Bürgerliches Recht (Familienrecht) [3. und 4. Aufl. Reprint 2018] 9783111537788, 9783111169668

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Bürgerliches Recht (Familienrecht) [3. und 4. Aufl. Reprint 2018]
 9783111537788, 9783111169668

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen
Der Begriff Familienrecht
1. Abteilung. Das Persönliche Eherecht
1. Kapitel. Die Ehe
2. Kapitel. Die Ehehindernisse
3. Kapitel. Die Wirkung Und Endigung Der Ehe
2. Abteilung. Das Eheliche Güterrecht
3. Abteilung. Das Verwandtschaftsrecht
1. Kapitel. Das Kindschaftsrecht
2. Kapitel. Das Vormundschaftsgericht

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Grundriß des

gesamten deutschen Rechtes in Einzelausgaben von

Paul Posenrr.

4. Baud.

Ärgerliches Recht (FamiLienrecht). Dritte und vierte Auflage.

Berlin 1909. I. Gutteiitag, Verlagsbuchhandlung,

A. W. Hayn's Erben, Potsdam.

Inhaltsverzeichnis Seite

§

1.

Der Begriff Familienrecht

..................................................... 1

1. Abteilung. Das persönliche Gherecht. 1. Kapitel. Die Ehe. § 8 § § § § § §

2. DaS Verlöbnis................................................................................. 2 3. Die Ehe............................................................................................3 4. Die Ehemündigkeit............................................................................ 4 5. Die objektiven Ehevoraussetzungen.................................................. 5 6. DaS Aufgebot........................................................................... ; 6 7. Der Akt der Eheschließung.......................................................* 6 8. Die Förmlichkeiten der Eheschließung................................ 6 9. Die Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung . . 7 2. Kapitel. Die Ehehindernisse.

§ 10. Der Begriff Ehehindernisse............................................................ 7 § 11. Aufschiebende Ehehindernisse................................................ . 8 §12. Nichtigkeilsgründe............................................................................8 §13. Anfechtungsgründe............................................................................ 9 3. Kapitel. Die Wirkung und Endigung der Ehe. § § § §

14. Die Wirkungen der Ehe................................................................10 15. Die Scheidung ................................................................................11 16. Absolute Scheidungsgründe.......................................................... 11 17. Relative Scheidungsgründe.......................................................... 12

Seite 2. Abteilung. Das eheliche Oüterrrcht. § § § § § § § §

18. Das Güterrechl................................................................................ 12 19. Der Ehevertrag...............................................................................13 20. Die Verwaltungsgemeinschast...................................................... 14 21. Die Gütertrennung............................................................................16 22. Die allgemeine Gütergemeinschaft................................................. 17 23. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft................................................. 18 24. Errungenschastsgemeinschasr........................................................... 19 25. Fahrnisgemeinschast.....................................................................20 3. Abteilung. Das Uerwan-tschastsrecht.

§ §

26. Die Verwandtschaft.......................................................................... 20 27. Die Unterhaltspflicht .. . '.....................................................22 1. Kapitel. Das Kindschaftsrecht.

§ § § tz §

28. 29. 30. 31. 32.

Die rechtliche Stellung der ehelichen Kind ex................................ 22 DieKinder aus nichtigen Ehen. '................................................ 25 Die unehelichen Kinder................................................................ 25 Die Legitimation...................................................... 26 Die Kindsannahme........................................................................... 27 2. Kapitel. Das Vormundschaftsrecht.

§ 33. § 34.

Die Vormundschaft...........................................................................27 DiePflegschaft................................................................................ 29

Abkürzungen. A.= Anfechtungsgesetz. Abs ---- Absatz. ÄLR — allgemeines Landrecht (Preußen). Ausf- — Ausführungsgesetz zu............. B — Bürgerliches Gesetzbuch. Bn = Binnenschiffahrtsgesetz. Band — Band des Grundrisses. U — Strafprozeßordnung. Cod = Codex. D — Digesten. E — Eisenbahnverkehrsordnung. Eins- — Einführungsgesetz zu............. F — Reichsgesetz über freiwillige Gerichtsbarkeit. Fl — Flößereigesetz. Gr — Gerichtsverfaffungsgesetz. Grb = Ges. belr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Gn — Genossenschaftsgesetz. Gr — Grundbuchordnung. Gw = Gewerbeordnung. H = Handelsgesetzbuch. J — Institutionen. JRA = Jüngster Reichsabschied. IC — Konkursordnung. KG — Entsch. des Kammergerichtes. MC — Militärstrafgerichtsordnung. MS — Militärstrafgesetzbuch. Nr. = Nummer. P = Patentgesetz. Po — Postgesetz, pr — preußisch. R — Reichsverfaffung. RG — Entscheidungen des Reichsgerichtes. RMG — Entscheidungen des Reichsmilitärgerichtes. ROLG = Rechtsprechung der Oberlandesgerichte. 8 — Strafgesetzbuch. SC — senatus consulfcum.

sc. — saeculum. Ssp — Sachsenspiegel. Swsp = Schwabenspiegel. U = Urheberrechtsgesetz. V — Verfasiung. VI — Verlagsgesetz. Vv = Verstcherungsvertragsgesetz. vgl. — vergleiche. W — Wechselordnung, w. o. — weiter oben. w. u. — weiter unten. Z — Zivilprozeßordnung. Zg = Zwangsversteigerungsgesetz. Anfragen und Berichtigungen werden an die Adresse der Verlags­ buchhandlung oder direkt an den Verfasser Assessor Dr. iur. Paul Posener in Charlottenburg 2, Bleibtreustraße 18, erbeten.

§ 1. Familienrecht ist die Gesamtheit der Vorschriften, durch welche die Rechtsordnung mit Rücksicht auf die durch das Bestehen von Familien­ beziehungen begründeten Verhältnisse ergänzt oder verändert wird. Literatur: Endemann Band 3; Dernburg 4; Planck 4; von Staudinger 4; Jacobi das persönliche Eherecht des B (2. Auflage) 1899; O pet-von Blume Kommentar; Schröder das eheliche Güterrecht (2. Auflage) 1899.

I. Familienrechte sind absolute Rechte (Band 29 . .); sie wirken daher nicht nur im Rahmen der Familie, sondern über diese hinaus auch gegen Dritte (Statusrechte. Zustandsrechte). II. Das Familienrecht wird in vielen Beziehungen von der Religion beeinflußt- gleichwohl ist das Kirchenrecht ohne bürgerliche Wirksamkeit. Das zeigt auch der Ausdruck Bürgerliche Ehe; im übrigen besagt B 1588, dass die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe durch das B nicht berührt werden.

III. Die Rechtsgeschäfte des Familienrechtes, z. B. Verlöbnis, Ehe, sind besondere familienrechtliche Geschäfte (streitig). IV. Legalordnung des B 1297—1921. 1. Abschnitt: Bürgerliche Ehe, B 1297—1588. 1. Titel: Verlöbnis B 1297—1302. 2. „ Eingehung der Ehe B 1303—1322. 3. „ Wirkungen der Ehe im allgemeinen B 1323—1347. 4. „ Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung B 1348 bis 1352. 5. „ Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe B 1353—1362. 6. „ Eheliches Güterrecht B 1363—1563. I. Gesetzliches Güterrecht B 1363—1431. 1. 2. 3. 4. Ö

Allgemeine Vorschriften B 1363—1372. Verwaltuug und Nutzniessung B 1373—1409. Schuldenhaftung B 1410—1417. Beendigung der Verwaltung und Nutzniessung B 1418—1425. Gütertrennung B 1426—1431.

1. 2. 3. 4.

Allgemeine Vorschriften B 1432—1436. Allgemeine Gütergemeinschaft B 1437—1518. Errungenschaftsgemeinschaft B 1619—1648. Fahrnisgemeinschaft B 1549—1557.

II. Vertragsmäßiges Güterrecht B 1432—1557.

Posener Grundriß Band 4.

1

UI. Güterrechtsregister 1558—1563. 7. Titel: Scheidung der Ehe B 1564—1587. 8. „ Kirchliche Verpflichtungen B 1588. 2. Abschnitt: Verwandtschaft B 1589—1772. 1. Titel: Allgemeine Vorschriften B 1589—1590. 2. „ Eheliche Abstammung B 1591—1600. 3. „ Unterhaltspflicht B 1601—1615. 4. „ Rechtliche Stellung der ehelichen Kinder B 1616—1698. I. Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und den: Kinde im allgemeinen B 1616—1625. II. Elterliche Gewalt B 1626—1698. Dauer der elterlichen Gewalt B 1626. 1. Elterliche Gewalt des Vaters B 1627—1693. 2. Elterliche Gewalt der Mutter B 1684 -1698.

5. Titel: Rechtliche Stellung der Kinder aus nichtigen Ehen B 1699-1704. 6. Titel: Rechtliche Stellung der unehelichen Kinder B 1705—1718. 7. „ Legitimation unehelicher Kinder B 1719—1740. I. Legitimation durch nachfolgende Ehe B 1719—1722. II. Ehelichkeitserklärung B 1728—1740.

8. Titel: Annahme an Kindes Statt B 1741 — 1772. 3. Abschnitt: Vormundschaft B 1773—1921. 1. Titel: Vormundschaft über Minderjährige B 1773—1895. 1. Anordnung der Vormundschaft B 1773—1792. II. Führung der Vormundschaft B 1793—1836. III. Fürsorge und Aufsicht des Vormundschaftsgerichts B 1837—1848. IV. Mitwirkung des Gemeindewaisenrats B 1849—1851. V. Befreite Vormundschaft B 1852—1857. VI. Familienrat B 1858—1881. VII. Beendigung der Vormundschaft 1882—1895.

2. Titel: Vormundschaft über Volljährige B 1896—1908. 3. „ Pflegschaft B 1909—1921. 1. Abteilung.

Das persönliche Eherecht. 1. Kapitel.

Die Ehe. § 2. Uerlöbnis ist das gegenseitige Versprechen eines Mannes und einer Frau, miteinander künftig die Ehe eingehen zu wollen. Nach rRe sponsalia, insbesondere osculo interveniere, vgl. Band 18 57. Nach dRe: Verlobung durch wadiatio bzw. arra. Nach kanRe: Zwang zur Ehe auf Grund der actio matrimonialis oder actio ex sponsu (Zwangs­ kopulation oder Strafe).

