürtig, seiner Profession nach ein Krämer; obwol sein Kram noch nicht zu Stande ge­ wesen, weil es ihm an Mitteln gefehlet. Der dritte war dieses letztern sein Haus-Knecht, gebürtig von Beckstein, seines Alters zwey und zwantzig Jahr. Diese drey zusammen haben sich nun unternommen, dergleichen Eebeter-Beschwörung an den grossen Christoph zu thun. Das 1733. Jahr, dessen 18. Jan. war der fatale Termin, da sie ansiengen, dieses Gespötte zu treiben. Denn, nachdem sie einige Gebete zuvor verrichtet, haben diese drey Leute zu Eerlachsheim bey den Ehrwürdigem PP. Prämonstratenser-Ordens ihre Beichte abgeleget, und den folgenden 19. Jan. darauf in des obbenamten Schuldens Haus und dessen Ober­ stube das Beschwörungs-Ceremoniel recht angefangen; da sich indessen seine Frau mit ihren Kindern in dem untern Stockwerck aufhielte. Bey diesen Umständen begab sich nun, datz in der Nacht zwischen 11. und 12. Uhr zu der Thüre etwas hinein gegangen kam, und vor der untern Stuben-Thür ein entsetzliches Gepolter und Brüllen verursachte; wie die Frau dihfalls zuverlässig ausgesagt, als sie auf dem Rathhause deswegen ist zur Rede gefetzet worden. Als sie sich nun bey diesen greulichen und fürchterlichen Umständen nebst ihren Kindern aus lauter Schrecken hin­ ter den Ofen retiriret, gieng das Brüllen von der untern Stuben-Thüre hinweg, und gieng die Treppe hinauf nach der obern Stuben-Thüre zu. Sobald das Gespenst daselbst angelanget, that es einen so entsetzlichen Tritt vor dieser Stuben-Thür, daß das Haus davon erzitterte; gieng aber sogleich die Stiegen wieder herab. Ohngefehr eine Stunde darnach kam das Brüllen und Poltern wieder zur Haus-Thüre hinein, und levmete eben so greulich als zuvor. Eieng darauf die Treppe wiederum hinauf mit solchem Rasseln und Klappern, datz man vermeynen sollen, es wäre alles mit Ketten behängen. Bald darauf geschahe wiederum ein Tritt vor der obern Stuben-Thür, wo die drey benamten Personen waren, datz die Frau mit ihren Kindern vermeynte, die Ziegeln vom Dache würden herunter fallen müssen. So bald diese heftige Erschütterung vor­ gegangen, wurde in der obern Stube ein grosses Getöse gehöret, worauf es aber bald wieder stille war. Weil nun die drey Geister-Banner der Frau im Hause zuvor vest eingebunden, sie solte ja nicht aus der Stube gehen, es möchte im Hause poltern wie es wollte; ingleichen, datz sie auch des andern Tages, nemlich den 20. Jan. an dem Tage St. Sebastian, nicht gar zu frühe sollte in die Stube gehen, so hat sie diesen Vorschriften Folge geleistet, und ist dahero nicht so balde, als es sonst möglich ge­ wesen, zu diesem geschehenen Spectacul gekommen. Als sie aber lang genug gewartet zu haben vermeynte, gieng sie hinauf, um nachzusehen, wie es mit diesen Leuten stünde. Da sahe sie nun diese traurige Begeben­ heit mit Augen: sie fand ihren Mann todt auf dem Angesicht liegen; der andere lag auf den Knien, und hielt die Hände vor das Gesichte, und war ebenfalls todt. Der dritte -aber, nemlich des Schulden fein Haus­ knecht lag neben der Bettlade, welche oben in der Stube stunde. Es war

Die Christophelbeschwörung in Lauda — Grosses Schatz frühe um sechs Uhr, als die Frau nach ihnen sahe. Der Knecht lebte noch bis Mittag um 11 Uhr, doch ohne das geringste Gefühl und Ver­ stand, so daß ihm weiter kein Leben, als der wenige aus- und ein­ gehende Athem noch übrig war. Der Herr Kapellan war doch noch so barmhertzig, daß er ihm die letzte Ölung mittheilete. Man ließ alsobald einen Doctor von Bischofsheim, ingleichen Bader und Balbierer, samt etlichen aus dem Rath Berufenen herbey holen, in deren Gegenwart sie geöffnet wurden. Denn weil die Frau nicht sogleich den gantzen Grund entdeckete, war man der Meynung, es wäre ihnen irgend etwan ein Gift beygebracht worden. Man fände aber nicht, woraus man solches hätte vermuthen können, sondern nur diesen merckwürdigen Umstand, daß ihnen das Blut zu Mund und Nase und Ohren heraus geflossen. An dem Genicke sahe man, daß es verrückt war. Das Gebet, samt den andern dabey gebrauchten Sachen, hat die Frau müssen heraus geben. Nach diesem sind die todten Körper acht Tage liegen blieben, bis man die Sache von Würtzburg aus weiter untersuchet hat. Darauf sind auf gnädigsten Befehl dieselben drey Männer durch den Wasenmeister abends um acht Uhr auf einem Schinder-Karren hinaus geführet, der Knecht aber ist hinter dem Frey-Hof auserhalb der Mauer verscharrt worden, dem sein eigener Vater das Grab gemacht. Das ist der gründliche Bericht von dieser erschrecklichen Begebenheit und deren traurigen Endschast. Aus diesem und dergleichen traurigen Exempeln kanst du, lieber Andrenio, sehen, wie listig der Teufel sich auch in einen Engel des Lichts verstellen könne, und wie er sogar unter dem Schein der Gottseligkeit die Menschen in das Verderben zu führen trachte. 178. Grosses Schatz Der berühmte Conrad Grosse, ein Bürger in Nürnberg, dessen Ge­ schlechte man vormals die Heintzen genennet, hat Ao. 1333. einsmals geträumet, er liege an einem kleinen Hügel in seinem Garten, und wenn er an diesem Ort würde aufgraben lassen, würde er einen grossen Schatz daselbst antreffen. Zum Beweist und Zeichen der Wahrheit dieser träu­ menden Anrede ist es ihm im Schlafe vorgekommen, als wenn er eine Hand voll Linden-Vlätter dahin geworfen. Als er nun folgenden Tages in den Garten gegangen, erinnert er sich wiederum seines gehabten Traums, siehet auch an bemeldetem Orte im Grase ein solches Lager, als wenn ein Mensch allda gelegen hätte; ingleichen findet er die 23. LindenBlätter, welche ihm zum Merckmahl gegeben worden. Darauf hat benamter Herr Grosse allda aufgraben lassen, und einen so unbeschreib­ lichen grossen Schatz an Geld, Gold und Silber gefunden, daß er davon das Reichs-Schultheissen-Amt, nebst der Müntze und Zoll, von dem Reiche Psands-weise in Lehnung nehmen können; welches ihm auch vom Kayser Carl IV. auf seine g,nutze Familie bestätiget worden. Uber dem hat er von dem Rath der Stadt Nürnberg das Jungfer-Kloster zum Himmels-Thron erkauft; welches nachgehends in die Burg Eründlach

Grosses Schatz ist vorsetzet worden. An die Stelle dieses Closters hat er ferner von diesem grossen Schatze die herrliche Spital-Kirche zum Heil. Geist, dar­ innen die Reliquien und Reichs-Kleinodien heut zu Tage verwahret werden, samt dem Spital auferbauet, und grosse Stiftungen darzu ver­ macht. Als Anno 1341. vom Kayser Ludovico Bavaro, auf Anhalten einiger Fürstlichen und Adelichen Nonnen, das Clofter Pillenruth, in der Gegend Kornburg, folte erbauet werden; so hat dieser Conrad Grosse ein gantzes Land-Euth mit allen Einkünften darzu verschencket. Mit einem Wort, die wunderbare Gnade EOttes hat diesen Bürger so reich gemacht, daß er Fürsten und grossen Herren ditzfalls gleich gewesen. Ob aber benamter Herr Grosse durch seine vermeynten guten Wercke, welche er mit diesem Schatz ausgeführet, den Absichten EOttes gemäs gehandelt habe, mögen andere beurtheilen. Ich vor meine Person wolle vielmehr sagen, daß er, nach dem Sprüchwort zu reden, das Wasser in den Flutz getragen, und besser gethan hätte, wenn er sich statt dessen mit den Armen Christi recht brüderlich getheilet. Denn eben die Auferbauung grosser Kirchen-Palläste, die Stiftungen vieler Clöster, waren die eigent­ lichen Ursachen des Verfalls des wahren Christenthums. Durch dergleichen falsch-berühmte guten Wercke hat man den Mönchen und Nonnen, ja überhaupt der gantzen Geistlichkeit Gelegenheit gegeben, der Wollust, dem Ehrgeitz, und dem Mammon zu dienen. Doch mag die Meynung solcher Stiftet an sich selber gut genug -gewesen seyn. Vesser aber hat ditzfalls gethan der Griechische Kayser Tiberiusii. der im VI. Seculo nach Christi Geburt gelebet. Dieser fromme Herr war gegen die Armen so freygebig, datz ihm des verstorbenen Kaysers Justiniani n. Gemahlin, Sophia, solches öfters verwiesen hat. Er muste von ihr deswegen öfters diese Worte anhören, datz er in kurtzer Zeit wieder durchbringe, was sie in vielen Jahren ersparet habe. Die Antwort des Kaysers auf der­ gleichen unbilligen Vorwurf war sehr Christlich; er sprach nemlich zu ihr: Er habe das vollkommene Vertrauen zu EOtt, es werde ihm an Gelde niemals mangeln, so lange er denen Armen Gutes thun werde. Und geroitz, es hat ihm auch dieses göttliche Vertrauen nicht fehl ge­ schlagen. Denn als er einsmals in dem Kayserlichen Pallast spatziren gieng, und wahrnahm, datz auf dem Boden das Creutz Christi in einem Marmorstein eingegraben wäre, hielt er vor unrecht, dasselbe mit den Füssen zu betreten, und befahl dahero, solchen Stein auszuheben, und einen andern dafür einzulegen. Als man nun diesen Marmoystein weg­ nahm, fand man unter demselben einen andern Stein, gleichfalls mit einem Creutz bezeichnet, und unter diesem den dritten. Endlich aber, als man diesen letzern aufgehoben, einen grossen Schatz von mehr als 1000000 Der fromme Kayser machte sich ein Vergnügen, dieses Eeschencke des HErrn ebenfalls wiederum grösten Theils zur Verpflegung der Armen anzuwenden. Auch ist diesem Kayser der grosse Schatz des Narfetii zu theile worden. Dieser Narses war ein Kriegs-Oberster Kay­ sers Justiniani I. an des berühmten Belisarii Stelle. Als er nun einen unsäglichen Reichthum von allen Orten zusammen gescharret hatte, lietz

Grosses Schatz — Des Krummen Stoffel Silberader er denselben in eine liesse Grube vergraben, und alle diejenigen todten, welche Wissenschaft davon gehabt. Es war aber, dem ohngeachtet, ein kleiner unschuldiger Knabe übrig geblieben, der etwas daroon wüste. Selbiger war nun zu Zeiten dieses Kaysers Tiberii schon ein alter Mann. Es fügte sich aber von ohngefehr, daß er sich von seiner Kindheit an dessen wiederum erinnerte, und solches dem Kayser offenbahrete. Als nun der Kayfer den angezeigten Ort hat aufgraben lassen, Hai er eine solche Menge Goldes und Silbers darinnen gefunden, daß man etliche Tage daran austragen müssen. Darauf hat er von dieser Aus­ beute wiederum sehr reichlich unter die armen Brüder Christi aus­ getheilet. 179. Des Krummen Stoffel Silberader

In Tyrol in einem bekannten Marcktflecken, Schwartz genannt, wohnete ein armer einfältiger Bürger, mit Namen Christoph Tonauer, wel­ chen man insgeheim den Krummen Stoffel zu nennen pflegte, weil er an einem Beine lahm war, und auf die Jahrmärckte mit Rofen-Cräntzen und Agnus Dei herum zog. Sein gantzer Kram mag etwa 6 X ausge­ machet haben. Mit einem Worte, es war ein armer Mann, der sich kümmerlich ernähren muste. Nach und nach brachte er etwa so viel mit seinem Handel und Wandel zusammen, daß er eine andere Lebens-Art anfangen fönte. Er gab seinen vorigen mühsamen Kram völlig auf, und steng an Entzian-Wurtzel-Brantwein zu brennen, weil dieselbe in dem Gebirge sehr häufig wächst. Dieses Unternehmen verfchaffete ihm seinen nothdürftigen Unterhalt. Einsmals aber, da er diese Gebirge durch­ kletterte, und sichs sehr sauer werden liesse, legte er sich zwischen 2 Klip­ pen im Schatten nieder, und wollte ein wenig ausruhen. Er schlummerte darüber ein, und empfieng in einem Traum diese erfreuliche Nachricht, daß er bald ein reicher Mann werden sollte; dabey bauchte ihm, als wenn er auf goldenem Kieß schlieffe. Als er über diesem Traum er­ wachte, muste er sich nicht wenig über denselben verwundern, weil er aus einem armen Brantewein-Brenner sogleich ein reicher Herr werden sollte. Nachdem er nun von seinem Lager aufgestanden, sahe er etwa 50 Schritt von sich ein kleines Männlein vor ihm hergehen, welches Gesicht ihn in ein nicht geringes Schrecken versetzte, weil er wohl Zeit seines Lebens keine dergleichen kleine Gestalt eines Menschen jemals gesehen hatte. Doch erholte er sich, und gieng dem Männgen nach, so starck als er konte. Allein er tonte es doch nicht einholen, so viel er sich auch dißfalls Mühe gab. Er war also nur darauf bedacht, daß er es nicht aus den Augen kommen liesse. Endlich sahe er in einer Klippen eine Höle, in welche dieses Männgen hinein gieng, und sich aus seinen Augen verlor. Da stund er bey sich selbst an, ob er weiter nachfolgen sollte. Er erinnerte sich aber seines Traums, und glaubte, es sey ihm was Gutes bescheret. Er kniet darauf nieder, hebt an zu beten, und gehet in diese Höle hinein. Da fand er zwar kein Männgen mehr, allein et hörete an dessen statt etwas, als wenn jemand noch tiefer drinnen mit einem

Des Krummen Stoffel Silberader — Der Schatz des Erhängten Berg-Hammer an dem Felsen arbeitete; welches ihm einiges Schrecken einjagte. Er faßte sich aber ein neues Hertz, und als er hier und da herum sahe, nahm er wahr, daß eine gläntzende Ader durch den Felsen liefe, an welcher etwas von gediegenem Silber war. Er nahm davon so viel als er herunter bringen tonte zu sich, und probirte mit seinem Erabe-Eisen, mit welchem er sonst die Wurtzeln ausgrube, ob sich etwas von dem Ertzte abschlagen liesse: es gelunge ihm auch damit in so weit, daß er einen ziemlichen Antheil davon überkam, und zu den gegrabenen Wurtzeln in seinen Rantzen steckte. Diese fruchtbare Hole bemerckete er sich mit einem abgebrochenen Wacholder-Strauch, daran er seinen RosenCrantz hienge. Mit dieser seiner Beute eilete er zurück in den Flecken, wo er wohnete: offenbarte die Sache 2 reichen Bürgern; wiese ihnen das Ertzt, und erzehlete ihnen den gantzen Verlauf der Sache, nebst sei­ nem gehabten Traume. Diese giengen mit ihm zu den entdeckten Klip­ pen, fanden auch alles, wie er es ausgesaget hatte. Sie machten gleich unter der Hand Anstalt, (ohne der Obrigkeit etwas darvon wissen zu lassen,) ein Bergwerck durch etliche darzu beruffene Knappen-Ältesten anzulegen. Kaum aber hatten sie es zu einigen Aufnehmen gebracht, so erfuhr es die Regierung zu Jnsprug; welche nach Untersuchung der Sache den krummen Tonauer in einem Thurm gefangen setzte, die an­ dern zwey aber zu grosser Geld-Strafe condemnirte. Die Regierung setzte nunmehro diese angefangene Arbeit ferner fort; allein, was ge­ schahe? die Silber-Ader verlohr sich, daß man keine Spuhr davon mehr finden tonte. Daraus tonte man nun augenscheinlich sehen, daß es nur diesem Tonauer allein bescheret gewesen. Denn nachdem er wieder los­ gelassen wurde, hat er selbige gleich wieder entdeckt; darauf man ihm das Bergwerck zuerkannt, und die Regierung sich gefallen lassen muste, mit einer gewissen Summa Geldes zufrieden zu seyn. In wenig Jahren hat dieser Mann an Reichthum so zugenommen, daß er hundert BergKnappen erhalten können, und drey Häuser erkaufet hat. Als er nun diese in eins bringen wolle, muffte sich es fügen, daß er von neuem zwey ansehnliche Schätze fände, welche in dem Schweden-Krieg etwan waren vermauret worden. Als dieser Mann verstorben, hat er seinem Sohn 500000. fl. an barem Gelde, ohne die erkauften Güter, hinter­ lassen; übrigens auch noch viele Stiftungen angerichtet. Merckwürdig aber ist es, daß dieser Reichthum bey den Erben bald wiederum zu schwinden angefangen, indem sie weiblicher Seite sehr unglückliche Hey­ rathen gethan, und der männlichen Linie nach bey nahe ausgestorben, und also das meiste davon gar bald in fremde Hände gerathen ist. 180. Der Schatz des Erhängten Ein Kaufmann in Saltzburg trieb gute Zeit eine sehr oortheilhafte Nahrung, verheyrathete auch drey Töchter; welchen er zwar nichts mit­ gab, sondern seine Schwieger-Söhne des Capitals wegen bis auf seinen Tod vertröstete, und ihnen also indessen ein Gewisies jährlich aus seiner

Der Schatz des Erhängten — Der Peterneller Schatz Handlung zukommen ließ, mit welchem sie auch zufrieden waren. Wider alles Vermuthen aber gerieth seine Handlung nach und nach ins Stecken. Er pflegte sonst die Märckte zu Bautzen, Halle, und Lütz zu besuchen. Nach einiger Zeit setzte er, unterm Vorwand einer Unpäßlichkeit, sonder­ lich den ersten Jahrmarckt zu Bautzen aus, weil er in voriger Messe einen Wechsel daselbst prolongiret hatte, und selbigen zu zahlen nicht im Stande war, also nothwendig banquerot werden muste. Unterm Vor­ wand der Kranckheit gieng er nun eine Zeitlang gantz tiefsinnig in Eedancken herum, indem er sich vor seinen Schwieger-Söhnen nicht gerne bloß geben wolte; gerieth also je mehr und mehr in eine Melancholey, und machte bey sich den endlichen Schluß, sich zu erhencken. Er nahm auch würcklich einen dichten Strick zu sich, gieng in seinen vorm Thore liegenden Garten, besähe hin und wieder die Bäume, welcher ihm etwa zu seiner verdammten Ruhestelle dienen solte. Er wählete endlich einen alten Birnbaum: und als er sich allenthalben wohl herum gesehen, ob jemand zugegen wäre, niemand aber gewahr wurde, legte er sich den Strick um den Hals, bestieg den Baum, machte den Strick an einem der stärckesten Äste veste, und stürtzte sich also in Verzweiflung herunter. Aber was geschieht? durch das Gewichte dieses schweren Cörpers wird der alte Daum zerspalten, daß dieser, der der Luft nicht würdig war, zusamt dem Aste auf die Erde fallen muste. Als der gute Mann (oder vielmehr Bösewicht) sich so erniedrigt sahe, und über den unvermutheten Fall sich verwunderte, stund er endlich auf, um den Baum zu be­ sehen, welcher seines gleichen Früchte nicht ertragen wolle. Beym eisten Anblick des Risses fand er, daß der Baum inwendig gantz hohl war: in dieser Höhlung sahe er 3. mit altem Pergament verbundene Töpfe, die­ selben machte er auf, und fand darinnen lauter Ducaten, nebst einer güldenen Kette, und zwey Arm-Bändern. In dem andern aber alte Thaler und etwas Silber-Geschmeide. Da hatte seine Melancholie auf einmal ein Ende. Er vergrub den Strick zum Andencken in die Erde, legte auch das übrige Geld, welches er nicht fortbringen fönte, zugleich mit bey, holte solches nach und nach in sein Haus, bezahlete seinen Wech­ sel, und erhielt seinen alten Credit: fieng aber bald darauf ein lieder­ liches Leben an, daß er zuletzt gar an den Bettelstab geriethe, und also seine Schwieger-Söhne leer ausgehen musten.

181. Der Peterneller Schatz 7. Meilen von Wien ist ein grosser Flecken nebst einem schönen Schlosse an den Ungarischen Erentzen, Peternell genannt, welcher vor Alters eine sehr berühmte Stadt war; wie man aus dem eingefallenen Ge­ mäuer zur Enüge sehen kan. Es haben sich dahero viele Schatz-Gräber allhier eingefunden, um ihre Kunst zu probiren, in Hoffnung grosse Schätze zu finden; sie sind aber, meines Wissens, alle mit Wind wieder zuruck gewiesen worden. Einsmals gieng ein Bürger aus Preßburg durch selbige Gegend, welcher von einem üblen Schuldmann ein gewisses

Der Peterneller Schatz — Die Wiener Schatzbeschwörung

Geld, auf welches er lange Staat gemachet hatte, eincaßiren walte, um seine schwere Wirthschaft damit zu unterhalten. Er muste sich aber, wie es zu gehen pfleget, mit leeren Worten abspeisen lassen, und also mit traurigen Gedancken wieder zurück kehren. Als er nun an diesen Ort kömmt, setzet er sich auf einen grossen Stein nieder, um ein wenig aus­ zuruhen; da siehet er von ohngefehr eine Öffnung von einem eingefalle­ nen Keller, welche er sonst niemals, so oft er diesen Weg gegangen, wahrgenommen hatte. Er dachte bey sich selbst, es möchte ihm vielleicht hier etwas bescheret seyn, weil man doch so vieles darvon zu sprechen wisse, daß in dieser Gegend herum grosse Schätze sollen vergraben lie­ gen. Er kniete nieder, und betete ein andächtiges Vater Unser, zog sei­ nen Rock aus, gieng in die Öffnung hinein, und sahe sich, wiewol nicht ohne Grauen, darinnen um. Da erblickte er in einer Ecke dieses grossen Kellers ein kleines Licht, welches gantz blau brannte: er gieng auf sel­ biges zu, und warf seinen Hut darauf; wie dergleichen einfältige Leute zu thun pflegen, wenn sie in der Hoffnung stehen, einen Schatz zu fin­ den: griff darauf um sich herum, nachdem das Licht verloschen, und be­ kam unterschiedliche Sorten von Müntzen in seine Hand, welche er aber im Finstern nicht erkennen tonte; steckte sie also bey sich, griff weiter, und bekam noch etliche Hände voll, mit welchen er seinen Hut ausfüllete. Mit dieser Ausbeute gieng er nun nach Hause; wiese sie diesen und jenen, aber niemand wolle diese Müntze kennen; bis endlich die gantze Sache an die Ungarische Cantzley gelangte, vor welche er citiret wurde, und die Sache nach allen ihren Umständen erzehlen muste. Darauf wurden ihm gewisse Deputirte von der Stadt zugeordnet, welche mit ihm an diese Gegend, wo er solchen Schatz gefunden, gehen sollen. Als sie aber dahin kommen, ist ihm nicht möglich gewesen, diesen Ort wieder zu fin­ den. Die Müntzen, welche benamten Bürger bescheret gewesen, waren alte Römische Stücke, und trugen am Werth 309. fl. aus. Sie wurden ihm ausgewechselt, und in verschiedene Medaillen-Cabineter verschicket. 182. Die Wiener Schatzbeschwörung Ich habe gehöret, dasi in den Vorstädten der Kayserl. Residentz-Stadt von einem vornehmen Frantzösischen Minister, welcher als Gesandter an dem Kayserlichen Hofe war, in einem gewissen Garten ein Schatz sey gesuchet worden, welchen man, wie man vorgibt, in der ersten Be­ lagerung Wien dorthin soll vergraben haben. Bey dieser Beschwörung sollen sehr merckwürdige Umstände vorgegangen seyn, welche ich dahero gerne von dir vernehmen möchte. So stille man geglaubt hat diese Sache zu trvctiren, so kündbar wurde sie doch innerhalb wenig Tagen in der gantzen Stadt. Es wurde ein solches Aufsehen darüber gemacht, daß sich derselbe Minister auf den so genannten Kalenberg in das dasige Closter retiriren muste, um den Leuten aus den Augen zu kommen. Dieser gute Herr muste sich also gefallen lasten, aus einem Schatz-Graber ein halber Mönch zu werden.

Die Wiener Schatzbeschwörung Ich will dir die gantze Sache in ihrer Ordnung erzehlen, rote sie mir vor eitrigen Wochen von Wien aus zugesendet worden. Es gieng nemlich besagter Minister am Erünen-Donnerstag nebst zwey Ordens-Brüdern, und einem andern in der fchwartzen und meisten Kunst sehr wohl er­ fahrnen Meister, zusammen hinaus in den sogenannten Au-Earten, welcher ausserhalb der Leopold-Stadt liegt. Ihr Vorwand war, sie wol­ len eine Promenade machen. Sie liessen auch würcklich abends bey dem Wild-Wärter eine Fasten-Collation zurichten; da sie unterdessen sich eine jährige Hasel-Staude ausgesucht, von welcher sie die WünschelRuthe schneiden wolten. Zu dieser Ceremonie hatten sie zuvor in einer gewissen Constellation ein Messer mit 3. fjt und den Planetischen Zei­ chen der O und des }) schneiden lassen. Darauf bezeichneten sie selbige Staude mit einer darauf gehängten priesterlichen Stolle, und schmierten etwas vom heil. Chrysam dran, welcher eben an demselben Tag war consecrirt worden. Sie verweilten sich auch indessen in dem Hause des Wild-Aufsehers. Als die Mitternacht heran rückte, begaben sie sich wie­ der dahin, und schnitten diese geheiligte Ruthe ab, bedienten sich darbey einer gewissen Beschwörungs-Formul; welche ich aber hieher zu setzen Bedencken trage. Mit einem Wort, sie wolten derselbigen solche Kraft dadurch einprägen, als etwan der Stab Mösts mag gehabt haben. Wie weit es ihnen darinnen geglücket, wird sich bald zeigen. Nach diesen ver­ richteten Ceremonien ruheten sie die übrige Nacht aus, und giengen gantz frühe in die Stadt, die Mönche aber in ihr Closter, um sich der gewöhnlichen Fasten bis auf die Oster-Nacht zu bedienen. Darauf kamen sie abgeredter masten am heiligen Oster-Abend um 7. Uhr mit allen Nothwendigkeiten in dem bewusten Garten zusammen, um alles zu ver­ anstalten, was sie zu ihrer Eeister-Beschwörung nöthig hätten. Gegen halb 12. Uhr, da die 12. geweyheten Lichter schon in dem Creyß ange­ zündet waren, giengen sie an den Ort des vermeynten Schatzes, welchen sie durch das Schlagen der Ruthe ausgeforschet zu haben glaubten. Die 2 Mönche zogen ihre Priesterliche Kleidung an, der Minister aber und die 2 andern ihre meiste Hembden, welche durch eine 12-jährige Jung­ frau hatten müssen verfertiget werden. Als dieses geschehen, stetigen sie, ohne ferner ein Wort zu sprechen, zusammen an, die so genannten 15 Psalmos graduales, (oder Staffel-Psalmen,) auf den Knien zu beten; nach diesen auf den Gesichtern liegend die Litaney von Allen Heiligen: darauf ruheten sie etwas aus, bis in der Haupt-Kirche zu St. Stephan der Seiger schlug. Sobald man denselben schlagen hörete, stetig der Meister der Kunst an, zwischen den Zauber-Lichtern seinen ZauberCreys zu formiren, in welchem jedweder auf seinem ihm angewiesenen Ort stehen bleiben muste. Die Beschwörung nahm also ihren Anfang, und daurete wohl eine halbe Stunde fort, ehe sie die geringsten Wahr­ zeichen eines gehorsamen Geistes spüren konten. Sie wioderholeten die Beschwörung, aber es war wieder ohne Würckung. Darauf stetigen sie die dritte und stärckste an. Alsbald erhub sich ein grausamer Wind, wel­ cher den Mönch und den Minister zu Boden schmiß: die andern drey

Die Wiener Schatzbeicywörung — Die Wünschelrute des Böhmen tonten sich dawider kaum erhalten. Alle Lichter wurden ausgelöscht, auch so gar diejenigen, welche sie in den Laternen versteckt hatten. Endlich kam etwas sporenstreichs auf sie zu geritten, und erblickten sie in der Finsterniß ein blandes Schwerdt: (nach der Aussage soll der Geist in Türckischer Kleidung erschienen seyn,) galoppirte aber vor sie vorbey. Darauf entstund noch ein grösseres Sauften und Brausten eines gewal­ tigen Windes, welcher sie abermals insgesamt zu boden schmisse, und sie dergestalt betäubete, daß keiner wüste wie ihm zu muthe war, bis cs Tag wurde, und sie in etwas zu sich selbst gekommen waren. Da sahen sie nun einander in voller Verwunderung an, waren so blaß wie die Leichen, und musten also unverrichteter Sachen wieder nach Hause ge­ hen. Der Minister wurde auf 14 Tage bettlägrig, ehe er sich nach dem Kalenberge retirirte; und derjenige, so diese gantze Geschichte aus­ gesaget hat, bekam eine garstige Krätze über das Angesicht. Was die 3 andern davon getragen, hat man nicht erfahren können. Und das ist die eigentliche Beschaffenheit dieser Geschichte, welche sich 1723. in der Wie­ ner-Vorstadt zugetragen hat. Es werden vielleicht die meisten davon, absonderlich der Minister, in Paris noch ant Leben seyn. 183. Wünschelrute im Amt

Ich habe selbst eine Wiinschelruthe gesehen; sie war von messingenen Drath, und hatte gewisse Characteres an sich. Mit derselben fönte ein gewisser Actuarius in einem vornehmen Amte lange verlegte ProceßSachen in wenig Minuten aufsuchen. Er hat mir selbst auf mein Ver­ langen einen vor 37 Jahren gehaltenen Criminal-Proceß wegen Ent­ hauptung einer gewissen Weibs-Person in drey Minuten aufgesuchet; auch habe ich selbst mit angesehen, wie diese Ruthe auf die verlegten Acten, die wir suchten, geschlagen hat. Wie es zugegangen, laß ich dahin gestellet seyn. Die neuern Philosophi haben von einigen Alten die Lehre von dem Ausfluß der Atomen abgeborget, um diese Sachen zu erklären; und wollen behaupten, daß dergleichen Atomen gleichsam ein Drittes oder Gemischtes Wesen wären, darinnen thätige Kraft und leidende Fähig­ keit zugleich enthalten. Aus diesem Grunde haben die meisten alle Sym­ pathie und Antipathie hergeleitet. Sonderlich hat Gassendus diese Sache durch ein kurtzweiliges Exempel beweisen wollen, da er vorgiebt ge­ sehen zu haben, wie eine gantze Heerde Schweine in vollem Treiben sich gegen einem Fleischer wendeten, und ihn angruntzeten, oder vielmehr als ihren abgesagten Feind mit scheelen Augen ansahen. Ja, er führet noch ein ander Exempel an. 184. Die Wünschelrute des Böhmen

