Care Monitor 2022: Das Branchenbarometer der Pflegewirtschaft
 9783748606345

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
1. VORWORT
2. ZUSAMMENFASSUNG (MANAGEMENT SUMMARY)
3. TRENDS IN DER PFLEGE
4. FOKUSTHEMA: PERSONAL
5. FOKUSTHEMA: WIRTSCHAFTLICHKEIT
6. FOKUSTHEMA: DIGITALISIERUNG
7. FOKUSTHEMA: IMMOBILIEN
8. NACHHALTIGKEIT UND ESG-REGELN
9. ZENTRALE HANDLUNGSFELDER FÜR DIE PFLEGEBRANCHE
10. FAZIT UND AUSBLICK

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CARE Monitor 2022 Das Branchenbarometer der Pflegewirtschaft REIHE WHITEPAPER

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CARE MONITOR 2022 2022 VINCENTZ BRANCHENBAROMETER DER PFLEGEWIRTSCHAFT WHITEPAPER

I N H A LT S V E R Z E I C H N I S Was bewegt die Pflegewirtschaft im dritten Corona-Jahr? Eine Studie von CARE INVEST und Roland Berger

1.

Vorwort 



Matthias Ehbrecht, CARE INVEST

2.

Zusammenfassung (Management Summary) 



Oliver Rong / Vanessa Bähner/ Peter Magunia /Janes Grotelüschen, Roland Berger

3.

Trends in der Pflege



– Top-Thema Fachkräftemangel – Regulative Eingriffe weniger relevant

4.

Fokusthema Personal 





– Personalmanagement als zentrale Managementaufgabe – Impfpflicht verschärft Fachkräftemangel – Arbeitgebermarke als wesentlicher Faktor im Recruiting – Moderate Risiken durch Einführung der Tarifpflicht

5.

Fokusthema Wirtschaftlichkeit 



– Defizite trotz steigender Umsatzprognosen erwartet – Neue Möglichkeiten durch das StaRUG – Blick in die Zukunft – Maßnahmen zur Erlössteigerung – Potenziale zur Kostensenkung



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6.

Fokusthema Digitalisierung 



– Rückläufige Investitionen – Realisierung administrativer Potenziale – Standardisierung als zentrale Herausforderung

7.

Fokusthema Immobilie 



– Investitionsvolumen bleibt konstant – Sanierung statt Neubau

8.

Fokusthema Nachhaltigkeit und ESG-Regeln



– Steigerung der Arbeitgeberattraktivität durch ESG – Projektverzögerung durch Änderung der Förderrichtlinien

9.

Zentrale Handlungsfelder für die Pflegebranche 

27

10.

Fazit und Ausblick 

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1. VORWORT

Matthias Ehbrecht CARE INVEST Chefredakteur

Einmal mehr sind die Ergebnisse des CARE Monitor von CARE INVEST und der Unternehmensberatung Roland B­ erger geprägt von den Herausforderungen der Corona-Pandemie. Doch die Antworten der über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Trägerschaften zeigen auch, dass die Branche gelernt hat, professionell damit umzugehen. Vor diesem Hintergrund ermöglicht es der CARE Monitor 2022 mit seiner aktuellen Datengrundlage Entscheiderinnen und Entscheidern, ihre Strategien und Entwicklungsmöglichkeiten für den Betrieb von Pflegeeinrichtungen in Deutschland zu vergleichen, zu analysieren und zu bewerten. Bei dem Vergleich der Ergebnisse mit denen der Vorjahre überrascht es nicht, dass die Befragten erneut den Fachkräftemangel als größte Herausforderung identifiziert haben. Damit wird ein erfolgreiches Personalmanagement zum zentralen Erfolgsfaktor für Angebote in der Pflege. Um diese Aufgabe jedoch zu lösen, bedarf es einer gemeinsamen Anstrengung von Unternehmen der Pflegewirtschaft sowie von Gesellschaft und Politik, um ein neues, zukunftsfähiges Bild von der Arbeit in der Pflege zu entwickeln. Die Moder­nisierung und Digitalisierung der Branche wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Matthias Ehbrecht CARE INVEST Chefredakteur