I. Das Verlöbnis ist ein besonderer familienrechtlicher Vertrag; seine Voraussetzungen sind daher nicht aus diejenigen der Verträge überhaupt

abgepellt. Das Verlöbnis übt Nechtswirkungen nur dann aus, wenn es ernstlich gemeint ist; ein Liebesverhältnis oder ein Konkubinat ohne affectio maritalis ist kein Verlöbnis. Ein Minderjähriger kann daher sich gültig verloben, auch wenn der Gewalthaber nicht einverstanden ist. Eine verheiratete Person kann sich, auch in Erwartung künftiger Scheidung, nicht rechtswirksam verloben.

1. Verlobte können Ehe- und Erbverträge abschließen, auch wenn sie in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind; siehe Band 5. 2. Verlobte sind Angehörige im Sinne des S; siehe Band 15. 3. Verlobte haben ein Zeugnisverweigerungsrecht; Band 9 und 16. II. Aus dem Verlöbnis entspringt keine Klage auf Eingehung der Ehe; das Versprechen einer Strafe für den Fall des Unterbleibens der Ehe ist nichtig. Es sind jedoch Ersatzansprüche gegeben. 1. Tritt ein Verlobter vom Verlöbnisse zurück, so hat er dem an­ deren Verlobten und dessen Eltern oder deren Vertretern den Schaden zu ersetzen, der durch Aufwendungen oder Verbindlichkeiten in Erwartung der Ehe entstanden ist. a) Der andere Verlobte hat einen Schadenersatzanspruch wegen der in Erwartung der Ehe getroffenen Maßnahmen bezüglich seines Ver­ mögens oder seiner Erwerbsstellung; z. B. Kündigung einer Stellung, Verlegung des Wohnsitzes, Gründung einer neuen Häuslichkeit. b) Umfang der Ersatzpflicht: nur das ist zu ersetzen, was den Um­ ständen nach angemessen ist. 2. Tritt ein Verlobter infolge eines wichtigen Grundes im Ver­ halten des anderen Verlobten zurück, so ist dieser andere, obwohl nicht er zurücktritt, schadenersatzpflichtig. III. Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Bei­ wohnung gestattet, so kann sie im Falle des grundlosen Rücktrittes des Verlobten auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen, B 1300. Man bezeichnet diesen Anspruch als Deflorationsanspruch (unsolide Brautklausel); Virginität ist aber nicht Voraussetzung, sondern Unbe­ scholtenheit.

IV. Rückforderung der Brautgeschenke bei Unterbleiben der Ehe­ schließung; — mangels besonderer Abrede ist die Rückforderung aus­ geschlossen, wenn das Verlöbnis durch den Tod eines Verlobten aufge­ löst wird. V. Verjährung der Ansprüche binnen 2 Jahren von der Auflösung des Verlöbnisses an. § 3. Ehe ist die vom bürgerlichen Rechte geordnete, dauernde Lebensgemeinschaft eines Mannes mit einer Frau. I. Die Ehe ist, soweit sie rechtlich in Betracht kommt, bürgerliche Ehe. Der Akt, durch welchen der familienrechtliche Vertrag zustande kommt, heißt Eheschließung.

1. Die kirchliche Eheschließung allein ist unter der Herrschaft des B ohne bürgerliche Wirksamkeit. Die kirchliche Trauung ist erst dann zulässig, wenn die bürgerliche Ehe abgeschlossen ist. Ausnahmsweise darf sie vorher erfolgen, wenn einer der Verlobten lebensgefährlich erkrankt ist; Personenstandsgesetz § 67 Abs. 2, Einf-B 46.

2. Die kirchliche Eheschließung kann unter der Herrschaft eines fremden Rechtes nach internationalem Privatrechte wirksam sein, Einf-B 13. 3. Geschichte der Ehe, insbesondere der Zivilehe. Nach rite ist zu unterscheiden: a) Manusehe, begründet durch confarreatio, coemtio, usus. b) Freie Ehe, begründet durch consensus; vgl. Bd. 18 67. Nach dße: Brautraub, Brautkauf; Kontroverse über Verlobung und Trauung; vgl. Bd. 19 32. Nach kanRe: Decretum Tametsi, Bd. 14 33. Einführung der Zivilehe in Holland, sodann in Frankreich 1792. In Preussen für Juden und Dissidenten durch Gesetz vom 23. Juli 1847, sodann allgemein durch Gesetz vom 9. März 1874 (mit Wirkung vom 1. Ok­ tober 1874) eingeführt.

a) Die Zivilehe ist für das Reich durch das Personenstandsgesetz (Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe­ schließung) vom 6. Februar 1875, in Kraft vom 1. Oktober 1875, ein­ geführt worden. Das Gesetz ist in bezug auf Eheschliessung durch das B ersetzt worden, im übrigen bestehen geblieben, vgl. Bd. 30.

b) Nach B 1317 ist die Ehe Zivilehe, d. h. der Akt der Eheschließung findet nicht vor einem Kirchendiener, sondern vor einem Staatsbeamten, dem Standesbeamten, statt. c) Gegensatz der Zivilehe: nach Personenstandsgesetz: 1. Alter: 20. bzw 16. Jahr. 2. Dispens bei beiden möglich. 3. Elterliche Erlaubnis bis 24; bei Weigerung: Klage beim Land­ gerichte. 4. Dreifacher Akt des Ab­ schlusses: Frage des Standes­ beamten, Erklärung der Verlob­ ten, Erklärung des Standesbeam­ ten, dass sie nunmehr Eheleute seien (also konstitutiv).

nach B: 1. Alter: 21. (18.) bzw. 16. Jahr. 2. Dispens nur bei der Frau (also auch unter 16). 3. Einwilligung der Eltern bis 21; bei Weigerung keine Klage, je­ doch für ein volljähriges Kind: Er­ satz durch Vormundschaftsgericht. 4. Einfacher Akt: lediglich übereinstimmende Erklärung der Verlobten ist konstitutiv; die Er­ klärung des Standesbeamten wirkt deklaratorisch.

8 4. Ghemündigkeit ist die Fähigkeit zur Eingehung der Ehe. I. Die Ehemündigkeit ist nach dem Geschlechte verschieden geordnet. 1. Ein Mann ist mit Eintritt der Volljährigkeit ehemündig; auch ein für volljährig erklärter Mann ist ehemündig. 2. Eine Frau ist mit Vollendung des 16. Lebensjahres ehemündig; von diesem Erfordernisse kann Befreiung erteilt werden. II. Ein beschränkt geschäftsfähiger Mann, z. B, ein volljähriger

Geistesschwacher, bedarf zur Eingehung der Ehe der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Die Einwilligung kann, wenn der sie verweigernde gesetzliche Ver­ treter ein Vormund ist, auf Antrag des Mündels vom Vormundschafts­ gerichte ersetzt werden.

III. Ein eheliches Kind bedarf bis zur Vollendung des 21. Lebens­ jahres der Einwilligung des Vaters, ev. der Mutter; ein uneheliches Kind bedarf der Einwilligung der Mutter; ein adoptiertes Kind bedarf der Einwilligung des Adoptivvaters. Die elterliche Einwilligung kann bei einem volljährigen Kinde, z. B. bei einem für volljährig erklärten Sohne, durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden.

§ 5. Objektive Ghevoraussetzungen sind Tatbestände, deren Nachprüfung erforderlich ist, bevor die Ehe eingegangen wird; sie be­ treffen teils das Nichtvorhandensein von Ehehindernissen, teils die Vor­ sorge für die Wahrung von Rechten Dritter oder der Interessen des Staates. I. Niemand darf eine Ehe eingehen, bevor seine frühere Ehe auf­ gelöst oder für nichtig erklärt worden ist (Bigamie). Dagegen dürfen Ehegatten die Eheschliessung wiederholen, z. B. bei Formmangel ihrer ersten Ehe.

II. Eine Ehe darf zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen oder halbbürtigen Geschwistern, zwischen Verschwägerten in gerader Linie nicht geschlossen werden (Blutschande): B 1310, Abs. 1. Uneheliche Abstammung gilt hierfür als Verwandtschaft.

1. Affinitas illegitima: eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Personen, von denen die eine mit Eltern, Voreltern oder Ab­ kömmlingen der anderen Geschlechtsgemeinschaft gepflogen hat; B 1310, Abs. 2. 2. Kindesannahme bewirkt, daß zwischen den Adoptiveltern und dem Adoptivkinde oder dessen Abkömmlingen eine Ehe nicht eingegangen werden darf. III. Der wegen Ehebruchs geschiedene Gatte darf den Ehebrecher nicht heiraten; jedoch ist Befreiung zugelassen. IV. Wartezeit der Frau: eine Frau darf erst 10 Monate nach Auf­ lösung oder Nichtigkeitserklärung ihrer früheren Ehe eine neue Ehe ein­ gehen; dieses Hindernis besteht nicht, wenn sie inzwischen geboren hat. Befreiung ist zulässig. V. Auseinandersetzung mit den Kindern der früheren Ehe ist er­ forderlich, wenn diese minderjährig oder bevormundet sind. VI. Behördliche Erlaubnis ist in drei Fällen erforderlich: für Militärpersonen, landesgesetzlich hierzu verpflichtete Landesbeamte, nach nach ihren Landesgesetzen hierzu verpflichtete Ausländer.

8 6. Aufgebot ist die öffentlich amtlich erfolgende Mitteilung von der Absicht der Verlobten, miteinander die Ehe eingehen zu wollen. I. Der Eheschließung soll ein Aufgebot vorhergehen. II. Die Verlobten bestellen das Aufgebot bei dem zuständigen Standesbeamten- es verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen 6 Monaten nach Vollziehung des Aufgebotes geschlossen wird. III. Zulässigkeit der Eheschließung ohne Aufgebot: 1. wenn die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten die Aufschiebung der Eheschließung nicht gestaltet; 2. wenn Befreiung vom Aufgebote erteilt wird, z. B. bei Soldaten, die zu überseeischen Expeditionen ausrücken. § 7. Der Akt der Eheschließung vollzieht sich vor bem Standes­ beamten und in Gegenwart von 2 Zeugen. I. Die Verlobten erscheinen zu einem von dem Standesbeamten festgesetzten Termine in Begleitung von zwei Solennitätszeugen vor beni Standesbeamten. II. Nach Prüfung der Formalien und nach der Feststellung, ob etwa Ehehindernisse vorliegen, wird zur Eheschließung geschritten. 1. Der Standesbeamte richtet an die Verlobten die Frage, und zwar an jeden einzelnen nacheinander, ob sie miteinander die Ehe ein­ gehen wollen. 2. Der Bräutigam muß dies erklären; die Braut muß dies sodann übereinstimmend erklären. Sobald die zweite, mit der ersten überein­ stimmende Erklärung abgegeben ist. ist die Eheschließung vollzogen. 3. Der Standesbeamte erklärt hierauf: „Auf Grund des bürger­ lichen Gesetzbuches erkläre ich hiermit, daß Sie rechtmäßig verbundene Ehe­ leute sind." 4. Der Standesbeamte liest nunmehr das von ihm vorbereitete Proto­ koll des Heiratsregisters vor. Die Ehegatten unterschreiben, sodann die Solennitätszeugen, endlich der Standesbeamte selbst. 5. Der Standesbeamte erteilt hierauf eine vorläufige Bescheinigung für die ev. nachfolgende kirchliche Trauung. § 8. Die Förmlichkeiten der Eheschließung sind teils Muß-, teils Sollvorschriften. I. Wesentliche Förmlichkeiten, deren Nichtbeachtung Nichtigkeit der Ehe wegen Formmangels nach sich zieht: 1. Erklärung eines jeden der beiden Verlobten; 2. persönliche Erklärung unter Ausschluß von Stellvertretung; 3. gleichzeiüge Anwesenheit der Verlobten; 4. Abgabe der Erklärungen vor einem Standesbeamten oder vor einem solchen, der, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standes­ beamten öffentlich ausübt, ohne daß beiden Verlobten der Mangel der amtlichen Befugnis bekannt ist;