Zu einem gewissen Prediger in Ahlfeld kommt ein Berg-Knappe und bittet vor der Thür um eine Gabe; der Prediger giebt ihm ein All-

Die Wünschelrute des Böhmen — Der verlorene Schatz des Klosters Malin

tnofen, fragt ihn aber zugleich dabey, ob er nicht am Fichtelberg gearbei­ tet? Er antwortet mit Nein, und sagt, daß er aus Böhmen sey, und habe sich letztens in dem Schwartzenbergischen aufgehalten; daselbst habe er Brunnen graben und Wasserquellen mit seiner Wünschelruthe auf­ suchen müssen. Als der Pfarrer dieses vernahm, ließ er ihn zu sich in die Stube kommen, und befragte ihn, wie er diese Ruthen zu brechen und zu brauchen pflege? Der Berg-Knappe gab zur Antwort, daß er keine breche, sondern dieselbe allezeit bey sich führe, um feine eigene Ruthe aller Orten brauchen zu können. Als nun der Pfarrer sie zu sehen ver­ langte, zog er sie aus seinem Rantzen hervor. Sie war zwar von der Haselstaude, aber ohne Zwiesel, und nicht wie sie sonst beschrieben wird. Als er ihn deswegen befragte, gab ihm der Berg-Knappe zu verstehen, daß dieses auch nicht die eigentliche Wünschelruthe wäre, als welche viel­ mehr zwischen diesen zween Stöcken enthalten, und eine von gelben, die andere von weissen Metzing-Drath gewunden wäre. Darauf nahm er eine mit verkehrter Hand, wie es sonst erfordert wird, und sprach darzu: Omatergrom; alsbald wunde sich der Stiel von vorne hinaus, und schlug auf und nieder. Als dieses geschehen, sagte er: Er könne nunmehro anzeigen, was in dem Hause verborgen wäre, es möge ein Schatz oder Gespenst seyn. Der Pfarrer fragte ihn ferner, was er dabey ge­ sprochen habe? er antwortete ihm, es sey ein Hebräisches Wort. AIs ihm nun von ohngefehr das Onoma tetragrammaton beyfällt, und der Pfarrer solches vor dem Berg-Knappen ausspricht, so fängt dieser so gleich an, und sagt ihm, daß eben dieses das rechte Wort wäre, er könne es nur nicht recht aussprechen. Der Prediger gab ihm darauf zu bedencken, daß solches ein sündlicher Mißbrauch des Namens EOttes wäre; darauf sagte der Berg-Knappe: Es sey eben nicht nöthig dieses Wort dabey zu brauchen, er könne die Ruthe auch in teutscher Sprache besprechen. Er nahm also die andere Ruthe auf vorige Weise in die Hand, und sprach: So wahr der HErr JEsus in der letzten Nacht sein heiliges Abendmahl mit seinen Jüngern gehalten, so wahr wolleist du anjetzo anzeigen, wozu du wirst gebrauchet werden. Darauf schlug die Ruthe eben so wie die vorige herum, daß sich der Pfarrer darüber ent­ setzte, und einen Schauer bekam, ließ ihn derowogen bald wieder fort wandern. 185. Der verlorene Schatz des Klosters Malin

Ich entsinne mich eines gewissen grossen Schatzes, der in einem Bern­ hardiner Closter in Böhmen soll vergraben liegen. Man hat sich viel Mühe gegeben, denselben aufzusuchen, aber bis dato vergebens. Man ist darbey mit dem Nachsuchen so weit gegangen, daß man auch des neu aufgebauten Closters nicht einmal verschonet, sondern dessen Grund fast bis auf die Helfte ruiniret hat. Ja, was noch mehr, man hat so gar die ordentliche Landstrasse, so bey dem Closter vorbey gehet, un­ sicher gemacht, daß sie hat eine halbe Stunde darvon müssen verlegt

Der verlorene Schatz des Klosters Malin werden. Dieses Closter, Cistercienser Ordens, welches die eigentliche Mutter von vielen andern ist, heisset eigentlich Malin, und ist 4 Stun­ den vom Kuttenberg gelegen, und im 12ten Jahrhundert gebauet wor­ den. Man hat grosse Schätze und Reichthümer darinnen gesammlet, weil besonders dieser Orden nach seinem neuen Aufnehmen in Franckreich so glücklich gewesen, daß er durch seine äusserlich vorgegebene Heiligkeit vieler milden Christen Hertzen an sich gezogen. Denn diese Geistlichen müssen gäntzlich von der Welt entfernet leben und können ihre Clöster nicht anders als in tiefen Thälern und dicken Wäldern erbauet werden. Es waren diese Ordens-Brüder darbey so klug, daß sie von ihren gesammleten Schätzen niemand das geringste erfahren liessen. Ja, in dem Closter selbst wüste nur der Abbt und die 2. Ältesten darvon: Wenn einer von diesen abgieng, wurde das Geheimniß wieder unter einem starcken Eyde einem andern vertrauet, so, daß kein Mönch den Ort wüste, wo er verwahret wurde. Es ereignete sich aber nach geraumer Zeit, daß Kayser Carl iv. zu der Bömischen und Kayserl. Erone ge­ langte. Dieser Herr nun, welcher meistens in Prange zu residiren pfle­ get«, und ein grosser Liebhaber von der Jagd war, kam auch meist in diese Gegend, und speisete mit diesen Mönchen, in Hoffnung, selbigen Schatz zu seihen, von welchem er so viel gehöret hatte. Nach geendigter Tafel that er dem Abbt dieses Closters den Vortrag: Er sötte ihm diesen Schatz weisen. Der Abbt erschrack darüber, und gab dem Kayser zu verstehen, daß er dieses vor sich nicht thun dürfe, sondern mit den zwey ältesten erst darvon sprechen müste. Er gieng also darvon, und ließ den Kayser im Eß-Saal alleine. Er kam aber bald wieder zurück, mit der Antwort, daß es kraft ihres Eydes eine gar unmögliche Sache wäre. Der Kayser wurde darüber noch mehr begierig den Schatz zu sehen, reckte die Finger in die Höhe, und schwur einen theuren Eyd, daß er keinem Menschen etwas darvon sagen wolle. Der Abbt erschrack darüber nicht wenig, weil er wohl wüste, daß er mit einem Kayser und zwar mit seinem eigenen Landes-Herrn zu thun habe; bat sich nochmals Erlaubniß aus, sich mit den 2. Ältesten deswegen zu unterreden. Der Kayser ge­ stund es zu. Der Abbt kam so gleich wieder, und sagte dem Kayser, daß die Sache nicht anders als mit der Bedingung geschehen könne, Jhro Kayserliche Majestät müsten sich so lange die Augen verbinden lasten, bis sie an bestimmtem Ort angekommen wären. Dieses war zwar ein harter Antrag vor einen Kayser, doch gieng er denselben ein, und ließ sich mit seinem eigenen Schnupf-Tuche die Augen verbinden, ließ sich also von diesen 3. Mönchen nach ihrem Willen Herum führen, biß sie ihm endlich die Augen wieder aufbanden, nachdem er ohngefehr eine halbe Stunde hin und her, auch über unterschiedliche Treppen, geführet worden. Da sahe er nun, daß ein jedweder Mönch eine grosse Laterne in Händen trüge, und daß sie in einem finstern Gange, nahe bey einer eisernen Pforte wären, vor welcher drey grosse Schlösser hiengen, zu denen jedweder von den 3. Mönchen einen Schlüstel hatte. AIs sie diese Pforte aufgemacht, kamen sie zuerst in ein grosses Gewölbe, in welchem

Der verlorene Schatz des Klosters Malin der Kayser ein übergüldetes Crucifix von Silber in Lebens-Grösse sahe, das mit dem Stamm 12. Schuh hoch wäre: die Maria und die 12. Apostel stunden auch in natürlicher Grösse da. Er sahe ferner 12. Kelche von maßioem Golde, mit Edelgesteinen besetzet; unterschiedliche Monstrantzen, nebst andern grossen Kostbarkeiten an Meßgewanden, die von EoldDrath wie die Pantzer zusammen gekettelt waren. Unter andern wurde ihm auch ein grosser eiserner Kasten gezeiget, welcher voll güldener Ringe, Ketten und Arm-Bändern war. Der Abbt des Clofters sagte zu ihm, er möchte sich zum Gedächtniß einen Ring darvon mitnehmen; welches der Kayser auch that, und selbigen an seinen Finger steckte. Nachdem er nun alles zur Enüge besehen, führeten sie ihn wieder her­ aus, verbanden ihm, wie zuvor, die Augen, bis sie ihn auf den Eß-Saal gebracht, woselbst der Kayser wieder sehend wurde. Der Kayser hatt« angemercket, daß die Zurückkehr nicht halb so lang als das Hingehen gewesen. Darauf nahm er Abschied von den Mönchen, gieng zu den ©einigen, und zeichnete alles in sein Handbuch, was selbigen Tag ge­ schehen war, ohne sonst jemand ein Wort davon zu sagen. Auch hat er seit seiner gantzen Regierung gegen niemand etwas darvon gedacht, sondern die Sache mit sich ins Grab genommen. Als aber sein Sohn Wentzel, der Faule, zur Regierung gekommen, und von ohngefehr ein­ mal dieses Tagbuch seines Vaters überlesen, worinnen er diese Geschichte fand, trieb ihn der Vorwitz, den darinnen erwehnten Ring zu besehen, obgleich der Vater den Befehl in seinem Handbuch beygefüget hatte, man solte ihm den mitgenommenen Ring am Finger stecken lassen. Der Kayser Wentzel ließ also nächtlicher Weile den Sarg seines Vaters öffnen, besähe den Ring, kante aber den Stein darinnen nicht kennen: doch begnügte er sich nur mit dem Ansehen, weil er ihn um seines Vaters Befehl willen nicht abziehen walte. Aber die Geld-Begierde reihte ihn an, diesen Schatz gleichfalls zu sehen, um vielleicht etwas mehrers darvon mitzunehmen. Er ließ also Anstalt machen, mit einer grossen Suite dahin zu reisen, unter welchen sich auch der Scharfrichter befände. Da er nun in dem Closter das Mittagsmahl eingenommen, that er in Beyseyn aller seiner Hofleute dem Abbt den Vortrag. Dieser gab mit aller Höflichkeit zur Antwort, daß sie vermöge ihres Eydes selbigen Schatz niemand zeigen dürften. Darauf der Kayser mit Ungestümm heraus brach: woferne er ihm den Schatz nicht weisen wolle, würde er das gantze Closter in Bvand stecken lassen, und demjenigen 1000. Ducaten zum Recompens geben, welcher das Feuer anlegen würde. Er gieng darauf mit Unmuth aus dem Closter in ein nahe darbey ge­ legenes Jagd-Haus, wo er den Entschluß des Abbts abwarten wollen. Der Abbt aber wolle sich an diese Drohung nicht kehren. Ein gewisser Bergmann von seiner Suite, der die Drohung des Kaysers mit angehöret hatte, wolle sich selbige zu nutze machen, schlich sich demnach mit einem Feuerzeug heimlich weg; und da es ohngefehr 2. Stunden in der Nacht war, darbey auch ein starcker Wind gieng, brachte er mit guter Manier Feuer in eine Scheune, wo viel Stroh und Heu verwahret wurde. Da

Der verlorene Schatz des Klosters Malin — Der Kobold im Pfarrhause gerieth alles so gleich in Flammen; das Kloster und die Kirche wurde auch in so wenig Stunden in die Asche gelegt, datz sich mit genauer Noth nur 5. Mönche daraus erretten können, welche aber von der gantzen Sache keine Nachricht hatten. Als der Kayser solches hörete, eilete er mit seiner Suite geschwinde dahin, fand aber schon das meiste in der Asche liegen. Er fragte die Mönche, wo der Schatz wäre? als nun diese ihre Unwissenheit vorschützten, er auch mit der Tortur nichts aus sie bringen tonte, so ließ er dieselben endlich mit einigem Eeschencke von sich, und musten dieselben so lange in ein anderes Kloster gehen, bis dieses wieder aufgebauet wurde. Der Kayser stillete seinen Zorn wieder, und fragte darauf unter seiner Suite nach, wer das Feuer angeleget hätte. Der Mordbrenner meynete dem Kayser einen grossen Gefallen gethan zu haben, gab sich zu erkennen, und offenbarete, daß er Jhro Kayserl. Majestät treu-gehorsamster Mordbrenner wäre. Woraus der Kayser zu ihm sagte, so bald er nach Praag käme, möchte er sich nur mel­ den, so wolle er ihm sein Versprechen halten: welches auch geschahe. Denn er ließ einen Goldschmied holen, der muste 1000. Ducaten schmeltzen, und der Herr Gevatter Scharfrichter muste das geschmoltzene Gold diesem unglückseligen Menschen durch einen Trichter in den Hals schütten, wel­ cher also den billigen Lohn seiner Grausamkeit und seines Eeitzes be­ kam. Der Kayser ließ darauf alle Anstalten machen, daß er den Schatz finden möchte: und weil er ohnedem ein grosser Liebhaber von ZauberSachen war, ließ er ein ordentliches Edict ausgehen, daß alle Meister dieser Kunst sich bey ihm einfinden möchten. Man sahe dahero in kurtzer Zeit die gantze Stadt voll Schatz-Gräber, die Wünschel-Ruthen wurden täglich beschworen: allein es schiene, als wenn sich dieselben insgesamt verabredet hätten, dem Kayser ungehorsam zu seyn. Ja zweyen ZauberMeistern wurden so gar die Hälse umgedrehet, wie man sie nachher in solcher greulichen Geistalt gefunden hat. Der Käyser wurde über sein Suchen abgesetzt, und starb endlich gar darüber. Man hat zwar öfters viel blaue Lichter brennen sehen, wo man auch würcklich nachgegraben: allein man fände nichts, tonte auch nicht die geringste Spur antreffen. Das Kloster wurde nach und nach wieder aufgebauet, und hat man nichts gehöret, daß diese Mönche den Schatz etwa sollen wieder gefunden haben.

186. Der Kobold im Pfarrhause In der Marck-Brandenburg, eine kleine Meile von der Stadt dieses Namens, liegt ein Kapituls-Dorff, mit Namen Veferam, wohin anno 1709 ein Kandidatus Theologiae mit Namen Khristoph Bernardi vociret worden, welcher einen sehr guten und Khristlichen Wandel geführet. Es verheyrathete sich dieser mit Jungfrau Regina Gerlachin, M. Jobann Eerlachs, Predigers in Witstock Tochter, führete auch mit selbiger einen sehr Khristlichen Ehestand. Ohngefehr ein halbes Jahr nach seinem An­ zug, äusserte sich was ungemeines in dem Pfarr-Hofe, welches zuerst den Knecht und die Mägde betraf, wie solches der noch lebende Knecht

Der Kobold im Pfarrhaus«

Johann Wiis Eozette in diesem Dorff aussaget, solches auch über 50 noch lebende Personen bekräfftigen; gleichwie es ebenfalls in der gantzen herumliegenden Gegend bekannt ist. Es warff hinter dem Ge­ sinde auch bey Hellem Tage mit Steinen her, besonders aber gegen die Mittags-Stunde: es fühleten nun zwar selbige dieses wohl, sahen auch die Steine fallen, doch geschahe es ohne Schaden und Beulen; io man hätte glauben können, daß es von Nachbars Leuten geschehen müste, wenn nicht der Pfarr-Hof von dem Dorfs« abgesondert wäre, und auf einer Seite die Kirche nebst dem Kirch-Hofe, auf der andern aber die Scheune und den verschlossen Garten zur Bedeckung hätte, wie ich selbst daran den Augenschein eingenommen habe. Dieserwegen beschwereten sich der Knecht und die Mägde bey dem Pfarrer, und verlangten ihrer Dienlste entlassen zu seyn; Dieser aber speiset« sie mit guten Worten ab, und wiese sie, wie es einem Prediger gebühret, zur Gedult an. Nach meinem Erachten aber, und wie ich von einigen aus seiner Gemeinde gehöret habe, mag er wol anfangs selbst ein Thomasianer gewesen seyn, welcher von denen Geister- oder Kobolds-Eeschöpffen keinen Begriff mag gehabt haben; bis er endlich durch eigene Erfahrung so weit ge­ kommen ist, dah er auf das Catheder, wie wol nur als ein Dorff-Pfar­ rer nur allein diese Materie zu tractiren hätte auftreten können. Aber höre doch, was vor wunderliche Abentheuer dieser unsichtbare Eulen­ spiegel hat ausgehen lassen. Mit Stein-Werffen und Poltern in einem Hauste, kan wol ein verstellter Kobold ein Probe thun, welcher dadurch einen andern Zweck suchet: dieser aber, weil er sich in eines Predigers Hauste hatte einlogiret, wolte auch einen gantz verkehrten Oeconomum abgeben, vielleicht aus der Ursache, weil insgemein von den Pfarrern gesaget wird, datz sie gar zu sehr dem Eeitz ergeben sind. Seine Oeconomie aber war nur gar zu pohirlich: zum Exempel, wenn die Mägde denen Kühen walten zu fressen geben, fanden sie solche mit gebundenen Füssen in der Rauffe liegen, und musten deswegen die halbe Gemeinde zusammen ruffen, damit sie diese gehörnte Puppen aus ihrer ungewöhn­ lichen Wiege möchten an Ort und Stelle bringen helffen. Es hat dieses nebst dem folgenden ein augenscheinlicher Zeuge, mit Namen Christoph Nicolai, Rathmann allhier selbst mit angesehen, welcher dazumal in Brandenburg ansässig war, und öfters in diesem Kirchspiel zu thun hatte. Also brauchte ferner der gute Hr. Pfarrer keinen Bereuter, weil dieser Geist seine Pferde dergestalt zu dressiren wüste, datz sie öffters eine gantze Woche nicht auf den Füssen stehen konnten. Gänse, Enten, Hüner, oder was vor Geflügel-Werck in den Pfarr-Hofe war, fand man oftmals zusammen gebunden auf dem Schwengel des Brunnens, der mitten im Dorff stunde, oder auf des Küsters Hautz-Dache, ja wol gar auf den Bäumen, in den Gärten, welche ausser dem Dorff stunden, des Morgens früh aufgehangen. Mancher Bauer hätte wol daran einen bessern Fund gethan, als wenn er einen Bienen-Schwarm seines Nach­ bars auf seinem Grund und Boden erhaschet hätte, wenn er nicht oft von der Cantzel gehöret hätte, daß wenn einer sich ein Prediger-Gut

Der Kobold im Pfarrhause anmasset, diese Sünde nicht unter die Vergebung der 77mal mit könne gerechnet werden. Also hatten die Bauern noch darzu die Mühe, selbige herunter zu langen, und dem bedrängten Pfarrer wieder zuzustellen. Was nun noch mehr ist, so nahm er sich auch der Küchen-Wirthschafft an; er überhöbe die Magd im Feuermachen, so wol in der Küche, als in dem Back-Ofen, iedoch mit dem Unterschied, daß man öffters gegtaub et, der gantze Pfarr-Hof müsse im Feuer aufgehen, obschon niemals einiger Schade geschehen ist. Er reinigte das Küchen-Geschirr, füllete es aber wol, dann und wann mit was anders, welches sich vor eine geist­ liche Küche nicht geziemen will; das potzirlichste aber war, wenn der gute Pfarrer sich etwan einen Sonntags-Braten wollte zurichten lassen: denn da durffte sich weder Knecht noch Magd, wenn sie nicht vor ihre Mühe ein paar unsichtbare Ohrfeigen davon tragen wollten, in der Küche blicken lassen. Er war Braten-Meister und alles. Man sahe den Braten herum laufen, ohne die Hand welche ihn wendete; ia man ge­ wöhnte sich dieser Arbeit also an, als wenn sie von einem Dienst-Boten wäre verrichtet worden. Dann und wann aber, wenn man das Fleisch oder Vorkost anrichten wollte, war es dergestallt gesaltzen, oder mit ge­ wisser Würtze gemacht, Latz es auch einem heitzhungerigen Magen den Appetit vertrieben hätte. Absonderlich wüste er sich aus dem SchweinStall solcher Brühen zu bedienen, datz der Geruch einem von sich selbsten das Essen verbot, und der gute Pfarrer mit seiner Familie bey dem näch­ sten besten Pfarr-Kind mit was weniges Zugemüsse vorlieb nehmen muste. Als aber diese Abentheuer gar zu lang dauretsn, und der gute Herr Pfarrer sich nicht mehr zu retten wüste, hat er auf öffentlicher Cantzel seine Gemeinde gebeten, ein andächtiges Gebet vor ihn und feine Familie zu thun, datz ihn doch GOtt von diesem Übel erretten möchte. Je eyferiger aber der Dauern Gebet war, desto beschäfftigter war unterdessen zu Hautze dieser unsichtbare Dienst-Bote; und wollte der gute Prediger mit Familie und Gesinde was weniges zu essen haben, so muste er das Vauren-Gebet in der Kirche, und sein eigenes im Hautze unterwegens lassen. Doch da diese Comödie zu lange gespielet wurde, muste er endlich selbige höherer geistlicher Obrigkeit anzeigen, obgleich die gantze umliegende Gegend daran gnugsam überzeuget war. Das Löbl. Ober-Consistorium wüste anfänglich nicht was auf dergleichen Bericht vor ein Entschlutz solte gefatzet werden; und waren vermuthlich in dem Archiv dergleichen Eeister-Acta von Anfang der Lehre Thomasii, als der gelehrt vermeinten Sonne selbiger Zeiten nicht zufmden. Zumal da das Gebet in der öffentlichen Kirche von der gantzen Gemeinde nichts hatte verfangen wollen: so walte auch dieses wiewol geistliche Gerichte, in einer so stachlichten Geister Materie keinen Bescheid geben; besonders weil es keiner fernern Untersuchung nöthig war, auch die abgeordneten Commitzarien vielleicht kein besseres Tractament in dem Pfarr-Hofe, von diesem unsichtbaren Speise-Meister, als der Hautz-Vater selbst zu gewarten hatten. Deswegen ist die Sache unentschieden geblieben, und der gute Prediger zur lieben Geduld verwiesen worden.

Der Kobold im Pfarrhause

Nachdem dieses Gerüchte mehr u. mehr erschollen, zohe es gewisse curieuse Gemüther nach sich, welche sich bey diesem unsichtbaren SpeiseMeister walten zu Gaste bitten. Es waren dieses drey Dohm-Herren, aus abgedachtem Stifft Brandenburg, die ohne ditz um Michaelis ihr ge­ wöhnliches Eapitul hielten und sich verabredeten, datz sie das andern Tages nach diesem Fest, nach dem Mittags-Essen dahin reiten wollten. Zum Voraus schickten sie einen fetten Consistorial-Vogel, nebst einem guten Flasche Futter Rhein-Wein ab, mit Befehl an dem Prediger, datz er selbigen von seinem unsichtbaren Küchen-Jungen sollte braten lassen, weil sie selben mit ihm verzehren wollten. Der gute Prediger that was ihm befohlen wurde, lieh ein Gerichte Fische und Krebse auf sein conto hohlen, damit er seine werthen Gäste bewirthen könnte; Den But-Hahn aber lietz er an den Spietz stecken, übergab solchen seinem unsichtbaren Handlanger, welcher auch sogleich zu treiben anfieng. Der Pfarrer ging seinen ankommenden Gästen entgegen, um sie zu bewillkommen, welche, nachdem sie vom Pferden gestiegen, ohne weiteres Verweilen so gleich in die Küche gingen, um zu sehen, ob ihr eingesandter Lonsistorial-Vogel wircklich in einem geistlichen Hauste, von einem unsichtbaren Geist serviret würde, wie solches zum voraus der Prediger bekräfftiget hatte. Sie sahen aber beym Eintritt in die Küche ein wunderliches Abentheuer; Anstatt des Bratens steckte der Kober oder Tafel, wie man es nennen pfleget, darinnen der But-Hahn eingeschickt worden am Spietz, welcher sich bey dem Feuer herumdrehete, ohne daß man eine Hand oder was anders gesehen, welches diese Bewegung verursachte; vom Braten aber war nichts zu sehen. Die sich selbst eingeladene Gäste sahen einander an, und wüsten nicht, ob sie lachen oder zürnen sollten. Der Prediger suchte den Braten ängstlich, und sahe ihn endlich hinter dem Heerd halb gebraten in dem Wust liegen. Da er denselben aushube, war er mit einer solchen sauce betuncket, datz er einem den Appetit vom Neu-Mond an, bis auf das dritte Viertel hätte vertreiben können. Dabey höreten sie ein Helles Lachen, ohne datz sie ein einiges andern Menschen kanten ansichtig wer­ den; jedoch waren sie zur Eniige überzeugt, datz sie nicht umsonst, die Macht eines Kobolds selbst anzusehen gereiset wären. Sie funden sich aber darinnen betrogen, datz sie von ihrem eingesendeten Braten was geniesten wollten; daher sie übrigens mit den Fischen und Krebsen nicht traueten, sondern liehen selbige bey dem Schultzen auster dem Pfarr-Hof zu rechte machen, und gingen unterdessen in des Predigers Garten hin­ aus. Einer aber von diesen lieben Herren, welcher vielleicht auf einer Universität der so genannten Cynicorum studiret hat, und dem dieser affront nebst der sauce über dem But-Hahn etwas mehr in die Nase röche, foderte diesen unsichtbaren Speise-Meister mit herben Worten auf ein Duell heraus, welches vielleicht der überflüstige Trunck von der Mittags-Mahlzeit mag verursacht haben. Obgleich die andern dieses Unternehmen mißbilligten, so fuhr doch dieser liebe Herr Canonicus mit seinem Schimpffen fort, ob sich schon der geschimpffte nicht im ge­ ringsten verantwortete. Sie verzehrten endlich in dem Garten ihr bey

Der Kobold im Pfarrhause dem Schnitzen bestelltes Abend-Brod; man war dabey gutes Muths, tranck ein Elaß-Wein, das von dem mitgebrachten dem Prediger nicht viel übrig blieb, und die ©äffte wollen bey dem Mondschein nach Hauße reiten. Als man aber die Pferde aus dem Stall ziehen wollte, sahen die Knechte ein wunderliches Spectacul, welches bey der Nach-Welt allen denenjenigen eine Einprägung machen kan, so die körperliche ©ewalt und Ä rafft einem unsichtbaren ©eist entziehen wollen. Das Pferd des­ jenigen, welcher den Kobold geschimpffet, stunde zwar bey der Krippe, die gantze Zunge aber, nebst dem gantzen Schlund, war ihm aus dem Rachen gerissen, und auf der Erde sahe man eine große Pfütze Blut liegen; wie nun der Knecht das Pferd umlencken wolle, fiel es im Beyseyn der Herren nebst dem Prediger und der Knechte todt zur Erde nieder. Hütte der gute Dohm-Herr gleich wie die andern stille geschwie­ gen, und in ©edancken bey dem ©eister-Consistorio diesen Übertreter und Beschimpsfer der Hochwürdigen ©eistlichkeit verklaget, wäre es vor ihm viel besser gewesen, und hätte er wie die andern, sein Pferd be­ halten, welches er kurtz vorher um 100. Ducaten erkaufst hatte. Es war aber bey ihnen keines Verweilens mehr nöthig; die Proben von der Macht des Kobolds waren ihnen nur gar zu Handgreifflich. Sie setzten sich also zu Pferde, und ritten widerum nach Hauße, da derjenige, wel­ cher sein Pferd verlohren, mit seines Knechtes Pferd den Rück-Weg nehmen muste. Dieser Zufall machte noch mehr Lermen, zumalen er nicht so heimlich hat können tractiret werden, daß nicht der SchärfsRichter um das Pferd abzuziehen, aus der Stadt hätte müssen geruffen werden. Dieser hat in Untersuchung solcher Begebenheit augesagt, daß sechs der stärcksten Männer, wenn auch ein Pferd in dem Roth-Stall be­ festiget wäre, nicht im Standte wären dergleichen zu verrichten; ja wenn es auch mit einer eigenen darzu verfertigten Maschine hätte geschehen sollen, so hätte doch die Zunge abreisen müssen. Rur Schade war, daß die Kunfft die Cörper zu balsamiren unter die verlohrnen Künste ge­ rechnet wird: Dann hätte eine wunderbare Reliquie vor die Nach-Welt sollen aufgehoben werden, so hätte es gewißlich diese Zunge vor andern verdienet. *

So lange er gelebet, hat der Prediger diese Quaal an sich gehabt, und ist endlich bey ihm und seiner Familie eine Gewohnheit daraus worden: ob man schon nicht vernommen hat, daß ihm der ©eist einigen Schaden zugefügt hätte, auch viele Sachen die er ausgeübet, nicht sind kund wor­ den ; welche aber aus gewissen Ursachen verschwiegen geblieben sind. So bald aber der Prediger gestorben, hat auch dieser ungebetene HaußKnecht, von der hinterlassenen Wittbe seinen Abschied hinter der Thüre genommen, ohne einigen Lohn zu sodern, und ist weder von der Wittbe, Kindern, noch Mägden in ihrem Wittben-Jahre nicht das geringste ver­ spüret worden. Auch hat sein Nachfolger in der Pfarre nicht den ge­ ringsten Anstoß gehabt; gleichwie ich auch lange darnach selbst in dem Pfarr-Hos gewesen bin, wo mir in Beyseyn des noch lebenden Pfarrers