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2. ZUSAMMENFASSUNG (MANAGEMENT SUMMARY) Fokusthema Personal

Oliver Rong Senior Partner, Roland Berger T +49 (0) 40 37631 - 4423 E [email protected]

cc Der Fachkräftemangel ist das bestimmende Thema im Pflegebereich. Im Vergleich zu 2021 ist die Relevanz des Fachkräftemangels noch weiter gestiegen – rund 75 Prozent der befragten Einrichtungen geben an, dass sich die Situation seit 2021 weiter verschärft hat. Das Personalmanagement ist damit zu dem zentralen Erfolgsfaktor für Pflegeeinrichtungen avanciert. cc Zur Gewinnung von neuen Mitarbeitenden versuchen viele Einrichtungen ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen – durch den Mangel an Fachkräften werden Mitarbeitende zum wichtigsten Stakeholder des Unternehmens. cc Die Entwicklung und Kommunikation einer Arbeitgebermarke an Mitarbeitende ist ein zentrales Instrument für das Recruiting – dafür werden sowohl digitale wie auch wieder verstärkt klassische Marketingmaßnahmen eingesetzt.

Dr. med. Vanessa Bähner Principalin, Roland Berger T +49 (0) 160 744 - 3606 E [email protected]

cc Für die langfristige Bindung von Mitarbeitenden wird das Thema Work-Life Balance noch immer als ausschlaggebend angesehen – allen voran wird eine verlässliche Dienstplanung als wichtigste Maßnahme in diesem Bereich beschrieben.

Fokusthema Wirtschaftlichkeit cc Rund 49 Prozent der befragten Pflegeeinrichtungen erwarten in 2022 eine Umsatzsteigerung im Vergleich zum vorherigen Jahr – die Entwicklung zeigt, dass von einem Abflauen der Belastungen durch Corona ausgegangen wird.

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cc Trotz steigender Umsatzprognosen erwarten 31 Prozent der Befragten ein Defizit im Jahr 2022 – die Zahl der Einrichtungen mit neutralem Jahresergebnis reduziert sich zudem. cc Wesentlicher Kostentreiber für die Unternehmen sind hohe Personalkostensteigerungen von 6,8 Prozent, welche für das Jahr 2022 erwartet werden. cc Für die Refinanzierung der Pflegepersonalkosten wird der Einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE) in 2022 um 150 bis 200 Euro steigen – dabei gehen die Befragten davon aus, dass dies nur 81 Prozent der Personalkostensteigerungen refinanziert, es verbleibt eine Deckungslücke. Dr. med. Peter Magunia Senior Partner, Roland Berger T +49 (0) 160 744 - 3587 E [email protected]

Fokusthema Digitalisierung cc Die Zielstellungen der Digitalisierung innerhalb der Pflege sind aktuell noch immer auf die Weiterentwicklung und Stärkung des Unternehmens ausgerichtet – digitale Maßnahmen zielen dabei insbesondere auf die Vereinfachung von bestehenden administrativen Prozessen ab. cc Zur Umsetzung dieser Zielstellungen werden jährlich zwischen zwei bis fünf Prozent des Umsatzes in digitale Maßnahmen investiert – dabei geben 48 Prozent der befragten Einrichtungen an, dass dieser Betrag nicht ausreicht.

Janes Grotelüschen Partner, Roland Berger T +49 (0) 160 744 - 8542 E [email protected]

cc Die Akzeptanz für digitale Lösungen auf Seiten der Bewohner und der Mitarbeitenden ist seit Beginn der erstmaligen Erhebung konstant gestiegen, von beiden Akteuren ist folglich nicht von einer Verhinderung der digitalen Transformation auszugehen.

Fokusthema Immobilie cc Die Eigentumsverhältnisse innerhalb der Pflegeimmobilien sind von einer hohen Stabilität und Planbarkeit geprägt – ca. ein Drittel der Unternehmen sind dabei alleiniger Eigner der genutzten Immobilien.