5. Bereitwilligkeit des Standesbeamten, die Erklärungen entgegen­ zunehmen. II. Sollvorschristen für die Eheschließung, zu deren Beobachtung der Standesbeamte verpflichtet ist, deren Nichtbeachtung der Ehe aber üicht schadet: 1. die Art der Fragestellung des Standesbeamten; 2. der Ausspruch des Standesbeamten (deklaratorisch: weil die Ehe­ schließung bereits durch die übereinstimmende Erklärung abgeschlossen ist); 3. die Zuziehung der beiden Solennitätszeugen; 4. die Eintragung in das Heiratsregister; 5. die Zuständigkeit des Standesbeamten. Zuständig ist der Standesbeamte, in dessen Bezirke einer der Ver» lobten seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Litterae dimissoriales: der zuständige Standesbeamte darf einen un­ zuständigen Standesbeamten zur Entgegennahme der Eheschliessungs­ erklärungen ermächtigen; dagegen erfolgen Aufgebot und Vorprüfung von dem vorher zuständigen Standesbeamten.

§ 9. Die Wederverheiratung im Lalle -er TodrserKlärung unterliegt besonderer Ordnung, B 1348—1352. I. Geht ein Ehegatte, nachdem der andere Ehegatte für tot erklärt worden ist, eine neue Ehe ein, so ist die neue Ehe auch dann gültig, wenn der für tot erklärte Ehegatte noch lebt. 1. Wissen beide Ehegatten bei der Eheschließung, daß der für tot Erklärte die Todeserklärung überlebt hat, so liegt ein Nichtigkeitsgrund vor. 2. Wird das Ausschlußurteil angefochten, so besteht bis zur Er­ ledigung dieses Rechtsstreites ein aufschiebendes Ehehindernis, es sei denn, daß die Anfechtung erst zehn Jahre nach der Verkündung des Urteiles erfolgt ist. II. Mit der Schließung der neuen Ehe wird die frühere Ehe aus­ gelöst. Sie bleibt auch dann aufgelöst, tvenn die Todeserklärung infolge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird. III. Jeder Ehegatte der neuen Ehe kann, wenn der für tot erklärte Ehegatte noch lebt, die neue Ehe wegen Irrtums im Motiv anfechten, es sei denn, daß er bei der Eheschließung von dessen Leben Kenntnis hatte. 2. Kapitel.

Die Ehehin-ernisse. § 10. Ghehin-ernisse sind die gesetzlich bezeichneten Tatbestände, die das Zustandekommen einer rechtsgültigen Ehe verhindern können und in gewissen Fällen überhaupt verhindern. Ehehindernisse sind Tatbestände, die im Augenblicke der Ehe­ schliessung bereits vorliegen und das Zustandekommen einer gültigen Ehe verhindern können. Scheidungsgründe sind dagegen Tatbestände, die nach dem Ab­ schlüsse einer gültigen Ehe entstehen und die Auflösung einer bis dahin gültigen Ehe herbeiführen können.

a) Doppelehe: Es besteht eine gültige Ehe, trotzdem wird eine zweite Ehe eingegangen: für die erste Ehe ist dies ein Scheidungsgrund, für die zweite ein Nichtigkeitsgrund. b) Ehebruch: Der Ehegatte einer gültigen Ehe begeht Ehebruch (Scheidun£sgrund für den anderen Gatten); der wegen Ehebruchs ge­ schiedene Gatte heiratet den Ehebrecher ohne Dispens (Nichtigkeitsgrund. I. Nichtigkeitsgründe, impedimenta dirimentia publica, sind solche Ehehindernisse, deren Vorhandensein es bewirkt, daß eine gleich­ wohl geschlossene Ehe durch gerichtliches Urteil im Wege der Nichtigkeits­ klage für nichtig erklärt wird. II. Anfechtungsgründe, impedimenta dirimentia privata, sind Ehehindernisse, deren Vorhandensein es bewirkt, daß auf Anfechtungs­ klage des Berechtigten hin die Ehe für nichtig erklärt werden kann. III. Aufschiebende Ehehindernisse, impedimenta impedientia, sind Ehehindernisse, bet deren Kenntnis der Standesbeamte die Eingebung einer Ehe nicht zulassen darf, deren Vorhandensein aber eine gleichwohl abgeschlossene Ehe in ihrem Bestände nicht bedroht.

§ 11. Aufschiebende Ehehindernisse liegen in folgenden Fällen vor: 1. wenn die Auseinandersetzung des Witwers noch nicht erfolgt ist; 2. wenn das Trauerjahr der Witwe noch nicht abgelaufen ist; 3. wenn zwischen den Verlobten ein Adoptivverhältnis besteht; 4. wenn der erforderliche Konsens für die Eheschließung des Aus­ länders, der Militärperson, des Landesbeamten nicht erteilt ist; 5. wenn jemand mit Verwandten gerader Linie des anderen Teiles geschlechtlich verkehrt hat; 6. Schweben der Anfechtungsklage gegen ein die Todeserklärung des Gatten enthaltendes Ausschlußurteil; 7. wenn die erforderliche elterliche Einwilligung für die Eheschließung des minderjährigen Kindes nicht erteilt ist. § 12. Nichtigkeitsgründe find die fünf Tatbestände, deren Vor­ handensein im Augenblicke der Eheschließung es bewirkt, daß die Ehe im Wege der Nichtigkeitsklage durch ein dahin lautendes rechtskräftiges Urteil getrennt werden kann. Ueber Ehesachen vgl. Band 9. I. Eine Ehe ist nichtig, wenn die wesentlichen Formvorfchriften nicht beobachtet worden find, vgl. w. o. Seite l>. 1. Heilung des Formmangels ist möglich, wenn die Ehe in das Heiratsregister eingetragen ist und die Ehe nach der Eheschließung zehn Jahre oder bei früherem Tode eines Ehegatten mindestens drei Jahre gedauert hat. 2. Nichtehe ist diejenige unter Formmangel abgeschlossene Ehe, welche nicht ins Heiratsregister eingetragen ist. Sie ist im Gegensatze zur nichtigen Ehe unheilbar nichtig, kann also nicht bestätigt werden. II. Die Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig oder bewußtlos oder vorübergehend geistes-

gestört war. Die Heilung erfolgt durch Bestätigung nach Wegfall des Geschäftsunfähigkeitsgrundes. III. Eine Ehe ist nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten in gültiger Ehe lebt. IV. Eine Ehe ist nichtig, wenn sie zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürligen oder halbbürtigen Geschwistern oder zwischen Verschwägerten in gerader Linie abgeschlossen ist; dies gilt auch für die uneheliche Verwandtschaft. Dagegen ist die Geschlechtsgemeinschaft des einen Ehegatten mit Verwandten gerader Linie des anderen Ehegatten kein Nichtigkeitsgrund.

V. Eine Ehe ist nichtig, wenn ein wegen Ehebruches geschiedener Ehegatte denjenigen heiratet, mit dem er nach der Feststellung des Scheidungsurteiles den Ehebruch, dessentwegen die Ehe geschieden worden ist, begangen hat. — Die Heilung erfolgt durch nachträgliche Befreiung.

§ 13. Ansechtungsgründe sind Tatbestände, deren Vorhandensein einem bestimmten Interessenten das Recht gibt, im Wege der An­ fechtungsklage die Ehe vernichten zu lassen. Ueber Ehesachen vgl. Band 9.

I. Es bestehen sechs Anfechtungsgründe,1. der Mangel der vorgeschriebenen Einwilligung des gesetzlichen Vertreters; 2. wenn der Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewußt hat, daß es sich um eine Eheschließung handelt, oder dies zwar gewußt hat, aber eine Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, nicht hat abgeben wollen; 3. Irrtum, wenn der Ehegatte bei der Eheschließung in der Person des anderen Ehegatten oder über solche persönliche Eigenschaften des anderen Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten haben würden; 4. arglistige Täuschung, wenn der Ehegatte zur Eingehung der Ehe durch arglistige Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten haben würden; Täuschung durch einen Dritten berechtigt zur Anfechtung nur dann, wenn der andere Ehegatte bei der Eheschliessung diese Täuschung ge­ kannt hat. Auf Grund einer Täuschung über Vermögensverhältnisse findet die Anfechtung nicht statt.

5. Drohung, wenn der Ehegatte zur Eingehung der Ehe widerrecht­ lich durch Drohung bestimmt worden ist; 6. Die Rückkehr des für tot erklärten Ehegatten, B 1350. II. Anfechtungsberechtigt ist grundsätzlich nur der Ehegatte; es kann auch der beschränkt geschäftsfähige Ehegatte anfechten, und zwar ohne Zustimmung tes gesetzlichen Vertreters.

1. Die Anfechtung wird durch Genehmigung der mangelhaften Ehe seitens des gesetzlichen Vertreters oder des geschäftsfähig gewordenen Ehe­ gatten (im Falle des Einwilligungsmangels) ausgeschlossen. 2. In den übrigen Fällen wird die Anfechtung durch Bestätigung nach Kenntnis des Mangels ausgeschlossen. 3. Nach Auslösung der Ehe durch den Tod des anfechtungsberechtigten Ehegatten ist eine Anfechtung ausgeschlossen; stirbt dagegen der andere Ehegatte, dann erfolgt die Anfechtung durch öffentlich be­ glaubigte Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. 4. Die Anfechtungssrist beträgt 6 Monate. III. Wird eine anfechtbare Ehe erfolgreich angefochten, dann gilt sie als von Anfang an nichtig. 3. Kapitel.