Der Kobold im Pfarrhause — Der in den Arm gehexte Unrat von mehr als einem obige Umstände erzehlet, auch der Ort gewiesen worden wo das Pferd gestanden und die Zunge gelegen hat. 187. Der in den Arm gehexte Unrat Ein vornehmer Fürst, mit dem Tauf-Namen Johann Adam Andreas N. N. aus den vornehmsten deutschen Fürften-Häußern, war zu einer Zeit in einer von seinen besten Erafschafften, Niclasburg genannt, mit seiner gantzen Hofstadt wohnhafft: Um welches Jahr es eigentlich ge­ schehen, ist mir wiederum entfallen; doch weist ich gantz eigentlich, dah dieser Fürst zu Wien, in seinem Garten in meinem Beyseyn den 16. Junii 1712 zwischen 3 und 4 Uhr gestorben ist. Dieser Fürst ritte unter währendem Aufenthalt auf obbenannter Herrschafft, nach seinem Gebrauch in eigener Person auf seine Vorwercker, um der Wirthschafft seiner Beamten selbsten nach zusehen: wenn er nun nicht alles nach feinem Verlangen gefunden, hat er nach dem Exempel guter Hauhhalter, auch eine besondere Wirthschafft angefangen. Er that solches nicht, wie man die so genannte Fastnachts Wirthschafft in Wien anzustellen pfle­ get: sondern an statt der Speisen, setzte es derbe Schläge, und musten die übrigen Amts-Bedienten dabey die Schau-Gerichte abgeben. Ja nach Verbrechen, ließe er die Herren Verwalter und Amt-Leute wol gar in den Bock spannen; also dah unter dieser Regierung alles, der Titul eines Amt-Manns und Baurens generis communis war. Es ereignete sich aber oinmals, daß er auf eine seiner Schäfereyen kam auf welcher vielleicht der Schäfer an statt des Zehenden, wie in diesen Landen ge­ bräuchlich, mit dem Herrn selbst hat partagiren wollen. Der Fürst aber ließ ohne weiteres Untersuchen den Schäfer durch seine zwey bey sich habende Heiducken derb abprügeln, und über dieses jagte er ihn von der Schäferey fort. Es hätte aber der gute Fürst dieses wol reiffer über­ legen sollen, in dem er wol hatte wissen können, daß in gantz Böhmen Schäfern und alten Weibern nicht allzuviel zu trauen sey, und daß man mit dergleichen, wie mit einem weichen Ey umgehen mühe; davon man hundertfältige Exempel hat. Es ist in gantz Böhmen bekannt, daß wenn ein Doctor aus den Städten einem Patienten nicht mehr helffen kan, man seine Zuflucht zu einem Schäfer auf dem Lande, oder Mütterchen nimmt, welche etwa schon bekannt ist, daß sie mit ihrem Segen-sprechen oder Anhauchen, entweder schon jemand geheilet, oder besser zu sagen, in die andere Welt geschickt hat. Dieses alles aber hat der gute Fürst nicht erwogen, vielweniger daß der Schäfer Weib und Kinder habe: es muste dieser von der Schäferey weg, und der alte Knecht wurde an seiner Meisters-Stelle gefetzet. Es währete aber nicht lange, so kam dieser neue Schäfer-Meister, mit seinem Zehenden sehr zu kurtz: sintemal selbst die Schafe des Herrn, bis auf etliche wenige crepirten; daß also auch dieser, ohne den Herrn darum zu begrüssen seinen Abschied hat nehmen müssen. Ob er nun schon deswegen auf das Ober-Amt belanget worden, so ist er doch niemals zu erscheinen willens gewesen. Doch war die

Der in den Arm gehexte Unrat affaire, des dem Schäfer vermeintlich angethanen affronts, mit diesem Sterbe-Fall noch lange nicht ausgemacht: der Fürst muste den unsicht­ baren Schäfer-Zorn selbst empfinden, ob es gleich nicht dieselbe Woche geschehen. Ohngefehr einem Monat darauf ritte der Fürst eben nach seiner Gewohnheit auf die Ämter aus, und sahe unterwegens bey einer Haasen-Heide ein altes Weib stehen, welche die Hand ausstreckte, als wolte sie ein Almosen verlangen; welche aber der Fürst mit der Peitsche in der Hand abwiese, und seines weges mit den kleinen Gefolge, das er bey sich hatte, fort ritte. Er war aber kaum ein halb Feld-Weges von dieser Heide gekommen, als er auf dem lincken Arm an dem Ellebogen einen Schmertzen fühlete, als wenn er mit einem kleinen Stein geworffen, oder wie er selbst gesagt, als wenn er mit einer matten Kugel von einer Pistole wäre getroffen worden. Er erzehlete dieses seinen Leuten, welche sich aber bemüheten, ihm dieses aus dem Sinn zu reden. Je weiter er nun fortritt, desto mehrere Schmertzen begunten sich hervor zuthun, daß er daher, ohne das Borwerck zu besehen zurück kehren muste. Wie er aber ohngefehr auf die Stelle kam, wo das alte Weib gestanden, kam ihn ein gewaltiger Schauer an, daß auch das Pferd, welches er ritte, mit ihm einen starcken Satz thäte, daß es wenig gefehlt, er wäre aus dem Sattel gehoben worden. Einer von den Bedienten muste das Pferd bey dem Zügel leiten, um den erschrockenen Fürsten von der Stelle zu bringen, bis sie endlich in der Stadt anlangten. Der Fürst erzehlete diesen Zufall mit allen Umständen der Fürstin, und nahm einige Medicin, wegen des ausgestandenen Schreckens, von seinem Leib Medico, Doctor Launski zu sich. Dieser hielt es anfänglich vor eine Ein­ bildung des Fünften, weil er dessen Naturell schon lange Jahre kannte, auch an dem Arm nicht die geringste Quetschung, oder einiges Zeichen von einem Wurff oder Schuß zu sehen war. Er tröstete also den Fürsten, daß wenn er nach einigen Schweiß wohl werde ausgeruht haben, die Schmertzen sich auch verliehren würden. Der Herr Doctor aber hat sehr weit gefehlet: denn ehe und bevor er, als ein gebohrner Böhme, eine solche Cur hätte über sich nehmen wollen, wäre nöthig gewesen, daß er vorher ein Collegium Modicum, wie es die Schäfer und alte Weiber zu tractiren pflegen, gehöret hätte, damit er anschlagende Artzeneyen wider einen solchen Zufall hätte beybringen können. Der Fürst!. Patient wüste an statt der versprochenen Linderung von nichts anders, als von Höllen-Angst, und unerträglichen Schmertzen zu reden, hatte schlaflose Nächte, und der Arm fing von Tag zu Tag mehr und mehr zu schwellen an, ohne daß von außen nur die geringste Spur einer Quetschung zu sehen war. Da hat es erst bey dem geängstigten Medico geheißen: Wo nehmen mir Brodt her in der Wüsten? Was soll ich für einen Autorem aufschlagen? sintemal das vade mecum medicum des berühmten Wein­ harts, welches sonst in allen Nothfällen denen reisenden Medicis dienen muß, in diesem Zufall kein Recept geben wollte, ob er schon ein und anders mag probiret haben. Er sahe sich also gonöthiget seine Unwissen­ heit dißfalls an den Tag zu geben, und daß er keine msdicin wider eine

Der in den Arm gehexte Unrat Kranckheit verschreiben könne, deren Begriff über seinen Horizont wäre. Dieserwegen war kein ander Mittel bey ihm mehr übrig, als daß er von einem Particular zu einem Universal schritte, oder auf deutsch zu sagen, daß er samt seiner Kunst auf ein allgemeines Concilium appellitte. Er stellte dabey die Nothwendigkeit vor, daß ihm allein diese Sache auszuführen nicht möglich wäre; daß mehr Medici zu einem Consilio müften beruffen werden: oder allegorisch zu sprechen, daß mehr Köche diese Suppe mehr und mehr versaltzen sollen, wie es der Ausgang ge­ wiesen hat. Vor andern wurde der berühmte Äsculapius selbiger Zeiten, und Titular-Archiates, pleno titulo, auch Medicae Facultatis Senior, Doctor Löwe aus Prag, nebst seinem Mephistophilo dem Pragischen Doctor Schmidt dahin beruffen, aldieweilen man eine so große Stadt von allen seinen Schutz-Göttern auf einmal nicht entblösen konnte, auch das Bonum Publicum dem Privato meiftentheils vor zu ziehen ist. Man war auch der gäntzlichen Hoffnung daß die Quint-Efs. der Medi­ cinischen Wissenschafft dieses drey-Blats, alles gleich ouriren solle. Aber das Brüllen dieses Medicinischen Löwens konnte den Schäfer-Hund, der ohne Ablassen in dem Arme des Bedrängten Fürstens fort rasete, nicht abtreiben, auch der Schmide-Hammer ihm keinen Schrecken einjagen. Und weil äußerlich gar kein Zeichen zu sehen war, auch die Geschwulst von innen mehr und mehr zu steigen anfinge, daß der Arm nicht mehr konnte ausgestreckt werden: so musten sie wol alle in einem Aphorismo einig werden, daß nemlich dergleichen innerliche Geschwülsten durch nichts anders als die so genannten Cataplasmata könnten zertheilet, und die so genannte Massa sanguinis gereiniget werden. Sie hätten aber in diesem Consilio zum voraus sehen können, daß die Schäfer Philosophie weder Griechisch, noch Lateinisch verstehe: deßwegen auch dergleichen Medicinen nicht anschlagen können, welches der Ausgang erwiesen hat. Denn weder die so genannten Cataplasmata, nach BlutReinigungen wollten anschlagen: ja wenn sie vielleicht auch so gar die Quintam-Essentiam des so genannten wunderbaren Oxicroci-Pflasters gebraucht hätten, würde es doch bey dem alten geblieben seyn. Also lief dieses Consilium mit allen Rathschlägen fruchtloß ab, und der gute Fürstliche Patient verblieb in der alten Qual. Bey diesen Umständen war der Medicinische Rath theurer als ein Esels-Kopf in der Belage­ rung Samaria. Die Post-Meister hatten bey diesen verwirrten Medi­ cinischen Umständen fette Küchen und gespickte Beutel; die Postillions und Pferde aber übele Tage und Nächte. Denn es war kein Land-Phystcus weit und breit um selbige Gegend, von welchem nicht einiges Oraculum durch einige Staffeten eingeholet wurde: aber alles umsonst. Ja wenn sie so gar des alten Podalirii oder Melampi Schriften dem armen Patienten an statt der so genannten Phylacteriorum angehencket hätten, so würde es doch keine Linderung geschaffet haben. Endlich ist dieser Ruff so gar nach der Käyserlichen Refidentz-Stadt Wien gekom­ men, und hat den Käyser Leopold höchst seligsten Andencken dahin ver­ mocht, daß er aus Liebe zu diesem Durchlauchtigsten Hauße 2 von seinen

Der in den Arm gehexte Unrat eigenen Leib-Medicis, nemlich den sonst bey der Medicinischen Welt berühmten Doctor Stockhammer und Possinger abschickte, welche das gantze Consilium Medicum dirigiren sotten. Diese nun kunnten nach Dero Ankunfft und Besichtigung der Geschwulst, auch durchsehenen Recepten, welche schon angewendet worden, freylich auf nichts anders verfallen, als daß zu Linderung dieser Schmertzen, eine Öffnung in dem Arm muste gemacht werden, um die üblen Feuchtigkeiten abzuzapffen; obschon der Schnitt etwas gefährlich schien, weil die Haupt-Geschwulst eben auf der junctur des Ellbogens sich geäußert hatte, allwo auch der Fürst die mei­ sten Schmertzen fühlete. Es wurde dieser Rath auch bewerckstelliget, und muste sein eigner Cammer-Diener, der ein erfahrner Chirurgus war, die Operation über sich nehmen. Der Schnitt war glücklich, und schiene nur diß wunderlich, daß weder Materie noch Blut wollte zum Vorschein kommen; ausgenommen was weniges von einer Feuchtigkeit, ohne wel­ che diese Operation natürlicher Weise nicht hätte geschehen können. Man hätte doch nach allen Medicinischen Principien hier glauben sollen, daß alle die Schmertzen und Geschwulst, von einer so genannten materia peccante Herkommen müsten. Je mehr der Chirurgus aber mit seinem Visitir-Eisen herum suchen wollte, desto mehrere resistenz hat er an ge­ troffen; und also wurde vor nöthig befunden, eine treffen Jncision zu machen. Endlich traf man etwas an, was man in dieser Öffnung nicht gesucht hätte. Ich habe folgende Sachen bey der verwittweten Fürstin, die solche in einer silbernen Schachtel allezeit in einem kleinen Schräncklein hat stehen gehabt, nicht nur einmal gesehen, sondern sie auch in mein Tage-Buch eingezeichnet. Damit ich sie nun methodice nach der Ordnung beschreibe, so waren es folgende: 1. ) Ein abgebrochener Stiel, von einem Bux-Bäumern Bauren-Löffel. 2. ) Zwey kleine Püschlein Stroh, welche mit gewitzen etwas röthlichen Haaren zusammen gebunden waren. 3. ) Ein leinener Lappen, welcher in Form eines Triangels geschnitten. 4. ) Ein umgekrümter rostiger Nagel, vermuthlich von einem TodtenSarge. 5. ) Ein kleines Püschlein Kräuter, mit einem rothen Faden zusammen gebunden, welche aber nicht mehr kenntlich sind: Doch hat eines da­ von, wie der sei. Stockhammer vermeinet, dem so genannten DorantKraut ähnlich gesehen, welches dieser doch vor keine Gewißheit hat ausgeben wollen. 6. ) Drey abgebrochene Schuh-Nägel. 7. ) Ein kleines gleichfalls mit Haaren zusammen gebundenes Päcktlein, welches von einem Capuciner, mit Namen P. Joseph von Lautern gebürtig geöffnet, und darinnen etwas von zwey- oder dreyerley Sorten Samen unbekannter Kräuter gefunden worden. 8. ) Ein großer Püschel Haare, mit Wolle vermischt, und mit einem be­ fleckten Striemen von einem alten Lappen zusammen gebunden. 9. ) Fünff rostige Steck Nadeln, samt einer abgebrochenen Pack-Nadel, womit die Woll-Säcke zusammen gehefftet werden.

Der in den Arm gehexte Unrat — Schmalzowscher Hexenprozetz Diese wohl specificirte Materialien haben die Herren Medici, an statt der faulen Massa, von welcher sie geglaubet, daß sie die Geschwulst und Schmertzen verursachet, in diesem geöffneten Arm gesunden. Mit aller ihrer Wissenschafft aber, konnten sie nicht begreiffen, wie solche hin ein­ gekommen, ob sie schon nach ihrer Natur-Lehre wohl wissen konnten, daß dergleichen wunderliche Materialien, in einem menschlichen Cörper nicht mögen generiet werden. Es möchte hiebey vielleicht ein anderer FreyGeist den Einwurff machen, daß dergleichen Materialien von einem oder dem andern, welche dem Fürsten nicht gut gewesen, wären untergescho­ ben worden, wie es sonst die Taschen-Spieler zu machen pflegen. Aber mein Lieber! in Beyseyn so vieler Medicinischen Götter, hat wol der­ gleichen Betrug niemals geschehen können, und hätte ein solcher Künst­ ler unsichtbarer weise sich in den Arm hinein practiciren müßen, wel­ cher diese sichtbaren und nur gar zu Handgreifflichen Materialien, dem Visitir-Eisen nach und nach dargereicht hätte, wie sie aus dem Arm sind heraus geholet worden. Vermuthlich müßen auch diese Sachen wie man insgemein zu sagen pflegt, wie Böhmische-Dörffer vorgekommen seyn, weil sich keiner erkühnen wollen dieselben zu betasten, sondern obgedach­ ter P. Joseph aus dom Capuciner Kloster ist geruffen worden, welcher selbige, nachdem er sie mit Weyh-Wasser gewaschen, und feine gewöhn­ liche Eebeter darüber verrichtet, hat untersuchen müßen. Der Fürst bliebe an dem Arm zeit seines Lebens lahm, ob er schon noch viele Jahre gelebt hat, Hst auch niemals wider nach dieser Herrschafft gekommen; zum ewigen Andencken aber, sind diese Materialien aufbehalten worden. 188. Schmalzowscher Hexenprozeß

Anna Cammelikesche von der Garde, Samuel Meist, Hof-Meisters nachgelassenes Weib, hat bekannt, daß sie sich mit 6 bösen Geistern verbündlich gemacht; ist getaufft bey Marichow an einem Bach. Der Geist welcher sie eingetaufft, habe in eines schwartzen Kerls Gestalt mit einem schwartzen Bart schwartze Kleider an gehabt: sie sey in des TeufelsNamen vor 30 Jahren getaufft. Die Pathen so bey der Taufe gewesen, haben geheisen: Kerston, Margaretha, Johann Hake, Plore und Lucia; sie sind alle todt. Zwey sind gewesen von Damniz, und von Lauksetz: jeder Pathe hat 2 Dutten Pathen-Pfennige gegeben; ihr Merckmal, daß ihr, ihr Geist gegeben, hat sie auf der rechten Schulter. Ihre vornehmsten Geister heißen Claus, und Menas, und der bey der Teufels-Taufe genennet worden, Kerstine Claus hat nach der Taufe Unzucht mit ihr gepfleget, hat auch noch mehr Geister zu dem vorigen bekommen, als Jouh, Thomas, Jürgen, Lux, Mancaei, und wäre Claus noch gestern bey ihr gewesen, sie hätte ihn aber nicht wollen ankommen lassen. 1.) Hat sie durch ihre Geister zu Eumbin an einer Frauen, Namens Martha, Schaden gethan, welcher sie den Halß zubrechen lassen. 2.) Hat sie auch daselbst Leuten gemacht, daß sie kein Kalb finden kön­ nen; sie hat vergessen wie die Leute geheißen.

Schmalzowscher Hexenprozeß 3. ) Dem Schnitzen zu Crantzin hat sie zweyen Ochsen die Lenden zer­ brochen lassen, weil er ihr keinen Buch-Weitzen verkauffen wollen. 4. ) Einen Bauern zu Damniz hat sie 4 Ochsen ersäuffen lassen, weil er ihr, als sie nach der Stadt und über seinen Buch-Weitzen gefahren, die Verspannung genommen. 5. ) Zu Retzow, alwo hohe Berge sind, hat ihr Geist einem Soldaten den Wagen umgeschmissen, und hat Kleider und Speise, so auf dem Wagen gewesen, zurück gebracht. 6. ) Zu Dämmen hat sie einem Bauern auf dem Ende nach der Brücke 3 Kühe getödtet, aus Urfach, weil er sie im Dammischen Holtze ge­ pfändet. 7. ) Einem Bauern zu Lojow, mitten im Dorff wohnend, hat sie ein Pferd todten lassen, weil er ihr 10 thlr. schuldig gewesen, so er von ihrem Vater noch bekommen, und ihr nicht geben wollen. 8. ) Zu klein-Monenen hat sie einem Bauer Stankoit, welcher ihr 10 thlr. schuldig gewesen, und das Geld nicht geben wollen, eine Kuh tobten lassen. 9. ) Zu Sachow hat sie einem Bauern Joukoyt einen Ochsen getödtet. 10. ) Noch einem Bauern zu Mackenin hat sie 2 Haupt-Vieh getödtet. 11. ) Einem Bauern zu Makenin, Matskaet hat sie Ochsen getödtet. 12. ) Einem Bauern zu Schönenwalde hat sie 2 Haupt-Vieh getödtet. 13. ) Einem Bauern zu Schönen-Walde, Blasout mit Namen, hat sie 2 Ochsen tobten lassen. 14. ) Einem andern Bauer hat sie zu Schmolsin Kühe und Pferde tobten lassen. 15. ) Klauen 4 Kühe, 16. ) Zawnem 4 Kühe, 17. ) Kotzanken 9 Kühe umbringen lassen. 18. ) Rüdiger Samuel Fitzen 1 Kalb umbringen lassen. 19. ) Hanß Renacken 2 Kälber umbringen lassen, worunter eins dem Madowschen Priester gehörig. 20. ) Matz Kretten 1 Kalb umbringen lassen. 21. ) Sonist hat sie noch dem Schnitzen zu Sitkow, Paul Kersin Matske Kweber, Schultzen zu Schlachow, Vlasoyt zu Sejogow und sonsten andern vielen Leuten mehr Vieh tödten lassen, davon sie, ihres vergeßlichen Alters halber, die eigentliche Anzahl nicht aussagen kan. Auf diese gründliche Bekenntniß ist endlich das Urtheil gesprochen wor­ den, wie folget. In peinlichen Sachen wider die gefangene und Zaube­ rey halber beschuldgte Anna Cammelickschen, ward auf angeordneten und vollführten Proceß, in Namen der Durchlauchtigsten Hochgebohrnen Fürstin und Frau, Frauen Anna, gebohrne zu Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, Hertzogin zu Croya und Arschot, Marck-Eräfin zu Haone, Gräfin zu Fontanag und Vajow, Frauen zu Vinstingen und Danx, Mortin etc. Wittib, von Jhro Fürst!. Durch!. Beamten, wie auch denen angehörigen Adelichen Straf-Schilds Verwandten, gemeldeter

Schmalzowscher Hexenprozeh — Das stecknadlige Brot Anna hiemit erkannt: Alldieweilen vorhin gemeldete Anna unterschied­ lich und letztmals jetzo fort, allhier vor gehegten peinlichen Gericht aus­ gesagt, bekannt und zugestanden, daß sie des Allerhöchsten Namens EOttes und ihres Christenthums vergessen, sich den Höllischen Geistern zu eigen ergeben, mit denselben viele Jahr lang umgegangen, zu schaffen gehabt und unnatürliche menschliche Unzucht mit denselben getrieben, wie auch durch ihr Hexen-Werck und Teufels-Künste ein Weibes Bild ums Leben gebracht; dann ferner unterschiedlich vielen Leuten hin und wider ihr Vieh verdorben und daneben getödtet, und dadurch ihre zeit­ liche Nahrung genommen: daß solche ihrer begangenen und bekannten hohen Missethaten halber, ihr selbst zur wohl verdienten Straffe, und andern zum Abhaltungs-Spiegel, dieselbe mit dem Feuer vom Leben zum Todte zu straffen, und abzutilgen sey, zumalen sie dann dazu vom peinlichen Rechts wegen also hiermit verdammet wird. Publicatum im gehegten peinlichen Halß-Gericht zu Schmalzow den 29. Junii 1640. Von solchen Proceßen lieber Andrenio! habe noch 59 in Händen, welche von an. 1632 bis 54 geheget worden, und zwar in solchen Landen, wo außer der einigen Evangelischen Lehre keine andere gedultet wird. Wenn ich nun dergleichen Menge nur aus einem Archiv bekommen: was für Vo­ lumina sollen wir in unserer Evangelischen Christenheit nicht zusammen bringen, wenn uns alle Archive deßwegen sollten geöffnet werden? 189. Das stecknadlige Brot Es hat sich in Potsdam etliche Jahre eine Wittwe mit Namen Catharina Brückmannin, dessen Mann ein Maurer seiner Profeßion in ob­ gedachter Stadt war, aufgehalten, welcher durch einen unglaublichen Fall in der Reparation des Stadt-Thurms fein Leben geendiget, und die Wittwe noch etlichen Jahre sich in dieser ihrer Vater-Stadt aufgehalten hat. Währender Zeit aber wolte diese gute Frau eine Entzückung gehabt haben, durch welche sie zu einer Erkenntniß gekommen sey, alle Hexenund Hexen-Meister nicht allein zu prüffen, sondern wolle von solchen so gar den Geruch haben: welches freulich wol etwas lächerlich scheinet; ja die gute Frau gieng in dieser ihrer unschuldigen Einfalt zu weit, in dem sie sich auf ihre gehabte Entzückung zu viel verließe, zumalen zwar be­ kannt ist, daß den Aposteln und ihren Nachfolgern unterschiedliche Gna­ den sind versprochen worden, doch von Kenntniß derer Hexen und der­ gleichen Geschmeiße nirgendwo etwas geschrieben steht. Diese aber, ob sie sich schon so wol bey geistlichen als weltlichen Gerichte wegen ihrer vermeinnt erlangten Gnade gemeldet, doch als eine Närrin ist verlacht und abgewiesen worden; ja sie gienge so weit in dieser ihrer Einbildung, daß sie dem regierenden Herrn dieses Orts selbst vorpaste, und selben ein gantzes Register von dergleichen Hexen-Geschmeitz hersagte, und ein und andere Person darunter mit Namen nennte, welche aus der Zunfft Leui, wol bey vernünfftigen Leuten hätten sollen verschwiegen bleiben, weil dieser Stand vor andern was voraus haben will, und würde man-

Das stecknadlige Brot chen Prediger sehr in die Nase beißen, wann er hören solte, daß er mit einer solchen Tantippe solte im heiligen Ehestände leben, welche mit den Teufel in einer so genauen alliance stehe, er hingegen das reine Wort EOttes predigen solte. Und hat ihr diese gute Frau wohl fürstellen kön­ nen, daß ohne Hexerey die Männer solcher Angeklagten, über sie ein grausames Sturm-Wetter erregen werden, wie auch geschehen ist. Und ob schon der Fürst zu allem Dingen lachte, zu malen die Reformirten wenig von dergleichen zu halten pflegen; so war doch die Anklage derer vermeint Beleidigten desto schwerer, und muste der Fürst, um den Titul eines Landes-Vaters zu erhalten, diese Anklägerin der Justiz ausliefern; welche selbe mit Eisen belegt, in den finstern Thurm bey Wasser und Brod zur Satisfaction derer vermeint Beleidigten werffen liessen. Und da sie eine geraume Zeit in diesem elenden Stande hat bleiben müssen, wurde ihr auferlegt eine öffentliche Kirchen-Busie, nebst einer Abbitte zuthun, und wurde darauf ewig des Landes verwiesen; nach welcher sie sich nach Potsdam mit ihrer Tochter gewendet, und weil sie auch der Reformirten Religion wäre, von aldasiger Geistlichkeit aus der 2111= mosen-Büchse unterhalten worden. Kaum aber da sie in dieser Stadt angekommen ist, hebt sie an, aus dem alten Thon zu pfeiffen, und erzehlte öffentlich, um zu Bescheinigung des ihr angethanen Unrechts, was mit ihr in ihrer Geburts-Stadt passiret wäre ja sie sagte so gar, daß wenn der Fürst ihr nur einen oder den andern Büttel zugegeben hätte, so wolle sie die Hexen durch höhere Krafft binden, und selbe vor den Richter führen. Und was noch mehr ist, das Gesicht, welches sie wiederhohlter masten gehabt hätte ihr dieses zu thun auferlegt, deswegen denn keine Derantwortung zu haben, hätte sie den Fürsten so keck angetretten, wäre aber dafür so übel belohnet worden, welches aber das gute Weib sich wohl hätte fürstellen können. Run ist bey ietzigen Welt-Lauff nur gar zu bekannt, daß wenn dergleichen unvermuthete Propheten von einer Sache, welche ohne dieses vor eine Fabel gehalten wird, in eine Stadt ankommen, ob sie schon keine Zettel anschlagen, sondern wenn man nur von ihnen höret, selbige alsobald aufgesuchet werden, um einen lustigen Zeit-Bertreib zu haben, zumalen bey den meisten ietzigen MaulChristen, alles dasjenige was nur vom Teufel richet, vor einfältige Weiber-Märgen gehalten wird; so ist ja leicht zu vermuthen, daß diese ein­ fältige Hexen Lucretia in mancher lustigen Eesellschafft werde haben erscheinen müssen, wie auch geschehen ist, und manches Allmosen durch ihre Erzehlungen zu ihren hinlänglichten Rothdurfft erhalten hat, alldieweilen sie durch ihre langwierige Gefängniß zu fernerer Arbeit, als etwan ein wenig Wolle zu spinnen, untüchtig worden. Dieser Ruf käme auch zu mir, und da ich gehöret, und, daß sie auch bey ein und andern Prediger einen Zutritt hatte, so liesse dieselbe auch zu mir kommen, und anfänglich vermeinte, aus ihren Discurfen, daß man der lieben Einfalt wol was müsse zu gute halten; Doch weil sie beständig auf ihren öfters wiederholten Gesichte verbliebe, auch selbe ziemlich in den göttlichen Wort erfahren und eines Christlichen Wandels befunde, so habe mein

Das stecknadlige Brot menschliches Urtheil gäntzlich eingestellet, in Erwegung daß die Allmacht GOttes öfters in den geringsten Geschöpfen sich meisten zu äussern pflege, und hab ihr gäntzlichen Zutritt in mein Haus gegönnet, ihre Tochter in Dienst genommen, die noch in Leben ist, auch selbe, da sie vor einem Jahr verstorben, begraben lassen. Kurtz aber vor dem Todte dieser Witt­ wen ereignete sich in ihrer Geburts-Stadt, wie oben gemeldet, folgender merckwürdiger Zufall, welcher auch die Blinden in dieser Materie wohl kan sehend machen. Der Reformirte Hof-Prediger von diesen Ort, wel­ cher annoch mit seiner gantzen Familie nebst so viel 1000 lebendigen Zeugen hohen und niedrigen Standes lebet, gieng eines Tages mit sei­ ner Frau und Kindern zu der gewöhnlichen Mittags-Mahlzeit, und nach gehaltenen Gebete, da der gute Prediger vor sich und seine Kinder ein großes Hausbacken-Vrod aufschneiden wolle, sahe er mit Verwunderung, alldieweilen er mit dem Messer schier nicht durchkommen tunte, daß aus demselben eine grosse Menge Steck-Nadeln heraus fallen, welcher An­ blick, wie leicht zu erachten, ihm nicht in eine geringe Erstaunung setzen muste: er besähe die Nadeln an allen Orten, tunte aber nichts anders finden, als daß es tein Blendwerck, sondern rechte natürliche Nadeln wären, und zwar in solcher Menge, daß vielleicht, weil die Predigers Frauen nicht viel von Putz halten sollen, in seinen gantzen Vermögen, nicht so viel verbanden waren, diese aber zusammen raffte in ein Pappier, und auf das Fenster legte, bey sich, wie er ausgesagt, anfänglich vermeinende, daß es ihme eine gewisse Freundin zum Schabernack hätte in den Teig geworffen. Er legte also ditz Brod bey seit, und ließ durch die älteste Tochter ein anders Brod aus der Speige holen, welches di« Predigers Frau selbst aufschnitte, ohne etwas in denselben zu finden, und da sie ihrem Ehegemahl seine Portion vorlegte, und selber mit dem Messer ein Stückgen davon herunter schneiden wolle, fuhren wieder 7 gantz rostige Steck-Nadeln heraus, ohne daß in der Frauen Stückgen, oder der Kinder nur die geringste Spur zu finden wäre, als welche mit guten Appetit hinein affen, und den guten Prediger als Haus-Vater das Nachsehen hinterlassen, welcher er mochte schneiden oder brechen, mehr und mehr dergleichen Nadel-Confect vor sich liegen sahe; welches auch den Mitanwesenden, allen fernern Appetit benahm, wie leicht zu glau­ ben, daß ein Ehegemahl oder gehorsames Kind, welches seinen Vater solle darben sehen, der das liebe Brod verdienen muß, dabey mit ruhi­ gen Gemüthe seine Mahlzeit solle fortsetzen. Der gute Prediger sahe wohl in seiner Gelassenheit, daß dieses Bescheid Essen vor seine Person allein zu gerichtet wäre, es war aber über seinem Horizont zu begreiffen, zumalen seine Philosophie, welche mit seiner Theologie übereinstimmen muste, dergleichen Symptomata nicht in sich halten tunte, widernatürl. Ursachen es zu zuschreiben, auf übernatürl. oder teuffelische aber als ein Reformirter Prediger nicht einmal drucken durffte. Was war aber in dieser verwirrten Sache zu thun? Sonst pflegt man zu sagen: Eine Mahlzeit ohne Brod, wird nur gehalten in äusserster Noth; und mutz eine schwere Sache seyn, Brod in Vorrath zu haben, und dasselbe dan-

