Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse) [2. Aufl. Reprint 2018] 9783111649498, 9783111266084

149 55 5MB

German Pages 53 [60] Year 1905

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse) [2. Aufl. Reprint 2018]
 9783111649498, 9783111266084

Table of contents :
Abkürzungen
Inhaltsverzeichnis
I. Kapitel: Allgemeine Vorschriften
II. Kapitel: Einzelne Schuldverhältnisse

Citation preview

Grundriß des

gesamten deutschen NechteS in Einzelausgaben von

Paul Posrner.

2. Band.

Ärgerliches Recht (Schuldverhaltnisse).

Zweite Auflage.

Berlin 1905.

I. Guttentag, Uerlagsbuchhan-lung, G. m. b. H.

Abkürzungen. Abs. = Absatz. ALR. = allgemeines Landrecht (Preußen). Ausf- = Ausführungsgesetz zu.............. B — Bürgerliches Gesetzbuch. Band — Band des Grundrisses. C — Strafprozeßordnung. D = Digesten. Eins- — Einführungsgesetz zu.............. G — Gerichtsverfassungsgesetz. Gew — Gewerbeordnung. Gru — Grundbuchordnung. H — Handelsgesetzbuch. JRA — Jüngster Reichsabschied. K = Konkursordnung. Nr. — Nummer, vreuß = preußisch. . . . E — Reichsverfassung. S = Strafgesetzbuch. SG. — senatus consultum. sc. = saeculum. Ssp — Sachsenspiegel. Swsp — Schwabenspiegel. V = Verfassung. W — Wechselordnung, vgl. — vergleiche, w. o. — weiter oben, w. u. — weiter unten. Z — Zivilprozeßordnung. Anftagen, Berichtigungen, Kritiken, Vorschläge für Verbesserungen werden an die Adresse der Verlagsbuchhandlung oder direkt an den Ver­ fasser (Dr. jur. Paul Posener in Charlottenburg 4, 47 Schlüterstr. Hoch­ parterre) erbeten.

Inhaltsverzeichnis I. Kapitel:

Allgemeine Vorschriften. § 1.

Seite

Inhalt der Schuldverhältnisse............................................................. 1 I. Anordnung 1. II. Schuldverhältnis 1. III. Gegenstand 3. IV. Inhalt 4. V. Schadensersatz 7. VI. Andere Letstungsgegenstände 9. VII. Leistung durch Dritte 9. VIII. Beneficium competentiae 10. IX. Ort der Leistung 10. X. Zeit der Leistung 10. XI. Zurückbehaltungsrecht 11. XII. Unmöglichkeit 12. XIII. Formen des Verschuldens 13. XIV. Zufall. Gefahr, höhere Gewalt 15. XV. Verzug 15.

§

2. Schuldverhältnisse aus Verträgen.............................................................16 I. Begründung und Inhalt 16. II. Gegenseitiger Vertrag 17. III. Versprechen der Leistung an einen Dritten 18. IV. Draufgabe und Vertragsstrafe 19. V. Rücktritt 20.

§

3. Erlöschen der Schuldverhältnisse............................................................ 22 I. Endigungsgründe 22. II. Erfüllung 22. III. Hinterlegung 23. IV. Aufrechnung 24. V. Erlaß 26. VI. Endigungsgründe nach römischem und gemeinem Rechte 26.

§

4. Übertragung der Forderung.................................................................. 27

§

5. Schuldübernahme........................................................................................... 28

§

6. Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern.................................... 29

II. Kapitel.

Einzelne Schuldverhältnisse. §

7. Einteilungsprinzipien............................................................................... 31 1. Titel: Kauf 82, Tausch.......................................................* 36 2. „ : Schenkung................................................................................36 3. „ : Miete 38,Pacht......................................................................41 4. „ : Leihe............................................................................................42 6. „ : Darlehen.................................................................................... 42 6. „ : Dienstvertrag......................................................................... 43

Inhaltsverzeichnis. Seite

7. Titel: Werkvertrag.................................................................44 8. „ : Mäklervertrag........................................................... 44 9. „ : Auslobung.....................................................................46 10. „ : Auftrag.......................................................................... 46 11. „ : Geschäftsführung ohne Auftrag............................... 46 12. „ : Verwahrung.....................................................................46 13. „ : Einbringung von Sachen beiGastwirten ... 47 14. „ : Gesellschaft..................................................................... 47 16. „ : Gemeinschaft................................................................48 16. „ : Leibrente.......................................................................... 49 17. „ : Spiel, Wette................................................................49 18. „ : Bürgschaft......................................................................60 19. „ : Vergleich..........................................................................60 20. „ : Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis . ' . . 60 21. „ : Anweisung..................................................................... 60 22. „ : Schuldverschreibung auf den Inhaber .... 61 23. „ : Vorlegung von Sachen............................................... 51 24. „ : Ungerechtfertigte Bereicherung.....................................61 26. „ : Unerlaubte Handlungen............................................... 62

I. Kapitel:

Allgemeine Vorschriften. § 1. Inhalt -er Schul-verhültnijse. I. Die Anordnung der einzelnen Bücher des B weicht vom üblichen Pandektensysteme (Band 1 7 unter III 1 c) ab, da das Recht der Schuldverhältnisse an die zweite Stelle gesetzt ist. 1. Frgalordnung des zweiten Buches des B. Erster Abschnitt: Inhalt der Schuldoerhältniste. Erster Titel: Verpflichtung zur Leistung. B 241 bis 292. Zweiter Titel: Verzug des Gläubigers. B 293 bis 304.