Die Wirkung und Endigung der Ehe. § 14. Die Wirkungen -er Ehe. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Wird diese nicht gewährt, dann kann der Ehegatte die Klage auf Herstellung der ehelichen Gemeinschaft anstrengen. Ueber Ehesachen vgl. Band 9.

I. Der Mann hat die führende Stellung. Er entscheidet grundsätz­ lich bei Meinungsverschiedenheiten; jedoch kann die Frau gegen Mißbrauch das Vormundschaftsgericht anrufen. II. Die Frau teilt den Wohnsitz und den Namen des Mannes. Sie hat das Recht, den Haushalt zu leiten, sie vertritt den Mann im Umfange der Schlüsselgewalt; der Mann kann diese Vertretungsbefugnis durch Eintragung im Güterrechtsregister mit Wirkung gegen Dritte be­ schränken oder ausschließen. 1. Schlüsselgewalt bedeutet, daß die Frau berechtigt ist. innerhalb ihres ehelichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschüfte, die sie innerhalb der Schlüsselgewalt vornimmt, gellen als im Namen des Mannes vor­ genommen. Passiv legitimiert ist also hierfür nur der Mann. 2. Es besteht ein Kündigungsrecht des Mannes nach B 1358, wenn die Frau sich einem Dritten gegenüber zu einer persönlichen Leistung verpflichtet hat. 3. Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau nur verpflichtet, soweit eine solche Tätigkeit nach den Ver­ hältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist. 4. Die Ehegatten haften einander für culpa in concreto. III. Der Mann hat der Frau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner Erwerbssähigkeit Unterhalt zu gewähren. 1. Ist der Mann außerstande, sich selbst zu unterhalten, dann hat

die Frau ihm den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeil zu gewähren. 2. Leben die Ehegatten getrennt, so ist der Unterhalt als Geldrente zu gewähren, solange einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern darf und verweigert. IV. In vermögensrechtlicher Beziehung bestehen Rechtsvermutungen. 1. Zugunsten der Gläubiger des Mannes gelten bewegliche Sachen, wenn sie im Besitze eines oder beider Ehegaiten sind, als dem Manne gehörig. Gegensatz: Bei der praesumtio Muciana gilt die Vermutung für alle Sachen (nicht nur Mobilien) und sowohl zugunsten des Mannes als auch zugunsten seiner Gläubiger; vgl. Band 18 68.

2. Im Verhältnisse der Ehegatten zueinander und zu den Gläubigern gelten die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen als der Frau gehörig. § 15. Scheidung ist die Trennung einer rechtsgültigen Ehe durch rechtskräftiges Gerichtsurteil. I. Das zivile Ehescheidungsrecht ist für Angehörige aller Konfessionen gleich; vgl. über Ehesachen Band 9. Bei der Nichtigkeit der Ehe infolge einer Nichtigkeits- oder An­ fechtungsklage erfolgt eine Auflösung der Ehe ex tune (Rücktritt); bei der Ehescheidung erfolgt eine Auflösung der Ehe ex nunc (Kündigung); die Scheidung setzt daher eine gültige Ehe voraus.

II. Scheidungsgründe sind die im Gesetze bestimmten Tatbestände, auf Grund deren ein Ehegatte verlangen kann, daß die Ehe durch Gerichtsurteil aufgelöst werde. Die Auflösung tritt mit der Rechtskraft des Scheidungsurteiles ein. III. Die Scheidungsklage muß binnen 6 Monaten seit der Kenntnis vom Scheidungsgrunde erhoben werden. 1. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn 10 Jahre seit dem Eintritte des Scheidungsgrundes verstrichen sind. Die Frist läuft nicht während der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft. Die Frist beginnt zu laufen: a) mit dem Tage der Aufforderung zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft, b) mit dem Tage der Klageerhebung, c) mit dem Tage der Ladung zum Sühnetermin.

2. Scheidungsgründe können auch dann noch vorgebracht werden, wenn die Geltendmachung nicht mehr zulässig ist, oder wenn sie ver­ jährt sind. § 16. Absolute Scheidungsgründe sind die im Gesetze genannten, vom Ermessen des Gerichtes unabhängigen Tatbestände. I. Ehebruch, Doppelehe, Päderastie, Sodomiterei. Das Scheidungsrecht ist jedoch ausgeschlossen, wenn der andere Gatte dejn Ehebruch oder der strafbaren Handlung zugestimmt oder der

Teilnahme sich schuldig gemacht hat; ebenso geht das Ehescheidungs­ recht durch Verzeihung unter.

II. Wenn ein Ehegatte dem anderen nach dem Leben trachtet, insidiae. III. Wenn ein Ehegatte den anderen böslich verlassen hat. Bösliche Verlassung liegt nur vor: 1. als malitiosa desertio, wenn ein Ehegatte ein Jahr lang gegen den Willen des anderen in böslicher Absicht der häuslichen Gemeinschaft sich fernhält und seit Jahresfrist sowie noch zur Zeit des Urteils die Vor­ aussetzungen der öffentlichen Zustellung vorliegen; 2. als quasi malitiosa desertio, wenn ein Ehegatte rechtskräftig zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft verurteilt worden ist (präpara­ torische Klage, siehe w. o. Seite 10) und sodann ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in böslicher Absicht dem Urteile nicht Folge leistet. Wird die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so bleibt noch ein Rest­ band zurück. Verzeihung ist Ausschliessungsgrund. — Der Ehegatte muss bereit sein, den anderen bei sich aufzunehmen.

§ 17. Relative Scheidungsgründe sind Tatbestände, die nach dem Ermessen des Gerichtes eine Scheidung der Ehe notwendig machen. I. Schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten, z. B. Mißhandlung, Verletzung der Unterhaltspflicht. II. Ehrloses oder unsittliches Verhalten, z. B. Verurteilung zu Zuchthausstrafe, Tribadie, andere Sittlichkeitsdelikte als die unter den absoluten Scheidungsgründen genannten. Bei diesen beiden relativen Scheidungsgründen (I und II) muß nach dem Ermessen des Gerichtes eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet sein, daß dem anderen Ehegatten eine Fort­ setzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. Durch Verzeihung geht das Scheidungsrecht unter.

III. Eine Scheidung kann verlangt werden, wenn ein Ehegatte in Geisteskrankheit verfällt und die Krankheit während der Ehe mindestens 3 Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben sowie jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist.

2. Abteilung.

Das eheliche Güterrecht. § 18. Oüterrecht nennt man die gesetzlichen Vorschriften, welche die durch die Begründung und das Bestehen einer Ehe bedingten Ver­ änderungen in den Vermögensverhältnissen der Ehegatten anordnen.

I. Das Güterrecht kann durch das Gesetz verschieden geordnet werden. 1. Negionalsystem: das Güterrecht bestimmt sich nach dem ersten ehelichen Wohnsitze der Ehegatten, z. B. nach ALR, vgl. Band 21 40. 2. Legalsystem: ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Ehegatten gilt ein Güterrecht,- es ist aber durch Ehevertrag abänderbar. So nach B. II. Gesetzliches Güterrecht nach B ist der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes (Verwaltungsgemeinschaft). 1. In bestimmten Fällen gilt außerordentliches gesetzliches Güterrecht (Dotalsystem). 2. Die Ehegatten können ihren Güterstand vertraglich regeln. § 19. Gheverlrag ist ein Vertrag der Ehegatten über ihre güter­ rechtlichen Verhältnisse; B 1432—1436. I. Form: der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor Richter oder Notar geschlossen werden. Gegensatz: der Erbvertrag (Band 5) wird vor Richter und Ge­ richtsschreiber oder vor Notar und zwei Zeugen (oder an deren Stelle, einem zweiten Notar) abgeschlossen; ist jedoch der Erbvertrag mit einem Ehevertrage verbunden, dann genügt die Form des letzteren. Vgl. auch w. o. Seite 3.

II. Inhalt des Ehevertrages kann eines der Güterrechte sein, welche das B als vertragsmäßige Güterrechte aufgestellt hat (allgemeine Güter­ gemeinschaft, Fahrnisgemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft), oder die Ehegatten können ein Güterrecht komponieren. Der Güterstand darf nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes oder auf ein ausländisches Gesetz bestimmt werden.

III. Wirkungen des Ehevertrages einem Dritten gegenüber: B 1435. IV. Das Güterrechtsregister ist ein öffentliches Buch, das beim Amtsgerichte des Wohnsitzes des Mannes geführt wird. 1. Anträge zum Güterrechtsregister sind in öffentlich beglaubigter Form zu stellen. 2. Antragsberechtigt ist: a) der Ehemann: bei Beschränkung oder Ausschließung der Schlüssel­ gewalt oder bei Einspruch oder Widerruf der Einwilligung im Falle des selbständigen Betriebes eines Erwerbsgeschäftes der Frau; b) beide Ehegatten: im allgemeinen in allen übrigen Fällen; c) ein Ehegatte allein: a) zur Eintragung eines Ehevertrages oder eines entsprechenden gerichtlichen Entscheides; — ß) zur Wiederholung einer Eintragung bei einem anderen Registergerichte, wenn mit dem Eintrage die ftühere Eintragung in öffentlich beglaubigter Form vor­ gelegt wird. 3. Das Güterrechtsregister ist unbeschränkt öffentlich; jeder hat ohne Nachweis eines Interesses ein Recht auf Einsichtnahme und kann Abschriften erhalten.