Das stecknadlige Brot noch nicht gemessen können. In seinen ©eibanden mag er wol seyn über­ wiesen gewesen, daß dieses ein Affen-Spiel des leidigen Satans sey, aber dieses von sich vor seiner Frauen, Kindern und Dienstboten kund zu ge­ geben, als ein Reformirter Theologus, wäre das gröste Ärgerniß ge­ wesen, und hätte er seine eigene Hausgenossen dadurch von seiner reformirten Lehre abwendig machen können. Was wäre also zu thun? Seinem eigenen Hausbacken Brod wolle er nicht weiter trauen, alldieweilen er sich fest einbildete, daß das gantze Gebäcke vor seine Person allein mit dergleichen stachlichten Gewürtze versehen wäre; schickte also zu den entlegensten Becker von der Stadt, und liesse sich ein frisches Brod holen, da er aber selbes aufschnitte, war eben dergleichen Dorrath wie in den eignen Hausgebacknen vor seine Person zu finden, wenn aber die Predigers Frau in selbes schnitte, nicht die geringste Spuren in selben zu finden waren. Er hielt es zwar vor Blendwerck, schöbe einen Brocken in den Mund, welches nur gar zu materialische Blendwerck ihm aber schier übel zupaß kommen wäre, zumalen die Steck-Nadeln sich an Gau­ men fest setzten, und zwischen denen Zähnen knirschten, welches Brodt kaune dem guten Prediger sehr unappetitlich hat fallen müssen, und sich in dieser seiner Hertzens-Angst auf keine Seite zu lenden wüste, und vermuthlich zu beten nicht im Stande wäre; wie es in solchen Zufällen zu geschehen pflegt. Solcher Gestalt wäre der gute Mann nicht in Stande sich selber zu helffen, und muste freylich bekennen, wieder seine eigene reformirte Lehre, daß eine andere verborgene Krafft dieses Gauckelspiel ausüben müflte, welchem aber vorzubeugen er nicht im Stande wäre, und dannoch die Sache, um keine Verdrießlichkeit bey Hofe zu haben, als wenn auf ein neues durch ihn als einen Prediger felbsten, die Hexerey eingeführet werden solle, wegen welcher Aussage obbenannte Brück­ mannin so scharff gestraffet worden, alldieweilen man in dergleichen Eottsfürchtigen Städten, wo die reformirte Religion allein floriret, von Teufels seinen Werden nicht das geringste wissen will. Der gute Pre­ diger muste also eine Wolffs-Natur annehmen, und entweder mit bloßen Fleisch sich sättigen, oder aber seinen Hunger mit anderer Vorkost sich befriedigen. Die gute Predigers Frau that hingegen alles das mög­ lichste um diesen Unheil abzuhelffen; sie siebte das Mehl eigenhändig, sie knettete den Teig ein, schob ihn selbst in Ofen, bliebe darbey, bis er ausgebacken wäre, schnitte >es auf, fände auch nicht die geringste Spur einer Steck-Radel: so bald es aber der Prediger nur in die Hand nahm, davon schnitte oder brache, so fielen dieselben wie vorhin heraus, und also auch diese Vorsorge vergebens und kein anders Mittel übrig war, als von andern Becken, so wol durch eigenen Hausgenossen, als durch Fremde, ja so gar vom Lande Brod hohlen zu lassen; aber die Sache blieb allezeit beym alten. In welchen betrübten Umständen dieses wunderliche Ge­ rüchte ja nothwendig durch die gantze Stadt hat erschallen müssen, und daraus wider der meisten eigenen Willen ein neuer Glaubens-Articul hat müßen statuiret werden, daß ein neuer reformirter Teufel in diese vermeinte heilige Gemeine sich eingetiungen: welcher, weil er den Pre-

Das stecknadlige Brot

diger mit dergleichen seltzamen Confect tractiere, so möchte er nach und nach den übrigen Bürgern mit andern Speisen eine wunderlichere Mahl­ zeit zurichten. Endlich muste ja nothwendig der giltst selbsten davon Kundschafft einziehen, welcher wie weniger er glauben tonte, nach sei­ nem Grundsätzen, daß dergleichen Sachen möglich wären, minder fönte er begreiffen, das der Teufel in seiner Stadt ein Steck-Radel-Macher ab­ geben hätte, ohne sich bey ihm zu melden, und das gewöhnliche BürgerRecht angenommen hätte. Dieser gute Herr, nach angehörter dieser neuen Mähre, stutzete anfänglich nicht wenig, und wüste nicht, was er aus den gantzen Handel machen solle; vertheidigen kunte er es nicht, denn was würde die reformirte Geistlichkeit vor Augen dazu gemacht haben, wann ihr Ober-Haupt einem Geist wider ihre Satzungen dergleichen Gewalt aus eigenen Triebe zu gestehn wolte. Schlecht hin alles zu läugnen, wäre nicht möglich, weil vox populi, oder die gantze ihm untergebenen refor­ mirte Gemeinde schon gar zu sehr von dieser Sache informiret wäre: weswegen auch nicht angienge dieses zu unterdrücken, wie es sonst in diesem Ländern der allgemeine Gebrauch ist, daß man dergleichen un­ begreifliche Sachen entweder unterdrücket, oder unter Schelmereyen zehlet, und vor ordinair zu sagen pfleget, daß die Taschen-Spieler noch wol wunderbahrere Sachen ausüben können; welches aber meines erachtens dieser gute Prediger nicht hätte zu seinem eigenen Schaden nöthig ge­ habt, dergleichen Kurtzweile vorzustellen. Der gute Fürst muffte also in seiner Meinung die Mittel-Strasse ergreiffen, und wolte eine eigene Probe thun, vielleicht in den Gedancken stehend, daß der Teufel mit grossem Herrn in keiner Alliance stehen können, und etwa, weil sie Herrn ihrer Unterthanen seyn, seine Herrschafft wider selbe in dieser Welt nicht ausüben könne: weswegen selber seiner eigenen Fürstin nebst ihren Hof-Dames in Beyseyn der Ober-Hof-Meisterin Mehl sieben muste; u. damit ja alle Vorsichtigkeit gebraucht wurde, so muste diese Durchlauchtige und Hochadeliche Becker-Zunfft so negligent dabey sich einstellen, daß sie nach geschehener Arbeit, welche ihnen nicht gewöhnlich wäre, gleich kurtzum zu Bette gehn, damit ja keine Stecke-Nadel von ungefehr in das Mehl oder den Teig fallen möchte ; ja dieser eifrige Verfechter seiner Religion wolte selbst dabey seyn, wie das Brod in Ofen geschoben, auch wie es wiederum heraus genommen wurde, damit ja kein Versehens dabey, oder Betrug, von ein oder andern Deputirten aus dem Hexen-Collegio dabey vorgehn möchte; und zum Überfluß muste das gebackene Brod in Pappier versiegelt, von seinen eigenen Adjutanten in Beyseyn eines Obristen Lutherischer Religion, der ein sehr Christlicher Mann ist, dem Prediger überbracht, in ihren Beyseyn entsiegelt, und von ihme Prediger angeschnitten werden. Die 2 abgesanden Herrn Officier machten nicht kleine Augen, da sie gleich bey den ersten Anschnitt 7 Stecke-Radeln nebst 2 rostigen Rehe-Radeln heraus fallen sahen: und da der Prediger mit dem Messer in schneiden nicht fort kunte, und das­ selbe Stücke muste abgebrochen werden, sahe man mit Verwunderung daß eine große Pack-Radel quer durch das Brod gieng, als wenn diese

Das stecknadlige Brot die Hecke-Mutter aller der übrigen Nadeln wäre; über welchen Anblick die Herren Officier nicht wüsten, was vor einen Rapport sie abstatten sollen. Doch weil sie von allen augenscheinliche Zeugen waren, durfften sie freylich der Wahrheit dieser Sache nicht zu wider gehn: nahmen also die Pack-Nadel nebst den übrigen Gehecke zu sich, und legtens ihrem Fürsten unter die Augen, daß es, von welchen sie augenscheinliche Zeu­ gen waren, nemlich in dem Brod, welches sie versiegelt empfangen, wäre gefunden worden. Bey diesem Verlaufs konte man wohl sagen, sonift ist das allgemeine Sprichwort: Die Einfalt hat den Teufel betrogen; hier aber hat der Teufel einen klugen Fürsten, das A.B.C. gelernet, Latz er in der Teufels-Schule ein Anfänger seyn könne, in welcher gelernet wird, was das unsichtbare Wesen in den sichtbaren vor Wunder ausübe, welches wir öfters nicht begreiffen wollen. Der gute Fürst, nach abgestatteter solcher Relation mutz freylich wol eine nicht gar zu reformirte Mine gemacht haben; weil er diesem seinen vertrauten Abgeordneten Glauben beymessen, auch Soldaten und Christen Reputation darunter versirte, und keiner deswegen ein grosses L. in sein adeliches Diplom« wolle eingeschrieben haben. Der meiste Embaras aber war dabey, dah diese Sache nicht kunte verschwiegen bleiben, und Latz in einer reformirten Stadt der Teufel entweders eine Steck-Nadel Fabrique angelegt, oder das Monopolium sich zu geeignet, ohne dem Fürsten davon einigen Tribut zu geben, über welches die andern Bürger tunten schwierig wer­ den. Bey allen denen verwirrten Umständen wüste keiner kein Mittel dieser Sache zu helffen, oder genügsame Riegel zu verschaffsn, dah dieser Ruf nicht aus der Stadt käme: doch war wol der sicherste Weg, weil man doch Handgreiflich sehen kunte, datz das gantze Wesen nicht von einer ordinairen Macht, sondern von was höhern herrühren müste, datz man auch bey höherer Instanz diesen Teufels-Procetz anhängig machte; wie man dieses zu thun sich auch genöthiget sahe, damit man nicht kunte be­ schuldiget werden, man habe ein Imperium mere Mixtum mit den Teu­ fel selbsten, weil man sich entweder mit ihme in Güte vertragen, oder wol gar denselben eine Zeitlang durch die Finger gesehen. Man schickte also eine Quantität von diesen stachlichten Brod-Eewürtze, an das höchste geistliche Tribunal, datz selbes mit diesem eine Aufschliessung dieser kützlichen Materie durch ihre tragende Gewalt machen möchten. Aber auch dieses wolle in dieser Sache keine Hand anlegen, weil es wieder dem all­ gemeinen stylum curiae Reformatae war, und wolten die Herrn Geist­ lichen in einen ihnen unbekannten Geister-Processe keine Schieds-Leute seyn, und sind disfalls schier auf ienes Principium verfallen: datz besser sey, dah ein Mensch leide, als datz das gantze Bolck zu Grunde gehe; oder auf Hochteutsch zusprechen: sie wolten lieber ihren Mit-Bruder schmach­ ten und darben lassen, damit nicht etwan ihre gantze Religion dadurch möchte auf ein neues einen Ritz bekommen, welche von allen HexenWefen bey jetzigen Zeiten nichts wissen will. Was ist aber endlich dar­ aus geworden? Ich will dir es mit wenigen sagen, es wurde unter schwerer Straffe verboten, von dieser gantzen Sache nichts zu sprechen,

Das stecknadlige Brot — Das vorbedeutende Spannen der Flinte minder daß die geringste Untersuchung deswegen solle angestellet wer­ den; weswegen auch dir von der gantzen Sache kein fernern Bescheid geben satt; so viel aber habe nachdem in Erfahrung gebracht, daß nach­ dem diese Comoedie in die siebende Woche gespielet worden, die Sache entweder von sich selbsten cessiret, oder aber durch Eegen-Mittel vieleicht einer noch stärckern Hexe vertrieben, und dergestalten kein andere Probe zurück gelassen, als daß in dieser Stadt und Gegend dergleichen Eeschmeise, ja wol auch an andern Orten und unter allen Religionen sich befindet. Du kauft aber diese eintzige Erzehlung gleich durch einen Probier-Stein also gleich entscheide, wenn du z. E. hörest daß in Leipzig 1728 des seel. Professores Junii hinterlassenes lOjähriges Söhnlein etliche Wochen hindurch durch f. v. den Urin Stecke-Radel, Läppichen, Endgen von Ganten und dergleichen Sachen von sich gegeben hat. 190. Das vorbedeutende Spannen der Flinte

Höre folgende merckwürdige Begebenheit, welche mir von einem Ehr­ würdigen Prediger ist erzehlet worden, der noch am Leben, und bey der Christlichen Welt in sehr grossen Ansehen ist: Er erzehlte nemlich, daß er in seinen Canditaten Jahren bey einem wohlbegütterten Edelmann in der Reumarck Brandenburg als Informator gestanden, und nebst 3 Junckern auch 2 Fräuleins zu informiren hatte. Der älteste von diesen Junckern ohnfehr 15 Jahr alt, war von Jugend auf sehr zur Jagd incliniret, daß wo er nur eine Flinte hat erreichen können, selbe »erstochen, und mit selbiger verstohlener Weise in das dem Adelsitz nah anliegende Holtz eilte, um ein oder andere Vogel zu schiessen: und ob er schon öfters von mir deswegen mit Worten hart gestrafet worden, und die lieben Eltern selbst durch die Finger sahen, must ich es dabey bewenden lassen; ja der Papa war in seiner Affen-Liebe so gar gegen diesen seinen Sohn verblendet, daß er ihme so zu sagen, das Messer in die Hand gäbe, oder besser zu sagen, eine von seinen eigenen Flinten gäbe, mit welcher so wol er, als sein jüngerer 12jährigen Bruder sich in Schiessen exercieren solle. Was geschtcht eines Tages, da die Juncker Nachmittages in ihrer gewöhnlichen Lehrstunde waren, und ich neben ihnen fasse, die Flinte aber an einem Nagel an der Mauer hienge, welche geladen wäre: so hörete so wol ich, als alle 3 Junckers wie durch eine unsichtbare Hand der Hahn ordentlich aufgezogen, und wiederum in seine Ruh zurück gesetzet wurde; welches dreymal hinter einander geschehen ist. über welches ich endlich aufgestanden, wiowol nicht ohne Schauer, um zu sehen, wie dieses zu gienge: wie aber zu dem Gewehr kam, fünde dasselbe in dem alten Stande, wie ich selbes selbst habe hingehencket, und schriebe bey mir selbsten dieses einer starcken Einbildung zu; ob es die Juncker gleich selbsten mit angehöret hatten. Kaum aber, da wieder an meiner Stelle gesessen bin, und die gewöhnliche Lectiones aufsagen liest, erhebet sich das vorige Krachen vom neuen, und wie ich es ordentlich gezehlet, 4 mal hinter einander: daß es also in allen 7 mal wäre; worauf es also gantz

Das vorbedeutende Spannen der Flinte — Ich werde heut noch sterben still wurde. Die Junckers, absonderlich der gröste, erschrack hierüber zum meisten: wiewol er davon keine Ursache zu geben wüste, und ich ihm meiner Seits keine beybringen wolle; damit durch mein« Information ihn nicht etwan einige Lehr-Sätze von der so genannten Geister bey­ bringen möchte, welches ja wider unsere Evangelische Principia gewesen wäre. Zumalen ja auf den meisten Edel-Höfen höchst verboten ist, daß die Dienst-Mägde bey den Rocken, oder anderer Arbeit, keine so genannte Geister-Märgen erzehlen solten, damit die Kinder mit ihrer NahrungsMilch nicht dergleichen Meinungen einsaugen, daß ihnen bey reifern Jahren nicht solche im Schlafe vorkommen, und darnach beym Tische von einem Spuck zu sprechen wissen: wetzwegen ich in allen muste still schwei­ gen, auch den Junckern dieses muste aus den Sinn reden, und verbieten, denen Eltern nichts davon zu sagen, wenn sie nicht mit mir walten aus­ gelacht werden; wie auch erfolgt ist. So viel aber habe ich gemerckt, daß dieser Sache wegen, etliche Tage hindurch keiner aus den 2 Junckern verlangte mit der Flinte in das Holtz zu gehen, und die RecreatronsStunden mit Ball-Spiel und andern Zeitvertreib vollbracht hatten. Wiewol auch nach 6 Tagen diese Einprägung wieder verschwunden ist. Diese beyde zusammen nebst mir und einem Bedienten giengen in das Holtz, allwo sie auch Sprengel aufgestellet hatten, und waren wir alle begierig zu sehen, ob in einem oder andern was hafften möchte, und unterdessen die Flinte an einen Baum anlehnten: da wir nun alle in dieser Arbeit beschäfftiget waren, gieng der 12 jährige Juncker zur Flinte, nahm selbige in die Hände und probierte, ob er den Hahn auf­ ziehen tunte; und da etwa der älteste Juncker nebst den Laquayen ihm entgegen liessen, um das Gewehr ihm aus den Händen zu nehmen, ich aber in etwas von ihnen entfernet war, gienge in den Händen die Flinte lost, und schoß seinen ältern Bruder knall und fall zur Erde, daß er wenig Minuten noch gelebt hat, der Laquay auch unterschiedliche Schrot so wol ins Angesicht, als auf die Brust bekommen hat. Wie mir bey dieser Sache zu muth gewesen, oder ob nicht eine billige Überlegung wegen des vor 7 Tagen sich ereigneten Knackens zu machen, lasse selbst erachten. Dieses, lieber Freund, seyn die eigenen Worte, welche wir so gar schriftlich zugesendet worden, und hat sich ereignet den 19. Septembr. 1724. und ist der jüngere Bruder als Hauptmann noch im Leben. 191. Ich werde heut noch sterben

In der berühmten Königlichen Restdentz-Stadt Berlin, starb ver­ gangenen April 1740 ietztlauffenden Jahres, ein gewisser Officier mit Namen Oesterreich welcher eine nachdrückliche Warnung seines Todes von seinem getreuen Eenio hatte. Dieser Christliche Mann, ob er schon einige Zeit kranck wäre, und theils an Podagra, Eicht- und Brust-Zu­ fällen darnieder läge, doch sich allezeit wieder erholete, und wann er auch seine Dienst nicht thun konte, doch in dem Hause herum gienge, und

Ich werde heut noch sterben selbst der Medicus Schaarfchmit gute Hoffnung gäbe, daß wenn das Weiter sich ändern würde, weil er noch ein jungen Mann wäre, seine Gesundheit auch wieder hergestellet werden folte. Wider aller Ver­ muthen aber etwa demselben Tag da er gestorben ist, ließ er sich Nach­ mittage gäntzlich ankleiden, und vermeinte sein eigener Bedienter, daß er um frische Luft zu schöpfen ein oder andern guten Freund besuchen wolle, ob er schon zu Mittag wenig oder nichts gegessen hatte; er blieb aber in seinem Quartiere, und gienge den gantzen Abend in seiner Stube auf und ab spatzieren, so seine Eedancken, sein Bedienter u. ein anwesender Unter-Officier nicht errathen konten warum. Gegen 8 Uhr aber befahl er seinem Bedienten, daß er ihm den Regiments-Prediger Herrn Süßmilch zu sich ruffen solte, ohne zu sagen, was er bey ihn machen solle, welcher auch erschien. Kaum aber, da selber in das Zim­ mer getreten, und sich beyde nieder gefetzet hatten, sagte der Herr Haupt­ mann zu dem Prediger: ich sehe und weiß gewiß wie mir mein Hertz saget, daß ich heut noch sterben muß; also bitte ich Euer-Wohl-Ehrwürden, daß sie die Absolution ertheilen, und mir das heilige Abend­ mahl reichen wollen. Der gute Prediger wüste anfänglich nicht, was er hiezu sagen solte, da er mit einem solchen Patienten sprach, welcher mit seiner gantzen Regiments-Mondierung angethan, von dem heiligem Abendmahl sprechen, und nach dieser Verfassung sich wohl einbilden fönte, daß es wenigstens einen Aufschub bis morgenden Tages haben solte, und suchte diesen Patienten unter Trostreichen Ermahnungen auf andere Eedancken zu bringen; theils weil dieses heilige Merck bey Abendszeit anietzo zu reichen nicht so gebräuchlich, theils weil sein Quartier in etwas entlegen, daß er solches nicht so geschwinde nach sei­ nem Verlangen ins Merck setzen konte. Der gute Officier aber, welcher sich wol zum besten fühlen muste, liesse nicht nach anzuhalten, und muste der Prediger, er wolte oder wolle nicht, fortgehen, und dazu Anstalt machen, auch ohngefehr in einer Stunde zurück käme, da er den Officier auf den Knien liegend antraf, mit seinem Gebet-Buch in den Händen, welchem er nach gegebener Absolution das heilige Abendmahl reichete, und nach gepflogener Andacht, noch sich mit ihme eine gute halbe Stunde mit geistlichen Unterredungen sich unterhielt, und endlich gegen 10 eine gute Nacht wünschte; über welches sich der Officier ausziehen ließ, und gewöhnlicher masen sich zu Bette legte, der Unter-Officier aber und sein Bedienter die Thür in etwas offen liessen, wenn der Herr was ver­ langen möchte, und in dem Vorgemach bey sich selbsten überlegten, auf was vor Eedancken wider ihr Vermuthen der Herr verfallen wäre. Alldieweilen aber der Bediente feinen Herrn gar zu wohl kennte, daß er einem gar harten und schnarchenden Schlaf hätte, selben aber weder verlängte, noch weniger seiner Gewohnheit nach eingeschlaffen, u. doch schon ungefehr eine gute halbe Stunde verflossen wäre: gienge er leise mit dem Unter-Officier hinein, Hube die Gardine auf, und fanden ihren Herrn auf der rechten Seite dergestalten eingeschlaffen, daß ihm nicht

Ich werde heut noch sterben — Die Borzeichen im Berliner Schlosse 1713 mehr erwecken tonten, den andern Tag aber den gantzen Verlaufs an Seine Königliche Majestät einschickten; welche Erzehlung nicht geringes Aufsehen machte. 192. Die Vorzeichen im Berliner Schlosse 1713 Was die so genannte weise Frau anlanget, will meines theils weder bejahen noch verneinen, ob sich schon unterschiedliche hervor gethan, welche sie so wol auf den so genannten Trabanten-Saal, in dem lange Gange, auf der grossen Treppen, wo man zu den Ober-Directorio hin­ aufgehet, wollen gesehen haben. Alldieweilen aber solches nur vom sa­ gen hören herrühret, ich auch mit keinem von solchen Leuten gesprochen habe, so will dieses vor keine Gewißheit ausgeben: doch dieses ist gewiß, daß bey den hochseligsten Todte dieses grossen Monarchens seines Herrn Vaters den 27 Februarii 1713 dem Tage nemlich vor seinem Abschied zwischen 8 und 9 Uhr Abends in den so genannten Jubelen-Cabinet, dem Sterbe-Zimmer gegen über, welches versiegelt wäre, durch das durchgebrochene Fenster in die Gallerte, so wol von letzt-verstorbener seiner Königlichen Majestät als damaligen Cron-Printzen, nebst den sei. verstorbenen Grafen von Finckenstein, Herrn Ober-Hof-Marschall vom Printzen, und Leib-Medico Eundelsheim ein herumwallendes leicht ge­ sehen worden, welches alle Winckel durchsuchte, als wenn etwas oerlohren wäre; nach Entsieglung aber und Beleuchtung mit andern Lich­ tern, nicht die geringste Spur ist gefunden worden. Und da das Cabinet wieder ist versiegelt worden, und die vorige Observation auf ein neues ist gemacht worden: so hat sich das Licht etwa wie zuvor wiederum her­ vor gethan, welches einen ungemeinen Schrecken unter alle vorbenannte gebracht hat, und sich auf Einrathen des Leib-Medici von dieser Stelle sich weg begeben, und er Gundelsheim, als ein guter Cabalist zum Vor­ aus gesagt, aus diesen Phoenomeno, daß des seligsten Königes letzte Stunden vorhanden wären; wie auch des andern Tages gegen Mittage erfolget ist, und dieses Gesichte von seiner Königlichen längst verstorbe­ nen Majestät öfters öffentlich Erwähnung gethan haben. Irret also der Verfasser des mit Unbedacht beschriebenen Lebvns-Lauffs dieses längst verstorbenen Herrns, welchen er 1735 heraus gegeben, da er pagina 37 also schreibet: daß da seine Majestät zu ihrem sterbenden Herrn Vater berufen wurden, um den letzten Seegen zu empfangen, selber sich des kürtzesten Weges bedienen wollen; weswegen er über den kleinen SchloßPlatz quer hinüber gieng. Unterschiedliche Officiers und Cavalliers aber folgten hinter seiner Königlichen Hoheit darein, da fiel ihnen ein sonst verschlossener Saal gantz hell in die Augen, so daß denenselben dünstete, als ob er mit vielen 100 brennenden Lichtern erleuchtet wäre. Hierüber stutzten ihre Königliche Hoheit, und fragten die so bey ihnen waren, was solches bedeute, und warum so viel Lichter angestecket wären: die so bey seiner Königlichen Hoheit waren, sahen den erleuchteten Saal ebenfalls gar wohl, wüsten aber nichts auf die an sie gethane Frage zu antworten. Wie aber seine Königl. Hoheit die Treppen hierauf kamen,

Die Vorzeichen im Berliner Schlosse 1713 tmffen sie den Castellan des Schlosses an, den dieselben gleichergestalt um die Ursach fragten, warum der Saal mit so viel Lichtern erleuchtet wäre; allein es bekamen seine Königliche Hoheit zur Antwort: daß der Saal fest verschlossen seye, und lange Zeit kein Licht in denselben ge­ kommen wäre. Und ob ich schon, nachdem« diese Passage in dieser Schrift gefunden, mich bey solchen Leuten erkundigte, welche dieses wohl wissen mülsten, keiner aber selbe bestättigen wollen: so vermeine, daß mehr einen solchen hohen Haupt zu glauben seye, wie sie selbes nicht einmal erzehlet haben, und also diese angeführte Erzehlung, nicht als ein lerer Thon aus einem hohlen Fasse anzusehen ist. Um aber wiederum auf unsere Vorboten zu kommen: so ist gewiß, daß da seine König!. Maje­ stät noch in Berlin, ehe sie sich nach Potsdam bringen lassen, den 18. April so wol bey Tag als Nacht in den zugeschlossenen Zimmern ein gewalti­ ger Tumult vom Schlagen und Fallen gehöret worden, absonderlich in der so genannten Kreppel-Kammer, in welcher nichts anders befindlich, als Bettstellen, und anders Krancken-Eeräthe, dessen sich der seligste Herr in seiner vorigen Kranckheit bedienet hat. Und da über diesen Rumor die Schildwachen allarmiret, absonderlich die bey der Fahne Wacht, und an der so genannten grünen Treppe, vermeinend, daß es Diebe seyn könten, und dieses an die Hauptwache gemeldet haben: so sind aus Verordnung des Coinmendanten mit Zuziehung einiger StabsOfficiers, durch den Castellan alle Zimmer genau visitiret worden, bis unter das Dach hinauf, aber nicht die geringste Spuhr von etwas ge­ fallenen verspühret worden ist, und ist dieser Ruff gleich durch die gantze Stadt gegangen, und wie ein fliegendes Feuer nach Berlin gekommen; woraus schon die meisten ein übles Omen gemacht haben. Was noch mehr ist, des seel. Herrn? sein bestes Leib-Pferdt, welches selbe zum liebsten geritten haben, war frisch und gesund, und wurde wider aller Vermuthen todt in dem Stalle gefunden; ja wer auf alle Zeichen hatte Achtung gegeben, der hätte vielleicht genug anzumercken gehabt. Das ist genug, daß der seel. Herr in und bey sich seinen eigenen Eenium gehabt hat, indem er die Nacht vor seinem Absterben, selbsten gesagt hat, daß er die Nacht nicht mehr erreichen werde, und von dem umstehenden ge­ wöhnlichen Wächtern Abschied genommen hat, auch in der frühe mit gäntzlichen Verstände die Abdication seines Reichs vorgenommen, und endlich um 3 Uhr Nachmittag sanfft entschlaffen ist, da es eben 12 Stun­ den waren, da er gegen 3. Uhr frühe gesagt hat, daß er den Abend und die Nacht nicht erleben werde. Dieses, mein Lieber, sind Vorboten genug, welche dieses grossen Monarchen Todtesfall prognosticiret haben, von welchem noch 2 andere Merckwürdigkeiten hier beybringen muß: was nemlich 2 geistreiche Männer oder Mystici vor merckwiirdige Gesichter gehabt haben. Einer von diesen sahe in Traum über den Exercier-Platz einen gewöhnlichen Sarg tragen, welcher mit vielen Lichtern umgeben wäre, und geraden Weges auf die Euarnisons-Kirche zugehn: worüber er auch mit schrecken erwachet, und solches sein Gesicht vielen seinen Be­ kannten erzehlet hat, mit vermeldten nicht allein was ihm geträumet,

Die Vorzeichen im Berliner Schlosse 1713 — Der Nachtspuk im Berliner Schlosse sondern er setzte noch dazu, das Gesicht wird ja nicht unsern gnädigsten Herrn bedeuten, welchen ich erst gestern in vollen Currier vor meinem Hautz habe vorbey fahren sehen, und erst 14 Tag hernach dieser traurige Todesfall sich ereignet hat, und 4 Tage hernach eben die Leiche in solcher Ordnung, wie sie von ihm gesehen worden, durch dieselbige Thüre hin­ ein gebracht worden, wo sie vor seinen Augen verschwunden ist. Der andere aber sahe, datz der Euarnisons-Thurm mit grossen Krachen zur Erde fiel, worüber das gantze Glocken-Spiel erthönet, und viel Hausier dadurch niedergeschlagen wurden, gleich aber kam noch ein höherer Thurm aus der Erde hervor, welcher den andern so wol an Stärcke als Schönheit übertraffe: über welches Gesicht mir leichte die Auslegung zu machen ist, datz durch diesen Trauer-Fall dem Wohlstand der Länder schon wieder durch Vorsorge des Himmels gesteuret sey. 193. Der Nachtspuk im Berliner Schlosse

Um allen Frey-Geistern das Maul zu stopfen, und die DerstandesAugen zu eröfnen, so will ich von unsern Zeiten eine Begebenheit erzehlen, welche der gantzen Sache einen solchen Ausschlag geben solle, datz keiner mehr daran zweiflen solle, in Erwegung der hohen Person, die es von sich selbst erzehlet, und der Versammlung, so vieler vornehmen Männer, in deren Beyseyn solche geschehen ist, und die meisten noch im Leben seyn. Dieser grosse Herr (dessen Namen billig verschwiegen wird, alldieweilen andern Zeugnisse genug vorhanden seyn, u. seiner eige­ nen Erzehlung nach, solche Umstände mit unter lauffen, datz der Leser an sich selber daran keinen Zweifel machen kan) gienge 1709 den 15. Julii nach der Abend-Mahlzeit in seine Cammer, und nachdem er sich ausgekleidet durch Beyhülffe seines Cammerdieners, wolle er noch eine kleine Motion machen mit auf- und niedergehn, wie er sonst in Gewohnheit hatte: da es aber schon ziemlich spat wäre, und ihm wider Vermuthen einiges Grauen zustösset, legte er sich zu Bette, und lietz die Lichter auslöschen, die sonst gewöhnliche Nacht-Lampen aber anzünden, welche vor ordinair nechst den Kamin stunde, und lietz seinen Cammer­ diener von sich. Da er aber eine geraume Zeit in Bette läge, ohne, datz der geringste Schlaf kommen wolle, hörte er etwas durch den Kamin herunter kommen, und glaubte nach seiner Einbildung, datz es müsse eine Eule seyn, welche sonsten gerne auf den Schornsteinen zu nisten pflegen, in der That auch wircklich ein Vogel zum Vorschein kam, aber von einer andern Gattung, welche er selbst nicht entscheiden tonte; doch der Beschreibung nach, wäre es kein Raabe, sondern grösser, doch tunte er auch nicht sagen, datz er die Gestalt eines Adlers gehabt habe. Kaum aber da selber auf die Erde kam, erhübe er sich in die Lufft, und etliche­ mal in Kreitz in der Cammer herum: über welches er eine Pistole er­ griffe, deren etliche paar um das Bette hiengen, und wolle nach diesen Vogel schiessen, und zu dem Ende auch schon den Hahn aus seiner Ruhe gesetzt hatte, besann sich aber eines andern, um bey Nachtzeit durch den

Der Nachtspuk im Berliner Schlosse unvermutheten Schutz kein Unruhe zu erwecken, absonderlich in Erwegung, datz seine hohe Gemahlin etwa in Wochen läge, und henckte die Pistole wiederum an ihre Stelle, und den Bogel in den Herumfliegen aufsitzend im Bette zusähe, und noch zur Zeit dem Cammerdiener nicht ruffen wolle, welcher Vogel sich endlich auf einen dem Bette gegen über stehenden Tische setzte, auf welchen vor ordinair Huth, Stock und Degen zu liegen pflegen, und sich gleich über den Huth hermachte, sich mit den Kräulein an demselben fest setzte, und mit aller Gewalt die Kokarde herunter reisten wolle: und da er zum besten darüber arbeitete, öffnete sich die Kammer-Thür, in welcher die Garde Robbe befindlich wäre, und kämmen aus selbiger zum Vorschein 6 kleiner Männerchen in Gestalt der Marionetten, mit langen Bärten, langen weisen Kitteln, in der Mitte aber schwartze Flecke herunter hangen hatten, und lange Stecken in den Händen führten, und geraden Weges auf den Vogel zu giengen, und mit ihren Stecken lotz schlugen; welcher doch allen ungeacht in seiner Arbeit fortführe. Uber welchen wunderlichem Combat diesen Herrn ein nothwendiger Schrecken hat zu stosten müssen, und gezwungen war, seinen Cammer-Diener zu ruffen: da aber selbiger die Thür er­ öffnete, so kam ein starcker Wind, auf welchen in einem Hui sowol Vogel als Männerchen verschwunden waren, der Cammerdiener aber seinen Herrn in vollen Angst-Schwoitz in Bette sitzend antraffe, welcher nicht wüste, was er dazu sagen solle, und warum er so unvermuthet wäre geruffen worden. Da aber der Herr endlich alles erzehlte, was ihm be­ gegnet wäre, wolle der Cammer-Diener ihme solches aus dem Sinne schlagen, mit dem Vorwandt, datz er vielleicht möchte geträumet haben: welcher aber zur Antwort gab, datz er wohl wüste was ein Traum wäre, und er wolte den Doctor holen lasten, welcher auch da es schon in etwas Tag zu werden anfienge, ankommt, und diesen Herrn wider sein gantzes Naturel in vollen Schweiß, welcher gantz kalt wäre, liegend fände, auch sehr über grosse Hitze an den Mund klagte. Er wolle zwar den Doctor von dieser Begebenheit nichts sagen, welcher aber aus diesen Zufällen wohl abnehmen kante, datz es vom einen zugestostenen Schrecken her­ kommen müsse, u. einige Medicin deswegen verordnete, mit dem ge­ wöhnlichen Trost, datz es nichts zu sagen habe. Der gute Herr bekam cndl. einen solchen Ausschlag an dem Munde und Mattigkeit an de­ nen Gliedern, datz er etliche Tage die Cammer hüten muste, welches wider seine Gewohnheit war, und doch wolle er die Sache nicht offen­ baren, welches alle darüber in Verwunderung setzte, woher doch dieser Zufall gekommen wäre, zumalen dem Cammerdiener auch scharsf ver­ boten wäre, von der gantzen Sache nicht das geringste kund zu machen, bis er endlich nach einer verloffenen Zeit es selbst vertrauten Freunden offenbaret, und nachmahlig bey gegebener Gelegenheit, da vom der­ gleichen Eeister-Materien gesprochen ward, und unterschiedliche FreyGeister das Gegentheil hielten, diesen Zufall zu seiner Probe, und Bekräfftigung der Gewißheit der Existenz der Geister angeführet hat, und also solchen das Maul gestopffet.