Zweiter Abschnitt: Schuldoerhältniste aus Verträgen. Erster Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags. B ros bis 319. Zweiter Titel: Gegenseitiger Vertrag. B 320 bis 327. Dritter Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten. B 328 bis 335. Vierter Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe. B 336 bis 345. Fünfter Titel: Rücktritt. B 346 bis 361.

Dritter Abschnitt: Erlöschen der Schuldvrrhältniste. Erster Titel: Erfüllung, ß 362 bis 371. Zweiter Titel: Hinterlegung. B 372 bis 386. Dritter Titel: Aufrechnung. B 387 bis 396. Vierter Titel: Erlast. „B 397.

Vierter Abschnitt: Übertragung der Forderung. B 898 bis 413. Fünfter Abschnitt: Schuldiibernnhmr. B 414 bis 419. Sechster Abschnitt: Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern. B 420 bis 432. Siebenter Abschnitt: Einzelne Schuldverhältnisse. B 433 bis 843. 2. Meratur: v. Savigny, Obligationenrecht; Windscheid-Kipp Band 2; Dernburg Band 2; Köhler Band 2; Gndrwann Band 2; Kommentare von Planck (Band 2), Oertmann. II. Schuldverhältnis ist das rechtliche Verpflichtungsverhältnis zweier Personen, das die eine Person (den Gläubiger) berechtigt, von der anderen (dem Schuldner) eine Leistung m fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. 1. Geschichtliche Entwickelung des Begriffes. a) Römisch: siehe Band 18 26;

b) Deutsch: Forderung und Schuld werden nicht einheitlich, sondern getrennt betrachtet; daher ist Singularsukzessiou und unmittelbare Stellvertretung stets möglich. c) «LR: siehe Band 21 36.

2. Gegensatz von persönlichem und dinglichem Rechte. a) Das Schuldverhältnis (persönliches Recht) wirkt von Person zu Person; nicht das gerade vorhandene Vermögen des Schuldners, sondern er selbst, mit seinem ganzen' Können, wird verpflichtet. Der gegen ihn mögliche Zwang wird durch die Klage ausgeübt,

2

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse). kann also nicht mehr Sachen ergreifen, die zur Zeit der Voll­ streckung bereits anderen dinglich gebunden sind. b) Das Sackenrecht (dingliches Recht, ius in re) ergreift unmittelbar eine fr emo e Sache; der Berechtigte ist unmittelbar an dieser Sache berechtigt und kann stets aus ihr sich befriedigen; sein Schutz be­ steht in der Regel im Krsttzr. c) Das ins ad rem ist ein gemischt-dingliches Recht, das ursprünglich obligatorisch wirkt (also nur gegen gerade diesen Verpflichteten), aber stärker als das gewöhnliche obligatorische Recht auch gegen Dritte sich richtet. Der Dritte bestimmt sich nach der Jnnehabung einer Sache, ohne daß jedoch der Berechtigte an die Sache selbst sich halten dürfte; siehe Band 21 29. Beispiele des ius ad rem im B: a) Der Vermieter kann nach B 556, Abs. 3, die Mietssache auch von einem Dritten zurückfordern.

ß) Der Verleiher kann nach B 604, Abs. 4, die geliehene Sache auch von einem Dritten zurückfordern.

r) Der Vorlegungsanspruch besteht gemäß B 80» gegen jeden Besitzer einer Sache. ö) Der HerauSgabeanspruch in B 822 ist auch gegen unentgeltlich bereicherte Dritte gegeben.

3. Erzwingvarkeit der Schuldverhältnisse: grundsätzlich kann aus jedem Schuldverhältnisse auf Erfüllung geklagt werden. Da­ gegen ist Naturalobligation (natürliche Verbindlichkeit) ein Schuld­ verhältnis, das zwar erfüllbar, aber nicht klagbar ist. a) Römisch: is natura debet, quem iure gentium dare oportet, cuius fidem secuti sumus. Keispielr: Verträge der Haus­ kinder und der Sklaven untereinander, Gelddarlehen der Haus­ kinder (SC. Macedonianum). b) Gemeinrechtliche Theorieen über die Naturalobligation: o)

v. Savigny, Puchta: sie sei eine Verpflichtung des ius gentium, die noch nicht zu voller Anerkennung sich durchgerungen habe;

ß) Windscheid: sie sei gemäß der natürlichen Auffassung entstanden: y) Dernburg: sie entspringe dem Gegensatze der bürgerlichen Gesellschaft und des Staates.

c) Natürliche Verbindlichkeit ist nicht ein Rechtsinstitut des B, sondern kasuistisch geregelt. Merkmale: wird etwas, das naturaliter geschuldet wird, geleistet, so ist die Rückforderung ausgeschlossen: soluti retentio; ein Zwang zur Leistung besteht nicht. «) Spiel, Wette und Ghemäklerlohn sind Natural­ obligationen; sie können nicht durch Anerkennung (ab­ straktes Schuldversprechen, Wechsel) klagbar gemacht oder durch Bürgschaft oder Pfand gesichert werden; ob ein solcher Fall vorliegt, ist von Amtsmegen zu prüfen. ß) Verjährung: eine verjährte Schuld ist nicht klagbar, aber erfüllbar: wird sie dennoch eingeklagt, so erfolgt Ver­ urteilung, falls nicht der Beklagte die peremtorische Uerjährungsrinre-r (Band 1 66) erhebt. Eine ver­ jährte Schuld kann aufs neue anerkannt und gesichert werden.

§ 1.

Inhalt der Schuldverhältnifse.