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cc Die Investitionen in die Immobilien belaufen sich in der Regel auf fünf bis zehn Prozent des Umsatzes und werden insbesondere vor dem Hintergrund Steigerung und Erhaltung der Bewohnerattraktivität durchgeführt. cc Bei den Investitionen setzt sich der Trend fort, dass eher in Bestandsimmobilien als in Neubauten investiert wird – die Gründe für die Entwicklung können zum einen in der zu geringen Verfügbarkeit von Bauland liegen, aber auch in zunehmenden Anreizen für die Sanierung.

Fokusthema Nachhaltigkeit und ESG-Regeln cc Die Umsetzung von ESG-Regelungen erfolgt insbesondere mit der Zielsetzung der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität. cc Die Realisierung von Einsparungspotenzialen und die Generierung eines wirtschaftlichen Vorteils durch die Maßnahmen wird durch die Unternehmen zunehmend kritisch hinterfragt. cc Durch die Einschränkung der KfW-Fördermaßnahmen im Bereich der Energieeffizienz, werden Verzögerungen in den bereits angestoßenen Bauprojekten erwartet.

Oliver Rong Senior Partner, Roland Berger

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3. TRENDS IN DER PFLEGE Der CARE Monitor 2022 stand erneut ganz im Zeichen der COVID-19-Pandemie, welche die Pflegebranche, die Bewohner mit ihren Angehörigen und die Mitarbeitenden besonders stark betroffen hat. Die im Jahr 2020 erstmals publizierte Studie untersucht auf jährlicher

Basis den Status quo der Pflegeeinrichtungen in Deutschland und wirft einen Blick in die Zukunft. Die Grundlage für die Analyse bildet neben den historischen Datenerhebungen die diesjährige Befragung von 230 Unternehmen aus der Pflegebranche.

Wie stark schätzen Sie die Auswirkung der folgenden Trends auf Ihr Haus ein? 1 2

3

Entwicklung seit 2021

Rang 1 (sehr gering)

(sehr hoch) 6 5,0

1 Fachkräftemangel 4,3

2 Regulierung durch den Bundesgesetzgeber 3 Kosten- und Effiziensdruck

4,2

4 Demografische Entwicklung

4,2 4,0

5 Regulierung durch den/die Landesgesetzgeber

3,9

6 Digitalisierung Geschäftsprozesse 3,5

7 Ambulantisierung pflegerischer Leistungen 8 Konsolidierung des Marktes

3,4

9 Investitionswettbewerb

3,4 3,2

10 Qualitätswettbewerb

3,0

11 Internationalisierung des Marktes Skala: 1 (sehr gering) – (sehr hoch) 6

positive Entwicklung

neutrale Entwicklung

Abb. 1 

negative Entwicklung

Quelle: Roland Berger

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Top-Thema Fachkräftemangel

Regulative Eingriffe weniger relevant

Zunächst wirft die Studie einen Blick auf die elf wichtigsten Trends des Pflegesektors und analysiert, wie sich diese im dritten Corona-Jahr verändert haben (vgl. Abb.1).

Dagegen haben nahezu alle anderen Trends im Vergleich zu den Vorjahren an Relevanz verloren. Insbesondere regulative Eingriffe durch den Bundesgesetzgeber oder die Landesgesetzgeber werden als weniger relevant wahrgenommen als zuvor. Auch Themen wie die Ambulantisierung von Leistungen spielen trotz politischer Unterstützung eine weniger wichtige Rolle, genauso wie der Investitionsund Qualitätswettbewerb. Lediglich die Internationalisierung des Marktes – auf Platz Elf das Schlusslicht der wichtigsten Trends der Pflegebranche – konnte etwas an Bedeutung zulegen.

Auch 2022 bleibt der Fachkräftemangel das dritte Jahr in Folge der dominierende Trend der Pflegebranche. Auf einer Skala von Eins („Sehr geringe Auswirkungen“) bis Sechs („Sehr hohe Auswirkungen“) steht dieser Aspekt mit einem Wert von 5,0 mit Abstand auf Platz Eins und ist damit nochmals in seiner Bedeutung gewachsen. Dies unterstreicht die dominierende Rolle dieses Trends im Vergleich zu allen anderen Entwicklungen. In etwa gleich geblieben sind die Bedeutung des Kosten- und Effizienzdrucks sowie der demografischen Entwicklung, die sich auf Platz Drei und Vier bewegen.