Nachweise Die Sagen der „Monatlichen Unterredungen" werden im folgenden nach der von uns eingeführten Nummer, dem Fundort (Band und Seite) auf­ geführt und etwaige Abdrucke sowie Parallelen und übrige Anmerkungen bei­ gegeben. Darüber hinaus verweisen wir auf das „Handwörterbuch der Sage", das die hier entnommenen Belege wie folgt zitiert: Peuckert Corpus I Nr— 1. Athanasius Kircher: 1,12. Mit der Bemerkung über die Freundschaft der Menschen mit den Geistern: „Es ist bekannt, daß man dieses dem Zoroaster, Raymundo Lullio, Alberto Magno, Thomae Aquinati, Petro de Abano, im­ gleichen dem Pictorio Villingano, beyden Pliniis, Arbateln, Ioanni Trithemio, Cornelio Agrippae, beyden Cardanis und vielen andern mehr Schuld giebt", von denen „ein oder der andere die für verlohren geachtete artem notoriam Salomonis wieder gefunden" hat. Zu Kircher f. A. Schöppner. Sagenbuch d. Bayerischen Lande, 1852 Nr. 986. 2. Die gefallenen Engel: 1, 20. Peuckert, Volksglaube d. Spätmittelalters, 1942, 119 ff. 3. Der Hekla: 1, 45; vgl. unten 46. 132, ferner HWb. Sage: Aetna. 4. Die Berliner Besessene: 1,55 ff. Der Besessenen-Elaube hat in der Mark Brandenburg im 16/17.2h. eine große Nolle gespielt, wie Angelus und Bekmann erkennen lassen. 5. Die Hausgeister der Nosenberge: 1,123—129. Danach Grimm DS 42. Die Parallelität der Ereignisse erscheint als Widerspiegelung des irdischen Lebens im untern, wie nach unten 29 die Unterirdischen aus der Oberwelt Geflohene sind. 6. Bertha von Rosenberg: 1,135—140. Gustav Iungbauer, Böhmerwaldsagen 1924, 138 ff. folgt — wie unser Text — Bohuslav Balbinus, Miscellanea historica regni Bohemiae 1679. 3,184—190. Iungbauer gibt 255 eine Ouellenund Literaturübersicht, der Richard Kühnau, Schlesische Sagen 1910 Nr. 115 zuzufügen wäre. Jungbauers Abdruck gekürzt bei G. Iungbauer, Heimat und Volk 1937 Nr. 212. 7. Der Hausgeist zu Ogulin: 1,163 f. O. östlich Fiume, gm Osthange des Kapellagebirges. 8. Der Brautschatz im Turm: 1,179—184. Zeng an der jugoslav. Küste. 9. Der geldbringende Zwerg: 1,184—187. Die rote Mütze ist Kopfbedeckung der Zwerge von Skandinavien bis Sizilien. 10. Der Schatz im Stall: 1, 187—189; darnach Eräße, Sagenbuch d. Preußi­ schen Staates I 381. Daß der Schatz nur bestimmten Personen zugeeignet wird, wiederholt sich in den Weiße-Frau- und Schlangenjungfrau-Sagen. 11. Der Leipziger Geistersichtige: 1,196—199, im Anschluß an die Frage des Zweiten Gesichts, vgl. zu Nr. 164. Die nächtliche Beunruhigung ist wohl als Alberlebnis zu deuten, denn zum Alb wird im ostelbischen Deutschland der nicht-recht-Getaufte. „Zeichen": Zeichen oder Tierkreisbilder: Widder, Stier usw. — Das Meißner-Erlebnis: Toten- oder Geistermette.

Nachweise 12. Geisterphantasien: 1,202—204. Ioh. Wyer, de praestigiis daemonum, deutsch durch Fuglinus 1586 im Theatrum de veneficis; über Wyer: Peuckert, Pansophie 2,432. Vgl. auch unten 13. 13. Die Anmeldung am 28. Mai: 1,213—215. Hier wird das „Anmelden" das Vorzeichen, Vorbedeuten der Tätigkeit der Ahnen- oder Hausgeister, Kobolden zugeschrieben, eine heute kaum noch gängige Interpretation, obwohl das Faktum noch eine große Nolle spielt. 14. Der Schlag gegen das Weinglas: 1,215—217. Vgl. zu 13. 15. Der unruhige Totenkopf: 1,219—223. „Andern curieusen Köpfen, die von der Geister-Materie nicht viel halten", hat das „Anlaß gegeben, mich einen Ratten-Beschwerer zu nennen, welchen Ehren-Titul ich noch wohl einige Zeit... werde behalten müssen." 16. Der Langenmantel: 1,228—231. Ein Teil der Hausgeister oder Kobolde trägt einen Sondernamen, der vom Ort ihres Erscheinens oder von einer ihrer Eigentümlichkeiten — wie hier — genommen wurde. — Annentag: 26. Juli. 17. Das Ehepaar aus dem Fegfeuer: 1,239—247. Die Handlung spielt wohl in Schlesien oder Österreich-Schlesien, wie der Bezug auf Neiße — Nr. 18 — erkennen läßt. Zum Motiv „Toter verteidigt sein Grab" vgl. Kühnau 10 und die dabeistehenden Varianten. Zum Wachsen des Spukes vgl. unten 18. „Mitter­ nacht" ist hier ein noch nicht nach der Uhr festgelegter Begriff, sondern einfach Mitte der Nacht, die vom Dunkelsein bis zum Hellwerden - Hahnkraht reicht. 18 enthüllt den hinter dieser Sage stehenden Betrug. 18. Der Neißer Totentanz: 1,247—263 mit Auslassung der Reflexionen; danach I. G. Th. Gräße, Sagenbuch des Preußischen Staates 2,1871, 372 f. Nr. 315 = Kühnau 18. Die Freudenthalischen Gespenster: Lucae, Schlesiens, curieuse Denckwürdigkeiten 1689, 2233, ferner: Schlesischer Robinson 1723,29, danach Kühnau 189. Frisches Blut beim Köpfen: Nachzehrer. 19. Die Tote im Brautkleide: 1,265—272. Erzählt als Beweis dafür, daß „verstorbene aus ihren Gräbern hervor gekommen" seien. Steine im Sarg: vgl. Kühnau 186. 187 aus Österreich-Schlesien. 20. Richmodis von der Aducht: 1,272—274. Kurz: Grimm DS 340 mit Anmerkungen, Bechstein DS 117, Zaunert, Rheinland-Sagen 1,1924, 184 f. mit Kupfer von Aubry. Die Sage ist über das ganze Sprachgebiet verbreitet, vgl. HWb. Sage. Dresdener Variante: wohl Johann Georg Theodor Grüße, Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen 1855 Nr. 118 = 1874 Nr. 113. 21. Der wiedergehende Barbier 1,279—293. Malin, nach den näheren Um­ ständen (Prager Studenten usw.) in Böhmen. Zum Kapuziner Martin von Kochem s. Günther Müller, Deutsche Dichtung von der Renaissance bis zum Ausgang des Barock 1957,255; Paul Hankamer, Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock (Epochen d. dtsch. Literatur II) 1947, 537. Die BarbierErzählung ist wohl slavischer Herkunft; hier stammt sie aus dem Tschechischen; Schlosser, Vachernsagen 1956 Nr.5 bringt sie von der südslavischen Grenze; vgl. ebd. 75 die Anmerkungen. 22. Der Homunkulus des Alchemisten: 1,323—325. Uber die homunculusFrage vgl. HWb. Sage; Fludd: s. zu Nr. 1; einen Bernardus Germanus vermag ich nicht nachzuweisen. — Zur homunculus-Frage vgl. das Problem des „alchemist. Baumes".

Nachweise 23. Das Recht der Begrabenen: 1,349—351. Zum Problem des Letztbegra­ benen vgl. die schwedische fitfogtgmsSctge; Dosten und Dorant sind dämonen­ abwehrende Kräuter, vgl. Marzell bei Bächtold-Stäubli, HWb. d. dtsch. Aber­ glaubens 2, 361 ff. 350 ff. und HWb. Sage unter „Dosten und Dorant". 24. Die ermordete Schwangere: 1,362—365. Der Thomastag ist der 21. De­ zember, also der kürzeste Tag des Jahres, nahe dem Zwölftenbeginn, also der rechte Tag für Wiederkehrer; vgl. Sartori bei Bächtold-Stäubli 8,763 ff. 25. Vom Bahrrecht: 1,368—370 zum Beweis, daß Körper geblutet haben, „wenn der Mörder nicht zugegen gewesen, als auch" anderer, „welche nur in Gegenwart desselben, das Zeichen des Vlutens von sich gegeben." Zum Bahr­ recht s. Bächtold-Stäubli 3,1046 ff. Unser Text führt im Zusammenhang den Pfortzheimer Ritualmord (Peuckert bei Bächtold-Stäubli 7,729) nach Eantipratensis Lib. II Mirac. cap. 29 an. 26. Der Affe des Ritters von Rabi: 1,419. Die Sage lebt im Böhmerwald bis heute: Silvanus 181 ff. vgl. HWb. Sage s. v. Affe; unten 96. 27. Das Pulver der Zwerge: 1.439—443. Zwerge teilen Arzneien mit: Bächtold-Stäubli 9,1958 ff., doch ohne Erwähnung des weißen Pulvers. Die Sage denkt wohl an fairies und brownies, nicht an deutsche Zwerge. 28. Besuch der Unterwelt: 1,444—445. Zweiteilig: Schlangenjungfrausage und Sage vom Gange durch die Unterwelt. Dieser erscheint wieder bei Ignaz V. Zingerle, Sagen aus Tirol 1891 Nr. 519. Unser Autor nimmt mit Recht an der llnlogik der Sage Anstoß: „Wie wunderlich klinget es doch, daß jenes Frauenzimmer, anstatt den verlangten Kuß anzunehmen, sich in eine Schlange verwandelt und eine unschlüssige Blödigkeit mit Reichthum belohnet." Da­ neben steht eine Reflexion über die „ordentlichen Figuren von Menschen, Thieren, Bäumen, Früchten, Todten-Knochen" in den „unterirrdischen Grot­ ten, welche sich in Neapolis, Baja, Syracusa, Kärnthen, Crain, auf dem Hartz- und Ertz-Gebürge und sonst in andern Ländern befinden." 29. Flucht in die Unterwelt: 1,469 f. Die Bewohner der Unterwelt sind ehemalige Bewohner der obern; das ist eine Parallele zu der Bemerkung, die Unterirdischen seien vor-idg. kleinwüchsige Völker, die verdrängt wurden. Zur Sage von den Juden im Kaukasus: Peuckert, Schles. Sagen 1924, 44; Pfister bei Bächtold-Stäubli 3,911. 30. Schatzbeschwörung auf dem Seben: 1,476—482. Zum Schatz auf dem Sähen: Zingerle 528. 547. 560. 606. 607; Ioh. Adolf Heyl, Volkssagen, Bräuche u. Meinungen aus Tirol 1897, 162. 163. — Zum hl. Eassian: Heyl 121; Zin­ gerle 840. 946. Zum Iungfernhemd: Bächtold-Stäubli 4, 851. — Venedig: klingt hier die Venediger-Sage von den goldfindenden zaubrischen Männern auf? 31. Der Berggeist: 1,499 f. Es handelt sich um die Berg-Männlein, welche gern um die arbeitenden Knappen sind, also nicht um den Bergmönch, den die Göttinger Phil. Dissertation Wolfersdorfs 1960 behandelt. Der Autor geht von Lavater, de spectris I 16 aus. Die Sage wiederholt Grimm DS 2 nach Lavater, Praetorius: Anthropodemus, Braeuner und Agricola. Beachte auch Iac. Grimms Zusatz in Steigs Ausgabe, ebenso Grimm DS 71 nach unten 1, 503. 32. Nix-Annchen: 1,523. Wiederholt: Grüße, Sachsen 1,874 Nr. 448 = Meiche 478. Unter Berufung auf Paracelsus (Liber de nymphis), und Hinweis auf eine Seefrau in Ragusa.

Nachweise 33. Der Nix und sein Weib: 1,525. Wiederholt: Grüße, Sachsen 1874 Nr. 455 = Meiche 477 (mit falscher Stellenangabe). 34. Der brennende Mönch: 1,539—541. Nach einer Bemerkung des Autors, dem diese Sage ein Freund vor kurzer Zeit mitteilte, spielt die Sage in Sachsen. Grüße, Sachsen 1874 Nr. 385 wiederholt sie und macht aus Bettels­ dorf: Vottelsdorf; sein einleitender Satz ist falsch; ihm folgt Meiche 356. 35. Das Licht auf dem Ealgenberge: 1,549—552. Wienerberg in Nieder­ österreich. Die mir zugänglichen niederösterreichischen Sammlungen kennen die Sage nicht. Der Autor fragt, ob das Licht ein Astralgeist oder ein Irrwisch war. 36. Das unheimliche Feuer: 1,551—553. 37. Der Galgen: 1,554 f. Galgennagel: Vächtold-Stäubli 3, 266. Alraun: HWb. Sage s. v.; Diebshemd: andeutend Bächtold-Stäubli 3,262. Der Frager unserer Schrift überlegt, ob die Ausdünstungen der Körper solche Wirkungen hervorbringen. „Denn gleichwie alles Feuer zu seiner Nahrung eine schwefe­ lichte, oder sonst fette und ölichte Materie haben muß, also gehet es gar wohl an, wenn die todten Eörper nach und nach in eine natürliche Auflösung ge­ rathen und das Fett abzutrieffen beginnt, daß solche Theilgen durch die Ent­ zündung der Luft angeflammet werden, und wie ein Licht brennen können. Eben dieses bezeugen ja die Naturkündiger von den Gottes-Aeckern, wo viele faulende Eörper liegen" und das Irrlicht erzeugen. 38. Das rufende Licht: 1,586 f. Mit blauem Licht brennt ein Schatz, der dadurch, daß man ein Kleidungsstück oder einen metallenen Gegenstand dar­ auf wirft, erworben wird. Gerufen wird der rechte Erwerber, vgl. oben 10. 39. Die gestörte Nuhestätte des Toten: 1,572—583 mit Weglassung einiger Reflexionen. Tote, die keine Ruhe im Grabe haben, erscheinen als Licht, vgl. etwa Kühnau 43. Der Autor deutet die Flamme nach der Lehre vom Astralgeist: „es können die subtilen Saltz-Theilgen von den Knochen und Asche der todten Eörper... von der eingeschlossenen warmen Luft als eine Nahrung angenommen werden, woraus gantz natürlicher Weise ein Feuer entstehet." Der Schatzheber soll rein, jungfräulich sein, vgl. oben 30. 40. Der Teufelsbund des Dresdener Arnold: 1,602—608; danach Grüße, Sachsen 1874 Nr. 153 = Meiche 665. Eingesprengt die adfer-Sage aus dem Faust-Sagenkreis, ferner die von der Birnfeige (vgl. HWb. Sage), die frei­ lich hier unmotiviert erscheint; das Esel-Bogel-Motiv dürfte aus dem Mär­ chen Grimm KHM 45 stammen, ferner erscheint das Wechselbalg-Motiv, der Raub ungetanster Kinder durch die Hexe zur Gewinnung der Hexensalbe, der Flug dank der (narkotisierenden) Hexensalbe, die Sabbathfahrt zum Wolpers-(Walpurgis-)Berge bei Dresden (vgl. Peuckert, Verborgenes Nieder­ sachsen 1960,103 ff.) usw. 41. Der Freikugelguß des Schreibers: 1,609—613; vom Autor selbst „aus den Gerichtlichen Acten zusammen gezogen". Schlußbemerkung: „Es wäre ein höchst verdammliches Verbrechen vor einem Richter, wenn er wegen einer ungegründeten Aussage das Todes-Urtheil füllen wolte; vielmehr ist zu glau­ ben, daß die erzehlten Umstände wahrhaftig sich also ereignet haben." Zu Abdon: s. HWb. Sage s. v. Die Scheinbedrohungen gehören ursprünglich wohl der Zitation (vgl. Faust-Volksbuch c. 1) an und fanden dann ihren festen Platz in der Schatzbeschwörungs-Sage.

Nachweise 42. Rübezahl kehrt im Wirtshaus ein: 1,615—619. Variante bekannter Rübezahl-Schwänke, vgl. etwa Grüße, Preußen II 279 q. Zum ausgerissenen Bein: Peuckert, Die Sagen vom Berggeist Rübezahl 1926, 67 f. nach Praetorius, Daemonologia Rubinzalii I (1662). Teufelspeitsche: Stola vgl. oben 15. 18. 113, sonst ein Amulett in Form eines Bildstreifens: Bächtold-Stäubli. 1, 1706. 43. Rübezahl ist ein arger Gast: 1,619—621. Grulich liegt an der Südostecke des Glatzer Eebirgsvierecks im böhmischen Bezirk Senftenberg. Wie schon 42 mit seiner Angabe „Wald, welcher Böhmen und Mähren von Schlesien scheidet", zeigt, erstrecken sich die hier mitgeteilten Rübezahl-Sagen weit über das Riesen- und Jsergebirge, seinen rechten Ort, hinaus. 44. Rübezahl ist ein verbannter Wiedergänger: 1,621—625 mit Fortlassen der Reflexionen. Hier begegnet R. im Riesengebirge im Gegensatz zu 42. 43. Die Sage variiert Praetorius, Daemonologia Rubinz. 2,62 = Peuckert, Rübe­ zahl 30. „Royen Sall" sonst nirgends zu finden, dagegen erscheint einmal ein Bezug auf „Roncevall". Wiedergehen, weil man Geld verbarg, ist sehr häufig, vgl. 17. 45. Der ausgetriebene Poltergeist: 1,626—628. Der Autor bemerkt in bezug auf den Schluß: „Dieser Exorcismus scheinet mir gar sehr... auf den EigenNutzen der Römischen Geistlichkeit abzuzielen,... da sonst solche unruhige Ge­ spenster durch Fasten und Gebet ausgetrieben werden." Es ist auch auffällig, daß der Wiedergänger die Buchstaben verlöscht, deren Inhalt ihn austreibt. 46. Die Hölle im Vulkan: 1,642—644 mit Auslassung der Reflexionen. Der Bremer Bischof zum Hekla: Peuckert, Bremische Sagen 1961 Nr. 86.87; Dietrich von Bern zum Vulcanus: Procop 11 und Dialogi Gregorii IV 30, beide bei Grimm DS 382. 383. Zum Hekla ferner unsere Nr. 3. 132. Der Autor: „Wie­ wohl ich nicht zugebe, daß diese Oerter entweder die Hölle selbst, oder das berühmte Fege-Feuer in sich fassen; so könnte es doch gar wohl angehen, daß die feindseligen und herumschweiffenden Geister dahin verbannet würden." 47. Peter von Abano (Appono): 1,653. Zu Peter von Abano s. Lynn Thorndike, A history of magic, 1923 ff. 2,874 ff., ferner 3,800; 4,741; 6,716; 8,753 f. 48. Der Geist im Glas: 1,660; leicht verändert: Grüße, Sachsen 1874 Nr. 456 = Meiche 65. 49. Kaiser Rudolphs Alraune: 1,661. Vgl. HWb. Sage: „Alraun", ferner unten Nr. 107. 108. 155. 168. 175. 50. Der ohrfeigende Mönch: 1,665—667, ebenso Grüße, Sachsen 1874 Nr. 443 = Meiche 195. 51. Die Lichter im Pauliner-Kollegium: 1,670. 52. Spukende Mönche: 1, 672. Mönch mit Laterne: unten zu Nr. 53; Lichter: ebd.; Meißner Kirche oben zu Nr. 11; Mönch stellt Uhr: Friedr. Sieber, Harzland-Sagen 1928, 297 notiert die Sage aus dem 19. Jh. 53. Der Dresdener Mönch: 1, 692 mit Fortlassen der Reflexionen. Grüße, Sachsen 1874 Nr. 110 gibt die Sage vom Mönch mit der Laterne aus andern und älteren Quellen. Autor erklärt, daß er nicht enthauptet worden sei, „weil das Eanonische Recht alle Mönchs-Orden gnugsam dafür in Sicherheit gesetzet". 54. Die Frau auf dem Roten Turm: 1,697—699; danach Grüße, Sachsen 1874 Nr. 444 = Meiche 200. Schleppe: gemeint „Schneppe".

Nachweise 55. Der wiedergehende Goldschmied: 1,701 f. Von Grütze, Sachsen 1874 Nr. 445 nach Leipzig verlegt, wahrscheinlich weil die Sage Nr. 54 und die Wendung folgt: „ich fönte noch mehr dergleichen Exempel bringen... ja ich tonte nicht allein von dieser, sondern auch von andern Städten eine gantze Beschreibung solcher Geister machen." Vgl. auch 1, 703. 56. Polterspuk in der Kirche: 1,703. Der Autor ist nicht „ungläubig, daß es solche Geister gebe, welche bey Nacht-Zeit allerhand Spuck anheben, inmassen dieses die eigentliche Zeit der Geister ist; datz sie aber bey Hellem Mittage und unter währenden öffentlichen GOttes-Dienst sich mausig machen dürfen, kömmt mir etwas unwahrscheinlich vor". 57. Vorzeichen, die den Papst angehen: 1,711 f. Sylvester II. Grab vgl. auch Nr. 160. Als Parallelen zu Nicolai im eisernen Sarge wird gesagt, datz „Hieronymus de Vita Pauli ad Eustach. bezeuget, datz die Geister so gar bey denen Gräbern Elisae, Johannis des Täufers und Abdiae eine brüllende Stimme von sich hören lassen", und Cyprian, De duplici martyrio: „Wenn die Kranckheiten zu denen Gräbern der Märtyrer getrieben werden, so heben die Geister an zu brüllen, die Heerschaaren werden erschrecket, es erscheinen Wunder, die Götzen-Bilder zerfallen." Doch vgl. Nr. 58. 58. Polterspuk in der Kosliner Kirche: 1,720 f. Grütze, Preußen II 377, nach ihm (mit falscher Seitenangabe): F. E. Schulz, Sagen, Überlieferungen und Schwänke aus dem Kreise Köslin 1925 Nr. 138. 59. Das steinerne Bild im Johannisspital: 1,722, darnach Grütze, Sachsen 1874 Nr. 446 = Meiche 342. Datz, wie Meiche ebd. meint, Grütze Nr. 415 auch hierher gehöre, möchte ich bezweifeln. 60. Das verliebte Gespenst: 1,729—732, darnach Grütze, Sachsen 1874 Nr. 447 (gekürzt) = Meiche 201. Der Autor: „Wer weiß, ob nicht etwas anders hier­ unter verborgen gelegen? Denn weil gedachter Mensch ein Kohlen-Feuer im Keller erblicket, so kan es wohl möglich seyn, datz dieses alte Müttergen einen guten Vorrath von alten schimmlichten Thalern zurücke geleget hat, und wegen der noch im Tode behaltenen Geld-Begierde diesen Schatz hüten müs­ sen... Daher scheinet mir der gute Bursch sehr einfältig gehandelt zu haben, datz er nicht die schone Gelegenheit ergriffen und durch Hebung des Schatzes die gezwungene Wächterin ihrer Mühe überhoben." 61. Der Prager Klosterschatz: 1,733—737. Hieronymus Pragensts: Der Gefährte des Joh. Hutz. Kohle: verblendetes Gold: vgl. Bächtold-Stäubli 5, 80 ff. 62. Der Scheidewasser-Hans: 1,738 f., darnach Grütze, Sachsen 1874 Nr. 454. Grähes Überschrift „der Spiritus Familiaris in Leipzig" führt irre; es han­ delt sich hier offensichtlich um einen alchemischen Prozetz, dessen Stadien (vgl. grüner Leu, roter Drache usw.) allegorisch als Tiergestalten bezeichnet werden. Auch Meiche 385, der Grütze abdruckt, folgt dessen Irrtum. Die Sage, daß der tölpische Gehülfe den Prozetz vollführt, während der Meister ver­ gebens arbeitet, ist im alchimist. Bezirk häufig; vgl. im übrigen HWb. Sage s. v. Alchemie. 63. Die bockreitende Wiedergängerin: 2,5—7. Eigentum der Toten gefordert von dieser, vgl. etwa Peuckert, Schles. Sagen 121. Bock als Reittier der Hexe: Kühnau 1454, des Teufels 1963. 1967 usw. Scharfrichter als Verbanner: Kühnau 4,102.

Nachweise 64. Junker Ludwig: 2,12 f. Darnach Bechstein DS 690, nach diesem Heinrich Gradl, Sagenbuch d. Egergaues 1913 Nr. 114. Mittägl. Geisterstunde: HWb. Sage s. v. Mittagsspuk. Schwarze Brust: weil der Wiedergänger im Fege­ feuer ist und also alles verbrennt und verkohlt. 65. Die russische Mittagsfrau: 2,13 nach Petrus Eregorius, De Republica XII 20; vgl. HWb. Sage s. v. Mittagsfrau. „Ich finde, daß solche Gespenster, welche sich am hellen Mittage sehen lassen, alle andern an Bosheit weit über­ treffen"; doch vgl. Anm. 66. Der Teufel von Löbestedt: 2,15—18 mit Auslassungen. 67. Der tobende Selbstmörder: 2,19—22. Das Gebet hilft, „hiermit streiten aber diejenigen Exempel augenscheinlich, in welchen du mir hast beweisen wollen, daß durch das Gebet die Geister nur mehr und mehr angelocket wer­ den, wie du mir unter andern von dem Ehristoffel-Eebet und andern an­ dächtigen Übungen erzehlet hast". Es folgt als weiterer Beweis Nr. 68. 68. Der Pakt des Lehrjungen: 2,25—29. „Da wir in dem eintzigen Element des Feuers unterschiedene widrige Wirckungen wahrnehmen, daß es nemlich nicht allein erhärte, sondern auch schmeltze und weich mache; warum solle denn das eiferige Gebet nicht auch einen gedoppelten Effect haben, nemlich anzulocken und wegzutreiben, nachdem dasselbe auf verschiedene Art verrichtet wird?" 69. Der Gräfin Esterhazy Kirchen: 2,32—37. 70. Der Schatz der Frau von Eberstein: 2,39—59, darnach Grüße, Preußen I 448. Autor gibt eine gründliche Nachricht, „inmassen mir nach langer Be­ mühung nebst andern Zeugnissen glaubwürdiger Personen das Diarium in die Hände gerathen, welches der Pfarrer zu Eehofen und der Adelichen Patientin Beicht-Vater zusammen getragen, mir aber mit Verwilligung des Gräflichen Mansfeldischen Eonsistorii zu Eisleben von dem Herrn Bernhard Thalemann überliefert worden". Ferner wird bemerkt: „Meines Orts habe ich auch schon eine und die andere Relation von eben dieser Sache gelesen... unter andern habe ich dieselbe in dem so genannten Labyrinth der Zeit an­ getroffen, und befunden, daß der Herr Verfasser alles dieses einem vermeinten Gauckel-Spiel und Verblendung des Teufels beymessen will." Der Erzähler wieder verteidigt: daß die Geschichte keinen geringen Glauben verdiene, „weil sie nicht allein in unsern Evangelischen Landen sich zugetragen, sondern auch von der Geistlichkeit selbst für wahr hat müssen angenommen werden. Uber dem hat sich dieselbe nicht etwa in den alten Zeiten ereignet, da die Leicht­ gläubigkeit bey solchen Eeister-Erscheinungen aufs höchste gestiegen war, son­ dern es ist eine Geschichte unserer Zeiten, wie denn die Frau von Eberstein natürlicher Weise noch im Leben seyn könte". 71. Im Paradies gewesen: 2,62—64. Der Autor berichtet von „einem sehr gelehrten Medico, welcher nicht allein in praxi sehr geübet ist, sondern auch mit großem Fleiß die Geheimnisse der Natur untersuchet", der aber „von dem gantzen Geister-Systemate nicht viel" hielt. Er erzählte „wovon er selbst nebst seinem verstorbenen Vater ein persönlicher Zeuge gewesen". 72. Die Berliner Weiße Frau: 2,88—97 mit Auslassung von Zwischen­ bemerkungen. Vgl. 6. — Grüße, der sonst die „Unterredungen" auszieht, gibt im „Sagenbuch des Preuß. Staates" I 8 außer dem Zitat aus Nentsch andere Nachrichten und verweist auf Orlamünde.