§ 20. NerwaUungsgemeinschaft, b. i. der Güterstand bex Ver­ waltung und Nutznießung des Mannes, ist das ordentliche gesetzliche Güterrecht, B 1363—1425. I. Einteilung des Vermögens der Frau: eingebrachtes Gut und Vorbehaltsgut. 1. Eingebrachtes Gut der Frau ist das Vermögen, das durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unter­ worfen wird, und ferner das Vermögen, das die Frau während der Ehe erwirbt. 2. Vorbehaltsgut der Frau sind: a) die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen, Arbeitsgeräte; b) was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschästes erwirbt; c) was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist; d) was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder als Pflichtteil erwirbt (Erwerb von Todes wegen), oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewandt wird, wenn der Erblasser durch letziwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll; e) was die Frau auf Grund eines zum Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz sin; die Zerstörung, Beschädigung oder Ent­ ziehung eines zum Vorbehaltsgule gehörenden Gegenstandes oder durch ein auf das Vorbehaltsgut sich beziehendes Rechtsgeschäft sich erwirbt (Surrogationsprinzip). II. Die Rechtsstellung des Mannes gegenüber den Gütern der Frau: 1. Der Mann har gegenüber dem Vorbehaltsgute dieselbe Stellung wie bei der Gütertrennung (w. u. Seite 16); jedoch hat die Frau einen Beitrag zu den Ehekosten nur insoweit zu leisten, als der Mann nicht schon durch die Nutzungen des Eingebrachten befriedigt wird. 2. Eigentümer des Eingebrachten ist die Frau; sie bedarf jedoch zur Verfügung über das Eingebrachte der Einwilligung des Mannes. a) Der Mann ist zum Besitze des Eingebrachten berechtigt; er hat das Eingebrachte ordnungsgemäß zu verwalten und der Frau hierüber auf Verlangen Auskunft zu geben. Der Mann hat nicht das Recht, die Frau durch Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über das Eingebrachte ohne ihre Zustimmung zu ver­ fügen. Ausnahme: ohne Zustimmung der Frau kann der Mann: 1. über Geld und andere verbrauchbare Sachen verfügen; 2. Forderungen der Frau gegen solche Forderungen an die Frau, deren Berichtigung aus dem Eingebrachten verlangt werden kann, auf­ rechnen ; 3. Verbindlichkeiten der Frau zur Leistung eines eingebrachten Gegenstandes durch dessen Leistung erfüllen; in diesem Falle soll er jedoch nur zum Zwecke ordnungsmässiger Verwaltung verfügen (B 1377 bis 1388).

b) Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen; die Frau kann verlangen, daß der Mann hierzu den Reinertrag des eingebrachten Gutes ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen verwendet. c) Verfügungen der Frau B 1396—1407. d) Das Recht der Verwaltung und Nutznießung des Mannes ist nicht übertragbar und nicht pfändbar; ist der Mann bevormundet, so vertritt ihn der Vormund in der Verwaltung und Nutznießung. III. Schuldenhaftung: die Gläubiger des Mannes können nicht Befriedigung aus dem Eingebrachten verlangen; dagegen können die Gläubiger der Frau ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes Befriedigung aus dem eingebrachten Gute grundsätzlich verlangen. A. Schulden der Frau, die nach der Eingehung der Ehe begründet werden, verhaften das Eingebrachte nur dann: 1. wenn der Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäfte erteilt, 2. wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist, 3. für die Kosten eines Rechtsstreites der Frau, 4. für ein mit Einwilligimg des Mannes von der Frau selbständig betriebenes Erwerbsgeschäft. B. Keine Haftung des Eingebrachten: 1. für Verbindlichkeiten der Frau infolge eines letztwilligen Erwerbes nach Eingehung der Ehe für Vorbehaltsgut, 2. für Verbindlichkeiten der Frau nach Eingehung der Ehe in Be­ ziehung auf das Vorbehaltsgut, 3. für unerlaubte Handlungen der Frau während der Ehe oder für Verbindlichkeiten aus einem Strafverfahren. 4. für Vorbehaltsschulden, auch wenn sie vorehelich sind, 5. für Kosten eines Prozesses wegen Nr. 3 und 4. C. Prozeßführung: 1. des Mannes: a) Äktivprozesse, durch welche ein zum Eingebrachten gehörendes Recht gellend gemacht wird, kann der Mann führen; er ist aktiv legitimiert, B 1318. b) Passivprozesse (wie zu a) sind gegen die Frau zu führen; sie ist passiv legitimiert. Führt die Frau den Prozeß ohne Zustimmung des Mannes, so ist das Urteil dem Manne gegenüber unwirksam. Zur Zwangsvollstreckung in das Eingebrachte: Urteil gegen den Mann aus Duldung, Z 739 (falls das Urteil sonst dem Manne gegen­ über nicht wirkt). 2. der Frau: a) Aktivprozesse: «) in bezug auf Eingebrachtes: die Frau ist nur mit Zustimmung des Mannes aktiv legitimiert, B 1400.

ß) in den übrigen Fällen: sie ist allein aktiv legitimiert. Das Urteil ist dem Manne gegenüber nur wirksam, wenn er der Prozeßführung zugestimmt hat. b) Passivprozesse: die Frau ist passiv stets legitimiert (tu. o. unter 1b). IV. Beendigung der Verwaltungsgemeinschast tritt ein: A. mit der Rechtskraft des Urteiles auf die Aufhebungsklage der Frau hin in 5 Fällen: 1. wenn die Frau wegen erheblicher Gefährdung des Eingebrachten Sicherheitsleistung vom Manne fordern kann; 2. wenn der Mann seiner Frau und den Kindern gegenüber der Unterhaltspflicht nicht entsprochen hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung zu besorgen ist; 3. bei Entmündigung des Mannes; 4. wenn der Mann infolge eines körperlichen Gebrechens (Taubheit, Blindheit. Stummheit) oder wegen geistiger Gebrechen einen Pflegergemäß B 1910 erhalten hat; 5. wenn für den Mann ein Abwesenheitspfleger bestellt und die baldige Aufhebung der Pflegschaft nicht zu erwarten ist; B. wenn der Mann in Konkurs kommt; C. wenn der Mann für tot erklärt wird. Wirkung der Aufhebung der Verwaltungsgemeinschast: der Mann hat das Eingebrachte der Frau herauszugeben und ihr über die Ver­ waltung Rechenschaft abzulegen.

§ 21. Gütertrennung (oder außerordentliches gesetzliches Güterrecht) ist der ausnahmsweise eintretende Güterstand, bei dem beide Vermögens­ massen getrennt sind. I. Fälle der Gütertrennung sind: 1. wenn der Mann eine beschränkt geschäftsfähige Frau ohne Ein­ willigung ihres gesetzlichen Vertreters geheiratet hat (Trotzehe): 2. tvenn durch Güterverlrag die Verwaltüngsgemeinschaft oder ein anderes vertraglich begründetes Güterrecht aufgelöst wird, ohne daß in dem Vertrage bestimmt wird, was an dessen Stelle treten soll; 3. lvenn auf Grund der Aufhebungsklage der Frau die Verwaltungs­ gemeinschaft aufgelöst wird; 4. wenn die eheliche Gemeinschaft, die aufgehoben war, wieder her­ gestellt wird; 5. wenn der Mann in Konkurs kommt; 6. wenn die Gütertrennung vertraglich vereinbart wird; 7. bei Todeserklärung. II. Rechtsstellung der Ehegatten: der Mann hat ben ehelichen Auf­ wand zu tragen, die Frau hat ihm aus ihren: Vermögen einen an­ gemessenen Beitrag zu leisten. Diesen Beitrag kann sie jedoch in drei Fällen zurückhalten: 1. bei Gefährdung ihres Unterhaltes, 2. bei Entmündigung des Mannes, 3. bei einer Pflegschaft wegen Gebrechlichkeit oder Abwesenheit des Mannes.

III. Die Frau kann trotz der Gütertrennung dem Manne die Ver­ waltung ihres Vermögens übertragen- er kann dann die Einkünfte nach freiem Ermessen verwenden. IV. Die Gütertrennung wirkt gegen Tritte nur, wenn sie ins Güter­ rechtsregister des zuständigen Amtsgerichtes eingetragen oder dem Dritter, bekannt ist. § 22. Allgemeine Gütergemeinschaft ist ein Güterrecht, bei welchem das Vermögen des Mannes und der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesamtgut) wird. Der Erwerb beider Ehegatten während der Ehe fällt ins Gesamtgut; die einzelnen Gegen­ stände werden gemeinschaftlich, ohne daß es rechtsgeschäftlicher Ueber* tragung bedarf, B 1437—1518. Die Berichtigung des Grundbuches kann bei Tabularrechten von jedem Ehegatten verlangt werden.

I. Es sind daher drei Gütermassen zu unterscheiden. 1. Gesamtgut, d. i. das beiden Ehegatten zur gesamten Hand ge­ hörende Vermögen. 2. Sondergut eines jeden Ehegatten sind Gegenstände, die rechtsgeschäftlich nicht übertragen werden können, z. B. Nießbrauch. 3. Borbehaltsgut ist das vom Gesamtgute ausgeschiedene Vermögen eines jeden Ehegatten; zum Vorbehaltsgute gehören: a) was durch Ehevertrag sür Vorbehalts gut eines Ehegatten erklärt worden ist; b) unentgeltlicher Erwerb unter Lebenden oder von Todes wegen, mit der Bestimmung, daß es Borbehaltsgut werden soll; c) Surrogationsprinzip. II. Das Gesamtgut steht in der Verwaltung des Mannes; er darf über Fahrnis frei verfügen; bei Immobilien, bei Schenkungen sowie bei einer Verfügung über das Gesamtgut im ganzen bedarf er der Ge­ nehmigung der Frau. Der Mann ist der Frau für die Verwaltung des Gesamtgutes grundsätzlich nicht verantwortlich. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesanltgute zur Last. 1. Schenkungen aus dem Gesamtgute kann der Mann nur dann machen, wenn sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen. 2. Geschäfte des Mannes ohne Einwilligung der Frau: B 1448,1449. 3. Vertretung des Mannes durch die Frau B 1450. 4. Geschäfte der Frau ohne Zustimmung des Mannes: B 1453 bis 1455. III. Das Gesamtgut haftet: 1. sür alle Schulden des Mannes, 2. für voreheliche Schulden der Frau, sofern sie nicht Vorbehalts­ schulden sind, Posen er Grundriß Band 4.

2

3. für mit Zustimmung des Mannes entstandene Schulden der Frau, 4. für solche Schulden, bei denen die Frau der Zustimmung des Mannes nicht bedarf. IV. Endigung der allgemeinen Gütergemeinschaft: A. Die Frau kann aus Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen: 1. wenn der Mann Geschäfte, bei denen er der Zustimmung der Frau bedarf, ohne ihre Zustimmung vornimmt und für die Zukunft das Vermögen der Frau erheblich gefährdet erscheint; 2. wenn der Mann in der Absicht, die Frau zu benachteiligen, das Gesamtgut vermindert; 3. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemein­ schaftlichen Abkömmlingen Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft der Unterhalt erheblich gefährdet erscheint; 4. wenn der Mann als Verschwender entmündigt ist, oder wenn er das Gesamtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet; 5. wenn das Gesamtgut durch Schulden des Mannes derart über­ schuldet wird, daß ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet erscheint. Die Aufhebung der Gütergemeinschaft tritt mit Rechtskraft des Auf­ hebungsurteils ein; es gilt sodann Gütertrennung. Die Auseinander­ setzung erfolgt derart, daß zunächst die Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden und sodann der Ueberschuß unter die Ehegatten zu gleichen Teilen verteilt wird. Im Falle der Scheidung kann der unschuldige Gatte von dem allein­ schuldigen verlangen, dass jeder den Wert des Eingebrachten zurück­ erstattet.