4. FOKUSTHEMA: PERSONAL Personalmanagement als zentrale Managementaufgabe

Wie die Trendanalyse zeigt, bleibt das Thema Personal die mit Abstand größte Herausforderung und bildet damit den zentralen Erfolgsfaktor für die Pflegebranche. Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden in der Pflege verschärft sich zunehmend.

In der Umfrage 2022 (vgl. Abb. 2) sehen 73 Prozent der Befragten eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels gegenüber dem Vorjahr – dies ist ein Anstieg um 13 Prozent-Punkte. Dieses Ergebnis macht mehr als deutlich, dass erfolgreiches Personalmanagement eine Top-Managementaufgabe darstellt, 10

VINCENTZ NET WORK | ROLAND BERGER | CARE MONITOR 2022

Wie hat sich der Fachkräftemangel im Vergleich zum Vorjahr entwickelt?

3%

24 %

7%

+ 13 Prozentpunkte

33 % 60 %

73 %

CARE Monitor 2021

Zunahme

CARE Monitor 2022

konstante Entwicklung

Reduktion

Abb. 2 

Quelle: Roland Berger

Impfpflicht verschärft Fachkräftemangel

die sich zum wichtigsten Erfolgsfaktor für die Zukunft von Pflegeeinrichtungen entwickelt hat.

Die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für das Pflegepersonal, die zum 15.3.2022 in Kraft getreten ist, wird – so die Einschätzung der Befragten – den Fachkräftemangel noch weiter verschärfen. Die Befragten rechnen mit einem Personalverlust in Höhe von rund sechs Prozent (vgl. Abb. 3). Zudem geben etwa 13 Prozent der Pflegeeinrichtungen an, die Impfpflicht nicht umsetzen zu können.

Nach den Ergebnissen der Studie hängt die Wahrnehmung des Fachkräftemangels auch von der Größe der Unternehmen ab: Je mehr Pflegekräfte eine Einrichtung beschäftigt, desto höher ist die Relevanz des fehlenden Personals. Zudem wird der Mangel an Pflegekräften von 84 Prozent der Befragten als das zentrale Wachstumshindernis wahrgenommen. Dies gilt sowohl über die Regionen als auch über die verschiedenen Unternehmensgrößen hinweg. Auffällig ist jedoch, dass die negativen Auswirkungen in Ostdeutschland als weniger stark empfunden werden.

Dabei bestehen deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Größe und der Region der Einrichtungen. So stellt die Umsetzung der Impfpflicht besonders ostdeutsche und kleine Einrichtungen vor große 11

VINCENTZ NET WORK | ROLAND BERGER | CARE MONITOR 2022

Werden Sie die Impfpflicht zum 15.03. in Ihrem Haus umsetzen? 6,2 %

Region Deutschland

4,1 %

7,6 %

5,2 %

7,5 % 20,0 %

17,0 %

Anteil Pflegeeinrichtung ohne Impfpflichtumsetzung (in %)

13,3 %

Größe1)

7,0 %

6,8 %

Nord

Süd

West

Ost

8,2 %

4,7 %

5,3 %

4,4 %

7,3 %

4,7 %

5,2 %

51–100 Vollzeitkräfte

100–500 Vollzeitkräfte

>500 Vollzeitkräfte

23,4 %

500 Vollzeitkräfte

Skala: 1 (sehr gering) – 6 (sehr hoch)

Abb. 5 

Quelle: Roland Berger

5. FOKUSTHEMA: WIRTSCHAFTLICHKEIT Defizite trotz steigender Umsatzprognosen erwartet

Das Thema Wirtschaftlichkeit spielt für die Zukunft der Unternehmen in der Pflegebranche eine entscheidende Rolle. Im dritten Corona-Jahr scheinen sich die negativen Effekte der Pandemie auf die Umsatzentwicklung abzuschwächen. Viele Pflegeeinrichtungen gehen von einer Normalisierung auf Vor-Covid-Niveau aus.