Nachweise 73. Frau Perchta: 2,97 f. Frau Perchta hat ursprünglich kaum etwas mit Bertha von Rosenberg zu tun; es ist die süddeutsch-alpenländische „Frau Holle"; hier erscheint sie als Kinderschreck. „Bey den Römisch-Latholischen pfleget man z. (SL die Kinder mit den Lutheranern, gleichwie bey uns mit dem Popantz oder Feuer-Raupen zu schrecken." 74. Bertha von Rosenbergs zeitliches und ferneres Leben: 2,99—102. Vgl. oben 6. 72. Zu Peter Wock vgl. Iungbauer, Böhmerwald-Sagen 256 f., zu den übrigen böhmischen Schlössern: ebd. 144 ff. 75. Der Reuhaufer süße Brei: 2,103—107. Vgl. oben 6. 72. Gehört wohl zu den gründonnerstaglichen Armenspeisungen, die auch anderorts, z. B. am Liegnitzer Hofe, erscheinen. 76. Böhmische Wunder: 2,118 f. Zum hl. Wenzel: Sartori b. BächtoldStäubli 9, 495, wo aber das Blutwunder fehlt. 77. Johann von Nepomuk: 2,121—125. Vgl. Sartori b. Bächtold-Stäubli 4, 704, wo ein Bezug auf unser Wunder fehlt. 78. Die Altenburger Götzen: 2,134—137. 79. Papistische Heiligtümer: 2, 140. Zu Wenzel vgl. unten 76. 80. Ziskas Trommel: 2,140—142. Vgl. auch 3,35 f. Peuckert, Schles. Sagen 52 f. verlegt die Trommel nach Elatz, von wo sie General Fouque am 1. Okl. 1743 an den König von Preußen sendet. Nach ihm wurde sie „in Elatz von so vielen seculis her verwahrlich aufbehalten"; nach unserm Autor wurde sie 1731 „bis auf diese Stunde in dem Schlosse zu Alt-Buntzel verwahret". Die Sage erscheint also mehrfach lokalisiert. Ebenso schreibt man ihr in Glatz andere Kräfte als in Böhmen zu. 81. Das Labyrinth der Libussa: 2,144 f. Dergleichen Labyrinthe sind im ostelbischen Deutschland häufig, vgl. HWb. Sage s. v. Adamstanz, ferner Peuckert, Brandenburg I. 82. Junker Radibor: 2,145—148 mit Auslassung der Reflexionen. I. K. A. Musaeus, Volksmärchen der Deutschen hat in der ersten Legende der „Legenden von Rübezahl" einen Fürsten Ratibor, der mit seinem Renner die Prinzeß entführt. 83. Die Prager Säule: 2,149—153 mit Auslassungen. Vgl. unten 165 u. ebd. 150 über diese „Wisehrader Säule, welche der Teufel zum Kirchen-Fenster soll hineingeworffen haben. Ich erinnere mich, eben dergleichen Säule zu Verona in Italien gesehen zu haben, welche im Umfang über 4. Mannes-Armen be träget, und vor der Kirchen des heil. Zenonis lieget. Diese soll der Teufel, auf Befehl bemelten Heiligen von Epheso, als eine Uberbleibung von dem Tempel der Göttin Diana zum Denckzeichen der Stadt Verona herüber ge­ bracht haben". 84. Der Lichterspuk auf dem Wifehrad: 2,153 f. 85. Das nächtliche Fest: 2,155—159 mit Auslassungen. Vgl. die Becher, die einer beim Hexensabbath-Schmaus ertappt. 86. Die nächtliche Schildwache: 2,160. 161. 87. Der reitende Mönch: 2, 163 f. Thomas: oben zu 24. 88. Der Prager Hirnschädel: 2,167—173. Wiederkehrender Schädel: Peuckert, Schles. Sagen 90 f. Im Text 2,174: „Wir haben vielfältige Exempel, daß die Hirnschedel oder andere Knochen an den gerichteten Malefiz-Personen vom Galgen oder Rade weg practiciret werden. Dieses thun entweder solche Leute,

Nachweise welche der Artzney- oder Apothecker-Kunst ergeben sind, damit sie andern Menschen in Kranckheiten damit dienen mögen, oder auch andere Gewinnsichtige, die ihren eigenen Nutzen darunter suchen, indem sie vermeinen, wenn ein solches Glied oder Knochen sich bey ihren Waaren befinde, daß sie vor allen andern einen guten Abgang und viel Käuffer haben werden." 89. Die Kramer Brüderschädel: 2,175 f. 90. Das St. Georgs-Bild in Prag: 2,180. 91. Feurige Neiter am Weißen Berge: 2,181 f. „Wenn du von Feldern oder andern Gegenden erzehlen hörest, allwo sich entweder feurige Reuter sehen lassen, oder anderes Krieges-Getümmel verspüret wird; so darfst du nicht weiter nachfragen, wenn dir auch von einer solchen Landschaft keine Geschichte bekannt wäre, sondern kanst ohne Bedencken den Schluß machen, daß an der­ selben Stelle ehemals sey ein Treffen geliefert worden": 2,182 f. Und ferner 1,548: „Ist dir denn nichts von dem artigen Feuerwerck zu Ohren gekommen, das sich so viele Jahre auf dem Lützener Felde hat sehen lassen? Ich wolte dir viele hundert Zeugen aufbringen, welche im Vorbey-reisen bey Nacht-Zeit selbst angesehen, daß gantze Krieges-Heere von feurigen Männern und Pfer­ den auf einander loß gegangen, als wenn sie eine Feld-Schlacht lieffern wol­ len. Sie versichern, daß dieses Gefechte so lange gewähret habe, bis der Tag angebrochen, da es aus ihrem Gesichte verschwunden. Es soll aber dieses einige Zeit her nicht mehr so starck gesehen werden... Du wirst in Ungarn, Böhmen und Österreich fast kein Feld antreffen, wo sich nicht solche feurige Geister des Nachts sehen lassen. Es wird daselbst durch die allgemeine Aussage dererjenigen bekräftiget, welche in solchen Gegenden sich bey dem Vieh aufhalten, oder die gewöhnlichen Wachen oder nöthige Reisen verrichten müssen. Ich habe selbst mit einigen geredet, welche eydlich versichert, daß sie oftmals mit grossem Schauer und kalten Angst-Schweiß ihren Verrichtungen nachgegangen, und bey anbrechendem Tage befunden, daß sie durch das Blendwerck der feu­ rigen Geister, einige Stunden weit von dem rechten Wege verleitet gewesen." 92. Die Bernsteinsche Jungfrau: 2,184—193. Der Böhmische Historicus: Balbinus. 93. Die Versöhnung auf Schloß Eisenberg: 2,198—200. Vgl. unt. 112. Quensel, Thüringer Sagen 1926, 317 f. gibt die Sage nach Schuttes, Eoburg-Saalfeld. Landesgeschichte 1808. 1,109 ff., Robert Eifel, Sagenbuch des Voigtlandes 1871 Nr. 213 nach Schumanns Staats- und Zeitungslexikon von Sachsen 1816/1828, Kurt Greß, Holzlandsagen 1898,19 ff. nennt keine Quelle. 94. Noch einmal die Bernsteinsche Jungfrau: 2,202 f. Eine Parallelsage von der „Heidenjungfrau" in Glatz: Peuckert, Schles. Sagen 15 f. nach Aelurius, Glaciographia 1625, 124—129; vgl. auch Eräße, Preußen II 185. Der Sagen­ typ „Versöhnung" oder „der Klapperer" ging ins Märchen über, vgl. Peuckert, Schles. Märchen 1932 Nr. 178.178a, vgl. ferner Voges 95, Bartsch 500 (501), Zaunert, Hessen 319, Köhler, Voigtland 280, Meiche 98, Gander 199, Pan­ zer II 164, Schöppner 582, Henßen, Ungarndeutsche 78. 95. Die Pelzfrau: 2,203—205. Die Bemerkung „nahe gelegenes Schloß dieser Provinz" ist undeutbar, da man nicht weiß, ob „diese Provinz" Sachsen, wo der Autor schreibt, oder Böhmen, wo die vorhergehende Sage spielt, bezeichnen will. Infolgedessen ist es auch unmöglich, an das niederöster­ reichische oder böhmische Pelzweibel (Mailly, Niederösterreichische Sagen 1926 Nr. 79) mehr als nur vermutungsweise zu denken.

Nachweise 96. Der Affe von Blasnie gora: 2,205—208. Die Sage wird heute im Böhmerwald erzählt, vgl. HWb. Sage f. v. Affe; oben 26. 97. Der echte und der falsche Erbherr: 2,211—217. Der Respondent bekennt, daß ihm die Erzählung „ziemlich Capuciner-mäßig, d. i. sehr einfältig vor­ kommt". 98. Die ermordete Kammerfrau: 2,227—230. 99. Der Ring in der Wunde: 2,232—235. Es ist lehrreich zu beobachten, daß Grüße, der die „Unterredungen" neben Wolf beinahe als einziger auszog, diese Sage nicht aufnahm, sondern eine Übertragung derselben von Nodnagel in der Abendzeitung 1833 Nr. 132, die an die Stelle von Quedlinburg Bres­ lau setzt, im „Sagenb. d. Preuß. Staates" II 165 mitteilt, die Kühnau 140 wiederholte. Dieser bemerkt, daß im „Breslauer Erzähler" 10, 1844, 155 die Sage auf Jung-Bunzlau übertragen erscheint. 100. Das Vorzeichen der Enthauptung des Grafen Nadasti: 2,238—241 mit Auslassungen. Der Autor erklärt das Vorgesicht aus Agrippa v. Nettesheim, Phil. occulta III 22. 101. Der Stock im Eisen: 2,248—250. Weder Gustav Gugitz, Die Sagen und Legenden der Stadt Wien 1952 Nr. 21. 22. 23 mitsamt seinen Anmerkungen noch Mailly, Niederösterreich. Sagen 123 deckt sich mit unserm Text. 102. Der Teufel Baumeister: 2, 257—260. Die bayrischen Sammlungen haben unsere Variante nicht, vgl. am ehesten Friedrich Lüers, Bayrische Stammeskunde s. a. 140, ferner Panzer I 144; entfernter Schöppner 113. 114, Sepp, Altbayrischer Sagenschatz 1876 Nr. 159. — Stephansturm: vgl. Gugitz, Wien 140 mit ungefähr gleichzeitigen Angaben, doch fehlt die, daß man nach dem Ave-Läuten nicht hinauf dürfe. 103. Das Loch in der Mauer der Kreuzkirche: 2,261—264. Gugitz 17 hat eine parallele, doch anderslautende Variante. 104. Der wiederkehrende Klostermönch: 2,269—272. 15 Tage, wohl Druck­ fehler für 15 Stunden. 105. Das ewige Licht auf dem Friedhofe: 2,279 f. Gugitz 42 hat die Sage in einem gleichzeitigen Zustande; sein erster Beleg steht: Haubers Vibliotheca magica 1738 ff. 106. Die strafenden Toten: 2, 280—283. 287. — Zur Sage vom betrunknen Tischler vgl. Peuckert, Schles. Sagen 134. 107. Die Alraune Kaiser Rudolphs II.: 2,287—291 mit Auslassungen, bat* nach Johannes Wilh. Wolf, Deutsche Märchen und Sagen 1845 Nr. 327. Vgl. oben 49. Zur Gewinnung des Alrauns: HWb. Sage s. v. Alraun. 108. Die magischen Geräte Kaiser Rudolphs II.: 2.293. Sichtspiegel: Bächtold-Stäubli 9 Nachtr. 555 f. — Mag. Glocke s. Anm. zu 175. 109. Der militärische Spuk im Wiener Zeughause: 2,294. Gugitz verunechtet die von ihm als Nr. 54 gebrachte Variante (nach dem Taschenbuch f. d. vaterländ. Geschichte, hsgb. v. Frh. v. Hormayr 1834, 335 ff.) mit den Wor­ ten: „Wohl literarisches Erzeugnis, als Sage kaum nachwirkend verbreitet. Dem ganzen Stil nach von Hormayr selbst": S. 185. Zugrunde liegt unsere Sage. 110. Die mißglückte Schatzhebung: 2,299—306 mit Auslassungen. 111. Todvorzeichen Kaiser Josephs: 2,310 f.

Nachweise 112. Die Eisenberger Versöhnung: 2,319—325. „Ich habe mir lange Mühe gegeben, hinter eine gewisse Begebenheit unserer Lande zu kommen, welche ein treuer Bekenner Christi als ein augenscheinlicher Zeuge erlebet, solche auch gleichsam mit seinem Tode bekräftiget und mit eigener Hand aufgezeich­ net hinterlassen; allein ich habe solche zeither nicht auftreiben können, daher ich nur gleichsam einen Vorgeschmack von derselben gegeben. Vor wenig Tagen aber kömmt mir unverhofft die Umständliche Nachricht von dieser höchst-merckwürdigen Begebenheit zu Handen ..." Vgl. oben 93. 113. Das Spukschloß bei Tulln: 2,348—356. 114. Die Mordsäule: 2,372—376. Das Fressen des Hemdes, das Durchstoßen des Herzens und das Abstechen des Kopfes gehört den Nachzehrer-Sagen an. 115. Das Leopoldsschloß auf dem Kahlen Berge und das Prügelbrot: 2,378 bis 380. Von dem Leopoldi-Schloß auf dem Ealen- oder ietzigen JosephsBerge hat man „gantz wunderliche Begebenheiten erzehlet und versichern wollen, daß dieser sonst höchst angenehme Ort anietzo gar nicht könne bewohnet werden. Ehemals war dieses die ordentliche Residenz Leopoldi des frommen Marggrafen von Österreich, welcher nach seinem Tode unter die Zahl der Heiligen ist versetzet worden". 116. Die Lichter auf dem Meinhardsberge: 2,382—384. Vorzeitliche Steingräber? 117. Der Pest-Riese: 2,387 u. 392. Vgl. den riesigen Tod in Breslau: Peuckert, Schles. Sagen 245. 118. Die Riesen von Enns: 2,387 f. 119. Kinderschreck: 2, 389 f. auch 142. Frau Hütt: vgl. Grimm DS 233. — Ein Gr. Ehristophel-Bild in Enns vermag ich nicht nachzuweisen; aberChristophorus spielte in großen Bildern auch sonst eine Rolle, so in der Wachau: Albine Schroth-llkmar, Donausagen, s. a. 85, im Harz: Pröhle-Peuckert, Harz­ sagen 1957 Nr. 22 usw. 120. Arme Seelen: 2, 393—398 mit Auslassung der Reflexionen. Man sieht in Österreich, so d. Autor, „den gantzen Sommer hindurch, und bis in den spä­ ten Herbst, in diesen (seil. Oberösterreich) und den herum liegenden Landschaften eine Kirchfarth nach der andern halten, und wohl öfters tausend Personen bey einander versammlet unter ihren fliegenden Fahnen stehen. Sie ziehen auf ihrer Wallfarth von einem Orte zu dem andern, gleich als wenn sie von aller Hauß-Arbeit frey wären. Sollest du bey dießen Leuten einen BeichtVater abgeben, und eines ieden Absicht erforschen, so würde dir ein iedes Mitglied dieser Gesellschaften zu sagen wissen, es habe entweder von seinem verstorbenen Vater, oder Mutter, oder Bruder, oder Schwester, oder auch anderer Freundschaft, in eigener Person einen Gruß bey diesem oder jenem Gnaden-Bilde an die Mutter GOttes abzustatten, worbey sie versichern, daß wenn sie dieses verrichtet, und etliche Messen gehöret hätten, so würden sie ohnfehlbar der verstorbenen Seelen aus dem Fege-Feuer erretten": 2,203. 121. Die Seelenerlöserin: 2,402—407. 122. Der nächtliche Tanz der Zwerge im Linzer Schlosse: 2,408—411. 123. Der Matrose stillt den Sturm: 2,413. Anhängend Reflexionen über Amulette und Talismane. 124. Die geschlagene Kindeshand: 2,422—424. Vgl. HWb. Sage s. v. ab­ gehauene Hand. 20 Peuckert, Sagen

305

Nachweise 125. Das Seeweiblein im Traunsee: 2,419. 421 f. 423 f. Den hier fort­ gelassenen Passus 2, 422 f. druckte Grimm DS 51 nach Valvassor XI. XV. c. 19. 126. Der Tod des Abtes: 2,425—434. Erinnert in der Vision der Laien­ brüder an die Sage vom „Fegefeuer des Adels"; die anschließenden Re­ flexionen über schlechte Priester münden aus in das Wortspiel „hölzerne Priester goldene Kelche" 2,437; dazu Peuckert, Große Wende 1948,88. 127. Der Herzog von Lothringen geht in Wels wieder: 2,442—445. 128. Der Weg durch die Unterwelt: 2,461—464. 129. Die Höhle der Sibylle: 2,472—476 mit Kürzungen. „Übrigens finde ich, daß bey dieser Erzehlung noch einige zweifelhafte Umstände mit unter­ laufen, nemlich, daß die unterirdische Reise-Gesellschaft im Finstern herum tappen und fortkommen können, ingleichen daß der Übertreter des erhaltenen Befehls einen schwartzen Probier-Stein an statt eines gläntzenden Edelgesteins zu sich genommen, wie auch noch andere Dinge, welche einer behut­ samen historischen Feder zuwider sind.": 2,480 130. Das Familienkleinod der Alvensleben: 2, 436. Vgl. Grimm DS 68. Grüße, Preußen I 238. Ferner HWb. Sage s. v. Alvensleben. 131. Der Hörselberg: 2,486 f. Ziemlich ähnlich: Grimm DS 173. Vgl. auch Ludw. Bechstein, Thüringer Sagenbuch 1, 1875, 176; ders., DS 457. 132. Die Hölle in den Vulkanen: 2,494 f. Vgl. 3,46. Zur Höllenfahrt Christi vgl. den betr. Satz des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. 133. Die Schlangenjungfrau von Kleinvest in Krain: 2,495—497. „Ich kan dir auch eine Parallel-Eeschichte von eben dergleichen Jungfrau aus dem Stumpfio erzehlen, welche sich bey denen Ruderibus der alten Stadt Augst, unweit Basel soll zugetragen haben... Ich habe auch schon in einer unserer vorigen Unterredung einen Schneider angeführet, welcher in dem Tyrolischen Eebürge eine Jungfrau geküsset, welche zwar nichts von einer Verwünschung gedacht, gleichwohl aber denselben mit vielem Gelde beschencket hat. Allein ich trage Bedencken in dieser ungewissen Sache einen Schieds-Mann abzugeben, bis mir einmal erlaubet wird in einem verborgenen Archiv nachzusuchen, worinnen sich etwa von solchen Geheimnissen einige Nachricht findet. Man redet z. E. viel von der Erlösung der Jungfrau von dem Drachen, oder Lind­ wurm, so der Ritter St. Georg verrichtet, nach deren Gewißheit die Römische Kirche schon lange geseufzet hat; ingleichen von dem in Stein verwünschten Ritter und Jungfrau bey dem so genannten eisernen Thore an der Donau, und vielen andern dergleichen, womit sich der gemeine Pöbel, wiewohl ohne rechten Grund, zu tragen pfleget.": 2,498. 134. Das Bergmännlein-Schloß: 2,499 f. Teufel bedingt sich Bau aus. 135. Der Teufel wehrt dem Schloßbau: 2,501 f. Bau gestört: über Nacht wird die Tagesarbeit vernichtet. 136. Die Wunder des Schlosses Stermol: 2,502 f. „Diese Capelle solte billig das heutige Rom beschämen, da so viel hundert besessene zu denen Kirchen derer Apostel Petri und Pauli hinzugehen, und die Erlösung von ihrer Last zwar suchen, aber nicht erhalten können." 137. Die Wallfahrt nach Elanitz: 2,517 f. „So viel bleibet gewiß, daß wir, nach unsern Glaubens-Sätzen, die Andacht bey den Kirchfahrten unmöglich gantz verwerfen, oder für ein verdammliches Werck halten können, wenn wir nicht zugleich unsere Hochseligste Fürstin verdammen, oder eines greulichen Irrthums beschuldigen wollen. Denn wir finden noch in unserm Sachsen-

Nachweise Lande bis auf den heutigen Tag die Zeichen solcher Andacht, wie unter andern in einer Kirche unweit Chemnitz der Mutter Gottes zu Ehren die Kleider der beyden wieder erlöseten Printzen zum ewigen Angedencken auf­ gehangen und noch diese Stunde verwahret werden.": 2,526. 138. Die geforderte Bettelfahrt: 2,527—530. 139. Geisterbegleiter und Eeisterkampf: 2,538—542. Es kommt mir „bedencklich für, daß die Person, welcher das erzehlte begegnet ist, zu der Kürschner-Zunft gehöret. Wir sind durch die Erfahrung gnugsam versichert, daß die Eigenschaften der Sache, mit welcher man am meisten umgehet, sich auch dem Gemüth einzudrücken pflegen". Es ist also „wahrscheinlich, daß die Kürschner so wohl als andere dergleichen Leute, welche mit getödeten Vieh oder dessen Fellen umgehen, ihr Gehirn mit melancholischen Dünsten an­ gefüllt bekommen": 2,542f. 140. Der Gerber und sein Besuch: 2,544. 141. Die Unterwelt unter dem Kotscher Schlosse: 2,551—561. Kürzer: Grimm DS 146. „Ich habe mir diese Geschichte schon vor langen Zeiten, wiewohl nur oben hin und nicht mit allen Umständen erzehlen lassen; allein, wenn dieselbe nicht in dem gantzen Lande durch allgemeinen Ruff bestätiget würde, so hätte ich lieber geglaubet, daß unter dieser Erscheinung und Ge­ sichtern ein chymischer Verstand verborgen läge. Denn wenn ich die so genannte chymische Hochzeit des berühmten Christian Rosencreutzers, oder die 12. Schlüssel jenes Bastln Valentini mit denen dabey vorkommenden Kupferstichen erwege, so manchen dieselben eben solche Vorstellungen von toden Cörpern und Bild­ nissen, dergleichen dieser Jäger zu sehen bekommen. Weil aber die Jäger ins­ gemein nicht sonderlich abergläubisch sind, und meistens einige Kunstgriffe aus der schwartzen Tasche verstehen, so will ich mein Urtheil davon zurück halten": 2,562. Kotsche-Eottschee. 142. Margaretha Maultasch: 2,566—573. Zingerle 966 hat einige An­ deutung über die wiedergehende Fürstin, doch nichts, was zu unserer Sage steht, Heyl aber schweigt ganz. Auch die Sammlungen Gräbers scheinen nichts zu ergeben. 143. Das Dessauer Familienkleinod: 2,576—579. Vgl. Richard u. Hermann Siebert, Anhalter Sagenbuch 1924, 145 ff; kürzer Schulenburg in Ztschr. f. Ethnologie 15,1883, Verh. 146 f. Rach I. Chr. Beckmann, Accessiones historiae Anhaltensis 1716. 3,52: Sieber, Harzland-Sagen 82 f. — Krodo: PröhlePeuckert 300. 144. Wein in seiner Haut: 2,581—588. Grimm DS 15 nach der gleichzeitigen Quelle „Nachricht von Geistern" 1737, 66—73, ebenso Zingerle 520 u. S. 643. 145. Die Aschentöpfe von Schloß Wolffsberg: 2,590—593. Vorzeitliche Stein­ setzung. „Woher ist es denn gekommen, daß sie in ihrer Ruhe so unruhig ge­ wesen, und sich mit keinem neuen Gebäude haben wollen beschwehren lassen? Es hatte ja vorhin ein Schloß auf demselben Orte gestanden, wie die alte eingefallene Mauer bezeuget..." Der Respondent glaubt nicht, „daß vormals daselbst einiges Schloß oder Gebäude gestanden, sondern daß dieses vielmehr die Rudera von einem Denckmahl verstorbener und daselbst begrabener Helden gewesen". Und er begründet: Daß wir „in unterschiedenen Landschaften der­ gleichen Helden-Betten, Grab-Hügel, Stein-Hölen, und andre Denckmahle der daselbst ruhend tapfern Helden antreffen": 2,594. Ferner: „Ich tonte dir hiervon gar viele Exempel, sonderlich aus unserm Sachsen-Lande anführen, immassen man allhier verschiedene theils hohe, theils niedrige Hügel antrifft". 20*

307

Nachweise Die Vorfahren waren zu arm, um hohe Pyramiden aufzurichten; „vermuthlich hat ein iedweder Krieges-Mann seinen Helm mit Erde füllen, und auf diese Art dem Verstorbenen ein erhöhetes Denckzeichen aufrichten und die letzte Pflicht leisten müssen": 2,596. 146. Bruder Bertram: 2,605—607, darnach Grütze, Preußen 1447. „Eine merckwürdige Geschichte, welche nicht vor gar langer Hand sich ereignet, und mir durch vertraute Nachricht von gewisser Hand mitgetheilet worden." 147. Das Vaterunser des Pferdejungen: 2,609. 148. Um Ruhe gebetet: 2,620 f. 149. Wie's drüben ist: 2,629. Zum Thema vgl. Peuckert, Schles. Sagen 115, zu Ficino: Ders. Pansophie 1956, 511 f. 150. Der Melancholikus und sein Plagegeist: 3,7—14, darnach Grütze, Preußen 1190. Zur Melancholie jener Jahre vgl. Peuckert, Pansophie 15 f.; ders., Leben Jakob Böhmes 1924, 27 ff. „Daß aber gedachter David von Oppen eben nicht unter die reinesten Evangelischen Christen zu zehlen gewesen, solches erhellet aus der Beschreibung seines Lebens-Lauffs, wie selbige gleich­ falls von seinem gewesenen Beicht-Vater abgefasset worden...": 3,19. Und 3,20: „Wer weiß ob nicht der Geist dieser Jungfrau zu GOtt um Rache wider ihrer Schänder gerufen? Und da er ihr vermuthlich die Ehe zugesaget, selbige aber hernach mit einer andern Person vollziehen wollen; so ist es ja nicht nur möglich, sondern auch höchst wahrscheinlich, daß der Teufel unter GOttes Zulassung nicht nur die Gestalt der beleidigten Person annehmen, sondern auch zur Verhinderung solcher neuen Verbindung allerhand Mittel anwenden können." 151. Der nächtliche Hilferuf: 3,117—121. Siehe zur lokalen Fixierung Anm. 34. „Wenn diese Begebenheit nicht Gerichtlich niedergeschrieben und so viele Leute davon wären bethöret worden", könnte man sie für eine DonQuichotterie halten. (Seite 115—120 wurde zweimal gezählt!) 152. Der Stein im Hof zu Thale: 3,124—126, darnach Grütze, Preußen 1476. Sieber, Harzland-Sagen folgt unserm Autor: 159 f. Pröhle, Unterharzische Sagen 1856,5 f. Nr. 13—16 gibt parallele Stücke. 153. Quinta essentia: 3,147 f. Verwechslung mit der mumia? 154. Trithemii Grab: 3, 274 f. 155. Die Ehelosigkeit der magi: 3,279. 156. Der schwitzende Grabstein: 3,292—294. 157. Die Rose im Lübecker Chor: 3, 295 f. Vgl. 159, ferner Ernst Deecke, Lübische Sagen u. Geschichten 1911 Nr. 103, dazu Anm. 103. Unser Text nennt den Kanonikus Bertram, gemeinhin wird er Rebundus genannt. Hildesheim hat dasselbe Vorzeichen: Seifart 42 a. 158. Das Wiedehopfennest: 3,297—300. 159. Das Todesglöcklein in Salerno: 3,304 f. 160. In Jerusalem 3, 307—309. Vgl. oben 57. 157. 159. 161. Joachim II. wußte seinen Tod voraus: 3,309 f. 162. Die Berliner Weiße Frau: 3, 311. Vgl. oben 6. 72. Wichtig ist der Widerruf, daß es sich nicht um Bertha v. Rosenberg handle, bzw. von dort übertragen worden sei.