3

y) Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer aus den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, unterliegen nicht der Rückforderung und dem Widerrufe.

III. Gegenstand des Schuldverhiiltuisses ist alles, woran der Gläubiger ein rechtliches Interesse hat; das In­ teresse ist nicht notwendig gerade vermögensrechtlich. Der Gegenstand muß möglich, erlaubt und bestimm­ bar sein. 1. Bestimmbarkeit: ist die Leistung gern* unbestimmt oder in die Willkür des Schuldners gestellt, dann besteht eine Verbindlichkeit nicht; aber siehe B 315 bis 319 2. Oattungsschutd. wer eine nur der Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine Sache von mittlerer Art und Güte zu leisten. a) Gegensatz mm genus und species: a) bei der Gattnrrgsschttld (generischen Obligation) ist der Leistungsgegen­ stand nach Merkmalen bestimmt, die einer größeren Zahl solcher Gegen­ stände (der Gattung) eigen sind; ß) bei der Speziesschuld ist der Leistungsgegenstand durch Jndividualisierungsmerkmale aus der Gattung herausgehoben.

b) Die Konzentration der Gattungsschuld ist erfolgt, sobald nur noch ein bestimmtes Stück der Gattung verlangt werden kann. a) Römisch. genus perire non censetur. ß) Gemeinrechtliche Theorieen: AuSscheidungStheorie von Thöl: der Schuldner verwandle die Genusschuld in eine Speziesschuld, wenn er einseitig eine Genussache ausscheide und es dem Gläubiger mitteile, so daß dieser es wisse; bb) Ausscheidungstheorie von Regeltzberger: Ausscheidung und Ab­ sendung der Nachricht an den Gläubiger; cc) LicfcruugStheorte von Jhering, Köhler: Konzentration trete durch wirkliche Lieferung an den Gläubiger ein; dd) IndividualisierungSthcorie von Better: Konzentration trete durch Lieferung und (mindestens stillschweigende) Annahme deS Gläubigers ein. aa;

y) Nach B gilt Ersüllungstheorie: hat der Schuldner das zur Leistung der Gallungssache seinerseits Erforderliche getan, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf diese Sache. c) Geldschulden können sein: a) gewöhnliche Geldschulden sind in Währung zu zahlen; siehe Band 25 24; ß) Geldsortenschuld ist die in einer bestimmten Geldsorte zu zahlende Schuld. aa) Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Jnlande zu zahlen, so kann die Zahlung in Reichswährung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen ist. bb) Ist eine Geldschuld in einer bestimmten Münzsorte zu zahlen, die sich zur Zeit der Zahlung nicht mehr im Umlaufe befindet, so ist die Zahlung so zu leisten, wie wenn die Münzsorte nich t bestimmt wäre

y) Oeldstückeschuld ist eine Speziesschuld, z. B. Sterbetaler. 3. Wahlschuld (Alternativobligation) ist ein Schuldverhältnis, bei dem mehrere Leistungsgegenstände in obligatione sind, dagegen nur einer in solutione ist.

4

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse). a) Römisches Beispiel: pulatur.

qui Stichum

b) Die Wahlberechtigung Schuldner zu.

steht

nach

aut Pamphilum

sti-

B

dem

im

Zweifel

a) Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teile; diese Erklärung bewirkt, daß die gewählte Leistung als von Anfang an allein geschuldet gilt. ß) Verlust des Wahlrechtes: nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginne der Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder die andere Leistung richten; der Schuldner kann jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder zum Teil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner Verbindlichkeit sich befreien.

c) Wahlrecht des Gläubigers: ist der wahlberechtigte Gläubiger im Uerzuge, so kann der Schuldner ihn unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Vornahme der Wahl auffordern- mit dem Ablause der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl vornimmt. d) Wirkung der Unmöglichkeit: ist eine der Leistungen von An­ fang an unmöglich oder wird sie später unmöglich, so beschränkt sich das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen; die Be­ schränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung infolge eines Um­ standes unmöglich wird, den der nicht wahlberechttgte Teil zu vertreten hat. 4. Facnltas alternativa ist die Möglichkeit, den Leistungsgegen­ stand durch einen anderen zu ersetzen; hierbei ist in obligatione nur eine Sache, in solutione ebenfalls nur eine Sache; es kann jedoch statt dieser eine andere gegeben oder verlangt werden. Fälle der facultas alternativa: a) facultas alternativa des Schuldners: o) römisch: contractus aestimatorins (Rückgabe der vertrödelten Sache oder Zahlung der Trödelsumme), laesio enormis (Rückgabe der Ware oder Zuzahlung bis zum vollen Preise), Noxalklage (Schadensersatz oder Hingabe des Sklaven oder TiereS); ß) nach ß: Schadensersatz (Naturalrestitution oder bei unverhältnis­ mäßigen Kosten Geldersatz). GesckenkherauSgabe an den verarmten Schenker (oder Zahlung des Unterhaltes durch den Beschenkten).

b) facultas alternativa des Gläubigers: a) römisch: der Eigentümer kann Eintritt in den Kaufvertrag bei der Emphyteuse verlangen oder 2/s °/o- — Später: faenns seminnciarinm (die Hälfte hiervon). ß) Zinsverbote: das Zinsennehmen wurde verboten: aa) römischen Bürgern durch die lex Genucia 342 v. Chr.; bb) den Latinen durch die lex Sempronia 193 v. Chr.; cc) den Provinzialen durch die lex Gabinia 67 v. Chr.

y) Später wurden Zinsen erlaubt; ihre Berechnung erfolgt monatlich: centesimae nsurae, nach heutiger Berechnung 12%, ist das Zinsmaximum. Justiriian setzt das Maximum im allgemeinen auf 6er Schriftformel durch den Zusatz: in id quod (quatenus) facere polest beschrankt werden. 2. Dem Schenker und dem bonorum cessor (Band 10 22) mußte bet der Zwangsvollstreckung soviel Vermögen belassen werden, daß sie .ihren eigenen Lebensunterhalt hatten. 8. Weitere Fälle des beneficium competentiae: a) b) c) d)

socii gegeneinander: bei Geschäftsschulden mündiger Haussöhne; dem Gh ernannt gegenüber der actio rei uxoriae: den Soldaten.