B. Der Mann kann auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesamtgut durch Schulden der Frau, die ihm gegenüber nicht Gesamtgutschulden sind, derart überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb des Mannes erheblich gefährdet erscheint. C. Der Konkurs: Band 10 25. D. Stirbt ein Gatte in unbeerbter Ehe, so gehört der Anteil des verstorbenen Gatten am Gesamtgute zum Nachlasse. § 23. Fortgesetzte Gütergemeinschaft ist die zwischen dem über­ lebenden Ehegatten und denjenigen gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die infolge der gesetzlichen Erbfolge als Erben berufen sind, stattfindende Fortsetzung der Gütergemeinschaft. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemein­ schaft ablehnen. Durch Ehevertrag und gemäss B 1509 durch letztwillige Verfügung kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen werden.

I. Der Anteil des Verstorbenen am Gesamtgute ist nicht Gegenstand der Beerbung. 1. Das Gesamtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesamtgute und aus dem Vermögen, das der überlebende

Ehegatte aus dem Nachlasse des Verstorbenen oder aber nach dem Ein­ tritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt. 2. Das Vermögen der gemeinschaftlichen Abkömmlinge oder ihr späterer Erwerb fällt nicht in das Gesamtgut. II. Endigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft: 1. durch Aufhebung seitens des überlebenden Ehegatten mittels Er­ klärung in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlaßgerichte oder aber mittels gerichtlich oder notariell beurkundeten Vertrages zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem anteilsberechtigten Ab­ kömmlinge; 2. durch die Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten; 3. durch den Tod des überlebenden Ehegatten; 4. durch ein Aufhebungsurteil im Wege einer Klage des anteilsberechtigten Abkömmlings gegen den überlebenden Ehegatten, und zwar: a) aus denselben ersten vier Gründen wie w. o. Seite 18; b) ferner dann, wenn der überlebende Ehegatte die elterliche Ge­ walt über den Abkömmling verwirkt hat oder, falls sie ihm zugestanden hätte, verwirkt haben würde. 8 24. Errungenschastsgemeinschaft nach B 1519—1548:

I. Gesamtgut ist das gemeinschaftliche Vermögen beider Ehegatten. 1. Zum Gesamtgut gehört, was der Mann oder die Frau während der Errungenschaftsgemeinschaft erwirbt. 2. Aus das Gesamtgut finden die Vorschriften für die allgemeine Gütergemeinschaft Anwendung. 3. In das Gesamtgut fallen auch die Nutzungen des Eingebrachten. II. Eingebrachtes Gut eines jeden Ehegatten ist: 1. was beim Eintritt der Errungenschaftsgemeinschaft ihm gehört; 2. was er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder durch Ausstattung erwirbt; ausge­ nommen ist dagegen ein Erwerb, der den Umständen nach zu den Ein­ künften zu rechnen ist; 3. Gegenstände, die rechtsgeschästlich nicht übertragen werden können, ferner Rechte, die mit dem Tode des berechtigten Galten erlöschen, oder deren Erwerb durch den Tod eines Galten bedingt ist, z. B. Lebens­ versicherung ; 4. was durch Ehevertrag für Eingebrachtes erklärt wird; 5. Surrogationsprinzip. III. Vorbehaltsgut der Frau ist: 1. was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist; 2. was der Frau unentgeltlich unter Lebenden oder von Todes wegen mit entsprechender Bestimmung zugewendet wird; 3. was gemäß dem Surrogationsprinzipe in das Vorbehaltsgut fällt. Ein Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen.

IV. Rechtsstellung des Gesamtgutes.

1. Rechtsvermutung: es wird vermutet, daß das vorhandene Ver­ mögen Gesamtgut sei. 2. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesamtgute zur Last. 3. Gesamtgutsverbindlichkeiten sind: a) Schulden des Mannes; b) folgende Schulden der Frau: «) Lasten ihres eingebrachten Gutes; — ß) konsentierte oder ohne Konsens für das Gesamtgut wirk­ same Schulden der Frau; — y) Schulden eines konsentierten Erwerbs­ geschäftes; — &) Alimentationsschulden der Frau. V. Endigung der Errungenschaftsgemeinschaft: 1. durch Aufhebungsurteil im Falle der Klage der Frau oder des Mannes; 2. beim Konkurse über das Vermögen des Mannes; 3. bei der Todeserklärung eines Ehegatten. § 25. Fahrnisgemeinschaft ist die Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft; sie wird im allgemeinen wie die allgemeine Gütergemeinschaft behandelt, B 1549—1557. I. Gesamtgut ist das gesamte Fahrnisvermögen und die Errungen­ schaft, bei letzterer auch Liegenschaften. II. Eingebrachtes Gut eines jeden Ehegatten ist: 1. unbewegliches Vermögen, das beim Eintritte der Fahrnis­ gemeinschaft vorhanden ist, oder das ein Ehegatte während der Gemein­ schaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf künf­ tiges Erbrecht, durch Schenkung oder durch Ausstattung erwirbt; 2. Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäfte übertragen werden können; 3. was durch Ehevertrag für Eingebrachtes erklärt ist; 4. was von Todes wegen oder unentgeltlich unter Lebenden mit entsprechender Bestimmung erworben wird. III. Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen. Dagegen ist ein Vorbehaltsgut der Frau zugelassen. IV. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt hier nur ein, wenn sie durch Ehevertrag vereinbart ist.

3. Abteilung.

Das Berwandtschaftsrecht. § 26. Verwandtschaft ist die rechtliche Beziehung zwischen den Angehörigen einer Familie; Schwägerschaft ist das Verhältnis eines Ehegatten zu den Verwandten des anderen Ehegatten. I. Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. B 1589, 1590.

1. Die Berechnung der Gradesnähe richtet sich nach den vermittelnden Zeugungen; bei Seitenverwandtschaften werden die sämtlichen vermittelnden Zeugungen gezählt (ebenso im römRe). Kanonisch: bei Seitenverwandtschaft wird nur bis zum gemeinsamen Stammvater gezählt, ev. nur die eine längere Linie.

1. Ein uneheliches Kind gilt nicht als mit seinem Erzeuger ver­ wandt; Ausnahme nur bei den Ehehindernissen, siehe w. o. Seite 9. 2. Die Schwägerschast besteht in derselben Linie und in demselben Grade, wie die Linie und der Grad der vermittelnden Verwandt­ schaft es angeben. Die Schwägerschaft dauert auch nach Auslösung der sie begründenden Ehe fort. Auch das Stiefverhältnis ist eine Schwäger­ schast. II. Grundlage der Verwandtschaft ist die natürliche Abstammung; bevorzugt wird jedoch die eheliche vor der unehelichen Abkunft, B 1591 bis 1600. RömR: Band 18 57, 59.



DeutschesR: Band 19 22.

1. Ein Kind, das nach Eingehung der Ehe geboren wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann ihr innerhalb der Empsängniszeit beigewohnt hat. Es genügt also Ge­ burt in der Ehe. a) Rechtsvermutung: pater est quem nuptiae demonstrant; es wird vermutet, daß der Mann innerhalb der Empsängniszeit der Frau beigewohnt habe. b) Das Kind ist nicht ehelich, wenn — trotz vollzogener Bei­ wohnung — es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind vom Manne empfangen hat. c) Empfängniszeit ist die Zeit von dem 181. bis zum 302. Tage vor dem Tage der Geburt des Kindes, einschließlich beider Tage. 3. Die Geltendmachung der Unehelichkeit eines während der Ehe oder spätestens am 302. Tage nach Auflösung der Ehe geborenen Kindes erfolgt durch Anfechtung seitens des Mannes (oder ev. durch einen an­ deren Interessenten, wenn der Mann ohne Verlust des Anfechtungsrechtes gestorben ist). a) Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist seit Kenntnis der Geburt des Kindes erfolgen; die Anfechtung ist höchstpersönlich und kann auch durch den beschränkt geschäftsfähigen Mann erfolgen. b) Die Anfechtung erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch An­ fechtungsklage gegen das Kind; nach dem Tode des Kindes erfolgt die Anfechtung in öffentlich beglaubigter Form durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. c) Die Anfechtung ist durch Anerkennung der Ehelichkeil ausgeschlossen (actus legitimus). 4. Grenze wegen turbatio sanguinis: B 1600 (bis zum 270. Tage: erster Mann; nach dem 270. Tage: zweiter Mann).

§ 27. Unterhaltspflicht ist die kraft Gesetzes bestehende Last, für nahe Angehörige zu sorgen, insbesondere ihnen das Existenzminimum (notdürftig) oder die angemessene Existenz (standesgemäß) zu sichern. I. Verwandte in gerader Linie und Ehegatten sind verpflichtet, ein­ ander Unterhalt zu gewähren. 1. Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. 2. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner son­ stigen Verpflichtungen, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unter­ haltes, außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. II. Arten des Unterhaltes. 1. Standesgemäßer Unterhalt ist der nach der Lebensstellung des Bedürftigen ihm zu gewährende Unterhalt für seinen gesamten Lebens­ bedarf, insbesondere auch für die Kosten der Erziehung und der Vor­ bildung zu einem Berufe. 2. Notdürftiger Unterhalt ist geringer als der standesgemäße; wer durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, z. B. durch Trägheit, Ausschweifung, kann nur den notdürftigen Unterhalt ver­ langen; ebenso wer einer Verfehlung sich schuldig gemacht hat. die zur Pflichtteilsentziehung führen könnte. III. Die Gewährung des Unterhaltes erfolgt durch Entrichtung einer Geldrente. Der Unterhaltspflichtige kann statt der Geldrente aus be­ sonderen Gründen Unterhalt anderer Art. z. B. durch Naturalverpflegung, gewähren, insbesondere können Eltern, die einem unverheirateten Kinde Unterhalt gewähren, bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Dagegen gilt grundsätzlich: in praeteritum non vivitur, B 1613. In bezug auf den Unterhalt steht also die Ehefrau auch gegenwärtig noch dem minderjährigen Kinde gleich.

IV. Für die Zukunft kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.

8 28.

Die rechtliche Stellung -er ehelichen Kinder nach

B 1616—1698.

I. Das Kind erhält den Familiennamen des Vaters; es ist im elterlichen Hause seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechend zu Diensten verpflichtet, vgl. B 845. 1. Äusstattungspflicht des Vaters, ev. der Mutter: a) der Vater (bei Unvermögen oder Tod des Vaters: die Mutter) ist verpflichtet, der Tochter im Falle ihrer Verheiratung zur Einrichtung des Hausstandes eine angemessene Aussteuer (Steuer, weil es eine Pflicht ist) zu gewähren, soweit er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Ver­ pflichtungen ohne Gefährdung seines Vermögensstandes hierzu imstande ist und die Tochter selbst ein hierzu ausreichendes Vermögen nicht hat; — die Aussteuer kann verweigert werden, wenn die Tochter ohne die

§ 28. Die rechtliche Stellung der ehelichen Kinder.