Nachweise 163. Die Uhr der toten Ehefrau: 3,319—323. Vgl. Peuckert bei VächtoldStäubli 8,1265 ff. 164. Taubmanns Ende: 3,323. 165. Der Teufel trägt Säulen herzu: 3, 364 f. Vgl. oben 83. 166. Die unerfahrene Beschwörung: 3,436—440. 167. Lucas Eauricus: 3,441—446. Zu Eauricus s. Peuckert, Astrologie 1960, 275. Es ist bemerkenswert, daß um 1740, beim Erscheinen des dritten Bandes der „Unterredungen", die Zeit Louis XV. als die böse angesehen ward, wäh­ rend man später das Durcheinander auf die Große Revolution bezog. „Man findet heutiges Tages bey nahe kein eintziges Reich, welches nicht solche Weissagung entweder von beschwornen Geistern, oder durch die Erleuchtung gottseliger Männer, welche dieselben von GOtt unmittelbar wollen erhalten haben, vor sich hätte. Ließ nur die Propheceyungen von dem Königreich Polen, welche Ericus XIV., König in Dänemarck auf eben solche Art aus dem Geister-Eabinet soll erhalten haben, ob sie mit den jetzigen verwirrten Um­ ständen dieses Reiches überein kommen? Eben dieses äußert sich der auf gleiche Weise erlangten Weissagungen für das Glorwürdigste Ertz-Hauß Öster­ reich, welche ein gewisser Jesuit Namens Martinas Stredonius, hinterlassen, und welche lang nach seinem Tode in seinem Grabe zu Olmütz in Mähren sollen gefunden seyn, wobey man sich wundern muß, daß solche nicht eher ans Licht gestellet worden, als da die verkündigten Sachen schon würcklich erfüllet gewesen. Auch das heilige Rom selbst hat sich in seiner Propheceyung des Jrrländischen Ertzbischosss Malachiae von vielen Jahren her sehr betrogen gefunden, ob schon die vermeinten Eabbalisten bey Erwehlung eines neuen Pabfts die Sache selbst zwingen wollen": 3,449. 168. Trithemii Lehrer: 3,450 f. Zur Steganographie s. Peuckert, Pansophie (70 ff.) 78 ff. 169. Das Kloster in Georgien: 3,462—464. 170. Das Kloster zu Salerno: 3, 465. Vgl. oben 159. 171. Syburg: 3,474 f. 172. Der Leipziger Advokat im Kerker: 3,477 f., darnach Grüße, Sachsen 1874 Nr. 452 gekürzt, mit der Umdeutung: Universitätscarcer. Melche 657 folgt ihm darin. 173. Die Schatzbeschwörung in der Leipziger Angermühle: 3,479—484, dar­ nach Grüße, Sachsen 453 = Meiche 658. 174. Die Jenaer Ehristnacht-Veschwörung: 3,486—492. Kürzer: Bechstein DS 608. Der Schatzgeist Och, Dämon der Sonne, begegnet in der Clavicula Salomonis und in der Theosophia pneumatica; die mir bekannten Faustischen Höllenzwänge nennen Och nicht; vgl. Peuckert, Pansophie 335. 480 f. und 161 f. Zu den Sigeln vgl. — obwohl die hier gebrauchten dort nicht eigentlich be­ schrieben sind — fPseudo-jParacelsus, Archidoxae magicae lib. 7. — „So viel weiß ich, daß die Herren Geistlichen nicht im Stande gewesen sind, diese Be­ gebenheit gnugsam zu beurtheilen. Auch hätten die Herren Juristen dißmal gerne durchs gantze Jahr hindurch Ferien gehabt, damit sie nur in dieser verworrenen Sache keinen Entschluß fassen dürften, weil dieselbe in ihren Digestis eine indigesta Materia war. Dahero übergab man fast alles den Herren Medicis zu untersuchen; diese sollten die Sache ausmachen. Einer von

Nachweise den vornehmsten aus ihrem Collegio gab also den Ausspruch, nichts als der starcke Kohlen-Dampf hätte diesen unglückseligen Leuten den Tod zuwege gebracht": 3,485f. 175. Paracelsi Elektrum: 3, 498. Zum Elektrum vgl. (Pseudo-Waracelsus, Archidoxae magicae lib. 6; zur mag. Glocke: ebd. 176. Das Christophelgebet: 3, 502—504. Der Autor gibt dann eine Be­ schreibung: „Es wird darinnen (seil. der Ehristophelbeschwörung) des Teufels mit keinem Wort gedacht, sondern alles auf den vermeynten Geist des so ge­ nannten heiligen Christophs abgerichtet. Auch glaubt man steif und veste, daß eben derselbe es sey, der das Geld liefern müsse. Dem ohngeachtet fürchten sich die Leute doch dergestalt vor diesem so liebreichen Vater und Geld-Bescherer, daß sie sich mit allerhand Eharacteren, Creutzen und Gebetern, nicht genugsam vor demselben verwahren können. Denn woferne jemand unter währender Handlung etwan ein Wort darzwischen redet, so ist ihm augen­ blicklich der Hals gediehet, oder er wird auf andere Weise umgebracht; derowegen sie sich auch durch kein Gepolter, noch Getöse, noch sonst ein anderes Schrecken dürfen irre machen lassen; sondern sie müssen in ihren Gebeten und Beschwörungen immer fortfahren, bis sich der Geist darstellet. Die Zuberei­ tung dazu geschiehet mit Fasten, Beichten und Eommuniciren; besonders muß dieses an dem Tage, da man dergleichen vornehmen will, geschehen. Übrigens sind nur gewisse Tage des Jahres darzu besonders bestimmet. Die Werckzeuge, so man darbey brauchet, sind, ein Crucifix, ein Bild unserer lieben Frauen, und das Bild des heiligen Christophori; außer dem wird auch noch eine neue Leinwand darzu erfordert. Den Creiß zu machen, gehören darzu geweyhete Palmen, heilige Drey-König-Wasfer, Tauf- und Weyh-Wasser. Endlich müssen auch die Liebhaber dieser Beschwörungs-Kunst ein frommes Leben führen, und alle Gebeter gegen Aufgang der Sonnen verrichten. Die Creyse machen sie mit besondern Worten; z. E. sprechen sie also: Den ersten Creyß, den ich mache, den mache ich durch die Gewalt GOttes des allmächtigen himmlischen Vaters, durch seine göttliche Gewalt der Erschaffung der Welt wolle er mir verbinden den ersten Creyß: und so fort den andern und dritten; einen jeglichen mit be­ sondern Worten. In dem ersten Creyß stehen die Worte: ’A&avaxoc u 6eög, Alpha et Omega, gegen die vier Theile der Welt geschrieben. In dem andern stehen die Namen der 4. Evangelisten: im dritten viermal der Name St. Christophels. Ehe man die rechten Beschwörungs-Gebete ansänget, soll man (spre­ chen sie,) zuerst beten einen Glauben, 3. Vater Unser, und 3. Ave Maria ohne den Glauben... Ferner beten sie die sieben Worte CHRISTI am Ereutz, und das Gebet, welches sich ansänget: Da Jesus an dem Creutze stund. Nach diesem beten sie noch ein besonders Gebet, davon der Anfang ist: Die offene Schuld; und alsdenn fügen sie wiederum bey drey Ave Maria und die sieben Worte Christi. Nach dieser weitläufigen Vorbereitung gehet das rechte lange Gebet erst an": 3, 504 ff. Vgl. auch Kehrein 2, 280 f. 177. Die Ehristophelbeschwörung in Lauda: 3,507—510. „Ein erst in verwichenen Jahren 1733. vorgegangenes frisches Exempel... Es war die Sache kaum geschehen, so wurde sie durch die Wein-Fuhrleute in Francken gar bald bekannt gemacht. Es ist darauf mit Genehmhaltung der Obern eine besondere Nachricht davon zu Bamberg bey Joh. Andreas Gärtnern gedruckt worden", und es folgt unser Text. 178. Grosses Schatz: 3,513—516. 179. Des Krummen Stoffel Silberader: 3,518—521.

Nachweise 180. Der Schatz des Erhängten: 3,521—523. 181. Der Peterneller Schatz: 3,524 f. 182. Die Wiener Schatzbeschwörung: 3, 526—529. Die planetischen Zeichen (Sonne und Mond) sind gleich den alchemischen für Gold und Silber. 183. Wünschelrute im Amt: 3,535 f. 184. Die Wünschelrute des Böhmen: 3,537 f. Wohl — wegen der Nähe des Fichtelgebirges — Alfeld in Mittelfranken. 185. Der verlorene Schatz des Klosters Malin: 3,542—546. Gelegentlich der Schatzbeschwörungen: „Wenn die Römische Geistlichkeit sich mit Necht einer solchen Gewalt über die Geister anmassen kan, so wundert mich, warum sie nicht ihre hier und da vergrabene Kirchen-Schätze auf solche Weise wiederum in ihre Hände bringen können. Es sind von Zeiten der Reformation in unter­ schiedenen Ländern unsäglich viel dergleichen Schätze versteckt worden, welche die geflüchteten Mönche nicht mitnehmen konten. Es soll auch der Pabst ein allgemeines Zeugniß darvon haben, und zu gewissen Zeiten verkappte Spionen in dieselben Länder schicken, um zu sehen, ob noch alles in dem alten Zustand sey. Da fragt sichs nun also: Warum zwingen sie die Geister nicht, ihnen selbige vergrabene Schätze nach und nach wieder herbey zu holen?: 3,540f. Sage vom Schatz des Königs Wenzel: Cesty Lid 23, 45. 186. Der Kobold im Pfarrhause: 3,564—569 u. 583—588 mit Auslassung eines Exkurses über die Teufelspeitsche und Exorzismus; darnach Grüße, Preußen 1191. Der Scharfrichter ist „ein Abschaum einer gantzen Gemeine... Zudem ist ja bekannt, daß eben solche Leute mit dem Teufel in einem Schweitzerischen Bündniß stehen; und wer zu seinen Schelm-Stückgen einen Diebes-Daumen, Galgen-Strick, Nagel von einem Rad, Diebes-Lappen, oder andere dergleichen Galgen-Materialien nöthig hat, der muß solche aus dem ordentlichen Magazin dergleichen Materialisten holen. Ja keine alte WetterHexe oder Segen-Sprecherin kan mit ihrem Eeremoniel einen Fortgang haben, wenn sie nicht bey einem solchen Ceremonien-Meister vorher in die Schule gegangen. Daher pflegt man auch zu sagen, wenn einer von dergleichen Schelm-Stücken Profeßion machet, er sey bey dem Scharf-Richter in die Schule gegangen: wie mir selbsten ein vornehmer Mann bekannt ist, welcher einem abgedanckten Scharff-Richter 100 species-Ducaten geschenckt hat, daß er ihm seine poßirliche Hand-Griffe und Kunst-Stückgen hat machen gelehret": 3,579. — Teufelspeitsche: flagello daemonum, wie sie ihren Exorcismum zu nennen pflegen: 3,569. 187. Der in den Arm gehexte Unrat: 3,591. 188. Schmalzowscher Hexenprozeß: 3,603—607. „Es ist noch nicht gar zu lange, daß mir aus einem vornehmen Staats Archiv eines gantzen Landes, sehr viel vidimirte Acten von dem Eantzler selbst sind eingesendet worden, in welchem nichts anders, als lauter Hexen-Proceste und End-Urtheile begreiffen waren; wo es aber auch niemals anders lautet, als: Mit dem Feuer vom Leben zum Todte gebracht worden", er wählt den vorstehenden daraus aus. 189. Das stecknadlige Brot: 3,609—622 mit Auslastungen, darnach Grüße, Preußen 1196. Der Fall hat „sich erst in verflossenen Jahre 1739 in der Marck Brandenburg zugetragen", die Stadt aber wird aus gewissen Ursachen ver­ schwiegen". Um Mißverständnissen vorzubeugen: der Tod des Maurers und die Gesichte hatten in der verschwiegenen Stadt, nicht in Potsdam statt, wohin die B. erst verzog. Der Autor erklärt 3,622, er habe selbst unterschiedliche dieser

Nachweise Stecknadeln in Händen gehabt. — Der Hörer ist überzeugt, daß es Hexen gebe, aber warum haben die Exorcisten nicht mehr Fragen an die Geister getan, „dergestalt könnte mancher solcher Pfaffe in wenig Stunden ein besserer Empyricus werden, als mancher Studiosos, welcher auf der Sorbona zu Paris, zu Padua, oder wol gar alle Sapientia zu Rom durch vieles Sitzen so manches paar Hosen hat abwetzen müssen... (man hat) schon von vielen Jahren her von gewissen Teufels-Schulen, in Spanien bei Alcala, in Irrland, in Schwe­ den, und dem so genannten Zottenberg gesprochen." 190. Das vorbedeutende Spannen der Flinte: 3,638—641; darnach Grütze, Preuhen I 192. „Das ist fürwahr eine merckwürdige Begebenheit: und ob du schon den Namen verschweigen thust, so ist mir vieleicht diese Person selbsten bekannt ja den einen Officier kenne, der aus Unvorsichtigkeit in seiner Jugend seinen Bruder erschossen. Weilen es aber eine Blame seiner eigenen Person und ein trauriges Angedencken bey der gantzen Familie ist, so ist freylich besser, datz man die Namen unterwegen last": 3,642. 191. Ich werde heut noch sterben: 3,643—645. Hinweis auf das Werk des Hanauerischen Hof-Predigers Theodorus Kampf, de ominibus morientium: 3,642. Ein Beispiel solches Vorwissens: „heut Nachmittag um 3 sterb ich", lebt in meiner eigenen Familie mütterlicherseits: Peuckert. 192. Die Vorzeichen irrt Berliner Schlosse: 3,647—651; darnach Grütze, Preußen 1239. Eingeleitet: „Aber sag mir doch, weil etwa Seine Königl. Majestät den 31. May dieses laufenden Jahres höchst-seligst in HErrn ent­ schlafen seyn, und bey gemeinen Leuten dergleichen Vorboten sich ereignen, so müssen bey solchen hohen Häuptern nothwendig noch mehrere Anzeigungen sich äußern, weil gantzer Königreiche Wohl oder Wehe an solchen SterbeFällen gelegen ist, absonderlich da dieses Durchlauchtigste Haus, nebst allen seinen Branchen, das sonst bekannte Phoenomenon, die weise Frau genannt, zu einen besondern Vorboten eines sich ereignenden Sterbe-Falls sich noch itzo soll sehen lassen: 3,647. 193. Der Nachtspuk irrt Berliner Schlosse: 3,656—659; darnach Grütze, Preußen 1240.

Konkordanz M. ll. = Monathliche Unterredung; L. F. I ^ Corpus Favularum I M. U. I. Seit? C. F. L 12 ..................... 20 ................. 45 ..................... 55 ff...................... 123—129 ............. 135—140 ............. 163 f ................. 179—184 ............. 184—187 ............. 187—189 ............. 196—199 ............. 202—204 ............. 213—215 ............. 215—217 ............. 219—223 ............. 228—231 ............. 239—247 ............. 247—263 ............. 265—272 ............. 272—274 ............. 279—293 ............. 323—325 ............. 349—351 ............. 362—365 ............. 368—370 ............. 419 ..................... 439—443 ............. 444—445 ............. 469 f ................. 476-^482 ............. 499 f....................... 523 ..................... 525 ..................... 539—541 ............. 548 ---- Anm. zu 549—552 ............. 551—553 ............. 554 f....................... 586 f. 572—583 ............. 602—608 ............. 609—613 ............. 615-019 .............

Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 29 27 28 29 30 31 32 33 34 91 35 36 37 38 39 40 41 42

M. XI. I. Seite C. F. I. 619—621 ... ........ 621—625 ... ........ 626—628 ... ........ 642—644 ............ 653 ............. ........ 660 ............. ......... 661 ............. ......... 665—667 ............ 670 ............. ........ 672 ............. ......... 692 ............. ......... 697—699 ............ 701 f.............. ........ 703 ............. ......... 711 f....................... 720 f....................... 722 ............. ......... 729—732 ............ 733—737 .. ......... f............. .........

Nr. 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 ()L

M. XI. II. Seite C. F. I. 5—7 ....... ......... 12 f............. ......... 13 ........... ......... 15—18 ... ......... 19—22 ... ......... 25—29 ... ......... 32—37 ... ......... 39—59 62—64 ... ......... 88—97 ... ......... 97 f............ ......... 99—102 .. ......... 103—107 .. ......... 118 f............ ......... 121—125 .. ......... 134—137 .. ......... 140 ........... ......... 140—142 .. ......... 144 f............ .........

Nr. 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81

M. XI. II. Seite L. F. I. Nr. 145—148 ............. 82 83 149—153. (165) 153 f....................... 84 155—159 ............. 85 160. 161 ............. 86 163 f....................... 87 167—173 ............. 88 174........Anm. zu 88 175 f....................... 89 180 ....................... 90 181 f....................... 91 182f. ... Anm.zu 91 184—193 ............. 92 198—200. (212) .. 93 202 f........................ 94 203 ........Anm. zu 120 203—205 ............. 95 205—208 ............. 96 211—217 ............. 97 2-27—230 ............. 98 232—235 ............. 99 238—241 ............. 100 248—250 ............. 101 257—260 ............. 102 261—264 ............. 103 269—272 ............. 104 279 f....................... 105 280—283. 287 .... 106 287—291 ............. 107 293 ....................... 108 294 ..................... 109 299—306 ............. 110 310 f....................... 111 319—325 ............. 112 348—356 ............. 113 372—376 ............. 114 378—380 ............. 115 382—384 ............. 116 387—392 ............. 117 387 f....................... 118 389 f........................ 119 392 ....................... 117

Konkordanz M. U. II. Seite

L. F. I. Nr.

393—398 ............... 120 402—407 ............... 121 408—411 ............... 122 413 .......................... 123 422—424 ............... 124 419. 421 f. 423 f. . 125 425—434 ............... 126 442—445 ............... 127 461—464 ............... 128 472—476 ............... 129 436 .......................... 130 480 .........Anm. zu 129 486 f............................. 131 494 f.......................... 132 495—497 ............... 133 498 .........Anm. zu 133 499 f.......................... 134 501 f. ..................... 135 502 f............................. 136 517 f............................. 137 526 .........Anm. zu 137 527—530 ............... 138 538—542 ............... 139 542 f. ... Anm. zu 139 544 .......................... 140 551—561 ............... 141 562 .........Anm. zu 141 566—573 ............... 142 576—579 ............... 143 581—588 ............... 144

L. F. I. Nr.

M. U. III. Seite L. F. I. Nr.

590—593 ............... 145 596 .........Anm. zu 145 605—607 ............... 146 609 .......................... 147 620 f............................. 148 629 .......................... 149

M. U. II. Seite

465 .......................... 170 474 f............................. 171 477 f............................. 172 479—484 ............... 173 485 f. ... Anm. zu 174 486—492 ............... 174 498 .......................... 175 502—504 ............... 176 504 ff. .. Anm. zu 176 507—510 ............... 177 513—516 ............... 178 518—521 ............... 179 521—523 ............... 180 524 f.......................... 181 526—529 ............... 182 535 f............................. 183 537 f............................. 184 540 f. ... Anm. zu 185 542—546 ............... 185 564—569 ............... 186 579 .........Anm. zu 186 583—588 ............... 186 591 .......................... 187 603—607 ............... 188 609—622 ............... 189 638—641 ............... 190 643—645 ............... 191 647—651 ............... 192 647 .... Anm. zu 192 656—659 ............... 193

M. U. III. Seite C. F. I. Nr.

7—14 ............... 150 19.........Anm. zu 150 117—121 ............... 151 124—126 ............... 152 147 f.......................... 153 274 f.......................... 154 279 .......................... 155 292—294 ............... 156 295 f............................. 157 297—300 ............... 158 304 f.......................... 159 307—309 ............... 160 309 f.......................... 161 311 .......................... 162 319—323 ............... 163 323 .......................... 164 364 f............................. 165 436—440 ............... 166 441—446 ............... 167 449 .........Anm. zu 167 450 f. ...................... 168 462—464 ............... 169

Register Abano, Petrus von 47. 159 Abdon (30. VII.) Freikugelguß 41 Abendmahl, Wiedergänger zuwider 70 Abgeschnittn. Kopf bringt Rübe­ zahl 43 Abstoßen Kopf, lebd. Leichnam 114 Abgott von Zwenckau 63 Abfall vom Glauben 40. 41. 138 Abnehmen an Größe des Spuks 11 Affe von Blasnie Gora 26. 96 Agrippa von Nettesheim 1 Ahnfrau 5. 6 Alarichs Grab, Motiv 178 Alb wird der nicht recht Getaufte 11 Alchemischer Prozeß: Katze 62 Aller-Heiligen-Litanei Schatzbeschwörung (88.) 182 Allerseelen, Gräber werden im Kloster geöffnet 104 Alraunen Kaiser Rudolphs 49. 107 — von Gehenkten 37 — graben 107 Almosenempfänger verunehrt, dafür Wiedergänger 66 Altarbuch gestohlen 138 alte Frau erscheint, Vorzeichen 111 — bietet Schatz an 110 — bat um Almosen, vertrieben 187 — sucht coitus 60 — sprach Segen 187 alter Mann, Zeuge myth. Geschehens 109

alte Männer, drei, im Weinkeller von Salurn 144 alten Weibern ist nicht zu trauen 187 Alvensleben, Familienkleinod 130 Anhalt, Fürsten, Familienkleinod 143 hl. Anna-Tag 16 Anthropophagie, spukhafte 126 Antonius von Padua 137 Apfel: Verwandlungsgestalt des Teufelsbündners 40 Apostel, zwölf 185 Apokalypse Ioh.: siebenköpfiger Drache als Münzbild 174

Appono, Petrus de 159 arme Seelen 103. 120 — -Fürbitterin 121 Aschentöpfe 145 Astralgeist 35. 36 astrologische Magie 182 Athos, Typ d. verborgn. Klosters 169 Auersperg 141 auf Schatz Kleidungsstück werfen 181 auf Bett der Frau sitzt Wieder­ gänger 146 ausfahrender Kobold: Gestank 9 ausgeschlachtet Gefallene 153 Aveglocke (Betglocke) 21. 142 Babylon. Hure auf Münze 174 Bärenklauen des Teufels 40 barbierender Spuk in altem Schloß 21 Barfüßer beschwört Wiedergänger in Spukschloß 113 Bau dem Teufel zu Leid u. Lust 134 —. tägl. Arbeit nachts zerstört 145 Bauer weist Schatz, verschwindet 61 Becher des nächtl. Festes heim­ gebracht 84. 85 Begrabene vertragen keinen Regen 23 Begräbnis des kleinen Volkes 55 Begräbnis, kirchl., sucht Ermordete 113 Begräbnisort zeigen Lichter an 39 Beichten dem Papst 19 Veinhaus tabu, Lichterspuk 105 Bergwerksgeist straft Flucher 31 Bergwerksdämon: schwarzer Hund 30 Vergmännlein 134 Bergwerk entdeckt 179 Berliner Besessene 4 — Weiße Frau 192 Bertha von Rosenberg, weiße Frau 6. 72. 74 — dient zu Tisch 6. 72. 74 — hütet Schatz im Turm 6. 72. 74 Schloßgerät 6. 72. 74 — Kinderwärterin 6. 72. 74

Register Bertha v. Rosenberg: mit Schlüsseln 6. 72. 74 — straft Pagen 6. 72. 74 — süße Brei 6. 72. 74 — wohnt im Turm 6. 72. 74 Bernsteinsche Schlüsseljungfrau und Wiedergängerin 92 Bertram, Lübecker Domherr, verging sich an Rose, muh vorspuken 157 Besessene in Berlin 4 — geheilt 48. 136 Beten das Ave, darnach beginnt Spukzeit 21 Betglocke 142 — beginnt Wiedergänger-Zeit 21.142 betrügerische Wallfahrt 121 Bett, tote Ehefrau in ihm 163 —, das der Frau, darauf sitzt Wieder­ gänger 146 Betteln, erbetteln das unterschlagene Geld, erlöst Wiedergänger 138 Bibliotheks-, Museumsspuk 107 binden magisch, wollte Hexenriecherin die Hexen 189 Birnfeige 40 Bischof zur Hölle (Hekla) 46 blaues Licht 185. 38 Blut im Teufelspakt 4. 68. 101 — an Mauer 79. 80 —Destilliert: homunculus 22 blutender Arm d. hl. Nikolaus 79.80 Blutschwert s. Richtschwert blutig, Brust der wiedergehenden ermordeten Kammerfrau 98 Bock reitet die Wiedergängerin 63 Bocksfahrt z. Sabbath 40 Botschaft ins Paradies angeboten 71 Brautkleid angelegt, verlangt Wieder­ gängerin vor Höllengang 19 Brautpaar im Brautbett von Marg. Maultasch überfallen 142 Brautschatz schenkt Geist im Turm 8 Bremer Bischof zur Hölle (Hekla) 46 brennender Mönch: Fegfeuer des im sex. Rausch erschlagenen 34 Brief des Teufels, mit hölzernem Messer geöffnet 40 Brot voll Stecknadeln, wenn Geist­ licher es anschneidet 189 Bruder Bertram: Wiedergänger, Kobold 146

Brücke Baja 102 — Dresden 102 — Prag 102 — Regensburg 102 Brunnen: Ausgang d. Unterwelt 141 Bußtag, drum keine Schatz­ beschwörung 173 Ealigula 102 Ehristnacht, Feuersgesahr im Dessauer Schloh 143 —, Schatzgraben 174 Ehorgesang, Kirchenspuk 52. 84 Christophelgebet, -beschwörung 176. 177 Ehristophorus 119 Chrysam 182 Claviculum Salomonis 174 coitus sucht alte Frau, Gespenst 60 Dämonische Fratzen durch Wyer provoziert, Traum 12 Degen bei Schatzbeschwörung 173. 174 de mortuis nil nist bene 106 Dessauer Schloß, Feuersgefahr Ehrist­ nacht 143 Deutscher ist hinterhältig, betrügt 166 Dietrich von Bern Höllenfahrt 46 Dosten und Dorant, Grabbeigabe, gegen Spuk 23 Drache, Mailand, Kinderschreck 119 —, siebenköpf. d. Apokalypse, auf Münzen 174 Drachentöter: Visconti 119 drei alte Männer: Weinkeller Salurn 144 dreibeinig 48 — Esel, in den sich Teufelsbündner verwandelt 40 Dreikönigskreide b. Exorcismus 45 Dreikreuzmesser b. Exorcismus 123. 182 drei Leichname unter drei Steinen, Lichter 116 drei Messen hören, Luftfahrt 47 Druckgeist, Alb 11 drückender Wiedergänger 70 Dunkel und Irrgang: Jenseits 112 dunkle Flamme um d. Schlachttoten 158

Register Eberstein, Familienkleinod ver­ sprochen 70 Ehebrecherin: Wiedergänger 113 Ehefrau, tote, sitzt am Tisch 163 —, —, nennt Todestermin 163 ehelos mutz magus sein 155 Eiche vor Spukschloß 141 Eigentum d. Toten, Haube m. ein­ genähtem Gold 63 eiserner Nagel des Gehenkten 37 — Sarg 79. 80 — Tür zur Unterwelt 141 electrum 175 elf, Beginn der Geisterstunde 18. 19. 21. 41. 44. 45. 48. 49. 51. 54. 60. 66. 99. 100. 101. 103. 107. 112. 113. 115. 126. 127. 158. 173. 177 Engel: gute Kobolde 122 —: fromme Geister 103 Engelsturz 2 Entdeckt: Bergwerk 179 entführt: Kind 141 — auf Geisterpferd durch d. Luft 151 enthaupten: Nachzehrer 18 Ephesus, Dianatempel 83 Anm. Erhängen will sich Kaufmann, findet im Baum Schatz 180 Ermordeter geht wieder 98. 113 — will Strafe des Mörders 99 — weißer Stein auf Grab 113 Erbe, unrechtes: Wiedergänger 97 Erbstreit zweier Brüder. Verlierer erhängt sich, um wiederzugehen 67 Erz fand Wurzelgräber 179 Esel, dreibeinig, verwandelter Teufelsbündner 40 es meldet sich: Mutter, Vater starb 13. 14 essen in Unterwelt 128 Esterhazy 69 Exorzismus 42. 44. 45. 48. 63. 142. 145 — eines betrüg. Pfarrers 18 Exorzismenbuch 15. 18 Familienkleinod d. Anhalt 143 — Alvensleben 130 — Eberstein versprochen 70 Fausts Höllenzwang z. Schatzgraben 173. 174 Fegefeuer der armen Seelen 120

— unzüchtigen Mönches 34 — im Betrug d. Geistlichen 17 Feuer ohne Rauch d. Philosoph. 109 — spukhaftes, Menschen ver­ schwinden 36 Feuersgefahr i. Dessauer Schloß 143 feurige Reiter 91 u. 91 Anm. Ficino: wie's drüben ist 149 Flamme, dunkle, um Schlachttote 158 Fledermaus: zitierter Geist 171 Fluchen straft Bergwerksgeist 31 Flucht des lebenden Leichnams aus Grab 114 Fludd, Pansoph 1. 22 französ. Königsfolge steht Katharina von Medici 167 Frau Hütt, Kinderschreck 119 Freikugelguß 41 Freitag, Tag der Schatzbeschwörung 173 Freudenthal: plagende Geister 18 Frevel, numinoser 138 Friedrich!. (III.) von Preußen: Todesvorzeichen 192 Füße der Unterirdischen 28 Fuhrmann begegnet Spuk 128 Galgen, Lichtschein 35. 37 —, Gehenkter 107 —, Nagel 37 Gang ins Paradies 71 Gastgebot bestellt Rübezahl 42. 43 Gasthaus: Spuk 66 Gastwirt zu Armen unfreundlich, Wiedergänger 66 Gauricus, Astrolog 167 Gebet hilft gegen Wiedergänger 67 — um Ruhe der Toten 148 Gefallene ausgeschlachtet 153 Gehenkter, zaubr. Mittel von ihm 37 — nackt am Galgen 107 Geist v. Besessener ausgetrieben, ins Glas gebannt 48 Geister begleiten 139 —, Siegesgesang derselben 139 Geisterkampf 139 Geistermesse 97 Geisterpeitsche: Stola 18. 113 Eeisterpferd: Luftfahrt 151 geistersichtig: Sonntagskind 11 —: unter bestimmt. Zeichen geb. 11

Register geister sichtig: Hund 36 Geisterstunde s. elf Geistliche exorzisieren umsonst 44. 63 — bei Schatzbeschwörung 39 Geiziger, Geldgieriger: Wieder­ gänger 17. 138 gekrönte Jungfrau 94 Geld versteckt, zurückgehalten: Wiedergänger 44 geldgierig: Wiedergänger 17. 138 geldzählende Geister 110 Gelübde: Kirchfahrt, nach Tod von Fürbitterin vollzogen 137 gemetzelt, gekocht usw.: Wieder­ gehender Abt 126 Gemütsempfindungen des Wieder­ gängers 70 Genick gebrochen, von Teufel 177 gepfählt: Wiedergänger 114 Gerbert: Sylvestern. 160 —: Vorspukend 57 Gericht an Ort und Zeit der Untat: Wiedergänger 113 Geschlechtsgeister 5 geschundner Verbrecher verlangt Haut zurück 140 Gestank des ausfahrenden Kobolds 9 Geysir 3 glühende Hände des Wiedergängers: Fegefeuer 120 Gold eingenäht: Wiedergänger 63 — verblendet 1 Goldsand: Gabe der abziehenden Hausgeister 6 Goldschmied: Wiedergänger, arbeitet 55 Gott absagen 4 Gott der Vater wohn uns bei 66 Grab unschuldig Gerichteter 39 — Flucht aus ihm: lebd. Leichn. 114 — Gegner kämpfen im Gr. 114 — verteidigt von Toten 17. 79 — Weinen im Grab 150 — geweihtes — verlangt Toter 39.98 — Gräber d. Er. getötet 178 Grabesruhe verteidigt 145. 146 Grabstein schwitzt: Vorzeichen 156 — tabuiert 146 Grabbeigabe: Dosten u. Dorant 23 Granate d. Persephone-Motiv 128 grauer Mann fordert tabuierten Stein zurück 152

grauer Mann: Schatzhüter 173 Gründonnerstag: sühe Brei 6 Haare in Hexengeschwulst 187 — in Pakt gegeben 40 Hahnkraht: Ende der Mitternacht 17 Hände, glühend, Fegfeuerbüßer 120 Hand, kalte, büßender Wiedergänger 138. 141 —, jungfräul., beim Schatzgraben 182 Harzburg: Krodo-Götzenbild 143 Haselzweig zur Wünschelrute 182.184 Hausgeist dient, neckt, besonders Weiber 8 — legt sich zu Weibern 8 —, roter Rock 8 — gibt Goldsand 6 — Langemantel 16 Haut eines ungebornen Kindes, Schatzbeschwörung 30 geschundner Verbrecher will Haut zurückhaben 140 Hebamme bei Wasserfrau 33 Heidenjungfrau: Schlangenjungfrau 133 —: Soldat frech zu ihr 94 Heinrich III. von Frankreich 167 Hekla: Schlot der Hölle 3. 46. 132 Hemd eines Gehenkten macht Pferde fett 37 Henker exorzisiiert, verbannt 44. 63 Henkerschwert beim Verbannen eines Wiedergängers 67 Hexengeschwulst voller Haare 187 Hexenprozeß 188 u. Anm. 188 Hexenriecherin in Potsdam 189 Hexensabbath, Luftfahrt 40 -, Zeit 40 Hexensabbathsort 40 Hexensalbe 40 Hirten geschlagen von Marg. Maultasch 142 Hölle, Aussehen 40 —, Eingang, Schlot 3. 46. 132 Höllenfahrt: Bremer Bischof 46 —: Christus 132 —: Dietrich von Bern 46 Höllenzwang zum Schatzgraben 173. 174. 176 —: Lesen 166 hölzernes Messer für Teufelsbrief 40