So erwartet fast jedes zweite befragte Unternehmen für 2022 eine Umsatzsteigerung im Vergleich zum Vorjahr (vgl. Abb. 6). Doch trotz der positiven Erlöserwartungen geht mehr als ein Drittel der Pflegeeinrichtungen davon aus, im Jahr 2022 ein Defizit zu erwirtschaften – der höchste Stand seit der ersten Auflage des CARE Monitors. Damit scheint sich der leichte Abwärtstrend innerhalb des Pflegesektors im Zeitverlauf stetig fortzusetzen. Während von 15

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Welche Umsatzentwicklung erwarten Sie und welche Ergebnisentwicklung erwarten Sie dabei? Umsatzentwicklung

13 %

31 %

36 %

30 %

Rückgang

31 %

keine Veränderung

49 %

Anstieg

39 %

29 %

31 %

35 %

2019

2020

2021

HR 2022

23 %

21 %

27 %

31 %

Defizit

31 %

27 %

24 %

ausgeglichen

46 %

48 %

46 %

44 %

Überschuss

2019

2020

2021

HR 2022

57 %

Ergebnisentwicklung

20 %

31 %

Abb. 6 

Quelle: Roland Berger

2019 bis heute der Anteil der Einrichtungen mit einem ausgeglichenen Ergebnis um sieben Prozentpunkte gefallen ist, stieg gleichzeitig die Anzahl der defizitären Unternehmen um acht Prozentpunkte an.

öffentlich und ohne Insolvenz – in einen Restrukturierungsplan einbeziehen möchten. Ausgenommen sind allerdings Forderungen betreffend Arbeitnehmern, Pensionsverpflichtungen sowie aus Delikten. Kern der neuen Vorschrift ist der Restrukturierungsplan. Dabei geht es um eine Art Vergleich mit den Gläubigern, mit dem Pflegeeinrichtungen einen Schuldenschnitt (inklusive Sicherungsrechte) vereinbaren können. Im Gegensatz zur Insolvenz existiert kein Recht zur Vertragsbeendigung. Allerdings kann mit einem gut ausgearbeiteten Restrukturierungsplan die Zustimmung der Gläubiger erreicht werden. Auf diese Weise wird die Bestandsfähigkeit des Unternehmens, auch für die Gläubiger, gesichert. Der große Vorteil

Neue Möglichkeiten durch das StaRUG Für Pflegeeinrichtungen, die in eine finanzielle Schieflage geraten, aber noch nicht zahlungsunfähig sind, hat der Gesetzgeber eine neue Möglichkeit der Restrukturierung geschaffen: das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). Mit den Instrumenten des StaRUG können auch Unternehmen des Pflegesektors selbst bestimmen, welche ihrer Gläubiger sie – nicht 16

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ist, dass nicht alle Gläubiger zustimmen müssen. Eine Mehrheit von 75 Prozent in jeder Gläubigergruppe ist ausreichend. Einzelne Gläubiger, die gegen den Plan opponieren, können unter weiteren Voraussetzungen des StaRUG überstimmt werden.

erwarten, dass sich das Umfeld für die Pflegeeinrichtungen bis 2027 weiter verschlechtern wird (vgl. Abb. 7) – eine Steigerung von zwölf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und der stärkste Sprung seit Start dieser Studie. Dabei sehen Unternehmen in privater Trägerschaft die Entwicklung in den kommenden Jahren noch einmal kritischer als der Gesamtmarkt – insbesondere bedingt durch die künftigen Auswirkungen steigender Personalkosten.