4. Nach B gibt es in vereinzelten Fällen ein weitergehendes Recht: a) b) c) dj e)

Erfüllungsverweigerung des Schenker-, B 519, (einredeweise vorzubringen); Herausgabeverweigerung des Beschenkten, B 629, (einredeweise vorzubringend: Beschränkung des SchadenSersatzanspruchcs, B 829. (keine Einrede); Beschränkung der Nnterhalts-flicht, B 1679, 1603, 1608; Beschränkung der Aussteuerpflicht, B 1620.

IX. Ort der Leistung. 1. Mimisch: der Gläubiger kann nur da klagen, wo erfüllt werden sollte; klagt er an einem anderen Orte, dann wird er wegen plnris petitio (Band 8 19) abgewiesen; jedoch gilt Folgendes: a) bei intentio incerta erfolgt die Abweisung nicht; b) bei intentio certa kann der Gläubiger zur Vermeidung der Abweisung mit einer actio de eo quod certo loco dari oportet klagen; diese Klage ist die einzige arbiträre Klage (Band 8 16), die au; ein certum geht.

2. Nach B 269 kann der Leistungsort sein: a) vertraglich bestimmt, b) aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuld­ verhältnisses entnehmbar; c) kraft Gesetzes: der Ort, an dem der Schuldner zurzeit der Ent­ stehung des Schuldverhältnisses seinen Mohnsttz hatte. a) Bei Verbindlichkeiten, die im Gewerbebetriebe des Schuldners ent­

standen sind, tritt an die Stelle des Wohnortes des Schuldners der Ort seiner gewerblichen Niederlassung;

ß) durch Uebernahme der Versendungskosteu wird an sich noch nicht der Versendungsort zum Leistungsorte.

3.

Unterscheidung der Schulden nach dem Keiftungsorte: a) Holschulden sind Schulden, die der Gläubiger beim Schuldner holen muß, nämlich: a) grundsätzlich alle Schulden, bei denen nicht das Gegenteil vereinbart oder aus den Umständen -u entnehmen ist;

ß) Wechselschulden; r) Zahlungen aus öffentlichen Kaffe».

b) Krmgschuldrn sind Schulden, die der Schuldner überbringen oder übermitteln muß, nämlich: a) Schulden, bei denen dies vereinbart oder gewollt ist; ß) Geldschulden.

X, Zeit der Leistung: 1. römisch: quod sine die debetur, statim debetur.

§ 1.

11

Inhalt der Schuldverhältnisse.

2. a) b) c)

Leistungszeit nach ß 271 kann bestimmt werden: durch Urrtrag oder besondere Vorschrift; durch die Umstände; kraft Gesetzes: mangels a und b kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. d) Eine Befristung der Schuld gilt als im Interesse des Schuldners beigefügt, nämlich: a) der Gläubiger kann die Leistung nicht vor Fristablauf verlange»; ß) der Schuldner kann die Leistung vorher bewirken, ev. den Gläubiger durch Leistungsangebot m Verzug setzen.

3. Zwischenstufen sind Zinsen für die Zeit zwischen der vorzeitig bewirkten Leistung und dem Tage der ursprünglichen Fälligkeit. a) Berechnung der Zwischenzinsen wurde ursprünglich bei der Ausgleichung der Legate eingeführt; b) c)

Methoden zur Berechnung des Jnterusurium siehe Band 10 25; nach B 272 kann der Schuldner, der eine unverzinsliche Schuld Fälligkeit zahlt. Zwischenzinsen nicht abziehen.

vor der

XI. Zurückbehaltungsrecht ist Schuldners, der vom Gläubiger in obwohl er selbst gegen den Gläubiger 1. Uömisch: ursprünglich besteht ein

ein Sicherungsrecht des Anspruch genommen wird, Ansprüche hat. ins retentionis nicht; später wird Retention durch Geltendmachung der exceptio doli zugelassen. Fälle: a) b) c) d) e)

bei der rei vindicatio und hereditatis petitio wegen der impensae; beim pignus Gordiannm, siehe Band 3 . . ; für den Kommodatar; für den negotiorum gestor; für den bedingt bedachten Vermächtnisnehmer.

2. Gemeinrechtlich wird unterschieden: a) b)

einfaches Zurückbehaltungsrecht. qualifiziertes Zurückbehaltungsrecht

bewirkt bei dinglichen Ansprüchen Be­

freiung des Schuldners.

3. Mach AKK: Zurückbehaltungsrecht ist die Befugnis des Inhabers einer fremden Sache, sie solange in seiner Gewahrsam zu behalten, bis er wegen seiner Gegenforderung befriedigt ist. 4. Zurückbehaltungsrecht nach B 273: hat der Schuldner aus dem­ selben rechtlichen Verhältnisse, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnisse sich ein anderes ergibt, die geschuldete Keistung Verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. a) Wer zur Herausgabe eines Gegenstandes verpflichtet ist. hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegen­ stand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, daß er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat. b) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes durch Sicher­ heitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist aus­ geschloffen.

Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist. Posen er, Grundriß 2 (2. Stuft.).

2

12

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse).

Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzüge der Annahme ist. 6. Uergleichung des Zurückbehaltungsrechtes mit Ausrechnung und Pfandrecht. a) Zurückbehaltungsrecht ist die einredeweise geltend gemachte Zurückbehaltung der eigenen Leistung, um den klagenden Gläubiger zur Leistung seinerseits zu zwingen; die Wirkung ist also bedingte Verurteilung des zurückhaltenden Schuldners. — Ausrechnung ist die emredeweise Beseitigung des klägerischen Anspruches; sie bewirkt Abweisung des Klägers. b) Zurückbehaltungsrecht ist ein Mittel zur Herbeiführung der Befriedigung seitens des anderen Teiles. - Pfandrecht ist ein Recht auf Befriedigung aus der Pfandsache. 6. Zurückbehaltungsrecht nach H siehe Band 6 27.

XII. Unmöglichkeit l impossibilium nulla obligatio. A. Unmöglichkeit zur Zeit des Vertragsschlusses gemäß

B 306-309* 1. Ein auf

eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag

ist nichtig.

a) Ersatzpflicht: wer bei der Schließung eines Vertrages, der auf eine un­ mögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muh, ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den der andere Teil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut» jedoch nicht über den Betrag des negativen Interesses hinaus. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Teil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß. b) Dasselbe gilt, wenn die Leistung nur teilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen Teiles gültig ist, oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist.

2. Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit des Ver­ trages nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird. 3. Wird eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermines versprochen, so ist der Vertrag gültig» wenn die Unmöglichkeit vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins geüoben wird. 4. Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so finden die Vorschriften von B 307, 308 entsprechende Anwendung. B. Unmöglichkeit nach Entstehung der Verbindlichkeit gemäß

B 275-282. 1. Zu unterscheiden sind:

a) objektive Unmöglichkeit: der Leistungsgegenstand kann auf keine Weise mehr beschafft werden; ultra posse nemo obligatur. b) Unvermögen (subjektive Unmöglichkeit): der Leistungsgegenstand könnte be­ schafft werden, aber gerade der Schuldner kann ihn nicht beschaffen.

2. Uichtzurrertretende Unmöglichkeit: der Schuldner wird von der Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird. a) Surrogat: erlangt der Schuldner infolge des Umstandes, welcher die Leistung unmöglich macht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Emp­ fangenen oder Abtretung des Ersatzanspruches verlangen.

§ 1.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

13

b) Hat der Gläubiger Anspruch aus Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so mindert sich die ihm zu leistende Entschädigung um den Wert des geleisteten Ersatzes oder Ersatzanspruches.

3. Unvermögen, das nachträglich eintritt, steht einer nach der Entstehung des Schuldverhällnisses eintretenden Unmöglichkeit gleich; ist es also nicht zu vertreten, dann wird der Schuldner frei. a) Bei einer Speziesschnld gilt römisch: species perit ei, cui debetur; nach B 323 kein Anspruch auf Gegenleistung (siehe w. u. Seite 18). Genusschuld: ist der geschuldete Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden Nicht zur Last fällt. c) Ueber nachträgliche Unmöglichkeit bei gegenseitigen Verträgen siehe w. u. Seite 18.

b)

3. Zu vertretende Unmöglichkeit: a) Soweit die Leistung infolge eines von dem Schuldner zu vertretenden Um­ standes unmöglich wird. hat der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nicht­ erfüllung entstehenden Schaden zu ersetzen. b) Im Falle teilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger unter Ablehnung des noch möglichen Teiles der Leistung Schadensersatz wegen Nicht­ erfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen, wenn die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat. c) Der Gläubiger hat ev. ein NücktrittSrecht gemäß B 346-356.

ein

4. UertretdarKeit Kersthulden trifft.

der Unmöglichkeit besteht, wenn den Schuldner

6. Hrwrislast: ist streitig, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.

XIII. Formen des Verschuldens: A. Römisch: stehe Band 18 26. 1. dolus (Vorsatz) ist immer zu vertreten. 2. culpa (Fahrlässigkeit) kommt vor als: a) culpa in abstracto, d. i. die Außerachtlassung der Sorgfalt eines dihgens pater familias. Grude der Kulpa sind: a) culpa lata, eine geringere Haftung, bei der nur das grobe Versehen haft­ bar macht; aa) Falle der culpa lata: Depositar, Kommodant. Schenker, Prekarist, der negotiorum gestor bei Schadensabwendung; bb) culpa lata dolo comparatur. ß) culpa levis, eine strengere Haftung, bei der auch ein geringes Versehen haftbar macht. Fälle: emtor, venditor? locator, conductor, Man­ datar, Deponent. Kommodatar. Pfandgläubiger. Y) culpa levissima bei der lex Aquillia.

b) culpa in concreto, individuelle Haftung, ist die Außerachtlassung der diligentia quam suis rebus adhibere seiet; sie kommt vor, wenn Der Schuldner Eigenes mit Fremdem vermischt. a) Der Grad dieser konkreten Sorgfalt ist verschieden, je nach der Person des Verpflichteten. Fälle der culpa in concreto: Ehemann. Vormund, socius, ferner bei der communio.

ß)

c) Haftung bis zur höheren Gewalt: beim receptum nautarum, cauponum, stabulariorum. B. Deutsch, siehe Band 19 29. C. ALR, siehe Band 21 37. D. Rach B 276-278.

14

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnifse).