Register

Hörselberg, Fegfeuerort 131 Homunkulus des Alchemisten 22 Hostienfrevel 103 Hügel: Wohnung der Zwerge 27 Hügelgrab 116 Hund geistersichtig 36 - s. schwarzer Hund Hyäne, ungeheures Tier, Menschen­ fresser 101 In Teufels Namen 173 - Freikugelguß 41 - - Sabbathfahrt 40 Irre geht man im Jenseits 98. 112 Irregang durch Wiedergänger 113 hl. Januarius 80 Ienseitsgang 71. 92. 98. 112 Jerusalem 47. 160 Jesuit Schatzgräber 61 Jesuit. Sigille 174 Joachim I. von Brandenburg und Trithemius 168 Joachim II. von Brandenburg wußte Tod voraus 161 Johannes, Papst, u. Dietrich von Bern 46 Johanni, Hexensabbath 40 Juden in den kaspischen Bergen 29 Jüngste Tag, Frist 133 Iungfernblut, Menstruum im Hemd 174 Iungfernhemd zur Schatzgräberei 30. 182 Jungfrau, gekrönte 94 jungfräulich, Schatzheben 30. 39 Kabbalah 39 kalte Hand des bösen Wiedergängers 112. 138. 141 kalte Pein (angedeutet) 138 Kapuziner exorzistert 42. 142. 145 - - hält Eeistermesse 97 - Schatzbeschwörer 30 - im Spukzimmer 127 Karl d. Gr. 143 Karl IV. 178. 185 Kaspische Gebirge, Juden ver­ schlossen 29 hl. Katharina, in ihrer Kirche Geist im Glas eingemauert 48

Katharina von Medici u. Eauricus 167 kathol. Geistliche, Teufelsaustreibung 4 -------Kinderschreck 119 Katze im alchemist. Prozeß 62 Verwandlung d. Teufelsbündners 40 Keller, unheimlicher Ort 19 Kerze, geweihte, gegen Spuk 113 Kettengerassel auf Treppe 177 Kind entführt 141 mit Kindern spielt Langemantel 16 Kinderschreck: Drache in Mailand 119 — Frau Hütt 119 — Katholik 119 Margarethe Maultasch 142 —- Rübezahl 119 — -- Lutheraner 119 Kinderwärterin: Bertha v. Rosen­ berg 6 Kirche der hl. Katharina: Geist im Glas 48 — abbrechen, Mönch wütet 146 Kirchenstiftung durch Tote 69 Kirchenspuk (48). 52. 56. 58 Kirchhof, Lichterspuk 105 kirchl. Begräbnis, Grab verlangt Toter 39. 98 Kircher, Athanasius 1 Kleidungsstück auf Schatz werfen 181 kleinen Volkes Hochzeitsfest, Taufe, Begräbnis 5 Kloster, böser Abt spukhaft gefressen 126 — Brand durch Brandstifter, der — König Wenzel nachkam 185 - Gräber Allerseelen geöffnet 104 — -stiftungen durch Tote 69 -Unzucht 34. 53. 126 , verborgenes 169 Klosterschatz 61. 185 kluger Mann heilt durch Pulver der Zwerge 27 Kneifen Schlafender durch Schatzwächter 70 Kobold, Hausgeist, dient 122. 186 — schabernackt 186 —, Gestank des abziehenden 9 — Bruder Bertram 146

Register — Engel genannt 122 König, Herr 28 Königin der Zwerge 27 Kohlen: verblendetes Gold 61 Kopf abnehmen! Rübezahl, mit ihm werfen 42 — abstoßen! lebd. Leichnam 18. 114 kopflos, Ermordete 39 Mönch, Wiedergänger 52. 53 Vorspuk vor Enthauptung 100 Kreuz über Tafel! 10 Tage Frist zum Tode 144 Kreuzhiebe mit Richtschwert beim Verbannen 44 Kreuz-, Scheideweg! Verbrechergrab 113. 114 Kriegsvorzeichen! Polterspuk in Kirche 58 Krodo 143 küssen will Frecher Heidenjungfrau 94 — die Pelzfrau 95 Kuß! Schlangenjungfrau 28. 133 Langemantel, Hausgeist, Kleidung u. Gestalt 16 — wacht und neckt 16 — sitzt auf Thron 16 — spielt mit Kindern — Zorn, als Kinder entfernt 16 Laterne trägt wiedergehender Mönch 52. 53 Lebender Leichnam: Mönch im Chor 104 — aufrecht im Sarge 104 — Abt, entführt 126 — Flucht aus Grab 114 — Kopf abgestoßen 114 Lebenslicht 141 Leibpferd d. Fürsten stirbt! Vorspuk 192 Leichenzug! Vorspuk 144. 192 Leichnam frischbleibend 25 Leichname, drei, unter drei Steinen 116 Licht, Lichter an Galgen 35. 37 — wo Tote liegen 116 — in Kirche 52. 53. 84 — in Ruine 115. 116. 141 — auf Kirchhof 105 — prozessionsweise 51

— ruft mit Namen 38 — Vorspuk! Tod 192 — zeigen Begräbnisort an 39 Lintwurm 28 Lothringen, Herzog von, Wieder­ gänger in Wels 127 hl. Ludmilla 79 Lübecker Rose, Todvorzeichen 157.159. 169. 170 Lützen, Schlachtfeld 91 Anm. Luftfahrt 47 Lutheraner! Kinderschreck 119 Magie, astrolog. 182 magische Glocke Rudolphs II. 108. 155. 175; vgl. XII. magus ehelos 155 Mailand! Drache 119 mana des Steins 152 Maria Loretto 120 — Oettingen 120 -- -zell, Wallfahrten 120 Mauerloch, durch das der Teufel fuhr 103 Margaretha Maultasch überfällt Brautpaar im Brautbett 142 Margaretha! Name tabuiert 142 Maximilian, Kaiser, u. Trithemius 168 Medici, Katharina v., und Gauricus 167 Meister und Geselle 102 Melancholie des Herrn v. Oppen 150 Menschen verschwinden bei Spukfeuer 36 Menstruum der Jungfrau 174 Mephistophiles 187 Messe, drei, Luftfahrt dazu 47 — in Jerusalem, Rom, hören 47 — um Wiedergänger zu exorzisieren 45 —! Ministranten! Wiedergänger 97 Messer, hölzernes, öffnet Teufelsbrief 40 Ministranten: Wiedergänger 47 Mist braucht Teufelsbündner zur Verwandlung 40 Mittag 144 — Polterspuk 88. 109 — Wiedergänger streiten wie im Leben 114. 115

Register Mittag: Reiten auf Bock 63—65 — Weiße Frau, Jungfrau 94. 95. 112 — meldet es sich an (Mutter) 13 Mittagsfrau 65 Mittagsstunde zeigt sich Nix 33 Mitternacht endet mit Hahnkraht 17 Mönch exorzisiert 45. 48; s. Jesuit, Kapuziner usw. — lebender Leichnam 104 — aufrecht im Sarg sitzend 104 — Chorgesang 52 — im Chor 104 — kopflos 52 — ohrfeigt 50 — reitend 87 — stellt Uhr 52 — mit Laterne 52. 53 — brennend, weil im sex. Rausch erschlagen 34 Mörder, seine Strafe will Ermorde­ ter 99 Mond, zu gewisser Zeit unter ihm geboren, geistersichtig 11 Montag, an ihm Polterspuk 113 Mord von Rübezahl angezeigt 43 Mordplatz spukhaft 36. 114 Mordsäule 114 Mücke im Glas, ausgetriebener Dämon 48 Museumsspuk 107 Musik, spukhafte 136 nächtliches Fest 84. 85 Nachtgesicht, phantasiertes 193 Nachtweide, Wiedergänger erscheint als Gast 147 Nachzehrer 18 nackt bei Freikugelguß 41 — bei Schatzbeschwörung 30 — Gehängte am Galgen 107 Nagel vom Galgen, Spielerglück 37 nageln: Stock im Eisen 101 Namen ruft Licht 38 Narses 178 Nathanael, Schatzdämon 174 Nicarius 174 Nicolaus 57. 79. 80. 174 Nix zeigt sich mittags 33 — Tochter 32 Nonne: das schatzvergrabende Fräu­ lein v. Trebra in Nonnenkleidung 70 21

Peuckert, Sagen

Nürnberger Burg, Säulen, vom Teu­ fel zugetragen 165 numinoser Frevel: Altarbuch gestohlen 138 — Ort, Pferd scheut 187 Och 174 Ochsen: weisende Tiere, Grab Gerberts 160 Offizier in Berlin: Teufel 4 Ohrfeige wollte Wächter d. Wieder­ gänger geben 50 — gibt Wiedergänger 50. 113 — gibt Marg. Maultasch bei Tabu­ bruch 142. 152 —, weil man Rat gegen Bruder Bertram suchte 146 Ort der Untat, Spukort des Ermor­ deten, der Gericht sucht 113 Ostern: Schatzbeschwörung 182 Osterkerze 45 Page gestraft von Bertha v. Rosen­ berg 6 Papst Johannes: Dietrich von Bern 46 — Beichte bei ihm 19 — Sylvester II. s. Gerbert — Vorspuk 57 Paracelsus, Electrum 175; vgl. XII. XIII. Paradies, Gang zum P. = Jenseits­ gang 71 — tanzwütiges Mädchen 71 Patricks Höhle 46 Pein, kalte, vgl. 138 Peitsche der Marg. Maultasch, schlägt die Hirten 142 Pelzfrau 95 Perchta 73 Pest: Riese 117 Petrus von Abano 47, von Appono 159 pfählen Wiedergänger 18 Pfarrhaus-Kobold 186 Pfarrer-Betrug 17 Pferd fett durch Hemd eines Ge­ hängten 37 — gepeinigt von Kobold 186 — geistersichtig 36. 114. 187 zaubr. Pferd: Luftfahrt 151 Pferdefuß des Teufels 40

Register Plagegeist, sexueller 150 Polterspuk in Kirchen 56. 58 — im Spital 59 — in Ruine 115 — im Kloster 88 — Schloß Stermol 136 — Schloß Tulln 113 — Wien 110 — Zeughaus Wien 109 — Wiedergängerin 19. 66. 113 Verdammter 19 —, nachdem Hostien von sich gegeben 103 Abschluß des Spukens 102 erzürnter Hausgeist 16 Teufel 66. 177 — als Kriegsvorzeichen 58 — Todvorzeichen 192 Prag, Säule vom Teufel zugetragen 165 Protestanten treiben Teufel aus 4 Prügelbrot 115 Pulver der Zwerge 27 Pygmäen: Zwerge 122 quinta essentia 153 Räuchern bei Zitation (nachgebildet dem bei Exorzismus?) 45 rauh wie Bock: Bruder Bertram 146 Ravaillac, Tyrannenmörder 167 rechter Schatzempfänger, der falsche stirbt 10 Regen vertragen Begrabene nicht 23 Regensburger Brücke: Teufelsbau­ meister 102 rein, sexuell 28. 30 Reiter: Marg. Maultasch 142 — erscheint Schatzgräbern 182 Richmodis von Aducht 20 Richtschwert: Blutschwert 44 Riese 118. 119 —: Pest 117 — nimmt ab bis zu Zwerggestalt 11 Ring in der Wunde des Ermordeten als Zeugnis 99 Ritter in Rüstung: Zeughausspuk 109 Rom 57 —, Messe hören in R. 47 — Säule von Teufel nach Prag ge­ holt 83. 165

Rose, Lübecker Dom, Todvorzeichen s. Lübeck Rosenberg, Ahnfrau 5. 6; f. Bertha von Rosenberg roter Rock des Hausgeistes 7. 8. 16 rote Mütze: Zwerg 9 Rudolph II., Kaiser 49. 107. 108. 155. 168. 175

Rübezahl: Eastgebot bestellt 42 — Kopf abnehmen, werfen 42 — entdeckt Mord 43 — exorzisiert, verbannt 44 — Kinderschreck 119 rückwärts nach Zitation 173 Rufen beim Namen 110 Ruhe verlangt Verstorbener 148 —, darum beten 148 — kirchl. Begräbnis schafft Ruhe 98 — Grabesruhe verteidigt 145. 146 — der Seele: Seligkeit 112 Ruine: Polterspuk 115 Sabbathsort: Volpersberg bei Dres­ den 40 Sackpfeifer: Totentanz Neiße 18 Säule trägt Teufel nach Nürnberg, Prag, Verona 165 Salerno, Todesglöcklein 159 —, Todanzeige 170; vgl. Lübecker Rose Salurn, Weinkeller 144 Salz gegen Spuk 18 Sarg, Abt aus diesem gerissen, ent­ führt 126 Schäfer in ganz Böhmen falsch 187 — abgesetzt, läßt Herde sterben 187 Scharfrichter 44 — kann verbannen 63; s. Henker Schatz im Krieg vergraben 70 — im Schwedenkriege 173. 179 — bei Belagerung Wiens 182 — im Kloster 61. 185 — im Stall 10 — vergraben 178 — in Baum verborgen 180 — brennt 181. 185 Schatzlicht 39 Schatzwächter ehemal. Besitzer 70 — graues Männel 173 — schwarzer Hund 30. 70 — Zwerge 10 — Schlange 11

Register Schatzempfänger mutz der rechte sein 10. 30 — jungfräul. Empfänger 39 — beabsichtigter Selstmörder 180 — der, der Wohnung der Verstorbe­ nen schön schmückte 70 Schatzspender — ehemal. Besitzer kneift Schlafende 70 — alte Frau 110 — Bauer, der verschwindet 61 — Geist weist ihn 139 — ein Gesicht weist ihn 110 — Schlangenjungfrau 28 Schatzgraben in Lhristnacht 174 betrogen 171, durch Gesicht 110 Schatzbeschwörung 173. 174 — freitags 173 — Ostern 182 — Butztag nicht möglich 173 — durch Kapuziner 30 Mann aus Venedig 30 — nackt 30 — jungfräulich 30 — mit Allerheiligenlitanei 182 — mit Stufenpsalmen 182 -- Fausts Höllenzwang 173. 174. 176 — Haut ungeborenen Kindes 30 — Degen in Hand 173. 174 — Jungfernhemd 182 Schatzdämon Nathanael 174 Schatzfestmachung: — etwas drauf werfen 70 — Kleidungsstück 181 Schatzkobold spendet Geld, schlägt, als dieses an Kirche geht 9 Scheinbedrohung d. Schatzgräber 41. 176 — d. Reiter 182 Scheideweg: Verbrechergrab 113. 114 Schimmelreiter kommt zu Ficino: wie's drüben ist 149 Schlachtfeld: Wiedehopfnest aus Leichenteilen 158 — Menschen ausgeschlachtet 153 — -spuk 36. 91. 91 Sinnt. Schlachttote, dunkle Flamme um sie 158 — lebender Leichnam 158 — Totenkopf lebt (Täuschung durch Ratte) 15 21*

schlafende Frau gekniffen von Schatzwächter 70 Schlange in unterirdischen Höhlen: Spuk 141 Schatzhüter 61 Schlangenjungfrau: Heidenjungfrau 133 — Kuh 28. 133 — Schatzspenderin 28 Schlehdorn 18 Schloß, künstliches: Stock im Eisen

101 Schlotzruine 115. 141 usw. Schlüsseljungfrau 92. 94; s. Bertha v. Rosenberg Schreckenberg in Thüringen 46 Schrei eines gequälten Toten 23 — des homunculus 22 schwarz, stinkend: toter Abt 126 schwarzer Hund: Teufel 126 — zum Ausgraben des Alraun 107 — Bergwerksdämon 30 — Schatzhüter 30. 70 — Unterweltswächter 128 schwarzer Mann fordert tabuierten Stein zurück 152 Schwedenzeit 173. 179 Schweigegebot in Höhle der Sibylle 129 — in Weinkeller zu Salurn 144 bei Freikugelgutz 41 — bei Schatzbeschwörung zufolge Bergregel 30 schwitzender Grabstein: Todzeichen 156 Seele: ihre Ruhe ist Seligkeit 112 — dem Teufelsbaumeister ver­ sprochen 102 Seelenmesse für arme Seelen 120 Segensprechen alter Weiber 187 Selbstmörder, um wiederzugehen und sich so zu rächen 67 sexuell rein: Erlöser 28 sexuelle Tendenz des Geistes 8. 150 sexueller Sünder: brennender Mönch 34 Sichtspiegel Rudolphs II. 108 sieben 103 siebenköpf. Drache d. Apokalypse 174 Siegeszeichen: gegen Spuk 21 stgillum magicum 174 323

Register — der Jesuiten 174 Skelett steigt auf und versinkt 11 Soldat will Weiße Frau umarmen, Strafe 94 Solfatoro bei Puzzolo, Hölle 46 Sonntagskinder geistersichtig 11 Spielerglück, Nagel vom Galgen 37 Spötter bestraft 105 Stabkraut 23 Statue kleiden, sonst Polterspuk 59 Stecknadeln in Brot d. Pfarrers 189 Steine, mana 152 — int Sarg statt Toter 19 — tabuiert 152 Wappen: Schlangenjungfrau 133 Steinkammer (Hügelgrab) 145 Stephaniabend Hexensabbath 40 Stephansturm: Teufelsbaumeister 102. 105 Stiefel ausziehen, Bein geht ab, Neckerei Rübezahls 42 Stiftung von Kirchen, Klöstern durch Tote 69 Stock im Eisen 101 Stola: Eeisterpeitsche 15. 18. 113 Stromboli Hölle 46. 132 Stufenpsalmen Schatzbeschwörung 182 Sturmwind numinos 126 — bei Schatzbeschwörung 182 — durch Matrose mit Dreikreuz­ messer gestillt 123 Süße Brei 6. 72 Sibylle, Höhle 129. 132 Syburg 171 Sylvester II., Papst: Eerbert 57. 160 Symmachus und Dietrich von Bern, führt diesen zur Hölle 46 Tabuiert Grabstein 146 — Kirche 146 — Stein 152 — Weideplatz der Maultasch 142 — Stein des Schlosses der Wiedergängerin 113 — Zeughaus Klagenfurt 142. 152 täglich ein Groschen auf Pfahl, wenn Junge Vaterunser betet 68 Tafeldienerin: Bertha v. Rosen­ berg 6 Tafelsilber vom Spuk erlangt 85 Tanz des Zwerges, vor Bett der Kaiserin 122

Tanzwut eines Mädchens 71 Taubmann 164 Taufe des kleinen Volkes parallel der des Hausherrn 5 Teich, in ihn wirft Weiße Frau Frechen 95 Tetragrammaton 174 — auf Wünschelrute 184 Teufel, Aussehen 40 — als Offizier 4 — mit Bärenklaue 40 — mit Pferdefuß 40 — schwarzer Hund 126 — Sturmwind 126 — in Grotte bei Neapel 102 — in Kapelle Stermol 136 — Poltern und Brüllen 66. 177 — leidet Bau nicht 134. 135 — peinigt Pfarrer: Stecknadeln ins Brot 189 — holt Seele des Teufelsbündners 103 — bricht Verfallenem Genick 177 — fährt mit armer Seele durch Mauer 103 — s.: in Teufels Namen Teufelsbaumeister Regensburger Brücke 102 — Stephansturm Wien 102. 105 Seele als Lohn, betrogen 102 — trägt Säule aus Rom nach Prag 165 — nach Nürnberg 165, Verona 165 Teufelsbündner bringt Wechselbalg durch Apfel 40 Teufelspakt 40 — mit Lehrjungen, täglich gegen einen Groschen Vaterunser zu beten 68 — des Besessenen 4 — Blutunterschrift 4 — Haare im Pakt gegeben 40 — Brief, den T. im Pakt gab, nur mit hölzernem Messer zu öffnen 40 — Gott abschwören 40. 41 — Verwandlungsgestalt Apfel 40 — Katze 40 — dreibeiniger Esel 40

Register Teufel: Gestalt: Vogel 40. VIII f. — Mist gebraucht 40 Teufelsaustreibung 4 — durch kathol. Geistliche 4 -------Protestanten 4 ------- Teufelspeitsche 42 Thomas-Vigil 87 Tinktur des Lichts 38 Tischglocke klingt: Todanzeige 13 Tod: weiße Gestalt 138 Tödin 111 Todesstunde vorausgewußt 191. 192 — angezeigt 169 Todvorzeichen Kaiser Josephs 111 — des Papstes 57 — Friedrichs I. (III.) v. Preußen 192 — Dresdner Hof: Mönch 53 — es meldet sich 13. 14 — Glöcklein von Salerno 159. 170 — Lübecker Rose 157 — Domherr Bertram 157 — Kreuz über Tafel 144 — Polterspuk 192 — Grab Sylvester II. 160 — nächtlicher Leichenzug 144. 192 — Traum 192 — tote Ehefrau nennt Termin 163 Tote Frau als lebende behandelt, geputzt, gekleidet usw. 69 — läßt sich ankleiden, Teufel holt sie, Wiedergänger 19 Tote: stiftet Kirche, Klöster 69 Ehefrau sitzt am Tisch 163 Toter verteidigt sein Grab 17 — jagt Neubegrabenen auf Friedhof herum 23 — von Frechem aufgerufen, werfen mit Beinen 105 Totenprozession im Bergschloß 39 Totenmette, Eeistermette 11 Totentanz Neiße 18 Totenschädel erscheint lebendig, Ratte bewegt ihn 15. 18 Totengräber erschrickt vor lebendem Toten 17 — raubgierig 20 Traum Turm fällt: Todvorzeichen 192 — Schatzort 178 — Reichtum 179 — dämonische Fratzen 12

Trithemius 154. 168 Treppe: Kettengerassel 177 Tür zur Unterwelt 141 Türke: Schatzgeist in türkischer Klei­ dung 182 — Zeughausspuk Wien 109 Türkenkrieg: Belgrad 153 — Wien 122 — Schlachtfeldspuk 36 Tuch oder dgl. auf Schatz 110 Tulln, Spukschloß 113 Turm, Traum vom Turm, der fällt 192 — Wohnung der Bertha v. Rosen­ berg 6 — Schatzort 6 Tyrol, Schloß 142 Uhr stellt wiedergehender Mönch 52 — zieht tote Ehefrau auf 163 — zeigt Stunde des Todes an 163 Ungarn u. Österreich, Sieg. Tedeum 109 ungeboren: Haut eines solchen Kin­ des bei Schatzbeschwörung 30 Unschuldig Gerichtete, Grab im Schloßkeller 39 — Ermordete: weißer Stein auf Grab 113 Unterschlagenes Geld soll Fürbitter erbetteln, Erlösung des Wieder­ gängers 138 Unterlassen einer Stiftung, Unruhe 72 — der gelobten Speisung 6 — Prügelbrot 115 Unterirdische Höhlen: Schlangen 141 Unterirdische sind von Oberwelt ge­ flohen, kehren nicht zurück 29 — Füße 28 Unterwelt, Flucht in sie 29 — Ausgang: Brunnen 141 — eiserne Tür 141 — ehemalige Schloßbewohner 141 — Wanderung durch sie 28. 128 Vaterunser beten verpflichtet sich Lehrjunge für tägl. Geld 68 — löst Teufelspakt 68 — erlöst Wiedergänger 147 — brauchen Schatzbeschwörer 174

Register Venedig, Schatzbeschwörer von V. 30 verbannen, verweisen: Wiedergänger 44 — Rübezahl 44 — Scharfrichter verbannt 44. 63 — Geistlicher verbannt 44 — dabei Kreuzhiebe mit Richtschwert 44 verblendetes Gold: Kohlen 61 Verbrecher straffrei: Unterwelt­ wanderung 28 — geschunden 140 Verbrechergrab am Kreuzweg 113. 114 verborgenes Kloster 169 Verona, Teufel trug Säule zu Anm. 83. 165 Veronika 133 Verräter: Lohn, unerwarteter 185 versehen der Schwangeren 127 Versöhnung sucht tote Halbschwester mit Bruder 92 — sucht angeblich ehebrecherische Fürstin 93. 112 Verwesen, nicht IX f. Vesuv: Hölle 46. 80 Visconti: Drachentöter 119 Vogel: Verwandlung des Teufels­ bündners 40 Vorbedeutung des Unfalls: Flinte spannt sich von selbst 190 Vorzeichen einer Enthauptung 100 — s. ferner Todvorzeichen Vulcano: Schlot der Hölle 46. 132 Wachsen des Spukes: betrügerisch 18 Wagenfahrt des lebenden Leichnams bis Kreuzweg 114 Wald, Zitation 166 Wallfahrt zu Marienkirchen 120 Walpurgis Hexensabbath 40 Wasserfrau braucht Hebamme 33 Wasserhose gestillt 123 Wassernix 33 — s- Nix Wechselbalg schafft Teufelsbündner ins Haus 40 Wecken die Geister 128 Weib und Hausgeist 8 Weihbrunn: Exorzismus 45 — gegen Spuk 18

Weinen in Grab 150 Weinglas zersprungen: Vor­ bedeutung 14 Wein in Haut 144 Weinkeller in Salurn 144 weisende Tiere: Ochsen: Grab 160 Weiße Berg, Schlachtfeldspuk 91 Weiße Frau 72 — Bertha v. Rosenberg 6 — mit Schlüsseln 6 — in Berlin 162. 192 — mittags 162 — bei Schatz 174 — wirft Frechen in Teich 95 Weiße Gestalt 138 — führt zu Schlachtfeldtoten 158 Weiße Hand in Turm, schenkt Schatz 8 Weiße Jungfrau 92. 94. 95 Weißer Stein auf Grab der un­ schuldig Ermordeten 113 hl. Wenzel mit Siegeszeichen, schützt gegen Spuk 21. 79. 80 Wenzel, König 84. 185 Werfen, Kobold im Pfarrhause 186 Westerhemd 174 Wiedehopfnest aus Aas des Schlacht­ feldes 158 Wiedergänger — tote Ehefrau im Bett 163 — sitzt auf Bett der Frau 146 — Ministranten 97 — Mönch 52. 53 — Hartherzige gegen Arme 66 — Selbstmörder 67 — Ermordete 24. 98. 113 — Ehebrecherin 113 — Schwangere 24 — unrechter Erbe 97 — Geiziger 17. 44 — Verdammte 19 — arbeitend 55 — fechtend 114. 115 — Gast auf Nachtweide 147 — machen irr gehen 113 — Bockreiterin 63 — kopflos 52. 53 — kalte Hand 112. 138. 111 — blutige Brust des Ermordeten 98 — ohrfeigend 50. 113 — polternd 16.19. 66. 113 — drückt als Alb 70

Register Wiedergänger: Kobold 146 — Bruder Bertram 66 — Langemantel 16 — Teufel 66 s. Lebender Leichnam, Toter Wiedergänger-Abwehr — Kopf abstoßen 18 — pfählen 18. 114 — beschwören 113 — verbannen m. Henkersschwert 67 — geweihte Kerze schützt 113 — Gebet 67. 148 — Vaterunser 147 — unterschlagenes Geld erbetteln durch Fürbitterin 138 — kirchl. Grab 39. 98. 113. 127 — Ruheverlangen 98.148 — s. verbannen Wiedergänger und Selige — Wiedergänger bei Nacht, Selige erscheinen tags 112 — Wiedergänger kalte, Selige warme Hand 112 — Wiedergänger stößt ins Wasser, guter hilft heraus 148 Wiedersehen als Rache des benach­ teiligten Erben: Selbstmord, um wiederzugehen 67 Wien, Etymologie 101 Wirbelwind, Verbannter fährt ab 44 Wie's drüben ist 149 Wünschelrute 30. 39. 173. 182—185 — jähriger Haselzweig 182. 184 — mit Tetragrammaton 184 Wunden schlagen sich die Hexen am Sabbath 40

Wurzelgräber fand Erz 179 Wyer, Joh. 12 Zauberrute: Verbannen des Wieder­ gängers 67 Zeichen, astrolog., in ihnen geboren, geistersichtig 11 hl. Zeno 83 Anm. Zeughausspuk 109 Zirkel im Walde 166 — bei Freikugelguß 41 — bei Schatzbeschwörung 152 — nackend in ihm 41 Ziskas Trommel 80 Zitation 171 — des Dämons 166 — des Teufels 172 — Räuchern dabei 45 — nach Z. rückwärts heraus 173 Zuflucht hinter den Bergen: Juden, Spanier 29 Zweikampf bei Grenzstreit, Mord­ säule 114 Zweites Gesicht: sich selbst im Sarge sehen 164 Zwerg, rote Mütze 9 — tanzt vor Bett der Kaiserin 122 — mittags in Ruine 115 — im Schatzberg 30 — König der Zwerge, Herr 28 — Königin 27 — Heilpulver 27 — = Pygmäen 122 zwölf Uhr: Beginn der Geisterstunde 98— s. elf zwölfjähriges Mädchen fertigt Jung­ fernhemd 182

FAB U LA Zeitschrift

für Erzählforschung / Journal of Folktale Studies Revue des Etudes sur le Conte Populaire

Herausgegeben von Kurt Ranke unter besonderer Mitwirkung von Walter Anderson, Laurits Bedker, Reider Christiansen, Gyula Ortutay, Archer Taylor und Stith Thompson Jährlich 3 Hefte von etwa je 6 Bogen

BEIHEFTE: Oscar Loorits

Estnische Volkserzählungen Groß-Oktav. VIII, 227 Seiten. 1959. Ganzleinen (Supplement-Serie A [Texte] Band 1)

Rudolf Tauscher

Volksmärchen aus dem Jeyporeland Mit Anmerkungen versehen von W. E. Roberts und W. Anderson Groß-Oktav. VI, 196 Seiten. 1959. Ganzleinen (Supplement-Serie A [Texte] Band 2)

Alfred Cammann

Westpreußische Märchen Groß-Oktav. VIII, 357 Seiten. 1961. Ganzleinen (Supplement-Serie A [Texte] Band 3)

Warren E. Roberts

The Tale of the Kind and the Unkind Girls Aa-Th. 480 and related tales Groß-Oktav. VIII, 164 Seiten. 1958 (Supplement-Serie B [Untersuchungen] Band 1)

B. E. Perry

The Origin of the Book of Sindbad Groß-Oktav. IV, 94 Seiten. 1960 (Sonderdruck aus Fabula Band III, 1959)

WALTER

DE

GRUYTER & CO / BERLIN W 30