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erforderliche elterliche Einwilligung sich verheiratet oder gegen sie ein Pflichtteilsentziehungsgrund vorliegt. Die Pflicht besteht nur einmal; bei wiederholter Ehe ist, falls bereits einmal ausgesteuert ist, eine noch­ malige Aussteuer nicht geboten. b) Ausstattung ist, was dem Kinde mit Rücksicht auf seine Ver­ heiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewandt wird. Die Ausstattung gilt nur insoweit als Schenkung, als sie den Umständen gemäß über das ge­ wöhnliche Maß hinausgeht; eine Ausstattung, die der Vater, der das Vermögen des Kindes verwaltet, dem Kinde gewährt, gilt im Zweifel als aus dem Kindsvermögen bewirkt. 2. Elterliche Gewalt ist das Recht und die Pflicht des Vaters, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen; das Kind steht, solange es minderjährig ist, unter elterlicher Gewalt. Besteht für einzelne Angelegenheiten des Kindes ein Pfleger, so um­ fasst die elterliche Gewalt diese Angelegenheiten nicht mit. a) Umfang der gesetzlichen Vertretung durch den Vater: der Vater vertritt das Kind gerichtlich und außergerichtlich; er hat das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaussichtigen und seinen Aufent­ haltsort zu bestimmen; er kann jederzeit die Herausgabe des ihm wider­ rechtlich entzogenen Kindes verlangen. b) Die Mutter hat ebenfalls die elterliche Gewalt; aber während der Vater die elterliche Gewalt ausübt, hat sie nur das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. 3. Die Vermögensverwaltung ist ein Teil der elterlichen Gewalt; — ihr sind jedoch entzogen: Gegenstände, die dem Kinde letztwillig oder unentgeltlich unter Lebenden mit der Bestimmung zugewandt sind, daß der Vater keine Verwallungsrechte daran haben soll. 4. Der Vater hastet nur für culpa in concreto. 5. Die Nutznießung des Vaters am Vermögen des KindeS ist ein Ausfluß der elterlichen Gewalt. Von der Nutznießung ausgeschlossen ist das freie Vermögen des Kindes, nämlich: a) persönliche Gebrauchsgegenstände des Kindes, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte; b) der Erwerb durch die Arbeit oder den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes des Kindes; c) der letztwillige oder der unentgeltliche Erwerb unter Lebenden mit der Bestimmung, daß das Erworbene der Nutznießung des Vaters entzogen sein soll; d) was auf Grund des Surrogationsprinzipes in das KindSvermögen fällt. Beendigung der Nutznießung: B 1661—1663. II. Das Vormundschaftsgericht kann in Angelegenheiten der elter­ lichen Gewalt einschreiten: L wenn der Vater an der Ausübung verhindert ist;

2. wenn er das geistige oder leibliche Wohl des Kindes gefährdet, B 1666; 3. wenn er die Unterhaltspflicht verletzt. III. Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters: 1. bei Geschäftsunfähigkeit des Vaters; 2. wenn der Vater beschränkt geschäftsfähig ist oder unter Ge­ brechlichkeilspflegschaft steht; 3. bei tatsächlicher Verhinderung auf längere Zeit. IV. Beendigung der elterlichen Gewalt des Vaters: 1. bei einer Todeserklärung des Vaters; 2. bei Verwirkung infolge einer Bestrafung (wegen eines am Kinde verübten Verbrechens oder vorsätzlich verübten Vergehens) zu Zuchthaus­ strafe oder Gefängnisstrafe von mindestens 6 Monaten. V. Die Mutter hat die elterliche Gewalt: 1. wenn der Vater verstorben oder für tot erklärt ist; 2. wenn der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat und die Ehe aufgelöst ist. (Bestellung eines Beistandes siehe unter VI.) Die Mutter verliert die elterliche Gewalt, wenn sie eine neue Ehe eingeht, behält jedoch das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Sie kann in diesem Falle Vormund werden. VI. Beistand ist eine zur Unterstützung der Mutter in Ausübung der elterlichen Gewalt bestellte Person. Das Vormundschastsgericht hat der Mutter einen Beistand zu be­ stellen; B 1687: 1. wenn der Vater die Bestellung letziwillig angeordnet hat, B 1777; 2. wenn die Mutter die Bestellung beantragt; 3. wenn das Vormundschastsgericht aus besonderen Gründen, ins­ besondere wegen des Umfanges oder der Schwierigkeit der VermögensVerwaltung, die Bestellung im Interesse des Kindes für nötig erachtet, auch in den Fällen von B 1666, 1667. Der Beistand kann für alle Angelegenheiten, für gewisse Arten von Angelegenheiten oder für einzelne Angelegenheiten bestellt werden; über den Umfang seines Wirkungskreises entscheidet die Bestellung. Ist der Umfang nicht bestimmt, so fallen alle Angelegenheiten in seinen Wirkungs­ kreis. — Hat der Vater die Bestellung angeordnet, so hat das Vormund­ schaftsgericht Bestimmungen, die er nach Massgabe von B 1777 über den. Umfang des Wirkungskreises getroffen hat, bei der Bestellung zu be­ folgen; B 1688.

Der Beistand hat innerhalb seines Wirkungskreises die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu unterstützen und zu überwachen; er hat dem Vormundschaftsgericht jeden Fall, in welchem es zum Ein­ schreiten berufen ist, unverzüglich anzuzeignen, B 1689. Die Genehmigung des Beistandes ist innerhalb seines Wirkungs­ kreises zu jedem .Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem ein Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes oder des Gegenvormundes be­ darf Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, welche die Mutter nicht ohne

die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes vornehmen kann, B 1690, Abs. 1. Die Genehmigung des Beistandes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes ersetzt; der Beistand ist in allen in seinen Tätig­ keitsbereich fallenden Angelegenheiten vom Vormundschaftsgerichte zu hören, B 1690, Abs. 2 und 3.

Berufung, Bestellung, Beaufsichtigung des B. erfolgen in gleicher Weise wie die eines Gegenvormundes; das Amt des B. erledigt sich, wenn die elterliche Gewalt der Mutter ruht, B 1694. § 29. Kinder aus nichtigen Ehen nach B 1699—1704. — I. Grundsätzlich sind Kinder aus nichtigen Ehen als ehelich anzusehen, wenn nicht beiden Eheleuten bei der Eheschließung die Nichtigkeit der Ehe bekannt war. 1. Kinder aus Nichtehen (w. o. Seite 8) sind stets unehelich. 2. Das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und den Kindern einer nichtigen Ehe ist grundsätzlich dasselbe wie bei den Kindern aus einer wegen Schuld beider Ehegatten geschiedenen Ehe. II. Das Kind hat auch dann einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater (nicht aber gegen dessen Erben, vgl. K 3 Abs. 2), wenn beiden Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bekannt war.

§ 30. Die unehelichen Kinder sind kraft Gesetzes zurückgesetzt, da sie nur mit ihrer Mutter verwandt sind; der Erzeuger ist mit dem un­ ehelichen Sprossen nicht verwandt, B 1705—1718. I. Das uneheliche Kind hat seiner Mutter und deren Verwandten gegenüber die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes; es genießt ins­ besondere den Unterhaltsanspruch; dagegen besteht eine elterliche Ge­ walt nicht. 1. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter. — Namensgebung: der Ehemann der Mutier kann durch öffentlich be­ glaubigte Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde seinen Namen dem Kinde erteilen, wenn Kind und Mutter öffentlich beglaubigt ein­ willigen. 2. Die Mutter hat zwar nicht die elterliche Gewalt über das un­ eheliche Kind; dagegen hat sie das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen. Zur Vertretung des Kindes ist nur der Vormund berechtigt, jedoch kann die Mutter Vormund werden. II. Pflichten des Erzeugers kraft natürlicher Beziehung. 1. Das Kind hat bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres gegen den Erzeuger einen Anspruch auf Gewährung von Unterhalt, welcher der Lebensstellung der Mutter entspricht; hierzu gehören auch die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe. — Über das 16. Lebens­ jahr hinaus ist das Kind vom Erzeuger zu alimentieren, wenn es in­ folge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

a) Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren, und zwar für 3 Monate im voraus; der Anspruch besteht auch für die Vergangenheit, also: in praeteritum vivitur; siehe dagegen w. o. Seite 22. b) Beim Tode des Erzeugers geht der Unterhaltsanspruch gegen dessen Erben, die jedoch eine facultas alternativa haben (Unterhalt oder Abfindung mit dem Pflichtteile des Kindes). c) Beim Tode des Kindes geht der Unterhalt für die Zukunft hin unter; dagegen hat der Erzeuger die Beerdigungskosten zu tragen, wenn die Erben des Kindes sie nicht bezahlen können. d) Verträge zwischen dem Erzeuger und dem Kinde über den Unter­ halt für die Zukunft oder über eine Abfindung bedürfen gerichtlicher Ge­ nehmigung. Ein unentgeltlicher Verzicht auf den Unterhalt für die Zu­ kunft ist nichtig.

2. Die Mutter hat gegen den Schwangerer einen Anspruch wegen der Kosten der Entbindung, wegen des Unterhaltes für die ersten 6 Wochen, wegen ev. weiterer Aufwendungen (Tauf-, Entbindungs-, Sechswochenbettkosten). Verjährung: 4 Jahre seit Ablauf der 6 Wochen. Einstweilige Verfügung: B 1716.