1. Borsatz hat der Schuldner stets zu vertreten. a) Thraciern über Vorsatz siehe Band 15 14. a) Der Determinismus behauptet die psychische Kausalität des menschlichen Handelns: der Mensch ist unfrei, weil seine Handlungen nicht nur im Augenblicke motiviert sind, sondern weil seine ganze Existenz auf dauernden Vorstellungen (Religion. Sitte :c.) beruht und durch sie charakterisiert wird; Hauptvertreter: v. Litzt. Grundlage des Determinismus ist Schopenhauers Abhandlung: über die vierfache Wurzel des Satzes vom rureichenden Grunde; diese vier Wurzeln sind: aa) Logik: warum wir so und nicht anders urteilen (Erkenntntsgrund); bb) warum etwas so und nicht anders ist oder geschieht: aa) Seinsgrund (mathematischer Grund); ßß) Kausalität (physikalischer Grund, Grund des materiellen Wirkens); yy) Motiv (Grund des Handelns) kann sein: aaa) ethisch; bbb) nicht ethisch. ß) Gegensatz zum Determinismus ist der Indeterminismus, und zwar: aa) diesseitiger Indeterminismus: es bestehe in der Wirklichkeit (nickt nur auf dem Gebiete des Glaubens, wie es der jenseitige Indeterminismus lehrt) eine ursächliche Selbstbestimmung des Menschen; bb) relativer Indeterminismus: es bestehe eine von außen beeinflußte Willensfreiheit des Menschen

b) c)

d)

Gegensatz von Uorfatz und Absicht siehe Band 15 15. Gleichstellung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit besteht nach B nicht. Die Haftung für Uorsatz kann dem Schuldner nicht im voraus erlassen werden.

2. Fahrlässigkeit hat der Schuldner grundsätzlich zu ver­ treten. a) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehre.erforderliche Sorgfalt außer acht läßt. Abstufungen der Fahrlässigkeit: a) Grobe Fahrlässigkeit ist eine geringere Haftung als die für Fahrlässigkeit überhaupt. Fälle: Schuldner beim Verzüge des Gläubigers. Schenker, Verleiher, auftragloser Geschäftsführer zur Abwendung dringender Gefahr. ß) Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten kann eine Erleichterung der Verkehrssorgfalt sein. ist aber nie geringer als grobe Fahrlässigkeit. Fälle: Gesellschafter, unentgeltlicher Verwahrer, Ehegatte, Vater gegen Kinder, Vorerbe gegen Nacherben.

b) cnlpa in eligendo:

a) Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit be­ dient. in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden; jedoch kann hier die Haftung für Vorsatz im voraus erlaffen werden. ß) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt» ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, so­ fern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Aus­ führung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehre erforderliche Sorgfalt beobachtet, oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. — Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines dieser Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

3. Haftung für Zufall: Schuldner im Verzüge, wer auftraglos Geschäfte gegen den Willen des Geschäftsherrn führt, Einbringung von Sachen bei Gastwirten.

§ 1.

XIV.

Inhalt der Schuldverhältnisse.

15

Zufall, Gefahr, höhere Gewalt.

1. Zufall ist eine juristische Tatsache (siehe Band 1 36), für die der Schuldner grundsätzlich deshalb nicht haftet, weil sie nicht in die von ihm zu prästierende Sorgfalt fällt,' wird die Leistung zufällig unmöglich, dann ist der Schuldner frei: casus a nullo praestantur. 2. Gefahr ist eine durch Zufall eintretende Vernichtung oder Beschädigung des Leistungsgegenstandes. a) Zufall bezieht sich auf die Haftung, Gefahr auf den entstandenen Schaden. b) Gefahrtragung ist das Einstehen für die Vernichtung oder Beschädigung des Leistungsgegenstandes. o) Nach B gilt grundsätzlich: der Schuldner trägt die Gefahr bis zum Augenblicke der Leistung; ß) römisch: periculum est emtoris; periculum est locatoris; y) nach B: bei Verzug. Kauf, Werkvertrag; siehe w. u. Seite 16, 34, 44.

3. Höhere Gewalt ist eine qualifizierte Erscheinungsform des Zufalls. a) Theorieen über die höhere Gewalt. a) subjektive Theorie (Goldschmidt. Windscheid, Dernburg. Endemann): höhere Gewalt sei jedes schädigende Ereignis, das auch durch die größte Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte; ß) objektive Theorie (Exner. Unger, Rümelin. Zitelmann, Oertmann): höhere Gewalt sei ein von außen kommendes Ereignis, das vermöge der Art und Wucht seines Auftretens die im ordentlichen Laufe des Lebens zu gewärtigenden Zufälle augenscheinlich übersteige; y) Kttftodientheorie (Pernice. Baron): die höhere Gewalt gehe von der custodia (Steigerung über die gewöhnliche Diligenz) aus; ö) gemischte Theorie (Staub): höhere Gewalt seien alle von außen kommenden Ereignisse, die nicht voraussehbar sind und durch entsprechende Vorkehrungen nicht abwendbar sind.

b) Arten -er höheren Gewalt im B: a) was über eine verstärkte Haftung hinausgeht, auch wenn es an sich abwendbar ist; z. B B 701, 1996. ß) äußere unabwendbare Hindernisse für die RechtSversolgung; Z.B.B203.