Blick in die Zukunft Die wirtschaftliche Entwicklung dürfte sich im Laufe der nächsten fünf Jahre noch weiter verstärken. Rund 65 Prozent der Befragten

Wie schätzen Sie allgemein die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation von Pflegeeinrichtungen in den kommenden 5 Jahren ein? Entwicklung

Art der Trägerschaft

Verbesserung 22 %

23 %

17 %

16 %

12 %

privat

nicht privat

Ausgeglichen 25 %

Verschlechterung

CARE Monitor 2020

52 %

CARE Monitor 2021

25 %

18 %

65 %

53 %

12 %

21 %

privat

nicht privat

71 %

64 %

privat

nicht privat

CARE Monitor 2022

Abb. 7

Quelle: Roland Berger

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Doch ob diese Prognosen tatsächlich so drastisch und übergreifend eintreffen wie befürchtet, bleibt zunächst einmal abzuwarten. Schließlich spricht die demografische Entwicklung für eine steigende Zahl an Pflegebedürftigen, welche die Nachfrage nach Dienstleistungen im Pflegesektor zweifelsohne weiterwachsen lässt.

Entwicklung von Pflegeeinrichtungen. Dabei hat sich der Markt für Pflegekräfte durch den Fachkräftemangel schon lange zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Infolge des verschärften Wettbewerbs sind die Gehälter konstant gestiegen. Diese Entwicklung schreitet weiter voran und erhöht den Druck auf die Branche. So ist die Personalkostensteigerungsrate aus dem CARE Monitor 2021, die sich mit einem Wert von 6,2 Prozent bereits auf einem sehr hohen Niveau befand, in der aktuellen Befragung

Hauptfaktor Personalkosten Die Personalkosten sind der wesentlichste Einflussfaktor für die wirtschaftliche

Welche Personalkostensteigerung für Pflegekräfte erwarten Sie gegenüber dem Vorjahr und in den nächsten 5 Jahren?

6,2 %

CARE Monitor 2021

81 % 6,8 %

CARE Monitor 2022

Anteil refinanziert

150 – 200 Euro Die Personalkosten in der Pflege werden zukünftig stark steigen

EEE Steigerung

5,8 %

in den nächsten 5 Jahren p. a.

Abb. 8

Quelle: Roland Berger

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nochmal angestiegen auf 6,8 Prozent (vgl. Abb. 8).

einer weiteren Zunahme der Personalkosten um 5,8 Prozent pro Jahr.

Das hat erhebliche Auswirkungen auf den Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Dieser Wert beschreibt den Anteil an den Pflegekosten in Pflegeheimen, der über die Leistungsbeträge der Pflegekasse hinausgeht und von den Bewohnern einer Pflegeeinrichtung selbst bezahlt werden muss. Neben dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil für die Pflege werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten durch die Pflegebedürftigen selbst getragen.

Maßnahmen zur Erlössteigerung Zur Kompensation der Kostensteigerungen wird in der Breite weiterhin vor allem auf Preissteigerungen im bestehenden Angebot gesetzt. Dies hat in den vergangenen Jahren auch zu einem durchschnittlichen Anstieg des EEE um 11,7 Prozent pro Jahr geführt. Die Verhandlung höherer Preise bleibt auch 2022 der unangefochtene Spitzenreiter auf der Liste der elf wichtigsten Maßnahmen zur Erlössteigerung. Zudem hat die Vermarktung von zusätzlichen Services außerhalb der pflegerischen Tätigkeit, die den dritten Platz belegt, dieses Jahr an Bedeutung gewonnen.

Da die Zuschüsse der Pflegekasse zu den Pflegekosten fixiert sind, können gestiegene Personalkosten ausschließlich über einen erhöhten EEE abgebildet werden.

Als zunehmend attraktiver Markt wird auch die Erweiterung von Kurzzeitpflegekapazitäten (Rang Neun) gesehen. Dies resultiert besonders aus der Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG).

Um die gestiegenen Pflegepersonalkosten zu refinanzieren, gehen die Befragten in 2022 von einer durchschnittlichen Steigerung des EEE zwischen 150 und 200 Euro. aus, Das entspricht einem Plus von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig wird erwartet, dass diese Steigerung des EEE lediglich ausreicht, um einen Teil der Personalkostensteigerung (81 Prozent) abzudecken.

Dagegen hat die Steigerung der Auslastung (Rang Zwei) gegenüber 2020 etwas an Relevanz verloren. Auch die Verschiebung des Leistungsportfolios hin zu anderen Pflegeleistungen – wie etwa Betreutes Wohnen, Tagespflege oder Wohngemeinschaften – wird immer weniger relevant. Vielmehr nimmt das Premiumsegment des Wohnens im Alter jetzt eine wichtigere Rolle ein.