3. Als Erzeuger des unehelichen Kindes gilt, wer der Mutter innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat. Empfängniszeit ist die Zeit vom 181. bis zum 302. Tage vor der Geburt des Kindes mit Einschluß beider Tage. a) exceptio plurium concumbentium: hat innerhalb der Emp­ fängniszeit ein anderer der Mutter beigewohnt, so kann der Erzeuger als solcher nicht in Anspruch genommen werden; kann jedoch aus besonderen Gründen die Beiwohnung des anderen nicht als Zeugung angesehen werden, z. B. weil die Kindsmutter damals bereits schwanger war, so gilt er als Erzeuger. b) Die exceptio plurium concumbentium ist ausgeschlossen, wenn jemand in einer öffentlichen Urkunde nach der Geburt des Kindes sich als dessen Erzeuger bekannt hat. § 31. Krgilimation ist die Ehelichmachung eines unehelichen Kindes, ß 1719—1740. Die Legitimation unehelicher Kinder erfolgt durch nachfolgende Ehe oder durch Ehelichkeitserklärung. I. Legitimation durch nachfolgende Ehe erfolgt kraft Gesetzes dadurch, daß der Erzeuger des Kindes die Mutter heiratet. II. Ehelichkeitserklärung erfolgt auf Antrag des Erzeugers durch eine Verfügung der Staatsgewalt; die Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen (actus legi­ timus). — Erfordernisse der Ehelichkeitserklärung sind: 1. der Vater muß erklären, daß er das Kind als das ©einige an­ erkennt; 2. das Kind und (bei seiner Minderjährigkeit) die Mutier müssen einwilligen, ebenso, wenn der Vater verheiratet ist, dessen Frau; 3. der Antrag und die Einwilligung muß höchst persönlich geschehen;

4. Anträge und Einwilligungen sind gerichtlich oder notariell zu beurkunden; 5. Vater und Mutter dürfen nicht im Augenblicke der Erzeugung des Kindes in gerader Linie verwandt oder vollbürtige oder halbbürtige Geschwister oder Verschwägerte in gerader Linie gewesen sein (demnach keine Ehelichkeitserklärung der incestuosi). Die Erteilung der Ehelichkeitserklärung ist Gnadenakt des Staates. Wirkungen der Ehelichkeitserklärung: das Kind und seine Abkömm­ linge sind mit dem Vater verwandt; dagegen ist das Kind mit den Ver­ wandten des Vaters oder mit seiner Frau nicht verwandt, ebensowenig ist der Ehegatte des Kindes mit dem Vater verschwägert. § 32. Kindsannahme ist ein gegenseitiger rechtsgeschästlicher Akt, durch welchen eine elterliche Gewalt zwischen den Vertragschließenden be­ gründet wird, B 1741—1772.) I. Die Annahme an Kindes Statt geschieht durch einen gerichtlich bestätigten, unbedingten, unbefristeten Vertrag. II. Der Annehmende darf nicht eheliche Abkömmlinge haben, muß mindestens 50 Jahre alt sein (für Volljährige ist Befreiung zugelassen), muß mindestens 18 Jahre älter sein als das Adoptivkind (Befreiung ist zugelassen). Er bedarf der Einwilligung seines Ehegatten. III. Der Anzunehmende bedarf der Einwilligung beider Eltern, ev. seines gesetzlichen Vertreters und des Gerichtes. IV. Durch die Kindsannahme kommt das angenommene Kind in die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes; ein Erbrecht gegenüber dem Kinde ist ausgeschlossen, dagegen hat das Kind ein Erbrecht. 2. Kapitel.

Das Uormun-schaftsgericht. § 33. Vormundschaft ist die staatlich geordnete, behördlich kon­ trollierte Fürsorge für schutzbedürftige Personen. Man unterscheidet die Vormundschaft über Minderjährige (Altersvormundschaft) von derjenigen über entmündigte Volljährige. I. Fälle der Vormundschaft über Minderjährige, B 1773—1895, sind: 1. wenn keine elterliche Gewalt besteht, z. B. bei unehelichen oder verwaisten Kindern; 2. wenn die Eltern die elterliche Gewalt nicht führen dürfen, z. B. bei der wiederverheirateten Witwe; 3. bei Findelkindern, d. h. Personen, deren Familienstand nicht zu ermitteln ist. II. Der Vormund wird stets durch das Gericht bestellt; Beamte be-

dürfen der Genehmigung der vorgesetzten Behörde. — Voraussetzung der Bestellung ist die Berufung des Vormundes. Berufungsgründe sind: 1. die letztwillige Benennung seitens des Vaters (ev. der ehelichen Mutter); 2. der Großvater väterlicherseits; 3. der Großvater mütterlicherseits; 4. durch Auswahl seitens des Gerichtes nach einem gutachtlichen Vorschlage seitens des Gemeindewaisenrats. Die uneheliche Mutter ist zur Vormünderin ihres Kindes an sich ge­ eignet.

In allen diesen Fällen kann gleichwohl jemand nur dann Vormund werden, wenn bei ihm weder Unfähigkeits- noch Untanglichkeitsgründe vorliegen. III. Hinderungsgründe der Bestellung als Vormund sind: 1. Unfähigkeitsgründe sind: Geschäftsunfähigkeit; ferner Entmündigung wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht. 2. Untauglichkeitsgründe sind: Minderjährigkeit, Stellung unter vor­ läufige Vormundschaft, Bestehen einer Gebrechlichkeitspflegschaft, Konkurs, Ehrverlust, Ausschließung seitens des Vaters oder der Mutter. Ausnahme: ein Ehrverlustiger ist nicht untauglich zur Vormund­ schaft über Abkömmlinge, wenn die Obervormundschaftsbehörde oder der Familienrat die Übernahme der Vormundschaft durch ihn genehmigt, 8 34, Nr. 6.

IV. Die Übernahme einer Vormundschaft können ablehnen: 1. Frauen; Eine verheiratete Frau bedarf der Genehmigung ihres Mannes.

2. Personen über 60 Jahre; 3. Personen mit mehr als 4 Kindern; 4. Kranke oder entfernt Wohnende; 5. wenn jemand eine Sicherheit leisten soll oder mit einem an­ dern gemeinschaftlich die Vormundschaft führen soll; 6. wer mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt. V. Der Vormund ist gesetzlicher Vertreter des Mündels und erhält eine Bestallung (d. i. eine Urkunde, deren er zum Ausweise über seine Stellung als Vormund sich bedienen kann). Beim Antritte der Vor­ mundschaft wird der Vormund durch Handschlag an Eides Statt ver­ pflichtet. — Pflichten des Vormundes: er hat Geld verzinslich anzulegen, soweit er es nicht zur Bestreitung von Auslagen bereit zu halten hat. Jnhaberpapiere hat er zu hinterlegen oder umzuschreiben; bei Buch­ forderungen hat er eine Disposilionsbeschränkung eintragen zu lassen. Er hat jede Sorgfalt zu vertreten. Er hat Anspruch auf einen Vorschuß für Aufwendungen, ebenso einen Anspruch auf Ersatz; eine Vergütung für seine Mühewaltung erhält er nur ausnahmsweise mit Bewilligung des Gerichtes. — Das Vormundschaftsgericht hat die gesamte Tätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes zu beaufsichtigen und gegen

Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten, ev. die Befolgung seiner Anordnungen durch Ordnungsstrafen zu er­ zwingen. Befreite Vormundschaft ist eine Vormundschaft, bei der eine Gegen­ vormundschaft ausgeschlossen ist, und bei der die Vorschriften über An­ lage des Geldes und der Papiere, sowie über die periodische Rechnungs­ legung erleichtert oder beseitigt sind. VI. Die Hilfsperfonen der Vormundschaft. 1. Gegenvormund ist eine Person, die neben dem Vormunde dazu eingesetzt wird, um die pflichlmäßige Führung der Vormundschaft zu überwachen; der Vormund ist verpflichtet, dem Gegenvormunde Auskunft zu erteilen und Einsicht in die Vormundschaftspapiere zu gestatten. 2. Der Gemeindewaisenrat hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen vorzuschlagen, die im Einzelfalle als Vormund, Gegenvormund oder Familienratsmitglied sich eignen. Er hat in Unterstützung des Ge­ richtes darüber zu wachen, daß die Vormünder für die Person der Mündel, insbesondere für ihre Erziehung und ihre körperliche Pflege, pflichlmäßige Sorge tragen. 3. Der Familienrat soll vom Vormundschaftsgerichte auf Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter eingesetzt werden; — ebenso dann, wenn ein Verwandter oder Verschwägerter des Mündels oder der Vor­ mund oder der Gegenvormund es beantragen (ohne daß es seitens des Vaters oder der ehelichen Mutter untersagt ist) und das Bormundschafts­ gericht es als im Interesse des Mündels liegend ansieht. Zusammensetzung: der Familienrat besteht aus dem Vormundschafts­ richter als Vorsitzendem und 2—6 Mitgliedern; er hat die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichtes.

VII. Aushören der Vormundschaft: 1. Die Vormundschaft wird beendigt, wenn ihre Voraussetzungen wegsallen, ferner bei Legitimation des Mündels durch nachfolgende Ehe, bei Verschollenheit und bei Todeserklärung des Mündels. 2. Der Vormund verliert sein Amt in folgenden Fällen: a) im Falle seiner Entmündigung; b) wenn er für tot erklärt wird; c) durch Entlassung und zwar: «) wegen Gefährdung des Interesses des Mündels; ß) wegen des Eintrittes eines Untauglichkeitsgrundes; y) bei Heirat der Vormünderin; cf) bei Widerruf der Genehmigung ihres Ehemannes; t) bei Zurücknahme der behördlichen Genehmigung bei einem be­ amteten Vormund; C) auf Grund eines Antrages, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. § 34. Pflegschaft ist eine Sorge für einzelne Angelegenheiten. Fälle der Pflegschaft sind:

I. Neben einer bestehenden elterlichen Gewalt oder neben einer Vor­ mundschaft: wenn der Gewalthaber oder der Vormund für einzelne An­ gelegenheiten verhindert ist; so namentlich in folgenden Fällen: 1. wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung die Verwaltung des gesetzlichen Vertreters ausgeschlossen ist; 2. wenn gegen den gesetzlichen Vertreter ein Strafantrag wegen Körperverletzung gestellt werden soll; 3. wenn eine Auseinandersetzung des verwitweten Vaters mit seinen Kindern stattfinden soll. II. Die Pflegschaften int einzelnen: 1. Gebrechlichkeitspflegschaft ist die Pflegschaft über einen nicht be­ vormundeten Volljährigen, der infolge körperlicher Gebrechen, z. B. weil er taub, blind oder stumm ist, seine Angelegenheiten oder einzelne An­ gelegenheiten nicht zu besorgen vermag. 2. Ein abwesender Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, oder dessen Aufenthalt zwar bekannt ist, der aber an der Rückkehr und Der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist, erhält für seine Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen Abwesenheitspfleger. 3. Pflegschaft für eine Leibesfrucht wird zur Wahrung ihrer fürsorgebedürftigen künftigen Rechte eingesetzt. 4. Eine Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, z. B. noch nicht er­ zeugte Nacherben, unbekannte Interessenten, kann im Falle der Fürsorgebedürsligkeit eingesetzt werden. 5. Für ein durch öffentliche Sammlungen zu einem vorübergehenden Zwecke zusammengebrachtes Vermögen kann eine Pflegschaft bestellt werden, um dieses Vermögen zu verwalten und zu verwenden, wenn die hierzu berufenen Personen weggefallen sind.

Druck von A. W. Hayn'S Erben Potsdam.