XV. Verzug ist die wegen Nichterfüllung oder Nicht­ annahme eintretende erhöhte Haftung des Schuldners oder Gläubigers. A. Verzug des Schuldners, mora solvendi, nach B 284—292. 3. Voraussetzungen sind: a) Vorhandensein einer klagbaren Forderung, b) Fälligkeit der Forderung. c) Mahnung, wenn eine solche erforderlich ist: a) bei Termin und bei gesetzlicher Leistungspflicht gilt: dies (oder lex) interpellat pro homine; Mahnung ist also hier nicht erforderlich; ebenso bei Delikt: für semper in mora; ß) Mahnung ist ein einseitiges, ankunftsbedürftiges, formloses Rechtsgeschäft. Uebersepdung einer Rechnung ist nicht Mahnung; y) Ersatz der Mahnung durch Klageerhebung, aber dem ohne erforderliche Mahnung klagenden Gläubiger fallen die Kosten zur Last;

d) schuldhaftes Wchtteisten, z. B. wenn bei Geldschulden der Schuldner kein Geld hat; dagegen keine Schuld, wenn der Schuldner über die Person des Gläubigers, z. V. der Erben, ungewiß ist.

16

Bürgerliches Recht (Schuldverhältnisse). 2. Wirkungen des Leistungsverzuges des Schuldners: a) Stellung des Schuldners infolge des Verzuges: a) Einstehen für das volle verzugsintereffe, ß) perpetuatio obligationis: der Schuldner hat während des Verzuges jede Fahrlässigkeit zu vertreten; er ist auch für die während des Verzuges durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich, eS fei Venn, daß der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde. y) Verzugszinsen, stehe w. o. Seite 6.

b) Stellung des Gläubigers: a) wenn die Leistung für den Gläubiger ohne Sittereffe ist. z. B. beim Fixgeschäfte, dann kann der Gläubiger eine Nachleistung ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern; ß) wenn die Leistung für den Gläubiger noch Interesse hat, kann er nach­ trägliche Erfüllung und Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung verlangen; y) Rechte des Gläubigers gegen den rechtskräftig verurteilten Schuldner: B 283; d) Verzug beim gegenseitigen vertrage siehe w. u. Seite 18.

B. Verzug des Gläubigers, mora accipiendi, B 293—304. 1. Voraussetzungen sind a) Angebot der korrekten Leistung, und zwar regelmäßig Kealoblalion; jedoch reicht Uerbaloblation (bloß wörtliches Angebot) aus: a) wenn der Gläubiger dem Schuldner erklärt, er werde die Leistung nicht annehmen; ß) wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, z. B. Abholen der Sache. Modellstehen. Anprobieren; y) wenn der Gläubiger eine von ihm zu bewirkende Gegenleistung nicht anbietet;

b) Mchtannahme seitens des Gläubigers, und zwar: a) ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nickt dadurch in Verzug, das; er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist. eS fei denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher angekündigt hat. ß) ob verschulden des Gläubigers erforderlich ist. ist streitig.

2. Wirkungen des Gläubigerverzuges: a) Besserstellung des Schuldners:

а) der Schuldner hat nur noch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten; ß) bei GenuSfckUld geht die Gefahr mit dem Annah meverzuge auf den Gläubiger über; y) die ZinSPflicht des Schuldners hört auf. б) Hinterlegnngsbefngnis (w. u. Seite 23).

b) Schlechterstellung -es Gläubigers:

a) die Herausgabe von Nutzungen wird auf diejenigen beschränkt, die der Schuldner zieht; nicht also solche, die er hätte ziehen können; ß) bei Herausgabe eines Grundstückes kann der Schuldner den Besitz aufgeben: y) der Schuldner kann vom Gläubiger Ersatz der durch den Annahmeverzug entstandenen Mehraufwendungen verlangen.

§ 2. Schul-verhältnisse aus Verträgen. I. Begründung und Inhalt des Vertrages, B 305—319. 1. Die rechtsgeschäftliche Begründung und Inhaltsänderung von Schuldverhältnissen erfolgt grundsätzlich durch Vertrag. a) Begriff und Einteilung der Rechtsgeschäfte siehe Band 1 39-40; b) Form siehe Band 1 43—44; c) Schuldverhältnisse ohne vertrag können durch einseitiges Rechtsgeschäft, aus tatsächlichen Vorgängen oder aus unerlaubten Handlungen entstehen.

§ 2.

Schuldverhältnisse aus Vertrügen.

17

2. Bestimmung des Keistungsirchaltre erfolgt: a) bei entsprechender Vereinbarung: durch die Kontrahenten, ev. durch einen von ihnen nach billigem Ermessen; ev. durch einen Dritten nach billigem Ermessen; b) ohne Vereinbarung: hat ein Kontrahent eine nicht bestimmte Gegen­ leistung zu bewirken, so hat im Zweifel der andere ihren Umfang zu bestimmen.

II. Gegenseitiger Vertrag nach B 920—327. 1. Gegenseitiger Vertrag (Synallagma) ist ein Vertrag, aus dem jede der beiden Parteien derart verpflichtet wird, daß der Leistung der einen eine Gegenleistung der anderen gegenübersteht; Leistung und Gegen­ leistung werden miteinander ausgetauscht.

a) Gruppierung der Nertragstypen:

a) Beispiele gegenseitiger Verträge: Kauf, Miete, Pacht, Dienstvertrag, Werk­ vertrag. Gesellschaft. Vergleich; ß) einseitige Vertrage: Darlehen, Bürgschaft, Schenkung; 7) zweiseitige Verträge ohne äquivalente Gegenleistung: Verwahrung. Leihe, Auftrag.