Das dürfte weitere negative Effekte auf die Wirtschaftlichkeit der Pflegeeinrichtungen zur Folge haben. Auch in naher Zukunft ist keine Besserung der Situation in Sicht. Für die kommenden fünf Jahre rechnet die Branche mit

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Alles in allem sehen insbesondere erfolgreiche Unternehmen, die im Jahr 2021 einen Überschuss erzielt haben, die Verhandlung von höheren Preisen als wesentliche Maßnahme zur Erlössteigerung.

Konditionen zu erzielen und so die Ausgaben zu reduzieren. Dagegen verlieren andere Einsparpotenziale wie Finanzierungskosten (Rang Zwei) deutlich an Bedeutung im Zeitverlauf. Die Mietbelastung bewegt sich unverändert auf dem dritten Platz. Der Kostenblock Personal – sonstiges Personal Rang Vier, Pflegepersonal Rang Fünf – wird vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels nicht mehr als wesentliches Handlungsfeld genannt.

Zusätzliche Services vor allem bei großen Unternehmen Darüber hinaus lohnt sich ein detaillierterer Blick auf das Angebot von zusätzlichen Services außerhalb von pflegerischen Leistungen, das als Selbstzahlermarkt besonders attraktiv ist. Hier zeigt sich, dass die wahrgenommene Relevanz dieses Segments zur Erlössteigerung stark variiert in Abhängigkeit von der Region, Trägerschaft und Größe des Unternehmens.

Erfolgreiche Unternehmen reduzieren Sachkosten Weitere aufschlussreiche Erkenntnisse ergeben sich, wenn man die Einschätzung der Einsparpotenziale nach Unternehmen abgleicht, die 2021 einen Überschuss, ein ausgeglichenes Jahresergebnis oder ein Defizit erzielt haben. So sehen erfolgreiche Unternehmen insbesondere im Bereich der Sachkosten weitere Kostensenkungspotenziale. Defizitäre Unternehmen erwarten zwar in diesem Bereich ebenfalls positive Effekte, sehen aber gleichzeitig einen großen Hebel bei den Mietbelastungen.

So nehmen insbesondere große Unternehmen privater Träger in West-Deutschland zusätzliche Services als zentralen Faktor zur Erlössteigerung war. Dagegen wird in Ost-Deutschland die Relevanz dieser Maßnahme stark angezweifelt.

Potenziale zur Kostensenkung bei Sachkosten Neben der Erlössteigerung kommt auch der Kostenreduktion eine entscheidende Bedeutung zu. Auf der Top 5 Liste der wichtigsten Maßnahmen steht der Bereich Sachkosten an erster Stelle. Hier werden bereits erste Tendenzen zur Gruppenbildung oder Einkaufsgemeinschaften sichtbar, um günstigere

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6. FOKUSTHEMA: DIGITALISIERUNG Rückläufige Investitionen bei der Digitalisierung

Die Digitalisierung ist ein entscheidender Faktor für die Pflegebranche, nicht nur um die Produktivität und Effizienz zu erhöhen. Richtig eingesetzt hilft sie, die Pflegekräfte und das Management von aufwendigen Routinetätigkeiten zu entlasten und mehr Zeit für die Betreuung der Patienten und Bewohner verfügbar zu machen.

Wie im Vorjahr geben 90 Prozent der befragten Unternehmen an, Digitalisierungsmaßnahmen umzusetzen. Allerdings erweisen sich knappe Finanzmittel zunehmend als Engpass. So ist der Anteil der Unternehmen, für die ihr aktuelles Investitionsbudget

War Ihr aktuelles Budget für die Investition ausreichend und wie hoch ist es gewesen? War Ihr Budget ausreichend?

nein

ja

44 %

56 %

2020

43 %

57 %

2021

Geplante Investitionen 2022

Delta zu 2021

35 %

+2 Prozentpunkte

2–5% des Umsatzes

48 %

+3 Prozentpunkte

>5% des Umsatzes

16 %

–5 Prozentpunkte