b) Konstruktion des synallagmatischen Vertrages:

a) Keller: aus dem Synallagma entstehen einseitige und selbständige, aber wechselseitig bedingte Ansprüche, so daß die Partei nur bei Angebot eigener Leistung bte Gegenleistung fordern könne. ß) Bkchmann: Kauf und Miete seien ursprünglich je zwei selbständige Obligationen gewesen; später seien sie zu obligatorischer Einheit verschmolzen; es müsse unterschieden werden: aa) genetisches Synallagma beruht auf der Begründung von Gegen­ forderungen. die bei ihrer Entstehung konnex sind; bb) funktionelles Synallagma: die Wirkung der Obligation hängt von der Erfüllung des Gegners ab. r) Deruburg: mit dem Abschlüsse des Synallagma erhalte jeder Kontrahent einen selbständigen Anspruch aus die ihm versprochene Leistung; der Klage oes vertragswidrig nicht erfüllenden Kontrahenten auf Gegenleistung stehe aber die exceptio non adimpleti contractus entgegen.

2. Jeistungsverrveigrrungsrecht (exceptio non adimpleti con­ tractus bezw. exceptio non rite adimpleti contractus). a) Einrede: wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern» es sei denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. b) Teilung der Leistung: ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. c) clausula rebus sic stantibus: wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn nach dem Abschlüsse des Vertrages in den Vermögensverhältnissen des anderen Teiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird, die ihm obliegende Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. d) Geltendmachung im Prozesse: erbebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine Teil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Teile zustehenden Leistungsverweigerungsrechtes nur die Wirkung, daß der andere Teil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist Hat der klagende Teil vorznleisten, so kann er. wenn der andere Teil im Verzüge der Annahme ist. auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.

3. Eintritt der Unmöglichkeit nach Abschluß des Synallagma:

18

Bürgerliches Recht (Schuldverhällnisse). a) nicht zu vertretende Unmöglichkeit bewirkt den Verlust des Anspruches auf die Gegenleistung; Geleistetes kann kondiziert werden;

b) zu vertretende Unmöglichkeit; a) dom Leistungsberechtigten zu vertretende Unmöglichkeit beläßt dem

anderen Teile den Anspruch auf die Gegenleistung; ß) vom Leistungsverpflichteten zu vertretende Unmöglichkeit gibt dem Leistungsberechtigten eine facultas alternativa: er kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder zurücktreten oder das bereits Geleistete rurückfordcrn oder unter Minderung der Gegenforderung das Surrogat fordern.

4. Uerzug beim gegenseitigen Verträge: kommt der Schuldner in Verzug, dann hat der Gläubiger ein dreifaches Wahlrecht. a) Voraussetzungen des dreifachen Wahlrechtes: «) entweder: der Gläubiger hat infolge des Verzuges Kein Interesse an der Erfüllung des Vertrages, ß) oder: der Gläubiger bestimmt dem Schuldner eine angemessene Frist mit der Erklärung, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. b) Dreifaches Wahlrecht des Gläubigers: ec) Keistungsanspruch und Schadensersatz wegen des Verzuges; ß) Rücktritt; y) Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

III. Versprechen der Leistung an einen Dritten, B 328—335. 1. Römisch: alten stipulari nemo potest; jedoch erhält der Dritte in einzelnen Fällen eine actio utilis oder eine siktizische Klage (Band 8 16), z. B.: a) b) c) d) e)

Hinterlegung mit der Auflage der Herausgabe an den Sacheigentümer; Tradition mit der Auflage der Ueberbringung an den Dritten; Pfandverkauf unter Vorbehalt des Wiederkaufsrechtes des Pfandschuldners; Schenkung unter der Auflage der Herausgabe an einen Dritten; Dotalvertrag mit Herausgabepflicht an einen Dritten, z. B. die Frau.

2. Deutsch: pactum in favorem tertii ist unbeschränkt zulässig; über die Treuhand siehe Band 1 45. 3. Gemeinrechtlich: der Verttag auf Keistung an einen Dritten gibt dem Uersprechensempfänger ein Forderungsrecht darauf, daß der Versprechende die Leistung an den Dritten bewirke; dieser Vertrag ist ein Vertrag zugunsten eines Dritten, wenn der Dritte ein selbständiges Forderungsrecht gegen den Versprechenden.hat. a) Gegensatz zur Stellvertretung: der Versprechensempfänger beim Vertrage zugunsten Dritter tritt in eigenem Namen auf und berechtigt sich und einen Dritten, er schließt also einen Zweischichtigen Vertrag ab; der Stellvertreter tritt in fremdem Namen auf und berechtigt nur den Vertretenen, er schließt also einen einschichtigen Vertrag ab. b) Rechtliche Konstruktion der Verträge zugunsten Dritter: a) Aeltere Lehre: der Dritte habe ein Forderungsrecht nicht unmittelbar, sondern erst durch seinen Beitritt; nach anderer Ansicht: auf Grund stillschweigender Zession oder Ermächtigung. ß) Windscheid: der Dritte erwerbe unmittelbar aus dem Vertrage ein Forderungsrecht; in welcher Weise jedoch, bestimme sich nach dem Willen der Vertragsparteien.

4. Mach B können die Parteien vereinbaren, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

§ 2. a)

Schuldverhällnisse aus Verträgen.

19

Auslrgungsrrgeln für den Willen der Vertragsparteien: a) allgemein: aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrages; ß) bei Schuldübernahme hat im Zweifel der Dritte (Gläubiger) nicht ein unmittelbares Befrtedigungsrecht; '/) bei Lebensversicherung, Leibrente. Auflage, Vermögens- oder Guts­ übernahme hat im Zweifel der Dritte einen unmittelbaren Leistungs­ anspruch ;